Protokoll:
15063

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 63

  • date_rangeDatum: 25. September 2003

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:00 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/63 renz am 18./19. September 2003 in Ber- Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE lin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Ute Berg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann SPD . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner CDU/CSU . . . . . . . . . GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines 5284 B 5284 C 5288 B 5289 D 5293 A 5294 B 5295 B 5296 B 5298 A 5298 D 5301 D 5310 C 5313 C 5315 A 5316 C 5317 B 5317 C 5318 C Deutscher B Stenografisch 63. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Nachträgliche Gratulation zum 60. Geburtstag der Abgeordneten Ilse Falk . . . . . . . . . . . . . . Benennung des Abgeordneten Martin Hohmann zum stellvertretenden Mitglied im Gemeinsamen Ausschuss gemäß Art. 53 a des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Begrüßung des Präsidenten des tunesischen Parlaments M’Bezaa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Erklärung durch die Bun- desregierung zu den Ergebnissen der Europäischen Bildungsministerkonfe- Z i T G D 5283 A 5283 A 5283 B 5284 B 5310 C Anna Lührmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5303 D undestag er Bericht ung 25. September 2003 t : usatztagesordnungspunkt 1: Vereinbarte Debatte zur aktuellen Lage im Irak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit agesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Friedbert Pflüger, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Den politischen Neubeginn und Aufbau des Irak mitgestalten (Drucksache 15/1011) . . . . . . . . . . . . . . . erhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . r. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 5304 C 5304 C 5304 D 5307 C Gesetzes zur Förderung der Steuer- ehrlichkeit (Drucksache 15/1521) . . . . . . . . . . . . . 5320 D II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen der Vereinten Na- tionen vom 9. Dezember 1999 zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (Drucksache 15/1507) . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Übergangsregelung zum Kind- schaftsrechtsreformgesetz für nicht miteinander verheiratete Eltern (Drucksache 15/1552) . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. April 2003 zwischen der Bundes- republik Deutschland und dem Kö- nigreich der Niederlande über die Durchführung der Flugverkehrs- kontrolle durch die Bundesrepublik Deutschland über niederländischem Hoheitsgebiet und die Auswirkungen des zivilen Betriebes des Flughafens Niederrhein auf das Hoheitsgebiet des Königreichs der Niederlande (Gesetz zu dem deutsch-niederländi- schen Vertrag vom 29. April 2003 über den Flughafen Niederrhein) (Drucksache 15/1522) . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. September 2002 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, den Vereinten Natio- nen und dem Sekretariat des Über- einkommens zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierar- ten über den Sitz des Sekretariats des Übereinkommens (Drucksache 15/1473) . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung rehabilitierungsrecht- licher Vorschriften (Drucksache 15/1467) . . . . . . . . . . . . . g) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung luftverkehrsrechtli- cher Vorschriften (Drucksache 15/1469) . . . . . . . . . . . . . h) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des In- vestmentwesens und zur Besteue- rung von Investmentvermögen (In- vestmentmodernisierungsgesetz) (Drucksache 15/1553) . . . . . . . . . . . . . Z 5320 D 5320 D 5321 A 5321 A 5321 B 5321 B 5321 B i) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (Drucksache 15/904) . . . . . . . . . . . . . . j) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbu- ches – Achtes Buch – (SGB VIII) (Drucksache 15/1406) . . . . . . . . . . . . . k) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur effektiveren Nutzung von Da- teien im Bereich der Staatsanwalt- schaften (Drucksache 15/1492) . . . . . . . . . . . . . l) Antrag der Abgeordneten Johannes Kahrs, Eckhardt Barthel (Berlin), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolg- ten Homosexuellen (Drucksache 15/1320) . . . . . . . . . . . . . m) Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Wirtschaftliche und or- ganisatorische Strukturen der Deut- schen Flugsicherung dauerhaft ver- bessern (Drucksache 15/1322) . . . . . . . . . . . . . n) Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Klaus Brähmig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Sicherheit im Busver- kehr (Drucksache 15/1528) . . . . . . . . . . . . . o) Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP: Deutsch als Arbeitssprache auf europäischer Ebene festigen – Verstärkte Förde- rung von Deutsch als erlernbare Sprache im Ausland (Drucksache 15/1574) . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 2: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Ulrich Petzold, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Vorsorgender Hochwasser- schutz im Binnenland (Drucksache 15/1561) . . . . . . . . . . . . . 5321 C 5321 C 5321 C 5321 C 5321 D 5322 A 5322 A 5322 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 III b) Antrag der Abgeordneten Hans- Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gleiche Nachweispflichten für Apotheken und Tierärzte bei der Abgabe von Tierarzneimitteln (Drucksache 15/1568) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Zulassungs- und Prüfungsver- fahrens des Wirtschaftsprüfungs- examens (Wirtschaftsprüfungsexa- mens-Reformgesetz – WPRefG) (Drucksachen 15/1241, 15/1585) . . . . c) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Übereinkommen vom 9. September 1996 über die Samm- lung, Abgabe und Annahme von Ab- fällen in der Rhein- und Binnen- schifffahrt (Drucksachen 15/1056, 15/1580 . . . . . d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 9. Sep- tember 1996 über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt (Drucksachen 15/1061, 15/1581) . . . . e) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 25. Februar 2002 über die Änderung des Grenzvertra- ges vom 8. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande (Drucksachen 15/1053, 15/1577) . . . . f) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 29. Juni 2000 über ein Europäisches Fahr- zeug- und Führerscheininforma- tionssystem (EUCARIS) (Drucksachen 15/1058, 15/1578) . . . . g) – Zweite Beratung und Schlussab- stimmung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zu dem Vertrag vom 24. Juni 2002 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und Z D D B H A D E L J F D D R D 5322 B 5322 C 5322 D 5323 A 5323 B 5323 C dem Königreich Thailand über die Förderung und den gegensei- tigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 15/1054, 15/1366) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite Beratung und Schlussab- stimmung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zu dem Abkommen vom 17. August 2002 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Islamischen Repu- blik Iran über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 15/1055, 15/1366) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite Beratung und Schlussab- stimmung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 30. März 1998 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Brunei Darussalam über die För- derung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 15/1057, 15/1366) h)–l) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 55, 56, 57 und 59 zu Petitionen (Drucksachen 15/1533, 15/1534, 15/ 1535, 15/1537) . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Frak- tion der CDU/CSU: Haltung der Bundes- regierung zu Rufen aus der Koalition nach personellen Konsequenzen ange- sichts immer neuer Finanzausfälle und Verzögerungen bei der LKW-Maut . . . irk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . r. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister MVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . lbert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . duard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . udwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . oachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . . ranziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU einhard Weis (Stendal) SPD . . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 5323 D, 5324 A 5323 D, 5324 B 5324 A, B 5324 B, C 5324 D 5324 D 5326 A 5327 D 5329 B 5330 D 5332 A 5333 B 5334 B 5335 C 5337 A 5338 B IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 Georg Brunnhuber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Gunter Weißgerber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Stärkung der dualen Berufs- ausbildung in Deutschland durch Novellierung des Berufsbildungs- rechts (Drucksache 15/1348) . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung: – zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungs- bericht 2003 – zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Jörg Tauss, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Offensive für Ausbildung – Modernisierung der beruflichen Bildung – zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Refor- men in der beruflichen Bildung vorantreiben – Lehrstellenman- gel bekämpfen – zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für die Stärkung der dua- len Berufsausbildung in Deutsch- land – mehr Chancen durch Flexibilisierung und einen indivi- duellen Ausbildungspass (Drucksachen 15/1000, 15/741, 15/653, 15/587, 15/1302) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung: – zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Jörg Tauss, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten E D G C N M P H U W T B I U R D J J H 5338 D 5340 A 5341 B 5342 D 5344 A 5344 B Grietje Bettin, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Lasten gerecht verteilen – Mehr Unternehmen für Ausbildung gewinnen – zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Ausbil- dungsplatzabgabe zerstört Aus- bildungsmotivation – zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ausbildung belohnen statt bestrafen – Ausbildungsplätze in Betrieben schaffen statt Warte- schleifen finanzieren (Drucksachen 15/1090, 15/925, 15/1130, 15/1304) . . . . . . . . . . . . . . . . delgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF agmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . rietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hristoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . . icolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kretschmer CDU/CSU . . . . . . . . . . etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . einz Schmitt (Landau) SPD . . . . . . . . . . . . we Schummer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . illi Brase SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) (Drucksache 15/1487) . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . ngo Wellenreuther CDU/CSU . . . . . . . . . . . lrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . ulia Klöckner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . ella Teuchner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . 5344 C 5344 D 5347 A 5348 B 5349 B 5351 A 5352 C 5354 B 5356 B 5357 B 5358 C 5360 C 5362 B 5362 C 5364 A 5365 D 5367 A 5367 D 5369 B 5370 D 5371 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 V Tagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Konsequente Abschiebung aus- ländischer Extremisten sicherstellen (Drucksache 15/1239) . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . . . . . Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel CDU/CSU . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer CDU/CSU . . . . . . . Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: a) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Tierschutzbericht 2003; Be- richt über den Stand der Entwick- lung des Tierschutzes (Drucksache 15/723) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Gitta Connemann, Peter H. Carstensen (Nordstrand), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Wirksamere Tierseuchenbekämp- fung ermöglichen (Drucksache 15/1210 . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucher- schutz, Ernährung und Landwirt- schaft zu dem Antrag der Abgeord- neten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: EU-Richtlinie zur Haltung von Nutztieren in nationales Recht umsetzen (Drucksachen 15/226, 15/1035) . . . . . Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier SPD . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . T H R S D E F B C T D B C D H G T T 5372 B 5372 C 5374 A 5375 D 5377 A 5377 C 5378 B 5379 A 5381 B 5384 B 5384 D 5385 D 5385 D 5385 D 5386 A 5388 A 5390 A 5391 C 5393 A 5394 D agesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Ralf Göbel, Wolfgang Bosbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Ausschreibung des BOS-Digitalfunks im Jahr 2003 ein- leiten (Drucksachen 15/816, 15/1260) . . . . . . . . ans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . alf Göbel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . ritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär MI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lemens Binninger CDU/CSU . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Vier- ten Gesetzes zur Änderung des Filmför- derungsgesetzes (Drucksache 15/1506) . . . . . . . . . . . . . . . r. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . ernd Neumann (Bremen) CDU/CSU . . . . . Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . laudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . isela Schröter SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer „Magnus-Hirsch- feld-Stiftung“ (Drucksache 15/473) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Lothar Mark, Hans Büttner (Ingolstadt), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Dr. Ludger Volmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ 5396 B 5396 C 5397 C 5400 A 5401 A 5402 A 5403 A 5403 D 5404 A 5405 A 5407 A 5407 D 5408 D 5409 D 5411 A VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 DIE GRÜNEN: Wiederbelebung des Friedensprozesses in Kolumbien (Drucksachen 15/742, 15/1136) . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Peter Weiß (Em- mendingen), Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Neue Initiative zur Wiederbele- bung des kolumbianischen Friedens- prozesses international unterstützen (Drucksachen 15/203, 15/1559) . . . . . . . . Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . Kerstin Müller, Staatsministerin AA . . . . . . . Harald Leibrecht FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Hilfsmit- telversorgung von Pflegebedürftigen (Hilfsmittelsicherungsgesetz – HSG) (Drucksachen 15/308, 15/1314) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Abgeordneten Heidi Wright, Reinhard Weis (Stendal), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt- Bohlig, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ergänzung der Fahrerlaubnisver- ordnung (Drucksachen 15/1093, 15/1397) . . . . b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrs- gesetzes (Drucksache 15/1496) . . . . . . . . . . . . . T i Z T A B S C H D R C T 5411 B 5411 C 5411 D 5413 D 5415 A 5416 B 5417 B 5418 C 5419 A 5419 A agesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Deutschen Schiffbau aus der Schlechtwetterlage in sicheres Fahrwasser leiten (Drucksache 15/1101) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Klaus Brandner, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Werner Schulz (Berlin), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Sicherung von Standort und Know-how des deutschen Seeschiffbaus (Drucksache 15/1575) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Modernisierung der Justiz (Jus- tizmodernisierungsgesetz – JuMoG) (Drucksache 15/1508) . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär MJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iegfried Kauder (Bad Dürrheim) DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: a) Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine schnelle rechtsstaatli- che Information betroffener Rent- ner über die fehlerhafte maschinelle Vergleichsrentenberechnung der BfA nach § 307 b SGB VI (Drucksache 15/839) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine gerechte Versor- gungsregelung für das ehemalige 5419 B 5419 C 5419 D 5419 D 5421 A 5423 B 5424 C 5425 C 5426 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 VII mittlere medizinische Personal in den neuen Ländern (Drucksache 15/842) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Silvia Schmidt (Eisleben) SPD . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Ant- wort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Gerald Thalheim: Aussage über den Agrarbereich hinsichtlich Subventionen und geringen Zukunftsperspektiven . . . . . . MdlAnfr 32 Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) (62. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung über den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes (Ta- gesordnungspunkt 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errich- tung einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ (Tagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Bätzing SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A Z ( n P A Z ü r b H D M P D A Z ( H G K P H I A Z ü 5426 B 5427 A 5428 A 5429 A 5430 C 5431 B 5432 C 5432 C 5433 A 5433 C 5433 C 5433 D 5433 D 5434 B 5434 B 5435 B 5436 A 5438 C 5439 A nlage 5 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung – Beschlussempfehlung und Bericht: Wiederbelebung des Friedenspro- zesses in Kolumbien – Beschlussempfehlung und Bericht: Neue Initiative zur Wiederbelebung des kolumbianischen Friedenspro- zesses international unterstützen Tagesordnungspunkt 10 und Zusatztagesord- ungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung ber den Entwurf eines Gesetzes zur Siche- ung der Hilfsmittelversorgung von Pflege- edürftigen (Hilfsmittelsicherungsgesetz – SG) (Tagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . r. Erika Ober SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atthias Sehling CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . etra Selg BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . aniel Bahr (Münster) FDP . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Beschlussempfehlung und Bericht: Ergänzung der Fahrerlaubnisver- ordnung – Entwurf eines Gesetzes zur Ände- rung des Straßenverkehrsgesetzes Tagesordnungspunkt 12 a und b) . . . . . . . . . eidi Wright SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ero Storjohann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . laus Hofbauer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . eter Hettlich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN orst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . ris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung ber die Anträge: – Deutschen Schiffbau aus der Schlechtwetterlage in sicheres Fahr- wasser leiten 5439 C 5439 D 5440 B 5440 B 5441 D 5443 C 5444 B 5445 A 5445 A 5445 C 5446 B 5447 A 5447 D 5448 B VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 – Sicherung von Standort und Know- how des deutschen Schiffbaus (Tagesordnungspunkt 13 und Zusatztagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Margrit Wetzel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Kuhn (Zingst) CDU/CSU . . . . . . . . . Anja Hajduk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 5449 B 5449 B 5450 C 5451 D 5453 B 5454 B 5455 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5283 (A) ) (B) ) 63. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Berichtigung 62. Sitzung, Seiten IV und 5280, Anlagen 9 und 10: Die Fragen wurden von Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim beantwortet. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5433 (A) ) (B) ) lung der NATO lich rechnen, während ein anderer selbst mit 1 Million * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- S o kann sich ein Film mit 30 000 Zuschauern wirtschaft- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten A d F ( H S A M b d a T g ü A W r d l s S m f r m F d s S c h Z Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Andres, Gerd SPD 25.09.2003 Bülow, Marco SPD 25.09.2003 Deittert, Hubert CDU/CSU 25.09.2003 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25.09.2003 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25.09.2003 Götz, Peter CDU/CSU 25.09.2003 Hartnagel, Anke SPD 25.09.2003 Heinen, Ursula CDU/CSU 25.09.2003 Heubaum, Monika SPD 25.09.2003* Dr. Krogmann, Martina CDU/CSU 25.09.2003 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 25.09.2003 * Lensing, Werner CDU/CSU 25.09.2003 Letzgus, Peter CDU/CSU 25.09.2003 Lietz, Ursula CDU/CSU 25.09.2003 Lintner, Eduard CDU/CSU 25.09.2003 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 25.09.2003 Nitzsche, Henry CDU/CSU 25.09.2003 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 25.09.2003 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 25.09.2003 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 25.09.2003 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 25.09.2003 Dr. Stinner, Rainer FDP 25.09.2003* Dr. Thomae, Dieter FDP 25.09.2003 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Nachträglich zu Protokoll Antwort es Parl. Staatssekretärs Dr. Gerald Thalheim auf die rage des Abgeordneten Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) Drucksache 15/1555, Frage 32): Was bedeutet konkret für die deutsche Landwirtschaft die Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bun- desministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- wirtschaft Dr. Gerald Thalheim in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom 12. September 2003, bei den notwendigen Ein- sparungen komme mit dem Agrarbereich der Sektor als Erstes in den Blickpunkt, der die meisten Subventionen bekomme und nicht solch große Zukunftsperspektiven habe wie etwa die Computerbranche? Bekanntlich ist es Ziel der Bundesregierung bei der aushaltskonsolidierung, Entlastungen durch weiteren ubventionsabbau zu realisieren. Unbestreitbar ist die Tatsache, dass der Bund für die grarsozialpolitik – dieser bei weitem bedeutsamsten aßnahme mit 73 Prozent Anteil an den Gesamtausga- en des Agrarhaushaltes – erhebliche Finanzhilfen für en Agrarbereich bereitstellt. Diese Aussage bezieht sich uch auf die im letzten Subventionsbericht dargestellte atsache, dass die Finanzhilfen und Steuervergünstigun- en des Bundes je Erwerbstätigen im Agrarbereich weit ber dem Durchschnitt aller Wirtschaftsbereiche liegt. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung über den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsge- setzes (Tagesordnungspunkt 8) Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos): Gut Ding will eile haben, so heißt es. Die Novelle des Filmförde- ungsgesetzes ging in zwei Jahren durch die Hände von rei Kulturstaatsministern. Hunderte Stellungnahmen iegen vor, dutzende Gesprächsrunden fanden statt, Re- olutionen wurden unterzeichnet. Sicher, einmal muss chluss sein, einmal muss man sich entscheiden. Doch anscheinend stand zumindest für Kulturstaats- inisterin Christina Weiß immer schon das Ergebnis est. Wie sonst ist es zu erklären, dass sich viele der An- egungen nicht im Gesetzestext wiederfinden? Warum uss, so frage ich, trotz aller Kritik mit dem Deutschen ilmrat ein weiteres Beratungsgremium eingeführt wer- en? Ist dieser neben dem bestehenden Verwaltungsaus- chuss der FFA nicht überflüssig? Warum muss für die Referenzfilmförderung die chwelle von 100 000 auf 150 000 Zuschauer als Zei- hen für wirtschaftlichen Erfolg erhöht werden? Über- aupt ist zu fragen, ob die Zahl der Zuschauer allein ein eichen für den wirtschaftlichen Erfolg eines Films ist. 5434 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) Zuschauern aufgrund hoher Produktionskosten ein wirt- schaftlicher Misserfolg sein kann. Warum werden die Prädikate der Filmbewertungsstelle Wiesbaden aus der Referenzfilmförderung herausgenommen, obwohl sich dies doch in den letzten Jahren bewährt hatte? Und wa- rum werden die Festivals, deren Prämierung Fördermit- tel sichern, im Gesetzestext festgeschrieben? Wenn Fes- tivals eingestellt werden, sich neu profilieren bzw. neue, anerkannte Festivals entstehen, müsste doch der Geset- zestext verändert werden. Dieses Gesetz zementiert in dieser Frage den Status quo. Zu fragen ist, warum Sie, Frau Weiß, nicht auf die vielstimmige Kritik – von den Produzenten über die Kinobetreiber bis hin zum Bundes- rat – der letzten Zeit eingegangen sind? Warum haben Sie nicht mehr den Dialog gesucht? Weil Sie sich sicher waren? Ja, Sie wissen, was sie wollen. Das haben Sie bei der Gründung der Deutschen Filmakademie bewiesen, die in Zukunft den deutschen Filmpreis vergeben soll. Tatsache ist, die uns jetzt vorliegende Novelle hilft den Großen im deutschen Filmgeschäft. Die kleinen Unabhängigen, die künstlerische Vielfalt und Breite fördert sie nicht. Diese werden hart getroffen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer „Magnus-Hirschfeld-Stif- tung“ (Tagesordnungspunkt 9) Sabine Bätzing (SPD): Ganz in der Nähe des Kanz- leramtes und der Berliner Kongresshalle, also ungefähr fünf Minuten Gehweg von uns entfernt, stand von 1919 bis zu seiner Plünderung und Zerstörung das weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft von Dr. Magnus Hirschfeld. Dieses wurde am 6. Mai 1933 von den Nazis geplündert und geschlossen. Die Mitarbeiter wurden ins Exil getrieben. Umfangreiche Teile der Bibliothek wur- den auf dem Opernplatz verbrannt. Zu Magnus Hirschfeld und der heutigen Debatte über die Errichtung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung gibt es unsererseits aber nicht nur diese räumliche, sondern auch eine inhaltliche Nähe. Mit Magnus Hirschfeld – den nach seinem Studium eine lebenslange Freundschaft mit dem damaligen Vorsitzenden der Sozialistischen Partei Deutschlands, August Bebel, verband, gilt es stell- vertretend für viele Opfer einen Menschen angemessen zu ehren, dem furchtbares Unrecht angetan wurde. Mit angemessener Ehrung meine ich in diesem Falle, dass in unserer Gesellschaft die Würde aller Menschen, auch der homosexuellen, geachtet wird. Dieses Unrecht, wie es auch Magnus Hirschfeld erle- ben musste, widerfuhr Tausenden von Homosexuellen während der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten – dennoch erfolgte in der Bundesrepublik über fünf Jahr- zehnte keine angemessene Anerkennung. So gab es für die Vernichtung der schwul-lesbischen Infrastruktur nach dem Krieg niemals eine Entschädigung. Im Gegen- teil: Der Neuaufbau einer Infrastruktur der Emanzipa- t b d d g t g a s c d i t S u r M j H e N G n l d s S o u d B r Z d m G z d g f G s r e e s a E d u – f m l a (C (D ion, wie sie vor 1933 bestanden hatte, wurde nach 1945 ehindert und sogar gezielt verhindert. In diesem Hohen Hause wurde im Dezember 2000 je- och endlich ein Anfang zur Achtung und Würdigung er während der Nazidiktatur verfolgten Homosexuellen emacht. In einem gemeinsamen Beschluss entschuldig- en sich die Parlamentarier für die strafrechtliche Verfol- ung Homosexueller in der Bundesrepublik und stellten usdrücklich fest, dass die Strafverfolgung die Men- chenwürde verletzt hat. Danach haben wir weitere Zei- hen gesetzt: Eineinhalb Jahre später, im Mai 2002, hat er Deutsche Bundestag die pauschale Aufhebung der m Nationalsozialismus wegen Homosexualität verhäng- en Strafurteile beschlossen – ein wichtiger und richtiger chritt. Aber der Kampf um die Achtung der Menschenwürde nd das Wachhalten der Erinnerungen müssen – so trau- ig das auch ist –, täglich neu gefochten werden. Mit der agnus-Hirschfeld-Stiftung soll nun ein weiteres Pro- ekt der Aufarbeitung der Verfolgungsgeschichte von omosexuellen auf den Weg gebracht werden. Im ersten Anlauf, in der letzten Legislaturperiode, ist s uns leider nicht gelungen die Stiftung zu errichten. achdem der Bundestag im Juni des letzten Jahres das esetz zwar beschlossen hatte, konnte es aber dennoch icht mehr in Kraft treten, da der Bundesrat den Vermitt- ungsausschuss anrief. Die Beratungen zur Errichtung er Stiftung wurden damals bedauerlicherweise über- chattet von dem Streit über die Zusammensetzung des tiftungskuratoriums. Ein Konsens zwischen den Frakti- nen konnte nicht erzielt werden – und das, obwohl wir ns bei dem zu verfolgenden Ziel alle einig waren. Ob ieses Verhalten der Opposition – zwei Monate vor der undestagswahl – eher auf wahltaktische Gründe zu- ückzuführen war oder welche Gründe auch immer der ustimmung und der Einigung entgegenstanden, sei nun ahingestellt. Jedenfalls unterfiel der Gesetzentwurf da- it der Diskontinuität und so wurde es erforderlich, das esetz in dieser Legislatur erneut in den Bundestag ein- ubringen. Wenn ich mir nun den vorliegenden Gesetzentwurf er FDP-Fraktion anschaue, kann ich mir allerdings ein ewisses Schmunzeln nicht verkneifen. Denn so ganz alsch scheinen wir ja damals mit unserem rot-grünen esetzesentwurf doch nicht gelegen zu haben. Oder wie oll ich es mir sonst erklären, dass der heute zu debattie- ende Entwurf nahezu abgeschrieben wurde? Die feine nglische Art ist es sicherlich nicht, erst einen Gesetz- ntwurf nicht zu unterstützen, und ihn dann kurze Zeit päter mit eigenem Briefkopf selbst einzubringen. Doch uch das wollen wir jetzt hier nicht diskutieren. Denn die rrichtung der Magnus-Hirschfeld-Stiftung ist zwischen en Fraktionen in der Sache ja unstrittig. Von daher wäre es ein schöner Zug von den Herren nd Damen der FDP gewesen, wir hätten uns vorher vor dieser ersten Lesung – bereits fraktionsübergrei- end auf einen Gesetzentwurf verständigt und ihn als ge- einsamen Entwurf, diesmal ohne den Zeitdruck der etzten Legislatur, eingebracht und beraten. Wie dem uch sei. Wir wollen auch bei diesem Thema nicht nach- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5435 (A) ) (B) ) karten. Denn es geht hier darum, das Andenken an Dr. Magnus Hirschfeld zu ehren und einen einstimmigen Beschluss dieses Hauses umzusetzen, der eine kollektive Wiedergutmachung durch Gedächtnisarbeit und kon- krete Unterstützung beispielhafter Aktivitäten und Tole- ranz fordert. Natürlich, es gab und gibt unterschiedliche Auffas- sungen über das Aufgabenspektrum einer solchen Stif- tung und über Umfang und Zusammensetzung ihrer Gre- mien, zumal das Stiftungskapital den Aktivitäten auch Grenzen setzen wird. Aber dass die SPD-Fraktion die Einrichtung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung grund- sätzlich unterstützt, steht außer Frage. Von daher werden wir, und zwar nicht nur, weil die Stiftung den Namen ei- nes Sozialdemokraten tragen soll, offen und diskussions- bereit für alle Kolleginnen und Kollegen des Hauses sein. Parteipolitische Interessen und persönliche Eitelkei- ten haben in dieser Diskussion nichts verloren, wenn es uns um die Sache geht. Denn schließlich sind Homo- sexuelle in ihrer parteipolitischen Orientierung ja nicht ausschließlich rot, schwarz, grün oder gelb. Für eifer- süchtige Mäkeleien und persönliche Sticheleien ist dies- mal kein Platz mehr! Darauf muss sich jeder bei unseren Gesprächen einstellen; denn klar ist, dass Beratungen folgen müssen. Nach dem gemeinsamen Beschluss des Bundestages im Dezember 2000, in dem eine kollektive Wiedergut- machung gefordert wird, sollten sich alle Beteiligten die- ses Hauses nicht zum zweiten Mal die Chance entgehen lassen, gemeinsam die Einrichtung der Magnus- Hirschfeld-Stiftung zu beschließen. Daran gilt es nun zu arbeiten. Wir tun dies für die Opfer und dafür, dass sich in diesem Land niemand seiner Homosexualität schämen muss oder zum Objekt von Hass und Lächerlichkeit wird. Wir freuen uns auf konstruktive Gespräche. Johannes Kahrs (SPD): Wir beraten heute hier ei- nen Gesetzentwurf, wie er von der Koalition am 27. Juni 2002 bereits fast gleich lautend verabschiedet worden war. Der Gang der Ereignisse ist allen geläufig und en- dete im Vermittlungsausschuss. Aufgrund der Diskonti- nuität wurde der Antrag bis heute leider nicht weiter ver- folgt. Ich möchte eines gleich vorwegschicken: Inhalt und Zweck des heute vorgelegten Entwurfes sind für mich unstrittig; denn sie sind eins zu eins von unserem Ent- wurf abgeschrieben worden. Geändert wurde lediglich die Zusammensetzung des Kuratoriums. Dies war – wir erinnern uns an die damalige Debatte – der Stein des An- stoßes für die Ablehnung durch die Opposition. Daher wäre es müßig, hier und heute erneut die guten Gründe zu nennen, die für eine Magnus-Hirschfeld-Stiftung sprechen. Zum besseren Verständnis der heutigen Situation aber habe ich ein bisschen in der parlamentarischen Ge- schichte, die dem heutigen Antrag zugrunde liegt, ge- forscht. Seinen Ursprung nimmt auch der heute vorge- legte Entwurf in der Debatte um die Rehabilitierung der i 7 n d s n b k S U d d r l n s d z k F s ß s D w s d z m F o w n d v h t h t a N B V V r g c (C (D m Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen vom . Dezember 2000. Ich zitiere an dieser Stelle gerne mei- en Kollegen von der Opposition, den Kollegen Gehb, er Folgendes zu Protokoll gab: Dieses Haus will in Einmütigkeit den homosexuel- len Opfern der NS-Zeit Respekt und Anerkennung zollen. Mit der Zustimmung zum vorliegenden An- trag möchte die CDU/CSU-Fraktion dies bekunden. Dieses gemeinsame Bekenntnis in der Beschlussfas- ung hat uns Parlamentarier und die Öffentlichkeit mei- er Ansicht nach ein großes Stück in der Sache weiterge- racht. Eine gemeinsame Linie aller Fraktionen war auch er- lärtes Ziel bei der Errichtung einer Magnus-Hirschfeld- tiftung. In der damaligen Debatte gab es auch bei nion und FDP keinerlei Kritik an der Notwendigkeit er Stiftung an sich. Stein des Anstoßes – ich erwähnte as bereits – war die Zusammensetzung des Kurato- iums. So begrüße ich den heutigen Antrag ausdrück- ich – auch wenn er von uns abgeschrieben wurde –, er immt sich nämlich dieses Problems an. Die SPD-Fraktion wird sich diesem Antrag nicht ver- chließen. Vielmehr wünsche ich mir, dass wir uns in en nun folgenden Beratungen über die Fraktionsgren- en hinweg auf einen gemeinsamen Antrag einigen önnen. Die Bereitschaft hierfür ist, denke ich, in allen raktionen vorhanden. Es gilt aber, jetzt im Detail hinzu- chauen und die Problematik des Kuratoriums abschlie- end zu diskutieren, um zu einer einvernehmlichen Lö- ung zu kommen. Damals wie heute wird sich die ebatte jedoch an der Frage „Wer kommt hinein und er nicht?“ erhitzen. Da der Mensch ein lernendes We- en ist, hoffe ich im Sinne der Sache, dass niemand auf ie Idee kommt, den vorgelegten Entwurf Lex van Essen u nennen. Ich wünsche mir, dass wir es mit diesem Anlauf ge- einsam schaffen, eine Kuratoriumsbesetzung in den achausschüssen zu erarbeiten, der am Ende alle Frakti- nen zustimmen können. Nur dann werden wir dieses ichtige Anliegen zu dem verdienten Erfolg führen. Ich möchte es abschließend aber nicht versäumen, ei- en kleinen Ausblick zu geben, was denn konkret mit en Stiftungsmitteln gefördert werden könnte, um zu erdeutlichen, warum eine Magnus-Hirschfeld-Stiftung eute notwendiger ist denn je. In vielen Bundesländern gibt es kleine, ehrenamtlich ätige und regional ausgerichtete Gruppen, die schon eute im Sinne einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung arbei- en. Sie veranstalten regionale Gedenkveranstaltungen, rbeiten die Verfolgung von Schwulen und Lesben im ationalsozialismus auf und suchen den Dialog mit der evölkerung. Oftmals aber fallen gerade diese kleinen ereine und Initiativen, die unabhängig von den großen erbänden arbeiten, durch alle Raster öffentlicher Förde- ung. Die Magnus-Hirschfeld-Stiftung könnte hier einen anz wesentlichen Beitrag im Sinne des Stiftungszwe- kes leisten. All diese kleinen Gruppen brauchen keine 5436 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) Lippenbekenntnisse, sondern konkrete Förderung, die aufgrund der jetzigen Struktur der Förderlandschaft nicht gegeben ist. Lassen Sie uns das gemeinsam formulierte Ziel nicht aus den Augen verlieren. Ich betone nochmals: An der SPD soll ein solcher Antrag nicht scheitern und ich wün- sche mir, dass wir dieses Mal widersinnige Streitereien vermeiden können, um die Magnus-Hirschfeld-Stiftung endlich ins Leben rufen zu können. Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Wir debattieren heute in erster Lesung den FDP-Gesetzentwurf zur Er- richtung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung. Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass wir über die Errichtung einer Stiftung dieses Namens reden. Aus guten Gründen, auf die ich im Verlaufe meiner Rede noch eingehen werde, will ich mit einem Blick zu- rück beginnen. Nicht zuletzt für die Kolleginnen und Kollegen, die neu in diesem Haus sind, aber auch für die Öffentlichkeit mag es von Interesse und auch hilfreich sein zu wissen, dass wir nicht bei null beginnen, sondern dass die Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfes im wahrsten Sinne des Wortes eine Geschichte hat. Eine Geschichte, aus der wir lernen können, und ich sage dies mit aller Ernsthaftigkeit, aus der wir auch lernen sollten. Vor 15 Monaten – also am Ende der 14. Legislaturpe- riode – beendete ich meine Rede mit folgenden Sätzen: „Es bleibt als traurige Quintessenz dieses ersten An- laufs, eine Magnus-Hirschfeld-Stiftung zu errichten, nur festzuhalten: Der ursprünglich über die Fraktionsgren- zen hinweg geltenden Vereinbarung, für die kollektive Entschädigung homosexueller Opfer eine würdige Form zu finden, wurde durch die Art und Weise, wie die Koa- lition das Gesetzgebungsverfahren betrieb, ein Bären- dienst erwiesen. Wir können als Christdemokraten dem vorliegenden“ – das heißt dem damaligen – „Gesetzent- wurf, dieser Lex Beck, nicht zustimmen. Sollte das Gesetzgebungsverfahren bis zum Ende der Legislaturperiode nicht abgeschlossen sein und damit der Diskontinuität verfallen, besteht die Chance, in ei- nem neuen Anlauf eine Magnus-Hirschfeld-Stiftung auf den Weg zu bringen, die in einer breiten Öffentlichkeit Akzeptanz und Anerkennung finden wird.“ Frau von Renesse hat im Juni letzten Jahres für die Sozialdemokraten Folgendes zu Protokoll gegeben: „Ein solches Projekt“ – gemeint ist die Stiftung – müsste vom Bundestag einstimmig verabschiedet wer- den, verwirklicht es doch den einstimmigen Beschluss dieses Hauses, der eine kollektive Wiedergutmachung durch Gedächtnisarbeit und konkrete Unterstützung bei- spielhafter Aktivitäten für Toleranz und Akzeptanz för- dert.“ Den Kollegen van Essen darf ich mit dem Satz zitie- ren: „Es wäre ein wichtiges Signal gewesen, wenn sich der ganze Bundestag zu dieser Form des kollektiven Ausgleichs bekannt hätte. Ich bedauere daher sehr, das Rot-Grün diese Einigung verhindert hat.“ d g v h s m D i f E s D V b D e n s g d B H e s f z l p m n d d h s D d d g d d s n n h b h J w d w (C (D Und der Vertreter Hamburgs hat in der 780. Sitzung es Bundesrates am 27. September 2002 Folgendes aus- eführt: „Statt die Einmütigkeit des Bundestagsbeschlusses om Dezember 2000 als Chance zu nutzten, auf diesem istorisch belasteten Gebiet den gesellschaftlichen Kon- ens zu fördern und zu vertiefen, hat die Bundestags- ehrheit freie Fahrt für Partikularinteressen gegeben. ie Hektik der parlamentarischen Beratungen, das Des- nteresse der Regierungsfraktionen an einer seriösen öf- entlichen Anhörung und die skurrile Veränderung des ntwurfs im Rechtsausschuss machen deutlich: Mit die- em Stiftungsgesetz soll nicht Magnus Hirschfeld ein enkmal gesetzt werden, sondern dem Grünen-Politiker olker Beck.“ All diese Zitate, all diese unterschiedlichen Stimmen, elegen doch eins: Wir sind einmal gemeinsam gestartet. er Beschluss des Bundestages vom 7. Dezember 2000 rging einstimmig. „Angesichts der erheblichen Unei- igkeit, die in den vergangenen Jahrzehnten zu diesem pezifischen NS-Unrecht geherrscht hatte, war dies ein roßer gesellschaftlicher und politischer Fortschritt“, so arf ich den Vertreter Hamburgs in der bereits erwähnten undesratssitzung noch einmal zitieren. Im Übrigen ist es eigentlich eine gute Tradition dieses auses, Projekte im Kontext der NS-Wiedergutmachung invernehmlich auf den Weg zu bringen. Doch was geschah mit diesem einstimmigen Be- chluss des Bundestages und der dort enthaltenen Auf- orderung an die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf ur Errichtung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung vorzu- egen? Leider gar nichts. Weder in der 14. noch in gegenwärtigen Legislatur- eriode fühlt sich die Bundesregierung offensichtlich be- üßigt, dem einstimmigen Auftrag des Bundestages achzukommen, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Das arf man einmal in aller Nüchternheit feststellen und ies auch mit der Frage verbinden, in welcher Gelassen- eit wir eine solche Missachtung des Parlamentes offen- ichtlich hinnehmen … Im Übrigen ist dies auch dem Bundesrat aufgefallen. aher merkte völlig zu Recht der Vertreter Hessens in er bereits erwähnten Bundesratssitzung an, dass mit iesem Vorgehen die Bundesregierung und die sie tra- ende Mehrheit im Bundestag nicht nur den Beschluss es Bundestages missachtet haben, sondern dem Bun- esrat hierdurch auch einen Beratungsdurchgang abge- chnitten haben. Der Bundesrat konnte nur noch in ei- em ersten und einzigen Beratungsdurchgang ja oder ein sagen. Dabei müsste sich die Bundesregierung doch über- aupt nicht verstecken. Die involvierten Ministerien ha- en doch intensiv an dem Stiftungsprojekt gearbeitet. So at doch das Bundesfinanzministerium im Mai letzten ahres einen sehr soliden und ausgewogenen Gesetzent- urf vorbereitet gehabt, der leider nur nicht das Licht er Welt erblickte. Sicherlich nicht ganz zufällig. Er lief ohl gewissen Interessen zuwider. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5437 (A) ) (B) ) Stattdessen gab es quasi in letzter Minute den verän- derten Koalitionsentwurf, über dessen trauriges Schick- sal die genannten Zitate bereits beredt Auskunft gaben. Das Projekt Magnus-Hirschfeld-Stiftung wurde – und dies sage ich in aller Eindeutigkeit – durch den Abgeord- neten Volker Beck an die Wand gefahren – und die Sozi- aldemokraten haben leider zugeschaut. Ich erinnere mich im Übrigen, dass es hierzu nicht nur kritische Stimmen im Bundestag und Bundesrat gab. Ich habe beispielsweise noch einen überaus kritischen Bei- trag des Zweiten Deutschen Fernsehens hierzu gut in Er- innerung. All dies sollten wir nicht vergessen. Denn vergessen würde bedeuten, Erfahrungen aus dem Fenster zu wer- fen, statt aus ihnen zu lernen. Nun beraten wir in diesem Haus den Entwurf der FDP-Fraktion. Eine kurze Anmerkung vorab, lieber Kol- lege van Essen. Ich habe noch gut im Ohr, wie traurig, ja wie empört Sie in der vergangenen Legislaturperiode waren, dass die Koalitionsfraktionen allein einen Ge- setzentwurf einbrachten. Die Messlatte, an der Sie da- mals die Anderen maßen, müssen Sie allerdings auch für sich selbst gelten lassen. An der Zeitknappheit, mit den anderen Fraktionen vorab zu sprechen, kann es wohl nicht gelegen haben, wenn ich sehe, dass zwischen der Einbringung und der Aufsetzung auf die Tagesordnung dieses Hauses sieben Monate liegen. Und eine Anmerkung vorab auch in Richtung Koaliti- onsfraktionen. Ich war schon etwas überrascht, dass die Federführung vom Rechtsausschuss in den Familienaus- schuss wechseln soll. In der Sache hat sich doch nichts geändert. Auch in Ihrem Entwurf aus der vergangenen Legislaturperiode lag beispielsweise die Rechtsaufsicht schon beim Familienministerium. Wir haben im Rechts- ausschuss darüber gesprochen und auch bereits eine An- hörung gehabt. Auch der Rechtsausschuss des Bundes- rates hat sich damit bereits beschäftigt. Also warum der Wechsel? Oder sollten mit diesem kleinen Geschäftsord- nungstrick unliebsame Abgeordnete ausgebremst oder gar ausgesteuert werden? Lieber Herr Beck, Sie sehen, so schnell lassen wir Christdemokraten uns nicht ins Bockshorn jagen. Sie müssen damit leben, dass ich heute hier rede. Nun liegt also wieder der Entwurf eines Stiftungsge- setzes vor. Es liegt nun an allen Fraktionen in diesem Haus, durch die Art und Weise der Beratungen dafür Sorge zu tragen, dass das Ende des Gesetzgebungsver- fahrens anders aussieht als vor gut einem Jahr. Die Be- reitschaft unserer Fraktion ist hierzu vorhanden. Ich will von dieser Stelle und auch in aller Deutlich- keit nochmals die Bereitschaft meiner Fraktion bekun- den, die Magnus-Hirschfeld-Stiftung auf den Weg zu bringen. Von interessierter Seite wird dies gern infrage gestellt. Wir stehen als Christdemokraten zum Beschluss vom 7. Dezember 2000. Die Errichtung einer Stiftung als Form der kollektiven Entschädigung für die Verfolgung homosexueller Män- ner und Frauen während der NS-Zeit ist unstreitig. Doch s – k s k i h ü f n s J n t k O a s d s E f n w a n s s r F f a s n a w c c d w w g p d f 4 e s S a t (C (D o unstreitig die Stiftung als solches ist, so streitg waren und sind vielleicht – die Details. Und in einer Demo- ratie ist Streit wichtig und legitim. Dies wird offensichtlich auch außerhalb dieses Hau- es gesehen. Mir liegt eine Pressemitteilung der Bundes- onferenz der schwul-lesbischen Landesnetzwerke vor, n der es wörtlich heißt: „Die Bundeskonferenz fordert innerhalb und außer- alb des Parlaments eine offene und faire Diskussion ber die Ausgestaltung der Stiftung. Dieses Projekt ist ür die Schwulen- und Lesbenbewegung so wichtig, dass icht überstürzt und ohne ausreichende Diskussion Ent- cheidungen getroffen werden sollten, die eventuell ahrzehnte Bestand haben werden. Für das Ansehen ei- er Magnus-Hirschfeld-Stiftung wird die breite Akzep- anz, die über eine intensive Diskussion erreicht werden ann, von großer Wichtigkeit sein.“ Eine faire und offene Diskussion, Transparenz und ffenlegung der Kritierien für Gremienbesetzungen sind lles Punkte, denen ich zustimmen kann. Ich glaube, dies ind wir auch uns selbst, den Bürgern dieses Landes, em Steuerzahler und nicht zuletzt allen Interessierten chuldig. Ich will dies an einem Beispiel aufzeigen. Im FDP- ntwurf ist in das Kuratorium die Deutsche Gesellschaft ür sozialwissenschaftliche Sexualforschung neu aufge- ommen worden. Ich kann eine Vermutung anstellen, arum dies geschah. Ich weiß es aber nicht – und alle nderen außerhalb der FDP-Fraktion vermutlich auch icht. Sollte mit dieser Berufung allerdings der akademi- che und wissenschaftliche Bereich zusätzlich berück- ichtigt werden, darf man in aller Offenheit fragen, wa- um nicht die älteste und größte der deutschen achgesellschaften für Sexualwissenschaft und Sexual- orschung, nämlich die Deutsche Gesellschaft für Sexu- lforschung mit Sitz in Hamburg und Frankfurt, Berück- ichtigung fand. Ich spreche mich hier weder für die eine och vorschnell für die andere Gesellschaft aus. Ich will n diesem Beispiel nur die Notwendigkeit aufzeigen, ie nötig ein transparentes Verfahren ist. Erlauben Sie mir noch einen anderen Punkt anzuspre- hen. Ich habe beim Familienministerium einmal recher- hiert – jedermann kann dies in den einschlägigen Bun- estagsdrucksachen zuletzt in Nr. 15/1279 nachlesen –, elche Institutionen im lesbisch-schwulen Bereich für elche Projekte Finanzmittel des Bundes erhalten. Ju- endprojekte von LAMDA werden gefördert, Lesben- rojekte können etatisiert werden, der Bundesverband er Eltern und Angehörigen von Homosexuellen erhält ür eine Fachtagung im März des Jahres rund 0 000 Euro oder der Sozialverein des LSVD erhält für ine Wochendtagung zu „Regenbogenfamilien“ in die- em Monat rund 25 000 Euro aus dem Haus von Frau chmidt. Nur historische Forschung wird nicht gefördert. Wie uch? Historische Forschung passt halt nicht in das Ras- er eines Familien-, Jugend- und Frauenministeriums. 5438 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) Nun ist der Ausgangspunkt für die Magnus- Hirschfeld-Stiftung die Verfolgung homosexueller Frauen und Männer während der NS-Zeit. Wir haben in unserem Beschluss vom 7. Dezember 2000 eigens unter- strichen, wie nötig es ist, die Initiativen zu unterstützten, die sich der historischen Aufarbeitung der nationalsozia- listischen Homosexuellenverfolgung und des späteren Umgangs mit ihren Opfern widmen. Bisher hat die Forschung hierzu kaum im akademi- schen Kontext ihren Platz gefunden, sondern entsteht aufgrund der privaten Intitiative Einzelner oder kleiner Gruppen. Geld steht dafür so gut wie nie zur Verfügung. Daher arbeiten die Beteiligten in aller Regel ehrenamt- lich. Von wenigen Promotionsstipendien abgesehen scheinen bisher auch niemals reguläre deutsche For- schungsgelder für derartige Projekte ausgegeben worden zu sein, wie bei der Vorstellung des Buches von Andreas Pretzel „NS-Opfer unter Vorbehalt“ im Berliner Landes- archiv beklagt wurde. Bei aller Offenheit des Stiftungszwecks sollten wir uns meines Erachtens schon verpflichtet fühlen, den Ur- sprung der Stiftung nicht vorschnell aus dem Blick zu verlieren. Die Stiftung sollte vorrangig – jedenfalls in der Anfangsphase – den Schwerpnkt auf die Förderung der Forschung, der Erinnerungsarbeit und der damit verbun- denen politischen Bildung legen. Es sollten vorrangig die Projekte gefördert werden, die sonst keine Chance haben. Doppelförderung durch die Stiftung und das Familienmi- nisterium sollte tunlichst vermieden werden. Über all diese Fragen sollten wir auch mit der nötigen Transparenz nach außen reden. Immens viel wird für das Ansehen der Stiftung davon abhängen, ob uns dies im Beratungsverfahren gelingen wird. Ich hoffe, dass bei allen Beteiligten die Bereit- schaft vorhanden ist, das Ansehen der Stiftung nicht vor- sätzlich durch die Durchsetzung von Eigeninteressen zu beschädigen. Wie sagte ein Sachverständiger im vergangenen Jahr: „Es darf auch nicht der Hauch des Eindrucks entstehen, dass hier einzelne Verbandsinteressen über den ideellen Zweck des Stiftungsanliegens gestellt werden.“ Dieses Wort gilt auch heute noch. Wir sollten aus den Erfahrun- gen der letzten Legislaturperiode lernen. Die Bereit- schaft meiner Fraktion ist jedenfalls gegeben, konstruk- tiv an den Beratungen zur Errichtung einer Magnus- Hirschfeld-Stiftung mitzuwirken. Lassen Sie mich mit einem Zitat aus einer Rede en- den, die anlässlich der bereits erwähnten Buchvorstel- lung im Landesarchiv Berlin gehalten und mir zugesandt wurde. „Es reicht nicht aus, ihnen ein Denkmal zu setzen, selbst wenn das eines Tages an einem prominenten Ort in Berlin stehen sollte, wie es ja in der Diskussion ist … Ein Denkmal allein für etwas, das noch gar nicht in sei- nen Dimensionen bekannt und bearbeitet ist, birgt die Gefahr, dass Dinge schnell wieder zugedeckt werden, bevor sie richtig ans Tageslicht kommen. Den Opfern … sind wir eine genauere Erinnung schuldig. … Ohne die finanzielle Unterstützung der historischen Forschung, der Archive, Sammlungen und Museen wird die Erinne- r k m G P s D n d b i g b Z u r e h o d b z l g p d m w s g z b b b v g s s i v w g G le in r k a a (C (D ung, kaum dass sie da ist, wieder verblassen, nicht kon- ret genug werden können.“ Nehmen wir diese Worte für unsere Beratungen ruhig it auf den Weg. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Am 6. Mai 2003 jährte sich zum 70. Mal die lünderung des von Magnus Hirschfeld gegründeten In- tituts für Sexualwissenschaften durch NS-Studenten. ie Verwüstung des Instituts war der Auftakt zur so ge- annten „Aktion wider den undeutschen Geist“. Aus em Institut geraubtes Inventar wurde am 10. Mai 1933 ei der Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz ns Feuer geworfen. Homosexuelle waren ab 1933 schwersten Verfolgun- en ausgesetzt. Die lesbische und schwule Bürgerrechts- ewegung der Weimarer Republik wurde zerschlagen. ehntausende Homosexuelle wurden zu Haftstrafen ver- rteilt, Tausende in Konzentrationslager verschleppt. Deutschland steht in der Verantwortung, die Erinne- ung an dieses Unrecht wachzuhalten, die verfolgten und rmordeten Opfer zu ehren. Daher haben wir gegen Ende der letzten Wahlperiode ier im Bundestag nach jahrelangen quälenden Diskussi- nen endlich die gesetzliche Rehabilitierung der Opfer es § 175 aus der NS-Zeit durchgesetzt. Daher haben die eiden Koalitionsfraktionen vor kurzem einen Antrag ur Errichtung eines Denkmals für die im Nationalsozia- ismus verfolgten Homosexuellen in den Bundestag ein- ebracht. Es soll ein offizielles Denkmal der Bundesre- ublik Deutschland werden. Und es soll hier in der Nähe es Reichstages entstehen. Dieser Antrag wurde heute orgen befasst und in die Ausschüsse zur Beratung über- iesen. Auch aus Verantwortung vor der Vergangenheit tehen wir weiter in der Pflicht, klare Zeichen zu setzen egen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung. So haben wir in der letzten Wahlperiode das Gesetz ur Eingetragenen Lebenspartnerschaft auf den Weg ge- racht. Das war ein großer gesellschaftlicher Durch- ruch für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Le- ensweisen. Wir haben uns auch für diese Wahlperiode iel vorgenommen, um die Situation der lesbischen Bür- erinnen und schwulen Bürger weiter zu verbessern: Wir wollen und werden das Lebenspartnerschaftsge- etz weiter ausbauen. Wir wollen und werden den ge- etzlichen Schutz vor Diskriminierung verstärken. Die Errichtung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung ist m vergangenen Herbst am Bundesrat gescheitert. Der orliegende Gesetzentwurf greift dieses Vorhaben nun ieder auf. Und das ist gut so. Bei der Diskussion um die Stiftung geht es um fol- ende Anliegen: homosexuelles Leben in Geschichte und egenwart wissenschaftlich zu erforschen und darzustel- n, die nationalsozialistische Verfolgung Homosexueller Erinnerung zu halten, gesellschaftlicher Diskriminie- ung homosexueller Männer und Frauen entgegenzuwir- en, Emanzipations-, Bürgerrechts- und Menschenrechts- rbeit im In- und Ausland zu fördern sowie das Gedenken n Leben und Werk Magnus Hirschfelds zu pflegen. All Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5439 (A) ) (B) ) das sind und bleiben aus Sicht der Grünen wichtige Auf- gaben für unsere Gesellschaft. Seit Gründung unserer Partei engagieren wir uns ge- gen gesetzliche und gesellschaftliche Diskriminierung. Seit jeher unterstützen wir die Emanzipations-, Bürger- rechts- und Menschenrechtsarbeit von Lesben und Schwulen. Vor diesem Hintergrund werden wir den vorliegenden Gesetzentwurf vorbehaltlos prüfen und freuen uns auf eine intensive Sacharbeit in den Ausschüssen. Jörg van Essen (FDP): Die FDP macht mit ihrem Gesetzentwurf einen erneuten Anlauf, um die Magnus- Hirschfeld-Stiftung doch noch zu errichten. Homosexu- elle waren im Nationalsozialismus schweren Verfolgun- gen ausgesetzt. Dies hat auch der Deutsche Bundestag am 7. Dezember 2000 in einer Erklärung einstimmig festgestellt, die besagt, dass es sich bei der Verfolgung von Homosexuellen während des Nationalsozialismus um typisches nationalsozialistisches Unrecht handelt. Während der nationalsozialistischen Verfolgung wurde die gesamte schwule und lesbische Infrastruktur zer- schlagen. Einen Ausgleich dafür hat es bis heute nicht gegeben. Lange nach den Verbrechen der NS-Diktatur soll jetzt – mit der Errichtung der Magnus-Hirschfeld- Stiftung im Sinne eines kollektiven Ausgleichs – das von den Nationalsozialisten an den Homosexuellen verübte Unrecht anerkannt und die homosexuelle Bürger- und Menschenrechtsarbeit gefördert werden. Der Arzt und Sexualwissenschaftler Magnus Hirsch- feld ist durch seine wissenschaftliche Tätigkeit und auch als Streiter für die Rechte der Homosexuellen besonders hervorgetreten. Die Stiftung wird dazu beitragen, das ho- mosexuelle Leben in Deutschland wissenschaftlich zu erforschen und darzustellen. Die nationalsozialistische Verfolgung soll aufgearbeitet und in Erinnerung gehalten werden. Mit der Öffentlichkeitsarbeit der Magnus- Hirschfeld-Stiftung soll ein weiterer Beitrag erreicht werden, der nach wie vor vorhandenen gesellschaftli- chen Diskriminierung homosexueller Männer und Frauen entgegenzuwirken. In der vergangenen Legislaturperiode war eine Eini- gung in dieser Frage über alle Fraktionsgrenzen hinweg in greifbarer Nähe. In letzter Minute legten die Koali- tionsfraktionen eine Liste über die Besetzung des Kura- toriums vor, von der sie klar wissen mussten, dass die Opposition ihr nicht zustimmen konnte. Aus den Reihen der SPD weiß ich, dass auch sie mit diesem Vorgehen ganz und gar nicht einverstanden waren. Die Grünen wa- ren es, die diese Einigung bewusst verhindert haben. Hier wurde versucht, rücksichtslos Verbandsinteressen durchzusetzen, die Bundestagswahl dabei fest im Blick. Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich daher ent- schlossen, die Initiative erneut in den Bundestag einzu- bringen und zu einer Zeit zu beraten, die nicht geprägt ist von den lauten Tönen des Wahlkampfs. Wir haben im- mer deutlich gemacht, dass dieses wichtige Thema dafür gänzlich ungeeignet ist. Wir glauben, dass die Zusam- mensetzung des Kuratoriums, so wie unser Gesetzent- wurf sie vorsieht, eine breite Zustimmung durch den Deutschen Bundestag ermöglicht. Für uns ist es wichtig, d b n G f w r s B e s s t t k B s r d w k A d t s b u a d v l t f m p b g h m n E f (C (D ass alle relevanten Gruppierungen die Möglichkeit ha- en, gleichberechtigt im Kuratorium mitwirken zu kön- en. In dem Gesetzentwurf sehen wir daher für jede ruppierung einen Sitz im Kuratorium vor. Das gerade ür junge Homosexuelle besonders wichtige Jugendnetz- erk Lambda gehört selbstverständlich in das Kurato- ium. Da die Stiftung den Namen des Sexualwissen- chaftlers Magnus Hirschfeld tragen soll, ist eine eteiligung von Vertretern der Sexualwissenschaft benso unerlässlich. Ich hoffe, dass die Grünen von ihrer kompromisslo- en Position aus der vergangenen Legislaturperiode Ab- tand nehmen und heute mehr die historische Aufarbei- ung des Unrechts, die Interessen der Opfer und die atsächlichen Stiftungsziele in den Vordergrund stellen. Im Kampf um den Abbau der gesellschaftlichen Dis- riminierung von Homosexuellen ist es in der rot-grünen undesregierung insgesamt still geworden. Unser Ge- etzentwurf ist die erste Initiative in dieser Legislaturpe- iode, die diesen Faden wieder aufnimmt. Ich würde es aher außerordentlich begrüßen, wenn wir in dieser ichtigen Frage möglichst schnell zu einer Einigung ommen könnten. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Beschlussempfehlung und Bericht: Wieder- belebung des Friedensprozesses in Kolum- bien – Beschlussempfehlung und Bericht: Neue Ini- tiative zur Wiederbelebung des kolumbiani- schen Friedensprozesses international unter- stützen (Tagesordnungspunkt 10 und Zusatztagesord- nungspunkt 4) Petra Pau (fraktionslos): Es ist zweifellos richtig, ass sich der Deutsche Bundestag endlich wieder der Si- uation in diesem seit Jahrzehnten von Krieg, Terror, taatlicher Repression, paramilitärischer Willkür und lindwütigem Morden, Entführungen von Zivilistinnen nd Zivilisten und US-amerikanischer Einmischung von ußen zerrissenem Land zuwendet. Gestatten Sie mir, arauf hinzuweisen, dass die PDS bereits 1996 auf einer on ihr veranstalteten internationalen Konferenz anläss- ich des 50. Jahrestages der UN-Menschenrechtskonven- ionen darauf hingewiesen hatte, dass Kolumbien zwei- ellos von einem der schwerwiegendsten Bürgerkriege it den meisten Todesopfern und Verschwundenen ge- rägt ist. Ich musste selbst damals furchtbare Erlebnis- erichte der Menschenrechtsbeauftragten und von Mit- liedern der Eisenbahnergewerkschaft aufnehmen und abe seitdem mehrmals direkt mit von Bürgerkrieg un- ittelbar betroffenen Kolumbianerinnen und Kolumbia- ern, darunter auch indigenen Menschen, gesprochen. s ist zweifellos richtig, dass wir zur Lösung des Kon- liktes mehr unternehmen müssen. 5440 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) Ich halte es dennoch für fragwürdig, wenn in dem An- trag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen die EU und die deutsche Regierung aufgefordert werden, die kolum- bianische Regierung unter dem Präsidenten Uribe dahin gehend zu unterstützen, ein Gewaltmonopol herzustel- len, das neutral und nicht im Interesse von Sondergrup- pen auszuüben ist. Gerade auch die Regierung Uribe selbst ist doch in das Konfliktknäuel in Kolumbien ver- wickelt. Uribe sieht sich als Exekutor des amerikani- schen „Plan Colombia“ und ist maßgeblich für dessen Realisierung verantwortlich. Eine Friedenslösung wird jedoch nur möglich sein, wenn endlich der Dialog zwi- schen den verschiedenen Konfliktparteien, wozu auch die Guerilla-Bewegungen FARC und ELN gehören, er- öffnet wird, in dem die verschiedenen Interessen offen und gleichberechtigt auf den Verhandlungstisch gelan- gen. Die PDS wendet sich energisch gegen eine Regionali- sierung des Konflikts, die letztlich das Übergreifen der Gewalt in Kolumbien auf Nachbarstaaten und eine aus- ländische Instrumentalisierung zugunsten internationaler Konzerne und der Herstellung ihrer Kontrolle über die Ressourcen und somit die Zerstörung der Lebensräume, vor allem auch der in diesen Gebieten lebenden indige- nen Völkern, zur Folge hätte. Wir befürworten vielmehr eine internationale Konferenz unter UN-Mandat, an der alle Konfliktparteien gleichberechtigt teilnehmen müs- sen und die auf eine sofortige Beendigung jeglicher mili- tärischer Handlungen und einen unverzüglichen Waffen- stillstand gerichtet sein muss. Nur so wird sich eine zivilgesellschaftliche Partizipation am Ingangsetzen ei- nes Friedensprozesses ermöglichen lassen. Wir teilen die Auffassung, dass dabei auch die vermittelnde Rolle der katholischen Kirche in Anspruch genommen werden sollte. Wir meinen zugleich, dass die Staaten der Region – vor allem Venezuela und Ecuador – stärker als Vermitt- ler in den Friedensprozess eingebunden werden sollten. Sie verfügen über Erfahrungen alternativer Gesellschafts- entwicklung und nehmen die Beseitigung der monströ- sen sozialen Widersprüche in diesen Ländern in Angriff. Das Scheitern der jüngsten 5. Ministerkonferenz der WTO in Cancun zeigte einmal mehr, dass gerade wir in den entwickelten Ländern, in der EU und auch in Deutschland ernsthafter darüber nachdenken müssen, wie Entwicklungszusammenarbeit konkret zur Lösung sozioökonomischer Ursachen von Konflikten, zur Besei- tigung von Armut und Perspektivlosigkeit großer Bevöl- kerungsteile für ein menschenwürdiges Leben auszuge- stalten ist. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Hilfsmittelversorgung von Pflegebedürftigen (Hilfsmittelsicherungsgesetz – HSG) (Tagesordnungspunkt 11) Dr. Erika Ober (SPD): Der Bundesrat hat Anfang dieses Jahres den Gesetzentwurf zur Sicherung der H W ti D la m s R e d U s m k z r e B d s k m S ü o d d v d v z d s w d P g le s h n d s s D K d v u g d E (C (D ilfsmittelversorgung von Pflegebedürftigen auf den eg gebracht. Mit dem HSG will er Abgrenzungsstrei- gkeiten zwischen Kranken- und Pflegekassen lösen. ie Frage, die im Mittelpunkt dieses Entwurfes steht, utet: Wer ist für die Versorgung von Pflegebedürftigen it Hilfsmitteln sowohl ambulant als auch stationär zu- tändig? Diese Frage beantwortet bereits das bestehende echt. Deshalb ist aus meiner Sicht auch das im Bundesrats- ntwurf avisierte Ziel obsolet, der mit dieser Initiative ie Rechtssicherheit für alle Beteiligten erhöhen will. m dieses Ziel zu erreichen, stellt der Entwurf den Vor- chlag in den Raum, die ambulante und stationäre Hilfs- ittelgewährung nach § 40 Pflegeversicherungsgesetz larzustellen und einschlägige Ergänzungen im SGB V u machen. Ich möchte gerne, bevor ich auf den stationären Be- eich zu sprechen komme, auf den ambulanten Bereich ingehen. Für den ambulanten Bereich bestätigt der undesratsbeschluss durch Ergänzung des § 40 SGB XI ie Subsidiaritätsklausel. Diese Nachrangigkeitsklausel tellt aber schon jetzt ausdrücklich klar, dass die Pflege- assen nur dann herangezogen werden, wenn die Hilfs- ittelversorgung durch die Krankenkasse nicht greift. ofern der Verwendungszweck eines Hilfsmittels ganz berwiegend darin besteht, die Pflege zu ermöglichen der zu erleichtern, ist die Pflegekasse in der Pflicht iese Leistung bereitzustellen. Der bestehende Paragraph regelt also bereits eindeutig ie Leistungspflicht der Pflegeversicherung. Die Pflege- ersicherung tritt dann ein, wenn eine Leistungspflicht er GKV nicht vorliegt. Die Trennung der Auflistung on Hilfsmittelverzeichnis und Pflegehilfsmittelver- eichnis mit klarer Nachrangigkeit der Leistungspflicht er Pflegeversicherung ist im Gesetz bereits geregelt. Es ist bekannt, dass manche Krankenkassen diese be- tehende Subsidiaritätsklausel in der Praxis bei der Be- illigung nicht hinreichend beachtet haben. So gab es in er Vergangenheit Fehlbuchungen, die zu Lasten der flegeversicherung vorgenommen wurden. Erfahrungs- emäß wurden diese Fehlbuchungen in den meisten Fäl- n korrigiert. Dies bestätigt auch der Bundesratsbe- chluss: In seiner Begründung wird ausdrücklich darauf ingewiesen, dass die meisten Krankenkassen die ge- annte Rechtsauffassung bezüglich der Nachrangigkeit er Pflegeversicherung teilen. Der Bundesratsentwurf bezieht sich auf Einzelfallent- cheidungen. Es heißt, die Entscheidung über die Zu- tändigkeit dürfe nicht vom Einzelfall abhängig sein. as ist zwar richtig. Denn wenn ein Sachbearbeiter einer ranken- und Pflegekasse in jedem Einzelfall entschei- en würde, stünde Tür und Tor auf, Kosten der Kranken- ersicherung auf die Pflegeversicherung zu verlagern nd so die Kosten der gesetzlichen Krankenkasse gerin- er zu halten. Doch ändert sich durch den Entwurf nichts aran, dass die bestehende Rechtslage bereits jetzt keine inzelfallentscheidungen vorsieht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5441 (A) ) (B) ) Im stationären Bereich sieht der Bundesratsentwurf Ergänzungen der §§ 75 Abs. 2 und 80 Abs. 2 vor, das heißt, die Zuständigkeit der Grundausstattung der Pfle- geheime mit Hilfsmitteln soll geklärt werden. Hierzu ist aber zu sagen: Die Partner der Selbstverwaltung haben auch derzeit das Recht, die Grundausstattung der Heime mit Hilfsmitteln zu regeln. Zum stationären Bereich hat das Bundessozialgericht in seinen letzten Urteilen aus 2002 ausdrücklich erklärt, dass die Ausstattung der Pfle- geheime mit Hilfsmitteln zu regeln ist – konkret in § 80 a SGB XI in Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen. Der Bundesrat hingegen bezieht sich auf ein zwei Jahre älte- res Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2000. Das Bundessozialgericht vertritt in diesem Urteil die Auffassung, dass die Leistungspflicht der Krankenversi- cherung dort ende, wo die Vorhaltepflicht des Pflegehei- mes einsetze. Daneben soll laut Entwurf die Bundesregierung in § 84 SGB XI durch eine Ergänzung ermächtigt werden, zu ent- scheiden, welche Hilfsmittel bei Bemessung der Pflege- sätze zu berücksichtigen wären, damit sie als Anlagegüter gelten und unter die Investitionspflichten der Länder nach § 9 SGB XI fallen würden. Die Ergänzungen, die der Bundesratsentwurf zu den §§ 40, 75, 80 SGB XI macht, sind aus fachlicher Sicht nicht zu beanstanden. Jedoch sind sie bei sachgerechter Anwendung geltenden Rechts nicht erforderlich. Be- schrieben werden im hier zu diskutierenden Entwurf le- diglich konkrete Handlungsanweisungen geltenden Rechts. In der stationären Pflege gibt es keinen Individualan- spruch auf Leistungspflicht. Hier ist die Selbstverwal- tung gefragt. Sicherlich darf es für Patienten und Patien- tinnen nicht von Nachteil sein, wenn Kranken- und Pflegekasse die Abgrenzungen vornehmen. Eine sofor- tige Regelung seitens des Gesetzgebers verlangt die Pra- xis aus meiner Sicht nicht. Die bestehenden Gesetze lie- fern klare und eindeutige Regelungen. Es kann festgehalten werden, dass manche Kassen den Gesetzge- ber auf nicht beabsichtigte Weise interpretieren. Sollte die Selbstverwaltung die ihr vom Gesetzgeber zugestan- dene Flexibilität nicht im Sinne der Pflegebedürftigen nutzen, sollte der Gesetzgeber dem entgegenwirken. Ich möchte auch dazusagen, welches Vorgehen ver- nünftig wäre: Anstatt dass Detailfragen auf die Tagesord- nung gesetzt werden – wie sie im uns heute vorliegenden Bundesratsentwurf vorgeschlagen werden –, müssten ge- eignete Maßnahmen in einen Gesamtzusammenhang der Schnittstellenfrage zwischen Pflege- und Krankenkasse gebracht werden. Dieser Gesamtzusammenhang sollte auch die Bereiche medizinische Behandlungspflege, ge- riatrische Rehabilitation sowie Pflegeüberleitung und Case-Management einbeziehen. Folgt man also der Auf- fassung, dass Krankenkassen trotz eindeutiger Rechts- lage konkrete Handlungsanweisungen benötigen – also nicht nur bei der Hilfsmittelversorgung –, so sollten sie Teil einer Lösung der gesamten leistungsrechtlichen Schnittstellenfrage zwischen Kranken- und Pflegeversi- cherung sein, damit eine Doppelbefassung der Gesetzge- bungsorgane vermieden wird. W u g u l c a d z d t d a u S S a B k d G l v g g s e g c n d s h d S e K b t b g d s P a z s z H l (C (D Ich habe das bei der ersten Lesung auch schon gesagt: ir fordern die Kostenträger dazu auf, sich verbindlich nd eindeutig an die gesetzlichen Vorgaben bei der Auf- aben- und Finanzierungsverteilung zwischen Pflege- nd Krankenkasse zu halten. Es kann uns nicht daran ge- egen sein, wenn Abgrenzungstaktierereien auf dem Rü- ken der Pflegebedürftigen ausgeübt werden. Das HSG hat uns auch in der öffentliche Anhörung m 7. Mai 2003 beschäftigt. Dabei wurde Folgendes eutlich: Der gesetzgeberische Handlungsbedarf in Be- ug auf den Bundesratsentwurf wird von den anwesen- en Verbänden und Einrichtungen unterschiedlich beur- eilt. Ich möchte dazu einige Meinungen, die während ieser Anhörung geäußert wurden, zusammenfassend nführen: Tenor der Krankenkassen – Spitzenverband nd AOK – war: Der neue Abgrenzungskatalog der elbstverwaltungspartner vom März 2003 schaffe die chwierigkeiten zwischen Kranken- und Pflegekassen us der Welt. Ergänzungen und Änderungen, wie sie der undesratsentwurf vorsieht, würden nicht helfen. Man önne sowohl auf der Basis eines Gesetzes als auch auf er Basis des vorliegenden Entwurfes arbeiten. Vonseiten der Wohlfahrtsverbände findet man den esetzentwurf des Bundesrates zwar tendenziell nütz- ich und kritisiert die Bewilligungspraxis am Beispiel on Rollstühlen. Gleichwohl müsse eine Einschränkung emacht werden: Da es stets eine Einzelfallprüfung ebe, könne kein Gesetzentwurf den Interpretations- pielraum eines Sachbearbeiters ganz aushebeln. Seitens der privaten Krankenversicherer zeigte sich ine große Sympathie für ein Tätigwerden der Bundesre- ierung, damit „in irgendeiner Form“ etwas Verbindli- hes in die Welt gesetzt werde. Ich denke, wir können es icht verantworten, „in irgendeiner Form“ tätig zu wer- en. Pflegebedürftige können zu Recht erwarten, dass ie bei gesundheitspolitischen Belangen konsistent be- andelt werden. Man kann nach der Anhörung zum HSG bilanzieren, ass die Aussagen der gehörten Vertreter nicht den chluss zulassen, das HSG wäre in besonderer Weise ge- ignet, die Schnittstellenfrage zwischen Pflege- und rankenkasse zu behandeln. Auch die Pflegebedürftigen rauchen keine isolierte Herangehensweise mit kleins- em Lösungsansatz zu dieser Schnittstellenfrage. Pflege- edürftigen müssen Leistungen vollständig zur Verfü- ung stehen. Wir haben in der Koalitionsvereinbarung angekün- igt, uns in der laufenden Legislaturperiode der Schnitt- telle zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und flegeversicherung nochmals zu widmen. Es wird dann uch darauf ankommen, die Kostenträger in die Pflicht u nehmen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, die ie per Gesetz haben. Matthias Sehling (CDU/CSU): Heute beraten wir in weiter und dritter Lesung den Gesetzentwurf zum ilfsmittelsicherungsgesetz, den der Bundesrat vorge- egt hat. 5442 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) Dieses Hilfsmittelsicherungsgesetz soll den entwürdi- genden Abgrenzungsstreitigkeiten ein Ende bereiten, die seit Jahren zwischen den gesetzlichen Krankenkassen ei- nerseits und den andererseits betroffenen Pflegebedürfti- gen und Pflegeheimen um Verschreibungsmöglichkeit und Kostentragung von Hilfsmitteln stattfinden. In der Anhörung vom 7. Mai haben fast alle anwesen- den Institutionen und Sachverständigen zum Ausdruck gebracht, dass sie dringenden Handlungsbedarf sehen. Die einzigen Gegner eines solchen Gesetzes sind die Krankenkassen, die immer wieder aufgrund der unzurei- chenden Gesetzeslage unberechtigte Vorteile bei der Kostentragung gezogen haben. Dass die Regierungskoa- lition ein solches Gesetz ablehnt, ist jedoch unverständ- lich. Vielleicht liegt es daran, dass der zu beratende Gesetzentwurf eine Initiative der bayerischen Sozialmi- nisterin Christa Stewens ist. Vielleicht sollten Sie aber nach dem Wahlausgang vom letzten Sonntag erkennen, dass in Bayern doch recht gute Politik gemacht wird und dies auch von der Bevölkerung offensichtlich so gesehen wird. Es geht darum, Klarheit und Rechtssicherheit bei der Verordnung und Finanzierung von Hilfsmitteln zu errei- chen: für die Pflegebedürftigen ebenso wie für die ver- schreibenden Ärzte, für die Krankenkassen, für die Pfle- gekassen und für die Pflegeheimträger. Das Gesetz will zwei große Fallgruppen zu Streitfra- gen über Hilfsmittel regeln, erstens im Falle der ambu- lanten Pflege die Frage der Zuständigkeit zwischen Krankenkasse und Pflegekasse, zweitens im Falle der stationären Pflege die Frage der Zuständigkeit für Hilfs- mittel zwischen den Krankenkassen einerseits und den Pflegeheimen andererseits. Die Bundesregierung hat in ihrer damaligen Gegen- äußerung im Bundesratsverfahren nichts Besseres ge- wusst, als sämtliche Regelungsvorschläge für nicht er- forderlich zu erklären. Ich frage Sie von der Bundesregierung und Sie von den Koalitionsfraktionen: Warum wehren Sie sich denn gegen eine eindeutige Klarstellung im Gesetz, nachdem die Streitigkeiten vor Jahr und Tag einen Riesenverwal- tungsaufwand der Beteiligten und Prozesse bis hin zum Bundessozialgericht ausgelöst haben? Darf ich in diesem Zusammenhang einmal mehr ein offenbar unbedeuten- des Dokument, weil sich ohnehin niemand von Ihrer Seite daran hält oder auch nur erinnert, nämlich Ihre Koalitionsvereinbarung zitieren? Darin heißt es in voll- mundiger Ankündigung: „Wir stimmen die Leistungen der Kranken- und der Pflegeversicherung … besser auf- einander ab“. Das ist jetzt gerade ein Jahr her und doch wollen sie davon auch in diesem Punkt – nur weil die Initiative vom Bundesrat ausgeht – jetzt nichts mehr wis- sen. Stattdessen trösten Sie die betroffenen Pflegebe- dürftigen mit einer ungewissen und zeitlich nicht greif- baren Ankündigung einer zukünftigen Gesetzesinitiative. Der Bundesrat schlägt also für den Bereich der ambu- lanten Pflege vor, dass solche Hilfsmittel von der Kran- kenversicherung zu leisten sind, die sowohl der Kran- k a n w f w s r G v o d tu R e V P g t u n b t g a M n s g s O f M B h u i G n u d S w g v n d e q i s s (C (D enbehandlung oder dem Ausgleich einer Behinderung ls auch und zugleich der Erleichterung der Pflege die- en. Der unwürdige Streit muss ein Ende haben darüber, er den Rollstuhl zu zahlen hat, der sowohl zu Spazier- ahrten als auch zum Transport vom Bett ins Bad benutzt ird. Die Koalitionsparteien machen es sich in den Aus- chussberatungen genauso einfach wie die Bundesregie- ung. Sie halten die Regelung für überflüssig, weil im esetz eine Subsidiaritätsklausel enthalten sei, die die orrangige Leistungspflicht der Krankenversicherung hnehin anordne. Wenn dies so klar wäre, warum haben ann die Krankenkassen damit angefangen, ihre Leis- ngspflicht im Einzelfall und damit meist auf dem ücken der Versicherten umständlich und lang andau- rnd prüfen zu wollen? Das Hilfsmittelsicherungsgesetz soll nach unseren orstellungen von CDU und CSU ein zweites großes roblemfeld endgültig klären: Es geht um die Versor- ung mit Hilfsmitteln im Pflegeheim: Welche Hilfsmit- el hat das Pflegeheim als Grundausstattung vorzuhalten nd welche Hilfsmittel kann und muss der Heimbewoh- er/die Heimbewohnerin von der Krankenversicherung eanspruchen? Das Pflegeheim kann zwar einige Rollstühle vorhal- en, jedoch nicht auf die individuellen Bedürfnisse ein- ehen. Eine 60 Kilogramm schwere Frau braucht einen nderen Rollstuhl als ein 100 Kilogramm schwerer ann, der einen individuell angefertigten Rollstuhl be- ötigt. Lehnt die Krankenkasse die Bezahlung des Roll- tuhls ab, wäre es zuviel erwartet, dass deshalb das Pfle- eheim – quasi von sich aus – die Kosten übernimmt. In der Anhörung hat uns zum Beispiel der Sachver- tändige der Arbeiterwohlfahrt aus der Praxis berichtet: ft wird in einem solchen Streitfall das Gericht angeru- en. Schon bis zur Eröffnung des Rechtsstreits vergehen onate, bis zu seinem Abschluss manchmal sogar Jahre. esonders sozial schwächer gestellte Patienten wollen äufig nicht das Risiko eines Prozessverlustes eingehen, nterlassen den Gang zum Gericht und verzichten auf hre Ansprüche. Ich frage die Kolleginnen und Kollegen von Rot- rün: Warum wollen Sie gerade diesem Personenkreis icht – durch die ausdrückliche gesetzliche Regelung – nter die Arme greifen? Für den Bereich des Pflegeheims lautet die Grundidee es Hilfsmittelsicherungsgesetzes im Übrigen wie folgt: ofern die Hilfsmittel zu einer genau definierten und teil- eise auch pflegesatzfähigen Grundausstattung des Pfle- eheims gehören, muss das Hilfsmittel vom Pflegeheim orgehalten werden. Gehört das benötigte Hilfsmittel icht zur Grundausstattung, ist die Krankenversicherung es Heimbewohners/der Heimbewohnerin zuständig. So infach könnte das sein. Die Koalitionsparteien haben sich im Ausschuss be- uemerweise die Auffassung der Bundesregierung aus hrer Gegenäußerung zu eigen gemacht: Rot-Grün zog ich auf den Ohne-mich-Standpunkt zurück: die vorge- chlagene Regelung gelte nach der Rechtsprechung des Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5443 (A) ) (B) ) Bundessozialgerichts ohnehin, eine Gesetzesregelung sei hier ebenso überflüssig. In Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden Mehrheit der Sachverständigen tritt die CDU/CSU aber auch hier für eine ausdrückliche gesetzliche Regelung ein, damit unnötige Rechtsstreite vermieden werden. Eine gesetzliche Regelung ist auch nicht überflüssig geworden etwa durch den neuesten Abgrenzungskatalog vom 14. März dieses Jahres, den die Spitzenverbände der Krankenkassen zehn Tage vor unserer Anhörung aus dem Hut gezaubert haben. Diesem Abgrenzungskatalog fehlt es naturgemäß an der rechtlichen Verbindlichkeit, sodass neuerliche Rechtsstreitigkeiten nicht auszuschließen sind. Abgese- hen davon ist dies nicht der erste Abgrenzungskatalog. Solche Abgrenzungskataloge gab es schon des Öfteren, die dann scheibchenweise den BSG-Urteilen folgend Rechte der Versicherten wieder zugestehen mussten. Und schauen Sie sich den „neuen“ Abgrenzungskatalog doch an, fast überall sind Doppelkreuze, das heißt, er bringt erneut Doppeldeutigkeit, weitere Doppelzustän- digkeiten und weitere Einzelfallentscheidungen. Eine Vielzahl von Sozialprozessen ist damit vorprogram- miert. Der Bundesrat sieht im Hilfsmittelsicherungsgesetz im Übrigen auch die effektive Durchsetzung der Be- schaffung der Grundausstattung der Pflegeheime mit Hilfsmitteln durch die Pflegeheime vor. So sollen die auf Landesebene abzuschließenden Rahmenverträge künf- tig eigene verbindliche Inhalte über die Grundausstat- tung der Pflegeheime mit Hilfsmitteln enthalten. Unverständlich bleibt auch hier die Ablehnung dieses weiteren Vorschlags durch Rot-Grün und die Bundesre- gierung unter Hinweis auf die ohnehin existierende höchstrichterliche Rechtsprechung. In der Praxis wird in diese Rahmenverträge auf Landesebene erfahrungsge- mäß nur das hineingeschrieben und hat nur das vor Schiedsämtern und oft auch vor Gerichten dauerhaften Bestand, was ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist. Darum sollte man sich schon der Mühe unterziehen, die- sen Rahmenvertragsinhalt zur Grundausstattung der Pflegeheime mit Hilfsmitteln ausdrücklich und ver- pflichtend in das SGB XI aufzunehmen. Das Hilfsmittelsicherungsgesetz ermächtigt des Wei- teren die Bundesregierung durch Verordnung festzustel- len, welche Hilfsmittel, die zur Grundausstattung eines Pflegeheimes gehören, pflegesatzfähig sind. Damit müs- sen nicht allein die Pflegeheime die Hilfsmittel der Grundausstattung bezahlen. Indirekt leistet so auch die Pflegeversicherung ihren Anteil zur Finanzierung der Grundausstattung. Wenn schon heute eine Hilfsmittel- Pflegesatz-Verordnung erlassen worden wäre, würde schon heute die Grundausstattung der Pflegeheime mit Hilfsmitteln besser ausschauen und wäre schon heute für ein Stück „Mehr Qualität im Pflegeheim“ gesorgt. Ich frage Rot-Grün und die Bundesregierung: Warum sper- ren Sie sich gegen Verordnungsermächtigung und Ver- ordnungsmöglichkeit und gegen mehr Qualität im Pfle- geheim jetzt? i d ß v C s l s l m d V g s n z H h P H c P ic d k D D v Z w d d i a b k c s e k D z a f g Z g d b z z (C (D Die meisten Sachverständigen jedenfalls waren sich n der Anhörung mit der Union einig: Insgesamt stellt ieses Hilfsmittelsicherungsgesetz eine Sammlung äu- erst hilfreicher praktischer Verbesserungen des Pflege- ersicherungsgesetzes dar. Deshalb unterstützt die CDU/ SU-Fraktion diesen Gesetzentwurf. Verehrte Kollegen von Rot-Grün, schade, dass Sie ich im Ausschuss nicht zu einer sofort wirksamen Ent- astung der Pflegebedürftigen entschließen konnten, chade, dass Sie im Ausschuss als Zeitpunkt für die Vor- age eines eigenen Gesetzentwurfs nur den Sankt-Nim- erleins-Tag genannt haben, schade, dass auch hier wie- er der Spruch zu Ihrem Koalitionsvertrag gilt: ersprochen – gebrochen. Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der vorlie- ende Gesetzentwurf des Bundesrats sieht vor, die Ver- orgung Pflegebedürftiger mit Hilfsmitteln gesetzlich eu zu bestimmen. Ziel ist es, Auseinandersetzungen wischen Kassen und Leistungserbringern über die ilfsmittelversorgung in Pflegeheimen zu beenden. Des- alb soll neu geregelt werden, welche Hilfsmittel das flegeheim vorzuhalten hat und welche Hilfsmittel ein eimbewohner von der Krankenversicherung beanspru- hen kann. Die Frage ist nun, ob die vorgesehene Neuregelung das roblem tatsächlich löst. Ich glaube das nicht. Zwar teile h die auch im Gesetzentwurf vertretene Auffassung, ass den betroffenen Akteuren im Gesundheitswesen ein lares Verständnis für die bestehenden Regelungen fehlt. eshalb kommt es oft zu Zuständigkeitsstreitigkeiten. as belastet das Heimpersonal, die Heimbewohner und or allem unsere Sozialgerichte. Ich habe aber große weifel, dass dieses Gesetz diese Missstände beheben ürde. Die Expertenanhörung im Ausschuss hat klar gezeigt, ass die gegenwärtige Rechtslage vor dem Hintergrund er Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eindeutig st. Das sehen nicht nur die Kassenvertreter so, sondern uch zahlreiche Vertreter der Leistungserbinger. Deshalb rauchen wir kein Gesetz, das die bestehende Rechtslage onkretisiert. Das Problem ist doch ein anderes: Einige Sozialversi- herungsträger halten sich leider nicht immer an die ge- etzlichen Vorgaben. Das betrifft sicher nicht alle, aber inige schwarze Schafe gibt es eben leider doch. Das be- ommen wir nicht durch neue Regelungen in den Griff. a hilft nur eine konsequentere Aufsicht, um die Kassen u zwingen, sich an bestehendes Recht zu halten. Wer in der Anhörung den Ausführungen der Experten ufmerksam gelauscht hat, der muss außerdem die Be- ürchtung haben, dass dieses Gesetz die Rechtslage so- ar komplizierter macht. Die Experten haben deutliche weifel daran geäußert, dass die vorgesehenen Regelun- en zu den Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen für ie Akteure handhabbar sind. Unter Umständen nehmen ürokratischer Aufwand und Unübersichtlichkeit sogar u. Insbesondere ist fraglich, ob die Ärzte bei den dann u erwartenden Einzelverträgen für jedes Heim den 5444 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) Überblick behalten können, wenn sie Hilfsmittel verord- nen müssen. Dazu kommt, dass es auch weiterhin Ein- zelfallprüfungen und damit Interpretationsspielräume geben würde, auch wenn in der Gesetzesbegründung et- was anderes suggeriert wird. Also wird es auch weiter- hin Meinungsunterschiede geben. Da würde dieses Ge- setz gegenüber der heutigen Situation nichts verbessern. Damit ist der Nutzen dieses Gesetzes mehr als ungewiss. Dazu kommt, dass wir auch in der Pflegeversicherung vor umfassenden Reformen stehen. Dann wird es unter anderem darum gehen, die Schnittstellenprobleme zwi- schen Kranken- und Pflegeversicherung umfassend zu regeln. Deshalb wäre es kontraproduktiv, jetzt eine De- tailregelung zu verabschieden. Wir wissen ja gar nicht, ob diese Detailregelung im Rahmen der angestrebten Veränderungen überhaupt Bestand haben würde. Des- halb plädiere ich für eine Reform aus einem Guss. Der vorliegende Gesetzentwurf ist folglich nicht nur inhalt- lich problematisch, er kommt auch zum falschen Zeit- punkt. Jetzt etwas zu regeln, was in einigen Monaten schon wieder obsolet sein könnte, das schafft nur Büro- kratie und Verwirrung bei denen, die das Recht anwen- den müssen. Fassen wir also zusammen: Wir brauchen keine Klar- stellung des bestehenden Rechts, da es bereits heute ein- deutig ist. Im Übrigen ist sogar zu befürchten, dass die- ses Gesetz die bestehende Rechtslage komplizierter macht. Außerdem beendet dieses Gesetz keineswegs die Streitigkeiten zwischen Kassen und Leistungserbringern. Dazu bedarf es eines konsequenten Durchgreifens sei- tens der Aufsichtsbehörden, damit geltendes Recht ein- gehalten wird. Und zu guter Letzt stehen wir vor einer umfassenden Reform der Pflegeversicherung, sodass schon aus diesem Grund eine wie auch immer geartete Detailregelung nicht sinnvoll ist. Das sind sehr viele sehr gute Gründe, die gegen diesen Gesetzentwurf sprechen. Deshalb werde ich ihm nicht zustimmen. Daniel Bahr (Münster)(FDP): Der Bundesrat hat die Initiative zum Hilfsmittelsicherungsgesetz mit dem Ziel ergriffen, gesetzlich und vertraglich eindeutig zu re- geln, in welchen Fällen Kranken- oder Pflegekassen die Kosten für Hilfsmittel übernehmen müssen und welche Hilfsmittel grundsätzlich von Pflegeheimen vorzuhalten sind. Nach dem HSG soll dies nicht mehr wie bisher von den Umständen des Einzelfalls abhängen, sondern ist rechtlich eindeutig geregelt. Damit werden die Streitig- keiten der Vergangenheit überflüssig. Unter anderem stellt das Hilfsmittelsicherungsgesetz klar, dass Hilfsmit- tel, die zur Krankenbehandlung dienen, auch von den Krankenkassen erstattet werden müssen, wenn der Arzt dies für medizinisch erforderlich hält und so verordnet. Das gilt unabhängig davon, wie alt der Pflegebedürftige ist und ob er zu Hause oder im Heim lebt. Damit ist das für den Patienten unwürdige Gezerre um die Finanzie- rungszuständigkeit in einem bedeutenden Bereich beige- legt. Die FDP begrüßt und unterstützt den vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesrates, der eine Konkretisie- rung der Finanzierungsfragen von Hilfsmitteln im Sozial- g h e t d z f g g S m G d r l v n k j v d s g H s d t H s s t d e k l v a g d u H g s f G s b w Ü u z (C (D esetzbuch vorsieht. Es ist eine Verbesserung, dass der ilfsbedürftige Mensch – neben seinen körperlichen Be- inträchtigungen – nicht noch zusätzlich unter den Strei- igkeiten der Kostenträger zu leiden hat, wer denn nun ie benötigten Hilfsmittel finanziert. In der Anhörung um HSG, die der Ausschuss am 7. Mai 2003 durchge- ührt hat, sprachen sich mit Ausnahme der Vertreter der esetzlichen Krankenversicherungen alle Sachverständi- en für eine gesetzliche Klarstellung aus. Meine Damen und Herren von der Koalition! Diese timmen aus der Praxis sollten sie zur Zustimmung er- untern! Der Nachbesserungsbedarf an der aktuellen esetzgebung wurde von den Sachverständigen ein- rucksvoll belegt und damit die Auffassung der Bundes- egierung, dass die Gesetzeslage eindeutig sei, wider- egt. Es muss eine bundesweit einheitliche und erbindliche Regelung geschaffen werden, die zurzeit ur in einer gesetzlichen Klarstellung gesehen werden ann. Es kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, für ede einzelne Hilfsmittelgruppe die Kostenzuständigkeit or dem Bundessozialgericht klären zu lassen, nur weil er von den Spitzenverbänden der Krankenkassen verab- chiedete Abgrenzungskatalog anscheinend nicht genü- end Rechtssicherheit bei der Kostenbewilligung für ilfsmittel im Pflegeheim gibt. Initiativen, wie der Vor- chlag aus Bayern für ein Hilfsmittelsicherungsgesetz, ie für mehr Klarheit sorgen und die Versorgung der Pa- ienten in Pflegeheimen mit medizinisch notwendigen ilfsmitteln sicherstellen, werden von der FDP unter- tützt. Die Fraktion der FDP stimmt dem vorgelegten Ge- etzentwurf zu, weil er zu einer Verbesserung der derzei- igen Situation führt. Meine Damen und Herren, ich möchte aus der Rede er Kollegin Petra Selg von den Grünen anlässlich der rsten Lesung zum HSG zitieren: „Wir werden auch das Verhältnis zwischen der Kran- en- und der Pflegeversicherung auf den Prüfstand stel- en, um bestehende Abgrenzungsprobleme der Pflege- ersicherung und der Krankenversicherung endlich ufzuheben und so die Verschiebebahnhöfe zu beseiti- en. Unser Ansatz ist damit breiter und umfassender als er in diesem Gesetzentwurf, denn er betrifft natürlich nd selbstverständlich auch die Frage der Hilfs- und eilmittelversorgung in den Heimen. Ich kann Ihnen sa- en: Wir machen unsere Hausaufgaben. Ich denke, wir ind sogar Meisterschüler.“ So weit das Zitat. Frau Kollegin Selg, Ihr Ansatz war so breit und um- assend, dass in dem morgen zur Abstimmung stehenden MG keinerlei Änderungen zu den entsprechenden Pas- agen des SGB XI zu finden sind. Ihre Hausaufgaben ha- en Sie nicht gemacht! Für die FDP ist das HSG – das ill ich hier klar sagen – nur ein erster Schritt – also eine bergangslösung – in die richtige Richtung, hin zu einer mfassenden Lösung der gesamten Schnittstellenfrage wischen Kranken- und Pflegeversicherung. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5445 (A) ) (B) ) Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Beschlussempfehlung und Bericht: Ergän- zung der Fahrerlaubnisverordnung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Tagesordnungspunkt 12 a und b) Heidi Wright (SPD): Wir reden und entscheiden heute über die Ergänzung der Fahrerlaubnisverordnung. Ich freue mich über unsere Übereinkunft, die Fahrer- laubnisverordnung dahin gehend zu ändern, dass zum ei- nen zukünftig für das Führen von motorisierten Kran- kenfahrstühlen kein Mindestalter mehr vorgeschrieben sein wird. Zum anderen wird die Fahrerlaubnis der Klasse M, der Mopedführerschein, insofern erweitert werden, als sie auch zum Führen von dreirädrigen Leichtkrafträdern berechtigt. Vor dem jetzt geschaffenen Wegfall des Mindestalters war es behinderten Kindern, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, grundsätzlich verboten, motori- sierte Krankenfahrstühle im öffentlichen Verkehr selbst- ständig zu führen. Wenn auch verschiedene Bundeslän- der unter bestimmten Voraussetzungen Einzelausnahmen zuließen, fehlten jedoch konkrete Vorgaben für deren Er- teilung. Diese unklare Rechtslage stellte eine schwere Härte für behinderte Kinder und die betroffenen Eltern dar. Die neue gesetzliche Regelung sichert im Interesse der behinderten Kinder eine alters- und entwicklungsent- sprechende Teilnahme am Straßenverkehr und hebt die bisherige ohne sachlichen Grund betriebene Ungleichbe- handlung behinderter und nicht behinderter Kinder auf. Es ist wichtig, mit einer genauen gesetzlichen Regelung behinderten Kindern, die zu ihrer Fortbewegung auf ei- nen Elektrorollstuhl angewiesen sind, die selbstbe- stimmte, ihrem Alter und ihrer Entwicklung entspre- chende Teilnahme am Straßenverkehr zu ermöglichen. Die bislang notwendige Beantragung einer Ausnahme- genehmigung war eine unnötige und grundlose Er- schwernis, ja gar eine Diskriminierung. Auch die Neuregelung der Fahrerlaubnis der Klasse M dient insbesondere den Interessen Gehbehinderter so- wie älterer Menschen, die sich im Straßenverkehr unsi- cher fühlen. Ein leicht motorisiertes Dreirad ist für diese Personengruppe wesentlich stand- und fahrsicherer als ein entsprechendes Zweirad und unterstützt sie in ihrem Wunsch, im öffentlichen Verkehrsraum mobil zu blei- ben. Bislang verlangte das deutsche Fahrerlaubnisrecht für das Führen eines dreirädrigen Fahrzeugs grundsätz- lich einen Führerschein der Klasse B, also einen PKW- Führerschein. Letzterer war damit auch in jedem Fall für das Führen eines dreirädrigen Fahrrads mit Hilfsmotor oder eines dreirädrigen Mopeds mit einer Spitzenge- schwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h erforderlich, was für die betroffene Personengruppe angesichts we- sentlich höherer Anforderungen und Kosten des PKW- F Z n s k M f K d u h r e h Ü z R E F d n m k A l t s s J f e d d d R F a n d n I u l t i Z K z s S m e a i d (C (D ührerscheinerwerbs in vielen Fällen unzumutbar war. ur Sicherung der Mobilitätsbedürfnisse dieses Perso- enkreises ist daher die neue Fahrerlaubnisklasse ge- chaffen worden. Sie kann von allen genutzt werden, ommt aber insbesondere älteren und gehbehinderten enschen zugute, weil sie eine Lücke zwischen dem ahrerlaubnisfreien, aber relativ langsamen motorisierten rankenfahrstuhl und dem PKW ausfüllt. Wir erreichen amit eine klare Verbesserung für behinderte Menschen nd das ist gut so! Gero Storjohann (CDU/CSU): Wir diskutieren eute einen Antrag der Regierungsfraktionen zur Ände- ung der Fahrerlaubnisverordnung. Vordergründig geht s hierbei um Erleichterungen für in erster Linie gehbe- inderte Menschen. Diesen soll ermöglicht werden, zur berwindung ihrer Gehbeschwerden bestimmte Fahr- euge ohne das Vorliegen jetzt bestehender gesetzlicher egelungen benutzen zu dürfen. Doch worum geht es im inzelnen? Zielsetzung des Gesetzesantrages in Ziffer l ist es, die ahrerlaubnis in der Weise zu ändern, dass künftig für as Führen von motorisierten Krankenfahrstühlen mit ei- er bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht ehr als 6 Stundenkilometer – also Elektrorollstühle – ein Mindestalter mehr vorgeschrieben wird. Diesem nliegen geben wir von der CDU/CSU-Fraktion in vol- em Umfang unsere Zustimmung. Darüber hinaus aber, so Ziffer 2 des Antrages, möch- en Sie die Fahrerlaubnisklasse für den Mopedführer- chein erweitern. Bisher ist es ja so, dass von der Klas- e M nur zweirädrige Leichtkrafträder erfasst werden. etzt wollen die Antragsteller die Bundesregierung prü- en lassen, ob die Fahrerlaubnisklasse M dahin gehend rweitert werden kann, dass sie auch zum Führen von reirädrigen Kraftfahrzeugen mit einer Höchstgeschwin- igkeit von 45 Stundenkilometern berechtigt. Als wür- en Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den egierungsfraktionen, ahnen, dass Sie sich mit dieser orderung auf sehr dünnem Eis bewegen, stellen Sie uch sofort einen Alternativantrag. Sollte Ihrem Wunsch icht entsprochen werden, so wollen Sie für besagte reirädrige Leichtkrafträder eine ganz neue Fahrerlaub- isklasse geschaffen wissen. Diese soll, wenn es nach hren Vorstellungen geht, hinsichtlich der Ausbildung nd Prüfungsanforderungen unter denen der Klasse B iegen. Warum das alles? Wenn ich mir in Ihrem Gesetzesan- rag die Begründung zu Ziffer 2 durchlese, so erkenne ch auf den ersten Blick ein durchaus erstrebenswertes iel. Dort heißt es wörtlich – ich zitiere: „Dreirädrige leinkrafträder sind im Straßenverkehr relativ selten an- utreffen. Sie entsprechen im Wesentlichen den Interes- en Gehbehinderter und älterer Menschen, die sich im traßenverkehr auf Grund von Gleichgewichtsproble- en eher unsicher fühlen. Für diese Personengruppe ist in leichtmotorisiertes Dreirad stand- und fahrsicherer ls ein entsprechendes Zweirad und unterstützt sie dabei, m Straßenverkehr mobil zu bleiben“. Weiter heißt es ann: „Für die Mobilitätserfordernisse insbesondere 5446 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) dieses Personenkreises soll daher eine neue Fahrerlaub- nisklasse geschaffen werden“. Beim näheren Hinsehen kommen mir dann aber doch erhebliche Bedenken. Behinderten Personen können doch schon heute im Wege von Einzelausnahmen Er- leichterungen beim Erwerb der Fahrerlaubnis gewährt werden. Keine Behörde würde doch bei Vorliegen ent- sprechender Voraussetzungen einem behinderten Mit- bürger diese Ausnahmegenehmigung verweigern. Aus fachlicher Sicht besteht also überhaupt keine Notwen- digkeit für eine Änderung der jetzt bestehenden Rechts- lage. Bereits im Ausschuss haben wir von der CDU/ CSU-Fraktion den von Ihnen angestrebten Prüfungsauf- trag an die Bundesregierung deswegen bereits abgelehnt. An unserer Haltung in dieser Frage hat sich bis heute auch nichts geändert. Das angesprochene Problem kann – wie bisher auch – über Einzelerlaubnisse gelöst werden. Offensichtlich be- zwecken Sie mit Ihrem Gesetzesantrag aber noch etwas ganz anderes. Ich werde den Eindruck nicht los, dass hier auf Schleichwegen versucht werden soll, so genann- ten „Fun-Fahrzeugen“, also „Spaßmobilen“, das Tor für einfachere Fahrerlaubnisklassen zu öffnen. Auch Ihnen dürfte ja durchaus bekannt sein, dass es derzeit einen großen Trend zur Entwicklung von solchen Exotenfahrzeugen gibt. Skateboards mit Motorantrieb, kleine dreirädrige Fahrzeuge mit Benzinmotorantrieb so- wie neuartige Luftkissenfahrzeuge gehören dazu. Diese Fahrzeuge würden der von Ihnen angestrebten neuen Fahrerlaubnisklasse dann ebenfalls unterfallen. Ich kann nur davor warnen, die Anforderungen an den Betrieb solcher Fahrzeuge – wie von Ihnen beabsichtigt – herun- terzuschrauben. Diese „Spaßmobile“ werden doch in erster Linie von jungen Leuten verwendet, die wenig Er- fahrung im Straßenverkehr besitzen. Es besteht die Ge- fahr, dass die jungen Menschen ganz schnell eine Fahr- erlaubnis für die „Fun-Fahrzeuge“ erwerben könnten. Was wäre die Folge? Junge Leute würden sich ver- stärkt auf öffentlichen Straßen „austoben“ und eine Ge- fahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen. Der Ver- kehrssicherheit ist damit sicherlich wenig gedient. Deswegen ist die Ziffer 2 Ihres Antrages aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion als äußerst problematisch zu bewer- ten. Da allerdings die behinderten und älteren Menschen bei diesem Antrag im Vordergrund stehen, wird die CDU/CSU sich bei der Abstimmung der Stimme enthal- ten. Klaus Hofbauer (CDU/CSU): Der vorliegende Än- derungsentwurf des Straßenverkehrsgesetzes ist der rich- tige Weg, den Kommunen die entscheidenden Gestal- tungsmöglichkeiten bei den Parkgebühren zu geben. Damit wird nicht nur die kommunale Selbstverwaltung gestärkt, sondern auch ein Schritt hin zu Bürokratieab- bau und zur Flexibilisierung der Verwaltung unternom- men. Die Änderungen dieser Regelung im Straßenver- kehrsgesetz waren überfällig. Wir müssen uns im Klaren sein, dass in vielen Städten und Gemeinden ein zeitlich b f d t c m l d b k D n z E c h k z n a m V d l l r G l d t d K l b r i G G i K d Z m f v a n g f h G a E K S (C (D egrenztes Freiparken bereits praktiziert wird. Gerade ür kleine und mittlere Städte hat diese Möglichkeit für ie Innenstadtbelebung eine außerordentliche Bedeu- ung. In vielen Kommunen wird das Angebot an öffentli- hen Verkehrsmitteln nicht im nötigen Maße angenom- en. Zahlreiche Einwohner und Besucher nutzen daher ieber den PKW, um in die Innenstadt zu gelangen. Wür- en in diesen Fällen grundsätzlich Parkgebühren erho- en, hätte dies zur Folge, dass die Mehrzahl der Ein- äufe vor der Stadt auf der grünen Wiese getätigt würde. ie Gebührenhoheit bei den Gemeinden steht damit icht zuletzt auch im Interesse des innerstädtischen Ein- elhandels. Gleiches gilt für die vorgesehene Möglichkeit zur inführung von Gebührenintervallen. Das grundsätzli- he Bemühen, die Innenstädte autofrei zu halten, muss eute viel differenzierter gehandhabt werden. Die ver- ehrstechnischen Voraussetzungen sind von Kommune u Kommune verschieden. Viele Innenstädte werden nur och durch einen geregelten PKW-Durchgangsverkehr m Leben gehalten. Weiterhin haben sich zahlreiche Ge- einden durch bessere Verkehrsführung und bessere erkehrsinfrastruktur auf das höhere Autoaufkommen er letzten Jahre eingestellt. Eine gezielte Innenstadtbe- ebung kann im Wesentlichen nur durch flexiblere Mög- ichkeiten zum Kurzzeitparken und durch die Verhinde- ung des flächendeckenden Langzeitparkens erfolgen. estaffelte Gebührensysteme in Anlehnung an tageszeit- iche Schwankungen geben den Kommunen die notwen- ige Handhabe. Die Regelung stärkt das kommunale Selbstverwal- ungsrecht und trägt zur Entbürokratisierung bei. Dies arf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass unsere ommunen unter einer ständig steigenden Aufgabenlast eiden und sich in einer schwerwiegenden Finanzkrise efinden. Ohne eine grundlegende kommunale Finanz- eform wird es für die Gemeinden immer schwieriger, hre Selbstverwaltungsrechte wahrzunehmen. Rot-Grün hat sich einer Reform zur Sicherung der emeindefinanzen lange verweigert. Das Einsetzen der emeindefinanzreformkommission wurde verzögert, hre Arbeitsaufträge waren zu eng und letztlich ist die ommission gescheitert. Hinzu kommt, dass die Bun- esregierung bei ihren Reformmodellen mit geschönten ahlen arbeitet. Die von Rot-Grün erwarteten Einnah- ezuwächse durch die vorgesehene Gewerbesteuerre- orm sind nach Berechnungen der kommunalen Spitzen- erbände um bis zu 1,5 Milliarden Euro zu hoch ngesetzt. Die Bundesregierung verspricht den Kommu- en schon seit Jahren millardenschwere Entlastungen, ehalten wurde noch nichts. Die Union hat hingegen ein klares kommunales So- orthilfeprogramm vorgelegt. Eine Rücknahme der Er- öhung der Gewerbesteuerumlage und die Erhöhung des emeindeanteils am Aufkommen an der Umsatzsteuer uf 3 Prozent würden den Kommunen 3,4 Milliarden uro Sofortentlastung bringen. Die Überlassung der Parkgebührengestaltung an die ommunen ist zu begrüßen. Damit wird das kommunale elbstverwaltungsrecht gestärkt. Die Kommunen kön- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5447 (A) ) (B) ) nen ihre Selbstverwaltung jedoch nur umfassend wahr- nehmen, wenn sie finanziell auf sicherem Boden stehen. Dies ist die Bundesregierung unseren Städten und Ge- meinden bis heute schuldig geblieben. Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem ersten Teil des Antrags der Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Ergänzung der Fahrerlaubnisverordnung wird an dieser eine dringend notwendige und zeitgemäße Korrektur im Hinblick auf die Benutzung von motorisierten Krankenfahrstühlen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 6 km/h vorgenommen. Bislang war es behinderten Kindern grundsätzlich verboten, einen derartigen Rollstuhl selbstständig zu führen, solange sie noch nicht das 15. Lebensjahr vollen- det hatten. Eine Vielzahl von Sonder- und Ausnahmege- nehmigungen in einigen Bundesländern führte zu einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit, die die ohnehin schon schwierigen Lebensumstände von behinderten Kindern und Jugendlichen und deren Eltern unnötig be- lasten. Daher ist es konsequent und folgerichtig, die Fahrerlaubnisverordnung an dieser Stelle entsprechend zu korrigieren, besser gesagt zu ergänzen. Dabei gilt es eine Abwägung zwischen einer eventuel- len Gefährdung des öffentlichen Straßenverkehrsraums und dem Anspruch auf eine möglichst weitgehende Parti- zipation junger Behinderter am gesellschaftlichen und sozialen Leben vorzunehmen. Dabei wird deutlich, dass das Gefährdungspotenzial als gering und vernachlässig- bar angesehen werden und keinen Grund darstellen kann, behinderten Kindern und Jugendlichen die Teil- nahme am Straßenverkehr weiterhin zu verweigern. Bündnis 90/Die Grünen unterstützen daher ausdrück- lich den Antrag der Koalitionsfraktionen, den § 10 Abs. 3 der Fahrerlaubnisverordnung um eine entsprechende bundesweit geltende Ausnahmegenehmigung zu ergän- zen, die eine gänzliche Aufhebung der bisherigen Min- destalterregelung vorsieht. Ich bin mir sicher, dass uns an dieser Stelle auch die Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP unterstützen werden. Die Erweiterung der Fahrerlaubnis der Klasse M auf dreirädrige Leichtkrafträder, die bisher nur zum Führen von Mopeds, das heißt von zweirädrigen Leichtkraft- rädern mit einer Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h, berechtigt, halte ich persönlich ebenfalls für längst über- fällig und im Sinne eines allseitigen Wunsches nach Bü- rokratieabbau auch für geboten. Eine mögliche Argu- mentationslinie gegen die Erweiterung der Klasse M, die auf ein größeres Gefährdungspotenzial von dreirädrigen Leichtkrafträdern abzielt, halte ich für wenig stichhaltig. Wir sollten berücksichtigen, dass der technologische Fortschritt der letzten Jahre dazu geführt hat, dass heute gebaute dreirädrige Leichtkrafträder leichter sind als zum Beispiel ein vor 20 Jahren gebautes Moped und da- mit auch eine geringere kinetische Energie, das heißt eine geringere Aufprallenergie, haben. Daher ist ihr Ge- fährdungspotenzial für den öffentlichen Straßenverkehr als eher gering anzusehen, wobei der höhere Schutz der F p t d p E D s g d z f s w z S P e d d n s r d u S e s v s m b z b K d r w v A s k n h a z m b M z T b V (C (D ahrerin bzw. des Fahrers hingegen als deutlicher Plus- unkt angesehen werden muss. Es gibt eine große Anzahl von gehbehinderten und äl- eren Menschen, aber auch Jugendlichen, denen wir mit ieser einfach zu erwerbenden und vor allen Dingen reiswerten Fahrerlaubnis neue Möglichkeiten für die rfüllung ihrer Mobilitätswünsche ermöglichen können. er Führerschein B als nächsthöhere Fahrerlaubnisstufe tellt nach meiner Ansicht für viele Betroffene eine zu roße und unnötige Hürde dar. Somit könnte es uns mit ieser unkomplizierten Regelung gelingen, die Lücke wischen den langsamen fahrerlaubnisfreien Kranken- ahrstühlen und dem Pkw sinnvoll auszufüllen. Es sei an dieser Stelle auf die aus bündnisgrüner Sicht ehr reizvolle und unterstützenswerte Perspektive hinge- iesen, dass es in diesem Fahrzeugsegment eine Viel- ahl von umweltfreundlichen Fahrzeugen mit Elektro-, olar- oder Kombinationsantrieben – Pedal/Solar oder edal/Elektro – gibt, sodass zum Beispiel Jugendlichen in Einstieg in eine ökologische, innovative und mo- erne Fahrzeugtechnologie ermöglicht würde. Außer- em reizen diese Fahrzeuge aufgrund ihrer Technologie icht dazu, durch „Frisieren“ ein Höchstmaß an Ge- chwindigkeit zu erzielen. Auch das wäre als ein weite- er Beitrag zur Sicherheit im Straßenverkehr anzusehen. Ich wünsche mir zu guter Letzt, dass die Überprüfung es zweiten Teils unseres Antrages zu einer einfachen nd unkomplizierten Regelung führen wird, die uns die chaffung einer neuen Fahrzeugklasse erspart. Wenn wir s mit dem Bürokratieabbau wirklich ernst meinen, dann ollten wir uns auch bei der Fahrerlaubnisverordnung on diesem Gedanken leiten lassen. Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Im Gegensatz zu onstigen verkehrspolitischen Entscheidungen scheinen eine Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsparteien ei der vorliegenden Initiative endlich einmal Vernunft u zeigen. Durch die Änderung bezüglich der Aufhe- ung des Mindestalters für das Führen von motorisierten rankenfahrstühlen wird nicht nur die Mobilität behin- erter Kinder erleichtert, sondern auch ihre Diskriminie- ung beendet. Außerdem fällt eine Rechtsverordnung eg, die schon längst abgeschafft sein sollte. Abgesehen on dem sozialen und familienpolitischen Aspekt dieses ntrags, könnte man schon fast von einer entbürokrati- ierenden Maßnahme sprechen. Ich wünschte, solche lugen Einfälle würden Sie öfter haben. Das Gleiche gilt für die Erweiterung der Fahrerlaub- is der Klasse M für dreirädrige Leichtkrafträder. Auch ier wird den Bürgerinnen und Bürgern ein höheres Maß n Mobilität garantiert. Es kann nicht sein, dass die Nut- erinnen und Nutzer dreirädriger Leichtkrafträder mit ehr bürokratischen Hürden und Kosten zu kämpfen ha- en als Mopedfahrer. Erstere sind überwiegend ältere enschen mit Behinderungen, die bisher einen Fahr- eugschein Klasse B vorweisen müssen. Angesichts der atsache, dass Fahrradfahrer, Inline-Skater oder Skate- oarder höhere Geschwindigkeiten erreichen, ist diese erordnung geradezu lachhaft. 5448 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) Eine sinnvolle Begleitmaßnahme – das gilt übrigens für alle Führerscheinklassen – wäre die Verbesserung der Fahrlehrerausbildung sowie eine früher ansetzende Ver- kehrserziehung. Zu dem zweiten Teil des heutigen Tagesordnungs- punktes 12 kann ich die Fraktionen der Regierungskoali- tion nur auffordern, auch hier von ihrer sonstigen Linie der bürokratischen Vollerfassung des menschlichen Le- bens Abstand zu nehmen und die Initiative der Länder zu unterstützen. Es gilt, eine Regelung abzuschaffen, die nicht nur in der Praxis eine umständliche Handhabung der Parkgebühren für die Kommunen zur Folge hat, son- dern vielmehr wirtschafts- und mittelstandsfeindlich ist. Durch das Festlegen der Mindestparkgebühr und das abzurechnende Intervall von einer halben Stunde ist es den Gemeinden unmöglich, Regelungen wie die so ge- nannte „Brötchentaste“ einzuführen. Eine solche Rege- lung wäre aber eben vor dem Hintergrund sinnvoll, dass Einzelhändler ohnehin einen Überlebenskampf gegen Einkaufszentren und Warenhäuser führen müssen. Hier ist es gerade für diese ein entscheidender Nachteil, dass der Kunde nicht nur schwer einen Parkplatz in der Nähe des Ladens findet, nein, er muss auch noch für den Kauf seiner Brötchen Parkgebühren für eine halbe Stunde ent- richten. Ferner verwaisen unsere Innenstädte in den letz- ten Jahren ohnehin zusehends und wir sollten eine solch einfache Möglichkeit, die Konsum- und Wohnbedingun- gen in Städten zu verbessern, nicht ungenutzt lassen. Zu guter Letzt habe ich den Eindruck, dass diese Re- gelung gegen den Grundsatz der Subsidiarität verstößt. Nur die Kommunen selbst können sinnvoll entscheiden, wo und in welcher Höhe ab wann Parkgebühren erhoben werden sollten. Denn nur sie können sich mit ihrem Wis- sen um die genaue Situation vor Ort den einzelnen Be- dürfnisse anpassen. Darum kann ich nur allen Mitgliedern des Hauses empfehlen, sich nicht gegen die Streichung der disku- tierten Regelung zu stellen. Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin beim Bundes- minister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Im Ent- schließungsantrag auf Drucksache 15/1093 wird die Bundesregierung aufgefordert, zum Führen von Elektro- rollstühlen bis 6 km/h künftig kein Mindestalter mehr vorzuschreiben sowie zu prüfen, ob mit einer Fahrer- laubnis der Klasse M – Moped – künftig auch dreiräd- rige Fahrzeuge bis 45 km/h gefahren werden können oder ob eine neue Fahrerlaubnisklasse für diese Fahr- zeuge geschaffen werden soll. Der erste Punkt zielt auf die Abschaffung des Min- destalters für das Führen von langsamen Elektrorollstüh- len im Straßenverkehr, um die Mobilität gehbehinderter Kinder zu fördern. Hintergrund ist eine entsprechende Anfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behin- derte beim BMVBW. Bislang beträgt das Mindestalter 15 Jahre; jedoch werden in der Praxis schon heute sei- tens der zuständigen Länderbehörden Einzelausnahmen auf Antrag erteilt. Dies ist natürlich mit Verwaltungsauf- wand und Kosten für alle Beteiligten verbunden. Wir ha- ben daher die Frage, ob eine generelle Abschaffung des Mindestalters für das Führen von langsam fahrenden E V L n f M d d n s l z E v „ l z f K s e r d d P K B z f z R d s e L d n s r k A b t r e d a F d e u „ A s z e r e c o (C (D lektrorollstühlen im öffentlichen Straßenverkehr aus erkehrssicherheitsgründen zu vertreten ist, mit den ändern im Bund/Länder-Fachausschuss „Fahrerlaub- iswesen“ diskutiert. Das Ergebnis ist eindeutig und er- reulich. Es wird nicht mehr für notwendig erachtet, eine indestaltersvorschrift von 15 Jahren in § 10 FeV für erartige Fallgestaltungen vorzusehen; § 10 FeV wird aher von uns entsprechend geändert. Allerdings gibt es och Detailfragen, insbesondere zur genauen techni- chen Definition. Die Erfahrungen mit Krankenfahrstüh- en, die in Wirklichkeit „kleine“ PKW waren, haben ge- eigt, dass man hier sehr sorgfältig arbeiten muss. Im rgebnis kann aber dem Entschließungsantrag hierzu oll und ganz zugestimmt werden. Der zweite Punkt ist dagegen nicht so leicht. Eine einfache“ Ausdehnung der Berechtigung der Fahrer- aubnis der Klasse M – Moped – auf dreirädrige Fahr- euge bis 45 km/h scheidet aus; denn die Klasse M um- asst – übrigens schon immer – nur zweirädrige raftfahrzeuge. Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften ind also auf zweirädrige Fahrzeuge zugeschnitten, die in gänzlich anderes Fahrverhalten als drei- bzw. vier- ädrige Kraftfahrzeuge haben. Den Gehbehinderten, auf ie der Antrag zielt, wäre mit einer bloßen Ausweitung er Klasse M also nicht geholfen, da Ausbildung und rüfung weiterhin auf dem zweirädrigen Fahrzeug der lasse M erfolgen würden. Auch die Länder, die im undesrat einer entsprechenden Verordnungsänderung ustimmen müssten, haben sich bereits gegen eine „ein- ache“ Ausdehnung der Klasse M auf dreirädrige Fahr- euge ausgesprochen. Auch eine Einbeziehung unter die egelungen zu „Krankenfahrstühlen“ scheidet aus, da iese unter anderem Elektroantrieb brauchen und nicht chneller als 15 km/h sein dürfen. Nach derzeitiger Rechtslage ist also grundsätzlich ine Fahrerlaubnis der Klasse B – PKW – für dreirädrige eicht-KfZ zu fordern. Dies hat sich für die Zielgruppe er behinderten Personen in der Praxis bislang auch icht als problematisch erwiesen; denn ihnen werden chon heute im Wege von Einzelausnahmen Erleichte- ungen beim Erwerb der Fahrerlaubnis gewährt bzw. sie önnen eine „maßgeschneiderte Fahrerlaubnis“ erhalten. uch Beschwerden von Behinderten sind hier noch nicht ekannt geworden. Es geht also insbesondere um die In- eressen der Hersteller und darum, durch möglichst nied- ige Fahrerlaubnisanforderungen ihre Absatzchancen zu rhöhen. Da die Fahrzeuge, die hierzu umgebaut wer- en, vor allem aus Italien und Frankreich stammen, wird llerdings die deutsche Automobilindustrie, die spezielle ahrzeugumrüstungen für Behinderte anbietet, zumin- est nicht gefördert. Ich bin auch deshalb so kritisch, weil es mittlerweile inen Trend zur Entwicklung von „Exotenfahrzeugen“ nd „Spaßmobilen“ gibt. Auf viele diese Fahrzeuge passt“ keine der derzeitigen Fahrerlaubnisklassen. uch EG-Vorgaben fehlen, sodass sich künftig die Frage tellt, ob wir für jedes auf dem Markt angebotene Fahr- eug, das eine Straßenzulassung besitzt, eine neue Fahr- rlaubnisklasse entwickeln und eine weitere Zersplitte- ung der Klassen fördern wollen. Hier ist der Weg über ine Einzelfallbetrachtung gegebenenfalls mit entspre- henden Ausnahmen bei Härtefällen meines Erachtens ft der bessere. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5449 (A) ) (B) ) Im Ergebnis schlagen wir eine Einbeziehung von dreirädrigen Leicht-Kfz in eine noch zu schaffende, neue Fahrerlaubnisklasse für vierrädrige Leicht-Kfz – so ge- nannte Micro-Cars, vor. Diese neue Klasse soll bzw. muss geschaffen werden, weil die Europäische Kommis- sion zu vierrädrigen Leicht-Kfz ein Vertragsverletzungs- verfahren eingeleitet hat. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob das Erfordernis der Fahrerlaubnis der Klasse B – PKW – zum Führen von vierrädrigen Leichtkraftfahr- zeugen ein Handelshemmnis darstellt. Wenn man hier Lösungen gegebenenfalls im Kompromisswege sucht, muss eines immer beachtet werden: die Verkehrssicher- heit. Die Arbeiten für diese neue Klasse haben bereits begonnen. Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern von TÜV, DEKRA, Fahrlehrerverband und BMVBW, hat die Arbeiten aufgenommen, um angemessene Prü- fungs- und Ausbildungsanforderungen für eine neue Fahrerlaubnisklasse für drei- und vierrädrige Kraftfahr- zeuge bis 45 km/h möglichst bald zu schaffen. Lassen Sie mich damit abschließend zu Buchstabe b dieses Tagesordnungspunktes kommen: der ersten Bera- tung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes. Der Gesetzentwurf des Bundesrates auf Bundestags- drucksache 15/1496 sieht im Wesentlichen eine Ände- rung des § 6 a Abs. 6 des Straßenverkehrsgesetzes vor. Derzeit ist hier noch eine Mindestparkgebühr von 0,05 Euro je angefangene halbe Stunde für Parkschein- automaten oder Parkuhren festgelegt. Künftig soll die Erhebung der Parkgebühren in die freie Disposition des Gebührengläubigers gestellt werden. Dies sind weit überwiegend die Kommunen. Damit wäre künftig auch die Zulassung eines kostenfreien Parkens in einem vor Ort festzulegenden Zeitabschnitt möglich. Die Gebühren könnten pro Zeitintervall schrittweise unterschiedlich gestaltet werden. Es könnten auch kürzere Taktzeiten als eine halbe Stunde vorgegeben werden und die Gebühren könnten je nach Parkdruck gestaffelt werden. Sie können die Bewertung des Gesetzentwurfes durch die Bundesregierung ebenfalls der Bundestagsdrucksa- che 15/1496 entnehmen. Dieser grundsätzlich positiven Stellungnahme schließe ich mich ausdrücklich an. Ange- sichts der von der CDU/CSU-Fraktion am 11. September veröffentlichten Pressemeldung mit einer ebenfalls posi- tiven Stellungnahme zu dieser Gesetzesänderung dürfen wir einer sehr harmonischen Beratung im federführend zuständigen Ausschuss für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen entgegensehen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung über die Anträge: – Deutschen Schiffbau aus der Schlechtwet- terlage in sicheres Fahrwasser leiten – Sicherung von Standort und Know-how des deutschen Schiffbaus (Tagesordnungspunkt 13 und Zusatztagesord- nungspunkt 5) Johannes Kahrs (SPD): Der Antrag der CDU blen- det in seiner Betrachtung ein wichtiges Standbein des D M A d t d a n s g b b h k S d d M M d i d s i s w g M s s B d g i t i F b n d z s t g M v t H B d W b (C (D eutschen Schiffbaus völlig aus. Als stellvertretendes itglied im Verteidigungsausschuss und als Hamburger bgeordneter ist es mir daher ein wichtiges Anliegen, an ieser Stelle auch einmal den Marineschiffbau zu thema- isieren. Bei einem Jahresumsatz der deutschen Schiffbauin- ustrie von etwa 8 Milliarden Euro entfallen 76 Prozent uf den Handelsschiffbau und 23 Prozent auf den Mari- eschiffbau. Das ist eine enorme Summe, hinter der ent- prechende Ingenieurs- und Fertigungskapazitäten lie- en, die man nicht einfach unterschlagen darf. Maßgebliches Kennzeichen für den deutschen Schiff- au ist die Integration von Handels- und Marineschiff- au. Der militärische Schiffbau hat hier für den Erhalt och qualifizierter Ingenieurskapazitäten sowie für die ontinuierliche Auslastung und die Rentabilität des chiffbaus insgesamt große Bedeutung. Um dies zu ver- eutlichen: Im Jahre 2002 waren rund ein Fünftel der eutschen Schiffbauer im Bau oder in der Reparatur von arineschiffen tätig gewesen. Allerdings – und nun komme ich zur Kehrseite der edaille – auch der Marineschiffbau kommt in Be- rängnis. Die Aufträge für die deutsche Marine konnten n den vergangenen Jahren nur teilweise die Auslastung er vorhandenen Marineschiffbau-Kapazitäten sicher- tellen. Wenn wir uns aber politisch einig sind, dass wir auch n der Bundesrepublik eine eigenständige wehrtechni- che Industrie mit bestimmten Kernfähigkeiten halten ollen, dann müssen wir auch hierfür die Voraussetzun- en schaffen. Und wir haben in Deutschland gerade im arineschiffbau Kenntnisse, die es in jedem Falle wert ind erhalten zu bleiben. Häufig und zu Recht genannt ei hier stellvertretend der U-Boot-Bau, aber auch im ereich der Fregatten und Korvetten setzt unsere noch eutsche Marineindustrie überragende Ingenieurleistun- en um. Der Erhalt dieser Kernfähigkeiten, insbesondere der ngenieurtechnischen Kapazitäten, erfordert aber aus be- riebswirtschaftlichen Gründen eine möglichst kontinu- erliche Auslastung. Diese kann aber bei planmäßiger ortführung der Vorhaben für die deutsche Marine und ei der Erfüllung der bestehenden Exporterwartungen ur noch bis etwa 2006 als gesichert angesehen werden. Gleichzeitig muss man wissen, dass eine Verlagerung er Ingenieurkapazitäten auf technologisch hochwertige ivile Schiffe nicht möglich ist. Wenn wir es aber nicht chaffen, diese hochqualifizierten Ingenieure auszulas- en, geht das Know-how mittelfristig verloren. Im Er- ebnis sind somit die Kernfähigkeiten der deutschen arinewerften auf absehbare Zeit gefährdet. Und ich möchte an dieser Stelle einen anderen weit erbreiteten Irrtum aufklären. Die angeführte Problema- ik trifft nicht nur die Küstenländer wie Schleswig- olstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, remen und Hamburg. Nein – 22 Prozent der Zulieferin- ustrie des deutschen Schiffbaus liegen in Baden- ürttemberg und 15 Prozent in Bayern. Damit nehmen eide Länder eine Spitzenstellung ein. 5450 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) Wenn ich jetzt den Blick auf den derzeit bevorstehen- den Verkauf von HDW richte, tun sich an dieser Stelle auf lange Sicht weitaus größere Probleme auf. Hier droht tatsächlich der Ausverkauf deutscher Spitzentechnologie und ich möchte an dieser Stelle einige Anmerkungen zu einer möglichen Lösung sagen – wie sie sich in Ansätzen auch in unserem Antrag wiederfindet. Eher kurz- als mittelfristig muß sich auch die deut- sche Marineindustrie konsolidieren, will sie auf einem immer härter werdenden internationalen Markt weiterhin bestehen können. Der Verkauf von HDW eröffnet jetzt die Möglichkeit, einen starken Deutschen Marinewerftenverbund ins Le- ben zu rufen. Wenn man sich auf dem Markt umsieht, kommt für eine Führungsrolle meiner Ansicht nach nur die Thys- sen-Krupp AG in Frage. Aber mit welcher Perspektive sollte sich die Thyssen-Krupp AG mit mehr als 50 Pro- zent oder gar 100 Prozent bei HDW engagieren? Doch nur dann, wenn eine entsprechende Auftragslage eine wirtschaftliche Auslastung verspricht. Und diese Auslas- tung wird nicht nur durch Exporte zu realisieren sein. Hier haben wir als Politiker über die Gestaltungsmög- lichkeiten des Titels Schiffbau im Verteidigungshaushalt eine maßgebliche Verantwortung der wir uns bewusst sein müssen und die in diesem Zusammenhang nicht un- ter den Tisch gekehrt werden darf. Eine solche nationale Werftenkonsolidierung ist auch zwingende Voraussetzung für mögliche weitere Schritte. An erster Stelle wäre hier eine europäische Lösung nach dem erfolgreichen Vorbild der EADS vorstellbar. Aller- dings – und das möchte ich hier einschränkend zu Proto- koll geben – würde ich mir hier eine Zusammenarbeit von gleichberechtigten, frei am Markt operierenden Un- ternehmen wünschen. Einen Eingriff durch ausländische staatlich kontrollierte Konzerne in unsere eigenen Struk- turen sollten wir durchaus selbstbewusst ablehnen. Nur so ist eine faire, gleichberechtigte Partnerschaft und Ko- operation möglich. Einer anderen möglichen Option sollte man sich ebenfalls nicht verschließen – es wäre dies eine transat- lantische Kooperation. Bei all diesen Überlegungen dür- fen wir aber nicht aus den Augen verlieren, dass Grund- lage für solche Szenarien ein gestärkter deutscher Marinewerftenverbund ist. Bei allen denkbaren Formen der Kooperation müssen wir aber Rahmenbedingungen schaffen, in denen ein deutscher Partner stets gleichberechtigt ist. Nur dann werden eine europäische und/oder die transatlantische Lösung zu einem Erfolg führen. Egal von wie vielen Säulen ein solches Haus getragen würde – wäre eine Säule schwächer als andere, liefe das Haus schnell Ge- fahr in Schieflage zu geraten. Der vorgelegte Antrag ist unserer Ansicht nach gut geeignet, solche Schieflagen zu vermeiden. Es kann aber nur ein Anfang sein und es ist an uns, die Umsetzung kritisch und fördernd zugleich zu begleiten. a e a 5 r d S d d E a w s in f N b u S b f v g d w W R w d N s W A p m l a b S g h m B l m M b n i (C (D Dr. Margrit Wetzel (SPD): Zweifellos macht die siatische Konkurrenz der deutschen und der gesamten uropäischen Schiffbauindustrie schwer zu schaffen. Mit nhaltenden Dumpingpreisen hält Korea bis jetzt bereits 5 Prozent der Schiffsneubauaufträge 2003. Finanzie- ungs- und Planungskosten fließen nach wie vor nicht in ie Kalkulation koreanischer Werften ein. Trotz einer taatsverschuldung von 40 Prozent des BIP interveniert ie koreanische Notenbank am Devisenmarkt. Japan bleibt offenbar unnachahmlich in der Stärkung er eigenen Industrie durch die inländische Wirtschaft. s hält seine Stellung am Weltschiffbaumarkt zur Hälfte llein durch die intensive Inlandsnachfrage. Aktuell urden auch dort Wechselkursmanipulationen festge- tellt. China agiert konkurrenzlos im Einfachschiffbau, ist zwischen weltweit die Nummer eins in der Schiffs- inanzierung und verdrängt europäische Banken mit iedrigzinsen bei internationalen Großkrediten. Riesige moderne Werften, billige Arbeitskräfte, ver- esserte Infrastruktur, ständig steigende Produktivität nd immer höhere Qualität der Produkte: Das ist das pektrum, gegenüber dem sich die deutschen Werften ehaupten müssen. Auch deutsche Schiffsfinanzierer sehen sich auf Er- olgskurs, sie erwarten für 2003 ein Rekordjahr: Steuer- orteile, gute Renditen und die Klarheit bei der Tonna- esteuer locken Kapitalanleger; die Charterraten steigen eutlich, die Häfen verbuchen erkleckliche Umsatzzu- ächse. Der Bedarf an neuen Schiffen ist vorhanden. ürden bei uns – wie Japaner in Japan – die deutschen eeder ihre Schiffe in Deutschland bestellen, so hätten ir statt magerer 1,8 Prozent schon satte 25 Prozent der iesjährigen Neubauaufträge erhalten. 90 Prozent der eubauaufträge 2003 füllen die Auftragsbücher asiati- cher Werften! Deutsche Eigner betreiben 24 Prozent der elthandelsflotte, sie platzieren ihre Aufträge klar in sien. Umso schlimmer ist es, dass in deutschen wie in euro- äischen Werften immer wieder Leute entlassen werden üssen. Schiffbauliches Know-how geht uns damit ver- oren und die betroffenen Arbeitnehmer sind arbeitslos n einem weltweit boomenden Markt! Das ist schon eine esondere Schizophrenie! Aber: die Industrie jammert nicht, sie ist sich ihrer tärken bewusst und blickt mutig nach vorn. Und dafür ebührt allen Beteiligten größter Respekt. In wirklich hervorragender Zusammenarbeit, mit ho- em Verantwortungsbewusstsein und großer Kompro- issbereitschaft zwischen Industrie, Gewerkschaften, etriebsräten und Behörden wird der notwendige Stel- enabbau so sozial verträglich wie möglich vorgenom- en, ist oft mit Weiterqualifizierungsmaßnahmen für itarbeiter verbunden, damit diese fit für andere Ar- eitsverhältnisse sind. Apropos „andere Arbeitsverhältnisse“: Wir könnten och etliche zukunftsfähige maritime Industriebereiche m Zusammenwirken von Politik und Unternehmergeist Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5451 (A) ) (B) ) erschließen. Neben den vielfältigen nichtschiffbaulichen maritimen Technologien, für die die Offshoretechnik nur ein Beispiel ist, scheinen mir auch die Pilotprojekte der Unterwasser-Kraftwerke in Norwegen und Großbritan- nien hoch interessant zu sein. Der europäische Schiffbauverband CESA will mit dem Konzept Leader Ship 2015 die führende Rolle euro- päischer Werften für den komplexen Handelsschiffbau, für Spezialschiffe, Kreuzfahrtschiffe und Luxusjachten ausbauen. Dabei haben die technologische Kompetenz und das Beherrschen komplexester Systeme, das viele deutsche Werften mit unterschiedlichsten Fähigkeiten auszeichnet, eine faire Chance auf Marktführerschaft. Unsere Stärken sind die mittelständische Struktur, die Vielseitigkeit und der Mix der Werften, die hohe Qualität ihrer Produkte, die weltweit Standards setzt, wenn wir nur an die virtuelle Entwicklung und Fertigung denken, an die Doppelhülle, die Weltmarktführerschaft bei Pro- duktentankern, deren Nachfrage aufgrund neuer Sicher- heitsbestimmungen deutlich gestiegen ist. Daneben verlangt das Konzept aber auch, wieder Fuß zu fassen beim Bau von Standardschiffen in Serienferti- gung: Nur damit können die Beschäftigungseffekte deut- lich erhöht werden. Potenzielle Auftraggeber sind reich- lich vorhanden. Neben den Großcontainerschiffen, die wir Korea kaum mehr abnehmen können, müssen zahl- reiche Feederschiffe gebaut werden. Ein Feederschiff trägt heute durchaus schon bis zu 4 000 TEU – ein loh- nendes Geschäft, wenn wir es denn einwerben können. Diese Initiative findet unsere volle Unterstützung. Aber das reicht nicht: Die Platzierung der Aufträge in Europa folgt deutlich dem Beihilferegime, der Nothilfe gegenüber dem asiatischen Dumping. Das Schiffbau-Re- kordjahr 2000 hat die Auslastung der Werften bis jetzt einigermaßen gesichert. Die Fortsetzung der Beihilfen ist befristet, zunächst bis März 2004, weil man bis dahin das Ergebnis der WTO-Klage erwartet hatte. Um Auf- träge tatsächlich akquirieren zu können, die den Werften immerhin noch bis ins Jahr 2007 hinein Auslastung brin- gen könnten, müssen die 6 Prozent Schiffbaubeihilfen aber auch gewährt werden. Wer den Markt beobachtet, weiss, dass die Nachfrage gerade jetzt boomt, dass die Aufträge in den kommenden Monaten platziert werden: Ich appelliere in aller Deutlichkeit und mit großem Nachdruck an unsere Haushaltspolitiker, den deutschen Werften die notwendige Unterstützung nicht zu versagen und zu überprüfen, ob die im Haushalt vorgesehenen Mittel ausreichen, die anstehenden Aufträge zu bedie- nen. Wenn unsere Werften jetzt nicht zugreifen können, gehen die Aufträge nach Asien oder an die europäischen Wettbewerber! Wir müssen deshalb auch dafür sorgen, dass die Schutzmaßnahmen gegen Preisdumping bis zum Ende des WTO-Streitbeilegungsverfahrens gegen Südkorea beibehalten werden und auch keiner „Subventionsabbau- kommission“ zum Opfer fallen. Die Schiffbaubeihilfen sind keine Subventionen, sondern befristete Schutzmaß- nahmen und Nothilfe zum Überleben asiatischer Kampf- preise. Mit der Einberufung regelmäßiger nationaler mariti- mer Konferenzen, dem Maritimen Bündnis und der Ein- s k n P o r g t u T s g m E d w w s J d d s z t O z s M m m z b u D r g D D r d d A e P s W f W s s W (C (D etzung eines maritimen Koordinators hat der Bundes- anzler wichtige Inititalzündungen gegeben für einen euen Dialog zwischen Unternehmen, Gewerkschaften, olitik und Wissenschaft, der auf breiter Basis ergebnis- rientiert arbeitet und die maritime Politik der Bundes- egierung prägt. Viele Veränderungen der politischen Rahmenbedin- ungen dienen der Schifffahrt und auch damit dem mari- imen Standort Deutschland. Forschung, Entwicklung nd der Ausbau der nichtschiffbaulichen maritimen echnologien werden unterstützt. Die maritime Wirt- chaft steht in engen Wechselbeziehungen, die sich ge- enseitig stützen und stärken. Deshalb sind die mariti- en Konferenzen auch weit mehr als die Summe ihrer inzelentscheidungen! Vergessen wir auch nicht, dass etwa ein Viertel der eutschen Schiffbauproduktion im Bereich der Marine- erften entsteht. Zu den Bemühungen um einen Marine- erftenverbund, der eine starke Stellung in der europäi- chen Marinewerftenstruktur hat, wird mein Kollege ohannes Kahrs noch Ausführungen machen. Neu ist das 60-Millionen-Euro-Programm für die pro- uktnahe Innovation, die den speziellen Bedürfnissen es Schiffbaus besser Rechnung trägt. Es ist auf die ge- amte Wertschöpfungskette „Schiff“ bezogen und soll ugleich die Strukturverbesserungen bei den Werften un- erstützen. Wir haben Haushaltsmittel eingestellt für die neue ECD-Exportkreditvereinbarung CIRR, die Unterstüt- ung langfristiger Bankkredite zu günstigen Festsatzzin- en. Daraus resultierende Verluste dürfen mit staatlichen itteln ausgeglichen werden. Die Bundesregierung hat it Nachdruck erfolgreich darauf hingewirkt, dass hem- ende bürokratische Vorschriften der EU – wie die Ein- elnotifizierung bei FuE-Projekten – abgebaut werden. Vereinbarungen über die Zulässigkeit von Landes- ürgschaften für die Schiffbaukredite – für die Werften nverzichtbar – sind unmittelbar vor dem Abschluss. as sind sichtbare, schöne politische Erfolge, die unse- en Werften ganz konkret nützen und die aus diesem en- en Miteinander des stetigen Dialogs entwickelt wurden. arauf dürfen wir stolz sein! Dafür dürfen wir auch anke sagen! Wir halten nichts davon, die Anteile der Kofinanzie- ung der Länder noch zu verändern. Wir alle wissen, ass es sich um auslaufende Stützungsmaßnahmen han- elt, die mit der Streitbeilegung vor der WTO oder dem bschluss des OECD-Abkommens, der für Ende 2005 rwartet wird, endgültig auslaufen dürften. Wenn das reisdumping ein Ende hat und Sanktionen gegen Ver- töße möglich sind, haben unsere starken deutschen erften auch wieder echte Chancen, Flaggschiffe in und ür Europa zu sein und zu bauen. Glück auf dabei! Wolfgang Börnsen (CDU/CSU): „Die europäischen erften sind in ihrer schwersten Krise seit 30 Jahren“, o die zusammenfassende Feststellung der EU-Kommis- ion zum jüngsten Bericht über die Lage des Schiffbaus. ährend der Schiffbau weltweit boomt und Jahr für Jahr 5452 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) neue Rekorde bei den Auftragseingängen verzeichnet, stürzt der europäische Schiffbau weiter ab – auf die Hälfte innerhalb nur einen Jahres. Nur noch 5,6 Prozent der weltweiten Neubauaufträge gingen im ersten Halb- jahr 2003 nach Europa und 1,8 Prozent an die deutschen Schiffbauer, aber 53,9 Prozent nach Korea. Dabei wird weltweit jedes vierte Schiff von einem deutschen Auf- traggeber bestellt. Noch vor sieben Jahren lagen die Schiffbauer in der EU und Korea mit jeweils 21 Prozent Marktanteil gleich auf. Ursache ist die anhaltende Struk- turkrise im Schiffbau und die fehlende Planungssicher- heit bei den politischen Rahmenbedingungen, so die deutschen und europäischen Branchenvertreter. Selbst die AWES-Länder mit Lohnvorteilen wie Polen sind klare Verlierer der Entwicklung. Japan – und jetzt auch die VR China – sind die Gewinner im Jahre 2002. Auf dem Weltschiffbaumarkt geht es nicht mit fairen Mitteln zu, gibt es keine gleichen Wettbewerbschancen für alle Schiffbauer. 20 Prozent unter den Herstellungs- kosten verkauft Korea seine Schiffe, wie die EU-Kom- mission im Mai 2003 in einer Untersuchung feststellte. Bundeskanzler Schröder stellte im Mai auf der Lübecker Maritimen Konferenz fest: „Neben dem, was es ohnehin an Wettbewerbsschwierigkeiten durch internationale Dumpingpraktiken und Quersubventionierungen gege- ben hat, kommen externe Einflüsse hinzu, die nicht un- mittelbar mit diesem Wirtschaftszweig zu tun haben.“ Doch statt Perspektiven aufzuzeigen, zählte er nur die halbherzigen Maßnahmen der Vergangenheit auf; so die sechsprozentige Abwehrbeihilfe für die Schiffbauer, de- ren Finanzierung sein klammer Hans zu zwei Dritteln auf die ohnehin finanzschwachen Küstenländer abge- schoben hat. Auch zur Zukunft von HDW, der größten deutschen Werft, hat sich jetzt der Kanzler geäußert. Er befürwortet eine französische gegen eine US-Lösung bei einem mög- lichen Verkauf. Aber wäre es nicht angebracht, auch auf eine deutsche Lösung zu setzen? Denn diese Werft ist nicht nur im Handelsschiffbau tätig, sondern besitzt eine Schlüsselposition im Marineschiffbau. Hier erwarten wir ein klares Wort aus der Regierung. Erst letzte Woche forderten die Wirtschafts- und Ver- kehrsminister der fünf Küstenländer in Husum, die Las- ten gerechter zu verteilen. Auf 25 000 Schiffbauer an der Küste kommen rund 70 000 Beschäftigte bei den Zulie- ferern im Binnenland, vor allem in Bayern und Baden- Württemberg. Hier werden 80 Prozent der Wertschöp- fung eines Schiffes produziert. Die Lasten tragen die Küstenländer zum größten Teil allein. Schleswig-Hol- stein und Hamburg verweigern sich jedoch, sodass es zu einer zusätzlichen Wettbewerbsverzerrung innerhalb Deutschlands kommt. Der Verweis des Kanzlers auf die Werftenhilfe ist deshalb für die Schiffbauer in Schles- wig-Holstein und Hamburg falsch. Schleswig-Holstein schuf durch das jahrelange unsolidarische Verhalten ei- nen Präzedenzfall. Es liefert damit den Gegnern der Werftenhilfe Argumente für deren generelle Abschaf- fung. Nach dem Willen der EU-Kommission soll dies be- reits im März 2004 geschehen. Das eingeleitete Anti- d g e s Z W „ b H t b s v h w z k s h w p h „ n t E D f e I t D E b n g u G I g k s t b d f d s b W k a i w t v (C (D umpingverfahren vor der Welthandelsorganisation ge- en Korea wird jedoch frühestens im Sommer 2004 ntschieden; Sanktionen greifen noch später. Bis dahin tehen die Schiffbauer wieder im Regen. Einen „Zick- ack-Kurs“ nennt der Sprecher der Papenburger Meyer- erft die Haltung der EU-Kommission, und ergänzt: Die EU schafft es einfach nicht, verlässliche Rahmen- edingungen zu setzen. Wir reden hier nicht über ein aarshampoo für 1,99 Euro, sondern über eine Investi- ion von 400 Millionen Euro.“ Gefahr droht auch auch von anderer Seite: EU-Wett- ewerbskommissar Mario Monti will die Landesbürg- chaften bei der Schiffsfinanzierung verbieten. Der bis or kurzem zuständige Staatssekretär Dr. Axel Gerlach at sich in beispielhafter Weise für den Erhalt der be- ährten Finanzierung eingesetzt. Während seiner Amts- eit als Koordinator für die maritime Wirtschaft hat er in ooperativer Zusammenarbeit stets versucht, die deut- chen Interessen zu wahren – doch des Kanzlers Rück- alt fehlte. Fünf Jahre lang haben die Bundesregierung ie die EU nichts, rein gar nichts gegen Koreas Dum- ingpreise getan und auch bei den Bürgschaften wird nur albherzig gehandelt. Ein Seemannssprichwort lautet: Wir können den Wind nicht beeinflussen, aber wir kön- en die Segel richtig setzen.“ Die Schiffbauer versuch- en stets, die Segel richtig im Wind zu halten; von der U-Kommission kam aber stets der Befehl zum Reffen. ie Bundesregierung konnte sich auf die Takelage nicht estlegen und berief jedes Jahr eine maritime Konferenz in. Versprochen wurde bei der ersten Konferenz eine nitialzündung für die maritime Wirtschaft. Außer Posi- ionspapieren ist dabei nichts herausgekommen – leider! ie Küste hätte nicht nur Worte, sondern Taten verdient. In Brüssel scheint es nun einen Umdenken zu geben. in hoher EU-Beamter räumte kürzlich ein: „Der Schiff- au ist das ungeliebte Kind der EU“ und sprach von ei- er „Hassliebe, die die Werften in schweres Fahrwasser ebracht hat.“ Jetzt will die Kommission gegensteuern nd das Programm „Leader-Ship 2015“ vorlegen. Eine ruppe aus sieben EU-Kommissaren, Top-Managern der ndustrie und EU-Abgeordneten hat sich darin Gedanken emacht. In der Zwischenzeit läuft die Zeit davon, so ritisieren die Branchenverbände in Hamburg und Brüs- el. Am Horizont ist bereits ein neues Problem aufge- aucht: Da alle Aufträge in Dollar abgerechnet werden, leibt beim schwachen Dollar nur wenig in Euro übrig. Seit mehreren Jahren fordert die Union von der Bun- esregierung, in WTO und bei den G-7- bzw. G-8-Gip- eln auf ein Welthandelsabkommen im Schiffbau zu rängen und so lange die Werften zu schützen. Stattdes- en werden Konferenzen abgehalten, Positionspapiere eschrieben und um Zehntel-Prozentpunkte bei der erftenhilfe gefeilscht. Doch Kanzler Schröder hat bei einem der Gipfeltreffen ein weltweites Antisubventions- bkommen eingebracht. Unsere Werften sind bereit und n der Lage, sich der Konkurrenz zu stellen, wenn es eltweit keine Wettbewerbsverzerrungen mehr gibt. In diese Reihe der Versäumnisse passt die Missach- ung der Opposition. Heute wird auch über einen Antrag on Rot-Grün debattiert, den außer den Regierungsfrak- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5453 (A) ) (B) ) tionen bis gestern niemand kannte. Es ist ein unparla- mentarisches Verhalten, Anträge ohne Beratung in den Fachausschüssen im Plenum behandeln zu lassen. Eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema ist so nicht möglich und wohl auch nicht er- wünscht. Die heutige Debatte geht auf eine Initiative der Union vom 3. Juni zurück. Jeder Interessierte hatte die Möglichkeit, sich mit diesem Antrag auseinander zu set- zen und konstruktive Änderungsanträge einzubringen. Stattdessen betreibt Rot-Grün Aktionismus ohne ernst- haften Lösungswillen. Damit schadet man den Interes- sen der Küste. Kernstück unserer Forderungen – und deshalb unter- streiche ich noch einmal unseren Antrag – ist die Schaf- fung weltweit fairer Wettbewerbsbedingungen im Han- delsschiffbau. Über den Weg dahin können wir hier gerne streiten. Die deutschen und europäischen Schiff- bauer sind hoch innovativ und Technologieführer. Gegen Dumpingpreise aus Fernost können sie sich jedoch nicht durchsetzen. Wir sind der Ansicht, Leistung muss sich lohnen. Aufgabe der Politik ist es, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Auf globalisierten Märkten lässt sich das nur durch einen internationalen Ordnungsrahmen erreichen. Deshalb brauchen wir ein Welthandelsabkommen im Schiffbau im Rahmen der OECD. Für dieses Ziel muss sich die Bundesregierung auf den G-7- bzw. G-8-Gipfeln einsetzen. Nur so werden wir Fortschritte für die heimischen Schiffbauer erzielen. Die technologische Führung des deutschen und euro- päischen Schiffbaus muss auch für die Zukunft gesichert werden. Hierzu sind Begleitmaßnahmen in Forschung, Entwicklung und Innovation notwendig. Das EU-Pro- gramm „LeaderSHIP 2015“ bietet hierfür gute Ansätze. Es ist unsere Aufgabe in Deutschland, diese Initiative schnellstmöglich durch nationale Maßnahmen zu flan- kieren. Dann können wir auch den dramatischen Ar- beitsplatzabbau im Schiffbau stoppen. Allein in diesem Jahr gehen bei HDW in Kiel 750, bei der Meyer-Werft in Papenburg 800 und bei Aker in Mecklenburg-Vorpom- mern 553 Werftarbeitsplätze verloren. Die Werftindustrie – Flaggschiff der maritimen Wirt- schaft – gerät immer stärker in eine Schlechtwetterlage. Die politischen Lotsen in Brüssel und Berlin geben seit Jahren keinen klaren Kurs vor. Wer so fahrlässig ver- fährt, der bringt damit eine gesamte Industrie in eine Existenzkrise und setzt Tausende von Arbeitsplätze aufs Spiel. Wir, die Union, mahnen Handeln an, um eine Per- spektive für den Schiffbau zu geben. Werner Kuhn (Zingst) CDU/CSU): Der 7. Schiff- baubericht der Europäischen Kommission nennt als Gründe für die Schwierigkeiten auf dem Schiffbauwelt- markt ein Überangebot in der Vergangenheit, eine welt- weit rückläufige Konjunktur, die Nachwirkungen des 11. September 2001 und die politische Instabilität im Nahen Osten. Dies sind erschwerte Bedingungen, aber sie sind für alle Schiffbaunationen gleich. Was uns viel mehr Kopfzerbrechen bereitet und von der Kommission abermals bestätigt wurde, ist die Tatsache, dass die vom fernöstlichen Verdrängungswettbewerb für die EU- W m t te g s r n m u H A d M M d s ti 6 s W B t A r d h A i tr W m s S S D f l a g g z i c w d n te Z t le s m e n s (C (D erften herbeigeführten Schwierigkeiten kritische Aus- aße annehmen. Konkret für Deutschland bedeutet dies massive Auf- ragseinbrüche und Arbeitsplatzverluste. An drei Punk- n lässt sich diese Entwicklung festmachen: Erstens haben zahlreiche deutsche Werften in der Ver- angenheit angekündigt, Mitarbeiter entlassen zu müs- en, weil neue Aufträge nicht in ausreichender Zahl he- eingenommen werden konnten. Um zwei Beispiele zu ennen: Die fusionierten Werften in Wismar und Warne- ünde, Aker Yards und Kvaerner, planen einen Abbau m circa 560 Mitarbeiter. Die größte deutsche Werft, DW in Kiel, will sich von 750 Mitarbeitern trennen. ndere Standorte, andere Werften: Die Probleme sind ie Gleichen, ob in Warnemünde oder in Kiel. Doch um ecklenburg-Vorpommern steht es besonders schlecht. ecklenburg-Vorpommersche Werften haben Ärger mit er EU. Für die Sanierung der alten DDR-Werften flos- en EU-Subventionen. Im Gegenzug musste die Produk- on begrenzt werden, durfte die Werftauslastung nur 0 Prozent betragen. Heute läuft in Brüssel ein Rechts- treit wegen einer Strafe, die die EU der Warnemünder erft wegen Kapazitätsüberschreitungen auferlegte. is Mitte 2004 sind die deutschen Werften noch mit Auf- rägen aus den Jahren 2000 und 2001 beschäftigt. nschlussaufträge fehlen. Und damit fehlen auch die Vo- aussetzungen, um die überdurchschnittliche Ausbil- ungsbereitschaft und -kraft unserer Werften aufrechter- alten zu können. Wir brauchen eine nationale usbildungsoffensive und wir müssen unsere Schiffbau- ndustrie unterstützen, damit sie einen qualifizierten Bei- ag dazu leisten kann. Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Den erften geht die Arbeit aus. Und warum? In den Seg- enten Tanker-, Container- und Handelsschiffbau, ent- cheidend für Deutschland, konkurrieren derzeit Japan, üdkorea und China miteinander. Der Bau solcher chiffe erfolgt in diesen Ländern in Serienproduktion. a der Wettbewerb fast ausschließlich über den Preis ge- ührt wird, der nicht selten unter den Produktionskosten iegt, werden kaum Gewinne erzielt. Da deutsche, wie lle EU-Werften, in diesen Marktsegmenten mit niedri- er Wertschöpfung nicht mehr konkurrieren können, eht die Produktion infolgedessen auf unseren Werften urück. Die Nachfrage auf dem Weltmarkt ist gegeben, n der mittelfristigen Entwicklung ist von einem deutli- hen Wachstum auszugehen. An Bedeutung werden auf- endige Fähr- und Passagierschiffe gewinnen, bei denen ie deutschen Werften in der Vergangenheit systemtech- isches Know-how und ihre partnerschaftlich ausgerich- te Zusammenarbeit mit den leistungsfähigen deutschen ulieferbetrieben erfolgreich zur Geltung bringen konn- en. Zu den weiteren Schiffsneubauten werden Doppelhül- ntanker gehören, die höchste Sicherheits- und Umwelt- chutzanforderungen verlangen. Die von der EU geneh- igten Abwehrbeihilfen in Höhe von 6 Prozent stellen inen wichtigen Schritt dar, sie reichen aber bei weitem icht aus, um das zusätzliche Preisdumping südostasiati- cher Werften auf Dauer zu bestehen. Wir brauchen faire 5454 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 (A) ) (B) ) Wettbewerbsbedingungen für die Werften weltweit und dürfen eine solche zwangsverordnete Fehlentwicklung nicht hinnehmen. Dazu muss sich auch die Bundesregie- rung bekennen. Und dazu gehört auch, durch europäi- sche Abwehrmaßnahmen gemeinsam gegen unfairen Wettbewerb vorzugehen, solange dieser anhält. Da es nach Aussage der Bundesregierung spätestens Ende März 2004 keine Abwehrbeihilfen mehr geben wird, wäre mein Vorschlag, eine Aufbauhilfe von 6 Prozent auszuhandeln, die investiert in intensivere, flexiblere und zeitnahe Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation, es unseren Werften ermöglicht, sich im Segment kleiner Spezialschiffe, wo Spitzentechnologie gefragt ist, marktführend behaupten zu können. Zweitens leidet die deutsche Zulieferindustrie unter der sinkenden Inlands- und Auslandsnachfrage. Der Umsatz der etwa 400 Zulieferunternehmen mit rund 70 000 Mitarbeitern betrug 2002 Milliarden Euro, die Gesamtexportquote 60 Prozent. Deutsche Werften waren mit Abstand der wichtigste Abnehmer. Die südostasiati- schen Länder greifen zunehmend auf ihre eigenen Pro- dukte zurück, die billiger sind, aber kaum den deutschen Qualitätsstandards entsprechen. Und drittens fehlen auch für den Marineschiffbau die Aufträge. Die seit Jahren chronisch unterfinanzierte Marine kann doch ihre vielen Aufträge schon lange nur noch un- ter großen Mühen erfüllen. Es müssen die Voraussetzun- gen dafür geschaffen werden, eine wehrtechnische In- dustrie zu entwickeln, die vom Wettbewerb und nicht von Staatswerften wie in Frankreich, Italien oder Spa- nien bestimmt wird. Für die deutsche Schiffbauindustrie wird sich die schwierige Nachfragesituation unter fairen Wettbe- werbsbedingungen ausgleichen. Denn unsere Werften können auf ihre Stärken der Technologieführerschaft, der Termintreue und Flexibilität vertrauen. Jetzt muß gehandelt werden, da sonst die deutschen Werften akut gefährdet sind. Womit auch unsere, von Bundeskanzler Schröder zur Chefsache erklärte mari- time Wirtschaft insgesamt eine Schlagseite bekäme, da der Schiffbau zum Kernbereich unserer maritimen Wirt- schaft zählt. Die bisher durchgeführten nationalen maritimen Kon- ferenzen, die ganz wesentlich dem Schiffbau dienen sollten, haben zu keinem Ergebnis geführt. Konferenzen sind zwar vernünftig, ersetzen aber kein politisches Han- deln. Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich kenne die schwierige Situation, in der sich die deutsche Schiffbauindustrie derzeit befindet. Die Auftragslage in Deutschland gestaltet sich schwierig. Auf dem durch ko- reanische Dumpingpreise gestörten Schiffbauweltmarkt kann der deutsche Handelsschiffbau gegenwärtig nur schwer neue Aufträge akquirieren; der Vorwurf des Lohndumpings von Südkorea wird derzeit vor der WTO verhandelt. Durch die Probleme am Weltmarkt sind bei d i s t d w g P k t n I w m s p „ W S t s z m n r d E t s n v g t z t B h d n o p G a g s d d m F w d z S n S (C (D en Werften unmittelbar Arbeitsplätze bedroht. Insofern st eine Unterstützung der Politik geboten. Aufgrund der Haushaltslage muss man aber auch be- ondere Sorgfalt bei allen Subventionstatbeständen wal- en lassen. Deshalb muss auch gesagt werden, dass die eutsche Schiffbauindustrie auch unter fairen Wettbe- erbsbedingungen aufgrund ihrer Strukturdefizite gerin- ere Marktchancen hätte. Die bestehenden Kosten- und roduktivitätsdefizite gegenüber der fernöstlichen Kon- urrenz können nur von den Unternehmen selbst besei- igt werden. Die für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit otwendigen Strukturverbesserungen können jedoch im nteresse der Sicherung und Schaffung von wettbe- erbsfähigen Arbeitsplätzen durch entsprechende Rah- enbedingungen begleitet werden. Zur Unterstützung der Werften wurden bereits ver- chiedene Initiativen eingeleitet. So zielt das vom euro- äischen Schiffbauverband CESA initiierte Projekt LeaderSHIP 2015“ auf die Stärkung der europäischen erften im Bereich komplexer Handelsschiffe und auch tandardschiffe ab. Dieses Nebeneinander für zwei un- erschiedliche Bereiche des Schiffbaus ist für die deut- che Schiffbauindustrie typisch. Im Passagier- und Spe- ialschiffbau erfolgreiche, zumeist kleine oder ittelständische Werften arbeiten neben großen, Contai- erschiffe bauenden Werften, die auf einem sehr schwie- igen Markt agieren. Um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Schiffbauin- ustrie aufrechtzuerhalten, fördern wir Forschung und ntwicklung sowie die Einführung anwendungsorien- ierter Innovationen. Erstmalig im Haushaltsjahr 2004 oll für die Förderung der Schiffswerften mit einem In- ovationsbeihilfeprogramm mit einem Gesamtvolumen on 60 Millionen Euro für die Jahre 2004 bis 2007 be- onnen werden. Dabei sind auch umweltfreundliche An- riebstechnologien wie Biotreibstoffe und Windantriebe u erforschen. Bei diesem Programm wollen wir innova- ive Schiffsentwicklungen bis hin zu Prototypen fördern. ei entsprechendem Erfolg sollen beispielsweise Darle- en für Innovationen an den Bund zurückgezahlt wer- en. Wir wollen keine strukturkonservierenden Subventio- en. Deshalb setzen wir auf die Förderung von Innovati- nen, denn die ist auch unter ökonomischen Gesichts- unkten sinnvoll und vertretbar. Zugleich soll die ewährung von Mitteln zur Förderung von Innovation n die Erfüllung von Bedingungen geknüpft werden, die eeignet sind, zur strukturellen Verbesserung der deut- chen Schiffbauindustrie beizutragen. Als Beispiel sei ie Gemeinschaftsentwicklung oder Mehrfachnutzung er Innovationen durch verschiedene Schiffbauunterneh- en genannt. Die europarechtliche Grundlage für dieses örderinstrument wird derzeit noch verhandelt, die Be- illigungsrichlinie liegt noch nicht vor. Es besteht je- och Konsens, dass dieses Instrument auch in Zukunft ulässig sein soll. Sie sehen, dass wir sehr wohl die Probleme der chiffbauindustrie erkennen. Unsere Maßnahmen kön- en aber nur unterstützend und begleitend sein, denn die trukturreformen müssen von den Unternehmen selbst Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 5455 (A) (C) (B) ) angegangen werden. Dafür wollen wir die richtigen zu- kunftsweisenden Rahmenbedingungen gerne schaffen. Partikuliere in der Lage sind, ohne eine Änderung des § 6 b aus dieser Misere herauszukommen. Das von Staatssekretär Nagel propagierte „Bündnis für die Bin- nenschiffahrt“ bleibt solange eine hohle Phrase, wie Sie Hans-Michael Goldmann (FDP): Es ist positiv, dass wir uns wieder einmal mit maritimen Fragen befassen. Doch wieder einmal ist der Anlass eher negativ, und zwar in zweifacher Hinsicht.: Wie alle Beteiligten wis- sen, ist die Wettbewerbssituation im Schiffbau nach wie vor geprägt von einem ruinösen Wettbewerb, ausgelöst durch das viel beklagte Dumping der Koreaner. Eher traurig sind außerdem die Anträge die Sie, liebe Kolle- ginnen und Kollegen von der CDU/CSU und von der Koalition, vorgelegt haben. Diese Anträge belegen ein- drucksvoll, wie man mit vielen Worten die wenigen Möglichkeiten, die wir auf nationaler Ebene haben, dem deutschen Schiffbau im internationalen Wettbewerb wirklich zu helfen, erfolgreich umschiffen kann. Wir sollten bei der Fachberatung einen interfraktionellen An- trag gestalten, der möglichst hohe Substanz hat. Die Un- terschiede scheinen mir überbrückbar zu sein. Unbestritten haben die Nationalen Maritimen Konfe- renzen, insbesondere die letzte in Lübeck, Erfolge aufzu- weisen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, es ist doch sinnvoll, das zu loben, was die Regierung rich- tig macht, gerade da so etwas nicht so häufig vorkommt. Richtig ist aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, dass die Konferenzen im Hinblick auf den Schiffbau nicht für einen Durchbruch gesorgt haben. Und da wären wir wieder bei unserem Ausgangspro- blem: Wie können wir auf nationaler Ebene wirklich et- was für den Schiffbau erreichen? Da, wo dies möglich wäre, bleibt man auffällig allge- mein oder klammert dies ganz einfach aus: Alle Fach- leute wissen doch, dass die Binnenländer zu mehr als zwei Dritteln von der Wertschöpfungskette im Schiffbau profitieren, die Küste nicht einmal zu einem Drittel. Des- halb müssen wir dringend überprüfen, ob eine Verteilung der auftragsbezogenen Schiffbauhilfen – ein Drittel Bund, zwei Drittel Länder – noch hilfreich und sinnvoll ist. Das Problem wird ja auch noch dadurch vergrößert, dass das rot-grüne Schleswig-Holstein gar nicht in der Lage ist, seinen Kofinanzierungsteil aufzubringen. Auch den anderen Küstenländern fällt es immer schwerer, die hierfür benötigten Geldmittel aufzubringen. Ein weiterer wichtiger Punkt, zu dem Sie sich leider ausschweigen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union und der Koalition, ist eine Ankurbelung des Neu- baus von Binnenschiffen. Lange warteten wir auf die Vorlage des von der Bundesregierung in Auftrag gegebe- nen Gutachtens zu den Chancen der deutschen Binnen- schifffahrt. Die zentrale Forderung, eine Änderung des § 6 b Einkommensteuergesetz, ist bislang auf Ungnade im Finanzministerium und bei den Finanzpolitikern von CDU/CSU und SPD gestoßen. Dabei wissen wir Fach- politiker doch alle parteiübergreifend, wie veraltet die deutsche Binnenschifffahrtsflotte ist und wie wenig die n d R Ä w W e f s r a s d n d n C D v s b V u b w d S n b H r r K S m K a z s t z A v v t r e s D g (D icht Ihre Finanzpolitiker überzeugen, einer Änderung es § 6 b zuzustimmen. Die Binnenschiffer weisen zu echt darauf hin, dass wegen der investiven Effekte eine nderung des § 6 b den Steuerzahler gar nichts kosten ürde. Der FDP-Antrag hierzu ist bereits im Verfahren. enn Ihre Fraktionen sich einen Ruck geben könnten, rreichten wir eben nicht nur viel für die Binnenschiff- ahrt, sondern auch für den Schiffbau. Bei einem Durch- chnittsalter von 30 Jahren bei Tankschiffen und 50 Jah- en bei anderen Schiffen kann sich jeder selbst usrechnen, welchen enormen Nachholbedarf es in die- em Bereich gibt. Im Moment erhalten europäische Werften gerade wie- er einige Aufträge. Doch der Grund dafür ist leider icht positiv: Die koreanischen Werften sind so voll, ass sie Aufträge abweisen mussten. Wir sollten aber icht den Fehler machen, nur auf Korea zu schauen. In hina wächst ein weiterer mächtiger Konkurrent heran. ie Bundesregierung muss künftig stärker in Brüssel orstellig werden, damit die EU-Kommission ihren Ein- atz in der WTO für einen fairen Wettbewerb im Schiff- au erhöht. Vor allem darf es nicht wieder zu einseitigen orleistungen kommen. Die Koreaner haben eindeutig nter Beweis gestellt, dass sie mit Vorleistungen nicht zu eeindrucken sind. Deshalb ist auch gerade die einzige irklich konkrete und nützliche Forderung im Antrag er Koalition so wichtig: Das WTO-Verfahren gegen üdkorea wird voraussichtlich nicht vor dem Sommer ächsten Jahres abgeschlossen sein; die befristeten Wett- ewerbsbeihilfen laufen aber zum 31. März 2004 aus. ier ist die Bundesregierung dringend gefordert, sich echtzeitig in Brüssel für eine ausreichende Verlänge- ung einzusetzen. Einige unserer europäischen Nachbarn handhaben die rise im Schiffbau um einiges klüger als wir Deutschen. o ist es schon erstaunlich, welch großes Auftragsvolu- en im Bereich des französischen und italienischen riegsschiffbaus geplant ist. Da könnten wir uns einiges bschauen – zumal der Einsatz am Horn von Afrika ge- eigt hat, wie dringend die Bundesmarine neues techni- ches Gerät benötigt. Doch anstatt wenigstens das Inves- itionsniveau zu halten, soll es nach 2004 drastisch urückgefahren werden. Deswegen ist der Hinweis im ntrag von Rot-Grün auf einen besseren Marinewerft- erbund auch ein Stück Augenwischerei. Wir brauchen or allem stabile und sicherheitspolitisch sinnvolle Auf- räge für die deutschen Marinewerften. Eine Reduzie- ung der Investitionen in diesem Bereich um mehr als in Drittel, wie ihn die Bundesregierung ab 2005 vor- ieht, ist eine Katastrophe für den maritimen Standort eutschland und wird zum Verlust von Spitzentechnolo- ie führen. 63. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 25. September 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1506300000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Zunächst möchte ich der Kollegin Ilse Falk im Na-

men des Hauses nachträglich zu ihrem am vergangenen
Sonntag begangenen 60. Geburtstag herzlich gratulieren.

Sodann teilt die Fraktion der CDU/CSU mit, dass für
den ausgeschiedenen Kollegen Paul Breuer nunmehr der
Kollege Martin Hohmann stellvertretendes Mitglied im
Gemeinsamen Ausschuss gemäß Art. 53 a des Grundge-
setzes werden soll. Sind Sie damit einverstanden? – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist der Kollege
Hohmann als stellvertretendes Mitglied im Gemeinsa-
men Ausschuss bestimmt.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte erweitert werden:

1 Vereinbarte Debatte zur aktuellen Lage im Irak
2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren


(Ergänzung zu TOP 24)

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Peter

Paziorek, Ulrich Petzold, Dirk Fischer (Hamburg), weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Vor-
sorgender Hochwasserschutz im Binnenland

Redet
– Drucksache 15/1561 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-Michael
Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Angelika
Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP: Gleiche Nachweispflichten für Apotheken und
Tierärzte bei der Abgabe von Tierarzneim
– Drucksache 15/1568 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Siche

(C (D ung 25. September 2003 0 Uhr Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU: Haltung der Bundesregierung zu Rufen aus der Koalition nach personellen Konsequenzen angesichts immer neuer Finanzausfälle und Verzögerungen bei der LKW-Maut 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Weiß Pflüger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Neue Initiative zur Wiederbelebung des kolumbianischen Friedensprozesses international unterstützen – Drucksachen 15/203, 15/1559 – Berichterstattung: Abgeordnete Karin Kortmann Peter Weiß Hans-Christian Ströbele Markus Löning 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Klaus Brandner, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Werner Schulz ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Sicherung von Standort und Know-how des deutschen Seeschiffbaus – Drucksache 15/1575 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Auswärtiger Ausschuss ext Finanzausschuss Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Neuordnung der Bundesanstalt für Arbeit – Drucksache 15/1576 – Überweisungsvorschlag: für Wirtschaft und Arbeit huss huss chuss chuss itteln rung Ausschuss Innenaussc Sportaussc Rechtsauss Finanzauss Präsident Wolfgang Thierse Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Verteidigungsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Christoph Hartmann Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ressortforschungseinrichtungen des Bundes regelmäßig im Hinblick auf internationale Qualitätsanforderungen an das deutsche Forschungssystem evaluieren – Drucksache 15/222 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Verteidigungsausschuss Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Von der Frist für den Beginn der Beratung soll – soweit erforderlich – abgewichen werden. Des Weiteren ist vereinbart worden, die Tagesordnungspunkte 15 – ERP-Wirtschaftsplangesetz 2004 –, 23 – Wehrpflicht aussetzen – und 25 a – Entschädigungsrechtsänderungsgesetz – abzusetzen. Die Tagesordnungspunkte 18 – Energiepolitik – und 19 – Arbeitsmarktpolitik – am Freitag sollen getauscht und der Tagesordnungspunkt 20 soll bereits heute mit der vereinbarten Debatte zur Lage im Irak aufgerufen werden. Außerdem mache ich auf eine nachträgliche Überweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam: Der in der 56. Sitzung des Deutschen Bundestages überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Mitberatung überwiesen werden. Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und anderer Verbrauchsteuergesetze – Drucksache 15/1313 – überwiesen: Finanzausschuss Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Haushaltsausschuss gemäß § 96 Geschäftsordnung Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: d n F d r W d E u t 4 s t s b f W t p w a f k l w g k H W h u n w m k s s (C (D Abgabe einer Erklärung durch die Bundesregierung zu den Ergebnissen der europäischen Bildungsministerkonferenz am 18./19. September 2003 in Berlin Dazu liegen ein gemeinsamer Entschließungsantrag er Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grüen sowie ein Entschließungsantrag der Fraktion der DP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache im Anschluss an die Regierungserkläung eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist so beschlossen. Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat ie Bundesministerin für Bildung und Forschung, delgard Bulmahn. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Berlin), Volker Beck (Köln), Anja Hajduk, weiterer Abge-





(A) )


(B) )


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
nd Forschung:
Meine sehr geehrten Herren und Damen! Sehr geehr-

er Herr Präsident! In der letzten Woche haben in Berlin
0 Minister aus 40 europäischen Staaten, Hochschulprä-
identen, Vertreter der europäischen Hochschulorganisa-
ionen und Vertreter der Studierendenverbände gemein-
am über die Zukunft der Hochschulen in Europa
eraten und sie haben wichtige Entscheidungen getrof-
en.
Die Bologna-Konferenz in Berlin war ein Erfolg.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir sind einen großen Schritt vorangekommen: von gu-
en Wünschen zu konkreten Maßnahmen und Selbstver-
flichtungen. Wir haben mit dieser Konferenz einen
ichtigen Grundstein für ein Europa des Wissens gelegt,
ber auch die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum,
ür internationale Wettbewerbsfähigkeit und für unsere
ulturelle Entwicklung in Europa geschaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Hochschulen sind der Ort, an dem neue wissenschaft-

iche Erkenntnisse gewonnen werden. In Hochschulen
ird leistungsstarke Forschung betrieben, exzellent aus-
ebildet und das Fundament für die Innovationsfähig-
eit einer Gesellschaft gelegt. Ohne leistungsfähige
ochschulen, in denen hervorragend ausgebildet, neues
issen generiert und die Umsetzung der Forschung mit
ohem Engagement betrieben wird, werden wir weder
nseren Wohlstand sichern – das gilt für Deutschland ge-
auso wie für Europa – noch die Herausforderungen be-
ältigen können, vor denen wir stehen. Deshalb bestim-
en heute Hochschulen in zunehmendem Maße über die
ulturelle und wirtschaftliche Entwicklung unserer Ge-
ellschaft, über ihren Fortschritt und über ihren Wohl-
tand.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Gerade heute, im Zeitalter schnellen Wissenszuwach-

ses, weltumspannender Kommunikation und globaler
Märkte haben Hochschulen mehr denn je eine strategi-
sche Bedeutung für unsere Zukunft. Sie nehmen im in-
ternationalen Wettbewerb eine entscheidende Rolle ein.
Sie stellen die entscheidenden Schnittstellen zwischen
Bildung, Forschung und Innovation dar. Sie sind gleich-
zeitig Zentren des grenzüberschreitenden Austausches
und der internationalen Verständigung. Sie sind der Ort,
an dem sehr viele Menschen im In- und Ausland, nicht
nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ihre be-
rufliche Laufbahn beginnen und hoffentlich erfolgreich
fortsetzen, egal ob in der Wirtschaft, in der Wissenschaft
oder in den Parlamenten.

Es ist daher unsere Aufgabe, alle Anstrengungen zu
unternehmen, um die Leistungsfähigkeit unserer Hoch-
schulen zu steigern und die Qualität von Lehre und For-
schung zu verbessern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Genau das war und ist das Anliegen der europäischen
Forschungs- und Bildungsminister. Hierzu muss Europa
seine geistigen, kulturellen und intellektuellen Energien
mobilisieren und diese Kräfte zielgerichtet und strate-
gisch richtig einsetzen. Europa soll auf dem Weg in ein
Zeitalter der Wissenschaft und Technologie den Takt der
Entwicklung mitbestimmen. Wir wollen ein Europa
schaffen, in dem wissenschaftliche Forschung, technolo-
gische Entwicklung und konsequente Innovationsförde-
rung zu zentralen strategischen Elementen für die Ent-
wicklung Europas, für mehr Wachstum, mehr
Beschäftigung und sozialen Ausgleich werden.

Kulturgeschichtlich betrachtet ist dieses Vorhaben üb-
rigens keineswegs etwas Neues, sondern teilweise sogar
eine Rückbesinnung auf eine Gemeinsamkeit, die die
Entwicklung der europäischen Länder über viele Jahr-
hunderte geprägt hat. Europa war über viele Jahrhun-
derte ein einheitlicher geistiger und kultureller Raum.
Genau das stand auch im Mittelpunkt der Bologna-Kon-
ferenz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In einer Zeit, in der weltweit um die besten Köpfe ge-
worben wird, ist die Internationalisierung, also die
Schaffung eines europäischen Hochschulraums, ein drin-
gend notwendiges Desiderat, das wir zügig und konse-
quent umsetzen müssen. Deshalb haben die Bildungsmi-
nister von mittlerweile 40 europäischen Ländern ganz
konkrete Vereinbarungen für den europäischen Hoch-
schulraum geschaffen. In Bologna sind 1999 von zu-
nächst 29 Ministern dafür die Weichen gestellt und ist
der so genannte Bologna-Prozess eingeleitet worden;
seither befinden sich die europäischen Hochschulen in
einer Phase größter Veränderungen. So etwas hat es in
den letzten Jahrzehnten nicht gegeben. In vielen Staaten
finden umwälzende, radikale Veränderungen von Stu-
dium und Forschung statt. Überall geht es um eine Neu-
ausrichtung hin zu mehr Qualität und Leistungsfähig-
keit, mehr Internationalität und mehr Wettbewerb.

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(C (D Deutschland wird und muss hierbei eine Vorreiterrolle pielen. Das ist einer der Gründe, warum wir vonseiten er Bundesregierung seit 1998 die für Investitionen in ie Hochschulen vorgesehenen Ausgaben um knapp 4 Prozent erhöht haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


iese Anstrengungen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
erden und müssen wir fortsetzen. Die Länder haben
brigens im gleichen Zeitraum ihre Investitionen um
2 Prozent erhöht. Deshalb sage ich ausdrücklich: Bund
nd Länder müssen ihre Anstrengungen fortsetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir wollen unseren Hochschulen echte Perspektiven ge-
en für exzellente Forschung und hervorragende Ausbil-
ung. Das sind wir den Jugendlichen, uns selber und un-
erem Land schuldig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir wollen unsere Hochschulen für die Studierenden
nd Wissenschaftler aus dem In- und Ausland attraktiv
achen. Nur wenn uns das gelingt, können von den
ochschulen auch die notwendigen Impulse ausgehen,
ie wir für den wirtschaftlichen und kulturellen Fort-
chritt unseres Landes brauchen.
Bildung und Forschung haben für diese Bundesregie-

ung Priorität. Das haben wir in den vergangenen Jahren
urch viele Entscheidungen immer wieder deutlich ge-
acht. Wir haben die notwendigen Strukturreformen
urchgeführt und die entsprechenden finanziellen Priori-
äten gesetzt. Mit der Ausrichtung der Bologna-Konfe-
enz in Berlin haben wir diese Bedeutung einmal mehr
nterstrichen. Damit haben wir auch gezeigt, dass wir
erantwortung übernehmen, wenn es darum geht,
uropa voranzubringen.
Europa muss ein Kontinent werden, der nicht nur

inen Markt für Millionen von Menschen darstellt, son-
ern auch ein Ort ist, in dem hervorragende Wissen-
chaft betrieben wird, die Menschen exzellent
usgebildet werden, neue Erkenntnisse gewonnen und
orschungsergebnisse zügig umgesetzt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


it der Errichtung des europäischen Hochschul-
aums leisten wir dazu einen wichtigen Beitrag. An un-
eren Hochschulen können wir besser als irgendwo sonst
en Grundstein für mehr europäische Zusammenarbeit
egen. Mit der bei der Berlin-Konferenz beschlossenen
ufnahme von Albanien, Serbien, Montenegro, Bos-
ien-Herzegowina und Mazedonien sowie von Russ-
and, Andorra und dem Vatikan geht die Zusammenar-
eit im Hochschulbereich weit über die aktuellen
renzen der EU hinaus. Damit setzen wir nicht nur ein
ignal für den Bologna-Prozess, sondern geben auch der
uropäischen Einigung neue Dynamik.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Die Berlin-Konferenz war ein ganz wichtiger Meilen-

stein. Sie zeugt auch – das halte ich für genauso ent-
scheidend – von der politischen Kraft Europas, die es
möglich gemacht hat, dass 40 Staaten reines Wunsch-
denken überwunden und sich auf die Eckwerte einer sehr
tief greifenden Hochschulreform geeinigt haben,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


die konkrete Selbstverpflichtungen beinhaltet.
Aber noch etwas möchte ich an dieser Stelle deutlich

machen: Die Schaffung eines europäischen Hochschul-
raumes ist ohne die engagierte Mitwirkung der Studie-
renden und Universitäten nicht möglich. Nur durch das
aktive Engagement von Hochschulen, Studierenden und
der politisch Verantwortlichen wird dieses Ziel erreich-
bar sein. Deshalb war es so wichtig, dass in die Bologna-
Konferenz nicht nur die Regierungen, sondern auch die
Hochschulen und die Studierendenverbände selber ein-
gebunden waren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


So wünsche ich mir Europa: nicht nur als Europa der Re-
gierenden, sondern als Europa der Menschen, die dort le-
ben.

Wir haben uns auf ein sehr ehrgeiziges Kommuniqué
verständigt. Mit der Ausrichtung wesentlicher Reform-
schritte auf das Jahr 2005 haben wir im Übrigen das
Reformtempo deutlich erhöht; denn bisher galt als
Zielmarke immer das Jahr 2010. Alle 40 Länder ver-
pflichten sich, für die Hochschulen auf nationaler und
institutioneller Ebene, das heißt auf Hochschulebene, ein
umfassendes Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwick-
lungssystem zu verankern. Hohe Qualität, attraktive Stu-
dienbedingungen und attraktive Wissenschaftsbedingun-
gen – das muss das Aushängeschild des europäischen
Hochschulraums sein. Ich sage noch einmal ausdrück-
lich: Nur so wird es uns gelingen, auch international at-
traktiv zu sein.

Alle 40 Länder verpflichten sich dem Ziel einer ge-
genseitigen Anerkennung von Studien- und Prüfungs-
leistungen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das europäische Kreditpunktesystem ECTS wird nun
flächendeckend umgesetzt.

Zusätzlich haben wir die Einführung eines einheitli-
chen fremdsprachigen Diploma Supplement beschlos-
sen, welches eindeutigen Aufschluss über die im Stu-
dium erworbenen Qualifikationen geben kann. Damit
schaffen wir die Grundlage für mehr Transparenz und
Vergleichbarkeit. Mit der vereinbarten wechselseitigen
Anerkennung von Hochschulabschlüssen, der Akkredi-
tierung von Studiengängen und der Einführung des Euro-
pean Credit Transfer Systems schaffen wir die wichtigs-
ten Voraussetzungen für Mobilität, Leistungssteigerung
und Vergleichbarkeit.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Alle 40 Länder verpflichten sich, bis 2005 die neuen
achelor- und Masterstudiengänge als Regelstudien-
änge einzuführen. Die Bundesregierung hat die Ent-
icklung und Einführung der neuen Bachelor- und
asterstudiengänge bereits seit 1999 massiv unter-

tützt. Wir haben im Bundesrahmengesetz die rechtli-
hen Voraussetzungen dafür geschaffen. Ich hoffe, dass
ie Länder jetzt auch in ihren Landeshochschulgesetzen
ügig die Voraussetzungen schaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist leider noch nicht überall der Fall. Wir haben
leichzeitig die Hochschulen bei der Einführung dieser
euen Bachelor- und Masterabschlüsse mit rund
2 Millionen Euro finanziell unterstützt.
Gleichzeitig haben wir in Deutschland mit der Akkre-

itierung wichtige Grundlagen für die Qualitätssiche-
ung der neuen Studiengänge geschaffen. Ich sage aus-
rücklich: Die Akkreditierung der neuen Studiengänge
st unabdingbar. Sie ist zwingend notwendig, weil wir
onst nicht die internationale Leistungsfähigkeit errei-
hen, weil wir sonst nicht die Vergleichbarkeit sicher-
tellen und weil wir sonst sträflich vernachlässigen wür-
en, dass B. A. und M. A. nicht nur neue Namen
edeuten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


s geht also nicht darum, alten Wein in neue Schläuche
u füllen, sondern darum, die Studiengänge zu verän-
ern, sodass sie ein qualitativ hohes Niveau haben und
ie Chancen, die sie darstellen, von den Studierenden
ahrgenommen werden können.
Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterabschlüsse

ei den Hochschullehrern, bei den Studierenden und am
rbeitsmarkt ist eine Schlüsselfrage der Internationali-
ierung. Sie hängt in hohem Maße von der Akkreditie-
ung und damit von transparenter Anerkennung von
eistung und Qualität ab. Dann werden diese Ab-
chlüsse nachgefragt und gefördert. Dann haben wir
uch international damit die besten Möglichkeiten.
Bisher sind 18 Prozent der neuen Studiengänge ak-

reditiert. Ich sage ausdrücklich: Das ist nicht ausrei-
hend.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ie Hochschulen selber wie auch die Länder müssen
hre Anstrengungen verstärken, damit wir hier zu einem
uten Ergebnis kommen. Dabei muss es eine klare Pro-
ilbildung beider Abschlüsse geben, um den unterschied-
ichen Anforderungen des Arbeitsmarktes und der Hoch-
chulen gerecht zu werden.
Um die Chancen dieses neuen Systems zu eröffnen,

rauchen wir grundlegende Veränderungen in den Stu-
iengängen. Die Chancen sind gewaltig, weil die Ent-
cheidungsmöglichkeiten der Studierenden erweitert
erden. Das neue System gibt den Studierenden die






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Chance, durch Kombination attraktiver Qualifikationen
ein für die eigene Karriere maßgeschneidertes Studium
zu wählen. Es gibt die Chance weltweiter Beweglichkeit,
weil sie nicht mehr um die Anerkennung der Abschlüsse
kämpfen müssen, sondern diese vereinbart und gewähr-
leistet wurde. Es gibt unseren Studierenden die Chance,
jünger als bisher in den Beruf einzusteigen. Es gibt die
Chance kürzerer Ausbildungszeiten und die Chance, die
Abbrecherquote, die in unserem Land in vielen Fächern
viel zu hoch ist, deutlich zu senken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine sehr geehrte Damen und Herren, alle 40 Län-
der haben sich darauf geeinigt, die Mobilität von Studie-
renden und Wissenschaftlern in Europa zu fördern. Eine
hinreichende soziale Absicherung, also eine hinrei-
chende Studienfinanzierung, wie wir sie in Deutschland
mit dem BAföG geschaffen haben, ist eine wichtige
Voraussetzung dafür, dass junge Menschen die Chancen
eines Studiums wirklich nutzen können. In einem geein-
ten Europa ist zwingend notwendig, dass diese Studien-
finanzierung in jedes andere europäische Land mitge-
nommen werden kann.


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])

Wir haben mit der BAföG-Reform die Voraussetzung
dafür geschafften, dass nach einem zweisemestrigen Stu-
dium in Deutschland jeder Studierende seine Studienför-
derung in jedes andere EU-Land mitnehmen kann.

Aber diese Entscheidung darf nicht nur einseitig sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Vielmehr müssen alle anderen Kolleginnen und Kolle-
gen in Europa ebenfalls ihre Studienfinanzierungen ent-
sprechend verändern. Die skandinavischen Länder ha-
ben dies im Übrigen schon geleistet. Aber hier gibt es
noch eine ganze Menge zu tun.

Derzeit verbringen rund 14 Prozent der deutschen
Studierenden einen Teil ihres Studiums im Ausland.
Diese Quote auf 20 Prozent zu steigern ist ein ganz
wichtiges Ziel dieser Regierung. Denn Auslandserfah-
rung, Austausch und Zusammenarbeit zwischen Studie-
renden aus den verschiedenen europäischen Ländern
– das sage ich ausdrücklich – sind wichtige Faktoren für
die Entwicklung eines Europas des Wissens.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sind heute auch wichtige Voraussetzungen für den
Erfolg im Beruf.

Das Gleiche gilt umgekehrt. Wir haben in den vergan-
genen drei, vier Jahren erfolgreich sehr viele Anstren-
gungen unternommen, die Zahl der ausländischen
Studierenden in Deutschland zu erhöhen. Die Steige-
rungsraten liegen inzwischen bei 15 Prozent pro Jahr.
Auch das ist notwendig. Denn jeder, der in Deutschland
gute Erfahrung gemacht hat, hier gern studiert und ge-
lebt hat und der hier Freunde gewonnen hat, ist zukünf-
tig ein wichtiger Partner für uns.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


gal ob in der Wirtschaft oder in der Politik: Wir können
uf diese wichtigen Partner nicht verzichten. Deshalb
ar es so fahrlässig, dass diesem wichtigen Gesichts-
unkt der Internationalisierung über viele Jahrzehnte
u wenig Augenmerk geschenkt worden ist. Wir haben
as geändert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen nicht nur das Studium, sondern auch die
orschung internationaler und leistungsfähiger gestalten.
eshalb bin ich froh darüber, dass nunmehr das Dokto-
andenstudium als dritte Stufe in das europäische Stu-
ienkonzept aufgenommen wurde. Wir stellen damit
wei Dinge sicher: Erstens können wir dem wissen-
chaftlichen Nachwuchs eine dritte exzellente wissen-
chaftliche Karrierestufe anbieten. Zweitens stellen wir
it dem Doktorandenstudium eine enge Verknüpfung
es europäischen Hochschul- und Forschungsraums si-
her; denn beide gehören zusammen und spiegeln zwei
eiten eines Europas des Wissens wider. Wir brauchen
lso einen europäischen Forschungsraum und einen eu-
opäischen Hochschulraum.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


eide tragen dazu bei, die Bedingungen für Spitzenleis-
ung in Forschung und Innovation zu verbessern.
Wir wollen einen europäischen Hochschulraum, in

em Studierende und Wissenschaftler ganz selbstver-
tändlich zwischen den Hochschulen verschiedener Län-
ern wechseln können, in dem sie wegen der guten Stu-
ienbedingungen gerne studieren und in dem sie gute
erufliche Möglichkeiten haben.
Die deutsche Hochschulpolitik steht mit dem Bolo-

na-Prozess im Einklang. Für die Bundesregierung ist
ie Internationalisierung von Wissenschaft, Forschung,
ochschule und Ausbildung auch weiterhin ein zentraler
unkt. Wir haben in den letzten Jahren vonseiten des
undes viele Initiativen gestartet. Eine Initiative will ich
usdrücklich hervorheben: die Initiative zur Internatio-
alisierung der Hochschulen. Wir haben hierfür rund
00 Millionen Euro zur Verfügung gestellt – ebenfalls
it Erfolg. Unsere Hochschulen sind heute mit Unter-
tützung meines Ministeriums weltweit mit Studienan-
eboten präsent. Am 5. Oktober werden der Bundes-
anzler und der ägyptische Staatspräsident Mubarak die
German University“ in Kairo eröffnen.
Deutsche Hochschulen nehmen inzwischen unter dem

ogo „Hi! Potentials“ einen gewichtigen Platz auf gro-
en internationalen Messen ein. Mit der 2001 gestarteten
arketingoffensive bauen wir die Präsenz auf dem inter-
ationalen Bildungsmarkt kontinuierlich aus und werben
ezielt für den Studien- und Forschungsstandort
eutschland.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Die eingeleiteten Initiativen haben greifbare Erfolge

gebracht. Die Zahl der ausländischen Studierenden und
die Zahl der ausländischen Wissenschaftler an unseren
Hochschulen und in unseren Forschungseinrichtungen
sind gestiegen. Wir sind in Europa und weltweit inzwi-
schen ein anerkannter Hochschulstandort, auf den man
schaut und wohin man gerne geht.

Ich sage aber auch ausdrücklich, dass wir bei weitem
noch nicht das erreicht haben, was notwendig ist.


(Ulrike Flach [FDP]: Wohl wahr!)

Wir sind zwar einen wichtigen Schritt vorangekommen;
aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Deshalb werden
wir unsere neuen internationalen Preise – wie beispiels-
weise den Sofja-Kovalevskaja-Preis –, die dazu beitra-
gen, dass hervorragende junge Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler nach Deutschland kommen, weiterhin
verleihen.

Europa wird nur als leistungsfähiger Wissenschafts-
standort mit modernen und international ausgerichteten
Hochschulen attraktiv bleiben können. Die Berlin-Kon-
ferenz hat dafür ein Zeichen des Aufbruchs gesetzt und
den Weg, den wir gehen müssen, klar aufgezeigt. Ich
wünsche mir dafür Ihre Unterstützung und wünsche vor
allen Dingen uns allen viel Erfolg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1506300100

Ich erteile das Wort Kollegin Katherina Reiche, CDU/

CSU-Fraktion.


Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1506300200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Die Stanford University hat einen klassisch-deut-
schen Leitspruch und der heißt: „Die Luft der Freiheit
weht.“


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das ist auch die politische Kernbotschaft der Bologna-
Folgekonferenz. Auch im europäischen Hochschulraum
soll die Luft der Freiheit wehen.

Bis zum Jahr 2005 soll das zweistufige System von
Bachelor- und Masterabschlüssen vollständig eingeführt
sein. Ein dritter Studiengang ist beschlossen: das Dokto-
randenstudium. Studierende und Wissenschaftler sol-
len, ohne bürokratische Hürden überwinden zu müssen,
zwischen den Ländern wechseln können. Der rasante
Wettbewerb um die besten Köpfe und Talente ist voll im
Gange. Europa wächst hochschulpolitisch zusammen.
Dazu gibt es keine Alternative.

Frau Ministerin, zur Wahrheit gehört auch, dass es
Jürgen Rüttgers war, der 1998 diesen Prozess mit der
Sorbonne-Erklärung initiiert hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D er gemeinsame Hochschulraum Europa ist ein weiterer chritt im europäischen Einigungsprozess. Angeschoben at ihn die Bundesregierung unter Helmut Kohl. Die chaffung eines europäischen Hochschulund Forchungsraumes ist traditionelle christlich-demokratische olitik. Die ehrgeizigen Ziele des Bologna-Prozesses sind tartschuss für mehr Freiheit, für Autonomie, Deregulieung und Wettbewerb. All das, Frau Ministerin, kam in hrer Rede nicht vor. Dabei heißt es bereits in der gemeinamen Erklärung der europäischen Bildungsminister: Die Vitalität und Effizienz jeder Zivilisation lassen sich an der Attraktivität messen, die ihre Kultur für andere Länder besitzt. Wir müssen sicherstellen, dass die europäischen Hochschulen weltweit ebenso attraktiv werden wie unsere außergewöhnlichen kulturellen und wissenschaftlichen Traditionen. Frau Bulmahn, was haben Sie eigentlich seit 1999 für ie Attraktivität der deutschen Hochschulen getan? – Sie aben es ihnen in erster Linie schwer gemacht. Der Staat muss die Hochschulen in die Freiheit entlassen, damit sie sich im Wettbewerb bewähren. as hat bereits Professor Klaus Landfried bei seinem bschied als Präsident der Hochschulrektorenkonferenz efordert. Zentralismus und Gängelung, das sind die Kennzei hen Ihrer Politik. Ziel muss ein wettbewerbliches ochschulsystem sein. Was tun Sie? – Die Universitäten nd die Länder werden mit einem Studiengebührenverot überzogen – und das, obwohl die Sicherung der ualität des Studiums durch Studienbeiträge in allen ührenden Nationen bis hin zur Schweiz und Australien in zentrales hochschulpolitisches Thema ist. Sie führen die Juniorprofessur als Regelvorausset ung für den Beruf des Professors ein. Sie schaffen die abilitation faktisch ab. Warum lassen Sie keinen Wettewerb zu? (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie lehnen es ab, das Auswahlrecht der Hochschulen
u stärken und einen Wettbewerb um die qualifiziertes-
n Studenten zu ermöglichen. Für Sie gilt der Satz, den
inmal ein ehemaliger Präsident der Westdeutschen Rek-
renkonferenz, Professor Gerd Roellecke, gesagt hat:

Jede Organisation entscheidet über die Aufnahme
ihrer Mitglieder. Davon gibt es zwei Ausnahmen:
die Gefängnisse und die Universitäten.

Die Unionsfraktion begrüßt ganz ausdrücklich die
änderinitiative von Baden-Württemberg und Bayern,
as Recht der Hochschulen, die qualifiziertesten Bewer-
er auswählen zu können, zu stärken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Katherina Reiche

Auch SPD-geführte Länder wie Rheinland-Pfalz oder
Nordrhein-Westfalen und sogar das rot-rote Mecklen-
burg-Vorpommern möchten dies. Was tun Sie? – Sie leh-
nen diese Initiative mit fadenscheinigen Argumenten ab.

Wir brauchen dringend eine Strategie für eine ganz-
heitliche Hochschulentwicklung und kein Klein-Klein
mehr. Unser Ziel muss es sein, dass auch aus den inter-
national führenden Wissenschaftsländern, insbesondere
aus den USA, mehr Studierende zu uns kommen. Frau
Bulmahn, Sie haben ausgeführt, dass die Quote der Stu-
dierenden, die aus dem Ausland kommen, gestiegen ist.
Das ist richtig. Dabei handelt es sich vor allem um Chi-
nesen, Polen und Russen. Sie alle sind herzlich willkom-
men. Aber junge US-Amerikaner stehen an Stelle 16.
Junge Briten und junge Schweizer sind unter den ersten
20 nicht zu finden. Das ist kein Zufall.

Ich verstehe die Verwunderung von Hans-Olaf
Henkel, der nach einem Vortrag an der London School
of Economics in eine Diskussion verwickelt wurde und
dem in bestem Deutsch Fragen gestellt wurden. Auf die
Frage, warum die Briten so gut deutsch sprechen, wurde
ihm geantwortet: Das sind doch alles Deutsche.

Ihre Rechnung, Frau Bulmahn, geht nicht auf: Sie
wollen 40 Prozent eines Altersjahrgangs an die Hoch-
schulen holen. Den Universitäten werden aber im glei-
chen Atemzug mehr Aufgaben übertragen, und Sie fah-
ren die finanzielle Ausstattung der Hochschulen
zurück. Der Etat für den Hochschulbau wird beispiels-
weise um 135 Millionen Euro gekürzt. Das ist ein
schlechtes Signal an den Bologna-Prozess.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Korsett des Hochschulrahmengesetzes muss
dringend gelockert werden. Wir setzen uns für eine ra-
sche Novelle, für eine Hochschulreform aus einem
Guss ein. Wir brauchen mehr Autonomie für die Hoch-
schulen. Das gilt ebenso für das im 6. HRG verankerte
Verbot von Studiengebühren. Es muss weg. Auf Dauer
wird in Deutschland niemand an Studienbeiträgen vor-
beikommen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ah, ja!)

Die Entwicklung des europäischen Hochschulraumes

ist kein Selbstläufer. Sie haben gesagt, man müsse die
Studenten integrieren. Einer der Studenten, die Sie ange-
sprochen haben, bemerkte etwas kritisch, dass dabei
möglicherweise nichts als heiße Luft herauskommen
würde.

Es gibt in der Tat noch viel zu tun: Wir haben in
Deutschland 15 000 Studiengänge. Davon sind bisher
1 900 auf das Bachelor- und Master-Studium umge-
stellt worden. Davon sind nur 400 akkreditiert. Stellen-
weise hat man schlicht Vordiplom und Zwischenprüfung
in Bachelor umfirmiert und Studiengänge nur mit einem
neuen Namen versehen.

Auch das European Credit Transfer System ist noch
weit von seinen optimalen Möglichkeiten entfernt. Es
geht nicht, dass das bloße Ansammeln von Punkten
nachher nicht akzeptiert wird. Hochschulen, die etwas

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(C (D uf sich halten, verlassen sich übrigens nicht auf dieses ystem, sondern überprüfen die Fähigkeiten der Studinbewerber zusätzlich selbst. Die Umstellung auf die Bachelorund Master-Ab chlüsse ist zweifelsohne ein ganz wichtiger Baustein. ichtig ist, dass sich diese Umstrukturierung von unten ntwickelt. Die Hochschulen wollen und müssen in dieen Prozess eingebunden sein. Ich kann die Bundesreierung nur ausdrücklich davor warnen, diesen Prozess it zusätzlichen staatlichen Reglementierungsmaßnahen zu überziehen. Deutschland gibt im Zuge des Bologna-Prozesses ber auch Traditionen auf, die sich bewährt haben. So st der deutsche Diplom-Ingenieur weltweit anerkannt. r ist ein Markenzeichen für Qualität. Der große Vorzug es deutschen Studiums ist auch die breite Bildung. (Ulrike Flach [FDP]: Das meinen Sie aber nicht ernst, Frau Reiche?)


er Magister mit einem Hauptfach und zwei Nebenfä-
hern vermittelt durchaus eine Bildung weit über den
ellerrand eines Faches hinaus. Somit hat unser deut-
ches Hochschulsystem auch Vorteile. Ich finde, auch
ier ist Wettbewerb angesagt.
Von den Studierenden, von den Hochschulen, aber

uch von der Wirtschaft werden enorme Anpassungs-
eistungen verlangt. Das betrifft insbesondere die Wirt-
chaft, die die neuen Studiengänge und die neuen Ab-
chlüsse anerkennen muss.
Frau Bulmahn, ich sage Ihnen noch einmal: Entlassen

ie die Hochschulen in die Freiheit! Nutzen Sie Ihre Ge-
taltungsmöglichkeiten, damit der Bologna-Prozess ein
rfolg wird. Weniger ist oftmals mehr.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie Union wird diesen Prozess mit einer entsprechenden
nitiative zur Novelle des Hochschulrahmengesetzes be-
leiten. Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen: Die
uft der Freiheit ist nicht aufzuhalten.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1506300300

Ich erteile der Kollegin Ute Berg, SPD-Fraktion, das
ort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1506300400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Reiche, leider haben Sie sich in Ihren Ausführun-
en wieder darauf beschränkt, das Haar in der Suppe zu
inden, und haben nur pathetische Aufforderungen for-
uliert, aber keine konstruktiven Gestaltungsvor-
chläge gemacht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Ute Berg

Aber das kennen wir bei Ihnen.

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.
Das hat der ausgewiesene Pragmatiker und frühere Bun-
deskanzler Helmut Schmidt vor vielen Jahren einmal ge-
sagt. Ich widerspreche ihm an diesem Punkt nachdrück-
lich;


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wenn in Ihrer Suppe wenigstens Haare wären!)


denn ich bin der festen Überzeugung, dass Politik beides
braucht: Pragmatismus und Visionen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Helmut Schmidt meinte Halluzinationen!)


In einem langwierigen Prozess müssen Schritte auf ein
angestrebtes politisches Ziel, auf ein für die Zukunft ent-
worfenes Bild hin unternommen werden. In diesem Pro-
zess wird das Bild immer klarer, gewinnt die Vision
Konturen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist ja fantastisch konkret!)


Eine solche Vision haben die europäischen Bildungs-
minister gehabt, als sie 1999 die Bologna-Erklärung
verfassten. Sie riefen darin zur Schaffung eines gemein-
samen europäischen Hochschulraumes und zur Stärkung
der Wettbewerbsfähigkeit des Bildungsstandortes Eu-
ropa auf. Die konkrete Zielsetzung des Bologna-Prozes-
ses lautet: Die Studierenden Europas sollen die Möglich-
keit bekommen, in allen Ländern Europas zu studieren.
Sie sollen dabei vergleichbare Studienbedingungen vor-
finden. Daher müssen Qualitätsstandards vereinbart wer-
den, die von allen europäischen Hochschulen anerkannt
werden. Konsequenterweise muss es dann auch ein
transparentes, wechselseitig anerkanntes System von
Studienabschlüssen geben.

Vorausgegangen war der Bologna-Erklärung der Bil-
dungsminister ein historischer Prozess, der eine un-
glaubliche Dynamik entfacht hatte. Die politischen Um-
brüche Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre – ich
nenne als Stichwort den Fall der Mauer – verstärkten den
Wunsch nach einem vereinten Europa. Diese Entwick-
lung veränderte auch die Hochschulen nachhaltig und
führte zu einer zunehmenden Mobilität der Studieren-
den. So hat sich zum Beispiel zwischen 1991 und 2001
die Zahl ausländischer Studierender an deutschen
Hochschulen mehr als verdoppelt:


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


1991 waren es nur gut 53 000 Studierende, 2001 bereits
über 117 000.

Ein Jahr nach Unterzeichnung der Bologna-Erklärung
der Bildungsminister trafen sich die europäischen Regie-
rungschefs in Lissabon. Ihnen war bewusst, dass Euro-
pas Zukunft in der Wissensgesellschaft liegt und dass
nur diejenigen, die in diesem Bereich Vorreiter sind,
auch wirtschaftlich stark bleiben werden. Deshalb erwei-
terten sie die Zielsetzung der Bologna-Erklärung und

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(C (D ormulierten: Bis 2010 soll Europa zum größten wisensbasierten Wirtschaftsraum der Welt werden. Ungeachtet dessen, dass Bildung einen Eigenwert be itzt, gilt die bereits im 19. Jahrhundert von Alfred obel formulierte Einsicht, Wissen zu verbreiten sei ohlstand zu verbreiten. Diesen Zusammenhang hat die der letzten Woche veröffentliche OECD-Studie „Bilung auf einen Blick“ eindrucksvoll unterstrichen. Sie acht deutlich: Investitionen in Köpfe lohnen sich für en Einzelnen und für die Volkswirtschaft insgesamt. enn wir das Bildungsniveau unserer Gesellschaft eröhen, fördern wir damit auch das Wirtschaftswachsum. Daran sollte uns gelegen sein. aher müssen wir als Politikerinnen und Politiker aus ozialem wie aus ökonomischem Interesse heraus die rundlage dafür legen, dass die Verbreitung von Wissen eibungslos und dynamisch erfolgen kann. Das gilt für en nationalen Bereich genauso wie für den europäichen Raum. Diese Bundesregierung hat entsprechend gehandelt. rau Reiche, Sie fragten vorhin, was sie denn getan abe. Ich werde Ihnen einige Punkte nennen: Seit ihrem mtsantritt hat diese Bundesregierung die Ausgaben es Bundes für Bildung und Forschung um insgesamt 5 Prozent erhöht; das dachte ich jedenfalls, Frau ulmahn dagegen hat von 23 Prozent gesprochen. (Ulrike Flach [FDP]: 11,7 Prozent! Sie dürfen nicht immer die Ganztagsschulen hineinrechnen!)


(Beifall bei der SPD)


Das gehört dazu. – Gleichzeitig hat sie mit Ministerin
ulmahn durch strukturell notwendige Veränderungen
ie Internationalisierung des deutschen Hochschul-
esens vorangetrieben. Sie hat den Reformprozess zum
eil initiiert, zum Teil unterstützt und begleitet.


(Zuruf von der CDU/CSU: Von welcher Ministerin reden Sie?)


So hat die Novellierung des Hochschulrahmenge-
etzes zur internationalen Attraktivität des Hochschul-
tandortes Deutschland beigetragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das ist die Wahrheit!)


urch die Einführung gestufter Studiengänge haben Stu-
ierende die Möglichkeit bekommen, mit einem berufs-
ualifizierenden akademischen Abschluss, dem Bache-
r, frühzeitig in die Berufspraxis einzusteigen und, wenn
ie das Interesse haben, nach längeren Praxisphasen eine
tudienphase, nämlich den Master, anzuschließen.


(Zuruf der Abg. Katherina Reiche [CDU/ CSU])


Auf den Bereich Qualifikation werde ich gleich noch
u sprechen kommen. Sie müssen so qualifiziert sein, et-
as warten zu können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Ute Berg

Eine weitere Strukturveränderung, die wir eingeführt

haben, betrifft die Lehrenden an den Hochschulen. Mit
der Einführung leistungsbezogener Elemente in die Be-
soldungsstruktur und der Einrichtung von Juniorprofes-
suren stärken wir die Wettbewerbsfähigkeit unseres
Hochschulsystems. Speziell die Juniorprofessur ist
notwendig, damit wir im internationalen Wettbewerb um
die besten Nachwuchswissenschaftler bestehen können;


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Dann müssen Sie aber noch viel tun!)


denn so erhalten junge Forscherinnen und Forscher früh-
zeitig die Gelegenheit, selbstständig zu arbeiten. Das alte
System der Habilitation steht diesem Ziel entgegen und
ist international nicht konkurrenzfähig.

Entgegen den Hiobsbotschaften der Kollegin Flach
von der FDP-Fraktion


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Qualifikation als Schaden – das ist sozialdemokratische Bildungspolitik!)


wird durch die jüngsten Zahlen des BMBF unterstrichen:
Die Juniorprofessur war und ist ein Erfolg. Auf eine
Stelle bewerben sich durchschnittlich 7,3 Personen. Für
15 Prozent der bisher besetzten Stellen konnten Nach-
wuchskräfte aus dem Ausland gewonnen werden und


(Ulrike Flach [FDP]: Die jüngsten Zahlen unterstreichen das leider nicht!)


– auch das ist bemerkenswert – die Juniorprofessur ist
ein Beitrag zur Frauenförderung an den Hochschulen;


(Ulrike Flach [FDP]: Auch das stimmt nicht!)

denn der Frauenanteil beträgt hier 25 Prozent, während
er bei den „normalen“ Professuren nur 11,11 Prozent be-
trägt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Katherina Reiche [CDU/ CSU]: Nur können sie dann keine Kinder mehr bekommen, Frau Berg!)


Aber auch verschiedene Förderprogramme haben zur
Internationalisierung der deutschen Studiengänge beige-
tragen; die Ministerin hat eben schon einige genannt.
Hier sind das Modellprogramm „International ausgerich-
tete Studiengänge“, das „Master-Plus“-Programm, durch
das die Mobilität deutscher und ausländischer Studieren-
der mit einem ersten Hochschulabschluss unterstützt
wird, und das Bund-Länder-Kommissions-Modellver-
suchsprogramm „Neue Studiengänge“ zu nennen.

Auch das professionelle Hochschulmarketing mit
werbewirksamen Hochschulauftritten auf internationa-
len Messen unter dem Motto „Hi! Potentials – Interna-
tional careers made in Germany“ hat zu einem Erfolg ge-
führt und dafür gesorgt, dass der Hochschul- und
Forschungsstandort Deutschland noch stärker als bisher
wahrgenommen wurde.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as Ergebnis: Die Zahl ausländischer Studierender an
eutschen Hochschulen steigt stetig.
In der eben bereits zitierten OECD-Studie „Bildung

uf einen Blick“ wird das bescheinigt, was gerade gesagt
urde, dass nämlich der Anstieg der Zahl ausländischer
tudierender hier in Deutschland extrem hoch war. Im
ergleich zu allen anderen Ländern mit einem höheren
nteil ausländischer Studierender handelte es sich um
ie dynamischste Entwicklung. Umgekehrt ist dasselbe
u verzeichnen: Auch deutsche Studierende gehen ver-
tärkt ins Ausland. Ich denke, das ist genau das, was wir
rreichen wollten, nämlich eine Internationalisierung
nd ein verstärktes Streben von deutschen Studierenden
n andere Länder und umgekehrt.
Die vor wenigen Tagen beendete Berlin-Konferenz

at den Prozess dieser Internationalisierung weiter
efördert und war ein zusätzlicher entscheidender Mei-
enstein auf dem Weg zu einem europäischen Hoch-
chulraum; denn im Unterschied zu den bisherigen Kon-
erenzen wurden in Berlin Ziele vorgegeben, die mittels
est vereinbarter Umsetzungsstrategien bis zur nächsten
onferenz im Jahre 2005 in Bergen erreicht werden kön-
en. Ich nenne nur noch einmal die wichtigsten drei
unkte:
Erster Punkt. In allen 40 Bologna-Staaten soll bis zu

iesem Zeitpunkt die Einführung des zweistufigen
raduierungssystems in Angriff genommen werden.
aut Hochschulrektorenkonferenz sind bei uns bis jetzt
764 solcher Studiengänge geschaffen worden. Es
urde schon darauf hingewiesen, dass der Prozentsatz
er akkreditierten Studiengänge natürlich unbedingt
eiterhin erhöht werden muss; denn bisher gibt es erst
38 dieser Studiengänge.
Zweiter Punkt. Die Entwicklung und Durchsetzung

on vergleichbaren Qualitätsstandards soll auf euro-
äischer und nationaler Ebene forciert werden. Frau
eiche, jetzt komme ich noch einmal ganz explizit auf
ie von Ihnen angesprochene Qualität: Dazu wurde das
uropean Network of Quality Assurance – das ist ein
usammenschluss von Qualitätssicherungsagenturen –
ns Leben gerufen. Es wird in Abstimmung mit den eu-
opäischen Hochschul- und Studentenverbänden Verfah-
en und Leitlinien für die europäische Qualitätssicherung
ntwickeln. Am Ende muss man – salopp formuliert –
agen können: Ein Hochschulstudium „Made in Europe“
st ein weltweit anerkanntes Gütesiegel.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Dritter Punkt. Die kostenlose Ausstellung eines Di-
loma Supplement zu jedem Studienabschluss ist wich-
ig, weil damit die Abschlüsse erst richtig vergleichbar
erden. In dieser Ergänzung zum Abschlusszeugnis
ird genau festgehalten, welche Leistungen während
es Studiums erbracht wurden und über welche Qualifi-
ationen der Absolvent verfügt. Das Endziel lautet: Wo






(A) )



(B) )


Ute Berg

Master draufsteht, ist auch Master drin – und zwar euro-
paweit. Wir streben diesem Endziel Schritt für Schritt
mit einer Geschwindigkeit entgegen, die bisher von kei-
ner anderen Regierung in Deutschland vorgegeben
wurde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Oh doch!)


Ich komme nun auf zwei weitere Aspekte, die sicher-
lich im Laufe der nächsten Phase noch an Bedeutung ge-
winnen werden. Die Unterzeichnerstaaten betonen in
dem Abschlusskommuniqué die Notwendigkeit lebens-
langen Lernens in einem europäischen Hochschulraum
und fordern, die Bedingungen dafür zu schaffen. Ein er-
weiterter Hochschulzugang und flexible Bildungswege
bieten hier Möglichkeiten.

Der zweite Punkt ist die Verknüpfung des europäi-
schen Hochschulraums mit dem europäischen For-
schungsraum. In diesen Zusammenhang gehört auch
die Integration der Doktorandenausbildung in den Bo-
logna-Prozess als dritte Stufe des Graduierungssystems.
Ich persönlich hätte mir an dieser Stelle noch etwas mehr
gewünscht, nämlich die Forderung nach der strukturier-
ten Doktorandenausbildung. In jedem Fall muss aber
Exzellenz ein herausragendes Markenzeichen des euro-
päischen Hochschulraums sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vergleicht man den Bologna-Prozess mit der Ge-
schichte eines Hausbaus, so können wir den jetzigen
Stand wie folgt beschreiben: Das Fundament ist gelegt,
der Termin der Endabnahme ist bestimmt und wir bauen
zurzeit Stockwerk für Stockwerk auf und haben die De-
tailgestaltung und den Zeitrahmen für die Erstellung der
Gewerke festgelegt. Wer schon einmal gebaut hat, der
weiß: Man muss immer wieder Zwischenabnahmen ver-
abreden, wenn es nicht zu bösen Überraschungen kom-
men soll. Diese Verabredungen bzw. Bestandsaufnah-
men, das so genannte „stock taking“, wurden in Berlin
am 18. und 19. September beschlossen.

Bis zur Endabnahme im Jahr 2010 gibt es zugegebe-
nermaßen noch viel zu tun. Dabei wird auch der Koordi-
nations- und Kooperationsbedarf von Bund und Län-
dern enorm groß sein.


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])

Die Aufkündigung der Zusammenarbeit, wie insbeson-
dere von den CDU/CSU-regierten Ländern angekündigt,
wäre genau das Gegenteil dessen, was bildungspolitisch
jetzt geboten ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Wenn es dazu überhaupt noch eines Beweises bedurft
hätte, der Bologna-Prozess liefert ihn, Frau Reiche.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)


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(C (D Wenn wir international erfolgreich sein wollen, sind ir gut beraten, die Vereinbarungen, die auf der Berlinonferenz getroffen wurden, auf nationaler Ebene jetzt ügig umzusetzen. Für ein kooperatives und planvolles orgehen sind dabei drei Schritte besonders wichtig: Die Bundesregierung muss zeitnah zu einer nationa en Umsetzungskonferenz einladen. Länder, Hochschuen, ihre Verbände und Vereine und weitere hochschulolitische Akteure müssen dort eine Strategie für die msetzung der gemeinsam definierten Ziele erarbeiten nd festlegen, bis wann diese Ziele erreicht werden solen. Der Zeitrahmen ist ganz wichtig. Darüber hinaus ist die Einrichtung einer ständigen na ionalen Bologna-Task-Force sinnvoll. Bund, Länder, ochschulen und Studierende – es wurde ja schon beont, wie wichtig auch die Integration der Studierenden n diesen Prozess ist – sollen hier vertreten sein, um die msetzung der Ziele zu begleiten und zu kontrollieren. Damit der Deutsche Bundestag an dem Reformpro ess beteiligt wird, fordern wir die Bundesregierung auf, as Parlament rechtzeitig vor den anstehenden Bolognaolgekonferenzen über die Erfolge, die auf nationaler bene erzielt wurden, zu unterrichten. (Ulrike Flach [FDP]: Das ist schön! Hoffentlich gibt es die dann auch!)


Bologna, die Hauptstadt der norditalienischen Region
milia Romagna, steht für den Ausgangspunkt des euro-
äischen Universitätswesens im 12. Jahrhundert. Der
ologna-Prozess zu Beginn des 21. Jahrhunderts, der
icht von ungefähr in dieser italienischen Stadt seinen
rsprung nahm und nach ihr benannt wurde, kennzeich-
et eine Entwicklung hin zu einem gemeinsamen euro-
äischen Hochschulraum. Dieser europäische Hoch-
chulraum zeichnet sich durch Transparenz und
ergleichbare Standards aus. In ihm werden sich Leh-
ende und Lernende ohne Einschränkungen bewegen
nd arbeiten können. Dieser internationale Hochschul-
aum wird sich im internationalen Wettbewerb erfolg-
eich behaupten. Er wird einen wesentlichen Beitrag
azu leisten, dass Europa sich bis zum Jahr 2010 tatsäch-
ich zum größten wissensbasierten Wirtschaftsraum der
elt entwickelt.
Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,

ollten sich überlegen, ob Sie in diesem Prozess zu den
rchitekten oder zu den Blockierern zählen wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch werbe dafür, dass wir gemeinsam dafür eintreten,
ass dieser Prozess im vorgesehenen Zeitraum zu einem
rfolg für den Wissens- und Bildungsstandort Europa
ird. Nur so können wir in einem rohstoffarmen Land
nternational konkurrenzfähig bleiben. Dafür, meine ich,
ohnt es sich, engagiert zu streiten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1506300500

Ich erteile der Kollegin Ulrike Flach, FDP-Fraktion,

das Wort.


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1506300600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bo-

logna-Erklärung war ein erster Schritt zu einem quali-
tätsorientierten, transparenten und einheitlichen euro-
päischen Bildungsraum. Liebe Frau Berg, diese
Entwicklung wurde von denjenigen eingeleitet, die Sie
eben als Blockierer bezeichnet haben. Ich glaube, wir
sind uns alle einig, dass dies in den 90er-Jahren ein
wichtiger und entscheidender Schritt war.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es war eine Art bildungspolitische Zielvereinbarung der
EU-Partner.

Die Berliner Vereinbarungen – auch darin sind wir
uns völlig einig – gehen darüber hinaus. Es ist wichtig,
dass man jetzt endlich konkret wurde, Termine setzte
und gemeinsam erklärte, was man wirklich will. Für uns
Liberale sind dabei einige Meilensteine besonders wich-
tig: die interne und externe Qualitätssicherung an den
Hochschulen bis 2005 und die vollständige Einführung
der Bachelor- und Masterstudiengänge bis 2010. Da-
rin unterscheiden wir uns grundsätzlich von der CDU/
CSU, liebe Frau Reiche. Wenn wir jetzt anfangen,
Diplom-, Bachelor- und Masterstudiengänge gegenein-
ander auszuspielen, haben wir schon verloren. Ich hoffe,
ich habe Sie in diesem Punkt missverstanden. Das ist
nicht in unserem Sinne. Wir wollen diesen Übergang.
Wir alle sollten gemeinsam an einem Strang ziehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wichtig ist für uns das fremdsprachige Diploma Sup-
plement. Meine Kollegen haben mich gebeten, diesen
Begriff zu übersetzen. Es handelt sich um eine fremd-
sprachige Ergänzung; dies für diejenigen, die es bisher
noch nicht wussten. Wichtig ist ein hoch stehendes,
möglichst interdisziplinäres Doktorandenstudium. Ganz
wichtig – das sehen Sie an unserem Antrag, der Ihnen
heute vorgelegt wurde – ist die Mitnahme nationaler
Ausbildungsförderung ins Ausland.

Die Berliner Konferenz – Frau Ministerin, das er-
kennen wir gerne an – war vom internationalen Stand-
punkt her ein Erfolg; das ist gar keine Frage. Die Auf-
nahme zusätzlicher Staaten wie Russland gibt dem
Bologna-Prozess eine wirkliche europäische Dimension.
Der europäische Bildungsraum ist damit endlich wieder
eine kraftvolle Vision, die gerade zu Beginn des Wahl-
kampfes für die Europawahl im nächsten Jahr auch
junge Leute in diesen Integrationsprozess mitnimmt.

Der Bologna-Prozess kann mehr Qualität und Wett-
bewerb bringen. Das hat die bürgerliche Regierung un-
ter Kohl in den 90er-Jahren bewegt, diesen Prozess über-
haupt in Gang zu setzen. Die Berliner Konferenz nimmt
diesen roten Faden jetzt wieder auf.

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(C (D Nun gehört aber – Frau Berg, in diesem Punkt bin ich nderer Meinung als Sie; dies hat nichts damit zu tun, mmer das Haar in der Suppe zu finden – zu dieser Beertung auch eine realistische Betrachtung des deutchen Standortes. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


abei verliert die Vision leider sehr deutlich und schnell
n Kraft.
Wie sieht es aus? Von den bereits angeführten circa

5 000 Studiengängen sind erst 338 akkreditiert, Frau
eiche. Wir sind bei der Akkreditierung wirklich deut-
ich zu langsam und zu bürokratisch. Wenn Sie sich
berlegen, dass wir irgendwann einmal fertig werden
ollen, dann müssen wir eine geradezu raketenartige
eschwindigkeit vorlegen, damit wir diese Akkreditie-
ung endlich auf den Weg bringen.
Deutsche Hochschulen – diesen Vorwurf muss man

eider erheben – neigen zum Etikettenschwindel. Dass
iplomstudiengänge einfach nur umbenannt werden
sozusagen alter Wein in neuen Schläuchen –, darf nicht
ein. Wir haben damals eine wirkliche Studienreform
uf den Weg gebracht. Wir wollen etwas anderes, etwas
eues. Gerade wir Liberalen erwarten von den Hoch-
chulen, dass sie diesen Weg mitgehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Das erwarten wir alle!)


s gibt nach wie vor kein deutschlandweit einheitliches
ransparentes Punktebewertungssystem. Manche Uni-
ersitäten haben dieses Punktesystem überhaupt noch
icht umgesetzt, manche bewerten Seminare mit mehr
unkten, manche Vorlesungen. Das ist nicht die Transpa-
enz, die wir uns wünschen. Das ist an vielen Stellen
ach wie vor Kuddelmuddel.
Hinzu kommt, dass die Verhältnisse an unseren Uni-

ersitäten oft schlechter als in den anderen EU-Staaten
ind. Bei uns rangeln Studenten nach wie vor um Labor-
lätze. Es fehlt naturwissenschaftliches Instrumenta-
ium. In England ist das anders. In England geht das ein-
ach schneller. Damit haben wir unterschiedliche
ettbewerbsbedingungen in den europäischen Staaten.
a muss ich das Gleiche sagen, was ich in der letzten
itzungswoche an dieser Stelle auch gesagt habe, Frau
ulmahn: Wenn Sie die Hochschulbaufördermittel redu-
ieren, sind wir auf dem genau entgegengesetzten Weg.
ann werden wir unsere Verhältnisse nicht verbessern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir müssen im Gleitflug hoch, nicht runter.
Wir haben außerdem Probleme mit dem Übergang

om Bachelor zum Master. Deshalb kommt es zu
chon abstrusen Vorschlägen wie der Quotierung der
bergänge vom Bachelor zum Master, wie es die von
ns so geliebte Kultusministerkonferenz vorgeschlagen
at. An dieser Stelle möchte ich ganz deutlich sagen:






(A) )



(B) )


Ulrike Flach

Das ist die zweite wichtige Debatte, bei der kein wichti-
ger Ländervertreter anwesend ist.


(Beifall bei der FDP)

Das ist ein Skandal, denn wir müssen alle zusammen et-
was für diesen Bildungsstandort tun.


(Beifall bei der FDP)

Ein Hemmnis für mehr Internationalität ist auch das

verkrustete deutsche Beamtenrecht. Bislang verhindern
gesetzliche oder bürokratische Vorgaben, dass ein deut-
scher Professor nach Frankreich berufen wird. Das hat
Herr Professor Gaehtgens sehr richtig als absurd be-
zeichnet. An dieser Stelle möchte ich ein Zitat vorlesen:

Die Überprüfung und Reform des Dienstrechtes
und der Personalstruktur ist überfällig ... bis jetzt
sind die Vorschläge der Regierung in dieser Frage
eine Nullnummer.

Liebe Frau Bulmahn, das haben Sie am 13. Februar 1998
diesem Bundestag mitgeteilt. Das war ein Vorwurf an
die alte Regierung Kohl. Aber seitdem hat sich nichts
verändert, Frau Bulmahn.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt aber!)

– Es hat sich nichts verändert, lieber Herr Tauss. Wir
warten alle voll Spannung auf das Wissenschaftstarif-
vertragsrecht. Die Liberalen werden entsprechende
Vorschläge in den nächsten Wochen machen. Wir wer-
den hier an dieser Stelle über den Wissenschaftstarifver-
trag endlich diskutieren und nicht nur theoretische De-
batten führen.


(Beifall bei der FDP)

Es ist ja auch sehr schön, dass jetzt Russland Teil des

Bologna-Vertragswerkes ist.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1506300700

Frau Kollegin Flach, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Tauss?


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1506300800

Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass Herr

Tauss stimmgeschwächt ist.

(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1506300900

Heißt das nun Ja oder Nein?


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1506301000

Ich liebe Herrn Tauss. Bitte schön.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Geschmacksver irrung!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1506301100

Ich danke Ihnen. Wegen der Stimmschwäche, liebe

Frau Kollegin, benutze ich das Mikrofon.

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(C (D Tarifverträge werden immer noch zwischen Tarifverragsparteien geschlossen, aber leider oder Gott sei Dank man kann das bewerten wie man will – nicht hier im eutschen Bundestag verabschiedet. Dürfen wir damit echnen, dass von den Ländern, in denen die FDP mitreiert, in den nächsten Tagen und Wochen – so habe ich hre Ankündigung verstanden – Initiativen auf den Weg ebracht werden, beispielsweise über die Tarifgemeinchaft der Länder, mit den Forschungsorganisationen nd den anderen Beteiligten zu wissenschaftstarifverraglichen Regelungen zu kommen? Ich würde das übriens sehr begrüßen. Haben Sie das schon auf den Weg ebracht? Hier hilft uns das relativ wenig. Ich hoffe, meine zarte Stimme ist rübergekommen. Lieber Herr Tauss, meine Sympathie für Sie nimmt erade ruckartig ab. as Problem ist, dass wir uns hier im Bundestag befinen und dass wir Bundesminister haben. Ich bin übriens froh, dass Frau Zypries und Herr Schily anwesend ind, denn sie sind diejenigen – das wissen Sie genauso ut wie ich –, die das Problem für die Bundesebene chaffen. Wir müssen den Schritt auf Bundesebene geen. Wir müssen einen eigenen Spartentarifvertrag zuassen. Herr Schily tut unserer zuständigen Bildungsmiisterin einiges an. Ich erwarte vom Innenminister, dass r endlich den Weg für das freimacht, was die Wissenchaftsorganisationen und wir Liberalen seit vielen Jahen fordern. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig! Und jetzt: Setzen, Tauss!)

Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1506301200

(Jörg Tauss [SPD]: Das ist schade!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1506301300

Darf Herr Tauss nachfragen?


(Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1506301400

Jetzt kommt der Augenblick, wo ich meine Sympa-

hie völlig auf Null herunterfahre. Lieber Herr Tauss,
etzt möchte ich nichts mehr hören, sondern weiterreden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Das ist Liebesentzug!)


Ja, es ist Liebesentzug, wirklich!
Ich möchte jetzt noch etwas über Russland sagen. Un-

er Antrag bezieht sich darauf, dass

(Jörg Tauss [SPD]: Dazu hätte ich auch eine Frage!)

as Auslands-BAföG endgültig reformiert werden
uss.


(Beifall bei der FDP)

rau Bulmahn, Sie haben das Auslands-BAföG als einen
er Hauptschwachpunkte bezeichnet. Unser Vorschlag






(A) )



(B) )


Ulrike Flach

liegt auf dem Tisch. Ich erwarte Ihren Vorschlag, damit
wir gemeinsam an der Überwindung dieses schweren
Mankos arbeiten können. Es kann nicht sein, dass je-
mand erst in Russland anfangen muss zu studieren, wenn
er Auslands-BAföG beziehen möchte, dass es nur für ein
Jahr gewährt wird und so viel Bürokratie damit verbun-
den ist. Hier stößt die schöne Vision eines einheitlichen
Bildungsraumes wirklich sehr schnell an harte EU-
Außengrenzen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Nun komme ich leider zum Schluss meiner Rede,
meine Damen und Herren. Frau Bulmahn hat auf der
Berliner Konferenz in der vergangenen Woche gesagt:

Wir dürfen den Schwung gerade angesichts zahlrei-
cher zu bewältigender Aufgaben nicht verlieren.

Ich will Ihnen, Frau Bulmahn, an dieser Stelle ganz deut-
lich sagen: Sie haben unsere Mitarbeit angefordert. Wir
als Liberale sind auf diesem schwierigen europäischen
Weg an Ihrer Seite, und zwar ganz dezidiert auch im
Hinblick auf den Kampf mit den Ländern, mit den Uni-
versitäten und hinsichtlich der Umsetzung in der Wirt-
schaft; sie ist nämlich der dritte, sehr schwierige Partner.
Wir wollen diese Entwicklung und wir sind in keiner
Weise bereit, konservativ zurückzugehen.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Wir wollen nach vorn und wir sind dabei!


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506301500

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Grietje Bettin,

Bündnis 90/Die Grünen.


Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506301600

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Eine Vorbemerkung zu Frau Flach und zum Wis-
senschaftstarifvertrag: Auch wir Grünen stehen hier
aufseiten unserer Wissenschaftsministerin und hoffen,
dass nun endlich Bewegung in die Sache kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir halten das für ein notwendiges Mittel, um in der
Wissenschaft entsprechend flexibel weiterzukommen.

Nun aber zu dem eigentlichen Thema, zur Bologna-
Konferenz. Eines ist Ende letzter Woche deutlich gewor-
den: Für den Stellenwert von akademischer Bildung in
Europa war die Konferenz der Bildungsminister in Ber-
lin ein voller Erfolg. Das Abschlusskommuniqué steckt
in deutlicher Weise den Rahmen ab, wie ein Studium in
Europa in naher Zukunft aussehen wird. Dabei werden
wichtige Punkte hervorgehoben.

Erstens. Bildung ist ein öffentliches Gut, das auf kei-
nen Fall Marktinteressen untergeordnet werden darf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D n dieser Hinsicht lässt das Kommuniqué zu meiner groen Freude keinen Zweifel aufkommen. Diese Haltung ird uns auch im weiteren GATS-Prozess helfen. Bilung ist nun einmal keine Ware wie jede andere, sondern uss gesondert beund verhandelt werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie mich nicht
issverstehen: Auch wir wollen neue internationale An-
ebote und Ansätze im deutschen Bildungssystem er-
öglichen. Das darf aber nur unter der Maßgabe hoher
ualitätsstandards geschehen und das öffentliche Bil-
ungssystem nicht gefährden.
Die Qualitätssicherung europaweit schon bis zum

ahr 2005 zu etablieren ist eine ehrgeizige, aber völlig
ichtige Zielsetzung dieser Konferenz. Alle Beteiligten
ollten hier im Interesse der deutschen Hochschulen
onstruktiv zusammenarbeiten, um diesem Projekt der
ualitätssicherung zum Erfolg zu verhelfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein zweiter wesentlicher Punkt: Die Konferenzteil-
ehmerinnen und -teilnehmer betonen an vorderster
telle die soziale Dimension des Bologna-Prozesses.
amit werden die richtigen Prioritäten für die politische
genda gesetzt. Die wirklichen Grenzen für die Studie-
enden liegen heute nämlich immer noch in ihrer finan-
iellen und sozialen Absicherung für ihr jeweiliges Aus-
andsstudium.
Die Berliner Konferenz hat nun begonnen, diese Bar-

ieren niederzureißen. Denn nur so kann es wieder
benso selbstverständlich werden, in Krakau oder Prag
u studieren wie in Madrid oder Paris, in Budapest ge-
auso wie in London oder Stockholm. Wir müssen diese
obilität von europäischer Ebene aus für alle Studieren-
en sichern, egal aus welchem Land sie kommen.
Die Bundesregierung hat mit der BAföG-Reform in

er letzten Legislaturperiode die Weichen hierzu bereits
ichtig gestellt. Deutsche Studierende können viel leich-
er als früher ihr BAföG mit ins Ausland nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, der Zugang zur akademi-
chen Bildung je nach individueller Leistungsfähigkeit
st eine weitere, besonders wichtige gemeinsame Ver-
flichtung. Genau hierin besteht in Deutschland noch ein
rheblicher Nachholbedarf. Wir müssen endlich die so-
iale Auslese im Bildungssystem beseitigen und den Ta-
enten aller Menschen in Deutschland – nicht nur der
esserverdienenden – die Möglichkeit bieten, sich zu
ntwickeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


In Deutschland müssen endlich so viele Akademike-
innen und Akademiker ausgebildet werden, wie dieses
and braucht. Wenn wir weiter hinterherhinken, dann
ann das deutsche Bildungssystem zur Belastung für den






(A) )



(B) )


Grietje Bettin

europäischen Einigungsprozess werden. Wir wollen die-
ses Problem nicht kleinreden, wie es die ansonsten von
mir durchaus geschätzte Frau Staatsministerin Wolff zu-
letzt versucht hat.

Der Antrag der Koalition greift notwendige Schritte
auf. Wir wollen im europäischen Hochschulraum Ver-
gleichbarkeit und Transparenz schaffen, ohne die Viel-
falt akademischer Bildungsmöglichkeiten einzuschrän-
ken. Wir brauchen eine bundesweite Koordination der
durch Bologna, Lissabon, Prag und Berlin angestoßenen
Prozesse an den deutschen Hochschulen. Allein die Ein-
führung des so genannten Europäischen Kreditpunkte-
Systems macht noch an vielen Hochschulen Schwierig-
keiten. Wir müssen dringend auf Kompatibilität achten.

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zum
Thema Kompatibilität und Akzeptanz ausführen. Mit der
gesellschaftlichen Anerkennung der neuen Bachelor-
und Masterstudiengänge ist es in Deutschland bislang
nicht so weit gediehen, wie wir alle uns das wünschen.
Diese Innovation braucht ihre Zeit, um bei den Studie-
renden, aber vor allem auch bei der Wirtschaft Vertrauen
zu gewinnen. Die Beteiligten in Politik und Wissen-
schaft müssen ihren Beitrag leisten, um dieses Vertrauen
zu rechtfertigen. Die Studienpläne sind in vielen Fächern
reformbedürftig. Es ist keineswegs damit getan, den Ma-
gister durch den Master zu ersetzen und ansonsten alles
beim Alten zu belassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Prozess der In-
tegration der europäischen Hochschulen ist eine riesige
Chance für alle deutschen Hochschulen und für alle
deutschen Studierenden. Wenn wir die Dynamik in die-
sem Prozess nutzen, gelangen wir im europäischen Ver-
bund wieder zurück an die Weltspitze. Lassen Sie uns
diese Chance gemeinsam ergreifen! Die heutige Debatte
lässt uns hoffen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506301700

Das Wort hat die Kollegin Marion Seib, CDU/CSU-

Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Marion Seib (CSU):
Rede ID: ID1506301800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Im Mittelalter ging von Bologna – einer der
ältesten Universitätsstädte der Welt – in Sachen Bildung
eine Initialzündung mit Auswirkungen auf die gesamte
europäische Wissenschaftslandschaft aus. Betrachten
wir den heutigen Bologna-Prozess als Synonym für eine
Initialzündung zur Weiterentwicklung der Bildungssys-
teme in Europa. Der Bologna-Prozess hat das Bewusst-
sein für die Notwendigkeit eines einheitlichen Hoch-
schulraums in Europa geschärft.

Ziel ist – darin sind wir uns alle einig; das hat auch je-
der meiner Vorredner betont – die größtmögliche Flexi-
bilität, Mobilität und internationale Wettbewerbsfähig-

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(C (D eit für Studierende in Europa. Dieses Anliegen ist von rößter Bedeutung und deshalb unterstützenswert. Die europäischen Bildungsminister haben sich über ie Schaffung eines europäischen Hochschulraums is 2001 verständigt. Dieses Ziel soll unter Beachtung er institutionellen Kompetenzen, der nationalen Bilungssysteme und vor allem der Autonomie der Hochchulen umgesetzt werden. Auf der Nachfolgekonferenz in Berlin sollten über die ortschritte Bilanz gezogen sowie Richtung und Prioriäten festgelegt werden. Positiv zu vermerken ist zuächst, dass das Doktorandenstudium als weiteres Ziel es Bologna-Prozesses festgelegt wurde. Wegen der Tragweite der Entscheidungen und der atsache, dass wir in vielen Positionen Neuland betreten, ei auf kritische Punkte der Bologna-Nachfolgekonerenz hingewiesen. Diese Kritik betrifft sowohl inhaltiche Fragen als auch Verfahrensfragen. Ich möchte mich dabei auf drei Schwerpunkte kon entrieren: erstens das fehlende Verständnis bei den dressaten des Bologna-Prozesses, zweitens die Akkreitierung und Qualitätskontrolle und drittens die Erweierung des Bologna-Prozesses. Die Umsetzung des Bologna-Prozesses wird nur von rfolg gekrönt werden, wenn die Adressaten – also die niversitäten, Studenten und späteren Arbeitgeber – von en Zielen überzeugt sind. Eines der Kernelemente des Bologna-Prozesses ist ie Umstellung unseres Studiensystems auf eine zweitufige Struktur. Die letzte Erhebung der Hochschulrekorenkonferenz weist für das laufende Wintersemester in eutschland fast 1 800 Bachelorund Masterstudienänge aus. Im Zeitraum 2002/03 entschieden sich aber ur 2 Prozent der Studierenden für das neue System. Das st doch eine recht kleine Anzahl. Mit anderen Worten: ie Universitäten, die Studenten und die Arbeitgeber tehen noch vor einem gewaltigen Umsetzungsund erständnisprozess. Alle schönen Worte auf den Konfeenzen werden umsonst sein, wenn sich insbesondere die ehrenden an den Hochschulen nicht konsequent und och motiviert daran beteiligen. Die Einführung der Bachelorund Masterstudien änge darf nicht mit der einfachen Umwandlung der ordiplome in Bachelorabschlüsse und der Diplome in asterabschlüsse verwechselt werden. Gerade die Ein ührung des Bachelor wird die Hochschullehrer bei der onzeption der neuen Studiengänge zwingen, sich auf ie wesentlichen Kernbereiche der beteiligten Fächer zu inigen, ohne die Berufsbefähigung der Bachelorbschlüsse aus den Augen zu verlieren. Eine wichtige Rolle bei der Motivation der Lehrenden pielt insbesondere der finanzielle Entscheidungsspielaum. Hier gibt der Bund ein schlechtes Vorbild ab. Marion Seib Im nächsten Jahr will er beim Hochschulbau 135 Millionen Euro – das sind rund 13 Prozent der bisherigen Mittel – sparen. Durch das Studiengebührenverbot verbaut er darüber hinaus den Hochschulen weitere Einnahmemöglichkeiten. Dies führt auf Dauer zu Frust und Demotivation bei den Entscheidungsträgern an den Hochschulen und kann unserem gemeinsamen Anliegen nicht dienlich sein. Der Bologna-Prozess mit all seinen Chancen ist noch nicht in den Köpfen der jungen Menschen angekommen. Die katastrophale Arbeitsmarktlage – das gilt auch in steigendem Maße für Akademiker – zwingt junge Menschen verstärkt auf die berufliche Perspektive eines Hochschulabschlusses zu achten, zumal deutsche Studierende mit 16 Millionen Studierenden europaweit in Konkurrenz um Lohn und Brot stehen. Neue Abschlüsse ohne Rückschluss auf die Tauglichkeit im Berufsalltag entwickeln unter diesen Umständen nur wenig Anziehungskraft. Mit ihrer Verunsicherung stehen die Studenten aber nicht alleine da. Auch ein Großteil der potenziellen Arbeitgeber ist vielfach noch nicht hinreichend über die neuen Abschlüsse und deren Möglichkeiten informiert. Damit meine ich nicht die internationalen Großkonzerne. Ich spreche vielmehr vom deutschen Mittelstand, von dem Rückgrat unserer Wirtschaft. Der Mittelstand sind 3 Millionen Unternehmen mit 20 Millionen Beschäftigten. Diese Unternehmen beschäftigen zwei Drittel aller Arbeitnehmer in Deutschland. Die Mehrheit der Hochschulabsolventen findet hier ihren ersten Arbeitsplatz. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Errichtung eines europäischen Hochschulraums ist die Qualitätssicherung der einzelnen Studiengänge. Die beiden Instrumente zur Qualitätssicherung – Evaluation für die interne Qualitätsverbesserung und Akkreditierung zur Einhaltung extern vorgegebener Standards – stehen im Vordergrund der Diskussion. Auch das Berliner Kommuniqué der Ministerkonferenz geht auf die Qualitätssicherung ein. Bis zum Jahr 2005 sollen in allen Ländern entsprechende Strukturen geschaffen werden, danach sollen die internationalen Qualitätssicherungssysteme in ein europäisches Netzwerk für Qualitätssicherung eingebunden werden. Nur ein solches Netzwerk kann die Vielfalt kultureller Traditionen der verschiedenen Länder widerspiegeln. Bei der hochschulübergreifenden Qualitätssicherung hat sich Deutschland für die Einrichtung eines Akkreditierungsrates entschieden. Dieser Rat hat inzwischen sechs Agenturen zugelassen, die wiederum Studiengänge akkreditieren. Auf den ersten Blick sind wir vorangekommen. Aber ein genauer Blick auf die Zahlen trübt das Bild. Wir haben bis jetzt nur 338 akkreditierte Studiengänge. Bei gut 11 000 Studiengängen an deutschen Hochschulen ist das ein verschwindend geringer Anteil. Es bleibt zu befürchten, dass sich der Akkreditie r z d f f k ü i r n h z B 2 w s B w R i s v l H z M w g P m l g s d d g B v g l s E d v g d h (C (D ungsstau nicht so leicht abbauen lässt. Selbst wenn es u Gruppenakkreditierungen kommt und mehrere Stuiengänge in einem Verfahren zusammengefasst werden, rage ich: Woher sollen die für die Akkreditierungsverahren erforderlichen Gutachter kommen? Schon jetzt lagen die Agenturen über einen Mangel an Gutachtern. Frau Flach, wir müssen – bundesweit – noch einmal ber Folgendes reden: Auch wenn Bachelor und Master n Zukunft die wichtigsten Abschlüsse im Hochschulbeeich darstellen werden, dürfen sie Diplomstudiengänge icht völlig verdrängen. Die Kultusministerkonferenz at dies als richtig erkannt und sich in ihren zehn Thesen ur Bachelorund Masterstruktur in Deutschland für die eibehaltung bewährter Diplomabschlüsse über das Jahr 010 hinaus ausgesprochen. Dies betrifft vor allem die eltweit anerkannten deutschen Ingenieurdiplome. Hier ollte man Bewährtes nicht fahrlässig aufgeben und über ord werfen. Bei der Umsetzung der Qualitätsabsicherung dürfen ir nicht vergessen, dass wir es nicht nur mit dem EUaum zu tun haben; die internationalen Entwicklungen m Bereich der Hochschulen, die zum Teil gegenläufig ind – wie in den USA –, dürfen wir nicht aus den Augen erlieren. Der Erfahrungsaustausch in den supranationaen Netzwerken wird und muss auf die europäische ochschullandschaft zurückwirken. Der Bologna-Proess umfasst nicht nur EU-Staaten oder zukünftige EUitglieder, sondern auch viele weitere Länder; beispielseise gehören so unterschiedliche Staaten wie Norween oder die Türkei zu den Teilnehmern am Bolognarozess. In Berlin wurden weitere Länder aufgenomen, darunter Albanien, Bosnien-Herzegowina, Russand und der Vatikan. Damit ist die Anzahl auf 40 gestieen. Ganze Regionen, wie die Karibik oder Lateinamerika, ind an einer engeren Zusammenarbeit mit den Ländern, ie am Bologna-Prozess teilnehmen, interessiert. Bei ieser Entwicklung sei die Frage erlaubt, ob der Bolona-Prozess nicht über das Ziel hinausschießt. Ist eine ildungslandschaft von Lissabon bis Wladiwostok oder on Berlin bis Rio noch überschaubar? Ziel des Bolona-Prozesses war und ist es, die weltweite Ausstrahungskraft und die Wettbewerbsfähigkeit des europäichen Hochschulraums zu stärken. In der Bolognarklärung von 1999 heißt es ausdrücklich: Das Europa des Wissens kann seinen Bürgern die notwendigen Kompetenzen für die Herausforderungen des neuen Jahrtausends ebenso vermitteln wie ein Bewusstsein für gemeinsame Werte und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen sozialen und kulturellen Raum. Durch die Erweiterung des Bologna-Prozesses über en europäischen Kontinent hinaus sehe ich das Grunderständnis der Bologna-Idee gefährdet. Die Idee eines emeinsamen europäischen Hochschulraums wird daurch eher verwässert als vorangebracht und kann zu erben Enttäuschungen bei allen Beteiligten führen. Marion Seib Sehr geehrte Frau Ministerin, am Ende des Rück blicks auf die Berliner Ministerkonferenz möchte ich Sie auffordern: Erstens. Wecken Sie das Verständnis bei den Adressaten des Bologna-Prozesses in Deutschland, damit die Motivation verbessert und die Kommunikation zwischen Absolventen, Hochschulen und der Wirtschaft fortgesetzt wird! Zweitens. Stärken Sie unsere eigenen Qualitätssicherungssysteme! Fördern Sie aktiv die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Akkreditierungsorganisationen in Europa! Drittens. Behalten Sie bei der Neuaufnahme weiterer Mitglieder den Grundansatz der Bologna-Idee im Blick! Wir werden Sie wohlwollend, aber sicher auch kritisch begleiten. Vielen Dank. Nächste Rednerin ist Dr. Gesine Lötzsch. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte den Gästen sagen: Ich bin Abgeordnete der PDS. Frau Bulmahn, Sie haben auf Ihrer Internetseite dieses Thema mit „Studieren ohne Grenzen“ überschrieben. Diese Idee ist uns sehr sympathisch. Doch es gibt Befürchtungen, die – soweit ich weiß – auch Sie teilen, dass wir zwar bald eine gemeinsame europäische Hochschullandschaft ohne Grenzen haben werden, aber immer weniger Studierende über die finanziellen Mittel verfügen werden, um diese Grenzen wirklich zu überschreiten. Ich meine, wir dürfen uns in dieser Debatte nicht nur über die Angleichung von Abschlüssen unterhalten, sondern wir müssen uns auch mit der sozialen Situation von Studierenden beschäftigen. Großbritannien ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass nach der Einführung von Studiengebühren die Bedingungen für die Studierenden immer schlechter geworden sind: Die Gebühren sind gestiegen und Freibeträge für ärmere Studierende sind gesenkt worden. Eine Verbesserung der Studienbedingungen an den staatlichen Hochschulen und Universitäten konnte selten festgestellt werden. Auch in Deutschland wird das Thema Studiengebühren heiß diskutiert. Die Rednerin der CDU/CSU meinte unbedingt betonen zu müssen, dass Studiengebühren eingeführt werden müssen. Ich denke, es ist ein Irrglaube, dass Studiengebühren die Situation in den Universitäten und Hochschulen verbessern und die Studentinnen und Studenten damit zu nachgefragten Kunden werden. Ich kann nur hoffen, dass man in Deutschland nicht die gleichen Fehler wie in Großbritannien machen wird. V D d W f d z p G S S v W W s z u t s s D r E d d s s s m Z R K i P z m r e S W a R s t (C (D Die Diskussion über Studiengebühren ist doch nur ein orspiel für diejenigen, die Bildung als Geld bringende ienstleistung auf den Markt bringen wollen. Es besteht ie reale Gefahr, dass mit den GATS-Verhandlungen ein ettbewerb um die tertiäre Bildung entfesselt wird, der ür unsere Gesellschaft nicht gut ist. Die Vermarktung er Bildung wird zwangsläufig die Einschränkung frei ugänglicher Bildung für bestimmte Bevölkerungsgrupen bedeuten. Die Bildungschancen werden wieder vom eldbeutel der Eltern abhängig sein. Meine Damen und Herren, ich möchte Sie an dieser telle an den Sputnikschock von 1957 erinnern. Der chock darüber, dass die Sowjetunion es geschafft hatte, or den Vereinigten Staaten von Amerika quasi den eltraum zu erobern, hatte für die USA eine heilsame irkung. Sie erkannten, dass ihr Bildungssystem, insbe ondere das Hochschulsystem, viel zu elitär war. Es ist war schon fast 50 Jahre her, aber trotzdem können wir ns daran erinnern, dass die USA in der Weise reagieren, dass sie ein Gesetz verabschiedeten, das die Hochchulen und Universitäten für breitere Bevölkerungschichten öffnete. Dieses Gesetz zeigte schnell Wirkung. ie Vereinigten Staaten konnten damals im Bildungsbeeich schnell aufholen. Warum dieser geschichtliche Rückblick? Wenn wir in uropa die Gefahren der Kommerzialisierung der Bilung nicht erkennen, wenn wir nicht erkennen, was mit en GATS-Verhandlungen auf dem Bildungssektor gechehen kann, dann können wir in der Wissensgesellchaft nur verlieren; denn für die moderne Wissensgeellschaft braucht man nicht nur die Eliten, dafür braucht an die ganze Gesellschaft, dafür braucht man freien ugang zur Bildung und dafür sollten sich alle einsetzen. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Ernst Dieter ossmann, SPD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Frau Reiche, Frau Flach, am Anfang möchte ch Ihnen darin Recht geben, dass das ein gemeinsamer rozess ist, also ein Prozess, der nicht erst mit einer soialdemokratisch-grünen Regierung begonnen hat. Wenn an anerkennt, dass der Ausgangspunkt Sorbonne, Pais, war, dann erkennt man auch an, dass es schon damals inen Konsens gab und dass Herr Rüttgers an dem ersten chritt mitgewirkt und dort Einfluss genommen hat. enn das so ist, dann kann man genauso anerkennen, uch ausdrücklich, dass eine sozialdemokratisch-grüne egierung mit einer Bildungsministerin Bulmahn in dieem Prozess ungemein konstruktiv, wirkungsvoll und ief greifend positiv verändernd mitgewirkt hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





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(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





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(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506301900
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1506302000

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506302100
Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1506302200






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Dr. Ernst Dieter Rossmann

Die Anerkennung des ersten Schritts von Herrn Rüttgers
führt dazu – hoffe ich –, dass das ganze Haus fair die
Anerkennung für das ausspricht, was in vier Jahren da-
rauf aufgebaut worden ist.


(Ulrike Flach [FDP]: Noch freundlicher konnte es nicht werden, Herr Rossman!)


Ich meine wohl, dass es da auch Differenzierungen gibt.
Wenn wir jetzt eine Parlamentsdiskussion dazu füh-

ren, dann müssen wir kritisch reflektieren, dass wir nach
1998, Sorbonne, glaube ich, keine große Parlamentsde-
batte zu diesem Thema gehabt haben, dass wir auch Bo-
logna ohne große Parlamentsdebatte haben vorbeigehen
lassen – wir haben uns gefreut, aber wir haben das nicht
zum parlamentarischen Gegenstand gemacht – und dass
für Prag das Gleiche gilt. In Berlin nun sind wir endlich
parlamentarisch beteiligt.


(Beifall bei der SPD)

Selbstkritisch müssen wir aber sagen: Wir sind nach
Berlin dabei. In Zukunft muss es so sein, dass wir vor
der nächsten Konferenz in Bergen, vor dem nächsten
Schritt, und vor den weiteren Schritten beteiligt werden.


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])

Das ist die Selbstverpflichtung, die wir als Parlamenta-
rier haben.

Der Antrag, den wir von den Koalitionsfraktionen
eingebracht haben, ist einer, der vieles nur begrüßen
kann, der aber in manchem Perspektiven aufzeigt. Trotz-
dem bitten wir darum, dass er nach Beratung im Aus-
schuss möglichst von allen Fraktionen hier im Parlament
mitgetragen wird.


(Ulrike Flach [FDP]: Dann müssen die Abgeordneten aber auch zu der Konferenz zugelassen werden! Das wäre eine deutliche Verbesserung!)


– Den Wunsch der Parlamentarierin Frau Flach, dass die
Abgeordneten zugelassen werden sollten, mögen wir als
überzeugte Parlamentarier mittragen; gleichzeitig wissen
wir aber, dass es dabei auch um pragmatische Fragen
geht. Bologna ist mittlerweile zu einem so großen Pro-
zess geworden – es gibt so viele Beteiligte, zum Beispiel
Studenten und Vertreter der Hochschulen aus den jewei-
ligen Staaten –, dass wir einen Weg der Parlamentarisierung
finden müssen, so wie wir das im EU-Bereich erreicht ha-
ben, wenn es um einen europäischen Bildungsraum geht.

Die Reflexion über das, was eigentlich passiert ist,
möchte ich an einer Stelle zuspitzen: beim europäischen
Bildungs-, Forschungs- und Wissenschaftsraum. Frau
Bulmahn hat gesagt, dass die Hochschulen dort eine
Schlüsselrolle einnehmen. Frau Berg hat von einer Vi-
sion gesprochen. Ich will mich mit dem auseinander set-
zen, was Frau Seib gesagt hat. Frau Seib, ich teile Ihre
Einschätzung, dass es gut und, ich glaube, auch in unser
aller Interesse ist, dass Russland in diesen europäischen
Bildungsraum mit einbezogen ist, selbst wenn Russland
bis Wladiwostok reicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D s ist fast ein Wunder, welche Länder hierbei mitmahen. Dabei müssen wir immer wissen, welche Unterchiede zwischen Ländern wie England, den Niederlanen oder Deutschland als den reichsten Ländern und inem Land wie Albanien, einem der ärmsten Länder, estehen und wir müssen uns klar machen, dass wir uns n diesem Prozess nicht überfordern dürfen. Es ist gut und wichtig, dass diese Erweiterung über en engeren EU-Rahmen hinausgeht. Die Karibik und ndere Staaten, die hier angesprochen wurden, sollen so habe ich es jedenfalls verstanden – zwar nicht Teil es europäischen Hochschulraums werden, aber es wäre ut, wenn der Prozess, der sich jetzt in Europa vollzogen at, auch zum Vorbild für andere Regionen wird und sie uf diese Weise auch am Prozess teilhaben können. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch glaube, auf dieser Ebene können wir zusammenfin-
en, ohne dass irgendwelche Ressentiments geweckt
erden.
Ein weiterer Punkt, der den Blickwinkel betrifft, ist
ir aufgefallen: Wir haben hier im Parlament immer
ieder schnell Europa und die USA verglichen und
ange darüber diskutiert. Wir haben also das US-ameri-
anische Hochschul- und Forschungssystem als Bezugs-
unkt für uns gewählt. Wir haben jetzt aber die Chance,
inen eigenen europäischen Bezugspunkt herzustellen.
as gibt neues Selbstbewusstsein und schafft Identität.
adurch kann man junge Menschen gewinnen und Tra-
ition und Moderne verbinden. Ich glaube, es tut uns
ut, wenn wir in Zukunft häufiger fragen, wie es die Nie-
erländer, die Norweger oder die Russen machen, statt
mmer nur zu fragen, wie es die USA machen. Bei der
estaltung dieser Dinge geht es auch ein wenig um eine
manzipation Europas.
Frau Ministerin, Sie haben am Anfang gesagt, Wettbe-
erb, Flexibilität und Freiheit sollen ebenfalls wachsen.
leichzeitig geht es ja auch darum – ich möchte noch
inmal einen Aspekt verstärken, den ich in Ihrer Rede
ahrgenommen habe –, festzuhalten, wie die europäi-
che Hochschulidee aussieht. Als Erstes nenne ich die
erbindung bzw. die Einheit von Forschung und
ehre. Diese gibt es nicht in allen anderen Hochschul-
äumen der Welt, aber sie ist seit den Hochschulgründun-
en von Bologna und Prag bis in die Gegenwart ein Teil
nserer Tradition. Hinzu kommt der freie Zugang zu den
ochschulen. Dies muss auch bei der Debatte um Hoch-
chulgebühren beachtet werden, wenn man anfängt, ver-
chiedene Maßstäbe für Erst- und Zweitstudium anzule-
en und festzulegen, wann ein Erststudium ungebührlich
berzogen wird. Weiterhin nenne ich die Eigenständig-
eit von Hochschulen. Diese muss als Maßstab für die
estimmung des Verhältnisses zwischen staatlicher Re-
lementierung und Autonomie in Form von eigener
echtlicher Gestaltungsfähigkeit der Hochschulen ange-
egt werden. Außerdem nenne ich die Vielfalt und nicht
uletzt auch als demokratische Komponente die Beteili-
ung von Professoren, Lehrenden und Lernenden an der
estaltung der Hochschulen. Wenn man all dieses zu-
ammennimmt, gewinnt der europäische Hochschulraum






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann

auch eine eigene Qualität und man unterwirft ihn nicht
der rein ökonomischen Betrachtung des einheitlichen
Wirtschafts- und Arbeitsraums.

Peter Glotz, früherer Vordenker der SPD, sagte vor ei-
niger Zeit einmal auf die Frage, wie man Bildung in Zu-
kunft definieren könne: Sie muss humanistisch, ökolo-
gisch und europäisch sein. Ich glaube, dieser 15 Jahre
alte Ausspruch von Peter Glotz findet unter anderem im
Berlin von heute eine Entsprechung und Erfüllung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Prozess – das haben Frau Seib und andere ange-
sprochen – beinhaltet einen sehr ehrgeizigen Fahrplan.
Es ist ja gut, wenn man schnell vorankommen will, aber
man darf sich dabei nicht verhaspeln. Wir müssen die
unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die die einzelnen
beteiligten Länder vorlegen, berücksichtigen. Wir müs-
sen diesen Prozess sicherlich in manchen Punkten be-
schleunigen, wir müssen uns aber zugleich auch auf be-
stimmte Fragen konzentrieren, denn man kann nicht
alles zur gleichen Zeit anfassen. Die Bildungsminister
der beteiligten Staaten haben sich deshalb auch auf drei
Schwerpunkte konzentriert: Qualität, Stufung des
Studiums und Transparenz, also gegenseitige Aner-
kennung von Studienleistungen.

Sie, Frau Bettin, sagten, einen weiteren Schwerpunkt
stelle die soziale Dimension dar. Wenn man ehrlich ist,
muss man dazu sagen, dass dies kein primärer Schwer-
punkt ist. Ich möchte hier auch einmal kritisch fragen, ob
dieser Frage eine solche Rolle in einem Hochschulraum,
der von Russland über Albanien bis zu den Niederlanden
reicht, zukommen könne. Wenn wir die soziale Dimen-
sion an den Anfang aller Fragen setzen und mit ihrer
Hilfe einen europäischen Hochschulraum konstituieren
wollten, besteht am ehesten die Gefahr, dass man sich
verhaspelt, die Hochschulen überlastet bzw. mit zu ho-
hen Ansprüchen belastet, weil die sozialen Bedingun-
gen, also die Lebensbedingungen, in dieser Vielzahl von
Ländern so unterschiedlich sind. Das heißt nicht, dass
man nicht in einigen Schlüsselfragen dieses Thema an-
geht. Aber die soziale Dimension gleich an die erste
Stelle der Schwerpunkte zu setzen, birgt aufgrund der
Verschiedenartigkeit der Länder in sich die Gefahr der
Überforderung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Man muss sich darüber austauschen. Wenn es dann an
anderer Stelle um bestimmte Schlüsselpunkte geht, wird
das hoffentlich Ihre Unterstützung finden.

Ich will nicht auf alles Positive eingehen. In Bezug
auf die Qualität möchte ich nur erwähnen, dass die Ak-
kreditierung ein komplexer Prozess ist und Zeit braucht.
Wir von der SPD-Fraktion fragen uns, ob zur Akkredi-
tierung, zur Qualitätssicherung nicht auch gehört, dass
man bei der Bildungsforschung, bei der wissenschaftli-
chen Betrachtung, nicht nur in den Blick nimmt, was
sich an den Schulen vollzieht – siehe PISA – und wie
das Thema Ganztagsschulen – eine aktuelle Debatte –
anzugehen ist, sondern auch das Geschehen im Hoch-

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(C (D chulbereich: Wie kann dort, im Curricularen, in der erbindung von Forschung und Lehre für mehr Qualität esorgt werden? Wie findet man Menschen, die bei der ualitätssicherung mitwirken können? Diese Fragen ind nicht hinreichend beleuchtet. Wenn wir den Prozess on Bologna fortführen wollen, dann muss Hochschulorschung ein Schwerpunkt sein, der parallel aufgebaut ird. Sonst bleibt Qualitätssicherung eher eine formale rage. Eine Anmerkung in Bezug auf das in Bachelor und aster gestufte Graduierungsverfahren. Man darf nicht lles als Konsens erscheinen lassen; sonst wird nicht ehr deutlich, dass es im Parlament verschiedene Aufassungen gibt. Deshalb, Frau Reiche, müssen Sie sich n dieser Stelle zwei Kritikpunkte gefallen lassen. Den Abgeordneten und auch den Hochschulen ist teileise noch bekannt, wie wir das Hochschulrahmengeetz novelliert haben und dass es damals eine Auseinanersetzung über die Frage gab: Soll dort verbindlich eregelt werden, dass die Bachelorund Masterstudienänge eingeführt werden, oder soll die Einführung auschließlich freiwillig geschehen? Die CDU/CSU war für ie Freiwilligkeit. Wir haben parlamentarisch die Verindlichkeit durchgesetzt. Wie stünden wir heute im Boogna-Prozess da, in dessen Rahmen die Einführung bis 005 beschlossen worden ist, wenn wir uns damals nur uf Freiwilligkeit geeinigt hätten? An dieser Stelle haben ie die historische Entscheidung verpasst. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der zweite Kritikpunkt. Sie haben von der „Luft der
reiheit“ gesprochen; ich dachte immer, es hieße „Wind
er Freiheit“. Sie meinten damit, die Hochschulen soll-
en in die Freiheit entlassen werden, was die Auswahl
er Studenten angeht. Sie haben aber doch schon die
reiheit, 25 Prozent der Studierenden selbst auszu-
ählen. Sie nutzen diese Freiheit aber nicht, können es
ielleicht auch nicht, weil Auswahlgespräche eine zu-
ätzliche Last bedeuten. Sie können uns in diesem Zu-
ammenhang nicht vorwerfen, wir würden die Freiheit
er Hochschulen beschneiden wollen. Es besteht eher
ie Gefahr, dass von Ihren Vorstößen nichts als heiße
uft bleibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Eine Frage bleibt: Wo sind Schlüsselstellen, an denen
ir wirklich aktiv werden können? Frau Flach, Sie spra-
hen den Wissenschaftstarifvertrag an. Das ist natürlich
ine Frage der Tarifpartner, aber seien wir ehrlich: Wenn
nternehmen nicht wissen, wie sie mit Bachelor- und
asterabschlüssen umgehen sollen, dann müssen Bund,
änder und Kommunen deutlich machen und als Vorbild
ienen, wie damit umgegangen werden kann.


(Ulrike Flach [FDP]: Es geht dabei auch um die Anerkennung!)


s geht auch um die Anerkennung und die Gleichwertig-
eit von Bachelor- bzw. Masterabschlüssen im Fach-
ochschul- und Hochschulbereich. Das könnte eine






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann

Schlüsselstelle sein, bei der wir die FDP nachdrücklich
darum bitten: Sorgen Sie in den Ländern, in denen Sie
der CDU in die Hacken treten können, dafür, dass sie
dort richtig in Fahrt kommen. Im Moment ist es so, dass
die CDU- bzw. CSU-geführten Länder eher bremsen.

Den Arbeitgebern müssen wir sagen: Wer auf kür-
zere Studienzeiten drängt, wer einen ersten berufsorien-
tierenden Abschluss in Form von Bachelor fordert, der
darf nicht erwarten, dass das mit einem „Diplom in kur-
zer Zeit“ gleichzusetzen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Man darf nicht glauben, man könne plötzlich mit einem
geringeren Aufwand zum gleichen Preis ein besseres Er-
gebnis bekommen. Zusätzlich zum Bachelorabschluss
müssen in den Unternehmen Weiterbildungspläne zur
Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf-
gestellt werden. Denn dieser Abschluss alleine reicht
nicht aus. Das müssen wir ganz klar und hart sagen.

Meine vorletzte Bemerkung bezieht sich auf Ihren
Antrag, Frau Flach, den Sie bezüglich der Mitnahme
von BAföG in den gesamten europäischen Hochschul-
raum eingebracht haben. Wir sind mit der BAföG-No-
velle weit vorangekommen. Auch wir denken darüber
nach, aber man muss wirklich gründlich darüber nach-
denken.


(Ulrike Flach [FDP]: Nehmen Sie diesen Antrag als Anstoß!)


Dabei gibt es viele Probleme. Ich möchte Ihnen einige
nennen.

Bisher gibt es Zuschlagssysteme. Wenn man diese ni-
velliert und auf das BAföG-Niveau bringt, dann stehen
sich viele schlechter. Wollen wir das? Bisher ist nicht
geregelt, ob Angehörige von in Deutschland lebenden
Ausländern BAföG erhalten können. Wie ist es in
Grenzregionen? Wie wirkt sich die neueste Rechtspre-
chung des Europäischen Gerichtshofs aus?

Wir nehmen diese Fragen auf; aber wir beantworten
sie nicht in einem solchen Schnellschussverfahren, wie
Sie es mit Ihrem Antrag vorsehen. Haben Sie dafür bitte
Verständnis.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auf den Konferenzen von Bologna bis Bergen wird
über den europäischen Hochschulraum gesprochen. Da-
bei dürfen wir nicht vergessen, dass der Prozess in der
EU mit wegweisenden Programmen wie SOKRATES
und ERASMUS begonnen wurde. Es ist die finanzielle
Seite, auf der sich die Kernregion für einen europäischen
Hochschulraum engagieren kann, damit Studierende in
den Austausch einsteigen können. Mittlerweile haben
wir, glaube ich, den millionsten von ERASMUS Geför-
derten. Das ist eine große Zahl, aber im Vergleich zu
16 Millionen noch zu wenig.

Vielleicht gelingt es uns gemeinsam, die Finanzde-
batte nach Europa zu tragen. Ist es wirklich gut, mit über

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(C (D 0 Prozent der Mittel des europäischen Haushaltes inen europäischen Agrarraum zu konstituieren, wähend man in Bezug auf den Forschungsraum mit 2,5 Miliarden Euro einen bescheidenen Fortschritt macht und ildung mit unter 1 Milliarde Euro eine marginale röße ist? Oder können wir zu Umgewichtungen komen, sodass der Prozess europäischer Hochschulraum ateriell unterfüttert wird? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Diese Vorstellungen bringen wir in die Debatte ein.
s gibt viel Übereinstimmung. Es muss jetzt ein konzen-
riertes Zusammenwirken von Bund und Ländern mit
olgekonferenzen und Koordinierung geben. Wenn der
und sich über das zehnte Ziel – Doktorandenstudium –
reut, muss er selber Vorschläge machen. Er muss sich
uf die soziale Dimension, die Mitnahme von Studien-
örderung nach dem BaföG, konzentrieren.
Ich freue mich, dass die Konferenz in Berlin stattfin-

en konnte. Jedenfalls mir geht es noch so. Von der kon-
ervativen Seite wird häufig suggeriert, Sozialdemokra-
en seien geschichtslos und gefühllos. Für mich ist es
mmer noch etwas Besonderes, durch das Brandenburger
or zu gehen. Als Schüler habe ich an der Mauer gestan-
en und konnte nach Ostberlin nur hinüberschauen. Dass
ine solche Konferenz in Berlin stattfinden kann, hat
icht nur Symbolwert, sondern bedeutet auch eine Ver-
flichtung:


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


rücke zu sein zwischen Ost und West in einem Hoch-
chulraum Europa, in dem qualitative Hochschulbildung
in gemeinsames und selbstbewusstes Ziel ist.
Ich bedanke mich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506302300

Nächster Redner ist der Kollege Christoph Bergner,
DU/CSU-Fraktion.


Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1506302400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch

ch bekenne mich zu Beginn meiner Ausführungen gerne
ur Gemeinsamkeit der Zielvorstellungen und zur Konti-
uität im Bemühen um das Ziel eines europäischen
ochschulraumes. Wir wollen einen Hochschulraum,
n dem Studierende und Wissenschaftler ganz selbstver-
tändlich von einer Hochschule eines Landes zu einer
ochschule eines anderen Landes wechseln können. Es
oll keine bürokratischen Hemmnisse geben. Studien-
nd Prüfungsleistungen sollen anerkannt werden kön-
en. Wer mit jungen Leuten spricht, die solche Hoch-
chulwechsel, zum Teil durch EU-Programme gefördert,
bsolvieren, weiß, dass wir an dieser Stelle durchaus
och manches zu tun haben.






(A) )



(B) )


Dr. Christoph Bergner

Aber bei aller Gemeinsamkeit in der Zielstellung gibt

das Thema doch auch Anlass zu Debatten und Kontro-
versen.

Ich möchte mit dem Selbstverständnis der Politik
bei der Schaffung eines europäischen Hochschulraumes
beginnen. Sie, Frau Bulmahn, haben – wie ich finde, zu
Recht – darauf verwiesen, dass wir mit der Schaffung
eines europäischen Hochschulraumes eigentlich ein
Stück Rückbesinnung vornehmen. Es ist in der Tat so:
Wissenschaft war schon immer grenzüberschreitend. Die
Scientific Community hat selbst die Widerstände des Ei-
sernen Vorhangs überwunden. Das heißt, wir als Politi-
ker haben hier nicht die Schulmeister zu spielen und die
Wissenschaft in Richtung Internationalität zu drängen.
Vielmehr haben wir an Internationalität in der For-
schungskommunikation anzuknüpfen und dabei Konse-
quenzen für Studium, Lehre und Ausbildung des wissen-
schaftlichen Nachwuchses zu ziehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Warum sage ich das? Ich sage das, weil ich möchte,

dass in diesem Prozess die Hochschulautonomie und die
Wissenschaftsfreiheit weitestgehend respektiert werden.
Damit knüpfe ich genau an das an, was Kollegin Reiche
gesagt hat. Wie wichtig es ist, Wissenschaftsautonomie
zu betonen, wird gerade dann deutlich, wenn wir uns
dem Problem der Studiengänge zuwenden. Ich weiß,
dass dieser Prozess nur erfolgreich sein kann, wenn die
Politik Auflagen macht. Ich nenne beispielsweise die
Einführung des Credit-Punktsystems und das Diplom-
Supplement.

Ich bin auch dafür, ein zweistufiges Graduierten-
system einzuführen. Aber ich halte es für problematisch,
wenn wir aus politischer Perspektive die Realisierung
des europäischen Hochschulraums allein an der Quote
der eingeführten Bachelor- und Masterstudiengänge
messen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich finde es geradezu abenteuerlich, Frau Flach, wenn
wir als politisches Oktroi die Streichung herkömmlicher
Studiengänge als Maßstab für den Erfolg bei der Schaf-
fung eines europäischen Hochschulraums machen wol-
len.


(Ulrike Flach [FDP]: Das tut doch keiner!)

Deshalb bin ich der Kultusministerkonferenz sehr dank-
bar, dass sie betont, dass es auch über das Jahr 2010
hinaus gute Gründe für die Beibehaltung bewährter Di-
plomabschlüsse gibt.

Ich will auf wenigstens einen dieser Gründe eingehen.
Wir beklagen in unserem Land – wie ich finde, zu
Recht – eine Schwäche beim naturwissenschaftlichen
und ingenieurwissenschaftlichen Ausbildungspotenzial
und einen Mangel an entsprechenden Abschlüssen.
Wenn wir dies tun, sollten wir aber auch zur Kenntnis
nehmen, dass die akademische Bildung im Bereich der
Natur- und Ingenieurwissenschaften in ganz besonderer
Weise auf Diplomstudiengängen beruht. Ich halte es
vor diesem Hintergrund geradezu für leichtfertig, die
Einführung von Bachelor- und Masterstudiengänge auf

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(C (D osten der Diplomstudiengänge, die gestrichen werden ollen, als politisches Oktroi durchzusetzen. (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wer will das denn?)


Entschuldigung, ich habe Frau Flach in ihrer Erwide-
ung auf die Äußerungen von Frau Reiche so verstanden,
ass jetzt den herkömmlichen Studiengängen der Kampf
ngesagt werden soll.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt muss ich Frau Flach in Schutz nehmen!)


avor kann ich nur warnen. Es wäre schön, wenn wir in
iesem Punkt übereinstimmen würden. Dann würden
ir vielleicht auch in einem anderen Punkt Einigkeit er-
eichen, auf den ich jetzt zu sprechen komme.
Wir wissen seit PISA, welche Defizite im Bereich der

chulischen Bildung auftreten. Ich kann nur davor war-
en, die Lehrerausbildung gewissermaßen schockartig
nd flächendeckend auf ein zweigestuftes System umzu-
tellen, da die Auswirkungen noch nicht absehbar sind.
ch bin der Meinung – in diesem Punkt unterscheiden
ir uns, Frau Flach –, dass der Arbeitsmarkt und nicht
er grüne Tisch der Bildungsbürokratie über die Zukunft
er Diplomstudiengänge entscheiden sollte. Das ist der
unkt, auf den es uns ankommt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was den Arbeitsmarkt betrifft, so nehme ich zur
enntnis – das steht übrigens ein wenig im Widerspruch
u offiziellen Verlautbarungen des BDA –, dass Perso-
alchefs die breite theoretische Grundbildung, wie sie
Rahmen von Diplomstudiengängen gegeben ist, sehr
ohl zu schätzen wissen, weil sie für die Einsatzmög-
ichkeiten und Flexibilität im späteren Berufsleben wich-
g ist. Auch dies ist ein Gesichtspunkt, den wir nicht
norieren sollten.
Zweiter Punkt. Es geht nicht um Etikette, sondern um

ie Qualität der Abschlüsse. Auch darin scheinen wir
bereinzustimmen. Welche Schlussfolgerungen sind da-
aus zu ziehen? Es war wichtig, dass auf der Berliner
onferenz das Akkreditierungssystem – hoffentlich ver-
indlich – für den gesamten europäischen Raum verein-
art wurde. Aber damit ist natürlich neben der internen
valuierung nur ein Teil der Qualitätssicherung gege-
en.
Wir sollten uns darüber klar sein, dass der Bachelor-

bschluss strukturell in der Gefahr steht, zu einem Ab-
recherzertifikat zu werden, das zwar die Statistik der
bbrecherquote verbessert, den jungen Menschen aber
m Grunde genommen nicht das mitgibt, was sie auf dem
rbeitsmarkt tatsächlich brauchen.


(Zuruf des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Ich wende mich nicht gegen diesen Abschluss, Herr
ossmann,


(Zuruf von der SPD: Doch!)

ondern versuche, uns vor Augen zu führen, wie wichtig
ie Beachtung der Qualität ist.






(A) )



(B) )


Dr. Christoph Bergner

Wenn wir europäisch denken, kommen wir an dem

Umstand nicht vorbei, dass der Abschluss in den Her-
kunftsländern des Bachelor- und Masterabschlusses, im
angelsächsischen Raum, je nach Hochschule, an der er
erreicht wird, ein ganz unterschiedliches Gewicht und
eine ganz unterschiedliche Bedeutung hat. Frau
Bulmahn, ich hätte mir gewünscht, dass auf der Konfe-
renz auch hierzu einmal Stellung genommen wird, damit
es nicht so aussieht, als ob nur bei uns Hausaufgaben er-
ledigt werden müssten. Auch in diesem Bereich brau-
chen wir eine entsprechende Anpassung und bestimmte
Veränderungen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Beim Gesichtspunkt der Qualität gibt es eine unge-

löste Strukturfrage. Es wundert mich, dass dies bisher
keiner angesprochen hat. Der Ruf nach verkürzten, pra-
xisnahen Studiengängen, der uns bei der Forderung nach
der Einführung eines Bachelorabschlusses begegnet, ist
zumindest in der alten Bundesrepublik Deutschland
nicht neu. Die Antwort, die die alte Bundesrepublik
Deutschland darauf gegeben hat, war die Gliederung
des Hochschulwesens in Fachhochschulen und Univer-
sitäten.

Nun legen wir auf dieses gegliederte Hochschulsys-
tem eine weitere Gliederung in Gestalt gestufter Studien-
abschlüsse. Wie kritisch dies für uns als Rahmengesetz-
geber ist und welcher Klärungsbedarf sich an dieser
Stelle ergibt, wird bei der Lektüre der Kleinen Anfrage
der FDP zu laufbahnrechtlichen Konsequenzen der Ab-
schlüsse deutlich. Dabei ist hervorgegangen, dass der
Masterabschluss an Fachhochschulen einer weiteren Ak-
kreditierung bedarf, damit er laufbahnrechtlich dieselben
Konsequenzen hat, wie es ein vergleichbarer Abschluss
an den Universitäten ermöglicht. Das heißt, wir werden
in nächster Zeit, wenn wir die Europäisierung der Stu-
diengänge ernst nehmen, über die Frage „Profilierung
unterschiedlicher Hochschultypen versus zweistufige
Studienabschlüsse“ – diese Frage wurde bisher ver-
drängt – sprechen müssen. Diese ungeklärte Frage will
ich zumindest in den Raum stellen, um uns deutlich zu
machen, dass die Verkündung von Bildungszielen allein
nicht ausreicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Machen Sie bei der Anerkennung mit?)


– Herr Kollege Tauss, ich kann in den wenigen Minuten
Redezeit, die mir noch bleiben, nicht darauf eingehen.
Ich will nur darauf aufmerksam machen, dass gute
Gründe für eine Gliederung des Hochschulwesens spre-
chen. Ihr Finanzminister wird Ihnen das bestätigen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ich meinte die Anerkennung der Abschlüsse!)


Wenn gute Gründe für eine Gliederung des Hochschul-
wesens sprechen, dann werden wir nicht leichtfertig mit
der Frage umgehen können, ob die Abschlüsse je nach
Hochschule gleichwertig beurteilt werden können. Dies
ist meine persönliche Meinung. Ich hoffe, wir haben
noch Gelegenheit zur Diskussion über diese Frage.

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(C (D Ich fasse kurz zusammen: Wir sind für eine Europäiierung des Hochschulraumes. Dies ist ein lohnendes iel. Es ist prinzipiell richtig, dabei die Grenzen der EU u überschreiten. Aber ebenso wie meine Kollegin Seib uss ich auf Folgendes hinweisen: Wenn es uns um die usstrahlung des europäischen Hochschulraumes geht, üssen wir unsere Kräfte kalkulieren und dürfen unsere mbitionen nicht bis Wladiwostok ausdehnen. Zweiter Punkt. Eine Europäisierung kann keine Uni ormisierung der Studiengänge bedeuten. ir brauchen eine selbstbewusste Haltung zu gewachenen und erfolgreichen Studiengängen in der Bundesepublik Deutschland. Letzter Punkt. Hauptakteur in diesem Prozess müssen ach unseren Vorstellungen die Wissenschaft, die Fachereiche und die Hochschulen selbst, sein. Die Politik at lediglich die Aufgabe der Rahmensetzung. Diese Becheidenheit sollten wir in der Diskussion zum Ausdruck ringen. Vielen Dank. Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin nna Lührmann, Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie europäische Einigung wird nur Wirklichkeit, wenn uch unsere Lebensentwürfe wirklich europäisch weren. Deswegen wollen wir ein Europa des Wissens, eien europäischen Hochschulraum, schaffen: vernetzt, ergleichbar und vor allen Dingen verfügbar für alle Stuierenden. Der europäische Bildungsgipfel in der letzten Wo he hat uns diesem Ziel ein gutes Stück näher gebracht. er Bologna-Prozess ist der richtige Weg. Doch die Boogna-Ziele müssen jetzt schnell umgesetzt werden. Nur ann kann Europa binnen sieben Jahren zu einem Raum es Lernens werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506302500
Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506302600

Ich gebe zu: Noch bin ich skeptisch. Ich bin skep-
isch, ob wir es beim jetzigen Umsetzungstempo wirk-
ich schaffen, bis 2005 europaweit zweigliedrige Stu-
ienzyklen einzuführen, sprich: den Bachelor und den
aster. Noch skeptischer bin ich, ob das wirklich dazu

ührt, dass Studierende bald problemlos beispielsweise
on der Uni in Heidelberg an die Uni in Mailand oder
ien wechseln können.
Nach meinen persönlichen Erfahrungen mit den
euerungen im deutschen Hochschulsystem – das kann
ch Ihnen aus erster Hand berichten – bin ich da eher er-
üchtert: So war es mir diesen Sommer nicht möglich,
eine European Credit Transfer Points aus meinem






(A) )



(B) )


Anna Lührmann

Bachelorstudiengang an der Berliner Humboldt-Univer-
sität an die Fernuni in Hagen zu übertragen – und das,
obwohl die Kurse inhaltlich nahezu identisch sind. Wenn
also die Anerkennung erbrachter Studienleistungen noch
nicht einmal in Deutschland klappt, frage ich mich doch,
wie das europaweit funktionieren soll.

Klar ist: Der Hochschulwechsel muss einfacher wer-
den. Das ist mehr als notwendig, aber nicht nur auf dem
Papier, sondern auch in der Praxis. Also arbeiten wir da-
ran: in Deutschland und in Europa.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU])


Lesen Sie manchmal Stellenanzeigen? Wenn ja, dann
wissen Sie, dass internationale Erfahrung und inter-
kulturelle Kompetenz heute in vielen Arbeitsbereichen
ganz selbstverständliche Voraussetzungen sind. Diese
gelten als wesentliche Soft Skills. Doch so selbstver-
ständlich ist diese Qualifikation gar nicht. Nur rund
10 Prozent aller deutschen Studierenden studieren im
Ausland. Dafür gibt es viele Erklärungen. Die Bundesre-
gierung hat das Problem erkannt. Sie hat das Auslands-
BAföG entsprechend reformiert.

Ich glaube aber, ein wesentlicher Punkt ist, dass Stu-
dierenden stärker vermittelt werden muss, dass Europa
für sie wichtig ist: sowohl als Bürgerinnen und Bürger
als auch in ihrem späteren Beruf. Deshalb muss die euro-
päische Dimension obligatorischer Bestandteil eines je-
den Studienfaches werden.

Etwas mehr Europa in jedem Studium würde auch
helfen, ein weiteres Problem des europäischen Hoch-
schulraumes zu beheben. Es entsteht eine Zweiklassen-
mobilität: Die Studienplätze in der alten EU sind heiß
begehrt, wohingegen nur wenige im europäischen Osten
studieren wollen. Man muss halt nicht unbedingt Slowe-
nisch sprechen, um international Karriere machen zu
können. Englisch und Französisch sind da hilfreicher.
Deswegen ist auch Deutschland als Studienland kein Fa-
vorit. Die Europäisierung des Studiums kann also die
Lösung dieser Probleme sein.

Dazu mache ich drei konkrete Vorschläge, die teil-
weise von Frau Bulmahn schon umgesetzt werden:

Erstens. Wir brauchen europaweite Netzwerke von
Hochschulen und grenzübergreifende Studiengänge. Der
Transfer von Wissen, von Studierenden und Ressourcen
kann so wesentlich vereinfacht werden.

Zweitens. Vor allem müssen wir die Studienangebote
auch sprachlich europäisieren. Das heißt ganz konkret:
mehr Seminare und Vorlesungen auf Englisch.

Drittens. Jedes Studium muss thematisch die europäi-
sche Perspektive im Blick haben. Nur dann werden die
jungen Leute die Chancen Europas erkennen und auch
ergreifen.

Die Europäische Union hat sich in Lissabon als strate-
gisches Ziel die Verwirklichung eines wissensbasierten
Wirtschaftsraumes gesetzt. Dafür brauchen wir europäi-

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(C (D che Bildung, dafür brauchen wir europäische Köpfe. ur so hat Europa eine Chance; nur so kann eine euroäische Identität entstehen. Die Weichen sind nach dem reffen in Bologna gestellt. Jetzt muss der Zug endlich n Fahrt gewinnen. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506302700

Ich schließe die Aussprache.
Die Entschließungsanträge der Fraktionen der SPD

nd des Bündnisses 90/Die Grünen sowie der Fraktion
er FDP auf Drucksache 15/1579 und 15/1582 sollen zur
ederführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung,
orschung und Technikfolgenabschätzung und zur Mit-
eratung an den Auswärtigen Ausschuss und an den
usschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
nion überwiesen werden. Sind Sie damit einverstan-
en? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so
eschlossen.
Ich rufe Zusatzpunkt 1 sowie Tagesordnungspunkt 20

uf:
P 1 Vereinbarte Debatte

zur aktuellen Lage im Irak
20. Beratung des Antrags der Abgeordneten

Dr. Christian Ruck, Dr. Friedbert Pflüger, Arnold
Vaatz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Den politischen Neubeginn und Aufbau des
Irak mitgestalten
– Drucksache 15/1011 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundes-

anzler Gerhard Schröder.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Gerhard Schröder (SPD):
Rede ID: ID1506302800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Anlass der Reise nach New York war der
0. Jahrestag des Beitritts Deutschlands zu den Verein-
en Nationen, besser gesagt: der Wiederaufnahme
eutschlands in die Vereinten Nationen. Ich hatte dort
eutlich zu machen, was Kern unseres Selbstverständ-
isses in dieser internationalen Organisation ist. Meine






(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

zentrale Aussage war: Unser Land nimmt im Bewusst-
sein seiner Geschichte Verantwortung für kooperative
Friedenspolitik wahr – mit wirtschaftlichen und politi-
schen, aber, wo erforderlich, auch gemeinsam mit den
Partnern in der NATO und der Europäischen Union mit
militärischen Mitteln.

9 000 Soldatinnen und Soldaten aus Deutschland sind
für unterschiedliche Friedensmissionen legitimiert,
durch die Vereinten Nationen und natürlich durch dieses
Hohe Haus. Gerade deswegen wollen wir deutlich ma-
chen, dass sich unser Sicherheitsbegriff nicht in militä-
rischen Fragestellungen erschöpft, sondern dass wir bei
den Ursachen der Konflikte, die zu lösen anstehen, an-
setzen und immer wieder ansetzen wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich lege Wert darauf, dass deutlich wird: Armuts-
bekämpfung in einem sehr umfassenden Sinne ist Teil
vernünftig verstandener Sicherheitspolitik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Genauso deutlich muss werden, dass angesichts neuer
Bedrohungen eine effektivere multilaterale Zusammen-
arbeit mehr denn je notwendig ist. Das ist der Grund,
warum wir uns in New York für eine Stärkung der Ver-
einten Nationen und für eine Verbesserung ihres Instru-
mentariums eingesetzt haben. Wir unterstützen die Re-
formvorschläge, die der Generalsekretär der Vereinten
Nationen, Kofi Annan, gemacht hat, Reformvorschläge,
die zu einer noch besseren Legitimation des Sicherheits-
rates führen sollen und – wir sind optimistisch, was die
Umsetzung angeht – auch führen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dabei geht es insbesondere um die Erweiterung des Si-
cherheitsrates, und zwar durch Staaten der Dritten Welt,
aber unter Umständen auch – das ist in den Diskussionen
und Wortbeiträgen aller deutlich geworden – durch eine
stärkere Einbeziehung Deutschlands bzw. Japans. Ich
habe immer wieder deutlich gemacht, dass wir bereit
sind, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen, dass
dies aber im Rahmen des Reformprozesses, um den es
dabei geht, geschehen sollte und geschehen wird.

Selbstverständlich haben im Mittelpunkt dessen, was
diskutiert worden ist, unterschiedliche internationale
Fragestellungen gestanden. Diese waren auch Thema der
bilateralen Gespräche, die ich sowohl mit dem amerika-
nischen Präsidenten als auch den Präsidenten Russlands
und Frankreichs sowie den Staats- und Regierungschefs
anderer betroffener Länder geführt habe.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Im Mittelpunkt stand zum Beispiel die Entwicklung der
Situation in Afghanistan. Ich denke, es ist richtig und
wichtig, dass auch in diesem Hause deutlich wird, wie
sehr unsere Partner in der internationalen Politik den

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(C (D eitrag Deutschlands insbesondere in Afghanistan chätzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich hatte Gelegenheit, ein ausführliches Gespräch mit
em afghanischen Präsidenten Karzai zu führen, der be-
ichten konnte – es wird von anderen bestätigt –, dass es
hm gelungen ist, zu einer Stabilisierung in seinem Land
eizutragen. Er hat deutlich gemacht, dass es Anzeichen
ür eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und
atürlich auch für eine verbesserte Sicherheitslage gibt.
enauso klar muss indessen allen sein, dass diese posi-
ive Entwicklung in sich zusammenbrechen würde,
enn die internationale Staatengemeinschaft ihre Hilfe
instellte. Besser wäre es, wenn beschlossen würde – das
erden wir tun –, diese internationale Hilfe als Beitrag
ur Gewährleistung von mehr Sicherheit und verbesser-
en Aufbaubedingungen in diesem Land auszuweiten.
eswegen haben wir sehr intensiv über verbliebene Pro-
leme gesprochen. Mir liegt daran, dass auch hier deut-
ich wird, dass insbesondere die Situation im Süden und
üdosten Afghanistans nicht der Sicherheitslage ent-
pricht, die nötig ist, um auch dort von einer umfassen-
en Sicherheit sprechen zu können, soweit man das in
iesem Land überhaupt tun kann.
Mit den Partnern in der NATO und der EU werden
ir dafür sorgen müssen, dass insbesondere der pakista-
ische Präsident und seine Regierung alle Möglichkeiten
er Taliban, sich jenseits der Grenze zwischen Afghanis-
an und Pakistan aufzuhalten, unterbinden werden. Es
ird wichtig sein, dass die pakistanische Regierung in
ieser Frage noch besser als in der Vergangenheit koope-
iert.
Es wurde auch anerkannt – das ist keine Überra-

chung –, dass wir uns entschlossen haben, unser En-
agement in Afghanistan auf Kunduz auszuweiten. Ich
ann anmerken, dass es dazu einer Ausweitung des
SAF-Mandats bedarf und dass die Wahrscheinlichkeit,
ass dies positiv gesehen wird, sehr groß ist. Wir haben
n dieser Frage sowohl die Zustimmung der Vereinigten
taaten von Amerika als auch die Frankreichs und Russ-
ands, sodass ich davon ausgehe, dass in sehr kurzer Zeit
ine entsprechende Ausweitung des Mandats der Verein-
en Nationen erfolgt.
Selbstverständlich hat die Situation im Irak ebenso

m Mittelpunkt der Gespräche gestanden und großen
aum eingenommen. Mir liegt deswegen daran, hier
och einmal die Position der Bundesregierung zur weite-
en Entwicklung im Irak deutlich zu machen. Wichtig ist
ie gemeinsame Überzeugung, dass unabhängig von der
rage, wie man zur Notwendigkeit des Krieges stand
ob zustimmend oder nicht zustimmend –, die Staaten-
emeinschaft insgesamt – inklusive Europa und naturge-
äß auch Deutschland – ein dringendes Interesse daran
at, dass es zu einem freien, demokratischen und in sei-
en Strukturen natürlich auch stabilen Irak kommt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Rachel [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

Ich glaube, dass ein stabiler Irak in der Region ein

wichtiger Beitrag sein könnte, um auch zu mehr Stabili-
tät in der Region zu kommen. Auch das war Gegenstand
der Gespräche. Dabei ist in Bezug auf den Nahostkon-
flikt klar geworden, dass es zu der Roadmap, die das
Quartett vereinbart hat, keine rationale Alternative gibt


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und dass es ungeachtet all der schrecklichen Schwierig-
keiten, die es in der Region gibt, unsere gemeinsame
Pflicht ist, immer wieder dafür zu sorgen, dass versucht
wird, das, was in der Roadmap festgeschrieben worden
ist, zu implementieren.

Der Wiederaufbau Iraks – das ist gemeinsame Auf-
fassung – ist in erster Linie eine Angelegenheit der Ira-
ker selbst. Es ist Aufgabe der internationalen Staatenge-
meinschaft, verkörpert durch die Vereinten Nationen,
ihnen dabei mit allen zur Verfügung stehenden Möglich-
keiten zu helfen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aus diesem Grund ist es wichtig, die irakische Souve-
ränität so rasch wie möglich und natürlich auch prak-
tisch erfolgreich wiederherzustellen. Hierzu ist nach un-
serer Auffassung ein realistischer Fahrplan nötig, der
einige zentrale Wegmarken enthalten muss. Zum einen
geht es um die Ausarbeitung einer Verfassung und zum
anderen um die Durchführung freier und demokratischer
Wahlen, naturgemäß unter der Ägide der Vereinten Nat-
ionen. Dabei ist ein pragmatisches Vorgehen wichtig.
Man muss vermutlich trennen zwischen der Übertragung
von Souveränität in der eben erläuterten Weise und der
Übertragung administrativer Regierungsgewalt an eine
notwendigerweise zu schaffende provisorische Regie-
rung des Irak.

Wir haben die Hoffnung, dass in diesen Eckpunkten
auch im Weltsicherheitsrat Gemeinsamkeit hergestellt
werden kann. Das erscheint deshalb möglich, weil es in
dieser Frage prinzipiell keine Unterschiede gibt zwi-
schen denen, die im Weltsicherheitsrat zu entscheiden
haben. Sowohl Frankreich als auch wir, aber eben auch
die Vereinigten Staaten von Amerika, sind der Auffas-
sung, dass es einer Souveränitätsübertragung bedarf. Ge-
genwärtig verhandeln die Außenminister über die Frage,
wie der Zeitplan beschaffen sein sollte. Darüber müsste
man Einigkeit erzielen können. Das wird Sache der lau-
fenden Verhandlungen in New York, aber auch der Ge-
spräche, die die Außenminister zu führen haben, sein.

Klar ist, dass die internationale Staatengemeinschaft
auch materiell wird helfen müssen. Dazu bedarf es na-
türlich zunächst einmal einer präzisen Bedarfsanalyse.
Sie wissen, dass diese Bedarfsanalyse gegenwärtig von
der Weltbank und vom IWF erstellt wird. Es geht um die
Frage, was gebraucht wird, um den Wiederaufbau realis-
tischer anzugehen. Dabei muss man berücksichtigen,
dass der Irak nach Wiederaufnahme seiner Erdölförde-
rung und Wiederherstellung und Absicherung der ent-
sprechenden Ölpipelines ein potenziell reiches Land ist.
Natürlich müssen die notwendigen Mittel erst mobili-

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(C (D iert werden, um sie für den Wiederaufbau einzusetzen. leichwohl gilt, dass die mittelfristig zu erwartenden leinnahmen eingesetzt werden müssen, um den Wieeraufbauprozess voranzubringen und zum Erfolg zu ühren. Erst nach Auswertung dieser Analyse macht eine Ge erkonferenz, um die es geht, wirklich Sinn. Erst dann ann konkret bestimmt werden, was gebraucht wird und er was zu leisten imstande ist. Bezogen auf den Beitrag eutschlands will ich sehr klarmachen, dass wir nicht aran denken, uns im Irak militärisch zu engagieren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ganz neu!)


ngesichts unseres Engagements im Übrigen verstehen
ie Partner diese Haltung Deutschlands durchaus. Wir
aben darüber hinaus klargemacht, dass wir bereit sind,
ie gegenwärtig durch uns geleistete humanitäre Hilfe
die ist beachtlich, auch im Vergleich zu anderen – wei-
erzuführen. Es wird in der nahen Zukunft darum gehen,
b und gegebenenfalls welche konkreten Projekte mit
eutscher Hilfe durchgeführt werden können. Einige un-
erer Fachleute vom THW sind bereits im Irak im Ein-
atz. Natürlich achten wir dabei strikt darauf, dass die Si-
herheit dieser Experten garantiert wird. Die
nternationalen Finanzinstitutionen sind in erster Linie
erufen, Leistungen für den Wiederaufbau bereitzustel-
en. Darüber hinaus wird es um Hilfen von der Europäi-
chen Kommission gehen.
Ich habe zudem deutlich gemacht, dass Deutschland

ereit ist, beim Aufbau von irakischem Sicherheits-
ersonal selbst konkrete Hilfe zu leisten. Meine persön-
iche Überzeugung ist – sie wird von vielen geteilt –, dass
s in der jetzigen Phase eben nicht in erster Linie darum
eht, die Anzahl der im Irak eingesetzten Soldaten zu er-
öhen, sondern dass zusätzliche Sicherheit vor allem
ann hergestellt werden kann, wenn irakisches Sicher-
eitspersonal in ausreichender Zahl zur Verfügung steht;
enn ausschließlich diese Menschen haben die Fähigkeit,
it der Bevölkerung umfassend zu kommunizieren, und
usschließlich diese Menschen verfügen über die not-
endigen Kenntnisse von Kultur und Mentalität, um auf
auer erfolgreich Sicherheit garantieren zu können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Hier liegt der Grund, warum wir angeboten haben, bei
er Ausbildung von Polizei mit bei uns gegebenenfalls
orhandenen Kapazitäten und Fazilitäten hilfreich zu
ein.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Fazilitäten – was für ein Wort!)


ir können das in durchaus beachtlichem Maße, nicht
uletzt in Deutschland, machen. Wir sind aber auch be-
eit, dies in einem anderen Land in Zusammenarbeit mit
nseren Partnern zu erwägen.
Mein Eindruck ist, dass der angebotene Beitrag

urchaus Beachtung findet, weil insgesamt gesehen
ird, dass vor allen Dingen die Ausbildung von iraki-






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Bundeskanzler Gerhard Schröder

schem Sicherheitspersonal, sei es schwerpunktmäßig
Polizei, sei es aber auch Militär, geeignet ist, einen Si-
cherheitszuwachs herzustellen. Damit wird deutlich,
dass der Beitrag Deutschlands hinsichtlich seiner inter-
nationalen Verpflichtungen und seiner Bereitschaft, mit-
zuhelfen, durch den Wiederaufbau und das Herstellen
von Demokratie im Irak Stabilität in der Region zu
schaffen, als beachtlich gewürdigt wird. So sollten wir
das auch miteinander vertreten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In den unterschiedlichen bilateralen Gesprächen sind
über diese beiden Problembereiche hinaus insbesondere
zwei Themen zutage getreten, bei denen es innerhalb der
NATO und anderen internationalen Organisationen große
Übereinstimmung gibt. Der erste Punkt ist: Wie schafft
man es, in Zukunft besser – ich könnte auch sagen: noch
besser – dafür zu sorgen, dass Massenvernichtungswaf-
fen nicht weiterverbreitet werden? Dabei hat sich ge-
zeigt, dass nicht nur die Europäer, sondern auch die Ver-
einigten Staaten von Amerika bereit sind, dem VN-
Sicherheitsrat in dieser Frage eine neue Bedeutung zu ge-
ben. Dies ist meiner Meinung nach ein positiver Ansatz,
der dem entspricht, was Deutschland in den unterschied-
lichsten Zusammenhängen immer vertreten hat, und den
wir deswegen begrüßen und unterstützen können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der zweite Punkt ist die Sorge um die Entwicklung
im Iran gewesen. Hier wird anerkannt, dass der Brief
der Außenminister Englands, Frankreichs und Deutsch-
lands klar gemacht hat, dass die Europäer, aber auch an-
dere vom Iran erwarten, mit der Internationalen Atom-
energiebehörde umfassend zu kooperieren. Ich denke,
dass das ein Feld wichtiger Gemeinsamkeiten innerhalb
Europas ebenso wie im transatlantischen Verhältnis ist.
Wir haben alle ein Interesse daran, deutlich zu machen,
dass wir gemeinsam die Erwartung haben, dass diese
Kooperation umfassend geleistet wird und dass Erfolg
dieser Kooperation einen umfassenden Verzicht auf die
Herstellung von Massenvernichtungswaffen durch den
Iran bedeuten muss.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen sind wir auf einem guten Weg, insbeson-
dere was den Reformprozess der Vereinten Nationen an-
geht, was unsere Rolle als Teil der Vereinten Nationen
angeht und was die deutsche Rolle in den internationalen
Konflikten, über die hier zu berichten war, angeht.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506302900

Das Wort hat jetzt die Vorsitzende der CDU/CSU-

Fraktion, Angela Merkel.

(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor 0 Jahren, anlässlich des Beitritts der Bundesrepublik eutschland zur UNO, hat Bundeskanzler Willy Brandt or der Vollversammlung sinngemäß gesagt: Ich komme us einem Land mit zwei Staaten, aber einem Land, das ich als eine deutsche Nation versteht. Sie, Herr Bundeskanzler, haben gestern anlässlich des 0. Jahrestages der deutschen Mitgliedschaft wieder vor er UNO gesprochen. Sie kamen als Bundeskanzler iner deutschen Nation, die heute in einem Land wiederereint ist. Ich glaube, nichts kennzeichnet besser das, as sich in diesen 30 Jahren vollzogen hat: eine großarige Entwicklung. Das sage ich ganz bewusst kurz vor em 13. Jahrestag der deutschen Einheit. Eine solche Entwicklung der Bundesrepublik Deutsch and war nur möglich auf dem Fundament der Arbeit ines Bundeskanzlers wie Konrad Adenauer, der die estbindung Deutschlands verankert hat, trotz aller Wierstände und großer Debatten, eines Bundeskanzlers ie Willy Brandt, der die Öffnung Richtung Osten urchgesetzt hat, gegen viele Widerstände und mit groen Debatten, und eines Bundeskanzlers Helmut Kohl, er die Vision der deutschen Einheit und der europäichen Einigung nicht aus den Augen verloren und sie eiter verfolgt hat, was uns heute in den Zustand bringt, ass wir hier in Berlin im wiedervereinten Deutschland iese Debatte führen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1506303000

Was diese Tradition deutscher Außenpolitik immer
eeint hat, ist, dass sie eine Richtung und einen Kompass
atte. Herr Bundeskanzler, Sie haben gestern nach 16 Mo-
aten den amerikanischen Präsidenten wieder getroffen.
enn ein solches Treffen, bei dem, wie im Fernsehen ge-
eigt wurde, der deutsche Bundeskanzler – vorsichtig
ormuliert: leicht verkrampft – mit dem amerikanischen
räsidenten, getrennt durch einen runden Tisch, erfreuli-
herweise zusammen sprechend zu sehen war,


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


um Ereignis des Jahres hochstilisiert wird, dann muss
ch zumindest fragen, ob dieser Kompass zeitweise ver-
ren gegangen ist. Ich glaube, etwas schon.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Für die Opposition, für die CDU/CSU-Bundestags-

raktion sage ich aber auch: Wir wollen, dass deutsche
ußenpolitik in der Welt Gewicht hat. Wir wollen, dass
an sich auf unser Wort verlassen kann.


(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Das kann man doch!)


eshalb haben wir den gestrigen Tag als einen Punkt ge-
ehen, an dem Ansätze zur Besserung zu erkennen wa-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU – Franz Müntefering [SPD]: Bei wem?)







(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

Es ist ja wahr – Sie, Herr Bundeskanzler, haben es im-

mer wieder gesagt, wir sagen es auch –: Die Welt hat
sich dramatisch verändert. Der Kalte Krieg ist zu Ende.
Die deutsche Einigung steht symbolisch dafür. Willy
Brandt hat 1973 vor der UN-Vollversammlung gesagt:
Wir sind hierher gekommen, um auf der Grundlage un-
serer Überzeugungen und im Rahmen unserer Möglich-
keiten Verantwortung zu übernehmen.

Natürlich haben wir heute als vereinigtes Land eine
neue Souveränität gewonnen. Ich persönlich würde nicht
von Emanzipation sprechen, wie Sie es tun, weil ich
glaube, dass deutsche Außenpolitik immer emanzipiert
war, von Konrad Adenauer über Willy Brandt hin zu
Helmut Kohl. Aber natürlich haben wir Souveränität und
damit auch Verantwortung gewonnen und müssen uns
fragen – und zwar ganz anders fragen, als wir es früher
getan haben –: Was sind unsere Interessen?

Im Übrigen sind wir das größte Land Europas. Wir
haben nicht nur Verantwortung, sondern von uns erwar-
tet man auch ein Stück Führung. Die Welt hat sich ver-
ändert.

Der 11. September steht symbolisch für die neuen
Gefährdungen, für terroristische Gefahren, mit denen
wir uns auseinander setzen müssen. Deshalb teilen wir
vieles von dem, was Deutschland an Verantwortung
übernommen hat.

Aber, Herr Bundeskanzler, der 11. September 2001 ist
gut zwei Jahre vorbei und wir haben die „uneinge-
schränkte Solidarität“ mit den Vereinigten Staaten von
Amerika erlebt – eine Formulierung, die wir vonseiten
der Union so nie gebraucht hätten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben ein Jahr später den „deutschen Weg“ erlebt,
von dem wir so auch nie sprechen würden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese Wellenbewegung, dieses Hin-und-Her-Optieren
zwischen Extremen, das darf nach meiner festen Über-
zeugung deutsche Außenpolitik in der Zukunft nicht
kennzeichnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie haben gestern gesagt: Aber die Geschichte und
unsere unmittelbaren Erfahrungen lehren uns, dass wir
scheitern werden, wenn wir unser Denken und Handeln
auf militärische und polizeiliche Aspekte verengen.

Ich kann diesem Satz uneingeschränkt zustimmen.
Aber ich glaube,


(Zuruf von der SPD: Ohne „Aber“!)

meine Damen und Herren, es gehört eine Ergänzung
dazu, nämlich dass unsere Geschichte und unsere unmit-
telbaren Erfahrungen uns lehren, dass wir auch scheitern
werden, wenn wir die militärischen Optionen von vorn-
herein ausschließen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D err Bundeskanzler, dies gilt generell, so wie Ihr Satz enerell gilt, und nicht punktuell, je nachdem, wie wir es erade für richtig befinden. Die Tatsache, dass wir unsere Außenpolitik, unsere erantwortung für die Welt niemals auf militärische und olizeiliche Aspekte verengen würden, zeigt schon die xistenz von Klaus Töpfer bei der UNO, zeigt die geamte Handlungsweise der damals CDU/CSU-geführten undesregierung im Rio-Prozess, in der Verantwortung ür Klimaschutz, zeigt unsere Entwicklungshilfepolitik. ier gibt es eine große Kontinuität. Deshalb ist es völlig unstrittig, dass über die UNO inaus internationale Verhandlungsprozesse gestärkt erden müssen. Vorgänge wie jetzt bei der WTOonferenz in Cancun sollten sich nach Möglichkeit icht wiederholen. Wir sind völlig einer Meinung, dass ier wieder Fortschritt erreicht werden muss, dass das cheitern solcher internationalen Verhandlungen ohne eden Zweifel ein Rückschlag ist. Es ist in diesem Zusammenhang allerdings auch be auerlich, wenn der Deutsche Gewerkschaftsbund beim cheitern solcher Verhandlungen applaudiert; denn das tärkt den Weltfrieden mit Sicherheit nicht. Deshalb sind wir davon überzeugt, dass Krieg nieals ein normales Mittel der politischen Auseinanderetzung werden darf. Darauf haben wir auch immer wieer hingewiesen. Wir sind aber auch überzeugt: Wenn ie internationale Staatengemeinschaft Autorität erlanen will und die freien und demokratischen Staaten dieer Welt Gewicht haben sollen, ist es wichtig, dass sie ie von ihnen gefassten Beschlüsse schlussendlich auch urchsetzen. Darin lag unser Dissens. Auch wenn wir etzt nach vorne blicken, darf das nicht vergessen weren. Für mich muss die deutsche Außenpolitik bestimmten edingungen genügen: Erstens. Europa darf auf internaionaler Ebene nicht gespalten agieren. umindest muss alles unternommen werden, um im Voreld eine gemeinsame europäische Position zu finden. Eines der Dilemmata der Auseinandersetzungen im N-Sicherheitsrat lag doch darin, dass Europäer gegeninander gestanden haben. Deshalb begrüße ich es ausrücklich, dass Sie in Berlin den französischen Präsidenen Chirac und den britischen Premierminister Blair etroffen haben. Es war zwar bedauerlich, dass man sich n Bezug auf die Verhandlungen in der UNO noch nicht uf eine gemeinsame Position verständigen konnte, aber s war erkennbar, dass es Fortschritte gibt. Dieser Weg uss weiter beschritten werden. Ich halte es für sehr vernünftig und für einen unglaub ichen Fortschritt, dass das Solana-Papier in der Europäichen Union akzeptiert wurde. Hätte es vor dem Irakkonlikt vorgelegen, wäre uns vieles erspart geblieben. Es ollte auch die Grundlage für die weitere Arbeit bilden. Dr. Angela Merkel Zweitens glaube ich, dass Deutschland – wenn es seine Interessen vertreten will – nur die Option hat, dafür Sorge zu tragen, dass Europa nicht gegen die Vereinigten Staaten von Amerika steht. Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts besteht in der Bekämpfung des Terrorismus, der nicht irgendeine Gefahr darstellt, mit der jeder Staat alleine fertig wird; vielmehr erfordert seine Bekämpfung die Gemeinschaft aller demokratischen Staaten der Welt. Selbst dann werden wir noch jahrelang in allen Facetten mit diesem Problem zu tun haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Günther [Plauen] [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Zuruf von der SPD: Um welchen Preis?)





(A) )


(B) )


Dass ich der festen Überzeugung bin, Europa und Ame-
rika müssen diesen Kampf gemeinsam durchführen,
folgt nicht dem alten Denken, dass Europa und Amerika
immer zusammengestanden haben,


(Gernot Erler [SPD]: Geht es noch ein bisschen allgemeiner?)


wie das schon zu Zeiten des Kalten Krieges war. Ich bin
vielmehr der festen Überzeugung, dass es die Gemein-
samkeit unserer Werte erforderlich macht, an dieser
Stelle unsere Kräfte zu bündeln.

Drittens. Wir müssen als Bundesrepublik Deutschland
bzw. als größtes Land Europas dafür Sorge tragen, dass
Europa Führungsstärke zeigt, und zwar nicht nur in der
moralischen Argumentation – das wird nicht reichen –,
sondern auch hinsichtlich der Wirtschaftskraft und der
militärischen Möglichkeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundeskanzler, in diesem Zusammenhang be-

steht das Problem – das kann auch nicht wegdiskutiert
werden –, dass sich die Fähigkeiten der Bundeswehr und
die verfügbaren finanziellen Ressourcen zurzeit nicht an
den Bedrohungen, sondern an den nationalen Begeben-
heiten ausrichten. Auf Dauer muss aber die Frage, wel-
ches Maß an Sicherheit und welche Ausstattung wir
brauchen, an der Analyse der Bedrohungen ausgerichtet
werden. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass an-
dere Staaten militärische Kapazitäten zur Verfügung ha-
ben, die die Bedrohung widerspiegeln und von denen
wir an hinterer Stelle profitieren können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Gucken Sie doch mal, was andere machen, Frau Merkel! Vergleichen Sie doch mal!)


Viertens muss deutsche Außenpolitik ihrerseits ge-
meinsam mit einer möglichst europäischen Außenpolitik
dafür Sorge tragen, dass Europa als so verlässlich gilt,
dass die Amerikaner nicht den Fehler machen, zu glau-
ben, sie als Supermacht könnten die Fragen in dieser
Welt alleine regeln.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Oh, welche Erkenntnis!)


Das würde in die Irre führen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D ch habe im Übrigen bei meinen Amerikabesuchen imer wieder darauf hingewiesen, dass auch wir unseren eitrag dazu leisten müssen. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Es gibt Protokolle des Deutschen Bundestages, in denen das ein bisschen anders klingt!)


ir sprechen hier über das, was wir tun können. Ent-
cheidend sind dabei Verlässlichkeit und Berechenbar-
eit, damit Meinungsunterschiede in einem vertrauens-
ollen Verhältnis ausgetragen werden können. Das ist
ie Grundlage dafür, dass sich niemand selbst über-
chätzt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Fünftens. Wir sind mit Ihnen der Meinung, dass die
NO der Ort ist, an dem in einer globalen Welt Kon-
likte ausgetragen und geregelt werden müssen sowie
ber entsprechende Maßnahmen entschieden werden
uss. Wir unterstützen genauso wie Sie das Engagement
n Afghanistan.


(Gernot Erler [SPD]: Das werden wir ja sehen!)


ie Frage, was dort weiter zu tun ist, muss erlaubt sein;
enn die Lage in Afghanistan ist nicht so, dass sie kei-
erlei Anlass zur Sorge gibt. Sie haben eben gesagt: bei
en verbleibenden Problemen. Das ist eine relativ
uphemistische Darstellung der Situation in Afghanis-
n.


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Das kann man wohl sagen!)


s hat sich auch hier herausgestellt – das sollte uns auch
u einer realistischen Betrachtung der Situation im Irak
eranlassen –, dass Zeitpläne nicht so eingehalten wer-
en können, wie wir uns das in Deutschland wünschen.
ie Prozesse sind vielmehr außerordentlich kompliziert.


(Gernot Erler [SPD]: Das ganze Leben ist kompliziert!)


eshalb habe ich mit Freude gehört, dass Sie gesagt ha-
en, wir könnten uns über die Zeitpläne bei einer UN-
esolution bezüglich des Iraks einigen. Ich halte das für
ichtig. Auch wir wollen, dass es in Afghanistan voran-
eht. Wenn Sie aber realistisch sind, dann wissen Sie,
ie kompliziert das Ganze ist.


(Unruhe bei der SPD)

Ich verstehe gar nicht, warum Sie sich aufregen. Das
t doch kein Vorwurf an Sie. Ich bitte Sie!
Schauen Sie einfach nach Europa! Schauen Sie sich

um Beispiel an, wie schwierig die Situation in Bosnien
och immer ist. Lassen Sie uns die Dinge doch realis-
isch betrachten!


(Beifall bei der CDU/CSU)

ir alle haben uns doch gewünscht, dass heute kein UN-
eauftragter in Bosnien mehr tätig sein muss und dass
ie Prozesse dort schneller vorangehen. Wenn das aber
icht möglich ist, dann muss man mit viel Geduld und
em Bohren dicker Bretter versuchen, die Dinge in






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

Ordnung zu bringen. Das ist unsere gemeinsame Verant-
wortung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist entscheidend, dass wir auch den Prozess im Irak
zu einem Erfolg führen. Ich kann verstehen, wenn Sie
darauf hinweisen, dass wir hier im Gegensatz zu unse-
rem Engagement in anderen Regionen und Ländern auch
Restriktionen unterliegen. Aber hier kommt es sehr auf
die Argumentation an. Lassen Sie mich aus einem Kom-
mentar, der gestern Abend in der ARD gesendet wurde,
zitieren:

Doch was wollen wir
– gemeint sind die Deutschen –

zum Beispiel im Irak? Haben wir ein Interesse da-
ran, dass die Region politisch wieder stabil wird?
Wenn ja,

– das ist hier die gemeinsame Überzeugung –
dann werden wir uns dort auch finanziell engagie-
ren müssen – und vielleicht eines Tages auch mit
Soldaten. Denn in der Außenpolitik gilt der Grund-
satz: Leistung und Gegenleistung. Umsonst gibt es
nichts. Also – um es mit Adenauer zu sagen –: Die
Situation ist da.

Dieser Situation können wir uns prinzipiell nicht entzie-
hen. Diese Situation müssen wir annehmen. Wir als
Deutsche können nicht prinzipiell sagen: Hier scheren
wir vollkommen aus und dort entscheiden wir, dass wir
mitmachen. – Wir können unsere Kapazitäten bemessen.
Aber prinzipiell können wir uns der Gesamtverantwor-
tung nicht entziehen. Das sollte uns allen in diesem
Hause klar sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir werden dabei sein, wenn es darum geht, dass
Deutschland innerhalb der UNO mehr Verantwortung
übernimmt. Wir werden auch dabei sein, wenn der UN-
Sicherheitsrat gestärkt werden soll. Er muss handlungs-
fähig werden. Es ist unstrittig, dass er noch immer Struk-
turen aus der Zeit des Kalten Krieges aufweist. Ich un-
terstütze aus vollem Herzen den Satz: Die Regionen
dieser Welt müssen im UN-Sicherheitsrat vertreten sein
und ihre Rolle spielen. Es ist wichtig, dass Deutschland
in diesen Fragen als ein Motor angesehen wird, der die
UNO stärkt und der die Welt voranbringt, der aber auch
akzeptiert, dass das Gewaltmonopol bei der UNO liegt
und dass die UNO ihre Beschlüsse durchsetzen muss. So
wie ein Staat nur unter bestimmten Bedingungen die
Achtung seiner Bürger bekommt, so wird die Weltge-
meinschaft die UNO nur achten, wenn sie nicht als Lame
Duck dasteht, sondern ihre Interessen mit wirklicher
Autorität durchsetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dazu muss Deutschland seinen Beitrag leisten. Wir

werden Sie unterstützen, wenn die Dinge in die richtige
Richtung gehen. Das umfasst mehr als Soldaten und Po-

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(C (D izisten; das umfasst Engagement in der Entwicklungsilfe und viele andere Verhandlungsbereiche. Aber das eißt eben auch: Wir müssen ökonomisch und militäisch stark sein. Wenn das der Fall ist, dann können wir nser Selbstbewusstsein auch nach außen tragen. Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506303100

Auf der Tribüne hat soeben der Präsident des tunesi-

chen Parlaments M’Bezaa mit seiner Delegation Platz
enommen. Herr Präsident, wir begrüßen Sie und Ihre
elegation sehr herzlich.


(Beifall)

ir hoffen, dass Sie in dieser kurzen Zeit einen auf-

chlussreichen Eindruck von unserer parlamentarischen
rbeit gewinnen können. Für Ihren heutigen Aufenthalt
n unserem Haus und für Ihr zukünftiges Arbeiten wün-
chen wir alles Gute!
Wir setzen die Aussprache fort. Das Wort hat der Kol-

ege Ludger Volmer vom Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506303200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Der 11. September 2001 hat die internationale Poli-
ik einschneidend verändert. Seit diesen Terroranschlä-
en haben wir es mit einem neuen politischen Zeitalter
u tun. Die internationale Politik wird aber auch durch
ie politischen Antworten auf den internationalen Ter-
orismus bestimmt. In diesem Zusammenhang möchte
ch für meine Fraktion festhalten: Wir stehen hinter der
undesregierung bei ihrem Bemühen, die Probleme in
fghanistan mit den Missionen Enduring Freedom und
SAF sowie mit der Aufbaupolitik zu lösen. Das ist die
ichtige Reaktion auf den internationalen Terrorismus.
enauso deutlich sagen wir aber auch: Der Krieg gegen
en Irak war falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der Krieg gegen den Irak hat vielleicht ein Problem
elöst. Saddam Hussein ist gestürzt; darüber können wir
lle froh sein. Alle anderen Probleme bestehen aller-
ings fort oder sie sind sogar noch verschärft worden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Es ist vielleicht nicht mehr die richtige Zeit, zurück-
ublicken. Zumindest wir Außenpolitiker haben uns da-
auf verständigt, den Blick nach vorne zu richten und
ach konstruktiven Lösungen der mit der Lage im Irak
nd in der gesamten Region verbundenen Probleme zu
uchen.
Frau Merkel, zum Blick nach vorne gehört auch, dass
an sich der richtigen Tonlage befleißigt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Ludger Volmer

Es ist nicht mehr die Zeit, rechthaberisch zu sein. Das
gilt erst recht, wenn man, wie Sie, eher leise Töne an-
schlagen sollte, um nicht zu sagen: kleinlaut sein müsste.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie hätten die Reise des Bundeskanzlers nach Washing-
ton nicht erwähnen sollen; denn nun bleibt mir nichts an-
deres übrig, als die Reise zu erwähnen, die Sie vor einem
Jahr unternommen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das war der Gipfel der Peinlichkeit in der deutschen
Außenpolitik in den letzten Jahren.

Ich kann hier im Namen meiner Fraktion und, ich
denke, der gesamten Koalition sagen: Wir sind froh, dass
sich der Bundeskanzler und der amerikanische Präsi-
dent gestern getroffen


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Nach 16 Monaten!)


und einen neuen Faden der Kooperation gefunden ha-
ben. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrück-
lich sagen: Der Bundeskanzler, der Außenminister und
das Kabinett, unterstützt von der Parlamentsmehrheit,
haben in einer außerordentlich schwierigen Frage einen
sehr schwierigen Disput durchgestanden und mit dem
gestrigen Treffen gut zu Ende geführt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Während Frau Merkel angestrengt am Thema vorbei-
geredet hat – wir wollten heute über den Irak reden –


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


und eine Art außenpolitischer Bewerbungsrede für die
Kanzlerkandidatur abgeliefert hat, die Herr Stoiber viel-
leicht mit „Drei minus“ bewerten würde,


(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind doch durchgefallen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


möchte ich nach vorne schauen und an das anknüpfen,
was der Bundeskanzler gerade vorgeschlagen hat.

Im Irak entscheidet sich eine ganz wesentliche Frage,
und zwar in den nächsten Monaten. Es hängt auch mit
von uns ab, ob in dieser Frage in der richtigen Richtung
entschieden wird. Im Irak entscheidet sich die Frage:
Mündet das Ende der Despotie in Demokratie oder
Staatszerfall? Das ist die wichtigste Frage, vor der wir
im Moment stehen, und sie ist vielleicht auch für andere
Regionalkonflikte beispielgebend.

Daraus ergibt sich unsere Verantwortung. Unsere Ver-
antwortung ergibt sich aus der Solidarität mit den Verei-
nigten Staaten. Nach dem 11. September – das möchte
ich hier noch einmal betonen – war für uns die Solidari-
tät mit den Vereinigten Staaten absolut selbstverständ-
lich. Davon machen wir gar keine Abstriche. Aber die

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(C (D ispute darüber, welches die richtigen Methoden sind, aren notwendig und in der einen oder anderen Dimenion werden sie auch noch anhalten. Je nachdem, wie wir iese Diskussion führen und zu welchen Antworten wir ommen, wird sich die Frage, die ich gerade formuliert abe: „Mündet das Ende der Despotie in Demokratie der Staatszerfall?“, entscheiden. Wir haben mit den merikanern, mit der Europäischen Union und mit der nternationalen Staatengemeinschaft das gemeinsame Ineresse, dass es im Irak zu einem selbst tragenden demoratischen Friedensprozess kommt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans Raidel [CDU/CSU]: Nicht mal die Regierungsbank glaubt, was Sie da sagen!)


Wenn wir über unseren Beitrag reden, wenn wir darü-
er reden, welche Hilfe wir leisten können, dann werden
ir uns auch Gedanken machen müssen, analytisch zu-
indest, welcher Schaden durch den Irakkrieg entstan-
en ist.
Beginnen wir bei der Frage: Ist der Krieg eigentlich

u Ende? Präsident Bush hat nach dem Ende Saddam
usseins gesagt: Der Krieg ist vorbei. – Wir sehen aber
ie Gewalt im Irak. Muss man daraus nicht andere
chlussfolgerungen ziehen? Muss man nicht sagen: „Der
rieg als symmetrischer Staatenkrieg ist vorbei, aber er
eht als Guerillakrieg niederiger Intensität weiter, nun
och vermischt mit terroristischen Aktionen, die von au-
en in das Land hineingetragen werden“? Man kann
och nicht davon reden, dass dort eine Nachkriegszeit
xistiert, in der wir mit den bekannten und erprobten
itteln der Entwicklungspolitik ohne weiteres Wieder-
ufbauhilfe leisten könnten.
Wir haben zudem gesehen, dass der Terror, der vor

em Sturz Saddam Husseins im Irak nicht existierte, in
as Land eingedrungen ist. Vor dem Krieg gab es keine
erbindung von arabischem Nationalismus, für den
addam Hussein stand, und islamistischem Terroris-
us, für den Bin Laden steht. Nun aber beobachten wir,
ass genau das eintritt, vor dem wir immer gewarnt ha-
en, nämlich dass sich diese eigentlich antagonistischen
trömungen der arabisch-islamischen Welt verbünden,
nd zwar nicht nur gegen die Vereinigten Staaten, son-
ern gegen den Westen insgesamt und sogar gegen die
ereinten Nationen, der einzigen Kraft, die in der Lage
st, den Widerspruch zwischen Besetzten und Besatzern
der Befreiten und Befreiern aufzuheben, und das ist die
iefe Tragik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Für uns ergibt sich daraus die Notwendigkeit, weiter-
in intensiv darüber nachzudenken, wie der internatio-
ale Terrorismus bekämpft werden kann und muss. Das
st nach wie vor die sicherheitspolitische Aufgabe Nu-
ero eins. Der Bundeskanzler hat angedeutet: Wir tun
ies auf der Basis eines erweiterten Sicherheitsbegriffs.
ilitär mag dabei eine Rolle spielen, aber die Erfahrun-
en haben gezeigt, dass dessen Möglichkeiten begrenzt
ind. Wir brauchen alle die Mittel polizeilicher und






(A) )



(B) )


Dr. Ludger Volmer

ziviler Strafverfolgung und Konfliktprävention, die
insbesondere die deutsche Außenpolitik in den letzten
vier Jahren entwickelt hat. Dafür treten wir in den inter-
nationalen Diskussionen ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dazu gehört auch der weitere Kampf gegen Massen-
vernichtungswaffen, angeblich einer der Gründe, den
Irak anzugreifen. Heute wissen wir: Der Irak hat keine
Massenvernichtungswaffen, zumindest kann man keine
finden.

In diesem Zusammenhang beobachten wir eine nega-
tive Dialektik: Der Nachbarstaat Iran – das macht uns
sehr große Sorge – arbeitet an einem Atomprogramm,
was eigentlich nur den Sinn bzw. den Unsinn haben
kann, in den Besitz von Atomwaffen zu kommen. Nun
frage ich mich aber: Hatte der Irakkrieg bezogen auf ira-
nische Atomprogramme einen präventiven Effekt?
Kann Iran für eine Begrenzung seines Atomprogramms
im Irakkrieg einen Anreiz sehen? Das Gegenteil dürfte
der Fall sein. Wir sehen auch am Beispiel Nordkorea,
dass Staaten, die eine Intervention fürchten, dazu neigen,
sich ein atomares Abschreckungs- und Bedrohungs-
potenzial zuzulegen. Auch aus diesem Grunde war der
Irakkrieg falsch. Auch aus diesem Grunde war es falsch,
dass aus der Mitte der Union eine Debatte über die
Notwendigkeit von Präventivschlägen angezettelt
wurde. Ich sage Ihnen hier – der Irakkrieg ist ein Beweis
dafür –: Präventivschläge machen die Welt unsicherer.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir sind uns in dieser Frage völlig mit Kofi Annan einig,
der das gestern in seiner Rede mit aller Deutlichkeit er-
klärt hat.

Nehmen wir einen weiteren Problempunkt, den
Nahostkonflikt. Mit dem Angriff auf den Irak war die
Vorstellung verbunden, man könne in einem Zuge den
gesamten Nahen Osten neu ordnen und damit auch den
Kernkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern lösen.
Wie sieht die Situation heute aus? Die Roadmap, eine
große Errungenschaft der internationalen Politik, wird
im Moment von den Akteuren nicht ernst genommen.
Auf beiden Seiten setzen sich die Scharfmacher und
Hardliner durch, die die fruchtbaren Ansätze für eine
Verständigung wieder zunichte machen wollen. Da soll
mir einer sagen, das hätte nichts mit dem Irakkrieg zu
tun. Das heißt jetzt aber umgekehrt nicht, dass wir die
Roadmap fallen lassen dürfen. Die Roadmap ist für uns
nach wie vor der einzig denkbare Orientierungs- und
Fixpunkt in diesem Prozess.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn die amerikanische Administration im Moment
durch das Desaster im Irak relativ geschwächt ist, dann
ist es noch mehr als bisher Aufgabe der Europäischen
Union, auf die Weitergeltung der Roadmap zu drängen.
Dies ist nicht nur Aufgabe der staatlichen Außenpolitik,
es ist auch Aufgabe des Parlaments. Deshalb fordere ich

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(C (D ns alle und die Gesellschaft insgesamt auf, mehr Berühungspunkte zum israelischen und zum palästinensichen Volk zu suchen und diesen beiden Völkern im inensiven Dialog dabei zu helfen, dass sie endlich aus hrer Sackgasse herauskommen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, die Terroranschläge
egen die UNO-Einrichtungen im Irak haben uns eines
ezeigt: Auf der einen Seite ist die UNO die einzige le-
itime Kraft, die den Wiederaufbau des Irak koordinie-
en darf und auch für Rückhalt hierfür in der internatio-
alen Staatengemeinschaft sorgen kann. Auf der anderen
eite ist die UNO verwundbar. Daraus ergeben sich ver-
chiedene Konsequenzen. Eine Konsequenz jedoch liegt
uf der Hand: Eine Politik, die die UNO stärken und sie
n die Lage versetzen will, diese führende Funktion zu
bernehmen, ist keine Politik, die gegen die USA gerich-
et ist. Die UNO kann nur dann stark sein, wenn die Ver-
inigten Staaten mitmachen. Deshalb steckt in unserer
orderung nach einer Stärkung der UNO kein Alterna-
ivkonzept zu einer gewissen Großmachtpolitik der Ver-
inigten Staaten. Wir finden vielmehr, dass die Groß-
zw. Supermacht sich mit den Vereinten Nationen ver-
öhnen muss, weil nur so die UNO stark genug wird und
ur so die Amerikaner ihren moralischen Führungsan-
pruch, den sie in den vergangenen Jahren aufgebaut und
anach teilweise selber wieder in Zweifel gezogen ha-
en, wiedergewinnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Aus eben genau dem Sicherheitsdilemma, dass wir
war die UNO als die organisierende Instanz einsetzen
ollen, diese aber von den Konfliktparteien im Irak an-
efeindet wird, ergibt sich, dass wir einige andere
chritte unternehmen müssen. Der Bundeskanzler hat
arauf hingewiesen und hat dabei unsere volle Unterstüt-
ung. Wir müssen im Dialog mit den Vereinigten Staaten
nd im Rahmen der UNO darauf hinarbeiten, dass es zur
rakisierung des Konfliktes kommt, zu einer schnell ein-
etzenden und einer Schritt für Schritt, aber systematisch
etriebenen Souveränitätsabtretung von der Besat-
ungsmacht an die irakischen Behörden. Diese Politik
cheint mir entscheidend zu sein. Wir wollen sie durch
ie Angebote, die der Bundeskanzler gestern gemacht
at, unterstützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, wir haben uns mit diesem
spekt der amerikanischen Außenpolitik in den letzten
onaten sehr kritisch befasst. Wir sehen auch keinen
nlass, von dieser Kritik etwas zurückzunehmen. Aber
enauso entschieden sage ich: Wir sind absolut davon
berzeugt, dass die transatlantische Partnerschaft und
ie deutsch-amerikanische Freundschaft Konstanten der
eutschen Außenpolitik sind und bleiben müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Ludger Volmer

Europa ist keine Gegenmacht zu den USA, sondern ein
Pfeiler des transatlantischen Verhältnisses.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das haben wir aber ganz anders gehört! Von Ihren Regierungsmitgliedern!)


Vielleicht müssen wir dieses Verhältnis – hören Sie ein-
mal zu, Herr Kauder – aber neu definieren. Bisher hat
sich das Verhältnis aus den Erinnerungen der Kriegs-
und Nachkriegsgeneration gespeist. Ich gehöre zwar
nicht mehr zur Kriegsgeneration, bin aber – das sind wir
alle und das wird auch so bleiben – den Amerikanern
dankbar dafür, dass sie, dass die Alliierten uns vom Hit-
ler-Faschismus befreit haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] und der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Wir sind den Amerikanern dankbar, dass sie Westberlin
gesichert haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir sind den Amerikanern – bei allen Disputen, die wir
über die Politik der atomaren Abschreckung hatten –
dankbar, dass sie sich zur Zeit des Kalten Krieges schüt-
zend auf unsere Seite gestellt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ganz neu!)


Wir sind den Amerikanern dankbar für das, was sie für
den deutschen Einigungsprozess getan haben.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Beleidigung des Präsidenten!)


Aber ich sage eines: Dialog und Partnerschaft dürfen
nicht bedeuten, dass es aus Dankbarkeit zur Unterwür-
figkeit kommt. Dialog heißt immer: Partnerschaft auf
Augenhöhe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506303300

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506303400

Deshalb schlage ich vor – das ist mein letzter Satz,

Herr Präsident –: Wir sollten einmal offensiv über die
Wertegemeinschaft der Europäer und der Amerikaner,
die vielfach beschworen wird, aber immer dann, wenn es
zu Disputen kommt, auch zu gewissen Enttäuschungen
führt, diskutieren. Wir sollten mit den Amerikanern ei-
nen grundsätzlichen Dialog darüber beginnen, was west-
liche Werte sind, was unter Freiheit, Demokratie und
Gerechtigkeit zu verstehen ist, –

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(C (D Herr Kollege, das war wohl eher der viertletzte Satz! – und zwar bezogen auf unsere Interessen und auf die lobale Politik. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506303500
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506303600


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506303700

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Guido Westerwelle

on der FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1506303800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die
ntonierung der Debatte von heute Morgen aufgreifen.
ch finde nämlich, dass das Ziel dieser Debatte auch sein
önnte, dass wir in diesem Hause in der Außenpolitik
ieder zu dem Konsens zurückfinden, der viele Jahre, ja
ahrzehnte prägend für den Deutschen Bundestag gewe-
en ist.


(Beifall bei der FDP)

Ich habe den Bundeskanzler und übrigens auch Frau
ollegin Merkel, die ihm geantwortet hat, heute sowohl
on der Intonierung als auch vom Inhalt her so verstan-
en. Wenn man sich die Intonierung und auch den Inhalt
ei beiden vor Augen führt, so kann man eines feststel-
en: Es führt nicht weiter, wenn wir diese Debatte über
en Irak und den Krieg im Irak permanent mit einer
chuldfrage verbinden. Das löst kein einziges Problem.


(Beifall bei der FDP – Gernot Erler [SPD]: Wer hat denn damit angefangen?)


Es geht auch nicht darum – insofern teile ich, auch
on der Schärfe her, nicht das, was der Kollege Volmer
ier ausgeführt hat –, dass wir uns gegenseitig vorhalten,
arum diese Sprachlosigkeit entstanden ist. Aufgrund
er allgemeinen Lebenserfahrung wissen wir: Erstens ist
ie Sprachlosigkeit, die zwischen Präsident Bush und
anzler Schröder entstanden ist, nicht gut. Zweitens tra-
en – so ist es in der Regel – beide Verantwortung dafür.
rittens kann man den gestrigen Versuch, diese Sprach-
osigkeit zu beenden, nur vorbehaltlos unterstützen.
Mir ist eine verkrampfte Begegnung zwischen den

eiden lieber als keine Begegnung.

(Beifall bei der FDP)


elbst wenn es sich nur um eine symbolische Begegnung
ehandelt hätte, wäre sie überfällig und richtig gewesen.
eswegen gibt es aus Sicht der Freien Demokraten an
ieser Begegnung zwischen Präsident Bush und Bundes-
anzler Schröder nichts zu bemängeln, nichts zu kritisie-
en. Es ist gut, dass diese Sprachlosigkeit überwunden
ird. Ich fürchte aber, dass das allenfalls ein Anfang






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle

gewesen ist. Den Bemühungen um verbesserte transat-
lantische Beziehungen müssen jetzt konkrete Taten fol-
gen.


(Beifall bei der FDP)

Damit will ich einen Vorgang ansprechen, der viele

Kolleginnen und Kollegen hier im Hause über die Par-
teigrenzen hinweg in dieser Woche erreicht hat. Wenn
wir als deutsche Politiker doch der Überzeugung sind,
dass das deutsch-amerikanische Verhältnis wieder nor-
malisiert werden muss, dass die Sprachlosigkeit über-
wunden werden muss, dann ist es an uns, diesen Worten
Taten folgen zu lassen. Wenn jetzt darüber gestritten
wird, dass der von Sozialdemokraten und PDS geführte
Senat von Berlin die Mittel für das Aspen-Institut strei-
chen will, dann verlangt das unsere höchste Aufmerk-
samkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was heißt das denn? In derselben Stunde, wo sich der
Bundeskanzler richtigerweise bemüht, das deutsch-ame-
rikanische Verhältnis wieder zu verbessern, geht es hier
um die Schließung des Aspen-Instituts. Das ist mehr als
eine intellektuelle Veranstaltung. Diese Schließung hätte
einen verheerenden Symbolwert, auch und gerade in der
Wirkung auf Washington und die Vereinigten Staaten
von Amerika.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Frau Staatsministerin – sie ist jetzt nicht da –, Herr In-
nenminister Schily, dies ist eine herzliche Bitte, ein Ap-
pell an Sie, sich dieser Frage anzunehmen. Wir können
die Begründung nicht akzeptieren, das gehe Berlin
nichts an und sei Aufgabe des Bundes. So argumentiert
Berlin. Denken wir diese Art der Argumentation einmal
zurück! Nach dieser Logik hätten die Vereinigten Staa-
ten von Amerika niemals Verantwortung für Berlin
wahrnehmen müssen. Was hier passiert, ist unhistorisch.
Ich will diese Debatte nutzen, um uns alle auf diesen
Punkt aufmerksam zu machen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich will einen zweiten Punkt ansprechen, an dem wir

die Politik ändern müssen. Es hat ja nicht nur eine Be-
gegnung zwischen dem Bundeskanzler und dem ameri-
kanischen Präsidenten gegeben, sondern unmittelbar da-
nach auch eine Begegnung zwischen den Präsidenten
Chirac und Putin und Bundeskanzler Schröder.


(Gernot Erler [SPD]: Und das war gut so!)

Ich glaube, dass das ein Problem ist. Die Regierung be-
tont in ihrer Außenpolitik immer wieder, wir dürften
keine Achsenbildung betreiben. Dann dürfen Sie aber
auch nicht zulassen, dass faktisch genau diese Politik
der Achsenbildung betrieben wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Das ist ein Missverständnis, Herr Kollege!)



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(C (D Das ist kein Missverständnis. Das ist ein sehr ernster organg. Ein deutscher Bundeskanzler, der mit dem merikanischen Präsidenten zusammentrifft, hätte zuächst die anderen Europäer informieren müssen, bevor ndere Gespräche anstehen. Das ist der entscheidende ritikpunkt. Die deutsche Außenpolitik muss in die inbettung in die europäische Außenpolitik zurückfinen. Sonderwege – egal wo sie betrieben werden, in ashington oder in Berlin – sind ein Irrtum in dieser ebatte. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Ach enbildung ist deswegen verheerend, weil bei der euroäischen Einigung zunehmend das Projekt wiederbeebt wird, eine Gegenmacht zu den Vereinigten Staaten on Amerika zu bilden. In den wenigen Minuten, die wir reidemokraten in dieser Debatte haben, möchte ich nur inen ernsten Punkt bringen, der uns noch lange beschäfigen wird: Wer glaubt, er könne Europa einigen, indem r das transatlantische Band durchschneidet, indem er uropa quasi zur Gegenmacht zu den Amerikanern aufaut, wird nur erleben, dass er Europa spaltet. as ist die eigentliche perspektivische Diskussion, die ir führen müssen. Das gestrige Gespräch war ein Beginn. Es ist ein rama, dass es überhaupt zu dieser Sprachlosigkeit ommen konnte. Irgendwann wird man sich fragen, wie ie Staatsund Regierungschefs von zwei befreundeten emokratien in eine solche Situation der Sprachlosigkeit igentlich kommen konnten. Man wird mit Kopfschüteln auf diese Zeit zurückblicken. Das setzt natürlich voaus, dass wir von einer reaktiven Außenpolitik wegommen und zu einer perspektivischen Außenpolitik urückfinden müssen. Damit bin ich beim letzten Punkt, en ich ansprechen möchte. Die Rede des Bundeskanzlers vor den Vereinten Nat onen war eine sehr wichtige Grundsatzrede. Sie war zuleich eine große Chance. Aber ich habe den Eindruck, ass wir an wesentlichen Fragen, mit denen sich die eutsche Außenpolitik beschäftigen sollte, zunehmend orbeidiskutieren. Ich will nur ein Beispiel nennen. Der ranzösische Staatspräsident und der amerikanische Präident haben den Weltgesundheitsfonds und die Beämpfung von Aids zu zentralen Anliegen erklärt. Es st ein wirklich dramatisches Versäumnis, dass das in der ede des Bundeskanzlers vor den Vereinten Nationen eine Erwähnung gefunden hat; denn das sind die Fraen, die uns in der Weltpolitik in ganz kurzer Zeit inteniv beschäftigen werden. (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das ist leider wahr!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Darum geht es in der Außenpolitik. Es muss Schluss
ein mit diesen Debatten, wer woran Schuld war. Die
lammheimliche Freude auf der einen Seite und das
echthaben auf der anderen Seite des Hauses bringen
iemanden weiter. Die deutsche Außenpolitik muss wie-
er eine Perspektive haben. Das bedeutet, dass man sich






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle

dieser Zukunftsfragen annimmt. Themen wie die Be-
kämpfung von Aids und die demographische Entwick-
lung der Weltbevölkerung müssen auch in Berlin Chef-
sache werden, so wie sie in Paris und Washington
Chefsache geworden sind.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)

Das verstehen wir unter perspektivischer Außenpolitik.


(Gernot Erler [SPD]: Die haben wir schon lange! Dazu brauchen wir Sie nicht!)


Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506303900

Das Wort hat jetzt die Bundesministerin Heidemarie

Wieczorek-Zeul.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Gernot Erler [SPD]: Er hat eine gute Vorlage gegeben!)


Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als
Herr Westerwelle mit seiner Rede anfing, dachte ich,
dass die sachliche Diskussion im Vordergrund stehen
würde. Am Schluss gab es aber doch nur Polemik.


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Wer der Bundesregierung vorwirft, dass sie sich auf
europäischer Ebene nicht engagiert genug abstimmt und
dass sie untätig ist, der hat übersehen, dass in der Zwi-
schenzeit im Rahmen der Mitarbeit im Konvent ein gro-
ßer und engagierter Beitrag für die europäische Einigung
geleistet wurde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Für uns war immer klar – und ist es auch jetzt –, dass
die Vereinten Nationen eine wichtige und aktive Rolle
beim Wiederaufbau des Irak haben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506304000

Frau Kollegin Wieczorek-Zeul, erlauben Sie eine

Zwischenfrage des Kollegen Westerwelle?

Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:

Ich möchte zunächst mit meiner Rede fortfahren und
nicht gleich zu Anfang eine Zwischenfrage beantworten.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wie gesagt: Die Vereinten Nationen müssen beim
Wiederaufbau des Irak eine zentrale Rolle spielen; denn
nur sie können auf Dauer die Legitimität schaffen, die

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(C (D ötig ist, damit der Aufbau im Irak in der Verantwortung er irakischen Bevölkerung gelingen kann. Die UN müssen vor allen Dingen eine unabhängige olle spielen, wenn der politische, wirtschaftliche und oziale Aufbauprozess gelingen soll. Um den friedlichen ufbau zu gewährleisten, ist eine breite Unterstützung on außen nötig. Dies setzt aber voraus, dass die Sichereitslage entsprechend verbessert wird. Nach wie vor ist rak ein Land mit der höchsten Gefährdungsstufe. Wer in agdad und in der gesamten Region praktische Hilfe eisten will, der wird jetzt vom Flughafen mit einem ubschrauber in den geschützten Compound geflogen. an kann also mit den Menschen, denen man eigentlich elfen will, nicht vor Ort sprechen. Das ist die Realität; ie wollen wir ändern. Aber ich bitte, mit zu berücksichtigen: Um vor Ort irklich in großem Umfang Hilfe leisten zu können, bearf es einer Verbesserung der Sicherheitslage. Diese ist ng mit der Übergabe der Verantwortung an eine legitiierte irakische Regierung verbunden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte an die-
er Stelle – ich denke, ich tue das in Ihrer aller Namen –
en Tod der irakischen Politikerin al-Haschimi betrau-
rn, die heute ihren Verletzungen erlegen ist. Sie war
itglied des Regierungsrates. Wir trauern mit den Men-
chen im Irak und mit ihren Angehörigen.
Ich möchte an dieser Stelle auch all derjenigen geden-

en, die im Irak Opfer geworden sind und Opfer werden.
ies sind sowohl Zivilisten als auch Soldaten.
Ich möchte Sergio de Mellos gedenken, der Opfer ei-

es widerwärtigen Attentats geworden ist und dem wir
afür danken, dass er an vielen Orten in der Welt für
rieden und Demokratie geworben hat. Aus diesem
runde war er auch im Irak.
Wir haben bereits vor dem Krieg im Irak Hilfe geleis-

et: in den kurdischen Gebieten und auch im Rahmen
es Welternährungsprogramms. Wir sind im Rahmen
er humanitären Hilfe in Höhe von 50 Millionen Euro
it all unseren Möglichkeiten für dieses Land tätig. Wir
eteiligen uns daran, die Ernährung sowie das Funktio-
ieren von Wasserwerken und die Abwasserentsorgung
icherzustellen. Wir unterstützen den UNHCR, wenn es
arum geht, dass Menschen, die in den Irak zurückkeh-
en, Unterstützung erhalten, und wir unterstützen die
ielen Nichtregierungsorganisationen, die im Irak im
ahmen der Möglichkeiten, die sie selber sehen, tätig
ind. Zudem sind wir an der europäischen Hilfe von ins-
esamt 100 Millionen Euro mit einem Anteil von
5 Millionen Euro beteiligt.
Die Weltbank hat bereits im April dieses Jahres mit

nserer Stimme den Auftrag gegeben – das vergessen
anche –, eine entsprechende Untersuchung über die
ufbaumöglichkeiten im Irak in Gang zu setzen. Zu
4 Bereichen, die eigentlich alle Lebensbereiche umfas-
en – leider nicht den Ölsektor; den wollte die amerika-
ische Seite nicht mit einbezogen wissen –, wird eine






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul

Bewertung vorgenommen und Anfang Oktober ein Be-
richt vorgelegt, in dem Hilfs- und Aufbaumöglichkeiten
deutlich werden sollen. Deshalb ist es für mich völlig
klar, dass auch wir – die Bundesrepublik ist der dritt-
größte Anteilseigner der Weltbank – an der Konferenz
am 23. und 24. Oktober dieses Jahres in Madrid teilneh-
men werden, um Bewertungen vorzunehmen und
Schlussfolgerungen zu ziehen.

Um der Menschen willen – auch das will ich anspre-
chen – wollten wir den Krieg im Irak verhindern. Um
der Menschen willen leisten wir humanitäre Hilfe. Um
der Menschen willen bemühen wir uns darum, dass nach
dem „gewonnenen Krieg“ endlich auch der Frieden ge-
wonnen wird


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


und dass die Menschen eine gute Zukunft haben. Es ist
auch klar: Je schmaler das UN-Mandat ist, umso weni-
ger werden sich die Geberländer – auch das ist am Rande
der Weltbanktagung vor wenigen Tagen deutlich gewor-
den – beteiligen wollen.

Ich möchte zudem feststellen: Eine Hilfe der interna-
tionalen Gemeinschaft ist notwendig, weil es ansonsten
nicht vorangeht und es zu einem Staatszerfall käme.
Aber es ist auch klar, dass die Hilfe, die dort geleistet
wird, nicht zulasten anderer Regionen gehen darf.


(Beifall der Abg. Uta Zapf [SPD])

Sie muss zusätzlich geleistet werden. Denn Hilfe ist
auch in Afghanistan, in Afrika und in anderen Regionen
nötig.

Generalsekretär Kofi Annan hat vor wenigen Tagen
bei der Eröffnung der UN-Generalversammlung vor der
Gefahr gewarnt, dass sich der „Einsatz einseitiger
Gewalt ohne Rechtsgrundlage ausbreiten“ könne. Ein
solches Vorgehen, so Annan, könne das Gesetz des
Dschungels über die Welt bringen.

Ich stimme ihm zu, dass wir alles daransetzen müssen,
um die Autorität und das Ansehen der UN zu stärken. Sie
sind das kostbarste Instrument, das die Weltgemeinschaft
hat, um Frieden zu stiften und um Globalisierung gerecht
gestalten zu können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Gerade nach der gescheiterten Cancun-Konferenz ha-
ben alle Konferenzen, sowohl die Weltbank- und IWF-
Jahrestagung vor wenigen Tagen in Dubai als auch die
UN-Generalversammlung, die Entschlossenheit betont,
die multilateralen Organisationen zu stärken. Der Unila-
teralismus ist gescheitert. Es ist gut, dass auch in den be-
treffenden Ländern selbst die Diskussionen über die Ur-
sachen dieses Scheiterns geführt werden. Es geht darum,
die multilateralen Organisationen zu reformieren, sie zu
stärken, damit die Globalisierung gerecht gestaltet wer-
den kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen sich
eine Zahl vor Augen halten: Im Jahre 2015 – das hat uns
Jim Wolfensohn vor wenigen Tagen in Erinnerung geru-

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(C (D en – wird die Hälfte der Weltbevölkerung unter 5 Jahren sein. 3 Milliarden Menschen auf der Welt weren unter 25 Jahren sein. Wir sind es ihnen, ihrer Zuunft und ihren Hoffnungen schuldig, dass wir alles tun, m Kriege zu verhindern und dazu beizutragen, dass Arut in der Welt bekämpft und dem Terrorismus entchlossen entgegengetreten wird. Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506304100

Zur einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
r. Guido Westerwelle das Wort.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1506304200

Herr Präsident! Frau Ministerin, ich habe Sie am An-

ang Ihrer Rede etwas fragen wollen, weil Sie mich im
inblick auf meine Kritik an der Bundesregierung und
nsbesondere darauf direkt angesprochen haben, dass ich
en Eindruck habe, dass das Thema Bekämpfung von
ids anders als in zwei anderen Ländern nicht Chefsa-
he ist. Da Sie mir die Möglichkeit der Zwischenfrage
icht gegeben haben, will ich eine kurze Bemerkung
azu machen.
Am Tag, bevor der Bundeskanzler bei den Vereinten
ationen in New York gesprochen hat, hat es dort eine
roße globale Debatte über die Bekämpfung von Aids
egeben. Das ist in nahezu allen Regierungen der Welt
in Thema, das dort nicht nur unter humanistischen, son-
ern durchaus auch unter massiven ökonomischen und
olitisch-geostrategischen Gesichtspunkten diskutiert
ird.
Der Bundeskanzler – anders als der amerikanische

räsident und anders als der französische Präsident –
erliert kein einziges Wort darüber. Das kritisiere ich.
ch glaube auch, dass das eine berechtigte Kritik ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Wir reden nicht, wir handeln schon lange!)


Sie handeln eben nicht, Herr Kollege.

(Gernot Erler [SPD]: Guckt euch doch einmal an, was wir machen!)

Der amerikanische Präsident hat nicht aus einem aus-

chließlichen Akt der humanistischen Nächstenliebe he-
aus, sondern weil er seine eigenen Interessen politisch
efiniert hat, mit das Programm ausgerufen: 3 Milliar-
en Dollar für diesen Fonds. Die Voraussetzung ist, dass
ie Vereinigten Staaten von Amerika 1 Milliarde Dollar
ringen und die Europäer ebenfalls 1 Milliarde Dollar
ringen. Der französische Staatspräsident hat sofort ge-
ntwortet und spontan seine Leistungen zugesagt.
In Deutschland hinken wir leider immer noch unseren

igenen – wie ich finde – vernünftigen Zielen deutlich
interher. Es ist beschämend für ein reiches Land wie
eutschland, dass das Zustandekommen eines solchen






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle

weltweiten Fonds zur Bekämpfung von Aids bei uns in
Wahrheit mehr Bremser als Förderer hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist das Recht der Opposition, das hier anzuspre-
chen. Sie haben die Demonstrationen gegen die Regie-
rung und gegen uns Politiker vor dem Brandenburger
Tor erlebt. Wir haben am Dienstag direkt nach dieser
Debatte Professor Feachem in der Fraktion der Freien
Demokraten zu Gast gehabt. Für uns als Freie Demokra-
ten ist es ernüchternd und peinlich gewesen, dass der
Leiter des Fonds Deutschland bei den Bremsern einsor-
tiert, wenn es um die Bildung dieses Fonds geht. Wir
müssten vielmehr einer der Motoren sein. Es handelt
sich bei Aids nämlich um eine der großen Menschheits-
bedrohungen.

Wenn wir dieses Thema immer nur an die Seite drän-
gen, weil wir uns in der Tagespolitik mit allem Mögli-
chen, auch mit innerparteilichem Streit, aufhalten und
diese Dimension nicht mehr begreifen, dann machen wir
meines Erachtens einen ganz großen Fehler. Da wir hier
über Außenpolitik reden, möchte ich festhalten, dass die-
ses Thema in der Rede des Bundeskanzlers in New York
gefehlt hat. Das kritisieren wir ausdrücklich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506304300

Zur Erwiderung Frau Wieczorek-Zeul.

Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege
Westerwelle, Sie haben das Thema Aids-Bekämpfung
angesprochen. Ich will auf folgenden Umstand hinwei-
sen: Als wir die Regierung übernommen haben, haben
wir im Haushalt, den uns die vorige Regierung unter
CDU/CSU und FDP hinterlassen hat, Mittel zur Aids-Be-
kämpfung in Höhe von 19 Millionen DM vorgefunden.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: National!)

– Ja, genau! – Diese Bundesregierung hat die Mittel zur
Aids-Bekämpfung insgesamt auf heute durchschnittlich
300 Millionen Euro erhöht.

Das zeigt: Wir reden über solche Fragen nicht nur,
sondern handeln.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD], zur FDP gewandt: Und was jetzt?)


Wir haben nicht auf einen globalen Fonds gewartet, den
wir im Übrigen ausdrücklich unterstützen – das habe ich
gestern Herrn Feachem deutlich gemacht –, sondern wa-
ren schon vorher tätig und haben 1999 die Mittel aufge-
stockt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gernot I s g z A b l s a s b N s n e B U a w g S W D k d s H (C (D Erler [SPD]: Da guckst du glasig, Westerwelle!)


ch habe nicht gewartet, bis die internationale Gemein-
chaft einen Fonds eingerichtet hat, sondern habe dafür
esorgt, dass in allen Instrumenten der Entwicklungs-
uammenarbeit, in jedem Projekt die Bekämpfung von
ids und die Prävention berücksichtigt wird; denn ich
etrachte es – wie Sie – als ein Drama, als eine mensch-
iche Katastrophe, dass Millionen von Menschen daran
terben können. Für viele Länder ist es darüber hinaus
uch eine soziale und wirtschaftliche Katastrophe. Las-
en Sie uns darüber also bitte nicht in einer solchen De-
atte streiten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ehmen Sie vielmehr zur Kenntnis, dass wir engagiert
ind und dass wir etwas tun. Wir reden darüber vielleicht
icht so viel wie der eine oder andere, aber wir machen
twas.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506304400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1506304500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der
undeskanzler hat gestern mit seiner Rede vor der
NO viel Aufmerksamkeit erlangen wollen und hat sie
uch bekommen. Es gibt Passagen, denen stimmen auch
ir, die PDS im Bundestag, zu. Oder soll ich sagen „so-
ar wir“?
Sie haben gemahnt – ich zitiere –:
Wir werden scheitern, wenn wir unser Denken und
Handeln auf militärische und polizeiliche Aspekte
verengen. Wir müssen an den Wurzeln des Terroris-
mus und an den Ursachen von Unsicherheit ansetzen.

ie haben erinnert – ich zitiere noch immer –:
Um Fanatismus zu bekämpfen, müssen wir für so-
ziale und materielle, aber auch für kulturelle Si-
cherheit sorgen.

eiter haben Sie gesagt – auch das ist noch Zitat –:
Um die Menschen für den Weg der Freiheit, des
Friedens und der gesellschaftlichen Offenheit zu
gewinnen, müssen wir ihnen helfen, in gesicherten
Strukturen mehr Teilhabe und mehr Wohlstand zu
erreichen.

as finde ich richtig, auch wenn es ein wenig dröge
lingt.
Wir gehen sogar noch weiter. Sie haben nach fast je-

em dieser klugen Sätze leider ein dummes Aber ge-
etzt, um die große Bedeutung der NATO zu begründen.
ier wäre weniger wirklich mehr gewesen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Petra Pau

Weniger Aber und weniger NATO, das hätte sogar unse-
ren Beifall gefunden.

Nun hat der Bundeskanzler natürlich eine diplomati-
sche Rede gehalten, also eine Rede, die diese, aber auch
eine andere Deutung zulässt. Deshalb habe ich eine Bitte

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1506304600
Widersprechen Sie mir
deutlich, wenn ich Ihre Rede falsch interpretiere. Sie ha-
ben gewarnt – ich zitiere wieder –:

Um Ruchlosigkeit zu bekämpfen, müssen wir der
Rechtlosigkeit Einhalt gebieten.

Ich gehe davon aus, dass Sie damit auch und ausdrück-
lich die USA gemeint haben; denn die USA haben ruch-
und rechtlos einen Krieg gegen den Irak begonnen, was
bekanntlich weltweit zu Protesten geführt hat.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Herr Bundeskanzler, Sie haben dem internationalen
Recht und einem internationalen Strafgerichtshof das
Wort geredet. Auch das interpretiere ich als eine klare
Kritik an den USA; denn es sind vor allem die USA, die
sich internationalem Recht und einem Strafgerichtshof
verweigern. Daneben haben Sie für überfällige Refor-
men der Vereinten Nationen plädiert. Auch das habe ich
als deutliche Distanz zu den USA vernommen; denn es
waren die USA, die die UNO im Zusammenhang mit
dem Irakkrieg für nichtig und überflüssig erklärt haben.

Wie gesagt: Sollte ich den Bundeskanzler falsch ver-
standen haben, so bitte ich ihn ausdrücklich, das klarzu-
stellen – auch gegenüber den Medien.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Aber nicht gegenüber der PDS!)


Sie haben die Rede von UNO-Generalsekretär Kofi
Annan gewürdigt. Auch ich fand sie bemerkenswert, zu-
mal er auf den großen historischen Rückschritt verwies,
den die USA mit ihrem völkerrechtswidrigen Krieg ge-
gen den Irak beschleunigt haben. Zur Erinnerung: Am
26. Juni 1945 wurde die Charta der Vereinten Natio-
nen beschlossen. Sie galt als Lehre aus dem verheeren-
den Zweiten Weltkrieg sowie als Maßstab für eine künf-
tige Weltordnung ohne Kriege und durch sie wurde ein
zivilisatorisches Projekt beschrieben.

Diese Grundsätze wurden inzwischen – vor allem
durch die USA, aber nicht nur durch sie – vollends auf-
gekündigt und torpediert. Das Recht des Stärkeren
herrscht über die Stärke des Rechts. Das ist die Position
der USA, die sie auch vor der UNO nicht revidiert ha-
ben. Deshalb schwant mir nichts Gutes, wenn der Herr
Bundeskanzler sagt, die Konflikte mit den USA rund um
den Irakkrieg seien beigelegt und man wolle nun ge-
meinsam nach vorne schauen. Wenn Sie richtig hin-
schauen, wo die USA vorn wähnen, dann werden Sie er-
kennen: Es ist ganz weit hinten und auf keinen Fall da,
wo Willy Brandt, auf den sich der Bundeskanzler in sei-
ner Rede vor der UNO ja ausdrücklich berufen hat, die
Zukunft sah.

Der Irakkrieg war dafür nur ein schlimmes Beispiel.
Deshalb verbietet sich alles, was diese Aggression im

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(C (D achhinein legitimieren könnte. Das sage ich allerdings uch deutlich an die Adresse der CDU/CSU, die verucht, Deutschland im Rahmen der NATO in die UStrategie einzubinden. Das sage ich auch angesichts der ot-grünen Pläne, die Bundeswehreinsätze in Afghanisan auszuweiten, um die USA militärisch zu entlasten nd dafür ein Bravo zu empfangen. Das sage ich schließich auch mit Blick auf die EU; denn nach dem vorlieenden Verfassungsentwurf sollen die Mitgliedstaaten uf eine Außenund Sicherheitspolitik verpflichtet weren, die auf militärische Stärke baut und Präventivkriege usdrücklich nicht ausschließt. Das alles lehnt die PDS ab. Ich hätte heute gerne Glei hes von Ihnen gehört – grundsätzlich und fürderhin. Danke schön. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506304700

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

un der Kollege Christian Ruck von der CDU/CSU-
raktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1506304800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Trotz aller

reundlichen Deutungsversuche kann der Besuch des
anzlers in New York nicht darüber hinwegtäuschen,
ass die grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten
on heute und die möglichen Konflikte von morgen zwi-
chen der Bundesregierung und der amerikanischen Re-
ierung eben nicht ausgeräumt sind. Das merkt man
uch deutlich an der UNO-Rede des Kanzlers, in der er
as ganz klar ausgesprochen hat. Aber eine Politik der
undesregierung für den Wiederaufbau im Irak könnte
inen konkreten Schritt zur Verbesserung der transatlan-
ischen Beziehungen bedeuten. Diese Chance sollten wir
lle nutzen; denn das ist in unser aller Interesse.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])


Wir alle sind uns darüber einig, dass die Lage im Irak
icht nur wegen der Kriminalität und der angespannten
ersorgungslage in der Tat prekär ist, sondern vor allem
uch wegen der bisher noch nicht erkennbaren Perspek-
iven für einen stabilen und demokratischen Irak. Damit
st auch das Ende der wachsenden Spannungen im Land
och nicht absehbar. Die Besatzungsmächte haben die
erausforderungen im Nachkriegsirak unterschätzt. Sie
üssen nun erkennen, dass es viel schwieriger ist, den
rieden zu gewinnen, als im Krieg zu siegen. Aber hier-
ür Gleichgültigkeit oder gar Schadenfreude zu empfin-
en wäre wirklich dumm. Wie schon angesprochen, sind
er Irak und die gesamte mittelöstliche Region auch
ür uns Deutsche von strategischer Bedeutung in ökono-
ischer Hinsicht, aber vor allem in sicherheitspoliti-
cher Hinsicht. Deswegen haben wir ein herausragendes
nteresse daran, dass sich der Irak zu einem stabilen






(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck

Staat mit rechtsstaatlichen, pluralistischen Strukturen
entwickelt, von dem keine Bedrohung mehr ausgeht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Aber je mehr Zeit verrinnt ohne eine nachhaltige Sta-
bilisierung, desto schlimmer wird die dortige Situation
und desto größer wird auch das Risiko für uns. Wir ha-
ben bereits viel Zeit verloren. Frau Ministerin
Wieczorek-Zeul, hier haben wir definitiv große Mei-
nungsunterschiede, auch was Ihre Politik anbelangt.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Jawohl, die muss man herausarbeiten! Das muss gesagt werden!)


Sie haben vor Monaten noch stolz gesagt: Wer bombt,
muss auch zahlen. – Diese Position vertreten Sie im
Grunde genommen bis heute. Diese Meinung war und ist
für uns verantwortungslos und kurzsichtig.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: So ist es!)

Sie ist verantwortungslos, weil sie die Menschen im
Irak, die an den Kriegsfolgen leiden, die aber auch fast
20 Jahren lang unter dem menschenverachtenden Re-
gime von Saddam Hussein genug gelitten haben, im
Stich lässt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Uta Zapf [SPD]: Welche Logik!)


Es ist kurzsichtig, weil es unsere eigenen Interessen ig-
noriert. Denn wer sich nicht einbringt, hat keinen Ein-
fluss und kann die Interessen seines Landes nicht vertre-
ten. Das gilt auch für die Stabilisierung des Irak und des
Mittleren Ostens. Deswegen wäre eine politische Kehrt-
wende wichtig, die halb angekündigt ist, bisher aber nur
in Sonntagsreden.


(Uta Zapf [SPD]: Also wollen Sie Soldaten schicken! – Gernot Erler [SPD]: Sagen Sie doch mal, was Sie wollen!)


Die Wahrheit ist doch, dass bisher im Haushalt des BMZ
über die humanitären Zwecken dienenden Geldmittel hi-
naus kein einziger müder Euro für die eigentliche Ent-
wicklungszusammenarbeit, für den Aufbau des Landes
eingestellt ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das ist die Wahrheit und deshalb haben wir bisher auf
die entscheidende Frage, wie der Irak wirklich wieder-
aufgebaut wird, keinen Einfluss.

Natürlich sind auch wir der Meinung, dass die Stabili-
tätsbemühungen für den Irak im richtigen internationa-
len Rahmen erfolgen sollten,


(Gernot Erler [SPD]: Den gibt es aber noch nicht!)


möglichst unter Koordination der UNO. Aber in der Tat
stellt sich doch die Frage, wie schnell und wie stark der
Einsatz der Vereinten Nationen nun wirklich erfolgen
kann. Wie groß ist die Leistungsfähigkeit der UNO in ei-

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(C (D em Irak, von dem Sie, Frau Wieczorek-Zeul, selber saen, dass die Sicherheit bisher in keiner Weise gewähreistet ist? Ich glaube, wir sollten in unserer Politik nicht fragen: er weiß es besser? Wer hat Recht behalten? Wir sollten ine Politik machen, die pragmatisch das Ziel der Stabiisierung und des nachhaltigen Friedens im Irak im Auge ehält und eine Antwort auf die Frage gibt, was den enschen im Irak langfristig wirklich hilft. Nach dem Auftritt des Bundeskanzlers in New York tellt sich uns die Gretchenfrage: In welchem Umfang eisten wir tatsächlich einen Beitrag? Die Geberkonfeenz in Madrid steht an und es gibt erhebliche Widerprüche. Vor der UNO sagt der Kanzler vollmundig: Wir eisten humanitäre, technische und ökonomische Hilfe nd Polizeiausbildung. – Das klang heute ganz anders. er heutige O-Ton lautete: Wir führen die humanitäre ilfe weiter – was gut ist –, wir werden prüfen, ob wir usätzlich noch Entwicklungsprojekte ausführen, und egebenenfalls kann man auch über Polizeiausbildung eden. as ist etwas ganz anderes. Natürlich können wir nicht ulassen, dass man vor der UNO große Reden hält (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Schröder bleibt Schröder!)


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: So ist er halt!)


nd danach hier als Papiertiger landet.

(Beifall bei der CDU/CSU)


ir sind dafür, dass der Kanzler zu dem steht, was er in
er UNO gesagt hat, und wir würden es außerordentlich
egrüßen, wenn er diese Linie dann auch der Entwick-
ungshilfeministerin verordnete.
Bisher gibt es im BMZ – das sage ich noch einmal –

icht nur kein Geld für die Entwicklungszusammenar-
eit im Irak, sondern auch keine Konzeption


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Unglaublich!)

nd keine Vorausplanung. Eines ist sicher: Mit leeren
aschen und ohne Konzeption brauchen wir uns auf der
eberkonferenz in Madrid nicht blicken zu lassen, wenn
ir wirklich Einfluss nehmen wollen. Ihr Argument,
ass die Weltbank eine Mission ausschickt, ist eine Aus-
ede. In anderen Fällen hat dies das BMZ zu Recht nicht
avon abgehalten, eine Vorausplanung mit Schwerpunk-
en auszuarbeiten.
Deutschland hat genug Expertise und Erfahrung in

ielen Bereichen, die für den Irak wichtig sind.

(Gernot Erler [SPD]: Zum Beispiel Polizeiaus bildung!)

Das ist doch Unsinn. Wir haben das, was wir uns vor-
tellen, in einem Antrag, den Sie hoffentlich gelesen ha-
en, zusammengefasst.


(Gernot Erler [SPD]: Da reden Sie von der Aufhebung der Sanktionen! Der ist ja völlig verhalten!)







(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck

Es geht uns um die Beteiligung am Aufbau der mate-

riellen Infrastruktur,

(Uta Zapf [SPD]: Sie sollten sich einmal ein bisschen schlau machen!)

aber vor allem darum, uns bei den Weichenstellungen
beim Aufbau des irakischen Staats- und Gemeinde-
wesens einzubringen, nämlich bei der Administration,
bei der Justiz und natürlich auch bei der Polizei. Auch
beim Aufbau eines funktionierenden Wirtschafts- und
Finanzsystems und bei der Stärkung der irakischen Zi-
vilgesellschaft könnten wir einen Beitrag leisten. Daraus
könnte man schon jetzt ein vernünftiges Konzept stri-
cken, mit dem man auf der Geberkonferenz Einfluss
nehmen könnte.


(Beifall bei der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist der richtige Weg! – Gernot Erler [SPD]: Mach mal einen Finanzierungsvorschlag!)


Auf der Geberkonferenz muss auch von Deutschland
ein Beitrag geleistet werden, mit dem politische Wei-
chenstellungen vorgenommen werden können. Sie haben
gerade einen Finanzierungsvorschlag angemahnt.


(Gernot Erler [SPD]: Mach mal einen!)

Der Kanzler hat jüngst erklärt: Armutsbekämpfung ist
ein Teil der Sicherheitspolitik. Warum hat er dann nicht
mehr Einfluss genommen und ein Scheitern von Cancun
verhindert?


(Karin Kortmann [SPD]: Warum haben Sie unserem Antrag nicht zugestimmt, in dem es um WTO und Cancun ging? – Uta Zapf [SPD]: Völlig daneben!)


Warum lässt er zu, dass der Entwicklungshaushalt im
Verhältnis zum Gesamthaushalt ein Rekordtief erreicht
hat?


(Gernot Erler [SPD]: Das hatten wir schon!)

All das ist Nebelkerzenwerferei und hat mit der Realität
nichts zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie fragen: Woher soll das Geld kommen? Ich sage es

Ihnen. Die Haushaltslage ist in der Tat desaströs. Deswe-
gen ist es überfällig, dass auch in der Entwicklungspolitik
eine durchdachte und strategische Schwerpunktsetzung
erfolgt. Aber solange sich die rot-grüne Entwicklungspo-
litik in unzähligen Empfängerländern inklusive Kuba


(Gernot Erler [SPD]: Das musste ja noch kommen!)


und in zahllosen internationalen Töpfen verzettelt, haben
wir natürlich keine Kraft, kein Personal und kein Geld
mehr, um auf strategisch wichtige Herausforderungen
schnell zu reagieren.


(Gernot Erler [SPD]: Bitte etwas mehr Leidenschaft, Herr Kollege!)


Dies schmerzt besonders dort, wo – wie im Irak –
auch deutsche Interessen berührt sind. Dies ist leider für

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(C (D ie gesamte Außen-, Sicherheitsund Entwicklungspoliik symptomatisch. Die politischen Schwerpunkte weren verwässert oder falsch gesetzt. Statt überlegter Straegie herrschen Zufall und Reparaturversuche. Statt eng erzahnter Zusammenarbeit der Ressorts regieren Zwieracht und Doppelarbeit. (Gernot Erler [SPD]: Das sieht der amerikanische Präsident ganz anders! Er dankt uns! Sie sind antiamerikanisch, Herr Kollege!)


ies ist leider auch in Afghanistan der Fall. Ich verweise
uf die gestrige Sitzung des Entwicklungsausschusses,
n der keine einzige unserer Fragen auch nur annähernd
rdentlich beantwortet wurde.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)


Eine solche Politik der auswärtigen Beziehungen
chadet unseren Interessen und unserem Ruf. Die Re-
aissance des Irak wäre eine neue Chance zu einer quali-
ativen Verbesserung. Ich kann nur sagen: Nutzen Sie
iese Chance!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Uta Zapf [SPD]: Das war eine ganz schlechte Rede!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506304900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/1011 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überwei-
ungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 a bis 24 o sowie

usatzpunkte 2 a und 2 b auf:
4 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förde-
rung der Steuerehrlichkeit
– Drucksache 15/1521 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem In-
ternationalen Übereinkommen der Vereinten
Nationen vom 9. Dezember 1999 zur Bekämp-
fung der Finanzierung des Terrorismus
– Drucksache 15/1507 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ein-
führung einer Übergangsregelung zum Kind-






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

schaftsrechtsreformgesetz für nicht miteinan-
der verheiratete Eltern
– Drucksache 15/1552 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Vertrag vom 29. April 2003 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und dem Königreich
der Niederlande über die Durchführung der Flug-
verkehrskontrolle durch die Bundesrepublik
Deutschland über niederländischem Hoheitsge-
biet und die Auswirkungen des zivilen Betriebes
des Flughafens Niederrhein auf das Hoheitsge-

(Gesetz zu dem deutsch-niederländischen Vertrag vom 29. April 2003 über den Flughafen Niederrhein)

– Drucksache 15/1522 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 18. September 2002 zwischen
der Regierung der Bundesrepublik Deutsch-
land, den Vereinten Nationen und dem Sekre-
tariat des Übereinkommens zur Erhaltung der
wandernden wild lebenden Tierarten über den
Sitz des Sekretariats des Übereinkommens
– Drucksache 15/1473 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

f) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung reha-
bilitierungsrechtlicher Vorschriften
– Drucksache 15/1467 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

g) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung luft-
verkehrsrechtlicher Vorschriften
– Drucksache 15/1469 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Tourismus

h) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Mo-
dernisierung des Investmentwesens und zur Be-

(Investmentmodernisierungsgesetz)

– Drucksache 15/1553 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)


(C (D Rechtsausschuss Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO i)

Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Ab-
gabenordnung
– Drucksache 15/904 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Kultur und Medien

j) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des
Sozialgesetzbuches
– Achtes Buch – (SGB VIII)

– Drucksache 15/1406 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

k) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur effektiveren Nut-
zung von Dateien im Bereich der Staatsanwalt-
schaften
– Drucksache 15/1492 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

l) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Johannes Kahrs, Eckhardt Barthel (Berlin),
Wilhelm Schmidt (Salzgitter), weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der SPD sowie der Abge-
ordneten Volker Beck (Köln), Claudia Roth

(Augsburg), Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager

und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
Denkmal für die im Nationalsozialismus ver-
folgten Homosexuellen
– Drucksache 15/1320 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk
Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Norbert
Königshofen, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Wirtschaftliche und organisatorische Struktu-
ren der Deutschen Flugsicherung dauerhaft
verbessern
– Drucksache 15/1322 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

n) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk

Fischer (Hamburg), Klaus Brähmig, Ernst
Hinsken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Sicherheit im Busverkehr
– Drucksache 15/1528 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Tourismus

o) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der FDP
Deutsch als Arbeitssprache auf europäischer
Ebene festigen – Verstärkte Förderung von
Deutsch als erlernbare Sprache im Ausland
– Drucksache 15/1574 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 2a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Peter

(Hamburg)

der CDU/CSU
Vorsorgender Hochwasserschutz im Binnen-
land
– Drucksache 15/1561 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Gleiche Nachweispflichten für Apotheken und
Tierärzte bei der Abgabe von Tierarzneimit-
teln
– Drucksache 15/1568 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

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(C (D Interfraktionell ist vereinbart, den Tagesordnungsunkt 25 k, Beschlussempfehlung des Petitionsausschuses zur Sammelübersicht 58 zu Petitionen, von der agesordnung abzusetzen. Sind Sie damit einverstanen? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 25 b bis 25 j und 5 l auf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu orlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 25 b: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Zulassungsund Prüfungsverfahrens des Wirtschaftsprüfungsexamens (Wirtschaftsprüfungsexamens-Reformgesetz – WPRefG)

– Drucksache 15/1241 –

(Erste Beratung 56. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

– Drucksache 15/1585 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christian Lange (Backnang)


er Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt in
einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1585,
en Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuneh-
en.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
usschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
hen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
ntwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen und der CDU/CSU gegen die
timmen der FDP angenommen.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung: Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
st mit der gleichen Mehrheit angenommen.
Tagesordnungspunkt 25 c:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom
9. September 1996 über die Sammlung, Ab-
gabe und Annahme von Abfällen in der Rhein-
und Binnenschifffahrt
– Drucksache 15/1056 –

(Erste Beratung 53. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(14. Ausschuss)

– Drucksache 15/1580 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Renate Blank






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
empfiehlt auf Drucksache 15/1580, den Gesetzentwurf
anzunehmen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung: Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.
Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 25 d:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Ausfüh-
rungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom
9. September 1996 über die Sammlung, Ab-
gabe und Annahme von Abfällen in der Rhein-
und Binnenschifffahrt
– Drucksache 15/1061 –

(Erste Beratung 53. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(14. Ausschuss)

– Drucksache 15/1581 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Renate Blank

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 15/1581, den Gesetzentwurf anzunehmen.

Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustim-
men wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Gesetzent-
wurf ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung: Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 25 e:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 25. Fe-
bruar 2002 über die Änderung des Grenzver-
trages vom 8. April 1960 zwischen der Bundes-
republik Deutschland und dem Königreich der
Niederlande
– Drucksache 15/1053 –

(Erste Beratung 53. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(14. Ausschuss)

– Drucksache 15/1577 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Gerhard Wächter

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(C (D er Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen mpfiehlt auf Drucksache 15/1577, den Gesetzentwurf nzunehmen. Zweite Beratung nd Schlussabstimmung: Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. er Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 25 f: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Juni 2000 über ein Europäisches Fahrzeugund Führerscheininformationssystem – Drucksache 15/1058 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bauund Wohnungswesen – Drucksache 15/1578 – Berichterstattung: Abgeordneter Gero Storjohann er Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen mpfiehlt auf Drucksache 15/1578, den Gesetzentwurf nzunehmen. Zweite Beratung nd Schlussabstimmung: Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. er Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 25 g: – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 24. Juni 2002 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 15/1054 – – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 17. August 2002 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Iran über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 15/1055 – – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 30. März 1998 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Brunei Darussalam über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 15/1057 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/1366 – Berichterstattung: Abgeordneter Erich G. Fritz Zweite Beratung und Schlussabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zu dem Vertrag vom 24. Juni 2002 mit dem Königreich Thailand über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen, Drucksache 15/1054. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1366, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Zweite Beratung und Schlussabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zu dem Abkommen vom 17. August 2002 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Iran über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen, Drucksache 15/1055. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1366, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Zweite Beratung und Schlussabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zu dem Abkommen vom 30. März 1998 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Brunei Darussalam über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen, Drucksache 15/1057. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1366, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, sich zu erheben. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Wir kommen nun zu den Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 25 h: h g h s h f h m K W l ü 2 M l r (C (D Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 55 zu Petitionen – Drucksache 15/1533 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 55 ist einstimmig anenommen. Tagesordnungspunkt 25 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 56 zu Petitionen – Drucksache 15/1534 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 56 ist ebenfalls eintimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 25 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 57 zu Petitionen – Drucksache 15/1535 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Niemand. Die Sammelübersicht 57 ist ebenalls einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 25 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 59 zu Petitionen – Drucksache 15/1537 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 59 ist gegen die Stimen der CDU/CSU-Fraktion angenommen. Ich rufe den Zusatzpunkt 3 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Haltung der Bundesregierung zu Rufen aus der Koalition nach personellen Konsequenzen angesichts immer neuer Finanzausfälle und Verzögerungen bei der LKW-Maut Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der ollege Dirk Fischer von der CDU/CSU-Fraktion das ort. Herr Präsident! Meine geehrten Kolleginnen und Kol egen! „Der Rücktritt von Manfred Stolpe hat mich nicht berrascht“ – so Bundeskanzler Schröder am 22. Juni 002 nach Stolpes Amtsaufgabe als brandenburgischer inisterpräsident. Heute wäre kein Mensch in Deutsch and überrascht, würde Stolpe als Verkehrsminister zuücktreten. Dirk Fischer Es ist zwar auch sinnvoll, wenn der SPD-Kollege Dr. Danckert die zuständigen Staatssekretäre Frau Mertens und Herrn Nagel auffordert, persönliche Konsequenzen aus dem Mautdesaster zu ziehen, aber hauptverantwortlich für die Probleme mit der LKW-Maut ist Verkehrsminister Stolpe. Er hat das dilettantische Gemurkse seines Vorgängers Bodewig noch gesteigert. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Erste Beratung 48. Sitzung)


(14. Ausschuss)


(Erste Beratung 53. Sitzung)


(Erste Beratung 53. Sitzung)





(A) )


(B) )


(Erste Beratung 53. Sitzung)

Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1506305000

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


Rot-Grün hat auf allen Ebenen versagt:
„Eklatante Benachteiligung“ von Bewerbern bei der

Vergabe des Auftrages zum Aufbau des elektronischen
Mautsystems – so wörtlich das OLG Düsseldorf Anfang
2002. Das Gericht hat den Bund gezwungen, alles noch
einmal von vorn zu beginnen.

Die Einigung zwischen Toll Collect und dem Wettbe-
werber Ages kam zu spät, mit der Folge eines zusätzli-
chen Entwicklungsaufwandes bei der Abrechnungssoft-
ware.

Dann der Freitag vor der Bundestagswahl: hektische
Vertragsunterzeichnung aus Angst vor einem Regie-
rungswechsel, verbunden mit einem hohen Zeitdruck für
die Industrie, den Mautbetrieb schon zum 31. August
2003 statt zum Januar 2004 zu ermöglichen; stattdessen
offenbar großzügige Freistellung von Haftung und Ver-
tragsstrafen für die ersten drei Monate nach diesem Ein-
führungstermin. Durch die Exklusivbeauftragung von
Firmen kam es zu Engpässen beim Einbau der On Board
Units. Der Minister hat den Fehler inzwischen einge-
standen und korrigiert.

Danach folgte der Alleingang Stolpes bei der Unter-
zeichnung des Eckpunktepapiers am 30. Juli 2003: Die
zweimonatige Einführungsphase und die beiden ersten
Monate der Betriebsphase sind vertragsstrafen- und haf-
tungsfrei gestellt worden. Erst Anfang 2004 soll eine
Verständigung über eine angemessene jährliche Haf-
tungshöchstgrenze erfolgen. Wenn Stolpe erklärt – was
durchaus versucht worden ist –, nur die Industrie habe
versagt, stellt sich die Frage, warum er sie dann mit einer
weiteren Haftungsfreistellung belohnt, statt endlich die
Zügel fester anzuziehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das ist doch völlig widersprüchlich, Herr Minister.

Ende August 2003 erfolgte die Trennung der Maut-
einführung und der von der Bundesregierung zugesagten
Harmonisierung für das deutsche Transportgewerbe. Der
Ausgang des Beihilfeverfahrens ist ungewiss. Bundes-
kanzler Schröder äußerte sich dazu wörtlich: „Und wenn
sie“ – die Verkehrskommissarin – „negativ votiert, gibt
es gar nichts.“ Wer sich auf Schröders Wort verlässt, ist
ein armer Hund.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Eberhard Otto [Godern] [FDP])


Das wissen die Rentner, das wissen die Autofahrer, das
wissen die Spediteure.

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(C (D Die vorläufige Betriebserlaubnis wird erteilt, wenn ie technische Funktionsfähigkeit gegeben ist. Diese teht immer noch aus. Im Gegenteil: Nach der „Deutchen Verkehrs-Zeitung“ stellt das Bundesamt für Gütererkehr in einem Schreiben an das Ministerium fest, ass „ein Wirkbetrieb zum 2. November nicht mehr reaisiert werden kann“. Das hat folgende Konsequenzen: Jeder Monat Maut erzug kostet 156 Millionen Euro. Das ist die Zahl, die ie aktuell angegeben haben. Im Ausschuss hatten Sie ns noch die Zahl von 163 Millionen Euro genannt. inzu kommen Rückforderungsansprüche des Transortgewerbes aus der Eurovignette in Höhe von 65 Milionen Euro für 2003 und zusätzliche Ausgaben für das undesamt für Güterverkehr in Höhe von fast 45 Millioen Euro, ohne dass Mauteinnahmen kassiert werden önnen. Eine Verschiebung zumindest auf Januar 2004 dieser Termin erscheint realistisch – würde die Aus älle somit auf 733,7 Millionen Euro summieren. Die Kündigung des Vignettenabkommens zum 1. August 2003 führt im Übrigen dazu, dass deutsche nd ausländische LKW zurzeit gratis auf deutschen Straen fahren können. Wichtige Verkehrsprojekte sind daurch gefährdet, dass zusätzliche Mittel aus der Maut icht in baureife Projekte fließen können. Der Schaden ulasten der für Infrastrukturmaßnahmen eingeplanten aushaltsansätze soll in den Haushalten ab 2004 begraigt werden. Rot-Grün hat eine sinnvolle Einführung der LKWaut verpfuscht. Es gab keine ausgereifte technisch ogistische Vorbereitung, keine Harmonisierungsmaßahmen und keine Zweckbindung der Mauteinnahmen ür die Verkehrsinfrastruktur zusätzlich zu den Hausaltsansätzen. 2004 werden mit der eingeplanten Maut eniger Mittel für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfüung stehen, als es 2003 ohne die Maut der Fall war. Das st doch ein Schuss in den Ofen! (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Dr. Stolpe, Sie haben kein hinreichendes Ver-
ragscontrolling betrieben. Sie haben erst viel zu spät
rnsthaft mit der Verkehrskommissarin verhandelt. Es
ar unverantwortlich, den ab 16. Juni geplanten Probe-
etrieb abzusagen. Er hätte die Mängel viel früher offen-
art.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506305100

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!


Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1506305200

Es war unverantwortlich, die Haftungsfreistellung in

er Vereinbarung noch zu erweitern. Sie haben die
KW-Maut viel zu spät zur Chefsache erklärt.
Das Projekt sollte eine deutsche Erfolgsstory und das

uropäische Leitsystem der Mauterhebung werden. Nun
st der Standort Deutschland dem europäischen Gespött
usgesetzt worden. Das ist kaum zu ertragen.






(A) )



(B) )


Dirk Fischer (Hamburg)


Verkehrsminister Stolpe hat auf ganzer Linie versagt.

Sein Rücktritt ist unausweichlich.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506305300

Das Wort hat der Bundesminister Dr. Manfred Stolpe.


(Beifall bei der SPD)

Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister für Ver-

kehr, Bau- und Wohnungswesen:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich muss es aushalten, als Dilettant, als Schlaf-
mütze, als Versager dargestellt zu werden. Das gehört
schließlich zum politischen Geschäft; das habe ich schon
mitbekommen. Aber ich wende mich entschieden gegen
Ihren Vorwurf, Herr Fischer – hier möchte ich Sie direkt
ansprechen –, der bei Ihrer Rede deutlich herausklang,
dass wir ein Zukunftssystem deutscher Wissenschaft und
Technik kaputtreden. Das haben Sie eben gemacht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bitte Sie herzlich, meine Damen und Herren von
der Opposition: Lassen Sie uns bei der Grundlinie blei-
ben, die schon einige Jahre alt ist. Wir haben 1997 be-
gonnen, entschlossen den Weg zur Einführung einer
LKW-Maut zu gehen. Das war eine richtige Entschei-
dung. Wir sind diesen Weg weitergegangen. Es mussten
Entscheidungen darüber getroffen werden, welches Sys-
tem man nimmt und mit wem man zusammenarbeitet.
Ich bin der Letzte in der Reihe, der daran arbeitet. Den
beißen bekanntlich die Hunde. Aber ich sage Ihnen ganz
klar: Den Staffelstab werde ich nicht fallen lassen. Hier
gibt es für mich keine Alternative.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir eine LKW-
Maut brauchen. Die technische Idee ist international an-
erkannt, gar keine Frage. In dem Entwurf der Richtlinie
der Europäischen Union ist ausdrücklich vorgesehen,
dass eine Maut bis zum Jahr 2008 europaweit eingeführt
werden soll. Wir stehen momentan in den Mühen der
Ebene; das liegt auf der Hand. Aber noch heute Vormit-
tag, vor wenigen Stunden also, haben wir einen intensi-
ven Gedankenaustausch auf einer Telematikkonferenz in
Berlin gehabt. Dabei ist klar geworden, dass niemand,
der sich intensiv mit den Fragen der Mauterhebung be-
fasst, ernsthafte Zweifel daran hat, dass man das jetzige
Mautsystem auf die Beine bringen wird.

Eine Maut ist auch noch aus einem anderen strategi-
schen Grund notwendig. Da wir trotz eines relativ hohen
Sockels an Investitionsmitteln für die Verkehrsinfra-
struktur erkennen können, dass die Gelder der öffentli-
chen Hand nicht ausreichen werden, brauchen wir zu-
sätzliche Finanzierungssysteme. Wir brauchen deshalb
eine Maut genauso wie die entsprechenden Betreibersys-
teme, die wir schon in Gang gesetzt haben. Wir haben
mit den Ländern bereits eine Vereinbarung über 20 Mo-
delle getroffen. Wir brauchen außerdem weitere Schritte

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(C (D ei Public Private Partnership wie diejenigen, die wir nlängst gemacht haben. Wir haben am 23. Mai dieses Jahres mit großer Mehr eit sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine ntscheidung über die Notwendigkeiten getroffen. Das st die Arbeitsgrundlage, nach der ich mich richte. Ich ehe drei Operationsfelder, auf denen weiter entschlosen gehandelt wird. Hier ist die Harmonisierung ein ichtiger Punkt. Darauf haben Sie schon eben hingewieen. Auch auf meiner Agenda steht sie ganz vorne. Ich üge hinzu, weil das gelegentlich vergessen wird – ich abe darauf auch in mehreren Gesprächen mit den Veränden hingewiesen –: Ich stehe zu der Grundlage vom 3. Mai; denn die Unternehmen brauchen Verlässlicheit. Ich muss den Text vom 23. Mai sicherlich nicht orlesen; denn Sie alle kennen ihn. Auch Sie wissen, in elcher Schrittfolge wir vorgehen müssen. Ich habe beeits am Abend des 13. November letzten Jahres – ich ar damals noch ganz frisch im Geschäft – fünf Stunden ang mit der zuständigen EU-Kommissarin darüber gereet und ihr die Dinge dargelegt. Das habe ich danach ereut im April, im August und im September dieses Jahes sowie vorgestern getan. Ich werde das auch wieder m 1. Oktober tun. Ich bin mir sicher, dass wir die Proleme lösen werden. Ich möchte im Übrigen darauf aufmerksam machen, ass Ihr eigener Beschluss ausdrücklich vorsieht, dass ir uns die Genehmigung für das Mautverfahren einhoen und dass wir bis dahin die Maut auf 12,4 Cent pro ilometer festlegen. Ich bitte Sie deshalb herzlich, nicht ei den Spediteuren den Eindruck zu erwecken, dass och etwas anderes kommen wird. Bitte halten Sie sich n den Text, den wir damals gemeinsam vereinbart haen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das ist Kostensenkung, keine Harmonisierung!)


Die Technik ist in Arbeit. Mein Ministerium, das uns
ugeordnete Bundesamt für Güterverkehr, aber auch die
artner der Industrie wollen – das ist das klare Ziel –
inen zeitnahen und stabilen Systemstart. Für mich heißt
as: so schnell wie möglich, aber nur – am besten wären
atürlich gar keine Fehler – mit einer möglichst geringen
ehlerquote. Denn alles andere würde auf dem Buckel
er Unternehmen ausgetragen. Das würde ich für nicht
ertretbar halten.
Gestern hat es zwischen dem Bundesamt für Güter-

erkehr und den Unternehmern eine Verabredung gege-
en. Infolgedessen kann ich heute feststellen, dass das
m Juli von uns eingeführte verschärfte Kontrollsystem
uns gegenüber ist vorher zugegeben worden, dass Pro-
leme bestehen – mittlerweile ein gutes Stück vorange-
ommen ist und dass ab morgen eine neue Phase der Er-
robung des Mautsystems startet. Die Unternehmen
aben sich verpflichtet, bis zum Wochenende alle noch
ffenen Fragen zu klären und Funktionsüberprüfungen
orzunehmen. Die Unternehmen werden unseren Fach-
euten die Ergebnisse am 29. und am 30. September in
inem Workshop darstellen. Danach werden das BAG






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. h. c. Manfred Stolpe

und die Unternehmen gemeinsam festlegen, wie der Pro-
bebetrieb gestartet werden kann.

Der Probebetrieb ist wichtig. In der Auswertung wird
noch herauszufinden sein, welche Probezeit man
braucht. Uns hat das Bundesamt noch einmal erklärt: Bei
Erfüllung aller Voraussetzungen ist auch ein Start am
2. November erreichbar. Ich kann nur sagen: Ich fordere
das nicht, auch auf die Gefahr hin, dass wieder eine
Welle von Beschimpfungen auf mich zukommt. Mir ist
nämlich viel wichtiger, dass dieses System verlässlich
startet, als dass wir einigermaßen stotternd in die Gänge
kommen. Das würde keinem helfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Durch die Nichteinhaltung des Starttermins
31. August gibt es natürlich Vertragsverletzungen. Das
liegt auf der Hand, das weiß jeder und das bedeutet für
uns auch Einnahmeausfälle: jeden Monat 156 Millionen
Euro. Aber bevor es nicht losgeht, gibt es auch keine
weiteren Leistungen, weder eine Beteiligung an den Be-
treiberkosten noch eine Beteiligung an den Investitions-
kosten, die wohl bei etwa 0,5 Milliarden Euro liegen.

Wir konnten im Hinblick auf die Einnahmeausfälle
mit dem Bundesfinanzministerium eine Auffangrege-
lung vereinbaren. Sie sieht vor, dass wir bis etwa 2006
die Mittel zur Deckung der Einnahmeausfälle erwirt-
schaften werden. Ich erkläre hier feierlich und verbind-
lich:


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Es gibt nichts zu feiern!)


Damit ist ganz sicher, dass es keine Verzögerungen von
Infrastrukturinvestitionen durch fehlende Mauteinnah-
men geben wird. Das werden wir durchsetzen können,
allein schon deshalb, weil wir diese Infrastrukturmaß-
nahmen brauchen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir stehen jetzt vor der Vertragsanpassung. Sie ist

zwingend. Wir befinden uns aufgrund der vereinbarten
Vertraulichkeit noch – ich hoffe, nicht mehr lange – ein
bisschen in Verlegenheit; es wird ständig über all die
Fehler im Vertrag und über die nicht genutzten Möglich-
keiten gesprochen. Ich bin an einer Offenlegung sehr in-
teressiert, sodass ein faires Urteil darüber getroffen wer-
den kann, wie der erste große Vertrag über Public Private
Partnership in Deutschland gestaltet worden ist. Dieser
Vertrag ist kein Staatsvertrag; dahinter steht vielmehr
das Bemühen, private Partner – auch als Betreiber – in
ein gesellschaftlich wichtiges Vorhaben einzubeziehen.

Wir werden eine neue Grundlage finden müssen. Sie
haben dankenswerterweise auf die Eckpunkte hingewie-
sen. Das ist eine erste Disposition, die aufzeigt, was
noch geklärt werden muss. Zur Vertragsanpassung
kommt also noch einiges hinzu: Die Termine müssen be-
sprochen werden und die Zahl der OBUs muss noch an-
gepasst werden. Wir haben ursprünglich 150 000 vorge-
sehen; inzwischen sind mindestens 450 000 geplant.
Herr Fischer, auch Sie haben schon erwähnt: Aufgrund
des veränderten Starttermins wird über die Vertragsstra-

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(C (D en geredet werden müssen. Wir werden natürlich auch ber Haftungsfragen reden müssen, die bei Störungen nd Systemausfällen eintreten. (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist eine Aktuelle Stunde, nicht eine Märchenstunde!)


Wir haben mit den Partnern natürlich die Finanzaus-
älle zu erörtern. Sie können davon ausgehen, dass der
ertrag keine haftungsfreie Zeit vorsieht. Ich hoffe, es
ibt bald einen Weg, dass Sie in den Vertrag hineinsehen
önnen. Die Lasten durch die Nichterfüllung werden
icht vom Bund allein getragen werden. Wir befinden
ns also noch sozusagen mitten auf der Baustelle;


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das kann man wohl sagen! Wann gibt es das Richtfest? – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Macht doch mal die Grundsteinlegung!)


ber der Wille zum Erfolg und zur Zusammenarbeit ist
orhanden. Der Zeitpunkt der Klärung und damit auch
ie Sichtung von Verantwortlichkeit sind nahe.
Natürlich wird der Minister der Allererste sein, der

ich der Verantwortung zu stellen hat. Es wird zu überle-
en sein, wo Versäumnisse und Schäden aufgetreten
ind, die er mit zu verantworten hat. Auch die anderen
itarbeiter werden sich der Verantwortung stellen; nie-
and duckt sich.
Solange noch Klärungen notwendig sind, ist die erste
ufgabe, dass wir die Maut in Gang setzen, dass wir
ort unserer Verpflichtung nachkommen und uns auch
icht irremachen lassen. Wir können uns hinterher alles
ehr genau ansehen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Und tschüss!)

ber jetzt gilt meine Bitte: Reden Sie das System nicht
chlecht! Wir brauchen es in Deutschland.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506305400

Das Wort hat jetzt der Kollege Horst Friedrich von

er FDP-Fraktion.

Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1506305500

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Sehr verehrter Herr Minister, das war ja nun Man-
reds Märchenstunde auf hohem Niveau.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

llerdings frage ich mich, ob ich mehr erschrocken sein
uss über die Blauäugigkeit, mit der Sie, Herr Minister,
mmer noch glauben, dass der 2. November auch nur den
auch einer Realisierungschance hat, oder über die
reistigkeit, mit der Sie hier Tatsachen verdrehen und
or allem versuchen, uns als Opposition vorzuwerfen,
ir würden die arme deutsche Industrie, die ausgewiese-
en Mittelständler Daimler-Chrysler und Telekom,
chlecht reden. Das ist doch gar nicht der Punkt, Herr
inister!






(A) )



(B) )


Horst Friedrich (Bayreuth)


Sie haben als Vertragspartner ein Controllingsystem

aufzubauen, das Schwächen aufzeigt. Sie haben die Ver-
pflichtung gegenüber dem Deutschen Bundestag, aufzu-
zeigen, wo Haushaltsrisiken bestehen.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das hat er ja gestern im Haushaltsausschuss gemacht!)


Offensichtlich werden Sie in beiden Fällen Ihrer Verant-
wortung in keiner Weise gerecht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Im Vertrag steht, dass am 16. Juni ein Probebetrieb

beginnen soll. Der konnte gar nicht beginnen, weil die
technischen Voraussetzungen überhaupt nicht vorhanden
waren. Weder gab es funktionierende OBUs, also On
Board Units, wie es Neudeutsch so schön heißt, noch
gab es alternativ entsprechende Terminals an den Auto-
bahnen, noch gab es eine irgendwie geartete und geeig-
nete Software, die man nachprüfbar hätte installieren
können. Wir haben jetzt immer noch – Stand: gestern –
Geräte, die neben der Autobahn Gebührenpflicht anzei-
gen, aber auf der Autobahn anzeigen, dass Mautfreiheit
besteht. Das Gegenteil sollte eigentlich der Fall sein.

Ich habe das in dieser Woche extra noch einmal ei-
genhändig getestet.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

Nach 15 Minuten haben sowohl das Terminal als auch
ich entnervt aufgegeben, obwohl ich die Sprachen be-
herrsche, die vorgegeben sind,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist schon mal zu bezweifeln!)


und auch in der Lage bin, mit dem Gerät einigermaßen
umzugehen. Ich frage mich nur, was passiert, wenn je-
mand das anwenden soll, der nicht eine der vier Spra-
chen spricht.


(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Und die du beherrscht, wie du eben gesagt hast!)


– Deutsch ist eine der vier Sprachen, Herr Kollege Weis;
darauf können wir uns hier im Deutschen Bundestag
vielleicht einigen.

Es ist also so, dass schon bei der Installation der
Hardware, also der technischen Ausstattung, Probleme
bestehen. Wenn das zutrifft, was zu lesen ist, dann hat
das Konsortium – nicht der Deutsche Bundestag, nicht
seine Abgeordneten – gestern wieder eine große Rück-
rufaktion für diese Geräte gestartet; mehr als 20 000 sind
zurückgerufen worden.


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nicht der Minister!)


– Ich habe ja gar nicht vom Minister gesprochen.

(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben eben wieder gesagt, das Konsortium sei so lieb und nett!)


– Das Konsortium hat die Geräte zurückgerufen. Das
führt Sie aber nicht dazu, noch einmal nachzufragen,

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(C (D ondern Sie stellen sich heute hier hin und sagen: Wir ind weiter in einem Workshop und werden das Ganze etreuen. – Diese Diktion kenne ich schon aus der Antort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zu dieem Thema, in der Sie formuliert haben: Die Bundesregierung hat sich mit der Betreibergesellschaft TC darauf verständigt, dass das Mautsystem am 31. August 2003 mit einer Einführungsphase starten und zum 2. November 2003 mit der Mauterhebung begonnen werden soll. Jetzt kommt es: Die Betreibergesellschaft TC hat zugesichert, dass die dazu erforderlichen technischen Voraussetzungen geschaffen werden. as ist die offizielle Antwort der Bundesregierung auf nsere Kleine Anfrage. (Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Jeden Tag was anderes!)


Nun frage ich Sie: Wie bewerten Sie denn das, was
as Konsortium Ihnen an technischen Zusagen bisher
egeben hat? Ist das das, was Sie uns da geschrieben ha-
en, oder ist das, was tatsächlich Realität ist, das Gegen-
il von dem, was Sie uns deutlich zu machen versu-
hen?


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Ich sage noch einmal: Das hat nichts damit zu tun,

ass irgendjemand die Maut schlechtreden will. In die-
em Punkt sind wir uns einig: Das System muss funktio-
ieren. Nein, die Maut – dieser Meinung sind auch wir –
uss kommen. Nur: Im Unterschied zu Ihnen sehen
ird den Start der Maut – so haben wir es politisch im-
er gesehen – als einen echten Einstieg in den Umstieg
er Finanzierungssysteme. Sie wollen politisch aber et-
as ganz anderes. Sie wollen den Straßenverkehr teurer
achen, damit der Verkehrsträger Schiene – angeblich –
hancen hat,


(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Guck dir doch unser Mautgesetz an und das was drinsteht! Das ist doch Blödsinn!)


ie er durch dieses System aber nie erreichen wird. Das
t der eigentliche gravierende politische Unterschied.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Blauäugig, wie Sie nun einmal sind, erklären Sie – heute
ieder –, dass der Maut-Einnahmeausfall, der sich in
iesem Jahr sicherlich auf schätzungsweise 700 Millio-
en Euro summieren wird, im nächsten und übernächs-
n Jahr ohne Probleme in Ihrem Haushalt ausgeglichen
erden kann, ohne dass Projekte gestrichen werden
üssen oder sonst etwas verändert werden muss. Dazu
ann man als Gesetzgeber, vor allem als Haushaltsge-
etzgeber, nur sagen: Bei den Haushaltszahlen, bei den
nsätzen des Jahres 2004 ist das, Herr Minister, eigent-
ich die größte Frechheit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Horst Friedrich (Bayreuth)


Demjenigen, der sich dann hinstellt und sagt, wir sollten
doch alle zusammenstehen und nicht so kritisch sein,
kann ich nur sagen: Er ist entweder blauäugig oder lebt
völlig losgelöst von der Realität.

Wir behalten uns vor diesem Hintergrund nach wie vor
die Möglichkeit vor, am Ende des Tages, wie Sie immer so
schön sagen, vielleicht auch einmal über einen Parlamen-
tarischen Untersuchungsausschuss nachzudenken.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wüste Drohung!)


Das, was hier geboten wird, kann nicht das letzte Wort
sein. Sie als Verkehrsminister sind hierfür politisch ver-
antwortlich. Da macht es auch keinen Sinn, wenn der
Kollege Danckert die Kollegin Mertens und den Herrn
Nagel zum Rücktritt auffordert. Das ist ja bloß ein Ab-
lenkungsmanöver. Sie sind derjenige, der die Verantwor-
tung trägt. Sie werden an dieser auch gemessen.

Danke sehr.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506305600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Albert Schmidt.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ali, nimm die Staustufenplakate mit! – Zuruf von der SPD: Albert, mach ihn fertig! – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Die erste Minute ist schon vorbei!)


Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich,
dass ich schon so viele Zwischenrufe von allen Seiten
des Hauses bekommen habe, obwohl ich noch gar kei-
nen Satz gesagt habe. Das ehrt mich. Danke schön.

Was in diesen Tagen auf den Bildschirmen zur Ein-
führung des Mautsystems zu sehen ist, erinnert mich – das
muss ich ehrlich sagen – manchmal an die Sendung
„Versteckte Kamera“.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Da wurde behauptet, es gebe Mautterminals an Stellen,
wo gar keine waren. Da wurden On Board Units gelie-
fert, die beim Umdrehen des Zündschlüssels durch-
brannten, weil kein Spannungsregler eingebaut war. Da
musste erst vom Kartellamt durchgesetzt werden, dass
auch freie Firmen On Board Units einbauen dürfen,
nachdem es die Vertragswerkstätten nicht geschafft hat-
ten. Da gibt es On Board Units, die beginnen, rückwärts
zu laufen; das heißt, sie zählen Guthaben, statt gefahrene
Strecken abzurechnen. Da werden jetzt, wie Sie alle ge-
lesen haben und auch schon angesprochen wurde,
20 000 On Board Units zurückgerufen, weil die Soft-
ware defekt ist.

Meine Damen und Herren, es fällt mir manchmal
schwer, daran zu glauben bzw. mich daran zu erinnern,
dass wir es hier nicht mit Seifenblasenfirmen des Neuen
Marktes, sondern mit Marktführern mit Namen von

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(C (D eltklang zu tun haben: Daimler-Chrysler, Telekom; inwischen sind auch Grundig und Siemens mit im Boot. (Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Das ist Ihre Konzerngläubigkeit!)


ür mich ist das eigentliche Problem – das sage ich allen
rnstes –, dass das Konsortium – und nicht diejenigen,
ie es schlechtreden – selbst dabei ist, aus einem Begriff
it einem guten Klang, nämlich „Made in Germany“,
in „Fake in Germany“ zu machen

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])

nd damit das Image der deutschen Industrie massiv zu
eschädigen und Exportchancen für die Zukunft zu ver-
pielen.
Ich kritisiere auch, dass die Firma Toll Collect bis

eute keine für mich erkennbare und akzeptable Kom-
unikationsstrategie hat. Sie versteckt sich selbst. Mir
ommt die Firma Toll Collect im Moment wie eine
roße Blackbox vor, so, als wäre sie selbst eine große,
icht funktionierende On Board Unit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

eshalb verstehe ich jeden, der hier Kritik daran übt,
as nicht funktioniert, und Verbesserungen fordert, und
war von denen, die Fristen zugesagt haben, sich ver-
aglich verpflichtet und jetzt auch die Leistung zu er-
ringen haben.
Ich verstehe aber nicht, liebe Kolleginnen und Kolle-

en von der Opposition, dass man ausgerechnet den Mi-
ister, der den Widerstand der EU-Kommissarin in Brüs-
el ausgeräumt hat, der durch intensives Controlling die
ügel in die Hand genommen und durch Arbeitsgruppen
uf allen Ebenen fester gezogen hat, der sich die Dinge kri-
scher anschaut und prüft, ohne sie sofort schlechtzure-
en, jetzt zum Hauptschuldigen der ganzen Misere erklärt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Er ist der Verantwortliche!)


ie tun doch so, als hätte der Minister von vornherein
it der Grundeinstellung an das Geschäft herangehen
üssen: Diese Firmen haben zwar einen Vertrag unter-
chrieben; aber ich weiß schon heute, sie können ihn
icht erfüllen. Eine solche Haltung, liebe Kolleginnen
nd Kollegen, zeugt von einer Selbstgerechtigkeit, die
um Himmel stinkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich erinnere Sie daran, dass Sie alle, als Toll Collect
Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages die-

es System vorgeführt hat, mit glänzenden Äuglein da-
estanden und geglaubt haben, dass alles wie geschmiert
ufe. Da hat kein Einziger von Ihnen gesagt, das werde
icht funktionieren. Im Gegenteil!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/ CSU – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Die Bundesregierung hat erklärt, es funktioniere alles!)







(A) )



(B) )


Albert Schmidt (Ingolstadt)


– Herr Fischer, Sie sind doch die Technologiegläubigkeit
in Person. Wie oft haben Sie uns hier im Bundestag das
Wunderwerk Transrapid aufschwatzen wollen!


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das ist er auch! Der funktioniert wenigstens!)


Ich bin froh, dass uns wenigstens dieses Experiment er-
spart geblieben ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)


Mich stört nicht Ihre Kritik an dem, was nicht funk-
tioniert, sondern mich stört Ihre Selbstgerechtigkeit. Sol-
len wir jetzt über den Rücktritt von Staatssekretärinnen
und Staatssekretären oder von Ministern diskutieren,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer hat das denn gefordert?)


weil On Board Units ohne Spannungsregler geliefert
worden sind, weil vertragliche Verpflichtungen offenbar
nicht erfüllt worden sind?

Besonders scheinheilig ist die Aussage, wenn auch
der 2. November dieses Jahres von der Industrie nicht zu
halten sei, dann müsse der Minister zurücktreten. Dazu
muss ich Ihnen sagen: Es war niemand anders als der
Minister selbst, der in dem Gespräch am 30. Juli dieses
Jahres dem Konsortium anheim gestellt hat, auf einen
realistischen Termin der Einführung, den sie nur selbst
beurteilen kann, auszuweichen, und sei es Anfang 2004.
Es war das Konsortium, das auf dem Termin
2. November insistiert hat. Daraus jetzt dem Minister ei-
nen Strick drehen zu wollen ist zumindest in höchstem
Grade unfair.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nein, wir haben hier nicht über das Schicksal zweier
Staatssekretäre zu diskutieren, sondern über das reale
Versagen deutscher Konzerne und – da beißt die Maut
keinen Faden ab – deren Verantwortung bei einem Vor-
zeigeprojekt der öffentlich-privaten Partnerschaft. Public
Private Partnership funktioniert nur bei gemeinsam
wahrgenommener Verantwortung und nicht bei Verant-
wortungsverschiebung allein auf den Auftraggeber.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Die politische Verantwortung hat doch wohl der Minister!)


Ich habe von dem Imageschaden der deutschen Indus-
trie gesprochen. Hinzu kommt eventuell ein Schaden
durch möglicherweise verspielte Exportmärkte und da-
durch verlorene Aufträge und Arbeitsplätze von morgen.
Wenn diese vergeigt werden, ist das ein Schaden für den
Standort. Auch die im Bundeshaushalt veranschlagten
Mauteinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe erweisen
sich nun als illusionär.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Für den Murks ist doch die Bundesregierung verantwortlich!)


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(C (D as wird selbstverständlich zulasten von Verkehrswegerojekten auf der Straße und der Schiene gehen. Da weren Projekte verschoben werden müssen; das ist ganz lar. Angesichts dieses dreifachen Schadens muss die Haf ungsfrage beantwortet und dieser Vertrag offen gelegt erden. (Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Aber vollständig!)


ir müssen wissen: Wie sieht es aus mit den Fristen, mit
em Leistungsumfang, mit der Gewährleistung, mit den
ntgelten, mit Haftungsregeln? Mein Eindruck war in
en letzten Tagen nicht, dass der Minister mit der Offen-
egung ein Problem hat,


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Korrekt!)


ondern mein Eindruck ist, dass andere ein Problem da-
it haben.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer denn?)


Ich kann zum Schluss an die Adresse des Konsortiums
ur sagen: Ändern Sie Ihre Kommunikationsstrategie!
achen Sie Schluss mit dem Katz-und-Maut-Spiel ge-
enüber dem Deutschen Bundestag!


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer hat denn den Vertrag unterschrieben?)


etzt müssen die Karten auf den Tisch. Nennen Sie end-
ich einen realistischen Starttermin, den Sie wirklich ga-
antieren können! Dann, glaube ich, können wir ernst-
aft und auf der Basis solider Informationen miteinander
ber Verantwortung reden.
Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506305700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Eduard Oswald.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1506305800

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und
ollegen! Herr Kollege Albert Schmidt, wer die Verant-
ortung nur den Mautbetreibern zuschiebt, vergisst,
ass es bei diesem Vertrag zwei Partner gibt. Die Bun-
esregierung steht in der Verantwortung. Dies kann man
icht wegreden oder in irgendeiner Weise verwischen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Kanzler hat den Journalisten auf dem Flug nach
ew York erzählt: „Manfred sagt: Die Maut kommt.“
as glaube auch ich. Aber wann, das ist hier die Frage.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Eduard Oswald

Ich lese Ihnen einige Meldungen vor: „Die Maut

kommt pünktlich.“ „Vorbereitungen laufen wie geplant.“
„Keine Engpässe bei Abrechnungsboxen.“ Solche Mel-
dungen hätten wir uns hier in Deutschland gewünscht.
Aber es sind Berichte aus unserem Nachbarland Öster-
reich, wo zum Jahresbeginn eine Maut eingeführt wird.

Bei uns klappt das nicht. Die Fachwelt hält den verzö-
gerten Mautstart am 2. November nicht mehr für haltbar.
Herr Bundesminister, niemand von uns in der Opposi-
tion redet das System schlecht. Aber Rot-Grün hat eine
beträchtliche Chance für den Wirtschaftsstandort
Deutschland verspielt; das ist eine Tatsache.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es wurde versäumt, Maut und Technik zum Exportschla-
ger zu machen. Stattdessen bekommt die Fernsehsen-
dung „Pleiten, Pech und Pannen“ ein neues Highlight.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben Ihnen im Vermittlungsausschuss von Bund

und Ländern die Hand gereicht. Wir haben Ja zur LKW-
Maut gesagt, weil damit eine verursachergerechte Anlas-
tung der Wegekosten möglich wird.


(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Ihr habt doch die EU auf den Plan gerufen! Das ist eure Schuld!)


Wir wollen aber ein störungsfreies System und keine
Flickschusterei. Nur 14 Prozent aller mautpflichtigen
Fahrzeuge verfügen zurzeit über funktionierende On
Board Units. Schon gibt es neue Meldungen über den
Rückruf von 20 000 defekten Mautboxen. Auch von den
Kontrollbrücken ist nur ein geringer Teil einsatzfähig.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ist das unser Verschulden oder was?)


Wir wollen, dass die Maut die Wettbewerbsbedingun-
gen für das deutsche Transportgewerbe nicht noch wei-
ter verschlechtert. Den Mineralölsteuerrückerstattungen
in einigen EU-Ländern haben Sie zugestimmt. Dann
müssen Sie jetzt auch für einen Ausgleich bei uns sor-
gen. Deshalb wollen wir die Einhaltung der dem LKW-
Gewerbe gegebenen Entlastungszusagen. Auf dem euro-
päischen Verkehrsmarkt dürfen unsere Unternehmen
nicht weiter zurückfallen. Ohne Harmonisierung wird es
keine Akzeptanz beim deutschen Güterkraftverkehrsge-
werbe geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir wollen, dass die Mauteinnahmen zusätzlich der

Verkehrsinfrastruktur, dem Straßenbau zugute kommen,
wie es verabredet war. Wir werden keinesfalls hinneh-
men, dass die Mautausfälle zulasten der Verkehrsinfra-
struktur gehen.

Für mich ist klar: Das Controlling durch die Bundes-
regierung hat nicht funktioniert, wenn es überhaupt eines
gab. Das alles wird noch zu prüfen sein.

Noch kurz vor der letzten Bundestagswahl wurden
ganz schnell – ich wiederhole dies immer wieder – die

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(C (D erträge unterschrieben, dann in aller Eile Ende Juli och ein Eckpunktepapier. Das Ergebnis sehen wir jetzt: rst „Hopp, hopp!“, dann „Flop, Flop“. Vielleicht stellt sich Rot-Grün einmal die Frage, wie in Ministerium funktioniert. Bei der rot-grünen Regieungsübernahme 1998 wurden in dem neu gebildeten inisterium erst einmal sechs von sieben Abteilungslei ern ausgewechselt. Übrigens hat sich längst gezeigt, ass parteipolitische Ergebenheit Fachkenntnisse nicht rsetzen kann. Sie, Herr Bundesminister Stolpe, haben auch bei der KW-Maut wieder personelle Veränderungen im Hause orgenommen. Man braucht gute Leute. Vielleicht haen Sie sich – Sie sind ja ein gebildeter Mann – an inston Churchill erinnert, der gesagt hat: „Ein kluger ann macht nicht alle Fehler selber. Er gibt auch ande en eine Chance.“ (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ber warum haben Sie eigentlich die Verantwortung
icht in die Hände eines Ihrer Staatssekretäre gelegt? Sie
erfügen doch über fünf. Das ist schon der Nachfrage
ert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir brauchen Aufklärung ohne Rücksicht auf irgend-
manden. Ohne eine völlige Offenlegung der Verträge
Transparenz auf jeder Seite – wird keine Klarheit ge-
chaffen. Nur wenn wirklich offen gelegt wird, ist zu be-
eisen, dass die Regierung sich nicht hat über den Tisch
iehen lassen. Es reicht nicht, zu sagen, man habe lange
lefoniert. Hat die Führung des Hauses wirklich alle
öglichkeiten bei der EU genutzt oder haben Sie immer
ur die Arbeitsebene vorgeschickt?
Sie haben heute feierlich etwas zu den Finanzen er-

lärt. Aber wir werden das sehr genau hinterfragen. Wir
rauchen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, da-
it Deutschland nicht weiter im Stau steht. Sie wissen,
ie notwendig die Mittel sind. Sie müssen sich beim
räsidenten – – Nein, nicht beim Präsidenten. Das Licht
es Präsidenten leuchtet. –


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie müssen sich beim Finanzminister durchsetzen.
Helfen Sie auch dem deutschen Güterkraftverkehrs-

ewerbe. Das ist entscheidend.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506305900

Sie wissen, warum das Licht leuchtet, nicht wahr?

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das Licht leuchtet in der Finsternis! – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist kein Techniker!)







(A) )



(B) )



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1506306000

Das weiß ich.
Daher sage ich den Schlusssatz: Machen Sie die

LKW-Maut systemsicher

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir bezahlen dafür, dass Firmen diesen Job für uns übernehmen!)


und EU-verträglich! Wahren Sie das Interesse des deut-
schen LKW-Gewerbes! Sorgen Sie für Finanzmittel für
die deutsche Verkehrsinfrastruktur! Es muss Schluss sein
mit dem Debakel. Deutschland braucht Klarheit, wie es
mit der LKW-Maut weitergeht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Das ist wahr!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506306100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ludwig Stiegler.

(Beifall bei der SPD – Eduard Oswald [CDU/ CSU]: Jetzt kommt der Repräsentant der bayerischen SPD!)



Ludwig Stiegler (SPD):
Rede ID: ID1506306200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha-

ben jetzt gerade den Repräsentanten der CDU/CSU er-
lebt, die in Deutschland lange regiert und keine Maut
oder Ähnliches auf die Beine gebracht hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gerade die CSU hat zweimal den Verkehrsminister ge-
stellt. Warnke hat von einer Schwerverkehrsabgabe
schwadroniert. Old Schwurhand ist auf die Nase gefal-
len;


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Er müsste Pöbler heißen, nicht Stiegler! Das passt besser!)


der Europäische Gerichtshof hat das damals aufgehoben.
Sie haben in dieser Sache immer nur geredet und ge-
schwätzt.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Wir haben die Maut 1993 eingeführt! – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sie wissen doch, dass das nicht wahr ist!)


Die rot-grüne Koalition hat seit 1998 gehandelt. Das ist
der entscheidende Unterschied.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das Ergebnis sehen wir jetzt!)


Jetzt kommen die Unken. Dabei stimmten wir alle da-
rin überein, ein weltumspannendes, neues Netz einzu-
führen. Leistungsfähige Unternehmen haben sich ver-
pflichtet, das zu machen, und haben uns allen erklärt,
dass sie das können. Aber Ihre Freunde von der Telekom
und von Daimler-Chrysler haben es nicht zustande ge-

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(C (D racht; sie haben sich übernommen und wollen die Verntwortung jetzt dem Minister in die Schuhe schieben. eden Sie mit Ihren Freunden in der Industrie und sagen ie ihnen, dass sie den Mund zu voll genommen haben, nstatt bei Manfred Stolpe etwas abzuladen, wofür er ichts kann! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Einen solchen Schmarren spricht er auch draußen! Das Ergebnis hat man am Sonntag gesehen! – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Stiegler steht für ein erfolgreiches Modellvorhaben der SPD in Bayern!)


Jedes große Projekt hat seine Krisen. Da gibt es sol-
he, die wie Sie reagieren: Sie laufen durcheinander wie
ine wilde Horde Federvieh, schreien nach Schadener-
atz und Klagen. Da gibt es andere wie Manfred Stolpe,
er danach fragt, wie man die Sache zum Erfolg führen
ann. Das ist der alte Bellheim und Sie, meine Damen
nd Herren von der Opposition, sind hier eher die Hans-
urste.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Jeder ist für das verantwortlich, was er sagt! Und der will Landesvorsitzender werden!)


Es ist unglaublich, angesichts des engen Zeitplans
ild durcheinander zu laufen. Jetzt kommt es in erster
inie darauf an, die Freunde von der Industrie an die
and zu nehmen und sie zu zwingen, dass sie das Pro-
kt zum Erfolg führen. Die Partnerschaft sieht so aus
das sage ich, damit das klar ist –, dass im ersten Teil
ie Industrie vorleistungspflichtig ist. Aber nun melden
ich Leute wie ausgerechnet der Oswald zu Wort und
ollen unbedingt den Vertrag einsehen, um zu überprü-
en, ob alles in ihm okay ist. Mein lieber Mann! Wer als
ichtjurist behauptet, einen 12 000-seitigen technischen
ertrag mit allem Drum und Dran


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein! Das stimmt nicht! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Woher weiß er das denn?)


ja, mit Anlagen; daran sieht man, dass Sie keine Ah-
ung haben – nur aufgrund der Mantelvereinbarung und
hne Kenntnis der technischen Anlagen auf seine Folgen
in beurteilen zu können,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Woher kennt er den denn?)


er hat von technischen Verträgen null Ahnung.

(Zuruf von der CDU/CSU: So wie Sie!)


ie setzen auf die Ahnungslosigkeit der Menschen nach
er Methode: Kinder, recherchiert nicht zu viel; es hetzt
ich dann so schlecht. – So ist doch Ihr Vorgehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Ludwig Stiegler

Der Minister führt das Projekt zum Erfolg. Er passt

auf, dass hinterher diejenigen zur Verantwortung gezo-
gen werden, die nicht zum Erfolg beigetragen haben.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aha!)

Unser Minister hat im Gegensatz zu Ihnen die Harmoni-
sierung vorangebracht.


(Georg Brunnhuber [CDU/CSU]: Oh!)

Er hat die Kommission überzeugt.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wovon hat er die Kommission denn überzeugt?)


Sie aber haben nur geschwätzt und Forderungen gestellt.
Damit haben Sie denen in die Hände gespielt, die uns
aufhalten wollen und die in Wahrheit nicht wollen, dass
das Projekt realisiert wird. Das ist doch die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Unglaublich! Einen seltsamen Schmarren erzählt der hier!)


Wir müssen alles daransetzen – dafür werden wir uns
einsetzen und kämpfen –, dass die Maut funktioniert und
dass es keine negativen Auswirkungen auf die Investitio-
nen gibt. Ihre schlauen Bemerkungen helfen uns nicht.
Sie werden doch die Ersten sein – gerade die CSU-Ver-
treter haben im Auto immer den Spaten dabei –, die sich
um Spatenstiche drängen, wenn die Baustellen eröffnet
werden. Aber hier schüren Sie Zweifel.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir werden das Projekt unter Führung von Manfred
Stolpe zum Erfolg führen, der in Ruhe und Festigkeit
– und nicht zappelig wie Sie – die Sache voranbringt.
Herzlichen Dank an den Bundesminister und seine Mit-
arbeiter!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/ CSU: Man müsste ihm die Bezüge streichen! – Renate Blank [CDU/CSU]: Das ist unglaublich! Er hat ein Eigentor geschossen!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506306300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Joachim Günther.


Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1506306400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Nach der Lehrstunde von Herrn Stiegler sind
wir in der Verkehrspolitik einen entscheidenden Schritt
weitergekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir werden sehen, was bei der Sache herauskommt.

Heute geht es um die Maut und um deren unendliche
Geschichte. Heute geht es um Einführungstermine, um

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(C (D ie Höhe des finanziellen Schadens und natürlich auch m einige Randbedingungen. Dass das Mautdesaster inzwischen gigantische Ausaße angenommen hat, darüber sind wir uns alle im laren. Bei den Spediteuren herrscht ein komplettes urcheinander: Die Geräte reichen nicht. Die Geräte unktionieren nicht. Die Geräte passen nicht. Über Zuatzkosten spricht keiner. Herr Schmidt, wir sind uns gewissermaßen einig; Sie aben vorhin die gleichen Fehler dargelegt. Bloß, den on Ihnen hergestellten Zusammenhang mit dem Transapid kann ich nicht nachvollziehen. (Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie ziehen die falsche Verantwortungskompetenz!)


er Transrapid fährt; die Maut klappt nicht. Er fährt in
hina, weil Sie ihn in Deutschland verhindert haben.
as ist der Unterschied.


(Beifall bei der FDP)

Es rumort im Zusammenhang mit der Maut. Deshalb

ollten wir nicht nur über das Chaos beim Starttermin
prechen, sondern auch über einige Nebenwirkungen.
er Bundesverband Güterkraftverkehr hat seit langem
uf Probleme hingewiesen, die existenzielle Bedeutung
ür das Gewerbe haben. Neben der Tatsache, dass viele
KWs aufgrund des Ein- und Ausbaus der Geräte nutz-
os in den Werkstätten herumstehen, gibt es nämlich
icht wenige Unternehmen, die Existenzsorgen haben.
In meinem Land Sachsen fragen sich zum Beispiel

0 Prozent der Unternehmer – denn in diesem Bereich
ind in der Regel kleine und mittelständische Unterneh-
er anzutreffen, die im Regelfall bis zu vier Beschäf-
igte haben –, wie sie den Start der Maut überhaupt über-
eben sollen. In Sachsen haben 70 Prozent dieser
nternehmen eine solche Betriebsgröße. Viele davon
önnen nicht an der automatischen Abbuchung teilneh-
en, weil ihnen durch die Banken nicht der dafür not-
endige Kreditrahmen eingeräumt wird. Angesichts ei-
es Zahlungsziels von durchschnittlich 90 Tagen in
iesem Gewerbe verfügen viele kleinere Unternehmen
icht über ausreichend Eigenkapital, um den Vorauszah-
ungen nachkommen zu können.
Von der versprochenen Harmonisierung in Europa ist

elativ wenig zu spüren. Bisher ging es höchstens um
ine Kostendeckung. Das bedeutet für diese kleinen Un-
ernehmen: Anstellen an den Terminals, Zeitverlust,
ahlung mit Bargeld und Wettbewerbsnachteile.


(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Das Internet können sie auch nutzen!)


Das Ergebnis im Zusammenhang mit der Maut ist für
en Güterkraftverkehr niederschmetternd. Im Landesver-
and Sachsen stehen 10 000 Arbeitsplätze zur Disposi-
ion. Die Maut klappt nicht. Betriebe mit wenig Eigenka-
ital – hiervon ist vor allem wieder der Osten betroffen –
ommen nicht voran. Es gibt weitere Versuche, in Rich-
ung Osteuropa umzuflaggen. Vom Ministerium aber
ommen nur Durchhalteparolen und Fehlinformationen.






(A) )



(B) )


Joachim Günther (Plauen)


Ein weiterer Schwerpunkt, der in der Diskussion nach

wie vor fast ausgeklammert wird, ist die Situation der
Unternehmer in strukturschwachen Gebieten. Dort fallen
naturgemäß mehr Leerkilometer an als in Ballungsräu-
men. Strukturschwache Gebiete gibt es nicht nur im Os-
ten Deutschlands, sondern auch in Schleswig-Holstein
und Oberfranken.


(Karin Rehbock-Zureich [SPD]: Sie wollen die Maut haben?)


– Es geht nicht generell um die Maut. Ich habe über eine
Harmonisierung gesprochen. Hier sind wir nicht ent-
scheidend vorangekommen; das muss man in diesem
Zusammenhang deutlich sagen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Minister Stolpe, Sie sind sich doch hoffentlich
darüber im Klaren, dass Sie den Hut nicht nur für die
Maut als Ganzes aufhaben, sondern auch für die Arbeits-
plätze, um die es in diesem Zusammenhang geht. Viele
dieser Arbeitsplätze sind bedroht; das kann man nicht
wegdiskutieren.

Vor wenigen Tagen haben Sie in der Presse erklärt,
woher der Name Stolpe stammt. Ich fand das ganz inte-
ressant. Nicht von stolpern, sondern von Säule, von
Nicht-schnell-umfallen sei er hergeleitet. Ihr Ministe-
rium hat drei tragende Säulen: den Verkehr, den Bau und
den Aufbau Ost. Ihr Handling im Verkehrsbereich bzw.
bei der Maut hat Chaos und leere Kassen hinterlassen.
Der Baubereich steckt in der Krise. Vom Aufbau Ost ist
nichts mehr zu spüren.

All das, was Sie anpacken, scheint wie Pech an Ihnen
zu kleben. Haben Sie also den Mut, an diesen Säulen zu
rütteln! Gehen Sie in den wohl verdienten Ruhestand!
Denn wir brauchen keine starren Säulen. Wir brauchen
Bewegung bei der Maut und eine angemessene Harmo-
nisierung. Wir brauchen wieder Hoffnung im Bauwesen
und wir wollen nicht, dass der Aufbau Ost in der glei-
chen Katastrophe endet wie Ihre Maut.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506306500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Franziska Eichstädt-

Bohlig.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir sind in einer Situation, in der das tägliche Morgen-
gebet der FDP „Die Privaten können und machen alles
besser“ offenbar nicht oder zumindest nicht sehr schnell
in Erfüllung geht. In einer solchen Situation halte ich es
für regelrecht unverantwortlich, davon abzulenken, stän-
dig Minister-Bashing zu machen und so zu tun, als sei
die Politik für das verantwortlich, was die Privaten ma-
chen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Ich sage das deswegen mit dieser Deutlichkeit, weil ir in Zukunft in vielen Bereichen mehr Public Private artnership wollen. Wenn das dazu führt, dass die Privaen entlastet und quasi heilig gesprochen werden und die olitik auch für das, was sie überhaupt nicht zu verantorten hat, zur Rechenschaft gezogen wird, tun wir der ache nichts Gutes. Wenn ich jetzt Chefin von Toll Colect wäre – was ich glücklicherweise nicht bin –, würde ch mich zurücklehnen und sagen: Warten wir doch, bis ie den Minister von seinem Posten geschoben haben; (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ziemlich dummer Vergleich!)


ch brauche mich doch nicht darum zu kümmern, dass
as endlich funktioniert. – Es kann doch nicht wahr sein,
ass wir die Verantwortung nicht bei denen lassen, die
ie übernommen haben! Darauf bauen unsere Gesell-
chaft und unser Rechtssystem auf. Ich erwarte auch von
er Opposition, dass sie klar zwischen den jeweiligen
erantwortlichkeiten unterscheidet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es geht nicht darum, ob Rot-Grün die Probleme be-
ennen kann. Das können wir. An erster Stelle stehen da-
ei aber eindeutig die Probleme der Wirtschaft. Diese ist
is heute nicht in der Lage, das Funktionieren zu ge-
ährleisten. Die Punkte sind alle schon genannt worden.
Was ich aber jetzt bei Toll Collect und dem dahinter

tehenden Konsortium fast noch schlimmer finde, ist,
ass sie auch heute noch ständig das Versprechen abge-
en, sie würden es morgen schaffen; wir müssten nur ei-
en Tag warten, dann würde alles klappen. Das halte ich
ür zynisch und das werfe ich denen auch vor. So dürfen
oll Collect und das dahinter stehende Konsortium aus
aimler-Chrysler, Telekom und Cofiroute nicht mit der
olitik, der deutschen Öffentlichkeit und dem Steuerzah-
er umgehen. Das darf von Ihnen nicht auch noch ständig
ntschuldigt werden. Das ist zurzeit nämlich unser Pro-
lem.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir müssen aber auch die Verantwortlichkeiten auf
er politischen Seite ansprechen. Ein großes Problem ist,
ass der Vertrag unter zu große Vertraulichkeit gestellt
urde. Auch haben wir bis heute keine Klarheit über die
aftungs- und Schadensersatzregelungen und wahr-
cheinlich war die Politik, aber nicht nur das Ministe-
ium, sondern auch wir Abgeordneten, zu lange zu gut-
läubig.
Ich wiederhole das, was vorhin auch schon Ali

chmidt gesagt hat: Im Juni hat sich der Verkehrs- und
auausschuss alles vorführen lassen.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Aber die Bundesregierung hat doch gesagt: Es ist alles prima! Zitieren Sie doch einmal die Erklärung der Bundesregierung!)


ir alle – nicht nur Sie, sondern wir auch – haben be-
undert, wie toll das klappt. Die Industrie hat uns weis-






(A) )



(B) )


Franziska Eichstädt-Bohlig

gemacht, morgen würde alles funktionieren. De facto
war es wie auf dem Jahrmarkt: Drei oder vier Wochen
später wurden wir darüber belehrt, dass das alles nicht
funktioniert. Das war ein falsches Versprechen von
Daimler-Chrysler und der Telekom, von unserer Spitzen-
industrie. Das muss man auch laut und deutlich sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man muss aber auch sagen, worum sich gerade Mi-

nister Stolpe in hohem Maße positiv kümmert. Er macht
enormen Druck und sorgt dafür, dass die Arbeitsgruppe
fast täglich an dem Problem arbeitet. Er ist derjenige, der
uns in der EU hinsichtlich der Einführung der Maut wie-
der den Rücken freigekämpft hat, Sie haben uns doch die
Schwierigkeiten mit der Harmonisierungsregelung ein-
gebrockt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch hier sollten Sie nicht so selbstgerecht sein, sondern
zugeben, welche Fehler Sie gemacht haben.

Ich möchte noch einmal sagen: Bei allen unseren
Startschwierigkeiten – ich finde, darüber sollten wir ehr-
lich reden – dürfen wir das Maut-System als Ganzes
nicht schlechtreden. Damit werden wir über kurz oder
lang einen Exportschlager haben. Wir wollen die an-
spruchsvollste und modernste Mautregelung haben, eine
technologisch wirklich vorbildliche Systematik, die wir
dann im Wege des Exports an andere Länder weiterge-
ben können. Insofern fördern wir damit letztlich ein gro-
ßes und wichtiges Forschungs- und Entwicklungspro-
jekt. Dass wir damit Anlaufschwierigkeiten haben, ist
nicht verwunderlich. Wir hätten uns auch gewünscht,
dass der Plan etwas pünktlicher erfüllt worden wäre, als
es jetzt der Fall sein wird.

Seien Sie daher bitte nicht so euphorisch im Miesma-
chen, dass wir damit das ganze System schlechtreden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ludwig Stiegler [SPD]: Die können doch nur mies machen!)


Ich warne davor, denn das tut dem Standort Deutschland,
den Sie ja auch so lieben, nicht gut.

Ich sage als Letztes, was mir jetzt besonders wichtig
ist. Herr Minister, Sie haben gestern erklärt, dass mit
dem Betreiberkonsortium aktuelle Nachverhandlungen
geführt werden. Ich erwarte, dass für uns, das Parlament,
für den Steuerzahler und letztlich auch für die Spedi-
teure, die es dann bezahlen sollen, akzeptable Haftungs-
und Schadensersatzregelungen entweder schon in dem
mir nicht bekannten Vertrag enthalten sind oder im Wege
dieser Ergänzungsverhandlungen in den Vertrag aufge-
nommen werden. Machen Sie dem Konsortium klar,
dass das Parlament, der Haushaltsgesetzgeber, und der
Rechnungshof hinter Ihnen stehen, dass wir ein Recht
haben, diesen Vertrag einzusehen, und dass wir in die-
sem Vertrag klare, solide und ordentliche Regelungen
brauchen. Dann werden wir diese Zeit, in der es nicht
recht funktioniert, durchstehen.

Wir werden Druck auf die Industrie ausüben. Dafür
brauchen wir aber eine Regelung auf der politischen

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(C (D eite. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir den Standort eutschland bald auch beim Mautsystem wieder nach orne bringen können und dann sagen können, dass wir as zwar mit einigen Schwierigkeiten, aber letztlich och à la longue auf konstruktive Weise geschafft haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506306600

Jetzt hat der Abgeordnete Klaus Lippold das Wort.

Dr. Klaus W. Lippold (CDU):
Rede ID: ID1506306700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den
etzten Ablenkungsmanövern müssen wir hier wieder
eutlich machen, wer die Verantwortung hat. Das ist
anz klar: Die Verantwortung liegt bei der Bundesregie-
ung und bei diesem Minister.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Frau Eichstädt-Bohlig hat davon gesprochen, dass es
blenkungsmanöver gebe. Das stimmt, die gibt es. Die
blenkungsmanöver kommen von Ihnen, der Koalition
nd der Bundesregierung, obwohl das Ganze in Ihre Zu-
tändigkeit fällt. Ich will einige nennen.
Das erste Ablenkungsmanöver: Sie entdecken Minis-

er Bodewig wieder, den ich hier übrigens lange nicht
ehr gesehen habe. Auf einmal ist es nicht mehr Herr
tolpe, der in der Kritik steht, sondern Herr Bodewig.
as stimmt zum Teil; denn ich differenziere stärker als
ie. Man muss hier daran erinnern – das wurde schon
esagt –, dass Herr Bodewig den Vertrag ohne sorgfäl-
ige Prüfung durchgepeitscht hat,


(Ludwig Stiegler [SPD]: Woher wissen Sie das denn überhaupt?)


ur um im Wahlkampf ein Argument zu haben. Das ist
erantwortungslos. Dieser Vorgang fällt in die Regie-
ungszeit der Regierung Schröder. Das ist aber nur das
rste Ablenkungsmanöver.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Dampfplauderer!)

Das zweite Ablenkungsmanöver: Wenn dieser Minis-

er früher mit Frau de Palacio, der Verkehrskommissarin
er EU, gesprochen und verhandelt hätte, hätten wir frü-
er Ergebnisse bekommen. Im Gegensatz zu dem, was
ie Koalition sagt, deren Darstellung falsch ist, gibt es
is jetzt nur eine Startfreigabe. Das Gesamtsystem, bei
er Mauthöhe angefangen, bedarf erst noch der Bestäti-
ung. Das war also eine Falschdarstellung, die wir in der
orm nicht akzeptieren werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Geben Sie Ihre Rede zu Protokoll! Die haben Sie schon einmal gehalten!)


Das dritte Ablenkungsmanöver: Wieso soll eigentlich
usschließlich die Industrie schuld sein? Mit der Über-
ahme der Regierungsverantwortung und des Minister-
mtes hätte Minister Stolpe sofort ein Projektmanage-
ent und Controlling aufbauen müssen. Das hat er nicht
emacht. Das liegt eindeutig in seiner Verantwortung.






(A) )



(B) )


Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)


Deshalb lassen wir keinerlei Ablenkung zu. Hätten Sie
sich, Herr Stolpe, statt sich mit anderen Dingen zu be-
schäftigen, mit diesem Managementsystem, das absolute
Priorität gehabt hätte, auseinander gesetzt, dann wären
wir heute nicht in einer solchen Situation. Sie hätten frü-
her korrigieren können. Das haben Sie nicht gemacht.
Diese Schuld müssen wir Ihnen zuweisen und keinem
anderen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: So ein Quatsch!)


Zwischenzeitlich waren Sie so weit, dass Sie die Ver-
antwortung beim Verkehrsgewerbe gesucht haben, das
angeblich nicht genügend Geräte abgerufen habe. Wel-
che Geräte sollten sie denn abrufen? Wie sollten diese
Geräte eingebaut werden? Wir diskutieren heute doch
darüber, dass der Schrott nicht tauglich ist. So einfach ist
das.


(Zuruf des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])

Herr Stiegler, der Sie die so gerne dazwischenrufen,

ich komme nun zu Ihnen. Es wurde hier gesagt, das Sys-
tem solle nicht kaputt geredet werden. Damit meinen
Sie, wir sollten nicht über die Schwächen der Bundesre-
gierung und dieses Ministers sprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das System kann man aber auch dadurch kaputtreden,
dass man wie Sie oder gerade Frau Eichstädt-Bohlig
über die Industrie schimpft. Das sind zwei Seiten dersel-
ben Medaille: Sie können nicht auf der einen Seite auf
die Industrie schimpfen und auf der anderen Seite sagen,
das sei ein glänzendes System. Herr Stiegler, Sie wider-
sprechen sich mit jedem Satz, den Sie sagen. Ich ver-
stehe, dass Ihre Partei in Bayern so abgeschnitten hat.
Bei Führungspersonen wie Ihnen kann ich die
18 Prozent verstehen. Sie werden in Zukunft mit der
Zahl der FDP noch nicht einmal spotten können. Das
fällt auf Sie selbst zurück.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Zwei CSU-Verkehrsminister haben nichts zustande gebracht!)


Herr Stiegler, Sie Starjurist aus Bayern, ich möchte
noch etwas ansprechen. Sie sagen, wir sollten diesen
Vertrag nicht anfordern, wir seien Stümper. Sie können
noch nicht einmal zwischen Vertragstext und Anlagen
unterscheiden. Der Vertragstext umfasst, wenn ich das
richtig sehe, etwa 100 Seiten, die Anlagen haben Tau-
sende von Seiten. Wir fordern den Vertragstext. Uns
können Sie die Intelligenz zutrauen, einen vernünftigen
Vertrag auch richtig lesen zu können. Wenn Sie sich das
nicht zutrauen,


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das zeigt mir, dass Sie keine Ahnung von technischen Verträgen haben!)


dann frage ich mich, warum Ihre Kollegen von Rot-Grün
einen Antrag in den Verkehrsausschuss eingebracht ha-
ben, der die Offenlegung der wesentlichen Vertragsteile
vorsieht und der den Ausschuss einvernehmlich passiert
hat. Das haben Sie vermutlich nicht mitbekommen.

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(C (D enn Sachfragen stören Sie ja nicht, wenn Sie hier chimpfen wollen. So geht es nicht, Herr Stiegler. 8 Prozent sind genug für Sie. abei belassen wir es auch. Jetzt komme ich zu einem Punkt, den ich auch noch inmal deutlich machen wollte. Es gibt Ihrerseits klare nd eindeutige Schuldanerkenntnisse. Ich will jetzt gar icht darauf eingehen, dass im Ministerium erst einmal ersucht wurde, mit dem Bauernopfer eines Abteilungseiters von der wahren Verantwortung an der Spitze abulenken. Es gab jedoch jemanden in Ihrer Partei, der war völlig richtig erkannt hat, dass diese Bundesregieung schuld ist, der aber gleichzeitig diesen Minister, der a so lieb ist, schonen wollte. Deshalb hat er nicht gesagt, ieser Minister müsse gehen, sondern er hat gesagt, zwei taatssekretäre müssten gehen. Herr Danckert, ich danke Ihnen. Wissen Sie, warum? enn jemand aus Ihren Reihen fordert, dass zwei Staatsekretäre gehen müssen, dann ist doch ganz offensichtich, dass die Schuld bei der Bundesregierung liegt. Wie ollten Sie sonst fordern können, dass zwei Staatssekreäre in die Wüste geschickt werden? Ich gestehe allerdings, dass Sie den zweiten Punkt icht bedacht haben. Sie haben in Ihrer lieben Art geacht, Sie würden Herrn Stolpe helfen. Dass das ein chuldeingeständnis war, hat Herr Müntefering erkannt. eshalb hat er Sie hinterher in der Fraktionssitzung auch ingestampft. Er wollte nämlich nicht, dass solche chuldanerkenntnisse öffentlich werden. (Uwe Beckmeyer [SPD]: Kommen Sie mal wieder zur Sache!)


(Zuruf von der CDU/CSU: Zu viel!)


err Danckert, Sie haben uns damit, dass Sie die Wahr-
eit gesagt haben, geholfen. Dafür kann man Sie wirk-
ich nur loben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das hat er nicht verdient, dass er von euch gelobt wird!)


Ich will hinzufügen: Herr Stiegler, wir wollen wissen,
as mit den Haftungsregeln ist, was dort vereinbart
urde. Ich meine, wir haben ein Recht darauf, zu
chauen, wo was wie gestaltet wird, und nach den Feh-
ern zu suchen, damit wir sie in Zukunft vermeiden kön-
en.
Wir wollten dieses Instrument als wegweisendes Ver-

ehrskonzept. Ich muss ganz deutlich sagen: Deshalb
aben wir als Union es gemeinsam mit der FDP damals
ngestoßen. Das ist so leider nicht gelungen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506306800

Denken Sie bitte an Ihre nur fünfminütige Redezeit.


Dr. Klaus W. Lippold (CDU):
Rede ID: ID1506306900

Ja. – Wir wollen es auch als industriepolitisches Pro-

ekt; daran werden wir weiterhin arbeiten. Daneben wol-






(A) )



(B) )


Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)


len wir es als Finanzierungsprojekt PPP. „PPP“ überset-
zen wir aber nicht so, wie diese Regierung es tut,
nämlich mit: Pannen, Pech und Pleiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506307000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Reinhard Weis. –

Noch einmal an alle Kollegen: Die Redezeit in der Aktu-
ellen Stunde beträgt jeweils nur fünf Minuten.


Reinhard Weis (SPD):
Rede ID: ID1506307100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Aktuelle Stunde ist von unserem Kollegen Fischer
eröffnet worden. Dessen Ausführungen hat Horst
Friedrich auf der gleichen Linie dadurch ergänzt, dass er
uns die Vermischung der Verantwortlichkeiten von Poli-
tik und Industrie präsentiert hat. Es wurde der falsche
Eindruck erweckt, dass Vertragsverletzungen nicht ge-
ahndet werden sollen. Daneben wurde mit einem fal-
schen, weil nicht mehr aktuellen Zitat des Präsidenten
des Bundesamtes für Güterverkehr gearbeitet. Es wurde
der Eindruck erweckt, als sei die Verletzung der Termin-
kette im Haus nicht registriert worden. All das will ich
zurückweisen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das überrascht nun wirklich!)


– Ich will es nicht im Detail zurückweisen, weil das
schon getan wurde und weil noch zwei Redner aus unse-
rer Koalition hier auftreten werden.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das macht es nicht besser!)


Ich möchte den letzten Aspekt, den Herr Lippold an-
gesprochen hat, aufgreifen. Es geht um die Projekte öf-
fentlich-privater Partnerschaften, also um die PPP-Pro-
jekte. Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der
Opposition, Sie sollten vorsichtiger sein. Die Wirkung
Ihrer vordergründigen Kampagne gegen Bundesminis-
ter Stolpe könnte Sie sonst in Widerspruch zu Ihren eige-
nen Sonntagsreden bringen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Da breche ich jetzt in Tränen aus!)


Sie tun so, als hätte es bei Großprojekten des Bundes
noch nie Anlaufprobleme und Probleme mit Terminen
und Verpflichtungen von Vertragspartnern gegeben. Das
hat es mit trauriger Konsequenz leider auch schon in der
Vergangenheit gegeben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wo denn?)

Es wurden nicht nur hohe Vorlaufinvestitionen aus dem
Bundeshaushalt ineffizient eingesetzt; eine andere Folge
war auch, dass der erhoffte Nutzen für den Bund bei
manchen Projekten erst verspätet eingetreten ist. Das
soll bei PPP-Projekten ja anders sein.

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(C (D (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nennen Sie doch einmal einige Beispiele, wo das umgekehrt war!)


Der Betrieb des Mauterfassungssystems ist ein echtes
PP-Projekt. Die Risiken müssen zwischen der öffentli-
hen Hand und dem Industriekonsortium fair verteilt
erden. Sie reden zum Beispiel nicht darüber, dass die
ndustrie die Kosten für die Errichtung des Systems zu
ragen hat. Entgelte für die Refinanzierung stammen
icht aus dem Bundeshaushalt, sondern aus den Einnah-
en des Systems. Das bedeutet ein hohes Risiko für das
onsortium. Hinzu kommen erhebliche Risiken wegen
öglicher finanzieller Verluste und wegen des Image-
erlustes, den es zurzeit wegen der Vertragsverletzungen
nd der offensichtlichen Pannen natürlich gibt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Und daran sind auch wir als Opposition schuld?)


Sie wissen auch, dass es in der Vergangenheit Versu-
he gab, PPP-Lösungen zu installieren, die gerade an der
isikoverteilung zwischen der öffentlichen Hand und
en privaten Betreibern gescheitert sind.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die sind gescheitert, weil ein Kurt Bodewig das vorbereitet hat, ohne zu wissen, was er macht!)


ür uns war es schlicht unakzeptabel, wenn versucht
urde, alle Risiken bei der öffentlichen Hand abzuladen.
enauso muss es natürlich auch im umgekehrten Fall,
eim anderen Extrem sein. Ihre jetzige Kampagne mit
erdächtigungen und Halbwahrheiten gegen den Minis-
er


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das weise ich aufs Schärfste zurück!)


ührt Sie industriepolitisch in eine Sackgasse. Ihr Ver-
nügen daran, jeder nicht funktionierenden On Board
nit hinterherzuhecheln, Ihre Freude daran, dass es Soft-
are-Probleme gibt,


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Bei Hartmut Mehdorn gibt es dafür eine einstweilige Verfügung!)


ann für das Interesse an PPP-Projekten doch nur ab-
chreckend wirken. Wie wollen Sie denn mit einer sol-
hen Kampagne in der Bundesrepublik Deutschland den
oden für die Verbreitung von PPP-Projekten bereiten?
Der Verkehrsausschuss hat gestern entschieden, dass

r darüber informiert werden will, wie die Risikovertei-
ung im Vertrag geregelt ist.


(Zuruf von der SPD: Genau richtig!)

s geht uns natürlich auch um die Frage, wie mit den
innahmeausfällen umgegangen wird. Aber die Speku-
ationen darüber – und nur Spekulationen können Sie
eute hier anstellen – müssen endlich beendet werden.
uch die Öffentlichkeit möchte Informationen und sie
at einen Anspruch darauf. Deshalb verlangte meine
raktion gestern im Fachausschuss Einsicht in die Ver-
ragspassagen, die die Risikoverteilung betreffen, und
war ohne Beeinträchtigungen und ohne das Siegel von






(A) )



(B) )


Reinhard Weis (Stendal)


Verschwiegenheit. Wir haben das gestern im Ausschuss
gefordert, Sie haben es abgelehnt. Auch der Minister hat
ein Interesse an dieser offenen und transparenten Vor-
lage des Vertrages und wir erwarten deswegen von der
Industrie, dass sie in diesem Punkt für Transparenz sorgt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Transparenz, die man mit dem Delinquenten abspricht, bringt nichts!)


An die Opposition gewandt möchte ich noch sagen:
Schütten Sie in dieser Situation, in der wir über die Risi-
koverteilung nur spekulieren können, weil das Industrie-
konsortium uns die Vertragseinsicht noch nicht ermög-
licht hat, nicht das Kind mit dem Bade aus. Verbauen Sie
nicht die Optionen für weitere öffentlich-private Partner-
schaften bei der Finanzierung von Investitionen im öf-
fentlichen Interesse,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Laden Sie doch mal den Verkehrsminister in die Fraktion ein!)


die wir brauchen, um beispielsweise Verkehrsprojekte,
für die aufgrund der Haushaltslage des Bundes nicht ge-
nügend Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, in erfor-
derlichem Maße zu finanzieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das war eine berauschende Rede! Die hat alle Klarheiten beseitigt!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506307200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Gesine Lötzsch.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1506307300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Für die Gäste darf ich sagen: Ich bin Abgeord-
nete der PDS.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das musste ja mal gesagt werden! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das sieht man doch!)


Meine Damen und Herren, stellen Sie sich vor, Ulrich
Wickert fragt in den „Tagesthemen“ Herrn Schrempp,
den Vorstandsvorsitzenden von Daimler-Chrysler, zur
LKW-Maut: „Herr Schrempp, Sie verdienen ca.
5,6 Millionen Euro im Jahr und Sie sind nicht in der
Lage, einen Auftrag fristgemäß zu erfüllen. Werden Sie
jetzt aus Scham Ihr Gehalt um 20 Prozent kürzen?“


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ist das jetzt echt oder erfunden?)


Ich glaube, das wäre schlimmer als der damalige Ver-
gleich von US-Präsident Bush mit Bin Laden; es wäre in
Deutschland Majestätsbeleidigung.

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(C (D In dieser Woche lud der Bundesverband der Deutchen Industrie viele Gäste nach Berlin ein, und eine der ichtigsten Forderungen der Veranstaltung in der Breien Straße war: Der Staat soll sich auf seine Kernkompeenzen zurückziehen und mehr und mehr Aufgaben der irtschaft überlassen; die könne doch schließlich alles illiger und besser. (Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Großer Irrtum!)


as Beispiel LKW-Maut hat uns eines Besseren belehrt.
s geht hier nicht um kleine mittelständische Unterneh-
en, sondern um zwei der größten deutschen Konzerne,
m Daimler-Chrysler und die Deutsche Telekom. Viele
enschen werden sich fragen, warum sie ganz selbst-
erständlich Mahnbescheide befolgen und Vertragsstra-
en zahlen müssen, wenn diese beiden Unternehmen es
ffenbar schaffen, solche Vertragsstrafen vertraglich
usschließen zu lassen. Das, was man über den Vertrag
isher erfahren hat, erweckt doch den Eindruck, es sei
en Anwälten dieser großen Unternehmen gelungen, den
eamten die Texte für die Verträge in den Block zu dik-
ieren. Wenn zuständige Beamte und auch Minister so
ahrlässig mit Steuergeldern umgehen, ist das meiner
nsicht nach ein Fall für den Staatsanwalt.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Es stellen sich jedoch auch grundsätzliche Fragen:
arum wurde ein System neu entwickelt, obwohl in der
chweiz ein funktionsfähiges Mauterhebungssystem
inwandfrei ohne GPS funktioniert? Warum eigentlich
urde ein System entwickelt, das die totale Kontrolle er-
öglicht und unzählige Daten erfasst, die für die Maut-
rhebung gar nicht benötigt werden? Was sagt eigentlich
er Datenschutzbeauftragte dazu?
Gestern wurde in verschiedenen Ausschüssen über

iesen Fall gesprochen. Im Haushaltsausschuss wurde
erkwürdigerweise doch nicht über die Anträge aus den
erschiedenen Fraktionen abgestimmt, die Verträge of-
en zu legen. Aber ich gehe davon aus, Herr Minister
tolpe, dass es Ihr größter Wunsch ist, die Offenlegung
er Verträge für die Abgeordneten und für die Öffent-
ichkeit sicherzustellen. Ich gehe weiterhin davon aus,
err Minister Stolpe, dass es auch Ihr größter Wunsch
st, diesen Subventionsskandal aufzudecken.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506307400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Georg
runnhuber.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Georg Brunnhuber (CDU):
Rede ID: ID1506307500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

s ist richtig, was Minister Stolpe sagte: Das Mautsys-
em zur Erhebung der streckenbezogenen LKW-Gebühr
it der von uns ausgewählten Technik ist ein Jahrhun-
ertwerk. Aber so, lieber Herr Minister, wie Sie, Ihr
aus und Ihr Vorgänger es angelegt haben, haben Sie es
ast zum Jahrhundertmurks gemacht. Wenigstens sind






(A) )



(B) )


Georg Brunnhuber

wir kurz davor, dass die Öffentlichkeit in Deutschland
und Europa davon ausgeht, dass die Deutschen nicht ein-
mal mehr in der Lage sind, ein System zu entwickeln,
das in Europa und überall in der Welt schon funktioniert.
Herr Minister, für diesen Murks tragen Sie die Verant-
wortung.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das heißt, der Minister ist schuld?)


Die Murkser sitzen hier.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Lächerlich! Nun ist es gut!)


Seit Rot-Grün die Verkehrspolitik organisiert, ist der
Murks in dieser Politik an allen Ecken und Enden zu se-
hen. Immerhin ist es so weit gekommen, dass offensicht-
lich selbst der Kanzler erkannte, dass drei Minister
Murkser waren; denn er hat sie schon abgelöst. Die Ent-
lassung des vierten Ministers aufgrund seines dilettanti-
schen Vorgehens in dieser Sache ist zumindest schon in
Sichtweite.

Lieber Herr Minister Stolpe, wir alle wissen, dass Sie
erst seit einem Jahr Minister sind. Aber Sie können sich
nicht mit der Behauptung aus der Verantwortung stehlen,
dass Sie von nichts gewusst haben. Als Sie im Novem-
ber des letzten Jahres zum ersten Mal im Verkehrsaus-
schuss waren, haben wir Ihnen genau die Probleme ge-
schildert; denn das ganze Vorgehen bei der LKW-Maut
war vom ersten Tag an Murks. Schon die Ausschreibung
war vermurkst. Die Vergabe war so vermurkst, dass man
drei Gerichte bemühen musste, um sie zu regeln. Wenn
zwei Tage vor der Bundestagswahl ein solcher Milliar-
denvertrag unterschrieben wird, dann muss man kein
Hellseher sein, um zu wissen, dass in diesem Vertrag of-
fensichtlich erhebliche Fehler und Mängel enthalten
sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben zwar keine Erkenntnisse, aber eine Infor-

mation aus verschiedenen Richtungen, dass nicht die
Wirtschaft, sondern Sie die Veröffentlichung dieses Ver-
trages fürchten.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Je weniger Ahnung, desto größer die Sprüche! – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine infame Verleumdung! Das stimmt nicht! Das Gegenteil ist gesagt worden!)


Man kann fast schon spüren, dass in diesem Vertrag
wahrscheinlich nicht enthalten ist, wann der Starttermin
sein sollte, wie viele Geräte in die LKWs eingebaut wer-
den müssen und wer zahlt, wenn das System nicht funk-
tioniert.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Alles Spekulationen!)


Wir vermuten, dass der Auftraggeber den Vertrag nicht
so formuliert hat, dass der Auftragnehmer spuren muss.

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(C (D (Ludwig Stiegler [SPD]: Das reicht an Verleumdung! – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Am besten, wir schauen hinein, dann wissen wir, was drinsteht!)


Deshalb müssen wir sagen: Sie und diese Regierung
agen dafür die Verantwortung, nicht die Industrie.
enn Sie dafür nicht die Verantwortung übernehmen
nd deshalb Ihren Hut nehmen, dann muss man sich fra-
en, was in diesem Land noch passieren muss, bevor ein
inister freiwillig geht, damit sein Nachfolger die Sache
esser regeln kann. Wenigstens einen Teil der Verant-
ortung sollten Sie übernehmen. Herr Minister, aus die-
er Sache kommen Sie nicht mehr heraus.
Ich nenne Ihnen einen zweiten Grund, warum Sie aus

ieser Sache nicht mehr herauskommen. In Ihrem Hause
nd im Kanzleramt wurde die Harmonisierung mit den
nternehmerverbänden besprochen und versprochen.
an hat im Kanzleramt, nicht in der Opposition, in der
tzten Legislaturperiode festgelegt: Harmonisierung so
roß wie möglich. Die Summe von 600 Millionen haben
icht wir erfunden.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber natürlich!)


ie wurde damals den Unternehmern im Kanzleramt zu-
esagt.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man merkt, dass Sie es wissen. Deshalb tut es weh.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Deshalb schreit er auch so! – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine dreiste Lüge!)


ie absolute Unverschämtheit, Lug und Trug in der Poli-
k, kommen zum Tragen, wenn der Bundeskanzler er-
lärt:


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist Geschichtsfälschung! Ich war dabei!)


ir bemühen uns zwar, in Brüssel Harmonisierungs-
chritte nach den Vorgaben des Vermittlungsausschusses
mzusetzen, aber wenn das dort nicht akzeptiert wird,
ann gibt es eben nichts.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Der Bundeskanzler hat nie eine Zahl genannt! Die Zahl 600 kommt von euch! Die war damals schon illusionär!)


enn Sie schon nicht in anderen Bereichen die Verant-
ortung übernehmen wollen, Herr Minister Stolpe, dann
üssen Sie sie in diesem Bereich übernehmen. Sie müs-
en sagen: Herr Bundeskanzler, entweder Sie nehmen
iesen Satz zurück oder ich trete ab.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist alles gelogen! Das glauben doch deine eigenen Leute nicht, was du da erzählst!)







(A) )



(B) )


Georg Brunnhuber

Sie haben doch die Verantwortung für 100 000 Unter-
nehmen. Arbeitsplätze werden in diesem Land im nächs-
ten Jahr verloren gehen, weil wir keine Harmonisierung
und keinen gleichartigen Wettbewerb haben. Dafür sind
Sie der Hauptverantwortliche.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ihr wollt die Maut überhaupt nicht! Das ist der Hintergrund!)


Ich sage Ihnen, Herr Minister, es gab hier einmal jeman-
den, der sagte: Avanti Dilettanti. Ich rufe Ihnen das zu.
Nehmen Sie Ihre Staatssekretäre gleich mit. Ich bin
überzeugt, wenn der Pförtner die Arbeit bei Ihnen macht,
wird es mit Sicherheit nicht schlechter.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Setzen! Sechs! – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein ernst zu nehmender Redebeitrag! – Gegenruf des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das war genauso wie bei Ludwig Stiegler!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506307600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gunter

Weißgerber.


Gunter Weißgerber (SPD):
Rede ID: ID1506307700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Opposition scheint arm dran zu sein. Ohne Steilvor-
lagen aus der Koalition hätten Sie nicht einmal ein
Thema für die Aktuelle Stunde des heutigen Tages ge-
habt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ach, Herr Weißgerber, lassen Sie das nur unsere Sorge sein!)


Von wegen „Rufe aus dem Walde, aus der Koalition“!
Natürlich sind die aktuellen Mautschwierigkeiten extrem
ärgerlich und vor allem kommen sie uns teuer zu stehen.
Aber bei dieser Diskussion sollten wir auf die Gewich-
tung achten.

Der Vertrag ist die eine Seite. Darüber wollen wir alle
Aufklärung. Ich erinnere an die gestrige Haushaltsaus-
schusssitzung. Der Minister hat angeboten – Sie haben
daraufhin Ihren Antrag zurückgezogen –, in den nächs-
ten zwei Wochen für Aufklärung zu sorgen und mit dem
Konsortium zu reden, dass der Vertrag gänzlich offen
gelegt wird. Ich mache aber eine wichtige Einschrän-
kung: Die Betriebsdaten, das, was patentrechtlich ge-
schützt ist, und technische Details sollen natürlich nicht
in die Öffentlichkeit gelangen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das steht nicht im Vertrag!)


Das ist klar, schon aus Gründen des Schutzes vor der
Konkurrenz. Aber die anderen Daten wie Zahlungsmo-
dalitäten, Leistungsverpflichtungen, Gewährleistungen,
Schadensersatz- und Vertragsstrafenregelungen und

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(C (D eitpläne wollen wir wissen. Das alles muss offen gelegt erden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wer garantiert mir die Vollständigkeit?)


Wichtiger als die Vertragskontrolle und Vertragsvoll-
iehung ist für mich in diesem Moment aber die Frage,
arum wir noch keine Mauteinnahmen haben. Sie wis-
en, monatlich fehlen 163 Millionen Euro. Es gibt eine
ereinbarung mit dem Finanzminister, dass er den Be-
rag vorschießt und wir ihn bis zum Jahr 2006 im Einzel-
lan 12 wieder erwirtschaften müssen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Glauben Sie das?)


eil dieser Vereinbarung ist, dass die Ansätze für Ver-
ehrsinfrastrukturmittel nicht angetastet werden.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das sieht man im Haushalt 2004!)


ch bin Haushaltspolitiker der Koalition und stehe dazu.
ie können auch dazu beitragen, dass das tatsächlich in
en nächsten Jahren geschieht und letztlich ein Erfolg
ird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wer ist denn an den fehlenden Mauteinnahmen tat-
ächlich schuld? Das ist doch nicht der Vertragspartner,
er zu zahlen hat, sondern der Vertragspartner, der die
eistungen zugesagt hat.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genauso ist es! Das kleine Einmaleins der Marktwirtschaft! Und das muss man euch erklären!)


araus ergeben sich für mich Fragen an die Industrie. Es
ind allesamt Weltfirmen. Davon mache ich keinen Ab-
trich. Ich unterstelle nicht einmal, dass es anders ist.
ine Weltfirma muss aber bestimmten Ansprüchen ge-
ügen. Ich habe mir den Internetauftritt der Telekom und
en von Daimler-Chrysler angesehen. Bei der Deutschen
elekom steht:

Die Deutsche Telekom AG setzt als eines der vier
weltweit größten Telekommunikationsunterneh-
men internationale Maßstäbe.

uf der Homepage von Daimler-Chrysler steht unter an-
erem:

Die Strategie von Daimler-Chrysler basiert auf vier
Säulen: globale Präsenz, starkes Markenportfolio,
umfassendes Produktprogramm sowie Technolo-
gie- und Innovationsführerschaft.

(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Was sagt uns das?)

as steht aus meiner Sicht auch berechtigt darin, aber im
oment genügen sie diesen Ansprüchen nicht. Die Ver-
ntwortung für die Misere liegt tatsächlich bei der Partei,
ie versprochen hat, die Leistungen zu erbringen. Es






(A) )



(B) )


Gunter Weißgerber

stellt sich für mich schon die Frage: Ist hier der Mund zu
voll genommen worden, wie dilettantisch ist an die Ar-
beit gegangen worden?

Herr Oswald und andere erwecken ja den Eindruck,
dass auch die Bundesregierung und die Koalitionsabge-
ordneten – möglicherweise im Fraktionsraum – On
Board Units, selbst zusammenbasteln sollen. Wir schei-
nen ja diejenigen zu sein, die es nicht zustande bringen.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Nein, nicht das auch noch! – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Bitte nicht!)


– Ja, so ähnlich haben Sie das gesagt!

(Ludwig Stiegler [SPD]: Wenn der Oswald bauen würde, wären wir in der Steinzeit!)


– Genau! Deshalb gibt es ja den Vertragspartner, der uns
die Lieferungen zugesichert hat. Die Mauteinführung
hätte von Anfang an Chefsache im Konsortium sein
müssen. Im Moment scheinen die Chefs des Konsor-
tiums das auch zu erkennen, leider zu spät.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Abschließend bleibt für mich festzustellen: Ver-
tragstreu ist die Bundesregierung, vertragsuntreu ist im
Moment das Konsortium. Das sollten Sie beachten.

Als Haushälter erwarte ich selbstverständlich, dass
der Probebetrieb schnellstmöglich beginnt und wir
schnellstmöglich zu Mauteinnahmen kommen. Schrei-
ben Sie sich das hinter die Ohren!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506307800

Jetzt hat der Kollege Dietrich Austermann das Wort.

Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1506307900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege

Weißgerber hat sich zu dem Thema Mauteinnahmen ge-
äußert. Ich will gleich die konkreten Zahlen nennen, da-
mit man genau weiß, was durch Versäumnisse der Indus-
trie und aufgrund mangelnder Aufsicht des Ministers
bisher an Schaden entstanden ist.

Aber zunächst möchte ich daran erinnern, was eigent-
lich beabsichtigt war. Es war beabsichtigt, ein Verkehrs-
system zu schaffen, das zusätzliche Einnahmen bringen
sollte. Damit wollte man mehr in die Verkehrsinfrastruk-
tur investieren


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


und eine stärkere Beteiligung insbesondere des ausländi-
schen Speditionsgewerbes erreichen.

Natürlich hat man unterstellt, dass dann mehr in Stra-
ßen investiert wird und mehr Staus beseitigt werden kön-
nen. Ich erinnere mich noch daran, dass Sie vor drei Jah-
ren Karten veröffentlicht haben, aus denen hervorging,

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(C (D elche Straße ganz konkret verbreitert und was alles von em zusätzlichen Geld, das man einnimmt, gemacht erden sollte. Wenn man sich heute die Situation ansieht, muss man infach sagen, dass es so ist wie bei fast jedem anderen hema: Was Sie machen, machen Sie schlecht! (Beifall bei der CDU/CSU – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Sie machen das schlecht, was wir machen!)


Ja, natürlich! Was Sie machen, machen Sie schlecht!
Der Minister hat gestern im Ausschuss gesagt: Ich
eiß nicht, was ich konkret hätte machen können. Genau
as ist das Problem! Er weiß nicht, was er eigentlich ma-
hen müsste. Deswegen sagen wir: Wenn er nicht weiß,
as er machen muss, ist er auf diesem Posten der Fal-
che. Ein Auftragnehmer, wie gut oder wie schlecht er
uch immer ist, hat den Anspruch darauf, dass der Auf-
raggeber ihn ernst nimmt, ihn fordert und ihn zum Er-
ebnis treibt. Einer, der nur dasitzt, zuschaut und nicht
eiß, was er tun soll, hat dann auch konkret den Scha-
en zu vertreten, den wir heute haben.
Jetzt nenne ich die Zahlen. Herr Stolpe gibt ja jede
oche, jeden Tag andere Zahlen an. Im Haushalt dieses
ahres stehen Einnahmen in der Größenordnung von
Milliarde Euro durch die Maut. Diese 1 Milliarde wird
n diesem Jahr nicht fließen. Das heißt, der Finanzminis-
er bekommt ein Problem. Weil er dieses Problem hat,
ibt es weniger Geld für Infrastruktur. Weil es weniger
eld für Infrastruktur gibt, gibt es in Deutschland mehr
taus. Genau das ist das Problem. Das heißt, alles das,
as einmal beabsichtigt war, ist bisher total gescheitert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


Wenn Sie dagegenrechnen, welche Erfassungskosten
s gibt, heißt das, dass netto mit Sicherheit mindestens
40 Millionen Euro, mit denen wir gerechnet haben, in
iesem Jahr fehlen werden.
Wenn ich erkenne, dass das Ganze nicht läuft, muss

ch doch wenigstens die Vignette weiterlaufen lassen.

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ach, so ist das?)

ie litauischen LKW-Fahrer gehen heute noch an die
renzstation Pomellen und wollen ihre Vignette bezah-
en. Dieses Geld geht verloren. Das sind in diesem Jahr
llein 170 Millionen Euro, die Sie bei dieser Geschichte
rauflegen müssen.


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein, eben nicht! Die sind verrechnet!)


Ja, natürlich. Wenn man erkennt, dass die Einführung
er Maut nicht klappt, hätte man doch sagen müssen:
ir machen ein Gesetz, das aus einem Satz besteht,
ämlich: Die Vignette gilt weiter, bis die Maut einge-
ührt ist. Das ist doch eine ganz einfache Geschichte.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)







(A) )



(B) )


Dietrich Austermann

Jetzt brauchen Sie sich nicht weiter aufzuregen. Sie

sind doch auch nicht zufrieden mit dem Verfahren, mit
der Entwicklung und mit dem totalen Scheitern. Weshalb
haben denn die Grünen und die Roten im Haushaltsaus-
schuss gefordert, die Verträge offen zu legen? Das haben
sie doch nicht gefordert, weil sie meinen, dass der Minis-
ter alles richtig macht, sondern weil sie glauben, dass die
Verträge zulasten des deutschen Steuerzahlers gehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Genau das ist auch unsere Sorge, weil nämlich ständig
Änderungen zur Entlastung der Industrie vorgenommen
wurden, die diese von jedem Druck und jedem Risiko
befreien.

Sie haben ausgeführt, Herr Stolpe: Wir müssen über
Schadensersatz und Haftung verhandeln; vielleicht kön-
nen wir auch das BGB anwenden. Das heißt doch, dass
es zu den für jeden Vertrag wichtigen Themen Schadens-
ersatz und Haftung keine vernünftigen gültigen Regelun-
gen gibt. Wer hat denn die Verträge gemacht und was ist
in der Zwischenzeit passiert?


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben gestern im Haushaltsausschuss und auch

heute darauf hingewiesen, dass Sie sich am
13. November vergangenen Jahres mit Frau de Palacio
getroffen und mit ihr über Harmonisierung – das heißt,
über eine zumindest teilweise Entlastung des deutschen
Güterkraftverkehrs – gesprochen haben.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Über alles! Zum guten Ende über alles!)


Wir wollten schließlich auch, dass die Ausländer endlich
für das Verhunzen unserer Straßen bezahlen.

Was ist seitdem passiert? Inzwischen sind zehn Mo-
nate vergangen. Sie haben zwar damals darüber gespro-
chen, aber dann ist nichts passiert. Was ist das für ein Er-
gebnis, wenn man zehn Monate lang Minister ist und
sich bis heute nichts bewegt hat?


(Ludwig Stiegler [SPD]: Wenn man 16 Jahre regiert und nichts zustande bringt, sollte man jetzt die Klappe halten!)


Er hoffe, hat er gestern gesagt, dass bis zum Jahresende
ein Ergebnis erzielt wird. Davon, wie dieses Ergebnis
aussehen könnte, hat er bis heute keine Vorstellung.

Das Problem ist, Herr Stolpe – das ist der eigentliche
Vorwurf, den man Ihnen machen muss –, dass Sie immer
wieder feststellen, dass das Ziel fast erreicht ist und gute
Fortschritte erzielt werden. Gestern hat er überraschen-
derweise festgestellt, dass er schon immer den Beginn
des Mautbetriebs am 1. Januar 2004 befürwortet habe,


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht überraschend! Für Sie ist das überraschend, weil Sie so ahnungslos sind!)


dass das System zeitnah eingeführt werde und das finan-
zielle Risiko begrenzt sei.

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(C (D Mit dieser Verniedlichung der bestehenden Probleme rwecken Sie bei uns den Eindruck, dass Sie das Prolem und damit auch die notwendigen Schritte, um das roblem zu verkleinern, nicht erkennen können. Desween stimme ich der Feststellung des Kollegen Fischers u. Es tut mir leid, aber Sie sind in Ihrer Position fehl am latz. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Sie hatten vor einem Jahr festgestellt, dass Sie eigent-
ich genug getan hätten.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506308000

Herr Kollege!


Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1506308100

Ich bin fast fertig. – Herr Schmidt und Herr Stiegler

aben Sie so gelobt, als hätten Sie einen zweiten Orden
erdient. Sie hätten es aber damals dabei belassen sollen.
enn einem der Schwung fehlt, die Dinge zu gestalten,
ollte man abtreten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506308200

Jetzt hat der Abgeordnete Uwe Beckmeyer das Wort.

r ist der letzte Redner in der Aktuellen Stunde.

Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1506308300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Wenn man, wie ich es getan habe, die Beiträge
er Opposition heute Mittag verfolgt hat, hat man fest-
tellen können, dass es nur um eines geht, nämlich da-
um, diesen Minister zu beschädigen. Sie wollen nur
raufhauen. Ihnen geht es nicht darum, eine Sache zu
ördern; Sie wollen vielmehr einer Person schaden. Sie
eduzieren das gesamte Problem auf eine Person. Das ist,
enke ich, völlig unangemessen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Erstens. Es gibt – das ist durch die Presse seit Mona-
en bekannt – Probleme. Aber es handelt sich dabei nicht
m ein Personalproblem, sondern um ein Technikpro-
lem. Zu den Personen, die den Vertrag unterschrieben
aben, gehören unter anderem die Herren Mangold und
rauner. Zu diesen Herren haben Sie sich aber heute mit
einem Wort geäußert.
Zweitens. Ich halte an dieser Stelle fest, dass wir alles

un müssen, um den Vertragspartner zu veranlassen, die
echnischen Schwierigkeiten zu überwinden und sein
erk zu vollenden, und zwar zeitnah.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Drittens. Es ist immer wieder angesprochen worden,
ass Rot-Grün eine Chance vertan habe. Weshalb hat
ot-Grün eine Chance vertan, Herr Oswald? In Deutsch-






(A) )



(B) )


Uwe Beckmeyer

land wird seit 20 Jahren über die Maut gesprochen.
16 Jahre davon hatten Sie die Regierungsverantwortung.
Bis auf die Eurovignette – das war ein Selbstläufer – ha-
ben Sie aber nichts erreicht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Danach kam etwas Schwung in die Angelegenheit.
Wir haben einen Vertrag unterzeichnet und sind jetzt
– die EU-Kommission hat vor einigen Tagen einen
Richtlinienentwurf vorgelegt, wodurch deutlich wird,
dass dem satellitengesteuerten System in Europa die Zu-
kunft gehören soll – technisch auf dem Weg, ein solches
System zu entwickeln. Wir werden dieses System in
Deutschland einführen, und zwar, wie ich hoffe, zeitnah.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Viertens. Sie fordern Transparenz und weisen darauf
hin, dass Deutschland Klarheit braucht. Natürlich braucht
Deutschland Klarheit. Wenn aber die relevanten Vertrags-
bestandteile aufgedeckt werden sollen – darauf hat
Reinhard Weis vorhin zu Recht hingewiesen –, dann
stimmen Sie im zuständigen Ausschuss dagegen. Ihnen
ist es letztlich egal, ob die Öffentlichkeit oder das Parla-
ment den Vertrag einsehen kann. Ihnen geht es doch nur
darum, in der Bude Qualm und Rauch zu erzeugen, da-
mit entsprechende Personen beschädigt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Was meinen Sie denn mit „Bude“?)


Ich gebe zu, dass man mit dem, was bisher in techni-
scher Hinsicht abgelaufen ist, überhaupt nicht zufrieden
sein kann. Bislang haben wir das mit Großmut ertragen.
Aber unser Großmut ist nun zu Ende. Wir werden uns
darum zu bemühen haben, dass auch die finanziellen
Fragen, die Sie, Herr Austermann, angesprochen haben,
geklärt werden. Es muss geklärt werden, was nun ge-
schehen soll, da uns in diesem Jahr 640 Millionen Euro
durch den – so muss man es wohl nennen – Vertrags-
bruch des Konsortiums drohen abhanden zu kommen.
Auch darum geht es bei der Auseinandersetzung mit Toll
Collect bzw. mit den entsprechenden Firmen, die das
Konsortium bilden, über das Vertragswerk.

Ich möchte keinen Spott in diese Diskussion hinein-
bringen. Man kann sicherlich über das spotten, was dort
in technischer Hinsicht abgelaufen ist. Aber es ist unsere
Pflicht – Ludwig Stiegler hat das bereits gesagt –, dieses
für Deutschland ausgesprochen wichtige technologische
Projekt zu befördern und so nach vorne zu bringen, dass
es in Zukunft – hoffentlich – ein Exportschlager wird,
von dem wir in Deutschland in arbeitsmarktpolitischer
Hinsicht profitieren können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich finde es unerhört, Herr Austermann, wenn Sie sa-
gen, dass man die Eurovignette kurzfristig habe weiter-
laufen lassen können. Sie haben keine Ahnung von dem
Verbundstaatenvertragswerk bezüglich der Eurovignette.
Null Ahnung!

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


n § 17 steht, dass neun Monate vorher gekündigt wer-
en muss. Das können Sie doch nicht einfach außer Acht
assen.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch Herrn Austermann Wurscht!)

ie behaupten, dass das, was Sie fabulieren, die Wahr-
eit sei. Nein, das ist falsch. Rot-Grün hat in diesem Fall
ichtig gehandelt. Das gilt auch im Hinblick auf das Ver-
ragswerk.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Über die Harmonisierungsbeiträge gibt es ständig
useinandersetzungen mit Ihnen, Herr Fischer. Der Be-
chluss des Bundestages und des Bundesrates auf der
rundlage des Ergebnisses im Vermittlungsausschuss
egt fest, dass der Mautsatz vorab – das ist Ihr Vorschlag
ewesen – im Umfang von 600 Millionen Euro gesenkt
erden muss.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Aber das ist keine Harmonisierung!)


ie Maut kann erst erhöht werden, wenn europaweit
ine entsprechende Harmonisierung durch Konsultatio-
en erzielt worden ist. Wenn Sie dem deutschen Volk
nd in diesem Hause erklären, es gebe keinen Harmoni-
ierungsbeitrag, dann muss ich sagen, dass das falsch ist.
er entsprechende Harmonisierungsbeitrag ist bereits
er Beschluss dieses Hauses – dem haben Sie zuge-
timmt – umgesetzt worden.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Wissen Sie, was Harmonisierung ist?)


ch kann Ihnen die entsprechende Stelle vorlesen:
Zur Erreichung dieses Ziels hält es der Deutsche
Bundestag für angemessen, dass der Eingangssatz
für die LKW-Maut auf zunächst durchschnittlich
12,4 Cent pro Kilometer festgelegt wird und dass
dieser Mautsatz je nach Wirksamwerden und nach
Umfang der Maßnahmen, die in den voranstehen-
den Punkten aufgeführt sind und die teilweise einer
vorherigen Zustimmung der EU-Kommission be-
dürfen, auf das ursprünglich vorgesehene Niveau
der Mautsätze von durchschnittlich 15 Cent festge-
setzt wird.

(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das ist der Beweis: keine Anhebung, sondern eine Harmonisierung!)


ass in diesem Zusammenhang konsultiert werden
uss, wussten sowohl Sie als auch wir. Wir sind nicht
äumig, sondern es wird verhandelt.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506308400

Herr Kollege, Sie haben Ihre Redezeit schon weit

berschritten. Sie können höchstens noch einen halben
atz sagen.






(A) )



(B) )



Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1506308500

Liebe Frau Präsidentin, ich bitte um Entschuldigung. –

Ich komme zum Schluss. Ich habe versucht, darzulegen,
dass man sich nicht wie die Opposition wie Ochsenfrö-
sche aufblasen und kein falsches Zeugnis ablegen darf.
Das, was die Opposition gemacht hat, lassen wir ihr
nicht durchgehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Quak! Quak!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506308600

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 3 a bis 3 c auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten

Katherina Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria
Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Stärkung der dualen Berufsausbildung in
Deutschland durch Novellierung des Berufs-
bildungsrechts
– Drucksache 15/1348 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät-
zung (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (17. Ausschuss)

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung
Berufsbildungsbericht 2003

– zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase,
Jörg Tauss, Doris Barnett, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der SPD sowie der Abge-
ordneten Grietje Bettin, Dr. Thea Dückert,
Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Offensive für Ausbildung – Modernisierung
der beruflichen Bildung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina
Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria Böhmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Reformen in der beruflichen Bildung voran-
treiben – Lehrstellenmangel bekämpfen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), Ulrike
Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Für die Stärkung der dualen Berufsausbil-
dung in Deutschland – mehr Chancen durch

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(C (D Flexibilisierung und einen individuellen Ausbildungspass – Drucksachen 15/1000, 15/741, 15/653, 15/587, 15/1302 – Berichterstattung: Abgeordneter Willi Brase Werner Lensing Grietje Bettin Christoph Hartmann c)

richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (17. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase,
Jörg Tauss, Doris Barnett, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der SPD sowie der Abge-
ordneten Grietje Bettin, Dr. Thea Dückert,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
Lasten gerecht verteilen – Mehr Unterneh-
men für Ausbildung gewinnen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina
Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria Böhmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Ausbildungsplatzabgabe zerstört Ausbil-
dungsmotivation

– zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), Ulrike
Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Ausbildung belohnen statt bestrafen – Aus-
bildungsplätze in Betrieben schaffen statt
Warteschleifen finanzieren
– Drucksachen 15/1090, 15/925, 15/1130,
15/1304 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Ernst Küchler
Werner Lensing
Grietje Bettin
Cornelia Pieper

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Es
ibt keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

ie Frau Bundesministerin Edelgard Bulmahn.
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung

nd Forschung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
erren und Damen! Wir debattieren heute über den Be-
ufsbildungsbericht 2003 und die dazugehörigen An-
räge der verschiedenen Fraktionen zur Weiterentwick-
ung der dualen Berufsausbildung. Hinzu kommen die
erschiedenen Vorschläge zu der Frage, ob wir in unse-
em Land eine neue Finanzierungsregelung brauchen,






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

um ein der Nachfrage entsprechendes Ausbildungsplatz-
angebot sicherstellen zu können. Das ist die formale
Seite dieser Debatte.

Ich will aber gleich zu Beginn an Folgendes nach-
drücklich erinnern: Wir sprechen heute in erster Linie
über Berufs- und Lebenschancen junger Menschen. Wir
sprechen über annähernd zwei Drittel der Jugendlichen
in unserem Land, für die eine gute, qualifizierte Berufs-
ausbildung nicht nur der Schlüssel zum Arbeitsmarkt ist,
sondern auch die Basis für soziale Integration und für
gesellschaftliche Teilhabe darstellt.


(Beifall bei der SPD)

Wir sprechen damit auch über die wirtschaftliche und

die gesellschaftliche Zukunft unseres Landes, kurz: über
unser Land. Eines ist nämlich vollkommen klar: Wenn
wir in Deutschland den vorhandenen Wohlstand sichern
wollen, wenn wir ihn weiter ausbauen wollen, wenn wir
im Innovationswettbewerb Schritt halten und vorne sein
wollen, dann brauchen wir dazu vor allem gut ausgebil-
deten Nachwuchs, qualifizierte, engagierte und moti-
vierte Menschen, Fachkräfte genauso wie Ingenieure
und Naturwissenschaftler.

Die Bundesregierung hat deshalb bereits zu Beginn
des Jahres alle Verantwortlichen zusammengerufen, um
mit ihnen gemeinsam zu beratschlagen, wie wir in die-
sem Jahr sicherstellen können, dass alle Jugendlichen
eine Chance erhalten, sozusagen den Schlüssel zu einem
erfolgreichen Berufsleben in die Hand zu bekommen;
denn wir wussten seit dem letzten Winter, dass wir in
diesem Jahr – im Gegensatz zu den vorherigen Jahren –
eine extrem schwierige Situation vorfinden.

Wir haben bereits Ende April gemeinsam mit den So-
zialpartnern, mit Arbeitgebern und Gewerkschaften, die
Ausbildungsoffensive 2003 gestartet und eine ganze
Reihe von Maßnahmen durchgeführt, um mehr Betriebe
für berufliche Ausbildung zu gewinnen. Wir beteiligen
uns mit rund 95 Millionen Euro an der Finanzierung von
circa 14 000 betriebsnahen Ausbildungsplätzen in den
neuen Bundesländern, weil die dortige Ausbildungssitu-
ation nach wie vor sehr schwierig ist. Wir fördern Ju-
gendliche mit schlechten schulischen Voraussetzungen
– Jugendliche ohne Hauptschulabschluss, Jugendliche
mit einem schlechten Hauptschulabschluss –, damit auch
sie die Voraussetzungen dafür erhalten, erfolgreich ins
Berufsleben zu starten.

Wir unterstützen die Kammern, Industrie- und Han-
delskammern sowie Handwerkskammern, durch den
Einsatz von Ausbildungsplatzentwicklern. Wir lassen
die Betriebe mit ihren Anstrengungen und Aufgaben
nicht allein; wir unterstützen sie, und zwar nicht nur bei
der Suche und bei der Einstellung von Auszubildenden,
sondern auch im gesamten Zeitraum der Ausbildung.

Wir haben die Ausbilder-Eignungsverordnung außer
Kraft gesetzt und damit vielen Betrieben, die bereit und
auch in der Lage sind, auszubilden, den Zugang zur Aus-
bildung ermöglicht. Mit all diesen Anstrengungen ist es
uns gelungen, allein in den letzten Monaten circa 12 000
zusätzliche Ausbildungsstellen zu gewinnen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das zeigt auf der einen Seite: Es ist etwas geschafft
orden; aber es ist nicht genug geschafft worden. Es gab
m Ende des Monats August immer noch viel zu viele
ugendliche, die noch keine Lehrstelle gefunden hatten
nd denen noch kein Ausbildungsplatzangebot vorlag.
as treibt uns alle miteinander um. Das ist auch einer
er Gründe, weshalb wir diese Debatte – zu Recht – füh-
en.
Ende August gab es 167 640 Jugendliche, die noch

einen Ausbildungsplatz hatten. Ihnen standen 54 500
nbesetzte Ausbildungsplätze gegenüber. Die so ge-
annte rechnerische Lücke betrug also 113 000. Das
iegt jetzt fast einen Monat zurück. In diesen letzten vier
ochen – das wissen wir – hat sich noch eine ganze
enge getan. Wir wissen noch nicht, wie die konkrete
usbildungsplatzsituation jetzt aussieht. Nichtsdesto-
rotz sage ich ausdrücklich: Es gibt keinerlei Anlass, ein
eichen der Entwarnung zu geben und zu sagen: „Es ist
eschafft“, weil wir nach allen Daten, die uns zur Verfü-
ung stehen, feststellen müssen, dass rund 35 000 weni-
er Ausbildungsplätze als im vergangenen Jahr vorhan-
en sind. Das ist das, was mir jedenfalls wirklich ganz
roße Sorge macht. Wir können es nicht zulassen – das
age ich noch einmal ausdrücklich, auch für die Bundes-
egierung, und, ich denke, für den Bundestag –, dass
0 000, 60 000 Jugendliche vor dem Nichts stehen,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie nämlich keine berufliche Ausbildung haben und da-
it nicht den Schlüssel zu einem erfolgreichen Berufsle-
en in der Hand haben. Das ist nicht verantwortbar.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir

lles dafür tun, dass das Blatt noch gewendet wird. Wenn
as Blatt noch gewendet werden soll, dann müssen vor
llem die Unternehmen und die Betriebe zu einem au-
erordentlichen Engagement bereit sein. Ich weiß,
ass viele Unternehmen in den vergangenen Monaten
ine Menge getan haben, aber es sind noch nicht genug.
s sind noch nicht genug Unternehmen beteiligt und es
ibt auch noch nicht genug Ausbildungsplätze in den
inzelnen Betrieben.
Eines steht außer Frage: Der Staat tut eine ganze
enge. Zu nennen sind die Programme, die ich aufge-
ählt habe, die umfangreiche Unterstützung, die wir zum
eispiel benachteiligten Jugendlichen geben, die schuli-
chen Angebote, die wir Jugendlichen machen. Der Staat
ut eine ganze Menge, aber der Staat kann nicht alles
eisten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir können im Grunde nicht ausbilden. Wir tun es in
en Ministerien, wir tun es in den Behörden, wir unter-
tützen auch die Betriebe, aber wir können nicht in gro-
em Maßstab ausbilden.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Wie viel bildet denn das Kanzleramt aus?)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Wir brauchen die Wirtschaft und wir brauchen die
Betriebe, die zu ihrem eigenen Vorteil gut ausbilden
müssen und für gut ausgebildete Arbeitskräfte sorgen
müssen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ausbildung ist eine lohnende Investition in die Zu-
kunft. Sie rechnet sich für die Unternehmen, übrigens
auch dann, wenn man es streng betriebswirtschaftlich
betrachtet. Es ist in der Regel teurer, Fachkräfte über den
Arbeitsmarkt zu gewinnen, als den Fachkräftenach-
wuchs selbst auszubilden. Wer nicht ausbildet, schadet
also nicht nur der gesamten Branche, sondern er schadet
auch seinem eigenen Unternehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das müsste doch letztlich jeder begreifen können.
Für die Stabilität und damit auch für den dauerhaften

Erfolg in der beruflichen Ausbildung ist es unverzicht-
bar, dass auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aus-
gebildet wird. Ausbildung darf nicht konjunkturabhän-
gig sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn sie es ist, funktioniert das System der dualen Aus-
bildung nicht mehr, weil es nämlich von der Kontinuität,
von der Verlässlichkeit abhängt.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Machen Sie eine vernünftige Konjunkturpolitik, Frau Bulmahn, und dann löst sich das Problem von allein!)


Genau das tun wir. In unseren staatlichen Programmen
bieten wir genau das an, aber auch Unternehmen und
Betriebe müssen das gewährleisten.

Wenn alle Unternehmen und Betriebe diese Aufgabe
wirklich als ihre wichtigste Aufgabe begreifen und ernst
nehmen würden, so wie das viele, gerade kleine und mitt-
lere Unternehmen in unserem Land, tun – die will ich aus-
drücklich loben und ihnen ausdrücklich Dank
aussprechen –, dann hätten wir in Deutschland kein Aus-
bildungsplatzproblem, dann hätten wir genügend Ausbil-
dungsplätze, dann hätte die Branche und auch jedes Un-
ternehmen die Sicherheit, über qualifizierten Nachwuchs
zu verfügen, damit hätten auch alle Jugendlichen die Aus-
bildungschance, die sie brauchen. Aber das tun nicht alle.
500 000 Betriebe, die ausbilden könnten, tun es nicht.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Warum? – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: 40 000 Pleite gegangene Betriebe bilden auch nicht mehr aus!)


Das ist nicht akzeptabel. Das ist nicht hinnehmbar. Auch
diese Unternehmen müssen ihren Anteil leisten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn wir das System der dualen Ausbildung, das davon
lebt, dass Unternehmen und Betriebe mitmachen, erhal-

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(C (D en wollen – ich will das –, dann müssen die Betriebe itmachen. Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Chemiebran he und in der niedersächsischen Metallindustrie haben orbildlich vorgemacht, wie man die Probleme über Taifverträge und freiwillige Initiativen lösen kann. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch hätte mir gewünscht, dass in den vergangenen Mona-
en alle Branchen in allen Regionen diese Chance ergrif-
en hätten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich verstehe es nicht – das sage ich ausdrücklich an
ie Adresse der Tarifpartner – und halte es auch nicht für
kzeptabel, dass nicht alle Tarifpartner nicht genau die-
en Weg gegangen sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir hätten ihnen dafür alle Unterstützung gegeben. Das
un wir nach wie vor, aber die Tarifpartner stehen ge-
auso wie wir in der Verantwortung. Daran werde ich
uch nicht rütteln lassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ine gesetzliche Regelung – ich sage das ausdrücklich –
st das letzte Mittel; dieses Mittel erübrigt sich im Übri-
en, wenn die Tarifvertragsparteien in der Wirtschaft ih-
er Ausbildungsverantwortung nachkommen und ihre
igene Zukunftssicherung nun endlich auch energisch
orantreiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundes-

egierung stellt wie in den vergangenen Jahren auch
ünftig erhebliche Haushaltsmittel bereit, um allen jun-
en Menschen eine Chance auf Ausbildung zu geben.
ir werden die in der vergangenen Legislaturperiode
egonnenen Reformen zur Weiterentwicklung der beruf-
ichen Aus- und Weiterbildung mit Nachdruck vorantrei-
en. Die Anträge der Oppositionsfraktionen bieten hier
eider nicht viel Neues: Sie legen entweder umfangrei-
he Forderungskataloge vor, ohne zur Kenntnis zu neh-
en, dass die Bundesregierung auf all diesen Feldern
ängst gehandelt hat – ein Beispiel ist die Lockerung
zw. Aussetzung der Ausbilder-Eignungsverordnung –,


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Wir haben nicht die Aussetzung, sondern die Lockerung gefordert! Das ist ein großer Unterschied!)


der Sie schütten gleich das Kind mit dem Bade aus – das
t auch nicht besonders hilfreich –, indem Sie die totale
odularisierung der dualen Berufsausbildung vorschla-
en. Damit würden Sie zugleich das Berufskonzept auf-
eben. Das alles führt nicht zu einer Verbesserung des
ualen Systems.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Deshalb sage ich ausdrücklich: Die Bundesregierung

setzt auf moderne, zukunftsfähige Berufe, auf neue Qua-
lifikationsmöglichkeiten und Flexibilität. Wir haben in-
zwischen über die Hälfte der gängigen Berufe moderni-
siert und dabei insbesondere im wachsenden
Dienstleistungssektor neue Berufe geschaffen. Wir wer-
den genau diese Politik fortsetzen. Wir wollen eine ex-
zellente berufliche Ausbildung, wir wollen die notwen-
dige Flexibilität sicherstellen und zugleich das
Berufskonzept erhalten. Darüber befinden wir uns in in-
tensiven Gesprächen mit den Sozialpartnern, mit Wis-
senschaftlern, mit Ländervertretern, mit Experten und
natürlich auch mit den Abgeordneten in den Ausschüs-
sen; diesen Austausch werden wir auch fortsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506308700

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Dagmar Wöhrl.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1506308800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Wir wollen
die wirtschaftliche Position unseres Landes im glo-
balen Wettbewerb stärken, neue Arbeitsplätze
schaffen und unseren Lebensstandard sichern und
ausbauen.


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut!)

So lautete der erste Satz im Bildungskapitel Ihres Koali-
tionsvertrags. Das ist einwandfrei, hervorragend; da kön-
nen wir alle zustimmen, auch wir von der Union.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dieser Satz stammte allerdings nicht von Rot-Grün,
wenn nicht sofort wieder ein Aber nachgeschoben
würde, dort fordern Sie nämlich die Bundesregierung
auf – ich zitiere –:

für den Fall, dass die Wirtschaft nicht in der Lage
ist, für das … ausreichende Angebot an qualifizier-
ten Nachwuchskräften … zu sorgen …, umgehend
eine gesetzliche Regelung vorzulegen, die darauf
zielt, Lasten gerecht zu verteilen.

So lautet Ihre Forderung in dem Antrag zur heutigen De-
batte.


(Zurufe von der SPD)

Dem können wir nicht zustimmen. Das werden Sie auch
verstehen; es ist nämlich ein wirtschaftspolitischer Irr-
witz, den Sie hier auf den Weg bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Liebe Kollegen, Sie haben mit dieser Forderung ge-

zeigt, dass Sie immer noch nicht verstanden haben, wo-
hin die Reise gehen muss, damit wir endlich aus der

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(C (D irtschaftskrise in unserem Land herauskommen. Sie ennen die Zahlen; ich brauche sie nicht extra zu erwähen: 559 000 junge Menschen unter 25 Jahren sind noch mmer arbeitslos gemeldet. Ich rede gar nicht über die 0 000, die sich in Maßnahmen des JUMP-Programms efinden und so aus der Statistik herausgefallen sind. rau Bulmahn hat eben angesprochen, dass wir noch imer eine sehr große Lehrstellenlücke haben. Wir hofen, dass wir sie verkleinern können, aber die Lücke ist mmerhin um 45 Prozent größer als die im letzten Jahr. ier müssen wir eine Trendwende zu mehr Lehrstellen nd mehr Jobs hinbekommen, sonst schaffen wir soziaen Sprengstoff, der unsere Zukunft bedroht. In dieser Situation geht es nicht immer nur um irgendelche Korrekturen. Es geht hier wirklich um klare ichtungsentscheidungen. Wohin wollen wir gehen? uf der einen Seite plädieren Sie für staatlichen Dirigisus. Sie hoffen wirklich, damit etwas zu bewirken, wo ie nichts bewirken werden. uf der anderen Seite stehen wir von der Union für mehr reiheit, mehr Verantwortung und Vertrauen in die Leisungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Einzelnen. Es ist bezeichnend für Ihre Denkweise. Bei Ihnen gibt s immer wieder die eine Überschrift: Verteilung. Aber s geht nicht um gerechte Lastenverteilung, wie Sie sie n Ihrem Antrag fordern, sondern es geht um die Schafung von mehr Ausbildungsplätzen und mehr Jobs insgeamt. Für mich ist es unbegreiflich, dass Sie kleine und ittlere Betriebe, die zwei Drittel aller Ausbildungslätze stellen und nicht in der Lage sind, noch mehr Ausildungsplätze zu schaffen, zusätzlich mit einer Ausbilungsplatzabgabe bestrafen wollen. Wenn der Mittelstand nicht weitere Ausbildungs lätze zur Verfügung stellen kann, müssen Sie doch einal fragen: Warum kann er das nicht? Das liegt doch uch an den Rahmenbedingungen, die Sie schaffen, an en steigenden Abgaben, den steigenden Steuern, dem uwachs an Bürokratie. (Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Genau so ist das! 40 000 Unternehmenspleiten, Herr Tauss!)


(Widerspruch bei der SPD)


(Jörg Tauss [SPD]: Nein! Das ist doch albern!)


eswegen müssen staatliche Zwangsmaßnahmen abge-
aut werden, statt neue zu schaffen, wie Sie es vorschla-
en.
Vor allem brauchen wir ein erstklassiges Bildungs-

ystem.

(Jörg Tauss [SPD]: Der Bayern-Wahlkampf ist vorbei!)

arum investieren denn die Unternehmen nicht mehr?
arum stellen sie keine neuen Mitarbeiter mehr ein?
arum werden keine neuen Lehrstellen mehr geschaf-

en?

(Jörg Tauss [SPD]: Weil ihr blockiert!)







(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl

Die Antwort ist einfach und einleuchtend – das wissen
auch Sie –: Eingestellt wird nur, wenn es sich lohnt und
wenn geeignete Bewerber vorhanden sind. Das sind die
beiden entscheidenden Kernvoraussetzungen, die aber
von Ihnen und in Deutschland leider immer weniger er-
füllt werden.

Nur rund ein Drittel aller deutschen Unternehmen
macht in diesem Jahr überhaupt noch Gewinne, ein Drit-
tel wird mit plus/minus null aus dem Geschäftsjahr ge-
hen und ein Drittel tiefrote Zahlen schreiben. Auf die
40 000 Insolvenzen, die die Statistik ausweist, will ich
jetzt gar nicht näher eingehen. Die volkswirtschaftlichen
Verluste gehen in die Milliarden. Das wirkt sich natür-
lich auch auf den Arbeitsmarkt und den Ausbildungs-
markt aus.

Sie kennen doch die Zahlen aus Nürnberg: Im Ver-
gleich zum Juli des letzten Jahres waren es im Juli dieses
Jahres 622 000 Beschäftigte weniger. Das bedeutet nicht
nur 622 000 Einzelschicksale, sondern auch 622 000
Beitragszahler weniger und 622 000 Steuerzahler weni-
ger. Gleichzeitig steigen die Arbeitslosenzahlen.

Wie geht es nun mit dem Bildungssystem in unserem
Land weiter? Wir müssen unser Bildungssystem zukünf-
tig grundlegend verbessern und uns dabei den neuen He-
rausforderungen anpassen. Noch nie zuvor waren die
Faktoren Wissen und Humankapital so essenziell für den
ökonomischen Erfolg wie heute.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506308900

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1506309000

Ja, bitte.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1506309100

Frau Kollegin, da wir uns einig sind, dass das ein

wichtiges Thema ist: Wie beurteilen Sie die Tatsache,
dass das Wirtschaftsministerium auf der Regierungsbank
heute nicht vertreten ist?


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Die haben damit nichts zu tun!)



Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1506309200

Ich denke, dadurch wird das geringe Interesse des

Wirtschaftsministeriums an diesem Thema deutlich.

(Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär, auf der Regierungsbank Platz nehmend: Ich musste mal! – Heiterkeit)


– Ich begrüße ganz herzlich den Staatssekretär, Herrn
Staffelt. Nun können wir, glaube ich, im Thema fortfah-
ren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe eben ange-
sprochen, wie wichtig die Faktoren Wissen und Hu-
mankapital gerade für den ökonomischen Erfolg sind.
Es ist im Sinne einer hohen Arbeitsproduktivität immens
wichtig für unsere Zukunft, dass wir hervorragend aus-

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(C (D ebildete Mitarbeiter haben; denn nur so werden wir zuünftig in der Lage sein, hohe Löhne zu finanzieren, (Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut! Jetzt kommen wir zu den Konsequenzen!)


nseren Lebensstandard zu erhalten, Herr Kollege, und
ie Mittel für einen Sozialstaat zu erwirtschaften. Wir
lle haben doch ein gemeinsames Ziel: Wir wollen wett-
ewerbsfähig sein, auch international. Dafür müssen wir
icht nur gut sein, sondern dafür brauchen wir exzellent
ualifizierte Beschäftigte, die wir selbst ausbilden, aber
uch anlocken.
Wie schaut es momentan aus? Früher kamen die Bes-

en der Besten in unser Land. Heute verlassen jährlich
00 000 Topleute unser Land. Der neue Bericht der EU-
ommission spricht hier eine klare Sprache. Jeder siebte
n Deutschland promovierte Nachwuchswissenschaftler
ird inzwischen von den USA abgeworben. Dieser
raindrain, diese Abwanderung der Köpfe, findet ganz
eise, still und heimlich statt und ist hochgefährlich.
10 Prozent unserer Schulabgänger schaffen nicht

inmal einen Elementarabschluss.

(Jörg Tauss [SPD]: Die meisten in Bayern!)


ECD-Durchschnitt: 6 Prozent. Die Folge dieser Kata-
trophe sind immer mehr junge Menschen ohne Qualifi-
ation, ohne Job. Mehr als zwei Drittel aller jungen
rbeitslosen haben nicht einmal einen Hauptschulab-
chluss. Aber statt hier anzupacken und diese Misere zu
eenden, werden inzwischen 40 Prozent mehr für die
rbeitslosen als für Investitionen in die Schulen ausge-
eben.
Dieser Abwärtstrend zeigt sich auch an den Hoch-

chulen. Auch Sie wissen: Jeder vierte Student verlässt
eute ohne ein Examen die Universität. Noch viel
chlimmer ist es bei den Geistes- und Sprachwissen-
chaften: Es scheitern vier von zehn Kandidaten. Uns ist
och in den letzten Wochen von der OECD ins Stamm-
uch geschrieben worden, dass unsere Investitionen im
ildungsbereich viel niedriger sind als in anderen Län-
ern. Es ist doch besorgniserregend, wenn wir unsere
ildungsausgaben senken und weniger als andere Län-
er investieren.


(Nicolette Kressl [SPD]: Was? – Jörg Tauss [SPD]: Den Bund meinen Sie jetzt nicht!)


Es geht nicht nur um den finanziellen Aspekt, sondern
uch um unser gesellschaftliches Klima. Liebe Kollegin-
en und Kollegen der Regierungfraktionen, Sie setzen
ermanent auf Neid. Sie bringen immer wieder neue
teuern und Abgaben für Vermögende ins Spiel. Warum
ördern Sie nicht ganz gezielt Eliten? Das sind doch ge-
ade unsere besten und hellsten Köpfe. Wir müssen end-
ich weg von dem Negativmix aus harten und weichen
aktoren, der uns immer wieder nach unten gebracht hat.
eshalb ist eine Diskussion um eine Zwangsabgabe, um
mmer mehr staatlichen Einfluss, Bürokratie und Ver-
altung Gift.
Es gibt viele Argumente gegen die Ausbildungs-

latzabgabe. Ich will nur einige davon nennen.






(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl

Erstens: Mehrkosten, die die Unternehmen sich nicht

mehr leisten können. Sie können nicht mit noch mehr
Kosten belastet werden.


(Nicolette Kessl [SPD]: Müssen sie auch nicht! Sie können ja ausbilden!)


Wir sind mit unseren Arbeitskosten schon jetzt Welt-
meister.

Zweitens: unproduktive Verwaltungskosten aufgrund
der Ausbildungsplatzabgabe, die das Institut für Wirt-
schaft auf 700 Millionen Euro schätzt.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Die Abgabe führt zu Mehrarbeit, aber nur auf Beamten-
ebene und nicht im Bereich der Unternehmer.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


Drittens. Die Eignung der Bewerber wird vollkom-
men außer Acht gelassen.

Es wird außer Acht gelassen, dass die Unternehmen
vollständig verschiedene Anforderungen stellen. Viele
hoch spezialisierte Unternehmen brauchen weniger
Facharbeiter, dafür mehr Akademiker. Sie bieten daher
Praktika, aber keine Lehrstellen an. Das kostet, wird al-
lerdings nicht honoriert.

Ihre Politik trimmt die Mentalität unserer Gesell-
schaft auf Staatswirtschaft.


(Jörg Tauss [SPD]: So ist es, und so wird es auch bleiben! Sozialismus!)


Das lässt sich nicht leugnen. Die Ausbildungsplatzab-
gabe, die Sie planen, ist volkswirtschaftlich total schäd-
lich und ein ordnungspolitischer Quatsch. Das wissen
auch Sie.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss Achtung! Der Sozialismus kommt über uns!)


Sie bringen hier ein gigantisches Ablenkungsmanöver
auf den Weg, um vom Versagen Ihrer Politik abzulen-
ken. Wir brauchen keine neue Strafsteuer.


(Zuruf von der SPD: Die Unternehmen sollen einstellen!)


Wir brauchen Unterstützung für junge, kreative Men-
schen. Vor allem brauchen wir Motivation. Die geben
Sie ihnen leider nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Sie aber! Mit Ihrer Rede!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506309300

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Grietje Bettin.

Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506309400

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Liebe Frau Wöhrl, der Staat kann in unserer Ge-
sellschaft nicht für alles die Verantwortung tragen.
Schon gar nicht kann er qualifizierte Fachkräfte selbst
ausbilden.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD – Uwe Schummer [CDU/CSU]: Aber er kann einen Beitrag leisten!)


as ist das für ein Denkmodell, dem Sie hier unterlie-
en? Der Staat hat das Risiko und die Wirtschaft macht
en Gewinn – oder was?
Sie sollten sich der Realität nicht verschließen. Sie

ollten sich dem Populismus der Wirtschaft nicht beu-
en. Das ist zu billig und liegt nicht im Interesse der jun-
en Menschen in unserem Land.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Alle Jahre wieder gibt es das gleiche Bild: Jeden
ommer warnen die Arbeitsämter vor fehlenden Lehr-
tellen, rufen Gewerkschaften sowie Politikerinnen und
olitiker die Betriebe auf, mehr Ausbildungsplätze zu
chaffen. In diesem Jahr ist die Lage besonders trist.
chon seit April erinnern wir die Arbeitgeber an ihre
flicht, Ausbildungsplätze zu schaffen und somit genü-
end Lehrstellen für die jungen Menschen in unserem
and bereitzustellen. Wir haben eine Frist gesetzt: Falls
s bis zum 30. September dieses Jahres auf freiwilliger
asis nicht genügend Lehrstellen gibt, wird der Gesetz-
eber handeln, um endlich ein konjunkturunabhängi-
es Ausbildungsmodell für Deutschland zu entwickeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Selbst wenn sich bis zum Ende dieses Monats heraus-
tellen sollte – das hoffen wir alle –, dass kein Jugendli-
her ohne Lehrstelle bleibt, so gilt doch: Es kann nicht
ein, dass fast die Hälfte der Schulabgängerinnen und
chulabgänger monatelang in Unsicherheit lebt, ob und
o sie einen Ausbildungsplatz bekommt. Über eine
reiheit bei der Berufswahl brauchen wir erst gar nicht
u reden. Hohe Abbrecherquoten sind schon vorpro-
rammiert.
Wir müssen die Ausbildung der jungen Menschen un-

bhängig von konjunkturellen Unwägbarkeiten sichern.
rundsätzlich sind die Betriebe, ist die Wirtschaft in der
flicht, genügend Lehrstellen in Deutschland zu schaf-
en. Dieser Aufgabe kommen sie Jahr für Jahr immer
eniger nach. Bund und Länder tragen hingegen immer
tärker die Kosten für Maßnahmen der beruflichen Qua-
ifikation.
Mit unserem grünen Modell der „Stiftung betriebli-

he Bildungschance“ wollen wir diesen Trend stoppen.
ie Idee der Stiftung ist: Wir wollen die ausbildenden
irmen finanziell unterstützen. Jeder Ausbildungsbetrieb
ekommt pro Lehrling die Nettokosten einer Lehrstelle
us den Mitteln der Stiftung erstattet. Von allen ausbil-
ungsfähigen Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten
rheben wir eine Umlage in gleicher Höhe. Wer also
ehr ausbildet als erforderlich, bekommt demzufolge
uch mehr aus der Stiftung heraus, als er eingezahlt hat.
Einige von Ihnen befürchten, die Unternehmen könn-

en sich bei einem solchen Modell, ohne mit der Wimper
u zucken, freikaufen. Ich frage Sie: Was passiert denn
omentan mit den Ausbildungsverweigerern unter den






(A) )



(B) )


Grietje Bettin

Unternehmen? – Es passiert nichts. Gerade die großen
Konzerne drücken sich vor ihrer gesellschaftlichen Ver-
pflichtung zur Ausbildung, ohne auch nur 1 Cent zu zah-
len. Als Dank werben sie dann auch noch dem Mittel-
stand die ausgebildeten Fachkräfte ab. Wenn sich jedoch
unser Stiftungsmodell durchsetzen sollte, müssen Aus-
bildungsmuffel unter den Konzernen zumindest Lehr-
stellen in anderen Betrieben finanzieren. Sie können sich
dann nicht mehr so billig ihrer Ausbildungspflicht ent-
ziehen.

Frau Kollegin Wöhrl, Sie behaupten, allein die wirt-
schaftliche Lage sei daran schuld, dass sich die Wirt-
schaft die Ausbildung nicht mehr leisten könne.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das stimmt ja auch!)


Ich halte das für ein sehr oberflächliches Argument.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Denn schon jetzt ist der Fachkräftemangel ein Faktor
der derzeit schlechten Wirtschaftslage. Wenn Betriebe
Aufträge nicht annehmen können, weil ihnen die hoch
qualifizierten Fachkräfte fehlen, dann ist das ein hausge-
machtes Problem der Wirtschaft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat
mittlerweile die Zeichen der Zeit erkannt und eine Aus-
bildungsoffensive gestartet. In einer Umfrage Anfang
September gaben die regionalen Kammern in einigen
Regionen bis zu 10 Prozent weniger Ausbildungsver-
träge als im Vorjahr an. Auch in den angeblich wirt-
schaftlich so starken Regionen wie Baden-Württemberg
oder Bayern wird derzeit mit einem Minus von 5 Prozent
bei den Lehrstellen gerechnet.

Dabei sind Investitionen in die Ausbildung von Ar-
beitskräften nicht nur gesellschaftlich dringend erforder-
lich; sie lohnen sich auch für die Betriebe. Es ist kurz-
sichtig von den Unternehmen, sich aus der betrieblichen
Ausbildung zurückzuziehen und andere Betriebe und
immer stärker den Staat die Lasten der beruflichen Aus-
bildung tragen zu lassen. Ein besonders schlimmes Bei-
spiel bietet die Telekom. Im kommenden Jahr reduziert
sie die Zahl ihrer Auszubildenden von 4 000 Lehrlingen
auf zwei einsame Auszubildende. Ein solches Verhalten
ist aus meiner Sicht sowohl gesellschaftlich als auch
wirtschaftspolitisch absolut unverantwortlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


In Zukunft wird ein solches Konzept nicht mehr
aufgehen. Entweder die Unternehmen bieten Ausbil-
dungsplätze an oder sie werden Lehrstellen in anderen
Betrieben bezahlen. Dann werden sich auch die Lehr-
stellenverweigerer unter den Betrieben wieder auf den
Nutzen einer eigenen Ausbildung besinnen.

Nun zu den vorliegenden Anträgen, die wir seit eini-
ger Zeit im Haus diskutieren. Liebe Kolleginnen und
Kollegen von der Union, Sie können in Ihrem Antrag zur

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(C (D eruflichen Bildung doch nicht ernsthaft fordern, dass erade die Auszubildenden auf Teile ihres Einkommens erzichten, damit die Wirtschaft wieder ihrer Ausbilungspflicht nachkommt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn Ihre Pläne Wahrheit werden, bildet die Wirt-
chaft bald nur noch aus, wenn es wieder Zugeständnisse
ulasten der jungen Menschen gibt. Eine lustige Logik,
ie Sie von der CDU/CSU da haben: Irgendwann wer-
en Ausbildungsplätze unter den jungen Menschen ver-
teigert oder wie soll das funktionieren?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Oje, Frau Bettin! Kommen Sie in der Wirklichkeit an!)


Genauso verfehlt ist Ihre Forderung, die Gelder aus
em JUMP-Programm für die Senkung der Lohnneben-
osten zu nutzen. Sie finanzieren auf Kosten der Jungen
ie veralteten Strukturen, deren Reform Sie in Ihrer Re-
ierungszeit verschlafen haben.


(Nicolette Kressl [SPD]: Und jetzt blockieren!)


Es kann uns aber nicht nur um die bloße Sicherung ei-
er ausreichenden Zahl von Ausbildungsplätzen gehen.
ir müssen uns auch um die Qualität der Ausbildung
nd die Sicherung einer individuellen Berufsberatung
emühen. Eine flexiblere Ausbildungsstruktur ist not-
endig. Der Arbeitsmarkt wandelt sich, und zwar nicht
uletzt durch die zunehmende Internationalisierung und
ie steigende Geschwindigkeit der technischen Entwick-
ng.
Darauf muss unser Ausbildungssystem schnell rea-

ieren können, ohne aber kurzfristigen Trends zu erlie-
en. Unternehmen brauchen individuell qualifizierte
itarbeiter und Mitarbeiterinnen mit spezifischen Fä-
igkeiten. Diese müssen aber gleichzeitig auf einen
rundstock allgemeiner Fähigkeiten bauen können, um
ich auch in andere Betriebe oder Bereiche schnell einar-
eiten zu können.
Diese Flexibilisierung muss nach unserer Vorstellung

uch denjenigen nützen, die derzeit besondere Schwie-
igkeiten auf dem Ausbildungsmarkt haben. Gerade be-
achteiligten jungen Menschen mit Lernschwierigkeiten
ollen wir mit Qualifizierungsbausteinen bessere Chan-
en bieten. Eine Modularisierung darf es aber nur unter
er Beibehaltung voller Berufsbilder geben. Berufe min-
erer Qualifikation sind keine Antwort auf steigende
nforderungen. Flexibel sollten wir in Art und Dauer
er Ausbildung sein, nicht aber in unseren Ansprüchen
n Qualität.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Hierin, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP,
ehe ich die Schwachstelle Ihres Antrages. In ihm wird
eine Antwort auf die entscheidende Frage gegeben, wie
it Bausteinen vollständige, qualitativ hochwertige






(A) )



(B) )


Grietje Bettin

Ausbildungen gesichert werden können. Die völlige Ge-
staltungsfreiheit der Betriebe, wie Sie sie fordern, ist ein
absoluter Irrweg. Die große Gefahr ist dann, dass junge
Menschen unter dem Etikett einer Ausbildung nur noch
für die Bedürfnisse eines einzelnen Betriebes angelernt
werden.

Wir müssen den jährlichen Hype um den Ausbil-
dungsplatz mit einem dauerhaft wirksamen Instrumenta-
rium endgültig beenden. Unser Stiftungsmodell ist hier
ein gangbarer Weg. Wir müssen das duale System mit
der Reform des Berufsbildungsgesetzes fit für die Zu-
kunft machen. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe, da-
mit wir Tausenden junger Menschen in diesem Land ei-
nen Weg in eine hoffnungsvolle berufliche Zukunft
ermöglichen können.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506309500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christoph

Hartmann.


Christoph Hartmann (FDP):
Rede ID: ID1506309600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Das Ausbildungsjahr hat begonnen, aber nicht
für jeden, der ausbildungswillig und ausbildungsfähig
ist. Gerhard Schröder hat im April 1998 angesichts einer
Bilanz von 466 000 jugendlichen Arbeitslosen davon ge-
sprochen, dass das die Herzlosigkeit von Schwarz-Gelb
sei. In diesem April hatten wir 520 000 jugendliche Ar-
beitslose, also 12 Prozent mehr. Wenn das damals eine
schwarz-gelbe Herzlosigkeit war, dann ist das, was im
Moment in diesem Land passiert, rot-grüne Grausam-
keit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das ist eine Bilanz, die Sie zu verantworten haben.

Auch für die Ursachen sind Sie verantwortlich. Das ist
die Quittung für eine vollkommen verfehlte Wirtschafts-
politik in den letzten fünf Jahren. Die Abgabenquote und
die Steuerlast sinken nicht. Die Wirtschaft stagniert im
dritten Quartal hintereinander. Der Internationale Wäh-
rungsfonds sagt deutlich: Deutschland ist zur Wachs-
tumsbremse in der Welt geworden. Im letzten Jahr hatten
wir 37 000 Insolvenzen; in diesem Jahr sind es 40 000.
Allein diese Pleiten kosten bei einer angenommenen
Ausbildungsquote von 5 Prozent die Zahl an Ausbil-
dungsplätzen, die fehlen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bitter rächt sich, meine sehr verehrten Damen und
Herren, dass Sie eines nicht bemerken: Ausbildungs-
plätze kann man nicht gegen die Wirtschaft, sondern nur
mit der Wirtschaft schaffen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wie viele Ausbildungsplätze fehlen denn bei einer Quote von 5 Prozent?)


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(C (D Ein funktionierendes Bildungssystem ist ein weiterer unkt, der nötig wäre, um Ausbildung zu sichern. Hier st die Situation nicht besser: Die Hauptschule verkommt mmer mehr zur Restschule. Unsere Lehrer brauchen ehr pädagogisches Wissen, um jeden entsprechend seien Fähigkeiten individuell zu fördern. Die Ganztagschulen in diesem Land verwahren viel zu häufig, statt u bilden. All das sind die Ursachen dafür, dass 5 Prozent eines Altersjahrgangs überhaupt nicht ausbilungsfähig sind, weil ihnen elementare Grundkenntnisse ehlen. Viele Betriebe finden keine geeigneten Bewerer. Es kann aber nicht sein, dass die Betriebe das ausöffeln müssen, was ihnen andere eingebrockt haben. (Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Was machen wir mit den Jugendlichen?)


Die Instrumente, die die Bundesregierung zur Be-
ämpfung der Misere einsetzt, sind allesamt untauglich.
eginnen wir mit den Ausbildungsplatzentwicklern,
ie bei ihrer Einführung nach der Wende sehr wichtig ge-
esen sind, um den Betrieben in den neuen Bundeslän-
ern ein Stück weit unter die Arme zu greifen und sie in
as neue System zu integrieren. Heute jedoch benutzen
ie dieses System als Verkaufsargument. Es geht hier
ber nicht um eine bessere Verkaufsmöglichkeit oder
ine schönere Verpackung, sondern es geht um den In-
alt. Der Inhalt muss besser werden im Sinne einer bes-
eren Wirtschaftspolitik und nicht, indem Sie versuchen,
hre verfehlte Wirtschaftspolitik besser zu verkaufen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dazu kommt JUMP plus: Die Bundesregierung
immt 200 Millionen Euro in die Hand, um langzeitar-
eitslosen Jugendlichen eine Beschäftigung zu verschaf-
en. Leider finanzieren Sie damit häufig Warteschleifen,
ie in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder gleich in die
rbeitslosigkeit führen. JUMP plus hilft nur wenigen
ungen Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt, in
en sie wirklich hineingehören.
Als Höhepunkt der ganzen Geschichte drohen Sie mit

er Ausbildungsplatzabgabe. Bei den Grünen nennt
ich das Ganze Stiftungsmodell. Dieses Stiftungsmodell
edeutet eine Erhöhung der Lohnnebenkosten, also ge-
au das, was wir in Deutschland nicht brauchen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Frau Kollegin Bettin, ich sage Ihnen ganz offen – denn
as ist bei Ihren Worten vorhin ganz deutlich geworden –:
ahinter steht die Denke von Rot-Grün. Sie heißt: Ist die
irtschaft nicht artig, dann wird sie bestraft – wie böse
inder. In dieser Art und Weise kann die Bundesregie-
ung mit der mittelständischen Wirtschaft, mit den Hand-
erkerinnen und Handwerkern und den kleinen Betrie-
en in diesem Land nicht umgehen!


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Seien Sie einmal artig!)


it einer Strafe – nichts anders ist es; Frau Sager hat ge-
agt: Das sind die Folterinstrumente, die wir der Wirt-
chaft zeigen müssen – werden Sie keinen einzigen






(A) )



(B) )


Christoph Hartmann (Homburg)


zusätzlichen Ausbildungsplatz schaffen. Wollen Sie ei-
nen Mittelständler dafür bezahlen lassen, dass er keinen
ausbildungsfähigen Bewerber findet? Wollen Sie einem
kleinen Unternehmer, dem das Wasser bis zum Hals
steht und der deswegen nicht ausbilden kann, weitere
Belastungen aufbürden? Dadurch wird sich die Situation
noch verschärfen und das führt zu weiteren Insolvenzen
in diesem Land. Das ist kontraproduktiv und der falsche
Weg.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Eberhard Gienger [CDU/CSU])


DIHK-Präsident Braun hat gestern gesagt:
Eine Strafabgabe bringt keinen einzigen zusätzli-
chen Ausbildungsplatz, sondern Verunsicherung
und weniger Gerechtigkeit.

Sie dürfen nicht die Opfer zu Tätern machen. Bürden
Sie der Wirtschaft nicht zusätzliche Belastungen auf,
sondern senken Sie die Belastungen der Wirtschaft.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist unglaublich!)

Statt dieser staatsgläubigen Konzepte, die Sie hier

verkaufen wollen, brauchen wir eine neue Wirtschafts-
politik. Wir brauchen eine bessere Bildungspolitik und
wir brauchen eine Flexibilisierung in der Berufsausbil-
dung. Dazu gehören individuelle Ausbildungslängen, die
auch den praktisch begabten Jugendlichen die Möglich-
keit geben, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
Dazu gehören Berufe mit zweijähriger und theoriege-
minderter Ausbildung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen eine Modularisierung, um eine flexible
Aus- und Weiterbildung zu gewährleisten. Dazu gehören
auch Berufe mit dreieinhalbjähriger Ausbildung für
Jugendliche, die einen längeren Zeitraum benötigen, bis
sie den Stoff beherrschen.

Wir brauchen eine Internationalisierung, um Leistun-
gen, die in anderen Ländern erbracht worden sind, mit-
tels eines Credit-Point-Systems in Deutschland anrech-
nen zu können. Wir brauchen eine Flexibilisierung der
möglichen Beschäftigungszeiten beim Jugendarbeits-
recht. Wir müssen die Ausbildungshemmnisse auch in
den Tarifverträgen beseitigen. Wir brauchen mehr Flexi-
bilität bei der Ausbildungsvergütung.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Wer ist „wir“?)


Lassen Sie mich abschließend zu dem Bereich origi-
näre Bildungspolitik noch etwas sagen. Viel zu häufig
verlassen Schüler unsere Schulen, ohne ein Mindestmaß
an Kompetenz erworben zu haben. Darauf müssen wir
einwirken. Umgekehrt gibt es aber auch besonders
starke Schüler, die zwar die oxidative Decarboxylierung
in Strukturformeln darstellen können, aber bei einem
Dreisatz überfordert sind. Auch dabei muss umgedacht
werden. Es muss ein entsprechendes Basiswissen ver-
mittelt werden. Dann wird ein Schuh daraus und nicht

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(C (D adurch, dass wir nur über die Reform der Oberstufe in en einzelnen Ländern nachdenken. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Situa ion ist zu wichtig, als dass diese Bundesregierung nur eiter an den Symptomen herumdoktern könnte. Wir rauchen richtige Reformen, einen Kurswechsel in der irtschaftspolitik, eine bessere Bildungspolitik sowie ine Flexibilisierung und Modernisierung der Berufsausildung. Handeln Sie! Werfen Sie das Ruder herum! ber tun Sie das mit den Betrieben und nicht gegen sie. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Nicolette Kressl. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle en! Lassen Sie mich zunächst eine Bemerkung zu dem achen, was der Redner und die Rednerin von der Oposition hier formuliert haben. Angesichts der Situation, n der wir uns momentan befinden – es fehlen Ausbilungsplätze –, ist es völlig unangemessen, hier nur zu eschreiben, wie die Situation ist, was Ihnen nicht passt nd was nicht geht, und jugendlichen Menschen, die eute zum Beispiel zuhören, keinen einzigen Vorschlag u machen, wie die Ausbildungsplatzsituation konkret erbessert werden kann. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506309700
Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1506309800

Einige Bemerkungen zur Rede von Frau Wöhrl, die
eider schon weg musste. Man darf in einer solchen Si-
uation nicht mit falschen Behauptungen operieren. Sie
at beispielsweise behauptet, die Bildungsausgaben des
undes seien in den letzten Jahren gesunken. Das ist
ölliger Unsinn. In den Jahren 1998 bis 2003 sind zum
eispiel die Ausgaben des Bundes für Hochschulen um
3,4 Prozent gestiegen, die der Länder durchschnittlich
m 12,9 Prozent.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

n Bayern dagegen sind sie – das sage ich, obwohl der
ahlkampf vorbei ist – nur um 2,9 Prozent gestiegen.
rau Wöhrl sollte sich zunächst die Tatsachen ansehen,
nstatt einfach falsche Zahlen auf den Tisch zu legen
nd wieder einmal zu erzählen, was alles nicht geht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Umso mehr verwundert mich dieses Verhalten, weil
ir heute eigentlich, wenn wir es genau nehmen, über
olgende zwei Themen reden wollen: zum einen über die
eformen im Bereich der beruflichen Bildung und zum
nderen über die Ausbildungsplatzsituation. Der Bericht
es Ausschusses zum Bereich berufliche Bildung spie-
elt nicht wider, was Sie uns heute vorführen wollten.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Die Zahlen vom Arbeitsamt spiegeln das wider!)







(A) )



(B) )


Nicolette Kressl

In Wirklichkeit bestehen über die Fraktionsgrenzen hin-
weg im Bereich Reform der beruflichen Bildung viele
Gemeinsamkeiten. Ich halte es im Interesse der jungen
Menschen für falsch, nicht deutlich zu machen, dass die-
ses Parlament in dieser Frage gemeinsame Ziele hat.

Wir verfolgen gemeinsam das Ziel, die duale Ausbil-
dung aufrechtzuerhalten. Sie ist noch immer die tra-
gende Säule unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vergessen Sie nicht: Wenn Wirtschaftsexperten nach den
Standortvorteilen Deutschlands gefragt werden, nennen
sie noch immer – das suche ich mir nicht aus; das ist be-
legt – gute Infrastruktur, wenige Streiktage, gut ausgebil-
dete Ingenieure und insbesondere das System der dualen
Ausbildung.

Umso wichtiger muss es allen gemeinsam sein, dass
dieses System weiterentwickelt wird; denn wenn sich, so
wie es gerade der Fall ist, die Faktoren rund um das Sys-
tem verändern, dann muss sich dieses System natürlich
mitentwickeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Genau deshalb ist es richtig und wichtig, dass die
Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen die Wei-
terentwicklung der beruflichen Bildung und des Berufs-
bildungsgesetzes bereits durch die Koalitionsvereinba-
rungen auf die Agenda gesetzt haben. Ich muss Ihnen
deutlich sagen: Wir brauchen Ihre spät gestellten An-
träge nicht, um genau dies in den Mittelpunkt der Re-
formbewegungen im Bereich der beruflichen Bildung zu
stellen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Kretschmer [CDU/ CSU]: Wir wollen die Qualität heben, Frau Kollegin!)


Zu dieser Weiterentwicklung wird eine bessere Ver-
zahnung der beiden Lernorte Schule und Betrieb gehö-
ren. Wir alle wissen aus der Praxis, dass in diesem Be-
reich durchaus noch ein Verbesserungsbedarf besteht.
Daneben müssen wir deutlich machen, dass berufliche
Qualifikation keine Sackgasse ist, sondern dass sie in
Zukunft noch stärker Voraussetzung für den Zugang zu
einer weiteren und besseren Qualifikation und auch zu
Studiengängen sein wird.


(Beifall bei der SPD)

Schließlich müssen wir durch die Reform die berufliche
Bildung für den internationalen Wettbewerb fit machen.
Deshalb werden wir alle Voraussetzungen dafür schaf-
fen, dass sich die Berufsbildung in Deutschland den in-
ternationalen Veränderungen öffnen und sie auch im
europäischen Berufsbildungsraum weiterhin bestehen
wird.

Das war nur eine kurze Zusammenfassung der not-
wendigen Veränderungen, die wir brauchen. Wenn wir
uns mit den Veränderungen der Strukturen im Bereich
der Berufsbildung befassen, dann müssen wir uns – so

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(C (D ie bei anderen Reformen, zum Beispiel die der Syseme der sozialen Sicherung – auch mit der Ausgestalung der Finanzierungsstrukturen befassen. Man kann ich nicht immer nur eine Seite anschauen. Auch die Fianzierungsstrukturen gehören zu dieser Debatte. Wir sehen, dass sich bei den Finanzierungsstruktu en etwas verändert hat. Die berufliche Bildung und die erufliche Qualifikation werden immer stärker auch von taatlicher Seite mitgetragen. (Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Warum denn?)


ir halten diese Entwicklung für falsch.

(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Wir auch!)


ie fragen nach dem Warum.

(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Weil Sie eine falsche Wirtschaftspolitik machen, Frau Kollegin!)


ch kann es Ihnen sagen: Wir haben von staatlicher Seite
er die Verantwortung dafür übernommen. Die Wirt-
chaft fordert den Staat immer wieder auf, er habe sich
mmer mehr herauszuhalten. Aber staatliche Gelder sol-
en in die berufliche Bildung gesteckt werden, weil die
irtschaft sich von ihrer Verantwortung für die betrieb-

iche Ausbildung entfernt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Kretschmer [CDU/ CSU]: Unter Ihnen sind 78 000 Betriebe Pleite gegangen!)


as werden wir nicht zulassen.
Im Übrigen: Wer für die Staatsferne eintritt, der muss

uch die Konsequenzen, die aus seiner Verantwortung
m Bereich der Ausbildung erwachsen, selbst tragen.
ieses doppelgleisige Fahren werden wir von der politi-
chen Seite her nicht mehr zulassen. Wir sagen deutlich:
ir wissen, wo unsere Verantwortung liegt. Die Verant-
ortung zur Bereitstellung von betrieblichen Ausbil-
ungsplätzen liegt aber auf der Seite der Wirtschaft. Das
at übrigens auch das Bundesverfassungsgericht in sei-
em Urteil noch einmal sehr deutlich niedergelegt.
Deshalb gilt für uns: Wir unterstützen jede politische
ktion – wie zum Beispiel die Ausbildungsoffensive –,
ie zum Ziel hat, dass ausreichend viele Ausbildungs-
lätze für junge Menschen zur Verfügung gestellt wer-
en.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie können die Stelle des Bundeskanzlers zur Verfügung stellen!)


ir entziehen uns dieser Verantwortung nicht. Ich sage
hnen: Wir lassen die Verantwortung in diesem Bereich
ber auch nicht verschieben.


(Beifall bei der SPD)

Wir stellen noch einmal fest: Wir würden uns freuen,
enn zum Ende des Monats tatsächlich ein ausreichen-
es Angebot an Ausbildungsplätzen vorhanden wäre.
ber auch hier gilt: Wir lassen uns nicht hinhalten. Wir






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl

müssen hier Verantwortung übernehmen und dafür
sorgen, dass junge Menschen Startchancen erhalten.
Chancen auf Bildung und Ausbildung – das war für die
Sozialdemokraten schon immer der Kern sozialer Ge-
rechtigkeit.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Dies wird auch der Kern sozialer Gerechtigkeit bleiben.
Wir werden dafür sorgen, dass junge Menschen ausrei-
chende Lebenschancen erhalten.


(Beifall bei der SPD – Christoph Hartmann [Homburg] [FDP]: Der Generalsekretär will doch gar keine soziale Gerechtigkeit mehr!)


Ich sage es sehr deutlich: Eine gesetzliche Regelung
zur Finanzierung von Ausbildungsplätzen ist natürlich
nie ein Wert an sich. Sollte die Wirtschaft ihre Verant-
wortung aber nicht tragen, dann wäre eine gesetzliche
Regelung für uns nichts weiter als ein Instrument, dafür
zu sorgen, dass die Wirtschaft ihrer Verantwortung nach-
kommt. Wir sehen uns verpflichtet und werden auch ent-
sprechend handeln. Wir werden die Verantwortung von
der Wirtschaft einfordern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506309900

Ich erteile das Wort dem Kollegen Michael

Kretschmer, CDU/CSU-Fraktion.

Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1506310000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau

Ministerin, Berufsausbildung ist kein Wettbewerb so
ähnlich wie „Schönere Städte und Gemeinden“, bei dem
man als Unternehmen oder als Azubi mitmachen oder
nicht mitmachen kann. Ausbildung ist, so wie Sie es ge-
sagt haben, eine Investition in die Zukunft. Genauso
wie die Investitionen in Deutschland in anderen Berei-
chen der Wirtschaft sinken, sinken auch die Investitio-
nen der Unternehmen in die Ausbildung. Das kann nicht
anders sein in einer Zeit, in der wir 78 000 Unterneh-
menspleiten zählen, die Umsätze im Handwerk und in
anderen Bereichen zurückgehen, wo wir auf dem
Arbeitsmarkt Rekordzahlen bei der Arbeitslosigkeit er-
reichen, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Be-
schäftigten zurückgeht und das Wirtschaftswachstum
stagniert. Es kann keine konjunkturunabhängige Ausbil-
dung geben. Das ist schon vom Ansatz her falsch,


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist nicht wahr! Das ist falsch!)


es sei denn, Sie führen staatliche Zwangsmaßnahmen
ein. Das wollen wir auf keinen Fall.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Und was sagen Sie den jungen Leuten?)


113 000 Jugendliche suchen derzeit einen Ausbil-
dungsplatz, sagt uns das Arbeitsamt. Was macht die
Bundesregierung? – Sie schaltet Anzeigen, klebt Plakate
mit der Aufschrift „Mehr Jobs“, „Chancen geben“,


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(C (D Deutschland bewegt sich“. 2,3 Millionen Euro kostet iese Kampagne der Bundesregierung und sie hilft den ugendlichen kein bisschen. ie Kampagne ist falsch. Deutschland bewegt sich nicht, onst hätten Sie das Problem der Ausbildungsplätze in en vergangenen Monaten gelöst. Betriebliche Ausbildungsplätze in den neuen Ländern urden in der Vergangenheit durch das Programm Ausbildungsplatzentwickler“ akquiriert. 14 400 Juendliche haben dadurch eine Chance bekommen. Wir aben lange gefordert, dieses Programm auf die alten undesländer auszuweiten. Das tun Sie mit dem komenden Haushalt; in dem Sie 2 Millionen Euro dafür zur erfügung stellen. Allerdings soll der Ansatz in den euen Ländern um 1,5 Millionen Euro reduziert werden. as kritisieren wir ganz massiv und wir fordern Sie auf, iese Reduzierung zurückzunehmen. Das kann nicht ein, denn die Situation in den neuen Bundesländern ist och genauso dramatisch wie in den vergangenen Jahren. Deswegen ist es auch falsch, Frau Bundesministerin, as Programm zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungslätze wie im vergangenen Jahr zu kürzen. Auf unseren ruck hin – so deutlich muss man das sagen – ist das rogramm aufgestockt worden. Sie hatten im Haushaltsnsatz für dieses Jahr 12 000 Ausbildungsplätze vorgeehen und wir haben eine Aufstockung auf 14 000 geforert, die auch vorgenommen wurde. Das fordern wir uch für das kommende Jahr. Lassen Sie die Jugendlihen nicht allein. (Lachen der Abg. Nicolette Kressl [SPD] – Ute Kumpf [SPD]: So viel Scheinheiligkeit! Sie reden doppelzüngig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


olange die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als
olge Ihrer Wirtschaftspolitik so sind, wie sie sind, brau-
hen wir solche Programme.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, mit hektischem Treiben

ersucht die Bundesregierung, die Misere um ihre Wirt-
chaftspolitik zu vertuschen. Sie macht Ausbildungstou-
en, Frau Bulmahn und Herr Clement sind unterwegs.
as ist ganz hervorragend, sie lernen das Land kennen.
ie helfen dadurch den Jugendlichen aber nicht, sondern
ie drohen den Unternehmen, die sie überzeugen wollen,
ehr auszubilden, mit einer Ausbildungsplatzabgabe.
n ihrer heutigen Rede hat die Ministerin das Wort Aus-
ildungsplatzabgabe nicht ein einziges Mal in den Mund
enommen. Ich glaube, Frau Bettin und Frau Kressl, Sie
ind nicht auf der Höhe der Zeit. Ich glaube nicht, dass
ie Regierung diese Ausbildungsplatzabgabe einführt,
eil sie erkannt hat, dass sie sich damit in das politische
bseits manövriert.


(Christoph Hartmann [Homburg] [FDP]: Da ist politischer Sachverstand gefragt!)


lle Ökonomen und alle Ausbilder haben ihr gesagt und
agen permanent: Eine Ausbildungsplatzabgabe führt
azu, dass große Firmen sich freikaufen und kleine






(A) )



(B) )


Michael Kretschmer

Firmen umso mehr belastet werden. Außerdem hätte sie
einen unverantwortlich großen bürokratische Aufwand
zur Folge.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Deshalb, Herr Tauss, meine Damen und Herren, will

die Regierung offenbar einen anderen Weg gehen und
eine kleine Umlage einführen, um ihr Gesicht zu wah-
ren. Das könnte sie tun, indem sie die Prüfungsgebüh-
ren, die bisher von den ausbildenden Unternehmen an
die IHKs gezahlt werden, einfach auf die Betriebe um-
legt, die nicht ausbilden. Durch eine andere Formulie-
rung im Berufsbildungsgesetz wäre das möglich.


(Jörg Tauss [SPD]: Eine ganz gute Idee! – Ute Kumpf [SPD]: Schon mal nicht schlecht!)


Meine Damen und Herren, diese Prüfungsgebühren
betragen zwischen 100 und 300 Euro, je nach Beruf und
Kammerbezirk. Schon jetzt schlagen die Wellen bei den
IHKs in Deutschland, besonders in den strukturschwa-
chen Regionen, hoch, weil man weiß, dass eine solche
Maßnahme zu wirtschaftlichen Problemen in den Kam-
mern führen würde. Folge wäre eine Erhöhung der
Pflichtbeiträge, die niemand will, und damit eine Erhö-
hung der Lohnnebenkosten, also eine weitere der Belas-
tung der Unternehmen. Dies aber hilft den Unternehmen,
die ausbilden, kein bisschen, weil die Entlastung viel zu
gering ist. Dies ist eine Farce, weil schon heute maximal
40 Prozent der Kosten durch die Prüfungsgebühren fi-
nanziert werden.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist eine Logik!)

Der Rest wird bereits solidarisch finanziert. Deswegen
sagen wir Ihnen: Lassen Sie von diesem Tun ab und ver-
abreichen Sie den Jugendlichen nicht wieder eine Beru-
higungspille, was Sie schon mit der Aussetzung der Aus-
bilder-Eignungsverordnung getan haben.

In unserem Antrag fordern wir – das ist richtig – mehr
Flexibilität, wie sie in den neuen Bundesländern schon
jetzt angewendet wird: Unternehmer, die keine Ausbil-
dereignung hatten, konnten trotzdem ausbilden. Die
IHKs waren dabei sehr flexibel. Dies wollten wir auf die
alten Bundesländer übertragen. Aber wir wollten nicht,
dass Sie die Ausbilder-Eignungsverordnung abschaffen.
Wir sind der Meinung, dass gerade in Zeiten der PISA-
Studie – das wurde uns dabei sehr deutlich – die Qualität
der Ausbilder wichtig ist. Darauf müssen wir ganz be-
sonderen Wert legen. Sie sind über das Ziel hinausge-
schossen, weil Sie einen politischen Erfolg brauchten,
aber Sie helfen damit keinem einzigen Jugendlichen.

Ich wage zu bezweifeln, dass viele Unternehmen des-
wegen ausbilden werden. Ich frage Sie, Frau Ministerin:
Wie viele Unternehmen werden deswegen wohl ausbil-
den? Zur Lösung des Lehrstellenmangels brauchen wir
mehr. Wir haben in unseren Anträgen konkrete Vor-
schläge gemacht. Dabei haben wir auch die Erfahrungen
aus den neuen Ländern zugrunde gelegt. Sie zeigen, dass
man mit viel Flexibilität in einem wirtschaftlich schwie-
rigen Umfeld zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen
kann.

Wir möchten bei der Höhe der Ausbildungsvergü-
tung ansetzen. Es ist heute schon gesagt worden, dass

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(C (D ies ein ganz entscheidender Punkt ist. In § 10 des Beufsbildungsgesetzes steht (Nicolette Kressl [SPD]: Was sollen wir denn machen? Ein Gesetz? Oder was?)


hören Sie mir zu, dann sage ich es Ihnen –, dass die
usbildungsvergütung maximal 20 Prozent – zumindest
ird es nach Richterrecht so ausgelegt – nach oben oder
nten von den Tarifverträgen abweichen kann. Wenn
un als Beispiel der Spannungsmechaniker bei Siemens
Passau 717 Euro im Monat erhält, dann mag das für
iesen Global Player in Ordnung sein. Wenn aber die
leine Stahlbaufirma 100 Meter weiter dasselbe Lehr-
ngsentgeld bezahlen muss, dann hat sie zwei Möglich-
eiten: Entweder sie bildet nicht aus, was viele machen,
eil es zu teuer ist, oder sie bildet nur so viele Lehrlinge
us, wie sie unbedingt muss. Das hilft uns in der derzei-
gen Situation nicht viel weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Ein anderer Tarifvertrag!)


Es ist deswegen vollkommen richtig, das Problem des
ehrlingsentgelts anzugehen. Das Dramatische ist, dass
erade in der Metall- und Elektroindustrie das Problem
er Flächentarifverträge am größten ist, während dort
leichzeitig das Potenzial für Ausbildungsplätze am
öchsten ist. Aus diesem Grunde müssen wir dieses Pro-
lem angehen, wie wir es in unserem Antrag vorgeschla-
en haben.
Ein anderer Vorschlag in unserem Antrag bezieht sich

uf die Vorbereitung zur Berufsausbildung. Diese Repa-
atur ist aufgrund des rot-grünen Missmanagements in
er Vergangenheit notwendig. In § 50 des Berufsbil-
ungsgesetzes wird festgelegt, dass Betriebe, die einen
er 90 000 Jugendlichen, die jedes Jahr die Schule ohne
inen Abschluss verlassen, zur Berufsvorbereitung ein-
tellen, dessen sozialpädagogische Betreuung sicherstel-
n und finanzieren müssen. Nur Sozialdemokraten kön-
en auf solche Ideen kommen. In der Praxis führt dies
azu, dass kein Unternehmen einen solchen Jugendli-
hen einstellt. Diese Regelung wirkt als Einstellungs-
emmnis. Wir wollen, dass dieses Hemmnis abgebaut
ird. Das Geld, das für die Betreuung der Jugendlichen
ichtigerweise benötigt wird, muss vom Arbeitsamt oder
om Staat kommen. Wir wollen, dass die Jugendlichen
einem Unternehmen eine Chance zur Berufsvorberei-
ng erhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Das ist eine Forderung der Wirtschaft!)

Das Berufsbildungsgesetz muss durchlässiger wer-

en. Es muss endlich Schluss sein mit Berufen, die Aus-
ubildende in eine Sackgasse führen. Stillstand kann
ich kein Land leisten, das Wissen, Fortschritt und Inno-
ation braucht. Warum kann ein Bankkaufmann mit
ittlerer Reife nach seiner Lehre und einiger Zeit im Be-
uf nicht Betriebswirtschaft studieren?

(Jörg Tauss [SPD]: Weil Sie das nicht wollen! Bay ern und Baden-Württemberg! Mein Gott!)







(A) )



(B) )


Michael Kretschmer

Warum kann ein Elektriker kein Studium der Elektro-

technik beginnen? Die Zugangsvoraussetzungen dafür
müssen verbessert werden.

Umgekehrt muss der Ausbildungsmarkt für jene
durchlässiger gemacht werden, die über wenig theoreti-
sche Fähigkeiten verfügen. Für diese Jugendlichen müs-
sen endlich praxisorientierte Berufsausbildungen mit
zweijähriger Lehre eingeführt werden, und zwar modu-
lar gestaltet, sodass sie die Möglichkeit haben, sich zum
Beispiel später vom Maschinenführer zum Werkzeug-
mechaniker zu qualifizieren.

Deutschland muss sich mit seinem Bildungssystem
am internationalen Markt positionieren. Ein Problem ist,
dass deutsche Bildungsabschlüsse international immer
noch viel zu wenig anerkannt sind. Aber ist ein deut-
scher Industriemeister tatsächlich geringer qualifiziert
als ein 20-jähriger Student in England nach zwei oder
drei Jahren Bachelor-Studium? Deutsche Bildungsab-
schlüsse müssen internationalisiert werden. Dazu gehört,
dass mehr Lehrlinge als bisher die Möglichkeit erhalten,
eine Station ihrer Ausbildung in einem Betrieb im Aus-
land zu verbringen. Deshalb kann es nicht sein, dass
Auslandsaufenthalte von Lehrlingen geringer gefördert
werden als die von Studenten. Auch für Auszubildende
ist eine Station im Ausland wichtig. Die Kürzungen in
Ihrem Haushalt um 23 Prozent für das kommende Jahr,
Frau Bulmahn, müssen dringend rückgängig gemacht
werden. Die dramatische Situation auf dem Ausbil-
dungsmarkt erlaubt keinen Aufschub. Deutschland
braucht eine Novelle des Berufsbildungsrechts.

Ich fordere Sie, meine Damen und Herren von der Re-
gierung und den Regierungsfraktionen, auf: Werden Sie
endlich Ihrer Verantwortung für die Jugendlichen in die-
sem Land gerecht.


(Nicolette Kressl [SPD]: Haben Sie eigentlich nicht aufgepasst?)


Hören Sie auf, von einer Ausbildungsplatzabgabe zu re-
den und ändern Sie stattdessen die entscheidenden Stel-
len im Berufsbildungsgesetz. Wir haben eine ganze
Reihe von Vorschlägen gemacht. Wenn Sie diese umset-
zen, ist den Jugendlichen in Deutschland schon viel ge-
holfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506310100

Das Wort hat die Abgeordnete Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1506310200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn wir über Berufsausbildung, über diesbezügliche
Probleme und Vorhaben reden, dann geht es immer auch
um Zahlen. Auch ich werde zwei, drei Zahlen bemühen,
aber erst einmal geht es mir um etwas Weitergehendes.

Ich kenne Jugendliche, die sich zehn bis einhundert
Mal um einen Ausbildungsplatz bewerben und immer
wieder Absagen erhalten, sofern man ihnen überhaupt
antwortet. In ihnen reifen Enttäuschung, Frust, Resigna-

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(C (D ion. Das ist die menschliche Dimension des Themas Beufsausbildung. Darüber ist hier zu reden, zumal das Prolem nicht neu ist. Seit Jahren gibt es weniger Lehrstellen als Bewerbe innen und Bewerber, allemal in Betrieben. Diese Diffeenz muss tiefer liegende Ursachen haben und das wisen Sie auch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wer edoch die Konjunktur zum Drehund Angelpunkt der usbildung macht, der befördert einen Doppelfehler. um einen signalisiert er den betroffenen Jugendlichen: eil die Konjunktur schlecht ist, gehört deine Genera ion zu den Verlierern, du bist zur falschen Zeit geboren nd damit überflüssig; zum anderen widerspricht die onjunkturbegründung der von links bis rechts anerannten Tatsache, dass Bildung eine, wenn nicht gar die ukunftsfrage ist. Mehr noch: Bildung und Ausbildung ind Menschenrechte. Sie sind zu gewähren und nicht twa zu beschränken. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Ebenso falsch sind Vorstöße, Ausbildungszeiten zu
traffen und auf bestimmte Inhalte zu verzichten, etwa
uf Wirtschaftskenntnisse oder Sozialkompetenz. Ich
rage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wohin soll
as führen? Wir wollen doch keine lebenden Roboter,
ir wollen kluge Fachleute.
Die PDS im Bundestag teilt deshalb die Ansprüche,

ie von Bildungsexperten, von weiter blickenden Unter-
ehmern und auch von Gewerkschaften erhoben werden.
ir brauchen eine große Reform, um die Qualität der
usbildung zu heben. Übrigens haben die Gewerkschaf-
en ihre Ausbildungskampagne mit dem Zusatz verse-
en: Reform ist, wenn es besser wird. Früher hätte man
esagt: Das weiß man doch. Aber ich muss zugeben, seit
ot-Grün den Reformbegriff permanent umdeutet und
chlechtes als gut verkauft, ist diese Erinnerung wohl
ichtig und überfällig.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


un komme ich wie versprochen auf die wenigen Zah-
en zurück. Es gab Ende August rund 168 000 Jugendli-
he, die einen Ausbildungsplatz suchten, und es waren
napp 55 000 freie Stellen im Angebot. Rein rechnerisch
eißt das: Zwei von drei, die noch suchen, können die
offnung auf eine gute Ausbildung in den Wind schrei-
en. In manchen Regionen sind es sogar neun von zehn,
llemal im Osten der Republik. Das programmiert Aus-
ese, es zwingt Jugendliche in die Ferne und entvölkert
anze Landstriche.
Nun hörten wir in den letzten Wochen von der FDP,
ehr Jugendliche sollten ihr Glück im Ausland suchen
nd sich doch dort ausbilden lassen.


(Cornelia Pieper [FDP]: Wer war denn das?)

it Verlaub, Sie bleiben die Partei der Besserverdienen-
en und sind damit auch die Partei der Zyniker. Das Pro-
lem lösen Sie mit dieser Empfehlung überhaupt nicht.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Petra Pau

Nun noch zu einem Ereignis, welches wir in dieser

Woche in Berlin erleben durften und welches selbst in
Berlin nicht alle Tage zu besichtigen ist. Der BDI hatte
zum Reformkongress und obendrein zu einer Kundge-
bung unter freiem Himmel geladen. Wer wirklich Sorgen
hat, arbeitslos ist oder eine Lehrstelle sucht, konnte sich
dort vortrefflich wundern. Da standen gut betuchte Her-
ren und wenige Damen herum, die einen mit einem Sekt-
kelch, die anderen mit Kofferträgern, und alle forderten
gemeinsam: Den Reformstau auflösen!

Ich finde auch, dass der Reformstau aufgelöst werden
sollte. Deshalb war auch die PDS dabei, jenseits der Ab-
sperrung. Unsere Forderung hieß: Reformstau auflösen –
Umlagefinanzierung jetzt!

Dabei bleiben wir. Wer ausbilden könnte und nicht
ausbildet, der soll endlich einen Solidarbeitrag für jene
leisten, die ausbilden, obwohl es ihnen finanziell schwer
fällt. Das ist – wir erinnern uns – eine Uraltforderung der
SPD. Selbst Bundeskanzler Schröder hat sie schon dro-
hend in den Raum gestellt. Nur, dort steht sie nun herum,
diese Drohung, wie bestellt und nicht abgeholt.

Am 30. September, also in knapp einer Woche, endet
die Lehrstellenkampagne 2003. Sie war durchaus wer-
beträchtig inszeniert, um Minister Clement ins grelle
Licht zu stellen, aber sie löst nicht die bestehenden Defi-
zite.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie hat Ausbildungsplätze gebracht!)


Deshalb wiederhole ich: Die PDS im Bundestag
drängt auf eine Reform in der Berufsausbildung und wir
bestehen auf einer Ausbildungsumlage, um insbesondere
die großen Unternehmen wieder in die soziale Verant-
wortung zu zwingen.

Danke schön.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [frakti onslos])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506310300

Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Heinz

Schmitt für die SPD-Fraktion.


Heinz Schmitt (SPD):
Rede ID: ID1506310400

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erneut re-
den wir heute im Deutschen Bundestag über fehlende
Lehrstellen. Es ist wieder einmal eine große Kraftan-
strengung nötig, um einer eigentlich selbstverständli-
chen gesellschaftlichen Aufgabe gerecht zu werden,
nämlich ausbildungswilligen Jugendlichen eine berufli-
che Qualifikation zu ermöglichen.

Wieder einmal – so scheint es mir – muss die Wirt-
schaft daran erinnert werden, dass es im Interesse aller
liegt, junger Menschen eine berufliche Perspektive zu
eröffnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Es liegt aber auch – oder es sollte wenigstens so sein – ureigenstem Interesse der Unternehmen selbst, junge enschen auszubilden. Wer heute aus kurzfristigen Erägungen heraus keinen qualifizierten Nachwuchs ausildet, darf sich morgen nicht über einen Mangel an achkräften beschweren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn ich hier die Ausbildungsdefizite der Wirt-
chaft anspreche, so möchte ich ausdrücklich die Be-
riebe und Unternehmen ausnehmen, die auch in diesem
ahr wieder Lehrstellen zur Verfügung stellen und die
usbilden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dafür gebührt jedem einzelnen der ausbildenden Be-
riebe, den Verantwortlichen dort auch unsere Anerken-
ung und unser Dank.
Die Politik hat aber sehr wohl auch wahrgenommen,

ass es Probleme gibt, die eine Entscheidung für die
usbildung von Lehrlingen in der jetzigen Situation si-
herlich nicht immer leicht machen. Wir kennen auch
en Anpassungs- und Modernisierungsbedarf inner-
alb des dualen Systems und innerhalb des Bildungs-
ystems insgesamt.
Wir kennen die Mängel. Deshalb haben wir ein ganzes
ündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die
edingungen für Unternehmen und für mehr Ausbildung
u verbessern. Dass wir die Verbesserung der Lehrstellen-
ituation als eine gemeinsame Aufgabe begreifen, zeigt
ich ja auch in der bundesweiten Ausbildungsoffensive,
ie die Regierung zusammen mit der Wirtschaft und mit
en Gewerkschaften in diesem Jahr gestartet hat.
Dies als Antwort auf die Anmerkungen der beiden
erren in der ersten Reihe von Blau-Schwarz. Herr
artmann und sein Kollege von der CDU haben ja immer
ieder gesagt, es werde nur zusammen mit der Wirt-
chaft gehen. Ich habe hier einen Zwischenbericht der
HK, in dem von den bundesweit erzielten Erfolgen be-
ichtet wird. Darin wird deutlich, wie gemeinsam mit Eh-
enamtlichen und Hauptamtlichen nach jeder Lehrstelle
esucht wird. Hierbei gibt es durchaus schon eine erfolg-
eiche Bilanz, die sich innerhalb dieses halben Jahres er-
eben hat. Also, das geht zusammen mit der Wirtschaft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie sollten nicht versuchen, einen Keil zwischen Politik
nd Wirtschaft zu treiben, und Sie sollten nicht den Weg
er Konfrontation beschreiten.
Diese Offensive umfasst also viele Maßnahmen, aber

uch praktische finanzielle Hilfe für ausbildende Be-
riebe. Ich nenne unser Programm „Kapital für Ar-
eit“, mit dessen Hilfe neue, zusätzliche Ausbildungs-
lätze mit einem zinsgünstigen Investitionskredit von bis
u 100 000 Euro gefördert werden.
Wir haben aber auch die Botschaft verstanden, dass

ie Defizite bei Schulabgängern immer wieder deutlich






(A) )



(B) )


Heinz Schmitt (Landau)


erkennbar sind. Deswegen laufen die Programme weiter,
um benachteiligte und behinderte Jugendliche auch in
diesem Jahr zu fördern und sie auf eine Ausbildung vor-
zubereiten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben die weitere Finanzierung von ausbildungs-
begleitenden Hilfen organisiert, damit schulische Pro-
bleme vor Ort auch während der Lehre überwunden wer-
den können.

Mit unserem Investitionsprogramm „Zukunft, Bil-
dung und Betreuung“ fördern wir die Einrichtung von
Ganztagsschulen. Auch das ist ein Thema, das Sie im-
mer wieder verdrängen. Mit den Ganztagsschulen er-
möglichen wir schon sehr früh die Zusammenarbeit von
Schulen und Betrieben. Damit haben die jungen Men-
schen frühzeitig die Möglichkeit, sich zu orientieren und
Interesse am Beruf zu entwickeln.

Wir haben außerdem mit der Reform der beruflichen
Bildung begonnen. Wir wollen damit die Ausbildungs-
netzwerke stärken und die Ausbildungsordnungen
modernisieren. Weitere Bestandteile der Reform sind die
Modernisierung des Prüfungswesens und die interna-
tionale Öffnung der beruflichen Bildung.

Wir lassen die Ausbildungsbetriebe bei dieser wichti-
gen Aufgabe nicht allein. Es gibt aber – das wurde heute
schon ausgeführt – Grenzen, die das staatliche Engage-
ment nicht überschreiten darf. Der Staat kann die Aus-
bildungsdefizite der Wirtschaft nicht auf Dauer überneh-
men.

Das duale System ist – darüber sind wir uns einig –
am besten im Bereich Schule und Betrieb angesiedelt.
Letztlich geht es um die qualifizierten Arbeitskräfte von
morgen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe in
Zukunft zu organisieren.

Auch wenn im Zuge der Globalisierung immer wie-
der von Jugendlichen als Humankapital gesprochen
wird, geht es mir bei diesem Thema darum, dass die Ju-
gendlichen spüren, dass wir sie nicht allein lassen und
dass es den sozialen Zusammenhalt in dieser Gesell-
schaft tatsächlich noch gibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn nur dann werden die jetzigen Jugendlichen später
als Erwachsene bereit sein, ebenfalls Leistungen zu er-
bringen und Verantwortung für unsere Gesellschaft zu
übernehmen. Nur so werden sich die Jugendlichen auf
Dauer in unserer Gesellschaft wiederfinden und sich da-
rin engagieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506310500

Nun hat der Kollege Uwe Schummer, CDU/CSU-

Fraktion, das Wort.

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(C (D Vielen Dank, Herr Präsident! Werte Damen! Werte erren! 113 000 Lehrstellen fehlten rechnerisch im Sepember dieses Jahres. Das sind 113 000 Schicksale von ungen Menschen, die ihr Zeugnis bekommen haben und n die Arbeitswelt einsteigen wollen, wo sie aber offenundig keine Perspektive finden. Diese Zahl war und ist ugleich die höchste Zahl, die in der Nachkriegsgechichte Deutschlands in diesem Bereich erreicht wurde. as ist ein einsamer und trauriger Nachkriegsrekord dieer Bundesregierung. Trotz der Nachvermittlung, einer großen Ausbil ungsoffensive und des gemeinsamen Handelns mit der irtschaft rechnet die Bundesanstalt für Arbeit damit, ass die Zahl der nicht versorgten Schulabgänger Ende ezember bei 60 000 liegen wird. Diese Zahl ist doppelt o hoch wie im letzten Jahr. Zum zweiten Mal haben Sie als Regierung gemein am mit den Sozialpartnern eine Ausbildungsgarantie egeben und sie gebrochen. Nach fünf Jahren rot-grüner egierung steckt die berufliche Ausbildung offenkundig n der Krise. Die Ursache liegt nicht bei fremden Mächen, sondern sie liegt auch in der Politik, die in Deutschand verantwortlich – oder vielmehr unverantwortlich – estaltet wird. Es ist ein Faktum: 40 000 betriebliche Insolvenzen edeuten einen Verlust von über 400 000 Arbeitsund usbildungsplätzen. Die Unternehmer melden betriebiche Insolvenz an, weil es an Aufträgen fehlt und keine usreichende Liquidität vorhanden ist. Denn der wirtchaftliche Rahmen ist falsch gesetzt worden, und zwar icht nur in betriebswirtschaftlicher Hinsicht, sondern uch in den Bereichen, in denen der Bund mit zu entcheiden hat, auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht. Seit Helmut Kohl 1983 die erste Ausbildungsgarantie egeben hat, lag sie immer in der Gesamtverantwortung ller Akteure, das heißt der Wirtschaft, der Gewerkchaften und auch der Politik. Aus dieser Verantwortung önnen Sie sich nicht herausstehlen. Schieben Sie nicht lles auf die Betriebe, die jährlich 28 Milliarden Euro in ie berufliche Bildung investieren, also mehr als Bund nd Länder zusammen! (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das ist doch das Mindeste!)

Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1506310600

Dass der Bundeskanzler dem letzten Ausbildungs-
ipfel fernblieb, lieber Kollege, zeigt, wie fern ihm die
chicksale der 113 000 jungen Menschen ohne Ausbil-
ungsplatz wirklich sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ie wenig der Bundeskanzler von seinen eigenen Ap-
ellen hält, zeigt, dass im Kanzleramt zum 1. September
ieses Jahres nur ein Auszubildender eingestellt worden
st.


(Zuruf von der CDU/CSU: Eine Schande ist das!)


nsgesamt sind es zehn. Wenn Sie Ihre eigenen Kriterien
m Kanzleramt erfüllen würden, dann müssten Sie 30






(A) )



(B) )


Uwe Schummer

einstellen. Wenn Sie dem Handwerk nacheifern würden,
dann müssten Sie 90 Ausbildungsplätze schaffen. An-
spruch und Wirklichkeit machen deutlich, dass die Poli-
tik versagt. Trotzdem machen Sie der Wirtschaft entspre-
chende Vorwürfe.

Herr Kollege Schmitt, Sie haben die Offensive „Ka-
pital für Ausbildung“ angesprochen. Ich habe heute
noch einmal nachgefragt, wie viele Ausbildungsplätze
durch dieses Programm im Laufe dieses Jahres geschaf-
fen worden sind. Es sind gerade einmal 750. So viele
Ausbildungsplätze haben allein die Bürgermeister in
meinem Wahlkreis Viersen geschaffen. Dafür brauchte
es keine Bundesinitiative. Viel Nebel, viel weiße Salbe,
aber wenig effektive Wirkung – das ist das Problem Ihrer
Politik!

In Ihrer Regierung gibt es nur eine schwache Lobby
für die berufliche Bildung. Es gibt zwar genügend ver-
bale Lautsprecher – mit Herrn Tauss verlässt gerade ei-
ner dieser den Plenarsaal –, die aber politische Leisetre-
ter sind, wenn es um die Durchsetzung der Interessen
junger Menschen geht.

Die Union will eine tief greifende Reform der Be-
rufsausbildung. Es darf aber nicht um Ideologie, son-
dern nur um die Zukunft der Menschen gehen. Im letzten
Jahr der Regierung Schröder waren über 300 000 Ar-
beitslose zusätzlich zu verzeichnen. Jeder zweite von ih-
nen ist ausbildungslos. Es führt ein direkter Weg von der
Ausbildungslosigkeit in die dauerhafte Arbeitslosigkeit.
Keine Lösung ist eine Ausbildungsabgabe, über die mo-
mentan debattiert wird. Sie haben ein erotisches Verhält-
nis zu Steuern und Abgaben. Das ist eines der Probleme
unserer Wirtschaft.


(Heinz Schmitt [Landau] [SPD]: Was wollt ihr denn?)


– Geduld, Herr Kollege Schmitt!

(Heinz Schmitt [Landau] [SPD]: Aber Ihre Zeit läuft ab!)

– Die habe ich besser im Blick als Sie, Herr Schmitt.

Eine tarifliche Umlagefinanzierung gibt es im Rah-
men eines Feldversuchs bereits seit Mitte der 70er-Jahre
in der Bauwirtschaft. Sie wissen, dass der stärkste Aus-
bildungsplatzeinbruch gerade im Baubereich stattgefun-
den hat. Dort ist die Zahl der Ausbildungsplätze seit
1998 von über 100 000 auf unter 40 000 abgestürzt.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber nicht in der Quote!)


Dies zeigt offenkundig, dass Abgaben keine Ausbil-
dungsplätze schaffen. Das kann nur eine vernünftig
funktionierende Wirtschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heinz Schmitt [Landau] [SPD]: Wo bleibt denn das Positive? Sie haben nicht mehr viel Zeit!)


– Ich habe noch vier Minuten und 44 Sekunden. Für Sie
reicht das, Herr Schmitt.

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(C (D Ich kann Ihnen sagen, was geschehen wird, wenn eine usbildungsplatzabgabe eingeführt wird. Die großen nternehmen würden sich freikaufen. Im Bund würde ine neue Verteilungsmaschine etabliert und am Ende tünde die völlige Verstaatlichung der beruflichen Bilung. Wir, die Union, wollen eine wirkliche Reform, das be eutet, dass wir zwar am Berufsbild festhalten, aber das erufsprinzip dynamischer und flexibler gestalten wolen. Wir brauchen neben der Beschleunigung von Wissen nd Innovation auch eine Beschleunigung bei den neuen erufsbildern. Es gibt derzeit insgesamt 350 Ausbilungsberufe, aber nur 32 zweijährige, praktisch orienierte Ausbildungsberufe. In den letzten Jahren kamen 8 neue Berufsbilder hinzu. Über 100 neue Berufsbilder iegen in der Schublade. Beim jetzigen Tempo wären iese etwa im Jahr 2013 abgearbeitet. Das Tempo muss eschleunigt werden, wenn man mehr Dynamik und lexibilität in der beruflichen Bildung haben will. Nach dem Berufsbildungsbericht der Bundesregie ung gibt es jährlich 125 000 Ausbildungsabbrecher. iele davon sind schulmüde. 90 000 Schüler verlassen ie Schule ohne Abschluss. Jeder zweite ausländische ugendliche bleibt ohne Ausbildung. Für sie wäre eine weijährige, praktisch orientierte Berufsausbildung eine hance, die sie heute offenkundig nicht haben. (Nicolette Kressl [SPD]: Was wollen Sie jetzt?)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir brauchen mehr Ausbildungsstufen: vom Ver-
äufer zum Einzelhandelskaufman, vom Baufacharbei-
er zum Maurer, von der Fachkraft für ambulante Pflege
n zwei Jahren zum Krankenpfleger im dritten Jahr.
iese Stufen sind keine Sackgassen. Wem die Puste in
er Ausbildung ausgeht, der darf nicht wieder bei nichts
anden. Er sollte sich über die berufliche Praxis weiter-
ntwickeln können.
Im Saarland – ein Land, aus dem seit einem Jahr wie-

er vernünftige Botschaften kommen – hat Frau Ministe-
in Görner im Bereich der Pflege ein Stufenmodell ge-
chaffen, das sich eng an der dualen Ausbildung
rientiert.


(Jörg Tauss [SPD]: Ich bin zurück!)

Das beruhigt mich ungemein, Herr Tauss. Herzlich
illkommen! – Jugendliche werden bei Pflegeeinrich-
ungen eingestellt und absolvieren einen stark prakti-
chen Ausbildungsteil. Nach der ersten Stufe kommt
ort die Prüfung zum Altenpflegehelfer; nach der zwei-
en Stufe folgt der Abschluss als Altenpfleger.
Letztes Jahr wurden im Saarland 204 angehende Al-

enpfleger nach dem neuen Konzept eingestellt. Darun-
er sind sehr viele Hauptschüler, denen der Weg in die
flegeausbildung durch immer mehr Theorie und immer
ehr Verschulung letztendlich verbarrikadiert worden
st. Nun haben auch Hauptschüler dort die Möglichkeit,
n Pflegeberufe einzusteigen.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Uwe Schummer

Nach den Zahlen aus dem saarländischen Ministerium
haben in den letzten Wochen 202 Auszubildende die
erste Stufe erfolgreich abgeschlossen. Alle beginnen die
zweite Stufe, um sich dort zum Altenpfleger ausbilden
zu lassen.

Ab Oktober wird es dieses – im Saarland entwickelte –
Modell auch in Brandenburg geben. Die CDU-Fraktion
in Düsseldorf hat eine entsprechende Vorlage in den nor-
drhein-westfälischen Landtag eingebracht. Ich hoffe
sehr, dass man auch dort bereit ist, die Pflegeausbildung
zu modernisieren und ein Arbeitsfeld zu schaffen, in
dem praktisch begabte Menschen wieder eine Zukunft
finden. Bundesweit fehlen 20 000 Pflegekräfte. Anstatt
Greencards auszugeben, um Abhilfe zu schaffen, wäre
es besser, den Arbeitslosen wieder eine Perspektive zu
geben.

Wenn Sie Ende Oktober einen neuen Ausbildungsgip-
fel veranstalten, dann sorgen Sie bitte dafür, dass auch
der Bundeskanzler anwesend ist und dieses Thema zur
Chefsache macht. Außerdem bitte ich Sie, dafür zu sor-
gen, dass der andere wichtige Akteur der beruflichen
Bildung, die Bundesländer, vertreten sein wird, damit
auf diesem Gipfel auch darüber gesprochen wird, wie
die flächendeckende Modernisierung der beruflichen
Bildung konkret gestaltet werden kann.

Der größte Ausbilder ist das Handwerk mit über
540 000 Ausbildungsplätzen. 18 Prozent aller Betriebe
sind Handwerksbetriebe; sie stellen aber fast 40 Prozent
der Ausbildungsplätze. Ihr jüngster Vorschlag, den
Meisterbrief zu reformieren, hat einen Großteil der Aus-
bildungsmotivation zerstört. Wichtiger und besser wäre
es – dementsprechend sieht unser Angebot im Vermitt-
lungsausschuss aus –, dass Sie neben der Gefahrenge-
neigtheit die Ausbildungsleistung bei Handwerksberufen
anerkennen, um den Meisterbrief als Voraussetzung für
die Selbstständigkeit zu erhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Handwerksberufe befinden sich in einem Zwei-

frontenkrieg: Auf der einen Seite droht zwei Dritteln die-
ser Berufe, dass der Meisterbrief weitgehend entfällt; auf
der anderen Seite stehen ihnen rund 60 000 Ich-AGs ge-
genüber, die hoch subventioniert handwerksähnlichen
Tätigkeiten nachgehen und in direkte Konkurrenz zum
Handwerk treten. Daher wäre es besser, die Ausbil-
dungsleistung als eigenes Kriterium anzuerkennen. Jeder
Handwerksbereich, der mehr als die übrige Wirtschaft
ausbildet, kann durch seine Ausbildungsleistung den
Meisterbrief erhalten.

Alle sieben Jahre findet eine Überprüfung statt, so-
dass die Bereitschaft zur Ausbildung in diesen Berufen
nachhaltig gewährleistet ist. Wenn Sie unseren Vorstel-
lungen folgen, dann hätten Sie zwei Probleme gelöst: Ih-
ren Zoff mit dem Handwerk und das Fehlen der Ausbil-
dungsmotivation in diesem Bereich.

Lassen Sie uns miteinander vernünftig und praktisch
orientiert reden! Das Saarland zeigt: Es geht in der Pra-
xis. Stimmen Sie unserem Antrag zu!


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Willi rase, SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, ass dann, wenn es um die Zukunftsmöglichkeiten von ungen Menschen geht, von Neid, von Flexibilisierung, on persönlicher Verantwortung und vor allen Dingen om Senken der Ausbildungsvergütung als zentralem lement zur Schaffung von weiteren Ausbildungsplätzen ie Rede ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506310700
Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1506310800

ies ist eine Politik, die nur zulasten der jungen Leute
eht und nicht beachtet, dass auch andere eine Verant-
ortung und eine Bringschuld haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Kretschmer [CDU/ CSU]: Welchen Antrag haben Sie gelesen? Nicht unseren! – Zuruf des Abg. Christoph Hartmann [Homburg] [FDP])


Ich will Ihnen sagen, was wir wollen, Herr Kollege.
ir wollen, dass alle jungen Leute eine vernünftige
hance erhalten und, wenn es Not tut, auch eine zweite
hance. Was sie daraus machen, müssen sie selbst se-
en. Wir sind sicher, dass sie etwas daraus machen kön-
en.
Wir setzen uns dafür ein, dass die jungen Leute auch

ukünftig eine qualifizierte Ausbildung erhalten, die vor
llem auch eine Beschäftigungsmöglichkeit mit sich
ringt. Die Ausbildung muss nach wie vor auf einem ho-
en Qualifikationsniveau stattfinden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie haben die Tätigkeit der Ausbildungsplatzent-
ickler angesprochen. Schon seit zig Jahren, schon weit
or unserer Regierungszeit, noch zu Zeiten von Helmut
ohl,


(Christoph Hartmann [Homburg] [FDP]: Das ist aber verdammt lange her!)


aben wir in vielen Regionen im Zusammenhang mit der
ktiven Arbeitsmarktpolitik, über den § 10 und Ähnli-
hes, Ausbildungsplatzentwickler, Lehrstellenentwickler
ingestellt, ohne dass der Bund dazu Mittel zur Verfü-
ung gestellt hat. Dazu haben wir keine Anweisung von
ben gebraucht. Das hat in manchen Regionen von 1994
is zum Jahr 2002, ja bis zum Jahr 2003 mehr als
0 Prozent, mehr als 70 Prozent neue qualifizierte Aus-
ildungsplätze gebracht. Da brauchen wir keine Beleh-
ung, sehr geehrte Damen und Herren!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Kretschmer [CDU/ CSU]: Wenn es gut funktioniert, warum führen Sie es dann jetzt nicht ein?)







(A) )



(B) )


Willi Brase

Das Schöne war, dass die Industrie- und Handelskam-
mern und die Arbeitgeberverbände das nachher selbst
mitgetragen haben. Wir haben drei Jahre über ABM ge-
fördert. Im vierten Jahr und in den folgenden Jahren
muss der vorherige ABM-Mitarbeiter dann vernünftig
angestellt werden. Das war eine sehr gute Maßnahme.


(Christoph Hartmann [Homburg] [FDP]: Wenn alles so toll ist, warum sieht es dann so schlecht aus?)


Die Ausbildungsvergütung soll – so habe ich es im
Antrag der FDP und auch in den Anträgen der CDU/
CSU gelesen – gesenkt werden. Sie haben in anderem
Zusammenhang darauf hingewiesen, dass wir eine hohe
Zahl von arbeitslosen Jugendlichen haben, dass viele
junge Menschen einen Ausbildungsplatz suchen, und
hervorgehoben, dass dahinter Menschen stehen. Ich sage
Ihnen sehr deutlich: Bei dem Durchschnittsalter, in dem
die jungen Menschen sind, wenn sie eine Ausbildung
machen, müssen wir davon ausgehen, dass sie schon al-
leine leben. Mit ihrer Ausbildungsvergütung müssen sie
ihren Lebensunterhalt und das, was sie möchten, bestrei-
ten. Schon allein aus diesem Grund verbietet es sich, ge-
rade bei ihnen Geld einzusparen, damit andere einen
Vorteil davon haben. Das können und werden wir nicht
mitmachen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Christoph Hartmann [Homburg] [FDP]: So kann nur jemand reden, der noch nie Verantwortung für andere gehabt hat!)


Über die beabsichtigte Senkung der Ausbildungsver-
gütungen, die ja in Tarifverträgen geregelt sind, wird der
weitere Versuch unternommen, einen Angriff auf die
Tarifautonomie zu starten und die Tarifautonomie aus-
zuhebeln.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Sie haben bei dem, was wir gesagt haben, nicht zugehört, Herr Brase! Tut mir Leid!)


Das hat ja Methode. Auch in anderen Zusammenhängen,
über die Veränderung beim Günstigkeitsprinzip und ähn-
lichem, wird versucht, die Tarifautonomie anzutasten
und sie so zu gestalten, dass sie nur noch aus Sicht der
Unternehmen gut funktioniert. Das können und werden
wir nicht mitmachen, liebe Kolleginnen und Kollegen!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jürgen Koppelin [FDP]: Da spricht ein Gewerkschaftssekretär! – Christoph Hartmann [Homburg] [FDP]: Typisch Gewerkschaftssekretär!)


– Darum, ob das typisch Gewerkschaftssekretär ist, geht
es gar nicht.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Doch, genau darum geht es!)


Es geht darum, dass auch in dieser Republik, in dieser
Gesellschaft starke Gewerkschaften sozialen Fortschritt
für die abhängig Beschäftigten erreichen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Christoph Hartmann [Homburg] [FDP]: Dann sollen die Gewerkschaften doch mal ausbilden! Das sind die, die am meisten Ausbildung abbauen! – Jürgen Koppelin [FDP]: Wie viele Ausbildungsplätze haben die Gewerkschaften?)


Lassen Sie mich noch auf einen Punkt eingehen, der
der Debatte immer wieder eine Rolle spielt, nämlich
ie Frage der Ausbildungen mit vermindertem Theorie-
il, der Kurzausbildungen und der zweijährigen Ausbil-
ungen. Es wird behauptet, dass sich die Tarifpartner
isher so gut wie nie auf die Schaffung neuer Berufe mit
weijähriger Ausbildung mit weniger anspruchsvollem
rofil verständigt haben und dass dies ausbildungswil-
ge Betriebe hemmt. Gleichzeitig müssen wir zur
enntnis nehmen, dass Unternehmen immer mehr dazu
bergehen, Ausbildungsstellen nicht zu besetzen, wenn
s den Bewerberinnen und Bewerbern an grundlegenden
ualifikationen fehlt. Ich meine, dass man über diesen
iderspruch trefflich streiten kann und dies auch sicher-
ch tun muss.


(Christoph Hartmann [Homburg] [FDP]: Was ist da für ein Widerspruch?)


mpirisch ist der Zusammenhang zwischen Ausbil-
ungsplatzabbau und Mangel an geeigneten Bewerbern
is heute nicht nachgewiesen worden. Deshalb halte ich
s für sinnvoll, noch einmal auf Folgendes hinzuweisen:
ch glaube, dass es notwendig und richtig ist, den jungen
enschen eine voll qualifizierende Ausbildung zu er-
öglichen, die sich daran orientiert, dass eine spätere
eschäftigungsfähigkeit hergestellt wird. Wenn wir für
ute Qualität sorgen, können wir das duale Ausbildungs-
ystem weiter voranbringen.
Personen wie Herr Braun oder Herr Philipp, die sa-

en, dass über 90 000 junge Leute – ob angeblich oder
tsächlich, sei dahingestellt – nicht fähig sind, eine Aus-
ildung zu beginnen, bekommen mit § 50 ff. Berufsbil-
ungsgesetz ein Instrument in die Hand, womit sie die-
es Manko in den Griff bekommen und bekämpfen
önnen. Nehmen Sie doch bis Ende März nächsten Jah-
es 10 000 bis 15 000 junge Leute in die betriebliche Be-
ufsausbildung auf, wie es die IG Metall und andere im
usammenhang mit dem Lernpakt vorgeschlagen haben!
enn Sie das machen, helfen Sie den jungen Leuten
anz konkret und wir kommen bei der Bewältigung die-
er Krise ein Stück weiter.


(Beifall bei der SPD)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506310900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/1348 an die in der Tagesordnung auf-
eführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Diesbezüglich






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

stelle ich Einvernehmen fest. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 3 b: Wir kommen zur Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung auf Drucksache 15/1302.
Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung in Kenntnis des Berufsbildungsberichts
2003 der Bundesregierung auf Drucksache 15/1000 die
Annahme des Antrags der Fraktionen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Offensive für
Ausbildung – Modernisierung der beruflichen Bildung“
auf der Drucksache 15/741. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Das Erste war die Mehrheit. Die Beschluss-
empfehlung ist angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss in Kenntnis des
Berufsbildungsberichts 2003 die Ablehnung des Antrags
der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/653 mit
dem Titel „Reformen in der beruflichen Bildung voran-
treiben – Lehrstellenmangel bekämpfen“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenom-
men.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-
ner Beschlussempfehlung, wiederum unter Bezug-
nahme auf den Berufsbildungsbericht, die Ablehnung
des Antrags der FDP-Fraktion auf Drucksache 15/587
mit dem Titel „Für die Stärkung der dualen Berufsausbil-
dung in Deutschland – mehr Chancen durch Flexibilisie-
rung und einen individuellen Ausbildungspass“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist das so beschlos-
sen.

Tagesordnungspunkt 3 c: Wir kommen zur Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung auf Drucksache 15/1304.
Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache
15/1090 mit dem Titel „Lasten gerecht verteilen – Mehr
Unternehmen für Ausbildung gewinnen“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer möchte sich enthalten? – Die Beschlussempfehlung
ist angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung
des Antrages der CDU/CSU-Fraktion auf Drucksache
15/925 mit dem Titel „Ausbildungsplatzabgabe zerstört
Ausbildungsmotivation“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Auch diese Beschlussempfehlung ist angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-
ner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
der FDP-Fraktion auf Drucksache 15/1130 mit dem Titel
„Ausbildung belohnen statt bestrafen – Ausbildungs-
plätze in Betrieben schaffen statt Warteschleifen finan-
zieren“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich enthalten? –
Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

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(C (D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb – Drucksache 15/1487 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Tourismus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Dazu öre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu ächst der Bundesministerin Brigitte Zypries. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten amen und Herren! Die Reform des Gesetzes gegen den nlauteren Wettbewerb steht unter dem Motto „Wirtchaft stärken – Verbraucherrechte sichern“. Wir sehen n der Stärkung der Wirtschaft und der Sicherung der erbraucherrechte keine Gegensätze. Die Aufgabe eines odernen Wirtschaftsrechtes besteht gerade darin, allen m Wirtschaftsleben Beteiligten einen auf ihre Bedürfisse abgestimmten Rechtsrahmen zur Verfügung zu tellen. Dabei hatten wir drei Ziele klar vor Augen: erstens en Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher, wo r nötig ist, zweitens die Stärkung der Eigenverantworung. Wir gehen davon aus, dass die Verbraucherinnen nd Verbraucher mündig sind. (Jürgen Koppelin [FDP]: Deswegen ist das Ministerium auch nicht vertreten! Wo ist Frau Künast?)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1506311000

Es ist so, Herr Abgeordneter, dass der Verbraucher-
chutz nicht alleine von Frau Künast vertreten wird,


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der FPD: Gott sei Dank! – Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ondern auch von anderen Ministerien. Wir vertreten die
erbraucher insofern, als es um unlauteren Wettbewerb
eht. Insoweit hat alles seine Ordnung


(Zuruf von der CDU/CSU: Alles wird gut!)

Wir wollen die Eigenverantwortung der Bürgerinnen

nd Bürger stärken. Wo sie oder die Wirtschaft gesell-
chaftliche Aufgaben genauso gut oder sogar besser als
er Staat wahrnehmen können, sollen sie es auch tun.
Das dritte Ziel, das uns geleitet hat, ist ebenso wich-

ig, nämlich die Liberalisierung der Wirtschaft. Wir wol-
en keine Gängelung der Wirtschaft durch bevormun-
ende Vorschriften. Gesetze soll es nur da geben, wo es
ür einen fairen Wettbewerb notwendig ist.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Genau das unterscheidet Sie von Frau Künast!)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

Genau das haben wir, wie wir meinen, mit dem Ihnen
jetzt vorliegenden Entwurf eines Gesetzes gegen den un-
lauteren Wettbewerb auch verwirklicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir erreichen alle drei Ziele und haben das richtige Ver-
hältnis zwischen den verschiedenen Mitteln, die zur
Auswahl standen, gefunden.

Lassen Sie mich bei unserem Ziel der Liberalisie-
rung des Wettbewerbsrechts beginnen. Wie Sie wis-
sen, ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb fast
100 Jahre unverändert geblieben und gilt im internatio-
nalen Vergleich als ganz besonders restriktiv. Dies führt
für deutsche Unternehmer zu Wettbewerbsnachteilen im
europäischen Binnenmarkt. Ebenso hat es die beim Bun-
desministerium der Justiz eingerichtete Expertenarbeits-
gruppe, die uns beim Entwurf des Gesetzes beraten hat,
gesehen. Bei allen Unterschieden im Detail waren sich
alle darin einig, dass die mit der Abschaffung des Ra-
battgesetzes und der Zugabeverordnung begonnene Li-
beralisierung des Wettbewerbsrechts fortgesetzt werden
muss.

Diesen Ansatz greift der Regierungsentwurf auf. Im
neuen UWG soll die Reglementierung von Sonder-
veranstaltungen wie Sommerschlussverkauf, Winter-
schlussverkauf, Jubiläumsverkauf und Räumungsver-
kauf ersatzlos entfallen. An dieser Stelle ist es mir wich-
tig, deutlich zu machen, dass wir nicht wollen, dass
Sommer- und Winterschlussverkäufe zukünftig nicht
sind. Es liegt vielmehr in der freien unternehmerischen
Entscheidung des Handels, sich auf Schlussverkaufster-
mine zu einigen und Schlussverkäufe durchzuführen. Es
wird nicht mehr wie bisher im Gesetz stehen, welche
14 Tage im Jahr dafür erlaubt sind. Wir meinen, dass es
das neue Gesetz den Gewerbetreibenden ermöglicht, mit
neuen Geschäftsideen Kunden zu finden und an sich zu
binden. Rabattaktionen können künftig auch lokal auf
Stadtebene, auf Gemeindeebene oder sogar nur für ein-
zelne Stadtteile verabredet werden, zum Beispiel anläss-
lich von Stadtfesten. Ferner können auch Händlerpools
gebildet oder Kundencoupons für Stadtbezirke herausge-
geben werden.

Die von uns vorgeschlagene Liberalisierung ent-
spricht auch der Zielsetzung einer verbraucherfreund-
lichen Politik. Wir orientieren uns dabei am Leitbild des
mündigen Verbrauchers, der künftig selbst entscheiden
soll, welches Angebot sich für ihn lohnt. Besonders
wichtig ist mir, dass wir den Verbraucher in § 1 des Ge-
setzentwurfs erstmals als Schutzobjekt benannt haben.
Denn auch hier wollen wir den Weg der Eigenverant-
wortung und der Selbstregulierung gehen. Dieser Weg
ist für den Verbraucherschutz deutlich wirksamer, als
wenn weitere behördliche Eingriffsmöglichkeiten bei
bestimmten Verkaufsaktionen geschaffen würden. Wir
setzen darauf, dass Verbraucherinnen und Verbraucher
zu unterscheiden lernen, welche Aktionsangebote für sie
wirklich attraktiv sind und bei welchen Verkaufsaktio-
nen ihnen gegebenenfalls minderwertige Waren angebo-
ten werden. Unsere Politik will der Wirtschaft wieder

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(C (D ut zu interessanten Angeboten und den Verbrauchern ut zur Entscheidung machen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich hatte es bereits gesagt:
an muss sehen, wo doch Regelungen nötig sind.
nlautere Geschäftspraktiken bleiben nach wie vor
erboten. Denn da müssen wir zum Schutz der Verbrau-
her klare Grenzen ziehen. Es gibt dafür einen nicht ab-
chließenden Katalog von Beispielsfällen. Ich möchte
usdrücklich auf das Verbot der Schleichwerbung, auf
as Verbot der Ausnutzung der Unerfahrenheit von
indern und Jugendlichen und auf das Verbot der Kopp-
ng von Gewinnspielen mit dem Erwerb einer Ware
inweisen.
Als irreführende Werbung werden wir die Werbung
it vermeintlichen Preisnachlässen verbieten: erst mit
o genannten Mondpreisen ganz hoch ausgezeichnet,
ann ganz stark heruntergesetzt. Auch Lockvogelange-
ote – es heißt „so lange der Vorrat reicht“ und im Ge-
chäft erfährt man, dass nur ein Stück vorhanden war –
ollen untersagt werden.


(Rainer Funke [FDP]: Das darf man heute schon nicht!)


Ein Thema, das uns alle in verschiedenen Gebieten
eschäftigt, ist die belästigende Werbung. Wir sagen:
ine unzumutbare Belästigung ist die Werbung ohne
inwilligung des Adressaten mittels Telefonanrufen,
ittels Faxgeräten oder bei elektronischer Post.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as Stichwort Spamming ist Ihnen allen längst bekannt,
icht nur aus der Wirtschaftspresse.
Wir wollen außerdem gegen betrügerische Aktionen

orgehen, in denen der Schaden für den einzelnen Ver-
raucher mit ein paar Euro gering ist, der Täter aber eine
enge Geld verdient. Denn bei hunderttausend Leuten,
ie ein Fax zurücksenden, um künftig von Werbung be-
reit zu werden, ist der Gewinn schon enorm. Für solche
älle, wenn jemand vorsätzlich gegen das UWG verstößt
nd dadurch die Kunden übervorteilt, haben wir einen
ewinnabschöpfungsanspruch vorgesehen, den die
erbraucherschutzverbände geltend machen sollen. Die
lage ist – insofern muss man keine Sorge haben – für
ie Verbände völlig uneigennützig; denn der Erlös fließt
n die Staatskasse.
Meine Damen und Herren, dieses neue Gesetz gegen

en unlauteren Wettbewerb wird uns auch im europäi-
chen Rahmen wieder die Stellung geben, die wir brau-
hen. Wo wir bisher weniger vorbildhaft waren, werden
ir jetzt an der Spitze der Bewegung stehen. Ich bin zu-
ersichtlich, dass wir unseren Ansatz der Versöhnung
on Wirtschaft und Verbrauchern auch im Rahmen der
uropäischen Kommission werden durchsetzen können.
ie wissen, dass dieser Ansatz dort noch nicht so gepflegt
ird. Vielmehr gibt es dort immer noch gegenläufige In-
eressen. Wir werden also auch auf europäischer Ebene






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

dafür werben, dass die Verbindung von Wirtschaft, Wett-
bewerb und Verbraucherrechten durchgesetzt wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506311100

Ich erteile das Wort dem Kollegen Ingo

Wellenreuther, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1506311200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Mit dem Entwurf einer Novelle des Gesetzes gegen
den unlauteren Wettbewerb wird am heutigen Tag die
erste größere Gesetzesvorlage beraten, die die Bundesre-
gierung seit der Bundestagswahl vor einem Jahr zu-
stande gebracht hat. Herzlichen Glückwunsch!


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Besser eine als keine!)


– Das ist wahr.
Im Unterschied zum altehrwürdigen UWG aus dem

Jahre 1909 wird in der Novelle nun erstmals, Frau
Künast – – Jetzt sage ich schon Frau Künast zu Frau
Zypries.


(Heiterkeit – Joachim Stünker [SPD]: Da können Sie einmal sehen, was für ein Feindbild Sie haben! Ihre Augen sind dick zugekleistert! Das war ein toller Versprecher!)


– Herr Stünker, heute komme ich ausnahmsweise nicht
zu Ihnen. Aber lassen Sie mich fortfahren.

Frau Zypries, Sie haben es angesprochen: In der
Novelle wird nun erstmals der Verbraucher als Schutz-
objekt des Gesetzes ausdrücklich erwähnt. Man könnte
also schnell der Versuchung erliegen, den Entwurf als
„Meilenstein“ zu bezeichnen, wie Sie es, Frau Justizmi-
nisterin, in Ihrer Rede am 7. Mai hier im Bundestag
schon einmal getan haben. Dabei wurde aber lediglich
das niedergeschrieben, was seit Jahrzehnten ständige
Rechtsprechung in Deutschland ist. Neben dem eigentli-
chen Ziel des Gesetzes, nämlich den freien und fairen
Wettbewerb zu gewährleisten, wird bisher schon außer
den Mitbewerbern und der Allgemeinheit auch der Ver-
braucher geschützt. Diese Schutzzwecktrias ist daher
keine Erfindung der Bundesregierung, sondern Verdienst
richterlicher Rechtsfortbildung.

Gescheitert ist die Bundesregierung mit dem Versuch,
diese Gesetzesnovelle als Maßstab für ein europäisches
Lauterkeitsrecht im Wettbewerb vorzulegen. Frau
Zypries, Sie kommen damit zu spät. Sie stehen gerade
nicht „an der Spitze der Bewegung“, wie Sie gerade aus-
geführt haben. Bereits im Juni dieses Jahres lag nämlich
ein Vorschlag der Europäischen Kommission für eine
Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vor. Darin
sind als Schutzobjekte ausschließlich die wirtschaftli-
chen Interessen der Verbraucher niedergelegt und eben

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(C (D icht die im deutschen Recht verankerten Schutzobjekte ie die Allgemeinheit und die Mitbewerber. Deshalb ind erhebliche Abgrenzungsprobleme zwischen dem eutschen Wettbewerbsrecht und den EU-Richtlinien orprogrammiert. Dies wird zu einer verstärkten Rechtsnsicherheit und zu Wettbewerbsnachteilen von deutchen Unternehmen führen, die bei der europäischen armonisierung des Wettbewerbsrechts beseitigt werden üssen. Wie Sie vorhin schon angesprochen haben: Es ird da noch einiges zu tun sein. Meine Damen und Herren, ich möchte einige kon rete Regelungen der Gesetzesnovelle ansprechen, die och Veränderungen bedürfen. Ich nenne das Thema der onderveranstaltungen; auch Sie, Frau Justizministein, haben gerade davon gesprochen. Noch einmal zur rinnerung: Nach dem Fall des Rabattgesetzes und der ugabeverordnung vor circa zwei Jahren entstand in der raxis Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Werbung mit onderaktionen und mit Preisnachlässen. Diese Arten er Werbung sind zwar nach dem Rabattgesetz nicht ehr, aber nach dem geltenden UWG verboten, weil sie ine unzulässige Sonderverkaufsveranstaltung darstellen önnen. Deshalb meinen auch wir, dass eine Abschafung der §§ 7 und 8 des UWG konsequent ist. Dann entsteht aber genau das Problem, dass die in § 7 erankerten zulässigen Ausnahmetatbestände – Somerund Winterschlussverkauf – nicht mehr zu betimmten Zeiten im Jahr geschützt wären. Gerade der iesjährige Sommerschlussverkauf hat wieder gezeigt, ass Verbraucher und Unternehmen diesen Sonderverauf nutzen. Diese Tradition hat sich beim Handel zur agerräumung bewährt, ist bei Verbrauchern und Meien beliebt und ist als bundesweiter Aktionszeitraum nerkannt. Wir glauben nicht, dass eine Verständigung er Wirtschaft ausreichend ist, (Dirk Manzewski [SPD]: Das haben Sie doch ewig gefordert! Das ist eine ewige Forderung von Ihnen!)


m diese Verkäufe zu ermöglichen. Wir fordern Sie des-
alb auf, den Gesetzentwurf so zu ändern, dass Sommer-
nd Winterschlussverkäufe – auch begrifflich – weiter-
in im UWG geschützt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Umstritten ist der zweite Punkt, den ich ansprechen
öchte, der Gewinnabschöpfungsanspruch in § 10 UWG;
uch davon haben Sie gesprochen, Frau Zypries. Auf
en ersten Blick ist dieser Anspruch zu begrüßen. Nach
em Motto „Wettbewerbswidriges Handeln darf sich
icht lohnen“ soll unlauteres Werben auch dann bestraft
erden, wenn der einzelne Verbraucher mit relativ ge-
ingen Kosten belastet wird, er diese wegen Geringfü-
igkeit nicht einklagen würde, der Gewinn in der
umme aber erheblich ist. Ordnungspolitisch ist dies
ertretbar, weil dadurch ein wettbewerbswidriger und
amit ungerechtfertigter Vorteil neutralisiert würde. Wir
ertreten allerdings – immer noch – die Auffassung, dass
in solcher Anspruch unpraktikabel und für Gerichte und
arteien nicht zu handhaben ist; denn dem klagebefugten
erband wird die Gewinnermittlung sehr schwer fallen.






(A) )



(B) )


Ingo Wellenreuther

Es ist bekanntermaßen bereits unmöglich, den Erfolg ei-
ner zulässigen Werbemaßnahme in konkrete Zahlen zu
fassen. Es gilt wohl der Satz: Die Hälfte des Geldes, das
man in die Werbung steckt, ist zum Fenster herausge-
worfen – man weiß nur nicht, welche. Erst recht unmög-
lich wird es sein, festzustellen, welcher Mehrerlös ge-
rade auf der Unlauterkeit einer Werbeaktion beruht.
Deswegen meinen wir, dass diese Regelung sehr schwer
handhabbar ist.

Außerdem besteht die Gefahr der Betriebsspionage;
denn zur Errechnung der Gewinnspanne sind Kenntnisse
über Umsätze und Kosten des Unternehmens nötig. Um
diese zu erlangen, müsste der Gläubiger eine Auskunfts-
klage erheben und verlangen, dass der Unternehmer
seine Kalkulationen, Einkaufspreise, Erträge, Vorrats-
mengen und so weiter offen legt und damit seine Be-
triebsgeheimnisse preisgibt.


(Joachim Stünker [SPD]: Die bösen Sozis wollen ausspionieren!)


Das kann nicht gewollt sein. Die Probleme bei der Ge-
winnermittlung können auch nicht – wie es bereits mehr-
fach beschrieben worden ist – durch richterliche Schät-
zung gelöst werden. Die Gewinnermittlung kann nur auf
der Grundlage von Tatsachen und nicht einfach ins
Blaue hinein erfolgen. Auch der Nachweis des Vorsatzes
wird große Schwierigkeiten bereiten.

Rechtssystematisch ist der Gewinnabschöpfungsan-
spruch am Ende aber auch systemwidrig. Die Verpflich-
tung, den wettbewerbswidrig erlangten Gewinn an den
Bundeshaushalt abzuführen, hat nach Ihrer Begründung
Strafcharakter, der dem deutschen Zivilrecht aber
fremd ist. Die Verhängung rein strafender Sanktionen für
ein verbotenes Verhalten ist eine Aufgabe, die bisher der
Staat übernommen hat und gerade nicht private Ver-
bände.

Frau Zypries, der geplante Gewinnabschöpfungsan-
spruch ist zwar eine gut gemeinte, aber eine schlecht ge-
machte Regelung, um vor Wettbewerbsverstößen abzu-
schrecken oder sie jedenfalls nicht zu belohnen. Er ist in
den überwiegenden Fallkonstellationen unpraktikabel.
Jedenfalls ist er ungeeignet, dem Staat eine neue Einnah-
mequelle zu verschaffen. Dieses Ansinnen, Frau Zypries,
ehrt Sie zwar sehr. Aber den Haushalt muss Herr Eichel
anders finanzieren.

Zum Schluss noch ein Punkt, der geändert werden
muss. Es geht um die vorgesehene Regelung zum Tele-
fonmarketing. In den meisten Staaten der EU setzt man
hier auf den mündigen Bürger. Auch Sie haben vorhin
davon gesprochen, dass das ein Anliegen in der Geset-
zesnovelle war. Europa hat sich für eine liberale und
wirtschaftsfreundliche Regelung entschieden. Das heißt,
wer nicht mit Telefonwerbung belästigt werden möchte,
kann dies im Verlauf des Telefonats kundtun und darf
erst dann nicht mehr telefonisch beworben werden.

Sie dagegen haben sich für eine Regelung ausgespro-
chen, wonach man nur angerufen werden darf, wenn
man vorher sein Einverständnis dazu gibt.


(Beifall des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


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(C (D amit haben Sie fahrlässig einen immensen Wettbeerbsnachteil für die deutschen Direktvermarkter in auf genommen. Gerade in einer Zeit der großen Konumzurückhaltung wird der deutschen Wirtschaft eine anz wichtige Möglichkeit der Kundenwerbung entzoen, die in den übrigen EU-Staaten bereits Standard ist. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


uf die vielen Arbeitsplätze, die die Bundesregierung
amit gefährdet, möchte ich an dieser Stelle nicht einge-
en.
Frau Justizministerin, helfen Sie uns, den Markt zu li-

eralisieren, Rechtssicherheit zu schaffen und Arbeits-
lätze zu schützen! Überarbeiten Sie den Gesetzentwurf
och einmal!
Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506311300

Das Wort hat nun die Kollegin Ulrike Höfken,
ündnis 90/Die Grünen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jetzt lässt die Frau Künast Sie hier allein reden! Das finde ich gemein! – Gegenruf der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie kann das auch allein!)



Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506311400

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Liebe Kollegen! Ich wiederhole es: Frau
ypries, es ist ein Meilenstein im Wettbewerbsrecht,
ass der Verbraucher als von unlauterer Werbung un-
ittelbar betroffener Marktteilnehmer endlich ebenfalls
om UWG geschützt wird. Verbraucher als Marktteil-
ehmer nun endlich auch mit einzubeziehen ist ein
echsel in der Sichtweise. Dafür verdienen Sie wirklich
ank und Unterstützung. Auch die CDU/CSU sollte ein-
ehen, dass Verbraucher gleichberechtigte Marktteilneh-
er sein sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rainer Funke [FDP]: Ein Systemwechsel!)


ie Forderung der Grünen nach mehr Chancengleichheit
ür Verbraucher findet hier den entsprechenden Wider-
all. Es ist Ausdruck der Querschnittsaufgabe Verbrau-
herschutz, dass sich die gesamte Bundesregierung die-
es Ansinnen zu Eigen gemacht hat.
Unlauter ist jetzt die Ausnutzung der geschäftlichen
nerfahrenheit insbesondere von Kindern und Jugend-
ichen oder der Leichtgläubigkeit und Angst von Ver-
rauchergruppen; darauf hat die Ministerin bereits hin-
ewiesen. Dies ist in Deutschland ein ganz relevanter
arkt. Es gibt bei 6- bis 13-jährigen Kindern und Ju-
endlichen ein Konsumpotenzial von etwa 5,1 Milliar-
en Euro. Das zeigt, wie relevant eine solche Maßnahme
st. Dies ist ein gesellschaftlich hochaktuelles Thema.






(A) )



(B) )


Ulrike Höfken

Unlauter sind zukünftig auch – darüber ist hier im

Parlament diskutiert worden; Herr Kollege
Wellenreuther, ich verstehe Ihre Einwände nicht – unzu-
mutbare Belästigungen wie die Zusendung offensicht-
lich unerwünschter Werbung sowie telefonische Werbe-
gespräche und die automatisierte Werbung per Fax, E-Mail
oder Anrufmaschinen, so genannte Spammings.

Sie sollten sich einmal vor Augen führen, was Ihre
Fraktion in diesem Bereich fordert – dies ist keinesfalls
ein Widerspruch zu uns –: ein ausdrückliches Verbot,
klare Definitionen, Sanktionen, Verantwortlichkeiten
usw. Das sind ganz klar ordnungspolitische Maßnah-
men, übrigens nicht ganz falsch. Aber sie stellen keines-
falls – Sie tun hier so – eine völlige Liberalisierung dar.
Die, so sagen Sie, sei der beste Weg. Das ist eben nicht
der Fall.

Es gilt vielmehr, im UWG einen gesetzlichen Rah-
men zu schaffen. Wie dieser durchgesetzt wird – dies ist
tatsächlich nicht ganz einfach –, muss noch durch ein-
zelne Maßnahmen bestimmt werden und muss sich in
der Praxis zeigen. Wir haben natürlich beim Spamming
Probleme durch ausländische Anbieter, die nicht ohne
weiteres erfasst werden können. Aber das UWG bietet
nun erst einmal einen gesetzlichen Rahmen.

Der Grundsatz, dass ohne vorherige Einwilligung des
Marktteilnehmers – ich meine das Opt-in-Verfahren –
keine Werbung erfolgen darf, ist wichtig. Hier unterstüt-
zen wir ganz ausdrücklich die Haltung der Bundesregie-
rung und nicht die des Bundesrates. Denn das entspricht
im Übrigen der BGH-Rechtsprechung. Darum kann das
Argument der Vernichtung von Arbeitsplätzen gar nicht
richtig sein.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das Argument ist sehr richtig!)


Denn solche Praktiken, auch wenn durch sie Arbeits-
plätze geschaffen werden, sind schon jetzt rechtswidrig.
Insofern sagen wir: Hier hat die Bundesregierung genau
den richtigen und im Übrigen rechtskonformen Ansatz
gewählt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist einmal etwas Neues!)


Unerwünschte Werbe-E-Mails, so genannte Spams,
nerven – das kennen wir alle –, machen – auch das wissen
viele von uns – inzwischen 50 Prozent des elektronischen
Postverkehrs aus und verursachen Kosten in Milliarden-
höhe für Beseitigung, Schutzmaßnahmen, Leitungskos-
ten und Serverbetrieb. Das sind Produktivitätsverluste in
Höhe von etwa 2,5 Milliarden Euro. Ich denke, es ist ge-
rechtfertigt, sich im UWG dieses Problems anzunehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen mit diesem neuen UWG auch für neue
Technologien Anreize schaffen. Die Filtertechnik müsste
verfeinert werden. Während der Umsetzung muss man
sicherlich noch einmal darüber diskutieren, ob es noch
weiterer Maßnahmen in Form von Bußgeldern gegen das
Versenden von Werbespams und Ähnlichem bedarf.

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(C (D Die Bundesregierung will darüber hinaus weiteren issständen im Wettbewerbsrecht entgegentreten. Das etrifft zum Beispiel Lockvogelangebote. Es ist natürich unangenehm, wenn ein Verbraucher oder eine Verraucherin, die frühmorgens in der Zeitung eine Anzeige ieht und sich zum Laden begibt, dann dort auf leere Reale stößt. (Rainer Funke [FDP]: Das ist heute schon wettbewerbswidrig!)


uch das ist hier neu geregelt. Das heißt, gegen die
ondpreise wird nun endlich vorgegangen.
Ihr Argument, das Sonderveranstaltungen wie

chluss-, Jubiläums- oder Räumungsverkäufe betrifft,
ntbehrt jeder Grundlage. Die Reglementierung wird er-
atzlos gestrichen. Das heißt, es wird tatsächlich ein grö-
erer Freiraum, eine Liberalisierung geschaffen. Das
indert den Handel ja keinesfalls daran, entsprechende
ktionen durchzuführen. Es gibt auch keine Bestim-
ung im Kartellrecht, die dagegen spräche, entspre-
hende Absprachen zu treffen. Die Bestimmung im Kar-
ellrecht greift bei Preisabsprachen, aber sie verbietet
och nicht gemeinsame Aktionen in dem Bereich
chlussverkäufe durchzuführen. Diese sind nach wie vor
öglich. Darum halte ich die Stellungnahme des HDE
ür nicht gerechtfertigt.
Mit dem neu eingeführten Rechtsinstrument der
nrechtsgewinnabschöpfung soll die Wirksamkeit des
esetzes verbessert werden, indem die Abschreckung
ntsprechend groß gehalten wird. Diese Regelung soll
ur bei vorsätzlichem Handeln der Unternehmen gelten.
ie Verbraucherverbände haben heute Morgen darauf
ingewiesen, dass bei der Einführung dieses Instrumen-
es möglicherweise noch Praktikabilitätsüberlegungen
ngestellt werden müssen. Dem können wir durchaus
eipflichten. Das Wichtige ist, dass dieses Instrument
berhaupt eingeführt wird und dass damit ein Anreiz ge-
chaffen wird, nicht mehr schwarzes Schaf zu sein. Denn
adurch wurden nicht nur die Verbraucher geschädigt,
ondern alle seriösen Anbieter. Insofern unterstützen wir
it großer Leidenschaft die Bundesregierung bei der
inführung dieses Instrumentes.
Fazit: Mit der vorgelegten Modernisierung des Geset-

es gegen den unlauteren Wettbewerb erreicht die Bun-
esregierung wichtige Verbesserungen zum Schutz der
erbraucher. Unlautere Werbung schadet Verbrauchern
nd der Wirtschaft gleichermaßen. Deswegen ist es gut,
ass wir endlich diese Vorlage bekommen haben und sie
m parlamentarischen Verfahren behandeln können.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506311500

Ich erteile das Wort dem Kollegen Rainer Funke,

DP-Fraktion.






(A) )



(B) )



Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1506311600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-

legin Höfken, Sie haben eben gesagt: Endlich ist dieses
Gesetz da.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das sehen wir auch so!)


Das kann man unterstreichen. Frau Ministerin Zypries,
wir haben dieses Gesetz schon in der letzten Legislatur-
periode angemahnt. Wir sind froh, dass es jetzt in dieser
Legislaturperiode – vier Jahre verspätet – gekommen ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Immerhin!)

Ob wir mit dem Inhalt einverstanden sein können,

darüber werden wir sicherlich noch in den Beratungen
zu diskutieren haben. Aber im Grundsatz hat sich das
UWG in den meisten Teilen durchaus bewährt. Die §§ 1
und 3 UWG sind Generalklauseln, zu denen der BGH
eine ausgewogene Rechtsprechung gefunden hat. Nicht
bewährt haben sich die §§ 7 und 8 UWG. Deswegen
werden sie jetzt auch gestrichen. Das ist eine alte Forde-
rung auch der FDP. Wir sind damit also sehr zufrieden.


(Beifall bei der FDP)

Ich bin auch damit zufrieden, Frau Ministerin, dass

Sie vorhin klargestellt haben, dass sich Organisationen
oder Kaufleute auf regionaler oder örtlicher Ebene zu-
sammenfinden können, um einen Sommerschlussver-
kauf durchzuführen. Diese Klarstellung werden wir im
Rechtsausschuss in den Bericht aufnehmen. In diesem
Punkt wären unsere Bedenken also auch ausgeräumt.

Sie nehmen beim UWG einen Systemwechsel vor.
Bislang war das UWG als Gesetz so angelegt, dass es
die Wettbewerber untereinander und gegeneinander
schützte. Wir Verbraucher kamen darin nicht vor; das ist
richtig. Das kann man aber durchaus auch begrüßen. In
den zahlreichen zivilrechtlichen und handelsrechtlichen
Nebengesetzen gibt es Verbraucherschutzbestimmun-
gen, die in der letzten Legislaturperiode überwiegend im
BGB untergebracht worden sind. Wir haben genügend
Verbraucherschutzgesetze, die wir zum großen Teil auf
dem Weg über die Europäische Union bekommen haben.
Es bedarf meines Erachtens also nicht dieses System-
wechsels vom Wettbewerbsrecht hin zum Verbraucher-
schutz im UWG. Sie müssten das Wettbewerbsrecht, also
das Recht der Kaufleute untereinander und gegeneinan-
der, eher ausbauen und nicht, wie Sie es jetzt tun, durch
Verbraucherschutzbestimmungen relativieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Punkt Telefonwerbung ist von Herrn Kollegen
Wellenreuther bereits angesprochen worden. Darauf
brauche ich meine Zeit also nicht mehr zu verwenden.

Ich möchte nun auf den Gewinnabschöpfungsan-
spruch eingehen, den Sie jetzt ins UWG aufnehmen
wollen. Bislang gab es im UWG auch schon Sanktions-
möglichkeiten; dazu brauchten wir keinen Gewinn-
abschöpfungsanspruch. Wenn ein Kaufmann gegen ei-
nen anderen Kaufmann beispielsweise wegen einer
wettbewerbswidrigen Handlung geklagt hat, wurde diese

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(C (D lage im Erfolgsfall mit einer größeren Sanktion verseen, als der Gewinnabschöpfungsanspruch wahrscheinich wäre. Insofern war das im Wettbewerbsrecht bislang chon hinreichend geregelt. Ich warne vor diesem Gewinnabschöpfungsan pruch; einige Argumente sind schon gebracht worden. arin liegt zumindest ein gewisser Systemwechsel. ir kommen zu amerikanischen Verhältnissen. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP], zur SPD gewandt: Sonst seid Ihr ja gegen amerikanische Verhältnisse! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Bis gestern! – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Heute hat sich alles geändert, weil sie wieder Freunde geworden sind!)


(Beifall bei der FDP)


enn man den Fall betrachtet, der bei Lidl mit dem Oli-
enöl passiert ist – davon wurde heute berichtet –, dann
ieht man, dass es Möglichkeiten gibt, in anderen Berei-
hen Sanktionen zu verhängen, zum Beispiel auch im
trafrecht. Wir sollten erst einmal sehen, dass wir die
anktionsmöglichkeiten, die das Wettbewerbsrecht bie-
et, ausnutzen, und keine neuen Sanktionsmaßnahmen
inführen, die nicht hilfreich sind.
Ich bin der Meinung, dass Ihr Gesetzentwurf noch

ehr unvollständig ist. Wir werden im Rechtsausschuss
och kräftig daran arbeiten müssen. Aber ich hoffe, dass
ir zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506311700

Nächster Redner ist der Kollege Dirk Manzewski,

PD-Fraktion.


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1506311800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem

ier heute andebattierten Gesetzentwurf soll das Gesetz
egen den unlauteren Wettbewerb umfassend reformiert
erden. Ich glaube, Frau Ministerin, dass der Bundesre-
ierung dabei der schwierige Spagat zwischen der weite-
en Liberalisierung des Wettbewerbsrechts einerseits
nd der Beibehaltung des Lauterkeitsgrundsatzes ande-
erseits recht gut gelungen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit der Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabever-

rdnung ist bereits in der letzten Legislaturperiode ein
ichtiger Schritt für die Liberalisierung des Wettbe-
erbsrechts getan worden. Insoweit ist es nur konse-
uent, auch andere noch bestehende starre Regelungen
em anzupassen.
So wird durch das Gesetz zum Beispiel die Reglemen-

ierung für Sonderveranstaltungen weitgehend ersatz-
os aufgehoben. Damit – es ist schon angesprochen wor-
en – dürften auch die Irritationen beendet sein, die
uletzt durch Rabattaktionen auf den gesamten Warenbe-
tand, die rechtlich eigentlich nicht als solche, sondern als
onderveranstaltungen einzuordnen sind, hervorgerufen






(A) )



(B) )


Dirk Manzewski

wurden. Eine Preissenkung des gesamten Warenangebots
wird damit zukünftig also zulässig sein.

Für die Händler bedeutet dies weitere Freiräume. Nicht
nur sie, sondern auch die Verbraucher werden allerdings
in vielen Bereichen umdenken müssen. Dinge, an die wir
in diesem Zusammenhang in der Vergangenheit gewöhnt
waren und die eine wichtige Rolle in unserem Käuferver-
halten gespielt haben, werden sich verändern. So wird es
zum Beispiel den guten alten Sommer- bzw. Winter-
schlussverkauf – jedenfalls so, wie wir ihn kennen – bald
nicht mehr geben.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sehr schade!)


Kollege Wellenreuther, mich wundert es schon sehr,
dass Sie das plötzlich kritisieren. Ich erinnere mich noch
an die Debatte, die ich in der Vergangenheit mit Herrn
Schauerte und Frau Kopp, die jetzt den Plenarsaal ver-
lässt, geführt habe. Damals klang es auf der FDP- und
auch auf der Unionsseite noch ganz anders. Wir wurden
damals gescholten, dass wir nicht noch weitergegangen
sind und endlich den alten Zopf des Winter- und Som-
merschlussverkaufs gekappt haben. Dass Sie sich nun
praktisch für den Erhalt einsetzen, ist schon sehr ver-
wunderlich. Man lernt offensichtlich nie aus; ich weiß es
nicht.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


All diese Veränderungen dürfen auf alle Fälle nicht
dazu führen, dass der Schutz von Mitbewerbern und Ver-
brauchern völlig aufgehoben wird. Ich halte es daher für
sehr richtig, den Verbraucher erstmals als Schutzobjekt
ausdrücklich zu erwähnen. Ich halte es auch für wichtig,
dass die Generalklausel als Kernstück des neuen UWG
erhalten bleibt, insbesondere weil durch diese General-
klausel deutlich gemacht wird, dass unlauterer Wettbe-
werb verboten ist. Hierzu gehört zum Beispiel – auch
dies beinhalten eben Preisklarheit und Preiswahrheit –,
dass Preissenkungen nicht irreführend sein dürfen, das
heißt, dass nicht mit Preissenkungen geworben werden
darf, wenn der vermeintlich heruntergesetzte ursprüngli-
che Preis nicht auch tatsächlich über eine längere Zeit
gegolten hat.


(Rainer Funke [FDP]: Das ist schon Rechtsprechung!)


– Sie haben völlig Recht: Auch das ist momentan schon
Rechtsprechung. Ich finde es aber gut, dass es im Gesetz
ausdrücklich eine Erwähnung findet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Kollege Funke, dass der Händler, der letztendlich dafür
verantwortlich ist, dafür auch darlegungs- und beweis-
pflichtig ist, halte ich nur für gerecht und billig.

Lassen Sie mich noch zwei Problembereiche anspre-
chen, die kurz hier, aber insbesondere auch vom Bundes-
rat kritisiert worden sind.

Zum einen geht es um die Frage, wie wir in Deutsch-
land Telefonmarketing behandeln. Die Bundesregie-

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(C (D ung hat sich für die so genannte „Opt-in-Regelung“ entchieden, das heißt, Telefonwerbung darf nur im orherigen Einverständnis mit dem Empfänger erfolgen. nders als Sie, Kollege Funke – und, ich glaube, auch ls Kollege Wellenreuther –, halte ich das für richtig. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


inen Wettbewerbsnachteil für die inländischen Unter-
ehmen, wie es immer suggeriert wird, sehe ich nicht.
as reformierte UWG würde innerhalb Deutschlands
uch für die ausländische Konkurrenz gelten und in den
U-Nachbarländern, in denen dies lockerer gehandhabt
ird, könnten deutsche Unternehmen nach den dort gel-
enden Regelungen ebenso auftreten. Wie darin ein
achteil gesehen werden kann, vermag ich nicht zu be-
rteilen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Nicht?)

Ja, natürlich nicht, Herr Kollege.
Ich möchte allerdings nicht – das halte ich für ziem-

ich schwerwiegend – zu jeder Tages- und Nachtzeit von
nzähligen Telefonanrufen belästigt werden – gleich wo
an sich gerade befindet –, um sodann mit frohen und
nsinnigen Werbebotschaften und -angeboten beglückt
u werden. Weil man das Gespräch zunächst annehmen
uss, halte ich das für einen schwerwiegenden Eingriff
n die Privatsphäre.
Man kann nicht damit argumentieren, dass man sagt:
a ja, Sie können das Telefonat ja beenden. Ich meine:
llein die Tatsache, dass ich aufstehen und zum Telefon
ehen sowie das Gespräch, nicht wissend, wer dort dran
t, annehmen muss und dann – diese Leute sind ja ge-
chult – möglicherweise unfreundlich reagieren und den
elefonhörer auflegen muss – Kollege Wellenreuther, das
ögen wir so machen, die Zielgruppe dieser Unterneh-
en mit Sicherheit aber nicht –, stellt einen Eingriff dar.
Kollege Wellenreuther, die Rechtsprechung sieht das

enauso. Für den BGH stellt das einen groben Miss-
rauch durch unkontrollierbares Eindringen in die häus-
iche Sphäre dar. Ich finde, dem ist nichts hinzuzufügen.
inen etwaigen Vorteil der Wirtschaft durch die gezielte
undenwerbung wiegt das meiner Auffassung nach
icht auf. Mit Ausnahme der Werbewirtschaft natürlich
ird das übrigens – das ist hier nicht gesagt worden –
on der Wirtschaft genauso gesehen.
Im Übrigen habe ich ohnehin Probleme mit der Wer-

ung mittels der neuen Medien. Die Bombardierung mit
axen oder E-Mails – der Rekord in meinem Wahlkreis-
üro in Bad Doberan betrug am vorletzten Wochenende
ber 300 E-Mails; diese habe ich an einem einzigen Wo-
henende erhalten – kostet Zeit und Geld und beinhaltet
mmer die Gefahr, dass man wichtige Mitteilungen über-
ieht oder fälschlicherweise löscht. Völlig zu Recht ist
ies dann auch als unzumutbare Belästigung eingestuft
orden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Man kann das einfach sperren!)







(A) )



(B) )


Dirk Manzewski

– Sie da hinten sagen, man könne das einfach sperren.
Beschäftigen Sie sich einmal ein wenig mit den techni-
schen Vorgängen! Ich denke nur daran, was hier in mei-
nem Büro in Berlin alles versucht wird, um bestimmte
E-Mails zu sperren. Das kriegen Sie gar nicht hin, weil
allein kleine Veränderungen ausreichen, diese Sperren
zu umgehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden uns
– damit möchte ich abschließen – wohl noch einmal über
den Gewinnabschöpfungsanspruch unterhalten müs-
sen. Ich halte den Gewinnabschöpfungsanspruch grund-
sätzlich für geeignet, Rechtsgutsverletzungen durch Wett-
bewerbsverstöße zu begegnen. Dies gilt meiner
Auffassung nach insbesondere für die Fälle, in denen eine
Vielzahl von Abnehmern mit jeweils kleinen Beträgen
geschädigt wird, immer in der Hoffnung, dass der Ein-
zelne aufgrund des individuell ja nur geringen Schadens
von der Rechtsdurchsetzung absieht und selbst bei einem
Unterlassungsanspruch der bereits gemachte Gewinn be-
halten werden kann.

Wir werden jedoch in den nächsten Wochen darüber
diskutieren müssen, inwieweit ein solcher Gewinnab-
schöpfungsanspruch tatsächlich praktikabel ist. Die Be-
denken des Bundesrates sind ernsthaft zu überprüfen.
Ich weise jedoch darauf hin, dass es bereits Rechtsge-
biete gibt, in denen Gewinnermittlung schon jetzt durch-
geführt wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506311900

Nun hat das Wort die Kollegin Julia Klöckner, CDU/

CSU-Fraktion.

Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1506312000

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und

Herren! Die Union verfolgt einen modernen, europa-
tauglichen und durchaus wettbewerbsnahen Verbrau-
cherschutz. Wir möchten eine Reform unseres deutschen
Wettbewerbsrechts. Darin sind wir uns schon einig, liebe
Kollegin Höfken, das streben auch wir an. Wir wollen
den Verbraucher schützen und es ist also falsch, uns im-
mer in die jene Ecke zu stellen, als hätten wir etwas ge-
gen den Verbraucher. Schließlich sind wir selbst Ver-
braucher.

Deshalb ist für uns die ausdrückliche Aufnahme der
Verbraucher in den Schutzzweck des Gesetzes sehr
wichtig.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo sind Ihre Kollegen?)


– Sie fragen, wo die Kollegen sind. Dann frage ich mich,
wo die Ministerin ist. Ich glaube, dies ist noch wichtiger.

Wir sind weiterhin für die Abschaffung nicht mehr
zeitgemäßer Werbebeschränkungen und wir sind natür-

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(C (D ich dafür, dass Regelungslücken geschlossen werden, m Wettbewerbsverzerrungen und Wettbewerbsvertöße zu bekämpfen, die meistens auf Kosten und zulasen der Verbraucher gehen. Nun endlich – wir sind ja froh – legt die Bundesregie ung einen Entwurf zur Reform des UWG vor. Wir sagen endlich“ und wir freuen uns wirklich mit Ihnen, denn ir haben diese nach dem Wegfall des Rabattgesetzes nd der Zugabeverordnung längst überfällige Reform chon mehrmals gefordert. urch die Liberalisierung des Sonderveranstaltungsechts bekommt der Verbraucher endlich das, worauf er chon lange genug gewartet hat, nämlich dauerhaft günsige Preise. Es ist nichts Schändliches, wenn man so etas möchte. Allerdings gilt bei diesem Gesetzentwurf, wie sonst uch bei der Regierung: Was lange währt, muss nicht unedingt auch gut werden. Aus verbraucherpolitischer icht ist der von der rot-grünen Bundesregierung vorgeegte Entwurf nämlich in vielen Punkten sehr enttäuchend. (Joachim Stünker [SPD]: Fragen Sie mal Herrn Wellenreuther! Haben Sie die Rede von Herrn Wellenreuther nicht gehört?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das haben Sie noch nicht mitbekommen. Aber es ist
ehr wichtig für unsere Verbraucher, dass es die Union
ibt und dass wir darauf achten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Schauen wir uns die unlauteren Wettbewerbshandlun-

en an, die im Übrigen zur ständigen Rechtsprechung
eführt haben und damit nicht wirklich etwas Neues
ind. Etwas abschreiben zu können ist schon mal positiv,
s hätte ja auch schief gehen können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kennen wir ja von Ihrer Regierung!)


ier sticht ins Auge, dass bei den Beispielen für irrefüh-
ende Werbung die bestehenden, von der Rechtspre-
hung entwickelten Verbraucherschutzstandards von
hnen sogar unterschritten werden.


(Joachim Stünker [SPD]: Das gibt es nicht!)

Das gibt es nicht? Wir haben es gefunden.


(Joachim Stünker [SPD]: Was? Das glaube ich Ihnen nicht!)


in Beispiel hierfür sind die Lockvogelangebote. Nach
isheriger Rechtsprechung wird in diesem Fall von einer
rreführung des Verbrauchers gesprochen, wenn für eine
are geworben wird, obwohl diese nicht mehr in ange-
essener Menge vorhanden ist. Das verstehen Sie sicher
och. Als angemessen wird nach ständiger Rechtspre-
hung ein Vorrat für drei Tage angesehen. Der Entwurf
er Bundesregierung hingegen wischt diese Ansicht
infach vom Tisch. Jetzt soll es ausreichen, dass die






(A) )



(B) )


Julia Klöckner

beworbene Ware lediglich für zwei Tage vorrätig ist.
Verbraucherschutz ist also wieder einmal nur ein Lip-
penbekenntnis.


(Joachim Stünker [SPD]: Frau Ministerin, was machen Sie denn?)


Weitere Beispiele für mangelndes Engagement der
Bundesregierung für die Verbraucher sind der Bereich
des Telefonmarketings und der Werbung mittels Fax,
E-Mail und sonstiger elektronischer Medien, allgemein
bekannt unter dem Begriff „Spam“.

Die EU-Datenschutzrichtlinie für elektronische
Kommunikation muss nun endlich umgesetzt werden.
Vielleicht ist es Ihnen noch nicht aufgefallen: Die Um-
setzungsfrist endet bereits am 31. Oktober – und zwar
nicht nächsten, sondern dieses Jahres.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann aber schnell zustimmen!)


Wieder wird die Frist zur Umsetzung einer europäischen
Richtlinie auf Kosten der Verbraucher nicht eingehalten.
Da nützen auch viele schöne Worte nichts. Sie müssen
einfach handeln.


(Joachim Stünker [SPD]: Das machen wir jetzt doch!)


Bereits in unserem Positionspapier Verbraucherschutz
forderten wir vor Monaten, gegen unverlangte Fax- und
Spamwerbung vorzugehen. Weil sich vonseiten der Re-
gierung nichts getan hat, haben wir nun ein „Bündnis ge-
gen Spam“ ins Leben gerufen. Gestern haben wir Wirt-
schaftsvertreter, Politikvertreter und Verbraucherschützer
an einen Tisch gebeten, um Lösungsansätze zu erarbei-
ten. Wenn schon bei Ihnen nichts passiert, dann nehmen
Sie wenigstens unsere Vorschläge an!


(Beifall bei der CDU/CSU – Dirk Manzewski [SPD]: Frau Kollegin, Herr Wellenreuther hat etwas ganz anderes erzählt!)


Ich komme zu einem weiteren Beispiel der aus Sicht
der Verbraucher mangelhaften Ausgestaltung des Ge-
setzentwurfs. Sie regeln einen Gewinnabschöpfungsan-
spruch. Das hört sich zwar beeindruckend an; aber sagen
Sie uns doch bitte, wie Sie das umsetzen wollen. Erklä-
ren Sie uns doch bitte, wer bestimmt, wo Unlauterkeit
festgestellt worden ist, und wie deren Vorsatz nachge-
wiesen werden kann, vor allen Dingen, wie diese Ge-
winne ermittelt werden.

Insofern ist dieser Gesetzentwurf nach unserem Da-
fürhalten zwar gut gemeint, aber unreif und unausgewo-
gen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506312100

Frau Kollegin Klöckner, möchten Sie Ihre abgelau-

fene Redezeit durch die Zusatzfrage des Kollegen
Manzewski verlängern?


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1506312200

Da er so nett lächelt, ja.

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(C (D Frau Kollegin, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehen, dass Ihr Kollege Wellenreuther im Zusammenhang it dem Telefonmarketing eine völlig andere Position ertritt als Sie? Es stimmt überhaupt nicht, dass er eine völlig andere osition vertritt. Er hat nur eine differenziertere Haltung. (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen und Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Ah! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Darauf muss man erst einmal kommen!)

Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1506312300
Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1506312400

Darf ich noch einen Schlusssatz formulieren?

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506312500

Aber selbstverständlich.

Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1506312600

Kurzum: Wir sind für ein Gleichgewicht zwischen

erbrauchern und Anbietern. Wir dürfen den Verbrau-
her nicht gegen die Anbieter ausspielen. Es muss ein
emeinsames Miteinander von Marktanbietern, die lau-
eren Wettbewerb betreiben, und Verbrauchern möglich
ein. Vor allen Dingen darf der Verbraucher nicht bevor-
undet und für dumm verkauft werden.
Letztlich sollten Sie sich eines merken: Es können

och so viele Tiefpreisangebote die Runde machen, die
esten Wettbewerbsregeln nützen überhaupt nichts,
enn der Verbraucher nichts in der Tasche hat. Ange-
ichts Ihrer Finanzpolitik wäre es gut, wenn Sie sich das
och einmal vor Augen führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Rainer Funke [FDP]: Ceterum censeo!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506312700

Ich erteile das Wort der Kollegin Jella Teuchner,

PD-Fraktion.

Jella Teuchner (SPD):
Rede ID: ID1506312800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

or zwei Wochen haben wir hier über den Haushalt des
undesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung
nd Landwirtschaft diskutiert. Wir mussten uns die Kri-
ik gefallen lassen, wir würden Verbraucherschutz nicht
ls Querschnittsaufgabe anpacken – und das, obwohl in
en meisten Beiträgen der Opposition deutlich wurde,
ass der Verbraucherschutz bei Ihnen beim Thema ge-
unde Lebensmittel endet. Ich denke, dass wir uns diesen
chuh überhaupt nicht anziehen müssen.
Wir diskutieren heute den Entwurf des Gesetzes ge-

en den unlauteren Wettbewerb, der eine ganz deutliche
prache spricht. Wir sehen die Verbraucherinnen und
erbraucher als Teil des Wettbewerbs an und setzen
iese Sichtweise um. Verbraucherschutz ist Teil unserer






(A) )



(B) )


Jella Teuchner

Politik und vor allem eine Querschnittsaufgabe. Im
Mittelpunkt des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes
steht die Stellung der Verbraucherinnen und Verbraucher
auf den Märkten. Das haben wir schon oft betont.

Mit dem neuen UWG stärken wir die Position der
Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie werden – das ist
ein wichtiger Schritt – explizit zum Schutzobjekt. Wir
stellen damit klar: Wettbewerb braucht nicht nur Fair-
ness zwischen den Anbietern; Wettbewerb braucht auch
einen fairen Umgang mit den Kunden. Das Ziel hierbei
ist klar: Wer unlauter handelt, darf davon nicht profitie-
ren. Unlauteres Handeln führt immer wieder zu schlech-
terer Qualität und zu hohen Preisen für die Verbrauche-
rinnen und Verbraucher. Für die Mitbewerber ist dies ein
Wettbewerbsnachteil.

Insbesondere mit der Möglichkeit zur Gewinnab-
schöpfung steuern wir dem entgegen. Das heißt, nicht
unlauteres Verhalten, sondern Fairness gegenüber dem
Kunden muss ein Wettbewerbsvorteil sein. Gerade diese
Möglichkeit zur Gewinnabschöpfung wird auch von den
Verbraucherverbänden positiv bewertet. Sie haben aller-
dings weitere Anregungen vorgelegt, die wir im Gesetz-
gebungsprozess noch diskutieren werden.

Dennoch: Die Novelle des UWG ist ein wichtiger
Schritt nach vorn und – daran gibt es keinen Zweifel –
mit der Novelle des UWG nehmen wir die bestehende
Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht in das Gesetz
auf und passen es an die europäischen Harmonisierungs-
prozesse und an die Entwicklung der Märkte an.

Verbraucher brauchen funktionierende Märkte. Not-
wendig ist dazu das Lauterkeitsrecht, das ihrer Position
auf den Märkten Rechnung trägt. Genau dies setzen wir
mit dem vorliegenden Gesetzentwurf um.


(Beifall bei der SPD)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506312900

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Hartmut Schauerte für die CDU/CSU-Fraktion.

Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1506313000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Dass wir ein Gesetz zum Wettbewerb beraten
können, ist geboten und vernünftig. Wir können auch er-
kennen: Es ist gut, dass wir einen solchen Entwurf in
Deutschland vorlegen, weil damit der Beratungsprozess
in Europa besser beeinflussbar wird. Man hat auch schon
einmal argumentiert: Lasst uns die Entwicklung auf eu-
ropäischer Ebene abwarten; dann können wir uns anpas-
sen. – Ich halte es also für vernünftig, dass wir jetzt ein
solches Gesetz beschließen.

Aus Sicht der Wirtschaft legen wir großen Wert da-
rauf, dass die Ziele Verbraucherschutz und Wettbewerbs-
schutz nicht in einem Nachrangigkeitsverhältnis stehen,
sondern gleichrangig behandelt werden. Wir können un-
seren Frieden damit machen, dass man den Verbraucher-
schutz mit in das Ziel aufnimmt, aber das Gesetz bleibt
in seinem Wesen Wettbewerbsrecht.


(Rainer Funke [FDP]: So ist es!)


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(C (D as hat Konsequenzen für alles, was in das Gesetz hieinzuschreiben ist. Die Wettbewerbsfragen sind ernst u nehmen. Wir müssen bei aller Sorge um den Verbrauherschutz immer wieder darauf achten, dass wir Wirtchaft und Wettbewerb nicht mit Fesseln binden, welche ie Märkte belasten. Das führt nicht zu vernünftigen Erebnissen. Ich meine die Bürokratie, die falsche Handabung der Vorschriften und die Vermehrung von echtsstreitigkeiten und Rechtsunsicherheit, die sich aus inem solchen Gesetz ergeben können. Das wird eine zentrale Fragestellung für die jetzt be innenden Beratungen einschließlich der Anhörung sein, ie wir machen wollen, um genau diese Fragen zu kläen. Ich bitte also darum, dass dieser Punkt immer wieer untersucht wird. Wir diskutieren immer vor dem intergrund von Entbürokratisierung und Deregulieung. Dabei sollten wir vor Augen haben: Wenn wir stets ezielten Interessen von Interessengruppen nachgeben, ie gerne noch eine präzise gesetzliche Regelung haben ollen, so brauchen wir uns am Ende der Legislaturperide nicht zu wundern, dass wir den Berg der Bürokratie ergrößert haben. Um das zu vermeiden, sind wir daran nteressiert, das Gesetz schlank zu halten. Ich will einen anderen Punkt ansprechen, der mir anz interessant erscheint. Wir schützen mit diesem Geetz – das taten wir wohl schon in der Vergangenheit – erbraucherinteressen auch dann, wenn gegen eine anere Rechtsnorm verstoßen wird. Wenn jemand, der icht als Arzt zugelassen ist, eine derartige Behandlung ornimmt – also eine Tätigkeit ausübt, obwohl er die Voaussetzung dafür nicht erfüllt –, dann verstößt er nach ltem und nach neuem Recht gegen § 1 des UWG. Denn an sagt, dass er gegen den Verbraucherschutzansatz erstößt, der in diesem Gesetz seinen Ursprung hat. In er Übertragung auf den Wettbewerbsteil hingegen fehlt ie Bereitschaft, das so zu sehen. Dazu gibt es ein BGHrteil. Ich will das entsprechende Beispiel bilden: Wenn teuersubventionierte öffentlich-rechtliche Unternehmen nter Verstoß gegen Gemeindeordnungen in ihren Länern den Wettbewerb stören und Wettbewerber schädien, dann gilt das nicht als eine Verletzung des § 1 WG. Ich möchte also, dass wir in den Beratungen noch einal prüfen, ob wir den Wettbewerbsschutz so in dieses ettbewerbsschutzgesetz einbauen können, dass zum eispiel Übergriffe von subventionierten öffentlichechtlichen Unternehmen, Stadtwerken etc., die den ettbewerb stören, unter die Schutznorm dieses Gesetes fallen. Das wäre für die Wirtschaft und für den Mitelstand eine wichtige Fragestellung. (Joachim Stünker [SPD]: Passt aber dort nicht rein!)


Wir werden uns darüber unterhalten und das prüfen.
Ich will mit einem Gedanken abschließen, der mir

tets kommt, wenn ich sehe, was wir für die Wirtschaft
un, was wir ihr zumuten und wie wenig wir uns selber
umuten. Wenn Sie sich einmal anschauen, was in den
§ 3 und 4 zum Schutz der Verbraucher formuliert wird,
nd dann einmal überlegen, was wir zum Schutz der






(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte

Bürger, der Wähler tun und wie wir uns in der Politik im
Umgang mit der Lauterkeit benehmen, werden Sie ins
Staunen kommen.

Ich will Ihnen einen Passus des Entwurfs vorlesen
und bitte Sie, ihn politisch zu sehen:

Unlauter … handelt, … wer Wettbewerbshandlun-
gen vornimmt, die geeignet sind, … die Leichtgläu-
bigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Ver-
brauchern auszunutzen …

Setzen Sie statt „Verbraucher“ das Wort „Wähler“ ein
und beziehen Sie es auf die Politik – und Sie haben ein
Problem! Wie unlauter ist ein Haushalt, den ein Finanz-
minister vorlegt, der die Verbraucher täuscht? Ist das ei-
gentlich nicht geschützt? Sollten wir nicht einmal darü-
ber nachdenken und von dieser Seite an das Thema
herangehen?


(Beifall bei der CDU/CSU – Dirk Manzewski [SPD]: Das ist ja nicht Ihr Niveau! Das muss nicht sein!)


Ich will es noch einmal auf den Punkt bringen – das
gibt es viel häufiger, als wir glauben –: Wir muten allen
anderen alles Mögliche zu, nur bei uns selbst machen
wir eine Ausnahme, dort soll es nicht gelten. Ich möchte,
dass Lauterkeitsgesichtspunkte in den politischen Wett-
bewerb einfließen. Wir sollten überlegen, ob wir nicht
ein Lauterkeits- und Wettbewerbsschutzgesetz für politi-
sche Prozesse brauchen. Das wäre etwas! Ich lade Sie
ein, darüber verschärft nachzudenken.


(Zuruf von der SPD)

– Wir haben immerhin mit dem Nachdenken schon an-
gefangen, indem wir Ihnen diesen Vorschlag machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Unruhe)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506313100

Ich schließe die Aussprache, auch wenn die letzte

Überlegung ganz offenkundig zu vielfältigen spontanen
Reaktionen führt. Diese können bei den Beratungen in
den Ausschüssen sicherlich noch vertieft werden.

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfes auf Drucksache 15/1487 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? – Das scheint nicht der Fall zu
sein. Dann ist mit Ihrem Einverständnis die Überwei-
sung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk,
Dr. Norbert Röttgen, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Konsequente Abschiebung ausländischer Ex-
tremisten sicherstellen
– Drucksache 15/1239 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)


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(C (D Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre dazu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst er Kollege Hartmut Koschyk, CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! iemand kann wollen, dass ein Mensch in den Folterammern eines Unrechtsregimes landet, und niemand ann einen Prozess gutheißen, in dem Aussagen verwenet werden, die durch Folter erzwungen werden. Dies vorausgeschickt, zeigt aber der Fall des krimi ellen Extremistenführers Kaplan beispielhaft, woran as deutsche Ausländerrecht krankt. Es ist der Fall eines riminellen islamistischen Hasspredigers, der in Deutschand Asyl bekam, der sich offen gegen unsere Verfasung stellt und der wegen öffentlicher Aufforderung zum öten vier Jahre in Haft war. (Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Viel zu wenig!)

Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1506313200

(Beifall bei der FDP)


Inzwischen ist zwar der Asylstatus gerichtlich aber-
annt, dennoch darf Kaplan weder in seine Heimat Tür-
ei ausgeliefert noch dorthin abgeschoben werden, weil
hn dort nach richterlicher Auffassung menschenrechts-
idrige Behandlung durch ein nicht rechtsstaatliches
erfahren drohe. Entscheidender Grund: Das Ausländer-
echt gewährt in diesen Fällen absoluten Abschiebungs-
chutz ohne Einschränkung. Die Folge mithin: Kaplan
rhält in Deutschland ein Bleiberecht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Untragbar!)

Trotzdem lässt die Regierung das Ausländerrecht un-

erändert, ja, sie zeigt nicht einmal Änderungsbereit-
chaft. Sie will diesen Gewalttäter zwar loswerden, doch
ies gelingt nicht. Die Voraussetzungen für die Abschie-
ung von Kaplan – so die Bundesregierung – müsse jetzt
ie Türkei schaffen. Diese müsse zusichern, dass ein zu
rwartender Kaplan-Prozess in der Türkei nach rechts-
taatlichen Kriterien erfolge.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: So ist es ja auch!)


ie deutsche Bevölkerung fragt sich: Handelt es sich bei
er Türkei nicht immerhin um einen Staat, dessen Auf-
ahme in die EU gerade diese Bundesregierung betreibt?


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


rotzdem trauen deutsche Richter der Türkei nicht zu,
inen Straftäter rechtsstaatlich korrekt zu behandeln.


(Rüdiger Veit [SPD]: Wollen Sie schon den Europawahlkampf eröffnen?)







(A) )



(B) )


Hartmut Koschyk

Dabei ist die Türkei selbst Vertragsstaat der Menschen-
rechtskonvention und daher zur Anwendung der Kon-
vention verpflichtet.

Unerträglich ist übrigens auch, dass Deutschland tür-
kische kriminelle Intensivtäter kaum noch in die Türkei
abschieben kann, weil die Türkei diese einfach ausbür-
gert und damit die Abschiebung verhindert.


(Beifall bei der CDU/CSU – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das Auswärtige Amt tut nichts dagegen!)


Der Fall Kaplan zeigt beispielhaft, wie sich kriminelle
Extremisten die Schwächen des deutschen Rechts-
staats zunutze machen, um hier einen Schutz zu finden,
der ihnen eigentlich nicht zustehen sollte. Damit werden
falsche Signale an die rund 30 000 anderen islamisti-
schen Extremisten in unserem Land gesendet: Deutsch-
land, so sehen sie, kann nicht einmal diejenigen loswer-
den, die seine Verfassungsordnung offen angreifen. Die
Bürgerinnen und Bürger unseres Landes fragen sich:
Bleibt unserem Land also nichts anderes übrig, als Ex-
tremisten im wahrsten Sinne des Wortes auszuhalten?

Das alles zeigt, dass es bei der Extremismusbekämp-
fung einen erheblichen Nachbesserungsbedarf gibt.
Das deutsche Ausländerrecht muss gewährleisten, dass
ausländische Extremisten, die sich offen gegen unseren
Rechtsstaat stellen, dieses Land auch wieder verlassen
müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht doch im Gesetz!)


Wenn es nicht möglich ist, einen wegen Mordaufrufs
rechtmäßig verurteilten kriminellen Extremisten in sein
Heimatland, das noch dazu EU-Beitrittskandidat ist, zu-
rückzubringen, dann ist das für unser Land nicht hin-
nehmbar. Eine derartige Schwäche im Kampf gegen den
islamistischen Extremismus kann sich Deutschland nicht
leisten.

In dem von uns vorgelegten Antrag geht es natürlich
nicht allein um den Fall des Gewalttäters Metin Kaplan.
Es geht vielmehr um die diesem Fall zugrunde liegende
Problematik, die darin besteht, dass Extremisten wegen
der absoluten Sperre des § 53 unseres Ausländergesetzes
in Verbindung mit Art. 3 der Europäischen Menschen-
rechtskonvention im Regelfall nicht abgeschoben wer-
den können.


(Rüdiger Veit [SPD]: Den kennen Sie ja wenigstens! Gott sei Dank!)


Diese Abschiebungshindernisse gemäß § 53 Auslän-
dergesetz haben nach der derzeitigen deutschen Rechts-
lage keine Grenze. Dies führt dazu, dass Ausländer – un-
abhängig davon, ob sie politisch verfolgt sind oder nicht,
unabhängig davon, ob sie schwerste Straftaten begangen
haben – nach dieser Vorschrift absoluten Abschiebungs-
schutz genießen. Das gilt auch in Extremfällen, in denen
jemand eine fortwährende Gefahr darstellt, weil er zu
extremistischen oder gar terroristischen Handlungen be-
reit war bzw. ist.

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(C (D Wir meinen, dass sich unser Land dieser Problematik rundsätzlich stellen muss, wenn man es mit der Extreismusund Terrorismusbekämpfung ernst meint. nsonsten – das sagen wir Ihnen voraus – werden deutche Gerichte auch weiterhin zu solchen Entscheidungen ie im Fall Kaplan kommen müssen, weil das Auslänerrecht sie dazu verpflichtet. Herr Minister Schily, es ist ehrenhaft, dass Sie versu hen, Kaplan im Wege einer Zusicherung der Türkei abchieben zu können. Sie haben bei diesen Bemühungen uch die volle Unterstützung unserer Fraktion. Aber, err Minister, Sie wissen doch genauso gut wie wir, dass ine solche Zusicherung, die es zwar im Auslieferungsecht, nicht aber bei der Abschiebung gibt und die Sie im ege einer fantasievollen Rechtsschöpfung quasi analog bertragen haben, nur ein Notnagel ist. Damit wird andlungsfähigkeit vorgespiegelt, aber das Grundprolem wird nicht gelöst. err Minister, wenn diese Rechtslage so bleibt, werden ie weiterhin gezwungen sein, wegen jedes kriminellen xtremisten mit Ihrem Beamtenapparat durch die Welt u jetten und den entsprechenden Herkunftsstaat um desen Rücknahme zu bitten, weil Deutschland selbst keine echtlichen Möglichkeiten hat. Das ist der falsche Weg. ir meinen, dass es an der Zeit für den Versuch ist, hier ine klare Rechtslage zurückzuerlangen. Herr Minister Schily, Sie selbst haben den Fall Kap an zum Testfall für die Wehrhaftigkeit unserer Demoratie gemacht. Ich halte das für falsch, solange Sie icht zur Änderung der Rechtslage bereit sind; denn Sie ufen Gefahr, Herr Minister, zu unterliegen und eutschland dem Hohn extremistischer Gewalttäter reiszugeben. Sätze wie: „Kaplan könnte zu einem Symol für die Schwäche unseres Staates werden“, fordern xtremisten geradezu heraus, mit allen Rechtsmitteln nseren Staat schwach erscheinen zu lassen. In unserem Antrag findet sich die Forderung, national nd supranational zu prüfen, wie in Extremfällen die chutzpflichten aus § 53 des Ausländergesetzes und der uropäischen Menschenrechtskonvention mit den Siherheitserfordernissen Deutschlands in Einklang geracht werden können. Das ist sicherlich ein heißes Eien. Aber, Herr Minister Schily, diese Frage ist nicht nur on der CDU/CSU-Fraktion, sondern auch schon bei der ehandlung der Antiterrorpakete von einer Persönlicheit wie Herrn Professor Hailbronner öffentlich gestellt orden, der, glaube ich, Ihr Haus in schwierigen Fragen erät. Wir glauben, dass Deutschland, wie Hailbronner as einmal vorgeschlagen hat, die Initiative ergreifen uss, damit sich die Hauptmitgliedstaaten der Europäichen Menschenrechtskonvention zusammensetzen, um ich über die Auslegung des betreffenden Artikels Geanken zu machen. Denn es geht letztlich um die existenzielle Frage: üssen die Sicherheitsinteressen des Staates und der llgemeinheit auch bei der Gefährdung der inneren Hartmut Koschyk Sicherheit durch terroristische Gewalttäter oder militante Extremisten schlechthin gegenüber der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung als Folge einer Abschiebung zurücktreten? Oder gibt es – ähnlich wie bei der asylrechtlichen Schutzgewährung in Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention – auch im Rahmen des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention eine Opfergrenze? Wir meinen, dass man sich an die Beantwortung dieser Frage heranwagen muss. Ich darf hier eine Äußerung des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Professor Zeidler in Erinnerung rufen, wonach „in der Demokratie bestimmte Rechtsbereiche nicht in einen Zustand geraten dürfen, dass ihre Praktizierung dem skeptischen Bürger als Fahrt auf einer Geisterbahn staatlich veranstalteten groben Unfugs erscheinen kann“. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Sonntag-Wolgast, SPD-Fraktion. Meine Damen und Herren! Herr Kollege Koschyk, ich muss Ihnen wohl in Erinnerung rufen, dass es sich bei dem Ausländerrecht, dessen angebliche Schwächen Sie im Moment kritisieren, um ein Gesetzeswerk handelt, das während Ihrer Regierungszeit mit Ihrer Mehrheit beschlossen worden ist. Niemand muss uns auf die Sprünge helfen, wenn es um die Abschiebung ausländischer Extremisten unter rechtsstaatlichen Bedingungen geht. Metin Kaplan – kein Zweifel – bedroht unsere Sicherheit. Der so genannte Kalifatstaat zielt auf unser gesamtes System. Er tritt unsere Demokratie mit Füßen und will die Scharia durchsetzen. Kaplan, wegen Anstiftung zum Mord zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, ist ein politischer Krimineller, wie es die türkische Gemeinde einmal ausgedrückt hat. Er will außerdem den Umsturz der türkischen Staatsordnung. Er hetzt seine Anhänger in Deutschland auf und verbreitet widerwärtige antisemitische und antiisraelische Parolen. Dieser Mann – kein Zweifel – muss aus Deutschland verschwinden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Aber wie denn?)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1506313300
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1506313400

Herr Kollege Grindel, hier gibt es einen Weg, den der
Bundesinnenminister auch konsequent beschreitet, näm-
lich gegen das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichtes
Berufung einzulegen und von der türkischen Regierung
eine absolut bindende Zusicherung zu erwirken, dass
Kaplan nach seiner Abschiebung ein rechtsstaatlich fai-
res Verfahren gewährt wird. Das erfordert intensive Ver-
handlungen. Sie sind beim Besuch des Innenministers in
der vergangenen Woche mit Nachdruck vorangetrieben
worden und werden fortgesetzt.


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(C (D Übrigens hat es solche Bemühungen schon vorher nicht erst im Falle Metin Kaplans – gegeben, wenn es m die Durchsetzung der Ausweisung von Straftätern ürkischer Staatsangehörigkeit ging. Zentraler Punkt ist die notwendige Absicherung da ür, dass die türkische Justiz im Gerichtsverfahren gegen aplan Aussagen, die im Jahre 1998 unter Folter erresst wurden – darum geht es eigentlich –, nicht verertet. Dafür reichen die bislang gegebenen Zusagen och nicht aus. Das Verbot der Folter und das Verbot er Verwendung von Aussagen, die unter Misshandlunen erpresst wurden, sind tragende Grundsätze unserer erichtsbarkeit. Ich erinnere an Folgendes: Vor nicht allzu langer Zeit ussten wir hier in Deutschland diese Debatte führen, eil sogar einige – auch hochrangige Juristen und Politier – meinten, man könne gegenüber dem Mörder des leinen Jakob von Metzler von diesem Prinzip abweihen. Aber: Das Folterverbot duldet keine Aufweichung nd keine Ausnahmen. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Können Sie vielleicht einmal zum Thema zurückkommen! Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich! Eine Unverschämtheit ist das! – Gegenruf der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist denn daran unverschämt?)


as entspricht unserem Rechtsstaat und dem Rechtsstaat
nderer Demokratien. Herr Grindel, das heißt, ausge-
echnet ein Täter, der diesen Rechtsstaat aus den Angeln
eben will – das sage ich mit aller Deutlichkeit –, kann
ich auf dessen unumstößliche Menschenrechtsstandards
erufen. Das ist manchem Bürger schwer zu erklären;
ber so muss es nach unseren Regeln sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Türkei hat die Europäische Menschenrechtskon-
ention unterzeichnet, die Todesstrafe abgeschafft und
mfangreiche Rechtsreformen vollzogen. Sowohl das
üsseldorfer als auch das Kölner Gericht hegen Zweifel
aran, dass diese Veränderungen in vollem Umfang
raktiziert werden. Sie trauen der positiven Entwicklung
n der Türkei nicht.
Ich bin da anderer Meinung. Mein Optimismus hat

ich nach einer Rede, die der türkische Ministerpräsident
rdogan kürzlich bei seinem Besuch hier in Berlin vor
er Friedrich-Ebert-Stiftung sehr überzeugend gehalten
at, verstärkt. Er zeigte sich darin sehr entschlossen, den
euen Gesetzen in seinem Land nicht nur auf dem Pa-
ier, sondern auch in der Realität Geltung zu verschaf-
en.
Deswegen halte ich es für einen großen Fehler, dass

ie in Ihrem Antrag den Fall Kaplan sozusagen zum
ronzeugen für die angebliche Unfähigkeit und Unge-
ignetheit der Türkei für einen EU-Beitritt heranziehen.
o steht es in Ihrem Antrag und so formulierte es Ihr au-
enpolitischer Sprecher, Friedbert Pflüger. Er sagte ge-
enüber der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“, er






(A) )



(B) )


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast

sehe die Türkei weit davon entfernt, die Kriterien für
eine Mitgliedschaft in der EU zu erfüllen. Wenn
Deutschland einen selbst ernannten Terroristenführer
wie Kaplan wegen drohender Folter nicht in die Türkei
abschieben könne, dann sage das genug über den Zu-
stand dieses Landes.

Jetzt frage ich mich: Was wollen Sie eigentlich, meine
Kollegen von der Union? Sie verwickeln sich doch in
Widersprüche. Entweder ist es richtig und erfolgverspre-
chend, in der Türkei über verbindliche Zusicherungen zu
verhandeln – dann hat der Innenminister, wie Sie es ver-
langen, alles Notwendige eingeleitet –, oder die Türkei
ist kein Rechtsstaat; dann wären Hopfen und Malz verlo-
ren und die Abschiebung auch solch eines schlimmen
Straftäters würde sich verbieten, was Applaus für das
Gerichtsurteil bedeuten würde. Nur eines von beidem
kann richtig sein.

Wir setzen dem entgegen: Es ist grundfalsch, der Tür-
kei die Tür zum Beitritt – wie Sie es wollen –, zuzu-
schlagen. Natürlich wird der Verhandlungsprozess lange
dauern – lange dauern müssen. Die Verhandlungen sol-
len überhaupt erst im kommenden Jahr beginnen. Eine
Option aber, ein Signal der Gemeinschaft an diesen
Staat, ist richtig und wichtig. Sie kann eine starke Sog-
wirkung gerade für die Durchsetzung menschenrechtli-
cher Normen – dafür gibt es genug Anzeichen – entfal-
ten. Dafür gibt es genug Anzeichen.

Eine Ablehnungsfront gegen jegliche Beitrittspers-
pektiven aber arbeitet den Europakritikern und den radi-
kalen Kräften in die Hände. Das sollten Sie nicht tun. Ich
kann davor nur warnen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ist das eine außenpolitische oder eine innenpolitische Debatte? – Weiterer Zuruf des Abg. Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU])


– Herr Kollege Zeitlmann, ich verwahre mich dagegen,
dass Sie der Bundesregierung einen so genannten
Schmusekurs in Sachen Türkei vorwerfen. Lassen Sie
diese Worte bitte weg!

Ein Resümee: Ihr Antrag ist untauglich, er ist über-
flüssig und er ist bedenklich.

Der Antrag ist untauglich in seinen Vorschlägen zur
Verhinderung der Einreise möglicher Extremisten und in
der Forderung nach einer Verschärfung des Staatsange-
hörigkeitsrechts, um Verfassungsfeinden die Einbürge-
rung zu verwehren. Sie wissen doch selbst, dass diese
Koalition bei der Neuregelung des Staatsangehörigkeits-
rechts das Bekenntnis zur Verfassungstreue überhaupt
erst zur Bedingung gemacht hat.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Und wie wird das überprüft?)


Eine Änderung dieses Gesetzes steht für uns überhaupt
nicht zur Debatte.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sagen Sie mal, wie das in Schleswig-Holstein überprüft wird!)



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(C (D Sie bemühen sich sehr, Herr Kollege Grindel, aber ich abe hier das Mikrofon. Überflüssig – um zum zweiten Punkt zu kommen – ist hre Mahnung betreffend die Einführung weiterer bioetrischer Merkmale in Pässen und Visa; denn die undesregierung ist doch gerade diejenige, die – das issen Sie doch aus unseren vielfältigen Beschäftigunen mit dem Thema – in Europa darauf drängt, dass iese Maßnahme europaweit möglichst schnell und öglichst einheitlich realisiert wird. Bedenklich – das ist der dritte und letzte Punkt – ist chließlich Ihr Versuch – Sie haben es heute auch noch inmal artikuliert, Herr Kollege Koschyk –, im Zusamenhang mit dem Fall Kaplan die absolute Schutzwürigkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention nzutasten. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht in nserem Rechtsstaat nicht! (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Ich möchte am Schluss einen Appell aussprechen:
üten Sie sich davor, den Fall Kaplan als Argumenta-
ionspolster für pauschale Türkeifeindlichkeit in unse-
em Land zu nutzen!


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wer macht denn das?)


issbrauchen Sie diesen Fall bitte nicht dazu! Sie sind
eider auf dem besten Wege, das zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


üten Sie sich davor, für den Europawahlkampf eine
ampagne gegen den möglichen EU-Beitritt der Türkei
nzuzetteln!


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


ie richten schweren außenpolitischen Schaden, aber
uch innenpolitischen Schaden an; denn Sie stoßen die
rößte hier lebende Migrantengruppe, nämlich die Men-
chen aus der Türkei, vor den Kopf und Sie betreiben da-
it eine handfeste Desintegration. Davor können wir Sie
ur dringend warnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506313500

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Max Stadler,

DP-Fraktion.

Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1506313600

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Der Kollege Koschyk und die CDU/CSU-Frak-
ion haben anhand des Falls Kaplan, in Wahrheit dann
ber auch wieder unabhängig davon, mit ihrem Antrag
ier ein, wie ich finde, sehr schwieriges Problem zur
prache gebracht. Der Kollege Koschyk hat diesen An-
rag in einer Form begründet, die nachdenklich macht
nd die einen überlegen lässt, wie die richtige Antwort






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler

lautet. Die richtige Antwort kann aber niemals darin be-
stehen, den Schutz der Europäischen Menschenrechts-
konvention zu relativieren. Das würde die FDP nicht
mitmachen.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Erstens. Auch wir sagen: Der Verbleib Kaplans in der
Bundesrepublik Deutschland ist nahezu unerträglich.
Dies hat Guido Westerwelle klar erklärt, Werner Hoyer
aus Köln ebenso. Dies ist auch meine Meinung.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Na immerhin!)


Zweitens. Wir unterstützen daher den Bundesinnen-
minister bei seinen – bisher allerdings erfolglosen – Be-
mühungen, in der Türkei die tatsächlichen Voraussetzun-
gen dafür zu schaffen, dass Kaplan dorthin abgeschoben
werden kann.

Drittens. Wir betreiben aber keine Richterschelte. Äuße-
rungen wie die vom bayerischen Innenminister Beckstein,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln sei skandalös,
liegen wirklich völlig neben der Sache. Ich lasse dabei
dahingestellt, ob die Entscheidung wirklich richtig ist;
das mag auf Rechtsmittel hin von den Obergerichten
überprüft werden.

Die Türkei befindet sich in einem Wandel. Sie ist,
auch was ihre rechtsstaatliche Qualität angeht, nicht mit
dem Staat vergleichbar, der sie noch vor zehn oder
15 Jahren gewesen ist. Aber die Entscheidungen des
Verwaltungsgerichts in Köln und des Oberlandesgerichts
Düsseldorf sind jedenfalls nachvollziehbar.

Das führt zu dem eigentlichen Grundproblem. Das
Grundproblem lautet doch unabhängig von diesem Ein-
zelfall: Wie geht ein Staat mit Extremisten um, wenn er,
wie die Bundesrepublik Deutschland, bei Ausweisung
und Abschiebung solcher Extremisten selbst an ein
rechtsstaatliches Verfahren gebunden ist und Menschen-
rechte beachten will, ja beachten muss? Da müssen wir
den Mut haben, zuzugeben, dass man sich hier in einem
echten Dilemma befindet. Wir sind – das wissen auch
Sie von der CDU/CSU-Fraktion genau – international
gebunden. Wir sind an die Anti-Folter-Konvention der
UNO und an die Europäische Menschenrechtskon-
vention gebunden. Weil Sie gesagt haben, das könne
man international neu verhandeln, noch Folgendes: Wir
sind vor allem an unser eigenes Recht gebunden, an den
Art. 1 des Grundgesetzes, an den Schutz der Menschen-
würde.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Schutz der Menschenwürde steht allen zu, auch de-
nen, die selbst, wie Kaplan mit seinem Mordaufruf, die
Menschenwürde anderer bedauerlicherweise mit Füßen
getreten haben. Das unterscheidet ja gerade den Rechts-
staat von dem, der ihn bekämpft.

Daraus ergibt sich die Folge: Ein Asylrecht ist durch-
aus verwirkbar. Kaplan hat kein Asyl mehr. Ein Aufent-
haltsrecht ist verwirkbar, aber dennoch muss ein Rechts-

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(C (D taat bei Abschiebungen Grenzen beachten. Wir dürfen nd können nicht Menschen sehenden Auges in Länder chicken, in denen ihnen Tod oder Folter drohen. Das ist anz klar in § 53 des Ausländergesetzes normiert; das ist ange geltendes Recht, das CDU/CSU und FDP gemeinam bei der Novelle des Ausländergesetzes im Jahre 997 aus gutem Grund belassen haben. Von daher bin ich der Meinung, man sollte all die aßnahmen im Antrag der CDU/CSU unterstützen, die chon einen Schritt vorher ansetzen. Es liegt in unserem nteresse, Extremisten möglichst erst gar nicht ins Land u lassen. Die Maßnahmen, die Sie dazu vorschlagen Regelanfragen beim Verfassungsschutz zum Beispiel –, ind entweder richtig und werden von uns unterstützt der sie sind diskutabel. Über letztere werden wir uns im usschuss unterhalten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Das lässt sich hören!)


Trotzdem wird es immer wieder den Fall geben – ich
offe, dass es möglichst wenige sein werden, aber es ist
edenfalls denklogisch nicht ausgeschlossen –, dass sich
emand, der sich schon in Deutschland aufhält, erst hier
um Extremisten entwickelt und aus einem Herkunfts-
and stammt, wo ihm Todesstrafe oder Folter droht. Wir
üssen dann Farbe bekennen, wie wir das von mir be-
chriebene Dilemma in diesen Fällen lösen wollen.
enn Sie, Herr Koschyk, sagen, es dürfe nicht zugelas-
en werden, dass sich so jemand weiter in Deutschland
ufhält, dann stellt sich für mich sofort die einfache und
chlichte Frage: Wohin wollen Sie ihn denn abschieben,
enn Sie, wie ich hoffe, mit uns der Meinung sind, dass
s nicht geht, ihn in ein Land abzuschieben, wo ihm Tod
der Folter droht? Es bliebe dann ja nur die Aufnahme in
rittstaaten, das Abschieben in Niemandsland oder ex-
erritoriales Gelände übrig. Alle diese Möglichkeiten
cheiden praktisch aus.
Deswegen sagt die FDP: Ein Rechtsstaat bleibt an das

erbot gebunden, Menschen in Länder abzuschieben,
o ihnen Folter und Tod drohen. Hier darf es keine Re-
ativierung und Aufweichung geben. Der Rechtsstaat ist
eswegen aber nicht schutzlos: Er hat die Polizei, die
olche Personen genau überwacht, und ihm stehen ge-
eimdienstliche Möglichkeiten und ein Strafrecht zur
erfügung, das dann greift, wenn jemand tatsächlich ge-
en unsere Gesetze verstößt. So stellt sich das Span-
ungsfeld dar. Nur auf dieser Basis kann nach Meinung
er FDP ein liberaler Rechtsstaat ein solches Problem lö-
en.
Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506313700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Silke Stokar,
ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.






(A) )



(B) )



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Pro-

bleme mit der Abschiebung von Extremisten gibt es
nicht erst seit dem Fall Kaplan. Sie gibt es auch nicht nur
in Deutschland. Vor wenigen Jahren bereits mussten wir
in Europa, also nicht nur in Deutschland – das war auch
für mich nur schwer erträglich –, algerischen Gewalttä-
tern Schutz gewähren, während wir gleichzeitig die Op-
fer dieser algerischen Gewalttäter ausgewiesen haben.
Wir haben immer wieder die Situation gehabt, dass beide
Bürgerkriegsparteien aus afrikanischen Ländern in Eu-
ropa Schutz gesucht haben. Die Frage, wem letztendlich
Asyl gewährt wurde, war oft an die Bedingungen im
Herkunftsland gekoppelt.

Meine Damen und Herren, die Fälle in Europa sind
bekannt. Auch England, Frankreich, die skandinavi-
schen Länder und die Niederlande würden gerne einige
extremistische islamistische Führer verbotener Organi-
sationen loswerden. Sie haben dazu aber keine Hand-
habe. Ich erinnere die CDU/CSU nicht gerne daran, dass
es ihr Bundesinnenminister Kanther war, der einem
Großteil der damaligen PKK-Funktionäre – diese Orga-
nisation hat sich ja mittlerweile umbenannt – nicht nur
hier Asyl gewährt, sondern ihn auch ohne genauere
Überprüfung eingebürgert hat. Damit hat er sicherge-
stellt, dass sie dauerhaft hier bleiben konnten. Frau
Sonntag-Wolgast hat in ihrem Redebeitrag deutlich ge-
macht, dass es Rot-Grün war, die überhaupt erst den As-
pekt der Verfassungstreue bei der Einbürgerung ins Ge-
setz aufgenommen haben.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU)

Wenig hilfreich ist der Antrag der CDU/CSU, weil sie

nicht anerkennen will, dass wir im nationalen, deutschen
Recht keine Schutzlücken haben. Sie haben offensicht-
lich auch nicht zur Kenntnis genommen, dass es – ob-
wohl Sie 16 Jahre regiert haben – die rot-grüne Bundes-
regierung war, die das deutsche Recht dahin gehend
ergänzt hat, dass Personen, die die Sicherheit in
Deutschland gefährden, abgeschoben werden können.
Wir haben hier keine Schutzlücken in der deutschen Ge-
setzgebung, sondern das Dilemma, das Herr Stadler ge-
nau richtig beschrieben hat – ein Dilemma, das Politik
auch einmal zugeben muss –, dass einem Rechtsstaat
Grenzen gesetzt sind. Wenn Sie hier geeignete Maßnah-
men fordern, müssten Sie eigentlich selbst sagen, welche
Maßnahmen das sein sollen. Sie müssten die Frage be-
antworten, ob sich die CDU/CSU von dem Rechtsstaat
Europa, von den Rechtsgütern des alten Europas verab-
schieden will. Sie müssten die Frage beantworten, ob die
Europäische Menschenrechtskonvention für Sie unab-
dingbare Gültigkeit hat.

Meine Damen und Herren, auch ich sehe den offen-
sichtlichen Widerspruch, wenn einerseits festgestellt
wird, dass die deutschen Gerichte – da schließe ich mich
der Meinung von Herrn Stadler an – rechtsstaatlich sehr
gut begründet zu diesem Urteil gekommen sind – deswe-
gen würde ich hier nicht von einem Fehlurteil reden –,

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(C (D nd andererseits – wie von mir – gerade wegen der echtsstaatlichen Probleme der EU-Beitritt der Türkei efürwortet wird. Das Gericht stellt immerhin fest, dass ie Erpressung der Geständnisse unter Folter aus der eit vor 1998 erfolgte. Ich denke, dass wir die stark veränderten Realitäten in er Türkei nach 1998 nicht nur zur Kenntnis nehmen, ondern ein Stück von der Begeisterung mit übernehmen ollten. Die Türkei ist gerade mit vollem Ernst und groem Nachdruck dabei, den Weg in die EU-Beitrittverandlungen zu beschreiten. Sie hat wie kein anderes Beirittsland ihre Verfassung und Gesetze geändert und geht egen Folter vor. Das ist jetzt auch vom Europäischen erichtshof bestätigt worden. Die Türkei gibt zu, dass ie Probleme im Menschenrechtsbereich hat und dass es or 1998 Folter gab. Demgegenüber muss aber auch eutlich gesehen werden, dass die Türkei sehr große Antrengungen unternimmt, um sich den rechtsstaatlichen tandards in Europa anzunähern. Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Grindel? Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506313800
Ja.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1506313900

Frau Kollegin Stokar, können Sie mir nach Ihrer
ymne auf die rechtsstaatliche Entwicklung in der Tür-
ei einmal erklären, wieso Sie das Urteil aus Köln in
echtsstaatlicher Hinsicht für gerechtfertigt halten? Denn
enn die Menschenrechte in der Türkei neuerdings tat-
ächlich so viel Beachtung fänden, dann wäre es doch
öllig unverständlich, dass Herr Kaplan nicht in die Tür-
ei abgeschoben wird.


(Sebastian Edathy [SPD]: Auch ein rechtsstaatliches Urteil kann falsch sein!)



(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Um das richtig zu verstehen, müssten Sie nur die Ge-

ichtsurteile und ihre Begründungen nachlesen.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das haben wir gemacht! Wir verstehen es trotzdem nicht!)


n den Begründungen sowohl zum Auslieferungsverfah-
en als auch zum Abschiebungsverfahren bezieht sich
as Gericht auf Vernehmungen und polizeilich erpresste
eständnisse von Kaplan-Anhängern in der Türkei im
usammenhang mit dem Kalifstaat aus der Zeit vor 1998
nd sieht heute begründet die Gefahr, dass diese Ge-
tändnisse in dem in der Türkei drohenden Verfahren
erwertet werden. Es geht hier ja nicht nur darum, dass
ir Herrn Kaplan loswerden wollen, sondern auch da-
um, dass Herrn Kaplan in der Türkei ein Verfahren we-
en Hochverrats droht.






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn

Jetzt sagt das Gericht: Solange nicht sichergestellt ist,

dass die Geständnisse von vor 1998 keinen Einfluss auf
dieses Verfahren haben, besteht die Gefahr, dass das Ver-
fahren nicht rechtsstaatlich gemäß der europäischen
Menschenrechtskonvention durchgeführt werden wird.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Dann darf die Türkei aber nicht in die EU!)


– Da ist das Dilemma. Das Gericht kann in dieser Be-
gründung natürlich nicht die heute veränderten Realitä-
ten in der Türkei würdigen.


(Beifall des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Vielen Dank! Aber ich habe es nicht verstanden!)


– Ich habe nicht erwartet, dass Sie eine so differenzierte
Ausführung verstehen. Sie dürfen sich aber trotzdem set-
zen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506314000

Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage des Kollegen von Klaeden?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber gerne doch.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Niedersach sen unter sich!)



Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1506314100

Frau Stokar, wenn das Gericht befürchtet, dass heute

erpresste Aussagen in das Verfahren eingeführt werden –
das haben Sie gerade erläutert – –


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nein.

(Zurufe von der SPD: Zuhören!)



Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1506314200

Vor 1998 durch Folter erpresste Aussagen werden

heute in das Verfahren wegen Hochverrats eingeführt.
Das ist Ihre Ausführung gewesen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

Handelt es sich bei der möglichen Einführung solcher
Aussagen nicht um einen heutigen Vorgang, der für die
heutige Beurteilung rechtsstaatlicher Verhältnisse rele-
vant ist? Oder handelt es sich, wie Sie gerade versucht
haben, zu suggerieren, um einen Vorgang, der vor 1998
liegt?


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist doch kein Rechtsstaat, der so etwas verwertet!)


Haben Sie es jetzt verstanden?

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(C (D Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Ich habe das sehr gut verstanden. Ich glaube, Ihre

rage beschreibt das Dilemma bei den Begründungen
er beiden Gerichtsurteile und der folgerichtigen Politik
nseres Innenministers.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ich glaube, Ihre ganze Rede ist ein Dilemma!)


s gilt ja gerade jetzt, sicherzustellen, dass diese der Be-
ründung zugrunde liegenden Gesichtspunkte des Ge-
ichtes, das nach wie vor von einer beachtlichen Gefahr
ufgrund einer früheren Praxis ausgeht,


(Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Sie sollten das noch einmal nachlesen!)


is zur nächsten Berufungsinstanz ausgeräumt werden.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Meinen Sie, das versteht irgendeiner?)

enn das alles so einfach wäre, dann müsste der Innen-
inister nicht in die Türkei fahren, um weitere Zusiche-
ungen zu bekommen.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist jedenfalls für Sie zu schwierig, Frau Stokar!)


Ich habe nicht gesagt – das ist auch nicht grüne
osition –, die Türkei habe alles abgearbeitet, der
echtsstaat Türkei entspreche heute europäischen Stan-
ards. Ich habe nur gesagt, dass wir die Realität wahr-
ehmen sollten, dass die Türkei sehr große Bemühungen
nternimmt.
Ich bin ganz konkret der Meinung, dass eine weitere

esetzliche Änderung in der Türkei erforderlich ist. Ich
eiß auch, dass darüber diskutiert und daran gearbeitet
ird: nicht nur die Anti-Folter-Konvention zu unter-
chreiben und das Folterverbot gesetzlich zu verankern,
ondern auch die Verwertung polizeilich erpresster Ge-
tändnisse in Gerichtsverfahren zu verbieten. Dafür
eicht eine Erklärung der Regierung, eine Erklärung der
nabhängigen und freien Justiz nicht aus.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Die Gesetzgebung ist keine Aufgabe der Justiz!)


Auch Sie dürfen sich setzen. Aber wenn man eine
omplizierte Frage stellt, bekommt man auch eine kom-
lizierte Antwort. So einfach, wie Sie das hier populis-
isch aufzuziehen versuchen, ist es nicht.
Vonseiten der Türkei muss noch einiges geliefert und

emacht werden,

(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Dann kann die Türkei aber nicht in die EU!)

amit wir in einer Berufungsinstanz die Chance haben,
ach europäischen Rechtsstaatsgrundsätzen das Ergeb-
is zu bekommen, das wir alle wollen, nämlich dass Herr
aplan unser Land verlassen muss.
Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Thomas Strobl [Heilbronn] Silke Stokar von Neuforn [CDU/CSU]: Schön, dass Sie das Rednerpult verlassen!)





(A) )


(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506314300

Nächster Redner ist der Kollege Michael Grosse-

Brömer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere Frau Stokar und Frau SonntagWolgast! Sie können natürlich noch doppelt so lange drum herum reden, es ändert nichts daran, dass der Fall dieses Extremistenführers überhaupt nichts dazu beigetragen hat, das Vertrauen der Menschen in Deutschland in unseren Rechtsstaat in irgendeiner Weise zu stärken. Das Gegenteil ist eingetreten: Der Rechtsstaat hat einmal mehr an Glaubwürdigkeit und Überzeugung eingebüßt. Wir müssen schon ein Stück weit fragen: Warum ist das so? Der Grund dürfte darin zu sehen sein, dass die deutsche Bevölkerung an Recht und Justiz – im Zweifel auch an den Justizminister – berechtigte Ansprüche stellt, die aber sehr häufig enttäuscht werden, spätestens durch die öffentliche Berichterstattung über die meist spektakulären Fälle. So erhält der Frührentner in Florida – höchstrichterlich entschieden – die deutsche Sozialhilfe, während in Deutschland junge Familien darüber nachdenken, wie sie finanziell überleben. Im vorhin genannten Fall darf der islamistische Extremist nicht ausgewiesen werden, obwohl er in Deutschland zum Mord aufgerufen hat und rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt wurde. Herr Kaplan darf nicht in seine Heimat, die Türkei, abgeschoben werden, weil ihm dort möglicherweise menschenrechtswidrige Behandlung droht. In Deutschland darf er aber bleiben, obwohl er hier massiv gegen humanitäre Grundsätze und Strafgesetze verstoßen hat. Das ist der Sachverhalt. Ich kann es niemandem verübeln, wenn er über dieses Thema nur noch den Kopf schüttelt. Die Kritik an der Gerichtsentscheidung allein, Frau Sonntag-Wolgast und vor allem auch Herr Bundesinnenminister, greift zu kurz. Der Senat hat natürlich zu Recht die Europäische Menschenrechtskonvention und das Anti-Folter-Abkommen der UNO im konkreten Fall als Abschiebehindernisse geprüft. Das sollten wir bei aller Entrüstung über das Ergebnis nicht vergessen. Wenn der Herr Minister mit dieser Entscheidung unzufrieden ist, kann ich persönlich das gut verstehen. Er sollte dann aber nicht die Auffassung der Richter infrage stellen, sondern selbst in seinem Hause Überlegungen anstellen, wie sich so etwas zukünftig verhindern lässt. Meiner Meinung nach liegt das Problem noch ein Stück tiefer. Die Menschen in Deutschland wollen einen Rechtsstaat, auf den man sich verlassen kann, einen S u N k a g n G s d S – F d D v D w a w g U s s t l S h W V ü S w S i t n s (C (D taat, der sie wirksam vor Terrorismus, Extremismus nd Straftätern schützt. atürlich wird das nicht zu 100 Prozent möglich sein – eine Frage. Unsere Bürgerinnen und Bürger fordern ber zu Recht einen Staat, der mit allen ihm zur Verfüung stehenden Mitteln versucht, diesem Ziel möglichst ahe zu kommen. enau hier liegen das Problem und das Versäumnis dieer Bundesregierung: Statt konsequent zu handeln, hat iese Regierung mit falsch verstandener Toleranz zur alonfähigkeit von Extremisten beigetragen. (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch unglaublich! – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Sie verwechseln Rechtsstaatlichkeit mit Toleranz!)

Michael Grosse-Brömer (CDU):
Rede ID: ID1506314400

(Zuruf von der SPD: Aha!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Zuruf von der SPD: Was heißt das?)


(Dr. Max Stadler [FDP]: Mit allen?)


Sie brauchen sich nicht aufzuregen; das ist nicht meine
eststellung, sondern die Feststellung des stellvertreten-
en Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in
eutschland, Kenan Kolat, nachzulesen in der „TAZ“
om 29. August 2003.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dadurch wird das doch auch nicht besser!)


a Sie im Zweifel diese Zeitung häufiger lesen als ich,
undere ich mich schon ein bisschen, dass Sie sich so
ufregen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kolat macht sich verständliche Sorgen um die
eltoffenen türkischen Mitglieder seiner Gemeinde an-
esichts des – wieder ein Zitat von ihm – „zu lockeren
mgangs deutscher Behörden mit Islamisten“.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So platt, wie Sie argumentieren, ist es kein Wunder, dass Sie nichts verstehen! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Welche Meinung haben Sie denn?)


Bereits im Mai dieses Jahres – leider waren Sie offen-
ichtlich nicht da, sonst müssten Sie diese Frage nicht
tellen – habe ich mit anderen Mitgliedern meiner Frak-
ion genau an dieser Stelle auf die massiven Gesetzes-
ücken in unserem Land aufmerksam gemacht. Ich frage
ie, meine Damen und Herren: Was ist seitdem gesche-
en? Die Antwort ist einfach: Nichts, überhaupt nichts!
ir haben immer noch dieselben Mängel und dieselben
orschriften wie vor knapp einem halben Jahr, als hier
ber den Antrag meiner Fraktion zum wirksameren
chutz vor Terrorismus und Extremismus debattiert
urde. Nichts hat sich verändert, außer vielleicht einer
ache: Das Unverständnis der Menschen in Deutschland
st größer geworden, nicht zuletzt aufgrund des genann-
en Urteils. Ich glaube nicht, dass irgendjemand Verständ-
is dafür hat, dass diese Sympathiewerbung für ausländi-
che Terroristen in Deutschland nach wie vor straffrei ist.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch unglaublich! Lassen Sie das doch sein!)







(A) )



(B) )


Michael Grosse-Brömer

Auch dieser Aspekt ist ein Mosaikstein im Bild der in-
nen- und rechtspolitischen Fehlleistungen dieser Regie-
rung.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist platter Populismus!)


Sie sind offenkundig nicht in der Lage, eine innen-
und sicherheitspolitische Entscheidung aus einem Guss
zu machen. Unsere Aufforderung an die Bundesregie-
rung, speziell an den Bundesinnenminister, lautet des-
halb: Ergreifen Sie endlich geeignete Maßnahmen, um
unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ent-
schlossener als bisher verteidigen zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ausländische extremistische Straftäter haben in
Deutschland nichts zu suchen. Wenn Herr Schily das al-
leine nicht hinbekommt, muss er mit seinem Kabinetts-
kollegen im Auswärtigen Amt endlich einmal reden und
ihn auffordern mitzuwirken. Wir brauchen endlich eine
konsequente nationale und europäische Außenpolitik
gegenüber den Staaten, die sich weigern, ihre eigenen
Staatsangehörigen zurückzunehmen.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Darum geht es in diesem Fall doch gar nicht!)


National und international müssen endlich geeignete
Maßnahmen ergriffen werden, damit die Rechtslage
künftig sicherstellt, dass Extremisten in Deutschland ab-
geschoben werden können.

Die rot-grüne Innen- und Sicherheitspolitik kapitu-
liert stattdessen vor den Rückführungsschwierigkeiten.
Das verdeutlichen übrigens sehr schön Ihre Vorstellun-
gen zum neuen Zuwanderungsgesetz.


(Sebastian Edathy [SPD]: Wie kommen Sie auf so einen Unsinn?)


Danach soll der unrechtmäßige Aufenthalt ausreise-
pflichtiger Ausländer legalisiert werden, indem man die-
sen Personen Daueraufenthaltsrechte in Aussicht stellt.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das gibt es doch nicht! Wie kann man die Dinge so verdrehen?)


Sie sehen: schon wieder ein Mosaikstein im Bild Ihrer
verkorksten innenpolitischen Grundhaltung. Darum geht
es doch.


(Zuruf des Abg. Rüdiger Veit [SPD])

– Wollen wir über mein Staatsexamen sprechen oder
über die Probleme, die Sie innenpolitisch verursachen?
Ich glaube, darüber sollten wir uns einig werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will beispielhaft einige weitere Sicherheitslü-

cken ansprechen, die dringend geschlossen werden müs-
sen; das sollten Sie sich anhören. Wir müssen alle erfor-
derlichen Maßnahmen ergreifen, um schon die Einreise
von ausländischen Extremisten nach Deutschland zu
verhindern. Wir bekommen keine Ausweisungs- und
Abschiebungsprobleme, wenn wir gewaltbereite Extre-
misten oder Fundamentalisten gar nicht erst nach
Deutschland einreisen lassen. Dies ist keine populisti-

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(C (D che Forderung, wie wiederholt falsch vonseiten der Kolitionsparteien behauptet wird, sondern eine präventive, irksame Sicherheitspolitik im Interesse der Menschen unserem Land. Zur Verweigerung der Einreise muss nach unserer nsicht schon ein tatsachengestützter Extremismusveracht ausreichen. Es muss genügen, wenn sich extremissche Anhaltspunkte verdichten und von Gerichten berprüfbar sind. In diesem Fall sollten wir also nicht eiter herumphilosophieren, sondern endlich handeln. s ist doch absurd, mit vorgeschobenen rechtsstaatlichen rinzipien möglichen gewaltbereiten extremistischen usländern mehr Unterstützung zuteil werden zu lassen ls der Sicherheitslage in unserem Lande. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor welchem Gericht will er denn damit Bestand haben?)


Wir als CDU/CSU wollen zum Schutz unserer Bür-
er, dass vor der Erteilung einer unbefristeten Aufent-
altserlaubnis und einer Aufenthaltsberechtigung
rundsätzlich Regelanfragen beim Verfassungsschutz
estellt werden, und zwar bundeseinheitlich. Ich freue
ich, dass die FDP diesem Gedanken näher treten kann.
Warum erlauben wir uns eigentlich überhaupt den

erzicht auf Maßnahmen, die schnell, wirksam und effi-
ient dem Schutz dieses Staates und seiner Bürger die-
en können? Insbesondere bei Ausländern aus Staaten,
ei denen Rückführungsschwierigkeiten bestehen, sind
or der Erteilung von Aufenthaltstiteln auch für Kurz-
ufenthalte als Regelfall identitätssichernde Maßnah-
en durchzuführen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden gar nicht zu Ihrem Antrag!)


Wir fordern weiterhin, das geltende Recht so auszu-
estalten, dass ausländische Extremisten sicher und
rühzeitig identifiziert werden können, Stichwort: bio-
etrische Daten und all das, was damit zusammenhängt.
ie wissen, dass nach der jetzigen Gesetzeslage identi-
tssichernde Maßnahmen nur bei einem Aufenthalt von
ehr als drei Monaten möglich sind. Wer kann mir er-
lären, warum die Gefahr, die von einem Fundamenta-
sten ausgeht, von der Dauer seines Aufenthaltes abhän-
ig ist? Das habe ich bis heute nicht verstanden.
Deswegen sagen wir: Die Durchführung erkennungs-

ienstlicher Maßnahmen muss nach unserer Ansicht im
egensatz zur jetzigen Rechtslage den Regelfall bilden.
ir müssen der Entwicklung entgegenwirken, dass im-
er mehr vollziehbar Ausreisepflichtige nicht freiwillig
us Deutschland ausreisen und ihre Rückführung da-
urch verhindern, dass sie über ihre Identität und Staats-
ngehörigkeit täuschen oder an der Beschaffung von Do-
umenten für die Rückreise nicht mitwirken. Die
undesregierung hat diese Maßnahmen bislang lediglich
ngekündigt; geschehen ist nichts, auch nicht auf euro-
äischer Ebene.
Es ist ein weiterer Fehler der Regierung, sich bei den
aten, die im Ausländerzentralregister gespeichert






(A) )



(B) )


Michael Grosse-Brömer

werden, mit der freiwilligen Angabe der Religionszuge-
hörigkeit zu begnügen. Damit das Risiko bei der Ein-
reise wesentlich besser abgeschätzt werden kann, ist es
unerlässlich, sowohl die Religionszugehörigkeit als auch
die Volkszugehörigkeit von Ausländern zu erfassen. Die
ethnische Zugehörigkeit ist schließlich für die Rückfüh-
rung in das Heimatland von besonderer Bedeutung.

Meine Damen und Herren, unser Antrag bietet einen
weiteren Vorteil, nämlich im Hinblick auf den deutschen
Strafvollzug. Die Anzahl ausländischer Insassen in den
deutschen Haftanstalten ist enorm. Sie kann verringert
werden, wenn kriminelle Extremisten schnell abgescho-
ben werden


(Dr. Max Stadler [FDP]: Wohin?)

und ihre Haft gegebenenfalls im Heimatland verbüßen.
Wir müssen deshalb die rechtlichen Voraussetzungen für
eine Haftverbüßung im Herkunftsland verbessern.

Dieser Aspekt macht meiner Auffassung nach auch
rechtsdogmatisch Sinn. Die Betroffenen sollen ja reso-
zialisiert werden. Angesichts dessen, dass manche gar
nicht sozialisiert sind oder sich gar nicht sozialisieren
lassen, stellt sich schon die Frage, warum der Haftvoll-
zug in Deutschland stattfinden soll.

Wir müssen letztlich verhindern, dass ausländische
Extremisten deutsche Staatsbürger werden. Und
Deutschland zum Austragungsort ihrer Aktivitäten ma-
chen.

Deswegen zum Schluss: Die Menschen in Deutsch-
land haben es satt, dass es in ihrem Land keine klare po-
litische Führung gibt. Diese gibt es mittlerweile auf
kaum einem politischen Feld. Sie fordern zu Recht ein-
deutige Vorschriften, die dann auch konsequent vollzo-
gen werden. Mit unserem Antrag kommen wir dem
Wunsch der Menschen innen- und rechtspolitisch entge-
gen. Der Bundesinnenminister muss aufhören, nur zu ga-
ckern und kein Ei zu legen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist ja unglaublich!)


Es wird Zeit, zu handeln. Stimmen Sie unserem Antrag
zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist ausgesprochen dämlich!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506314500

Das Wort hat der Bundesminister des Innern, Otto

Schily.


Otto Schily (SPD):
Rede ID: ID1506314600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

gen! Herr Kollege, mit Metaphern kann man sehr dane-
bengreifen. Wenn Sie schon die Tätigkeit des Bundesin-
nenministers mit dem Hühnervolk vergleichen, dann
sollten Sie doch die Geschlechtszugehörigkeit beachten.
Eier legen können Hähne nun einmal nicht.

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(C (D (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Damit kommen Sie heute nicht an!)


ber, meine Damen und Herren, der Hahn hat andere
ufgaben, falls Ihnen das geläufig ist. So viel verstehe
ch noch von der Landwirtschaft, Frau Kollegin Künast.


(Heiterkeit – Zuruf von der CDU/CSU: Sie verstehen sicher mehr davon als Frau Künast!)


Ich will gern einen erfreulichen Sachverhalt an den
nfang stellen, auch wenn der Kollege, der zuletzt ge-
prochen hat, eine Tonlage in diese Debatte gebracht hat,
ie ich nicht für richtig halte. Ich gehe davon aus – das
st ein erfreulicher Sachverhalt –, dass alle Seiten des
auses darin übereinstimmen, dass Extremisten, die ver-
rteilt worden sind – ich nenne beispielsweise Kaplan,
er zu vier Jahren Freiheitsstrafe wegen Aufforderung
um Mord verurteilt wurde; übrigens ein Aufruf, der
olgen hatte – außer Landes gehören und in unserem Va-
erland nichts zu suchen haben.


(Silke Stokar von Neuforn GRÜNEN)

land!)

as ist eine allgemeine Auffassung.
Nun will ich versuchen, anhand des Falles Kaplan zu

rläutern, wo die Unterschiede liegen.

(Zuruf des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/ CSU])

Herr von Klaeden, nun fangen Sie nicht an, zu lachen;
ir sind doch noch nicht im Fasching, das kommt noch.
Der entscheidende Punkt ist, ob wir zwischen Rechts-

ragen und Tatsachenfragen unterscheiden können. Ich
leibe zunächst einmal bei der Rechtsfrage. Die Auswei-
ung von Herrn Kaplan – ich glaube in diesem Zusam-
enhang ist Ihre Wortwahl etwas durcheinander gera-
en; Sie wollten sicher das richtige Wort sagen – ist kein
roblem. Die Entscheidung des Asylwiderrufs ist nach
nserem Gesetz bestätigt worden. Wir haben diesen Wi-
erruf vollzogen.
Hinsichtlich der Abschiebung stellt sich die Frage:
ann er abgeschoben werden? Hier müssen wir uns jetzt
ber die rechtlichen Grenzen verständigen. Die Koali-
ion, Herr Stadler und auch ich sagen: Wir haben Bin-
ungen an internationale Vereinbarungen und wir haben
indungen an unsere Verfassung – die übrigens diese in-
ernationalen Vereinbarungen zum geltenden Recht qua
erfassungsrecht macht –, die es uns verbietet, Men-
chen, denen Folter oder die Todesstrafe drohen, in die-
es Land abzuschieben. Gleich ob Abschiebungsgründe
orliegen oder nicht.


(Dr. Max Stadler [FDP]: So ist es!)

Herr Koschyk, dann müssen Sie klar erklären, ob Sie

iese Grenze überschreiten wollen.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ich sage schon noch etwas dazu!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

Wenn Sie sagen: nein, dann sind wir uns einig.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wo ist Ihre Grenze?)


– Moment. Da gibt es keine Abwägung. Wer in Bezug
auf Folter abwägt, der kommt auf ein abschüssiges Ge-
lände. Das werde ich niemals zulassen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Deshalb bin ich auf der Seite des Präsidenten des
Bundesverfassungsgerichts, Herrn Papier, der ebenfalls
geltend gemacht hat, dass wir uns aufgrund der Rechts-
kultur Deutschlands hinsichtlich der Folter keinen einzi-
gen Millimeter von diesen Grundsätzen wegbewegen
dürfen.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Wollen Sie einen Folterstaat in die EU aufnehmen?)


Die indirekte Frage, ob eine durch Folter erzwungene
Aussage in einem Gerichtsverfahren verwertet wird oder
nicht, hängt damit zusammen. Das sind die Rechtsfra-
gen. Wenn wir uns da einig sind, dann haben wir eine
gute Grundlage.


(Zuruf des Abg. Wolfgang Zeitlmann ]CDU/ CSU])


– Moment, Herr Zeitlmann, hören Sie doch einen Mo-
ment zu! Wir können über die Fragen ganz offen und
nüchtern reden. Wir können uns auch Polemik um die
Ohren hauen; auch das ist interessant. Aber ich denke,
die Bürgerinnen und Bürger wollen lieber die Sachfrage
erörtert haben.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die möchten es verstehen!)


– Herr Grindel, ich versuche es doch. Sie können es ja
auch versuchen. Dann melden Sie sich noch einmal und
wir verlängern die Debatte ausnahmsweise.


(Rüdiger Veit [SPD]: Das muss nicht sein!)

Daneben ist die Tatsachenfrage zu klären. Das Verwal-
tungsgericht Köln – das selbstverständlich, wie jedes
Gericht, Respekt verdient, auch wenn es ein Fehlurteil
trifft; ich würde dann nie zur Polemik greifen, wie es ein
Kollege in Bayern tut – hat rein tatsächlich auf der
Grundlage der offenbar gemeinsamen Rechtsauffassung
dieses Hauses angenommen, dass Kaplan, wenn er in die
Türkei zurückgeführt wird, ein Verfahren droht, in dem
durch Folter erzwungene Aussagen verwertet werden.
Das Gericht stützt diese Voraussage auf die Annahme,
dass in einem früheren Verfahren – das hat die Rechts-
vertretung von Herrn Kaplan vorgetragen; da geht es um
einen Verwandten von Kaplan, der auch vor Gericht ge-
standen hat – angeblich durch Folter erzwungene Aussa-
gen bei dem Fällen eines Gerichturteils verwertet wor-
den sind.

Das ist eine Tatsachenfrage. Ich halte die Annahme
des Gerichts für falsch – das sage ich, damit das klar
ist –, weswegen ich auch das Urteil für falsch halte.

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(C (D Die Türkei hat in dem Verfahren einige Erklärungen bgegeben – insofern waren wir keineswegs erfolglos –, ie ich für glaubwürdig halte: Es droht keine Todestrafe; es droht nicht die Folter; er wird auch sonst menchenrechtskonform behandelt; es werden keine Getändnisse Dritter verwendet, die unrechtmäßig zustande ekommen sind; er wird von einem Richter vernommen; r kann sich einen Verteidiger seiner Wahl nehmen; er ann in der Untersuchungshaft selbstverständlich Konkte haben, zum Beispiel Briefkontakte und Telefonate it den Angehörigen. – Das alles sind Schutzgarantien, ie nach unserer Auffassung eine rechtsstaatliche Beandlung in der Türkei sicherstellen, zumal die Türkei ie Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieen hat. Herr Ministerpräsident Erdogan hat bei seinem tzten Treffen in Berlin noch einmal bekräftigt, dass er iese Garantien durchsetzen will. Man kann natürlich der Auffassung sein, dies alles eien schöne Erklärungen, an deren Einhaltung man aber icht glaube. Damit trifft man eine Voraussage. Frau ollegin Stokar, entschuldigen Sie, dass ich darauf hineise, (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht nichts!)


ass in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen etwas
urcheinander geraten ist.


(Zurufe von der CDU/CSU: Da haben Sie Recht!)


s geht um die gegenwärtige Beurteilung und um die
rage, ob die Vergangenheit zu einer anderen Beurtei-
ng der Gegenwart führt.
Vor diesem Hintergrund – manchmal schadet es nicht,

inem Tisch, der schon auf vier Beinen gut steht, noch
in fünftes Bein hinzuzufügen – und nicht deswegen,
eil ich das Urteil für richtig halte, bin ich in die Türkei
ereist und habe die türkischen Behörden gebeten, eine
usätzliche Erklärung zu diesem früheren Fall abzuge-
en. Dort sind die Erklärungen, die ich eben angespro-
hen habe, bekräftigt worden und man hat noch einmal
ersichert, dass keine rechtsstaatlich bedenkliche Be-
andlung drohe. Bei dieser Gelegenheit habe ich aber
uch Fragen zu dem früheren Verfahren gestellt. Ich
offe, dass dazu klare Erklärungen abgegeben werden.
as ist die Grundlage, auf der wir handeln. Es geht nicht
m eine Rechtsveränderung. Ich wüsste nicht, was an
ieser Stelle zu verändern wäre, Herr Kollege Koschyk.


(Rüdiger Veit [SPD]: Das wissen die auch nicht!)


In diesem Zusammenhang muss man noch einen an-
eren Punkt berücksichtigen; darüber haben wir hier im
ause häufig genug diskutiert. Sie schlagen immer vor,
s müsse bei Verdacht auf eine terroristische oder extre-
istische Betätigung eine Ausweisung möglich sein. Ich
age, das ist nicht das Problem. Es gibt eine polizeirecht-
che Bestimmung, die besagt, dass eine Person, die eine
efahr für die innere Sicherheit Deutschlands darstellt,
usgewiesen und im Vollzug abgeschoben werden kann.
amit werden aber die bestehenden Abschiebehinder-
isse wie Folter und Todesstrafe nicht überwunden.






(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

Diese Sachverhalte müssen wir auseinander halten.
Sonst muss ich Sie, Herr Koschyk, verdächtigen, dass
Sie hier nur eine Show abziehen und nur scheinbar die
Muskeln zeigen wollen, aber an der echten Sachlage
vorbeireden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie haben für Ihre Politik keinen Bündnispartner. Mit
wem wollen Sie eine solche Politik, die Sie hier vor-
schlagen, machen? So etwas haben Sie in Ihrer Regie-
rungszeit, vielleicht dank der FDP, nicht gemacht. Die
FDP wird nach allem, was ich höre, Ihnen nie die Hand
dazu reichen, diese Schranke zu überwinden. In diesem
Fall verlasse ich mich auf die FDP, falls die Gefahr dro-
hen sollte, dass Sie mehr zu sagen haben als heute in der
Opposition.

Ich glaube, dass das, was Sie in Zusammenhang mit
der Türkei gesagt haben, sehr bedenklich ist. Ihre Poli-
tik, die Türkei auf Distanz zu halten und ihr die Tür zu
weisen, stellt eine Abkehr von der Politik des frühe-
ren Bundeskanzlers Kohl dar.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nein!)

– Doch, natürlich. Lesen Sie die Erklärung von Bundes-
kanzler Kohl aus dem Jahr 1997 nach. Ich kann aus ihr
wörtlich zitieren. Mit dieser Abkehr von der Politik des
gesamten Europas – es war eine einstimmige Entschei-
dung aller Regierungschefs der europäischen Mitglied-
staaten – sind Sie in Europa völlig isoliert.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Deshalb muss sie nicht falsch sein!)


Wenn Sie diese Politik für richtig halten, dann treiben
Sie die Türkei dahin, dass sie diesen Verpflichtungen
nicht in dem Maße nachkommt, wie es wünschenswert
wäre. Dann werden die Möglichkeiten, Personen in die
Türkei abzuschieben, in der Tat sehr viel geringer. Das
hat Frau Kollegin Sonntag-Wolgast, wie ich finde, völlig
richtig ausgeführt.

Auf die anderen Einzelheiten, die leider alle in die fal-
sche Richtung und an den Tatsachen vorbei gehen, will
ich jetzt nicht weiter eingehen. Nur so viel: Wir haben
im Staatsangehörigkeitsrecht die strikte Überprüfung
der Verfassungstreue von Personen, die deutsche Staats-
bürgerinnen und Staatsbürger werden wollen, eingeführt.
Die Problemfälle, die wir geerbt haben, sind aufgrund
der von Ihnen erlassenen Rechtsvorschriften entstanden.
Diese Personen können wir nicht außer Landes bringen.
Das haben Sie zu verantworten.


(Beifall bei der SPD – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Wo wird das denn geprüft?)


Wir haben dafür gesorgt, dass die Sicherheitsbehörden
am Visumverfahren beteiligt werden. Die Unterstel-
lung, wir würden leichtfertig Personen hereinlassen, die
eine Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands dar-
stellen, ist schlichter Unsinn. Wir haben Gegenmaßnah-
men verabredet.

Übrigens, Herr Koschyk, auch das müssten Sie wis-
sen: Die Visaerteilung ist unsere freie Entscheidung. Die

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(C (D ruppe, die einen Anspruch auf eine Visaerteilung hat, st begrenzt. Bei dieser spielt die besondere Überprüfung ine Rolle. Ansonsten ist die Visaerteilung unsere freie ntscheidung. Bei dem leisesten Verdacht liegt es in unerem Belieben, ob wir eine Person in unser Land lassen der nicht. Intern findet eine sehr sorgfältige Prüfung tatt. Selbstverständlich haben Sie in diesem Punkt echt: Es ist am besten, bei der Einreise zu prüfen, ob edenken vorliegen; das geschieht auch. Gleiches gilt uch für die Möglichkeiten, eine Person wieder außer andes zu bringen. Selbstverständlich müssen wir zur Überprüfung der dentität neue Methoden einführen. Meine Redezeit ist chon überschritten, weshalb ich Ihnen nicht alle Einzeleiten der Aktivitäten Deutschlands dazu nennen kann. ch will Sie nur auf eine Meldung, die gerade in diesen agen bekannt wurde, hinweisen. Es ist auf eine deutche Initiative zurückzuführen, dass die Frist zur Einfüung eines Lichtbildes in das EU-Visum verkürzt wird. ie Kommission ist dem deutschen Vorschlag gefolgt. er Vorschlag der Kommission liegt jetzt auf dem Tisch nd ich hoffe, dass er die Zustimmung der Mitgliedsläner der Europäischen Union finden wird. (Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Der Grünen!)


Das Gleiche gilt für die biometrischen Merkmale.
erade in diesen Fragen sind wir die treibende Kraft auf
uropäischem Gebiet. Das ist die Wahrheit; das müssen
ie nun einmal zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der SPD)

Ich kann nicht auf alle Sachverhalte eingehen, weil

ie Redezeit das leider nicht hergibt. Ich will Ihnen zum
chluss aber noch einmal etwas bezüglich der Auswei-
ungstatbestände sagen. Wir haben die richtige Regelung
efunden. Es geht um einen polizeirechtlichen Gefähr-
ungssachverhalt. Man muss sich allerdings die Frage
tellen, ob der Vollzug ausreichend ist. Erkundigen Sie
ich einmal auch in den Ländern, in denen Sie Regie-
ungsverantwortung tragen, ob der Vollzug immer so
unktioniert, wie er funktionieren sollte.


(Silke Stokar von Neufo – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: In Baden-Württemberg ist das sehr gut!)


Sie nennen Baden-Württemberg. Da bekommen Sie
ogar ein Lob von mir; so fair bin ich. In Baden-
ürttemberg ist Folgendes passiert: Der ehemalige so
enannte Gebietsemir des verbotenen Kalifatstaats,
sman Ünal, ist durch die zuständige Ausländerbehörde
n Baden-Württemberg wegen der Gefährdung der frei-
eitlich-demokratischen Grundordnung und der Sicher-
eit der Bundesrepublik Deutschland sofort vollziehbar
usgewiesen worden. Der Tatbestand reicht also völlig
us. Sie brauchen keine Verdachtsformulierung. Das,
as bereits im Gesetz vorhanden ist, reicht aus. Ich muss
ber an die Länder appellieren – ich hoffe, dass Sie sich
em anschließen –, dass der Vollzug zum Teil besser ge-
egelt wird.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Abschiebehindernis!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

– Nein, das hat mit Abschiebehindernis gar nichts zu tun.
Es kommt zunächst darauf an, dass ein rechtskräftiger
Ausweisungsbescheid zustande kommt. Dem folgt der
Vollzug durch die Abschiebung.

Bringen Sie bitte nicht die Begriffe Abschiebung und
Ausweisung durcheinander, sonst können Sie den Sach-
verhalt den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermitteln.


(Beifall bei der SPD)

Sie versuchen, den Bürgerinnen und Bürgern den Ein-
druck zu vermitteln, es werde nicht alles im Interesse der
Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland getan. Das
ist die schlichte Unwahrheit. Die Bundesregierung ist
ein Garant für eine rechtsstaatliche Ordnung und die in-
nere Sicherheit. Dabei halten wir uns an das Grundge-
setz und an die internationalen Vereinbarungen. Natür-
lich erfüllen wir dabei auch unsere Verantwortung, dass
der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf die Ge-
währleistung ihrer Sicherheit erfüllt wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Max Stadler [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506314700

Ich gebe dem Kollegen Hartmut Koschyk das Wort zu

einer Kurzintervention.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1506314800

Herr Minister Schily, ich möchte noch einmal versu-

chen, deutlich zu machen, worum es mir bei der Frage
ging. Wir müssen darüber nachdenken, in Deutschland,
aber auch übernational, ob es nicht Grenzen für eine ab-
solute Sperre im Hinblick auf § 53 Ausländergesetz in
Verbindung mit Art. 3 der Europäischen Menschen-
rechtskonvention gibt.

Ich habe darauf hingewiesen, Herr Minister Schily,
dass eine im Bereich der deutschen Staatsrechtslehre
doch unangreifbare Persönlichkeit wie Professor Kay
Hailbronner – ich glaube, da sind wir uns doch einig –
diese Frage im Zusammenhang mit den Antiterrorpake-
ten bereits aufgegriffen hat.

Laut einem Bericht der „Rheinischen Post“ vom
26. Oktober 2001 sagte Herr Professor Hailbronner – er
hat es auch in seinem Rechtsgutachten zu den Sicher-
heitspaketen so formuliert – zur Resolution 1373, des
UN-Sicherheitsrats vom 28. September 2001:

Die UN-Sicherheitsresolution steht in deutlichem
Kontrast zu dem, was der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte zur Bedeutung der Europäi-
schen Menschenrechtskonvention gesagt hat. Es
gibt hier eindeutigen politischen Handlungsbedarf


Dann macht er einen Vorschlag, den auch ich gemacht
habe, Herr Minister Schily. Die „Rheinische Post“ zitiert
ihn wie folgt:

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(C (D Die Haupt-Mitgliedstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention sollten sich zusammensetzen und über die Auslegung des betreffenden Artikels Gedanken machen. rofessor Hailbronner fordert eine Art Güterabwägung. er stimme ich zu. Ich zitiere jetzt weiter aus der „Rheiischen Post“ vom 26. Oktober 2001: Nicht jeder könne den Schutz der Menschenrechtskonvention genießen, „egal, was er gemacht hat“. Hailbronners Vorschlag: „In Extremfällen, in denen jemand eine fortwährende Gefährdung darstellt, weil er zu terroristischen Handlungen bereit ist, sollte die Schutzpflicht, die sich aus der EMRK ableitet, ihre Grenzen haben.“ Professor Hailbronner nennt auch eine Quelle, auf die an sich berufen kann, nämlich dass in der Genfer lüchtlingskonvention eine solche Einschränkung zu inden ist. Ich frage Sie, Herr Minister Schily: Warum haben Sie icht diese Auffassung eines Sie beratenden Rechtslehers – ich glaube, er berät Sie auch in diesen Tagen bis in zu dem schwierigen Fall Kaplan – einmal zum Anass genommen, als Verfassungsminister dieser Frage achzugehen und darüber auch mit anderen Mitgliedtaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention in ine Diskussion zu treten? Herr Minister Schily, es ist ein konservativer Regierungschef, sondern es ist der ritische Labour-Regierungschef Tony Blair, einer der esten Freunde dieses Bundeskanzlers, der die Frage der renzen von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtsonvention im Zusammenhang mit der Umsetzung dieer UN-Resolution ebenfalls aufgeworfen hat. Dieser iskussion können Sie sich nicht einfach entziehen, inem Sie dieses Thema tabuisieren. Herr Kollege Koschyk, Sie haben ganz sachlich ange angen und ich will in einem sachlichen Ton antworten, icht in dem Crescendo, das Sie am Schluss noch angetimmt haben. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das sind Schicksalsfragen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Otto Schily (SPD):
Rede ID: ID1506314900

Nun hören Sie doch zu! Ich habe Ihnen auch geduldig
ugehört. Nun lassen Sie mich antworten!


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Ein bisschen Leidenschaft darf schon dabei sein!)


Dass ein Professor eine Auffassung vertritt, garantiert
och nicht ohne weiteres, dass sie richtig ist. Auch Pro-
essoren können sich irren. Wenn ich Herrn Professor
ailbronner – Sie haben ihn zitiert – richtig verstehe,
ann sagt er: Es gibt natürlich in einem Bereich ein
pannungsverhältnis zwischen den Garantien der Men-
chenrechtskonvention und bestimmten Entscheidungen,
ie wir treffen. Das trifft auch auf Art. 33 der Genfer
lüchtlingskonvention zu. Deshalb geben wir den






(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

Flüchtlingsstatus unter bestimmten Voraussetzungen
nicht.

Aber, Herr Kollege Koschyk, damit ist der Abschie-
beschutz an dieser Stelle nicht aus der Welt. Sie kommen
also wieder an derselben Stelle an. Wir können Herrn
Professor Hailbronner zu einer Sitzung des Innenaus-
schusses einladen. Ich möchte gerne hören, was er zu
diesem Punkt sagt. Ich bin überzeugt, dass Herr Profes-
sor Hailbronner nicht die Auffassung vertritt – Sie kön-
nen auch nicht den britischen Premierminister dafür in
Anspruch nehmen –, einen Menschen, der sich schwers-
ter Straftaten schuldig gemacht hat, entweder der Folter
auszusetzen oder in den Tod zu schicken.

Sehen Sie, genau das ist der Punkt. Was wollen Sie
denn sonst? Im Fall Kaplan nutzt Ihnen alles andere
nichts. Sie reden immer nur abstrakt über Art. 3 des
Grundgesetzes und die Menschenrechtskonvention. Hier
geht es aber um die Frage, ob ich jemanden abschieben
kann, dem Folter oder ein rechtsstaatswidriges Verfahren
aufgrund von durch Folter erpressten Geständnissen
droht. Genau darum geht es. Lassen Sie uns doch kon-
kret werden und weichen Sie der Frage nicht aus!

Sagen Sie uns ganz klar, wenn Sie diese Regelungen
aufweichen wollen. Wenn Sie das wollen, dann werden
Sie auf meinen erbitterten Widerstand stoßen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das nennen Sie sachlich?)


– Was wollen Sie? Was glauben Sie denn, hilft hier wei-
ter? Sie wollen eine allgemeine Auslegung. All das ist
doch – entschuldigen Sie, Herr Koschyk – Larifari. Ich
habe aufgrund meiner Tätigkeit einige Kenntnisse sam-
meln können: Sie werden da bei den Innenministern der
europäischen Länder keine Zustimmung finden. Sie sind
wohl schon zu lange aus der Regierungverantwortung,
um das zu erkennen.

Sie haben keine Chance, die Regelungen hichsichtlich
der Abschiebung bei der Gefahr von Folter, menschen-
rechtswidriger Behandlung oder der Todesstrafe aufzu-
weichen. Sie sagen nicht klar, was Sie eigentlich wollen.
Sie müssen einmal die Karten auf den Tisch legen. Sie
tun so, als gäbe es eine Möglichkeit, diese Barriere zu
überwinden. Für mich gibt es sie nicht. Sie müssen ein-
mal die Alternative benennen, Herr Kollege.

Ich mache Ihnen einen Vorschlag zur Güte, weil ich
merke, dass auch Sie einen Kompromiss suchen. Lassen
Sie uns das einmal in aller Ruhe im Innenausschuss mit
einigen Sachverständigen – wir können auch gerne eine
Anhörung machen – klären.


(Beifall des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/ CSU])


Ich bin überzeugt, dass Sie dann merken werden, wo Sie
an die Grenzen stoßen. An dieser Stelle kommen wir
einfach nicht weiter.

Damit Sie mich nicht missverstehen: Wir müssen die
Vorgaben der Menschenrechtskonvention nicht überdeh-

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(C (D en. Bestimmte Interpretationen gehen über das hinaus, as bisher Rechtspraxis war. a bin ich sehr auf der Hut. Aber das hilft Ihnen im Fall aplan und auch in den anderen Fällen, die zur Debatte tehen, überhaupt nicht weiter. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Es geht nicht nur um den Fall Kaplan!)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aha!)


Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Demagogie im
all Kaplan aufgeben, sodass wir wieder eine sachliche
asis der Zusammenarbeit finden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


ann können wir uns verständigen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506315000

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/1239 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a bis 6 c auf:
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-

gierung
Tierschutzbericht 2003
Bericht über den Stand der Entwicklung des
Tierschutzes
– Drucksache 15/723 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gitta
Connemann, Peter H. Carstensen (Nordstrand),
Albert Deß, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Wirksamere Tierseuchenbekämpfung ermög-
lichen
– Drucksache 15/1210 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Michael






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Gudrun
Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
EU-Richtlinie zur Haltung von Nutztieren in
nationales Recht umsetzen
– Drucksachen 15/226, 15/1035 –
Berichterstattung:
Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier
Abg. Peter Bleser
Abg. Friedrich Ostendorff
Abg. Hans-Michael Goldmann

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Bundes-
ministerin Renate Künast.

Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucher-
schutz, Ernährung und Landwirtschaft:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Wie ich sehe, ist der Kollege, der gerade noch so
schön über das Gackern der Hühner sprach, leider nicht
mehr anwesend. Offensichtlich ist er doch nicht am Tier-
schutz interessiert; wen wundert es.

Deutschland ist Vorreiter in Sachen Tierschutz. Das
können Sie an der breiten Unterstützung der Bevölke-
rung bei diesem Thema sehen. Das hat sich auch an der
großen Mehrheit im Bundestag gezeigt, als es darum
ging, den Tierschutz im Grundgesetz zu verankern. Das
kann man am vorliegenden Bericht erkennen und das
lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, dass die Käfighal-
tung von Legehennen – ich spreche damit ein aktuelles
Thema an – in Deutschland nur noch übergangsweise er-
laubt ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Deß [CDU/CSU]: Die Zahl der Versuchstiere hat zugenommen, Frau Ministerin!)


– Sehen Sie, Herr Deß, da sind Sie Fachmann. Es freut
mich, dass Sie sich nicht nur mit der Landwirtschaft be-
schäftigen. Die Zahl der Versuchstiere hat zwar zuge-
nommen. Wir entwickeln aber ein Programm, um die
Zahl zu reduzieren. Sie wissen auch, warum die Zahl in
einigen Bereichen zugenommen hat. Wenn man be-
stimmte Produkte auf ihre Gefährlichkeit für den Men-
schen testet, gibt es mehr Tierversuche. Das ist im Er-
gebnis nicht okay, obwohl der Ansatz, zu schauen, ob es
Nebenwirkungen gibt, nicht falsch ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was ist mit den Ersatzmethoden?)


Ich will, dass Deutschland seine Vorreiterrolle beim
Tierschutz behält. Deshalb habe ich wenig Verständnis
für die Haltung und das Ansinnen einiger Bundesländer,
das Verbot der Käfighaltung wieder rückgängig zu ma-
chen und stattdessen so genannte ausgestaltete Käfige in
die Diskussion zu bringen. Ich sage eines ganz klar:
Auch der ausgestaltete Käfig ist immer noch ein Käfig,
mit dem wir die Probleme für die Tiere nicht lösen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Bleser [CDU/CSU]: Dazu werde ich etwas sagen!)


ie Käfighaltung gehört der Vergangenheit an, einer
ergangenheit, in der die kurzfristigen wirtschaftlichen
nteressen einiger Tierhalter wichtiger als der Schutz der
iere waren. Wir erinnern uns alle an die besondere Aus-
ormung, die diese Interessen in der Vergangenheit er-
ahren haben, zum Beispiel die Begasung von Tieren mit
ikotin, damit über den entsprechenden Effekt die Pro-
uktion indirekt erhöht wurde.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Der ist dafür bestraft worden!)


Wir wissen, was für Zeiten das waren, als Verbrau-
herschutz und Verbraucherinteressen Fremdwörter wa-
en.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Damals war das auch schon nicht erlaubt!)


Im Gegensatz zu denjenigen in der Wirtschaft, die zu-
ück wollen, gibt es Wirtschaftsunternehmen, die auf
en Tierschutz setzen und sich mit ihm beschäftigen.
ine bekannte Fast-Food-Kette aus den USA hat sich
mgestellt. Sie verändert ihre Produktlinien, weil sie we-
en Klagen über Fehlernährung in den USA unter Druck
esetzt wird. Diese Fast-Food-Kette verarbeitet in
eutschland und in anderen europäischen Ländern nur
och Eier aus Freilandhaltung.
Einer der größten deutschen Discounter, derjenige,

er in Nord und Süd aufgeteilt ist – ich soll keine Namen
ennen –, will ab Mai 2006 ganz auf Eier aus Käfighal-
ng verzichten. In den Niederlanden nimmt bereits die
ehrheit der großen Lebensmittelketten nur noch Eier
us Freiland- und Bodenhaltung ins Sortiment. Selbst in
en Zügen der Deutschen Bahn – auch die Deutsche
ahn ist einmal vorne – werden nur Freilandeier ver-
endet. Sie sehen, wohin sich Wirtschaft entwickeln
ann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei den Abgeordneten der SPD)


nstatt der Abwanderung von Hühnerbaronen ins Aus-
nd nachzutrauern, die übrigens schon abgewandert
ind, bevor die Legehennenverordnung im Bundesrat
erabschiedet wurde, sollte man lieber dafür Sorge tra-
en, dass die Gastronomie ihre Freilandeier nicht aus
em Ausland beziehen muss. Ich war vor kurzem bei der
ast-Food-Kette, von der ich eben gesprochen habe.
ort wurde mir gesagt: Wir würden liebend gern Frei-
ndeier in großen Mengen in Deutschland einkaufen,
ber niemand bietet sie an.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gibt es hier nicht!)


arum? – Weil sich einige lieber mit Klagen vor dem
undesverfassungsgericht und politisch-ideologischen
ebatten beschäftigen, statt dieser Nachfrage nachzu-
ommen.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Sie leben in einer Traumwelt!)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Renate Künast

Wir versuchen ja auch, Fast-Food-Ketten dazu zu bewe-
gen, Rindfleisch aus Deutschland zu kaufen. Das ist
ein normales Ansinnen. Ich würde das bei den Eiern
auch gern erleben. Da diese Fast-Food-Kette nicht mehr
auf Käfigeier setzt, wird sich dieser Wirtschaftszweig
bewegen müssen oder die Eier kommen weiter aus Un-
garn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mittlerweile führt die Trotzköpfigkeit der Opposition
schon dazu, dass selbst der BDI-Präsident Rogowski
auffordert, keine Blockadehaltung einzunehmen. Das hat
man früher auch nicht erlebt.

Ich darf Sie daran erinnern, dass sich im letzten Jahr
alle Fraktionen und über zwei Drittel der Abgeordneten
dieses Hohen Hauses für die Verankerung des Tierschut-
zes im Grundgesetz ausgesprochen haben. Dann darf
man aber auch nicht kneifen, wenn es an die Umsetzung
geht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Verfassung funktioniert nicht, indem man etwas Ver-
fassungstheoretisches in das Grundgesetz schreibt, sich
aber über die Verwirklichung in der Praxis keine Gedan-
ken macht. Wir dürfen an dieser Stelle nicht hinter das
Erreichte zurückfallen. Wir müssen im Gegenteil den
Blick nach vorne richten und den Tierschutz weiter ver-
bessern.

Ich will Ihnen einige Beispiele dafür nennen, was uns
beschäftigt. Einmal ist das der Dauerbrenner Tiertrans-
porte. Wir haben viel Druck gemacht und jetzt liegt end-
lich eine Vorlage der Europäischen Kommission vor,
über deren Details wir noch diskutieren müssen. Dort
fängt man an, erste Grenzen – das reicht aber noch nicht
aus – bei den Zeiten des Transports zu setzen und sich
mit der Frage zu beschäftigen, wie viel Platz, wie viel
Luft, welche Art der Ernährung und welche Fütterung
ein Tier während des Transports braucht.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wurde auch höchste Zeit!)


– Ja, ich weiß, meine Damen und Herren, dass sich die
deutschen Landwirte an dieser Stelle freuen. Selbst im
Zusammenhang mit dem QS-Zeichen wurde gesagt, man
wolle mit daran arbeiten, dass die Transportzeiten in
Grenzen gehalten werden. Auch dies wird positiv bewer-
tet.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr vernünftig!)


Wir haben einen zweiten Punkt eben schon angespro-
chen, nämlich die Tierversuche. Wir beginnen an dieser
Stelle nicht nur mit der Auswertung von Statistiken, son-
dern wir wollen auch tatsächlich ein Programm zur Min-
derung der Versuchstierzahlen auflegen. Wir versuchen
ebenfalls herauszufinden, wo es in der Wissenschaft an-
dere Möglichkeiten der Forschung gibt. Das ist ein sehr
schwieriges Geschäft.

Ich muss Ihnen sagen, Herr Deß, dass da zwei Dinge
aufeinander prallen. Auf der einen Seite sagen wir, dass
wir im Chemiebereich die Tests brauchen. Wenn schädli-

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(C (D he Nebenwirkungen auftreten, wollen wir die betreffenen Substanzen nicht mehr zulassen. Das Problem ist ber Folgendes: Sobald Sie testen, stehen Sie wieder vor ierversuchen. Das ist eine höchst unbefriedigende Siuation, aber einmal eine, hinsichtlich deren wir übereintimmend der Meinung sind, dass dort reduziert werden uss. Ein dritter Punkt ist die Veränderung der Tierschutzutztierhaltungsverordnung bei Schweinen. An dieser telle ist die Umsetzung der Richtlinie der EU überfälig. In diesem Zusammenhang werden wir sicherlich och einige Debatten über die Frage führen, wie viel latz ein 100-Kilo-Schwein braucht. Meine Vorstellung st – ich habe mir die Zahlen angesehen und das einmal mgerechnet –, dass ein Platz von 1 bis 1,1 Quadratmeer pro 100-Kilo-Schwein angemessen ist. Ich weiß, dass inige anders darüber denken. Überlegen Sie, welchen mfang ein 100-Kilo-Schwein hat. (Hans-Michael Goldmann [CDU/CSU]: Das war ein Nilpferd!)


Aber denken Sie mal an einen Quadratmeter! Das
chwein muss ja längs wie quer stehen können und es
teht auch nicht hochkant, wie wir wissen. Dann würde
an mit dieser Fläche vielleicht auskommen.
Also, ich glaube, da werden wir noch einiges zu dis-

utieren haben. Ich meine, dass die von manchen gefor-
erte Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinie an die-
er Stelle gar nicht mehr sinnvoll ist, weil selbst die
eratung der Landwirtschaftskammern nicht mehr auf
er Ebene der alten EU-Richtlinie erfolgt, da alle Land-
irte, die heute in einen Stall investieren, genau wissen,
ass wahrscheinlich in anderthalb Jahren ein neuer Ent-
urf für eine Richtlinie aus der EU kommt. Meines Er-
chtens macht es Sinn, dass sich die Landwirte nicht auf
eraltete Richtlinien einstellen, sondern dass sie ein
tück über dem EU-Niveau liegen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das können Sie ja machen! Machen Sie das doch!)


Genau das habe ich vorgeschlagen und darüber disku-
iere ich gerne mit Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir alle reden gern über Wettbewerbsfähigkeit.
ber Wettbewerbsfähigkeit soll nicht Stillstand heißen,
ondern Wettbewerbsfähigkeit muss sich meines Erach-
ens darauf einstellen, dass wir zur Kenntnis nehmen,
ass sich in der Welt etwas verändert. Es gibt andere
änder, von Argentinien bis Dänemark, die ihre Fleisch-
rodukte auf dem internationalen Markt anbieten und die
ns sagen, dass wir gut beraten sind, nicht immer die
etzten in der Frage der Tierhaltung zu sein. Stattdessen
üssen wir zeigen, dass wir in der Lage sind, dem russi-
chen und dem japanischen Markt zum Beispiel
chweine auf allerhöchstem Qualitätsniveau anzubieten.
azu, meine Damen und Herren, gehört eben auch die
latzfrage.
Wir bemühen uns darum, weil wir wissen, dass das im

ierhaltungsbereich und im Veredelungsbereich einer
er Standortfaktoren ist, um tatsächlich im Rahmen von






(A) )



(B) )


Bundesministerin Renate Künast

Modulation und Agrarinvestitionsförderung die Land-
wirte zu unterstützen. Ich glaube, genau so kann etwas
daraus werden. Weiterentwicklung kann man nicht ver-
hindern, sondern man sollte sich gleich dafür entschei-
den, sie zu nutzen. Das wird gut sein für die Landwirte
und für die Tiere.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506315100

Nächster Redner ist der Kollege Peter Bleser, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Bleser (CDU):
Rede ID: ID1506315200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das war

der Bericht der für den Tierschutz zuständigen Ministe-
rin. Wer aufmerksam zugehört hat, hat im Grunde ge-
nommen herausgehört, dass dies eine einzige Entschul-
digung für mangelnde Leistungen auf diesem Gebiet
war.

Ich will Folgendes in Erinnerung rufen: Wir haben
schon 1986 unter der alten Kohl-Regierung ein Tier-
schutzgesetz verabschiedet, in das wir die Formulierung
„Tiere sind Mitgeschöpfe des Menschen“ aufgenommen
haben. Wir haben damals auch das Zivilrecht geändert,
den Tieren den Status Lebewesen zugestanden und das
Sachenrecht aus diesem Bereich entfernt.

Meine Damen und Herren, seitdem gibt es auch den
Tierschutzbericht, wie er heute vorliegt. Ich muss Ihnen
sagen, Frau Künast, das, was Sie hier als Erfolge vorwei-
sen zu können glauben, ist in Wahrheit ein Rückschritt.
Sie haben es zu verantworten, dass in den letzten vier
Jahren die Zahl der Tierversuche dramatisch angestie-
gen ist.

Ich will Ihnen die Zahl nennen. Wir haben in den
90er-Jahren einen Rückgang der Zahl der Versuchstiere
um 10 Prozent erreicht. 1997 waren es noch 1,5 Millio-
nen Tiere im Jahr. Zurzeit verlieren jährlich 2,1 Millio-
nen Tiere ihr Leben für Versuche.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das ist eine enorme Zahl!)


Die Zahl der getöteten Versuchstiere ist zwischen
2000 und 2001 um 67 Prozent – von 314 000 auf
524 000 – angestiegen. Das ist eine enorme Steigerungs-
rate. Auch hierbei klaffen Anspruch und Wirklichkeit
meilenweit auseinander.

Sie haben zu verantworten, dass die Zahl der Tierver-
suche in Ihrer Regierungszeit dramatisch angestiegen ist.
Sich angesichts dieser Zahlen in den Medien mit Trauer-
miene als oberste Tierschützerin Deutschlands zu prä-
sentieren ist der Gipfel der Scheinheiligkeit. Das muss
einmal deutlich gesagt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie haben sich damit gebrüstet, eine

Hennenhaltungsverordnung verabschiedet und damit

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(C (D em Tierschutz gedient zu haben. Tatsächlich ist das Geenteil der Fall. Ich zitiere: Die Frühstückseier kommen seit In-Kraft-Treten der Legehennenverordnung keineswegs von glücklicheren Hühnern. (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die tritt ja auch erst 2007 in Kraft! So ein Quatsch!)


iese Äußerung könnte von mir stammen. Das ist aber
icht der Fall. Sie stammt vielmehr vom Tierschutz-
eauftragten der SPD-Fraktion, Herrn Dr. Priesmeier.
eine Kompetenz als Tierarzt und seine Kenntnis der
raxis machen diese Aussage zu einer Ohrfeige für Sie,
rau Künast.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn ein Mann wie Dr. Priesmeier, der das Geschäft

ersteht und die Praxis kennt, feststellt, dass die Sterbe-
ate in der Bodenhaltung mehr als 20 Prozent beträgt,
ass sich Kannibalismus ausbreitet, den man durch das
bschneiden der Schnäbel zu minimieren versucht, und
ass längst ausgerottete Krankheiten wieder auftreten,
ür deren Bekämpfung ein zunehmender Medikamenten-
insatz nötig ist, dann sollten Sie das ernst nehmen.
Wir haben Ihnen das übrigens vor der Verabschie-

ung der Hennenhaltungsverordnung ebenfalls mitge-
eilt. Sie haben aber diese Hinweise aus der Praxis
chlichtweg beiseite gewischt; denn Sie sind beratungs-
esistent. Dem Tierschutz haben Sie damit einen Bären-
ienst erwiesen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Ich fordere Sie auf: Lassen Sie die Kleingruppenhal-
ung in ausgestalteten Käfigen mit Nistplätzen und
charrmöglichkeiten für die Hühner zu! Das ist aner-
anntermaßen die humanere Form der Hühnerhaltung,
ie Sie leider ab dem Jahr 2011 verbieten. Das führt
azu, dass die Hühnerhaltung ins Ausland abwandert.
chon jetzt ist erkennbar, dass deutsche Erzeuger in ost-
uropäischen Ländern investieren, um später die dort er-
eugten Produkte nach Deutschland zu exportieren.
Lösungen lassen sich angesichts offener Grenzen nur

uf europäischer Ebene und im Kontext mit den anderen
U-Mitgliedstaaten finden. Anderenfalls treiben Sie die
roduktion aus dem Land. Deshalb bitte ich Sie: Geben
ie Ihren Starrsinn bei der Hennenhaltungsverordnung
uf und ändern Sie diese zugunsten der Tiere, der Ver-
raucher, aber auch zugunsten der Betriebe und Arbeits-
lätze in diesem Bereich!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Künast, ich will Ihnen an dieser Stelle eine War-

ung mit auf den Weg geben. Sie haben angekündigt,
ass Sie die Schweinehaltungsverordnung ebenfalls
ndern und in gleicher Weise wie bei der Hennenhaltung
orgehen wollen. Sie wollen in Deutschland besondere
rschwernisse einführen, die mit dem Tierschutzbedürf-
is nichts zu tun haben. Auch damit vertreiben Sie die
roduktion in andere Länder, aus denen dann die Pro-






(A) )



(B) )


Peter Bleser

dukte nach Deutschland exportiert werden. Damit be-
nachteiligen Sie die Erzeuger hierzulande und dienen
dem Tierschutz in keiner Weise. Denn wenn die Tiere in
anderen Ländern gehalten werden, haben sie dort mit
den gleichen Leiden – nach Ihrem Verständnis – zu
kämpfen, die Sie mit Ihrer Verordnung in Deutschland
verhindern wollen.

Wir fordern die Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-
Richtlinie in eine nationale Schweinehaltungsverord-
nung, damit europaweit die gleichen Bedingungen gel-
ten. Ich denke, das ist von entscheidender Bedeutung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte dieser Warnung die Bitte um eine Novel-

lierung des Tierarzneimittelgesetzes hinzufügen. Ich
bitte Sie zu veranlassen, dass Leiden von Haustieren zu-
künftig minimiert werden. Wie Sie wissen, bestehen
durch das Verbot des Umwidmens von Medikamenten
oder der Anwendung von Rohstoffen für Teilgruppen
unter den Tieren keine Behandlungsmöglichkeiten mehr.

So ist zum Beispiel derzeit die Verabreichung eines
Kontrastmittels zur Diagnostik eines Magen-Darm-Lei-
dens bei einem Hund nicht mehr möglich. Aber eine
Krankheit, die man nicht erkennt, kann man nicht behan-
deln. Ich möchte noch ein anderes Beispiel nennen. Für
die Behandlung einer von Leberegeln befallenen Ziege
gibt es keine zugelassenen Medikamente. Die Medika-
mente, die für die Behandlung dieser Krankheit bei ande-
ren Tierarten zugelassen sind, dürfen nicht angewendet
werden. Ich bitte Sie herzlich, das Tierarzneimittelge-
setz so zu ändern, dass das Leiden der Tiere beendet wer-
den kann und die Todesspritze nicht länger der letzte
Ausweg für viele Tierärzte sein muss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben in Ihrem Tierarzneimittelgesetz – das geht

in die gleiche Richtung – verboten, Arzneimittel länger
als sieben Tage zu lagern. Auch hier gilt: In den Fällen,
in denen ein Tier erkrankt ist, in denen es Schmerzen hat
und leidet, kann häufig nicht eingegriffen werden, weil
die entsprechenden Medikamente nicht vorrätig sind und
deshalb nicht unter Anleitung oder Vorgabe eines Tier-
arztes eingesetzt werden können. Auch diese gesetzliche
Regelung ist praxisfremd und führt zu unnötigen
Schmerzen. Sie sollten sich mit den Kollegen aller Frak-
tionen verständigen, die hier initiativ geworden sind, um
eine Änderung herbeizuführen. Das sind in unserer Frak-
tion Frau Klöckner und in der FDP-Fraktion Herr
Goldmann gewesen. Die Namen der Abgeordneten aus
den Koalitionsfraktionen möchte ich nicht nennen, weil
ich ihnen nicht schaden möchte. Ich weiß von den be-
treffenden Kollegen, die ich persönlich sehr schätze,
nämlich, dass die Bundesregierung massiven Druck auf
sie ausgeübt hat, um diese Initiative zu stoppen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich hoffe, dass sie es dennoch schaffen werden, in den
Beratungen, die sicherlich Ende des Jahres anstehen
werden, die notwendigen Änderungen durchzusetzen.
Sie haben uns dabei an ihrer Seite. Sie können sich da-

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(C (D auf verlassen, dass wir hinter ihnen stehen werden und ass wir alles tun werden, damit sie innerhalb ihrer Frakion keinen Schaden erleiden werden. Ich muss nach der Aufnahme des Tierschutzes in das rundgesetz noch ein anderes Thema ansprechen. Sie issen, dass es nach einem Urteil des Bundesverfasungsgerichts erlaubt ist, Tiere zu schächten. Sie haben ies in einem Schreiben an die Bundestagsfraktionen uner anderem damit gerechtfertigt, dass die Zulassung des chächtens die Integration muslimischer Mitbürger förere. Mit dieser Aussage zum Abtrennen des Kopfes eies unbetäubten, lebenden Tieres rechtfertigen Sie eine er übelsten Tierquälereien überhaupt. Dort, wo es daauf ankommt – die Frau Ministerin ist leider schon geangen –, entziehen Sie sich der Verantwortung und ist hre Vorreiterrolle beim Tierschutz, auf die Sie sonst imer hinweisen, plötzlich abhanden gekommen. Ich forere Sie auf: Sorgen Sie dafür, dass nach der Aufnahme es Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz eine entprechende Vereinbarung mit den muslimischen Mitbürern getroffen wird, damit die Interessen des Tierschutes endlich auch in diesem Bereich eingehalten werden önnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt vortragen,
en Sie schon angesprochen haben. Es steht eine Ände-
ung der Chemikalienrichtlinie auf europäischer Ebene
n. Es ist vorgesehen, dass Altstoffe, die schon vor 1981
m Verkehr waren – ihre Anzahl dürfte bei rund 100 000
iegen –, neu überprüft werden sollen. Man geht davon
us, dass deswegen Tierversuche in einer Größenord-
ung von 100 000 bis 25 Millionen – je nach Schätzung –
otwendig sind. Ich glaube, es ist des Schweißes der Ed-
en wert, dafür zu sorgen, dass hier alle Möglichkeiten
usgeschöpft werden, um die Bewertung dieser Altstoffe
it anderen Methoden sicherzustellen. Ich erinnere nur
n die Erkenntnisse und die Praxiserfahrungen, die man
m Rahmen des Arbeitsrechts gewonnen hat und die man
ier ohne Weiteres anwenden könnte.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506315300

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.


Peter Bleser (CDU):
Rede ID: ID1506315400

Ich möchte zusammenfassen: Die nüchterne Bilanz

ieser Bundesregierung –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506315500

Nein, Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.


Peter Bleser (CDU):
Rede ID: ID1506315600

– habe ich bereits vorgetragen. Ich hoffe sehr, dass in

ukunft die ideologischen Verblendungen abnehmen
erden, damit wir den Tieren mit Sacharbeit nutzen kön-
en.






(A) )



(B) )


Peter Bleser

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506315700

Nächster Redner ist der Kollege Wilhelm Priesmeier,

SPD-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1506315800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr

verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Peter Bleser,
ich habe – so kennen mich die Menschen – ein gerades
Kreuz und breite Schultern. Aus diesem Grunde stehe
ich hier und mache Politik. Man kann ruhig deutlich sa-
gen: Ich vertrage auch etwas.

Du hast eben bis zu einem gewissen Grade auf den
Falschen eingeschlagen; denn die augenblicklich gel-
tende elfte Novelle des Arzneimittelgesetzes ist im We-
sentlichen von den Ländern, also auch von CDU-geführ-
ten Landesregierungen, zu verantworten. Die in dieser
Novelle vorgenommenen Änderungen wurden letztend-
lich nicht nur von der Berliner Politik, sondern, im Ge-
genteil – ich denke in diesem Zusammenhang an die
Restriktionen –, vor allem von Bayern und anderen uni-
onsgeführten Ländern initiiert.


(Zuruf des Abg. Albert Deß [CDU/CSU])

Wir sind mit unserer Absicht, gerade diesen Bereich

in Angriff zu nehmen, natürlich auf dem richtigen Weg,
Herr Kollege. Ich bin noch hoffnungsfroh. Ich glaube,
dass, wenn man sich ernsthaft bemüht und eine sachori-
entierte Politik ohne Polemik betreibt, eine vernünftige
Regelung im Interesse der Betroffenen und auch im Inte-
resse des Tierschutzes gefunden werden kann, damit be-
stimmte Missstände in diesem Bereich ausgeräumt wer-
den können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dass das klar erkannt worden ist, macht auch die Stel-
lungnahme des BMVEL deutlich. Ich erkenne das Be-
mühen, in diesem Zusammenhang einen vernünftigen
Kompromiss zu finden. In diesem Sinne sollten wir das
gemeinsame Projekt, die 13. Novelle auf den Weg zu
bringen, zielgerichtet zu Ende führen.


(Beifall bei der SPD – Peter Bleser [CDU/ CSU]: Wir sind bei Ihnen! – Albert Deß [CDU/CSU]: Auch der Freistaat Bayern unterstützt das!)


In Bezug auf den Tierschutz haben Sie hier eines un-
erwähnt gelassen: Sie sind viele Jahre – das Tierschutz-
gesetz in allen Ehren – in die falsche Richtung mar-
schiert. Ich darf hier an die Entscheidung aus dem Jahre
2000 erinnern: Sie, Kollege Bleser, und auch einige an-
dere haben gegen eine Vorlage gestimmt, weil Sie ganz
einfach nicht hinnehmen und erkennen wollten, wie
wichtig der Tierschutz in dieser Gesellschaft ist und dass
die Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel im
Grundgesetz durchaus hilfreich ist.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Albert Deß [CDU/CSU]: Und was hat‘s gebracht? Es wird weiter geschächtet!)


Wir Sozialdemokraten haben hier zusammen mit den
rünen und der FDP deutlich gemacht, welch hohen
tellenwert der Tierschutz hat. Das ist in der Bevölke-
ung unbestritten. Die Novelle des Grundgesetzes war
ine der wichtigsten Entscheidungen der letzten zwei
ahre. Das findet sich auch im Tierschutzbericht wieder.
Rückwärts gewandte Politik schafft selten vernünftige
rundlagen für die Zukunft. Wenn wir heute wiederum
inen von der FDP vorgelegten Antrag diskutieren, dann
eigt das auch, inwieweit die Politik der FDP gerade im
ezug auf Tierschutz rückwärts gewandt ist.
Herr Goldmann, bewegen Sie sich doch einmal ein

isschen! Sie haben in einer Ihrer letzten Reden zur glei-
hen Problematik – ich glaube, es war im Januar – ge-
agt, dass Schweine Tiere sind, die sich, außer zur Nah-
ungssuche, nicht gerne bewegen. Machen Sie nicht den
leichen Fehler: Bewegen Sie sich einmal – aber natür-
ich im übertragenen Sinne!


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich würde mich an Herrn Bartels orientieren, deinem ehemaligen Landwirtschaftsminister!)


Wir Sozialdemokraten und wir, die Mitglieder dieser
oalition, nehmen in Deutschland und in Europa eine
orreiterrolle ein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

as müssen Sie klar erkennen; daran führt kein Weg
orbei. Das wird auch im Tierschutzbericht deutlich. Wir
aben Zielvorstellungen in Bezug auf die Schweinehal-
ungsverordnung auf den Tisch gelegt – die Haltung
er Sozialdemokraten war ein bisschen abweichend –,
ie sich – so schätze zumindest ich es ein – als kompro-
issfähig erweisen dürften. Angesichts der Sprachrege-
ungsänderung, auch auf der Ebene der Länder, bin ich
n diesem Zusammenhang durchaus hoffnungsfroh. Ich
laube, dass damit Ihr Antrag, sofern er bis zum Vorlie-
en einer Neuregelung beschlossen worden ist, letztend-
ich überflüssig wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir beziehen zur Problematik der Tiertransporte – Frau
inisterin hat sie hier angesprochen – klar und deutlich
osition. Dieser Bereich war viele Jahre umstritten. Dort
at es Missstände gegeben, die es bei uns heutzutage in
ieser Form vielleicht nicht mehr gibt; in anderen Län-
ern gibt es sie aber durchaus noch. Dazu haben wir auf
er europäischen Ebene Initiativen ergriffen. Es ist maß-
ebliche Folge der deutschen Politik und des deutschen
ngagements, dass die Standards und die Richtlinien auf
er EU-Ebene entsprechend verändert werden und man
eute darüber diskutiert, den Transportzeitraum so zu
egrenzen, dass Tierschutzaspekte gewahrt bleiben, aber
uch wirtschaftliche Aspekte nicht zu kurz kommen; da
uss man – Sie wissen das – immer einen gewissen
usgleich finden. Wir sind da auf dem richtigen Weg.






(A) )



(B) )


Dr. Wilhelm Priesmeier


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Bleser [CDU/CSU]: Die Grünen haben zum ersten Mal applaudiert!)


Das sage ich, auch wenn es natürlich wenig Sinn macht,
sich ständig in die Brust zu werfen oder auf die Schulter
zu klopfen.

Es gibt einen Bereich, der hier schon angesprochen
worden ist, den ich als Tierschutzbeauftragter sehr kri-
tisch sehe. Natürlich will niemand zur Käfighaltung im
herkömmlichen Sinne zurück, aber man muss letztlich
erkennen, dass auch alternative Haltungsformen nicht
ganz unproblematisch sind. Fakt ist – das konzediere ich
Ihnen –, dass es in Boden- und Freilandhaltungsformen
Mortalitätsraten von 20 Prozent – teilweise auch mehr –
gibt.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: „Todesraten“, damit das auch zu verstehen ist!)


Auch unter bislang relativ idealisierten Bedingungen,
wie man sie sich zum Beispiel auf einem Lehr- und Ver-
suchsgut der Tierärztlichen Hochschule Hannover an-
schauen kann, gibt es nicht akzeptable Mortalitätsraten.

Deshalb müssen wir uns kritisch fragen, ob das, was
wir im Sinne des Tierschutzes entschieden haben, in gu-
ter Absicht,


(Peter Bleser [CDU/CSU]: „Gute Absicht“!)

unter Umständen in gewisser Weise modifiziert werden
muss, damit auch insofern dem Tierschutz Genüge getan
wird. Dazu bedarf es entsprechender Aufwendungen,
dazu bedarf es entsprechender Forschung. Weder Sie
noch andere werden mir heute wissenschaftlich fun-
dierte Kriterien sagen können, an denen man das Wohl-
befinden von Tieren exakt messen kann. Das kann im
Augenblick niemand; da bedarf es der Forschung. Sol-
che Ansätze – das geht aus dem Tierschutzbericht her-
vor – werden von der rot-grünen Bundesregierung um-
fangreich befördert.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Aber Sie sollten nach links gucken!)


– Es ist mir unbenommen, dahin zu gucken, wohin es
mir im Augenblick Spaß macht.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Eben! Wenn du nämlich dahin guckst, kommen dir die Tränen!)


Sie sind ein so sympathische Mann und Kollege, Herr
Bleser, gestatten Sie mir doch, dass ich gelegentlich
auch einmal Sie anschaue.

Es gibt also noch einiges zu tun. Wir müssen unsere
Ansätze im Sinne des Tierschutzes weiterentwickeln, da-
mit die Voraussetzungen für qualitätsorientierte, aner-
kannte, geprüfte Systeme der Boden- und Freilandhal-
tung geschaffen werden, die den Tierschutzstandards,
die man im Augenblick realisieren kann, gerecht wer-
den.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit. Ich möchte hier eines dementieren. Ich bin weiß Gott icht derjenige, der hier Steilvorlagen an die Opposition iefert. Ich bin auch nicht derjenige, der sich als Kroneuge missbrauchen lässt. Das wird von Ihnen hier vieleicht falsch eingeschätzt. Wir können hier gerade im Interesse des Verbraucher chutzes, des Tierschutzes und auch der Betroffenen Weentliches voranbringen. Das hat die rot-grüne Bundesegierung geleistet und das wird sie auch in Zukunft eisten. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506315900
Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1506316000


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506316100

Nächster Redner ist der Kollege Hans-Michael
oldmann, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1506316200

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Es ist immer schön, wenn man hier im
undestag zu einem Thema sprechen kann, von dem
an richtig Ahnung hat – ich bin schließlich Tierarzt –
nd bei dem man sich in vollem Einklang mit der Partei
efindet.
Ich will vorweg sagen: Dass der Tierschutz heute im
rundgesetz verankert ist, ist nicht nur Ihr Verdienst,
iebe Freunde von der CDU/CSU, sondern vor allem das
erdienst der FDP, die das nämlich immer wieder voran-
etrieben hat.


(Beifall bei der FDP)

Wir hatten nicht gleich die Mehrheit dafür – das trifft

u –, aber die Formulierung, die heute im Grundgesetz
erankert ist, stammt aus unserer Feder. Das sollte hier
inmal erwähnt werden. Wir sind wirklich aktive Tier-
chützer.
Ich will noch etwas zu den Versuchstieren sagen. Ich

in dafür, dass man sich in einer solchen Diskussion um
achlichkeit bemüht. Dass die Zahl der Tierversuche ge-
tiegen ist, finde ich – das sage ich ganz ehrlich – gut.
ieser Anstieg rührt nämlich daher, dass die transgenen
iere, mit denen in zunehmendem Maße gearbeitet wird,
ittlerweile statistisch erfasst werden. Auf diese Weise
ind gewaltige Fortschritte bei der Erforschung von Ge-
enmitteln für BSE, für Krebskrankheiten, Alzheimer
nd multiple Sklerose erzielt worden. Man muss sich
etzt schon fragen, wie man die Chancen, die sich für
enschen bieten, im Vergleich zu den Schmerzen, die
ieren bei Tierversuchen zugefügt werden, gewichtet.
ber wir alle gemeinsam bemühen uns ja darum, diese






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

Schmerzen besonders gering zu halten. Ich glaube, auch
in dieser Frage sind wir uns einig.

In einem weiteren Punkt sind wir uns einig, nämlich
in der Frage der Tiertransporte. Natürlich bin ich dafür,
dass Tiertransporte nach Möglichkeit vermieden werden
bzw. bei notwendigen Transporten für den größtmögli-
chen Standard gesorgt wird. Wir sollten hier gemeinsam
zur Kenntnis nehmen, dass sich in Deutschland im Ver-
gleich zu den anderen europäischen Ländern viel bewegt
hat. Vergleichen Sie einmal die heutigen Tiertransport-
fahrzeuge mit denen von vor einigen Jahren oder Jahr-
zehnten. Wir sind hier auf dem richtigen Weg. Nun
müssen wir dafür sorgen, dass die positiven Errungen-
schaften, die bei uns auf den Weg gebracht wurden, auch
in anderen Ländern Einzug halten. Es hilft uns ja über-
haupt nicht, wenn aufgrund unserer Vorschriften Tiere
auf Umwegen über solche Länder transportiert werden,
die diese Standards nicht verlangen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nächster Punkt: Ausgestaltung der Käfige. Wilhelm
Priesmeier, wir können uns gerne einmal über die
Meldungen von dir unterhalten, die im offiziellen Organ
des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft
– das kennst du ja auch – erschienen sind. Da hast du
klipp und klar gesagt, dass Freilandhaltung eine Kata-
strophe für Tiere sein kann. Ich verstehe nicht, warum du
davon abrückst.


(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Kann, nicht muss!)


Recht hast du gehabt, als du mit dieser Auffassung in die
Presse gegangen bist und dich als Tierschutzbeauftragter
profiliert hast. Du hast tosenden Beifall geklatscht, als
der frühere niedersächsische Landwirtschaftsminister,
Herr Bartels, hier gesagt hat, dass das, was bei der Lege-
hennenhaltungsverordnung passiert ist, auf keinen Fall
bei der Schweinehaltungshygieneverordnung noch ein-
mal passieren darf. Du hast damals, kurz vor der nieder-
sächsischen Landtagswahl, hier darüber gejubelt. Das
hat zwar nichts geholfen, aber ein bisschen mehr Ehr-
lichkeit und Geradlinigkeit in einer solchen Frage
wünschte ich mir von dir schon.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun nehme ich noch einmal das auf, was Frau
Künast, die ja nun zu einer Konferenz musste, vorhin
sagte. Eine Meldung von Aldi besagt – das ist richtig –,
dass man auf Freilandeier setze. Nebenbei gesagt: Zur
Umsetzung brauchen sie allerdings 32 Monate; diese
lange Dauer hat etwas mit den veränderten Rahmenbe-
dingungen in Deutschland zu tun. Zugleich gibt es aber
noch eine weitere Meldung von Aldi, denn gleichzeitig
hat man dort erklärt, man wolle jede Menge polnisches
Schweinefleisch verkaufen, was über einen amerikani-
schen Betrieb, der Hunderttausende von Schweinen hält,
auf den europäischen Markt gebracht werden soll. Was
soll also dieses nationale Betrachten von Problemen?
Nach Cancun wissen wir doch alle, dass eine nationale
Agrarpolitik nicht mehr möglich ist, sondern höchstens

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(C (D ine europäische bzw. eine globale. Hier gibt es bezügich der Frage der Nutztierhaltung nur eine Lösung; iese besteht darin, dass die europäischen Vorgaben eins u eins umgesetzt werden. Dabei entsteht überhaupt kein chaden. Es verhält sich ja nicht so, wie Frau Künast es vorhin ezüglich der Schweine dargestellt hat. Es gibt sehr ohl Empfehlungen von den Kammern; ich werde meiem Kollegen eine von der Landwirtschaftskammer Weer-Ems in Oldenburg, in deren Gebiet relativ viele chweine und Geflügel gehalten werden, zukommen assen. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind ja immer die Letzten, die es begreifen! In Westfalen ist es anders!)


Die Stellungnahme der Kammer aus Westfalen-Lippe
ann ich Ihnen auch zuschicken, Herr Ostendorff. Sie ist
it der der Landwirtschaftskammer Weser-Ems in Be-
ug auf Licht- und Raumangebot sowie Einstreu absolut
dentisch. Das ist hochinteressant.
Ich habe zwar nicht mehr viel Redezeit, aber eines
öchte ich doch sagen: Ich hatte einmal ein Schwein in
inem Stall ohne Spaltenboden gehalten. Ich war er-
taunt, dass ich jeden Abend diesen Stall sauber machen
usste, weil es dort bestialisch roch und sich das
chwein in der Einstreu nicht mehr wohl fühlte. Hätte
ch einen Spaltenboden gehabt, hätte ich nicht jeden Tag
auber machen müssen und das Schwein hätte wesent-
ich bessere Rahmenbedingungen vorgefunden.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das versteht die Frau Künast ja sowieso nicht!)


ber solche Fragen sollten wir uns hier einmal fachlich
useinander setzen; so könnten wir auch zu vernünftigen
ösungen kommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Eine Anmerkung zum Tierarzneimittelgesetz, da-
ach bin ich auch fertig, Frau Präsidentin. Liebe Kolle-
en Priesmeier und Ostendorff, wir wollen hier doch in
inem Boot bleiben.
Aber Tatsache ist: Wir vier wollten zusammen einen
rief schreiben und darum bitten, dass sich die Erkennt-
isse aus der Anhörung in dem neuen Gesetz nieder-
chlagen. Dieser Brief ist nicht zustande gekommen,
eil Sie von Herrn Berninger und Co. zurückgepfiffen
orden sind.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506316300

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist massiv überschritten.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1506316400

Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin, und komme zum

chluss.






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

Wir werden uns weiter um eine gemeinsame Lösung

bemühen; aber von sieben auf 31Tage zu gehen unter
Ausnahme der Antibiotika ist schlicht und ergreifend
fachlicher Blödsinn, den wir nicht mitmachen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506316500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Gabriele Hiller-

Ohm, SPD-Fraktion.


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1506316600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Stellen

Sie sich vor, alle laufen los und haben ein gemeinsames
Ziel direkt vor Augen, verfehlen es aber doch. So etwas
gibt es. Ich nenne ein ernüchterndes Beispiel aus dem
Tierschutz: 70 Prozent der europäischen Bevölkerung
lehnen Tierversuche für kosmetische Zwecke ab.


(Albert Deß [CDU/CSU]: 90 Prozent sind gegen Steuern!)


Trotzdem werden pro Jahr mehr als 38 000 Tiere in Ver-
suchslabors, zum Teil unter unsagbaren Qualen, ver-
braucht,


(Matthias Weisheit [SPD]: Hört! Hört!)

und das, obwohl es bereits über 8 000 getestete Roh-
stoffe und anerkannte Alternativmethoden gibt. Trotz
der breiten Ablehnung von Tierversuchen zu kosmeti-
schen Zwecken hat es zehn Jahre gedauert, die EU-Kos-
metikrichtlinie im Sinne des Tierschutzes zu verändern.
Was lange währt, wird endlich gut, könnte man meinen.
Doch weit gefehlt! Erst ab 2009 sieht die geänderte Kos-
metikrichtlinie endlich ein Tierversuchsverbot in Europa
vor.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Das wird dann von der Chemikalienrichtlinie ersetzt!)


Doch selbst dieses spät kommende Verbot ist noch nicht
abgesichert und steht auf sehr wackligen Beinen. Das ist
das traurige Ergebnis eines zehnjährigen Kampfes. Die-
ses Beispiel zeigt, auf welch massiven Widerstand Tier-
schutz stößt, insbesondere wenn es um wirtschaftliche
Interessen geht.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass es der Bundesregie-
rung in den letzten Jahren trotz dieser Schwierigkeiten
gelungen ist, eine Vorreiterrolle im Tierschutz einzuneh-
men.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich greife zwei Beispiele heraus. Erstens. Im letzten
Jahr hat der Bundestag die Aufnahme des Tierschutzes
ins Grundgesetz beschlossen und dem Tierschutz damit
deutlich mehr Gewicht verliehen.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Und was hat sich dadurch geändert?)


Das Verwaltungsgericht Gießen hat vor wenigen Tagen
die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Tierversuchs-

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(C (D orhabens auch mit dem neuen Status des Tierschutzes egründet. Das ist ein toller Erfolg für den Tierschutz. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Peter Bleser [CDU/CSU]: Was ist mit den Tschechen?)


Zweitens. Zur Verminderung der Anzahl von Tierver-
uchen wurden Alternativverfahren endlich gefördert
nd anerkannt. Sie haben das nicht geschafft, Herr
leser. Zur Vermeidung von Mehrfachversuchen wurden
eferenzdatenbanken aufgebaut.

(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil es andere Anforderungen gibt!)

Das sind positive Ansätze, die wir ausdrücklich unter-

tützen. Das reicht aber alles noch nicht aus. Der Tier-
chutz ist weder bei uns in Deutschland noch in Europa
in Selbstläufer. Das haben wir beim Kampf um die Än-
erung der Kosmetikrichtlinie erfahren. Den landwirt-
chaftlichen Nutztierbereich hat bereits mein Kollege
ilhelm Priesmeier beleuchtet.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wo ist denn der Antrag dazu?)


Ich stelle vier weitere zentrale Forderungen meiner
raktion zum Tierschutz vor:
Erstens wollen wir die Einflussmöglichkeiten der

erbraucher auf das Marktgeschehen stärken. Wie ma-
hen wir das, meine Damen und Herren? Wir fordern
ine klare und vor allem seriöse Produktkennzeich-
ung, aus der zum Beispiel auch die Haltungsform der
iere deutlich hervorgeht. Wir brauchen vor allem auch
eutlich erkennbare Produktalternativen im Supermarkt.
ei den Eiern ist das schon gut gelungen. Ab Januar
ächsten Jahres muss die Haltungsform auf Eierverpa-
kungen gekennzeichnet sein.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wollen Sie ein Tiersiegel einführen?)


eute passiert das schon freiwillig. Das Kaufverhalten
at sich dadurch verändert, Herr Goldmann. Eier aus Kä-
ighaltung bleiben in den Regalen. Die Nachfrage nach
iern aus Freiland- und Bodenhaltung ist inzwischen so
roß, dass sie nicht mehr allein aus deutscher Produktion
edeckt werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

ldi Nord schmeißt jetzt die Eier aus Käfighaltung aus
en Regalen und setzt auf Boden- und Freilandhaltung.
as ist das richtige Signal für den Tierschutz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie sind völlig ahnungslos! – Peter Bleser [CDU/CSU]: Warum brüllen Sie so?)


Diese klare Erkennbarkeit und Wahlmöglichkeit brau-
hen wir aber auch bei allen anderen Produkten. Ich
leibe einmal bei den Eiern.


(Lachen bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Gabriele Hiller-Ohm

Auch in Nudeln oder Fertiggebäck ist Ei enthalten. Der
Verbraucher findet aber weder auf der Nudeltüte noch
auf der Keksdose eine Aussage über die Haltungsform.
Das muss verbessert werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Schreiben Sie einen Antrag! Dafür haben Sie doch schon sechs Jahre Zeit gehabt!)


Zweite Forderung. Wir brauchen bessere gesetzliche
Regelungen im Heimtierbereich. In Deutschland gibt es
rund 90 Millionen Heimtiere. Das bedeutet, dass jeder
von uns – auch Sie, Herr Goldmann, und ich – statis-
tisch betrachtet, mehr als ein Heimtier besitzt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wollen Sie jetzt Omas Stube ausschnüffeln?)


Wie diese 90 Millionen Heimtiere jedoch leben und ge-
halten werden, wissen wir nicht.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Kontrollieren!)


Wir fordern deshalb eine klare Regelung auf Bundes-
und Länderebene, die Zucht, Ausbildung, Haltung und
Handel von Heimtieren umfasst.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was?)

Dritte Forderung. Wir fordern den nachhaltigen

Schutz der Schweinswale in Nord- und Ostsee. In der
Ostsee sind die Kleinen Tümmler bereits fast vollkom-
men ausgestorben.


(Lachen des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


In der Nordsee gibt es noch Bestände, doch auch sie sind
massiv bedroht. Jährlich sterben mehr als 7 000 Tümm-
ler als Beifang in den Stellnetzen der Fischer.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Dazu haben wir einen Antrag gestellt, Sie nicht!)


Eine besondere Bedrohung geht hier von den Stellnetzen
der dänischen Fischer aus. Knüpft man die Stellnetze der
Fischer zusammen, so kommt man auf eine Gesamtlänge
von deutlich mehr als 5 000 Kilometern. Das ist eine
Länge von hier in Berlin aus bis zum Kap Hoorn.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Die Europäische Kommission erarbeitet zurzeit eine
Richtlinie zum Schutz der Kleinwale. Wir fordern eine
rasche Umsetzung dieser Richtlinie.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Wir fordern Schulpflicht für Kleinwale!)


Vierte Forderung. Wir unterstützen das Bemühen der
Bundesregierung, die Zahl der Tierversuche zu mini-
mieren. Wir sehen, dass in den letzten Jahren große An-
strengungen unternommen wurden, um ihre Zahl zu mi-
nimieren. Trotzdem gibt es einen kontinuierlichen
Anstieg. Das ist auf die verstärkte biologische Grundla-
genforschung in Deutschland zurückzuführen.

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(C (D (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Gott sei Dank!)


ir sind inzwischen bei der gigantischen Zahl von
,2 Millionen Versuchstieren im Jahr angekommen.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Trotz Tierschutz im Grundgesetz!)


Ein Ende ist nicht abzusehen.

(Albert Deß [CDU/CSU]: Das ist ja schlimm!)


ie Chemikalienpolitik der EU, die langfristig zu ver-
essertem Chemikalienmanagement in Europa führen
oll, wird die Tierversuchszahlen in den nächsten Jahren
ider weiter nach oben treiben.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Was tun Sie dagegen?)


ir fordern deshalb, dass Tierversuche an den Nachweis
rer Unvermeidbarkeit gebunden werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as ist das Mindeste, was wir tun können. Tierversuche
ür die Produktion von Kosmetika lehnen wir klar ab.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Warum macht ihr das bisher nicht? Ihr regiert doch schon fünf Jahre!)


Meine Damen und Herren, wir haben einen Entschlie-
ungsantrag mit einem umfassenden Forderungskatalog
um vorliegenden Tierschutzbericht ausgearbeitet und
erden ihn in die zuständigen Ausschüsse einbringen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Den hätte ich aber heute erwartet!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506316700

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1506316800

Ich schließe mit einer persönlichen Bemerkung. Ich

abe drei misshandelte Hunde aufgenommen und wün-
che mir auch aus ganz persönlicher Betroffenheit he-
aus, dass wir beim Tierschutz bis zum nächsten Bericht
n zwei Jahren ein deutliches Stück vorankommen wer-
en.
Danke schön.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506316900

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
itta Connemann, CDU/CSU-Fraktion.

Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1506317000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestal-

en in Schutzanzügen laufen hektisch herum. Sie tragen
temmasken, Handschuhe und Gummistiefel. Der Tag
scheint eingetreten zu sein.






(A) )



(B) )


Gitta Connemann

Eine Szene aus der Science-Fiction? Nein, Realität im

Frühjahr 2003. Mitten in Europa war eine Seuche ausge-
brochen, die aviäre Influenza, Geflügelpest. Das Virus
breitete sich mit rasender Geschwindigkeit aus. Auch
Menschen erkrankten. Die Gefahr einer Supergrippe
drohte. Der „Spiegel“ titelte: „Killervirus aus der Löffel-
ente“. Am Ende war die Bilanz: einige Hundert er-
krankte Menschen, mehr als 30 Millionen getötete Tiere
in den Niederlanden. Gott sei Dank breitete sich die Seu-
che in Deutschland nicht aus. Es kamen bei uns nur – re-
lativ gesehen – wenige Tiere zu Tode. Von den Leiden
dieser Tiere will ich erst gar nicht sprechen. Der volks-
wirtschaftliche Schaden blieb begrenzt. Bei einem Ge-
flügelbestand von 35 Millionen Tieren hätte sich allein
für Niedersachsen eine horrende Kostensumme von
mehr als 300 Millionen Euro für Tötung und Entsorgung
der Tiere ergeben können. Bäuerliche Existenzen und
Arbeitsplätze wären vernichtet worden. Das einzige, was
uns und die Tiere davor bewahrt hat, war Glück – Glück,
das nicht planbar, nicht kalkulierbar und nicht verläss-
lich ist.

Meine Damen und Herren, wir können uns nicht da-
rauf verlassen, dass es keinen neuen Seuchenzug geben
wird. Wir müssen uns aber darauf verlassen können,
dass wir für diesen Fall gewappnet sind und dass den
Behörden, den Tierärzten und den Ärzten in diesem Fall
geeignete Instrumente zur Verfügung stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daran fehlt es, weil das deutsche Tierseuchenrecht Lü-
cken hat. Deshalb haben die Bundesländer die Bundesre-
gierung bereits 2001 parteiübergreifend aufgefordert,
kurzfristig zu handeln – ohne Erfolg, es geschah nichts.
Im April dieses Jahres kündigte die Bundesregierung
endlich an, handeln zu wollen. Was ist geschehen? Wie-
der einmal nichts.

Was muss geschehen? Die Bundesländer haben es uns
gesagt: Wir brauchen ein einheitliches Recht für das ge-
samte Bundesgebiet. Zurzeit muss jedes Bundesland im
Seuchenfall auf sein eigenes Gefahrenabwehrrecht zu-
rückgreifen. In dem einen Land ist erlaubt, was in dem
anderen Land verboten ist. Das kann und darf nicht sein;
denn Viren kennen keine Landesgrenzen.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: So ist es!)

Es muss auch schnelleres Handeln möglich sein. Zurzeit
müssen Eingriffe wie ein Standstill in den amtlichen
Verkündungsblättern bekannt gemacht werden; das be-
deutet einen Zeitverzug von mehreren Tagen. Wäre die
Veröffentlichung über Medien wie Fernsehen oder Radio
bei uns erlaubt, könnte sofort reagiert werden. Bei einer
Seuche ist es nun einmal erforderlich, schnellstmöglich
zu handeln.

Meine Damen und Herren aus der Koalition, Sie ha-
ben hier in vielen Redebeiträgen gesagt, was Sie alles für
den Tierschutz tun wollen. Frau Kollegin Hiller-Ohm,
gestatten Sie mir aber einen Hinweis: Zum einen hätte
ich es begrüßt, wenn Sie tatsächlich Anträge vorgelegt
hätten. Zum anderen bin ich nicht der Auffassung, dass
eine Polizei für Heimtiere oder gegebenenfalls die

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(C (D chulpflicht für Wale zu einem ausgeprägten Tierschutz ehört. (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Blödsinn!)


Wenn Sie wirklich etwas für den Tierschutz tun wol-
en, können Sie unseren Antrag unterstützen. Ich habe
on der Ministerin kein Wort dazu gehört, ob sie Tier-
euchen effektiver bekämpfen will – sie hat dazu
eschwiegen –; denn damit könnten Sie den Tieren hel-
en, weil eine effektive Seuchenbekämpfung immer auch
ierschutz bedeutet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

iesen Schutz wollen wir alle und haben ihn deshalb mit
erfassungsrang ausgestattet.
Was braucht es aber weiter dazu? Für den einen oder

ie andere ist offensichtlich nur ein ökologisch gehalte-
es Schwein ein glückliches Schwein. Ob Frau Ministe-
in Künast zu den Verfechtern eines idealisierten Men-
chenbildes gehört, vermag ich nicht zu sagen. Ich
ermute aber, dass sie ein idealisiertes Schweinebild
at – jedenfalls kommt das in ihrem Entwurf der
chweinehaltungsverordnung zum Ausdruck. Natür-
ich, ein Ferkelchen mit seinem Ringelschwänzchen ist
ieb anzusehen und fotogen. Aber dort, wo mehrere
chweine zusammen gehalten werden, wird es von an-
eren Schweinen abgebissen.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das wird vorher abgeschnitten!)


eshalb wird der Schwanz gekürzt und werden die
ähne abgeschliffen. Wie dies zu geschehen hat, ist im
eutschen Tierschutzgesetz im Sinne des Bündnisses für
ierschutz geregelt. Die deutschen Landwirte halten ihre
iere nach diesen Regelungen und damit tierschutzge-
echt.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaubst auch nur du!)


ie verdienen damit ihr Geld – Geld, das vor Ort inves-
iert wird, Geld, mit dem Arbeitsplätze geschaffen wer-
en. Das gilt jedenfalls bislang; sollten nämlich die
läne der Bundesregierung für den Bereich der
chweinehaltung Realität werden, so ist die Zukunft die-
er Betriebe ungewiss.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Leider wahr!)

inmal mehr wird ein nationaler Alleingang mit zusätz-
ichen Auflagen angestrebt. Solche Alleingänge führen
u höheren Kosten und damit zu Wettbewerbsverzerrun-
en in einer globalisierten Welt.
Kollege Goldmann hat bereits erwähnt, dass in dieser
oche ein bekannter Discounter polnisches Schweine-
leisch anbietet. Er hat nicht erwähnt, zu welchem Preis:
u einem Kilopreis von 3,97 Euro. Werte Kolleginnen
nd Kollegen aus der Koalition, meinen Sie denn wirk-
ich, dass sich der Verbraucher in diesem Discounter ent-
üstet abwenden wird, weil es sich um polnisches
leisch handelt? Nein, er wird dieses Fleisch kaufen,






(A) )



(B) )


Gitta Connemann

weil er nach seinem Geldbeutel entscheidet – häufig
auch entscheiden muss.

Schon jetzt ist es für den deutschen Bauern schwer,
damit zu konkurrieren. Mit Ihren Plänen würden Sie es
ihm unmöglich machen. Schweine in Polen, wahrschein-
lich irgendwann Schweine im Weltall, nur keine
Schweine in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meinen Sie denn wirklich, dass ein Schwein in der
Ukraine bessere Bedingungen vorfindet als in Deutsch-
land? Aber unter anderem dahin würde eine Produktion
auswandern. Das dürfen wir nicht zulassen. Es gibt dafür
auch keinen Grund.

Die EU hat ihre Nutztierhaltungsverordnung auf
wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt. Dazu zählen
auch Gesichtspunkte des Tierschutzes. Bei einer Eins-
zu-eins-Umsetzung der EU-Vorgaben wird damit nicht
nur dem Tierschutz Rechnung getragen. Gleichzeitig
werden damit auch Wettbewerbsverzerrungen zulasten
der deutschen Landwirtschaft vermieden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Springen Sie über Ihren Schatten! Überwinden Sie Ih-

ren inneren Schweinehund! Stimmen Sie den Anträgen
von CDU/CSU und FDP zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506317100

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/723 und 15/1210 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft auf Drucksache 15/1035 zu dem Antrag der
Fraktion der FDP mit dem Titel „EU-Richtlinie zur Hal-
tung von Nutztieren in nationales Recht umsetzen“. Der
Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/226
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Ge-
genstimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Ralf Göbel,
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Ausschreibung des BOS-Digitalfunks im Jahr
2003 einleiten
– Drucksachen 15/816, 15/1260 –

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(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Hans-Peter Kemper Ralf Göbel Silke Stokar von Neuforn Ernst Burgbacher Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege ans-Peter Kemper, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie Einführung des Digitalfunks ist kein Streitthema geesen. Es wird auch keines werden, da es Ihnen nicht elingen wird, es zu einem zu machen. Denn hinsichtlich er Notwendigkeit der Einführung des Digitalfunks gibt s überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten zwichen uns. Wir sind uns völlig einig darin, dass wir ihn rauchen und er flächendeckend eingeführt werden uss. Der analoge Funk ist inzwischen fast 30 Jahre alt. ch habe damals bei der Polizei die Einführung miterebt. Wir haben ihn für einen großen Fortschritt gehalten. nzwischen hat sich die ganze Sache überholt. Denn man ieht deutlich, wo der analoge Funk an seine Leistungsrenzen stößt. Insbesondere das Hochwasser an Elbe nd Mulde im letzten Jahr hat deutlich gemacht, wo es unklöcher gibt, wo der analoge Funk nicht mehr leisungsfähig ist. Es ist zu massiven Funkausfällen mit urchaus gefährlichen Folgen für die Bürger und die einesetzten Kräfte gekommen. Vor diesem Hintergrund haben wir nur zwei Möglich eiten: Entweder wir rüsten das veraltete analoge Funkystem für viel Geld nach oder wir investieren in ein eues, zwar sehr kostenintensives, aber auch sehr moernes Funksystem mit guter Sprachqualität, optimalem atentransfer, grenzund organisationsüberschreitenen Möglichkeiten und einer großen Abhörsicherheit. älschlicherweise wird dieses Funksystem immer nur it der Polizei in Verbindung gebracht. Es gilt allerdings ür alle Organisationen und Behörden, die mit Sichereitsaufgaben betraut sind, also für Feuerwehr, THW nd alle Katastrophenschutzorganisationen. Wenn das alles so toll ist, dann fragt man sich natür ich, warum wir es nicht längst eingeführt haben. Da ohnt sich ein Blick zurück. Erstmals wurde im Schenener Durchführungsübereinkommen 1990 beschlosen, dass die Einführung genormter, kompatibler Komunikationssysteme, die eine grenzüberschreitende usammenarbeit der BOS-Dienste ermöglichen, zu prüen sei. Anschließend erschien dann dieses Problem in chöner Regelmäßigkeit – alle zwei bis drei Jahre – auf er Tagesordnung der Innenministerkonferenzen. Es gab a kaum eine IMK, auf der nicht darüber geredet wurde. Zunächst war unsere Traumvorstellung: Wir wollen in europaweites kompatibles, modernes Sicherheitsetz. Dieser Traum ist längst ausgeträumt. Die europäichen Staaten haben sich nach nationalen Gesichtspunk Hans-Peter Kemper ten orientiert. Ein einheitliches europäisches Funksystem ist nicht mehr zu erreichen. Heute reden wir vielmehr darüber, zumindest ein bundesweit einheitliches System hinzubekommen. Auch das ist schon jetzt fraglich geworden. Wir reden ebenfalls über die Finanzierung. Das System wird nicht billig; das wissen wir alle. Es wird auch deshalb teuer, weil zumindest in der Übergangsphase eine Parallelführung beider Systeme erfolgen muss, um Sicherheitslecks in diesem Bereich zu vermeiden. Die Bürger erwarten aber von den Sicherheitsdiensten, von der Polizei zu Recht ein optimales System. Sie erwarten zu Recht, dass ihre Sicherheit optimal geschützt wird. Auch vor diesem Hintergrund ist der Versuch des Bundeskanzlers zu sehen. Er hat am 26. Juni dieses Jahres die Ministerpräsidenten der Länder zusammengeholt, um diese Sache wieder in Gang zu bringen. Es ist beschlossen worden, eine Dachvereinbarung auf den Weg zu bringen. Weil es nicht flächendeckend gelang, die Bundesländer zum Beitritt zu bewegen, sollte eine Startergruppe gebildet werden. Der Bund und mein Bundesland Nordrhein-Westfalen, das in Fragen der inneren Sicherheit zu meiner Freude immer besonders gut ist, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Hans-Peter Kemper (SPD):
Rede ID: ID1506317200




(A) )


(B) )


(Zuruf von der CDU/CSU: Was fehlt?)


haben diese Startergruppe ins Leben gerufen und sollten
auf der Basis dieser Dachvereinbarung arbeiten.

Inzwischen ist das alles wieder Makulatur; die Bun-
desländer haben ihre Bereitschaft zurückgezogen. Sie
sind hinter den Stand vom 26. Juni 2003 zurückgegan-
gen, weil sie – das ist völlig unrealistisch – eine Beteili-
gung des Bundes zu 50 Prozent an den Gesamtkosten
fordern. Der Bund betreibt aber nur 8,5 Prozent der End-
geräte. Er nutzt also weniger als 10 Prozent des ganzen
Systems. Daher ist es eine nicht verständliche Blockade
der Länder, solch eine Kostenaufteilung zu fordern.

Diese Forderung missachtet in eklatanter Weise auch
den Grundsatz der aufgabengerechten Lastenverteilung.
Meine Bitte an die Kolleginnen und Kollegen der CDU/
CSU, die diesen Antrag eingebracht haben, lautet: Be-
schleunigen Sie das Ganze. Wir unterstützen Sie dabei
dadurch, dass Sie nun Ihren Bundesländern endlich den
Marsch blasen und ihnen endlich sagen, wo es langgeht,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und dass sie für die Kosten, die sie verursachen, aufkom-
men müssen.

Ich sehe hier das Zeichen, Frau Präsidentin, es blinkt
schon.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506317300

Ja, Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

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(C (D Ja, Frau Präsidentin, meine Redezeit ist zu Ende. Es eht mir genau wie meinem Innenminister, Otto Schily. ch hätte noch viel zu sagen. Ich habe aber immer eine u kurze Redezeit. Ich verlasse jetzt dieses geliebte Pult. Schönen Dank an alle. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Hans-Peter Kemper (SPD):
Rede ID: ID1506317400


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1506317500

Nächster Redner ist der Kollege Ralf Göbel, CDU/
SU-Fraktion.


Ralf Göbel (CDU):
Rede ID: ID1506317600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Die Einführung des Digitalfunks für die Behör-
en und Organisationen, die für die innere Sicherheit in
eutschland Verantwortung tragen, ist eines der wich-
igsten technischen Projekte für die Sicherheit unseres
andes. Bundesgrenzschutz, Bundesamt für Verfas-
ungsschutz, Zollkriminalämter, Bundeskriminalamt,
echnisches Hilfswerk, auch die Bundeswehr, die bei
atastrophenlagen im Innern tätig wird, alle betonen seit
ahren die Notwendigkeit der Einführung des Digital-
unks. Gleiches gilt für die Polizeien der Länder, die
euerwehren und die Rettungsdienste.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

ie Bundeswehr – dies sei nur am Rande erwähnt – be-
utzt den Digitalfunk bereits, allerdings nur bei Aus-
andseinsätzen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Durch die Schwachstellenanalysen von Katastrophen-

chutzeinsätzen zieht sich wie ein roter Faden die Fest-
tellung, dass unser Funksystem, das aus den 70er-Jah-
en stammt, völlig überlastet ist, teilweise gänzlich
ersagt und schwierige, für Menschenleben gefährliche
ituationen herbeiführt. Hierzu ein Zitat von General
on Kirchbach im „Stern“ vom 31. Juli 2002:

Beim Augusthochwasser ist das Netz dauernd zu-
sammengebrochen, was die Verständigung erheb-
lich erschwerte. Das alte Funknetz ist den Belastun-
gen einer Katastrophe noch immer nicht
gewachsen. Im Ernstfall bedeutet das, dass sich
Einsatzleitung und Hilfskräfte sowie Hilfskräfte un-
tereinander nur völlig unzureichend verständigen
können.

Im Alltag der Sicherheitsbehörden wird über Funk-
öcher und Überlastung der Funknetze geklagt und nicht
uletzt darüber, dass das Kommunikationssystem der Si-
herheitsbehörden nicht abhörsicher ist und den Anfor-
erungen des Datenschutzes in keiner Weise mehr ge-
ügt,


(Beifall bei der CDU/CSU)

anz davon abgesehen, dass auch die Ersatzteilbeschaf-
ung und die Reparatur von Jahr zu Jahr teurer werden.






(A) )



(B) )


Ralf Göbel

Ein Blick über die Grenzen zeigt zudem, dass in Eu-

ropa allein Deutschland und Albanien mit technologisch
veralteten Kommunikationsnetzen im Bereich der inne-
ren Sicherheit arbeiten. Selbst die im nächsten Jahr hin-
zutretenden neuen Länder verfügen bereits über ein digi-
tales Funksystem oder sind dabei, dieses einzuführen.
Die neuen Länder haben also bereits vor dem Beitritt die
Anforderungen des Schengenabkommens erfüllt.
Deutschland hingegen trägt wieder einmal, wie so häu-
fig, die rote Laterne. Das ist schlicht und ergreifend bla-
mabel.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung und die Landesregierungen wie

auch der Deutsche Bundestag, und zwar dieser fraktions-
übergreifend, betonen immer wieder die Notwendigkeit
der Einführung des digitalen Funks; Herr Kollege
Kemper hat darauf hingewiesen. Wir haben eine gemein-
same Presseerklärung zu diesem Thema erarbeitet. Über
das Ob gibt es also keinen Streit.

Bundesminister Schily gab das Ziel vor, bis
Ende 2005 den Aufbau des digitalen Netzes abschließen
zu wollen und 2006, bei der Fußballweltmeisterschaft,
den Sicherheitsbehörden ein leistungsfähiges und mo-
dernes Funknetz zur Verfügung zu stellen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wie will er das denn schaffen?)


Es ging auch flugs voran: Es wurden eine Zentralstelle
für die Vorbereitung der Einführung des Digitalfunks
eingerichtet und im Raum Aachen ein Pilotprojekt ge-
startet. Seitdem wissen wir, dass Digitalfunk auch in
Deutschland reibungslos funktioniert. Wir wissen, wel-
che Anforderungen wir an ein digitales Sprech- und Da-
tenfunknetz stellen müssen.

Wir wissen aber auch – und das seit geraumer Zeit –,
dass Investitionsmittel von ganz erheblichem Umfang
notwendig werden; Herr Kemper hat darauf hingewiesen.
Nach heutigem Stand muss mit einer Summe von bis zu
4,5 Milliarden Euro für Netz und Geräte gerechnet wer-
den, allerdings auf einen Zeitraum von zehn Jahren ver-
teilt und durch eine Teilnehmerzahl von 17 Teilnehmern
geteilt. Damit wird das Ganze schon wieder etwas über-
schaubarer.

Hier setzt die Kritik an. Der Bundesinnenminister hat
als Zielvorgabe zwar das Jahr 2006 genannt, hat aber of-
fensichtlich die Finanzierungsfrage mit den Ländern
nicht rechtzeitig genug verhandelt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)


Jedenfalls ist seit September 2002 die Realisierung des
Projektes ins Stocken geraten. Es haben mehrere Konfe-
renzen der Innen- und der Finanzstaatssekretäre stattge-
funden. Man war nicht in der Lage, eine vernünftige, der
Sache angemessene und konsensfähige Lösung der Kos-
tenverteilung zwischen Bund und Ländern herbeizufüh-
ren.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Da fehlt doch der Wille!)


Der Bundeskanzler – Sie haben es erwähnt – hat sich
uf der CeBIT genötigt gesehen, das Versprechen abzu-
eben, sich persönlich für die zügige Einführung des Di-
italfunks einzusetzen. Das ist ein halbes Jahr her. Es
ab auch eine Besprechung des Bundeskanzlers mit den
inisterpräsidenten der Länder,


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Die berühmte Konsensrunde!)


it dem Ergebnis, dass sich wieder alle über das einig
aren, worin wir uns sowieso einig sind, dass nämlich
er Digitalfunk einzuführen ist. Es gab ein paar Modali-
äten bezüglich der Dachvereinbarung und der Starter-
ruppe – Sie haben es angesprochen –, über die man sich
erständigt hat. Über die zentrale Frage, wie die Kosten
erteilt werden, hat man aber auch bei dieser Bespre-
hung kein Einvernehmen erzielt. Daher dümpelt die Sa-
he seit September letzten Jahres vor sich hin. Bis heute
st keine Einigkeit erzielt worden.
Die Dachvereinbarung, die seitens der Bundesregie-

ung vorgelegt worden ist, wird von den Ländern deswe-
en abgelehnt, weil bezüglich der Kosten wieder einmal
ein Vorschlag gemacht wurde. Es bedurfte wiederum
eiterer Konsensrunden der Innen- und Finanzstaats-
ekretäre, um zu dem Ergebnis zu kommen – das ist der
ktuelle Sachstand –, dass sich die Ministerpräsidenten-
onferenz im Dezember erneut mit diesem Thema befas-
en muss, bevor weitere wesentliche Schritte in die
ege geleitet werden können.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ein Trauerspiel!)


er gesamte Vorgang ist nicht nur ärgerlich, durch die
tarre Haltung der Bundesregierung gerät auch ein für
ie Sicherheit der Menschen in diesem Land wichtiges
rojekt in Verzug.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir erklären Ihnen das gleich!)


In der Dachvereinbarung wird jetzt das Jahr 2010 als
as Realisierungsjahr genannt.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Unerhört!)

er Bundesinnenminister, ein Optimist, wie er uns in der
etzten Sitzungswoche hat wissen lassen, hat den Opti-
ismus abgelegt, ist von seinem Ziel abgerückt und
pricht nun von einer Teileinführung zur Fußballwelt-
eisterschaft 2006.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist auch realistisch!)


olgt man den Erklärungen der Industrie, ist selbst das
ohl nicht mehr zu halten.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wie bei der LKWMaut!)


as sind im Übrigen keine Unkenrufe, wie es Bundes-
inister Schily bezeichnet hat.






(A) )



(B) )


Ralf Göbel


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Man könnte das ja Stolpe übertragen! Dann klappt es!)


Die Landesregierung Rheinland-Pfalz, die die Ver-
antwortung für den Austragungsort Kaiserslautern trägt,
erklärte in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage, dass
sie sich darauf einstellt, das vorhandene Gleichwellen-
funknetz durch ein modernes analoges Funknetz zu er-
setzen. Die Planungen hierzu seien bereits abgeschlos-
sen. Hier zeigt sich, dass eine Landesregierung, die nicht
von der CDU geführt wird, offensichtlich das Vertrauen
in die zügige Einführung des Digitalfunks verloren hat
und dies sogar öffentlich bekennt.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Ich will nicht darüber spekulieren, warum der erste

Entwurf des diesjährigen Bundeshaushaltes keinen An-
satz für den Digitalfunk aufweist.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das erklärt uns der Herr Körper!)


Die Erklärung des Kollegen Veit in der Haushaltsde-
batte, die Drucklegung des Haushaltes sei bereits vor
dem 26. Juni dieses Jahres erfolgt, möchte ich nicht wei-
ter kommentieren.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr nobel!)

Ich will nur darauf hinweisen – deswegen brauchen wir
auch unseren Bundesländern nicht den Marsch zu blasen –,
dass Hamburg und Baden-Württemberg für das nächste
Jahr bereits Mittel in die Finanzplanung eingestellt ha-
ben. Im Übrigen gilt das auch für das Land Berlin, das in
den nächsten zwei Jahren jeweils 10 Millionen Euro zur
Verfügung stellt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die haben wirklich kein Geld und schaffen das doch!)


Nordrhein-Westfalen hat die haushaltsmäßigen Voraus-
setzungen bereits geschaffen und Baden-Württemberg
und Rheinland-Pfalz sind gerade dabei, dies ebenfalls zu
tun. Deswegen ist das bemühte Argument der Totalblo-
ckade der Länder


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Falsch!)

inzwischen obsolet geworden. Wie die Innenminister al-
ler Länder uns mittlerweile mitteilen, liegt die Blockade
beim Bund.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja unerhört!)


Auf die Berechnungsmodelle, deren es viele gibt,
und auf die Berechnungsansätze, deren es noch mehr
gibt, will ich im Detail gar nicht eingehen. Nur so viel:
Der Bund hat vorgeschlagen, einen Eigenanteil von
10 Prozent an den Gesamtkosten zu tragen.


(Hans-Peter Kemper [SPD]: Schon 2 Prozent mehr, als es nutzt!)


Das bedeutet: Rechnet man die Rückflüsse der Umsatz-
steuer dazu, dann liegt der effektive Anteil bundesweit
bei 3,1 Prozent. Das ist aus der Sicht von Finanzminister

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(C (D ichel, der einen desaströsen Haushalt zu verwalten hat, atürlich ein gutes Ergebnis. Ich glaube aber nicht, dass ich auch nur ein einziger Landesfinanzminister zu dieem Ergebnis bekennen würde und es akzeptieren önnte. Die Länder werden dem Vorschlag in dieser orm also nicht zustimmen können. (Hans-Peter Kemper [SPD]: Was ist denn Ihr Vorschlag?)


aher ist zunächst einmal Bewegung aufseiten des Bun-
es angesagt. Ich fordere aber natürlich auch, dass es zu
iner Bewegung aufseiten der Länder kommt. Das Pro-
ekt liegt im nationalen Interesse und es kann nicht der
öderalismus am Ende dafür sorgen, dass es ins Stocken
erät.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist notwendig, dass sich der Innenminister gegen-

ber dem Finanzminister durchsetzt. Die Einstellung
on Mitteln haben Herr Innenminister Schily und Herr
arlamentarischer Staatssekretär Körper in der letzten
aushaltswoche zugesagt. Im Innenausschuss wurden
estern noch keine Beträge genannt. Ich weiß aber, dass
em Finanzministerium zugeleitet worden ist, man wolle
n diesem Jahr 5 Millionen Euro in den Haushalt einstel-
en und in den nächsten beiden Folgejahren 200 Millio-
en Euro Verpflichtungsermächtigungen. Wenn die heu-
ige Debatte diesen Betrag veranlasst hat, war es eine
ehr sinnvolle Debatte. Es wird ein gutes Signal gege-
en,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Die Union muss mal wieder anschieben, damit es in Deutschland weitergeht!)


edenfalls dann, wenn der Finanzminister – Herr Parla-
entarischer Staatssekretär Diller ist ja da – zustimmt.
ber ich sage auch: Es löst nicht das Problem der Kos-
enverteilung, darüber wurde noch kein Einvernehmen
rreicht.
Ich betrachte es in diesem Zusammenhang schon als

in Trauerspiel, wenn man beobachten muss, wie Hun-
erte von Millionen Euro wegen Unzulänglichkeiten bei
er LKW-Maut verloren gehen und andererseits Geld,
as wir für die innere Sicherheit und die Sicherheit unse-
er Bürger brauchen, nur so schwer zu erreichen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Schlamperei!)


Der Bundesinnenminister hat die Führungsverant-
ortung übernommen, ihm obliegt die Federführung.
eswegen fordern wir Herrn Innenminister Schily auf,
it den Ländern die notwendige Basis zu schaffen, da-
it der Digitalfunk jetzt endlich zügig eingeführt wer-
en kann – im Interesse der Sicherheit der Bürgerinnen
nd Bürger unseres Landes und im Interesse der Mitar-
eiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Peter Kemper [SPD]: Alles richtig! Bis auf den Adressaten!)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506317700

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Silke Stokar von

Neuforn.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Di-
gitalfunk wurde übrigens schon im Jahre 2000 im Zuge
der Expo 2000 in Hannover außerordentlich erfolgreich
erprobt. So weit hinten ist Deutschland nun doch wieder
nicht.

Meine Damen und Herren, ich würde gern etwas sehr
Ernsthaftes sagen, damit wir hier nicht eine Debatte über
Technikdetails führen. Ich glaube, die CDU sollte sich
überlegen, ob jetzt wirklich der geeignete Zeitpunkt für
eine solche parlamentarische Auseinandersetzung ist.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wann denn?)

Wir stehen kurz vor einem öffentlichen Ausschrei-
bungsverfahren


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Bitte?)

und ich glaube, die Politik wäre gut beraten, weil wir
Parlamentarier die Verantwortung für diesen Haushalt
tragen,


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Nehmen Sie die Verantwortung doch mal wahr!)


vor einem Ausschreibungsverfahren in einer öffentli-
chen Debatte nicht bereits mit Zahlen zu jonglieren und
damit eventuell die Kosten eines Ausschreibungsverfah-
rens in die Höhe zu treiben.


(Abg. Clemens Binninger [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


– Ich erlaube jetzt keine Zwischenfrage, ich möchte gern
mit meinen Ausführungen hier weitermachen.

Wir befinden uns, wie gesagt, in einem Ausschrei-
bungsverfahren, in dem es um zwei Dinge geht. Einmal
soll über das Ausschreibungsverfahren die Systemfrage
geklärt werden. Wer sich etwas mit dem Thema befasst
hat, kennt die Situation und weiß, dass Bayern ein ande-
res Digitalfunksystem haben möchte als zum Beispiel
Niedersachsen. Wir haben die Auseinandersetzung um
zwei technisch mögliche Systeme, einmal Tetra Pol und
zum anderen Tetra 25. Auch hier soll über das Aus-
schreibungsverfahren eine Entscheidung gefunden wer-
den.

Meine Damen und Herren, ich finde, Politik wäre gut
beraten, wenn wir die Kriterien für solche Ausschrei-
bungsverfahren entsprechend fassen und nicht mit Vor-
informationen in irgendeiner Weise versuchen, Einfluss
zu nehmen oder auch Hinweise zu geben, weil es exeku-
tives Geschäft ist.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Das macht doch auch keiner! Wovon reden Sie eigentlich?)


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(C (D ir haben alle ein Interesse daran, dass die Einführung es Digitalfunks für Bund und Länder finanzierbar leibt. Ich halte den Weg für richtig. Wenn man ausgeschrie en und sich für ein System entschieden hat, dann sollen sich Bund und Länder zusammensetzen. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Es schreibt doch niemand aus! – Dr. Ole Schröder [CDU/ CSU]: Auch Ausschreibungen kosten Geld!)


Ich habe Ihnen auch zugehört. Sie benehmen sich hier
irklich wie die Lümmel von der ersten Bank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU)

ie sind nicht in der Lage, zu akzeptieren, dass Ihnen
ine Frau von den Grünen ein Problem differenziert und
eniger populistisch versucht nahe zu bringen. Das geht
ir langsam auf die Nerven.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ich wollte Ihnen eine Frage stellen!)


Ich finde es richtig, dass man nach dem Ausschrei-
ungsverfahren und der Entscheidung für ein System die
erhandlungen mit den Ländern aufnimmt und dann die
ostenfrage klärt. Wir haben in der Bund-Länder-Finan-
ierung und auch mit der Finanzierung des analogen
unksystems Erfahrung. Daher werden wir uns bei der
ufteilung der Kosten zur Einführung des digitalen
unksystems schon einigen.
Ein anderer Punkt. Wir sollten aufhören – ich sehe,
eine Redezeit läuft ab –,


(Beifall des Abg. Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU])


n der Innenpolitik Symbol- und Eventpolitik zu betrei-
en.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


lle, die ein bisschen Ahnung haben, wissen, dass dies
ine ernsthafte Herausforderung ist. Für die WM 2006
rauchen wir erst einmal ein Sicherheitssystem ohne Ri-
iken und ohne Experimente. An den WM-Standorten
ird keine verantwortliche Landespolizei für das Pres-
igedatum WM 2006 ein Digitalfunksystem fordern, das
u diesem Zeitpunkt noch nicht ausgereift ist.


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Ich denke, bei der EXPO funktionierte es!)


ür Niedersachsen zum Beispiel ist es viel wesentlicher,
ass Niedersachsen und Bremen im Zuge der Alltags-
riminalität eng zusammenarbeiten können und die
unkverbindung funktioniert.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Tun Sie doch nicht so, als ob Sie in Niedersachsen noch etwas zu sagen hätten!)


In den Ländern und auf Bundesebene täten alle gut
aran, dafür zu sorgen, dass die Debatte versachlicht






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn

wird. Digitalfunk eignet sich einfach nicht zur parteipo-
litischen Profilierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir müssen uns alle dafür einsetzen, dass wir möglichst
bald ein bezahlbares und gut funktionierendes digitales
Funknetz in Deutschland haben.

Für mich ist aufgrund der Kosten des Bundes Bedin-
gung, dass nur die Länder zur Startergruppe zählen, die
nicht länger ein landeseigenes Digitalsystem einführen
wollen, das mit dem BGS-System nicht kompatibel ist.
Einen solchen Quatsch an föderaler Kleinstaaterei wird
unsere Fraktion nicht mitmachen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Das hat doch niemand gesagt!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506317800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ernst Burgbacher.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1506317900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Gebiet, über das wir heute Abend reden, ist tatsäch-
lich sehr ernst.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

Ich erinnere Sie an das Hochwasser vom letzten Jahr.
Damals hätten wir mit einem digitalen Funksystem we-
sentlich mehr erreichen können.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich nenne Ihnen ein Beispiel aus meiner Region:

Etwa 20 bis 30 Kilometer von der Schweizer Grenze
entfernt brannte eine Sporthalle. Nach Aussage der ver-
antwortlichen Feuerwehrleute hätte vieles gerettet wer-
den können, wenn wir ein entsprechendes Funksystem
gehabt hätten. Aber die Alarmierung der Schweizer Feu-
erwehr war viel zu kompliziert.

Heute befinden wir uns in einer Situation, die schier
unglaublich ist. In verschiedenen europäischen Ländern
wurden verschiedene Systeme eingeführt, die nicht mit-
einander kompatibel sind. Wenn ich richtig informiert
bin, sind wir neben Albanien das einzige Land, das noch
keine Entscheidung getroffen hat und noch nicht dabei
ist, ein System einzuführen. Das können wir uns
schlichtweg nicht leisten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Österreich muss neu anfangen!)


Nun ist völlig richtig: Wir haben die Schwierigkeit,
dass wir zwar deutschlandweit ein System einführen
wollen, aber um uns herum schon ein Flickenteppich be-
steht. Das zweite Problem sind die gewaltigen Kosten,
die auf uns zukommen. Ich zitiere dazu, lieber Herr
Staatssekretär Körper, Ihren Minister Schily:

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(C (D Der Digitalfunk ist ein absolutes Muss und kein kostspieliger Luxus. aran sollten wir uns halten. Ich werfe der Bundesregierung vor, dass sie ihrer flicht, initiativ zu werden, nicht nachkommt. ieber Herr Körper, wir hatten eine Kleine Anfrage getellt. Auf sieben Fragen, darunter die Frage, ob mit der inführung des digitalen Funksystems die flächendekende Erreichbarkeit auch der nichtpolizeilichen Beörden usw. gewährleistet ist, antwortete die Bundesreierung, das sei Sache der Länder und darauf könne sie icht antworten. ann lassen Sie es doch bleiben. Es kann doch nicht ein, dass Sie zu inhaltlichen Fragen schlichtweg nichts agen können und darauf verweisen, das sei Sache der änder. Sie entziehen sich Ihrer Verantwortung. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Die Länder sind für den Katastrophenschutz verantwortlich!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Zuruf von der CDU/CSU: Die drücken sich!)


Ich sage Ihnen: Hier hat auch der Bund eine gewisse
oordinierungsfunktion. Es gibt genügend andere
älle, bei denen wir vor großen Schwierigkeiten stehen.
er Bundesinnenminister hat die Pflicht, die Entwick-
ung zu beschleunigen und alles daran zu setzen, dass es
u einer Einigung kommt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen ein Zweites: Es kann nicht sein, dass

ns ein Bundeshaushalt vorgelegt wird, in dem für die
inführung des Digitalfunks Mittel in Höhe von null
uro angesetzt sind. Wir werden entsprechende Anträge
tellen. Das zeigt auch, dass die Bundesregierung nicht
irklich willens ist, etwas zu tun.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär Körper, wir erwar-

en von Ihnen erstens, dass Sie jetzt auf den Tisch legen,
elche Mittel im Haushalt eingestellt werden sollen, wir
rwarten von Ihnen zweitens, dass Sie uns jetzt in Ihrer
ede sagen, welchen Terminplan Sie verfolgen, und wir
rwarten von Ihnen drittens, dass Sie uns sagen, in wel-
hem Zeithorizont wir die Einführung eines bundeswei-
en Digitalfunksystems schaffen können. Das sind Sie
ns und den Bürgerinnen und Bürgern dieser Republik
chuldig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506318000

Für die Bundesregierung spricht jetzt der Parlamenta-

ische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper.

(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


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Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1506318100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe

die Redebeiträge aus den Reihen der CDU/CSU und der
FDP gehört und komme zu einem einfachen Ergebnis:


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie sind tief beeindruckt!)


Sie haben von dieser schwierigen Materie absolut keine
Ahnung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU und der FDP)


Das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit. Sie wissen, dass
bei diesem schwierigen Projekt die Zahl von 50 Prozent
im Raum steht. 50 Prozent der Kosten soll der Bund
übernehmen. Einige Herren und Damen aus Ihren Rei-
hen haben diese Forderung übernommen. Wer dies for-
dert, verhält sich gegenüber der Bundesregierung unver-
antwortlich,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


denn es ist in keiner Weise zu rechtfertigen, dass bei die-
ser technischen Anlage 50 Prozent vom Bund zu über-
nehmen sind. Ich wüsste gerne, was Sie uns vorwerfen
würden, wenn wir die Bereitschaft dazu erklären wür-
den. Denn man muss wissen, dass der Bund letztendlich
nur 8,5 Prozent der Endgeräte betreibt. An dieser Mess-
latte müssen wir uns bei der Verteilung der Kosten ori-
entieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Nein! So ist es nicht!)


Ich sage noch einmal ganz deutlich: Sie gehen in einer
unverantwortlichen Art und Weise mit Bundesinteressen
um.

Der zweite Punkt ist – das ist Ihnen wohl entgangen –,
dass es auch unter den Bundesländern selbst eine heftige
Debatte über die Kostenverteilung gibt, denn wir haben
es auf der einen Seite mit Flächenstaaten zu tun und auf
der anderen Seite mit Stadtstaaten. Wenn Sie sich ein-
mal mit dieser Frage auseinander setzen würden, dann
würden Sie wissen, welch eine schwierige Situation für
die Technikentscheidung diesbezüglich entsteht, denn
Tetra Pol ist mehr für die Fläche und Tetra mehr für städ-
tische Regionen geeignet. Da gibt es einen Konflikt und
den kann beispielsweise der Bundesinnenminister auch
nicht par ordre du mufti lösen, sondern die Länder müs-
sen sich verständigen, wie sie mit dieser Frage umgehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das versteht die CDU nicht!)


Ich finde schon, meine Damen und Herren von der Op-
position, Sie sollten versuchen, mit diesem Thema etwas
sachlicher umzugehen und nicht reflexartig Schuldzu-
weisung zu betreiben. Schauen Sie sich an, wie die Ent-

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(C (D cheidungen in Europa getroffen worden sind, auch dienigen technischer Art: in Frankreich Tetra Pol, in änemark Tetra. Deswegen ist es für Baden-Württemerg und Schleswig-Holstein so schwer, sich zu entcheiden. Es wäre viel besser gewesen, wenn wir in Geamteuropa eine einheitliche technische Entscheidung ehabt hätten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist gar keine Frage. Aber dies war nicht zu errei-
hen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das steht doch gar nicht zur Debatte!)


err Binninger, schade, dass diese Chance verloren ge-
angen ist.
Ich will Ihnen noch etwas zu dem Thema Geld sagen:
ir haben einen guten Maßstab. Analogfunk kostet
ämlich auch Geld. Wir wissen auch, dass das erstens
ehr viel Geld kostet, lieber Kollege Kemper. Sie kennen
ich in dieser Materie ein bisschen aus.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: „Ein bisschen!“ – Heiterkeit bei der CDU/CSU)


ir wissen auch, dass die Ersatzteilbeschaffung für
ldtimer in und auf der Zeitschiene eine sehr teure An-
elegenheit wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eswegen ist es dringend notwendig, dies zu tun.
Meine Damen und Herren, ich sage hier auch ganz

eutlich: Die Bundesregierung, der Bundesinnenminis-
r hat auf diesem Gebiet bisher eine vorzügliche Arbeit
uch in der Vorbereitung der Ausschreibungsunterla-
en geleistet. Da gibt es überhaupt nichts zu meckern.
as sage ich Ihnen ganz deutlich.
Im Übrigen geht das nur miteinander, denn dieses

ystem und seine Einführung sind eine Bund-Länder-
ache. Es gibt 17 Beteiligte. Wir sind übrigens der Auf-
assung, dass der Langsamste hierbei nicht das Tempo
estimmen darf.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ihr seid doch die Langsamsten!)


Wir werden auch – das ist an diesem Punkt schon ein-
al deutlich gesagt worden – den Verpflichtungen nach-
ommen, die für den Haushalt 2004 anstehen werden.
ir werden auch den Verpflichtungen nachkommen, die

ich für die Haushaltsjahre 2005 und 2006 ergeben wer-
en. Denn wir sind der Auffassung, dass es notwendig
t, dieses System einzuführen. Ich möchte auch keine
bstriche an der Technik machen.
Richtig ist, dass es in diesem Bereich Kommunikati-

nsprobleme technischer Art gibt. Das haben Großscha-
enslagen eindeutig gezeigt.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper

Genauso wichtig ist, denen, die nicht so in der Mate-

rie stehen, noch einmal deutlich zu machen, dass man
das nicht einfach per Handy über die entsprechenden
Netze machen kann, sondern dass wir für diesen Sicher-
heitsbereich eine entsprechende Technik, die uns auch
zur Verfügung steht, einführen und nutzen müssen.

Dies sollten wir anpacken. Wenn Sie die Gelegenheit
haben, in diesen Bund-Länder-Diskussionsprozess wer-
bend einzuwirken, will ich Ihnen dazu gratulieren. Tun
Sie das! Ich bin der Auffassung, dass dieses Thema nicht
dafür geeignet ist, sich parteipolitisch zu streiten.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506318200

Zu einer Kurzintervention erhält der Abgeordnete

Binninger das Wort.


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1506318300

Herr Kollege Körper, ich weiß nicht, was Sie errei-

chen wollen, wenn Sie eine Debatte mit dem Satz eröff-
nen: Sie haben alle keine Ahnung. Das bringt uns nicht
weiter.

Wir waren uns darüber einig, dass wir den Digital-
funk brauchen und dass der Analogfunk veraltet ist. Wir
waren uns darüber einig, dass wir ihn bald brauchen. Der
einzige Streitpunkt, in dem 16 Länder, egal wie regiert,
dem Bund gegenüberstehen, ist die Finanzierung.

Wenn Sie sagen, es gehe um 8,5 Prozent Endgeräte,
muss ich Ihnen vorhalten, dass Ihre Ahnung nicht allzu
groß ist. Bei den Kosten geht es nämlich zunächst um
das Netz. Da spielt die Zahl der Endgeräte noch keine
Rolle. Die Bundesdienststellen haben mehr Vorteile von
diesem Netz, weil sie dann durch das gesamte Netz mit-
einander funken können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der zweite Punkt betrifft die Summen, die hier im

Raume stehen. Sie sagen, wir würden unverantwortlich
handeln, wenn wir dem 50:50-Prozent-Finanzierungs-
vorschlag der Länder näher träten. Einmal davon abge-
sehen, dass Kollege Göbel das zu keinem Zeitpunkt ge-
macht hat, dass aber in diese Sache Bewegung kommen
muss, muss ich Ihnen sagen: Wenn Sie einen 50-prozen-
tigen Anteil übernehmen würden, müssten Sie pro Jahr
für ein modernes Funksystem der Polizei und des BGS
0,1 Prozent des Bundeshaushaltes investieren. 0,1 Pro-
zent sind Ihnen zu viel? Das glaubt Ihnen in der Öffent-
lichkeit niemand mehr.

Ich will Ihnen aber sagen, wer blockiert. Es blockie-
ren nicht die Länder, sondern es blockieren zwei Perso-
nen. Die eine will nicht, Finanzminister Eichel, und die
andere kann nicht, Innenminister Otto Schily.

Ich prophezeie Ihnen schon jetzt etwas: Wenn Otto
Schily so weitermacht, kann er bald zu Recht der
Manfred Stolpe der Innenpolitik genannt werden,

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


eil wir keinen Digitalfunk bekommen werden, auch
icht im Jahr 2010.
De
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1506318400
Zwar muss vonseiten der Länder Bewegung in das
orhaben kommen, aber auch vonseiten des Bundes. Sie
üssen mehr als 10 Prozent der Kosten übernehmen,
onst kommen wir keinen Schritt weiter. Diese Entschei-
ung kann nur der Bund treffen. Dafür müssen Sie sor-
en, sonst werden wir den Digitalfunk nie bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506318500

Herr Staatssekretär, möchten Sie auf die Kurzinter-

ention eingehen?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1506318600

Ich sehe keine Veranlassung dazu.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Jetzt ist er be leidigt!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506318700

Das steht jedem frei und es verkürzt auch unsere Sit-

ungsdauer etwas. Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Innenaus-

chusses auf Drucksache 15/1260 zu dem Antrag der
raktion der CDU/CSU mit dem Titel „Ausschreibung
es BOS-Digitalfunks im Jahr 2003 einleiten“. Der Aus-
chuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/816 ab-
ulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung
es Ausschusses? – Die Gegenprobe! –


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist aber die Mehrheit! Eine qualifizierte Mehrheit!)


Nein. – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
it den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
timmen der Opposition angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur
Änderung des Filmförderungsgesetzes
– Drucksache 15/1506 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile der Staatsmi-

isterin Christina Weiss das Wort.






(A) )



(B) )


Dr
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1506318800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! „Good bye, Lenin!“ ist ein Film, wie man ihn in
Deutschland gemeinhin nicht erwartet: erfolgreich im
Kino, beliebt beim Publikum, lukrativ für den Exporteur,
wegen seiner künstlerischen Qualität preisgekrönt und
Oscar-nominiert, aber dennoch staatlich gefördert. Er ist
ein Paradebeispiel unserer Filmförderung, die wir mit
dem heute eingebrachten Gesetzentwurf noch maßge-
schneiderter, effektiver und leistungsstärker machen
wollen.

Denn der Erfolg von „Goodbye, Lenin!“ darf uns
nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Lage der
deutschen Filmwirtschaft seit der letzten Gesetzesno-
velle 1998 zugespitzt hat. Sie alle kennen die Ursachen
dafür: Die Börsen – vor allem der Neue Markt – haben
eine schmerzliche Talfahrt hinter sich. Das Eigenkapital
der Produzenten stagniert bei steigenden Produktions-
kosten. Viele Fernsehveranstalter verzichten auf Spiel-
filmproduktionen, während ihre Kosten für Werbung
und Filmkopien in den letzten Jahren auf mehr als das
Doppelte gestiegen sind. Kurz: Das risikoreiche Filmge-
schäft ist zu einer Kletterpartie mit erhöhter Absturzge-
fahr geworden.

Das kann uns nicht gleichgültig sein. Immerhin be-
schäftigt die Filmwirtschaft in mehr als 8 000 Unterneh-
men rund 150 000 Menschen und hat trotz aller Pro-
bleme noch immer ein überproportional großes
Wachstumspotenzial von gut 6,6 Prozent.

Meine Damen und Herren, wir sind uns sicherlich da-
rin einig, dass wir auch in der Filmbranche einen enor-
men Reformstau aufzulösen haben. Deshalb konzen-
triert sich der vorliegende Gesetzentwurf sowohl auf die
Verbesserung des Fördersystems als auch auf die Stär-
kung dessen finanzieller Basis.

Ich möchte drei Punkte hervorheben: erstens den Aus-
bau der Referenzfilmförderung. Auch wenn er Ihnen
bekannt ist, so muss dieser Begriff doch immer wieder
erklärt werden. Dahinter verbirgt sich ein Bonussystem
für Produzenten, denen es gelungen ist, wirtschaftlich
und künstlerisch erfolgreich zu arbeiten


(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD])

und die in der Lage sind, Publikum ins Kino zu locken
oder auf Filmfestivals künstlerisch zu reüssieren.

Zweitens. Das neue Filmförderungsgesetz wird die
Förderstruktur neu gewichten. Die Mittel für die Ab-
satzförderung steigen um 110 Prozent auf 14,5 Millio-
nen Euro.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Produktionsförderung erhält 40 Prozent mehr Geld,
also 17,5 Millionen Euro.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D ie Kinoförderung – vielleicht hören Sie hier mit besonerer Aufmerksamkeit zu – wird um 20 Prozent auf über Millionen Euro aufgestockt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Drittens. Da der deutsche Film international zu be-
cheiden auftrifft, wollen wir mit unserer Novelle dafür
orgen, dass unsere Produktionen im Ausland bekannter
erden. Mit „Nirgendwo in Afrika“ und mit „Good bye,
enin!“ ist das gelungen. Die jüngste Erfolgsmeldung
ommt übrigens aus Frankreich. Dort hat „Good bye,
enin!“ am ersten Wochenende 120 000 Besucher in die
inos gelockt.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Horst Kubatschka [SPD]: Was würden wir nur ohne Lenin machen!)


nser Ziel ist, diesen Erfolg für den Ausbau des Filmex-
ortgeschäftes zu nutzen.
Das alles ist nur möglich, wenn wir die Mittel für die

ilmförderungsanstalt erhöhen. Niemand hätte es ge-
laubt, dass es meinem Haus und mir in diesen schwieri-
en Zeiten gelingen wird, die finanzielle Basis der
ilmförderungsanstalt um rund 40 Prozent aufzusto-
ken, also von 46,2Millionen Euro auf 64,7 Millionen Euro.
och genau das ist gelungen.


(Beifall bei der SPD – Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: Die Rechnung zahlen aber andere, nicht Sie!)


ch danke an dieser Stelle ganz besonders den Fernseh-
eranstaltern, die ihre Leistungen verdoppeln werden
nd künftig rund 22,4 Millionen Euro zur Verfügung
tellen werden. Diese Verdoppelung entspricht bei den
ffentlich-rechtlichen Veranstaltern etwa 7 Prozent des
inofilmetats. Sie sind also faire Verhandlungspartner.
Da diese Summe nicht ausreichen würde, um unser

mbitioniertes Ziel zu erreichen, sieht die Novelle auch
ine maßvolle Erhöhung – ich betone: maßvolle – der
ilm- und Videoabgabe vor. Wie Sie wissen, gibt es
arüber derzeit Unmut bei den Kinobetreibern, aber
uch eine Reihe von Missverständnissen. Worum geht es
irklich? Es geht um eine Abgabe, die wir um genau
Cent – ich betone: 3 Cent – pro verkaufter Kinokarte
rhöht haben. Davon zahlen die Kinobetreiber etwa die
älfte. Die andere Hälfte zahlen die Verleiher. 1,5 Cent
ehr für die Zukunft des deutschen Films nenne ich mo-
erat. Ich glaube nicht, dass man deswegen unsere Ver-
assungsrichter bemühen muss, wie das manche planen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


um Vergleich: In Frankreich beträgt die Abgabe auf
ede verkaufte Kinokarte 11 Prozent. Wir erreichen
und das nach der Anhebung – gerade einmal
,7 Prozent vom Bruttoumsatz. Vergessen Sie nicht: Die
inoabgabe ist das Herzstück der Filmförderung in ganz
uropa!






(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Christina Weiss

Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine Bemerkung.

Obwohl wir mit der FFG-Novelle die wirtschaftlichen
Instrumente der Filmförderung im Blick haben, wird
sich mein Haus weiterhin auch und gerade denjenigen
Filmen widmen, die künstlerisch besonders ambitioniert
und innovativ sind und die nicht immer auf Anhieb ein
großes Publikum erreichen können. Wie Sie wissen,
kann nicht jeder gute Film ein Kassenschlager werden.
Mit unserer Gesetzesnovelle wollen wir aber dafür sor-
gen, dass Kassenschlager in jedem Fall auch gute Filme
sind. Unterstützen Sie uns bitte dabei!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506318900

Danke schön. – Das Wort hat jetzt der Abgeordnete

Bernd Neumann.

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1506319000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

Lage des deutschen Films mit einem durchschnittlichen
Marktanteil zwischen 10 und 15 Prozent in den Kinos ist
nach wie vor unbefriedigend.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das spricht für Förderung!)


Darüber können auch die beiden letzten großen Einzeler-
folge – der Oscar für „Nirgendwo in Afrika“ und die
6 Millionen Zuschauer, die „Good bye, Lenin!“ gesehen
haben – nicht hinwegtäuschen. Frau Weiss selbst hat so-
eben festgestellt, dass sich die Lage der deutschen Film-
wirtschaft zuspitze.

Nun soll mit der Novellierung des Filmförderungsge-
setzes – so Ihre Aussagen, Frau Weiss – ein neuer Schub
für den deutschen Film erfolgen. Vorweg muss man erst
einmal feststellen, dass die Hauptprobleme des deut-
schen Films weniger in der Filmförderung als vielmehr
in den darüber hinausgehenden Rahmenbedingungen
für Filmproduzenten liegen, die in Deutschland deut-
lich schlechter sind als in vielen anderen Ländern. Stich-
worte wie „Behinderung internationaler Koproduktionen
durch den Medienerlass des BMF“, „unzureichende Fi-
nanzierung deutscher Produktionen aus Medienfonds“,
„Vernachlässigung von Interessen der Filmwirtschaft im
Zusammenhang mit dem Urheberrecht“ und „fehlende
steuerliche Anreize“ rufen in Erinnerung, dass die von
der Bundesregierung – unter anderem in mehreren
Bündnissen für den Film – seit langem zugesagten Ver-
besserungen bisher nicht eingetreten sind. Dabei sind
nach meiner Meinung die internationale Wettbewerbsfä-
higkeit des deutschen Films und die von mir genannten
Punkte viel wichtiger als die Änderung von Paragraphen
im Filmförderungsgesetz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Im Übrigen hat meine Fraktion diese Rahmenbedin-

gungen zum Gegenstand einer Großen Anfrage ge-
macht; die Antwort darauf liegt jetzt vor. Obwohl die
Debatte erst im November stattfindet, möchte ich bereits

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(C (D etzt feststellen, dass die Antwort der Bundesregierung das werden Sie dann auch noch von der Filmwirtschaft ören – völlig unbefriedigend ist. Das heißt, die versprohene Lösung der für die Filmwirtschaft entscheidenden robleme bleibt weiterhin offen. Ich komme nun zum Filmförderungsgesetz, das im anzen System der Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr als ine Säule darstellt. Lassen Sie mich hier eine grundsätziche Bemerkung machen, auch wenn ich meinen Kolleen Otto von der FDP damit erneut provoziere: Ohne örderung, die im Übrigen zu einem beträchtlichen Teil on der Filmwirtschaft selbst und – das gilt für den größen Anteil – von den Bundesländern getragen wird, gäbe s den deutschen Kinofilm praktisch nicht. (Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das ist wahr!)


a es sich beim Kinofilm um ein wichtiges öffentliches
ulturgut handelt, ist die öffentliche Förderung wie bei
nderen Kulturgütern voll berechtigt.
Vergleichen wir die jährliche Zahl der Kinobesucher,

ie sich deutsche Filme anschauen, mit der Zahl der
heaterbesucher in Deutschland: Sie ist mit circa
0 Millionen in etwa gleich. Vergleichen wir allerdings
ie öffentlichen Subventionen, so ist die Summe der
ubventionen für die Theater in Deutschland mit circa
Milliarden Euro um ein Vielfaches höher als die
umme von knapp 150 Millionen Euro für den deut-
chen Film. Ich sage nicht, dass die Theater genug Geld
aben; ich mache nur deutlich, dass die These, die deut-
che Filmwirtschaft werde über Gebühr subventioniert,
ngesichts anderer Subventionen nicht richtig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der vorliegende Gesetzentwurf, den Sie preisen
dazu sind Sie allein qua Amt verpflichtet –, enthält
icht und Schatten.


(Horst Kubatschka [SPD]: Sind Sie für die Schatten zuständig?)


rau Weiss, ich stelle deswegen fest: Es ist nicht der
roße Wurf; aber er kann es in Anbetracht objektiver
atbestände wahrscheinlich auch nicht sein. Positiv ist
nter anderem zu erwähnen, dass die Kapitalkraft von
roduzenten mit dem neuen Gesetz gestärkt wird. Es
ibt Möglichkeiten längerfristiger Kapitalaufstockung
urch die FFA. Außerdem gibt es Zwischenfinanzie-
ungsgarantien. Das alles sind sehr wichtige Instru-
ente, die den Produzenten das Leben erleichtern.
Die Reduzierung des Rechterückfalls im Verhältnis

on Fernsehen und Produzenten von sieben auf fünf
ahre ist ebenfalls zu begrüßen. Allerdings höre ich, dass
ich die privaten Fernsehanstalten dagegen noch wehren;
sofern müssen wir sehen, was daraus wird. Zu bedau-
rn ist auch – das werden Sie gleichermaßen tun –, dass
as nur für von der FFA geförderte Filme gilt, nicht für
ie anderen. Aber immerhin: Dies ist besser als gar
ichts.
Nun zu den Mittelerhöhungen: Staatsministerin Weiss

tellte eben als besonderen Erfolg heraus, dass das






(A) )



(B) )


Bernd Neumann (Bremen)


Fördervolumen der Filmförderungsanstalt voraus-
sichtlich um über 40 Prozent erhöht werde. Unabhängig
davon, ob diese Erhöhung am Ende tatsächlich erreicht
wird – ich bezweifele das –, muss ganz sachlich festge-
stellt werden, dass dies wahrlich keine besondere Leis-
tung der Bundesregierung darstellt, sondern dass im We-
sentlichen andere – per Gesetz oder per Vertrag – dazu
angehalten werden, mehr zu zahlen, damit mehr in die
Kasse kommt. Ich finde das nicht schlecht; aber es ist
keine besondere Leistung der Bundesregierung, wenn
andere mehr zahlen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Monika Griefahn [SPD]: Die Frage ist doch, wer das organisiert!)


Im Gegensatz zum Fernsehen, das seinen Beitrag zur
Filmförderung im Rahmen einer so genannten freiwilli-
gen Vereinbarung erbringt, müssen Kino- und Video-
wirtschaft eine gesetzlich fixierte Abgabe leisten. Es ist
nachvollziehbar, dass die Ungleichbehandlung zuguns-
ten des Fernsehens von der Filmwirtschaft beklagt wird.
Sie haben das jüngste Gutachten des HDF angesprochen.
Darin wird diese Praxis sogar als verfassungswidrig fest-
gestellt. Ich will das jetzt aber nicht im Einzelnen wer-
ten. – Umso wichtiger ist es deshalb, dass der so ge-
nannte freiwillige Beitrag der Fernsehanstalten in einem
angemessenen Verhältnis zu der Höhe der Zwangsab-
gabe der Kino- und Videowirtschaft steht.

Nach dem durch Staatsministerin Weiss veröffentlich-
ten Verhandlungsstand – das haben wir noch nicht
schriftlich; sie hat es eben noch einmal mündlich darge-
stellt – sieht es so aus, dass der öffentlich-rechtliche
Rundfunk seinen jährlichen Beitrag von zurzeit
5,5 Millionen Euro ab 2005 verdoppeln will. Einerseits
ist erfreulich, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk
überhaupt zu einer Erhöhung seines Beitrags veranlasst
werden konnte – das haben Sie, Frau Weiss, durch Zä-
higkeit in den Verhandlungen sicherlich ein Stück mit
bewirkt –, andererseits ist die Summe von
11Millionen Euro, selbst wenn man die höheren Leistun-
gen des Fernsehens bei den Filmförderungen der Län-
der einbezieht, im Hinblick auf die jährliche Gebühren-
einnahme von 6,5 Milliarden Euro


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Kärglich!)


verschwindend gering, wenn man bedenkt, in welch ho-
hem Maße das Fernsehen vom deutschen Kinofilm pro-
fitiert. Deshalb habe ich volles Verständnis, wenn die
Kino- und Videowirtschaft den Beitrag des Fernsehens
im Verhältnis zu ihrem Beitrag, auch nominal, nicht für
ausreichend hält. Auf keinen Fall – da sind wir uns
einig – kann die Wiedereinführung der Fernsehbindung
der Abgaben von ARD und ZDF – das Geld wird indi-
rekt letztlich nur für das Fernsehen ausgegeben – akzep-
tiert werden.

Das Ergebnis der Verhandlungen mit den privaten
Fernsehanstalten, Frau Weiss, ist im Augenblick noch
völlig vage. Normalerweise müssten diese ihren Beitrag
von jetzt 5,5 Millionen Euro ebenfalls verdoppeln. Dies

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(C (D ird aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten der priaten Sender nicht möglich sein. Deshalb soll ihr Beitrag urch Sachleistungen, das heißt durch Werbung für Kiofilme, erbracht werden. Aber die Konkretisierung ist isher nicht erfolgt. Im Übrigen: Diese Summe, die in orm von Werbung geleistet wird und nicht in Form von ördermitteln fließt, haben Sie bei der Erhöhung gleich it eingerechnet. Abschließend will ich Ihnen noch etwas sagen, liebe amen und Herren von der Sozialdemokratischen Parei, die Sie ja den Beitrag der Staatsministerin pflichtgeäß mit Beifall bedacht haben. (Horst Kubatschka [SPD]: Sie haben doch auch etwas gelobt!)


Ich habe das gar nicht kritisiert. Wenn Sie Ihre Pflicht
rfüllen, ist das gut.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das ist Neigung, nicht Pflicht!)


Gut. – Wenn man bedenkt, dass der Vorgänger von
rau Weiss – Sie erinnern sich vielleicht gar nicht mehr
n ihn;


(Horst Kubatschka [SPD]: Den kennen wir alle noch!)


ie hatte ja mehrere Vorgänger –, Staatsminister Nida-
ümelin, noch in seinem Zwischenbericht des letzten
ahres davon ausging, dass das Fernsehen circa
0 Millionen Euro zusätzlich erbringen soll – jetzt sollen
s 5,5 Millionen mehr sein –, relativiert sich das jetzige
erhandlungsergebnis.
Ganz wichtig ist – ich hoffe, da sind wir uns einig –,

ass das Verhandlungsergebnis in jedem Fall verankert,
er Unterschrift besiegelt werden muss, bevor wir die
nderung des Filmförderungsgesetzes verabschieden,
amit auch jeder sichergehen kann, dass die Leistungen
rfolgen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


In der neuen Fassung des FFG ist eine Erhöhung der
bgabe der Kino- und Videowirtschaft festgelegt,
um Teil um bis zu 33 Prozent. Sie sagen: 3 Cent pro Ki-
okarte ist nicht viel. – Wenn man die Gesamtsumme in
illionen oder auch den Einzelfall betrachtet, beträgt
ie Erhöhung aber 33 Prozent. Das macht wohl insbe-
ondere den vielen kleinen und mittelständischen Kino-
etreibern sehr zu schaffen, die sich aufgrund der derzei-
igen Entwicklung ohnehin in einer Existenzkrise
efinden. Frau Weiss, wenn Sie den heutigen Wirt-
chaftsteil der „Welt“ lesen, dann stellen Sie fest, dass
elbst ein großer Kinobetreiber in Bedrängnis gerät. Es
ann nicht der Sinn sein, durch die Erhöhung der Ab-
abe dazu beizutragen, dass insbesondere in kleinen und
ittleren Städten der ohnehin stattfindende Prozess des
inosterbens noch gefördert wird. Deswegen werden
ir, auch bei dem Hearing, sehr sorgsam darauf achten,
ass das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet wird.






(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506319100

Herr Kollege Neumann, gestatten Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Griefahn?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1506319200

Das wird mir ja von der Redezeit nicht abgezogen.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506319300

Nein, nein. Wir stoppen das ganz präzise.

(Horst Kubatschka [SPD]: Das müssten Sie ei gentlich wissen, Herr Kollege!)


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1506319400

Manches vergisst man, Herr Kollege.

Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1506319500

Lieber Herr Kollege Neumann, sagen Sie doch bitte,

wie Sie auf diese 33 Prozent kommen. Selbst mit den al-
lertollsten Rechenkünsten kann ich nicht auf eine Erhö-
hung von 33 Prozent pro Kinokarte kommen, nicht ein-
mal bei mittelständischen Kinos. Ich wohne in einer
Kleinstadt, in der es zu meiner Freude noch ein Kino
gibt. Da kostet der Eintritt etwa 8 Euro. Wenn ich 3 Cent
aufschlage, komme ich nie und nimmer auf 33 Prozent.
Da wird der Kartenpreis nicht gleich um 3 Euro erhöht
werden.


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1506319600

Sehen Sie, Frau Kollegin, ich habe nur die Abgabe

gemeint, Sie aber haben die Erhöhung auf die ganze Ki-
nokarte bezogen. Nach den Grundrechenarten kann man
nur die Summe als Bezug nehmen, um die es geht. So ist
es überhaupt nicht streitig – auch Frau Weiss wird es
nicht bestreiten –, dass Ihr Vorhaben dazu führt, dass die
Abgabe, deren Höhe jetzt zwischen 1,5 und 2 Prozent
liegt, um 1 Prozentpunkt steigt. Das entspricht einer Er-
höhung der Abgaben um bis zu 33 Prozent. Ihren Kolle-
gen, die jetzt nicken, bin ich dankbar, dass sie meine
Aussage bestätigen.


(Monika Griefahn [SPD]: Das war nicht klar! Aber man muss doch ganz deutlich sagen, dass das nicht existenzbedrohlich ist.)


– Das sagen Sie. Ihre Frage habe ich damit beantwortet.
Ich will jetzt nicht viel zu den Gremien sagen, Frau

Weiss. Vor fünf Jahren haben wir in Bonn im Plenum
ebenfalls das Filmförderungsgesetz diskutiert und waren
uns einig, dass die Gremien eher verschlankt werden
sollten, indem die Zahl der Mitglieder verringert wird.
Mit dem, was jetzt vorliegt, wird an manchen Stellen lei-
der das Gegenteil bewirkt. Sie wollen einen Filmrat ein-
führen. Es gibt schon genug Räte im Bereich des deut-
schen Films; das ist überflüssig. Sie wollen die
Gremienzahl erhöhen. Wir werden darüber im Einzelnen
im Ausschuss reden. Ich halte es für falsch, in Zeiten, da
man über Entbürokratisierung und Entschlackung von
Gremien spricht und es eine Krise in der Filmwirtschaft
gibt, nun noch die Zahl der Gremien zu erhöhen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Eine letzte Bemerkung zur Referenzförderung: Die orgesehene Veränderung bei der Referenzförderung ist rinzipiell zu begrüßen. Dass dabei insbesondere die den uschauererfolg ergänzenden Kriterien wie Festivalerolge berücksichtigt werden sollen, ist gut. Die Einbezieung der Prädikate der Filmbewertungsstelle – Frau ollegin Schröter, wir haben schon einmal darüber geprochen –, die den kulturellen Aspekt der Filmfördeung besonders garantiert, sollte aus unserer Sicht beibealten und nicht abgeschafft werden. Wenn auch bei der Referenzförderung die Einbezie ung kultureller Kriterien außerordentlich wichtig ist, so uss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die eferenzförderung primär wirtschaftliche Filmförderung st, bei der der Zuschauererfolg honoriert werden soll. nsofern ist die Überlegung richtig, die Schwelle bei der eferenzförderung zu erhöhen. Wir müssen aber wähend des Hearings da noch einmal nachfragen. Ich höre, ass die große Mehrheit der Branche dieser Erhöhung ritisch gegenübersteht; insbesondere die Kreativen beürchten, dass sie dann nicht ausreichend Förderung beommen. Weil meine Redezeit zu Ende geht, möchte ich einen etzten Satz sagen: Meine Damen und Herren, es sind och eine Reihe von Einzelfragen zu klären. Wir werden as beim Hearing am 15. Oktober tun. Ziel sollte es sein, m Ende das neue Filmförderungsgesetz ausschließlich nter Sachgesichtspunkten und ebenso wie das letzte mit roßer Mehrheit zu beschließen. Ein von breiter Mehreit getragenes Fundament für die Filmförderung der ächsten fünf Jahre wäre der beste Dienst, den wir dem eutschen Film erweisen können. Wir sind dazu bereit. (Beifall bei der CDU/CSU – Horst Kubatschka [SPD]: Das war zwar ein langer letzter Satz, aber auch ein guter!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506319700

Über die letzten Sätze in Parlamentsreden könnte man

uch einmal eine Doktorarbeit schreiben. Da gibt es
iele Varianten.


(Horst Kubatschka [SPD]: Die Redner haben alle Kleist gelesen!)


Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Claudia Roth.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mocca-Fix? – Ham wa nich mehr. – Filinchen-Knäcke? –
icht mehr im Angebot. – Und Spreewaldgurken? –
ensch, Junge, wo lebst du denn? Wir haben jetzt die D-
ark und da kommst du mir Mocca-Fix und Filinchen!“
Erkannt? Ja, das war aus „Good bye, Lenin!“, dem
eutschen Erfolgsfilm des Jahres, gefördert von der
ilmförderungsanstalt.
„Katharina die Große hetzt während der Proben zu ih-

em eigenen Theaterstück umher; die Familie des letzten
aren sitzt – unbeirrt von der heranrollenden Revolution –
emeinsam am Tisch und diniert; Hunderte von Gästen
anzen Walzer beim letzten großen königlichen Ball von






(A) )



(B) )


Claudia Roth (Augsburg)


1913 …“ Kommt Ihnen diese Szene auch bekannt vor?
Wahrscheinlich nicht so bekannt wie die aus „Good bye,
Lenin!“. Sie stammt aus „Russian Ark“ vom russischen
Regisseur Alexander Sokurov, produziert von der deut-
schen Egoli-Tossell-Film aus Berlin, gefördert von
– richtig! – der Filmförderungsanstalt.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ach wie schön!)


Was mich – wie Christina Weiss – aber besonders
freut, ist der große Erfolg von beiden Produktionen im
Ausland. Deutsche Filmplakate auf den Champs-Élysées
und gemeinsame Produktionen mit Russland sind bis-
lang ein eher seltenes Bild. Das gilt auch für die Pre-
miere von „Luther“ in den USA in dieser Woche. Von
solchen Ereignissen brauchen wir mehr. Wir wünschen
uns deutsche Filme, die mitten ins europäische und auch
ins außereuropäische Herz treffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der Erfolg macht deutlich, dass wir uns mit diesen
wunderbaren Filmen im internationalen Vergleich
nicht zu verstecken brauchen. „Nirgendwo in Afrika“
und „Rosenstraße“, übrigens von zwei Regisseurinnen,
seien hier stellvertretend als weitere Beispiele genannt.

Dennoch gibt es große Probleme in der Branche. Es
besteht Reformbedarf. Der deutsche Film braucht – da
sind wir uns alle einig – eine starke regionale und bun-
desweite Förderung, um sich im Wettbewerb mit interna-
tionalen Produktionen messen zu können.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Mit der anstehenden Novellierung des Filmförde-
rungsgesetzes wollen wir die Chancen des deutschen
Films im internationalen Wettbewerb verbessern und
eine positive Außendarstellung erreichen. Mit einer ver-
stärkten Referenzförderung werden wir wirtschaftli-
chen Erfolg und Auszeichnungen bei Festivals zukünftig
stärker berücksichtigen. Wir sind uns wohl der Schwie-
rigkeit bewusst, die Balance zwischen dem künstle-
rischen und dem wirtschaftlichen Erfolg eines Filmes zu
halten. Ökonomische Faktoren dürfen beim Kunstwerk
Film nicht den künstlerischen Anspruch verdrängen. Sie
sind aber auch nicht zu ignorieren. Sie stehen auch nicht
notwendigerweise im Widerspruch dazu.

Deshalb haben wir in dem vorliegenden Gesetzent-
wurf dafür gesorgt, dass insbesondere Erstlings-, Doku-
mentar- und Kinderfilme weiterhin breit in den Genuss
von Fördermitteln kommen. Darüber, ob die Zahlen nun
der Weisheit letzter Schluss sind, kann man sicher noch
einmal reden; hier sehe auch ich noch Beratungsbedarf.
Ich denke, dass zum Beispiel auch beim Kurzfilm noch
nachzubessern ist.

Eine vielfältige Filmförderung ist für uns bei der
FFG-Novelle wichtig und steht weiterhin im Vorder-
grund. Aber Filmförderung braucht Geld. Deswegen
freue ich mich, dass insgesamt mehr Geld für die Film-
förderung bereitgestellt wird. Das Fördervolumen der
Filmförderungsanstalt steigt insgesamt um 40 Prozent.
Das ist für die Branche ein wichtiges Signal.

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(C (D Aus den Reihen der Filmwirtschaft gibt es Bedenken egenüber der Novelle, die wir ernst nehmen. Wir sind it den Betroffenen im Dialog über die Referenzfördeung, über Leistungskriterien, über die Bewertung von estivals, über die Rolle und den Beitrag des Fernseens. Auch wir haben noch Kritikpunkte: (Günter Nooke [CDU/CSU]: Dann machen Sie doch was daraus!)


ährend Produzenten, Filmtheater oder die Videowirt-
chaft gleich mit mehreren Verbänden im Aufsichtsrat
er Filmförderungsanstalt vertreten sind, sind weder
er Verband Deutscher Drehbuchautoren noch der Bun-
esverband der Fernseh- und Filmregisseure in Deutsch-
and oder die Kurzfilmer dort mit Sitz und Stimme ver-
reten.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ja, machen wir das Gremium noch größer!)


iese Erweiterung des Aufsichtsrats – dabei geht es um
reativität, Herr Otto – erscheint uns sinnvoll und drin-
end nötig. Das erscheint uns jedenfalls sinnvoller als
ie Schaffung eines neuen Gremiums wie des geplanten
eutschen Filmrats.
Insgesamt, denke ich, konnten wir einen ausgewoge-

en Entwurf vorlegen, der vor allem dem deutschen
ilm nachhaltig zugute kommt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit wir auch künf-

ig „Good bye, Lenin!“ sagen können, einen „impotenten
ann fürs Leben“ suchen dürfen und „Der alte Affe
ngst“ und „Herr Wichmann von der CDU“ uns genauso
egegnen wie „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“,
rauchen wir ein Filmförderungsgesetz, das Außenseiter
enauso fördert, wie es Publikumserfolge belohnt. Dafür
erden wir sorgen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle explizit Christina
eiss für ihre nachhaltige, konsequente, manchmal
ähe, kompetente Leidenschaft für den deutschen Film
anken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506319800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Joachim
tto.


(Beifall bei der FDP)



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1506319900

Liebe Frau Kollegin Roth! Schon die Kürze der mir

ur Verfügung stehenden Zeit – drei Minuten – verbietet
s mir, diese Eloge auf die Filmförderung fortzusetzen.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schade!)


as wäre auch der Rolle der FDP und meiner Person in
er Filmpolitik nicht zuträglich. Aber um die Feier-
tunde für den deutschen Film hier nicht zu stören,






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


möchte ich ausdrücklich erklären, dass drei der vier
Ziele, die die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf
verfolgt, auch von uns unterstützt werden:


(Zurufe von der SPD: Oh!)

die Verbesserung der Außenrepräsentanz, die Neuge-
wichtung der Förderungsbereiche und vor allen Dingen
die Verbesserung des Förderungssystems.


(Horst Kubatschka [SPD]: Aber?)

– Jetzt kein Aber.

Das Letzte – die Verbesserung des Förderungssys-
tems – ist am wichtigsten. Die stärkere Gewichtung der
Referenzfilmförderung – Frau Dr. Weiss hat darauf hin-
gewiesen – belohnt den Erfolg und ist sozusagen ein
marktwirtschaftliches Element. Wir Liberalen sind na-
türlich immer für eine Stärkung des Marktes.


(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, hier setzt meine konstruk-

tive Kritik ein. Wie man das vierte Ziel – die Erhöhung
der Einnahmen der FFA, also die Erhöhung der Umla-
gen, der Subventionen – damit verbinden will, ist schon
erstaunlich. Mehr Markt durch höhere Subventionen –
das hört sich fast so an, als wollte man den Teufel mit
dem Beelzebub austreiben.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Ist der Markt der Teufel oder der Beelzebub?)


Das geht schlecht zusammen.

(Beifall bei der FDP)


Wir alle wollen den deutschen Film fördern. Aber wir
können doch nicht jedes Mal 50 Prozent mehr Subven-
tionen verteilen. Sie haben „Good bye, Lenin!“ und an-
dere Filme erwähnt. Der Erfolg des deutschen Filmes
wächst aber nicht mit der Höhe der Subventionen; das ist
leider nicht der Fall.

Wir haben inzwischen eine Förderhöhe – Frau
Griefahn, wenn Sie mir Ihr geschätzes Ohr leihen wür-
den – pro Kinokarte deutscher Film von rund 12 Euro.
Das ist mehr, als die Karte kostet. Bereits heute werden
rund zwei Drittel der Kosten der deutschen Filme über
öffentliche Abgaben bestritten. Wollen wir diesen Anteil
jetzt noch erhöhen? Wir sind an einer Grenze angekom-
men. Der Kollege Neumann hat völlig Recht: Wir müs-
sen in erster Linie die Rahmenbedingungen stärken.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er nicht gesagt!)


– Das hat er schon gesagt.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Auch“ hat er gesagt!)

Wir dürfen uns nicht darauf versteifen, die Abgaben zu
erhöhen.

Ich möchte in der Kürze der Zeit noch einen zweiten
Kritikpunkt ansprechen. Der Deutsche Filmrat ist
schon ein tolles Ding. Film 20 hat ihn als „die überra-
schende Supernova“ des Regierungsentwurfes bezeich-
net. Wir haben so viele schöne, glamouröse Gremien:

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(C (D as Bündnis für den Film, die Filmakademie, die FFA sw. Jetzt kommt dieses tolle Gremium hinzu. Da fragt ich der geneigte Leser: Was soll denn das? Im Gesetzentwurf steht: Der Deutsche Filmrat hat insbesondere die Aufgabe, grundsätzliche Fragen der Filmpolitik und der öffentlichen Förderung des deutschen Films zu beraten … eine Damen und Herren, das ist unsere Aufgabe hier Parlament. Dieser Aufgabe müssen wir uns stellen. ir können sie nicht an irgendeinen Filmrat delegieren. 17 Mitglieder soll der Filmrat haben. Der Deutsche undestag, der zuständig wäre, benennt ein einziges: eien Jubelperser von der Koalition. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts gegen Perser!)


icht einmal die Opposition ist vertreten. Und da sollen
ie „grundsätzlichen Fragen der Filmpolitik“ geklärt
erden!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grü-

en, lassen Sie uns diese Tendenz der Entparlamentari-
ierung stoppen!


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU])


ir sind für die Bedingungen des deutschen Filmes ver-
ntwortlich. Wir müssen uns dem stellen.
Liebe Frau Präsidentin, da meine Redezeit zu Ende

st, mein letzter Satz: Auch wir Freien Demokraten wer-
en unseren Beitrag in der Debatte leisten, um den deut-
chen Film zu stärken. Wir werden uns konstruktiv an
en Debatten und insbesondere an der Anhörung am
5. Oktober beteiligen. Am Ende werden wir sehen, ob
ir das große Ziel erreichen: einen gemeinsamen, von
llen Fraktionen getragenen Gesetzentwurf. Wir sind zu
ieser Auseinandersetzung und dieser konstruktiven Zu-
ammenarbeit bereit.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506320000

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Gisela Schröter.

Gisela Schröter (SPD):
Rede ID: ID1506320100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ber den deutschen Film wird wieder gesprochen, nicht
ur in der Öffentlichkeit, sondern auch in diesem Hohen
ause. Der deutsche Film hat es verdient.
Auch wenn ich hier als Letzte spreche, möchte ich

och einmal die wichtigen Filme, die in diesem Jahr ge-
aufen sind und die es verdient haben, dass man immer
ieder über sie spricht, benennen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Man hat ja fast das Gefühl, dass die Regierung diese Filme gedreht hat!)







(A) )



(B) )


Gisela Schröter

Denken wir an den Oscar für „Nirgendwo in Afrika“ – es
wäre doch schlimm, wenn wir dies heute nicht erwähnt
hätten –, denken wir noch einmal an „Good bye,
Lenin!“ – ich wäre traurig, wenn ich das nicht hätte sa-
gen dürfen, auch wenn das bereits alle meine Vorredne-
rinnen und Vorredner getan haben – oder auch an den
Film „Rosenstraße“ von Margarethe von Trotta, der in
Venedig sehr viel Beachtung gefunden hat und für den
Katja Riemann den Preis für die beste Darstellerin be-
kommen hat. Ich gratuliere ihr dazu, ich finde das toll.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Horst Kubatschka [SPD]: Da könnten Sie mitklatschen!)


Auch die Gründung der Deutschen Filmakademie ist
auf große Aufmerksamkeit gestoßen. Ich wünsche der
Filmakademie viel Erfolg. Noch ist sie ein sehr zartes
Pflänzchen, das keineswegs unter Artenschutz steht. Ich
hoffe, dass sie zur Stärkung des deutschen Films im In-
land und Ausland beitragen wird.

Alle diese Beispiele sind für mich ein Zeichen ge-
wachsenen Selbstbewusstseins des deutschen Films.


(Beifall bei der SPD)

Darüber freue ich mich ganz besonders; denn ein gesun-
des Selbstbewusstsein ist die beste Voraussetzung für ei-
nen stabilen Erfolg. Die Lage des deutschen Films lässt
sich eben nicht nur mit der Entwicklung von Marktantei-
len beschreiben. Sicherlich waren die Besucherzahlen in
den Kinos in diesem Supersommer nicht berauschend
und sicherlich müssen wir hellwach sein, was die zuneh-
mende Internetpiraterie angeht. Ich denke aber, es hat
sich eine Menge bewegt.

Wie sah es denn bis 1998 aus, liebe Kolleginnen und
Kollegen? – Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern:
Da wurde zum Beispiel der Filmpreis vom Innenminis-
ter, gewissermaßen unter Ausschluss der Öffentlichkeit,
vergeben


(Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: Jetzt macht es doch die Nachfolgerin!)


und das Filmförderungsgesetz wurde im Innenausschuss
beraten.


(Zuruf von der CDU/CSU)

– Hören Sie mir doch einmal weiter zu! – Heute haben
wir einen Ausschuss, der sich schwerpunktmäßig mit
dem Film befasst.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Diese Tatsache macht das Gesetz schon allein gut!)


Am 15. Oktober werden wir in diesem Ausschuss
eine große Anhörung zur Novellierung des Filmförde-
rungsgesetzes durchführen. 18 Branchenexperten wer-
den uns Rede und Antwort stehen; das wird eine Mam-
mutveranstaltung. Es haben sich noch viel mehr
Experten gemeldet, die sich hier einbringen wollen. Ich
hoffe, alle werden dazu beitragen – ich gehe davon
aus –, dass wir diese Novelle so gestalten, dass wir damit
das Beste für den deutschen Film herausholen können.
Ich möchte an die Branchenexperten appellieren, dass

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(C (D ie dann nicht ihre Brancheninteressen regieren lassen, ondern im Gesamtinteresse des deutschen Films agieren erden – das ist für mich im Hinblick auf diese Anhöung eine ganz wichtige Bitte –, (Beifall bei der SPD – Monika Griefahn [SPD]: Sehr wichtig, ja!)


enau so wie es beim hier vorliegenden Gesetzentwurf
er Fall ist. Die Beauftragte der Bundesregierung hat
ier, denke ich, wirklich eine gute Arbeit geleistet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


etzt kommt es darauf an, wie wir weiter damit umge-
en.
Die Ergebnisse der Gespräche im Bündnis für den

ilm sind also in den Gesetzentwurf eingeflossen. Ich
öchte daran erinnern, dass natürlich auch diese Bünd-
isgespräche, an denen so viele beteiligt waren, nicht
mer alle befriedigen konnten. Die Ergebnisse sind im-
er wieder auf Kritik gestoßen, was bei dieser großen
eteiligung auch kein Wunder ist. Sie sind aber auch
rundlage für die heutige Novelle.
Uns liegt ein Gesetzentwurf vor – ich möchte das

och einmal zusammenfassen –, der die Fördermittel
m ein Drittel erhöht, der die Produzenten und damit die
ilmwirtschaft als Ganzes stärkt, der klare Anreize für
rfolgsorientiertes Filmschaffen setzt, der Erfolg nicht
ur als Erfolg an der Kinokasse definiert, sondern zu-
leich kulturelle Kriterien mit einbezieht, der den
ilmabsatz kräftig stärkt, der auch die Kreativen stärker
inbezieht und der die Nachwuchsförderung ernst
immt.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ein wahres Wundergesetz!)


ie Stärkung der Produzenten ist ein Kernanliegen die-
er Novelle. Ich meine, das ist gelungen.


(Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: Die Filmbranche sieht das durchaus anders!)


Ich möchte daran erinnern, dass das FFG im Kern
Herr Kollege Neumann, darin sind wir uns einig – ein
irtschaftsförderungsgesetz ist. Diese Aufgabe kann

ber nur dann erfüllt werden, wenn die kreative Seite des
ilmschaffens nicht aus dem Blick verloren wird. Des-
alb schreibt sich das neue FFG die Verbesserung der
kreativ-künstlerischen Qualität des deutschen Films als
oraussetzung für seinen Erfolg im Inland und im Aus-
nd“ auf die Fahnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ier sind erste wichtige Schritte gemacht worden. Auch
eiterhin wird dieses Thema auf der Tagesordnung blei-
en.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin vor allen
ingen auf die Anhörung im Ausschuss gespannt. Ich
rwarte eine sehr fruchtbare Debatte und von den
achverständigen – ich betone es noch einmal – jenseits
llen Lobbyismus wichtige Impulse. Einer guten Tradi-
on dieses Hauses folgend






(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506320200

Jetzt ist es Zeit für den letzten Satz.


Gisela Schröter (SPD):
Rede ID: ID1506320300

– ich bin dabei, Frau Präsidentin –, werden wir hof-

fentlich gemeinsam – ich komme auf Herrn Otto und
Herrn Neumann zurück – zu einem tragfähigen Ergebnis
bei der Reform der Filmförderung kommen, und zwar
im Interesse des deutschen Films.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Horst Kubatschka [SPD]: Der Satz war aber kurz!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506320400

Die Abgeordnete Gesine Lötzsch bittet darum, ihre

Rede zu Protokoll zu nehmen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann verfahren wir so.

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Über-
weisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/1506 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist
nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Jörg
van Essen, Rainer Funke, Rainer Brüderle, weite-
ren Abgeordneten und der Fraktion der FDP ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errich-
tung einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“
– Drucksache 15/473 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Die Abgeordneten Bätzing, Kahrs, Gehb, Schewe-
Gerigk und van Essen haben darum gebeten, ihre Reden
zu Protokoll zu nehmen. Sind Sie einverstanden? – Dann
verfahren wir so.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-
fes auf Drucksache 15/473 an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Fe-
derführung beim Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend liegen soll. Gibt es anderweitige Vor-
schläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist auch diese
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 sowie Zusatz-
punkt 4 auf:

10 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Mark, Hans Büttner (Ingolstadt), Detlef
Dzembritzki, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Hans-
Christian Ströbele, Dr. Ludger Volmer, Volker

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(C (D Beck Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wiederbelebung des Friedensprozesses in Kolumbien – Drucksachen 15/742, 15/1136 – Berichterstattung: Abgeordnete Lothar Mark Dr. Friedbert Pflüger Dr. Ludger Volmer Dr. Werner Hoyer P 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dem Antrag der Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen)

Pflüger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Neue Initiative zur Wiederbelebung des ko-
lumbianischen Friedensprozesses internatio-
nal unterstützen
– Drucksachen 15/203, 15/1559 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Kortmann
Peter Weiß (Emmendingen)

Hans-Christian Ströbele
Markus Löning

Für die Aussprache ist eine halbe Stunde vorgese-
en. – Widerspruch höre ich von Ihrer Seite nicht. Dann
t auch so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

er Abgeordnete Lothar Mark.


Lothar Mark (SPD):
Rede ID: ID1506320500

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! In den letzten Monaten war die Aufmerksamkeit
er Weltöffentlichkeit allein durch den Irakkrieg und die
ich anschließenden Befriedungsabsichten absorbiert.
ndere Krisenherde wurden dadurch völlig an den Rand
edrängt. Umso begrüßenswerter ist es, dass alle Frak-
ionen im Deutschen Bundestag Interesse an einer Wie-
erbelebung des Friedensprozesses in Kolumbien haben.
aher weiß ich alle Fraktionen mit mir einig, dass es an-
esichts der festgefahrenen Situation in Kolumbien not-
endig ist, sowohl von unserer Seite als auch vonseiten
er Europäischen Union neue Impulse zu geben.
Von diesem Interesse zeugt auch der Antrag der CDU/
SU-Fraktion, der in erster Lesung am 20. Februar 2003
m Plenum beraten, jedoch von allen damit befassten
usschüssen abgelehnt wurde. Der Oppositionsantrag
eist aus unserer Sicht erhebliche Mängel auf und setzt
in falsches politisches Signal: die politische und finan-
ielle Unterstützung des „Plans Colombia“, der fak-
isch einen zu starken militärischen Ansatz verfolgt und
uch chemische Besprühungsaktionen mit einschließt.
Hierauf wiesen in der ersten Lesung schon meine
olleginnen Karin Kortmann und Anke Hartnagel hin.






(A) )



(B) )


Lothar Mark

Wir sahen uns in den Koalitionsfraktionen deshalb ge-
zwungen, unsererseits einen Antrag vorzulegen und die-
sen einseitig militärischen Akzent des „Plans
Colombia“ – auch wenn die CDU/CSU dies bestreitet –
ebenso wie die Besprühungsaktionen als kontraproduk-
tiv abzulehnen.

Wie mir kürzlich im persönlichen Gespräch mit Präsi-
dent Uribe bestätigt wurde, wird dieser Antrag nicht als
Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Ko-
lumbien angesehen. Im Gegenteil: Die kolumbianische
Regierung hat ausdrücklich um ein stärkeres internatio-
nales Engagement gebeten. Aus zahlreichen persönli-
chen Gesprächen – darunter, wie erwähnt, mit Präsident
Uribe, Vizepräsident Santos und Oppositionsführer
Holguín, denen ich auch die wesentlichen Aspekte unse-
res Antrages vorstellte – ist mir bekannt, dass insbeson-
dere ein aktiveres Engagement Europas uneingeschränkt
begrüßt würde. Momentan setze Kolumbien verstärkt
auf die Hilfe der USA, so Präsident Uribe und Vizepräsi-
dent Santos, weil die EU bisher ein allzu geringes Inter-
esse für die Situation zeige.

Ich freue mich, dass ihre Exzellenz, Frau Botschafte-
rin Mejía Marulanda von Kolumbien, dieser Debatte
beiwohnt.


(Beifall)

Exzellenz, ich begrüße Sie mit Erlaubnis der Präsidentin
auf das Herzlichste und danke Ihnen für die bisherigen
freundschaftlichen, offenen und konstruktiven Gesprä-
che. Ihre Anwesenheit zeigt, dass unsere Bemühungen
auf Ihr Interesse stoßen und wir gemeinsam den längst
begonnenen kritischen Dialog fortsetzen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In dem angesprochenen Sinne ist der Grundtenor un-

seres Antrages wie folgt zu verstehen: Unterstützung der
Doppelstrategie von Präsident Uribe. Die Vergangenheit
hat gezeigt, dass der Konflikt allein auf dem Ver-
handlungsweg und durch guten Willen der Regierung
Pastrana nicht gelöst werden konnte.

In Kolumbien sind derzeit rund 2,5 Millionen Men-
schen auf der Binnenflucht. Jährlich finden circa
3 000 Entführungen statt, darunter auch von zahlrei-
chen Mandatsträgern, Gewerkschaftern, Unternehmern
und Journalisten. Erst vor einer Woche wurden in Nord-
kolumbien acht ausländische Touristen von Rebellen
entführt. An dieser Stelle appelliere ich an alle Parla-
mentarier in der Welt, sich entschlossen für eine Äch-
tung dieser Praxis und Taktik einzusetzen. Die Bewe-
gungsfreiheit innerhalb eines Landes muss für alle
sichergestellt sein und Parlamentarier wie Mandatsträger
müssen ihr Mandat uneingeschränkt ausüben können.
Die Einschränkung der politischen Bewegungsfreiheit
ist ein elementarer Verstoß gegen die Menschenrechte.

Die genannten Zahlen verdeutlichen uns eine dahinter
stehende humanitäre Katastrophe, die uns alle eigentlich
beschämen muss. Daher ist die Demonstration der
Stärke des Staates durch Wiederherstellung seines Ge-
waltmonopols richtig. Dies gilt allerdings nur, wenn das
staatliche Gewaltmonopol als Grundlage für Bemühun-

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(C (D en zur Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen erstanden wird, um mittelbis langfristig eine politiche Lösung des bewaffneten Konflikts zu erreichen. nserer festen Überzeugung nach kann es Frieden in olumbien nur auf dem Verhandlungswege geben. Ich enke, dass die kolumbianische Regierung dies ebenfalls o sieht. In diesem Zusammenhang ist zu sagen, dass es unse er Erachtens richtig ist, alle bewaffneten illegalen Grupen in diese Verhandlungen einzubeziehen. Friedensverandlungen sind also auch weiterhin mit den aramilitärs, der FARC und dem ELN notwendig. Man uss feststellen, dass alle illegalen bewaffneten Grupen im Laufe des Konflikts Menschenrechtsverletzunen begangen haben. Aber wenn wir auf eine friedliche ösung des Konflikts durch Verhandlungen setzen, dann üssen wir diese Verhandlungen notgedrungen mit den afür Verantwortlichen akzeptieren. Während Präsident Pastrana bestehende Verbindun en der Paramilitärs zu staatlichen Ordnungskräften eugnete, gibt Präsident Uribe diese zu und stellt somit ie Paramilitärs erstmals auf eine Stufe mit den Guerillarganisationen und bezieht sie richtigerweise in seine erhandlungen ein. Entscheidend ist dabei aus unserer icht: Man muss den illegalen Kräften eine Perspektive ür ein Leben nach dem Bürgerkrieg und einen Anreiz eben, dass sie aus der Teufelsspirale aussteigen. Wie will man einen Guerillero, der in seinem Leben ichts anderes als das Kriegshandwerk gelernt hat, daon überzeugen, seine Waffe abzugeben? Der Staat muss hm zumindest die Chance eröffnen, sich wieder in die esellschaft zu integrieren. Wenn ich hier eine teilweise Amnestie bzw. ein diffe enziert zu betrachtendes Amnestiesystem anspreche, ie von der kolumbianischen Regierung durch das ekret 128 und durch Gesetzesvorhaben im Übrigen beeits in Angriff genommen, möchte ich keinesfalls der islang weitverbreiteten Straflosigkeit Vorschub leisten. anz im Gegenteil: Unser Antrag macht deutlich, dass in stärkerer kolumbianischer Staat Garant für die Ahnung von Verletzungen der Menschenrechte und des huanitären Völkerrechts sein muss. (Beifall des Abg. Klaus-Jürgen Hedrich [CDU/CSU])


traflosigkeit und die Schwäche entscheidender rechts-
taatlicher Institutionen wie Justiz und Ombudsmann
ind eines der Schlüsselprobleme des bewaffneten Kon-
likts. Sie stellen die größte Bedrohung einer jeden De-
okratie dar, weil sie zu weiteren Gewalttaten geradezu
rmutigen.
Ich weiß, wie schwierig es ist, sich Amnestierungsfra-

en zu stellen, sie in einem gebeutelten Land zu disku-
eren und Amnestie durchzusetzen. Die beiden Mög-
chkeiten lauten nur: Fortsetzung der Entführungen und
es Mordens oder Reintegration betreiben mit ordentli-
hen juristischen Verfahren und Amnestierungsaussicht
umindest in sehr vielen Fällen, die vorher aber klar de-
iniert werden müssen.






(A) )



(B) )


Lothar Mark

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass seit Einbrin-

gung des Antrags der darin erwähnte Ausnahmezustand
vom kolumbianischen Verfassungsgericht aufgehoben
wurde. Dennoch geben Berichte von internationalen
Menschenrechtsorganisationen zu der Vermutung An-
lass, dass die Zahl der Verletzungen der Menschenrechte
und des humanitären Völkerrechts durch illegal bewaff-
nete Gruppen, aber zum Teil auch durch staatliche Si-
cherheitskräfte nicht abgenommen hat. Vor diesem Hin-
tergrund ist die Aufforderung an die Bundesregierung zu
verstehen, den kolumbianischen Staat bei der Entwick-
lung eines Aktionsplans zum Schutz der Menschen-
rechte und der Einhaltung des humanitären Völkerrechts
zu unterstützen.

Der Antrag erkennt die bedeutende Rolle der Zivilge-
sellschaft für eine nicht militärische Konfliktlösung an.
Wir möchten gerade in dieser Frage dem kolumbiani-
schen Wunsch nach einem stärkeren Engagement Euro-
pas Rechnung tragen, indem wir die Einsetzung eines
EU-Sondergesandten für Kolumbien anregen. Wie Kol-
lege Dr. Hoyer bereits in der ersten Lesung des CDU/
CSU-Antrags zu Kolumbien richtig bemerkt hat, hat sich
in dieser Frage leider noch immer kein europäisches Pro-
fil entwickelt.


(Beifall des Abg. Harald Leibrecht [FDP])

Europa würde durch einen Sondergesandten erheblich an
Gewicht gewinnen und könnte unter Beweis stellen, dass
es fähig ist, mit einer Stimme zu sprechen, und sich Pro-
blemlösungen in der Welt annimmt.

Ich möchte noch folgendes Anliegen des Antrags he-
rausstellen. Wir sehen den Schlüssel zum Erfolg im Ge-
gensatz zur CDU/CSU-Fraktion in einem entschlossenen
Herangehen an die sozioökonomischen Ursachen des
Konflikts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daher fordern wir im Antrag unter anderem die Umset-
zung einer sozial gerechten und ökonomisch sinnvollen
Landreform, die auch eine Zuteilung von Land an
Kleinbauern beinhalten muss.

Ein weiterer Punkt ist die Abwanderung von Intelli-
genz aus Kolumbien. Es kann unseres Erachtens nicht
sein, dass die kolumbianischen Eliten in ihrem Land zu
einem großen Teil keine Zukunft sehen und ihr Können
und Wissen im Ausland einbringen. Natürlich sind hier
die kolumbianische Gesellschaft und die Regierung ge-
fordert, aber mindestens ebenso sehr die internationale
Gemeinschaft.

Was nützt dem Kleinbauern sein alternatives Anbau-
produkt, wenn er es nicht Gewinn bringend absetzen
kann und wenn er nicht vor den Guerilleros geschützt
wird? Er benötigt verstärkt Hilfen, unter Umständen
auch internationale Subventionen. Gerade nach dem
Scheitern der WTO-Ministerkonferenz in Cancun er-
scheint es umso wichtiger, innerhalb der EU auf eine
umfassende Marktöffnung zu drängen. Man kann es
nicht oft genug betonen: Marktöffnung ist die beste Hilfe
zur Entwicklung.

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(C (D Ich weise darauf hin, dass dieser Konflikt inzwischen on allen als eine regionale Problematik anerkannt woren ist. Er stellt kein Thema dar, das Kolumbien isoliert etrifft. Alle Nachbarn sehen das inzwischen so. In dieem Zusammenhang weise ich besonders erfreut darauf in, dass der brasilianische Präsident Lula dem kolumbanischen Präsidenten Uribe ein Assoziierungsangebot in ezug auf Mercosur unterbreitet hat. Ich denke, dass dait die Bereitschaft, den Konflikt in Kolumbien zu löen, größer geworden ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir kommen bei der Suche nach einer friedlichen Lö-
ung für Kolumbien nicht umhin, in Bezug auf die Dro-
enproblematik von unserer teilweise scheinheiligen
osition in den Konsumentenländern abzurücken.


(Klaus-Jürgen Hedrich [CDU/CSU]: So ist es!)


s ist nicht vertretbar, dass die Industrienationen mit
em Zeigefinger auf die Drogenproduzentenländer zei-
en, solange sie selbst nicht in der Lage sind, die Nach-
rage und den Drogenkonsum zu reduzieren.


(Beifall des Abg. Klaus-Jürgen Hedrich [CDU/CSU])


uch wir als Konsumenten- und Nachfrageländer müs-
en uns der Verantwortung stellen und gemeinsam mit
en Transport- und Produzentenländern nach Lösungen
uchen.
Ich denke, die in unserem Antrag ausgewogenere Be-

rachtung wird der Problematik in Kolumbien gerechter
nd bietet hilfreiche Ansatzpunkte für die Suche nach ei-
er friedlichen Lösung des Konflikts, die wir uns alle für
as kolumbianische Volk so sehr wünschen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag, da-
it der Friedensprozess in Kolumbien weiter- und zu
nde geführt werden kann.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506320600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus-Jürgen
edrich.


Klaus-Jürgen Hedrich (CDU):
Rede ID: ID1506320700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Lieber Kollege Mark, wenn der Antrag dem ak-
uellen Stand der Entwicklungen entsprechen würde und
ie zumindest Ergänzungen vorgelegt hätten, würden
ir ihm gerne zustimmen. Wenn man sich den Antrag
inmal anschaut, kann man feststellen, dass mindestens
rei Dinge nicht der aktuellen Situation entsprechen:






(A) )



(B) )


Klaus-Jürgen Hedrich

Erster Punkt. Sie haben in Ihrem Antrag die Guerilla-

bewegungen aus ideologischen Gründen mit der Regie-
rung auf eine Stufe gestellt. Das ist unakzeptabel.

Zweiter Punkt. Sie haben es in Ihrem Antrag an einer
eindeutigen Unterstützung der Regierung von Alvaro
Uribe vermissen lassen.

Dritter Punkt. Sie haben wieder eine falsche Darstel-
lung des „Plans Colombia“ gewählt. Ohne das nun über-
treiben zu wollen, habe ich manchmal den Eindruck,
dass wohl nur sehr wenige Mitglieder dieses Hohen
Hauses diesen Plan wirklich einmal gelesen haben; denn
sonst würde man nicht ständig die militärische Kompo-
nente betonen. Dieser Plan ist mangelhaft, er ist aber
eine unverzichtbare Grundlage für die Weiterentwick-
lung in Kolumbien.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist genau der falsche Weg!)


Vor diesem Hintergrund verweise noch einmal auf
drei besondere Ereignisse:

Erstes Ereignis. Die Bundesregierung hat im Rahmen
der Vorbereitungen der Konferenz der G 8 in Evian ein-
deutig festgestellt, dass die Position von Alvaro Uribe
zur Wiederherstellung des staatlichen Gewaltmono-
pols unterstützt wird. Davon steht in Ihrem Antrag kein
Wort.

Zweites Ereignis. Auf dem Präsidentengipfel in
Cusco haben sich alle lateinamerikanischen Präsidenten
eindeutig hinter Alvaro Uribe gestellt. Dass ein gewisser
Herr aus Caracas dieser Entscheidung nicht zugestimmt
hat, wundert einen kaum. Es gab also ein klares Be-
kenntnis Lateinamerikas zu Alvaro Uribe. Auch das
wird in Ihrem Antrag nicht deutlich.


(Lothar Mark [SPD]: Er ist vorher erstellt worden!)


– Dann hättet ihr ihn ergänzen müssen. Man kann doch
keinen Antrag aufrechterhalten, der von der politischen
Entwicklung überholt wurde. Das ist doch der Punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lothar Mark [SPD]: Gucken Sie sich einmal Ihre Anträge vom letzten Jahr an!)


Drittes Ereignis. Dieses ist, wie ich glaube, von he-
rausragender Bedeutung. Ich meine die Konferenz von
London am 10. Juli dieses Jahres, auf der sich die Geber-
gemeinschaft ebenfalls mit großem Nachdruck hinter die
Position des Präsidenten und seiner Regierung gestellt
hat. Dass hier gerade auch die Bundesregierung eine
klare Position eingenommen hat, wird von uns nachhal-
tig begrüßt; denn auch wir kennen natürlich die dahinter
stehenden die Mechanismen. Als Sie Ihren Antrag ein-
gebracht haben, werter Kollege Mark, haben sie das na-
türlich nicht tun können, ohne sich vorher mit dem Aus-
wärtigen Amt und dem BMZ, dessen Leitungsebene
heute nicht vertreten ist, abzustimmen.

Wir nehmen mit Interesse zur Kenntnis, dass die Bun-
desregierung in ihren Überlegungen zur Lösung des von
Ihnen zu Recht als Regionalkonflikt bezeichneten Kon-
fliktes bereits viel weiter ist, als das in Ihrem Antrag

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(C (D um Ausdruck gebracht wird. Die Weiterentwicklung er Position der Bundesregierung, um keine andere Forulierung zu wählen, hin zu einer klaren Unterstützung er Position von Alvaro Uribe wird von uns sehr berüßt. In diesem Zusammenhang ist übrigens ein weiterer unkt wichtig. Die lateinamerikanischen Präsidenten haen in der von mir bereits erwähnten Resolution von usco ausdrücklich die Vereinten Nationen um Verittlung in diesem Regionalkonflikt gebeten. Das ist mso wichtiger, als natürlich die kolumbianische Regieung einer solchen Einschaltung der Vereinten Nationen das sage ich in aller Deutlichkeit – ohne die Zustimung der Amerikaner, also Washingtons, ihrerseits nicht ugestimmt hätte. Das erwähne ich deshalb, weil häufig en Amerikanern unterstellt wird, sie seien per definitioem gegen die Mitwirkung der Vereinten Nationen in olumbien. In diesem Regionalkonflikt ist das in keiner eise erkennbar. In diesem Zusammenhang ist weiterhin von Bedeung, dass dieser regionale Konflikt nur lösbar ist, wenn lle Anrainerstaaten das gleiche Ziel verfolgen wie die egierung Uribe selbst. Wir haben gestern eine Kleine nfrage an die Bundesregierung zu der gesamten Prolematik eingereicht. Inzwischen gibt es mit Peru eine Vereinbarung, einen hot pursuit“, wonach kolumbianische Streitkräfte in der erfolgung von Guerillaverbänden auf peruanisches Geiet überwechseln dürfen. Ich halte das für einen bemerenswerten Vorgang. Ähnliche Dinge sind inzwischen it Panama vereinbart. Die Brasilianer haben eine beerkenswerte Kurskorrektur ihrer Außenpolitik vollzoen, denn sie haben festgestellt, dass sie auf Dauer vor iesem Regionalkonflikt die Augen nicht verschließen ürfen, weil inzwischen ein Großteil des Drogenhanels über brasilianisches Gebiet, weitestgehend über den mazonas, läuft. Völlig aus der Reihe tanzt Hugo Chávez. Hier können ir einfach feststellen, dass dieser Herr nicht nur Schritt ür Schritt zuhause eine faschistische Diktatur aufbaut, ondern dass er wissentlich Kräfte der FARC auf seinem erritorium duldet. Dieses darf auf Dauer – das ist mein ppell an alle Fraktionen dieses Hauses und auch an die undesregierung – nicht nur von Kolumbien, sondern uch von der internationalen Gemeinschaft nicht gedulet werden, weil sonst der Kampf gegen die Guerilla in olumbien ins Leere läuft. Das ist nicht zu tolerieren. Deshalb mein Appell, hier auch ein deutliches Wort egenüber der Regierung von Venezuela zum Ausdruck u bringen. Herr Kollege Mark, Sie haben zu Recht daauf verweisen, dass wir uns um kolumbianische Kolleen kümmern sollten. Der Deutsche Bundestag könnte as in besonderer Weise dadurch tun, dass alle vier Frakionen dieses Parlaments ihre nachhaltige Sympathie mit er Opposition in Venezuela bekunden. Das wäre ein eitrag zur Befriedung in der Region. Herzlichen Dank. Danke schön. – Das Wort hat jetzt die Staatsministe rin Kerstin Müller. K Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat ist die Lage in Kolumbien äußerst besorgniserregend. Massaker, Vertreibungen, Zwangsrekrutierungen auch von Kindern, Entführungen, Terrorakte gegen die Zivilbevölkerung sind dort an der Tagesordnung. Die Gewalt richtet sich dabei nicht nur gegen kolumbianische Bürgerinnen und Bürger, sondern auch gegen Ausländer vor Ort. Das wurde schon erwähnt. Unter den jüngst im Norden des Landes entführten acht Touristen befindet sich auch eine Deutsche. Ich will hier zu Anfang meiner Ausführungen versichern, dass die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den anderen betroffenen Regierungen die intensiven Bemühungen der kolumbianischen Regierung zur Freilassung der Geiseln unterstützt. Neben Entführungen und Erpressungen ist Drogenkriminalität ein weiteres großes Problem in Kolumbien. Schließlich alimentieren sich die Guerillagruppen wesentlich aus dem Drogenhandel. Ich meine, gerade hier ist eine enge internationale Zusammenarbeit gefordert, um dem profitreichen grenzüberschreitenden illegalen Handel einen Riegel vorzuschieben. Verständlicherweise versuchen die Menschen in Kolumbien, diesen Problemen zu entkommen, indem sie die Unruheherde verlassen. Mittlerweile gibt es mehr als 2 Millionen Binnenvertriebene – Sie haben es erwähnt –, deren katastrophale Lage sich inzwischen zu einem der drängendsten Probleme Kolumbiens entwickelt. Wie soll man diese Probleme bekämpfen, wenn zeitweise die Hälfte des Landes unter der Kontrolle einer der drei großen Guerillagruppen steht? Angesichts von Entführungen, Drogenkriminalität und Vertreibungen sind wir uns in diesem Hause alle darin einig: Die Terrorund Gewaltakte gegen die Zivilbevölkerung Kolumbiens sind scharf zu verurteilen. Kolumbien braucht endlich eine friedliche Lösung, bei der die Menschenrechte eingehalten werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506320800
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506320900

Wir werden – da können Sie, meine Damen und Her-
ren von der Opposition, sicher sein – gemeinsam mit un-
seren EU-Partnern und den Vereinten Nationen darauf
drängen, dass die Friedensverhandlungen wieder aufge-
nommen und fortgesetzt werden. Wir werden die Regie-
rung von Präsident Uribe bei allem unterstützen, was auf
eine friedliche Lösung abzielt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Vor kurzem brachte die kolumbianische Regierung
einen Gesetzentwurf über Maßnahmen gegen terroris-

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(C (D ische Gewalt ein. Außerdem erarbeitet sie derzeit ein eißbuch zur Umsetzung der Empfehlungen und Forde ungen der VN-Menschenrechtskommission vom April ieses Jahres. Wir erkennen auch die Bedeutung der raktischen Hilfsprogramme der kolumbianischen Reierung an. Allerdings können diese in ihrer Wirksameit noch verbessert werden. So erreichen zum Beispiel lüchtlingsprogramme die Bedürftigen oft deshalb nicht, eil sich diese aus Angst vor Diskriminierung in ihren euen Dorfgemeinschaften gar nicht als Flüchtlinge zu rkennen geben. Die kolumbianische Regierung ist zudem auf die Zu ammenarbeit der Nichtregierungsorganisationen anewiesen; auch das will ich sehr deutlich sagen. ies hat Präsident Uribe in seiner Rede vom . September dieses Jahres anerkannt. Allerdings kritiierte er gleichzeitig angebliche Gruppierungen, die ich zitiere – „unter dem Deckmantel angeblicher Vereidigung der Menschenrechte den Terrorismus untertützen“. Ich will hier sehr deutlich sagen: Wir werden icht zulassen, dass die schwierige Situation in Kolumien noch dadurch verschlechtert wird, dass Nichtregieungsorganisationen, die sich aktiv für Menschenrechte insetzen, in ihrer Arbeit behindert werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ir werden uns daher dafür einsetzen, dass Nichtregie-
ungsorganisationen ohne Angst um die persönliche Si-
herheit ihrer Mitarbeiter ihre wichtige Arbeit fortsetzen
önnen.
Ich hatte dieses Jahr bereits Gelegenheit, mich über

ie schwierige Lage in Kolumbien sowohl mit Vizeprä-
ident Santos Calderon, der zugleich Menschenrechtsbe-
uftragter seiner Regierung ist, als auch mit Kardinal
ubiano Saenz, der sich aktiv für die Einhaltung der
enschenrechte einsetzt, auszutauschen. Ich habe in
iesen Gesprächen deutlich darauf hingewiesen, wie
ichtig der Bundesregierung die Einhaltung der Men-
chenrechte und Fortschritte beim Friedensprozess in
olumbien sind. Dabei unterstützen wir natürlich die ka-
holische Kirche in ihrer sehr schwierigen vermittelnden
olle. Oft sind deren Angehörige Verfolgungen ausge-
etzt. Einige sind bei diesem Engagement umgebracht
orden.
Anfang Oktober wird Claudia Roth, die Menschen-

echtsbeauftragte der Bundesregierung, nach Kolumbien
eisen, um sich vor Ort ein Bild von der derzeitigen Si-
uation zu machen. Für uns ist das ein ganz wichtiges
hema.
Die Bundesregierung befürwortet eine stärkere Rolle

er Vereinten Nationen bei der Lösung des kolumbia-
ischen Binnenkonfliktes. Dabei kommt dem Sonderge-
andten des VN-Generalsekretärs, LeMoyne, eine ganz
ichtige Rolle zu. Wir hoffen, dass er durch Treffen mit
er größten Guerillagruppe FARC dem Verhandlungs-
rozess künftig neue Impulse geben kann. Angesichts
er bisher ablehnenden Haltung der Guerilla sind die






(A) )



(B) )


Staatsministerin Kerstin Müller

Aussichten dafür allerdings eher zurückhaltend einzu-
schätzen; auch das muss man sagen.

Wir unterstützen mit unseren EU-Partnern in Kolum-
bien einen eigenständigen, vom „Plan Colombia“ unab-
hängigen Ansatz, der auf nachhaltige, strukturelle und
soziale Reformen abzielt.

Ich habe die Drogenproblematik angesprochen. Dro-
genhandel wird man letztlich nur bekämpfen können,
wenn wir alternative Einkommensquellen für die ländli-
che Bevölkerung erschließen und wenn eine Landreform
durchgeführt wird, so wie es in dem Antrag steht. Des-
halb ist dies ein Schwerpunkt der entwicklungspoliti-
schen Zusammenarbeit. Wir haben uns auch erfolgreich
gegen den Wegfall der EU-Zollpräferenzen für kolumbia-
nische Schnittblumen eingesetzt. Darüber hinaus leistet
die Bundesregierung schon seit mehreren Jahren jährlich
über 1 Million Euro an humanitärer Hilfe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bundesregierung wird ihr Engagement für den

Frieden in Kolumbien auch in Zukunft fortsetzen. Ihr
Antrag auf Wiederbelebung des Friedensprozesses,
meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen,
der auch von der FDP unterstützt wird, findet die volle
Unterstützung der Bundesregierung. Ich habe der De-
batte entnommen, dass wir auch mit den Damen und
Herren der CDU/CSU in wesentlichen Punkten eine
Übereinstimmung haben. Wir sollten auf allen Ebenen
alles für die Wiederaufnahme des Friedensprozesses tun.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506321000

Das Wort hat jetzt der Herr Kollege Leibrecht.


Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1506321100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! 30 000 Morde, 3 000 Entführungen pro Jahr und
Hunderttausende von Binnenflüchtlingen – das ist Ko-
lumbien heute. Es ist richtig, hier von einer humanitären
Katastrophe zu sprechen,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


einer Katastrophe, die eine Gefahr für die ganze Region
ist.

Sämtliche Versuche, mit der Rebellenarmee, der in-
ternational geächteten Terrorgruppe FARC, ein Frie-
densabkommen zu schließen, schlugen in den letzten
drei Jahren fehl. Erst durch die Unterstützung der USA
gibt es Fortschritte, aber leider keinen wirklichen Erfolg;
wir sind noch weit weg von einem Frieden.

Präsident Uribe sucht jetzt sein Glück in Verhandlun-
gen mit der 13 000 Mann starken paramilitärischen
AUC. Wenn es gelänge, die AUC zu entwaffnen, wäre
dies in der Tat ein großer Erfolg und ein Segen für das
Land. Das würde sowohl die Gewalt in Kolumbien redu-

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(C (D ieren als auch die Friedensgespräche mit der FARC oranbringen. rst wenn dieses Ziel erreicht ist, wird die dringend notendige wirtschaftliche und humanitäre Hilfe aus dem usland kommen. Viele Nichtregierungsorganisationen tehen bereit und würden sich noch sehr viel stärker enagieren, wäre es dort sicherer. Wir dürfen nicht länger on Kolumbien wegschauen. Zusammen mit der Euroäischen Union muss Deutschland die Friedensbemüungen von Präsident Uribe unterstützen. ieles am „Plan Colombia“ ist gut, wie die Herstellung er inneren Stabilität und der Aufbau von Polizei und echtsstaat. Was uns aber, der FDP-Fraktion, am „Plan olombia“ nicht gefällt, ist der Ansatz, den Konflikt vertärkt militärisch mit Unterstützung der USA lösen zu ollen. (Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


llerdings: Militärische Aktionen werden nicht ausblei-
en; auch das ist uns bewusst. Wir müssen in Zukunft
ehr auf politische Waffen setzen, auf humanitäre Hilfe
nd vor allem auf wirtschaftliche Perspektive. Nur so
ann der Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt
urchbrochen werden. Nur ein Frieden, der von allen
eiten gewollt wird, wird ein Frieden sein, der hält. Ein
rzwungener Frieden wird neue Konflikte schüren. Da-
on bin ich überzeugt.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man von Kolumbien redet, muss man auch die
rogenfrage ansprechen. Der Drogenhandel muss be-
ämpft werden, und zwar – es ist schon vorhin gesagt
orden – mit Polizisten und nicht mit Pestiziden.


(Beifall des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


estizide machen eine spätere landwirtschaftliche Nut-
ung unmöglich und zerstören dort die Lebensgrundlage
ür Mensch und Tier. Bauern, die heute Drogen anbauen,
m ihre Familien über die Runden zu bringen und um sie
rnähren zu können, müssen morgen alternative Pro-
ukte anbauen und – was noch viel wichtiger ist – ver-
aufen können.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


erade in der längst überfälligen Landreform und in ei-
er gerechten Landverteilung für die Kleinbauern liegt
er Schlüssel zum sozialen Frieden in Kolumbien. Au-
erdem müssen die landwirtschaftlichen Produkte einen
airen Zugang zum europäischen Binnenmarkt erhalten.


(Beifall bei der FDP)

Die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und

er Einkommensperspektiven für alternative landwirt-
chaftliche Produkte wird zum Anbau des Drogenanbaus






(A) )



(B) )


Harald Leibrecht

führen. Statt nur auf militärische Mittel zu setzen, müs-
sen wir auf eine Kombination aus Verhandlungen und
gezielten Aktionen setzen.


(Zahlreiche Mitglieder der SPD-Fraktion betreten den Plenarsaal – Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause)


– Unsere Debatte scheint endlich die gebotene Aufmerk-
samkeit zu finden, was die Anzahl der anwesenden Par-
lamentarier betrifft. Das unterstreicht auch die Wichtig-
keit dieser Debatte über Kolumbien. Ich würde mich
freuen, wenn Sie sich schnell hinsetzen und unsere De-
batte interessiert und aufmerksam folgen würden. Danke
schön!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zum Schluss, meine Damen und Herren: Der „Plan
Colombia“ – –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506321200

Nein, Herr Kollege, die Anzahl der anwesenden Par-

lamentarier ist gestiegen, aber nicht die Ihnen zur Verfü-
gung stehende Redezeit. Sie ist zwei Minuten überschrit-
ten.


(Heiterkeit)


Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1506321300

Zum Schluss, meine Damen und Herren: Der „Plan

Colombia“ ist zu einseitig. Er muss geändert werden,
weg von der Betonung militärischer Schritte, hin zu
mehr humanitärer Hilfe. Dann sind wir auf dem richti-
gen Weg.

Deshalb unterstützen wir den Antrag der SPD und
lehnen den der CDU/CSU ab. Insgesamt gehen wir aber
doch, denke ich, in die gleiche Richtung, um diesem
Land wieder auf die Beine zu helfen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506321400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Peter Weiß.

Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1506321500

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Nachdem die Koalitionsfraktionen dafür gesorgt
haben, dass sie die anschließende Abstimmung gewin-
nen werden,


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Hören Sie jetzt auf!)


möchte ich etwas Generelles feststellen. Egal welcher
Antrag heute eine Mehrheit bekommt, unsere Botschaft
aus dieser Kolumbiendebatte sollte sein: Kolumbien und
seine Regierung unter Präsident Uribe brauchen und ver-

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(C (D ienen unsere Unterstützung, die Unterstützung der Euopäischen Union und der internationalen Staatengeeinschaft – m das Land und die gesamte Region zu befrieden, um reiheit und Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger u gewährleisten und den internationalen Terrorismus inzudämmen. Zunächst möchte ich die rot-grüne Koalition zu ihrem ntrag beglückwünschen. Denn dieser Antrag stellt in emerkenswerter Weise eine Abkehr dar von der sehr ritischen, vor allem gegenüber Uribe kritischen Halng, wie sie noch in der ersten Kolumbiendebatte dieser egislaturperiode seitens der Rednerinnen und Redner er Koalition zum Ausdruck gekommen ist. Noch mehr hätte ich mir gewünscht, eber Kollege Mark, dass Sie unserem Antrag näher geommen wären und wir einen gemeinsamen Antrag einebracht hätten. Wenn ich die offiziellen Erklärungen er Bundesregierung zur Unterstützung Kolumbiens und einer Regierung lese, habe ich den Eindruck, Frau taatsministerin, dass der Antrag der CDU/CSU der Reierungsposition mittlerweile näher kommt als der Anag der Koalitionsfraktionen. Ich glaube, es gibt immer noch viel zu viele, die mei en, das, was in Lateinamerika geschieht, habe noch etas mit lateinamerikanischer Revolutionsromantik und uerillanostalgie zu tun. Nein, es ist nichts anderes als ie brutale Vergewaltigung der Menschen in diesen Länern, vor allen Dingen in Kolumbien, zugunsten nicht olitischer, sondern rein terroristischer und wirtschaftliher Ziele, die von der Guerilla verfolgt werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Lothar Mark [SPD]: Das war im Jahre 2000!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wenn wir uns – zugegebenermaßen zu später Stunde –
m Deutschen Bundestag mit Kolumbien beschäftigen,
önnen viele fragen: Was soll das eigentlich? Ich glaube,
an muss an dem Beispiel Kolumbien noch einmal
eutlich machen: Das ist längst kein innerstaatlicher
onflikt mehr. Das nimmt Gott sei Dank auch der An-
rag der Koalition zur Kenntnis. Vielmehr ist eine konse-
uente Politik der Stabilisierung Kolumbiens gleichzei-
g ein Beitrag zur Bekämpfung des internationalen
errorismus.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Gerade der Anschlag auf den Klub „El Nogal“ in Bo-

otá im Februar 2003 hat gezeigt, dass diese internatio-
ale Vernetzung des Terrorismus auch und gerade in Ko-
mbien Realität ist; denn dort hat die IRA das Know-
ow für diesen Anschlag geliefert. Das zeigt: Das ist kein
olumbianisches, kein regionales Problem, sondern hier
eht es um einen Beitrag zur Bekämpfung des internatio-
alen Terrorismus. Das ist auch mit unsere Aufgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)


Zweitens. Der Konflikt in Kolumbien hat regionale

Auswirkungen. Es ist positiv, dass der brasilianische
Präsident Lula – Lothar Mark hat es erwähnt – wie auch
Peru konsequent mithelfen, die Grenzen zu kontrollieren
und gegen die Guerilla abzuschotten. Es ist dagegen
höchst gefährlich, dass Venezuela unter seinem neopo-
pulistischen Präsidenten Chavez das venezolanische
Grenzgebiet als Rückzugsraum für die Guerilla öffnet
und damit dem Terrorismus zusätzlich Vorschub leistet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Ich möchte unterstreichen: Wir erwarten von der ko-
lumbianischen Regierung – sehr geehrte Frau Botschaf-
terin, es ist schön, dass Sie heute anwesend sind –, dass
sie die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Men-
schenrechte achtet und dass sie die Wächterfunktion von
Menschenrechtsorganisationen respektiert und nicht be-
hindert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Aber gleichzeitig verdient eine solche demokratische
Regierung, die die breite Unterstützung der Mehrheit der
Kolumbianerinnen und Kolumbianer hat, auch unsere
konsequente Unterstützung bei der Durchsetzung des
staatlichen Gewaltmonopols.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Kritik am „Plan Colombia“ hin oder her – ich finde es

unangemessen, ja ungeheuerlich, dass der kolumbiani-
schen Regierung in dem Antrag von Rot-Grün vorge-
worfen wird, dass sie auf eine militärische Lösung im
Sinne eines „Siegfriedens“ setze. Solche Formulierun-
gen müssen von denjenigen, die nach einer Begründung
für ihre abstrusen und menschenverachtenden Terrorakte
suchen, geradezu als Steilvorlage gewertet werden. Des-
wegen können wir dem Antrag nicht zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lothar Mark [SPD]: Das glaubst du doch selbst nicht, was du da erzählst!)


Kolumbien braucht in seiner Situation mehr Unter-
stützung, unter anderem durch eine verstärkte statt einer
reduzierten Entwicklungszusammenarbeit. Deshalb
finde ich es sehr verwunderlich, dass das Bundesminis-
terium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung in dieser Debatte durch Abwesenheit glänzt.
Das möchte ich ausdrücklich kritisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Kolumbien braucht Unterstützung nicht nur in Wor-

ten, wie sie heute zu hören waren oder im Antrag zu le-
sen sind, sondern auch in Taten, mit denen wir einen
Beitrag zur Befriedung Lateinamerikas und zur Bekämp-
fung des internationalen Terrorismus leisten. Darum
sollte es uns gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Sind Sie damit einverstanden, dass wir die Rede der bgeordneten Petra Pau zu Protokoll nehmen? – Das ist er Fall. Dann schließen wir damit die Aussprache. Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses uf Drucksache 15/1136 zu dem Antrag der Fraktionen er SPD und Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel Wiederbelebung des Friedensprozesses in Kolumbien“: er Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf rucksache 15/742 anzunehmen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung des Ausschusses? – Gegenstimen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist it den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP egen die Stimmen der CDU/CSU angenommen. Beschlussempfehlung des Ausschusses für wirtschaft iche Zusammenarbeit und Entwicklung auf rucksache 15/1559 zu dem Antrag der Fraktion der DU/CSU mit dem Titel „Neue Initiative zur Wiederbeebung des kolumbianischen Friedensprozesses internaional unterstützen“: Der Ausschuss empfiehlt, den Anrag abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung des Ausschusses? – Gegenstim-men? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der FDP gegen die Stimmen er CDU/CSU angenommen. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 11 auf: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Hilfsmittelversorgung von Pflegebedürftigen – Drucksache 15/308 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung – Drucksache 15/1314 – Berichterstattung: Abgeordnete Petra Selg Es wird gebeten, alle Reden zu diesem Tagesordungspunkt – und zwar von den Abgeordneten Ober, ehling, Selg und Bahr – zu Protokoll zu nehmen. Sind ie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das o beschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzenturf des Bundesrates zur Sicherung der Hilfsmittelverorgung von Pflegebedürftigen. Der Ausschuss für Geundheit und Soziale Sicherung empfiehlt auf rucksache 15/1314, den Gesetzentwurf abzulehnen. ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Entaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung it den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die timmen der gesamten Opposition abgelehnt worden. amit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weiere Beratung. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer a)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506321600

(Erste Beratung 25. Sitzung)


(13. Ausschuss)





(A) )


(B) )


richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Heidi Wright, Reinhard Weis

(Stendal), Sören Bartol, weiterer Abgeordneter

und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordne-
ten Franziska Eichstädt-Bohlig, Volker Beck

(Köln), Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und

der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Ergänzung der Fahrerlaubnisverordnung
– Drucksachen 15/1093, 15/1397 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Gero Storjohann

b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Straßenverkehrsgesetzes
– Drucksache 15/1496 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Tourismus

Auch hier sollen, so wird gebeten, alle Reden genom-
men werden: der Abgeordneten Wright, Storjohann,
Hofbauer, Hettlich und Friedrich sowie der Parlamenta-
rischen Staatssekretärin Gleicke. Sind Sie damit einver-
standen? – Das ist der Fall.

Tagesordnungspunkt 12 a: Wir kommen zur Abstim-
mung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses
für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag.
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
sache 15/1093 anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 12 b: Interfraktionell wird die
Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache
15/1496 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
schüsse vorgeschlagen. Gibt es andere Vorschläge? –
Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 sowie den Zu-
satzpunkt 5 auf:

13 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Karl-Josef
Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU
Deutschen Schiffbau aus der Schlechtwetter-
lage in sicheres Fahrwasser leiten
– Drucksache 15/1101 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus

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(C (D Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Klaus Brandner, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Werner Schulz terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Sicherung von Standort und Know-how des deutschen Seeschiffbaus – Drucksache 15/1575 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Finanzausschuss Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Auch hier sollen, so wird gebeten, alle Reden zu Prookoll genommen werden: der Abgeordneten Kahrs, etzel, Börnsen, Hajduk und Goldmann. Sind Sie damit inverstanden? – Das ist der Fall. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen uf den Drucksachen 15/1101 und 15/1575 an die in der agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. ie Vorlage auf Drucksache 15/1101 soll zusätzlich an en Auswärtigen Ausschuss überwiesen werden. Sind ie einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die berweisungen so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (Justizmodernisierungsgesetz – JuMoG)


(Berlin), Volker Beck (Köln), Anja Hajduk, wei-

– Drucksache 15/1508 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat das Wort

er Parlamentarische Staatssekretär Hartenbach.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1506321700

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrtes Präsidium!

iebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Mit dem vorliegen-
en Entwurf eines Justizmodernisierungsgesetzes der
undesregierung werden Gerichtsverfahren einfacher,
ffizienter und flexibler gestaltet, ohne den Rechtsschutz
er Bürgerinnen und Bürger zu beeinträchtigen. Das






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

unterscheidet diesen Gesetzentwurf von dem Entwurf ei-
nes Justizbeschleunigungsgesetzes der CDU/CSU,


(Rainer Funke [FDP]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


der wieder mit untauglichen und bürgerfeindlichen Mit-
teln wie der Erhöhung der Berufungssumme aufwartet.
Hierüber haben wir ja schon vor einigen Wochen in die-
sem Haus das Notwendige gesagt.

Lassen Sie mich die wesentlichen prozessualen
Neuerungen dieses Entwurfs eines Justizmodernisie-
rungsgesetzes kurz vorstellen. Wir greifen ein wichtiges
Anliegen der Praxis mit der Reform der Unterbre-
chungsregelungen für die Hauptverhandlung in § 229
StPO auf. Das Gericht wird in die Lage versetzt, Ver-
handlungstage flexibler als bisher festzulegen. Dadurch
kann es besser auf die Belange der übrigen Beteiligten
eingehen.

Die wichtigste Neuerung betrifft die nach jedem
Hauptverhandlungstag mögliche Unterbrechung. Die
bisherige Unterbrechungsfrist von zehn Tagen wird auf
drei Wochen verlängert. Die Neufassung ermöglicht es
dem Gericht außerdem, in umfangreicheren Verfahren
jeweils nach zehn Verhandlungstagen die Verhandlung
um bis zu einem Monat zu unterbrechen. Außerdem soll
der Lauf der Unterbrechungsfristen nicht nur bei einer
Erkrankung des Angeklagten, sondern auch bei der Er-
krankung eines Richters oder eines Schöffen gehemmt
werden.


(Joachim Stünker [SPD]: Sehr gut!)

Insgesamt werden diese Fristenregelungen die Gefahr

deutlich verringern, dass mit der Hauptverhandlung aus
rein formalen Gründen völlig neu begonnen werden
muss, mit all den Belastungen, die für die Prozessbetei-
ligten damit einhergehen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen in der
Praxis sollen die Regelvereidigung im Strafverfahren ab-
geschafft und die Vereidigungsregelungen insgesamt neu
und übersichtlicher gestaltet werden.

Auch die Vorschriften über die Verlesung von
Schriftstücken sollen verständlicher und weiter gefasst
werden. So können Erklärungen allgemein vereidigter
Sachverständiger sowie Protokolle und Erklärungen von
Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen,
soweit sie nicht eine Vernehmung zum Gegenstand ha-
ben, künftig verlesen werden. Mithilfe dieser Änderun-
gen wird in vielen Fällen, vor allem in Massensachen,
das Verfahren gestrafft, die Justiz entlastet; vor allen
Dingen werden Kosten eingespart, auch Kosten der An-
geklagten.

Ein Beitrag zur weiteren effizienten Gestaltung ist die
Möglichkeit, in der Hauptverhandlung vor dem Straf-
richter von der bislang obligatorischen Hinzuziehung ei-
nes Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abzusehen. Da-
mit kann Personal dort eingesetzt werden, wo es
tatsächlich nötig ist. Die Kritik, die dieser Vorschlag

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(C (D icht zuletzt seitens der Richterschaft erfahren hat, teile ch nicht. Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich um eine zwingende Regelung handelt; es steht vielmehr och immer im Ermessen des selbstbewussten Richters, b er allein oder mit einem Protokollführer verhandelt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Rainer Funke [FDP]: Der selbstbewusste Richter Hartenbach!)


Von den Änderungen in der Zivilprozessordnung
st die erhöhte Beweiskraft eines rechtskräftigen Strafur-
eils hervorzuheben. Dieses Urteil soll künftig für einen
ivilprozess vollen Beweis für die Feststellungen entfal-
en, die der Strafrichter für erwiesen hält. Damit wird
em Straftatopfer die Durchsetzung seiner Schadener-
atzansprüche erheblich erleichtert. Bisher trägt das
pfer – auch nach einer strafrechtlichen Verurteilung
es Täters – im späteren Zivilprozess das volle Beweis-
isiko.


(Widerspruch des Abg. Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU])


Herr Kauder, ich denke, Sie müssten sich darüber
reuen. – Wenn es keine anderen Beweise für die Tat
ibt, dann ist das Opfer als Kläger bisher darauf ange-
iesen, seine eigene Vernehmung als Partei anzubieten.
as ist nur in streng begrenzten Fällen möglich.


(Otto Fricke [FDP]: Anbieten kann er immer!)

Es kann natürlich vorkommen, dass die Feststellun-

en in einem Strafprozess, die in einem Zivilverfahren
ünftig verwertet werden dürfen, dem Zivilrichter pro-
lematisch erscheinen. Deshalb wird ihm gestattet, einen
ollen Beweis zu erheben.
Durch das Justizmodernisierungsgesetz wird der
ichter ferner befugt, anstelle einer erneuten Verneh-
ung eines Zeugen auf das Protokoll der richterlichen
ernehmung in einem anderen Gerichtsverfahren zu-
ückzugreifen. Diese Neuregelung wird nicht nur zur
ntlastung der Justiz führen, sondern auch dem Straf-
atopfer bei der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen An-
prüche helfen. Auch ein Sachverständigengutachten,
as in einem Parallelverfahren erstellt worden ist, kann
er Zivilrichter künftig ohne die vorherige Zustimmung
er Parteien als Sachverständigenbeweis und nicht nur,
ie bisher, als Urkundsbeweis verwerten.
Wie Sie gemerkt haben, habe ich mich – nicht nur we-

en der späten Stunde – auf die Darstellung der wesent-
ichen prozessualen Änderungen im Justizmodernisie-
ungsgesetz beschränken müssen. Auf die in diesem
esetz gleichfalls angelegte strukturelle Binnenre-
orm der Justiz durch die Übertragung richterlicher
ufgaben auf den Rechtspfleger kann ich leider nicht
ehr eingehen; dieses Vorhaben wäre eine eigene Rede
ert. Wir werden darauf in den Beratungen im Rechts-
usschuss zurückkommen.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])

Meine Damen und Herren, die Justiz wird sich künf-

ig dem Innovationsdruck in allen Bereichen unserer Ge-
ellschaft stellen müssen. Mit diesem Gesetz setzen wir






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

Vorschläge um, die in den Ländern bei Praktikern und
Rechtspolitikern auf einen breiten Konsens stoßen. Um-
fassendere Reformvorhaben, bei denen es eine kontro-
verse Diskussion geben wird, haben wir zunächst be-
wusst ausgeklammert; aber auch diese Punkte bleiben
auf der Agenda.

Ich bitte Sie sehr herzlich: Lassen Sie uns unsere Ver-
antwortung für eine funktionierende Justiz ernst neh-
men! Ich lade Sie zu konstruktiven Beratungen ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506321800

Das Wort hat jetzt der Kollege Siegfried Kauder von

der CDU/CSU-Fraktion.


Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1506321900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Justizmodernisierungsgesetz“,

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört sich gut an!)

was darf man sich eigentlich darunter vorstellen? Kol-
lege Stünker und ich sind nicht immer einer Meinung,
aber ich gebe ihm Recht in dem, was er am 27. Juni die-
ses Jahres hier vor diesem Hohen Hause gesagt hat: „Der
Name ist vielleicht ein bisschen zu anspruchsvoll.“


(Joachim Stünker [SPD]: Aber nur ein bisschen, Herr Kauder!)


Nein, meine Kolleginnen und Kollegen, er ist nicht nur
ein bisschen zu anspruchsvoll, er ist voll daneben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Funke [FDP])


Ginge es der Bundesregierung um ein modernes Ge-
setz, wäre sie sich bewusst, dass dieses Gesetz auf dem
Prüfstand eines sozialen und gesellschaftlichen Wandels
bestehen muss, und dann wäre man auch sofort auf eine
offene Flanke des Strafprozesses gestoßen, die
Schumann schon im Jahre 1977 in der Monographie
„Handel mit der Gerechtigkeit“ abgehandelt hat. Der
Deal im Strafverfahren – damals und heute ein Dorn
im Auge der Rechtspolitiker, aber auch ein Dorn im
Auge der interessierten Öffentlichkeit.


(Joachim Stünker [SPD]: Kommt in vier Wochen!)


Das Bundesverfassungsgericht hat den Deal im Straf-
verfahren legitimiert. Der Bundesgerichtshof hat den
Deal im Strafverfahren legitimiert.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Praxis!)


Erlauben Sie mir, Herr Kollege Ströbele, aus dem Prakti-
kerkommentar von Lutz Meyer-Goßner zur Strafpro-
zessordnung die Randziffer 119 b, der Einleitung zu zi-
tieren:

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(C (D Es ist aber heute allgemeine Erkenntnis, dass die Absprachepraxis, die sich praeter legem entwickelt hat, nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. eswegen ist sie aber trotzdem nicht Gesetz. Es wird weiter erwähnt: Die überlastete deutsche Strafjustiz wäre ohne die Absprachepraxis oftmals auch nur schwer in der Lage, die Vielfalt von Großverfahren … zu erledigen. Das macht den Deal verdächtig. Knickt die Justiz ein, m die Überfülle von Strafverfahren in angemessener eit abschließen zu können? Ist das eine Einbuße an echt? Ist das eine Einbuße an Gerechtigkeit? Wenn man diese Kommentarstelle noch einmal liest, rkennt man, was sie bedeutet: Da ist der Gesetzgeber efordert. s wäre ein modernes Gesetz, wenn man sich den Heausforderungen der Rechtsfortbildung stellte, die erstals im Jahr 1977 diskutiert wurden. (Joachim Stünker [SPD]: Warten Sie doch mal ab! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: 1977? Wer war da an der Regierung?)


(Joachim Stünker [SPD]: Ja! Machen wir!)


„Warten Sie doch mal ab!“, das höre ich von Ihnen,
err Stünker, und von der Regierungskoalition immer
ieder. Manchmal warten wir fünf Jahre und noch mehr.
eim Strafvollzugsgesetz warten wir auch schon seit
ünf Jahren. Es kommt ebenfalls nicht. Soll ich Ihnen
och mehr erzählen? Auf das Gesetz zum Opferschutz
arten wir schon seit acht Jahren. Das Adhäsionsverfah-
en kommt auch nicht. Wie lange sollen wir denn jetzt
och warten? Wir müssen reagieren und dürfen nicht zu-
arten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Stünker [SPD]: 16 Jahre haben wir gewartet!)


Wenn man die Paragraphen des Justizmodernisie-
ungsgesetzentwurfs und die Begründung anschaut,
erkt man sehr schnell: Es geht nicht um Modernisie-
ung, es geht darum, vorhandene Ressourcen effektiver
inzusetzen. Das ist ein legitimes rechtspolitisches Inte-
esse, nur muss man es dann auch sagen.
Was die Regierung mit diesem Entwurf bezweckt,
ird sie im Ergebnis nicht erreichen können. Ich möchte
hnen das an wenigen Beispielen erläutern.
Der Strafrichter soll in Zukunft eine Hauptverhand-

ung ohne Urkundsbeamten durchführen können.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut! Ja!)

as entscheidet der Richter selbst. Zeigen Sie mir mal
en Richter, der sich mehr Arbeit macht, als er muss!
eigen Sie mir mal den Richter, der sich der Gefahr aus-
etzt, dass ein Verteidiger diese Situation ausnützt und
inen ellenlangen Beweisantrag nicht ausformuliert






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)


vorlegt, sondern zu Protokoll gibt! Herr Kollege
Ströbele, darüber brauchen wir zwei uns nicht zu unter-
halten; Herr Stünker, ich glaube, wir auch nicht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sagt der Richter: Legen Sie es schriftlich vor! Wo haben Sie verteidigt?)


Das wird nicht funktionieren.
Ein weiterer Aspekt. Schriftliche Gutachten aus an-

deren Verfahren sollen im Zivilprozess verwendet wer-
den können. Ich frage mich: Was meint der Gesetzgeber
mit „anderen Verfahren“? Doch wohl auch den Strafpro-
zess. Jetzt wissen wir aber, dass im Strafprozess ganz an-
dere Beweisgrundsätze gelten als im Zivilprozess. Im
Strafprozess gilt der Grundsatz: im Zweifel für den An-
geklagten. Im Zivilprozess haben wir Beweis- und Be-
weislastregeln.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Problem!)


Nehmen Sie einmal ein Sachverständigengutachten über
einen Verkehrsunfall aus dem Strafverfahren in ein Zi-
vilverfahren! Das funktioniert hinten und vorne nicht!
Das heißt also, es ist nur heiße Luft, eine gesetzliche
Vorschrift, die nicht greifen wird.

Nicht anders sieht es mit der im Entwurf vorgesehe-
nen Bindungswirkung von Tatsachenfeststellungen
im Strafverfahren auch für das Zivilverfahren aus.
Diese ist im Entwurf zwar bewusst eingeschränkt: Stellt
der Richter im Urteil fest, dass eine Tatsache als erwie-
sen zu gelten hat, bindet das auch den Zivilrichter. Sie
verlagern damit aber dennoch den Zivilprozess in den
Strafprozess.

Ob ein Richter eine Tatsache als bindend festgestellt
hat, ergibt sich nicht aus der mündlichen Urteilsbegrün-
dung, sondern erst aus der nachfolgenden schriftlichen
Urteilsbegründung, die nach Ablauf der Rechtsmittel-
frist erfolgt. Das bedeutet also, es wird fast keine Urteile
mehr mit abgekürzten Urteilsgründen geben. Sie machen
damit den Strafrichtern nicht weniger, sondern mehr Ar-
beit, weil jeder verantwortungsvolle Verteidiger dem
Verurteilten anraten muss, gegen das Urteil vorsorglich
einmal Berufung einzulegen, weil er sonst Rechtsnach-
teile im Zivilverfahren befürchten muss. Auch das greift
also nicht.

Um aber ein Gesetz unter den Gesichtspunkten von
Beschleunigung und Effektivitätssteigerung von Straf-
verfahren zu verbessern, finden sich genügend Anhalts-
punkte, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf noch nicht ein-
mal angedacht haben. Warum um Gottes willen gibt es
im Falle einer Wirtshausschlägerei die Möglichkeit, über
drei Instanzen zu gehen, während es bei Mordverfahren
nur eine gibt?


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwei!)


– Das weiß jeder Jurist, dass wir drei Instanzen haben:
erste Instanz, Berufung und Revision. Schließlich gibt es
noch die Zurückverweisung nach gewonnener Revision.

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(C (D (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Landgericht und BGH!)


ie wissen es, Herr Kollege. Ansonsten schauen Sie
och noch einmal im Gesetz nach.
Warum schaffen wir es nicht, endlich ein Wahlrechts-
ittel wie im Jugendstrafrecht einzuführen, gemäß dem
an nach der ersten Instanz entscheiden kann, ob man in
erufung oder in Revision geht? Damit wäre dann
chluss. Das bedeutete keine Einschränkung der Rechts-
eggarantie.
Warum schaffen wir nicht dieses unsägliche Rechts-

nstitut des Privatklageverfahrens ab? Einem betroffe-
en Bürger, der eine Privatklage einreicht, wird ja nicht
u seinem Recht verholfen, sondern er läuft in eine
ackgasse; denn das Verfahren wird nach langer Zeit
ingestellt und verursacht ihm nur Kosten.
Warum erweitern wir das Strafbefehlsverfahren

icht auf eine zweijährige Bewährungsstrafe? Der Ein-
and, dass es eine Bewährungsstrafe von ein bis zwei
ahren nur unter besonderen Voraussetzungen gibt, greift
icht. Auch das kann man aus den Ermittlungsakten er-
ehen.
Nicht befasst haben Sie sich mit dem Adhäsionsver-

ahren. Es wäre viel sinnvoller, anstelle der Bindungs-
irkung von Tatsachen dieses Verfahren im Strafverfah-
en besser zu verankern. Mit dem Adhäsionsverfahren
ann das Opfer einer Straftat auf einfachem Weg seine
ivilrechtlichen Schadensersatzansprüche reguliert be-
ommen. Ich weiß, dass im Justizministerium ein Ent-
urf zu einem Opferrechtsreformgesetz herumgeistert,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der geistert nicht! Er ist da!)


as sich durch eine besondere Hypotrophie von Rechts-
itteln auszeichnet. Da ist hinten und vorne nichts prak-
ikabel. Ich würde bitten, darüber noch einmal nachzu-
enken.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine ganz einfache Möglichkeit, den Strafprozess zu

traffen, wäre folgende: Lassen wir doch wie im Zivil-
rozess das Zugestehen von Tatsachen auch im Straf-
rozess zu. Das Zugestehen von Tatsachen ist derzeit
icht möglich, weil eine Teileinlassung so gewürdigt
erden kann, dass sich das übrige Schweigen des Ange-
lagten nachteilig auswirkt. In Kriegswaffenkontrollver-
ahren führt das zum Beispiel dazu, dass wir ellenlange
adelisten und Bilanzen verlesen müssen, weil der An-
eklagte nicht unbeschadet zugestehen kann, dass er
riegswaffen ins Ausland transportiert habe. Mit sol-
hen Mitteln könnten Strafprozesse effektiver durchge-
ührt werden.
Wir Strafrechtler kennen die Vorschrift des Selbst-

eseverfahrens nach § 249 Abs. 2 Strafprozessordnung.
etzt fragen Sie einmal die Strafrechtler unter uns, wie
ft sie ein Selbstleseverfahren erlebt haben. Dass es so
elten angewandt wird, liegt daran, dass nach den bishe-
igen gesetzlichen Regelungen ein Selbstleseverfahren
rst in der Hauptverhandlung und nicht schon in der






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)


Vorbereitung der Hauptverhandlung möglich ist. Warum
lassen wir nicht zu, dass die Schöffen schon in Vorbe-
reitung der Hauptverhandlung die Anklageschrift be-
kommen? Das ist derzeit nicht möglich. Eine einfache
Änderung der Nr. 126 RiStBV würde das schon bewerk-
stelligen können.

Meine Damen und Herren, man könnte den Katalog
der Beschleunigungsmöglichkeiten noch um ellenlange
Aufzählungen erweitern. Das will ich Ihnen aber zu die-
ser späten Stunde nicht antun. Eines überrascht und
beeindruckt mich zugleich: Der Seite der Koalitionsfrak-
tionen, die mir, wenn ich im Parlament Vorschläge unter-
breite, immer entgegenhält, dass damit Verteidigungs-
rechte eingeschränkt würden, danke ich, dass dieser
Einwand heute Abend nicht gekommen ist. All meine
Lösungsansätze erhalten die Verteidigungsmöglichkei-
ten aufrecht.

Nur ein Vorschlag aus dem Justizmodernisierungsge-
setz schränkt Verteidigungsrechte ein, nämlich die Lo-
ckerung der Möglichkeiten der Vereidigung. Jeder Ver-
teidiger weiß, dass die Vereidigungsmöglichkeiten ein
Einfallstor für Revisionsgründe sind und das Gericht
dem Druck aussetzen, sich zu bekennen, ob es einem
Zeugen glaubt oder nicht. Das heißt, die Verteidigung
muss sich andere Felder suchen, um Möglichkeiten für
Revisionen zu eröffnen. Auch da nur Steine statt Brot.
Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition
und Frau Ministerin – der ich das auszurichten bitte –,
ich ersuche Sie dringend, sich Gedanken darüber zu ma-
chen, ob meine Lösungsansätze nicht zu einer deutlichen
Beschleunigung des Strafverfahrens führen würden.
Wenn dies nicht geschieht, kann ich Ihnen leider keine
recht gute Nacht wünschen, sondern kann nur sagen:
Gute Nacht, Recht!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Ein echtes Kauderwelsch!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506322000

Das Wort hat jetzt der Kollege Christian Ströbele vom

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Guten Abend, Herr Präsident! Guten Abend, verehrte
Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kauder, Sie
haben auf der Diskussion zu dieser späten Stunde be-
standen. Deshalb habe ich mir eigentlich viel mehr da-
von erwartet.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])

Ich dachte, Sie machen jetzt zu dem vorliegenden Ge-
setzentwurf gravierende Einwendungen, die es ja tat-
sächlich gibt und über die wir in den Ausschüssen sicher
noch diskutieren werden.

Ich kann Ihnen versichern: Der Deal im Strafverfah-
ren liegt uns allen am Herzen. Ich hatte in meiner
30-jährigen Praxis als Strafverteidiger sehr viel damit zu
tun. Aber wenn Sie das gesetzlich regeln wollen, treffen

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(C (D ie auf ungeheuer viele Schwierigkeiten. Deshalb stellt ich hier die Frage: Beschränken wir uns nicht lieber auf llgemeine Hinweise auf die Rechtsprechung des Bunesgerichtshofs, der eine ganze Reihe von grundsätzlihen Erwägungen angestellt hat? Diese können Sie nicht lle im Gesetz verankern. (Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Nur weil Sie es nicht können!)


ann wären wir dabei. Ich kann Sie trösten: Sie brau-
hen nicht mehr lange zu warten, dann haben Sie einen
orschlag dazu auf dem Tisch, an dem Sie sich abarbei-
en können.


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Das höre ich zu oft!)


Ich meine, dass das Justizmodernisierungsgesetz eine
anze Reihe von echten Verbesserungen bringt. Ein
unkt, über den wir alle hier nicht diskutiert haben
auch der Kollege Hartenbach hat ihn nur angedeutet –,
st, dass sich die Richter, vor allen Dingen die Zivilrich-
er am Amtsgericht, auf den eigentlichen Kern der
echtsprechung konzentrieren können, indem viele Auf-
aben,


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])

ür die heute ein Richter zuständig ist, auf den Rechts-
fleger übertragen werden, so etwa in Nachlassangele-
enheiten, aber auch in Handelssachen. Das ist ein wich-
iger Fortschritt.
Wichtig ist auch – damit komme ich zum Strafvertei-

iger –, dass eine Möglichkeit geschaffen wird, gegen
ie ich früher war, nämlich dass nach Durchsuchungen
n Zukunft auch Polizeibeamte Schriftstücke und
atenträger durchsehen dürfen. Denn wir haben sehr
äufig festgestellt, dass weder der Verteidiger, der viel-
eicht anwesend ist, noch der Staatsanwalt über das tech-
ische Wissen und die Kompetenz verfügen, um an diese
aten heranzukommen, weshalb sie oft wochen-, mo-
ate- oder manchmal sogar jahrelang nicht geprüft wer-
en. Die Kompetenz haben in der Regel die Polizeibe-
mten, die der Staatsanwalt dann aufsuchen muss. Im
llgemeinen gehen sie die Daten dann doch gemeinsam
urch. Es wäre ehrlicher, wenn das in Zukunft direkt
urch den Polizeibeamten, den Fachmann, erfolgen
önnte, der mit einem solchen Datenträger umgehen
ann. Das bringt eine Erleichterung.
Es bringt ebenfalls eine Erleichterung, wenn Sie dem
ichter in Zukunft die Möglichkeit eröffnen – ich weiß
icht, warum Sie das kritisieren –, eine Hauptverhand-
ung auch ohne Protokollführer durchzuführen, wenn
ieser nicht greifbar ist. Er könnte dann die wesentlichen
örmlichkeiten der Hauptverhandlung notieren und sie
nschließend ins Reine schreiben. Wenn Sie das für den
alschen Weg halten, bitte ich Sie, das dem Justizminis-
er Ihres Landes, Baden-Württemberg


(Rainer Funke [FDP]: Das ist eine Frau!)

Entschuldigung –, vorzutragen und zu erklären, wa-
um Sie das nicht mittragen. Das wäre eine echte Er-
eichterung und würde in vielen Fällen dazu führen,






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele

dass einfache Hauptverhandlungen auch dann durchge-
führt werden könnten, wenn Mangel an Personal
herrscht oder jemand plötzlich krank geworden ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU]: Dann müssen Sie auch noch Inhaltsprotokolle schreiben!)


Sie können sich dabei auch technischer Mittel bedie-
nen. Es ist jetzt vorgesehen – ich glaube nicht, dass das
so schnell greift, weil die Justiz erst noch die Geräte an-
schaffen muss –, dass der Richter in Zukunft auf einen
Knopf drücken und spontan etwas mitschneiden und hin-
terher schnell abdiktieren kann, wie auch Sie das in Ihrer
Praxis wahrscheinlich machen. Dann hat er eine verläss-
liche Grundlage für die Anfertigung des Protokolls.

Es gibt eine sehr pfiffige Weiterung im Zivilprozess.
Es soll in Zukunft möglich sein, dass der Richter von
dem Unmittelbarkeitsgrundsatz absieht. Wenn er ei-
nen Zeugen fragen will, ob er überhaupt etwas gesehen
habe, oder er von einem Sachverständigen wissen will,
was dessen Gutachten ergeben habe oder was sich än-
dere, wenn diese oder jene Variante eintrete, dann kann
er einfach anrufen oder sich mit ihm per E-Mail in Ver-
bindung setzen und während der Hauptverhandlung
diese Frage klären. Dadurch wird eine Verzögerung ver-
mieden.

Ich gestehe Ihnen zu, dass dazu natürlich die Justiz
mit den entsprechenden Apparaten ausgerüstet werden
muss. Es darf einfach nicht so lange dauern wie etwa
hier in Berlin, wo wir zehn Jahre darauf gewartet haben,
dass ein zweites Faxgerät für die gesamte Justiz ange-
schafft wird.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist in BadenWürttemberg besser!)


Das muss relativ zügig geschehen.
Als jemand, der viel in Großverfahren verteidigt hat,

weise ich auf einen dritten und letzten ganz wichtigen
Punkt hin. Es ist und war schon lange an der Zeit, die
Möglichkeiten der Unterbrechung der Hauptverhand-
lung in Großverfahren endlich auszudehnen. Es ist ein
Unwesen, was Sie heute noch jede Woche hier in Moabit
am Gericht erleben können: Es finden so genannte
Schiebetermine statt, zu denen die Prozessbeteiligten
sich treffen und für eine Viertelstunde oder für zehn Mi-
nuten ungeheuer hohe Kosten verursachen – nur weil sie
keine längere Unterbrechung durchführen können. Da-
durch sind die Kosten vieler Prozesse erheblich aufge-
bläht worden.

Das beenden wir jetzt, indem wir den Gerichten sehr
viel flexiblere Handlungsmöglichkeiten schaffen, länger
zu unterbrechen oder zu vertagen, zum Beispiel wenn
ein Angeklagter, ein Staatsanwalt, ein Richter oder ein
Verteidiger krank geworden ist.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506322100

Denken Sie bitte an die Zeit.

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(C (D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Letzter Punkt, Herr Präsident.
In einem Punkt gebe ich Ihnen allerdings Recht: Die

rage der Übertragung von Urteilen aus Strafverfah-
en in Zivilverfahren ist ein echtes Problem. Darüber
üssen wir uns auseinander setzen. Eine Reihe von pro-
lematischen Punkten dazu haben Sie genannt.
Trotzdem ist das Justizmodernisierungsgesetz ein
ichtiger Schritt in die richtige Richtung, die Justiz ef-
ektiver zu gestalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506322200

Das Wort hat jetzt der Kollege Rainer Funke von der

DP-Fraktion.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1506322300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

ege Hartenbach, richten Sie bitte den Wortschöpfern in
hrem Justizministerium unsere besten Grüße aus. Denn
as wir in letzter Zeit im Bereich der Justizreform, der
ustizbeschleunigung, der Justizentlastung und der Justiz-
npassung erlebt haben, ist ganz fantastisch, aber mehr
chein als Sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dasselbe gilt natürlich auch für die letzte Justizre-

orm, die hier noch im letzten Jahr von den damaligen
oalitionsfraktionen, die auch die heutigen sind, durch-
epeitscht wurde. Ich glaube, wir wären gut beraten, ehe
ir mit dem Justizmodernisierungsgesetz ein neues Re-
ormwerk anpacken, erst einmal zu evaluieren, was aus
en alten, vor einem Jahr beschlossenen Justizreformen
igentlich geworden ist und ob das alles Sinn gemacht
at.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr berechtigte Frage!)


Zum Justizmodernisierungsgesetz der Bundesregie-
ung hat sich die FDP bereits mehrfach geäußert. Es war
icherlich zu begrüßen, dass Bundesregierung und Bun-
esländer zunächst einen Konsens gefunden haben. Wir
erkennen auch nicht, dass der Gesetzentwurf einige
innvolle Regelungen enthält. Sie, Herr Staatssekretär,
aben zu Recht auf die Verlängerung der Zehntagefrist
ufmerksam gemacht. Sie ist sicherlich sinnvoll.
An anderer Stelle sind die Reformen von rein fiskali-

chen Überlegungen geprägt. Dies darf aber nicht der
chwerpunkt der Reformüberlegungen sein. Die Refor-
en im Bereich der Justiz können eigentlich nur dann
inn machen, wenn sie geeignet sind, die Justiz stark,
ürgernah und leistungsfähig zu machen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD])







(A) )



(B) )


Rainer Funke

Wenn darüber hinaus Kosteneinsparungseffekte erzielt
werden können, dann begrüßen wir das. Das kann aber
nicht der einzige Zweck sein.

Lassen Sie mich einen besonders kritischen Punkt an-
sprechen. Die geplante Tatsachenbindung der Zivil-
richter an die Ergebnisse der Strafgerichte begegnet
unseren großen Bedenken – offensichtlich auch den Be-
denken der Grünen, das begrüßen wir sehr. Diese Forde-
rung, die die Bundesregierung erhebt, verkennt, dass die
Beweisziele im Zivil- und Strafprozess völlig unter-
schiedlich sind. Während im Strafprozess der Untersu-
chungsgrundsatz sowie der Grundsatz „in dubio pro reo“
gilt, herrschen im Zivilprozess der Dispositions- und der
Verhandlungsgrundsatz. Da im Strafverfahren künftig in
der Beweiserhebung zusätzlich sämtliche zivilrechtli-
chen Fragestellungen berücksichtigt werden müssten,
kann das Ziel der Justizentlastung in keinem Fall erreicht
werden.


(Beifall bei der FDP)

Auch das Argument einer Verbesserung des Opfer-

schutzes ist eigentlich nur vorgeschoben. Bereits heute
kann das Opfer seine Entschädigungsansprüche im Ad-
häsionsverfahren nach §§ 403 ff. StPO geltend machen.


(Joachim Stünker [SPD]: Auf dem Papier, ja!)

– Herr Stünker, es ist ja gerade das Problem, dass die
Strafrichter kein Zivilrecht anwenden können oder wol-
len.


(Joachim Stünker [SPD]: können schon!)

– Das ist sehr unterschiedlich. Wenn sie zeit ihres Le-
bens nur mit Strafrecht befasst waren, möchte ich diesen
Richtern auch nicht zumuten – im Übrigen auch den Pro-
zessbeteiligten nicht –, ein Urteil im zivilrechtlichen
Sinne zu fällen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506322400

Herr Kollege Funke, kommen Sie bitte zum Schluss.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1506322500

Ja, ich komme sofort zum Schluss.
Wir teilen die Auffassung der Grünen, dass wir im

Rechtsausschuss in diesem Punkt nachbessern müssen.
Ich glaube, das wird uns gemeinsam auch gelingen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506322600

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

der Kollege Christoph Strässer von der SPD-Fraktion
das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Funke, n einer Einschätzung, die Sie hier abgegeben haben, ann ich Sie nur ausdrücklich unterstützen: Justizpolitik nd Rechtspolitik können nur funktionieren, wenn sie echtspolitik im wahren Sinne des Wortes ist und nicht iskalpolitik. a haben Sie völlig Recht; an der Stelle stimmen wir Ihen ohne weiteres zu. Nur, ich muss Ihnen offen sagen: ch hatte den Eindruck, dass Sie an der Stelle nicht über as Justizmodernisierungsgesetz der Bundesregierung eden, sondern über das Justizbeschleunigungsgesetz der DU/CSU, das an dieser Stelle schon mehrfach eine olle gespielt hat. (Beifall bei der SPD – Rainer Funke [FDP]: Über beide!)

Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1506322700

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Wir sind – das ist auch der Ausgangspunkt für unsere
berlegungen – zumindest in der ersten Lesung und, so
enke ich, auch in den Beratungen, die folgen werden,
uf dem gleichen Weg wie die Bundesregierung. Die
ustizreform – so sie denn im geplanten Umfang stattfin-
et – entspricht genau den Vorgaben, die wir als Juristen
ür eine Justizpolitik definieren. Diese Vorgaben sind
um einen eine Stärkung der Justiz, zum anderen aber
uch eine Stärkung der Rechte der Bürgerinnen und Bür-
er bei der Verfolgung ihrer Rechte vor den Gerichten.
as sage ich an dieser Stelle auch ausdrücklich vor dem
intergrund, dass wir beschleunigen wollen, dass Be-
chleunigung aber gerade nicht auf dem Rücken derjeni-
en ausgetragen werden soll, die Recht suchen. Sie sol-
en ihr Recht weiterhin bekommen. Wir wollen
ersuchen, die Reform so zu gestalten und so zu formu-
ieren, dass dies schneller, dass dies effektiver, aber wei-
erhin unter Bewahrung rechtsstaatlicher Grundsätze ge-
chieht. Deshalb begrüßen wir den vorgelegten Entwurf.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben über die Frage der Verwertung von vo-

ausgegangenen strafrechtlichen Urteilen und Ver-
ehmungen in einem Zivilprozess diskutiert und wer-
en darüber auch in Zukunft kritisch diskutieren. Ich
laube, da sind wir – möglicherweise über die Fraktio-
en hinweg – unterschiedlicher Auffassung. Ich habe ge-
ade sehr wohl vernommen, was Sie gesagt haben, und
laube auch, dass an Ihrer Kritik das eine oder andere
erechtigt ist.
Nur, an einer Stelle muss man aus meiner Sicht auch

inmal innehalten und hinterfragen, gerade wenn man in
er Praxis ist – ich bin noch nicht so lange aus der Pra-
is; im Gegenteil, ich mache das, so gut es geht, noch et-
as weiter –: Gerade bei den viel zitierten Verkehrsun-
ällen findet relativ zeitnah zu dem Unfallereignis die
ernehmung des Zeugen im Bußgeld- oder Strafverfah-
en statt. Diese wird protokolliert. Dann dauert es – das
ind unsere Erfahrungswerte – bis zur ersten Beweisauf-
ahme im Zivilprozess ein halbes Jahr, ein Jahr oder
uch länger. Derselbe Zeuge wird wieder vernommen






(A) )



(B) )


Christoph Strässer

und er sagt – auch wegen der möglicherweise unter-
schiedlichen Beweisgrundsätze – etwas völlig anderes
als in seiner Vernehmung vor der Polizei, vor der Ord-
nungsbehörde oder vor dem Strafgericht. Jetzt wird ihm
in der mündlichen Verhandlung vor dem Zivilgericht
das, was er damals gesagt hat, vorgehalten. Dann sagt er:
Jawohl, wenn ich mich richtig erinnere, war meine erste
Aussage unmittelbar nach dem Ereignis wohl richtig.

Ich bitte, das zu bedenken, wenn man in Bausch und
Bogen über unterschiedliche Ansätze bei der Beweiser-
mittlung und bei der Ermittlung der Wahrheit in diesem
Verfahren spricht. Wir werden über diese Probleme re-
den; aber ich halte diese Regelung nicht für völlig abwe-
gig.

Einen weiteren Punkt will ich nur in aller Kürze an-
sprechen. Ich wundere mich an dieser Stelle, dass das,
was die Opposition immer gefordert hat und was wir
jetzt vorsehen, von ihr nicht positiv dargestellt worden
ist: Die Unterbrechungsdauer im Strafverfahren auf-
grund der vielen Schiebetermine, die wir immer beklagt
haben, wird nun endlich rechtsstaatlich vernünftig unter
den Aspekten des § 229 StPO geregelt. Das betrifft nicht
nur den Gang der Justiz. Damit wird vielmehr auch auf
das Unverständnis der Beteiligten eingegangen, die stau-
nend davor stehen, wie an dieser Stelle in vielen Fällen
in der Strafjustiz verfahren wird.

Zur Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung
trägt außerdem – auch das ist ein sehr wichtiger Punkt,
der in diesem Gesetzentwurf angegangen wird – die
Möglichkeit des Gerichts bei, in begründeten Einzelfäl-
len – darauf lege ich Wert – mit Einverständnis der Par-
teien vom Strengbeweis und Unmittelbarkeitsprinzip
abzusehen und die neuen modernen Kommunikations-
mittel zu nutzen. Das verschafft dem Richter die nötige
Flexibilität im Verfahren und erspart den Parteien und
den Zeugen Kosten, Zeit und Unannehmlichkeiten.
Auch hierin sehen wir einen positiven Ansatz, der sich
jedenfalls aus unserer Sicht durchaus mit dem Begriff
„modern“ umschreiben lässt.

Ich will einen Bereich ansprechen, der heute noch
keine Rolle gespielt hat – vielleicht deswegen, weil es
sich hierbei nur um Ordnungswidrigkeiten handelt –,
wobei er in der Praxis eine ganz evidente Bedeutung hat,
weil gerade Ordnungswidrigkeitenverfahren mit be-
stimmten Verzögerungstaktiken gegen das Rechtsbe-
wusstsein der Betroffenen verstoßen. Dabei handelt es
sich im Wesentlichen um Verfahrenstricks, die auch ich
kenne und die ich angewendet habe – ich bekenne mich
ausdrücklich dazu –, um beispielsweise die Tilgung alter
Verstöße zu erreichen.

Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung wird
versucht, eine Neufassung des § 25 StVG zu formulie-
ren. Es wird auf diese Weise solchen Verfahrenstricks
mit guten Methoden und Mitteln entgegengetreten. Hier-
nach gilt grundsätzlich die Tatzeit als objektives An-
knüpfungsmerkmal und nicht das mehr oder weniger zu-
fällige Datum der letzten tatrichterlichen Entscheidung.
Wenn aber in Zukunft die Tatzeit und nicht das Urteil
oder der Strafbefehl entscheidet, wird die Justiz – so

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(C (D mpfinden wir das – von einer ganzen Reihe von am ande des Rechtsmissbrauchs geführten Rechtsbehelfen efreit werden. Auch das entlastet die Justiz und begünsgt den rechtstreuen Bürger. Meine Damen und Herren, wir wollen über diesen esetzentwurf kritisch diskutieren. Ich freue mich auf ie Diskussion im Ausschuss. Wir sagen auch: Verfahensbeschleunigungen an sich sind nichts Negatives. An ieser Stelle möchten wir uns aber deutlich von dem abrenzen, was die Opposition in den letzten Wochen und onaten zum so genannten Justizbeschleunigungsgesetz orgelegt hat. Die größere Oppositionspartei. Zum Abschluss will ich feststellen: Es hat einmal in ordrhein-Westfalen den Versuch gegeben – das weiß h aus eigener leidvoller Erfahrung –, das Justizressort u entmachten und einem anderen Ressort zuzuschlagen. as ist glücklicherweise – so sage ich einmal – von der erfassungsgerichtsbarkeit gekippt worden. Wir allerings wollen – das unterscheidet uns deutlich von der DU/CSU –, dass die Justizund Rechtspolitik als eienständiger politischer Faktor erhalten bleibt und keine nterabteilung des Finanzministeriums wird. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Und wie ist das in Bremen?)


(Zuruf von der FDP)


(Otto Fricke [FDP]: Wer war denn das?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506322800

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-

es auf Drucksache 15/1508 an die in der Tagesordnung
ufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
st die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus


(Münster)

FDP
Für eine schnelle rechtsstaatliche Information
betroffener Rentner über die fehlerhafte ma-
schinelle Vergleichsrentenberechnung der BfA
nach § 307 b SGB VI
– Drucksache 15/839 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus

(Müns Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms ter)





(A) )


(B) )

FDP
Für eine gerechte Versorgungsregelung für
das ehemalige mittlere medizinische Personal
in den neuen Ländern
– Drucksache 15/842 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP fünf Minuten erhalten soll. Sind Sie damit einver-
standen? – Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das
Wort der Kollege Klaus Haupt von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1506322900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Beide heute vorliegenden Anträge haben eine Gemein-
samkeit: Sie betreffen Anliegen älterer Menschen in den
neuen Bundesländern. Ihre Themen werden dort mit gro-
ßer Sensibilität und Interesse verfolgt.

Im Rentenrecht der DDR gab es die Besonderheit,
die Mitglieder des mittleren medizinischen Personals
– also Krankenschwestern, Hebammen, Physiotherapeu-
ten, Fürsorgerinnen und andere Mitarbeiter des Gesund-
heits- und Sozialwesens – durch die Aussicht auf eine
höhere Rente im Beruf zu halten. Die Arbeit selbst
wurde nicht gut bezahlt. Dazu kamen Belastungen durch
Schichtdienst, Nacht- und Wochenendeinsätze. Per Ge-
setz wurde diesen Beschäftigten daher ein Rentenan-
spruch mit dem Steigerungsfaktor von 1,5 Punkten bei
der Berechnung berücksichtigt. So wurde es auch nach
1990 gehandhabt; bis 1996 gab es Bestandsschutz. Aber
für alle, die ab 1. Januar 1997 ins Rentenalter eintraten,
sollte diese Regelung – in der Erwartung, dass die Ein-
kommensverhältnisse in den neuen Ländern bis dahin
das Westniveau erreicht haben – nicht mehr gelten.

Dies ist jedoch bis heute nicht der Fall. Rund 340 000
Menschen sind von dieser Rentenkürzung betroffen.
Der Antrag der FDP-Bundestagsfraktion fordert ein fai-
res Rentenrecht auch für die, die ab 1997 in Rente ge-
gangen sind. Ihre derzeitige Schlechterstellung ist inak-
zeptabel, da der Steigerungsbetrag zu den erworbenen
Rentenansprüchen gehört und dem Eigentumsschutz un-
terliegt.

Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass
durch gesetzgeberische Eingriffe in Rentenanwartschaf-
ten diese durchschnittlich um nicht mehr als 10 Prozent
gemindert werden dürfen. Dieses Postulat wird für Be-
dienstete des mittleren medizinischen Personals der
DDR, die ab dem 1. Januar 1997 in das Rentenalter ein-
traten, verletzt.

Hier geht es um Gerechtigkeit. Gerechtigkeit kann es
nicht einfach nach Kassenlage geben. Rechtmäßig er-
worbene, erarbeitete Ansprüche müssen auch erfüllt

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(C (D erden. Es geht nicht darum, unseren Antrag unbedingt ins zu eins umzusetzen. Es geht hier auch nicht um Paripolitik. Es geht um eine Anschlusslösung für die Beoffenen – egal welcher Art –, die wir gemeinsam schafen sollten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das andere Problem sind die Anwartschaften von Rent-
ern aus den neuen Bundesländern, die einen Anspruch
uf eine Zusatz- und Sonderversorgung als Lehrer mit
ochschulabschluss, als Ärzte bzw. Wissenschaftler der
hemaligen DDR hatten. Diese mussten im Jahre 2001
eu berechnet werden, was die BfA auch tat. Nur: Die
ehörde nahm nicht – wie vorgeschrieben – die tatsäch-
chen Verdienste als Grundlage, sondern gekürzte Ver-
ienste, weil sie nur auf die Daten der Rentenversiche-
ung, nicht jedoch auf die Daten der Zusatzversicherung
urückgriff.
Angesichts des hohen Alters der betroffenen 250 000
entner in den neuen Ländern war es unser gemeinsa-
es Anliegen als Gesetzgeber, durch ein schnelles, ma-
chinelles Berechnungsverfahren eine zeitnahe Neube-
echnung zu erreichen. Die maschinelle Berechnung
ollte die Verfahrensdauer abkürzen; jedoch nicht, um
ie Renten der Betroffenen zu kürzen. Eine systemati-
che Fehlberechnung hat der Gesetzgeber nicht gewollt.
chnell, aber nicht falsch war unser gemeinsames Ziel.
Wir sind uns einig: Die fehlerhaften Berechnungen

er BfA sind eine Zumutung für die hochbetagten Be-
offenen, die nach langer Wartezeit fehlerhafte Be-
cheide erhalten, deren Fehler sie aber nicht erkennen
önnen, weil sie nicht darauf hingewiesen werden. Das
chädigt aus unserer Sicht das Vertrauen der Bürger in
en Rechtsstaat.
Eine komplette neue Einzelfalldurchführung scheint

ns allerdings nicht im Interesse der Betroffenen zu sein,
a dies zu unnötigen Zeitverzögerungen führt. Deshalb
ordern wir in unserem Antrag erstens, dass in Zukunft
ine maschinelle Berechnung nur zulässig ist, wenn die
etroffenen über die mögliche Fehlerhaftigkeit umfas-
end belehrt werden. Zweitens fordern wir, dass diese
nformation natürlich auch an die Rentner gegeben wird,
ie seit 2001 möglicherweise fehlerhafte Bescheide er-
alten haben. Ich meine, dass alle hier im Hause vertre-
nen Fraktionen dieser Forderung zustimmen können,
nd bitte Sie alle deshalb herzlich, dieses berechtigte
nliegen der Betroffenen ohne Vorbehalt sachlich zu
rüfen.


(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht in den bei-

en Anträgen nicht um Parteipolitik – ich wiederhole
ich –, es geht auch nicht darum, irgendwelche Privile-
ien für bestimmte Bevölkerungsgruppen zu erzielen,
ondern darum, dass rechtmäßig erworbene Ansprüche
rfüllt werden. Es geht zum einen um Gerechtigkeit und
m rechtstaatliche Verfahren zum anderen. Deshalb bitte
h um Unterstützung, damit das Vertrauen in den
echtsstaat Bundesrepublik Deutschland bei den






(A) )



(B) )


Klaus Haupt

Menschen in den neuen Bundesländern keinen Schaden
nimmt.

Danke.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506323000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Erika Lotz von der

SPD-Fraktion.

Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1506323100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Herr Haupt, bei den Anliegen der FDP machen wir eine
ganz neue Erfahrung. Normalerweise setzen Sie sich
stärker für die Besserverdienenden ein,


(Jörg van Essen [FDP]: Das glauben doch nur Gewerkschaftsfunktionärinnen wie Sie!)


bei diesem Antrag liegen Ihnen die Menschen mit gerin-
gerem Einkommen am Herzen. Ich will festhalten, dass
wir diesen Antrag vor einem Jahr im Parlament schon
einmal beraten haben. Auf der gestrigen Sitzung des
Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung al-
lerdings waren die Änderungsanträge der FDP ein Beleg
dafür, dass sie doch eher die Interessen der Pharma-
industrie, der Zahnärzte und der Kassenärztlichen Verei-
nigungen vertritt.

Ihr wortgleicher Antrag wurde am 12. Juni im Aus-
schuss für Arbeit und Sozialordnung beraten und am
Ende abgelehnt. Die CDU/CSU hatte sich der Stimme
enthalten. Die Argumente sind im Grunde genommen
ausgetauscht. Ich weiß nicht, ob es gut ist, dass man den
Menschen hinsichtlich ihrer Anliegen, die verständlich
sind, Hoffnung macht. Denn ich sehe keinen Weg, wie
wir sie erfüllen können.


(Klaus Haupt [FDP]: Wir müssen eine Kompromisslösung finden!)


Auch Ihr zweiter Antrag über die Vergleichsrenten-
berechnung der Bundesversicherungsanstalt für Ange-
stellte verunsichert höchstens. Der Antwort auf Ihre
Kleine Anfrage vom 13. März dieses Jahres konnten Sie
entnehmen, dass das, was getan werden muss, getan
wird. Trotz allem fordern Sie, dass die Rentnerinnen und
Rentner, die in der ehemaligen DDR Zusatz- oder Son-
derversorgte waren und deren Rentenbeginn vor dem
1. Januar 1992 lag, über etwaige Ungenauigkeiten bei
ihren Vergleichsrenten informiert werden. Es muss Ihnen
doch bekannt sein, dass bisher nur wenige Bescheide be-
richtigt werden mussten und dass die BfA, die Bundes-
versicherungsanstalt für Angestellte, mit Informations-
veranstaltungen und mithilfe der Medien dafür gesorgt
hat, dass die infrage kommenden Menschen informiert
wurden und sich in der Zwischenzeit an die BfA zwecks
Überprüfung wenden konnten.

Als der Bundestag die Neufassung von § 307 b des
Sozialgesetzbuches VI beschlossen hat, wurde damit
ausdrücklich legitimiert, maschinelle Bescheide zu ver-
schicken.


(Klaus Haupt [FDP]: Aber keine falschen!)


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(C (D an hat den Weg der maschinellen Bescheiderteilung uch deshalb gewählt – darin bestand Einigkeit –, um en bereits älteren Rentnerinnen und Rentnern möglichst eitnah Verbesserungen bei der Vergleichsberechnung ukommen zu lassen. (Klaus Haupt [FDP]: Dann muss man die richtigen Datensätze nehmen!)


s war allen klar, dass hierbei nicht immer die tatsächli-
hen Verdienste berücksichtigt wurden, zumal die Bun-
esversicherungsanstalt für Angestellte erst seit
erbst 1997 über diese Daten verfügt. Ich denke, Ihr
ntrag verunsichert nur.
Aber auch mit dem Antrag, dem mittleren medizini-

chen Personal – damit ist vor allen Dingen das Pflege-
ersonal gemeint – in der Rente den besonderen Steige-
ungssatz zuzugestehen, weckt Hoffnungen und schürt
eue Unsicherheiten bei Rentnerinnen und Rentnern in
st und auch in West. Mir ist nicht ganz klar, warum wir
as nach einem Jahr wieder debattieren müssen. Ein
leich lautender Antrag wurde vor einem Jahr abgelehnt.
ie Grundlagen haben sich seitdem nicht verändert.
ine der Grundlagen ist das Renten-Überleitungsge-
etz, das unter CDU/CSU und FDP beschlossen wurde.
s basiert auf derselben Grundlage wie das
ozialgesetzbuch VI: Für die Rentenberechnung sind die
rbeitseinkünfte maßgebend, für die Beiträge gezahlt
orden sind.
Nun fordern Sie, von fiktiven zusätzlichen Arbeits-

ntgelten auszugehen und damit den besonderen Steige-
ungssatz des 1,5fachen des durchschnittlichen Arbeits-
ntgeltes zu übernehmen. Ich denke, das lässt sich mit
em Äquivalenzprinzip nicht vereinbaren, obwohl natür-
ch klar ist, warum es für Krankenschwestern und ande-
es medizinisches Personal in der ehemaligen DDR die-
en besonderen Steigerungssatz für die Rente gegeben
at: Sie wurden schlecht bezahlt, hatten hohe Belastun-
en und konnten sich die Beiträge zur freiwilligen Zu-
atzversicherung meistens nicht leisten. Ich denke aber,
ass es auch im Westen niedrig entlohnte Dienste im Be-
eich der Pflege gibt.
Das Bundessozialgericht hat festgestellt, dass das al-
s in Ordnung ist. Ich meine, wir tun uns allen keinen
uten Dienst damit, dass wir diese Diskussion erneut be-
innen und Hoffnungen wecken, die nachher nicht er-
üllt werden können.


(Klaus Haupt [FDP]: Frau Lotz, lassen Sie uns doch eine Lösung suchen! Kommen Sie doch mit einem Kompromissvorschlag!)


ieber Herr Haupt, wir können doch nicht nur mit einer
ersonengruppe beginnen. Sie wissen ganz genau, dass
s im Bereich der Zusatzversorgungsrente noch ganz an-
ere Personengruppen gegeben hat. Wir würden also mit
er einen Gruppe beginnen und Sie kämen dann mit der
ächsten Gruppe und dem nächsten Antrag. Ich denke,
hr Verhalten ist an dieser Stelle – gelinde gesagt – doch
echt populistisch.
Danke schön.






(A) )



(B) )


Erika Lotz


(Beifall bei der SPD – Klaus Haupt [FDP]: Das war unter der Gürtellinie! Das erzählen Sie mal den Krankenschwestern! – Jörg van Essen [FDP]: Das war ein schwacher Beifall!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506323200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Maria Michalk von

der CDU/CSU-Fraktion.

Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1506323300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! In wenigen Tagen begehen wir zum 13. Mal den
Tag der Deutschen Einheit. Im Einigungsvertrag wurde
festgelegt, die Rentenansprüche aller Menschen aus dem
Beitrittsgebiet in das bundesdeutsche Recht zu überfüh-
ren – eine Aufgabe nie gekannten Ausmaßes. Die Kom-
pliziertheit dieser Problematik ist heute schon angerissen
worden.

Mit dem Renten-Überleitungsgesetz war dieser Pro-
zess 1992 zunächst abgeschlossen. Die Rentner in den
neuen Bundesländern, insbesondere auch die Frauen, ha-
ben vornehmlich aufgrund der vielen Arbeitsjahre eine
Aufwertung erhalten. Sie verstehen sich bis heute mehr-
heitlich als die Gewinner der deutschen Einheit. Das ha-
ben sie auch verdient. Bestimmte Berufsgruppen fühlen
sich aber benachteiligt bzw. sind es objektiv bis heute
noch. Opfer des SED-Unrechts beklagen zum Beispiel,
dass sie weniger Rente erhalten als die Mitarbeiter des
Staatsapparates. Gerade diesen Aspekt dürfen wir bei
dieser Diskussion nicht aus den Augen verlieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Haupt [FDP])


Gerichtliche Entscheidungen haben den Gesetzgeber
immer wieder gezwungen, nachzubessern. So entstanden
neue Ungereimtheiten. Das ist eine Tatsache, die uns
auch heute wieder beschäftigt. Vielleicht ist eine ab-
schließende hundertprozentige Regelung überhaupt
nicht möglich. Wir müssen uns aber immer wieder da-
rum bemühen. Wir Abgeordnete sind verpflichtet, diese
Fragen weiter zu begleiten. Der vorliegende Antrag „Für
eine schnelle rechtsstaatliche Information betroffener
Rentner über die fehlerhafte maschinelle Vergleichsren-
tenberechnung der BfA nach § 307 b SGB VI“ ist des-
halb berechtigt.
Zum Hintergrund: Am 28. April 1999 hat das Bun-
desverfassungsgericht in einer Vielzahl von Entschei-
dungen zu der Überleitung der DDR-Rentenansprüche,
speziell zur Überführung von Ansprüchen und Anwart-
schaften aus den Sonder- und Zusatzversorgungssys-
temen der DDR in bundesdeutsches Recht, Stellung ge-
nommen. Zwei Verfassungsbeschwerden befassten sich
mit der Neuberechnung von Bestandsrenten, also von
Renten sonder- und zusatzversorgter Personen, die schon
am 31. Dezember 1991 Rente erhalten haben. Das müs-
sen wir immer wieder klarstellen.

In Folge hat also die rot-grüne Bundesregierung im
Zweiten Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh-
rungsgesetz im Jahre 2001 die Umsetzung der Recht-
sprechung vorgenommen, aber eben nur diese, nicht

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(C (D ehr. Bei der Neuberechnung von Bestandsrenten aus eiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzund Sonderersorgungssystem der DDR wurden für die Ermittlung er persönlichen Entgeltpunkte Ost die während der geamten Versicherungszeit bezogenen tatsächlichen Areitsentgelte oder Arbeitseinkommen zugrunde gelegt, ährend nach DDR-Recht nur der Schnitt der letzten 0 Jahre berücksichtigt wurde. Daraus ergaben sich bei en Rentnern mit Zusatzversorgungen Benachteiligunen. Deshalb muss nunmehr eine Neuberechnung vorgeommen werden. Der Gesetzgeber hat der BfA erlaubt, für die Neube echnung ein maschinelles Verfahren anzuwenden. raktisch bedeutet dies, dass die BfA auf den vorhandeen Versicherungsverlauf zurückgreifen kann, ohne dass ine inhaltliche Prüfung erfolgen muss. Das sollte der eschleunigung des Verfahrens dienen, wie heute schon rwähnt wurde, weil es in der Regel um Betroffene im ohen Alter geht. Problematisch ist also, dass die BfA nur eine Neube echnung nach den tatsächlichen Entgelten vornimmt, enn die Betroffenen Widerspruch einlegen. Deshalb ragen wir, warum die Rentner in den Bescheiden nicht ber die Möglichkeit einer falschen Vergleichsberechung durch dieses maschinelle Verfahren informiert urden. ier steht das Ministerium in der Pflicht, wir sehen eine erantwortung des Ministeriums. Der Wirrwarr der vielen Regelungen ist selbst für uns aum noch überschaubar. Wie dann für die Betroffenen? ine Informationskampagne wäre deshalb wirklich otwendig gewesen. Es muss ja nicht gleich eine solche ein wie gegenwärtig zur Agenda 2010. Das Ministerium hätte gegenüber der BfA zumindest inen entsprechenden Hinweis in den Rentenbescheiden urchsetzen müssen. Man kann nicht rund 250 000 Rentern eventuell höhere Ansprüche – nicht jeder hat einen öheren Anspruch – aus ihrem Arbeitsleben vorenthalen. Deshalb ist die Forderung korrekt, bei maschinell ertellten Bescheiden wenigstens in Zukunft den Hinweis uf das Recht der Überprüfung anzubringen. Die Zahl der bisher korrigierten Bescheide lässt sich icht ermitteln, zumindest habe ich keine Hinweise daauf gefunden. Das Argument, eine nachträgliche Inforation an die betroffenen Rentner könnte erhebliche Iritationen auslösen oder falsche Erwartungen wecken, ehmen wir ernst, Frau Lotz. Aber wir stellen uns der erantwortung, weil wir der Gerechtigkeit verpflichtet ind und deshalb auch eine Informationspflicht haben. Im zweiten Antrag geht es um die gerechte Versor ungsregelung für das ehemalige mittlere medizinische ersonal in den neuen Bundesländern. Wer im Gesundeitswesen arbeitete, hatte einen schönen, aber anstrenenden Job. Das gilt auch heute. Nachtschichten und Maria Michalk Sonntagsdienste sind völlig normal. Weil in DDR-Zeiten das so genannte mittlere medizinische Personal wie Krankenschwestern, Hebammen oder Physiotherapeuten nicht besonders gut verdient hat, wurde es mit der Aussicht auf eine höhere Rente im Beruf gehalten. Wir dürfen nicht vergessen, dass man dieses Personal händeringend suchte. Die Beschäftigten haben sich seinerzeit auf die gesetzliche Zusage verlassen, dass ihre in dieser Zeit erworbenen Rentenansprüche um die Hälfte erhöht werden. Wie allerdings die DDR-Regierung dies begleichen wollte, bleibt ungeklärt, denn sie war, wie wir wissen, pleite. Das muss man natürlich sagen. Das haben aber nicht die Betroffenen zu verantworten; das müssen wir politisch lösen. Dennoch müssen wir anerkennen – das gebe ich zu –, dass diese Personengruppe auf diese Zusage baute. Bis Ende 1996 ging diese Regelung auch in das Rentenrecht ein. Das wurde heute schon gesagt. Allerdings sind die zusätzlichen Summen als Auffüllbeträge gewährt worden und wurden mit jeder Rentenerhöhung abgeschmolzen. Deshalb gilt die Regelung seit 1997 nicht mehr, wie Herr Haupt zu Recht schon festgestellt hat. Etwa 340 000 Mitarbeiter des Gesundheitsund Sozialwesens sind davon betroffen, darunter eine große Anzahl von Frauen. In meiner Sprechstunde kann ich immer wieder erleben, dass dies als ungerecht empfunden wird. Gerade bei allein stehenden Frauen und Witwen wirkt sich die eher bescheidene Rente gravierend auf die Lebensführung aus. Ich habe sehr verbitterte Menschen kennen gelernt, die die Hoffnung auf eine Nachbesserung nicht aufgegeben haben und nicht aufgeben wollen. Man muss bedenken, dass die gesetzliche Rente in der Regel die einzige Einnahmequelle der Menschen in den neuen Bundesländern ist. Ich will aber auch darauf hinweisen, dass es bei der Rentenbewertung von bestimmten Berufsgruppen im heutigen Rentensystem systematische Probleme gibt, zum Beispiel bei Ingenieuren, Diplom-Naturwissenschaftlern, Postlern, Hochschullehrern und Eisenbahnern. Dies muss man natürlich sehen. Wenn wir für eine Gruppe Nachbesserungen durchsetzen, dann benachteiligen wir die anderen zusätzlich. Deshalb hat die rot-grüne Bundesregierung eine Chance vertan, als sie mit dem Zweiten Überleitungsgesetz ausschließlich die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt und sich anderen Änderungen verschlossen hat. Die ist uns in der Zwischenzeit durch die Einzelbeispiele, von denen wir in unseren Büros hören, bewusst geworden. Wir erkennen ausdrücklich die sozialpolitischen Gründe der betroffenen Berufsgruppen an und wollen an einer Lösung mitarbeiten. Vor allem wegen der moralischen Verpflichtung, altes DDR-Unrecht nicht durch neue Verwerfungen fortleben zu lassen, stehen wir in der Pflicht. Die Rentensystematik verpflichtet uns aber auch, nicht durch Korrekturen für eine Berufsgruppe bei a g w v ß g s b w V s G n c s B e F d s w K ü R I g v i n b h t t m w c W e f (C (D nderen Gruppen Enttäuschungen zu verursachen. Das ehört ebenso zu unserem Gleichheitsgrundsatz. Doch ir müssen das Ganze sehen. Auf eines will ich noch hinweisen: Wir dürfen nicht erkennen, dass die jetzt vereinbarte Regelung den gröeren Anteil des finanziellen Mehrbedarfs für die schon etätigten Korrekturen den Ländern auferlegt. Wir müsen uns mit der Tatsache beschäftigen, dass es sich hierei um erkannte, weitere einigungsbedingte Mehraufendungen handelt, für die es eine gesamtdeutsche erantwortung gibt. Von daher wird uns auch die bevortehende grundsätzliche Diskussion der Alterssicherung elegenheit geben, ausgehend von der Bestandsaufahme vernünftige Regelungen für die Zukunft zu suhen und, wie ich zumindest hoffe, gemeinsam zu bechließen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


(Klaus Haupt [FDP]: Richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506323400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Birgitt Bender,
ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506323500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde

s schon merkwürdig, mit welchen rentenrechtlichen
einheiten sich die FDP im Nachtprogramm des Bun-
estages befasst. Vielleicht hätte es auch eine Aus-
chussberatung getan. Das wäre der Sache dienlicher ge-
esen. Im Übrigen möchte ich deutlich sagen, Herr
ollege Haupt: Ihre Anträge sind auch inhaltlich nicht
berzeugend. Sie wollen angebliche soziale Härten für
entnerinnen und Rentner aus der DDR ausgleichen.
ch kann diese nicht erkennen.
Halten wir doch einmal fest: Die deutsche Einheit hat

erade für diejenigen, die ihr Arbeitsleben in der DDR
erbracht haben und entweder schon in Rente sind oder
nzwischen in Rente gegangen sind, einen großen öko-
omischen Gewinn gebracht. Die Verdienste, die im Ge-
iet der neuen Bundesländer erzielt wurden, wurden
och gewertet. Deswegen gab es eine besonders güns-
ige Ausgangsbasis für die Rentenberechnung. Die meis-
en Menschen im Ruhestand haben auch von der Syste-
atik des westdeutschen Rentenrechtes profitiert. So
erden heute Renten gezahlt, die den Lebensstandard si-
hern. Heute werden die Renten an die Entwicklung des
ohlstandes angepasst, Herr Kollege. Sie wissen, dass
s dies in der DDR nicht gab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506323600

Frau Kollegin Bender, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Haupt?






(A) )



(B) )



Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1506323700

Nein, ich möchte meine Rede ohne Unterbrechung zu

Ende führen. Im Ausschuss hätten Sie das haben kön-
nen; das wollten Sie aber nicht.

Nun reichen der FDP die bis zum Jahr 1996 geltenden
und wahrlich großzügigen Übergangsregelungen
nicht. Sie wollen die besonderen Aufschläge für das
mittlere medizinische Personal noch darüber hinaus er-
halten. Dass dies der Systematik des Rentenrechts wi-
derspricht, hat das Bundessozialgericht noch am
30. Januar 2003 bestätigt.

Politisch ist festzuhalten: Die FDP fordert die jahr-
zehntelange Anwendung von zweierlei Rentenrechten,
und das nach der Rosinentheorie. Derjenige, für den das
westdeutsche Rentenrecht günstiger ist, soll sich auf die-
ses berufen können, derjenige, für den das DDR-Renten-
recht günstiger ist, soll sich darauf berufen können. So
kann man mit den Rentenfinanzen nicht umgehen.


(Klaus Haupt [FDP]: Das ist unter Niveau!)

Vielleicht sollten Sie einmal mit den Rentenexperten Ih-
rer Fraktion darüber reden. Dann würde sich die Situa-
tion etwas anders darstellen.

Um wen geht es denn in Ihrem zweiten Antrag zur
Rentenberechnung? – Es geht um Leute, die in der DDR
einen hohen Verdienst gehabt haben.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Was haben die gehabt? – Klaus Haupt [FDP]: Wo leben Sie denn!)


Das war ein Betrag, der nach unserem Recht oberhalb
der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Sie machen sich
um das Einkommen der alten DDR-Eliten sorgen. Man
kann heutzutage wahrlich andere Sorgen haben, als sich
ausgerechnet um die Alterseinkommen der alten DDR-
Eliten zu sorgen. Vielleicht sollte sogar die FDP noch
andere sozialpolitische Probleme erkennen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506323800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Silvia Schmidt von

der SPD-Fraktion.

Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1506323900

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Ich werde meine Redezeit nicht voll
in Anspruch nehmen, Herr Haupt; denn es wurde schon
sehr viel gesagt.


(Klaus Haupt [FDP]: Ich dachte, wir könnten ernsthaft reden!)


– Wir nehmen das auch sehr ernst. Auch ich bin eine
Ehemalige aus dem Gesundheitswesen. Glauben Sie mir,
ich weiß, wie nicht nur wir gearbeitet haben. In meinen
Sprechstunden sitzen dieselben Damen und Herren und
auch sie sind verbittert. Wir müssen uns aber über einige
Punkte im Klaren sein.

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Ich gehe deswegen noch einmal auf einen ganz we-
entlichen Punkt ein. Sie nennen in Ihrem Antrag weder
ie Zahl der Betroffenen noch beziffern Sie die Höhe der
u erwartenden Mehrbelastung für die Rentenkasse.
as ist nicht seriös, Herr Haupt.
Im Übrigen ist es mehr als scheinheilig, den Antrag

uf eine höhere Rentenwertfestsetzung nur auf eine
usgewählte Berufsgruppe, nämlich das mittlere medizi-
ische Personal, zu beziehen. Es wurde hier schon ge-
agt, dass sich die Sonderregelung des DDR-Renten-
echtes zum besonderen Steigerungssatz nicht nur auf
rankenschwestern oder auf das mittlere medizinische
ersonal bezog, sondern auf alle Beschäftigten des Ge-
undheits- und Sozialwesens in der DDR. Vergleichbare
egelungen galten auch für die Beschäftigten der Deut-
chen Reichsbahn, wie bereits erwähnt, der Deutschen
ost, für die Beschäftigten in Betrieben mit spezieller
roduktion und zum Beispiel bei der Landesverteidi-
ung.
Sie wissen – Frau Bender hat es eben gesagt –, dass das
undessozialgericht erst im Januar den Antrag einer Klä-
erin auf Berücksichtigung des besonderen Steigerungs-
atzes bei der Rentenberechnung nach dem Sechsten So-
ialgesetzbuch zurückgewiesen hat. Die Begründung des
erichts war, das Begehren der Klägerin liefe auf die Ein-
ührung einer neuen Rentenformel hinaus. Das muss man
ich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Ein Berech-
ungselement des aus guten Gründen am 1. Januar 1992
bgelösten Rentenrechts der DDR müsste in das lohn- und
eitragsbezogene Rentenrecht übernommen werden. Das
st in einem System mit Lohnersatzfunktion nicht mög-
ich. Auch für die Deutschen Reichsbahner hat das
öchste deutsche Sozialgericht die Berücksichtigung des
teigerungssatzes abgelehnt.
Jedem, der eine solche Forderung für das mittlere me-

izinische Personal stellt, muss klar sein, dass die ent-
prechenden Leistungsverbesserungen auch für andere
erufsgruppen gelten müssen. Genaue Zahlen über die
nzahl der Betroffenen liegen uns nicht vor und sind
ohl auch kaum zu ermitteln. Man muss sich darüber im
laren sein, dass diese Bereiche sehr beschäftigungsin-
ensive Bereiche waren. Ich meine damit alle bereits er-
ähnten Bereiche. Eine rentenrechtliche Aufwertung
ieser Beschäftigungszeiten würde zu nicht unerhebli-
hen beitragssatzrelevanten Kosten führen. Sagen Sie
as bitte einmal Ihrem Fraktionsvorsitzenden und dann
eden wir noch einmal darüber.
Vor dem Hintergrund der finanziellen Schwierigkei-

en, die wir jetzt nicht nur in der gesetzlichen Rentenver-
icherung, sondern in allen sozialen Sicherungssystemen
aben, enthalte ich mich an dieser Stelle jeder weiteren
ertung. Wir von der SPD-Fraktion beschäftigen uns
it diesem Thema. Aber wir debattieren dieses Thema
icht nur auf einer Schaubühne, sondern wir wollen das
hema in die Gremien zurückbringen, wo es hingehört.
ir werden natürlich die Betroffenen anhören. Das ist
ollkommen klar.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)







(A) (C)



(B) (D)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1506324000

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/839 und 15/842 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf Freitag, den 26. September 2003, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.