Protokoll:
14248

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 248

  • date_rangeDatum: 4. Juli 2002

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 23:54 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Gedenkworte für die Opfer der Flugzeug- katastrophe über dem Bodensee am 1. Juli 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25017 A Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25017 B Erweiterung und Änderung der Tagesordnung 25017 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 3 c, 18 a und 27 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25019 C Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler: Zur Lage derWirtschaft in Deutschland . . . . . 25019 D b) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum optima- len Fördern und Fordern in Vermitt- lungsagenturen (OFFENSIV-Gesetz) (Drucksachen 14/8365, 14/9416) . . . . 25019 D d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram, Karl- Josef Laumann, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Beschäftigung älterer Arbeitnehmer durch Qualifizie- rung sichern – drohendem Ar- beitskräftemangel vorbeugen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Beschäftigung ältererArbeitnehmer fördern und Einstellungshindernisse abbauen (Drucksachen 14/5139, 14/5579, 14/9349) 25020 A e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Johannes Singhammer, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Die Aus- wirkungen der demographischen Entwicklung auf die sozialen Siche- rungssysteme öffentlich machen (Drucksachen 14/4645, 14/8927) . . . . 25020 A f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Exis- tenzbedrohende Prüfungspraxis der Sozialversicherungsträger für kleine und mittelständische Be- triebe unterbinden – zu dem Antrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Heinz Seiffert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Arbeit nicht durch übermäßige Sozial- versicherungsbeiträge teurer ma- chen (Drucksachen 14/7155, 14/7782, 14/8667) 25020 B Plenarprotokoll 14/248 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 248. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 I n h a l t : g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Seehofer, Peter Rauen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Bündnis für Arbeit ge- scheitert – Reformen endlich umsetzen (Drucksachen 14/8041, 14/9348) . . . . 25020 B h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozial- ordnung zu dem Antrag der Abgeord- neten Karl-Josef Laumann, Brigitte Baumeister, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Arbeit- nehmer entlasten – Vorfahrt für Beschäftigung (Drucksachen 14/8366, 14/9388) . . . . 25020 C i) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Brandner, Franz Thönnes, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Dr. Thea Dückert, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Chancen auf Arbeit für alle – Offensive in derArbeits- marktpolitik – zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Irmgard Schwaet- zer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine grund- legend neue Organisation der Ar- beitsmarktpolitik (Drucksachen 14/9225, 14/8287, 14/9467) 25020 C j) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heidi Knake-Werner, Eva Bulling- Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Arbeitszeit- gesetz (ArbZG) beschäftigungs- sichernd reformieren – Überstunden abbauen (Drucksachen 14/6113, 14/9684) . . . . 25020 D k) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Dirk Niebel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für substanzielle Arbeits- marktreformen im Niedriglohn- sektor (Drucksachen 14/8143, 14/9415) . . . . 25020 D l) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Pia Maier, Monika Balt, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der PDS: Einführung eines existenzsichernden gesetzlichen Mindestlohns (Drucksachen 14/8921, 14/9564) . . . . . 25021 A m) Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Versiche- rungsfremde Leistungen aus der Ar- beitslosenversicherung herausneh- men – Beiträge senken (Drucksache 14/7453) . . . . . . . . . . . . . 25021 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Sozialordnung – zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Seehofer, Karl-Josef Laumann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Krise in der Sozialversi- cherung beseitigen – endlich die not- wendigen Reformen auf den Weg bringen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für grundlegende Reformen der sozialen Sicherungs- systeme (Drucksachen 14/8268, 14/9245, 14/9565) 25021 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 25021 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 25027 A Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25031 B Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . 25034 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 25037 C Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25038 D Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25043 D Dr. Norbert Wieczorek SPD . . . . . . . . . . . . . 25045 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 25045 C Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 25048 C Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25052 C Pia Maier PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25053 D Franz Thönnes SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25054 D Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 25057 C Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25059 D Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . 25062 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002II Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25062 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 25064 B Hans-Peter Repnik CDU/CSU . . . . . . . . . . . 25064 D Namentliche Abstimmungen . . . . . . 25065 B, 25068 A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25071 A, 25072 C Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25065 B, 25068 A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25072 B, 25075 A Tagesordnungspunkt 5: Anträge der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: – Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Neuorganisation des gesundheitli- chen Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit (Drucksache 14/9653) . . . . . . . . . . . . 25077 B – Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Sechste Ge- setz zur Änderung des Hochschul- rahmengesetzes (6. HRGÄndG) (Drucksache 14/9654) . . . . . . . . . . . . 25077 B – Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung des Berufsbildungsgeset- zes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksache 14/9655) . . . . . . . . . . . . 25077 D – Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das ... Straf- rechtsänderungsgesetz – § 129 b StGB (... StrÄndG) (Drucksache 14/9656) . . . . . . . . . . . . 25077 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 25078 A Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 25079 B Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25081 C Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25082 B Ernst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 25083 B Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25084 B Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 25085 A Namentliche Abstimmungen . . . . . . 25085 D, 25086 A Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25086 B, 25089 A Tagesordnungspunkt 20: Beschlussempfehlung und Bericht des 1. Untersuchungsausschusses nach Art. 44 des Grundgesetzes (Drucksache 14/9300) . . . . . . . . . . . . . . . 25097 A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . . . . . . 25097 B Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU . . . 25101 C Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . . . 25104 C Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . . . . . . 25106 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25106 B Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25109 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25110 C Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 25113 C Frank Hofmann (Volkach) SPD . . . . . . . . . . 25115 C Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU 25118 B Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25121 A Andrea Voßhoff CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25122 B Gabriele Fograscher SPD . . . . . . . . . . . . . . . 25124 D Dorothea Störr-Ritter CDU/CSU . . . . . . . . . 25126 D Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25129 A Tagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. Günter Rexrodt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Wieder- aufbau des Berliner Stadtschlosses – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Bernd Neumann (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Histori- sche Mitte Berlin – zu dem Antrag der Abgeordneten Eckhardt Barthel (Berlin), Hans-Werner Bertl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- neten Franziska Eichstädt-Bohlig, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Empfehlungen der Internationalen Expertenkommis- sion „Historische Mitte Berlin“ – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Günter Rexrodt, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), weiterer Abgeordneter Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 III und der Fraktion der FDP: Wieder- herstellung der Historischen Mitte Berlins – zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Pau, Dr. Heinrich Fink, Roland Claus und der Fraktion der PDS: Arbeits- weise der Expertenkommission His- torische Mitte – zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Pau, Dr. Christa Luft, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der PDS: Die Mitte der Spreeinsel als offenes Bür- gerforum gestalten – Empfehlungen der Expertenkommission öffentlich diskutieren (Drucksachen 14/1752, 14/3673, 14/9023, 14/9222, 14/9243, 14/4402, 14/9244, 14/9660) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25131 A Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . 25131 D Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25134 A Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . . . . . 25134 C Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25135 D Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 25137 A Dr. Thomas Flierl, Senator (Berlin) . . . . . . . . 25138 C Vera Lengsfeld CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 25139 C Wolfgang Thierse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 25140 B Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 25142 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25143 D Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 25144 D Petra Pau PDS (Erklärung nach § 31 GO) 25150 A Namentliche Abstimmungen . . . . . . 25146 C, 25149 B Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25146 D, 25198 A Zusatztagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Antrag der Abgeordneten Ulrich Irmer, Dr. Helmut Haussmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Für eine Deutsch-Russische Kulturstif- tung für kriegsbedingt verbrachte Kulturgüter (Drucksache 14/7611) . . . . . . . . . . . . . 25150 D b) Antrag der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Dr. Hermann Otto Solms weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine pragmatische Ge- staltung der Beziehungen zu Taiwan (Drucksache 14/9121) . . . . . . . . . . . . . 25151 A c) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Gewalt in der Gesellschaft; Ursachen von Gewalt erkennen – friedliches Zusammenleben stärken (Drucksache 14/9673) . . . . . . . . . . . . . 25151 A d) Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Wertevermittlung, Erziehung und Gewaltprävention (Drucksache 14/9674) . . . . . . . . . . . . . 25151 A Tagesordnungspunkt 29: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherstellung einer Über- gangsregelung für die Umsatzbe- steuerung von Alt-Sportanlagen (Drucksachen 14/9543,14/9700) 25151 B – Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Übergangs- regelung für die Umsatzbesteue- rung von Alt-Sportanlagen (Drucksachen 14/9325, 14/9469 Nr. 1.1, 14/9700) . . . . . . . . . . . . . . 25151 C b) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 25. Juni 2001 zur Gründung ei- ner Assoziation zwischen den Euro- päischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten ande- rerseits (Drucksachen 14/9199, 14/9598) . . . . 25151 D c) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 16. Januar 1992 zum Schutz des archäologischen Erbes (Drucksachen 14/8710, 14/9597) . . . . 25152 A d) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ulla Jelpke, Sabine Jünger, weiteren Abgeordneten und der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002IV Fraktion der PDS eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes und an- derer Vorschriften (Drucksachen 14/6129, 14/9301) . . . . 25152 B e) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Christine Ostrowski, Heidemarie Ehlert, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion der PDS einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Investitionszulage- gesetzes 1999 (Drucksachen 14/8549, 14/9346) . . . . 25152 C f) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Christine Ostrowski, Maritta Böttcher, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der PDS ein- gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Altschul- denhilfe-Gesetzes (Drittes Altschulden- hilfeänderungsgesetz – 3. AHÄndG) (Drucksachen 14/8078, 14/9385) . . . . 25152 C g) Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses zu dem An- trag der Abgeordneten Christine Lambrecht, Lothar Mark und weiterer Abgeordneter: Völlige Freigabe des Viernheimer/Käfertaler/Lamperthei- mer Waldes von der verbliebenen militärischen Nutzung (Drucksachen 14/7764, 14/9688) . . . . 25152 D h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Spanier, Hans-Günter Bruckmann, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Die nachhal- tige Stadt- und Wohnungspolitik wei- ter vorantreiben (Drucksachen 14/9355, 14/9649) . . . . 25153 A i) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verord- nung der Bundesregierung: Verord- nung über die Entsorgung von Alt- holz (Drucksachen 14/9506, 14/9637 Nr. 2.1, 14/9697) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25153 B j) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verord- nung der Bundesregierung: 22. Ver- ordnung zur Durchführung des Bun- des-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft – 22. BImSchV) (Drucksachen 14/9404, 14/9469 Nr. 2.1, 14/9622) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25153 B k) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verord- nung der Bundesregierung: Verord- nung über den Versatz von Abfällen unter Tage und zur Änderung von Vorschriften zum Abfallverzeichnis (Drucksachen 14/9579, 14/9637 Nr. 2.2, 14/9686) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25153 C l) Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Umsetzung der EU-Luftqualitäts- richtlinien in nationales Recht (Drucksache 14/6624) . . . . . . . . . . . . 25153 D m) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über alternative Kraftstoffe für den Straßenverkehr und ein Bündel von Maßnahmen zur Förderung der Ver- wendung von Biokraftstoffen Vorschlag für eine Richtlinie des Eu- ropäischen Parlaments und des Ra- tes zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen Vorschlag für eine Richtlinie des Ra- tes zur Änderung der Richtlinie 92/81/EWG bezüglich der Möglich- keit, auf bestimmte Biokraftstoffe und Biokraftstoffe enthaltende Mi- neralöle einen ermäßigten Verbrau- chersteuersatz anzuwenden (Drucksachen 14/8428 Nr. 2.13, 14/9615) 25153 D n) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Helmut Heiderich, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Weiterentwick- lung einer Biotechnologiestrategie für den Forschungs- und Wirt- schaftsstandort Deutschland – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Mitteilung derKommission an den Rat, das Europäische Parlament, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 V den Wirtschafts- und Sozialaus- schuss und den Ausschuss der Re- gionen: Biowissenschaften und Biotech- nologie – Eine Strategie für Eu- ropa (Drucksachen 14/9102, 14/8832 Nr. 2.17, 14/9675) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25154 A o) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Vorsorgepolitik für gesundheitsverträglichen Mo- bilfunk – zu dem Antrag der Abgeordneten Ilse Aigner, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Mobilfunkforschung und Infor- mation vorantreiben – zu dem Antrag der Abgeordneten Gerhard Jüttemann, Eva Bulling- Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Mobil- funkstrahlung minimieren – Vor- sorge stärken (Drucksachen 14/8584, 14/7286, 14/7120, 14/9144) . . . . . . . . . . . . . . . . 25154 C p) – Antrag der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Walter Hirche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine kohärente deutsche Außenpolitik (Drucksache 14/9552) . . . . . . . . . . 25155 A – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Gert Weisskirchen (Wiesloch), Hans-Ulrich Klose, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Christian Sterzing, Rita Grießhaber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN zu der Ab- gabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler zur Lage im Nahen Osten (Drucksachen 14/8879, 14/9451) 25155 A – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag der Ab- geordneten Dr. Helmut Haussmann, Günther Friedrich Nolting, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP zu der Abgabe einer Regie- rungserklärung durch den Bundes- kanzler zur Lage im Nahen Osten (Drucksachen 14/8904, 14/9454) 25155 B – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Rühe, Karl Lamers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Eine deutliche ge- meinsame europäische Position für eine gerechte Friedenslösung im Nahen Osten (Drucksachen 14/8862, 14/9452) 25155 B q) – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Bläss, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Partnerschaftliche Bezie- hungen zu Lateinamerika festigen und ausbauen (Drucksachen 14/8558, 14/9453) 25155 D – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Lothar Mark, Wolfgang Behrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Intensivierung der Bezie- hungen zwischen der Europä- ischen Union, Lateinamerika und der Karibik (Drucksachen 14/9051, 14/9455) 25156 A r) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Carsten Hübner, Eva Bulling- Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Reform der Hermesbürgschaften nach ökologi- schen, sozialen und entwicklungs- politischen Kriterien (Drucksachen 14/6373, 14/7714) . . . . 25156 B s) Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses zu dem An- trag der Abgeordneten Fred Gebhardt, Heidi Lippmann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der PDS: Aus- schluss des Eintritts Minderjähriger in die Bundeswehr (Drucksachen 14/551, 14/1295) . . . . . 25156 B t) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002VI Petra Pau, Dr. Ruth Fuchs und der Frak- tion der PDS: Entkriminalisierung des Gebrauchs bislang illegaler Rauschmittel, Legalisierung von Cannabisprodukten, kontrollierte Abgabe so genannter harter Drogen (Drucksachen 14/1695, 14/9267) . . . . 25156 C u) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Marktwirt- schaftliche Reorganisation der deut- schen Abfallwirtschaft (Drucksachen 14/5676, 14/8410) . . . . 25156 D v) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Dr. Winfried Wolf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Verhinderung erneuter Gewäs- serverunreinigungen durch das Total- herbizid Diuron (Drucksachen 14/4710, 14/5620) . . . . 25156 D w) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN : Reform der Ge- meindefinanzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Heinz Seiffert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Einset- zung einer Kommission zur Re- form der Gemeindefinanzen durch die Bundesregierung – zu dem Antrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Peter Götz, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Gewerbesteuer- umlage auf die vor dem Steuersen- kungsgesetz maßgeblichen Werte senken – zu dem Antrag der Abgeordneten Gerhard Schüßler, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gemein- definanzen reformieren – Gewer- besteuer abschaffen – Finanz- kraft der Gemeinden stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zu- rücknehmen (Drucksachen 14/8025, 14/7442, 14/7787, 14/7326, 14/7993, 14/9662) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25157 A x) Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP: Lang- fristige Sicherung der Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegs- gräberfürsorge e. V. (Drucksache 14/9681) . . . . . . . . . . 25157 D y) Beschlussempfehlung des Rechts- ausschusses: Übersicht 12 a über die dem Deutschen Bundestag zu- geleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 14/9599) . . . . . . . . . . 25157 D z) Beschlussempfehlungen des Peti- tionsausschusses Sammelüber- sichten 407, 408, 409, 410, 411, 413, 414, 415 zu Petitionen (Drucksachen 14/9571, 14/9572, 14/9573, 14/9574, 14/9575, 14/9576, 14/9577, 149578) . . . . . . . . . . . . . . 25158 A Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere abschließende Beratung ohne Aus- sprache (Ergänzung zu TOP 29) a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Abkom- men über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Krimi- nalität zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Litauen vom 23. Februar 2001 und zwischen der Re- gierung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung der Republik Slowenien vom 2. März 2001 (Organi- sierte Kriminalität (OK)-Zusam- menarbeitsgesetz) (Drucksachen 14/8199, 14/9685) . . . . 25158 C b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Siche- rung einer angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Kran- kenversicherung (Drucksachen 14/8400, 14/9704) . . . . 25159 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 VII c) Antrag der Abgeordneten Heinz Schmitt (Berg), Arne Fuhrmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Hans- Josef Fell, Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Altern ganzheitlich in der Forschung betrachten (Drucksache 14/9668) . . . . . . . . . . . . . 25159 B d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Förderung der Alte- rungsforschung – zu dem Antrag des Antrags der Ab- geordneten Dr. Sabine Bergmann- Pohl, Bärbel Sothmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Dringender Hand- lungsbedarf in derAltersforschung (Drucksachen 14/5464, 14/8105, 14/9708) 25159 B e) Antrag der Abgeordneten Renate Gradistanac, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Wolfgang Dehnel, Klaus Brähmig, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abgeordneten Klaus Haupt, Ina Lenke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Durchführung des Bundeswettbewerbes „Ferien für Familien, in denen Angehörige mit Behinderung leben“ (Drucksache 14/9669) . . . . . . . . . . . . . 25159 C f) Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Kurzfristige, nationale Strategien in derVerbraucherpolitik unzureichend (Drucksache 14/9553) . . . . . . . . . . . . . 25159 D g) Antrag der Abgeordneten Regina Schmidt-Zadel, Eike Maria Hovermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Monika Knoche, Katrin Göring- Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: 25 Jahre Psychiatrie- reform – Verstetigung und Fortent- wicklung (Drucksache 14/9555) . . . . . . . . . . . . . 25160 A h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, Dr. Dieter Thomae, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Sucht wirksam bekämpfen – Prävention, Therapie und Lebenshilfe stärken (Drucksachen 14/9049, 14/9705) 25160 A i) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, Dr. Dieter Thomae, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Für ein Gesamtkonzept zur Verbesserung der Versorgung bei Brustkrebs (Drucksachen 14/9099, 14/9706) . . . . 25160 B j) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Pia Maier, Roland Claus und der Fraktion der PDS: Erhalt des ICE-Schienen- knotens Mannheim – flächenhafter Ausbau der Bahn mit Stärkung des ICE-Knotens Mannheim und Ein- bindung von Darmstadt und Heidel- berg in den Schienenpersonenver- kehr (Drucksachen 14/9546, 14/9680) . . . . 25160 C k) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- nität und Geschäftsordnung: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages; hier: Beschluss des Deut- schen Bundestages betr. Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages (Anlage 6 zur GO-BT) (Drucksache 14/9659) . . . . . . . . . . . . . 25160 C l) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Bericht über die Le- benssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland – Elfter Kinder- und Jugendbe- richt – mit der Stellungnahme der Bundesregierung – zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Lebenssituation jungerMenschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002VIII – Elfter Kinder- und Jugendbe- richt – mit der Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksachen 14/8181, 14/8383, 14/9624) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25160 D m) – s) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 416, 417, 418, 419, 420, 421, 422 zu Peti- tionen (Drucksachen 14/9689, 14/9690, 14/9691, 14/9692, 14/9693, 14/9694, 14/9695) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25161 B Tagesordnungspunkt 4: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg Tauss, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nationaler Bildungsbericht und Einrichtung eines gemeinsamen Sachverständigenrates von Bund und Ländern – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Vorlage eines nationalen Bildungsberichtes – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), Thomas Rachel, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Neuer Aufbruch im Bildungswesen (Drucksache 14/9269, 14/7078, 14/9215, 14/9665) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25162 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Naturwissenschaftlicher Wettbewerb an deutschen Schulen – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ökonomische Kompo- nente in der Lehrerausbildung entschieden ausbauen (Drucksachen 14/4270, 14/4271, 14/7486) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25162 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg Tauss, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Christian Simmert, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bildung ist Zukunft – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine neue Bildung in Deutschland – Konse- quenzen aus der PISA-Studie (Drucksachen 14/9272, 14/9257, 14/9707) 25162 B Wolf-Michael Catenhusen, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25162 D Dr. Dagmar Schipanski, Ministerin (Thüringen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25164 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25166 C Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25168 B Dr. Ernst Dieter Rossmann SPD . . . . . . . . . . 25170 A Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25170 D Ernst Küchler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25171 D Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) CDU/CSU 25173 A Dr. Ernst Dieter Rossmann SPD . . . . . . . 25175 A Dr. Peter Eckardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 25175 B Dr. Dagmar Schipanski, Ministerin (Thüringen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25176 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25176 D Dr. Dagmar Schipanski, Ministerin (Thüringen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25177 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25177 B Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Abgeordneten Eckhardt Barthel (Berlin), Hans-Werner Bertl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 IX Dr. Antje Vollmer, Grietje Bettin, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Nationale Verantwortung des Bundes für Kunst und Kultur stärken (Drucksache 14/9098) . . . . . . . . . . . . . 25178 B b) Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Bernd Neumann (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Systematisierung der Kulturförderung von Bund und Län- dern (Drucksache 14/8736) . . . . . . . . . . . . . 25178 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Joachim Otto (Frankfurt), Ina Albowitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Kulturföderalismus in Deutschland erhalten (Drucksachen 14/4911 (neu), 14/7702) 25178 C Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 25178 D Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 25180 D Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25182 C Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 25183 C Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Gustav Herzog, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- neten Ulrike Höfken, Steffi Lemke, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Qua- litätsoffensive im öffentlichen Personen- verkehr – Verbraucherschutz und Kun- denrechte stärken (Drucksache 14/9671) . . . . . . . . . . . . . . . 25184 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Meister, Dirk Fischer (Ham- burg), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Verbraucherschutz im Bereich des öffentlichen Personen- verkehrs noch immer unzureichend (Drucksachen 14/8853, 14/9696) . . . . . . . 25185 A Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Großen Anfrage der Abgeord- neten Rainer Brüderle, Gudrun Kopp, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Daseinsvorsorge in der sozialen Marktwirtschaft (Drucksachen 14/5192, 14/6249) . . . . . . . 25185 B Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25185 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . 25186 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25188 D Gerhard Schüßler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 25189 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 25191 A Tagesordnungspunkt 11: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Stärkung von Prävention und Gesundheitsför- derung – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulf Fink, Wolfgang Lohmann (Lü- denscheid), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Prävention umfassend stärken (Drucksachen 14/9224, 14/9085, 14/9701) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25192 C b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Zuschusses zu ambulanten medizinischen Vorsorge- leistungen (Drucksachen 14/9357, 14/9702) . . . . 25192 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Für eine leistungsfähige und bezahlbare Gesundheitsversorgung (Drucksachen 14/9054, 14/9703) . . . . . . . 25192 D Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Meckel, Eckhardt Barthel (Ber- lin), weiterer Abgeordneter und der Frak- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002X tion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Dr. Helmut Lippelt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für ein europäisch ausgerichtetes Zentrum gegen Vertreibungen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Bernd Neumann (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Zentrum gegen Vertreibungen – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Für ein europäisches Zentrum gegen Vertrei- bungen (Drucksache 14/9033, 14/8594 (neu), 14/9068, 14/9661) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25193 C Tagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg Tauss, Monika Griefahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Grietje Bettin, Dr. Antje Vollmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Reform derMedien- und Kommunikati- onsordnung für die Wissens- und Infor- mationsgesellschaft verwirklichen (Drucksachen 14/8649, 14/9664) . . . . . . . 25194 A Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Christel Riemann-Hanewinckel, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Rechtsanspruch auf Beratung im Mutterpass zusätzlich festschreiben – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Wolfgang Bosbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Vermeidung von Spätabtreibungen – Hilfen für Eltern und Kinder (Drucksachen 14/9030, 14/6635, 14/9494) 25194 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Dritte Beratung des von den Fraktionen des SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (Drucksachen 14/9219, 14/9650, 14/9591) 25194 D Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Daten- schutz: Tätigkeitsbericht 1999 und 2000 des Bundesbeauftragten für den Daten- schutz – 18. Tätigkeitsbericht – (Drucksachen 14/5555, 14/8829 Nr. 1.1, 14/9490) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25195 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Jörg Tauss, Monika Griefahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Grietje Bettin, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Sichere Informations- und Kommunika- tionsinfrastrukturen gewährleisten (Drucksache 14/9683) . . . . . . . . . . . . . . . 25195 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Jörg Tauss, Monika Griefahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Grietje Bettin, Cem Özdemir, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Umfassende Modernisierung des Daten- schutzrechts voranbringen (Drucksache 14/9709) . . . . . . . . . . . . . . . 25195 C Tagesordnungspunkt 16: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Hubert Hüppe und der Frak- tion der CDU/CSU: Verbot des Klo- nens menschlicher Embryonen welt- weit durchsetzen (Drucksache 14/9537) . . . . . . . . . . . . 25195 D b) Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, René Röspel, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 XI Andrea Fischer (Berlin), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Das Klonen menschlicher Embryonen in- ternational ächten (Drucksache 14/9682) . . . . . . . . . . . . . 25195 D Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Tourismus – zu dem Antrag der Abgeordneten Brunhilde Irber, Annette Faße, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Sylvia Voß, Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ak- tionsplan zum Kinder- und Jugend- tourismus in Deutschland – zu dem Antrag der Abgeordneten Rosel Neuhäuser, Maritta Böttcher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Aktionsplan zum Kinder- und Jugendtourismus in Deutschland (Drucksachen 14/9363, 14/9545, 14/9715) 25196 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Brunhilde Irber, Annette Faße, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- neten Sylvia Voß, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Den Campingtourismus in Deutschland nachhaltig fördern (Drucksache 14/9672) . . . . . . . . . . . . . . . 25196 B Tagesordnungspunkt 18: b) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsord- nung zu dem Antrag der Abgeordneten Ulf Fink, Rainer Eppelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Kriegsfolgen- und Kriegs- lastenbeseitigung in den neuen Län- dern (Drucksachen 14/5092, 14/9716) . . . . 25196 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- nologie zu dem Antrag der Abgeordne- ten Rolf Kutzmutz, Petra Bläss, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Sofortmaßnahmen des Bundes bei der Rüstungskonversion einleiten (Drucksachen 14/8657, 14/9119) . . . . 25196 D Tagesordnungspunkt 19: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der neuen Länder zu dem Antrag der Frak- tion der PDS: Ostdeutsche Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst bis zum Jahre 2007 stufenweise auf das Niveau der alten Bundesländer an- heben (Drucksachen 14/8791, 14/9379) . . . . 25196 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialord- nung – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Jürgen Türk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für ein faires Rentenrecht für das ehemalige mittlere medizi- nische Personal – zu dem Antrag der Fraktion der PDS: Zur Regelung von in der DDR erworbenen Versorgungs- ansprüchen und Anwartschaften in einem spezifischen Versor- gungssystem sowie zur Regelung anderer rechtmäßig erworbener Ansprüche auf Alterssicherung (Drucksachen 14/7612, 14/9045, 14/9383) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25197 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25197 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 25215 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulla Jelpke (PDS) zur Abstimmung über den Antrag: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Strafrechtsänderungsge- setz – § 129 b StGB (Tagesordnungspunkt 5) 25215 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Brigitte Baumeister (CDU/CSU) zur Abstim- mung über die Beschlussempfehlung des 1. Untersuchungsausschusses nach Art. 44 des Grundgesetzes (Tagesordnungspunkt 20) . . . 25215 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002XII Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rezzo Schlauch, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, Dr. Thea Dückert, Hans-Josef Fell, Rita Grießhaber, Winfried Hermann, Antje Hermenau, Ulrike Höfken, Michaele Hustedt, Monika Knoche, Dr. Angelika Köster-Loßack, Steffi Lemke, Dr. Helmut Lippelt, Kerstin Müller (Köln), Simone Probst, Christine Scheel, Albert Schmidt (Hitzhofen), Christian Simmert, Christian Sterzing, Hans-Christian Ströbele, Jürgen Trittin und Margareta Wolf (Frankfurt) (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zur Gestaltung der Historischen Mitte Berlins (Tagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . . . 25216 B Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Horst Kubatschka, Angelika Graf (Rosen- heim), Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk und Gisela Schröter (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zur Gestaltung der His- torischen Mitte Berlins (Tagesordnungspunkt 6) 25217 A Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zur Gestaltung der Historischen Mitte Berlins (Tagesordnungs- punkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25217 C Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 25217 C Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25218 A Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Nina Hauer, Christian Lange (Backnang), Dr. Carola Reimann, Karsten Schönfeld und Dr. Hermann Scheer (alle SPD) zur Abstim- mung über die Beschlussempfehlung zur Ge- staltung der Historischen Mitte Berlins (Tages- ordnungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25218 C Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Heidemarie Ehlert (PDS) zur Abstimmung über das Gesetz zur Sicherstellung einer Über- gangsregelung für die Umsatzbesteuerung von Alt-Sportanlagen (Tagesordnungspunkt 29 a) 25218 D Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Be- richt zu den Anträgen: – Reform der Gemeindefinanzen – Einsetzung einer Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen durch die Bundes- regierung – Gewerbesteuerumlage auf die vor dem Steuersenkungsgesetz maßgeblichen Wer- te senken – Gemeindefinanzen reformieren – Gewer- besteuer abschaffen – Finanzkraft der Ge- meinden stärken – Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zurücknehmen (Tagesordnungspunkt 29 w) . . . . . . . . . . . . . . 25219 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 25219 C Anlage 10 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Antrag: Durchführung des Bundes- wettbewerbes „Ferien für Familien, in denen Angehörige mit Behinderung leben“ (Zusatz- tagesordnungspunkt 3 e) . . . . . . . . . . . . . . . . 25220 A Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25220 A Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25220 B Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulla Jelpke, Heidi Lippmann, Eva Bulling- Schröter, Ursula Lötzer, Uwe Hiksch, Dr. Winfried Wolf, Christina Schenk und Sabine Jünger (alle PDS) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Be- richt zu den Anträgen: – Für ein europäisch ausgerichtetes Zentrum gegen Vertreibungen – Zentrum gegen Vertreibungen – Für ein europäisches Zentrum gegen Ver- treibungen (Tagesordnungspunkt 12) . . . . . . . . . . . . . . . 25220 C Anlage 12 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sylvia Bonitz (CDU/CSU) zur Abstimmung über das Fünfte Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (Zusatztagesord- nungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25221 C Anlage 13 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 XIII Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Gisela Frick, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Dr. Wolfgang Gerhardt, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Klaus Haupt, Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Jürgen Koppelin, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Gerhard Schüßler, Marita Sehn, Gudrun Serowiecki, Dr. Hermann Otto Solms und Dr. Max Stadler (alle FDP) zur Abstimmung über das Fünfte Gesetz zur Änderung des Stasi- Unterlagen-Gesetzes (Zusatztagesordnungs- punkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25222 B Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD) zur Abstim- mung über den Entschließungsantrag der Frak- tionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP zum Tätigkeitsbericht 1999 und 2000 des Bundesbeauftragten für den Datenschutz (Ta- gesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25222 C Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung – des Antrags: Nationale Verantwortung des Bundes für Kunst und Kultur stärken – des Antrags: Systematisierung der Kultur- förderung von Bund und Ländern – der Beschlussempfehlung und des Be- richts: Kulturföderalismus in Deutschland erhalten (Tagesordnungspunkt 8 a bis c) . . . . . . . . . . . 25222 D Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 25223 A Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des Antrags: Qualitätsoffensive im öffentli- chen Personenverkehr – Verbraucherschutz und Kundenrechte stärken – der Beschlussempfehlung und des Be- richts: Verbraucherschutz im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs noch immer unzureichend (Tagesordnungspunkt 9 und Zusatztagesord- nungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25223 C Gustav Herzog SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25223 C Jella Teuchner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25224 C Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 25225 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25226 A Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . 25226 D Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 25227 B Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Großen Anfrage: Daseinsvorsorge in der sozia- len Marktwirtschaft (Tagesordnungspunkt 10) 25228 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 25228 B Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlungen und Berichte: – zu dem Antrag: Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung – zu dem Antrag: Prävention umfassend stär- ken – zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbes- serung des Zuschusses zu ambulanten me- dizinischen Vorsorgeleistungen – zu dem Antrag: Für eine leistungsfähige und bezahlbare Gesundheitsversorgung (Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25229 D Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD . . . . . . 25229 D Helga Kühn-Mengel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 25231 A Ulf Fink CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25232 B Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25233 B Detlef Parr FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25234 B Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25234 C Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Für ein europäisch ausgerichtetes Zentrum gegen Vertreibungen – Zentrum gegen Vertreibungen – Für ein europäisches Zentrum gegen Ver- treibungen (Tagesordnungspunkt 12) . . . . . . . . . . . . . . . . 25235 C Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25235 C Michael Roth (Heringen) SPD . . . . . . . . . . . 25236 D Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 25237 D Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002XIV GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25240 A Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . 25240 C Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 25241 B Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Reform der Medien- und Kom- munikationsordnung für die Wissens- und In- formationsgesellschaft verwirklichen (Tages- ordnungspunkt 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25242 A Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 25242 A Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25242 D Dr. Martina Krogmann CDU/CSU . . . . . . . . 25244 B Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25245 C Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . 25246 B Angela Marquardt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 25247 B Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Rechtsanspruch auf Beratung im Mutter- pass zusätzlich festschreiben – Vermeidung von Spätabtreibungen – Hil- fen für Eltern und Kinder (Tagesordnungspunkt 14) . . . . . . . . . . . . . . . 25248 A Christel Riemann-Hanewinckel SPD . . . . . . 25248 A Hubert Hüppe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 25249 B Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25251 B Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25252 A Petra Bläss PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25252 C Anlage 22 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Än- derung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (Zu- satztagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . 25253 A Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 25253 A Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25255 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig FDP . . . . . . . . . . 25256 A Ulla Jelpke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25256 C Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . . 25257 B Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – der Beschlussempfehlung und des Berichts: Tätigkeitsbericht 1999 und 2000 des Be- auftragten für den Datenschutz – 18. Tätig- keitsbericht – – des Antrags: Sichere Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen gewähr- leisten – des Antrags: Umfassende Modernisierung des Datenschutzrechts voranbringen (Tagesordnungspunkt 15, Zusatztagesord- nungspunkt 7 und 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25258 C Gisela Schröter SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25258 D Beatrix Philipp CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 25260 A Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25261 D Dr. Edzard Schmidt-Jortzig FDP . . . . . . . . . 25262 C Petra Pau PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25262 D Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI 25263 C Anlage 24 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Verbot des Klonens menschlicher Embryo- nen weltweit durchsetzen – Das Klonen menschlicher Embryonen in- ternational ächten (Tagesordnungspunkt 16 a und b) . . . . . . . . . . 25264 C René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25264 C Dr. Wolfgang Wodarg SPD . . . . . . . . . . . . . . 25266 B Hubert Hüppe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 25267 C Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25269 B Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25270 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25270 D Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – der Beschlussempfehlung und des Be- richts: Aktionsplan zum Kinder- und Ju- gendtourismus in Deutschland – des Antrags: Den Campingtourismus in Deutschland nachhaltig fördern (Tagesordnungspunkt 17 und Zusatztagesord- nungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25271 D Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25271 D Renate Gradistanac SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 25272 D Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 25273 C Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . 25274 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 XV Ernst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 25276 B Rosel Neuhäuser PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25277 A Anlage 26 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des Berichts: Kriegsfolgen- und Kriegslas- tenbeseitigung in den neuen Ländern – der Beschlussempfehlung und des Be- richts: Sofortmaßnahmen des Bundes bei der Rüstungskonversion einleiten (Tagesordnungspunkt 18 b und c) . . . . . . . . . 25277 D Angelika Krüger-Leißner SPD . . . . . . . . . . . . 25277 D Ulf Fink CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25279 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25281 A Jürgen Türk FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25281 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 25281 D Anlage 27 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlungen und Berichte zu den Anträgen: – Ostdeutsche Löhne und Gehälter im öffent- lichen Dienst bis zum Jahr 2007 stufen- weise auf das Niveau der alten Bundeslän- der anheben – Für ein faires Rentenrecht für das ehema- lige medizinische Personal – Zur Regelung von in der DDR erworbenen Versorgungsansprüchen und Anwartschaf- ten in einem spezifischen Versorgungssys- tem sowie zur Regelung anderer Ansprüche auf Alterssicherung (Tagesordnungspunkt 19 a und b) . . . . . . . . . 25282 B Dr. Mathias Schubert SPD . . . . . . . . . . . . . . . 25282 C Manfred Grund CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 25282 D Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25284 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002XVI Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms 25197 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225198 (C) (D) (A) (B) Liste Endgültiges Ergebnis der Namentlichen Abstimmung über die Vorschläge zur Gestaltung der Historischen Mitte Berlins – Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien – (Drucksache 14/9660) Abgegebene Stimmen 589 Ungültige Stimmen 8 Gültige Stimmen 581 Nein 62 Enthaltungen 6 Es entfielen auf den Vorschlag – Alternative A (Wiederherstellung der barocken Fassaden) 380 Stimmen Vorschlag – Alternative B (Klärung der Fassadengestaltung in einem Architektenwettbewerb; Alternativen zur Rekonstruktiom der Barocken Fassaden nicht ausgeschlossen) 133 Stimmen Ein Vorschlag ist angenommen, wenn er mehr Stimmen erhalten hat als der andere Vorschlag zuzüglich der Nein- Stimmen. Der Vorschlag Alternative A hat im ersten Abstimmungsgang die erforderliche Merhrheit erhalten. Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung SPD Brigitte Adler x Gerd Andres x Ingrid Arndt-Brauer x Rainer Arnold x Hermann Bachmaier x Ernst Bahr x Doris Barnett x Dr. Hans-Peter Bartels x Eckhardt Barthel (Berlin) x Klaus Barthel (Starnberg) x Ingrid Becker-Inglau x Wolfgang Behrendt x Dr. Axel Berg x Hans-Werner Bertl x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25199 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Friedhelm Julius Beucher x Petra Bierwirth x Rudolf Bindig x Lothar Binding (Heidelberg) x Klaus Brandner x Anni Brandt-Elsweier x Willi Brase x Rainer Brinkmann (Detmold) x Bernhard Brinkmann (Hildesheim) x Hans-Günter Bruckmann x Dr. Michael Bürsch x Hans Büttner (Ingolstadt) x Ulla Burchardt x Hans Martin Bury x Marion Caspers-Merk x Wolf-Michael Catenhusen x Dr. Peter Danckert x Christel Deichmann x Karl Diller x Peter Dreßen x Detlef Dzembritzki x Dieter Dzewas x Dr. Peter Eckardt x Sebastian Edathy x Ludwig Eich x Marga Elser x Peter Enders x Petra Ernstberger x Annette Faße x Lothar Fischer (Homburg) x Gabriele Fograscher x Iris Follak x Norbert Formanski x Rainer Fornahl x Hans Forster x Dagmar Freitag x Lilo Friedrich (Mettmann) x Harald Friese x Anke Fuchs (Köln) x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225200 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Arne Fuhrmann x Monika Ganseforth x Konrad Gilges x Iris Gleicke x Günter Gloser x Uwe Göllner x Renate Gradistanac x Günter Graf (Friesoythe) x Angelika Graf (Rosenheim) x Dieter Grasedieck x Monika Griefahn x Kerstin Griese x Achim Großmann x Karl-Hermann Haack (Extertal) x Hans-Joachim Hacker x Klaus Hagemann x Manfred Hampel x Alfred Hartenbach x Anke Hartnagel x Klaus Hasenfratz x Nina Hauer x Hubertus Heil x Reinhold Hemker x Frank Hempel x Rolf Hempelmann x Dr. Barbara Hendricks x Gustav Herzog x Monika Heubaum x Reinhold Hiller (Lübeck) x Gerd Höfer x Jelena Hoffmann (Chemnitz) x Walter Hoffmann (Darmstadt) x Iris Hoffmann (Wismar) x Frank Hofmann (Volkach) x Ingrid Holzhüter x Eike Hovermann x Christel Humme x Lothar Ibrügger x Brunhilde Irber x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25201 (C) (D) (A) (B) Gabriele Iwersen x Renate Jäger x Dr. Uwe Jens x Johannes Kahrs x Ulrich Kasparick x Sabine Kaspereit x Susanne Kastner x Ulrich Kelber x Hans-Peter Kemper x Klaus Kirschner x Marianne Klappert x Siegrun Klemmer x Hans-Ulrich Klose x Fritz Rudolf Körper x Walter Kolbow x Karin Kortmann x Anette Kramme x Volker Kröning x Angelika Krüger-Leißner x Horst Kubatschka x Ernst Küchler x Helga Kühn-Mengel x Ute Kumpf x Konrad Kunick x Werner Labsch x Christine Lambrecht x Brigitte Lange x Christian Lange (Backnang) x Detlev von Larcher x Christine Lehder x Waltraud Lehn x Dr. Elke Leonhard x Eckhart Lewering x Gabriele Lösekrug-Möller x Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg) x Erika Lotz x Dr. Christine Lucyga x Dieter Maaß (Herne) x Dirk Manzewski x Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225202 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Tobias Marhold x Lothar Mark x Ulrike Mascher x Heide Mattischeck x Markus Meckel x Ulrike Mehl x Ulrike Merten x Angelika Mertens x Dr. Jürgen Meyer (Ulm) x Ursula Mogg x Christoph Moosbauer x Siegmar Mosdorf x Michael Müller (Düsseldorf) x Jutta Müller (Völklingen) x Christian Müller (Zittau) x Andrea Nahles x Volker Neumann (Bramsche) x Gerhard Neumann (Gotha) x Dr. Edith Niehuis x Dr. Rolf Niese x Dietmar Nietan x Günter Oesinghaus x Leyla Onur x Manfred Opel x Holger Ortel x Adolf Ostertag x Kurt Palis x Albrecht Papenroth x Dr. Martin Pfaff x Georg Pfannenstein x Johannes Pflug x Dr. Eckhart Pick x Joachim Poß x Karin Rehbock-Zureich x Dr. Carola Reimann x Margot von Renesse x Renate Rennebach x Bernd Reuter x Christel Riemann-Hanewinckel x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25203 (C) (D) (A) (B) Reinhold Robbe x René Röspel x Dr. Ernst Dieter Rossmann x Michael Roth (Heringen) x Birgit Roth (Speyer) x Gerhard Rübenkönig x Marlene Rupprecht x Thomas Sauer x Dr. Hansjörg Schäfer x Gudrun Schaich-Walch x Bernd Scheelen x Dr. Hermann Scheer x Siegfried Scheffler x Horst Schild x Dieter Schloten x Horst Schmidbauer (Nürnberg) x Ulla Schmidt (Aachen) x Silvia Schmidt (Eisleben) x Dagmar Schmidt (Meschede) x Wilhelm Schmidt (Salzgitter) x Dr. Frank Schmidt (Weilburg) x Regina Schmidt-Zadel x Heinz Schmitt (Berg) x Carsten Schneider x Dr. Emil Schnell x Walter Schöler x Karsten Schönfeld x Fritz Schösser x Ottmar Schreiner x Gisela Schröter x Dr. Mathias Schubert x Richard Schuhmann (Delitzsch) x Brigitte Schulte (Hameln) x Volkmar Schultz (Köln) x Ewald Schurer x Dr. Angelica Schwall-Düren x Rolf Schwanitz x Bodo Seidenthal x Erika Simm x Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225204 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast x Wieland Sorge x Wolfgang Spanier x Dr. Margrit Spielmann x Jörg-Otto Spiller x Dr. Ditmar Staffelt x Antje-Marie Steen x Ludwig Stiegler x Rolf Stöckel x Reinhold Strobl (Amberg) x Dr. Peter Struck x Joachim Stünker x Joachim Tappe x Jörg Tauss x Jella Teuchner x Dr. Gerald Thalheim x Wolfgang Thierse x Franz Thönnes x Uta Titze-Stecher x Adelheid Tröscher x Hans-Eberhard Urbaniak x Rüdiger Veit x Simone Violka x Ute Vogt (Pforzheim) x Hans Georg Wagner x Hedi Wegener x Dr. Konstanze Wegner x Wolfgang Weiermann x Reinhard Weis (Stendal) x Matthias Weisheit x Günter Weißgerber x Gert Weisskirchen (Wiesloch) x Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker x Jochen Welt x Dr. Rainer Wend x Hildegard Wester x Lydia Westrich x Dr. Margrit Wetzel x Dr. Norbert Wieczorek x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25205 (C) (D) (A) (B) Jürgen Wieczorek (Böhlen) x Dieter Wiefelspütz x Heino Wiese (Hannover) x Klaus Wiesehügel x Brigitte Wimmer (Karlsruhe) x Engelbert Wistuba x Barbara Wittig x Dr. Wolfgang Wodarg x Verena Wohlleben x Hanna Wolf (München) x Waltraud Wolff (Wolmirstedt) x Heidemarie Wright x Uta Zapf x Dr. Christoph Zöpel x Peter Zumkley x CDU/CSU Ulrich Adam x Ilse Aigner x Peter Altmaier x Dietrich Austermann x Norbert Barthle x Dr. Wolf Bauer x Günter Baumann x Brigitte Baumeister x Meinrad Belle x Dr. Sabine Bergmann-Pohl x Otto Bernhardt x Hans-Dirk Bierling x Renate Blank x Dr. Heribert Blens x Peter Bleser x Dr. Norbert Blüm x Antje Blumenthal x Dr. Maria Böhmer x Wolfgang Börnsen (Bönstrup) x Dr. Wolfgang Bötsch x Sylvia Bonitz x Jochen Borchert x Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225206 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Wolfgang Bosbach x Klaus Brähmig x Dr. Ralf Brauksiepe x Paul Breuer x Monika Brudlewsky x Georg Brunnhuber x Klaus Bühler (Bruchsal) x Hartmut Büttner (Schönebeck) x Dankward Buwitt x Cajus Caesar x Peter H. Carstensen (Nordstrand) x Wolfgang Dehnel x Hubert Deittert x Albert Deß x Renate Diemers x Marie-Luise Dött x Dr. Hansjürgen Doss x Maria Eichhorn x Rainer Eppelmann x Anke Eymer (Lübeck) x Ilse Falk x Dr. Hans Georg Faust x Albrecht Feibel x Ulf Fink x Ingrid Fischbach x Dirk Fischer (Hamburg) x Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) x Klaus Francke x Herbert Frankenhauser x Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) x Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) x Erich G. Fritz x Jochen-Konrad Fromme x Hans-Joachim Fuchtel x Dr. Jürgen Gehb x Norbert Geis x Dr. Heiner Geißler x Michael Glos x Dr. Reinhard Göhner x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25207 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Peter Götz x Dr. Wolfgang Götzer x Kurt-Dieter Grill x Hermann Gröhe x Manfred Grund x Horst Günther (Duisburg) x Carl-Detlev Frhr. von Hammerstein x Gottfried Haschke (Großhennersdorf ) x Gerda Hasselfeldt x Klaus-Jürgen Hedrich x Helmut Heiderich x Ursula Heinen x Manfred Heise x Siegfried Helias x Detlef Helling x Hans Jochen Henke x Ernst Hinsken x Peter Hintze x Joachim Hörster x Klaus Hofbauer x Martin Hohmann x Josef Hollerith x Dr. Karl-Heinz Hornhues x Siegfried Hornung x Hubert Hüppe x Susanne Jaffke x Georg Janovsky x Dr.-Ing. Rainer Jork x Bartholomäus Kalb x Steffen Kampeter x Dr.-Ing. Dietmar Kansy x Irmgard Karwatzki x Volker Kauder x Eckart von Klaeden x Ulrich Klinkert x Norbert Königshofen x Eva-Maria Kors x Hartmut Koschyk x Thomas Kossendey x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225208 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Rudolf Kraus x Dr. Martina Krogmann x Dr. Hermann Kues x Werner Kuhn x Karl Lamers x Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) x Dr. Norbert Lammert x Helmut Lamp x Dr. Paul Laufs x Karl-Josef Laumann x Vera Lengsfeld x Werner Lensing x Peter Letzgus x Ursula Lietz x Walter Link (Diepholz) x Eduard Lintner x Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) x Dr. Manfred Lischewski x Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) x Julius Louven x Dr. Michael Luther x Erich Maaß (Wilhelmshaven) x Erwin Marschewski (Recklinghausen) x Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) x Wolfgang Meckelburg x Dr. Michael Meister x Dr. Angela Merkel x Friedrich Merz x Hans Michelbach x Meinolf Michels x Dr. Gerd Müller x Bernward Müller (Jena) x Claudia Nolte x Günter Nooke x Franz Obermeier x Friedhelm Ost x Eduard Oswald x Norbert Otto (Erfurt) x Dr. Peter Paziorek x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25209 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Anton Pfeifer x Beatrix Philipp x Ruprecht Polenz x Marlies Pretzlaff x Thomas Rachel x Dr. Peter Ramsauer x Helmut Rauber x Christa Reichard (Dresden) x Erika Reinhardt x Hans-Peter Repnik x Klaus Riegert x Hannelore Rönsch (Wiesbaden) x Franz Romer x Dr. Norbert Röttgen x Dr. Klaus Rose x Kurt J. Rossmanith x Adolf Roth (Gießen) x Dr. Christian Ruck x Volker Rühe x Anita Schäfer x Hartmut Schauerte x Heinz Schemken x Karl-Heinz Scherhag x Dr. Gerhard Scheu x Norbert Schindler x Bernd Schmidbauer x Christian Schmidt (Fürth) x Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke) x Andreas Schmidt (Mülheim) x Dr. Rupert Scholz x Reinhard Freiherr von Schorlemer x Dr. Erika Schuchardt x Wolfgang Schulhoff x Dr. Christian Schwarz-Schilling x Wilhelm Josef Sebastian x Marion Seib x Heinz Seiffert x Dr. h. c. Rudolf Seiters x Bernd Siebert x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225210 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Werner Siemann x Johannes Singhammer x Bärbel Sothmann x Margarete Späte x Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten x Dorothea Störr-Ritter x Max Straubinger x Matthäus Strebl x Thomas Strobl (Heilbronn) x Michael Stübgen x Dr. Rita Süssmuth x Edeltraut Töpfer x Dr. Hans-Peter Uhl x Arnold Vaatz x Angelika Volquartz x Andrea Voßhoff x Peter Weiß (Emmendingen) x Annette Widmann-Mauz x Heinz Wiese (Ehingen) x Hans-Otto Wilhelm (Mainz) x Klaus-Peter Willsch x Bernd Wilz x Willy Wimmer (Neuss) x Matthias Wissmann x Werner Wittlich x Aribert Wolf x Elke Wülfing x Peter Kurt Würzbach x Benno Zierer x Wolfgang Zöller x BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gila Altmann (Aurich) x Mariluise Beck (Bremen) x Volker Beck (Köln) x Angelika Beer x Matthias Berninger x Grietje Bettin x Annelie Buntenbach x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25211 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Amke Dietert-Scheuer x Dr. Thea Dückert x Franziska Eichstädt-Bohlig x Dr. Uschi Eid x Hans-Josef Fell x Rita Grießhaber x Gerald Häfner x Winfried Hermann x Antje Hermenau x Ulrike Höfken x Michaele Hustedt x Monika Knoche x Dr. Angelika Köster-Loßack x Steffi Lemke x Dr. Helmut Lippelt x Dr. Reinhard Loske x Kerstin Müller (Köln) x Winfried Nachtwei x Christa Nickels x Cem Özdemir x Simone Probst x Christine Scheel x Irmingard Schewe-Gerigk x Albert Schmidt (Hitzhofen) x Werner Schulz (Leipzig) x Christian Simmert x Christian Sterzing x Hans-Christian Ströbele x Jürgen Trittin x Dr. Antje Vollmer x Sylvia Voß x Helmut Wilhelm (Amberg) x Margareta Wolf (Frankfurt) x FDP Ina Albowitz x Hildebrecht Braun (Augsburg) x Rainer Brüderle x Ernst Burgbacher x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225212 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Jörg van Essen x Ulrike Flach x Gisela Frick x Paul K. Friedhoff x Horst Friedrich (Bayreuth) x Rainer Funke x Dr. Wolfgang Gerhardt x Hans-Michael Goldmann x Joachim Günther (Plauen) x Dr. Karlheinz Guttmacher x Klaus Haupt x Ulrich Heinrich x Walter Hirche x Birgit Homburger x Dr. Werner Hoyer x Dr. Klaus Kinkel x Dr. Heinrich L. Kolb x Gudrun Kopp x Jürgen Koppelin x Ina Lenke x Sabine Leutheusser-Schnarrenberger x Dirk Niebel x Günther Friedrich Nolting x Hans-Joachim Otto (Frankfurt) x Detlef Parr x Dr. Günter Rexrodt x Dr. Edzard Schmidt-Jortzig x Gerhard Schüßler x Dr. Irmgard Schwaetzer x Marita Sehn x Gudrun Serowiecki x Dr. Hermann Otto Solms x Dr. Max Stadler x Dr. Guido Westerwelle x PDS Monika Balt x Dr. Dietmar Bartsch x Wolfgang Bierstedt x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25213 (C) (D) (A) (B) Name Alternative A Alternative B Nein Enthaltung Petra Bläss x Maritta Böttcher x Eva Bulling-Schröter x Heidemarie Ehlert x Dr. Heinrich Fink x Dr. Ruth Fuchs x Wolfgang Gehrcke x Dr. Klaus Grehn x Uwe Hiksch x Dr. Barbara Höll x Gerhard Jüttemann x Dr. Evelyn Kenzler x Heidi Lippmann x Ursula Lötzer x Heidemarie Lüth x Dr. Christa Luft x Pia Maier x Angela Marquardt x Manfred Müller (Berlin) x Rosel Neuhäuser x Christine Ostrowski x Petra Pau x Dr. Uwe-Jens Rössel x Christina Schenk x Gustav-Adolf Schur x Dr. Ilja Seifert x Fraktionslose Abgeordnete Christa Lörcher x Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25215 (C) (D) (A) (B) Friedrich (Altenburg), SPD 04.07.2002 Peter Dr. Grygier, Bärbel PDS 04.07.2002 Hilsberg, Stephan SPD 04.07.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 04.07.2002 Irmer, Ulrich FDP 04.07.2002 Jünger, Sabine PDS 04.07.2002 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 04.07.2002 Kossendey, Thomas CDU/CSU 04.07.2002 Dr. Krogmann, CDU/CSU 04.07.2002 Martina Leidinger, Robert SPD 04.07.2002 Mante, Winfried SPD 04.07.2002 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 04.07.2002 Dr. Schäuble, CDU/CSU 04.07.2002 Wolfgang Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 04.07.2002 Hans Peter Schwalbe, Clemens CDU/CSU 04.07.2002 Seehofer, Horst CDU/CSU 04.07.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 04.07.2002 Türk, Jürgen FDP 04.07.2002 Weiß (Groß-Gerau), CDU/CSU 04.07.2002 Gerald Wieczorek (Duisburg), SPD 04.07.2002 Helmut Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 04.07.2002 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulla Jelpke (PDS) zur Ab- stimmung über den Antrag: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das ... Straf- rechtsänderungsgesetz – § 129 b StGB (Tages- ordnungspunkt 5) Ulla Jelpke (PDS): Als Berichterstatterin für diesen Themenkomplex erkläre ich: Wir haben dem Antrag der Koalitionsfraktionen zugestimmt, weil wir gegen die vom Bundesrat geforderte Verschärfung des 129 b StGB sind. Dies ändert aber nichts daran, dass wir auch die vom Bun- destag verabschiedete Fassung dieser Bestimmung ableh- nen. Der neue § 129 b StGB soll die Verfolgung von Men- schen erlauben, die sich keiner einzigen Straftat schuldig oder verdächtig gemacht haben, die aber eine von ande- ren Staaten als „kriminell“ oder „terroristisch“ definierte Vereinigung unterstützen. Die Sicherheit in Deutschland wird damit um kein Jota verbessert. Dafür wächst die Möglichkeit anderer Staaten, mithilfe deutscher Staats- organe hier lebende Oppositionelle zu verfolgen. Wer de- finiert, welche Vereinigung in der Türkei, in Pakistan, Burma, Algerien oder sonst wo „terroristisch“ ist? Wel- cher deutsche Staatsanwalt entscheidet, dass irgendwo auf der Welt eine Gruppierung die Grenzen berechtigter Ge- genwehr gegen Repression überschritten hat und „terroristisch ist? Angesichts der Zusammenarbeit der deutschen Politik mit repressiven Regimen befürchten wir schlimme Fol- gen des neuen Gesetzes für bei uns lebende Flüchtlinge und Oppositionelle aus diesen Ländern und für Unterstüt- zungs- bzw. Dritte-Welt-Gruppen. Insgesamt gilt für den neuen § 129 b wie für die ge- samte so genannte Anti-Terror-Gesetzgebung das, was der Frankfurter Rechtsanwalt Joachim Schwammborn bereits 1988 ausführte und was auf der diesjährigen Strafvertei- digertagung erneut zitiert wurde: Beschäftigt man sich mit der Geschichte des bun- desdeutschen politischen Strafrechts, so stellt man fest, dass es stets drei Bedingungen erfüllt: Es wird überstürzt verabschiedet, eine gründliche Debatte über seine Notwendigkeit und seine Konsequenzen findet nicht statt und ist auch nicht erwünscht. Bei seiner Verabschiedung werden kurzfristige Stimmungen ausgenutzt, die nicht einmal im un- mittelbaren Zusammenhang mit dem Gesetzesvor- haben stehen müssen, die aber den Blick für die Folgen verstellen, Nachdenken verhindern ..., und es ist verlogen, verbirgt oder leugnet seine eigentli- che Motivation und wird mit Scheinargumenten be- gründet. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Brigitte Baumeister (CDU/ CSU) zur Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des 1. Untersuchungsausschusses nach Art. 44 des Grundgesetzes (Tagesordnungs- punkt 20) Brigitte Baumeister (CDU/CSU): Heute werden im Plenum des Deutschen Bundestages die Ergebnisse des 1. Untersuchungsausschusses „Parteispenden“ diskutiert. Die CDU/CSU-Fraktion hat einen abweichenden Ab- schlussbericht vorgelegt. Dessen Schlussfolgerungen be- züglich der auch mich betreffenden 100000 DM-Spende, Kapitel VII.8. Seite 77 ff., widerspreche ich mit Nachdruck. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Die in diesem Bericht zu meinen Lasten vorgenommenen Bewertungen sind einseitig. Sie werden insbesondere nicht von Tatsachenfeststellungen gedeckt. Der entstandene Konflikt, der schließlich zu zwei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren führte, hätte verhindert werden kön- nen. Allerdings war ich nicht zu einer Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss bereit, was aber auch nie- mand ernsthaft von mir erwarten konnte. Die Staatsanwaltschaft Berlin, die im Minderheitenvo- tum der CDU/CSU merkwürdigerweise nicht erwähnt wird, kommt zu dem Ergebnis, dass ich vor dem Untersu- chungsausschuss die Wahrheit gesagt habe. Das gegen mich gerichtete Verfahren ist mangels hinreichenden Tat- verdachts eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft führt auf Seite 93 ihres Abschlussberichts zur Begründung aus, nach dem Ergebnis der Ermittlungen könne „nicht ausge- schlossen werden“, dass Dr. Schäuble „nach dem Ge- spräch“ mit mir „doch Zweifel kamen, er aber bei seinen ursprünglichen Angaben blieb, um keinen weiteren Ge- sichtsverlust zu erleiden“. Meine Bekundungen seien, so die Staatsanwaltschaft, „plausibel“, es sei „kein Motiv für eine Falschaussage oder ein Komplott gegen Dr. Schäuble erkennbar“. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass ich „er- pressbar war und vom Zeugen Schreiber in einem privaten Rachefeldzug missbraucht worden sein könnte“. Meine Aussagen würden „durch weitere Indizien ge- stützt“. Gleichwohl hat sich die Staatsanwaltschaft Berlin entschieden, mit Rücksicht auf die Aussage des Zeugen Walter Bajohr, dem ehemaligen Pressesprecher der CDU/CSU-Fraktion, keine weiteren Schritte gegen Dr. Schäuble einzuleiten, obwohl die Staatsanwaltschaft meine Darstellung der Ereignisse als zutreffend ein- schätzt. Herr Bajohr will mit Herrn Dr. Schäuble am 22. Sep- tember 1994 ein Gespräch geführt haben, in dem Herr Dr. Schäuble von der 100 000 DM-Übergabe durch Herrn Schreiber berichtet habe. Bemerkenswert ist in diesem Zu- sammenhang, dass Herr Bajohr erstmals im Sommer 2001 im Rahmen der Verteidigung von Herrn Dr. Schäuble vor der Staatsanwaltschaft Berlin diese Erinnerungen berich- tete. Nach dem Fernsehauftritt von Herrn Dr. Schäuble am 10. Januar 2000 in der betreffenden Sendung bat ich am 16. Januar 2000 Herrn Bajohr telefonisch dringend darum, aufgrund seiner beruflichen Nähe zu Herrn Dr. Schäuble auf diesen einzuwirken, seine Darstellung der zeitlichen Abläufe zu korrigieren, da ich sie nicht bestätigen könne. Es ist erstaunlich, dass Herr Bajohr damals, am 16. Januar 2000, keine Veranlassung sah, auf sein angebliches Ge- spräch mit Herrn Dr. Schäuble hinzuweisen, über das er der Staatsanwaltschaft erstmals am 16. Juli 2001 berichtete. Diese Fakten sind allen Mitgliedern des 1. Untersu- chungsausschusses bekannt. Umso mehr schmerzt mich die einseitige Stellungnahme zulasten meiner Person im Abschlussbericht der CDU/CSU-Fraktion. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rezzo Schlauch, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, Dr. Thea Dückert, Hans- Josef Fell, Rita Grießhaber, Winfried Hermann, Antje Hermenau, Ulrike Höfken, Michaele Hustedt, Monika Knoche, Dr. Angelika Köster- Loßack, Steffi Lemke, Dr. Helmut Lippelt, Kerstin Müller (Köln), Simone Probst, Christine Scheel, Albert Schmidt (Hitzhofen), Christian Simmert, Christian Sterzing, Hans-Christian Ströbele, Jürgen Trittin und Margareta Wolf (Frankfurt) (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zur Gestaltung der historischen Mitte Berlins (Tagesordnungspunkt 6) Die beiden in der Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Kultur und Medien enthaltenen Alternativen unterschlagen eine dritte Möglichkeit: nämlich auf dem Areal des ehemaligen Berliner Schlosses eine schloss- unabhängige Bebauung vorzunehmen. Es ist nicht ein- zusehen, warum das Parlament nicht die Chance be- kommen soll, auch über diese dritte Möglichkeit abzustimmen. Expertenkommissionen haben eine beratende Funk- tion. Sie können dem Parlament die Grundentscheidun- gen allerdings nicht abnehmen. Das gilt auch für die Kom- mission „Historische Mitte Berlin“, die im Übrigen in vielen Fragen selbst gespalten war. Mit der Frage, wie wir unsere Innenstädte bebauen, be- antworten wir zugleich die Frage, wie wir heute leben wollen. Dieser Frage kann man sich nicht durch nostalgi- sche Ausflucht entziehen. Das gilt erst recht an diesem symbolträchtigen Ort, dessen Gestaltung national wie in- ternational eine große Bedeutung zugeschrieben wird. Die Debatte kann daher nicht nur mit rein kunsthistori- schen oder städtebaulichen Argumenten geführt werden. Man muss auch keinen Generalverdacht gegen architek- tonische Rekonstruktionen hegen, um die hier zur Ab- stimmung stehenden Alternativen für fragwürdig zu hal- ten. Innenstädte sollten keine Museen sein, sondern Orte des urbanen Lebens und der lebendigen Erinnerung. Die Spuren der Geschichte dürfen nicht verwischt werden und Geschichte lässt sich nicht rückgängig machen. Eines ist doch sicher: 1 zu 1 ist heute vorbei. Rekonstruktion ist immer eine andere Geste als Restau- ration. An dieser Stelle muss die Rekonstruktion als Bei- trag zur nationalen Identitätsstiftung durch bewussten Rückgriff auf „Preußens Glanz“ verstanden werden. Auch wenn – nach der Alternative B – nur die Kubatur des Schlosses benutzt und auf die barocke Fassade verzichtet würde, wäre ein solch starker Bezug da. Man muss keine Rundumverdammung des Preußentums vornehmen, um zu erkennen, dass das für das heutige Deutschland offen- sichtlich die falsche Geste ist. An der Stelle eines weite- ren provinziellen Rückblicks auf aufgeklärten Absolutis- mus oder wilhelminische Großmachtambitionen sollte der Bezug auf das weltoffene Deutschland von heute und das Europa von morgen stehen. Das gilt insbesondere mit Blick auf die anstehende Erweiterung der Europäischen Union. Eine gestisch bescheidenere und das urbane Leben be- fördernde Neugestaltung des Platzes ohne Rückgriff auf die Formensprache einer politisch ambivalenten Vergan- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225216 (C) (D) (A) (B) genheit wäre im Übrigen die beste Antwort auf die tri- umphalistische Geste des Ulbricht-Regimes. Die barba- rische Sprengung ist Teil unserer Geschichte. Ihre schlichte Rücknahme käme einem erneuten Versuch gleich, Geschichte zu negieren. Unserer Kultur der Erin- nerung würde dieser erneute Triumphalismus widerspre- chen. Andere Möglichkeiten der architektonischen Reaktion auf die komplexe Semantik des Ortes müssen eine echte Chance erhalten. Stattdessen wird nun eine als Erinnerung missverstandene Nostalgie sowie eine an Kitsch gren- zende ästhetische Imagination festgelegt. Dem wird eine solche retrospektive Lösung nicht gerecht. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Horst Kubatschka, Angelika Graf (Rosenheim), Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk und Gisela Schröter (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zur Gestaltung der Historischen Mitte Berlins (Tagesordnungs- punkt 6) Horst Kubatschka (SPD): Wir haben für die Alter- native B gestimmt, um Schlimmeres zu verhindern, näm- lich die im Antrag Ageforderte Wiedererrichtung der „ba- rocken“ Fassade ohne Alternative. Unverständlich ist für uns, dass man sich die Fesseln der Stereometrie des ehemaligen Berliner Schlosses anle- gen will. Noch unverständlicher ist der Versuch der Wie- dererrichtung der „barocken“ Fassade. Der barocke Geist, der hinter diesem Bauwerk steht, kann durch die Men- schen des 21. Jahrhunderts nicht mehr nachvollzogen werden. Also würden wir drei Disneyland-Fassaden bauen. Öffentliches Bauen war und ist vor allem Politik. Des- halb haben vor Jahrhunderten die Markgrafen von Bran- denburg und die Könige in Preußen im modernsten Stil mit modernen Architekten gebaut, nämlich barock. Sie verfolgten damit das Ziel, Berlin als Hauptstadt einer eu- ropäischen Großmacht repräsentativ auszubauen. Bei die- sem repräsentativen Bauen wären sie nie auf die Idee ge- kommen, etwa das alte Renaissance-Schloss weiter zu bauen oder gar ein gotisches Schloss zu bauen als Erinne- rung an die Vergangenheit. Für sie gab es keine Verban- nung der Moderne. Für viele Menschen soll die Mitte Berlins ein nationa- les Markenzeichen werden. Dieses nationale Markenzei- chen werden drei barocke Disneyland-Fassaden sein. Bauen beinhaltet auch das Selbstverständnis und die Wertschätzung der Gesellschaft, zeugt von Modernisie- rungswillen. Der Antrag ist geprägt vom Misstrauen ge- gen die moderne Architektur. Die Wiederherstellung der drei „barocken“ Fassaden und das Kleben an der Stereo- metrie ist eine Absage an die Moderne. Berlin hat etwas Besseres verdient. Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zur Gestaltung der historischen Mitte Berlins (Tagesordnungspunkt 6) Dr. Heinrich Fink (PDS): Ich lehne die vorliegende Beschlussempfehlung ab, weil ich sie in der vorliegenden Frage ihrem nunmehrigen Inhalt nach für einen schwer- wiegenden Rückfall in ahistorische Betrachtungsweisen halte. Sie negiert in eklatanter Weise die Existenz des Pa- lastes der Republik bzw. von dessen Teilen, die nach in Bälde erfolgter Asbestsanierung noch von der Internatio- nalen Expertenkommission als sehr wohl möglicher inte- grativer Teil einer künftigen Gestaltung des Schlossplat- zes in Erwägung gezogen worden waren. Ich lehne die Beschlussempfehlung ab, weil damit ein Gebäude wie der Palast aus offensichtlichem wahlkampf- taktischem Kalkül dem vollkommenen Abriss anheim fal- len soll, obwohl bis zuletzt gerade auch aus den Reihen der Regierungsfraktionen anderes verkündet worden war. Diese Abkehr von vorher geäußerten und eigentlich wohl- begründeten Standpunkten halte ich für Wählertäuschung besonders gegenüber der Ostberliner Bevölkerung. Ich kann dem von den anderen Fraktionen vorgelegten Papier schon deshalb nicht zustimmen, weil hier die kaum verhüllte Absicht vorliegt, in alter Siegermentalität ein Stück DDR-Geschichte zu tilgen; ein Stück DDR- und damit auch deutsche Geschichte, dessen weitreichende Akzeptanz nicht nur bei der Berliner Bevölkerung gewis- sermaßen durch eine Abstimmung mit den Füßen nachge- wiesen ist. Die einst hohen Besucherzahlen des Palastes belegen das auf eindrucksvolle Weise. Ich halte die Beschlussempfehlung für unakzeptabel, weil sie den Verdacht nährt, dass gerade diese breite öf- fentliche Nutzung, für die der Palast wie kein anderes Bauwerk Ostberlins in den 70er- und 80er-Jahren exem- plarisch stand, in der jetzigen Diktion der Drucksache als gefährdet angesehen werden muss. Anders kann ich die in Punkt 4 formulierte Aufforderung nicht verstehen. Ich lehne die hier durchschimmernde Mahnung, priva- tes Kapital bzw. private Investoren für die künftige Ge- staltung der historischen Mitte Berlins nur ja nicht zu ver- prellen, entschieden ab, weil sonst befürchtet werden muss, dass dem Bund und der Hauptstadt in punkto Ge- staltungs- und Nutzungskonzeption ein Diktat droht, das mit den gesamtgesellschaftlichen Vorstellungen und Wünschen schwerlich in Einklang zu bringen ist. Denn es ist kaum vorstellbar, dass private Geldgeber in völlig un- eigennütziger Weise in dieser Dimension ihre Verwer- tungsinteressen hintanstellen. Ich nenne die Zielrichtung der Beschlussempfehlung auch deshalb verwerflich, weil sie den uneingeschränkten Befürwortern einer Schlossplatzgestaltung wilhelmini- schen Angedenkens in die Hände spielt und damit in ihrer politischen Dimension einer äußerst zweifelhaften Kaiser- reich-Nostalgie das Wort redet. Das betone ich vor allem deswegen, weil den sehr differenzierten Forderungen der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25217 (C) (D) (A) (B) nicht geringen Zahl von Palastbefürwortern von inte- ressierter Seite in der Öffentlichkeit wider besseres Wissen der platte Vorwurf der DDR-Nostalgie gemacht wird. Menschen, die etwas von der DDR bewahrt sehen möch- ten, mag in vielen anderen Fällen mit einigem Recht wi- dersprochen werden. Im vorliegenden Falle aber gehört ih- nen meine ungeteilte Sympathie. Ich stehe der Beschlussempfehlung auch deshalb kri- tisch gegenüber, weil ich in ihr eine unakzeptable Igno- ranz gegenüber jeder anderen als der Schlossarchitektur sehe und halte das überdies für einen schweren kulturel- len Fauxpas; einen irreversiblen Fehltritt zudem, der in seiner Tragweite dem der Sprengung der Schlossruine in den frühen DDR-Jahren in nichts nachsteht. Es ist wohl im einen wie dem anderen Falle nichts weniger als der Versuch, vermeintliche historische Überlegenheit mittels Tilgung der architektonischen Hinterlassenschaft der früheren Ordnung aus dem öffentlichen Bewusstsein be- weisen zu wollen. Dr. Christa Luft (PDS): Die vorliegende Beschluss- empfehlung wird meine Zustimmung nicht erhalten. Mit dem Beschluss über die Schlossfassaden soll der Abriss des verbliebenen Rohbaus des Palastes der Repu- blik besiegelt werden. Dem werde ich nicht zustimmen. Als stellvertretende Ministerpräsidentin in der Modrow- Regierung und als Mitglied der am 18. März 1990 frei ge- wählten Volkskammer der DDR weiß ich aus eigenem Erleben von der Geschichte, die im Volkskammersaal im Palast der Republik geschrieben wurde. Die Entsorgung von Geschichte und Identität, von einem Baudenkmal und einem selbst im Rohbauzustand noch sehr wertvollen Ob- jekt kann man durch nichts rechtfertigen, auch nicht mit der ebenfalls kulturlosen Schlosssprengung von 1950. Unser Land war in den letzten zwölf Jahren von vielen Veränderungen geprägt. Dies trifft insbesondere für die Menschen in Ostdeutschland und in Berlin zu. Mit der Annahme der Beschlussempfehlung einschließlich der Entscheidung zum Wiederaufbau der Schlossfassaden leisten wir keinen Beitrag zur inneren Einheit. Wir brauchen in dieser Frage keine Sieger und Verlie- rer. Der wichtigste Platz der Bundeshauptstadt Berlin braucht eine Gestaltung, mit der sich eine breite Mehrheit der Bevölkerung identifizieren kann. Für manche sind zwölf Jahre Diskussion zu lang. Ich plädiere dafür, uns mehr Zeit zu lassen. Auch deshalb werde ich nur dem Änderungsantrag der PDS-Fraktion zur Beschlussempfehlung und dem PDS-Antrag in Drucksache 14/9244 zustimmen. Es gibt einen weiteren, gravierenden Grund für mein Abstimmungsverhalten, und dies sage ich als Mitglied des Haushaltsausschusses. Im Vorblatt der Beschlussempfehlung steht unter dem Punkt D: „Kosten wurden nicht erörtert.“ Das stimmt. Im mitberatenden Haushaltsausschuss gab es nur eine kurze Beratung zu den vier aktuellen Anträgen zur zukünftigen Gestaltung der Historischen Mitte Berlins. Dem Entwurf der Beschlussempfehlung aus dem Kulturausschuss wur- de im Schnellverfahren von allen Fraktionen außer der PDS zugestimmt, ohne die finanziellen Auswirkungen für den Bund zu erörtern. Meine diesbezüglichen Fragen zur Bauträgerschaft und zur Finanzierung wurden nicht be- antwortet. Woher nimmt der Bundestag – in der Beschlussemp- fehlung im Punkt II, Alternative A – die Gewissheit, dass sich bei einer Entscheidung für barocke Schlossfassaden eher eine Mobilisierung privaten Kapitals realisieren lässt, und wie verträgt sich dies mit den gewünschten öf- fentlichen Nutzungen? Ich bin nicht bereit, derart verantwortungslos mit Steuergeldern umzugehen und werde die Beschlussemp- fehlung auch deshalb ablehnen. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Nina Hauer, Christian Lange (Backnang), Dr. Carola Reimann, Karsten Schönfeld und Dr. Hermann Scheer (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zur Gestaltung der historischen Mitte Berlins (Tagesordnungspunkt 6) Wir werden für die Alternative B stimmen. Dies er- möglicht einen offenen Prozess ohne Präjudizierung auf die Wiederherstellung des historischen Stadtschlosses. Deshalb lehnen wir die Alternative A ab. Leider haben wir angesichts der vorliegenden Anträge keine konstruktive Möglichkeit, für einen Erhalt des Status quo zu stimmen. Der „Palast der Republik“ ist auch ein Be- standteil deutscher Geschichte, er ist ein wichtiges Element des ehemaligen anderen deutschen Staates – der DDR. Sicher ist der „Palast der Republik“ kein Symbol für Demokratie, tagte in ihm doch das DDR-Scheinparlament „Volkskammer“. Aber auch dies ist ein elementarer Be- standteil unserer Geschichte, an den nachkommende Ge- nerationen wahrnehmbar erinnert werden sollten. Wir erleben bei Diskussionen mit Jugendlichen bereits heute, dass ohne eigenes Erleben das Wissen um und das Verständnis für die Zeit der deutschen Teilung und die „DDR“ schwindet. Anlage 8 Erklärung nach §31 GO der Abgeordneten Heidemarie Ehlert (PDS) zur Abstimmung über das Gesetz zur Sicherstellung einer Übergangsregelung für die Umsatzbesteue- rung von Alt-Sportanlagen (Tagesordnungs- punkt 29 a) Heidemarie Ehlert (PDS): Ich stimme für den Ge- setzentwurf der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP zur Sicherstel- lung einer Übergangsregelung für die Umsatzbesteuerung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225218 (C) (D) (A) (B) von Alt-Sportanlagen, weil es mir um eine Lösung des Problems im Interesse der Betreiber und der Nutzer von Sportanlagen geht. Als empörend empfinde ich es jedoch, dass ausgerechnet die PDS-Fraktion von diesem im An- satz als interfraktionell zu bezeichnenden Gesetzentwurf ausgeschlossen wurde. Ich stimme für den Gesetzentwurf, weil die PDS sich seit Bekanntwerden des Problems der Umsatzbesteuerung von Sportanlagen für eine Lösung im Interesse der Be- treiber von Sportanlagen sowie der betroffenen Sportver- eine stark gemacht hat. Die Fraktion hat das Problem auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestages setzen las- sen und hat eine Anhörung der Betreiber und Vereine über die Vor- und Nachteile der bisherigen Regelungen und über die zu erwartenden Auswirkungen der Umsetzung des Urteils des Bundesfinanzhofes als Grundlage für die weitere Diskussion eingefordert. Ich stimme für den Gesetzentwurf, weil mit diesem Gesetz auch den Forderungen der Massenpetition, die die PDS-Fraktion zu diesem Thema erhalten hat, Rechnung getragen wurde. Ich stimme für den Gesetzentwurf der anderen Fraktio- nen, weil auf Drängen der PDS-Fraktion eine interfraktio- nelle Arbeitsgruppe einberufen wurde, die letztendlich zu dem uns vorliegenden Bericht der Bundesregierung und zu dem Gesetzentwurf als Ergebnis dieses gesamten Prozes- ses geführt hat. Makaber ist für mich jedoch die Begründung, mit der die SPD-Vertreter im Finanzausschuss die Einbringung ei- nes interfraktionellen Gesetzentwurfes ablehnten. Die Mitglieder der PDS-Fraktion im Finanzausschuss stellten den Antrag, dass der Finanzausschuss einen Änderungsan- trag zum Gesetzentwurf einbringt, der zum Inhalt hat, die- sen Gesetzentwurf als interfraktionellen Gesetzentwurf zu behandeln, also die PDS auf diesen Entwurf als Einreicher mit aufzunehmen. Das wurde von den Vertretern der SPD- Fraktion mit der Begründung abgelehnt, dass sie die Mehrheit für dieses Gesetz im Bundesrat brauchen. Diese Mehrheit würde es durch die CDU-regierten Länder im Bundesrat nicht geben, wenn die PDS als Mitinitiator auf diesem Gesetzentwurf mit aufgeführt würde. Ich stimme für den Gesetzentwurf, obwohl ich die Vor- gehensweise für zutiefst undemokratisch halte. Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht zu den Anträgen: – Reform der Gemeindefinanzen – Einsetzung einer Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen durch die Bundesregierung – Gewerbesteuerumlage auf die vor dem Steu- ersenkungsgesetz maßgeblichen Werte senken – Gemeindefinanzen reformieren – Gewerbe- steuer abschaffen – Finanzkraft der Gemein- den stärken – Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zurück- nehmen (Tagesordnungspunkt 29 w) Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS): Der federführende Fi- nanzausschuss hat den Antrag der Fraktion der PDS „Er- höhung der Gewerbesteuerumlage zurücknehmen“ (Druck- sache 14/7993) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der CDU/CSU gegen die Stimmen der Fraktion der PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP abgelehnt. Das Votum der CDU/CSU Fraktion ist be- sonders problematisch, weil diese Fraktion einen inhaltlich identischen Antrag heute zur Abstimmung bringt. Ich stimme gegen die Beschlussempfehlung des feder- führenden Finanzausschusses (Drucksache 14/9662). Mit dem Antrag fordert die PDS die Bundesregierung auf, die im Rahmen der Unternehmensteuerreform beschlossene schrittweise Erhöhung der Abführung der Gewerbesteuer an Bund und Land von 20 Prozent (2000) auf bis zu 28 Prozent im Jahr 2005 sofort zurückzunehmen. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, eine Rege- lung zu veranlassen, wonach die erhöhte Gewerbesteu- erumlagezahlung des Jahres 2001 an die Städte und Ge- meinden zurückerstattet wird. Mit der Ablehnung des PDS-Antrages wird sich die be- reits sehr schwierige Finanzausstattung der Kommunen weiter verschlechtern. Immer mehr Städte, Gemeinden und Landkreise müssen die Sozialhilfe und selbst Perso- nalausgaben auf Kredit finanzieren, weil die Defizite in ihren Verwaltungshaushalten nicht mehr beherrschbar sind. Dramatisch rückläufig entwickeln sich ebenfalls die kommunalen Investitionen. Sie liegen heute um über 11 Milliarden Euro oder fast 35 Prozent – preisbereinigt – unter denen des Jahres 1992. In Ostdeutschland, wo Investitionen besonders nötig sind, setzte sich deren Ver- fall in den Jahren 2000 und 2001 mit Minusraten von 6,7 Prozent bzw. über 8 Prozent fort. Die Gewerbesteuereinnahmen der Städte und Gemein- den beliefen sich im Jahr 2001 auf rund 19 Milliarden Euro. Das Gewerbesteueraufkommen betrug insgesamt knapp 24,5 Milliarden Euro. Hiervon gingen rund 5,5 Milliarden Euro als Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder. Die Gewerbesteuerumlage wurde 1969 im Rahmen der damaligen Kommunalfinanzreform eingeführt. Städte und Gemeinden gaben einen Teil ihres Gewerbesteuer- aufkommens in Form einer Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder ab. Die Städte und Gemeinden erhielten dafür eine originäre Beteiligung am Aufkommen der Ein- kommen- und Lohnsteuer. Ich stimme auch deshalb gegen die Beschlussempfeh- lung des federführenden Finanzausschusses, weil in den vergangenen Jahren die jeweiligen Bundesregierungen und die sie tragenden Koalitionen immer häufiger die Ge- werbesteuerumlage als Ausgleichsinstrument zwischen Bund und Ländern einerseits und Städten und Gemeinden andererseits missbraucht haben. Dies trifft auch auf die zur Finanzierung der Unternehmensteuerreform vorgesehene Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zu. Allein dadurch standen den Kommunen in 2001 circa 0,7 Milliarden Euro Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25219 (C) (D) (A) (B) weniger an Gewerbesteuereinnahmen zur Verfügung. Im Jahr 2004 werden es sogar 3,4 Milliarden Euro weniger sein. Im Rahmen des Einstiegs in eine umfassende Kommu- nalfinanzreform sollte überhaupt geprüft werden, ob auf die Gewerbesteuerumlage generell verzichtet werden kann. Seit der Einführung der Gewerbesteuerumlage im Jahr 1969 haben sich die finanziellen Rahmenbedingun- gen für die Städte und Gemeinden wesentlich verschlech- tert. Die Städte und Gemeinden brauchen dringender denn je stabile und eigenständig gestaltbare Einnahmequellen. Die Erwartungen der Städte, Gemeinden und Landkreise an den 15. Deutschen Bundestag und die neue Bundesre- gierung sind daher riesengroß. Anlage 10 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Antrag: Durch- führung des Bundeswettbewerbes „Ferien für Familien, in denen Angehörige mit Behinderung leben“ (Zusatztagesordnungspunkt 3 e) Rosel Neuhäuser (PDS): Dem vorliegenden Antrag stimme ich zu, weil er im Europäischen Jahr der Men- schen mit Behinderung einen Impuls zur Ausweitung von familien- und behindertengerechten Ferienangeboten ge- ben kann. Als tourismuspolitische Sprecherin setze ich mich gemeinsam mit meiner Funktion dafür ein, dass Barrieren und Hindernisse jeglicher Art im Kultur- und Freizeit- bereich sowie im Tourismus beseitigt werden. Damit entsprechen wir dem Ethikkodex der Welttourismus- organisation, der ein Recht auf Freizeit und Erholung für alle Menschen festschreibt. Umso enttäuschender ist es für mich, dass die Fraktion der PDS nicht mit auf dem Antrag erscheint. Das liegt keines- falls an mangelnder Bereitschaft aus meiner Fraktion, diesem Antrag zuzustimmen. Deshalb bedauere ich sehr, dass, obwohl ich diesem Antrag meine Zustimmung gebe, bei der Einreichung des Antrages wieder andere Dinge im Vordergrund stehen. Dass dies so ist, hat wieder einmal mit der Ausgrenzung der PDS zu tun. Obwohl die Fach- leute der Fraktionen an einem Strang ziehen wollten, konnte man wieder einmal nicht über den eigenen Schat- ten springen. Mit dieser für viele Menschen nicht zu verstehenden Situation sollten sich einige Vorstände der Fraktionen aus- einandersetzen und den unsäglichen Unvereinbarkeits- beschluss, den es im Hinblick auf den Umgang mit der PDS immer noch gibt, im Interesse der Betroffenen endlich vom Tisch nehmen. Dr. Ilja Seifert (PDS): Ich unterstütze den Antrag, weil er darauf gerichtet ist, zum Europäischen Jahr der Men- schen mit Behinderungen, nämlich 2003, zusätzliche Im- pulse zur Ausweitung von familien- und behindertenge- rechten Ferienangeboten auszulösen. Nicht erst seit heute setze ich mich persönlich und setzt sich die PDS in allen Lebensbereichen für Lösungen ein, die eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Be- hinderungen am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Dazu zählt auch die Beseitigung jeglicher Art von Barrie- ren und Hindernissen im Kultur- und Freizeitbereich so- wie im Tourismus. In meiner Region – der Oberlausitz – arbeiten Hotel- und Gaststättenbetreiber, örtliche Behörden, Tourismus- vereine und Einzelpersonen erfolgreich an der Auswei- tung der Möglichkeiten für barrierearmen Tourismus und der Gestaltung von Wanderwegen ohne Hindernisse. Das umfasst Berollbarkeit ebenso wie erklärende Tonkasset- ten für blinde und sehbehinderte Touristen. Es ist erfreu- lich, dass dabei Menschen mit Behinderungen aktiv ein- bezogen sind. Damit entsteht ganz praktisch im Alltag mehr Normalität im Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderungen. Daher ist es geradezu albern, unverständlich und poli- tisch fragwürdig, wenn mir – ebenso wie den anderen Ab- geordneten der PDS-Fraktion – aus durchsichtigen und rein parteipolitischen Gründen eine Beteiligung an dem oben genannten Antrag verwehrt wird. Anlage 11 Erlärung nach § 31 GO derAbgeordneten Ulla Jelpke, Heidi Lippmann, Eva Bulling-Schröter, Ulla Lötzer, Uwe Hiksch, Dr. Winfried Wolf, Christina Schenk, und Sabine Jünger (alle PDS) zur Abstimmung über die Be- schlussempfehlung und den Bericht zu den An- trägen: – Für ein europäisch ausgerichtetes Zentrum gegen Vertreibungen – Zentrum gegen Vertreibungen – Für ein europäisches Zentrum gegen Vertrei- bungen (Tagesordnungspunkt 12) Jede Debatte über Flucht und Vertreibung in Europa muss für uns ausgehen von der Vertreibung (und anschlie- ßenden Vernichtung) von Juden und Sinti und Roma aus dem Deutschen Reich. Sie muss weitergehen mit der Auf- arbeitung des von Anfang an völkerrechtswidrigen und ungültigen Münchner Abkommens, dem deutschen Über- fall auf die Tschechoslowakei und Polen, der Zwangsger- manisierung und der aktiven Mitwirkung zahlreicher Deutscher bei dieser verbrecherischen Politik. Nur in die- sem Kontext ist eine Diskussion über Vertreibung und Zwangsumsiedlung, über das Potsdamer Abkommen, die dadurch veranlasste Umsiedlung von Deutschen und das damit verbundene Leid angemessen und akzeptabel. Jede Diskussion über dieses sensible Thema muss des- halb von Anfang an gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Juden, Roma und Sinti, mit tschechischen und polnischen Vertreterinnen und Vertretern geführt werden. Sonst schürt sie nur neue Spannungen und weckt Unruhe bei europäischen Nachbarn, die zu Recht deut- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225220 (C) (D) (A) (B) schen Geschichtsrevisionismus und Revanchismus fürch- ten. Eine solche gemeinsame Diskussion hat bis heute nicht stattgefunden. Schon aus diesem Grund verbietet sich jede Vorwegnahme dieser Diskussion durch einen Be- schluss des Deutschen Bundestags. Alle vorliegenden An- träge wollen aber schon jetzt Fakten schaffen. Schon aus diesem Grund lehnen wir die vorliegenden Anträge ab. Betreiber eines solchen „Zentrums gegen Vertreibun- gen“ ist seit langem der Bund der Vertriebenen (BdV). Welche Uminterpretation der Geschichte er damit betrei- ben will, hat BdV-Präsidentin Steinbach deutlich gemacht, als sie die Vernichtungslager von Auschwitz, Treblinka, Sobibor und Majdanek auf eine Stufe mit der Umsiedlung von Deutschen nach 1945 stellte und erklärte: Im Grunde genommen ergänzen sich die Themen Ju- den und Vertriebene... Dieser entmenschte Rassen- wahn hier wie dort, der soll auch Thema in unserem Zentrum sein. (zitiert nach „Blätter für deutsche und internationale Politik“, 7/2002, Seite 793) Ursachen und Folgen, die Verbrechen der Nazizeit, Holocaust, Entfesselung des Zweiten Weltkriegs und ge- waltsame Germanisierungs- und Vernichtungspolitik auf der einen Seite, Potsdamer Abkommen und Umsiedlung von Deutschen infolge dieses Abkommens auf der ande- ren Seite, sollen so verwischt, Täter und Opfer auf eine Stufe gestellt werden. In seiner finanziellen Dimension soll das angestrebte Mahnmal sogar das Holocaust-Mahnmal übertreffen. Während das Holocaust-Mahnmal etwa 25 Millionen Euro kosten soll, veranschlagt der BdV für sein Mahnmal 80 Millionen Euro, mehr als das Dreifache. Im Antrag von SPD und Grünen findet sich zu diesen Plänen des BdV und dem damit verbundenen Versuch zur Uminterpretation der Geschichte kein Wort der Kritik und keinerlei Distanzierung. Im Gegenteil nutzen Vertreter der von SPD und Grünen gestellten Regierung seit lan- gem jede Gelegenheit, um sich den Verbänden des BdV anzubiedern und den Funktionären des BdV nach dem Mund zu reden. Kritik an Forderungen wie dem „Recht auf Heimat“ oder nach Rückgabe deutschen Eigentums bekommt der BdV dabei nicht zu hören. Auch die im Antrag von SPD und Grünen formulierte Aussage, das Thema Vertreibung und die Umsiedlung von Deutschen in einen europäischen Kontext stellen zu wol- len, Persönlichkeiten aus Nachbarstaaten in die Diskus- sion um ein solches Zentrum einbeziehen und das Zen- trum in einer anderen Stadt errichten zu wollen, ist nur eine vordergründige Differenz zum Vorhaben des BdV. Der BdV hat deshalb selbst öffentlich erklärt, im Grunde stimmten alle Fraktionen mit seinem Vorhaben überein. Noch unverhüllter ist die Zustimmung zum Vorhaben des BdV bei der CDU/CSU. Der Deutsche Bundestag soll „die überparteiliche Initiative der gemeinnützigen Stif- tung „Zentrum gegen Vertreibungen“ unterstützen“, heißt es. Diese Initiative war und ist Produkt des BdV und steht vollständig unter seiner Kontrolle. Auch die FDP fordert keine behutsame Diskussion die- ses sensiblen Themas. Sie fordert in ihrem Antrag, die „in Deutschland vorhandene kollektive Erfahrung der Ver- treibung“ zum „Ausgangspunkt“ eines solchen Zentrums zu machen. Die leidvollen Erfahrungen von Juden, Roma und Sinti, Polen, Tschechen und anderen Opfern der NS-Politik würden so erneut missachtet. Wir erklären klar und deutlich: Der Bundesverband der Vertriebenen kommt für uns weder als Träger noch als Mitträger eines solchen Zentrums in Betracht. Das völlig einseitige, die deutschen Verbrechen der NS-Zeit bagatel- lisierende Weltbild dieser Verbände und ihre bis heute feh- lende Abgrenzung zu Antisemiten und Rechtsextremisten disqualifizieren den BdV für eine solche Trägerschaft. Nur eine sensible Diskussion dieses schwierigen The- mas, gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Juden, Roma und Sinti, mit tschechischen, polnischen und anderen Vertreterinnen und Vertretern, ist geeignet, einen Ausgangspunkt und Rahmen für eine gemeinsame Aufar- beitung dieser Geschichte zu schaffen. Nur im Ergebnis eines solchen gleichberechtigten Diskussionsprozesses sollte auch der Bundestag über dieses Thema seine Be- schlüsse fassen. Anlage 12 Erklärung nach § 31 GO derAbgeordneten Sylvia Bonitz (CDU/CSU) zur Abstimmung über das Fünfte Gesetz zur Ände- rung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (Zusatzta- gesordnungspunkt 6) Sylvia Bonitz (CDU/CSU): Die heute anstehende Än- derung des Stasi-Unterlagengesetzes bringt mich in einen Zwiespalt: Denn ich persönlich profitiere von einer großzü- gigen Aktenherausgabepraxis der Birthler-Behörde. In mei- nem Büro stehen die wesentlichen Auszüge der Stasi-Akten der Herren Minister Otto Schily, Hans Eichel, Joschka Fischer und auch von Oskar Lafontaine. Insofern kann ich verstehen, dass Bundesinnenminister Schily, wäre er jetzt anwesend, nicht mit seiner Fraktion gemeinsam stimmen könnte. Gerade weil ich diese Akten kenne – glauben Sie mir, sie waren eine interessante Lektüre – werde ich die vor- gesehene Aufweichung des Opferschutzes nicht mittragen. Ich gebe zu, es ärgert mich, wie schnell sich der Mantel des Vergessens oder gar des Verklärens über die Zeit der SED-Diktatur und das Unrechtsregime der DDR gelegt hat. Ich bin enttäuscht, wie wenig die menschenverach- tende und entwürdigende Behandlung der Bürgerinnen und Bürger im Schnüffel-Staat DDR im Schulunterricht behandelt wird. Insofern habe ich ein elementares Interesse daran, dass die zahlreichen Dokumente, die die Machenschaften und Täterstrukturen der Stasi belegen, auch weiterhin ausge- wertet werden können. Doch darf die wissenschaftliche Aufarbeitung nicht auf dem Rücken der Stasi-Opfer aus- getragen werden. Denn sie sind – ganz gleich ob in Ost oder West – als Objekt staatlicher Schnüffelei und Re- pressalien missbraucht und entehrt worden. Würden Infor- mationen, die durch die Stasi in grundrechtswidriger Weise gewonnen wurden, gegen den ausdrücklichen Wil- len der Opfer herausgegeben werden, so wäre dieses ihre Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25221 (C) (D) (A) (B) erneute, diesmal öffentliche Vergewaltigung. Dies gilt auch für die Behandlung von Personen der Zeitgeschichte, die trotz Einschränkungen ihrer Rechte nicht völlig schutzlos gestellt werden dürfen. Der aktuelle Änderungsantrag von Regierungskoali- tion und FDP zur Verbesserung des Opferschutzes bleibt in der Praxis eine Krücke, mit der man nur schwerlich wird laufen können. Die Formulierung ist an entschei- dender Stelle unpräzise, und sie verwässert, wo eine juris- tische Klarstellung erforderlich wäre. Ich bin mir bei meiner heutigen Entscheidung schmerzlich bewusst, dass ich aus dem Gedanken des Op- ferschutzes heraus Restriktionen befürworten muss, die leider auch bislang noch unentdeckte Täter begünstigen könnten. Dieses gilt insbesondere dann, wenn der Nach- weis einer Täterschaft erst durch weitere wissenschaftli- che Forschung erbracht werden kann. Gerade diese Denunzianten und Schmarotzer des DDR-Unrechtsregimes könnten sich bis zum Beweis des Gegenteils als vermeintliche Opfer tarnen und darauf hof- fen, dass ihre Täterschaft aufgrund eingeschränkter wis- senschaftlicher Recherchemöglichkeiten für immer uner- kannt bleibt. Das wäre in der Tat bitter, gerade auch aus der Sicht ihrer Opfer, die vielfach heute noch unter einem schlimmen persönlichen Leidensdruck stehen. Gerade dieser Respekt vor den Opfern ist es jedoch, der mich zwingt, den Opferschutz stärker zu gewichten und die bislang unerkannten Täter der Stasi einer anderen, ei- ner höheren Gerechtigkeit zu überantworten. Würde ich dem Gesetzentwurf von SPD und Grünen zustimmen, so würden die Herren Honecker und Mielke einschließlich ihrer Schergen heute erneut über ihre Opfer und über un- seren Rechtsstaat triumphieren. Aus diesem Grunde werde ich dem Gesetzentwurf von Rot-Grün nicht zustimmen. Anlage 13 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Hildebrecht Braun (Augsburg), Reiner Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Gisela Frick, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Dr. Wolfgang Gerhardt, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Klaus Haupt, Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Jürgen Koppelin, Ina Lenke, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Gerhard Schüßler, Marita Sehn, Gudrun Serowiecki, Dr. Hermann Otto Solms und Dr. Max Stadler (alle FDP) zurAbstimmung über das Fünfte Gesetz zur Änderung des Stasi-Unter- lagen-Gesetzes (Zusatztagesordnungspunkt 6) Wir stimmen dem Gesetz zur Änderung des Stasi-Unter- lagen-Gesetzes zu, weil durch den Änderungsantrag der Ab- geordneten Ludwig Stiegler, Cem Özdemir und Dr. Edzard Schmidt-Jortzig der Persönlichkeitsschutz in entscheiden- der Weise gestärkt worden ist. Aufgrund dieses Änderungs- antrages steht fest, dass die unserer Meinung nach zutref- fende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch in Zukunft Bestand hat. Damit ist deutlich, dass Infor- mationen, die durch Eingriffe in das Brief-, Post und Fern- meldegeheimnis, in die Unverletzlichkeit der Wohnung, in ein Berufsgeheimnis oder durch sonstige Menschenrechts- verletzungen – wie die Anwendung von Folter – gewonnen worden sind, von Herausgabe und Veröffentlichung ausge- schlossen sind. Anlage 14 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD) zur Abstimmung über den Entschlie- ßungsantrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP zum Tätigkeitsbericht 1999 und 2000 des Bundesbeauftragten für den Daten- schutz (Tagesordnungspunkt 15) Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD): Der vorliegenden Entschließung kann ich nicht zustimmen, obwohl die meis- ten darin enthaltenen Vorschläge meine Zustimmung fin- den. Absolut unzureichend finde ich jedoch die Empfehlung unter Punkt 7. Das in der Empfehlung ausdrücklich be- grüßte Recht der Versicherten und Behinderten, selbst einen Gutachter vorzuschlagen, wird auch Jahre nach Inkrafttre- ten des SGB VII sowohl von Versicherungsträgern wie auch Gerichten nicht oder nur mangelhaft gewährleistet. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer gravierender Verstöße gegen die datenrechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes. Wenn der Gesetzgeber sich selbst ernst nimmt, darf er solche gravierende Gesetzesverstöße nicht nur zum Anlass nehmen, einige Paragraphen zu prüfen. Vielmehr muss er deutlich machen, diese offensichtlichen Zeichen im Gesetz unverzüglich durch legislative Maßnahmen be- seitigen und das Gesetz entsprechend ändern zu wollen. Die windelweiche Formulierung in Punkt 7 lässt aber die Interpretation zu, der Gesetzgeber nehme seine eige- nen gesetzlichen Intentionen nicht ernst. Einer solchen Haltung kann ich jedoch nicht beitreten und lehne deshalb die Entschließung ab. Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – des Antrags: Nationale Verantwortung des Bundes für Kunst und Kultur stärken – des Antrags: Systematisierung der Kulturför- derung von Bund und Ländern – der Beschlussempfehlung und des Berichts: Kulturföderalismus in Deutschland erhalten (Tagesordnungspunkt 8 a bis c) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225222 (C) (D) (A) (B) Dr. Heinrich Fink (PDS): Ich halte es für problema- tisch, die Fragen der Förderung von Kunst und Kultur im engeren Sinne aus der breiten Debatte zum Kulturfödera- lismus insgesamt herauszulösen. Und diese Debatte wie- derum kann nur im Zusammenhang mit der Reform unse- rer föderalen Strukturen generell sinnvoll geführt werden. Die PDS ist in dieser Hinsicht in einer intensiven Bera- tungsphase. Zur vorliegenden eingeschränkten Thematik gehen meine Überlegungen im Moment von zwei Punk- ten aus. Zum ersten: Ich teile nicht die Auffassung derer, die sehr gern und sehr schnell bei gesamtstaatlichen kulturel- len Aufgaben ganz selbstverständlich in erster Linie den Bund in der Verantwortung sehen. Ich halte daran fest, dass auch überregionale Aufgaben auf kulturellem Ge- biet, soweit sie nicht der ordnungspolitischen Rahmenset- zung des Bundes unterliegen, zunächst einmal Sache ge- meinsamer Anstrengungen der Länder sein sollten. Zugleich sehe ich natürlich, dass sich diese ursprüngliche Intention der kulturellen Kompetenzzuweisung hart an der heutigen Wirklichkeit stößt: Zum einen haben sich die gesamtstaatlichen kulturellen Aufgaben seit 1949 enorm ausgeweitet. Zum anderen ist auch die Gemeinschaft der Länder finanziell immer weniger in der Lage, diese ge- wachsenen gesamtstaatlichen Aufgaben auf kulturellem Gebiet wahrzunehmen. Und ohne Zweifel hat sich in der Folge davon auch das Interesse der Länder an der Wahr- nehmung dieser Aufgaben verringert. Verstetigt und ver- festigt sich diese Entwicklung, so besteht meiner Mei- nung nach die Gefahr, dass die „Kulturhoheit der Länder“ in einen bedenklichen Provinzialismus mündet. Die ein- seitige und bedenkenlose Zuweisung gesamtstaatlicher kultureller Aufgaben an den Bund würde einer solchen Entwicklung Vorschub leisten. Zum zweiten Punkt: Für genauso problematisch halte ich es allerdings, wenn bei konkreten Projekten, Proble- men und Konflikten dogmatisch von vermeintlich eher- nen föderalen Gegebenheiten ausgegangen wird, um dann zu sehen, wie sich unter diesen quasi unveränderlichen Bedingungen die Entwicklung unseres kulturellen Lebens einpassen lässt. Entscheidender Ausgangspunkt sollten stets die inhaltlichen Bedürfnisse und Interessen derjeni- gen sein, die in Kunst und Kultur als Produzenten, Ver- mittler oder Teilhabende agieren. Und dann ist zu fragen, wie die gegebenen föderalen Strukturen in dem konkreten Fall diesen Interessen förderlich sind bzw., wo sie als Hemmnis wirken. Ich will den Kulturföderalismus als Wert an sich nicht unterschätzen. Er darf aber nicht über die Erfordernisse gestellt werden, die sich aus dem Sozi- alstaats- und Kulturstaats-Prinzip ergeben. Im Spannungsfeld dieser beiden Pole sollten wir die ak- tuellen Erfordernisse diskutieren, die uns in der Kulturpo- litik gestellt sind. Die Erfahrungen der letzten Jahre weisen darauf hin, dass neue und umfangreichere Aufgaben auf dem Gebiet der Kultur von den Ländern nur mit Unterstüt- zung des Bundes zu schultern sind. Durch eine Ausdehnung der Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91b GG auf den Kul- turbereich (neben Bildung und wissenschaftlicher For- schung) könnte dieses Zusammenwirken auf eine sichere Grundlage gestellt werden. Das böte dann auch einen ver- lässlichen Rahmen, um die Aufgaben zwischen Bund und Ländern klarer als bisher zu verteilen. Diese Verteilung darf sich aber gerade auf kulturellem Gebiet nicht am Leitbild eines separativen Föderalismus orientieren. Zur Koopera- tion von Bund und Ländern bei der Förderung von Kunst und Kultur gibt es heute keine Alternative mehr. Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des Antrags Qualitätsoffensive im öffentlichen Personenverkehr – Verbraucherschutz und Kundenrechte stärken – der Beschlussempfehlung und des Berichts: Verbraucherschutz im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs noch immer unzureichend (Tagesordnungspunkt 9 und Zusatztagesord- nungspunkt 4) Gustav Herzog (SPD): Busse und Bahnen haben für uns hohe Priorität. Der öffentliche Personenverkehr muss für den Fahrgast attraktiv sein. Hier können sich unsere Leistungen sehen lassen. Nach vier Jahren rot-grüner Re- gierungspolitik richtet sich der öffentliche Personenver- kehr erheblich stärker nach den Bedürfnissen und Wün- schen der Kunden aus als je zuvor. Das ist für uns durchaus Programm. Unsere Handschrift sieht man über- all dort, wo in den rechtlichen Rahmenbedingungen Kun- denrechte im öffentlichen Personenverkehr gewahrt, aber vor allem auch immer weiter differenziert und ausgebaut wurden. Damit werden wir fortfahren. Nur wenn es ge- lingt, komfortable, flexible und differenzierte Angebote zu entwickeln und mit neuer sozialer Bedeutung zu ver- sehen, wird der öffentliche Personenverkehr mehr sein als nur eine schmale Scheibe im Modal-Split. So werden schon heute die Beförderungsbedingungen als allgemeine Geschäftsbedingungen an den geltenden Verbrauchergesetzen gemessen. Mit der seit Januar gel- tenden Schuldrechtsmodernisierung haben Verbraucher- verbände die Möglichkeit, auch für Fahrgäste individuelle Ansprüche gegen den Verkehrsunternehmer einzuklagen. Und schließlich haben wir die Haftungshöchstgrenzen verdoppelt. Vordringlich brauchte der ÖPV aber auch klare finanzi- elle Rahmenbedingungen, um den Ausbau, die Moderni- sierung und die Anpassung der Verkehrsinfrastruktur an die gestiegenen Erfordernisse weiter vorantreiben zu können. Ein verlässliches, solides Finanzierungskonzept ist für die wirtschaftlich Tätigen im Bereich des ÖPV wichtig. Bundestag und Bundesrat haben die Novelle des Regio- nalisierungsgesetzes beschlossen und damit den Ländern, SPNV-Aufgabenträgern und den Verkehrsunternehmen ei- nen planbaren und sicheren Finanzrahmen gegeben; die Mittel nach dem Regionalisierungsgesetz erreichen ein Rekordniveau. Damit sind bestellte Leistungen gesichert und auch manche neue Leistung wie Streckenreaktivie- rungen im Schienenverkehr realisierbar geworden. Das sage ich als Rheinland-Pfälzer auch mit Dankbarkeit. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25223 (C) (D) (A) (B) Insgesamt liegt das finanzielle Engagement des Bun- des in diesem Jahr bei mehr als 8,4 Milliarden Euro: Regionalisierungsmittel 6,745 Milliarden Euro, GVFG- Mittel 1,677 Milliarden Euro. Die Regionalisierungsmit- tel werden um jährlich 1,5 Prozent erhöht und steigen auf 7,266 Milliarden Euro. Trotz der Konsolidierungsnot- wendigkeiten des Bundeshaushaltes wurden in 2002 die Regionalisierungsmittel gegenüber der alten Rechtslage um mehr als eine halbe Milliarde Euro erhöht. Da Konkurrenz – in einem geordneten Rahmen – be- kanntlich für günstigere Preise und bessere Qualität sorgt, haben wir für mehr Wettbewerb auf der Schiene gesorgt. Neue Bahnbetreiber finden zunehmend ihren Weg auf den Trassen der DB Netz. Auch das nutzt dem Verbraucher- schutz. Daher werden wir die Bahnreform kontinuierlich fort- führen. Die Vergabe der Trassen an Wettbewerber der Deutschen Bahn AG wird diskriminierungsfrei ausgestal- tet. Die Kartell- und Eisenbahnaufsichtsbehörden arbei- ten sinnvoll zusammen. Die öffentliche Hand zieht sich nicht aus der Sanierung des Streckennetzes zurück. Wo notwendig, werden die finanziellen Mittel bereit gestellt. Die Verkehrsinvestitionen steigen im nächsten Jahr auf 12 Milliarden Euro. Attraktiver wurde der öffentlichen Personenverkehr ohne Frage auch durch die verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale, die die Bundesregierung in das Einkommensteuergesetz eingeführt hat. Das heutige und noch mehr das erwartete Mobilitäts- wachstum setzen aber auch eine gleichgewichtigere Ar- beitsteilung der Verkehrsmittel voraus. Das überdurch- schnittliche Wachstum der Verkehrsnachfrage bis 2015 – im Personenverkehr 20 Prozent und im Güterverkehr 64 Prozent gegenüber 1997 – kann nur bewältigt werden, wenn dabei der öffentliche Schienenverkehr insgesamt noch leistungsfähiger und noch attraktiver wird. Das abgelaufene Jahr war für die Verkehrsunterneh- men zwar durchaus ein Erfolg. Mehr als 9 Milliarden Fahrgäste, das ist ein Plus von deutlich über 1 Prozent. Oder anders ausgedrückt: Über 27 Millionen Menschen nutzen täglich den ÖPNV und ersparen uns rund 19 Mil- lionen PKW-Fahrten pro Tag. Dies darf aber nicht den Blick davor verstellen, dass der Marktanteil von Bussen und Bahnen – gemessen an allen Mobilitätsaktivitäten der privaten Haushalte – bundesweit nur bei rund 10 Prozent liegt. Das entspricht in etwa der Quote des Radverkehrs. Dies sind natürlich Durchschnittswerte. Wir wissen zum Beispiel, dass der ÖPNV-Anteil in Großstädten mit über 500 000 Einwohnern zwischen 13 und 31 Prozent liegt; in Kleinstädten mit 50 000 bis unter 100 000 Ein- wohnern bewegt sich der Anteil zwischen 5 und 19 Pro- zent. Marktuntersuchungen zeigen, dass der ÖPV sein Kun- denpotenzial bei weitem nicht ausschöpft. Die Qualitäts- offensive richtet sich daher in erster Linie an die Ver- kehrsunternehmen. Hier bleibt noch einiger Raum, den Verbraucherschutz zu verbessern und den ÖPV für die Fahrgäste auch weiterhin noch attraktiver zu gestalten. Aber auch die Bundesregierung wird ihr Möglichstes tun, um die Kundenrechte zu verbessern, wo sich dies als notwendig erweist. Um dies zu ermöglichen, fordern wir die Bundesregierung zu einer umfassenden Bestandsana- lyse der bestehenden Rechtssituation auf. Auch und ge- rade im Vergleich mit anderen Verkehrsträgern und den europäischen Nachbarländern soll eine Optimierung der deutschen Kundenrechte vorbereitet werden. Bei aller Freude über die Fortschritte auf dem Markt steht eines aber völlig außer Frage: Wettbewerb darf keine Verschlechterung der sozialen Bedingungen im ÖPV mit sich bringen. Dumpinglöhne, Dumpingpreise und nied- rige soziale Standards passen nicht zum Anspruch, die Qualität des ÖPV im Sinne des Kunden zu verbessern. Si- cherstellung und weiterer Ausbau eines qualitativ hoch- wertigen ÖPV bedeutet eine klare Absage an einen reinen Preiswettbewerb mit Lohn- und Preisdumping. Die Qualitätsoffensive der rot-grünen Bundesregie- rung setzt den Maßstab für einen zeitgemäßen und ver- braucherfreundlichen öffentlichen Personenverkehr. Ge- meinsam werden wir mit den im ÖPV Aktiven ‘das Verkehrssystem der Zukunft erfolgreich gestalten. Stimmen sie unserem Antrag zu! Jella Teuchner (SPD): Berufspendler auf dem Weg zur Arbeit, Unternehmer unterwegs zum Geschäftstermin oder Familien in Richtung Sonne und Meer – für sie alle ist mobil zu sein Freiheit und gleichzeitig auch Notwen- digkeit. Der öffentliche Personenverkehr leistet einen wichtigen Beitrag für diese Mobilität, gerade auch als um- weltfreundliche Alternative zum Auto und als Entlastung der Straßen und Ballungszentren. Wir haben hier schon einige Male darüber diskutiert, wie wir insbesondere den öffentlichen Personennahver- kehr im Wettbewerb der Verkehrssysteme stärken können. Mit unserem heute vorliegenden Antrag wollen wir errei- chen, dass diese Diskussion auch aus der Sicht des Ver- braucherschutzes und der Kundenrechte geführt wird. Wir können zum einen feststellen, dass die Kunden im öffentlichen Personenverkehr mehr Rechte haben – zum Beispiel gegenüber der Bahn –, als immer wieder glauben gemacht wird. Zum anderen zeigen häufige Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern, dass der öffent- liche Nahverkehr nicht als unkomplizierte Alternative zum eigenen Auto angesehen wird. Wir wollen deshalb eine Qualitätsoffensive für den öf- fentlichen Personenverkehr initiieren. Bahnen und Busse sollen attraktiv und leistungsfähig sein. Dazu fordern wir die Bundesregierung auf, eine umfassende Bestandsauf- nahme vorzulegen. Gemeinsam mit den Verkehrsunter- nehmen und den Verbraucherverbänden wollen wir zum einen klären, wo Handlungsbedarf besteht, zum anderen wollen wir für diese Bereiche dann Lösungen entwickeln. Ziel ist ein zeitgemäßes und verbraucherorientiertes Fahr- gastrecht. Wir brauchen diese Bestandsaufnahme. Wir können feststellen, dass in dieser Legislaturperiode einige Ver- besserungen auf den Weg gebracht wurden: Mit dem 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vor- schriften sind die Haftungshöchstgrenzen verdoppelt Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225224 (C) (D) (A) (B) worden, wird bei den Haftungshöchstgrenzen nicht mehr zwischen den Verkehrsträgern unterschieden und wurde ein verschuldensunabhängiger Schmerzensgeldanspruch auch bei der Vertragshaftung eingeführt. Es gibt mittler- weile einen Anspruch auf einen barrierefreien Zugang zum öffentlichen Personenverkehr für Menschen mit Be- hinderungen. Mit der Umsetzung des COTIF-Abkom- mens haben wir die Erstattung der Übernachtungskosten für Reisende geregelt, die eine Reise nicht mehr am sel- ben Tag fortsetzen können. Das Unterlassungsklagegesetz gibt den Verbraucherzentralen das Recht, individuelle An- sprüche von Verbrauchern auch im Verkehrsbereich ein- zuklagen. Wir wollen, dass von diesen Verbesserungen ausge- hend geprüft wird, wo weitere rechtliche Maßnahmen notwendig und möglich sind. Die Verbesserung der haf- tungsrechtlichen Situation von Fahrgästen bei mangeln- der Leistung und die Einrichtung von unabhängigen Schlichtungsstellen sind zwei der Eckpunkte, die bei dieser Bestandsaufnahme berücksichtigt werden müs- sen. Weitere sind die Harmonisierung der Vorschriften zwischen den Verkehrssystemen und zwischen den EU- Mitgliedstaaten und die Bereitstellung von Fahrplanaus- künften auch über die Angebote konkurrierender Unter- nehmen. Der öffentliche Personenverkehr ist eine sinnvolle Al- ternative zum Individualverkehr. Attraktiv ist er aber nur mit kundenorientierten Verkehrsunternehmen und einem zeitgemäßem Fahrgastrecht. Die Qualitätsoffensive, die wir starten wollen, wird dafür sorgen. Michael Meister (CDU/CSU): Das Gebiet des öffent- lichen Personenverkehrs ist auf der Landkarte des Ver- braucherschutzes ein weißer Fleck und für Sie, meine sehr verehrten Kollegen von den Koalitionsfraktionen, offen- sichtlich ein rotes Tuch. So wurde der Antrag der Unions- fraktion „Verbraucherschutz im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs noch immer unzureichend“, der für eine nachhaltige Stärkung der Fahrgastrechte plädiert, im Verbraucherschutz-Ausschuss mit den Stimmen von Rot- Grün abgelehnt. Ich frage Sie: Wozu gibt es einen Aus- schuss für Verbraucherschutz, wenn dieser alles andere als verbraucherfreundlich votiert? Nun, reichlich spät, legt Rot-Grün einen Antrag zur „Qualitätsoffensive im öffentlichen Personenverkehr“ vor, um auf den Zug der Verbraucherschützer aufzusprin- gen und sich in der Rolle als Anwalt der Kundenrechte zu gefallen – ein durchschaubares und opportunes Manöver kurz vor der Wahl, zumal vor dem Hintergrund der Ab- stimmung im Verbraucherschutz-Ausschuss. Für Fahrgäste des öffentlichen Personenverkehrs, ins- besondere für Zugreisende, sieht die gegenwärtige Rechts- lage wirklich nicht rosig aus. Und das gilt nicht nur für den Fall, wenn die Bahn eben mal nicht kommt. Allzu oft noch müssen sich die Kunden in öffentlichen Verkehrs- mitteln als „Beförderungsfall“ denn als gleichberechtigter Vertragspartner im Verhältnis zum Beförderungsunter- nehmen betrachten. So hat ein Zugreisender – trotz eines in anderen Branchen vergleichsweise hohen Verbraucher- schutzniveaus weder einen Anspruch auf Minderung des Fahrpreises noch auf Rücktritt, wenn er eine mangelhafte Leistung erhält. Der Fahrplan – ein Vorschlag ohne Gewähr! Bei Verspä- tungen oder Zugausfall ist bestenfalls Kulanz gefragt. So besagt nämlich der noch heute gültige § 17 der Eisenbahn- Verkehrsordnung von 1938: „Verspätung oder Ausfall eines Zuges begründen keinen Anspruch auf Entschädigung“. Dies ist eine Vorschrift aus dem tiefsten Vorgestern, die zwar der Bahn, aber ganz und gar nicht dem Kunden zu- gute kommt. Aber selbst noch so umfangreiche Kulanzleistungen von Verkehrsunternehmen können einen gesetzlichen Rahmen nicht ersetzen, der für einen effektiven und modernen Ver- braucherschutz im öffentlichen Personenverkehr sorgt. Wenn sich Rot-Grün nun in dem Antrag zur „Qualitätsof- fensive im öffentlichen Personenverkehr“ unter anderem damit rühmt, dass man das Protokoll betreffend der Än- derung des Übereinkommens über den internationalen Ei- senbahnverkehr in nationales Recht umgesetzt habe, so kann hiervon eine durchgreifende Verbesserung des Ver- braucherschutzes mitnichten erwartet werden. Die dort geregelte Erstattung der Übernachtungskosten greift näm- lich nicht, wenn die Eisenbahn kein Verschulden trifft, und das ist oft der Fall. Es ist nun wirklich an der Zeit, das Rechtsverhältnis zwischen Fahrgast und Verkehrsunternehmen neu zu defi- nieren und den Verbrauchern im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs rechtliche Möglichkeiten an die Hand zu geben, die in anderen Rechtsgebieten selbstverständlich sind. Zum Inhalt eines notwendigen Reformkonzeptes – sprich: eines neuen Rechtes des Beförderungsvertrages – gehört unter anderem, dass die Rechtslage für die Benut- zung von Bussen und Bahnen einheitlich gestaltet wird. Auch eine umfängliche Kontrolle von Allgemeinen Ge- schäftsbedingungen in Beförderungsverträgen ist sicher- zustellen, damit die Rechte der Fahrgäste nicht unange- messen beschnitten werden. Ein neu definiertes Personenbeförderungsrecht muss aber vor allem grundsätzlichen Haftungsprinzipien Gel- tung verschaffen. Hierzu gehört unter anderem, dass we- gen Verspätung – bei Überschreiten einer bestimmten Zeitspanne – ein Teil oder der gesamte Fahrpreis zu er- statten ist. Die Bundesregierung hatte bisher herzlich wenig dem Diktat von Bahnchef Mehdorn entgegenzusetzen. Wich- tige Fragen des Verbraucherschutzes wurden lange Zeit nicht gestellt und werden erst jetzt ansatzweise, aber dafür medienwirksam entdeckt. So setzt sich beispielsweise Verbraucherschutzministerin Künast mit dem Artikel „Der Mitropa-Mord“, erschienen in der „Frankfurter All- gemeinen Zeitung“ vom 1. Juli 2002, in nostalgischer, ja geradezu verklärter Weise für den Erhalt der Speisewagen in Zügen der Deutschen Bahn ein. Die Ministerin verkauft den Speisewagen nicht nur als unverzichtbaren Bestand- teil einer Bahnfahrt. Vielmehr rückt der Speisewagen bei ihr gar mit ins Zentrum einer Marketing-Strategie beim „Markenprodukt Bahn“. Frau Künast übersieht an dieser Stelle jedoch, dass diese spezielle – und von ihr emotional bediente – Frage nicht im Einflussbereich der Politik steht und somit auch Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25225 (C) (D) (A) (B) außerhalb dessen, was die Bundesregierung konkret für den Verbraucher tun kann. Nur nebenbei sei bemerkt, dass selbst das Bundesverkehrsministerium die Auffassung vertritt, dass das Thema Erhalt oder Abschaffung der Speisewagen allein in den Kompetenzbereich der Deut- schen Bahn AG fällt. Verbraucherschutz bleibt bei dieser Regierung eben ein Modewort, das von ihr nicht mit Substanz ausgefüllt wird. Es fehlt die Kompetenz für nachhaltige Lösungen sowie ein ganzheitlicher politischer Ansatz. Wenn man einmal auf die nun auslaufende Amtszeit von Bundes- ministerin Künast zurückblickt, so ähnelt sie eher einer Geschichte von „Pleiten, Pech und Pannen“. Verbrau- cherschutz – gerade auch im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs – ist eine politische Aufgabe, die vor allem neue Konzepte erfordert. Die Unionsfraktion hat im Übrigen mit ihrem Verbraucherschutzpapier ein in sich geschlossenes und tragfähiges Konzept vorgestellt. Eine unionsgeführte Bundesregierung wird den Verbrau- cherschutz nach dem 22. September zu einer zentralen Säule ihrer Politik machen. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mo- bilität wird immer wichtiger – sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich. Wir wollen sie umweltver- träglich und kundenfreundlich gestalten. Deswegen ha- ben wir uns in der rot-grünen Bundesregierung für eine Stärkung der umweltfreundlichen Verkehrsmittel wie Bahn und Fahrrad eingesetzt und deswegen beschäftigen wir uns heute mit dem Thema Verbraucherschutz und Kundenrechte in Bus und Bahn. Denn häufig werden genau diese Themen – Verbrau- cherschutz und Kundenrechte – vernachlässigt. Dies zei- gen aktuelle Beispiele: Die Bahn schafft ihre Speisewa- gen ab – ein deutlicher Qualitätsabbau. Es spricht auch nicht für einen guten Kundenservice, wenn ein regionales Kundencenter 6 000 Beschwerden monatlich für „nor- mal“ hält. Weitere Beispiele für mangelnden Service: Auf kleinen Bahnhöfen verschwinden Sanitäranlagen, Warte- hallen werden dichtgemacht. Große Bahnhöfe werden zu Shopping-Meilen, soziale Einrichtungen wie die Bahn- hofsmission werden verdrängt. Ziel unseres Antrags ist es, einen hohen Qualitäts- standard für Bus und Bahn zu garantieren und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Wir wollen, dass die öffentlichen Verkehrsmittel zuverlässiger, schneller, be- hindertengerechter und attraktiver gestaltet werden. Denn nur so, als moderne und kundenfreundliche Dienstleister, können sich öffentliche Verkehrsmittel bei den Verbrau- cherinnen und Verbrauchern durchsetzen. Mit unserer Initiative zur Qualitätssicherung wollen wir neue Akzente setzen und so den öffentlichen Perso- nenverkehr stärken und ausbauen. Denn er ist, neben dem Fahrrad, die umweltfreundlichste Alternative zum Auto. Unser Ziel ist die Förderung der umweltfreundlichen Ver- kehrsträger. Die rot-grüne Bundesregierung hat bereits viel zur Stärkung umweltfreundlicher Verkehrsmittel getan. Wir haben die Investitionsmittel für die Schiene um 50 Pro- zent erhöht und sie den Straßeninvestitionen gleichge- stellt. Wir haben die Mittel für den Nahverkehr erhöht. Wir haben die LKW-Maut eingeführt, um den Güterver- kehr wieder auf Schiff und Schiene zu bringen. Wir haben die verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale eingeführt sowie einen Masterplan Fahrrad aufgestellt. All dies unterstützt die umweltfreundlichen Alternativen zum Auto. Mit Erfolg: Die Fahrgastzahlen bei den öffent- lichen Verkehrsmitteln steigen jährlich. Doch neben all diesen Rahmenbedingungen sind Ser- vice und Kundenfreundlichkeit Voraussetzung dafür, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher Bus und Bahn als Alternative zum Auto akzeptieren und sie als selbstver- ständliche, alltägliche Transportmittel schätzen. Wer kennt nicht die Situation, in der Bahnfahren zur Improvisationskunst wird? Verspätungen, Ausfälle, über- füllte Züge und verpasste Anschlüsse erfordern von den Verbrauchern häufig Flexibilität und Organisationstalent. Mit unserer Qualitätsoffensive wollen wir erreichen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in diesen Fällen ei- nen Anspruch auf angemessene Behandlung haben. Wie beispielsweise im Flugverkehr soll es auch bei Bus und Bahn Normalität sein, dass Fahrgäste entschädigt werden, wenn Verspätungen und Ausfälle für sie zu Schwierigkei- ten und zusätzlichen Kosten führen – zum Beispiel, wenn Termine nicht wahrgenommen werden können. Die Rechte der Fahrgäste müssen ausgebaut und an die höheren, besseren Standards in anderen europäischen Ländern angepasst werden. Dazu gehört beispielsweise auch, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher an Bahnhöfen und Busstationen umfassende Informationen über Fahrpläne und Tarife erhalten. Das beinhaltet auch Informationen über andere Verkehrsträger und Verkehrs- unternehmen. Zur unbürokratischen und vereinfachten Regelung von Verbraucheransprüchen sollen unabhän- gige Schlichtungsstellen eingerichtet werden. Hier sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Probleme und Kritik loswerden und Schadensersatzforderungen stellen können. Anders als die CDU/CSU schaffen wir mit unserem Antrag eine Grundlage, die realistisch ist und nicht un- überschaubare Risiken für die Verkehrsträger mit sich bringt. Denn wir wollen weiterhin preisgünstige Ver- kehrsmittel – die Vorschläge von CDU/CSU führen zu ei- ner ausufernden Haftungsregelung. Die Folgen sind hohe Versicherungskosten für die Bahn und Preiserhöhungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Zudem berücksichtigt der Antrag der CDU/CSU nicht die aktu- elle und bereits verbesserte Gesetzeslage, die die rot- grüne Bundesregierung geschaffen hat. Den von uns skizzierten Weg zu mehr Kundenservice, Qualität und Verbraucherschutz im öffentlichen Verkehr gilt es nun weiterzuentwickeln und in konkrete und pra- xistaugliche Vorschläge umzusetzen. Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Kurz vor Schluss der Legislaturperiode und zu ausgesprochen „fernsehge- rechter“ Zeit berät das Hohe Haus wieder einmal über Probleme der Deutschen Bahn. Bezeichnenderweise ha- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225226 (C) (D) (A) (B) ben beide Anträge – auch wenn sie inhaltlich zunächst nichts miteinander zu tun haben – aus Sicht der Liberalen doch eine große Gemeinsamkeit. Die Probleme wären nicht oder zumindest nicht so ausgeprägt vorhanden, wenn es auf Schienenwegen endlich echten Wettbewerb um Qualität und damit auch im wohlverstandenen Sinne den Kampf um den König Kunde gäbe. Die Verbesserung des Verbraucherschutzes für Bahn- kunden ist wichtig, auch die Konzentration aller Rechts- ansprüche auf ein Gesetz – es wird allerdings nicht viel nützen, wenn der Kunde bei aller Schlechtleistung der Bahn immer wieder als Anbieter auf den Schienenwegen nur die Bahn zur Verfügung hat. Hier muss endlich der Wettbewerb Einzug halten und damit der von uns seit lan- ger Zeit angestrebte Grundsatz der Trennung von Netz und Betrieb stattfinden und damit der diskriminierungs- freie Zugang von anderen Mitbewerbern zum Schienen- netz. Überall da, wo dieser Wettbewerb stattgefunden hat, wo die Bahn sich mit anderen messen muss, wird sie in der Leistung besser und ist das Angebot des Mitbewerbers bereits besser als das der Bahn; denn wie sonst könnte in fast allen Fällen auf einmal eine signifikante Steigerung der Kundennachfrage verzeichnet werden? Dies gilt erst recht und noch verstärkt beim Ausbau der Schienenwege. Zwar legt der Deutsche Bundestag das Bundesschienenwegeausbaugesetz fest, aber wenn der Ausbau der Schienenwege im Wesentlichen ausschließ- lich an der Geschäftspolitik und damit dem Interesse ei- nes einzigen Nachfragers, nämlich der Deutschen Bahn, ausgerichtet ist, wird auch dort die fehlende Alternative deutlich. Beim Netz muss vor allen Dingen der diskrimi- nierungsfreie Zugang möglich sein und damit die Wahlal- ternative für den Kunden beziehungsweise der Zwang ge- genüber den Anbietern, sich auf Kundenwünsche zu konzentrieren. Wenn die Bahn weiterhin in der Lage ist, Mitbewerber, wie zum Beispiel Connex, durch Trassen- zuweisungen mit der doppelten Fahrzeit gegenüber DB- Zügen zu benachteiligen, wird sich grundsätzlich im Ver- halten der Bahn gegenüber dem Kunden sowohl im Haftungsrecht als auch bei der Bedienung bestimmter Bahnhöfe im Wesentlichen nichts ändern. Mannheim und Darmstadt haben Besseres verdient! Wir plädieren des- halb nachhaltig dafür, endlich den Grundsatz der Heraus- lösung der Schiene aus dem Verbund der Bahn AG poli- tisch umzusetzen. Dazu wird uns die 15. Periode Gelegenheit bieten und wir werden das dann tatkräftig in Angriff nehmen. Ich wünsche allen noch Anwesenden einen erfolgreichen Wahlkampf. Soweit das auf die Regierungskoalitionsfrak- tionen zutrifft, sollte er aber nicht zu erfolgreich sein. Christine Ostrowski (PDS): Dieser Tagesordnungs- punkt wurde von den Koalitionsparteien aufgesetzt. Der- art kurz vor „Torschluss“ hat dies natürlich den Geruch ei- nes „Schaufenster-Antrags“. Immerhin hat sich vier Jahre lang beim Thema Verbraucherschutz real wenig getan, so wie zuvor 16 Jahre lang die CDU/CSU-geführten Regie- rungen hier kaum Fortschritte zu verzeichnen hatten – und nun ihrerseits heute einen interessanten Antrag vorlegen. Die Frage, die sich für uns stellt, lautet: Handelt es sich wenigstens um gute Schaufensteranträge? Dem CDU/ CSU-Antrag können wir uneingeschränkt zustimmen. Er enthält sinnvolle konkrete Forderungen. Das einzige, was uns beim Abgleich mit den Forderungen der Fahrgastver- bände auffiel, ist das Fehlen des Vorschlags nach „unab- hängigen Ombudsleuten“. Damit sind wir beim entschei- denden Antrag, dem von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Eine Reihe von Passagen in diesem Antrag stellen eine er- hebliche Selbstbeweihräucherung dar. Ganz offensicht- lich wird hier schlicht auf den Termin 22. September ge- zielt. Drei Beispiele sollen dies illustrieren: Erstens. SPD und Grüne verbreiten in dem Antrag reichlich Eigenlob unter Verweis auf die Novelle des Re- gionalisierungsgesetzes und des „Rekordniveaus“; auf das mit diesem Gesetz die Mittel für den ÖPNV der Länder angehoben worden seien. Tatsächlich geht es laut Gesetz und laut Gesetzesnovelle um Mittel für den Schienenper- sonennahverkehr. Es müsste also „SPNV“ statt „ÖPNV“ heißen. Richtig ist, dass es in diesem Gesetz nur die Be- stimmung gibt, wonach diese Mittel so weit wie möglich für diesen Zweck – den SPNV – eingesetzt werden sollen. Vor 1998 forderten die Grünen, dass daraus eine zwin- gende Vorschrift gemacht werden muss. Jetzt blieb das weiter offen –, sodass immer mehr Länder diese Mittel für den ÖPNV auf Straßen, also für Busverkehr, einsetzen. Damit wird aber die eigentliche Zielsetzung des Regiona- lisierungsgesetzes zunehmend unterlaufen. Und dies wird bekanntlich noch von der Bahn „orchestriert“, indem sie einen Abbau der Nebenstrecken betreibt, indem sie so- eben so genannte Regionalfaktoren als Zuschlag auf die Trassenpreise bei Nebenstrecken beschloss, womit sich der SPNV gerade hier verteuern und perspektivisch auf die Straße verlagern wird. Das heißt: Wir können dieses Lob auf die Bundesregierung in diesem Punkt nicht teilen. Denn es stellt einen weiteren Verlust von Verbraucher- schutz im öffentlichen Verkehr dar, wenn der SPNV wei- ter abgebaut und zunehmend durch Busse ersetzt wird. Der Weg von Busverkehr zum motorisierten Individual- verkehr ist dann immer meist ein kurzer. Zweitens. SPD und Bündnis 90/Die Grünen feiern sich in dem Antrag, weil mit dem jüngst beschlossenen neuen Gesetz zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Men- schen ein „Anspruch auf einen barrierefreien Zugang zum öffentlichen Verkehr“ verbunden sei. Doch dieser An- spruch steht vor allem auf dem Papier. – Real gibt es keine entsprechenden Umsetzungspläne, wie die öffentlichen Verkehrsmittel barrierefrei umgebaut werden sollen bzw. ab wann es zumindest nicht mehr möglich sein wird, öf- fentliche Verkehrsmittel anzuschaffen, die keinen barriere- freien Zugang bieten. Wir hatten in der letzten Sitzungs- woche einen Antrag zum entsprechenden Umbau des Wagenparks der DB AG und zugleich zum Erhalt der Bahnwerke eingebracht. Doch ebendieser präzise Antrag wurde im Bundestag abgelehnt, auch mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Drittens. SPD und Grüne feiern sich mit diesem Antrag als Verbraucherschützer, weil „der Fahrgast bereits heute einen unmittelbar durchsetzbaren Anspruch auf Beförde- rung hat, was sich aus § 10 AEG ergibt, sodass die Beför- derung nicht ohne zwingende Gründe verweigert werden kann“. Eine ähnliche Passage findet sich zwei Spiegelstri- che weiter in demselben Antrag, wonach die Fahrgäste im Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25227 (C) (D) (A) (B) Fall von Verspätungen oder Zugausfall bereits jetzt „ent- geltfrei mit dem nächsten günstigen Zug ... zurückkehren“ könnten. Einmal abgesehen davon, dass diese Rechte be- reits heute in der Praxis für die durchschnittlichen Fahrgäs- te realitätsfern sind, möchte ich Sie bitten, einen Blick in die nicht allzu ferne Zukunft zu werfen. Das neue Bahn- preissystem PEP, das am 15. Dezember 2002 „scharfge- schaltet“, so Mehdorn, wird und das vom SPD-Bundesmi- nister für Verkehr, Bau und Wohnungswesen genehmigt wurde, steht diesen den Verbraucher schützenden Regeln diametral entgegen. Der bei diesem neuen Preissystem vor- gesehene wachsende Anteil von Reservierungen wider- spricht im Grunde der „Beförderungspflicht“ aus § 10 AEG bzw. führt diese durch die Macht des Faktischen – volle Züge, alles reserviert usw. – ad absurdum, zumal mit PEP das Spontanfahren, also die spontane Wahrnehmung des Rechts auf diese Beförderungspflicht, erheblich verteuert wird und damit diese gesetzliche Bestimmung über den Preis ausgehebelt wird. Vergleichbares gilt dann für das entgeltfreie Zurückfahren. Auch da nutzt Ihnen das pure Recht wenig, wenn diese Züge bahnpreissystembedingt schlicht proppevoll sind. Unsere Bilanz lautet demnach: Die nach vorne gerich- teten Vorschläge im Antrag von SPD und Grünen können wir unterstützen. Aufgrund der genannten problemati- schen Teile und der allgemeinen Beweihräucherung einer Verkehrspolitik unter SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die wir in keiner Weise teilen, werden wir uns bei dem An- trag enthalten. Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Großen Anfrage: Daseinsvor- sorge in der sozialen Marktwirtschaft (Tagesord- nungspunkt 10) Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS): Die Aktualität des von den Kollegen der FDP aufgegriffenen Themas der Da- seinsvorsorge ist unbestritten. Auch in meiner Fraktion wächst das Bedürfnis, zur Privatisierung, der Entstaatli- chung oder der wirtschaftlichen Betätigung der Kommu- nen stärker sachorientiert und weniger ideologisch bzw. ressortegoistisch zu diskutieren. Das ist auch verständ- lich, sehen sich doch vor allem Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker zunehmend mit neuen Heraus- forderungen konfrontiert, die neue Antworten erfordern. Teilweise werden sie aber allein schon wegen der prekären Finanzlage vor Ort mit kaum abwendbaren Tat- sachen konfrontiert, mit denen verantwortungsbewusst umgegangen werden muss. Durch die Liberalisierungs- und Privatisierungsbestre- bungen der Europäischen Union und des Bundes werden zusehends Aufgaben, die traditionell im Verantwortungs- bereich der öffentlichen Hand lagen, für den Wettbewerb geöffnet. Unternehmen der privaten Wirtschaft aus dem In- und Ausland entdecken den Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge, als profitablen und wachsenden Markt und stehen bereit, die gesamte Ver- und Entsorgung von Städten, Gemeinden und Landkreisen zu übernehmen. In- folge dieser Entwicklung stehen die Art und Weise der Er- füllung öffentlicher Aufgaben sowie die ökonomische Zu- kunftsfähigkeit kommunaler Unternehmen mehr und mehr zur Disposition. Das widerspricht eindeutig dem Gebot der Subsidiarität – der Wahrnehmung von Aufgaben möglichst nah an den Bürgerinnen und Bürgern, also auf der kom- munalen Ebene, die diese am besten lösen kann. Daseinsvorsorge gehört zum Wesensgehalt der kom- munalen Selbstverwaltung. Daseinsvorsorge als Aufgabe der öffentlichen Hand und insbesondere der Kommunen entstand im 19. Jahrhundert mit der Industrialisierung, der Bevölkerungszunahme, der Verstädterung und der Entste- hung von Ballungsgebieten. Daseinsvorsorge sind ge- meinwohlorientierte Leistungen der Kommunen für ihre Einwohnerinnen und Einwohner – unter demokratischer Kontrolle und in vielfältigen, anpassungsfähigen und de- zentralen Strukturen. Soweit kommunale Dienstleistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge am Gemeinwohl orientiert sind, kann und darf betriebswirtschaftliches Kalkül nicht das allein entscheidende Kriterium dafür sein, ob eine entspre- chende Dienstleistung privatisiert wird. Unlängst war es erst zu erleben: Mit der Liberalisierung im Strombereich purzelten die Preise. Aber: Sind niedrige Preise für den „bunten“ Strom der Privatanbieter ein Gewinn für das Ge- meinwesen? Nein, diese Privaten bedienen sich riesiger Atom- und Braunkohlenkraftwerke, oft Hunderte Kilo- meter entfernt. Da können Stadtwerke mit ihrer umwelt- freundlichen Stromerzeugung durch Kraft-Wärme-Kopp- lung, KWK, vor Ort nicht mithalten. Umwelt und regionale Wirtschaft haben das Nachsehen. Die öffentliche Verantwortung der Kommunen für das Funktionieren der Daseinsvorsorge aber bleibt bestehen. Es gibt eine kommunale „Reservedienstleistungspflicht“ bei Ausfall eines Kraftwerks, bei Konkurs eines Händlers oder bei Ausfall von Fernleitungen. Eine Kommune haftet für den privaten Betreiber wie für einen Erfüllungsgehilfen. Auch der so genannte Querverbund wird infrage ge- stellt. Also der steuerliche Ausgleich zwischen Sparten mit Gewinn, zum Beispiel im Energiegeschäft, und Verlusten bei anderen wichtigen Aufgaben der Daseinsvorsorge, zum Beispiel beim Öffentlichen Personennahverkehr. Er ermöglicht den kommunalen Verkehrsbetrieben, ihr Defi- zit von insgesamt 3,2 Milliarden Euro wenigstens zu hal- bieren. Finanziert wird auf diesem Wege ebenfalls man- cher Sozialpass. Wenn diese Möglichkeit entfiel, hätten die kommunalen Haushalte und die Bevölkerung das Nachsehen. Dabei ist aber schon heute absehbar, dass die vorgesehene europaweite Ausschreibung von öffentlichen Verkehrsdienstleistungen eine Vormachtstellung der großen privaten Unternehmen bringen wird – höhere Preise und ausgedünnte Angebote dürften das Resultat sein. Hier sei an die Privatisierung der Post und die danach folgende Schließung von Postfilialen erinnert. Außerdem: Die Preise für Billig-Strom beginnen bereits zu klettern. Warum also sollen die Kommunen nicht Betriebe und Gesellschaften besitzen, die gewinnbringend sind? Warum sollen diese an die Privatwirtschaft verscherbelt werden? Ein Verkauf ist immer ein Verlust an stetigen Einnahmen, aber auch an sozialen Möglichkeiten, wie die in manchen Städten und Landkreisen entstandenen Transport GmbHs verdeutlichen. Als private Töchter öffentlicher Verkehrs- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225228 (C) (D) (A) (B) verdeutlichen. Als private Töchter öffentlicher Verkehrs- betriebe stellen sie vor allem Fahrpersonal, Busse und Bahnen. Die Löhne der Beschäftigten liegen etwa ein Drit- tel unter dem Tarif des öffentlichen Dienstes. Es bestätigt sich, was die Gewerkschaft ÖTV bereits in den 80er-Jahren sah: Die Privatisierung erfasst gerade Ar- beitnehmergruppen, die ohnehin wenig verdienen. Ihr Einkommen liegt nach der Privatisierung zumeist deut- lich niedriger. Arbeitszeit und Arbeitssicherheit sind dras- tisch schlechter, Einflussmöglichkeiten und Mitbestim- mungsmöglichkeiten erheblich geringer: Von hundert durch Privatisierung im öffentlichen Dienst betroffenen Arbeitsplätzen werden 30 bis 50 vernichtet; noch stärker gilt das für Ausbildungsplätze. Mit einem Wort: Privatisierungen dürfen die Fähigkeit der Kommunen, sozial und ökologisch zu regulieren, nicht beeinträchtigen. Eine Kommune ist kein Konzern, sondern ein öffentlicher Dienstleister, und sie muss den sozialen Ausgleich garantieren. Wenn öffentliche Dienstleistungen dem freien Spiel des Marktes überlassen werden, geht das oft zulasten der Bürgerinnen und Bürger. Demokratische Steuerungs- und Kontrollrechte der gewählten Kommunalvertretungen bleiben bei Privatunternehmen weitgehend auf der Strecke. Kein privater Schwimmbad-Betreiber kann vom Stadtrat zu Sondertarifen für sozial Schwache verpflichtet werden. Kein Käufer kommunaler Wohnungen muss be- gründen, warum er nicht an Kinderreiche vermietet, kein privater Anbieter von Weiterbildungskursen kann ge- zwungen werden, Deutschkurse für türkische Mitbürge- rinnen und Mitbürger anzubieten ... Es ist so: Wenn die öffentliche Hand Aufgaben aus- gliedert, dann herrscht in dem davon betroffenen Bereich die Logik der Privatwirtschaft. Geschäftszweck ist nicht vorrangig das öffentliche Wohl, sondern vor allem die Ge- winnmaximierung. Preisgestaltung, ortsnahe und damit bürgernahe Verwaltungs- und Betriebsstrukturen, regio- nale Wirtschaftskreisläufe und ökologische Aspekte kön- nen dabei leicht ins Abseits geraten. Öffentliche Daseinsvorsorge bedeutet aber auch, für die künftigen Generationen lebenswerte Bedingungen in den Kommunen zu gestalten. Ökologische Aspekte dür- fen nicht unter die Räder geraten: Im Gegenteil: Sie zu berücksichtigen wird immer wichtiger. Mir geht es nicht um ideologische Grabenkämpfe, wenn das Engagement der Privatwirtschaft im öffentlichen Sek- tor diskutiert wird. Wenngleich es manche nicht wahrhaben wollen: Die demokratischen Sozialisten haben längst den Markt als effizientes Instrument für das Wirtschaftsleben akzeptiert. Wir wollen, dass die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen auch auf neuen Geschäftsfeldern möglich wird. Wir plädieren für eine stärkere Kooperation der Stadtwerke. Ebenso befürworten wir neue Formen part- nerschaftlicher Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft, bei denen es durchaus zu Reduzie- rungen von Kosten, Verwaltungsaufwand, Bauzeiten, at- traktiven Finanzierungsmodellen und zur Effizienzsteige- rung kommen kann. Wir sagen aber deutlich: Der Markt braucht Rahmen und Grenzen, die politisch gesetzt werden müssen, damit es nicht zu einer Kommerzialisierung aller Lebensberei- che kommt. Als Kritiker einer maßlosen Privatisierungseuphorie sage ich: Kommunale Unternehmen sind und bleiben für die Grundversorgung unbedingt erforderlich. Wenn schon privatisiert werden muss, so kann das nur vor Ort entschie- den werden. Dazu müssen die Wirtschaftlichkeit detailliert geprüft und alle maßgeblichen politischen, sozialen und ökologischen Folgen abgewogen werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich auf die öffentliche Grundversor- gung verlassen können, egal, wer die Leistung anbietet. Bei der Versorgung mit lebenswichtigen Dienstleistun- gen und Gütern – vom sauberen Wasser über eine Konto- verbindung für jedermann bis hin zum Nahverkehr – soll- ten nach Auffassung der PDS mindestens folgende Grundsätze gewahrt werden: Ein gleichwertiger, diskriminierungsfreier und kosten- günstiger Zugang für alle Bürgerinnen und Bürger; ein ausreichendes Angebot, das in angemessener Qualität, dauerhaft und flächendeckend sowohl in städtischen Bal- lungsräumen als auch in ländlichen Gebieten zur Verfü- gung steht; Transparenz der öffentlichen Verantwortung für die Dienstleistungen und damit auch demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten; die Berücksichtigung des Umweltschutzes und die Sicherung der natürlichen Le- bensgrundlagen für die zukünftigen Generationen. Die Privatisierung kommunaler Dienstleistungen eröffnet – wie der Verkauf von Grundstücken und Betei- ligungen, von kommunalem „Tafelsilber“ – keinen dauer- haften Ausweg aus der kommunalen Finanzmisere. Diese resultiert hauptsächlich aus der Schieflage bei den Fi- nanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommu- nen. Und diese fehlerhafte Konstruktion kann nur durch eine grundlegende Kommunalfinanzreform gelöst wer- den. Die Erwartungen der Kommunen an die neue Bun- desregierung und an den 15. Deutschen Bundestag sind hierzu riesengroß. Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlungen und Berichte: – Antrag: Stärkung von Prävention und Ge- sundheitsförderung – Antrag: Prävention umfassend stärken – Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Zuschusses zu ambulanten medizinischen Vorsorgeleistungen – Antrag: Für eine leistungsfähige und bezahl- bare Gesundheitsversorgung (Tagesordnungspunkt 11 und Zusatztagesord- nungspunkt 5) Horst Schmidbauer (Nürnberg) (SPD): Mit dem heutigen Gesetz zur Verbesserung des Zuschusses zu Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25229 (C) (D) (A) (B) ambulanten medizinischen Vorsorgeleistungen folgt der letzte Akt der Wiedergutmachung für das seehofersche Vernichtungsprogramm. Denn klar ist: Die Menschen in Deutschland, Patientinnen und Patienten, die vielen Tau- sende von Fachkräften, die in Reha-Einrichtungen ar- beiten, haben und werden nicht vergessen, was ihnen der Kompetenz-Mann Seehofer 1996 und 1997 angetan hat. Die Menschen haben sehr schnell erkannt, dass das Ge- setz für mehr Wachstum und Beschäftigung ein Etiketten- schwindel ersten Ranges war. Statt mehr Wachstum und Beschäftigung hat das Vernichtungsprogramm die ambu- lanten Vorsorge- und Reha-Maßnahmen halbiert. Darüber hinaus hat das Gesetz für mehr Wachstum und Beschäfti- gung für den Verlust von zig Zehntausenden Arbeitsplät- zen gesorgt. Es hat zur Schließung von rund 200 Reha- Kliniken geführt. Bei dieser Vorgeschichte stellt sich nur noch eine Frage: Wie kommen Sie, Herr Fink, eigentlich dazu, sich unser Gesetz, dem Sie sich in letzter Minute angeschlos- sen haben, unter die Nägel zu reißen zu wollen? In einem Punkt haben Sie Recht: Die Änderungen – wie Sie so schön formuliert haben – entsprechen den langjährigen Forderungen der Kurbetriebe, aber – um das allerdings klar zu machen – nicht denen der CDU/CSU. Sie versu- chen, sich mit fremden Federn zu schmücken und aus Op- portunismus die wahre Ursache zu verschweigen: Sie ha- ben nicht einmal den Mut zu den seehoferschen Fehlern der Vergangenheit zu stehen. Denn klar ist: Erstens. Die Ursache dieser „berechtig- ten Forderungen der Kurorte“ war das seehofersche Ver- nichtungsprogramm. Zweitens. Das Glück für die Men- schen kam mit dem politischen Wechsel 1998. Die Wiedergutmachung nach der seehoferschen Kahlschlag- politik wurde sofort mit den Koalitionsverhandlungen ein- geleitet und Stufe für Stufe verwirklicht. Zu unseren Leis- tungen zählen: Erstens. Die Flexibilisierung der Dauer von Reha-Maßnahmen. Das bedeutet den Wegfall der Drei- wochen-Regelung. Zweitens. Die Absenkung der Zuzah- lungen durch die Patienten. Drittens. Die Qualifizierung von Ärzten zur besseren Nutzung von Präventions- und Reha-Maßnahmen. Unsere Gesetze haben gegriffen. Wenn wir Ihre aktuellen Klimmzüge betrachten, macht sich bei uns ein anderer Eindruck breit: Sie von der Op- position sind allem Anschein nach von den Folgen Ihrer eigenen Programmatik eingeholt worden. Nachdem Sie 1996 die Prävention aus dem Pflichtkatalog der Kranken- kassen gestrichen hatten, kam nun nach vier Jahren die große Erleuchtung, dass der demographische Wandel im Gesundheitswesen für mehr Lebensqualität und Lebens- verlängerung bei gleichzeitiger Kostenreduktion nur durch Prävention zu schaffen ist. Dass Rehabilitation ein wichtiger Teil der Prävention ist, steht ja außer Zweifel. Also entstand durch die neuen Erkenntnisse Handlungs- druck bei Ihnen. Man hat dabei den Eindruck, als habe die CDU/CSU in den Geschichtsbüchern ihrer eigenen Ministerinnen und Minister nachgelesen, da doch Frau Lehr den Kernsatz ge- prägt hat: „Jede Mark, die für Rehabilitation ausgegeben wird, spart 3 Mark in der Krankenbehandlung.“ Dass die- ser Kernsatz natürlich auch für Euros gilt, braucht nicht erwähnt zu werden. Aber alleine die Tatsache, sich an die letzte Stufe der Wiedergutmachtung dranzuhängen, macht aus einem Saulus keinen Paulus. Das einzig Erfreuliche an der Reue der Spätberufenen ist, dass es trotz Wahl- kampfzeiten nicht bei einem Bekenntnis bleiben dürfte, sondern dass durch die Öffnung unsererseits für einen ge- meinsamen Antrag die Chance für die Menschen gestie- gen ist, dass das Gesetz auch den Bundesrat passiert und nicht zu einem Blockadeopfer wird. Aber was bleibt, ist die Angst und die offene Frage: Trägt diese Ihre Haltung auch für die Zukunft? Diese Frage stellt sich für uns Sozialdemokraten nicht. Es steht außer Zweifel, dass die Glaubwürdigkeit der SPD für die Zukunft Sicherheit garantiert. Wir Sozialdemokraten set- zen auf Solidarität, Chancengleichheit beim Zugang und auf ein Mehr an Qualität. Dagegen sind die gesundheits- politischen Ziele der CDU/CSU von Selbstbehalten und Abwahlleistungen geprägt. Aber Sie werden es noch zu spüren bekommen: Ihre Abwahlleistungen werden die Bürgerinnen und Bürger nicht wie eine Katze im Sack kaufen. Also, heraus mit der Sprache: Sagen Sie, welche Leis- tungen Abwahlleistungen werden sollen. Werden Sie wei- terhin sprachlos bleiben, müssen die Menschen davon ausgehen, dass auch die ambulante Badekur als Abwahl- leistung auf Ihrer Liste ganz obenan steht. Soweit aller- dings werden wir es nicht kommen lassen. Es kommt für Sie noch dicker: Die Menschen werden sich durch ihre Entscheidung am 22. September dieses Jahres selbst schützen, durch ihre Entscheidung für die Regierungskoa- lition. Ein Vernichtungsprogramm in der Nachkriegszeit reicht. Gestatten Sie, dass ich aber auch an dieser Stelle Dank sage für den sehr offenen Diskurs mit den Beteiligten. Dieser Diskurs hat sich für alle Beteiligten gelohnt, weil wir unser Gesetz strukturell verbessert haben. Durch das Gesetz wird der Höchstbetrag des täglichen Zuschusses, den die Krankenkassen zu ambulanten Vorsorgeleistun- gen in anerkannten Kurorten gewähren können, von 8 Euro auf 13 Euro erhöht. Hierdurch tragen wir der ge- stiegenen Bedeutung medizinischer Vorsorgeleistungen in der gesundheitlichen Versorgung der Versicherten Rechnung. Die Zugangssperren werden damit wie in den von uns neu geregelten Bereichen beseitigt. Wir haben den Grundsatz „ambulant vor stationär“ damit noch ein- mal unterstrichen. Wir haben durch die Erhöhung des Zuschusses von 16 auf 21 Euro auch den speziellen Bedürfnissen von Fa- milien und damit von Kindern Rechnung getragen, indem der Zuschuss für chronisch kranke Kinder deutlich über dem Normalzuschuss liegt. Der Grundsatz, dass die Zeit für die Maßnahme nicht mit dem Rasenmäher bemessen wird, sondern dass die individuelle Indikation als Maß- stab gilt, wird jetzt auch bei den ambulanten Badekuren Realität. Denn wir heben die Regeldauer von drei Wochen auf und verkürzen das Wiederholungsintervall von vier auf drei Jahre. Wir sorgen für Qualität. Wir gehen davon aus, dass die schon geltenden Be- stimmungen der §§ 135 a und 137 d SGB V auch für die Leistungserbringung der ambulanten Badekur ihre An- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225230 (C) (D) (A) (B) wendung finden; insbesondere jene Qualitätssicherungs- und Qualitätsmanagementmaßnahmen nach § 135 a 2., deren Ziel die Verbesserung der Ergebnisqualität ist. Wir sind sicher, dass unser Maßnahmenpaket dazu führen wird, dass viel mehr Menschen als bisher die ambulanten Vorsorgeleistungen in Anspruch nehmen werden. Nun ist das „Gesundheitstrainingslager Kur“ auch für Menschen mit kleinem Geldbeutel wieder erreichbar. Dies wiederum wird nicht nur die Gesundheit der Men- schen verbessern, sondern auch eine Verbesserung bei den Ausgaben der Krankenkassen für die Krankenbehandlung bewirken. Damit haben wir dieses traurige Seehofer-Ka- pitel nun mit der letzten Stufe, Stufe für Stufe korrigiert. Dieses traurige Kapitel war geprägt von der gesundheits- politischen Dummheit der CDU/CSU und FDP. Damit haben wir unser Ziel, den Grundsatz „Reha vor Pflege“ beziehungsweise „Reha vor Rente“ durchgehend zu ver- ankern, erreicht. Helga Kühn-Mengel (SPD): Vorbeugen ist besser als heilen. Das wissen wir alle von Kindesbeinen an. Wir wis- sen auch, dass das Gesundheitswesen in Deutschland auf- grund demographischer und sozialer Entwicklungen, der wirtschaftlichen Situation, des wissenschaftlichen Fort- schritts sowie des Wandels im Krankheitsspektrum vor großen Herausforderungen steht. Internationale und nationale Studien belegen, dass die- sen Auswirkungen insbesondere durch eine Stärkung der Prävention und der Gesundheitsförderung begegnet wer- den kann. Dies würde die Gesundheit und die individuelle Lebensqualität langfristig verbessern. Langfristig könnten zusätzliche Behandlungskosten eingespart werden. Prof. Dr. Schwartz geht von Einsparungen bis zu 30 Prozent aus. Die SPD hat sofort nach Regierungsantritt gehandelt: Unser Ziel war und ist: weg vom Reparaturbetrieb, hin zu einem Gesunderhaltungsbetrieb. Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CDU, schmücken sich mit fremden, mit rot-grünen Federn, wenn Sie in Ihrem Antrag behaup- ten, dass der politischen Urheberschaft für die Forderung nach mehr Prävention der CDU-Stempel aufgedrückt werden kann. Richtig ist natürlich, dass die rot-grüne Regierung § 20 in der Gesundheitsreform 2000 reanimiert hat, nachdem der alte § 20 unter Seehofer nach einer nur wenige Jahre dauernden Existenz im SGB V am 13. September 1996 ein jähes Ende gefunden hatte. Wenn die CDU heute im- mer noch im Zusammenhang mit § 20 Sätze wie „Kran- kenkassen finanzieren Bauchtanz“ skandiert, zuletzt hier im Plenum am 7. Juni 2002, dann wissen wir, wie ernst die Christdemokraten sich des Themas annehmen. In dem heute hier von der CDU vorgelegten Alibi-An- trag muss man auch das Kleingedruckte lesen. Hier ist dann die wahre christdemokratische Ideologie zu finden: „Anreizsysteme“ und „Bonussysteme“. Damit sind wir dann wieder schnell bei dem Deckmäntelchen der Eigen- verantwortung. Patientinnen und Patienten werden wie- der stärker belastet, die Gesundheitsversorgung soll pri- vatisiert, Belastungen sollen auf die Kranken verschoben werden. Damit werden letztendlich Leistungen wie die Prävention ausgegrenzt. Das ist mit uns nicht zu machen. Prävention muss frei- willig und zuzahlungsfrei erfolgen. Derzeit sind die Ausgaben der GKV für Prävention im- mer noch auf 4,5 Prozent der Gesamtaufgaben be- schränkt. Das ist viel zu wenig. Da sind wir uns ja wohl alle einig. Wir wollen, dass die Prävention – neben der Therapie, der Rehabilitation und der Pflege – als vierte Säule unser Gesundheitswesen trägt. Die Stärkung und Neuformulierung des § 20 SGB V war der erste Schritt, die Beauftragung des Sachverstän- digenrates der nächste. Der erste Band des Sachverstän- digenrates hebt drei für die gesundheitspolitische Debatte neue Aspekte hervor: Erstens. Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Zweitens. Prävention verlängert nicht nur das Leben und verbessert die Lebensqualität, sie kann auch zu Ein- sparungen verhelfen. Drittens schließlich fördert Prävention generell einen besseren Gesundheitsstatus und vermeidet Folgekosten. Um diese Erkenntnisse umsetzen zu können, hat die Bundesministerin für Gesundheit mit dem „Runden Tisch im Gesundheitswesen“ die Arbeitsgruppe 5 „Stärkung der Prävention“ eingerichtet – ein entscheidender Schritt, um über die mittel- bis langfristigen Probleme im Gesund- heitswesen mit den Beteiligten in einen Dialog einzutre- ten und Lösungen im Konsens zu erarbeiten. Damit haben wir die Möglichkeit geschaffen, das Thema „Prävention und Gesundheitsförderung“ auf Bun- desebene konzeptionell und praktisch so zu diskutieren, dass Handlungsaufforderungen gemeinsam formuliert wer- den können. Es ist richtig und wichtig, zunächst die Grün- dung des „Forums Prävention und Gesundheitsförderung“ voranzutreiben, um die von der AG 5 aufgeworfenen Fra- gen und Vorschläge mit allen Akteuren zu diskutieren. Dass wir alle Voraussetzungen schaffen, die Prävention zur gleichberechtigten Säule des Gesundheitssystems zu machen, ist gut. Wir haben Prävention in vielen Poli- tikfeldern verankert. Aktionsbündnisse wie „Allergie- prävention“ und „Umwelt und Gesundheit“ sowie das Forschungsprojekt „Gesund altern – Stand der Prävention und entwicklungsergänzender Präventionsstrategien“ sind hier zu nennen. Wir haben aber auch dafür gesorgt, dass der Vorrang der Prävention vor Rehabilitation und Rente im neuen SGB IX verankert wird. Der bundesweite Kinder- und Ju- gendsurvey soll Daten liefern. Wir werden mit dem „Fo- rum Gesundheitsziele.de“ Ziele auch für den Bereich Prävention festlegen. Damit legen wir zum ersten Mal ei- nen klaren Rahmen fest: Was können wir bis wann und was müssen wir im Bereich Prävention erreichen? In einem ganz wichtigen gesellschaftlichen Bereich ha- ben wir die Prävention stärker manifestiert: Weil frühzeiti- ges Erkennen von Problemen und eine frühzeitige Interven- tion langfristige gesundheitliche und soziale Schäden deutlich reduzieren können, haben wir die Prävention in den Vordergrund unserer Sucht- und Drogenpolitik gestellt. Sie Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25231 (C) (D) (A) (B) ist eine der vier tragenden Pfeiler der Suchtpolitik. Folgende Maßnahmen können hier beispielhaft genannt werden: „Kinder stark machen“ , „inside@school“, „Klasse 2000“, „Be smart – don’t start“ und „Den Tabakkonsum senken“. Aber auch in anderen Bereichen der Gesundheitspolitik haben wir Prävention durch Vorsorge und Früherkennung zum wichtigen Bestandteil unseres Gesundheitssystems gemacht. Frühzeitige Intervention hilft, Krankheiten zu verhindern oder zumindest Folgen zu lindern. Nennen möchte ich hier die häufigste Krebserkran- kung bei Frauen, den Brustkrebs. Wir haben diese Krank- heit nicht nur in die Desease-Management-Programme und in Gesundheitsziele.de aufgenommen; wir haben mit unserem Antrag auch die Selbstverwaltung verpflichtet, bis 2003 ein flächendeckendes Früherkennungspro- gramm auf dem höchsten Qualitätsniveau, den europä- ischen Leitlinien, einzuführen. Nicht zu vergessen: Wir wollen auch die Präventionsforschung stärken, zum Bei- spiel auch beim Brustkrebs. Wir nehmen Prävention ernst. Wir wollen nicht wie die CDU durch mehr Eigenverantwortung den Beitragszah- lern tiefer in die Tasche greifen und dies Eigenverantwor- tung nennen. Wir haben in dieser Legislatur wichtige Maßnahmen ergriffen und Voraussetzungen geschaffen, um ein umfassendes Präventionskonzept zusammen mit allen beteiligten Akteuren zu schaffen und in allen Berei- chen des Gesundheitssystems zu verankern. Wir tun dies auf der Basis wissenschaftlicher Daten, der vielfältigen Erfahrungen der Verbände und Selbsthilfeorganisationen sowie der am Runden Tisch erzeugten Ergebnisse, wenn nötig auch mithilfe eines entsprechenden Gesetzes. Ulf Fink (CDU/CSU): Im Mittelpunkt der heutigen Be- ratung stehen der Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfrak- tion „Prävention umfassend stärken“ und der Antrag der Regierungsfraktionen „Prävention und Stärkung von Ge- sundheitsförderung“. Beide Anträge befassen sich also mit einem Thema, das bei der nächsten Gesundheits- reform eine zentrale Stelle einnehmen wird. Beide An- träge verfolgen den Zweck, der Prävention im deutschen Gesundheitswesen einen ganz neuen Stellenwert ein- zuräumen. Trotz derselben Zielrichtung beider Initiativen und zahl- reicher Übereinstimmungen in der Sache ist es leider nicht gelungen, sich auf einen gemeinsamen interfraktionellen Antrag zu verständigen, was ich ausdrücklich bedauere. Of- fenkundig stieß die Forderung der CDU/CSU-Bundestags- fraktion nach einem einheitlichen Bonussystem für gesund- heitsbewusstes Verhalten bei der Regierungskoalition auf keine Gegenliebe. Dies ist umso erstaunlicher, da Bundesgesundheitsminis- terin Ulla Schmidt erst kürzlich in Aussicht gestellt hat, ge- sundheitsbewusstes Verhalten durch Befreiung von Zuzah- lungen künftig belohnen zu wollen. Anscheinend ist die Bundesgesundheitsministerin in dieser Frage schon we- sentlich weiter als die Regierungsfraktionen, die glauben, es sei allein mit der Veränderung der Lebensverhältnisse getan, um zu einem Mehr an Gesundheit zu gelangen. Die- ser Ansatz greift jedoch zu kurz. Kein Gesundheitswesen in der Welt kann darauf verzichten, dass sich jeder Einzelne auch selbst um seine Gesundheit kümmert. Das heißt, ohne das Zutun des Einzelnen ist jeder präventive Ansatz zum Scheitern verurteilt. Die Union bleibt bei ihrer Überzeu- gung, dass dafür die richtigen Anreize gesetzt und gesund- heitsbewusstes Verhalten auch belohnt werden muss. Nach vielen Beratungen und nach der von der Union beantragten und am 26. Juni 2002 durchgeführten öffent- lichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages lässt sich Folgendes festhalten: Wenn wir nicht wollen, dass die Krankenkassenbeiträge wegen des demographischen Wandels und des rasanten medizinisch- technischen Fortschritts von jetzt 14 Prozent auf 20, 25 und mehr Prozent im Jahre 2030 steigen, kommen wir nicht daran vorbei, schon jetzt umzusteuern und auf die Ver- hinderung von Krankheiten zu setzen statt wie bisher fast ausschließlich auf die Kuration von Krankheiten. Das heißt, in der Stärkung der Prävention liegt der Schlüssel, um die Herausforderungen an das Gesund- heitssystem des 21. Jahrhunderts zu bestehen. Experten gehen nämlich davon aus, dass sich durch verstärkte In- vestitionen in lang- und mittelfristige Prävention theore- tisch 25 bis 30 Prozent der heutigen Gesundheitsausgaben in Deutschland vermeiden ließen. Das ist ein gewaltiges Einsparpotenzial! Neben dem ökonomischen Argument gibt es auch ein ethisches: Ein Gesundheitswesen, das dafür sorgt, dass die Menschen erst gar nicht krank werden, sondern so lang wie möglich gesund bleiben, hat seinen Namen erst verdient. Darin sind wir uns parteiübergreifend einig. Die politische Urheberschaft für die Forderung nach einer grundsätzlichen Neuausrichtung unseres Gesund- heitswesens in Richtung auf mehr Prävention ist der Union zuzuschreiben: Die Gesundheitsreformkommis- sion „Humane Dienste“ der CDU hatte bereits im Juli 2001 als Zwischenergebnis ihrer Reformüberlegungen die „Gleichstellung von Prävention und Rehabilitation mit der Kuration“ gefordert und als Eckpfeiler ein „um- fassendes, ressortübergreifendes Aktionsprogramm Prävention“ und die „Schaffung eines eigenständigen Bundes-Präventionsgesetzes“ vorgeschlagen. Die CSU hat in ihrem Programm „Gesundheitspolitik für das neue Jahrhundert“ vom August 2001 einen wesentlichen struk- turellen Mangel unseres Gesundheitssystems in der unzu- reichenden Gewichtung der Prävention und in der Über- betonung der Kuration erkannt. Offenbar waren die Vorschläge von CDU und CSU die eigentliche Initialzündung für die im Herbst 2001 unter- breiteten Thesen des von der Bundesgesundheitsministe- rin Schmidt einberufenen „Runden Tisches“, der eigent- lich nur beim Thema Prävention etwas Verwertbares zustande gebracht hat. Es bleibt die Frage, was in der nächsten Legislatur- periode zu tun ist. Erstens. Wir brauchen ein umfassendes Aktionspro- gramm, das sich nicht auf die gesetzliche Krankenversi- cherung beschränkt. Es wäre ein grundlegender Fehler, wenn man die Prävention lediglich einem Bereich, näm- lich dem durch Beiträge finanzierten gesetzlichen Kran- kenversicherungssystem, überantworten würde. Die ge- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225232 (C) (D) (A) (B) setzliche Krankenversicherung spielt zwar eine wichtige Rolle, aber sie allein oder eine Reform von § 20 SGB V kann das Problem nicht lösen. Hier müssen Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam an einem Strang ziehen, Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen und als solche auch vermitteln. Zweitens. Der Bund ist im Rahmen seiner gesetzgeberi- schen Kompetenzen zuständig für die gesetzliche Kranken- versicherung, die Unfallversicherung, das Bundessozialhil- fegesetz und den Arbeitsschutz, um nur einige Bereiche zu nennen. Es ist an der Zeit, die weit verstreuten und völlig un- abgestimmten Begriffe der Prävention, die überall in diesen Bereichen auftauchen, zusammenzuführen und begrifflich zu harmonisieren. Dies sollte in Form eines Bundespräven- tionsgesetzes erfolgen. In dieselbe Richtung zielt ja auch der Antrag der Regierungskoalition. Drittens. Selbstverständlich muss die gesetzliche Krankenversicherung in diesem Zusammenhang ihren Beitrag leisten und sich quasi zur Speerspitze einer neuen Präventionsbewegung machen. Nur auf die Verhältnis- prävention zu setzen, anstatt auch die Verhaltenspräven- tion mit einzubeziehen wäre zu kurz gesprungen. Das heißt, wir müssen den Menschen auch Anreize setzen, sich gesundheitsbewusst zu verhalten. Das Bonusheft beim Zahnersatz ist ein gelungenes Beispiel für einen richtig gesetzten Anreiz. Aber wir müssen über diesen An- satz hinausgehen, indem wir Personen, die sich gesund- heitsbewusst im Sinne der Prävention verhalten, zum Bei- spiel von bestimmten Zuzahlungen befreien oder ihnen einen Teil ihrer Beiträge zurückerstatten. Eine unionsgeführte Bundesregierung wird die ge- nannten Vorschläge in die Tat umsetzen und damit die Prävention zu einer tragenden Säule unseres Gesund- heitswesens ausbauen. Ein Wort noch zu dem Thema Kuren, das ebenfalls Ge- genstand dieser Debatte ist. Erfreulich ist, dass wir während der Ausschussberatungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Zuschusses zu ambulanten medizinischen Vorsorgeleistungen im Konsens miteinan- der zwei wesentliche Verbesserungen für den Kurbereich beschlossen haben: Zum einen haben wir uns darauf ver- ständigt, dass die Zuschusshöchstgrenze bei ambulanten Kuren von momentan 8 Euro täglich auf nunmehr 13 Euro täglich erhöht werden soll. Für chronisch kranke Klein- kinder soll der Zuschuss von derzeit 16 Euro auf künftig 21 Euro erhöht werden. Darüber hinaus soll die vorge- schriebene Regeldauer von derzeit drei Wochen für am- bulante Kuren entfallen und das Wiederholungsintervall für ambulante Kuren von vier auf drei Jahre verkürzt wer- den. Beide Gesetzesänderungen entsprechen langjährigen Forderungen der Kurbetriebe und können als echter Durchbruch gewertet werden. Der Kurbereich zeigt, dass die Menschen bereit sind, et- was für ihre Gesundheit zu tun. Er zeigt weiterhin, dass die Menschen auch bereit sind, einen erheblichen Teil aus ihrem persönlichen Portemonnaie beizutragen. Die Aufgabe der Gesellschaft ist es, hier die richtigen Anreize zu setzen. Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn heute alle Fraktionen, alle Gesundheitspolitikerin- nen und Gesundheitspolitiker sowie die gesamte Fach- welt sich darin einig sind, dass Deutschland ein Defizit an Prävention aufweist, dann ist das alles andere als beruhi- gend. Aber es ist insofern erfreulich, als zu erwarten steht, dass sich jede Regierung nach dem 22. September dieses Jahres dem Aufbau eines Gesundheitsberichterstattungs- systems und der Neuschaffung von Lehrstühlen für Prä- ventionsforschung widmen wird. Es ist deutlich, dass Prä- vention sowohl eine ärztliche als auch eine allgemeine politische Aufgabe geworden ist, die als neue Säule in ei- nem zukunftsfähigen, freien und sozialen Gesundheits- wesen nicht fehlen darf. So wissen wir nicht erst seit heute, dass Armut krank macht, dass die Chancen und Fähigkeiten, individuell ge- sundheitsbewusst zu leben, sehr stark von der sozialen Schicht und Bildung, aber auch von geschlechtsspezi- fischen, kulturell gebundenen Rollenbildern und Lebens- haltungen abhängen. Im Einzelnen ist bekannt, dass alle Stoffe zu Drogen wer- den können, seien es Essen, Rauchen, Trinken, Joggen – ja, selbst der Gesundheitswahn kann manische Züge anneh- men. Aber gleichfalls ist bekannt, durch welche einfachen Aktivitäten der öffentlichen Hand, zum Beispiel Mund- und Zahngesundheit bei Kindern, Verbesserungen er- reicht und Prävention, zum Beispiel durch Impfschutz, betrieben werden kann. Alle, die sich schon einmal mit Kommunalpolitik be- fasst haben, wissen, was Verkehrsplanung, Städtebau wie auch Naherholung, Freizeit- und Sportangebote mit Ge- sundheit der Menschen zu tun haben. So gehört eine auf- geklärte Sucht- und Drogenpolitik genauso zum integra- len Bestandteil von Prävention wie aufsuchende, sozialmedizinische Angebote in einer fortschrittlichen Gesamtstrategie nicht weiterhin fehlen dürfen. Ich erlaube mir, so allgemein über Prävention zu spre- chen, um anzudeuten, dass Präventionsstrategien in der Horizontalen wie in der Vertikalen zu entwickeln und dort, wo sie in Ansätzen oder ausgeprägten speziellen Be- reichen, beispielsweise Sekundärprävention, schon exis- tiert, zu einer sektoren- und ressortpolitikübergreifenden Integration zusammenzuführen sind. Auch muss deutlich werden, dass Prävention etwas anderes ist als Früherken- nung und dass Prävention auch Bestandteil effizienter Be- handlungsstrategie bei manifesten Krankheiten sein kann. Wie auch das gelungene Beispiel HIV- und Aids- prävention zeigt, muss gleichfalls deutlich werden, vor welchen Krankheiten das Individuum sich selber tatsäch- lich durch Verhaltensänderung schützen kann. Welchen Anteil ein emanzipatorisches Gesundheitsverständnis und die Kommunikation einer solchen Politik hat, zeigt sich sehr schön an eben der „Gib Aids keine Chance“-Kam- pagne. Noch fehlt uns in Deutschland eine so starke Selbst- hilfe- und Betroffenenbewegung im großen Feld der psy- chiatrischen Krankheiten wie das bei HIV der Fall ist. Hier, das zeigt die jüngste Anhörung zur „25 Jahre Psy- chiatrie-Enquete“, bleiben die Politik, die Forschung, die Arbeitswelt und ganz einfach das allgemeine Wissen und die Kenntnis sowie frühzeitige Kenntnisnahme der Krankheitsbetroffenheit noch weit hinter den Möglich- keiten und Notwendigkeiten zurück, die wir Menschen mit diesen Krankheiten schuldig sind. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25233 (C) (D) (A) (B) Neben der individuellen Verhaltensänderung muss der überindividuellen Verhältnisprävention ein weitaus stär- keres Gewicht zukommen als bislang. Die daraus resul- tierenden Aufgaben zu erfüllen, ist naturgemäß der Ge- sellschaft selber überantwortet. Daher müssen politisch vereinbarte Gesundheitsziele denn auch bei allen Träge- rinnen und Trägern öffentlicher Belange Bezugspunkt ih- rer Entscheidungen sein. Auch müssen Unglaubwürdigkeiten der Politik selber überwunden werden. Tabakwerbung, Subventionen und Steuereinnahmen, Steuererhöhungen auf gesundheits- schädlichen Konsum, um Rüstungsausgaben und Out-of- area-Einsätze der Bundeswehr zu finanzieren, sind, wie der falsche „Krieg gegen Drogen“, geeignet, der Politik Doppelmoral vorzuwerfen. Wenn Gesundheitsziele als Selbstverständnis heutiger Politik gelten sollen, darf der Staat nicht daran verdienen wollen, dass sie nicht einge- halten werden. Wenn wir eine neue Säule aufbauen und die bestehenden Ansätze verstärken und vernetzen, wenn alte Leistungs- träger, Patientinnen- und Patientenverbände, Kommunen, Ärzteschaft und Kostenträger sich daran beteiligen sollen und Qualitätsstandards eingeführt und überprüfbarer ge- macht werden sollen, dann muss auch eine Regierung diese Gesundheitsziele in all ihren Ressorts zu einer Stim- migkeit und aus bestehenden Widersprüchlichkeiten und Gegenläufigkeiten herausführen. Alle Rednerinnen und Redner haben heute und werden heute noch viele wichtige Anregungen zur Verbesserung mit Problembewusstsein und Tiefenschärfe vortragen. Mir liegt daran, dass Prävention und ökologisch soziale Ge- sundheitspolitik eines nicht zu fernen Tages auch einmal zu den Kernsätzen einer Regierungserklärung gehören. Detlef Parr (FDP): In meiner letzten Rede dieser Legis- laturperiode in dreieinhalb Minuten zu drei Anträgen und ei- nem Gesetzentwurf Stellung nehmen zu müssen, ist symp- tomatisch für die gesundheitspolitischen Debatten: Sie waren fast immer von Kurzatmigkeit und Hektik geprägt. So entdeckten die großen Fraktionen kurz vor Tores- schluss noch die Bedeutung der Prävention in Form zweier Anträge, die nicht mehr als Absichtserklärungen darstellen und die Frage der Finanzierung völlig offen lassen. Das gilt vor allem für die weit gehenden Vorstellungen von SPD und Grünen, die wir in dieser Form ablehnen. Den Forderungen der Union im Hinblick auf eine notwendige Bestandsaufnahme aller Aktivitäten im Bereich der Prävention, einer Definition von Zielvorstellungen und ei- nes durchgängigen Anreizsystems in der GKV für gesund- heitsbewusstes Verhalten stimmen wir dagegen zu. Wir alle kennen die aktuellen Finanzierungsengpässe der GKV, die ihren Grund hauptsächlich in der planwirt- schaftlichen Ausrichtung der Gesundheitspolitik dieser Bundesregierung hat. Wir setzen uns deshalb bei der Ver- besserung ambulanter medizinischer Vorsorgeleistungen nicht für die einfallslose Erhöhung des Zuschusses ein, sondern wollen die Bewilligung ambulanter Gesundheits- vorsorge in anerkannten Kurorten stärker an den medizi- nischen Notwendigkeiten ausrichten. Deshalb fordern wir eine Aufhebung der starren Regelung von Wiederho- lungsintervallen. Wir wollen eine zielgerichtete Unter- stützung und Fürsorge für diejenigen ermöglichen, die die Hilfe der Solidargemeinschaft dringend brauchen. Wir müssen die Leistungen der gesetzlichen Kranken- versicherung auf die wesentlichen Notwendigkeiten kon- zentrieren. Das ist eine Kernforderung unseres Antrags für eine leistungsfähige und bezahlbare Gesundheitsver- sorgung. Wir wenden uns gegen einen überbordenden Versorgungsstaat, der reglementiert und budgetiert und dirigiert. Wir wollen unser Gesundheitssystem in die Frei- heit entlassen – weniger Staat, mehr Markt! Und das ge- lingt nur, wenn wir mehr Eigenverantwortung von allen Akteuren einfordern und der Selbstbestimmung des Ein- zelnen – sei er Versicherter, Patient oder Leistungserbrin- ger – mehr Raum geben. Dazu gehören Wahlfreiheiten und Gestaltungsspielräume. Dazu gehören fairer Wettbe- werb und Transparenz. Und dazu gehört eine Antwort auf die Frage: Was können und wollen wir zukünftig solida- risch absichern? Unser Gesundheitssystem steht Kopf. Wir müssen es nach dem 22. September wieder auf die Füße stellen. Das gelingt nur, wenn wir ordnungspolitisch neue Wege gehen und die Schutzbedürftigkeit des Einzelnen in einer Soli- dargemeinschaft vor dem Hintergrund seiner Leistungs- fähigkeit neu definieren. Dr. Ruth Fuchs (PDS): Systematische Unterschät- zung und Unterentwicklung der Prävention, von Gesund- heitsförderung und Krankheitsvorbeugung zählt zu den grundlegenden Schwächen des Gesundheitswesens der Bundesrepublik. Die Präventionsdebatte wird überwie- gend auf – zum Teil ungenügend evaluierte – Maßnahmen der medizinischen Früherkennung bzw. auf Zurückdrän- gung individuellen Fehlverhaltens reduziert. Im Ergebnis dessen werden bis heute lediglich 4 bis 5 Prozent aller Gesundheitsausgaben für präventive Zwecke verwendet. Die Verantwortlichkeiten liegen bei einer Vielzahl von Akteuren, die weit gehend unkoordi- niert tätig und insgesamt wenig effektiv sind. Die gesetz- lichen Grundlagen sind über viele Regelungswerke ver- teilt und oft kaum miteinander abgestimmt. Selbst die vorhandenen – insgesamt zu geringen – Potenziale kön- nen auf diese Weise nicht zielgerichtet wirksam werden. Die PDS hat das sowohl in ihren programmatischen Aus- sagen zur Gesundheitspolitik als auch in den einschlägi- gen parlamentarischen Auseinandersetzungen immer wieder zur Sprache gebracht. Deshalb kann nur begrüßt werden, wenn es jetzt – wie in beiden Anträgen ausgeführt – um einen neuen Stellen- wert für die Prävention gehen soll. Die Vorschläge der Unionsfraktion, die Lage zu analysieren, Zielvorstellun- gen zu entwickeln, die gesetzlichen Grundlagen zu har- monisieren und zu einem auch finanziell untersetzten Aktionsprogramm Prävention zu kommen, weisen zwei- fellos in die richtige Richtung. Das Gleiche lässt sich von den Forderungen im Antrag der Koalitionsfraktionen sa- gen, die unter anderem auf ein „Forum Prävention und Gesundheitsförderung“, auf dauerhafte Organisations- strukturen und auf die Entwicklung entsprechender Ge- sundheitsziele hinauslaufen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225234 (C) (D) (A) (B) Interesse verdient der auf beiden Seiten enthaltene Ge- danke, zu gegebener Zeit analog zur Reha-Gesetzgebung zu einem eigenen Präventionsgesetz im Rahmen des Sozialge- setzbuches zu kommen. Festzuhalten ist auch das Bekennt- nis in beiden Anträgen zur Prävention als einer ressortüber- greifenden Aufgabe. Daran kann angeknüpft werden. Für beide Initiativen gilt allerdings, dass sie über pla- kative Absichtserklärungen nicht hinausgehen. Sie sind offensichtlich schnell fertig gestellt worden, bleiben le- diglich an der Oberfläche und dienen insgesamt mehr Wahlkampfzwecken. Entsprechenden politischen Willen auf allen Seiten vorausgesetzt, kann man sie aber als Ein- stieg in eine ernsthafte parlamentarische und darüber hin- ausgehende Beschäftigung mit diesem wichtigen Thema betrachten. Die PDS fordert seit langem, dass Prävention einen völ- lig neuen Stellenwert erhalten muss. Dabei darf sie nicht einseitig auf medizinische Maßnahmen und Zurückdrän- gen individuellen Fehlverhaltens reduziert werden. Es ist bekannt, dass Menschen mit geringem Einkommen, weni- ger Bildung und mangelnder sozialer Integration deutlich häufiger krank sind und eine niedrigere Lebenserwartung haben. Arbeitslosigkeit, Armut, Obdachlosigkeit, soziale Ausgrenzung und Entwurzelung sowie Umweltzerstörung begünstigen somatische und seelische Krankheiten sowie vorzeitigen Tod. Viele dieser Krankheiten resultieren aus Lebens-, Arbeits- und Umweltverhältnissen, die der Ein- zelne nicht oder kaum beeinflussen kann. Nach unserer Auffassung ist Prävention deshalb eine gesamtgesell- schaftliche Aufgabe und muss sich sowohl auf Verhalten als auch auf Verhältnisse beziehen. Das Handeln in Arbeits- welt, Kommunen, Verkehr, Konsum, Freizeit usw., aber auch die Bedingungen für das Zusammenleben und die Wertevermittlung in den Familien sowie in Schulen bzw. Einrichtungen der Kinder- und Jugendbetreuung müssen zunehmend auch an Kriterien der Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung ausgerichtet werden. Durch eine aktive Beteiligung der Betroffenen selbst – wie sie die „Agenda 21“ und das Netzwerk „Gesunde Städte“ vorse- hen und fördern – können vor Ort unmittelbare Verbesse- rungen erreicht werden. Betriebliche Gesundheitsförde- rung und Arbeitsschutz müssen gestärkt und über bloße Verhaltensvorgaben hinausgeführt werden. Die Leistun- gen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes unter anderem zur Sicherung des Infektionsschutzes, der Umwelt- und Lebensmittelhygiene, im Kinder- und Jugendgesundheits- dienst, bei der Gesundheitsberatung und bei aktiv aufsu- chenden Formen gesundheitlicher Fürsorge sind zu erwei- tern und zu verbessern. Besonders zur Förderung der Gesundheit der Kinder, der Frauen, chronisch Kranker und von Seniorinnen und Senioren halten wir spezifische Präventions- und Versorgungsangebote für erforderlich. Die qualitativ hochstehende Versorgung von Kranken und die Verhütung von Krankheiten muss künftig wesentlich stärker mit einer wirksamen Gesundheitsförderung ver- bunden werden. Zu fordern ist, dass alle Fraktionen in der neuen Legis- laturperiode dieses Thema wieder aufnehmen und nach gründlicher und sorgfältiger Arbeit zu entsprechenden Be- schlüssen und zügiger praktischer Umsetzung kommen. Das Gesetz zur Verbesserung des Zuschusses zu am- bulanten medizinischen Vorsorgeleistungen ist ein klei- ner, aber für viele Menschen nicht unwichtiger Schritt in die richtige Richtung. Deshalb stimmen wir zu. Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichtes zu den Anträgen: – Für ein europäisch ausgerichtetes Zentrum gegen Vertreibungen – Zentrum gegen Vertreibungen – Für ein europäisches Zentrum gegen Vertrei- bungen (Tagesordnungspunkt 12) Markus Meckel (SPD): Vertreibungen haben im Eu- ropa des 20. Jahrhunderts unsägliches Leid über Millionen unschuldiger Menschen gebracht. Ich freue mich sehr da- rüber, dass wir heute dieses Leides gedenken und darüber entscheiden, ein europäisches Zentrum gegen Vertreibun- gen zu errichten. Gleichzeitig sprechen wir eine Einladung an unsere europäischen Partner aus, sich nicht nur an der Ausführung eines solchen Zentrums zu beteiligen, sondern schon an der Entwicklung einer Konzeption mitzuwirken, um ihre eigenen Perspektiven und Erfahrungen in dieses gemeinsame Projekt mit einzubringen. Bei einem solchen Zentrum wird es nicht nur um die Aufarbeitung und Dokumentation der Vergangenheit ge- hen, sondern ebenso um die Verantwortung für Gegenwart und Zukunft. Noch in der jüngsten Vergangenheit haben wir in der Mitte Europas, auf dem Balkan, Vertreibungen erlebt. Auch wenn Demokraten wie Franklin D. Roosevelt oder Winston Churchill vor einem halben Jahrhundert noch glaubten, Vertreibungen seien ein legitimes Mittel, um po- litische Stabilität zu schaffen, so lehnen wir dies heute in aller Klarheit ab. Vertreibungen beruhen auf der Annahme von Kollektivschuld. Sie verstoßen gegen geltendes Völ- kerrecht und setzen elementare Menschenrechte außer Kraft. Wir müssen heute alles dazu beitragen, dass so etwas in Zukunft nicht wieder geschieht. Um ein Zeichen zu set- zen und die Geschichte für die gegenwärtige Generation und für zukünftige Generationen erfassbar und greifbar zu machen, möchten wir solch ein Zentrum errichten. Erfreulich ist, dass es unter uns einen breiten Konsens darüber gibt, dass wir dieses Thema mit europäischen Partnern gemeinsam angehen sollen. Gerade die Diskus- sionen im Auswärtigen Ausschuss haben gezeigt, dass über alle Fraktionen hinweg eine europäische Ausrich- tung des Zentrums gegen Vertreibungen befürwortet wird. Die Einladung, sich zu beteiligen, gilt allen europäischen Partnern. Ich denke insbesondere an Polen, Tschechen, Ungarn und Slowaken, aber natürlich auch an die Ukraine und Bosnien-Herzegowina – an alle Europäer, die in der Vergangenheit von Vertreibungen betroffen waren. Es ist wichtig, diesen Ansatz über nationale Grenzen hinweg zu verfolgen. In der Mitte Europas sind unsere jeweiligen nationalen Geschichten eng miteinander ver- woben. Jedes allein nationale Projekt birgt die Gefahr, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25235 (C) (D) (A) (B) dass es bei den Nachbarn für Aufregung und Verunsi- cherung sorgt. Wir müssten Sorge haben dass solch ein nationales Projekt als gegen jemand anderen gerichtet verstanden wird. Zudem würden sich unsere Nachbarn fragen, warum wir über Themen diskutieren, die auch ihre nationale Geschichte betreffen, ohne sie zu konsul- tieren. Es kann und darf nicht darum gehen, das Leid des eigenen Volkes gegen das der anderen zu wenden oder aufzurechnen. Die jeweiligen historischen Hintergründe und Zusammenhänge von Vertreibungen und zwangs- weisen Umsiedlungen waren sehr verschieden. Das Leid der betroffenen Menschen dagegen ähnelt sich sehr. Wenn es uns gelingt, gemeinsam diese schwierige Ge- schichte aufzuarbeiten, wäre dies für die Zukunft Europas ein wichtiges Signal. In Mitteleuropa wäre dies zugleich ein Ausdruck wie auch ein weiterer Schritt im Zusam- menwachsen Europas. Natürlich können und möchten wir niemanden dazu zwingen, sich an der Debatte zu betei- ligen. Dies bleibt unseren Partnern überlassen. Wir glau- ben aber, dass es gut wäre, miteinander in diesen Dialog zu treten. Ich begrüße, dass auch im Antrag der CDU/CSU-Frak- tion davon gesprochen wird, die „weltweite Vertreibung“ zu dokumentieren und damit „Wege der Versöhnung und Verständigung“ aufzuzeigen. Auch von „Europa“ wird gesprochen. Leider weist das, was der Bund der Vertrie- benen und Edmund Stoiber zu diesem Thema sagen, in eine andere Richtung. Edmund Stoiber zum Beispiel hat auf dem Deutschlandtag der Ostpreußen am 23. Juni die- ses Jahres in Leipzig die Idee eines Zentrums gegen Ver- treibungen aufgegriffen. Er möchte dieses Zentrum, das auch nach seinen Vorstellungen in Berlin entstehen soll, auf die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten be- schränken. Er spricht deshalb von einer ,,nationalen Erin- nerungsstätte“. Auch Frau Steinbach macht immer wieder deutlich, dass sie sich ein Zentrum gegen Vertreibungen nur als nationales Projekt vorstellen kann. Wir wenden uns gegen ein nationales Projekt und wer- den uns für ein gemeinsames Herangehen mit unseren eu- ropäischen Partnern entscheiden. Deshalb legen wir heute auch keinen Ort eines Zentrums fest. Es ist richtig, dass ich vor einigen Monaten Breslau als eine Möglichkeit vorgeschlagen habe. Ich halte Breslau auch nach wie vor für eine gute Idee. Aber natürlich sind auch andere Orte möglich. Eine Entscheidung über den Ort sollte in einem europäischen Dialog gefasst werden. Zudem könnte der Bundestag heute auch gar nicht über Breslau entscheiden; denn dazu hat er gar kein Recht. Dies könnte nur ein pol- nisches Angebot sein. Die Zukunft wird zeigen, ob es in Polen ein Interesse gibt, sich an diesem Projekt zu betei- ligen und möglicherweise sogar Breslau als Ort des Sitzes vorzuschlagen. Unser Antrag lässt nicht nur bewusst die Frage des Or- tes, sondern auch die der Konzeption und der Trägerschaft eines europäischen Zentrums gegen Vertreibungen offen. Dies hat nichts damit zu tun, dass wir wichtigen Fragen ausweichen wollen. Diese Offenheit ist die innere Logik unseres Antrages. Würden wir entscheidende Fragen schon beantworten, dann wäre der Antrag keine ehrliche Einladung und kein ehrliches Angebot an unsere europä- ischen Partner, sich an der Ausarbeitung des Projektes von Anfang an zu beteiligen. Wir wollen sie nicht vor festge- setzte Tatsachen stellen, sondern gemeinsam eine Kon- zeption erarbeiten und über Ort und Trägerschaft ent- scheiden. In naher Zukunft wird es also entscheidend darauf an- kommen, wie unsere europäischen Partner reagieren. Der Bundestag lädt sie zur Mitwirkung ein. Es bleibt ihnen überlassen, diese Einladung anzunehmen und damit Ein- fluss auf die Gestaltung des Zentrums zu nehmen. So könnte sich möglicherweise schon Ende dieses Jahres, nach den Wahlen zum Deutschen Bundestag, eine Kom- mission mit Vertretern aus verschiedenen Ländern, die von Vertreibungen betroffen waren oder sind, bilden, die ein gemeinsames Konzept und Vorschläge für den Ort er- arbeitet. Sicherlich wird die Beantwortung dieser Fragen einige Zeit in Anspruch nehmen. Angesichts der Sensibi- lität des Themas wird es auch notwendig sein, dass der Dialog sorgfältig und ausführlich geführt und in allen be- teiligten Ländern öffentlich begleitet wird. Ein solches Zentrum gegen Vertreibungen kann natür- lich nur ein Baustein in unserem Bemühen sein, deutlich zu machen, dass wir Vertreibungen ablehnen. Wir können auch auf ganz anderen Ebenen unsere Aktivitäten verstär- ken. Schon 1992, angesichts der Kriege im ehemaligen Jugoslawien, hat die SPD-Bundestagsfraktion auf Initia- tive von Freimut Duve in einem Antrag angeregt, in internationalen Gremien auf eine ,,Internationale Kon- vention gegen Vertreibungen“ hinzuwirken. Diese Kon- vention sollte Vertreibungen von Minderheiten oder Bevölkerungsgruppen verurteilen und sowohl die völker- rechtliche wie strafrechtliche Ahndung möglich machen. Ich halte es für lohnenswert, diese Initiative wieder auf- zugreifen. Michael Roth (Heringen) (SPD): Vertreibungen sind der tragische, aber bislang wiederkehrende, fast konstante Teil der Geschichte ethnischer Gruppen, von Gesellschaf- ten, Nationalstaaten und Herrschaftsmissbrauch. Sie ste- hen häufig am Beginn von kriegerischen Auseinanderset- zungen und sind Bestandteil der grausamen Exzesse von Kriegen. Scheinbar soll die durch Flucht und Vertreibung erzwungene räumliche Trennung von befeindeten Grup- pen zur Befriedung beitragen, Grundgesetz, Rechtstaatlichkeit und Demokratie schüt- zen uns heute in Deutschland – auch vor Vertreibung. Die- ser Schutz ist eine kostbare Errungenschaft, die viele Men- schen – Völkergruppen und Individuen – nicht erfahren konnten und können. Die Geschichte Europas lehrt uns, dass friedliches Zusammenleben aufs engste mit Demokra- tie und Menschenrechten verknüpft ist. In den Regionen Europas, in denen Demokratie und Menschenrechte bis- lang nicht oder nicht hinreichend verankert sind, gibt es im- mer wieder auch Vertreibung. Deshalb blickt das demokra- tische Europa auf eine Geschichte, in der in vielen Ländern, besonders brutal und exzessiv in Deutschland, Vertreibung stattgefunden hat. Deshalb blickt das demokratische Eu- ropa in eine Zukunft ohne Vertreibung. Vertreibungen bleiben immer das, was sie tatsächlich sind: Menschenrechtsverletzungen, die unendliches Leid über die Menschen bringen. Sie prägen schmerzlich das persönliche Empfinden, die Wahrnehmung von Politik Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225236 (C) (D) (A) (B) und Geschichte, das moralische Gewissen. Unter- drückung, Unglück, Entwurzelung, Armut, Krankheit und Tod sind die Wegbegleiter. Aus der eigenen Erfahrung er- wächst große Verantwortung. Deutschland hat Vertrei- bung begangen, in der Zeit des Nationalsozialismus zur Staatsideologie erhoben, und Vertreibung erfahren. Für mich persönlich – als jüngerer Mensch des Jahr- gangs 1970 – sind Flucht und Vertreibung in verschiede- nen Facetten greifbar geworden. Neben dem Familien- schicksal, dass meine Großmutter aus dem Sudetenland vertrieben wurde, sind das vor allem jene Tragödien, die sich in jüngster Zeit vor unserer europäischen Haustür ab- gespielt haben, beispielsweise in Bosnien und im Kosovo. Gerade jüngere Generationen müssen Geschichte vor al- lem aus europäischer Sicht wahrnehmen, in der die deut- sche Geschichte ein Teil der europäischen Geschichte ist. Ein Zentrum gegen Vertreibung befürworten alle Frak- tionen. Aber aus welcher Perspektive? Mit wem? Bei der Frage der Konzeption werden die Unterschiede klar. Die SPD-Bundestagsfraktion will ein Zentrum gegen Vertrei- bung. Wir plädieren für eine europäische Wahrnehmung und Perspektive. Wir wollen daher ein europäisches Zen- trum gegen Vertreibung, das erinnert, gedenkt, informiert und forscht. Wir wollen ein europäisches Zentrum, das sich mit den Vertreibungen des 20. Jahrhunderts in Europa auseinandersetzt. Wir wollen unsere europäischen Part- ner- und Nachbarländer einladen, dieses Projekt mit uns gemeinsam zu durchdenken, abzuwägen und auszuloten. Der vor 13 Jahren endlich niedergerissene Eiserne Vor- hang lässt die Völker Europas enger zusammenrücken. Mit zwölf mittel- und osteuropäischen Staaten streben wir die Verwirklichung einer erweiterten Europäischen Union an. Mit den anderen Staaten Europas kooperieren wir eng oder sind im Begriff, Kooperationen aufzubauen. Konkret heißt das, wir bilden nicht nur eine politische Gemein- schaft oder einen gemeinsamen Binnenmarkt, sondern setzen in unserer gemeinsamen Perspektive auf gemein- same Werte. Die europäische Integration und die enge politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Verknüpfung der Staaten Europas ist wesentliches Element deutscher Poli- tik und Identität. Deswegen wollen wir einen offenen Dia- log über ein europäisches Zentrum gegen Vertreibung mit unseren europäischen Partnern führen. Unser Anspruch ist dabei, dass sich in ihm die Generation der Betroffenen, ihrer Kinder, die nachfolgenden und zukünftigen Genera- tionen wieder finden. Wir sind uns bewusst, dass wir erst am Anfang stehen. Die Alternative zu einem europäischen Zentrum gegen Vertreibung, die eines nationalen Zentrums, erschlösse sich vermeintlich auf den ersten Blick leichter. Gerade weil uns auf dem Kontinent endlich wieder vieles verbin- det, sollten wir den mutigen Schritt wagen, die europä- ische Dimension anzugehen. Es haben eben nicht nur die ökonomischen und politischen, sondern vor allem die kul- turellen und gesellschaftlichen Beziehungen zugenom- men. Vertreibungen sollen und können nicht gegeneinander qualitativ und quantitativ gewichtet, geschweige denn relativiert werden. Dies heißt bei einer europäischen Aus- richtung, dass wir uns nicht hinter den Vertreibungs- schicksalen anderer verstecken. Das kann auch nicht heißen, dass wir anderen in Europa ein Zentrum gegen Vertreibung aufdrängen, das sie nicht wollen. Aber die europäische Dimension bietet die Chance, eu- ropäische Geschichte erfahrbar zu machen. Nur wer die verengte nationale Perspektive verlässt, wird den Dialog um die europäische Zukunft führen können. Im Um- kehrschluss bedeutet dies, dass Deutschland alleine – ohne europäische Partner – kein europäisches Zentrum wird initiieren können. Wir müssen wahrnehmen, dass Vertreibung in letzter Zeit politisch instrumentalisiert wird. Nationalistische, bereits überholt geglaubt Ressentiments und einseitige Geschichtsbilder sollen zu einem politischen Kampfin- strument gemacht werden. Ich darf sagen, dass mich man- che Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten tief beunruhigen. Gerade diese gegenwärtige Debatte zeigt, wie wichtig es ist, an der Idee eines europäischen Zen- trums und nicht an der nationaler Zentren zu arbeiten. Sehr wahrscheinlich wird die Auswahl des geeigneten Ortes erst am Ende der Debatte stehen. Klar ist, dass dies nur gemeinsam von allen Trägern des Zentrums entschie- den werden kann. Denkbar sind mehrere, ganz unter- schiedliche Varianten: Das Zentrum könnte an einem festen, für das zusammenwachsende Europa besonders symbolischen Ort errichtet werden. Möglich ist auch ein Netzwerk, das damit in vielen europäischen Ländern der Öffentlichkeit zugänglich ist. Millionenfaches Leid und Schicksal liegen hinter uns. Bauen wir mit diesem Dialogangebot, über ein europä- isches Zentrum gegen Vertreibung gemeinsam an unserer friedlichen, freiheitlichen und toleranten, solidarischen europäischen Zukunft. Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Als der Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Zentrum gegen Vertrei- bungen“ am 16. Mai 2002 in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde, hat die Debatte über diesen sowie über die beiden weiteren Anträge ein erfreuliches Maß an frak- tionsübergreifender Übereinstimmung gezeigt. Erfreulich war an diesem 16. Mai die von großer Sachlichkeit ge- prägte Debatte, die von der übereinstimmenden Erkennt- nis geprägt war, dass ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ verwirklicht werden soll. Nahezu alle Redner haben dabei erkennen lassen, dass sie eine Aufarbeitung der Vertrei- bungsgeschichte für geboten und ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ für unterstützenswert halten. Umso bedauerlicher ist es, wenn wir heute, nach den Beratungen in den zuständigen Ausschüssen, feststellen müssen, dass die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen offensichtlich nicht an einer Einigung in die- ser Sache und letztendlich auch nicht an einer erfolgrei- chen Errichtung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ interessiert zu sein scheinen. Dies kommt schon darin zum Ausdruck, dass der An- trag der Koalitionsfraktionen nicht mehr ist als die un- verbindliche Absichtserklärung, einen Dialog über die Errichtung eines europäischen Zentrums gegen Vertrei- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25237 (C) (D) (A) (B) bungen zu beginnen. Unklar bleibt dabei bis zum Schluss der Kreis der Handelnden. Ebenso bis zum Schluss fehlen auch über den Antrag hinausgehende konzeptionelle Überlegungen. Auch die Frage, wer denn eigentlich Träger des Projektes sein soll, wird von Rot-Grün bisher in keinster Weise beantwortet. Vielmehr scheinen gerade unsere östlichen Nachbarn von den Überlegungen der Koalitionsfraktionen über- rascht zu sein. Dies belegt auch die ausweichende Reak- tion, die Bundeskanzler Schröder im Rahmen seiner Regierungskonsultationen in Breslau bei seinem Amts- kollegen, dem polnischen Ministerpräsidenten Leszek Miller, in dieser Angelegenheit erfahren hat. Auch die Be- völkerung von Breslau steht einem „Zentrum gegen Ver- treibungen“ in ihrer Stadt alles andere als aufgeschlossen gegenüber. Dem Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen fehlt jegliche Substanz. Er dokumentiert das eigentliche Desin- teresse an einer Aufarbeitung der Vertreibungsgeschichte wie sie insgesamt bei Rot-Grün zu konstatieren ist. Am schwersten wiegt bei der Entscheidung, wie sie heute von der rot-grünen Koalitionsmehrheit in diesem Hause getroffen werden wird, aber nicht die Tatsache, dass wahrscheinlich ein Antrag die Mehrheit erhält, hin- ter dem weder eine konzeptionelle noch eine organisato- rische Vorstellung zur Verwirklichung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ steht. Viel gravierender ist, dass bei einer Ablehnung des Antrags von CDU und CSU der be- reits sehr weit gehenden Vorarbeit der überparteilichen Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ jegliche Aner- kennung für die bisher geleistete Arbeit versagt bleibt. Die auf ehrenamtlicher Basis wirkende gemeinnützige Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ wurde am 6. September 2000 errichtet. In den letzten knapp zwei Jahren wurde von der Stiftung mit viel Engagement ein Konzept zur Realisierung des „Zentrums gegen Vertrei- bungen“ ausgearbeitet. Es wurden zahlreiche Förderer aus dem öffentlichen Leben dafür gewonnen und ein wis- senschaftlicher Beirat gegründet, der über hochrangige und renommierte Fachexperten verfügt, sodass die für eine erfolgreiche Tätigkeit des Zentrums entscheidende wissenschaftliche Aufarbeitung gesichert ist. Der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ ist es ge- lungen, kompetente Persönlichkeiten aus Kultur, Wissen- schaft, Kirchen, Wirtschaft und Politik als Förderer zu fin- den, die mit ihrem Namen und ihrer Expertise dafür einstehen, die Ziele der Stiftung zur Errichtung eines Zen- trums gegen Vertreibungen zu verwirklichen. Beispielhaft genannt seien nur der Historiker Professor Dr. Arnulf Baring, der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Dr. Rolf-E. Breuer, die Bürgerrechtlerin Freya Klier, der Präsident der Berliner Akademie der Künste, György Konràd, sowie der Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker, Tillmann Zülch: Die Förderer unterstüt- zen die Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ mit Ideen und Anregungen und werben aktiv in der Öffent- lichkeit für eine Realisierung des Projektes „Zentrum ge- gen Vertreibungen“. An der Spitze der Stiftung „Zentrum gegen Vertrei- bungen“ stehen mit unserer Bundestagskollegin Erika Steinbach und dem Sozialdemokraten Professor Dr. Peter Glotz zwei herausragende Persönlichkeiten, die die Ziele der Stiftung glaubhaft vertreten, Überparteilichkeit garan- tieren und das Ziel, ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ als eine zentrale Informations-, Dokumentations-, Archiv- und Begegnungsstätte der Versöhnung, des Friedens und der Toleranz zwischen den Völkern zu schaffen, mit viel Engagement vorantreiben. Für den wissenschaftlichen Beirat konnten bis heute 14 hochrangige Wissenschaftler gewonnen werden, die die Stiftung mit ihren Erfahrungen im Bereich von Wis- senschaft und Forschung bei der Umsetzung ihrer Aufga- ben beraten und unterstützen. Dem wissenschaftlichen Beirat gehören unter anderem hochrangige Persönlich- keiten wie der Völkerrechtlicher Professor Dr. Dieter Blumenwitz, der Leiter des Instituts für Zeitgeschichte in München, Professor Dr. Horst Möller und der Leiter der Redaktion Zeitgeschichte des Zweiten Deutschen Fernse- hens, Professor Dr. Guido Knopp an. Sie alle sind Garan- ten für ein inhaltlich fundiertes Konzept zur Errichtung ei- nes „Zentrums gegen Vertreibungen“. Unermüdlich setzen sich der Stiftungsvorstand und die Förderer dafür ein, weitere Unterstützer für die wich- tige Aufgabe der Errichtung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ zu gewinnen. So konnten bis heute über 320 Städte und Gemeinden aus ganz Deutschland dafür gewonnen werden, das „Zentrum gegen Vertreibungen“ mit einem symbolischen Betrag pro Einwohner zu unter- stützen. Neben vielen kleinen Gemeinden zählen mittler- weile auch zahlreiche mittlere und größere Städte zum Kreis der Patengemeinden, darunter Städte wie Passau und Fürth, Rothenburg ob der Tauber und Hanau, Frank- furt am Main, Kassel und Osnabrück. Aber auch die Vertreibungsopfer selbst leisten bereits jetzt durch Spenden ihren Beitrag. Darüber hinaus tragen Benefizveranstaltungen und Sammlungen dazu bei, das Stiftungsvermögen aufzustocken. Durch diese Aktionen wurde bisher nicht nur ein ansehnlicher Betrag für die Realisierung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ auf- gebracht, vielmehr stellt die Einbringung der zahlreichen unterstützenden Gemeinden und der vielen Menschen die Idee des „Zentrum gegen Vertreibungen“ schon heute auf eine breite Basis in unserer Bevölkerung. Allerdings muss auch festgestellt werden, dass die Fi- nanzierung eines Gebäudes für das „Zentrum gegen Ver- treibungen“ und seine Unterhaltung allein aus Privatmit- teln nicht zu realisieren ist. Nur Bund und Länder sind in der Lage, eine wirtschaftlich tragfähige Grundlage dafür zu schaffen. Einige Bundesländer, darunter der Freistaat Bayern, Hessen und Baden-Württemberg, haben bereits signalisiert, ihren Beitrag zur Realisierung eines „Zen- trums gegen Vertreibungen“ leisten zu wollen. Bei so viel bürgerschaftlichem Engagement und ange- sichts der intensiven Vorarbeit, die von allen Beteiligten und Unterstützern in den letzten zwei Jahren geleistet wurde, kann und darf der Bund sich jetzt nicht der Ver- antwortung entziehen. Welch ein fatales Zeichen für bür- gerschaftliches und ehrenamtliches Engagement ist es, wenn Rot-Grün der Stiftungsinitiative nun die kalte Schulter zeigt und der Bund seinen überschaubaren Anteil an der Realisierung nicht leistet! Wir fordern daher in un- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225238 (C) (D) (A) (B) serem Antrag die Bundesregierung auf, an einem Konzept zur Finanzierung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ mitzuarbeiten. Deutschland hat aufgrund seiner historischen Erfah- rungen und des leidvollen Schicksals von mehr als 15 Millionen Vertreibungsopfern ein besonderes Verhält- nis zu den Ursachen wie den Folgen der Vertreibung. Da- raus ergibt sich eine besondere Verantwortung für die Aufarbeitung von Geschichte und Schicksal der davon betroffenen Menschen. Da ist es ein schwerer Mangel, dass es in Deutschland bis heute keinen Ort gibt, an dem die Gesamtthematik der Vertreibungen aufgearbeitet und dokumentiert wird und der als zentrale Informations- und Begegnungsstätte öffentlich zugänglich ist. Natürlich kann die Darstellung der Vertreibungsge- schichte in einem „Zentrum gegen Vertreibungen“ nicht die Vertreibung der Deutschen isoliert betrachten. Dies sieht die dem „Zentrum gegen Vertreibungen“ zugrunde liegende Konzeption auch gar nicht vor. In deren Expose findet sich gleich zu Beginn der Hinweis: Diese Stiftung will mahnen, Vertreibungen weltweit zu ächten und die Völkergemeinschaft sensibilisie- ren. Schon an dieser Stelle wird deutlich, dass der Vorwurf der rot-grünen Koalition, das in Zusammenarbeit mit der Stiftung zu errichtende „Zentrum gegen Vertreibungen“ würde allein Vertreibungsgeschichte auf nationaler Ebene reflektieren, völlig fehl geht. In der Ausgabe des „Rheinischen Merkurs“ vom 4. Juli 2002 schreibt der Stiftungsvorsitzende Professor Dr. Peter Glotz dazu unmissverständlich: Sinn macht ein solches Projekt nur mit europäischer Perspektive. Wer nur die deutschen Vertriebenen und die bei der Vertreibung umgebrachten Deutschen be- trauern wollte, bliebe politisch wirkungslos. Aller- dings kann man Vertreibung nicht thematisieren, ohne auch die Vertreibung der Deutschen zu thema- tisieren. Dies unterstreicht die europäische Perspektive, die im Konzept der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ fest verankert ist. Die der geplanten Dauerausstellung zugrunde liegende Konzeption reicht bis in das frühe 19. Jahrhundert zurück. Auch werden die Vertreibungen verschiedenster Völker vom Beginn bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts themati- siert. Im Konzeptentwurf heißt es dazu: In gemischt besiedelten Gebieten und bei kriegeri- schen Grenzverschiebungen wurden Vertreibungen nicht nur als geeignete Mittel angesehen, ein zukünf- tig friedliches Zusammenleben zu gewährleisten. Die Radikalisierung der Ideologien hatte im 20. Jahr- hundert zur Folge, dass in Europa Millionen von Menschen ihre Heimat verlassen mussten, weil sie die falsche Nationalität oder Volkszughörigkeit be- saßen, die sie nicht einfach bei Bedarf abstreifen oder ändern konnten. Die Konzeption der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibun- gen“ besitzt inhaltlich, aber auch im Kreis ihrer Unter- stützer und Förderer eine eindeutige europäische Orien- tierung. Angesichts von 15 Millionen heimatvertriebenen Deutschen ist es aber auch eine nationale Aufgabe, die Ursachen, Grundlagen und Folgen der Vertreibung in Deutschland aufzuarbeiten. Der Stiftungsvorsitzende Pro- fessor Dr. Peter Glotz hat dies sehr treffend auf den Punkt gebracht. Er findet es keineswegs abwegig, „dass Deutschland in dieser Frage einmal mit den Deutschen anfängt“. Deshalb ist die Errichtung eines „Zentrums ge- gen Vertreibungen“ natürlich auch eine nationale Auf- gabe, indem die Vertreibung der Deutschen – im europä- ischen Kontext, aber auch ihrer historischen Bedeutung angemessen – aufgearbeitet wird. Deshalb ist auch der Ort, an dem das Zentrum entsteht, entscheidend. Denn es muss ein Ort sein, der nicht ausweicht, sondern der im Zentrum steht, ein Ort, der dem breiten Unterstützerkreis, den die Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ bisher erfahren hat, gerecht wird, ein Ort, der die Menschen für einen Besuch dieses „Zentrums gegen Vertreibungen“ an- zieht. Und dieser Ort ist Berlin, die deutsche Hauptstadt. In seinem Beitrag im „Rheinischen Merkur“ betont der Stiftungsvorsitzende, Professor Dr. Peter Glotz, die Wich- tigkeit, dass Deutsche sich mit der Geschichte der Ver- treibung auseinander setzen und sich in Gegenwart und Zukunft gegen Vertreibungen wenden. In diesem Zusam- menhang stellt er zu Recht fest: Wenn man die Deutschen dazu bringen will, über Vertreibung zu kommunizieren und sich gegen Ver- treibungen zu wenden, muss man eine entsprechende Einrichtung schon in Deutschland machen. In diesem Zusammenhang erteilt der Sozialdemokrat Peter Glotz dem, von Markus Meckel (SPD) initiierten Antrag der rot-grünen Koalition, ein europäisches Zen- trum gegen Vertreibungen in Breslau zu errichten, eine klare Absage. Er schreibt dazu: Kein Deutscher sollte den Polen empfehlen, der Ver- treibung zu gedenken. Wenn die Polen selber auf die- sen Gedanken kämen – und zwar nicht nur zwei In- tellektuelle –, dann wäre es wunderbar. Mit allen, die gegen Vertreibung kämpfen, sollten wir kooperieren. Letztendlich belegt die bisherige Weigerung von Rot- Grün, unserem Antrag zur Errichtung eines „Zentrums ge- gen Vertreibungen“ zuzustimmen, nur eines. Der konzepti- onslose Antrag von SPD und Grünen kaschiert nur den Versuch, die deutschen Vertreibungsopfer und deren Orga- nisationen aus der Zusammenarbeit zur Gestaltung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ auszuschließen. Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordern wir hinge- gen die Bundesregierung, wie in unserem Antrag formu- liert, auf, ein geeignetes Gebäude in Berlin als öffentlich zugänglichen Ort der Forschung, Dokumentation und Ausstellung vorzuschlagen und bereitzustellen sowie die konzeptionellen Voraussetzungen, die zur Realisierung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ nötig sind, auch im Zusammenhang mit den bestehenden Gedenkstätten in Berlin, zu schaffen. Ich appelliere an die anderen Fraktionen des Bundes- tages, sich diesem wichtigen Projekt, welches inzwischen eine breite Unterstützung in unserem Land erfahren hat Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25239 (C) (D) (A) (B) und dem ein fundiertes inhaltliches Konzept zugrunde liegt, nicht zu versagen. Ich bitte Sie daher, Ihren Stand- punkt nochmals zu überdenken und unserem Antrag zu- zustimmen. Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vertreibungen sind das Ergebnis einer Wahnidee: der Idee vom ethnisch homogenen Nationalstaat. Vertreibungen hat es in mehr als zehn europäischen Staaten gegeben; Vertreibungsfantasien fast überall. Deshalb ist ein solches Zentrum, über das wir hier heute diskutieren, keine natio- nale, sondern eine eminent europäische Aufgabe. Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, als hätten gerade wir Deutschen noch aus der Vertreibungspolitik abgelei- tete Rechnungen gegenüber anderen Völkern offen. Die- ser Eindruck würde aber erweckt, wenn wir ein solches Zentrum mitten in Berlin bauen würden – in Form einer Mahn- und Gedenkstätte, als eine Art Parallelstätte zum Holocaust-Mahnmal. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, Sie sollten darüber nachdenken, ob der Dialog zukünftiger europäischer Generationen durch ein solches Zentrum und seine Konzeption erleichtert oder aber beträchtlich belastet wird. Ein tatsächlich europäisch ausgerichtetes Zentrum ge- gen Vertreibungen bietet dagegen die Chance, miteinan- der und nicht gegeneinander die Geschichte zu verstehen und Lehren aus ihr zu ziehen. Nur so kann eine gemein- same Zukunft mit gemeinsamen Werten und Regeln ent- stehen. Was wir brauchen, sind nicht einseitige mora- lische Schuldzuweisungen und Sündenböcke, sondern Austausch und Verständigung. Wir haben deshalb die eu- ropäische Zielrichtung unseres Antrags noch einmal ver- stärkt – etwa mit dem Satz, dass die europäischen Partner mit in die Trägerschaft eines solchen Zentrums einbezo- gen werden müssen. Damit ist klar und deutlich gesagt, dass dieses Zentrum gescheitert wäre, wenn es nur ein na- tionales Projekt wäre. Wenn es um die gemeinsame europäische Zukunft ge- hen soll, dann muss ein solches Zentrum gegen Vertrei- bungen aber auch viel mehr sein als eine bloße Erinne- rungs- und Gedenkstätte. Es muss ein Ort der Forschung und Dokumentation sein, an dem systematisch und ohne ideologische Vorurteile die unterschiedlichen Vertrei- bungsgeschichten Europas aufgearbeitet und in ihren his- torischen Zusammenhängen untersucht werden. Neben dieser europäischen und wissenschaftlichen Ausrichtung des Zentrums ist mir ein weiterer Punkt sehr wichtig: Dass wir die osteuropäischen Partnerländer nicht unter Druck setzen, sondern ihnen Zeit für eine offene und demokratische Debatte lassen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als solle die heutige Entscheidung des Deut- schen Bundestages andere Länder unter Zugzwang set- zen. Dies wäre ein verheerendes Signal. Ich weise deshalb auf den ersten Satz unseres Antrags hin, in welchem es heißt, dass „ein europäischer Dialog über die Errichtung eines europäischen Zentrums gegen Vertreibungen“ be- gonnen werden soll. Dies heißt auch, dass wir den Dialog innerhalb der anderen Länder ernst nehmen. Und ernst nehmen heißt hier: Zeit lassen, keinen Druck ausüben! Gerade viele ost- und mitteleuropäische Länder haben aufgrund der EU-Beitrittsverhandlungen derzeit andere Sorgen und Ängste – man denke nur an die Agrarpolitik. Jeden Anschein einer moralischen Erpressung nach dem Motto „Entweder ihr seid für ein Zentrum gegen Vertrei- bungen oder ihr seid keine wahren Europäer“ gilt es zu vermeiden! Alle Beratungen über dieses Zentrum müssen kooperativ, alle Entscheidungen im Konsens mit den eu- ropäischen Partner stattfinden. Und vor allen Dingen mit der notwendigen Ruhe und Besonnenheit. Dialog und Forschung, Verständigung und Wissen- schaft – wenn das Zentrum gegen Vertreibungen diese Aufgaben verantwortungsvoll wahrnimmt, ist es eine Chance für uns Europäer. Wie können nationalistische Exzesse zukünftig verhindert werden? Welche legalen Adressen gibt es für nationale Minderheiten? Um diese Fragen der Gegenwart angemessen beantworten zu kön- nen, müssen die Ursachen von Vertreibungen begriffen werden. Die entscheidende Ursache liegt vor allem in der Wahnidee des ethnisch sauberen Nationalstaats, der die europäische Einheit immer wieder zerstört hat. Die richtige politische Lehre aus der dunklen Vergan- genheit Europas lautet: weitere und konsequente Ver- rechtlichung der internationalen Beziehungen. Ich hoffe sehr, dass ein Zentrum gegen Vertreibungen von jenem Zuschnitt, wie ich ihn beschrieben habe, dieses wichtige politische Projekt unterstützen kann. Hans Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Bereits in unserer Plenardebatte am 16. Mai dieses Jahres anlässlich der Einbringung der Anträge hatte ich begründet, weshalb sich die FDP-Fraktion sehr nachdrücklich für die Errich- tung eines europäischen Zentrums gegen Vertreibungen ausspricht. Angesichts des ähnlich überschriebenen Antrages der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sind wir gefragt worden, ob nicht ein gemeinsames Votum zumin- dest dieser drei Fraktionen möglich sei. Gerade im Ein- blick auf den Diskussionsverlauf im federführenden Aus- schuss für Kultur und Medien sehe ich mich veranlasst, an dieser Stelle auf die wichtigsten Unterschiede zwischen dem Antrag der Koalitionsfraktionen einerseits und dem Antrag der FDP-Fraktion andererseits hinzuweisen. Wir Freien Demokraten sprechen uns ohne Vorbehalte und ohne Hintertürchen für die Errichtung eines solchen europäischen Zentrums gegen Vertreibungen aus, das sich als Dokumentations-, Forschungs- und Begegnungsstätte sowie als Mahnmal versteht. Die Koalitionsfraktionen hingegen – das hat die Aus- sprache im Ausschuss erwiesen – wollen im Grunde trotz der anders lautenden Überschrift ihres Antrags ein solches Zentrum – noch? – nicht, sondern zunächst nur einen „eu- ropäischen Dialog“ hierüber. Es gibt hier eine bemer- kenswerte Diskrepanz zwischen der Überschrift und dem Inhalt dieses Antrages – um das Wort Irreführung zu ver- meiden. Im Ausschuss wurde jedenfalls die fortbeste- hende Skepsis der rot-grünen Kolleginnen und Kollegen gegen die Grundidee eines solchen Zentrums deutlich. Es ist deshalb auch kein Zufall, dass der rot-grüne An- trag – im Gegensatz zu dem der FDP – keinerlei Angaben über die Finanzierung dieses Projekts enthält. Auch dies Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225240 (C) (D) (A) (B) deutet zumindest nicht auf einen starken Umsetzungswil- len bei den Koalitionsfraktionen hin. Selbst vor diesem Hintergrund ist mir unverständlich, weshalb SPD und Grüne ihren eigenen Antrag während der Ausschussberatungen dahin gehend abgeändert ha- ben, dass ein solches Zentrum nur noch „ein Ort histo- risch-wissenschaftlicher Aufarbeitung“, nicht mehr zu- gleich auch ein „Mahnmal“ sein soll. Sonst sind doch die Kollegen von Rot und Grün nicht so zurückhaltend, wenn es um die Errichtung neuer Mahnmale geht! Was mich – unabhängig von der konkreten Debatte um ein Zentrum gegen Vertreibungen betroffen macht – ist die von einigen sozialdemokratischen Kollegen unver- hohlen zum Ausdruck gebrachte Tendenz, Menschen- rechtsverletzungen zu relativieren, nach dem Motto: Ver- treibungen zulasten von Deutschen sind weniger schlimm als die zulasten anderer Völker, schließlich hat ja Hitler den Krieg begonnen. Nein, Kolleginnen und Kollegen, trotz der Kriegs- schuld bleiben Vertreibungen stets Unrecht. Selbst im Falle von verbrecherischen Regimen darf das Grundrecht auf Heimat nicht gestrichen werden. Wir dürfen doch nicht die furchtbaren Einzelschicksale von Millionen ver- triebener Deutschen, darunter vieler Frauen und Kinder, aufrechnen gegen die Verbrechen nationalsozialistischer Herrscher! Genauso wenig wie beispielsweise palästinen- sischen Bürgerinnen und Bürgern ihr Menschenrecht auf Heimat vorenthalten werden darf – trotz der Duldung oder gar Förderung verbrecherischer Selbstmordattentate sei- tens der Autonomiebehörde –, genauso wenig wie bei- spielsweise das Menschenrecht auf Heimat von bosni- schen Serben eingeschränkt werden darf – im Hinblick auf die Kriegsverbrechen von Milosevic –, genauso we- nig darf auch das Heimatrecht beispielsweise von Sude- tendeutschen beschnitten werden – unter Berufung auf Hitlers Annexionspolitik. Eine wichtige Lehre aus der Geschichte, nicht zuletzt aus unserer verhängnisvollen deutschen Vergangenheit, sollte sein, Menschenrechte absolut und vorbehaltlos zu schützen, also ohne Rücksicht auf die jeweiligen Herr- schaftsverhältnisse und das jeweilige Verhalten von Re- gierungen oder Herrschern. Diesen konsequenten Schutz von Menschenrechten in Europa, aber auch in anderen Teilen der Welt zu fördern und zum Durchbruch zu verhelfen wird eine der vor- nehmsten Aufgaben des europäischen Zentrums gegen Vertreibungen sein. Aus der Vergangenheit lernen und die Zukunft menschengerecht gestalten ist unsere gemein- same europäische Verantwortung. Wir Liberalen werden uns deshalb dafür einsetzen, dass ein europäisches Zen- trum gegen Vertreibungen möglichst bald seine völker- verbindende und zugleich identitätsstiftende Arbeit auf- nehmen kann. Dr. Heinrich Fink (PDS): Vertrieben zu werden aus seiner Heimat, seinem gesellschaftlichen, kulturellen, sprachlichen und landschaftlichen Umfeld gehört zum Unmenschlichsten, was Menschen angetan werden kann. Es sind Wunden, bei denen ein Leben oft nicht ausreicht, sie zu heilen. Deshalb denken wir zu Recht darüber nach, wie dieses Leid dokumentiert werden kann. Dies kann aber für mich nur in einer Weise geschehen, dass andere, insbesondere junge Menschen, damit die Möglichkeit er- halten, daraus zu lernen, um das Leid von Vertreibungen nie wieder geschehen zu lassen. Wenn wir hier über das Projekt eines Zentrums gegen Vertreibungen sprechen, dann versteht es sich von selbst, dass es keinesfalls darum gehen kann, vernarbte Wunden neu aufzureißen, und schon gar nicht darum, etwaigen, wie auch immer gearteten Revanche-Gedanken das Wort zu reden. Wenn also ein derartiges Zentrum Sinn machen soll als Beitrag zu Verständigung und Aussöhnung der Völker in Europa, so müssen die Ursachen für die insbe- sondere im vergangenen Jahrhundert erfolgten Vertrei- bungen klar benannt werden. Die Hauptursachen dafür sind Krieg und Faschismus – Krieg, der von deutschem Boden ausgegangen und bis nahezu in den letzten Winkel des Kontinents getragen wurde, und eine mörderische faschistische Ideologie, die Millionen Menschen das Leben kostete oder zu Flücht- lingen werden ließ. Darin und allein darin sehe ich den tieferen Grund für alle Vertreibungen, die es während und im Gefolge des Zweiten Weltkrieges gegeben hat. Ein Zentrum gegen Vertreibungen, das diesen Namen ver- dient und gleichzeitig den gesellschaftspolitischen Not- wendigkeiten gerecht wird, muss deshalb notwendiger- weise auch ein Mahnmal gegen Krieg und für Frieden sein. Deshalb darf ein Zentrum gegen Vertreibungen kein deutsches Zentrum sein, sondern muss mit zuerst Vertrie- benen, nämlich Juden, Sinti und Roma, Tschechen und Polen, konzipiert werden. Die Konzeption für ein solches Zentrum muss in einem Dialog von Historikern, Poli- tikern und Betroffenen erarbeitet werden und darf nicht durch Deutsche dominiert werden. Es ist geschichtsfäl- schend für eine Geschichtsaufarbeitung, nur deutsche Er- fahrungen in Sachen Vertreibung zum Maßstab zu neh- men. Meine Fraktion stimmt deshalb gegen den Antrag der CDU/CSU und den der FDP. Das Nachdenken über Vertreibung dürfen wir nicht den Vertriebenenverbänden überlassen, auch nicht die Festlegung des Ortes. In dem Regierungsantrag wird ein Dialog dazu eingefordert und an eine europäische Di- mension gedacht. Das ist neu in der Diskussion über Ver- treibungen. Im Antrag der Regierungsfraktionen vermisse ich al- lerdings klare Abgrenzungen gegenüber jeglichen Versu- chen, alte Rechnungen an unsere östlichen Nachbarvölker aufzumachen, wie es bisher durch die Vertriebenenver- bände geschehen ist. Wir stimmen aus den genannten Gründen auch nicht für diesen Antrag. Die meisten aus meiner Fraktion werden sich wie ich selbst auch deshalb der Stimme enthalten, weil sie einen Neubeginn in der Auseinandersetzung zu einem besonne- nen Diskurs über deutsche Geschichte sehen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25241 (C) (D) (A) (B) Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag: Reform der Medien- und Kommunikationsordnung für die Wissens- und Informationsgesellschaft verwirklichen (Tagesordnungspunkt 13) Monika Griefahn (SPD): Wir verstehen den vorlie- genden Antrag der Koalitionsfraktionen als Beitrag zum Einstieg in eine umfassende Reform der Medienordnung in Deutschland. Der Vervielfachung und die technische und inhaltliche Konvergenz der Medienangebote in den vergangenen Jahren und der ungeheuren Dynamik des Mediensystems steht ein unflexibles, in die Jahre gekommenes politisches und rechtliches Regulierungsdickicht gegenüber. Über 30 einzelne Einrichtungen, die formal nach Rundfunk (Länder) und Telediensten (Bund) getrennt sind, zeichnen für alles, was mit Rundfunk, Fernsehen, Internet, Telefon usw. zu tun hat, verantwortlich. Das ist zu viel. Die Zu- ständigkeiten sind unübersichtlich, sie überschneiden sich, sind kostenintensiv, zeitraubend – schlicht ineffektiv und technisch längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Das ist an sich noch keine neue Erkenntnis und wird, wenn ich es richtig sehe, von allen Fraktionen hier im Hause geteilt. Die Frage ist lediglich, ob und, wenn ja, welche rechtlichen und politischen Konsequenzen man aus dieser Erkenntnis zieht. SPD und Bündnis 90/Die Grünen bevorzugen eine Reform aus einem Guss. Den- noch halten wir der Bundesregierung zugute, dass es ihr gelungen ist, in langen und schwierigen Verhandlungen mit den Ländern eine Vereinheitlichung des Jugendme- dienschutzes in einer Kommission mit Vertretern von Bund und Ländern bewerkstelligt zu haben. Die Mischung aus öffentlicher Beaufsichtigung des Medienangebotes und Selbstkontrolle der Anbieter ist stimmig und entspricht den Anforderungen. Der zwischen Bund und Ländern gefundene Kompromiss kann aber nur der erste Schritt auf dem Wege zu einer umfassenden Re- form sein, dem weitere, mutige Schritte folgen müssen. Dieser Kompromiss war sozusagen der Testfall. Denn es wird auf Dauer nicht genügen, lediglich Zuständigkeiten mal auf der Bundes- mal auf Länderseite zu bündeln – ge- wissermaßen in einem Akt der gegenseitigen Abtretung. Eine Integration der Zuständigkeiten und der bestehenden Regulierungseinrichtungen muss das Ziel bleiben, Schritte auf dem Weg zu einem Medien- und Kommuni- kationsrat. Die Konvergenz der Medien schreitet voran, die Poli- tik versucht Schritt zu halten. Gelegentlich begegnet man dem Missverständnis, Rundfunk und Fernsehen seien Medienangebote von gestern, die sukzessive vom Internet und seinen zahlreichen aufgesetzten Diensten abgelöst und verdrängt würden. Das ist schlicht falsch. In der Me- diengesellschaft der Zukunft werden die Fernseh- und Rundfunkanbieter eine ähnlich große Bedeutung haben wie heute, auch wenn sich die Übertragungstechnik än- dert. Sie werden auch in Zukunft einen großen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung haben. Als verantwortungsbewusste Medienpolitiker haben wir darauf zu achten, dass die noch bestehende Balance zwischen den Medien als „Kulturgut“ und als „Wirt- schaftsgut“ erhalten bleibt. Der geltende Grundsatz, dass die Medien weder dem staatlichen noch dem Zugriff ge- sellschaftlicher Gruppen ausgeliefert werden dürfen, muss weiterhin Bestand haben. Die Pluralität der Meinungen ist das Lebenselixier der pluralistischen Gesellschaft. Für die Meinungsbildung und die Versorgung der Menschen mit qualitativ hoch- wertigen Informationen tragen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine besondere Verantwortung. Jeden Versuch, ARD und ZDF in ihren Möglichkeiten zu be- schneiden, lehnen wir strikt ab. Jeder, der den Kampf ge- gen ARD und ZDF proklamiert, proklamiert zugleich den Kulturkampf – und wird ihn verlieren. Niemand bestreitet, dass inzwischen auch die privaten Fernsehsender durchaus in der Lage sind, ein qualitativ hochwertiges Programmangebot zu unterbreiten. Das liegt im Übrigen an der Konkurrenz mit den öffentlich- rechtlichen. Die öffentliche Meinungsbildung aber gänz- lich den Marktkräften zu überlassen, schadet auf Dauer ei- nem demokratischen, dem Pluralismus verpflichteten Gemeinwesen. Denn dann zählt nur noch, was Masse macht (siehe USA und andere). Der Grundversorgungsauftrag von ARD und ZDF steht nicht zur Disposition. Um ihm gerecht werden zu können, müssen sich die öffentlich-rechtlichen Sender natürlich auch der neuen Techniken bedienen dürfen. Je mehr sich die Menschen des Internets und seiner Angebote zu ihrer eigenen Meinungsbildung und damit zur Teilhabe am ge- sellschaftlichen Leben bedienen, desto wichtiger wird der Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen An- stalten auch im Zeitalter der Neuen Medien. Spezifische Angebote, wie sie letzten Endes nur von öffentlich-rechtlichen Sendern gemacht werden können – etwa eines speziellen Informations- oder Kinderportals – sind unseres Erachtens unverzichtbar. Solche Angebote beeinträchtigen im Übrigen die Chancen privater Diens- teanbieter keineswegs. Wir halten die Anpassung des Grundversorgungsauftrages im Sinne eines Universalser- vice an die neuen Rahmenbedingungen für unverzichtbar. Wir hoffen, dass die Bundesregierung auch in der nächsten Legislaturperiode den begonnenen Weg der Me- dienreform fortsetzt. Der vorliegende Antrag der Koaliti- onsfraktionen bildet eine geeignete Grundlage. Jörg Tauss (SPD): In diesen Tagen und Wochen wird sehr viel über Kompetenzfragen und Verantwortlichkei- ten zwischen Bund und Ländern diskutiert. Die Ergeb- nisse des zweiten internationalen Leistungsvergleichs PISAder OECD hat in der Bildungspolitik nicht nur einen Schock ausgelöst, von dem wir alle hoffen, dass er sich am Ende als ein heilsamer erweisen wird. Nein, die Er- gebnisse haben zugleich in einer reflexhaften Reaktion eine Debatte um die Kompetenzordnung zwischen dem Bund und den Ländern, hier im Bildungsbereich, aus- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225242 (C) (D) (A) (B) gelöst. So richtig und wichtig eine solche Debatte für die Bildungspolitik auch ist: Für eine moderne Medien- und Kommunikationsordnung ist diese Frage eine grundle- gende. Die dynamische technologische Entwicklung, neue In- formations- und Kommunikationsdienste und die zuneh- mende Internationalisierung und auch Globalisierung der elektronischen Medien wie der Informations- und Kom- munikationsmöglichkeiten stellen neue Anforderungen an eine moderne Medienpolitik. Zu den Ursachen habe ich in meiner Rede zur ersten Lesung am 13. Juni 2002 unseres Antrages bereits Näheres ausgeführt. Daher möchte ich mich an dieser Stelle insbesondere auf den Ordnungsrahmen konzentrieren. Denn der beschriebene Wandel stellt insbesondere fö- deral geprägte Medien- und Kommunikationsordnungen vor die schwierige Herausforderung, den zwangsläufig zunehmenden Koordinierungsbedarf erfolgreich zu orga- nisieren und ihre fein justierte Kompetenzordnung immer wieder aufs Neue zu überprüfen und gegebenenfalls an neue Entwicklungen anzupassen. Doch anders als in der Bildungspolitik hat diese Erkenntnis in der Medienpolitik bereits Verbreitung gefunden, wozu auch die erfolgreiche Arbeit der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien“ in der letzten Legislaturperiode besonders beigetragen hat. Entgegen zahlreichen Vermutungen soll hier keiner materiellen Kompetenzneuverteilung das Wort geredet werden, von der wir alle wissen, dass etwa für eine Ver- fassungsänderung keine Mehrheiten in Sicht sind. Viel- mehr stehen aufgrund der neuen, durch die technische Entwicklung, die neuartigen Informations- und Kommu- nikationsdienste und die Globalisierung geprägten Rah- menbedingungen elektronischer Medien insgesamt die bisherigen medienpolitischen Gremien und Instrumente auf dem Prüfstein. Wenn unsere bisherigen Begriffe und Definitionen, an denen nicht nur höchst unterschiedliche Ordnungsrahmen und damit auch Regelungsintensitäten sowie Rechtsfol- gen geknüpft werden, nicht mehr ohne weiteres eindeutig verwendet werden können, entsteht zwangsläufig eine zu- nehmende Verunsicherung und Rechtsunsicherheit bei den Anbietern wie Nutzern der elektronischen Medien und der IuK-Dienste. Wenn unsere bisherigen sektoral zersplitterten Auf- sichtsstrukturen dazu führen, dass die Rechtsposition und auch die möglichen Rechtsfolgen für einen Anbieter mo- derner IuK-Dienste nicht mehr allein davon abhängt, ob er innerhalb des europäischen Binnenmarktes seinen Sitz hat, sondern auch davon, ob dieser in Nordrhein-West- falen oder in Bayern liegt, dann hat dies mit dem Ziel ei- nes einheitlichen Rechtsrahmens und mit mehr Rechtssi- cherheit nicht mehr viel gemein. Wenn schließlich wie im Falle des geplatzten Kabelnetzverkaufs an den amerika- nischen Investor Liberty Media oder der Kirch-Krise me- dienwirtschaftliche Umwälzungen die internationalen Konzentrationsprozesse beschleunigen und auch zu erd- bebenartigen Veränderungen unserer deutschen Medien- landschaft zu führen drohen, dann kann unsere politische Antwort nicht beim bisherigen chaotischen und vielstim- migen Chor von Bundes- und Landespolitikern, Landes- medienanstalten, Landes- und Bundesbehörden, auch dem Bundeskartellamt oder von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post bleiben. Die Medien- und Kommunikationspolitik in Deutsch- land braucht eine bessere, effizientere Koordinierungs- plattform, denn wenn eines sicher ist, dann dass die Re- formanforderungen in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden. Zu erinnern ist hier nicht nur an die be- vorstehenden Umsetzungen des so genannten Telekom- munikations-Richtlinienpakets der EU-Kommission oder an die bevorstehende Novellierung des Telekommunikati- onsgesetzes, sondern darüber hinaus ebenfalls an die Erar- beitung der Fernsehrichtlinie als echter Content-Richtlinie und an die sicherlich kommende Infrastrukturdebatte – Stichworte sind hier Satelliten, Kabelnetze oder auch Breitbandinitiativen. Diese bevorstehenden Entwicklun- gen werden den Druck auf unsere bestehende Medienord- nung noch weiter erhöhen. In Deutschland ist die Debatte zur Reform der Medien- ordnung durchaus weit gediehen. Die Bundesregierung hat im Sommer des vergangenen Jahres Bund-Länder-Ge- spräche zur Reform der Medienordnung aufgenommen. Vorgesehen ist, dass in einem sequenziellen Verfahren in drei Runden Bund und Länder eine neue Rahmenordnung für den Jugendmedienschutz, für den Datenschutz und für die Medienkonzentration erarbeiten. Für den Jugendschutz in den Medien konnte nach vo- rübergehender Blockade Bayerns im März 2002 eine Ei- nigung erzielt werden. Mit dem Jugendschutzgesetz hat der Bund seine Verpflichtungen bereits erfüllt. Unser An- trag begrüßt diese Entwicklung und hat auch viele Eck- punkte zu dieser Debatte beigetragen. Dennoch sind wir überzeugt, dass auch diese Ad-hoc- Reformen die strukturellen Defizite nur zu mildern, nicht zu lösen vermögen. Denn um den neuen Herausforderun- gen gewachsen zu sein und auch um die verfassungs- rechtlich garantierte Medienkompetenz der Länder zu si- chern, bedarf es nicht nur einer deutlichen Verschlankung der Aufsichtsstrukturen, sondern darüber hinaus auch ei- ner wesentlich verbesserten Koordinierung zwischen Bund und Ländern. Als ein solches Koordinierungsinstrument schlägt der vorliegende Antrag einen Medien- und Kommunikations- rat vor. Dieser ist ein Versuch, im Rahmen der gegebenen Kompetenzordnung – dies bitte ich als wichtige Prämisse zu verstehen – zu einer deutlichen Verbesserung der Ko- ordination öffentlichen Handelns von Bund und Ländern im Bereich der Telekommunikations- und Medienpolitik zu kommen. Er hat nicht zum Ziel, ein großes Gesamtkonzept zu entwerfen, mit dem alle bestehenden Probleme auf einmal zu lösen sind. Ebenso wenig soll dieser Rat eine Art neue Super-Medienbehörde darstellen, wie es verkürzt im ak- tuellen„Focus“-Magazin zu lesen ist. Unsere Vorstellung eines modernen Medien- und Kommunikationsrates ori- entiert sich vielmehr an dem Entwurf von Prof. Dieter Stammler. Er soll also bestehende Institutionen integrieren und in ihrem Handeln effizienter aufeinander abstimmen – und eben keinesfalls nur ergänzen. Ein solcher Medien- und Kommunikationsrat kann eine politische Plattform Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25243 (C) (D) (A) (B) sein, auf der die politischen Entscheidungen aufeinander abgestimmt und einheitliche, planungssichere und verläss- liche Verfahren für alle Beteiligten festgelegt werden kön- nen. Auch wenn der Weg zu einem echten One-Stop-Shop noch weit ist, so wäre dennoch ein singulärer Ansprech- partner für alle Medien- und Kommunikationsfragen be- reits ein wichtiger Fortschritt. Gerade dem Aspekt der Verlässlichkeit durch Verfahren, für die der Rat dann als institutioneller Garant fungiert, kommt eine besondere Bedeutung zu. Er hebt den Rat deutlich von einem Debattierclub ab. Dennoch soll der Medien- und Kommunikationsrat aber auch ein politisches Forum sein, in dem die Grund- züge einer modernen – auch europäischen – Medien- und Kommunikationsordnung kontinuierlich diskutiert und auch eine – aus unserer Sicht nach wie vor notwendige Kompetenzneuregelung innerhalb unseres föderalen Sys- tems politisch vorbereitet werden könnte. Diese Aufgabe eines Medien- und Kommunikationsra- tes als ständiger „Medien-Workshop“ ist kaum zu über- schätzen. Denn gerade aus Sicht der Bundesländer können auch die gegenwärtigen Neuregelungen ihre angemessene Beteiligung an der Gestaltung der Medien- und Kommu- nikationspolitik von morgen nicht sichern. Ebenso wenig kann der Bund ein echtes Interesse daran haben, dass die strukturellen Widrigkeiten der bestehenden zersplitterten Medienordnung sich weiterhin als Hindernis für die wei- tere Entwicklung der Informations- und Wissensgesell- schaft wie auch der Medienwirtschaft und auch beispiels- weise des elektronischen Geschäftsverkehrs auswirken. Beide Seiten, davon sind wir überzeugt, können in einem solchen Prozess nur gewinnen. Weiterhin bleibt natürlich gültig, was ich bereits zur ers- ten Lesung unseres Antrages gesagt habe: Unser Antrag und auch der Vorschlag eines Medien- und Kommunikati- onsrates sollen und werden kein Schlusspunkt zur Debatte der Reform der Medienordnung sein. Sie sind vielmehr ein Beitrag zu einer Diskussion, deren Höhepunkt uns sicher- lich noch bevorsteht. Aber diese Debatte lohnt sich, denn die besondere gesellschaftliche Bedeutung der Medien und der neuen IuK-Dienste verpflichtet uns, nachhaltig nach der bestmöglichen Lösung zu suchen. Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Die Medien- landschaft befindet sich in einem großen Veränderungs- prozess. Prognosen zu der Frage, wohin die Reise geht, sind außerordentlich schwierig. Bislang haben sich auch die Experten oft verrechnet, was die Marktentwicklung im Multimediabereich angeht. Ich nenne nur den Misser- folg von WAP– oder andersherum: den unglaublichen und unvorhergesehenen Erfolg von SMS. Wir lernen daraus, dass Marktentwicklung im Multimediasektor offenbar stark nach dem Prinzip von „trial and error“ funktioniert. Oder andersherum formuliert: Die Multimediabranche in Deutschland und anderswo wird nur dann vorankommen, wenn sie möglichst schnell verschiedene Produkte, An- wendungen und Geschäftsmodelle testen kann. Wie wird die Entwicklung sein? Die Entwicklung der Technik ermöglicht das Zusammenwachsen medialer Nutzungsfelder, die wir bis vor kurzem noch als völlig ge- trennte Sektoren angesehen haben. Telefonie, Fernsehen, Internet und andere Formen der Datenübertragung wach- sen im Zeichen der Digitalisierung zusammen, sowohl im stationären wie im mobilen Bereich. Die Chance, die in der Eröffnung einer Vielzahl multimedialer drahtgebun- dener (DSL, digitalisiertes TV-Kabel mit mindestens 512 MHz Brandbreite und Rückkanal, Stromnetz) und drahtloser Übertragungswege (GPRS, UMTS, WLAN, perspektivisch auch satellitengestützte Datenübertra- gung) liegt, darf nicht durch falsche Politik in Deutsch- land blockiert werden. Neue Formen des Kundenkontakts entstehen, völlig neue Dienstleistungs- und Geschäftsmodelle mit vielen zukunftsfähigen Arbeitsplätzen. Aber damit sie entstehen, brauchen sie bestimmte Rahmenbedingungen. Das sind offene Netze und offene Standards, die Wettbewerb er- möglichen. Aber das sind vor allem auch klare rechtliche Rahmenbedingungen. Klare rechtliche Rahmenbedin- gungen sind insbesondere im Bereich der Zukunftstech- nologien die Voraussetzung dafür, dass Neues entsteht: neue Inhalte, neue Geschäftsmodelle und neuer Wettbe- werb um die besten Lösungen. Der vorliegende Antrag von SPD und Grünen ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass es die digitale Spal- tung auch innerhalb der Regierungsfraktionen gibt. Ne- ben digitalen Allgemeinplätzen finden wir darin auch Ata- vismen aus der Zeit des Radios oder der Tageszeitungen. Der von Ihnen vorgeschlagene Medien- und Kommu- nikationsrat macht ratlos. Hier soll eine weitere angeblich handlungsfähige Institution aus 17 Teilnehmern mit wi- derstreitenden Interessen geschaffen werden, eine Super- behörde der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Län- der im Zeitalter der Globalisierung. Bedenken sind angebracht. Praktische Bedenken führen zu der Frage, was diese Behörde eigentlich leisten kann und soll. Jugendschutz ist richtig und wichtig. Fraglich ist aber, ob solch eine Behörde einen effektiven Jugendschutz überhaupt durchsetzen kann. Das Web ist weltweit; eine indizierte Seite ist inner- halb von Minuten mit einer anderen URL im Netz. Benut- zerautonomie ist hier der Schlüssel zu einem zwar nicht perfekten, aber immerhin effektiveren Jugendschutz als dem von einer handlungsunfähigen Behörde ausgeübten. Außerdem sollte man abwarten, was der im Entstehen begriffene Jugendmedienschutzstaatsvertrag zwischen den Ländern und dem Bund bringt. Die Beteiligten soll- ten die Chancen nutzen, die in ihm liegen. Sie müssen eine Balance finden zwischen der Möglichkeit, angestrebte Ziele auch im Zeitalter des WWW zu erreichen und der Verpflichtung, föderale Eigenständigkeit auch in einer globalen Welt zu erhalten. Auch verfassungsrechtliche Einwände bestehen gegen die angedachte Superbehörde. Das Grundgesetz hat vor dem Hintergrund der Geschichte die Kompetenzen zwi- schen Bund und Ländern aufgeteilt. Kompetenzen sind dabei nicht nur Handlungsmöglichkeiten, sondern auch Verantwortlichkeiten. Jeder ist für die Angelegenheiten, für die ihm das Grundgesetz auch Kompetenzen zuge- wiesen hat, selbst verantwortlich. In einer gemischten Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225244 (C) (D) (A) (B) Behörde bleibt unklar, wer nun eigentlich für was zustän- dig und damit verantwortlich ist. Der Einheitsbrei der Ver- antwortungslosigkeit droht, sich über die Bundesrepublik zu ergießen. In einer Gesellschaft wie der Bundesrepublik Deutsch- land ist Transparenz die wichtigste Voraussetzung für Akzeptanz: Transparenz hinsichtlich des Entscheidungs- findungsprozesses, aber auch hinsichtlich der Verantwort- lichkeiten. Dem wird der Vorschlag der Regierungskoali- tion nicht gerecht. Ähnlich unzeitgemäß sind die Überlegungen, durch eine Ausweitung der Aktivitäten der öffentlich-rechtli- chen Rundfunkanstalten im Internet zur Herstellung einer angeblich fehlenden Grundversorgung ein öffentlich- rechtliches Internet zu schaffen. Die zentrale Frage ist, ob dies noch mit dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vereinbar ist, eine angemessene Grund- versorgung zu gewährleisten. Dieser Gedanke liegt bei den kapitalintensiven Fern- sehsendern nahe: Meinungsfreiheit und Pluralismus kön- nen nicht darin bestehen, kapitalstarken Unternehmen zu einem Oligopol zu verhelfen. Mit Einschränkungen gilt dies auch für das Radio und seine Sender. Geradezu absurd ist es aber, diese Überlegungen auf das Internet auszudehnen: Noch niemals in der Ge- schichte der Menschheit bot ein Medium so viele Gele- genheiten, ohne großen Kapitaleinsatz die eigene Mei- nung zu verbreiten. Jeder, der dies möchte, kann sich eine Website einrichten und seine Ansichten kundtun. Das ist ein Pluralismus, der bei anderen Medien – von Flugblät- tern vielleicht abgesehen – niemals erreicht werden kann und daher sicher auch keiner öffentlich-rechtlichen Insti- tutionalisierung bedarf. Setzt man die diesem Vorschlag innewohnende Mentalität voraus, bräuchte dieses Land nichts so dringend wie öffentlich-rechtliche Flugblätter und öffentlich-rechtliche Zeitungen – eine absurde Vor- stellung. Ähnlich verhält es sich mit der in regelmäßigen Abstän- den auftauchenden Idee der Vorratsspeicherung. Zuletzt hat sie uns in einem Antrag des Landes Niedersachsen im Bun- desrat beglückt. Vorgeblich sollte die Strafverfolgung von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern verbessert wer- den. Gegen solch ein Ziel kann kein billig und gerecht denkender Mensch viel einwenden. Gleichzeitig – und hier beginnt der Etikettenschwindel – soll die Bundesre- gierung aber die Möglichkeit haben, durch Verordnung Mindestspeicherfristen für Telekommunikationsdaten festzulegen. Niemand weiß genau, ob damit nun die bloßen Verbindungsdaten oder aber sogar die Nutzungs- daten, also jeder Klick im Internet gemeint sind. Offensichtlich sollen Richter auch eine rückwirkende Telefon- und Internetüberwachung anordnen dürfen. Man führe sich bitte vor Augen, dass ein Rechtsstaat hier durch die Rückwirkung, das heißt durch den Zugriff auf Daten, die vor dem Verdacht gegen den Bürger entstanden sind, massiv in die Privatsphäre seiner Bürger eingreift. Die Initiatoren sind eingeladen, die Ausführungen des Bun- desverfassungsgerichts über die informationelle Selbstbe- stimmung zu lesen. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Gedanke zu ei- nem wirtschaftlichen Boom bei den Herstellern von Spei- chermedien führt. Die verpflichteten Telekommunikati- onsunternehmen, die natürlich auch die Kosten für diese Speichergut zu tragen haben, werden die anfallenden Be- träge auf die Kunden umlegen müssen, um überhaupt wirt- schaftlich überleben zu können. So würde die Schlüssel- technologie Informationstechnik in Deutschland sinnlos verteuert. Bei deren Bedeutung im beginnenden 21. Jahr- hundert führte dies dazu, dass innovative Unternehmen das Land verlassen, Deutschland im global-digitalen Wettbewerb weiter zurückfiele und dies für nichts und wieder nichts. Es ist nämlich mehr als zweifelhaft, ob die Menge der gesammelten Daten von den Strafverfolgungsbehörden oder gegebenenfalls auch den Diensten sinnvoll genutzt werden könnte, das heißt zielgerichtet zu einer effektiven Bekämpfung führen würde. Die Bundesregierung ist die Antwort auf diese Frage schon bei der herkömmlichen Te- lefonüberwachung schuldig geblieben: Wir warten seit mehr als einem Jahr auf einen entsprechenden Bericht des Bundesministeriums der Justiz – allerdings vergeblich. Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der „Focus“ hat es in seiner aktuellen Ausgabe recht drastisch formuliert: „Rot-Grün plant angeblich Super-Medien- behörde“ heißt es dort. Sie sehen also: Unser gemeinsamer Fraktionsantrag zur Reform der Medien und Kommuni- kationsordnung hat bereits für vielfältige Diskussionspro- zesse gesorgt, aber die richtigen Botschaften gilt es erst noch zu vermitteln. Denn wir planen überhaupt keine „Su- per-Medienbehörde“. Uns geht es vielmehr darum, einen Medien- und Kommunikationsrat zu schaffen, der die be- stehenden Institutionen integrieren, aber nicht etwa erset- zen sollte. Unsere Konzeptionen eines derartigen Medien- und Kommunikationsrates gehen von folgenden Aufgaben aus: die Koordinierung politischer Planungs- und Gesetz- gebungsprozesse; die Abstimmung und Harmonisierung von administrativen Verfahrensabläufen und Entschei- dungen und – nicht zuletzt – die Schaffung einer Plattform für einen übergreifenden gesellschaftlichen Diskurs und für die wissenschaftliche Politikberatung. Der eigentliche Medien- und Kommunikationsrat sollte unserer Auffas- sung nach daher drei Ebenen umfassen: die politische Ebene, die administrative Ebene und die Ebene der ge- sellschaftlichen und wissenschaftlichen Beratung. Der Antrag geht jedoch weit über das Thema Medien- und Kommunikationsrat hinaus: Neben konkreten Vor- schlägen zur Reform der Medienordnung betrachten wir vor allem vier Ebenen näher: die Entwicklung der Me- dientechnik, die technische Konvergenz der Medien, die zunehmende Globalisierung und vor allem auch die Kom- merzialisierung der Medien. Die fortschreitende Ent- wicklung der Technik darf nicht dazu führen, dass immer größere Kreise der Bevölkerung von der Nutzung der neuen Medien ausgeschlossen werden. „Internet für alle“ darf kein reines Schlagwort sein, sondern muss sich in konkreten Maßnahmen zur Förderung von Medienkom- petenz niederschlagen. Insbesondere mit der Gründung der „Stiftung Digitale Chancen“ hat die Bundesregierung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25245 (C) (D) (A) (B) hier frühzeitig reagiert und Angebote auch für Randgrup- pen und Minderheiten geschaffen, um diese ans Netz „an- zuschließen“. Die zunehmende Konvergenz der Medien wird neue Fragen aufwerfen, deren Bedeutung heute noch nicht richtig zu gewichten ist: Dürfen Netzbetreiber und Pro- grammlieferant ein und dieselbe Person sein? Muss der Bürger über ein Grundrecht auf einen breitbandigen Netz- zugang verfügen? Dürfen analoge Übertragungswege zu- gunsten digitaler komplett aufgegeben werden? Die Globalisierung der Medienlandschaft wird auf alle Fälle dazu führen, dass wir die nationale „Rund- funkbrille“ abstreifen müssen. Wir dürfen keine Scheu vor ausländischen Investoren haben. Unsere Medien- landschaft ist schon längst keine nationale Industrie mehr, sondern muss sich Europa und der Welt noch viel mehr öffnen. Das heißt nicht, dass ein Berlusconi mor- gen hier mitregiert oder ein Murdoch plötzlich unsere Rundfunklandschaft kontrolliert. Nein, Beteiligungs- grenzen sind sinnvoll und müssen bestehen bleiben, aber ein Kirch muss nicht Kirch bleiben, nur weil er Deut- scher ist. Wir freuen uns vielmehr darüber, wenn neue Investoren Bewegung in einen momentan viel zu starren Markt bringen. Die totale Kommerzialisierung des Mediensystems gilt es unbedingt zu verhindern. Gerade im Internet haben wir es hier mit einer fortschreitenden Orientierung hin zu Be- zahlangeboten zu tun. Dies darf nicht dazu führen, dass wir in Zukunft für je- den Klick bezahlen müssen. Klick muss es hier vielmehr auch bei Staat und Verwaltung machen: Wissensportale und E-Government-Dienste sind ein zentraler Baustein unserer Informationsgesellschaft, Ausdrücklich begrüße ich hier die Aktivitäten der Bundesregierung im Zusam- menhang mit dem Bund-Online-Programm und dem da- raus kürzlich entstandenen Signaturbündnis, das hoffent- lich zu einem Durchbruch von Internetdienstleistungen führen wird. Eine gerechte Medienordnung wird es nur geben, wenn Bund und Länder an einem Strang ziehen. Eine vielfältige Medienlandschaft ist wichtiger als eine kurzfristige Stand- ortsicherung. Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Es sind ge- rade einmal drei Wochen vergangen, seit wir uns im Ple- num mit dem vorliegenden Antrag beschäftigt haben – da- mals wie heute leider nicht gerade zur „prime-time“ mit zu Protokoll gegebenen Reden. Selbst in der äußerst dy- namischen Medien- und Kommunikationsszene haben sich seitdem nicht so einschneidende Veränderungen er- geben, dass heute eine neue Bewertung – oder neue Aus- führungen hierüber – erforderlich wären. Ich möchte mich an dieser Stelle deshalb darauf kon- zentrieren, mich mit einigen der von den Kolleginnen und Kollegen am 13. Juni zu Protokoll gegebenen Argumen- ten auseinander zu setzen. Dabei befällt mich der leise Verdacht, dass ich (nahezu) der einzige Leser der licht- vollen Ausführungen meiner Kollegen bin – und auch meine heutigen Ausführungen ein ähnliches Schicksal er- leiden werden. Im schlimmsten Fall führe ich also ein Selbstgespräch – auch dies kann im Interesse eines stän- digen Hinterfragens – auch der eigenen Positionen – sinn- voll sein. Sowohl der Kollege Tauss als auch Staatsminister Nida-Rümelin sprechen – besser: schreiben – in ihren Beiträgen das so genannte „Konzept der regulierten Selbstregulierung“ an. Dieser Begriff scheint in der aktu- ellen Debatte zu einem Zauberwort oder aber zu einem Schreckensbegriff geworden zu sein, je nach Betrach- tungsweise. Alle stimmen insoweit überein, dass der Staat bzw. staatliche Kontrollinstanzen schon aus Kapazitätsgründen und -kosten gar nicht mehr in der Lage sind, flächen- deckend, also global, alle Anbieter und Inhalte ständig zu überwachen. Also – befürchte ich – waren es eher nüch- terne Zweckmäßigkeitserwägungen als ordnungspoliti- sche Überzeugungen, die dem Trend zur Selbstregulie- rung Vorschub geleistet haben. Anlass zur Kontroverse gibt offensichtlich die Rolle, die der Staat bei diesem Konzept der „regulierten Selbst- regulierung“ übernehmen soll. Der Kollege Tauss befür- wortet immerhin, dass die staatliche Regulierung gegen- über der Selbstregulierung „subsidiär“ sei. Das liest sich bei Nida-Rümelin schon ganz anders, indem er die Selbst- kontrolle in den staatlich sanktionierten Regulierungsrah- men „einbinden“ will: Was ist hierunter konkret zu ver- stehen? Insbesondere die geplante Kommission für Jugend- medienschutz (KJM) vergrößert die Fragezeichen. Im Bereich des novellierten Jugendschutzes wird deutlich, dass sich die Pläne von Rot-Grün in Richtung staatlich bevormundete Selbstkontrolle gehen. Da wird, um Kos- ten zu sparen, einfach genau und detailliert vorgeschrie- ben, wie sich die Wirtschaft zu kontrollieren hat. Selbst- kontrolle kann man das nicht mehr nennen – eher Abwälzung der Kosten rot-grüner Zielsetzungen auf die Wirtschaft. Für meine Befürchtung, dass unter „regulierter Selbstre- gulierung“ in Wahrheit nur private – und im Übrigen sehr kostenträchtige – Hilfsdienste für staatliche Regulierer ge- meint sind, spricht im Übrigen folgende Formulierung im Antragstext: „Der Staat und seine Aufsichtsinstanzen soll- ten aber grundsätzlich eine Auffangverantwortung behal- ten und gegebenenfalls eingreifen können.“ Ich warne Neugierige: Die Provider sind erst jüngst durch die TKOV mit Milliardenkosten für die Wahrneh- mung staatlicher Aufgaben belastet worden. Noch einmal werden sich die privaten Anbieter nicht auf eigene Kosten als bloße Hilfssheriffs des Staates missbrauchen lassen. Die staatlichen Regulierer mögen Rahmenbedingungen und Standards setzen, sich aber aus Einzelentscheidungen strikt heraushalten. In Extremfällen haben ohnehin die Gerichte zu entscheiden. Ein weiterer Punkt meines Selbstgespräches ist die Frage, ob der von Rot-Grün vorgeschlagene einheitliche „Medien- und Kommunikationsrat“ alle bisherigen Über- wachungsgremien, also auch die Rundfunkräte von ARD und ZDF ersetzen soll. Der Wortlaut des Antrages ließe Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225246 (C) (D) (A) (B) dies zu. Aus aktuellen Diskussionsrunden mit sozialde- mokratischen Kollegen weiß ich aber, dass Sie hieran überhaupt nicht denken, vielmehr ARD und ZDF weiter- hin das Privileg einer anstaltsinternen Kontrolle genießen sollen, also nur die Privaten einer Fremdkontrolle durch einen Medien- und Kommunikationsrat unterworfen sein sollen. Diese Wettbewerbsverzerrungen zulasten der Pri- vaten halte ich für höchst fragwürdig. Damit komme ich zum Hauptpunkt meiner Kritik am Antrag von SPD und Grünen, der Forderung nach einer Ausdehnung des öffentlich-rechtlichen Grundversorgungs- auftrages nunmehr auch noch ins Internet. Kein demokra- tisches Land dieser Erde hat einen so teuren und aufwen- digen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie Deutschland. Kein anderes demokratisches Land dieser Erde kennt ei- nen Grundversorgungsantrag der Öffentlich-Rechtlichen im Internet. Das Internet ist keine Spielwiese deutscher Regulie- rungs- und Bevormundungslust. Mit den gleichen Argu- menten, die Rot-Grün für die angebliche Notwendigkeit öffentlich-rechtlicher Internetportale (und auch öffentlich- rechtlicher Content-Provider?) ins Felde führen, ließe sich mühelos auch die Notwendigkeit öffentlich-rechtli- cher Buch- und Zeitungsverlage begründen. Wo soll dies noch alles hinführen? Allein für den Rundfunkbereich kos- tet die öffentlich-rechtliche Grundversorgung schlappe 6,6 Milliarden Euro pro Jahr. Niemand möge sich darüber täuschen, dass zusätzliche Internetaktivitäten von ARD und ZDF zwangsläufig weitere Gebührenerhöhungen nach sich ziehen würden – und auch den Zusammenbruch von noch mehr privaten Internetanbietern. Im selben Zeitpunkt, wo wir uns in Deutschland über weitere Privilegien für die öffentlich-rechtlichen Anstal- ten streiten, geht das Vereinigte Königreich genau den ge- genteiligen Weg. Dort hat die Labour-Regierung einen Gesetzentwurf ins Unterhaus eingebracht, wonach sich die Regulierung nicht nur für den Bereich des Internet, sondern gleichermaßen auch für den des Rundfunks auf die Prüfung zu beschränken habe, ob die jeweiligen Ver- anstalter ihre eigenen Vorgaben gegenüber den Verbrau- chern eingehalten haben. Gelegentlich ist es sinnvoll, auf sozialdemokratische Vorbilder aus anderen Länder zu verweisen. Die FDP- Fraktion steht jedenfalls der Regierung Blair bei der Frage der Regulierungsnotwendigkeit für Rundfunk und Inter- net sehr viel näher als die deutschen Sozialdemokraten. Dies sollte Ihnen zu denken geben! Ich freue mich auf eine zielführende Debatte im nächs- ten Bundestag. Angela Marquardt (PDS):Angesichts der zunehmen- den Konvergenz der Medien wird eine neue Medienord- nung unerlässlich. Ich glaube, darüber sind wir uns hier im Hause einig. Eine neue Medienordnung ist etwas an- deres als die Abschaffung der Medienordnung. Ich finde es gut, dass die Regierungskoalition hier ein Zeichen ge- setzt hat, dass es eben nicht einfach um Deregulierung geht, dass es nicht darum geht, die Medien dem freien Markt und dem Kartellrecht zu überlassen. Wir dürfen in dieser Frage nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, wie es in dem umstrittenen Gutachten „Of- fene Medienordnung“ gemacht wurde. Wer derart radikal deregulieren will, der stellt letztlich auch die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks infrage. Medien sind aber nicht nur eine Ware, ein Produkt, eine Dienstleistung, sondern sie sind ein Mittel der Demokratie, ein Teil unse- rer Kultur und eine unerlässliche Quelle für jene Infor- mationen, die Bürgerinnen und Bürger brauchen, um sich an dieser Demokratie beteiligen zu können. Eine neue Medienordnung muss vor allem auch die Aufsichtsstrukturen entflechten. Dabei muss ein Ord- nungsrahmen gefunden werden, der flexibel genug ist, die weitere – und noch nicht absehbare – technologische Entwicklung zu berücksichtigen. Ihr Antrag behält den Überblick und verzichtet auf überstürzte, voreilige Schlüsse. Das ist gut so. Ihren zwölf Forderungen können wir ausnahmslos zustimmen. Und ich möchte ausdrück- lich betonen, dass ich sehr erfreut bin, welchen hohen Stellenwert Sie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch weiterhin einräumen. Im Begründungsteil Ihres Antrages finden sich jedoch einige Widersprüche, die ich kurz ansprechen will. So wird zum Beispiel sehr richtig festgestellt, dass die Aus- wertung von Datenspuren im Internet das informationelle Selbstbestimmungsrecht gefährdet. Das ist korrekt. Aber die letzte Initiative zur Vorratsspeicherung der Verbin- dungsdaten kam aus dem SPD-regierten Niedersachsen. Und die Cybercrime-Konvention wurde von dieser Bun- desregierung unterzeichnet. Hier wie auch in anderen Punkten des Antrages klaffen ihre Worte und Ihre Taten doch sehr weit auseinander. Ich finde es gut, dass sich SPD und Grüne inzwischen eindeutig von einer automatischen Internetfilterung dis- tanzieren. Auf der anderen Seite wird jedoch so getan, als ob „teilnehmerautonome“ Filter eine gute Alternative, frei von Zensurmöglichkeiten, seien. Dabei wird übersehen, dass es solche rein teilnehmerautonomen Filter bisher gar nicht gibt. Auch das gängigste Modell; das ICRA-System, arbeitet mit der Sperrung ganzer Seiten, die nach Nega- tivlisten ausgewählt werden. Niemand hat Einblick in diese Listen. Ich bitte Sie also, in dieser Frage sehr sensi- bel zu sein. Wir dürfen der Zensur kein noch so kleines Türchen öffnen. Noch eine Anmerkung zur Frage der Gebührenord- nung. Auch ich denke, dass eine pauschale Lösung, also eine einzige Mediengebühr pro Haushalt, sinnvoll ist. Wichtig wird jedoch sein, dass erstens diese Gebühren auch eine Internet-Flatrate beinhalten und dass zweitens die Höhe der Gebühren sozial gerecht bleibt. Denn auf keinen Fall dürfen Menschen aufgrund ihrer sozialen Lage von der Nutzung elektronischer Medien ausgeschlos- sen sein. Eine neue Medienordnung muss sehr genau geprüft werden, damit sie zukunftsfähig ist. Sie muss einerseits flexibel sein und darf andererseits keine Lücken lassen. Schnellschüsse helfen uns nicht weiter. Die Einrichtung einer Expertenkommission scheint mir unerlässlich zu sein. Aber wir sollten auch den Dialog mit gesellschaft- lichen Gruppen verstärken; denn das Thema geht alle an. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25247 (C) (D) (A) (B) Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Rechtsanspruch auf Beratung im Mutterpass zusätzlich festschreiben – Vermeidung von Spätabtreibungen – Hilfen für Eltern und Kinder (Tagesordnungspunkt 14) Christel Riemann-Hanewinckel (SPD): Die uns vorliegenden Anträge und die der Beschlussempfehlung vorangegangenen Debatten haben deutlich gemacht, dass wir – unabhängig von Partei- bzw. Fraktionszugehörig- keit – hinsichtlich des Ziels übereinstimmen: Wir alle wollen die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche auf- grund einer tatsächlichen oder befürchteten Behinderung des Kindes und hier insbesondere die Anzahl der Spätab- treibungen reduzieren. Meinungsverschiedenheiten bestehen bezüglich der Frage, wie dieses Ziel zu realisieren ist. Die Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU verweisen in diesem Zu- sammenhang immer wieder gerne auf die aus den Grund- rechten resultierende Verpflichtung des Gesetzgebers, menschliches Leben, auch das ungeborene, zu schützen. Sie kritisieren, die derzeit geltenden Regelungen würden den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht. Un- ermüdlich wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1993 und die dem Gesetzgeber auferlegte Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht zitiert. Sie zitieren sehr selektiv. Wie Sie sehr wohl wissen, will das höchste Gericht bei der Frage nach der Reich- weite der staatlichen Schutzpflicht in Hinblick auf das werdende Leben kollidierende Rechtsgüter wie Leben, körperliche Unversehrtheit und Persönlichkeitsrecht der Frau berücksichtigt wissen. Zudem macht das Urteil keine konkreten Vorgaben, in welcher Form der Gesetz- geber den verfassungsrechtlichen Auftrag zu verwirkli- chen hat. Es spricht vielmehr von „ausreichenden Maß- nahmen normativer und tatsächlicher Art“ und fordert „ein Schutzkonzept, das Elemente des präventiven wie des repressiven Schutzes miteinander verbindet“. Hier – im präventiven Bereich – liegt doch das Pro- blem – bzw. besser: die Lösung des Problems. Mütter oder Paare, die irgendwann im Verlaufe der Schwanger- schaft mit der Diagnose „Behinderung“ konfrontiert werden, fühlen sich regelmäßig vollkommen hilflos und der Situation nicht gewachsen. Die mit dem Zusammen- leben mit einem nicht behinderten Kind verbundenen Belastungen und Probleme hat jeder im Familien- und Freundeskreis mehr oder minder intensiv erlebt, sodass er oder sie über ein gewisses Maß an Erfahrung verfügt. Das Zusammenleben mit einem behinderten Kind ist für die Mehrzahl der werdenden Mütter nicht vorstellbar. Hier ist Hilfe in Form von Information und Beratung ge- fragt. Eltern werden sich am ehesten dann für das Zusam- menleben mit einem behinderten Kind entscheiden, wenn ihren Ängsten und Sorgen zum Beispiel in einem Bera- tungsgespräch Raum gegeben wird. Wenn sie wissen, mit welchen Schwierigkeiten sie konfrontiert werden und mit welchen Hilfen, mit welcher Art von Unterstützung sie rechnen können. Erst danach ist eine eigene und verant- wortliche Entscheidungsfindung möglich. Sie ist dann nicht nur medizinisch-diagnostisch geprägt, sondern un- ter Berücksichtigung von ethischen, religiösen, persön- lichen, familiären und sozialen Aspekten getroffen. Natürlich teile ich Ihre Bestürzung über die derzeit jährlich knapp 2 000 Schwangerschaftsabbrüche zwi- schen der 13. und der 23. Woche. Selbstverständlich bin ich erschüttert bei der Vorstellung, dass die Anzahl der Abbrüche nach der 23. Woche im letzten Jahr bei knapp 180 lag – und hierbei handelt es sich nur um die offiziel- len Zahlen. Ich bin jedoch anders als Sie nicht der Ansicht, dass die Lösung in der Pflicht zur psychosozialen Bera- tung nach pathologischem Befund liegt bzw. eine Ergän- zung des Strafgesetzbuchs vonnöten ist. Aus gutem Grunde haben wir im Schwangerschafts- konfliktgesetz den Rechtsanspruch von Frauen und Män- nern auf Information und Beratung hinsichtlich aller mit einer Schwangerschaft in Verbindung stehenden Fragen in einer hierfür vorgesehenen Beratungsstelle festge- schrieben. Die Erfahrungen aus der Beratungspraxis zei- gen, dass zwar nahezu alle schwangeren Frauen Kenntnis von der Möglichkeit pränataldiagnostischer Untersuchun- gen haben; die Tatsache, dass ihnen neben der umfassen- den medizinischen Betreuung ein psychosoziales Bera- tungsangebot zur Verfügung steht, ist den meisten Betroffenen nicht bewusst und häufig sogar den Ärzten nicht bekannt. Um dieses Informationsdefizit zu beheben, bedarf es entsprechender Hinweise. Hier – da sind wir uns einig – bietet sich der Mutterpass geradezu an, da dieser den Frauen ja zu Beginn der Schwangerschaft übergeben wird. Da der Gesetzgeber keine direkte Einflussmöglich- keit auf die Ausgestaltung dieses Dokuments hat, fordern wir die Bundesregierung auf, sich bei dem Bundesaus- schuss der Ärzte und Krankenkassen dafür einzusetzen, dass der Hinweis auf den Rechtsanspruch auf psychoso- ziale Beratung Bestandteil des Passes wird. Die im Antrag der CDU/CSU formulierten darüber hi- naus gehenden Forderungen können wir nicht unterstüt- zen. Wir wehren uns vehement gegen eine Verpflichtung der Schwangeren zur Beratung. Ich bin zwar der Über- zeugung, dass nur nach einer vorausgehenden psychoso- zialen Beratung eine verantwortungsvolle und verant- wortbare Entscheidung getroffen werden kann. Wenn ich eine entsprechende Verpflichtung trotzdem ablehne, so resultiert diese Einsicht aus meinen Erfahrungen als Be- raterin und Seelsorgerin: Beratung geht mit Freiwilligkeit Hand in Hand. Beratung und Zwang schließen einander aus. Die von Ihnen vorgeschlagene Ergänzung des § 218 a Abs. 2 StGB ist entbehrlich. Die Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs entfällt auch jetzt nur, wenn er angezeigt ist, eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225248 (C) (D) (A) (B) einer schwer wiegenden Beeinträchtigung des körper- lichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwan- geren abzuwenden und die Gefahr nicht anders abgewen- det werden kann. Die derzeit geltende Fassung macht hinreichend deutlich, dass ein embryopathischer Befund alleine keinen Rechtfertigungsgrund darstellt. Die von Ihnen geforderte statistische Erfassung der Spätabtreibungen ist aus datenschutzrechtlichen Gründen äußerst problematisch. Ich verweise in diesem Zusam- menhang auf die Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, nach der die Anonymität der Regis- trierung aufgrund der geringen Anzahl von Spätab- brüchen nicht gewährleistet ist. Zuletzt möchte ich mein Unverständnis gegenüber ei- ner in der Ärzteschaft vorherrschenden Haltung zum Aus- druck bringen. Zum einen finde ich die ablehnende Stel- lungnahme des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Bezug auf unsere Forderung nicht nachvollziehbar, in den Mutterpass einen Hinweis auf den Beratungsanspruch aufzunehmen. Angesichts seines Um- fangs – auf 32 Seiten werden sämtliche Untersuchungser- gebnisse dokumentiert – wirkt das Argument, der Pass solle nicht mit allgemeinen Informationen überfrachtet werden, weder glaubhaft noch überzeugend. Auch vermisse ich die Bereitschaft innerhalb des ärzt- lichen Berufsstandes, im individuellen Gespräch mit der Schwangeren auf die Möglichkeit einer psychosozialen Beratung hinzuweisen. Nach meinem Verständnis geht der ärztliche Auftrag über eine rein medizinische Betreu- ung hinaus. Den Arzt trifft zumindest die moralische Ver- pflichtung, Frauen in derartigen Konfliktsituationen auf Hilfemöglichkeiten aufmerksam zu machen. Ich kann nur hoffen, dass sich das ärztliche Selbstverständnis entspre- chend entwickelt. Hubert Hüppe (CDU/CSU): Übermorgen, am 6. Juli 2002, wird Tim, das „Oldenburger Baby“, fünf Jahre alt. Sein Geburtstag sollte eigentlich sein Todestag sein. Tim ist ein Kind mit Down-Syndrom. Aber Tim leidet nicht am Down-Syndrom, sondern höchstens an ablehnenden Re- aktionen seiner Mitmenschen. Tim sollte in der 25. Schwangerschaftswoche mit Pros- taglandin abgetrieben werden. Prostaglandin ist ein Hor- mon, das die Wehen provoziert. Man hatte gehofft, dass der Kopf von Tim während der Ausstoßung zerquetscht wird, weil er normalerweise dem Druck des noch nicht ge- weiteten Geburtskanals nicht hätte standhalten können. Tim hat überlebt. Sein Kopf hielt stand. Es heißt, Tim gehe es gut. Er lebt in einer Pflegefamilie im Landkreis Cloppenburg. Tim hätte vielleicht weniger Behinderun- gen, wenn er nicht – wie die Presse berichtete – neun Stun- den liegen gelassen worden wäre. Ich habe damals An- zeige erstattet. Bis heute läuft das Ermittlungsverfahren, bis heute konnte sich die Staatsanwaltschaft nicht dazu durchringen, Anklage zu erheben. Tim hat Glück gehabt, Tim lebt. 800 andere Kinder – so schätzt der Marburger Bund – sterben jedes Jahr zwischen der 22. Schwangerschaftswoche und ihrem Geburtster- min; also zu einem Zeitpunkt, zu dem diese Kinder außer- halb des Mutterleibes möglicherweise lebensfähig sind. Der Grund für die Tötung dieser Kinder ist der Verdacht auf eine Behinderung nach pränataler Diagnostik. Vor einigen Wochen habe ich in der Zeitung gelesen, dass per Massen-DNA-Test nach einer Frau gefahndet wird, die vor Jahren ihr neugeborenes Kind sofort nach der Geburt getötet hat. Diese Frau, die wahrscheinlich in einer großen – auch psychischen – Notlage war, hat nur einen Fehler gemacht: Hätte sie ihr Kind nur zwei Tage früher töten lassen, als es noch im Mutterleib war, wäre sie nicht nur straffrei gewesen. Die Tötung ihres Kindes wäre rechtmäßig gewesen. Ein Arzt hätte sie fachkundig und sorgfältig durchgeführt und die Krankenkasse hätte sie finanziert; so wie bei dem Kind mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, im Volks- mund „Hasenscharte“ genannt, das nach Presseberichten in der 32. Schwangerschaftswoche in der Bonner Unikli- nik getötet wurde. Konkret befragt nach diesem Fall ant- wortete Justizministerin Däubler-Gmelin in einem „Spie- gel“-Interview am 5. Juli 1999: „Wir wissen zuwenig, was sich wirklich tut und warum. Das müssen wir zuerst än- dern“. Die Bundesstatistik schlüsselt auf nach Dauer der Schwangerschaft: „unter 13 Wochen“, „13 bis 23 Wochen“ sowie „23 Wochen und mehr“. Ob ein pränataldiagnosti- scher Befund ausschlaggebend für die medizinische Indi- kation war oder ob es sich um eine Abtreibung zur Ret- tung des konkret und aktuell bedrohten Lebens der Mutter handelte, lässt sich aus der Bundesstatistik nicht ablesen. Frau Däubler-Gmelin hatte völlig recht, als sie dem „Spie- gel“ sagte: „Wir wissen zuwenig, was sich wirklich tut und warum. Das müssen wir zuerst ändern“. Die Verbesserung der Bundesstatistik ist dringend er- forderlich, damit wir endlich wissen, was sich wirklich tut und warum. Genau das wollen wir mit unserem Antrag er- reichen, wenn wir eine Verbesserung der statistischen Er- hebung fordern. Aber in den interfraktionellen Ge- sprächen hat sich die rot-grüne Koalition – allen voran Frau Wettig-Danielmeier – vehement dagegen zur Wehr gesetzt. Aber offensichtlich will die rot-grüne Bundesregierung gar nicht wissen, was wirklich geschieht. Sie fürchten die tatsächlichen Zahlen. Sie wissen ganz genau, dass die Dunkelziffer der Spätabtreibungen wesentlich höher ist als die Zahlen der offiziellen Statistik. Frank-Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Marbur- ger Bundes, spricht von 800 Spätabtreibungen lebens- fähiger Kinder pro Jahr. Auf einer Fachtagung der „Ak- tion Lebensrecht für Alle“ vor zwei Jahren hat Prof. Peter Mallmann, seit 1996 Direktor der Kölner Universitäts- Frauenklinik, ein Referat gehalten. Er berichtete, dass späte Abtreibungen in seinem Haus tägliche Praxis sind, dass er selbst aber erst seit 1999 von der bestehenden Meldepflicht wüsste. Wörtlich hat Prof. Mallmann gesagt: „Die meisten Fälle laufen ohne Doku- mentation und ohne Publikation. Es sind dramatisch mehr, als in der Statistik angegeben.“ Dennoch hat Frau Wettig- Danielmeier in den interfraktionellen Gesprächen behaup- tet, die Zahlen seien ausweislich der Bundesstatistik so Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25249 (C) (D) (A) (B) niedrig, dass jede genauere Aufschlüsselung, wie unser An- trag sie fordert, den Datenschutz gefährden könnte: ent- schlossenes Wegsehen, Datenschutz vor Menschenschutz. Justizministerin Däubler-Gmelin hat im „Spiegel“-In- terview am 5. Juli 1999 die wichtige Rolle der Beratung der Eltern betont. Sie sagte: „Wichtig ist, dass die Eltern vor und nach der pränatalen Diagnose beraten und besser betreut werden.“ Genau das wollen wir erreichen, wenn wir in unserem Antrag eine umfassende Beratung vor und nach der präna- talen Diagnostik fordern. Das ist eine Forderung, die die Bundesärztekammer in ihrer „Erklärung zum Schwan- gerschaftsabbruch nach Pränataldiagnostik“ schon im November 1998 erhoben hat; eine Forderung, die auch die Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ in ihren Endbericht aufgenommen hat. Diese Empfehlung wurde von den Mitgliedern der Enquete- Kommission über alle Parteigrenzen hinweg getragen. Noch einmal zitiere ich Frau Däubler-Gmelin aus dem oben genannten „Spiegel“-Interview. Sie sagte: „Außer- dem halte ich viel von dem Vorschlag, bei der Indikations- feststellung eine zweite Meinung, möglichst die eines Kin- derarztes, einzuholen.“ Auch diese Forderung haben wir in unseren Antrag aufgenommen. Frau Wettig-Danielmeier hat auch von diesem Vorschlag nie viel gehalten. Was mich traurig macht, ist die Tatsache, dass wir nun seit Jahren – seit dem 14. Dezember 1999 – in einem in- terfraktionellen Gesprächskreis unter Leitung von Frau Wettig-Danielmeier die Thematik besprochen haben. Ob- wohl alle Beteiligten erklärt haben, dass sie die heutige Praxis der Spätabtreibungen bis zur Geburt für unerträg- lich halten, habe ich den Eindruck gewonnen, dass man das Thema einfach hinauszögern wollte. Ein Beispiel dafür ist, dass Frau Wettig-Danielmeier das Protokoll der Expertenanhörung vom September 2000 erst im Juli 2001 verschickt hat, nach über zehn Mo- naten – und zwar erst, nachdem wir als CDU/CSU-Frak- tion einen eigenen Antrag eingebracht hatten. Die CDU/CSU hat immer wieder versucht, zu einem gemeinsamen Antrag mit den anderen Fraktionen zu kom- men. Wir haben sogar ausdrücklich auf eine Gesetzes- änderung beim § 218 verzichtet, obwohl viele aus unserer Fraktion, wie die Bundesärztekammer und Behinderten- verbände, dies für richtiger und effektiver gehalten hätten. Wir waren sogar bereit, auch auf einige Punkte im vor- liegenden CDU/CSU-Antrag zu verzichten, damit ein ge- meinsames Handeln endlich möglich wird. Aber Sie, Frau Wettig-Danielmeier, wollten an der Praxis der Spätabtrei- bungen einfach nichts ändern. Wenn ich jetzt im Wahlkampfprogramm der Grünen lese, dass sie grundsätzlich, auch ohne jegliche Indika- tion, die Abtreibung bis zur Geburt fordern, dann ist dies der Beweis, dass zumindest die Grünen nie an einem ge- meinsamen Antrag interessiert waren. Der jetzt vorlie- gende Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, der als Reaktion auf unseren Antrag eingebracht wurde, ist deswegen auch reine Makulatur. Sie fordern einen Hinweis im Mutterpass, in dem steht, dass man ein Recht auf Beratung hat. Sie wissen aber selbst, dass lediglich ein Hinweis in der Sache kaum et- was bringt. Offensichtlich soll er auch nichts ändern. Eine dramatische Aktualität erhielt unser Antrag mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes vor zwei Wochen. In diesem Urteil wurde eine Ärztin deswegen zu Schadens- ersatz verurteilt, weil sie nicht rechtzeitig die Behinde- rung eines Kindes im Mutterleib erkannt hatte. Die Ärz- tin muss jetzt Schmerzensgeld zahlen und für den Unterhalt des Kindes aufkommen. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Es ging nicht da- rum, dass irgendeine therapeutische Chance zugunsten des Kindes versäumt worden war. Die Ärztin muss zah- len, weil das behinderte Kind nicht rechtzeitig getötet werden konnte. Dieses Urteil ist ein Schlag ins Gesicht für alle Behinderten. Ein deutsches Gericht hat wieder ent- schieden, dass ein behindertes Kind eine Schadensquelle ist. Der Schaden aber hätte sich nur durch die rechtzeitige Tötung des behinderten Kindes vermeiden lassen. Das ist ein klarer Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot im Grundgesetz. Die Karlsruher Richter berufen sich auf das geltende Recht. Wenn dieses Urteil dem geltenden Recht ent- spricht, dann muss dieses Recht geändert werden. Welche Diskriminierung kann schlimmer sein als die rechtmäßige Tötung von behinderten Menschen oder, wie es früher hieß, „erbkranken Nachwuchses“? Wann, so frage ich, wird es zu einem Urteil wie in Frankreich kommen, in dem einem behinderten Jugendli- chen selbst Schadensersatz zugesprochen wird, weil er lebt und nicht vor der Geburt getötet wurde? Offensicht- lich hat das französische Gericht seine Entscheidung des- halb so getroffen, weil es der Auffassung war, der Tod des Behinderten sei für ihn besser als seine Existenz. Dass keine andere Fraktion hier im Hause außer der CDU/CSU dies zum Anlaß nimmt, die Rechtsprechung deutscher Gerichte in solchen Fällen zumindest zu über- prüfen, ist für mich nicht mehr nachvollziehbar. Geradezu grotesk ist, dass nur solche Eltern den Unterhalt des Kin- des zugesprochen bekommen, die vor Gericht geltend ma- chen, sie hätten ihr Kind vorgeburtlich töten lassen, wenn sie von seiner Behinderung gewußt hätten. Natürlich sind heute Familien mit schwerbehinderten Kindern oft auch finanziell überfordert. Aber es ist doch Aufgabe des Gesetzgebers, es ist unsere Aufgabe, diese Nachteile auszugleichen – so, wie es in unserem Antrag steht. Oder wollen Sie wirklich, dass jetzt die Ärzte indi- viduell dafür aufkommen, damit dem Staat keine Kosten entstehen? Wenn heute die Mehrheit des Hauses auch die Passage unseres Antrages ablehnt, dann gibt es im Inte- resse der Betroffenen nur noch die Chance einer Klage beim Bundesverfassungsgericht. Die Rechtsprechung des BGH hat noch andere fatale Wirkungen: Jeder Arzt, der sichergehen will, nicht scha- densersatzpflichtig zu werden, wird im Zweifelsfall zur Abtreibung raten. Er wird, wenn er sich seines Befundes nicht ganz sicher ist, eher behaupten, das Kind würde be- hindert oder krank geboren als nicht-behindert oder ge- sund. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225250 (C) (D) (A) (B) Es ist doch schon interessant, dass es kein Urteil eines Gerichtes gegen einen Arzt gibt, der ein fälschlicherweise als behindert diagnostiziertes Kind abgetrieben hat. Den- noch kennt doch fast jeder von uns solche Fälle von falsch-positiven Diagnosen. Welche Behinderung, welche Abweichung von der Norm, welche Veranlagung löst eigentlich einen Schaden aus? Wer ist überhaupt noch seinen Eltern oder der Ge- sellschaft zumutbar? Immerhin gibt es jetzt schon einen Gentest auf eine Lernbehinderung. Anfang der 90er-Jahre wurde im Auftrag des Technologiefolgenabschätzungs- büros des Deutschen Bundestages eine Umfrage unter 1 157 schwangeren Frauen in Münster durchgeführt. Fast jede fünfte der befragten Frauen würde abtreiben, wenn feststünde, dass ihr Kind zu genetisch bedingtem Überge- wicht neigt. Falls heute die Mehrheit des Hauses unseren Antrag ab- lehnen wird, werden auch in den nächsten Monaten – wie bisher – weitere behinderte Kinder getötet werden. Das Fahndungsnetz nach Behinderten wird immer dichter werden. Aber Kinder wie Tim wird es in Zukunft nicht mehr geben. Inzwischen achten die Ärzte darauf, dass diese Kinder ihre Abtreibung nicht überleben. Man hat dazugelernt. Heute tötet man diese Kinder meist dadurch, dass man eine lange Nadel durch die Bauchdecke der Schwangeren in das Herz des Kindes stößt und Kaliumchlorid ein- spritzt. Diese Salzlösung stoppt den Herzschlag des Kin- des. Damit ist gewährleistet, dass kein Abtreibungskind lebend zur Welt kommt. Vielleicht trägt dies dazu bei, dass es in Zukunft ruhiger wird um das Thema. Vielleicht werden wir uns auch immer mehr daran ge- wöhnen, dass es so etwas gibt wie „lebensunwertes“ Le- ben, Menschen, die besser daran wären, wenn sie nicht ge- boren werden. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Sie heute gegen unseren Antrag stimmen werden, die Sie nichts gegen die Praxis der Spätabtreibung unternehmen wollen: Vielleicht müssen Sie einmal einem Kind wie Tim in die Augen schauen und ihm erklären, wie Sie persön- lich Ihr Unterlassen mit Ihrem Gewissen vereinbaren kön- nen. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Über eines sind wir uns in diesem Hause par- teiübergreifend einig: Die Behinderung eines Embryos al- lein darf kein Grund für eine Spätabtreibung sein. Das war auch der Grund, warum 1995 mit der Neuregelung des § 218 die embryopathische Indikation für Schwanger- schaftsabbrüche bis zur 22. Woche gestrichen wurde. Dies möchte ich hier auch noch einmal ganz deutlich den Be- hindertenverbänden sagen. Aufgenommen wurde die medizinische Indikation, die bei Gefahr für Gesundheit und Leben der Mutter ohne Be- fristung und ohne Pflicht zur Beratung gestellt werden kann. Ende des letzten Monats hat der Bundesgerichtshof die Rechtmäßigkeit eines möglichen Schwangerschaftsab- bruchs auch nach der 22. Woche entschieden. Eine Ärztin, die die schweren Fehlbildungen eines Fötus pflichtwidrig nicht erkannt oder diese Information nicht weitergegeben hat, ist zur Unterhaltszahlung für das mit schweren Fehl- bildungen geborene Kind verurteilt worden. Ein Skandalurteil? In der veröffentlichten Meinung wurde es vielfach so dargestellt. Wegen des zu zahlenden Schadensersatzes keimte die Debatte um ein Kind mit Be- hinderung als Schaden auf. Von „Dammbruch“ war die Rede. Besorgte Menschen fragten auch bei mir an, ob es denn rechtmäßig sei, ein Kind, nur weil es eine Behinde- rung habe, abzutreiben. Ich sage: Nein. In manchen Verlautbarungen wurde jedoch genau die- ser Eindruck vermittelt. Das ist der eigentliche Schaden. Das Urteil selbst ist nämlich viel differenzierter. Die Richter hatten nicht etwa zu entscheiden, ob das Selbst- bestimmungsrecht der Frau über dem Lebensrecht eines 22 Wochen alten Fötus liegt, wie manchmal suggeriert wurde. Sie hatten einen grob fahrlässigen Diagnosefehler ebenso zu bewerten wie die psychische und physische Notlage der Mutter, die sich bei Kenntnis der schweren Fehlbildungen zu einer Spätabtreibung entschieden hätte. Ihr jetziger Gesundheitszustand deutet darauf hin. Für werdende Eltern, die sich verantwortungsvoll auch für ein behindertes Kind entscheiden wollen, spielen Be- ratung und Aufklärung eine wichtige Rolle. Aber statt Hilfe anzubieten, will die CDU/CSU mit ihrem Antrag die Schwangere in einer extremen Konfliktsituation bevor- munden. Sie will Druck machen auf die Schwangere. Eine Pflichtberatung und die Entscheidung durch ein interdis- ziplinäres Gremium sollen eingeführt werden. Da frage ich? Welches Frauenbild haben Sie denn ei- gentlich? Ich gehe davon aus, dass Frauen, die in der 20. Woche schwanger sind, sich dieses Kind auch wün- schen. Darum wollen wir sie unterstützen und den Rechts- anspruch auf eine freiwillige Beratung im Mutterpass ver- ankern. Ärzte haben die Pflicht, die Schwangere über die Risi- ken einer Behinderung und die Möglichkeiten der Präna- taldiagnostik zu informieren: Wenn Ärzte dies tun, brau- chen wir auch keine Haftungsfreistellung, wie Sie, meine Damen und Herren von der CDU, es wollen. Dann stellt sich die Frage der Haftung nicht mehr. Eltern müssen eine informierte Entscheidung treffen. Die Pränataldiagnostik bringt sie jedoch oft in eine Zwickmühle; denn für die meisten auffälligen Testergeb- nisse gibt es keine Therapie. Darum soll Beratung auch das Recht auf Nichtwissen beinhalten. Viele Behinderun- gen werden im Übrigen gar nicht mit der Pränataldiagnos- tik erkannt. Daneben erhält ein Großteil der Kinder ihre Behinderungen erst durch den Geburtsvorgang selbst. Hinzu kommt, dass das Fehlgeburtsrisiko bei einer Fruchtwasseruntersuchung bei knapp 1 Prozent, bei einer Nabelschnurpunktion sogar bis zu 3 Prozent liegt. Das müssen die Schwangeren auch wissen. Der „Baby-TÜV“ ist also ein Trugschluss. Was ist in diesem Sinne Aufgabe der Politik? Eine Klarstellung in § 218 StGB, dass die Behinderung allein kein Abbruch- grund ist? Das steht schon drin. Eine Pflichtberatung und Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25251 (C) (D) (A) (B) die Entscheidung eines Ärztegremiums? Wir setzen auf Freiwilligkeit. Eine Haftungsfreistellung für Ärzte: Nicht nötig, wenn sie sorgfältig arbeiten und auf die Risiken ei- ner Behinderung hinweisen. Was wir brauchen, sind einheitliche Richtlinien für die Beratung von Schwangeren bei zu erwartender Behinde- rung des Kindes, eine Verbesserung der Frühförderung; Unterstützung der Eltern und der Kinder mit Behinde- rung, finanziell sowie beim Ausbau von integrierten Be- treuungseinrichtungen und Schulen, bei Ferienangeboten und bei behindertengerechten Heim- und Arbeitsplätzen. Ina Lenke (FDP): Wir beraten heute abschließend über die Anträge der CDU/CSU zur Vermeidung von Spätabtreibungen und den von SPD und Grünen zur Fest- schreibung des Rechtsanspruchs auf Beratung im Mutter- pass. Die FDPstimmt einer umfassenden psychosozialen und medizinischen Beratung für Schwangere ausdrücklich zu. Dies gilt insbesondere auch für Fälle der Spätabtreibun- gen bei medizinischer Indikation. Gleichwohl muss ein Beratungskonzept bereits bei der Pränataldiagnostik an- knüpfen. Entscheidend für den Erfolg der Beratungen ist es, dass in jedem Fall die Beratung ein anderer Arzt über- nimmt als derjenige, der den späteren Schwangerschafts- abbruch vornehmen soll. Es gibt Fälle, in denen bei der Pränataldiagnostik der Schwangeren ein Schwangerschaftsabbruch empfohlen wird, ohne dass zuvor eine Beratung erfolgt ist. Dies darf nicht geschehen. Deshalb ist die Trennung zwischen Be- ratung und Abbruch so wichtig. Auch muss sehr deutlich werden, und da besteht unter uns Einmütigkeit, dass eine Behinderung des Kindes kein Grund für eine Abtreibung sein kann und darf. In Bezug auf eine Änderung von § 218 Srafgesetzbuch sehe ich keinen Änderungsbedarf. Damit eine Beratung Erfolg hat, muss sie freiwillig ge- schehen. Die FDP lehnt daher eine Pflichtberatung, wie sie die CDU fordert, ab. Die Gefahr besteht, dass eine Be- ratung nur halbherzig und in automatisierter Form erfolgt, ohne dass der Schwangeren wirklich geholfen wird, dass sie vielmehr nur „pro forma“ stattfindet. Daher kann auch die Kostenübernahme nicht an eine erfolgte Beratung ge- knüpft werden. Dies käme nämlich der Einführung einer Pflichtberatung gleich. Auch bin ich der Ansicht, dass eine Begutachtung nicht durch ein großes Kollegium erfolgen soll. Für die Schwangere, die sich ohnehin in einer Ausnahmesituation befindet, wäre die Belastung aber zu groß. Um einen Missbrauch der Spätabtreibung zu verhindern, ist es not- wendig, dass Daten gesammelt werden. Als Problem stel- len sich dabei aber die geringen Fallzahlen dar. Es wird häufig vermutet, dass die Zahl der Spätabtreibungen we- sentlich höher ist. Dazu gibt es jedoch keine gesicherten Erkenntnisse. Es muss daher bei der statistischen Erfas- sung für eine Pseudonymisierung gesorgt werden, damit der Datenschutz auch bei wenigen Fällen im Jahr ge- währleistet wird. Dem Antrag von SPD und Grünen, der vorschlägt, dass das Recht auf umfassende Beratung im Mutterpass festgeschrieben wird, stimmen wir zu. Es müssen in Zukunft weitere Einzelheiten der Beratung ge- regelt werden. Der Antrag der CDU hat Teile, denen wir nicht zustimmen. Deshalb lehnen wir den Antrag der CDU/CSU ab. Petra Bläss (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Ent- scheidung des Bundesgerichtshofes über den Schadenser- satzanspruch von Eltern, die nicht über die mögliche Be- hinderung ihres Kindes unterrichtet wurden, rückt die Brisanz der Spätabtreibungsdebatte wieder in den Vorder- grund. In dieser Debatte wird leider nur selten zwischen der individuellen und der gesellschaftlichen Dimension dieser Thematik unterschieden. Wenn es darum geht, die Anzahl von Spätabtreibungen zu senken, dann darf das nicht auf Kosten des Selbstbe- stimmungsrechts der einzelnen Schwangeren gehen. Stattdessen muss es vor allem darum gehen, dringend not- wendige gesellschaftliche Hilfen anzubieten, damit der Alltag mit behinderten Kindern besser zu meistern ist und behinderte Kinder keinen gesellschaftlichen Nachteilen mehr ausgesetzt sind. Zum einen brauchen behinderte Kinder mehr bezahl- bare Betreuungsangebote, damit auch Eltern behinderter Kinder Beruf und Familie vereinbaren können. Zum an- deren müssen diese Familien besser finanziell unterstützt werden. Denn zu höheren Betreuungskosten kommen noch höhere medizinische Kosten sowie Kosten für Hilfs- mittel hinzu, die von Krankenkassen zurzeit nur zum Teil übernommen werden. Der Mangel beider uns vorliegen- der Anträge ist, dass sie keine Hilfe für diese konkreten Belastungen anbieten. Nichtsdestotrotz hat die Debatte um die Spätabtreibun- gen gezeigt, dass fehlende Information und Beratungsan- gebote noch vor der Geburt des kranken Kindes ein Pro- blem für werdende Eltern ist. Hier kann professionelle Beratung und Aufklärung, wie in den Anträgen gefordert, durchaus helfen. Der Kenntnisstand in der Gesellschaft darüber, was es bedeutet mit behinderten Kindern zu leben, ist nach wie vor ungenügend. Viele Eltern können es sich überhaupt nicht vorstellen, dass ein Leben mit behinderten Kindern auch ein glückliches und erfülltes Leben sein kann und entscheiden sich deshalb voller Panik bei einer entspre- chenden Diagnose nach einer Pränataluntersuchung für einen Schwangerschaftsabbruch. Dennoch lehnen wir den Antrag der CDU entschieden ab, da er Schwangere in ihrem Selbstbestimmungsrecht einschränkt. Wir sind dagegen, dass Schwangere vom Staat bevormundet werden, ob sie eine pränatale Beratung in Anspruch nehmen wollen oder nicht. Dem Antrag der Koalition stimmen wir dagegen zu, da er das Problem fehlender Information für werdende Eltern konstruktiv löst. Statt einem Beratungszwang wird ein verbessertes Beratungsangebot in den Mutterpass mit auf- genommen. Die Gesellschaft wird deswegen nicht behin- dertenfreundlicher werden, aber wenigstens macht dieser Antrag in Zukunft eine informiertere Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch möglich. Die wirkliche Herausforderung steht uns als Gesetzge- ber allerdings noch bevor, nämlich die, Familien mit be- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225252 (C) (D) (A) (B) hinderten Kindern in unserer Gesellschaft gleichzustellen und dafür die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaf- fen. Dafür hat die PDS in der Vergangenheit konstruktive Vorschläge gemacht und dafür wird sie auch in Zukunft streiten. Anlage 22 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Fünften Geset- zes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (Zusatztagesordnungspunkt 6) Wolfgang Bosbach (CDU/CSU): Durch verschie- dene Änderungen in letzter Minute liegt der von Rot-Grün initiierte Gesetzentwurf nun wenigstens in der Nähe des Grundgesetzes. Verfassungsgemäß dürfte er jedoch auch jetzt nicht sein. Nachdem wir noch am letzten Freitag in der zweiten Lesung den bizarren Zwischenschritt, Behör- denermessen erst an „schweren Menschenrechtsverlet- zungen“ seine Grenze finden zu lassen – „durchschnittli- che“ Menschenrechtsverletzungen wären danach in der Bundesrepublik Deutschland in Zukunft also offenbar hinzunehmen gewesen und hätten zumindest für die Birthler-Behörde keine ermessensleitende Funktion ge- habt – scheint damit nach wochenlangen Diskussionen in der Koalition wenigstens wieder etwas Vernunft einge- kehrt zu sein – leider aber nicht Vernunft genug. Denn nach wie vor sollen nicht alle Menschenrechts- verletzungen die Behörde in ihrem Ermessen beschrän- ken, sondern nur die „erkennbaren“. Das bedeutet: Wenn man das aus der Akte nicht erkennen kann, soll die Behörde selbst erpresste oder gar unter Folter zustande gekommene personenbezogene Informationen aus den Stasi-Akten herausgeben und gar veröffentlichen dürfen. Kann das ernsthaft gemeint sein? Sind Sie ernsthaft der Ansicht, dass diese Regelung verfassungsgemäß ist? Soll das heißen: Selbst wenn die grundrechtswidrige Erlan- gung einer Information in den Akten für die Birthler- Behörde zwar nicht ohne Weiteres „erkennbar“ ist, aber mit etwas Mühe beweisbar, oder wenn das Opfer selber die grundrechtswidrige Erlangung darlegt, soll das nach Ihrem Willen und dem Text des Gesetzes dennoch unbe- achtlich sein? Denn nur „erkennbare“ Menschenrechts- verstöße sollen ja beachtlich sein. Umgekehrt wäre es richtig: Wenn nicht sicher ist, dass die personenbezogenen Informationen ohne Grundrechts- verstöße erhoben wurden, dürfen sie nicht zulasten der Opfer gegen deren Willen herausgegeben werden. Darum können wir dem Gesetzentwurf auch in seiner gegenwärtigen Fassung nicht zustimmen. Er ist unserer Überzeugung nach nicht nur verfassungswidrig, er ist auch politisch falsch. Denn er reduziert auf nicht akzeptable Weise den Opferschutz. Er nimmt bestimmten Gruppen von Menschen, die Opfer der Ausspitzelung durch den Staatssicherheitsdienst der DDR geworden sind, das Letzt- entscheidungsrecht über die Herausgabe ihrer Akte an Dritte und sogar über die Veröffentlichung erspitzelter oder vielleicht sogar erpresster Informationen. Stattdes- sen wird künftig das Letztentscheidungsrecht darüber bei einer staatlichen Behörde bzw. den Gerichten liegen. Erinnern wir uns: 1991 hatte der gesamtdeutsche Ge- setzgeber entschieden, dass die Hinterlassenschaft in den Schränken der Stasi niemals wieder zulasten ihrer Opfer sollte genutzt werden dürfen. „Den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit den vom Staats- sicherheitsdienst der DDR zu seiner Person gespeicherten Informationen in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträch- tigt wird“, hatten wir im Konsens der Demokraten in § 1 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes als Gesetzeszweck festge- legt. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz war von Anfang an auch – und primär – ein Opferschutzgesetz. Erst danach und daneben sollte es der historischen, poli- tischen und juristischen Aufarbeitung des SED-Unrechts dienen. So steht es im Stasi-Unterlagen-Gesetz selbst, in den Zusatzvereinbarungen zum Einigungsvertrag und auch in vielen Reden, die in diesem Parlament gehalten wurden: Aber so steht es nicht mehr in der ursprünglichen Begründung zum Gesetzentwurf von Rot-Grün, wo nur noch der Aspekt der Aufarbeitung im Vordergrund steht. Dass kein Opfer der Stasi-Bespitzelung die Heraus- gabe oder gar Veröffentlichung seiner Akte gegen seinen Willen dulden muss, es sei denn, der Inhalt ist „offenkun- dig“, das war bisher der Konsens. Das Bundesverwal- tungsgericht hat ihn – wie zuvor schon das Verwaltungs- gericht Berlin – im März dieses Jahres gegen eine in der Birthler-Behörde eingerissene Praxis bekräftigt. Die Koa- lition rückt heute davon ab. Die FDP ist ihr ein Stück wei- ter gefolgt, als sie es eigentlich für richtig hält. Zum Glück ist sie dann wieder ein Stück zurück geschreckt, aber nicht weit genug. Worum geht es im Kern? Bisher war es der Konsens von Bundesinnenminister, Bundesdatenschutzbeauftrag- tem, Union und FDP, dass grundrechtswidrig erlangte Un- terlagen von der Behörde niemals herausgegeben werden können, es sei denn, der Betroffene stimmt der Heraus- gabe ausdrücklich zu. Nur diese Regelung ist sachgerecht, fair und unzweideutig verfassungskonform. Die Ände- rungsanträge und Alternativentwürfe aus dem Bundesin- nenministerium und vom Datenschutzbeauftragten sowie die Anträge von CDU/CSU und FDP suchten dieses Ziel mit unterschiedlichen rechtstechnischen Formulierungen zu erreichen. Die Koalition will stattdessen die Herausgabe in das Ermessen der Behörde stellen. „Ermessen“ ist natürlich nicht „Belieben“. Dennoch wird so den Opfern die Last aufgebürdet, gegenüber der Behörde und gegebenfalls vor den Gerichten um ihr Recht und die Beachtung der Ver- fassung kämpfen zu müssen. Nicht jeder kann das in glei- cher Weise und mit gleicher Durchsetzungskraft. Dem Gedanken des Opferschutzes kommt darum nur die an- dere Lösung entgegen. Daran halten wir fest. Die FDP hat sich auf den letzten Metern zu dem entge- gengesetzten Konzept bekehren lassen. Sie hat gegen die Koalition wenigstens durchgesetzt, dass das Ermessen der Behörde durch den Gesetzgeber gebunden wird. Die für die Opfer bessere Lösung ist das nicht. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25253 (C) (D) (A) (B) Ich weiß, dass auch Sie das genau wissen, verehrte Kollegen von der FDP. Um zu erkennen, dass Sie eigent- lich der gegenteiligen Auffassung sind, genügt ja ein Blick in ihren eigenen Änderungsantrag, in das Protokoll des Innenausschusses oder in ihre Pressemitteilung vom 24. Juni 2002, wo Max Stadler für die FDP schreibt: „Die Rechtsstaatspartei FDP wird der jetzt vorliegenden Fas- sung des Gesetzentwurfes nicht zustimmen. Für die Libe- ralen gilt weiterhin: Das Opfer muss das letzte Wort über die Herausgabe seiner Akten haben!“ Das Opfer wird auch nach dem heute zur Abstimmung vorliegenden Text aber nicht das letzte Wort über die Herausgabe seiner Ak- ten haben. Sie werden trotzdem zustimmen. Die Rechts- staatsparteien CDU und CSU werden dies nicht tun. Ich danke ausdrücklich dem Bundesdatenschutzbeauf- tragten Dr. Jacob, der in mehreren Anhörungen und Sit- zungen des Innenausschusses die Bedeutung und Beach- tung der rechtsstaatlich eigentlich selbstverständlichen Mindeststandards in seiner sachlichen und verfassungs- rechtlich informierten Beratungstätigkeit zu Recht her- vorgehoben hat. Es ist mehr als bedauerlich, dass die Mehrheit dieses Hauses seine Worte, Hinweise und Mah- nungen nicht beachtet. Bestehen bleibt die Frage der Gleichstellung der SED- Kader mit den Stasi-Opfern. Denn Sie auf der anderen Seite dieses Hauses haben die von uns auf der Grundlage der Formulierungshilfe des Datenschutzbeauftragten im Innenausschuss vorgeschlagene „Funktionärsklausel“ ab- gelehnt. Erinnern wir uns: Dass über die Stützen des SED-Staa- tes, die das Stasi-System maßgeblich zu verantworten ha- ben, angeblich nichts mehr herausgegeben werden darf; weil auch sie teilweise selber zum Objekt der Ausfor- schung der Stasi geworden sind, war der Ausgangspunkt der neuerlichen Diskussion um das Stasi-Unterlagen-Ge- setz gewesen. Als wir sagten: „Gut, dann nehmen wir ‘Personen, die das staatliche oder gesellschaftliche Herrschaftssystem der DDR in herausgehobener Position aktiv mitgetragen oder unterstützt haben’, eben aus dem Herausgabeschutz heraus, soweit keine überwiegenden schutzwürdigen In- teressen dieser Personen beeinträchtigt werden“, hieß es: Dann behandelt ihr den Osten anders als den Westen. Da haben wir nun aber ein Dilemma: Da die meisten SED-Kader zum Unglück dieses Teiles unseres Vaterlan- des nun einmal im Osten über vierzig Jahre ihr Unwesen getrieben haben, betrifft eine Regelung für sie unweiger- lich mehr – wenn auch nicht nur „den Osten“. „Den Osten“ sage ich hier ausdrücklich in Anführungs- zeichen, denn zu unterstellen, alle Menschen in diesem Teil unseres Landes wären dadurch betroffen, würde be- haupten, sie alle hätten „in herausgehobener Position“ das staatliche oder gesellschaftliche Herrschaftssystem der DDR aktiv mitgetragen oder unterstützt. Das aber ist of- fensichtlich Unsinn. Also kann man auch Regelungen für SED-Kader treffen, ohne „die Menschen im Osten“ ge- genüber denen im Westen zu benachteiligen – wenn man es wirklich will. Die dritte Lösung, nämlich – um die SED-Kader zu tref- fen und zugleich sie als überwiegend Ostdeutsche gegen- über Westdeutschen nicht ungleich zu behandeln – auch alle „Personen der Zeitgeschichte“ – gleich ob sie Politi- ker sind oder waren oder nicht –, die keine Schuld am SED-Staat tragen, um ihre Grundrechte zu bringen, ist nun wirklich absurd. Aber es ist die Lösung, für die sich Rot-Grün entschieden hat. Auch das möchte ich noch zu Protokoll geben: So weit- gehend, wie es in der Öffentlichkeit auch von der Birthler- Behörde immer wieder behauptet wird, ist die Wider- spruchsmöglichkeit dieser Gruppe auch nach geltendem Recht keineswegs. Wolf Biermann beklagt heute – offen- sichtlich ohne Detailkenntnisse über das Stasi-Unterlagen- Gesetz und die zur Debatte stehenden Entwürfe – in der „Welt“, die Birthler-Behörde dürfe nicht „paralysiert“ werden. Woher weiß er, dass das so ist? Woher kennt er den Aktenbestand der Behörde? Wer hat ihn über die Ak- ten und deren Inhalte so umfassend informiert, dass er zu dieser Behauptung kommen konnte? Tatsächlich ist es doch so, dass die meisten Tatbestände des Stasi-Unterlagen-Gesetzes für eine Herausgabe von Informationen zur historischen und politischen Aufarbei- tung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht einmal entfernt betroffen sind. Alle Akten können herausgegeben werden, wenn diese entweder keine personenbezogenen Informationen ent- halten oder diese anonymisiert worden sind. Wir wollten auch „offenkundige“ personenbezogene Informationen dem gleichstellen. Nach wie vor könnten bei allen offiziellen und inoffizi- ellen Mitarbeitern der Stasi – aus Ost und West – Akten auch gegen deren Willen herausgegeben werden, ebenso bei allen Begünstigten der Stasi – in Ost und West. Nahezu unbekannt zu sein scheint § 6 Abs. 5 des StUG, wonach bei allen „rechtlich oder faktisch“ der Stasi gegenüber „Wei- sungsbefugten“ ohne Zustimmung herausgegeben wer- den kann. Der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhau- sen, Dr. Hubertus Knabe, hat mir in einem Briefwechsel hierzu kürzlich bestätigt, dass darunter alle Mitglieder des Politbüros der SED, die Generalsekretäre der SED, die Sekretäre und die Mitarbeiter der Abteilung Sicherheits- fragen im ZK der SED, die Ersten Sekretäre der Bezirks- leitungen der SED sowie die Ersten Sekretäre der Kreis- leitungen der SED fallen. Wissen Sie das eigentlich nicht? Haben Sie daran gedacht, wie viele Akten mit der frei- willig erteilten Einwilligung der Betroffenen herausgege- ben werden können? Haben Sie eigentlich sorgfältig über die vom Datenschutzbeauftragten immer wieder vorge- schlagenen Möglichkeiten der Anonymisierung und der Pseudonymisierung von personenbezogenen Informatio- nen nachgedacht? Nach meinem Eindruck hat leider die Suche nach ei- nem „schonenden Ausgleich“ der betroffenen Rechts- güter, der die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen so weit wie irgend möglich respektiert, ohne die Aufarbei- tung zu verhindern, also die Suche nach dem „milderen Mittel“, eine zu geringe Rolle in diesem Gesetzgebungs- verfahren gespielt. Ist Ihnen bewusst, welche Bedeutung dies für die Frage der Verhältnismäßigkeit der von Ihnen heute durchgesetz- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225254 (C) (D) (A) (B) ten Lösung spielt; was es bedeutet, wenn Grundrechtsein- griffe des Gesetzgebers zur Erreichung des angegebenen Zwecks nicht wirklich „erforderlich“ sind, sondern auch durch ein „milderes Mittel“ erreicht werden könnten? Sie sollten eigentlich wissen: Unverhältnismäßige Grund- rechtseingriffe sind verfassungswidrig. Ich schließe mit einem Zitat aus der als Gönner und Förderer meiner Partei nicht verdächtigen „Frankfurter Rundschau“ vom heutigen Tage. Der von der FDP zu un- serem heutigen Thema mehrfach als Sachverständiger be- nannte und in Prozessen um die Stasi-Akten versierte Freiburger Rechtsanwalt Dr. Michael Kleine-Cosack schreibt darin unter der Überschrift „Letztlich werden Opfer und Täter gleichgestellt“, dass die Öffnung der Stasi-Unterlagen durch den heute vorliegenden Gesetz- entwurf letztlich zulasten der Ausgespähten gehe. Ich zi- tiere wörtlich: „Die gesetzliche Regelung, welche eine Freigabe personenbezogener Unterlagen durch die Bun- desbeauftragte ermöglichen würde, trägt daher das Kains- mal der Verfassungswidrigkeit auf der Stirn. Die Koaliti- onsparteien wollen angesichts ihrer Weigerung, einhellig geäußerte Bedenken zur Kenntnis zu nehmen, mit dem Kopf durch die verfassungsrechtliche Wand. Sie werden sich dabei eine blutige Nase holen, da mit einer Billigung ihres Angriffs auf die Grundrechte durch die Justiz nicht zu rechnen ist. Schließlich hat das Bundesverfassungsge- richt schon 1984 entschieden, dass rechtswidrig erlangte Informationen in der Regel einem Veröffentlichungsver- bot unterliegen. Auch haben bereits andere Gerichte – wie das Landgericht Kiel im Falle des Barschel-Untersu- chungsausschusses – die Herausgabe speziell der rechts- widrig erlangten Akten des MfS für unzulässig erklärt. Da auch das Bundesverwaltungsgericht deutlich vor dem ver- fassungsrechtlichen „Husarenritt“ gewarnt hat, kann schon jetzt prognostiziert werden, dass auch in der Zukunft die Herausgabe personenbezogener Akten von Politikern ge- gen ihren Willen nicht durchzusetzen sein wird.“ Genau das versucht Rot-Grün – leider mithilfe der FDP. Zu diesem Gesetz können und wollen wir nicht Ja sagen. Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist spät am Abend und Gespenster sind auch nicht in Sicht. Die Koalition der Vernunft zieht heute mit der Gesetzes- änderung die notwendigen Konsequenzen aus dem Grund- satzurteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Herausgabe der Stasi-Akten über Altkanzler Helmut Kohl. Wir erleben heute gewiss eine ungewöhnliche Veran- staltung. Ich möchte neben vielen anderen namentlich den beiden Kollegen Ludwig Stiegler und Edzard Schmidt- Jortzig danken. Ohne deren Bereitschaft, Parteikalkül hintanzustellen und auch im Wahlkampf für die Sache selbst zu arbeiten, wäre dieser Erfolg nicht möglich ge- wesen. Die Neuregelung des Gesetzes lässt die Herausgabe von Prominentenakten unter Beachtung des Persönlich- keitsschutzes wieder zu. Die Rechte der Betroffenen wer- den gewahrt. Alt-Kanzler und Alt-Kader entscheiden aber nicht, was Gegenstand der Aufarbeitung der Stasi war und was nicht. Das ist die gute Botschaft dieses Tages. In unserem Gesetzentwurf wird sichergestellt, dass für die Zukunft die Herausgabe von personenbezogenen In- formationen über Personen der Zeitgeschichte und Inha- ber politischer Funktionen möglich bleibt. Wir greifen die Richtlinie der Behörde der Bundesbeauftragten auf und schreiben faktisch deren Kern im Gesetz fest. Diese Richtlinie der Bundesbeauftragten hat den heu- tigen Durchbruch der Diskussion vorbereitet. Bis zur Ein- stellung der Herausgabe von Informationen nach dem Kohl-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat diese Richtlinie ihre Schutzfunktion gegenüber den Betroffe- nen erfüllt. Das hat auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz bestätigt. Ich habe bereits bei mehreren Gelegenheiten hervorge- hoben, dass diese Richtlinie vonseiten der Aufarbeitungs- initiativen durchaus auch kritisch gesehen wird. Die län- ger gewordenen Wege, um an die Akten heranzukommen, bereiten gerade bei befristeten Forschungsprojekten durchaus praktische Probleme. In der Tat wird die Ak- teneinsicht für die Antragsteller schwieriger und langwie- riger. Nach dem Stand der Rechtsprechung und nach dem Stand der politischen Debatte ist diese Richtlinie aber un- umgänglich, um die Zweckbindung bei der Herausgabe zu präzisieren und den Betroffenen durch Information besser einzubinden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass der jetzt vorgelegte Gesetzestext diesem Anspruch gerecht wird. Das abge- stufte Ermessen je nach Schwere der Menschenrechtsver- letzung könnte sich bei allen juristischen Detailproble- men in der Praxis doch als der Königsweg erweisen, die gegensätzlichen Interessen zu versöhnen. Wer guten Wil- lens ist, sollte dies auch anerkennen. Dieser Weg ist besser als eine Ost-West-Spaltung, wie sie die Union wieder einführen will. In das Gesetz zu schreiben, dass pauschal Personen in leitenden Funktio- nen Ost die Herausgabe der Informationen dulden müs- sen, ist nicht zu verantworten. Wir können zwölf Jahre nach der Einheit West-Bürger nicht durch Gesetz besser stellen als Bürger der früheren DDR. Hier muss im Ein- zelfall geprüft und abgewogen werden. Hätte die Union das Gesetz in dieser Legislaturperiode mit ihren Geschäftordnungstricks zum Scheitern ge- bracht, wäre die Aufarbeitung der Stasi-Arbeit in einem zentralen Bereich blockiert geblieben. Die Forschungsar- beiten zu den Ereignissen am 17. Juni 1953 wären zum Erliegen gekommen – ausgerechnet am 50. Jahrestag im kommenden Jahr. Es ist in diesem Zusammenhang ein historischer Trep- penwitz, dass die Union ihrem Kanzler der Einheit am 17. Juni dieses Jahres anlässlich ihres Parteitags lange Re- dezeit gewährt hatte, während der gleiche Helmut Kohl das von ihm unterschriebene Gesetz kaputt zu machen versucht. Wäre es nach ihm gegangen, hätten die Inhaber politischer Funktionen und Amtsträger der DDR in jedem Falle selbst darüber entscheiden können, welche Informa- tionen über deren amtliche Tätigkeit an Medien und Wis- senschaft weitergegeben wird und welche nicht. Diese Solidarität der alten Garden wird es nun nicht mehr geben. Das ist über die Grenzen der Parteien hinweg ein wichti- ger Erfolg – gerade für die Verfolgten des Regimes, die uns unterstützen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25255 (C) (D) (A) (B) Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (FDP): Es ist gut, dass nun doch noch in dieser Legislaturperiode eine Novellie- rung des Stasi-Unterlagen-Gesetztes zustande kommt; denn die Aufarbeitung der MfS-Tätigkeit in der ehemali- gen DDR darf nicht beendet oder spürbar behindert wer- den. Es ist gut, dass diese Rechtsänderung eine breitere demokratische Unterstützung bekommt, als eine bloße Koalitionszustimmung sie bieten könnte. Es ist insbeson- dere gut, dass es bei alledem gelungen ist, die Belange des Opferschutzes, richtiger: des Betroffenenschutzes, zu si- chern. Nachdem zur Streichung der Schwärzungsoption in § 14 und zur vorgesehenen Verfahrensregelung ohnehin weit reichender Konsens besteht, will ich näher nur noch auf den Betroffenenschutz eingehen, um den es ja überhaupt in den letzten Tagen erst die neue Bewegung gegeben hat. Ich erinnere dazu an den Auslöser der ganzen Ände- rungsproblematik. Im Zuge des Spendenuntersuchungs- ausschusses verfielen die Grünen als selbsternannte, an- gebliche Rechtsstaatspartei auf die Idee, vielleicht mithilfe von Stasi-Aufzeichnungen über heimlich abgehörte Telefo- nate des Bundeskanzlers Kohl bestimmten Informationen auf die Spur zu kommen. Erst daraufhin hat der Betroffene ja um Rechtsschutz nachgesucht und von den Verwal- tungsgerichten Recht bekommen, und erst als diese Ent- scheidung die künftige Aufarbeitung der MfS-Tätigkeit zu behindern schien, sollte nun das Gesetz entsprechend geän- dert werden. Der stillschweigende Konsens, den es unter den Frak- tionen und der Stasi-Unterlagen-Behörde bis dahin gege- ben hatte, grundrechtswidrig gewonnene Informations- materialien keinesfalls herauszugeben, war nun zerstört. Diese Unschuld war verloren. Nun also musste, wenn der Betroffenenschutz bei der behördlichen Herausgabeent- scheidung eine entscheidende Rolle spielen sollte, auf je- den Fall eine entsprechende Regelung aufgenommen werden, wollte man nicht das Hässlichste befürchten. Der Koalitionsentwurf aber enthielt dazu keinerlei Ge- setzespassage. Noch in den letzten Beratungen hatten sich die Grünen standhaft geweigert, irgendetwas Entsprechen- des aufzunehmen. Der neue § 32 des Stasi-Unterlagen-Ge- setzes wäre also ohne eine Regelung zum Betroffenen- schutz zustande gekommen; denn die Koalition konnte und wollte das mit ihrer Mehrheit durchsetzen. Zustim- mungsbedürftig war das Gesetz ja nicht und einen mögli- chen Einspruch des Bundesrates hätte man noch im Sep- tember dieses Jahres im Bundesrat überstimmen können. In dieser Situation hat sich – als durch den Einsatz von Marianne Birthler in letzter Minute doch noch einmal Be- wegung in die Sache kam – die FDP zum Handeln ent- schlossen. Was wir nach intensiver Bemühung erreichen konnten, liegt nun zur Verabschiedung vor. Wir Liberalen sind höchst zufrieden, dass sich unsere Zielsetzungen voll darin wiederfinden und sich die am Ende hektische Bemühung also gelohnt hat. Für unsere Interpretation des Ergebnisses geben wir eine besondere Erklärung zur Ab- stimmung ab. Zu dem, was Außenstehende über das Erreichte sagen, zitiere ich die alten Bürgerrechtler: „Das Bürgerkomitee Leipzig begrüßt die Einigung nachdrücklich. Einerseits wurde dadurch erreicht, dass auch nach dem Kohl-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eine angemessene Aufar- beitung der zweiten deutschen Diktatur möglich ist. An- dererseits wurde deutlich, dass auch unmittelbar vor den Bundestagswahlen eine sachgerechte Einigung zwischen demokratischen Parteien möglich ist. Und: Der Opfer- schutz, ist durch diese Regelung ausreichend gewährleis- tet.“ Ulla Jelpke (PDS): Die PDS wird sich bei der Ab- stimmung über diesen Gesetzentwurf der Stimme enthal- ten. Der Entwurf greift zwar wichtige Forderungen auf, die im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesver- waltungsgerichts im Fall Helmut Kohl erhoben worden sind. Insbesondere werden in ihm Anregungen umgesetzt, die von mehreren Sachverständigen auf Anhörungen des Bundestagsinnenausschusses zu diesem Thema vorge- bracht wurden. Gleichwohl trägt der Gesetzentwurf nicht in ausrei- chendem Maße den schwer wiegenden datenschutz- und verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung, die mehrere Experten in der Diskussion erhoben haben. Daran ändert auch nichts die zwischen Koalition und FDP ausgehandelte Kompromissfassung. Hiernach ist bei der Abwägung, ob Akten herausgegeben werden dürfen, „insbesondere zu berücksichtigen, ob die Informationser- hebung erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung be- ruht“. Diese Formel schafft eher neue Probleme, als dass sie welche löst. Denn welche „Menschenrechtsverletzun- gen“ sind gemeint? Die Begründung nennt „Folter“. Gut. Aber längst nicht alle Informationen in den Stasi-Akten dürften durch Folter erpresst worden sein. Wann fängt kon- kret die „Menschenrechtsverletzung“ an? Der Kompromiss stellt sich im Übrigen gegen die mas- sive Kritik von Sachverständigen, die eine Trennung zwi- schen „rechtsstaatswidrig erworbenen“ und anderen Un- terlagen der Stasi für unsinnig halten. Selbst bei den Gestapo-Akten wird eine solche Trennung nicht gezogen. Insbesondere besteht die Gefahr, dass Akten auseinander gerissen werden, die in einem Sinnzusammenhang stehen und dadurch für die Forschung unbrauchbar werden. Die PDS verkennt nicht den Novellierungsbedarf. Sie betont ihn sogar ausdrücklich. Aber jetzt wird wieder von der Regierungskoalition ein Gesetzentwurf hopplahopp durch die Gremien gejagt, ohne dass man sich Zeit ge- nommen hätte, saubere und tragfähige Lösungen zu erar- beiten. Wir werden in der 15. Legislaturperiode deshalb erneut über den Problemkomplex „Stasi-Unterlagen“ be- raten müssen. Dabei kommt es der PDS auf folgende Ge- sichtspunkte ganz besonders an, die wir auch in unserem Entschließungsantrag hervorgehoben haben: Das Änderungsgesetz kann nur den Einstieg in eine weitere Novellierung des StUG mit dem Ziel seiner schrittweisen Überführung in die Archivgesetzgebung darstellen. Der Formelkompromiss, den Koalition und FDP formuliert haben, macht deutlich, dass das Stasi-Un- terlagen-Gesetz ein „Sonderrecht“ darstellt, das mög- lichst bald durch ein modifiziertes allgemeines Archiv- recht abgelöst werden sollte. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225256 (C) (D) (A) (B) Opfern der Ausspähung durch das MfS muss weiterhin ein uneingeschränktes Recht auf Einsicht in ihre Akten zugesichert werden. Personenbezogene Informationen, die die Privatsphäre betreffen, müssen in jedem Fall – unabhängig davon, wel- che Fallgruppe nach dem StUG betroffen ist – für die Öf- fentlichkeit unzugänglich sein. Die PDS schließt sich den Bedenken des Bundesbe- auftragten für den Datenschutz an, wonach ein derart schwer wiegender Eingriff in das Grundrecht auf informa- tionelle Selbstbestimmung, wie ihn die Herausgabe von Akten auch gegen den Willen der betroffenen Personen darstellt, „besonders problematisch“ erscheint, weil er fast zwölf Jahre nach der Wiedervereinigung kaum noch mit der Zweckbestimmung „Forschung zum Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes sowie für die Zwecke der politischen Bildung“ begründet werden kann. Viele Un- terlagen werden gerade von Journalisten nur genutzt, weil sie bestimmte Personen betreffen, nicht aber um die Ar- beit der Stasi aufzuarbeiten. Ziel der weiteren Novellierungen muss es sein, die Er- forschung der Funktionsweisen und Tätigkeiten von Ge- heimdiensten möglich zu machen. Für ein vollständiges Bild sowohl der DDR-Geschichte als auch der deutsch- deutschen Beziehungen sind die „Gegenstücke“ zu den Stasiunterlagen in den Akten der westdeutschen Geheim- dienste unverzichtbar. Vor diesem Hintergrund kritisiert die PDS, dass die Regierungskoalition ihr Versprechen, ein Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen, nicht einge- halten hat. Diese Punkte in unserem Entschließungsantrag sind wichtige Elemente für die notwendige weitere Diskussion über den Umgang mit den Stasiunterlagen. Rolf Schwanitz (SPD):Der Abgeordnete Büttner von der CDU/CSU-Fraktion kritisierte in seinem Redebeitrag zur zweiten Lesung des Änderungsgesetzes zu den Stasi- Unterlagen in der vergangenen Woche den vielstimmigen Chor, der nunmehr seit eineinhalb Jahren die Diskussion um die Nutzung der Stasi-Akten begleitet. Nicht hinge- wiesen hat er dabei auf die interessanten Ausführungen des Kanzlerkandidaten der Union, der sich zu Beginn die- sen Jahres in der „Super Illu“ (Nr. 13/2002) zu seinen Vor- stellungen über den weiteren Umgang mit den Stasi-Un- terlagen geäußert hat. Auf die Frage danach, ob man die Stasi-Verbrechen weiter aufarbeiten solle oder eher ein Schlussstrich gezogen werden müsste, antwortete Herr Stoiber: „Ich glaube, wir sind heute noch nicht so weit. Aber der Zeitpunkt wird sicherlich kommen, wo man sich einigt, die Stasi-Akten zu schließen. Wenn ich Verantwortung trage, bin ich gern bereit, gegen Mitte der nächsten Le- gislaturperiode darüber eine Generaldebatte anzustoßen.“ Da wundert es nicht, wenn Kollege Büttner selbst letzte Woche dafür wirbt, etwa Mitte der nächsten Legis- laturperiode „endgültige Regelungen für die Endlagerung des Stasi-Akten-Bestandes zu treffen“. Diese Ankündigungen lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Und gerade die Menschen in Ost- deutschland, die sich vor allem durch friedliche Revolu- tion die Öffnung der Stasi-Akten erkämpften, müssen wissen, wohin die Reise gehen soll. Auch darüber wird übrigens am 22. September 2002 abgestimmt und die So- zialdemokraten werden gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen alles unternehmen, dass ein solcher Schlussstrich unterbleibt. Dieses fünfte Änderungsgesetz zu den Stasi-Unterlagen ist notwendig geworden, weil das Bundesverwaltungsge- richt im Ergebnis der Klage von Helmut Kohl eine restrik- tive Auslegung des § 32 vorgenommen hat. Anders als in den vergangenen zehn Jahren würden ohne Gesetzesände- rung Unterlagen von Personen der Zeitgeschichte und Amtsinhabern in Ausübung ihres Amtes zu Aufarbeitungs- zwecken faktisch nicht mehr zur Verfügung stehen. Sie könnten nur noch mit deren ausdrücklicher Einwilligung für die historische, politische und juristische Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes verwendet wer- den. Damit stünde ein der zentralen Aufgabenbereiche des Stasi-Unterlagen-Gesetzes faktisch vor dem Aus. Die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben sich nach schwierigen Gesprächen und Verhand- lungen darauf verständigt, durch eine gemeinsame Ände- rung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes für Klarheit zu sor- gen und die weitere Aufarbeitung möglich zu machen. Diese Aufarbeitung ist nicht nur ein Anliegen einzelner „wilder Bürgerrechtler“, geschichtsbewusster Menschen oder betroffener Personen. Anlässlich der zehnjährigen Wiederkehr des In-Kraft-Tretens des Stasi-Unterlagen- Gesetzes im vergangenen Jahr äußerte sich die frühere Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts zum Stellen- wert der Aktennutzung für Aufarbeitungszwecke folgen- dermaßen: „... dieses Wissen ist ein Garant für den Fort- bestand einer zivilisierten Gesellschaft. Die weiterhin zu entschlüsselnde Wirkungsweise des Staatssicherheits- dienstes als ein Instrument der Diktatur ist ein notwendi- ger Kontrastbezug für die freiheitliche Demokratie.“ Wir brauchen diese Aufarbeitung also nicht nur zum Zwecke der Strafverfolgung, um Schicksale aufzuklären, um Opfer zu rehabilitieren und die Vergangenheit zu erhel- len. Wir brauchen diese Aufarbeitung vor allem deshalb, weil sie uns und unseren Nachkommen wichtige Anhalts- punkte für Wertorientierungen in unserer freiheitlich-de- mokratischen Grundordnung schafft. Deshalb ist die Not- wendigkeit der Aufarbeitung auch keine Frage von aktueller Stimmung, Mode oder Zeitgeist. Sie ist in diesem Sinne bleibender Auftrag im wiedervereinigten Deutsch- land aus unserer gemeinsamen Geschichte von Teilung und Diktatur. Hierzu haben sich die Bundesrepublik Deutsch- land und die DDR mit der gemeinsamen Vereinbarung vom 18. September 1990 unmittelbar vor der staatlichen Einheit verpflichtet und dies wird vom gesamtdeutschen Gesetzge- ber durch das Stasi-Unterlagen-Gesetz und seine heutige Novellierung erfüllt. Darum geht es, um nicht mehr und nicht weniger. Mit Verabschiedung des heutigen Änderungsgesetzes werden künftig wieder personenbezogene Informationen über Personen der Zeitgeschichte und Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger zur Aufarbeitung der Tätig- keiten des Staatssicherheitsdienstes nutzbar gemacht. Dabei Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25257 (C) (D) (A) (B) wird in Zukunft ein im Gesetz geregeltes Verfahren dafür Sorge tragen, dass die betroffenen Personen zuvor rechtzei- tig benachrichtigt werden und ihre Einwände gegen eine Nutzung der Informationen vorbringen können. Die Bun- desbeauftragte hat letztlich eine umfassende Prüfung und Abwägung zwischen den allgemeinen Persönlichkeits- rechten der betroffenen Personen und der Informations- und Wissenschaftsfreiheit, also dem Aufarbeitungsinte- resse, vorzunehmen. Wie bisher auch sollen durch die Nutzung und Veröffentlichung der Informationen keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der Person beein- trächtigt werden. Berücksichtigt wird dabei insbesondere auch, ob die Informationserhebung erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung beruht. Die Menschenrechts- verletzung bezieht sich dabei immer auf die Rechte der Person, zu der die Informationen vom Staatssicherheits- dienst erhoben worden sind. Das vorhandene Ermessen der Bundesbeauftragten im Abwägungsprozess reduziert sich in Abhängigkeit von der Schwere der Menschen- rechtsverletzung. So sind beispielsweise Eingriffe in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis von besonderer Be- deutung, führen jedoch nicht automatisch zum Versagen der Herausgabe oder Veröffentlichung. Demgegenüber geht das Ermessen der Bundesbeauftragten gegen null, wenn die Informationen durch schwere Menschenrechts- verletzungen, wie etwa durch Folter, erlangt wurden. So kann ein späterer Amtsinhaber oder eine Person der Zeit- geschichte zum Beispiel während einer früheren Stasi-Haft beispielweise gefoltert worden oder zu Selbstbezichtigun- gen gezwungen worden sein. Diese Menschenrechtsver- letzung, welche die Voraussetzung für das Erlangen der Information war, hatte eine solche Schwere, dass im Ab- wägungsprozess das heutige Aufarbeitungsinteresse zu- rückstehen muss. Andererseits ist der einengende Maßstab der Men- schenrechtsverletzung bei der Informationserhebung auch nicht unbegrenzt. Anliegen der Regelung ist es nicht, die Informationserhebung durch den Staatssicherheits- dienst nachträglich generell am Maßstab der Menschen- rechte oder eines grundrechtskonformen Handelns zu messen. Solche Maßstäbe haben in der DDR faktisch nicht existiert. Deshalb ist beispielsweise die Informati- onserhebung mittels inoffizieller Mitarbeiter in diesem Sinne nachträglich nicht automatisch als Menschen- rechtsverletzung zu werten. Die Regelung folgt stattdes- sen dem Modell, das bereits jetzt in § 19 Abs. 1 StUG, im Zusammenhang mit der Stichtagsregelung bei Auskünf- ten über IM-Tätigkeit vorhanden ist. Auch in diesen Fäl- len wird über eine vor 1975 liegende inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst nur dann informiert, wenn „ein Mitarbeiter im Zusammenhang mit seiner inoffiziel- len Tätigkeit ein Verbrechen begangen oder gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat“. Die Menschenrechtsverletzung hat also eine besondere Qualität. Die Zuordnung des Abwägungsprozesses zur Bundes- beauftragten ist angemessen und zweckmäßig. Die Bun- desbeauftragte verfügt hierfür über eine besondere Rechtsstellung und erhält nun gesetzliche Regelungen für das notwendige Verfahren. Diese Regelungen ermögli- chen den angemessenen Ausgleich zwischen dem Inte- resse an einer politischen und historischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes einerseits und der Sicherung der individuellen Rechte der Betroffenen andererseits. Dieser Abwägungsprozess muss wieder ermöglicht und geleistet werden, auch im zweiten Jahrzehnt der staat- lichen Einheit. Denn die Wiedervereinigung unseres Lan- des, das Hinzukommen der Ostdeutschen mit besonderen Interessen und Ansprüchen ist mehr als ein befristeter Störfall des Westens, der nach einer bestimmten Zeit durch die Rückkehr zur Normalität beendbar wäre. Hieran muss gelegentlich erinnert werden. Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – der Beschlussempfehlung und des Berichts: Tätigkeitsbericht 1999 und 2000 des Beauf- tragten für den Datenschutz – 18. Tätigkeit- keitsbericht – – des Antrags: Sichere Informations- und Kom- munikationsinfrastrukturen gewährleisten – des Antrags: Umfassende Modernisierung des Datenschutzrechts voranbringen (Tagesordnungspunkt 15, Zusatztagesordnungs- punkt 7 und 8) Gisela Schröter (SPD): Der vorliegende 18. Tätig- keitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz berücksichtigt die Jahr 1999 und 2000. Die Antiterrorge- setzgebung, die wir im vergangenen Jahr verabschiedet haben, ist also noch nicht aufgenommen. Erlauben Sie mir dennoch eine Bemerkung dazu: Der viel zitierte 11. September des vergangenen Jahres mar- kiert auch eine Zäsur im Bereich des Datenschutzes. Denn die massive terroristische Bedrohung erfordert es, dass die Balance zwischen den Grundrechten auf Persönlich- keitsschutz und persönlicher Sicherheit neu austariert wird. Entscheidend dabei ist es, dass die Substanz des Persönlichkeitsrechts nicht angegriffen wird. Darin liegt die großer Herausforderung bei der Gesetzgebung zur Terrorismusbekämpfung. Wir haben das so gelöst: Mehr Befugnisse für die Si- cherheitsbehörden gibt es nur auf Zeit und nur unter dem Vorbehalt, dass die entsprechenden Maßnahmen auch wirklich geeignet, wirksam und verhältnismäßig sind. Das muss eigens evaluiert werden und dem Parlament ist ein Bericht darüber vorzulegen. Mit diesem Verfahren ha- ben wir eine verlässliche Sicherung für das Persönlich- keitsrecht eingebaut. Ich bin gespannt, wie der nächste, der 19. Tätigkeitsbericht diese Gesetzgebung im Lichte erster Praxiserfahrungen beurteilen wird. Lassen Sie micht auf den vorliegenden Bericht zurück- kommen. Wieder bietet er eine gründliche Bestandsauf- nahme aller datenschutzrechtlich relevanten Bereiche in Verwaltung und Gesetzgebung unter Einschluss des nicht Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225258 (C) (D) (A) (B) öffentlichen Bereichs. Es wird Buch geführt über inzwi- schen beseitigte Missstände. Es werden fortbestehende Defizite aufgezeigt. Im Sinne eines Frühwarnsystems wird die Aufmerksamkeit auf sich abzeichnende Lücken im Datenschutz gelenkt. Es werden Handlungsempfeh- lungen ausgesprochen und Korrekturen eingefordert. Im Ergebnis ist der Bericht ein umfassendes Kompendium, ein reichhaltiger Fundus, der das ganze Spektrum der Ver- arbeitung personenbezogener Daten aufzeigt und die da- raus resultierende Gefahren für das Recht auf informatio- nelle Selbstbestimmung vor Augen führt. Dafür möchte ich dem Bundesbeauftragten, Herrn Dr. Jacob, ausdrück- lich danken. Ich freue mich, dass wir im Ausschuss – wie in den Jah- ren zuvor – zu einer gemeinsamen Entschließung – leider ohne die PDS-Fraktion – gefunden haben. Das ist das Er- gebnis ausführlicher Berichterstattergespräche, bei denen uns Herr Dr. Jacob ebenso wie das BMI beratend zur Seite gestanden haben. Ich möchte mich auch bei allen Be- richterstatterkolleginnen und -kollegen herzlich bedan- ken. Die Mühe hat sich gelohnt. Viele datenschutzrechtliche Beanstandungen haben sich seit Vorlage des Berichts im März 2001 erledigt. So gibt es mit dem verabschiedeten Änderungsgesetz zur Strafprozessordnung eine Nachfolgeregelung für den § 12 Fernmeldeanlagengesetz (FAG). Die Telekommunika- tionsüberwachungs-Verordnung (TKÜV) ist seit dem November letzten Jahres in Kraft. Mit dem EGG, dem Elektronischen Geschäftsverkehr-Gesetz wurde das Tele- dienstedatenschutz-Gesetz (TDDSG) novelliert. Andere vom Datenschutzbeauftragten monierte Pro- bleme bestehen nach wie vor. Die dringlichsten haben wir in unserem Entschließungsantrag zusammengefasst. So warten wir immer noch auf die Vorlage eines Arbeitneh- merdatenschutzgesetzes. Die Überwachbarkeit von Ar- beitnehmerverhalten im Zusammenhang mit E-Mail- und Internetnutzung bringt ernste Risiken für die informa- tionelle Selbstbestimmung. Möglich ist nämlich die Er- mittlung von Verhaltens- und Leistungsdaten durch den Arbeitgeber. Datenschutzrechtlich ist das höchst proble- matisch. Weiterhin brauchen wir endlich verbindliche Regelun- gen für Chipkarten im Gesundheitswesen. Der Schutz der Gesundheitsdaten auf der Chipkarte ist bisher unzuläng- lich. Hier fehlt noch ein eigenes Gesetz. Notwendig ist auch die Einführung eines Straftatbe- standes für heimliche Bildaufnahmen und deren Veröf- fentlichung. Hier besteht eine Gesetzeslücke. Die heimli- che Aufnahme des nicht öffentlich gesprochenen Wortes ist nach § 201 Strafgesetzbuch bereits strafbar. Auch für Bildaufnahmen brauchen wir dringend eine strafgesetzli- che Regelung. In zwei Punkten unserer Entschließung beziehen wir uns auf ganz aktuelle Dringlichkeiten: Bei der Entschlüs- selung des menschlichen Genoms brauchen wir klare Strafnormen, also die Einführung eines Straftatbestandes für die heimliche Analyse des Genoms. Gentests ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung und ohne Ein- willigung des Betroffenen sind zu verbieten. Bei der Terrorismusbekämpfung halten wir es für er- forderlich, das die Eingriffsvoraussetzungen bei der präventiven Rasterfahndung bundesweit vereinheitlicht und datenschutzrechtlich unbedenklich gestaltet werden. Auch hier besteht dringender Handlungsbedarf. Ein Bei- spiel aus Thüringen belegt das: Nach dem neuen Thürin- ger Polizeigesetz kann die Polizei weitgehend nach eige- nem Ermessen eine Rasterfahndung in Gang setzen. Schon zuvor hat es eine ärgerliche Fahndungsspanne ge- geben: Bei der Rasterfahndung nach mutmaßlichen isla- mistischen Terroristen in Thürigen hat die Fachhoch- schule Nordhausen Daten von 300 Studenten an die Polizei gegeben, die gar nicht den Kriterien der Raster- fahndung entsprachen. Für wichtig halte ich es, dass die zweite Stufe der um- fassenden Modernisierung des Datenschutzrechts in An- griff genommen und bis zur Mitte der nächsten Wahlperi- ode umgesetzt wird. Im Auftrag des Bundesministeriums des Innern ist hierzu ein Gutachten erarbeitet worden. Seit dem November vergangenen Jahres liegt es vor. Hier werden wichtigte Eckpunkte für das Reformvorhaben for- muliert: Das Datenschutzrecht soll einfacher, verständli- cher werden und es ist den neuen Formen der Datenver- arbeitung anzupassen. Wir brauchen ein Datenschutzrecht mit klaren Abgrenzungen zwischen allgemeinen und be- reichsspezifischen Regelungen. In einem Punkt haben wir noch bis zuletzt um Einver- nehmen gerungen: bei der Gutachterbestellung in der ge- setzlichen Unfallversicherung und nach dem SGB IX. Hier wurde der Vorschlag gemacht, als Gutachter bevor- zugt den zuständigen Amtsarzt einzusetzen. Hierzu möchte ich anmerken: Ist nach SGB IX für die Fest- stellung des Leistungsbedarfs ein Gutachten erforderlich, benennen die Rehabilitationsträger in der Regel drei Sachverständige. Der Leistungsberechtigte kann einen auswählen. Auf seinen Antrag hin können auch andere ge- eignete Sachverständige herangezogen werden. Die Be- hindertenverbände haben dieses Verfahren ausdrücklich begrüßt. Eine normierte vorrangige Beauftragung von Amtsärzten steht im Widerspruch zu dem mit dem SGB IX verfolgten Ziel der Förderung der Selbstbestimmung von behinderten Menschen. Es kann auch nicht pauschal von einer Eignung aller Amtsärzte ausgegangen werden. In der gesetzlichen Unfallversicherung gilt: Grund- sätzlich kann der Versicherungsträger jeden Arzt als Gut- achter beauftragen, wenn dieser fachlich geeignet ist, also auch einen Amtsarzt. Amtsärzte erfüllen die an einen Gut- achter zu stellenden Anforderungen in der Regel nicht: Es ist eine besondere fachliche Spezialisierung/Qualifizie- rung erforderlich. Oft gibt es spezielle Anforderungen an die Praxisausstattung, die in der Regel bei Amtsärzten nicht vorhaden ist. Die Zahl bei den Berufsgenossen- schaften anfallenden Begutachtungen (circa 140 000) wäre von den Amtsärzten mengenmäßig nicht zu be- werkstelligen. Ich kommen zum Schluss. Mit unserem Antrag soll die Bundesregierung zur Erledigung dringlicher daten- schutzrechtlicher Aufgaben aufgefordert werden. Mir perönlich liegt dabei die Umsetzung der zweiten Stufe der Modernisierung des Datenschutzrechts besonders Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25259 (C) (D) (A) (B) am Herzen. Ich bin überzeugt, diese Reform wird dazu beitragen, auch in Zeiten terroristischer Bedrohung die Herausforderungen für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu bestehen. Beatrix Philipp (CDU/CSU): Seit 1978 wacht der Bundesbeauftragte für den Datenschutz über die Einhal- tung der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes so- wie der bereichsspezifischen Vorschriften über den Daten- schutz. Mittlerweile beraten wir den 18. Tätigkeitsbericht zum Datenschutz. Mit diesem Bericht gibt der Bundesbe- auftragte für den Datenschutz Rechenschaft über den Da- tenschutz und liefert eine akkurate Zustandsbeschreibung des Datenschutzes. Mein Dank gilt daher zunächst Herrn Dr. Jacob und seinen Mitarbeitern und dem Bundesministerium des In- nern. Ich bedanke mich für die zahlreichen substanziier- ten datenschutzrechtlichen Hinweise und Verbesserungs- vorschläge, die allerdings auch zeigen, dass für die Umsetzung mancher Anregungen oft eine einzige Legis- laturperiode nicht ausreicht. In diesem Jahr feierten wir ein Jubiläum. Seit 25 Jah- ren gibt es nun das Bundesdatenschutzgesetz. Anfangs wurde es eher als Stiefkind betrachtet, oft als „lästig“. Mittlerweile ist das Thema Datenschutz in der öffentli- chen Wahrnehmung fest verankert und hat an Bedeutung und Aktualität immer mehr zugenommen. Ein Anstoß war sicherlich auch das Volkszählungsur- teil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983. Mit dieser Entscheidung wurde erstmals das infor- mationelle Selbstbestimmungsrecht herausgearbeitet, das heißt die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung fol- gende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen per- sönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, wie das Gericht damals ausführte. Es grenzt an einen Skandal, dass diese Tatsache gerade im Rahmen des Stasi-Unterla- gen-Gesetzes, das diese Woche beraten wird, bei den Re- gierungsparteien und der FDP hinter das öffentliche Inte- resse zurückgestellt wird. Sensibilisiert durch die Tatsache, dass heutzutage im- mer mehr Daten mittels neuer Medien übermittelt werden können, ist der Gesetzgeber immer bestrebt, diesen Ent- wicklungen durch Regelungen nachzukommen, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht gebührend berücksichti- gen. Denn, wie das Bundesverfassungsgericht damals feststellte, es gibt kein belangloses Datum mehr, weil durch Verarbeitung und Verknüpfung gerade dieses einen neuen Stellenwert bekommen kann. Datenschutz wurde zunächst als „Abwehrrecht“ des selbstbestimmten Bürgers gegenüber dem Staat verstan- den. Heute sind staatliche Datenerhebung und -verarbei- tung strengen Anforderungen und Kontrollen unterwor- fen; bei den privatwirtschaftlich betriebenen, personenbezogenen Datenbanken sind die Anforderungen dagegen noch sehr gering. Es muss hier ein Weg gefunden werden, der die Wirtschaft nicht unnötig belastet, wenn der Datenschutz auch durch Selbstverpflichtung der Wirt- schaft erreicht werden kann. Ein übertriebener Regle- mentierungswahn, wie wir ihn beim „Datenschutzaudit“ kennen, sei hier nur als negatives Beispiel genannt. Ich habe mich dazu an verschiedenen Stellen schon kritisch geäußert. Auf der anderen Seite muss man immer wieder fest- stellen, dass unter der Gefahr des „Überwachungsstaates“ notwendige Regelungen zur präventiven und repressiven Verbrechensbekämpfung nur zögerlich bis gar nicht um- gesetzt werden. Da muss ich insbesondere Ihnen, meine Damen und Herren von Rot-Grün, Vorwürfe machen. Nachdem Sie jahrelang unsere Vorschläge für eine wirksamere Verbre- chensbekämpfung immer wieder abgelehnt hatten, ja als übertrieben gewertet haben, sind Sie leider erst durch die Anschläge vom 11. September 2001 wachgerüttelt wor- den. Der Datenschutz, die Befugnis selbst zu entscheiden, wann persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, findet dann seine Grenzen und muss sinnvoll abgewogen werden, wenn es um eine wirksame Verbrechensbekämp- fung bzw. Terrorismusbekämpfung geht. Der 11. Septem- ber 2001 hat uns allen überdeutlich gemacht, wie angreif- bar unsere Bevölkerung, unser Staat und unsere Demokratie sind. Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger darf nicht durch ein falsches Verständnis von Da- tenschutz vernachlässigt werden. Datenschutz darf nicht zu Täterschutz werden. Ja, ich weiß, über diesen Satz re- gen Sie sich immer wieder auf. Aber er ist wahr und bleibt wahr, auch wenn sie es noch immer leugnen wollen; es gibt dafür genug Beispiele. Auch bei neuen Techniken muss sich der Gesetzgeber Möglichkeiten offen halten, wirksame Verbrechens- bekämpfung zu realisieren. Die ständige Zunahme der Mobilfunkgeräte muss eine wirksame Verbrechens- bekämpfung, auch die Überwachung des Mobilfunkver- kehrs, ermöglichen. Gespräche wie auch notwendige Ver- bindungsdaten, also wer wann wie lange und wo mit wem telefoniert hat, müssen feststellbar sein. Neue Techniken der Überwachung von Mobilfunkgerä- ten wie der IMSI-Catcher dürfen nicht durch eine Überre- glementierung in der Strafprozessordnung erschwert bzw. verhindert werden. Hier nicht durch wirksame Maßnah- men Schritt zu halten, kommt einer Kapitulation vor der organisierten Kriminalität gleich. Ich habe immer wieder den Eindruck, dass Rot-Grün gerade in diesem Bereich völlig andere Prioritäten setzt. Wann wollen Sie endlich einsehen, dass wirksame Verbrechensbekämpfung auch mit effektivem Datenschutz in Einklang zu bringen ist? Trotz zahlreicher Versprechungen, den Anforderungen einer modernen Informationsgesellschaft gerecht zu wer- den, muss festgestellt werden, dass es noch immer erheb- liche Lücken gibt. Ich nenne hier nur das Arbeitnehmer- datenschutzgesetz. Der Gebrauch von PC, E-Mail, Chipkarten und com- putergesteuertes oder -unterstütztes Arbeiten gehören heutzutage zum Alltag. Der Einsatz dieser modernen Informations- und Kom- munikationstechnologie bietet große Chancen und neue Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225260 (C) (D) (A) (B) Optionen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese neuen Informationsmöglichkeiten erfordern aber auch im Arbeitsbereich Schutzmaßnahmen. Man sollte die Risiken für das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer durch die technisierte Ermittlung von Verhaltens- und Leistungsdaten nicht unterschätzen. Bisher wird Arbeit- nehmerdatenschutz nur durch die Rechtsprechung er- reicht. Es ist sehr problematisch, wenn Arbeitnehmer und Ar- beitgeber ihre datenschutzrechtlichen Rechte und Pflich- ten nach geltendem Recht überwiegend nur aus der Recht- sprechung ableiten können. Schon aus diesem Grunde ist ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz mehr denn je not- wendig. Dieser Bereich gehört zu den eingangs zitierten „unerledigten“ Hausaufgaben. In Ihrem Koalitionsvertrag von 1998 hieß es noch: „Ef- fektiver Datenschutz im öffentlichen und im privaten Be- reich gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für eine demokratische und verantwortbare Informationsge- sellschaft“. So erwartete jeder, insbesondere die Gewerk- schaften, von Ihnen die Vorlage eines Arbeitnehmerda- tenschutzgesetzes. Dazu kann ich leider nur sagen: Nicht direkt versprochen, aber dennoch nicht erledigt. Ein weiterer Bereich ist das Schufa-Verfahren. Auch dazu muss ich anmerken, dass dieses Verfahren bereits im letzten Tätigkeitsbericht bemängelt worden ist. Auch hier muss ich feststellen: Es hat sich fast nichts getan. Diese Bonitätsprüfungen sind sicherlich notwendig. Die Frage, ob jemand kreditwürdig ist, darf heute nicht unterschätzt werden. Immer mehr Bezahlungen erfolgen durch Kre- dite; ein Ausfall der Rückzahlung ist ein nicht zu unter- schätzender wirtschaftlicher Verlust. Daher ist die Aus- kunft, ob jemand kreditwürdig ist, nur berechtigt. Allerdings darf dies nicht so zulasten der Betroffenen gehen, dass diese über das Verfahren, insbesondere über ihren Scorewert, also die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kredit in den nächsten 15 Monaten ausfällt, mangelhafte bzw. gar keine Auskunft erhalten. Es ist auch nicht hinnehmbar, dass die Nachfrage der Betroffenen nach ihrem Scorewert sich negativ auf ihre Bonitätsprüfung auswirkt. Dies bedeutet letztlich, dass der bestraft wird, der von seinem Selbstauskunftsrecht nach dem Bundesdatenschutzgesetz Gebrauch macht. Trotz einiger positiver Veränderungen sind immer noch einige Nachbesserungen erforderlich. So kann ich mir vorstellen, dass dem Betroffenen die relevanten Da- ten für den Scorewert und deren Gewichtung mitgeteilt werden. Es kann meines Erachtens nicht, ja es darf nicht sein, dass mit der Begründung des Patentrechtes den Be- troffenen nicht erkennbar wird, warum und aus welchen Gründen sie nicht kreditwürdig sind. Ich kann auch hier nur mit Nachdruck fordern, den Aufforderungen aus die- sem Tätigkeitsbericht zu folgen. Schließlich bleibt als letztes Beispiel, das auch schon im letzten Tätigkeitsbericht angesprochen worden ist, die Krypthographie. Dies bedeutet die Verschlüsselung von sensiblen Daten, insbesondere im Gesundheitswe- sen. Diese Daten werden durch mathematische Kompo- nenten so verschlüsselt, dass sie, für Dritte nicht nach- vollziehbar sind. Bereits im 17. Tätigkeitsbericht wurde auf die Gefahren hingewiesen und dringender Hand- lungsbedarf gesehen. Leider ist auch hier wenig gesche- hen. Der dringende Handlungsbedarf ist nach wie vor gegeben. In diesem Zusammenhang meine ich auch, dass es nötig ist, über den Missbrauch von Chipkarten im Ge- sundheitswesen nachzudenken. Sie alle kennen die Pro- blematik: eine Karte, zig Nutzer. Zusammengefasst lässt sich feststellen: Viele Punkte, die bereits im letzten Tätigkeitsbericht bemängelt worden sind, tauchen auch dieses Mal wieder auf und wir fordern erneut die Umsetzung der daraus resultierenden Konse- quenzen. Schließlich dient der Bericht dazu, unsere im- mer komplexer werdende Informationsgesellschaft und die Datenflut ein wenig durchschaubarer zu machen und den Menschen auch Ängste zu nehmen. Es gibt nicht viele Passagen im Koalitionsvertrag, die meine Zustimmung finden, aber eine: „Effektiver Daten- schutz im öffentlichen und im privaten Bereich gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für eine demokrati- sche und verantwortbare Informationsgesellschaft“. Aber erst die Umsetzung und die Abwägung von Chancen und Risiken, von wirklicher Notwendigkeit und blindem Ak- tionismus, macht den Datenschutz zu einem Bereich, den die Bevölkerung akzeptiert. Auf diese Akzeptanz sind wir in hohem Maße angewiesen. Ich wünsche mir wenigstens in dieser Beurteilung so viel fraktionsübergreifende Zustimmung, wie sie bei der parlamentarischen Beratung deutlich wurde. Ich habe be- sondere Veranlassung, mich für die Kollegialität zu be- danken. Sie ist heute leider nicht mehr selbstverständlich. Dieser kollegialen Zusammenarbeit widerspricht es, dass uns heute Nacht ein Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 14/9709, zugeleitet wurde, der für sich in An- spruch nimmt, eine umfassende Modernisierung des Da- tenschutzes voranzubringen. Eine intensive Befassung mit diesem Antrag würde meiner Arbeitsweise entsprechen. Neben Anregungen, über die man sicherlich vernünftig sprechen kann, sind al- lerdings Grundsatzvorstellungen, dass wir zum Beispiel den Datenschutz über den EU-Standard ausweiten sollten, nicht akzeptierbar. Schon aus diesem Grund können wir dem Antrag nicht zustimmen. Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mit Si- cherheit können sich einige von Ihnen noch an Folgendes erinnern: Als 1983 und 1987 die Bevölkerung in Deutsch- land – unter maßgeblicher Beteiligung der Grünen – ge- gen die geplanten Volkszählungen protestierte, ging es im Grundsatz darum, die eigene Privatsphäre vor staatlicher Ausforschung zu bewahren. Inzwischen haben sich die Vorzeichen aber merklich verändert. Nicht nur Behörden, sondern in zunehmendem Maße Unternehmen aus der Wirtschaft scheinen viel Sensibleres über die Menschen zu wissen, als damals vom Staat abgefragt wurde. Im Zeit- alter des Internet, in dem die User fast überall aufgefor- dert werden, persönliche Daten zu hinterlassen, sind zwei Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25261 (C) (D) (A) (B) Begriffe untrennbar miteinander verbunden: Datenschutz und Verbraucherschutz. Bündnis 90/Die Grünen haben nie locker gelassen, bei dem Einsatz für den Datenschutz. So sind wir maßgeblich an der Reform des Bundesdatenschutzgesetzes beteiligt und haben uns auch bei den Verhandlungen zu den Anti- Terror-Paketen stark für datenschutzrechtliche Belange eingesetzt. Die jahrelange Verschleppung der ersten BDSG-Novelle durch die alte Bundesregierung ist Aus- druck für eine gewisse politische Hilflosigkeit gegenüber der technisch und rechtlich scheinbar schwierigen Mate- rie „Datenschutz“ gewesen. Die Politik darf sich neuen Herausforderungen aber nicht verschließen. Nachdem wir die erste Stufe der Mo- dernisierung des Bundesdatenschutzgesetzes erfolgreich umgesetzt haben, werden wir in der nächsten Legislatur- periode die zweite Stufe in Angriff nehmen, die vor allem den Datenschutz für das Internetzeitalter fit machen soll. Wir wollen und müssen den Datenschutz für das 21. Jahr- hundert technik- und verbrauchergerecht regeln. Wir wollen insbesondere erreichen: ein umfassendes Auskunfts-, Wi- derspruchs- und Beschwerderecht für die Bürgerinnen und Bürger über ihre verarbeiteten und gespeichertenDaten, das Recht auf Anonymität und Pseudonymität von persönli- chen Daten, sobald eine Identifizierung nicht mehr zwin- gend notwendig ist, und einen systematischen Ausbau von Angeboten zum Selbstdatenschutz, wie die Vermittlung von Datenschutzkompetenz in Schule und Berufsausbil- dung und die Förderung von Verschlüsselungsprogram- men. Auch die Herausforderung durch die Entzifferung des menschlichen Genoms wollen wir annehmen, indem wir uns dafür einsetzen werden, die genetische Selbstbe- stimmung gesetzlich abzusichern. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die im Tätig- keitsbericht enthaltene Ankündigung der Bundesregierung, unter Einbeziehung von Wissenschaft und Praxis einen Ge- setzentwurf zu einem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz vorzulegen. Themen wie die Überwachung am Arbeits- platz oder das private Lesen von E-Mails müssen endlich für alle Beteiligten befriedigend gelöst werden. Ebenso begrüßen wir die Absicht der Bundesregierung, eine Strafvorschrift zum Schutze vor Verletzungen der In- timsphäre durch unbefugte Bildaufnahmen zu schaffen. Der Schutz der Privatsphäre bleibt auch im Zeitalter der Neuen Medien ein ganz wichtiges Thema. Des Weiteren werden wir uns für die Aufnahme des Grundrechts auf in- formationelle Selbstbestimmung als expliziten Grundge- setzartikel einsetzen. Zukünftiger Datenschutz muss effektiv verständlich und attraktiv sein. Wir wollen die Betroffenen selbst zu Teilnehmern des Datenschutzes machen. Die Verarbei- tung der eigenen Daten muss durch die Bereitstellung ent- sprechender Software rechtlich und technisch unterstützt werden. Transparenz und Selbstbestimmung sind die Stichworte, unter denen wir modernen Datenschutz ver- stehen und umsetzen wollen. Datenschutz ist niemals Täterschutz, sondern ein wich- tiges Instrument zur informationellen Selbstbestimmung. Wir wollen den mündigen Bürger, der weiß, was mit sei- nen Daten geschieht. Statt „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, muss es zukünftig heißen: „Vertrauen ist gut, Transparenz ist besser“. In diesem Sinne wollen wir die Modernisierung des Datenschutzes weiter vorantreiben. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (FDP): Auch der 18. Tätigkeitsbericht des Bundesdatenschutzbeauftrag- ten, der nun schon seit fast anderthalb Jahren vorliegt, ist wieder eine beeindruckende Fleißarbeit und eine Fund- grube für die verschiedensten Einblicke in das Daten- schutzgeschehen. Vor allem aber signalisiert er erneut manchen politischen Handlungsbedarf, den wir in unserer fraktionsübergreifenden Entschließung ja auch aufneh- men und für die neue Legislaturperiode festhalten. Ich will deshalb als erstes diese Ausrichtung des Be- richtes noch einmal hervorheben. Es scheint mir nämlich immer ein besonderer Vorzug der Bundesdatenschutzbe- richte zu sein, dass sie nicht nur Tätigkeitsnachweise und Sachverhaltsaufbereitung liefern, sondern Perspektiven zur Verbesserung und Weiterentwicklung bieten und da- mit wirklich politisch hilfreich sind. Die gute Zusammen- arbeit zwischen den Berichterstattern, dem Bundesdaten- schutzbeauftragten und den verantwortlichen Ministerien – besonders dem Innenministerium – tun ein Übriges. Und darum möchte ich mich an dieser Stelle auch noch bei allen Beteiligten für dieses fruchtbare Wirkenkönnen und die förderliche Atmosphäre bedanken, speziell beim Bundesdatenschutzbeauftragten selber. Von den herausgestellten Handlungsbedarfen liegen den Liberalen besonders die Nummern 1 und 9 am Herzen. Der Schutz vor Verletzung der Intimsphäre und des Kern- bereichs des Privaten muss weiter optimiert werden. Das bezieht sich ja nicht nur auf unbefugte Bildaufnahmen und deren Veröffentlichung oder die zunehmende Gefähr- dung durch private Datenmacht, vielmehr ist das ein Grund- und Querschnittsthema. Und die FDP hat darum auch schon des Längeren einen allgemeinen, übergreifen- den Antrag eingebracht, der indes zur Beratung leider von der Geschäftsordnungsmehrheit immer wieder hinausge- schoben wird. Im Übrigen erscheinen mir noch die Entschließungs- punkte 10 und l2 von besonderer Aktualität zu sein. Dass die Koalition bisher ein Gesetz zum genetischen Daten- schutz verhindert, ist schon an anderer Stelle nachdrück- lich kritisiert worden. Dass die präventive Rasterfahndung dringend eine Vereinheitlichung der einschlägigen Rechts- grundlagen braucht, hat sich durch die Praxiserfahrungen nach dem 11. September 2001 nachdrücklich bestätigt. Ob man hier auf ein allgemeines Recht hinwirken sollte, eine Zusammenarbeitsregelung auf der Grundlage von Art. 73 Nr. 10 des Grundgesetzes vorzieht, eine schmierige Rumpfvorschrift aufgrund Zuständigkeit kraft Natur der Sache anstrebt oder einen anderen Weg für sachdienlicher hält, muss allerdings noch geklärt werden. Nur sollte man dafür nicht zu viel Zeit verstreichen lassen. Petra Pau (PDS): Wir sprechen heute über den Tätig- keitsbericht des Bundesbeauftragten für Datenschutz über die Jahre 1999 und 2000. In langen und auch sehr inhalts- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225262 (C) (D) (A) (B) reichen Berichterstattergesprächen zu diesem Bericht wurde der Entwurf der heute zur Abstimmung stehenden Entschließung des Deutschen Bundestages erarbeitet. Ich kann nur dafür werben, den Tätigkeitsbericht selbst zur Kenntnis zu nehmen und nicht nur die heute vorliegende Entschließung, weil dieser sehr informativ ist und auf fast allen Politikfeldern Versäumnisse und auch Verstöße ge- gen das informationelle Selbstbestimmungsrecht offen- bart. Jedem Leser wird sehr schnell offenbar, dass bei- spielsweise im Bereich der Gesundheits-, Sozial- und Außenpolitik sehr schneller Denk- und Handlungsbedarf besteht, um vorhandene Missstände abzustellen. In der Entschließung werden in zehn Punkten die wich- tigsten Kritikpunkte des Bundesbeauftragten für Daten- schutz noch einmal unterstrichen. So geht es um den noch immer fehlenden Arbeitnehmerdatenschutz, um notwen- dige Regelungen im Bereich des Gesundheitswesens, um besonders schutzwürdige Daten auch tatsächlich zu si- chern, und um die Begrenzung der Datenmacht in priva- ter Hand. Wenn wir heute dieser Entschließung trotzdem nicht zustimmen können, dann liegt das einzig und allein am Punkt 11. In diesem wird die Bundesregierung aufge- fordert, gemeinsam mit den Ländern Überlegungen anzu- stellen, wie bei der Terrorismusbekämpfung die Ein- griffsvoraussetzungen der präventiven Rasterfahndung „bundesweit vereinheitlicht, datenschutzrechtlich unbe- denklich und effektiv gestaltet werden können“. Diesem Passus kann ich schon deshalb nicht zustimmen, weil er einen Widerspruch in sich birgt. Es ist eben nicht möglich, einerseits das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zu schützen und gleichzeitig all seine Da- ten zur Sammlung und Rasterung freizugeben. Hier wird der Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung unter der Überschrift Terrorismusbekämpfung aufgehoben. Spätes- tens nach den einschlägigen Urteilen von Verwaltungsge- richten, hätten wir uns vielleicht auch noch dieses Punk- tes annehmen sollen. Nun liegt uns heute nicht nur der Entschließungsantrag vor. Die Koalition hat uns einen weiteren Antrag zum Thema Datenschutz auf den Tisch gelegt und zur Abstim- mung vorgelegt. Unter der Überschrift „Umfassende Mo- dernisierung des Datenschutzrechtes voranbringen“ werden viele wünschenswerte Forderungen an die Bundesregie- rung gestellt. Ich frage mich nur, warum dieser sehr breite Auszug aus ihrer Koalitionsvereinbarung von 1998 nun in den Rang eines Beschlusses des Bundestages erhoben werden muss, wenn das doch alles Forderungen sind, die sie selbst im gesetzgeberischen Verfahren hätte voran bringen müssen. Ich nehme nur ein Beispiel heraus: Der Arbeitnehmer- datenschutz bzw. die Schaffung eines Arbeitnehmerda- tenschutzgesetzes ist seit 1986 eine alljährlich wieder- kehrende Hängepartie. Seitdem wird in allen Berichten des Datenschutzbeauftragten diese Anforderung an die je- weilige Bundesregierung gestellt. Oder nehmen wir den Punkt 16 Ihrer Entschließung: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Entwurf eines In- formationsfreiheitsgesetzes für den Zugang von Bürge- rinnen und Bürgern zu amtlichen Informationen der Behörden vorzulegen, um die demokratischen Beteili- gungsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken und die Kontrolle staatlichen Handelns zu fördern.“ So weit, so gut. Auch das stand auf der Agenda der Koalition und wäre spätestens mit der Debatte um die Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes mit zu erarbeiten gewesen. Diese Entschließung stellt eigentlich eine Bankrott- erklärung der Koalition auf dem Gebiet der Bürgerinnen und Bürger Rechte dar. Wir sind nicht bereit, mit unserer Zustimmung solches auch noch abzusegnen. Fritz Rudolf Körper, Parlamentarischer Staatssekre- tär beim Bundsminister des Innern: Erst kürzlich haben auf Einladung des Bundesbeauftragten Vertreter aus Poli- tik und Wissenschaft in einer Feierstunde das 25-jährige Bestehen des Bundesdatenschutzgesetzes gewürdigt, zu dessen Erfolgsgeschichte die vom Gesetz garantierte un- abhängige Kontrolle der Datenverarbeitung öffentlicher Stellen des Bundes ganz wesentlich beigetragen hat. Auch der 18. Tätigkeitsbericht ist Beleg dafür. Der Bericht gibt einen Überblick über die Schwerpunkte der Arbeit des Bundesbeauftragten in den Jahren 1999 und 2000 sowie einen Ausblick auf die in naher Zukunft anstehenden wichtigen Fragen zum Persönlichkeitsrecht. Der Bericht macht auch deutlich, dass sich das Thema Datenschutz in der öffentlichen Wahrnehmung seit In- Kraft-Treten des BDSG vor 25 Jahren fest etabliert hat und in Deutschland sehr ernst genommen wird. Besonders erfreulich ist, dass sich keine Hinweise auf eine ernstliche Bedrohung des Datenschutzes ergeben haben. Besondere Erwähnung verdient das zügige und koopera- tive Verfahren der parlamentarischen Beratung des 18. Tä- tigkeitsberichts. Entsprechend den Vereinbarungen im ersten Berichterstattergespräch im Juni 2001 wurde die Stellungnahme der Bundesregierung noch im Dezember 2001 dem Innenausschuss zugeleitet. Hervorzuheben ist die sachliche und konstruktive Zusammenarbeit zwischen dem BfD, den Berichterstattern und den Vertretern der Bundesregierung. Auch den Berichterstattern und dem BfD sei hierfür vonseiten der Bundesregierung ausdrück- lich gedankt. Einige wichtige Forderungen im 18. Tätigkeitsbericht konnten von der Bundesregierung bereits erfüllt werden. Der durch die Europäische Datenschutzrichtlinie ausgelös- te Änderungsbedarf wurde mit dem Gesetz vom 23. Mai des vergangenen Jahres umgesetzt. Über die unmittelbar richtlinienbedingten Änderungen hinaus wurden erste Modernisierungselemente aufgenommen, so der Grund- satz der Datenvermeidung und -sparsamkeit, eine Chip- kartenregelung sowie das Datenschutzaudit als Pro- grammsatz. Die Realisierung dieses Programmsatzes ist auf dem Weg. In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Verwal- tungswissenschaften Speyer und dem Unabhängigen Lan- deszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein wird im Rahmen einer Gesetzesfolgenabschätzung im September dieses Jahres in Speyer ein Workshop durchgeführt wer- den, dessen Ergebnisse Grundlage für den zu Beginn der nächsten Legislaturperiode zu erstellenden Entwurf des geplanten Bundesdatenschutzaudit-Gesetzes sein sollen. Erste Schritte zur notwendigen, umfassenden Neuord- nung sind damit erfolgt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25263 (C) (D) (A) (B) Der 18. Tätigkeitsbericht zeigt aber auch, dass zum Schutz des Persönlichkeitsrechts und der personenbezo- genen Daten in mancher Hinsicht weitere Verbesserungen sinnvoll und teilweise auch erforderlich sind. In den Ge- sprächen mit den Berichterstattern hat die Bundesregie- rung den hieraus folgenden Handlungsbedarf anerkannt. Zu nennen ist hier zunächst das Vorhaben eines Arbeit- nehmerdatenschutzgesetzes. Dieses Vorhaben wird von rasanten technischen Veränderungen und neuen Problem- lagen begleitet. Die Überlegungen der Bundesregierung gehen des- halb dahin, nicht nur die klassischen Bereiche des Da- tenschutzes für das Arbeitsverhältnis zu regeln, sondern zum Beispiel auch die private Nutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz und den Schutz von Betriebs- daten im Unternehmen. Die damit verbundenen kom- plexen Fragen müssen mit Praktikern, den betroffenen gesellschaftlichen Gruppen und mit Wissenschaftlern intensiv diskutiert und möglichst im Konsens beant- wortet werden. Nur so kann eine fundierte Wissens- basis für die rechtlichen Entscheidungen geschaffen werden. Die Bundesregierung plant zudem, in der nächsten Le- gislaturperiode ein Gentest-Schutzgesetz vorzulegen. In diesem Gesetz werden sich auch – wie vom Bundesdaten- schutzbeauftragten gefordert – nebenstrafrechtliche Be- stimmungen finden. Ein ganz wesentliches Vorhaben ist die zweite Stufe der umfassenden Modernisierung des Datenschutzrechts, zu der in den Entschließungsantrag ein sehr ehrgeiziger Zeit- plan aufgenommen wurde. 25 Jahre nach In-Kraft-Treten des Bundesdatenschutzgesetzes steht der Datenschutz in Deutschland vor neuen Herausforderungen. Immens ge- stiegene Informationssammlungen und -verarbeitungen in privater Hand in Gestalt der neuen Technologien kenn- zeichnen die datenschutzrechtlichen Probleme der heuti- gen Zeit. In diesem Zusammenhang muss auch die Sicherheit in der Informationstechnik erwähnt werden. Ein Teil der sich hier abzeichnenden Handlungsfelder wurden in dem Entschließungsantrag ,,Sichere Informations- und Kom- munikationsinfrastrukturen gewähren“ der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bereits aufgezeigt. Sichere Informations- und Kommunikationsinfrastruktu- ren sind eine Voraussetzung dafür, um Datenschutz ge- währleisten zu können. Die Informationsgesellschaft stellt den Datenschutz vor etliche neue Herausforderun- gen. Der Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen macht den Handlungsbedarf für eine ,,umfassende Modernisierung des Datenschutz- rechtes“ deutlich. Dabei greife ich einen ganz besonders wichtigen Aspekt heraus. Die Neugestaltung ist auch, aber nicht al- lein eine Frage besserer, technikadäquater und verständli- cherer Gesetze und Regelungen. Vielmehr muss das Ver- ständnis für die Notwendigkeit von Datensicherheit und Datenschutz in den Köpfen aller, die damit zu tun haben, erhalten und – wo notwendig – weiter gesichert werden. Das ist eine wichtige Aufgabe zum Schutze jedes Einzel- nen. Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass die im Rah- men der zweiten Stufe der Modernisierung des Daten- schutzrechts vorzubereitenden gesetzgeberischen Maß- nahmen einer umfassenden Abstimmung zwischen Bund und Ländern bedürfen. Es gilt, im Interesse eines schlüs- sigen Gesamtkonzepts den prinzipiellen Gleichklang zwi- schen Bundes- und Landesregelungen auch in Zukunft zu erhalten. Eine angemessene Berücksichtigung sowohl der wirtschaftlichen und staatlichen Interessen der auf Da- tenverarbeitung angewiesenen Stellen als auch der Inte- ressen der Betoffenen wird darüber hinaus eine breite Beteiligung erforderlich machen. Die Bundesregierung nimmt diese Herausforderung an. Anlage 24 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Verbot des Klonens menschlicher Embryoen weltweit durchsetzen – Das Klonen menschlicher Embryonen inter- national ächten (Tagesordnungspunkt 16) René Röspel (SPD): Am 21. Juni 2001 gaben der da- malige französische Außenminister Védrine und der deut- sche Außenminister Fischer bekannt, sich mit einer ge- meinsamen Initiative in den Vereinten Nationen für ein international verbindliches Rechtsinstrument zum welt- weiten Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen einzusetzen. Diese Initiative der Bundesregierung ist – sicher über fast alle Parteigrenzen hinweg – sehr zu be- grüßen. In der letzten Zeit gab es immer wieder Vorstöße von unseriösen Wissenschaftlern und Medizinern wie dem italienischen Fortpflanzungsmediziner Severino Anti- nori, die angekündigt haben, unfruchtbaren Paaren durch Klonen zu einem eigenen Kind zu verhelfen. Die welt- weite Empörung, die nach den Ankündigungen zum re- produktiven Klonen laut wurde, führte letztlich zur Vor- lage der UN-Resolution „Internationale Konvention zum Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen“, die auf den Vorstoß der Außenminister Fischer und Védrine zurückgeht und die im November 2002 angenommen wurde. Auch wenn die Medienberichte ebenso unseriös sein mögen wie das Vorhaben, Menschen durch Klonen zu reproduzieren, so ist es doch in einer Zeit der rasanten Entwicklung auf dem Gebiet der modernen Medizin und Biotechnologie möglich, dass diese Grenze schneller überschritten werden könnte als das irgendjemand heute vermutet. Dies gilt es bereits im Vorfeld zu verhindern. Die Signale aus den Mitgliedstaaten für eine Ächtung des reproduktiven Klonens sind deutlich. Es ist zu hoffen, dass es so rasch wie möglich zu einem international wirk- samen Verbot kommen wird. Dafür gebührt der Delega- tion der Bundesregierung viel Dank und alle Unterstüt- zung. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225264 (C) (D) (A) (B) Der Aufschrei gegen das Klonen richtet sich allerdings bisher bei der Mehrheit der Staaten nur gegen das repro- duktive Klonen. Dazu kann man zwei Wege benutzen: das so genannte Embryosplitting und den Zellkerntransfer, fälschlicherweise „therapeutisches“ Klonen genannt. Bei der hier nicht näher behandelten Methode des Em- bryosplitting wird der frühe, aus wenigen Zellen beste- hende Embryo in zwei oder mehrere genetisch völlig identische Embryonen geteilt, ein Verfahren, das schon vor fast hundert Jahren an Seeigelembryonen durchge- führt worden ist. Diese Möglichkeit, die in der Natur zur Zwillings- bzw. Mehrlingsentstehung führt, trifft auf ein- hellige Ablehnung und soll daher nicht weiter behandelt werden. Im Fokus der Diskussion steht der Zellkerntransfer, bei dem in eine Eizelle, deren Zellkern zuvor entfernt worden ist, der Zellkern desjenigen transferiert wird, für den die nunmehr wachsenden Zellen verwendet werden sollen. Über diesen Weg hoffen Wissenschaftler, Zell- oder Ge- webeersatz, einige Fantasten sogar Organersatz herstellen zu können. Die erhoffte Anwendung ähnelt also den Hoffnungen, die in die embryonalen Stammzellen gesetzt werden – allerdings mit dem großen Unterschied, dass es sich – weil die genetische Information vom Zellkern des Patienten/Empfängers stammt – nicht um fremde Zellen handelt, die bei Transplantation auf den Empfänger eine Abstoßungsreaktion hervorrufen, sondern um dem Emp- fänger ähnliche Zellen. Wegen dieser erhofften Anwendung wird das Verfah- ren „therapeutisches Klonen“ genannt. Dieses Verfahren führte allerdings auch zum Entstehen des allseits bekann- ten Schafes „Dolly“. Das ist somit nicht auf dem jahrtau- sendealten, normalen Weg der Fortpflanzung entstanden, sondern durch Transfer eines Zellkerns aus einer Haut- zelle in eine entkernte Eizelle eines „Spenderschafs“ – Dolly ist genetisch fast völlig identisch mit dem Tier, dem die Hautzelle entnommen wurde: Es ist ein Klon. Hier zeigt sich genau der Punkt, warum diese Techno- logie nicht hingenommen werden kann: In jedem Fall wird ein Embryo geschaffen – entweder ausschließlich für den – nur in der Hoffnung existierenden – Zweck der Her- stellung von Zellen oder für den dem Wahnsinn entsprin- genden Vorhaben, Klone von lebenden oder toten Men- schen herzustellen. Ich will nicht über die ungelösten technisch-naturwis- senschaftlichen Fragen dieser Methode referieren – das würde den Zeitrahmen sprengen. Aber der Zellkerntrans- fer befindet sich noch im experimentellen Stadium und die bisherigen Erkenntnisse aus dem Tierversuch zeigen eher die Probleme dieser Technik auf, als dass sie zu- kunftsweisende Ergebnisse brächten. Auch in Deutsch- land wird diese Methode von einigen Wissenschaftlern und auch Politikerinnen und Politikern als vielverspre- chende Möglichkeit für die Transplantationsmedizin ge- handelt, obwohl noch keine verwertbaren Ergebnisse aus der Forschung vorliegen. Die Voraussetzung für das Klonen durch Zellkern- transfer ist die Verfügbarkeit von weiblichen Eizellen. Wie Professor Wiestler aus Bonn in der „Wirtschaftswo- che“ Nr. 29 vom 29. November 2001 vorrechnete, wären 100 000 Eizellen für 10 000 Patienten nötig, um autologes Gewebe herstellen zu können. Diese Zahlen würden al- lerdings erst dann stimmen, wenn es bei jedem zehnten Versuch gelänge, einen Embryo herzustellen, dem dann im Blastozytenstadium die entsprechenden Stammzellen entnommen werden sollen. Von solchen Erfolgsquoten kann im Moment nur geträumt werden, denn es mussten 277 Embryonen hergestellt werden, um einen einzigen le- bensfähigen Embryo namens Dolly herzustellen. Aber auch wenn die technischen Probleme gelöst wären, so blieben doch zwei entscheidende Gründe, warum das therapeutische Klonen aus meiner Sicht nicht verantwortbar ist: Zum einen werden hier zielgerichtet Embryonen hergestellt, die dann, um daraus Stammzellen gewinnen zu können, vernichtet werden. Dies ist nicht mit meiner Vorstellung von einer ethisch verantwortbaren Forschung und Wissenschaft vereinbar. Zum anderen setzt das Eizellen voraus. Weibliche Eizellen sind aber nicht einfach so verfügbar, sondern müssen durch inva- sive, risikobehaftete Eingriffe in den Körper der Frau ge- wonnen werden. Um mehr als eine Eizelle zu produzieren, werden Frauen mit hohen Dosen von Hormonen stimuliert. Hier- bei kann es zum so genannten Überstimulationssyndrom kommen, das in wenigen Fällen sogar tödlich enden kann, in vielen Fällen mit starken Beeinträchtigungen einher- geht. Auch wenn häufig argumentiert wird, dass Frauen, die sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterziehen, sich freiwillig und bewusst diesem Risiko aussetzen, so tun sie das, um ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Darauf will ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Wenn jedoch der Zell- und Gewebeersatz durch das so genannte „therapeu- tische“ Klonen eine Option darstellen würde, dann „spen- den“ Frauen ihre Eizellen für die Zwecke Dritter, und dann ist die Eizellentnahme ein medizinethisch zumindest umstrittener Eingriff. Die Begehrlichkeiten von Forschung und Wissenschaft an den Eizellen von Frauen sind bereits geweckt. Welche Frau könnte sich dann gegen eventuelle Forderungen nach ihren Eizellen aus zum Beispiel dem engeren sozia- len Umfeld entziehen? Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat sich im Mai letzten Jahres zwar für die Forschung an und den Import von embryonalen Stammzellen ausgesprochen, aber auch deutlich gegen das therapeutische Klonen und die Her- stellung von Embryonen zu Forschungszwecken. Die Re- aktion darauf hat schon erstaunt, denn plötzlich meldeten sich Vertreter aus Wissenschaft und Politik zu Wort, die im Zellkerntransfer die einzige Anwendungsmöglichkeit einer möglichen Therapie mit Stammzellen sehen. Auch wenn die technischen Möglichkeiten vorhanden und die noch vorherrschenden Methodenprobleme gelöst wären und es sich irgendwann herausstellen sollte, dass durch das therapeutische Klonen Gewebeersatz herge- stellt werden könnte, so bin ich der Auffassung, dass dies ethisch nicht verantwortbar ist. Dies entspricht übrigens auch der Beschlusslage der SPD und der Zielsetzung der Bundesregierung. Bei den Verhandlungen zur UN-Resolution zu einem Verbot des reproduktiven Klonens hat sich eine Reihe von Staaten dafür eingesetzt, jegliche Form des Klonens, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25265 (C) (D) (A) (B) unabhängig von der Zielsetzung, zu ächten und in ein Ver- bot aufzunehmen. In einigen Staate weltweit – auch in Eu- ropa, wie zum Beispiel in Großbritannien – wird mit dem Zellkerntransfer experimentiert. Die Gesetzgebung der jeweiligen Länder erlaubt dieses Verfahren auch bzw. sie haben es nicht geregelt. Diese Staaten, allen voran China und Großbritannien, haben sich daher auch vehement ge- gen ein allumfassendes Verbot ausgesprochen. Hier zeigt sich der Unterschied zwischen den beiden vorliegenden Anträgen. Es wäre der Ethik kein Dienst er- wiesen, wenn die Verhandlungen innerhalb der UN schei- tern würden. Insofern ist der Antrag der CDU/CSU nicht hilfreich, denn bei einer Nichtdurchsetzbarkeit der Posi- tion eines allumfassenden Klonverbotes wäre das Ziel, zumindest ein weltweit verbindliches Reglement gegen das reproduktive Klonen zu erreichen, infrage gestellt. Wir aber wollen reproduktives und therapeutisches Klo- nen verbieten. Wir wollen aber auch verhindern, dass wir mit leeren Händen dastehen, weil die Maximalforderung des Totalverbotes nicht erreicht werden konnte. Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU- Fraktion, ich glaube, dass Sie im Grunde genommen auch nicht wollen, dass das Verbot des reproduktiven Klonens daran scheitert, dass wir das therapeutische vielleicht nicht gleichzeitig mit dem reproduktiven verbieten kön- nen. Ich hätte es begrüßt, wenn wir in dieser Frage einen gemeinsamen Antrag hätten verabschieden können, und wir haben ja schon die ersten Signale in diese Richtung von Ihnen empfangen. Leider erlaubt es Ihnen der zuneh- mende Wahlkampf wohl nicht mehr, und Sie sind letztlich dann doch bei der Einbringung Ihres eigenen Antrages ge- blieben. Wir werden den erfolgreicheren Weg dann eben allein beschreiten. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Die Anträge, über die wir heute abstimmen, berühren Grundfragen unseres ge- meinsamen Werteverständnisses. In Deutschland gibt es über fast alle politischen Lager hinweg einen breiten Kon- sens gegen das Klonen von Menschen, ganz gleichgültig, mit welchem Ziel es geschieht. Die SPD hat zuletzt auf ihrem Parteitag in Nürnberg eindeutig Stellung bezogen und ihre Ablehnung des so genannten „therapeutischen“ Klonens in einem Parteitagsbeschluss bekräftigt. Führen- de Politiker der Bundesregierung haben sich wiederholt gegen jede Form des Klonens von Menschen ausgespro- chen, gleichgültig ob es nun reproduktiven oder thera- peutischen Zwecken dient. Nur die FDP scheint hier eine Ausnahme zu machen, da ihr offenbar auch da, wo der Zu- griff auf die elementarsten Grundlagen der menschlichen Existenz droht, nichts besseres als ein fröhliches „Lais- ser-faire“ einfällt. Auf europäischer und internationaler Ebene war über das Problem des Klonens dagegen bislang kein Konsens herzustellen, insbesondere, wenn es um das so genannte „reproduktive Klonen“ ging. Umso mehr hat es uns posi- tiv überrascht, dass sich im März bei den ersten Verhand- lungen über die deutsch-französische UN-Initiative für ein internationales Verbot des so genannten ,,reprodukti- ven Klonens“ überraschend die einzigartige Chance erge- ben hat, weltweit ein grundsätzliches Verbot des Klonens von Menschen zu erreichen. In der ersten Sitzung des zu- ständigen Sonderausschusses haben sich die USAund mit ihnen Spanien, Italien, Südafrika und andere Staaten dafür ausgesprochen, nicht nur das so genannte „reproduktive“, sondern alle Formen des Klonens von Menschen, gleich- gültig zu welchem Zweck, international zu ächten. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit dem Embryo- nenschutzgesetz schon vor über zehn Jahren ein Verbot des Klonens menschlicher Embryonen in ihrer Rechts- ordnung verankert. In dem erst kürzlich verabschiedeten Stammzellgesetz haben wir dann sogar noch eine defini- torische Lücke des Embryonenschutzgesetzes geschlos- sen. Ich zitiere: „Im Sinne dieses Gesetzes ist Embryo bereits jede menschliche totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Vorausset- zungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag“. Mit dieser Formulierung ist ein für allemal klar- gestellt, dass natürlich auch geklonte Embryonen Embryo- nen sind. Damit ist der ganzen durchsichtigen Sophistik, wonach geklonte Embryonen doch vielleicht gar keine richtigen Embryonen seien und das Embryonenschutzge- setz nicht für sie gelten würde, der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Das Emnbryonenschutzgesett ist damals nach langen, intensiven Diskussionen verabschiedet worden. Es war die richtige Entscheidung, motiviert durch die richtigen ethischen Grundsätze. Sie wird auch nicht falsch, bloß weil einige Leute plötzlich merken, dass sich mit Stamm- zellen aus geklonten menschlichen Embryonen vielleicht ein gutes Geschäft machen lässt. Unsere eindeutige Hal- tung gegen die Instrumentalisierung menschlichen Le- bens kennt keinen Zusatz nach dem Motto „Es sei denn, es lässt sich Geld damit verdienen.“ Wie nicht anders zu erwarten war, gibt es aber natür- lich heute in den Reihen aller Fraktionen immer mal wie- der einzelne Politikerinnen und Politiker, die einer For- schungs- oder Industrielobby nahe stehen oder aus anderen Motiven versuchen, das Embryonenschutzgesetz zu unterminieren. Gerade ihnen zeigen die beiden vorlie- genden Anträge auch noch einmal deutlich, dass das mit dem Deutschen Bundestag nicht zu machen ist. Da heute die einzigartige Chance besteht, ein interna- tionales Verbot jeglicher Form des Klonens von Men- schen zu erreichen, sollten wir uns vielleicht noch einmal die Argumente vergegenwärtigen, die für ein solches Ver- bot sprechen. Dann sehen wir noch einmal klarer, dass je- der Versuch, ein so genanntes „therapeutisches Klonen“ vom „reproduktiven Klonen“ abzugrenzen und vom Ver- bot auszunehmen, kaum mehr als ein semantischer Trick ist. Manchmal ist zu hören, das Klonen von Menschen sei ein Verstoß gegen die Menschenwürde, weil es ein Recht auf genetische Einzigartigkeit gäbe, zwei Menschen, also nicht dasselbe Erbgut haben dürften. Nun ja, eineiige Zwillinge haben auch dasselbe Erbgut und sind trotzdem zwei verschiedene Menschen. Ich denke, dass die Einzig- artigkeit des Erbguts selbst nicht der entscheidende Punkt ist. Entscheidend ist vielmehr, dass beim Klonen eines Menschen bewusst und vorsätzlich ein Mensch mit einem bestimmten Erbgut geschaffen wird. Der Mensch wird hier vollständig instrumentalisiert; er wird bloßes Mittel Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225266 (C) (D) (A) (B) für einen Zweck, den derjenige bestimmt, der über die Auswahl des Erbguts entscheidet. Ob das nun – wie beim so genannten „reproduktiven Klonen“ – geschieht, um zum Beispiel einen berühmten Athleten, einen Musiker oder eine verstorbene Verwandte zu „kopieren“. Oder ob es geschieht, um – wie beim so genannten „therapeuti- schen Klonen“ – erbgutidentische Stammzellen für medi- zinische Zwecke zu gewinnen, ist letztlich irrelevant: In beiden Fällen wird ein menschliches Lebewesen als „Mit- tel zum Zweck“ missbraucht. Die angebliche Unterschei- dung zwischen Klonen für die Reproduktion und Klonen für die Therapie ist Augenwischerei, weil sie sich gerade darin nicht unterscheiden, dass sie auf elementarste Weise einen Verstoß gegen die Menschenwürde darstellen. Ein zweiter Punkt: Klonen ist Klonen. Egal welchen Zweck man mit dem Klonen verfolgt, ist die angewandte Technik doch immer dieselbe: Durch den Transfer eines Zellkerns in eine entkernte Eizelle wird ein menschlicher Embryo erzeugt, dessen Erbgut weitgehend identisch mit dem Erbgut des Menschen ist, von dem der eingebrachte Zellkern stammt. Ob man diesen Embryo dann in einen Uterus einpflanzt oder ihn zur Gewinnung von Stamm- zellen zerpflückt, ändert nichts daran, dass man einen Em- bryo geklont hat. Machen wir uns also nichts vor: Wer nur das „reproduktive Klonen“ verbietet, aber das „therapeu- tische“ zulassen will, der verbietet nicht das Klonen. Er verbietet lediglich, dass ein geklonter Embryo in einen Uterus implantiert wird und überlebt. Die Zulassung des „therapeutischen Klonens“ bedeutet also nichts anderes als ein Todesurteil für geklonte menschliche Embryonen. Das lässt sich sehr gut an der gegenwärtigen Diskussion in den USA selbst verfolgen. Dort hat das Repräsentan- tenhaus im vergangenen Jahr ein grundsätzliches Klon- verbot erlassen. Im Senat gibt es allerdings Widerstände gegen dieses Gesetz. Eine starke Gruppe von Senatoren möchte lediglich das „reproduktive“ Klonen verbieten, das so genannte ,,therapeutische“ aber zulassen. Sie haben dazu einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, der unter anderem vorsieht, dass das FBI geklonten Embryonen nachforschen und ihre Implantation verhindern soll. Führt man sich dieses Szenario vor Augen, glaubt man sich in einen schlechten Science-Fiction-Film versetzt: das FBI damit beauftragt, geklonte menschliche Embryonen auf- zuspüren und zu vernichten. Das zeigt uns überdeutlich, dass es keine Lösung sein kann und sein darf, nur das „reproduktive Klonen“ zu ver- bieten, gleichgültig ob auf nationaler, europäischer oder internationaler Ebene. Wir wollen mit unserem Antrag daher die Bundesregierung ermutigen, die klare Haltung, die im Embryonenschutzgesetz verankert ist, auch bei Verhandlungen auf europäischer und internationaler Ebene offensiv zu vertreten.Wir müssen versuchen, die Chance; die sich uns durch die Positionierung der USA, Spaniens, Italiens, Südafrikas und vieler anderer Länder ergeben hat, zu nutzen. Sollte das angesichts der Wider- stände nicht zuletzt aus Europa nicht sofort gelingen, müssen wir weitermachen. Daher ist unser Antrag auch detaillierter als Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kolle- gen von der CDU/CSU-Fraktion. Natürlich wäre es wun- derbar, wenn wir gleich im ersten Anlauf ein weltweites Klonverbot erreichen würden. Wir müssen uns aber auch darüber Gedanken machen, wie wir verfahren, wenn das nicht gelingt. Darauf gibt unser Antrag eine Antwort, aber nicht Ihrer. Diese Differenz ändert allerdings nichts daran, dass wir uns in der Sache völlig einig sind. Wir wollen alle das- selbe: ein internationales Verbot jeder Form des Klonens von Menschen. Die beiden vorliegenden Anträge unter- scheiden sich nur in strategischen Nuancen, nicht im Ziel. Lassen Sie uns daher auch in Zukunft weiterhin auf der Grundlage unserer von fast allen in diesem Haus geteilten gemeinsamen Werteordnung in dieser zentralen Frage am selben Strang ziehen! Hubert Hüppe (CDU/CSU): Der Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verfolgt das Ziel, ein tat- sächliches Verbot des Klonens menschlicher Embryonen weltweit durchzusetzen. Wir führen heute eine Debatte aus dem Bereich der Bioethik, die nicht neu ist, die aber an Brisanz nichts verloren hat. Im Juni 2001 haben der damalige französische Außen- minister Védrine und der deutsche Außenminister Fischer mit großem Wirbel eine gemeinsame Initiative bei den Vereinten Nationen verkündet. Man wolle sich gemein- sam für ein international verbindliches Rechtsinstrument zum Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen einsetzen. Bei näherer Betrachtung stellt sich die Frage, was eine solche Konvention erreichen kann und was sie bezwecken soll. Es gibt wohl einzelne – ganz wenige – Personen, die das reproduktive Klonen gutheißen. Eine Sekte und einige Reproduktionsmediziner, alle sehr umstritten, haben ver- kündet, sie strebten die Geburt geklonter Kinder an. Aber gibt es einen einzigen seriösen Wissenschaftler, der sich für reproduktives Klonen einsetzt? Und können wir ein einziges Land benennen, das eine solche Position vertritt? Es gibt kein Mitglied der internationalen Staatengemein- schaft, das das reproduktive Klonen von Menschen gut- heißt. Das angestrebte Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen ist ein Scheingefecht, das von ethisch weit- aus Brisanterem, von einer weitaus größeren Gefahr für die Menschenwürde ablenkt. Wir sind uns hoffentlich in diesem Hause einig, dass das Klonen menschlicher Embryonen mit der Menschen- würde unvereinbar ist – und zwar völlig unabhängig vom damit verfolgten Zweck. Dies betrifft sowohl das repro- duktive Klonen mit dem Ziel der Geburt eines geklonten Kindes als auch das so genannte „therapeutische Klonen“ zu Forschungswecken oder zur Gewinnung von embryo- nalen Stammzellen. Nicht nur der menschliche Embryo würde instrumen- talisiert. Das Klonen würde den Weg zu genetischen Ein- griffen eröffnen, zum eugenisch optimierten Kind nach Maß. Es würden auch Frauen als Eizellspenderinnen in- strumentalisiert. Angesichts der geringen Erfolgsquote des Klonens wären massenhafte Eizellspenden unter risi- koreichen und belastenden Hormonbehandlungen nötig. Das Verbot jeglichen Klonens ist die Position des deut- schen Embryonenschutzgesetzes, und das ist gut so. Klo- nen ist jede auf die Erzeugung einer totipotenten Zelle ge- richtete Intervention durch Verfahren der Embryoteilung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25267 (C) (D) (A) (B) – so genanntes Embryonensplitting – oder des Kerntrans- fers – wie beim Klonschaf Dolly. Der biologisch-techni- sche Vorgang zur Erzeugung eines menschlichen Em- bryos durch Klonen ist stets derselbe, und zwar völlig unabhängig davon, was mit dem Embryo hinterher ge- schehen soll. Durch diesen biologisch-technischen Vor- gang des Klonens entsteht wie bei der natürlichen Zeu- gung ein einzelliger Embryo, die früheste Daseinsform eines menschlichen Individuums – eine Phase der menschlichen Existenz, durch die jede und jeder von uns einmal gegangen ist. Was nun das „reproduktive Klonen“ vom Klonen zu Forschungszwecken – wohlklingend als „therapeutisches Klonen“ umschrieben – unterscheidet, ist einzig und al- lein das geplante zukünftige Schicksal des geklonten Em- bryos. Beim reproduktiven Klonen wird das Austragen und die Geburt des Klons angestrebt, während im anderen Falle seine Tötung zu wissenschaftlich-medizinischen Zwecken das Ziel ist. Weil die Menschenwürde jede In- strumentalisierung des Menschen untersagt, verbietet sie die Schaffung eines geklonten Kindes zur Erfüllung des Kinderwunsches der Eltern. Erst recht aber verbietet die Menschenwürde die Schaffung eines geklonten Embryos mit der Zielsetzung, ihn für Forschungs- oder therapeu- tische Zwecke zu töten. Unser Grundgesetz garantiert die Forschungsfreiheit. Sie ist ein hohes Gut. Forschungsfreiheit findet aber ihre Grenze dort, wo ein menschliches Leben instrumentali- siert und nicht mehr als Zweck an sich respektiert wird, wo die Menschenwürde verletzt wird. Dies ist eine Hal- tung, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft als führende deutsche Wissenschaftsorganisation einnimmt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat im Mai 2001 erklärt, „dass sowohl das reproduktive als auch das thera- peutische Klonen über Kerntransplantation in entkernte menschliche Eizellen weder naturwissenschaftlich zu be- gründen noch ethisch zu verantworten sind und daher nicht statthaft sein können“. Auch die Biomedizinkon- vention des Europarates enthält nach bisheriger Lesart der Bundesregierung implizit ein Verbot des Klonens menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken. Wir wissen, dass Forschung heute nicht an den natio- nalen Grenzen Halt macht. Aber auch eine zunehmend in- ternationale Forschung kann nicht im rechtsfreien Raum stattfinden. Es besteht daher tatsächlich ein Bedarf für ge- eignete internationale Rechtsinstrumente, die jedes Klo- nen menschlicher Embryonen ächten und wirksam unter- binden. Das von der Bundesregierung angestrebte Verbot nur des reproduktiven Klonens ist aber ein untaugliches Instrument – in mehrfacher Hinsicht. Ein solches teilweises Klonverbot würde zunächst den Eindruck erwecken, dass das „therapeutische Klonen“ menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken keinen Einwänden begegnet, die ähnlich schwer wiegen wie beim reproduktiven Klonen. Es würde die massenhafte in- dustrielle Erzeugung von geklonten Forschungsembryo- nen zulassen. Menschliche Embryonen könnten zur ver- fügbaren Ressource werden. Zudem würde das von der Bundesregierung ange- strebte Teilverbot des Klonens nicht einmal das repro- duktive Klonen wirksam verhindern können. Denn wenn erst einmal zu „therapeutischen“ oder Forschungs- zwecken geklonte menschliche Embryonen in reproduk- tionsmedizinischen Labors verfügbar sind, wird es einen internationalen Markt für Klonembryonen geben. Wer wird dann noch kontrollieren können, wer auf diesem in- ternationalen Markt geklonte Forschungsembryonen in Auftrag gibt, welche Behörde oder Ethikkommission wüsste, wer Klonembryonen importiert, kauft oder ver- kauft? Wer könnte überwachen, ob mit solchen Embryo- nen, wenn sie erst einmal vorhanden sind, nicht auch Schwangerschaften herbeigeführt werden? Wie sollte das Verbot des reproduktiven Klonens, also der Geburt eines geklonten Kindes, durchgesetzt werden, sobald eine sol- che Schwangerschaft besteht? Und sollte schließlich ein geklontes Kind geboren werden? Sollte seine Mutter be- straft werden? Ein explizites Verbot ausschließlich des reproduktiven Klonens, verbunden mit der impliziten Erlaubnis des Klo- nens zu anderen Zwecken, würde letztlich die rechtliche Verpflichtung bedeuten, geklonte menschliche Embryo- nen zu vernichten. Die einzige Möglichkeit, das Leben dieses menschlichen Lebewesens zu erhalten – nämlich seine Übertragung auf eine Frau, damit das Kind geboren werden kann, – diese lebensfreundliche Möglichkeit wäre eine Straftat. Eine solche Regelung mit der Menschenwürde zu be- gründen ist absurd. Wer reproduktives Klonen tatsächlich unterbinden will, muss sich für ein umfassendes Verbot des Klonens menschlicher Embryonen einsetzen. Die CDU/CSU befürwortet mit allem Nachdruck ein welt- weites gültiges Rechtsinstrument. Aber dieses Rechts- instrument muss die Unvereinbarkeit jeder Art des Klo- nens menschlicher Embryonen mit der Menschenwürde festschreiben. Die USA haben am 26. Februar 2002 vor dem für die Klonkonvention zuständigen Sonderausschuss ausdrück- lich erklärt, dass sie keine Konvention unterstützen, die auf ein Verbot des reproduktiven Klonens beschränkt ist. Dagegen findet ein umfassendes Verbot jeglichen Klo- nens menschlicher Embryonen die ausdrückliche Unter- stützung der USA. Warum finden wir die Bundesregie- rung hier nicht an der Seite der Vereinigten Staaten? Welche diplomatischen Rücksichten glaubt die Bundesre- gierung nehmen zu müssen? Diese Haltung ist völlig unverständlich. Man hatte doch immer argumentiert, dass gerade in den USA prak- tisch alles erlaubt und möglich sei. Gerade die USAwur- den als das Land hingestellt, wo es einen Konsens wie beim deutschen Embryonenschutzgesetz nicht gebe. Aber jetzt, da mit den USA ein starker Verbündeter da wäre, will man sich eine Hintertür offen halten. Warum bedarf es eines Antrages der CDU/CSU, um von der Bundesre- gierung auf internationaler Ebene eine in einer ethisch entscheidenden Frage klare und der deutschen Verfas- sungslage entsprechende Haltung einzufordern? Immerhin hat der Antrag der CDU/CSU Sozialdemo- kraten und Grüne zu einem eigenen Antrag in letzter Mi- nute herausgefordert. Er trägt den Titel „Das Klonen menschlicher Embryonen international ächten“. „Äch- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225268 (C) (D) (A) (B) ten“ ist ein starkes Wort, in dem moralische Verurteilung liegt. Von einer Regierungskoalition, die ein bestimmtes Tun „ächten“ will, und von der durch sie getragenen Bun- desregierung lässt dies erwarten, dass nun tatsächlich alle Kraft aufgewandt wird und die wirksamsten Mittel einge- setzt werden. Doch der von SPD und Grünen vorgelegte Antrag ist bei genauem Hinsehen enttäuschend. Tückisch und heuchlerisch ist die Passage im Antrag von SPD und Grünen, die fordert, „den Prozess der Bera- tungen möglichst bald in einen Beschluss über die Kon- vention über das Verbot reproduktiven Klonens münden zu lassen“. Tückisch ist dies deshalb, weil völlig klar ist, was eine vollendete Konvention über das Verbot aus- schließlich des reproduktiven Klonens bedeutet. Eine sol- che Konvention wäre kein Zwischenschritt in die richtige Richtung, sondern vielmehr der Endpunkt der internatio- nalen Anstrengungen zum weltweiten Verbot jeden Klo- nens. Heuchlerisch ist diese Passage, weil sie alle anderen Formulierungen, mit denen scheinbar die Ablehnung jeg- lichen Klonens bis hin zur „Ächtung“ beschworen wird, zu reinen Lippenbekenntnissen degradiert. Da fordern SPD und Grüne wörtlich, „bei den im Rah- men der Vereinten Nationen stattfindenden Verhandlun- gen ihre Ablehnung jeglicher Form des Klonens mensch- licher Embryonen zum Ausdruck zu bringen und im Zuge der Verhandlungen klarzustellen, dass die internationale Ächtung des reproduktiven Klonens aus Sicht der Bun- desrepublik Deutschland keine Legitimation für andere Formen oder Zielsetzungen des Klonens menschlicher Embryonen darstellt“. Was für einen Wert aber hätte dies, wenn dieselbe deutsche Delegation sich gleichzeitig dafür einsetzt, „den Prozess der Beratungen möglichst bald in einen Beschluss über die Konvention über das Verbot re- produktiven Klonens münden zu lassen“? Alle Verhand- lungspartner würden unterscheiden können zwischen dem, was die deutsche Delegation „möglichst bald“ errei- chen will einerseits, und dem formelhaften Lippenbe- kenntnis andererseits. Das Klonen menschlicher Embryonen ist der falsche Ort, sich eine Hintertür vermeintlicher Forschungs- freundlichkeit offen zu halten. Die deutsche Delegation bei den Vereinten Nationen soll ein klares Verhandlungs- mandat bekommen, das es ihr ermöglicht, die Chancen zu nutzen, die tatsächlich vorhanden sind. Deutschland muss sich auf internationaler Ebene den Staaten anschließen, die für ein wirkliches, umfassendes Verbot des Klonens streiten. Ich weiß, dass es in den anderen Fraktionen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen gibt, die in der Sache genauso denken, wie wir dies in unserem Antrag formuliert haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Kolleginnen und Kollegen dem Antrag der Koalition ihre Zustimmung ge- ben können. Lassen Sie uns deshalb heute gemeinsam eine klare Positionsbestimmung vornehmen. Andrea Fischer (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Die beiden Anträge, die Ihnen hier heute vorliegen, haben zum Ziel, die vom deutschen Außenminister Joschka Fischer und dem damaligen französischen Außenminister Vedrine auf UN-Ebene initiierte interna- tionale Konvention zur Ächtung des reproduktiven Klo- nens zu unterstützen. Dass aber ausgerechnet die CDU hier heute geschlos- sen als Fraktion einen Antrag vorlegt, der sich für ein weltweites Verbot jeglicher Form des Klonens einsetzt, macht mich schon ein wenig misstrauisch. Ich erinnere mich bei der Debatte über das Gesetz zum Import em- bryonaler Stammzellen durchaus noch an andere Positio- nen in Ihrer Fraktion. Die Kollegen Katharina Reiche und Peter Hinze haben damals einen Antrag vorgelegt, der am liebsten auf jegliche gesetzliche Regelung beim Import verzichtet hätte. Ich freue mich natürlich, dass wir mit unserem Gesetz auch die Forschungsliberalisten in der CDU überzeugen konnten. Wenn die Bundesregierung bei den weiteren Verhandlungen zu einer internationalen Ächtung des Klo- nens auf Ihre volle Unterstützung zählen kann, ist das ein außerordentlich begrüßenswerter Vorstoß aus Ihren Rei- hen. In Deutschland ist durch das Embryonenschutzgesetz jegliche Form des Klonens von Menschen verboten. An diesem Verbot werden wir festhalten. Wichtig ist, dass wir nun auch international zu einem Verbot des reproduktiven Klonens kommen. Die Gerüchte, die immer wieder zu hören und zu lesen sind, dass bereits mehrere Klonbabies unterwegs seien, sind besorgniserregend. Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob es mich mehr erzürnt: dass diese Mel- dungen bewusste medienwirksame Provokationen sind oder wenn es Ärzten tatsächlich gelungen wäre, Men- schen zu klonen – mit all den unabsehbaren Folgen für die so gezeugten Kinder. Zu diesen Folgen gehört zum einen die Wahrschein- lichkeit, dass die Kinder gar nicht oder missgebildet auf die Welt kommen. Nicht umsonst warnt der ,,Vater“ des Klonschafs Dolly vehement vor der Ausbreitung der Klo- nierungstechniken auf den Menschen. Aber das allein ist kein hinreichendes Argument. Es geht nicht darum, dass wir das Klonen dann erlauben sollen, wenn die Risiken minimal werden. Es geht vielmehr darum, dass wir uns einmal mehr über unser Menschenbild verständigen müs- sen. Ein Mensch, der durch diese Technik gezeugt wird, verdankt die Tatsache seiner Existenz eben nicht mehr dem Zufall der Natur, sondern einer bewussten Entschei- dung eines anderen. Damit entsteht eine völlig neue Di- mension von Abhängigkeit zwischen Erzeuger und Nach- kommen. Doch die Würde des Einzelnen hat etwas damit zu tun, als autonomes Wesen wahrgenommen zu werden und unabhängig von der Willkür eines Anderen zu sein. Hier muss die Politik einsetzen; denn es ist unsere Auf- gabe, die Freiheit des Einzelnen zu sichern. Die Möglich- keit und das Begehren der Wissenschaft, Menschen zu klonen, betrifft nicht nur die Ansprüche und Rechte des Individuums, sondern die Werte unserer Gesellschaft als Ganzes. Wir haben in der Debatte über das Stammzellgesetz eine außerordentlich wichtige Verständigung erreicht. Diese ist auch deswegen umso wichtiger, weil uns gerade die Debatte über das weltweite Verbot des Klonens zeigt, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25269 (C) (D) (A) (B) dass Maximalforderungen weder in die eine noch in die andere Richtung durchsetzbar sind. Deutschland hat mit seinem Embryonenschutzgesetz eines der restriktivsten Gesetze in diesem Bereich. Wir bemühen uns um interna- tionale Verständigung. Aber wir sollten nicht so naiv sein zu glauben, dass die Welt auf die moralischen und kulturellen Wertvorstellun- gen von uns gewartet hat. Es wäre bereits ein großer Er- folg, wenn die UN-Initiative den Erfolg hat, dass das re- produktive Klonen weltweit verboten wird. Selbst- verständlich muss die Debatte weitergehen, müssen wir unsere Argumente für ein Verbot jeglicher Formen des Klonens weiter einbringen. Aber heute darauf zu beste- hen, dass wir das eine und das andere wollen, hätte ledig- lich zum Ergebnis, dass wir am Ende keine Regelung, und zwar für keinen Bereich, haben. Wir in Deutschland haben doch gerade unsere Erfah- rungen damit gemacht, wie langwierig und wie schwierig eine Verständigung in moralisch umstrittenen Fragen ist und wie sehr wir die gefundene Position täglich in der ge- sellschaftlichen Debatte weiter begründen und uns der Diskussion stellen müssen. International ist eine solche Verständigung ungleich schwieriger. Aus diesem Grund unterstützen wir die Bundesregie- rung in ihrem Bemühen um eine internationale Ächtung und ein Verbot des reproduktiven Klonens und es ist sehr erfreulich, wie erfolgreich diese Initiative bislang ist. Da- rüber hinaus müssen und werden selbstverständlich un- sere Bemühungen, das heißt auch die Bemühungen der Bundesregierung, weitergehen, auch international zu ei- ner Verständigung über die Ächtung des Klonens insge- samt zu kommen. Es ist gut, wenn in diesem Hause darüber ein hohes Maß an Einigung erzielt wird, dass wir uns eindeutig zu- gunsten der Freiheit und der Selbstbestimmung des Ein- zelnen entscheiden und Tendenzen zur Instrumentalisie- rung des Individuums eine klare Absage erteilen. Ulrike Flach (FDP): Bei dieser Debatte muss man sehr genau hinsehen, was die Antragsteller wollen. Die Anträge von Wodarg/Röspel/Fell und den Fraktionenen der SPD und der Grünen sowie von Böhmer/Hüppe und der Fraktion der CDU/CSU unterscheiden sich nur in Nuancen. In der Zielrichtung sind sie identisch. Wir mei- nen, beide schießen über das Ziel hinaus. Über das reproduktive Klonen werden wir uns in die- sem Haus schnell einig werden. Die FDP hat sich schon früh, nämlich auf ihrem Parteitag im Mai 2001, für ein Verbot des reproduktiven Klonens ausgesprochen und hat es auch in ihren Anträgen hier im Hause stets ausge- schlossen. Deshalb plädieren auch wir für eine internatio- nale Konvention zur Ächtung des reproduktiven Klonens. Reproduktives und therapeutisches Klonen sind aber zwei verschiedene Dinge. Beim reproduktiven Klonen können Sie – theoretisch – eine Kopie eines Menschen herstellen, also zum Beispiel einen Embryo zu einem kompletten Menschen heranzüchten. Beim therapeuti- schen Klonen geht es nicht darum; dabei sollen vielmehr embryonale Stammzellen gewonnen werden, um zum Beispiel Ersatzgewebe für Organe zu züchten. Mit dem therapeutischen Klonen entstehen keine ganzen Men- schen. Die Anträge erwecken den Eindruck, als gäbe es auch beim therapeutischen Klonen internationalen Konsens da- rüber, diese Methode zu verbieten. Das ist aber nicht der Fall. In Großbritannien ist das therapeutische Klonen er- laubt; in Schweden werden die gesetzlichen Rahmen- bedingungen für das therapeutische Klonen gerade ge- schaffen; in Spanien sind Teile der Regierung und die Opposition für die Zulassung des therapeutischen Klo- nens. Das sind unsere Nachbarländer in Europa, die mit uns einen gemeinsamen Wertekanon teilen, aber hier zu anderen Beurteilungen kommen. Es war richtig, dass sich Ministerin Bulmahn bereits im Februar dafür ausgesprochen hat, eine internationale Konvention zur Ächtung des Klonens auf das reproduk- tive Klonen zu beschränken. „Wir dürfen die Verhandlun- gen nicht überfrachten“, sagte sie damals und ich stimme ihr zu. Sie sagte auch, dass sie „zum jetzigen Zeitpunkt“ gegen das therapeutische Klonen sei. Da haben wir eben- falls Konsens. Aber wir sollten diese Tür nicht katego- risch zuschlagen, zumal jedes Verbot einen Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Forschungsfreiheit bedeutet. Beim reproduktiven Klonen halte ich diesen Eingriff für gerechtfertigt, wie übrigens auch die DFG oder die Max- Planck-Gesellschaft, aber man muss sich bewusst sein, dass Eingriffe in die Forschungsfreiheit immer ein Balan- cieren am Rande der Grundgesetzverletzung sind. Und es ist bezeichnend, dass auf dem SPD-Antrag we- der Frau Bulmahn, noch Herr Catenhusen, noch Frau von Renesse oder Frau Dr. Reimann stehen. Ein großer Teil der Experten der SPD-Fraktion zur Biotechnologie hält sich hier zurück. Beide Anträge würden die Hürde für einen Abschluss einer internationalen Konvention gegen das reproduktive Klonen erhöhen, weil sie das therapeutische Klonen ein- beziehen. Ich kann mir vorstellen, dass wir mit den gesetzlichen Möglichkeiten, die wir mit dem Stammzellengesetz ge- schaffen haben, auskommen und Erfolge im Kampf gegen schwere Krankheiten erzielen. Dann brauchen die Wis- senschaftler das therapeutische Klonen nicht. Ich hoffe, dass es so kommt, aber wir können nicht sicher sein. Deshalb: Die FDP-Fraktion lehnt beide Anträge ab, da sie uns nicht schneller zu einem weltweiten Verbot des re- produktiven Klonens bringen, sondern die Verhandlungen belasten und einen weiteren Eingriff in die Forschungs- freiheit darstellen. Dr. Ilja Seifert (PDS): Es war ein begrüßenswerter Schritt, dass sich alle Fraktionen des Deutschen Bundes- tages am 17. Oktober 2001 im Gesundheitsausschuss auf einen Entschließungsantrag zum 6. EU-Forschungsrah- menprogramm einigten, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich gegen das Klonen von Menschen mit EU-Mitteln zu verwenden. Danach dürfen keine For- schungstätigkeiten finanziert werden, die eine Änderung der Keimbahn des Menschen zum Ziel haben und bei de- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225270 (C) (D) (A) (B) nen ein menschlicher Embryo zu Forschungs- oder The- rapiezwecken gezüchtet wird. Vor nicht allzu langer Zeit – im Herbst vergangenen Jahres – verkündete die amerikanische Firma Advanced Cell Therapies (ACT), dass es ihr gelungen sei, erstmals menschliche Embryonen zur Herstellung von Stammzel- len zu klonen. Nach den Ereignissen vom 11. September in New York war dies für eine breite Öffentlichkeit eher ein Randereignis, das schnell wieder in der täglichen Nachrichtenflut verschwand. Dabei spiegelt dieser Vorgang eine beträchtliche kri- minelle Energie wider. Immerhin verstößt dieses „thera- peutische Klonen“ gegen das erst im Juli 2001 vom ame- rikanischen Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit verabschiedete Gesetz, demzufolge das Klonen weder zu „therapeutischen“ noch zu Forschungszwecken oder gar zur Fortpflanzung erlaubt ist. Dieser Vorgang spricht nicht gegen ein Verbot des Klonens, sondern eher dafür. Man darf also nie außer Acht lassen, dass in diesem Be- reich gigantische Profite erwartet werden. In Großbritan- nien ist das „therapeutische“ Klonen seit Anfang 2001 er- laubt. Ende 2001 wurde dann eine gesetzliche Regelung eingeführt, die zwar das Implantieren und Austragen ge- klonter Embryonen unter Strafe stellt, aber das Klonen selbst weiterhin erlaubt. Damit reagierte Großbritannien auf Ankündigungen des dubiosen italienischen Repro- duktionsmediziners Antinori, dass er die britische Rechts- lage nutzen wolle, um menschliche Embryonen zu klonen und zu implantieren. Außer in Großbritannien ist das „the- rapeutische“ Klonen heute in allen anderen EU – Mit- gliedstaaten unzulässig. Entgegen allen anderslautenden Behauptungen muss immer wieder darauf hingewiesen werden, dass es zwi- schen dem „therapeutischen“ Klonen und dem Klonen zur Produktion von Nachwuchs eben keine starre Grenze gibt. Daher ist es auch nicht möglich, Forschung in diesem Be- reich zu betreiben, ohne Gefahr zu laufen, dass früher oder später das Klonen von Menschen erfolgt. Allerdings bin ich auch weiterhin der Ansicht, dass die Öffnung von Möglichkeiten für die Forschung mit embryonalen huma- nen Stammzellen – selbst mit den Auflagen, wie sie hier erst kürzlich mit dem „Stammzellgesetz“ festgeschrieben wurden – schon relativ dicht an das „Klonen zu For- schungszwecken“ heranführen kann. Der eingangs genannte Entschließungsantrag ist ja nur ein begrenztes Schrittchen. Eigentlich ist damit nur eine Minimalanforderung benannt, die sich ohnehin aus dem in Deutschland geltenden Recht ergibt. Die vom Europä- ischen Parlament verabschiedete Fassung des 6. For- schungsrahmenprogramms sieht nämlich vor, die For- schung an und mit Stammzellen aus abgetriebenen oder nach IVF-Behandlung „übrig gebliebenen“ Embryonen zu fördern. Wer kann dafür garantieren, dass dieser Ver- suchung Forschungseinrichtungen EU-weit widerstehen? An dieser Stelle kann man nicht vorsichtig genug sein. Ganz zu schweigen von der Forschung mit privaten Mitteln. Und wer kann die Augen davor verschließen, dass ganze Regionen – von China über Indien, Indonesien bis hin zu Russland – in dieser Hinsicht rechtsfreie Räume darstellen? Es braucht also ein umfassendes Verbot des Klonens – sowohl des „therapeutischen“ oder irgendeines „wissen- schaftlichen“ als auch des reproduktiven – weltweit. Bei den dazu im Rahmen der Vereinten Nationen laufenden Verhandlungen sollte die Bundesregierung ihre Bemü- hungen gemeinsam mit ihren europäischen Partnern auf den Abschluss einer entsprechenden internationalen Kon- vention richten. Auf dieses Anliegen konzentrieren sich die heute vor- liegenden Anträge der CDU/CSU und der Regierungsko- alition. Deshalb verzichtet die PDS auf einen eigenen An- trag und stimmt diesen beiden Anträgen zu. Wir unterstützen die Forderung an die Bundesregie- rung, bei den im Rahmen der Vereinten Nationen stattfin- denden Verhandlungen ihre Ablehnung jeglicher Form des Klonens menschlicher Embryonen zum Ausdruck zu bringen. In den Verhandlungen sollte klargestellt werden, dass die internationale Ächtung des reproduktiven Klo- nens keine Legitimation für andere Formen oder Zielset- zungen des Klonens menschlicher Embryonen darstellt. Wenn die Bundesregierung sich in den Verhandlungen dafür einsetzt, möglichst bald eine Konvention über das Verbot reproduktiven Klonens herbeizuführen, so kann dies nur ein erster Schritt hin zu einem umfassenden Ver- bot des Klonens sein. Deshalb unterstützt die PDS all jene, die sich auf inter- nationaler Ebene weiterhin für ein weltweit gültiges Rechtsinstrument zum Verbot jeglicher Form des Klonens menschlicher Embryonen einsetzen. Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – der Beschlussempfehlung und des Berichts: Aktionsplan zum Kinder- und Jugendtouris- mus in Deutschland – des Antrags: Den Campingtourismus in Deutschland nachhaltig fördern (Tagesordnungspunkt 17 und Zusatztagesord- nungspunkt 9): Annette Faße (SPD): Immer mehr Urlauber verreisen mit Wohnwagen und Wohnmobilen oder mit Zelten im Gepäck in die Ferienregionen. Die Tendenz ist deutlich steigend. Für das Jahr 2001 hat das Statistische Bundesamt 21,3 Millionen Übernachtungen verzeichnet; dafür stehen auf 2 300 Plätzen für Urlaubscamping 194 000 Stellplätze zur Verfügung. Etwa 2 500 Dauercampingplätze sind nicht erfasst. Das Verhältnis von Urlaubs- zu Dauercam- pingplätzen wird nur bei den großen Anlagen ermittelt. In Deutschland sind gegenwärtig 140 Anlagen mit jeweils über 500 Stellplätzen registriert. Auf diesen Anlagen sind 101 000 Stellplätze angelegt, von denen 61 000 als Dauer- camperstellplätze genutzt werden. 40 000 Stellplätze ste- hen als touristische Stellplätze bzw. für Urlaubscamping zur Verfügung. Etwa 13 Prozent des Reiseaufkommens Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25271 (C) (D) (A) (B) entfällt in den Bereich Camping und jede vierte Über- nachtung findet auf einem Campingplatz statt. Inzwi- schen sind in Deutschland bereits 1,4 Millionen Wohn- mobile und Caravans zugelassen. Die Datenlage lässt allerdings erkennen, dass die un- terschiedlichen Formen des Campings nur unzureichend dokumentiert sind. Fragen nach Trends und Entwicklun- gen können nicht auf einer gesicherten Datenlage beant- wortet werden. Die Zunahme der Zahl der Camper hat dazu geführt, dass sich in diesem Segment ein moderner Industriezweig entwickelt hat. Der Campingtourismus trägt inzwischen in nicht unerheblichem Umfang zur Sicherung der Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe bei. Das Cam- pen hat sich insofern verändert, als dass die Anforderun- gen der Gäste gestiegen sind. Darauf einzugehen erfordert umfassend ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter. Durch Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnah- men können verbesserte Serviceleistungen gesichert wer- den. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Bemühungen der Sozialpartner, das Berufsbild eines Kaufmanns für Freizeit und Tourismus abzustimmen. Das Ausbildungs- profil wird insbesondere dem Personalbedarf auf Cam- pingplätzen gerecht werden. In Deutschland ist das Campingrecht Ländersache. Trotzdem ist eine einheitliche Campingplatzverordnung für alle Plätze in Deutschland wünschenswert. Für die überwiegend für das Dauercamping genutzten Plätze er- scheinen gesonderte Vorschriften einer Campingplatzver- ordnung innerhalb des Baurechts im Sinne eines Büro- kratieabbaus verzichtbar. Zustand und Qualität der Campingplätze in Deutsch- land haben sich verbessert,wie der Wettbewerb „Vorbild- liche Campingplätze in Deutschland“ bewiesen hat. Diese Gemeinschaftsaktion der Bundesregierung mit dem Deut- schen Tourismusverband wurde bereits zum siebten Mal ausgeschrieben. Beim Deutschen Tourismusverband ist ein neuer Fachbereich „Camping und Caravaning“ einge- richtet worden. Diesem kommt bei der Etablierung einer einheitlichen Klassifizierung von Campingplätzen eine besondere Stellung zu. Diese Qualifizierung wird für die Reisenden eine wichtige Orientierung sein und das Qua- litätsmanagement im Campingtourismus verbessern. Campingplätze ermöglichen es den Urlaubern, inten- sive Naturnähe zu erleben. Camping kann die Menschen zum besonderen Schutz und für die Erhaltung der Natur motivieren. Um die Natürlichkeit zu bewahren, müssen die Campingplätze landschafts- und umweltgerecht ge- staltet und betrieben werden. Der Gast soll die Sicherheit haben, dass zeitgemäße Standards erreicht oder über- schritten werden. Der sensible Umgang mit der Natur, der Einsatz von Umwelttechnologien und die Entsorgung von Abfällen spielen im Wettbewerb eine entscheidende Rolle. Umweltschutz und Nachhaltigkeit lohnen sich und schaffen zufriedene Gäste, die gerne wiederkommen. Mit der Etablierung der Dachmarke zum nachhaltigen Touris- mus „Viabono – Reisen natürlich genießen“ wird dieser Prozess unterstützt. Camping verleiht nach wie vor ein Gefühl von Na- turnähe, Unabhängigkeit und Ungebundenheit, Abenteu- erlust und Lebensfreude. Die Ansprüche der Camper sind allerdings in den letzten Jahren gestiegen. Moderne Cam- pingbusse und Wohnmobile sind sehr aufwendig gestaltet und lassen auf solvente Gäste schließen. Immer mehr Kurorte haben sich mit ihrem Angebot auf diese Gäste- gruppe eingestellt und halten Stellplätze für Wohnmobilis- ten in ihren Kuranlagen vor. Um den Campingurlaub in Deutschland nachhaltig zu fördern, fordern wir von den Ländern die Verständigung auf eine einheitliche Campingplatzverordnung und die Prüfung, ob die Verordnungen für die Dauerstellplätze entfallen können, anzuregen. Außerdem sollen gegenüber den Ländern gesonderte Bestimmungen für den Bereich der Wohnmobile im Sinne von Stellplätzen sowie Ser- vice- und Entsorgungsstationen angeregt werden. Wir möchten, dass die Bundesregierung prüft, ob im Rahmen der finanzpolitischen Leitlinien der Bundeswett- bewerb „Vorbildliche Campingplätze“ über das Jahr 2003 hinaus gefördert werden kann bzw. ob andere Maßnah- men zur Qualitätssteigerung ergriffen werden können. Bei den Anbietern von Camping- und Caravantourismus soll für den Beitritt zur Umweltdachmarke „Viabono – Reisen natürlich genießen“ geworben werden. Die Betreiber von Campinganlagen sollen in einer Informationsschrift über die Förderinstrumente und Kreditprogramme unterrichtet werden. Über die Deutsche Zentrale für Tourismus soll weiter- hin ein gezieltes Auslandsmarketing für den Camping- urlaub in Deutschland stattfinden. In die Veröffentlichung der Statistik für die Beherbergung sollen Übernachtungen des Urlaubscampings aufgenommen werden. Einmal jährlich sollen analog zur Erhebung der Übernachtungen in Betrieben unter neun Betten die Übernachtungen der Dauerstellplätze in den Prädikatsgemeinden geschätzt werden. Die Bundesregierung soll darüber hinaus das Kurato- rium der deutschen Wirtschaft für Berufsbildung in sei- nem Bemühen unterstützen, das Berufsprofil eines Kauf- manns für Freizeit und Tourismus zu entwickeln. Mit diesen Maßnahmen werden wir den Campingtourismus in Deutschland nachhaltig fördern und diesen wichtigen Teil des Urlaubsangebots weiter ausbauen können. Renate Gradistanac (SPD): Mit dem Aktionsplan zum Kinder- und Jugendtourismus in Deutschland wird einmal mehr der zukunftsorientierte Blick der Regierung deutlich. Der Aktionsplan soll dazu beitragen, dass sich unser Land unter rot-grüner Regierung auf eine Gesell- schaft von morgen vorbereitet. Laut der Reisebranche wird sich in den nächsten Jahren der Anteil der Reisenden im Kindes- und Jugendalter auf etwa 25 Prozent ver- größern. Auf diesen wachsenden Reisemarkt müssen die touristischen Leistungsträger vorbereitet sein. Um dies fördernd und innovativ zu unterstützen, ist dieser Akti- onsplan formuliert worden. Lassen Sie mich noch einige Zahlen nennen. Mit die- sen möchte ich Ihnen die wirtschaftliche Relevanz der Kinder- und Jugendreisen darstellen. Allein fünf große Träger, die sich auf diesen Markt spezialisiert haben, ver- buchen in ihren zusammen 102 000 Betten über 13 Milli- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225272 (C) (D) (A) (B) onen Übernachtungen im Jahr. Die Gesamtzahl der von Jugendlichen und Kindern getätigten Übernachtungen dürfte um einiges höher liegen. Und hier ist zu unterstrei- chen: Diese Reisenden sind die Kunden von morgen. Wol- len wir den Tourismusstandort Deutschland in der Zu- kunft wettbewerbsfähig halten, dann sollten wir uns auch um die zukünftigen Gäste schon heute intensivst bemühen. Die Bundesregierung wird hiermit aufgerufen, die For- derungen des Aktionsplanes umzusetzen. Um den Kinder- und Jugendreisemarkt weiter auszubauen, sollen Bund und Länder in Zusammenarbeit mit der Branche Aktions- pläne ausarbeiten und realisieren. Ich möchte ihnen nun folgend die wichtigsten Kern- aussagen des Antrages kurz erläutern: Erstens. Um die nötigen Planungen auf gesicherte Grundlagen zu stellen, müssen das Alter der jungen Rei- senden, die Anzahl und Verteilung der bereitgestellten Betten sowie die Anzahl der von den Kindern und Ju- gendlichen getätigten Übernachtungen festgehalten wer- den. Die momentane Datenlage lässt dies nicht zu, dies muss verbessert werden. Zweitens ist ein Gremium unter der Leitung der DZT, Deutsche Zentrale für Tourismus, gebildet worden, wel- ches die gemeinnützigen und kommerziellen Träger von Kinder- und Jugendreisen zusammenbringt. Ziel ist es, den deutlich gespaltenen Markt zwischen gemeinnützigen und kommerziellen Anbietern mittels eines Interessens- ausgleiches und einer gemeinsamen Marktbearbeitung kundenorientierter zu gestalten. Drittens kommt der Qualitätssicherung und Qualitäts- steigerung eine hohe Bedeutung zu. Hier müssen Maß- nahmen und Wege gefunden werden, den momentanen Zustand der Einrichtungen zu ermitteln und darauf auf- bauend die Qualität zu steigern. Ein weiterer Punkt zur Qualität. Die auch ehrenamtlich tätigen Leiter der Kinder- und Jugendreisen müssen die Möglichkeit erhalten, sich durch geeignete Maßnahmen zu qualifizieren. Diese trägerübergreifenden Weiterbil- dungsmöglichkeiten sollen mit einer, nennen wir sie jetzt einmal: „Jugendleiter Card“ zertifiziert werden. Dabei sollen die Länder die nötige Unterstützung beitragen. Ich möchte hier betonen, dass nicht Aufsichtspersonen ausgebildet werden sollen. Nein, es soll ganz besonders auf eine sehr gute pädagogische Betreuung Wert gelegt werden. Den Kindern und Jugendlichen soll auf ihren Rei- sen kulturelle und soziale Kompetenz vermittelt werden. Der Wert der Toleranz bekommt dabei eine wichtige Be- deutung, denn dieser ist ein wichtiges Gut für die mo- mentane und zukünftige Gesellschaft. Weiterhin soll bei den Kinder- und Jugendreisen auf die Entwicklung eines Umweltbewusstseins hingewirkt werden. Die jugendlichen Reisenden sollen durch die Fre- quentierung von nachhaltigen touristischen Leistungen auf umweltrelevante Aspekte aufmerksam gemacht wer- den. Ich möchte hierbei nochmals auf die durch die Bun- desregierung unterstützte Dachmarke für nachhaltiges Reisen, „Viabono“, hinweisen. Noch ein weiterer, in meiner Aufzählung letzter Punkt. Die DZT soll den Kinder und Jugendtourismus verstärkt vermarkten. Die Arbeit der DZT hat zu der positiven Ent- wicklung des Tourismus in Deutschland beigetragen. Dies ist, nur nebenbei angemerkt, auch ein Grund, warum die rot-grüne Regierung die Mittel für die DZT seit ihrem Amtsantritt, ganz im Gegensatz zur Vorgängerregierung, um mehr als 20 Prozent angehoben hat. Die jetzige Regierung hat in den vergangenen Jahren viel Gutes für den Tourismus in Deutschland getan, beispielhaft seien erwähnt: das Jahr des Tourismus, die Abschaffung der Doppellizenz bei den Jugendreiseveranstaltern und zu guter Letzt die Abschaffung der Trinkgeldsteuer – Dinge, wel- che die jetzige und wohl auch zukünftige Opposition in ihrer Zeit nicht bewerkstelligen konnte. Mit dem Aktionsplan zum Kinder- und Jugendtouris- mus führt die Regierung den unter ihr eingeschlagenen Weg zu einer kinder- und jugendfreundlichen Gesell- schaft fort und schaut voller Zuversicht in eine touris- musreiche Zukunft. Klaus Brähmig (CDU/CSU): Die Tourismuswirt- schaft ist auch nach den Anschlägen des 11. September des letzten Jahres weltweit eine der wichtigsten Wachs- tumsbranchen und hat auch in Deutschland bereits heute eine große gesamtwirtschaftliche Bedeutung. Die Ar- beitsplätze in diesem personalintensiven Dienstleistungs- bereich sind an den Standort Deutschland gebunden, sie können nicht einfach wegrationalisiert oder ins Ausland verlagert werden. Das macht den Tourismus zu einem lei- der oftmals unterschätzten Hoffnungsträger bei der Be- kämpfung der Arbeitslosigkeit, da das Potenzial für Ar- beitsplätze und Einkommen im Bereich Urlaub, Freizeit, Gesundheit und Reisen in Deutschland noch keineswegs ausgeschöpft ist. Aber der Konkurrenzdruck für den Tourismusstandort Deutschland steigt: Ständig werden neue Reiseziele er- schlossen, das weltweite Angebot an Gästebetten steigt rasant, und ausländische Tourismusdestinationen starten immer mehr und immer aufwendigere Werbekampagnen. Erschwerend kommen in Deutschland vor allem unverän- dert hohe Arbeitslosenzahlen und eine schwache Kon- junktur hinzu, die bei vielen Bürgern mit der Angst um ihren noch bestehenden Arbeitsplatz verbunden ist, so- dass die deutsche Reisebranche größere Buchungsrück- gänge und mehr schleppend verlaufende Geschäfte zu verzeichnen hat, als dies in vielen anderen Ländern der Fall ist. Die deutsche Tourismuswirtschaft droht zu einem Hauptleidtragenden der Konsumzurückhaltung bzw. des Konsumverzichts der Bevölkerung zu werden. Bei den gegenwärtig stagnierenden bzw. sinkenden Umsätzen, rückläufigen Gewinnen und geringen Umsatzrenditen können viele der überwiegend mittelständischen bzw. ei- gentümergeführten Betriebe kaum Eigenkapital bilden. Damit besteht immer weniger Spielraum für Nach- und Neu-Investitionen sowie für Neueinstellungen und den Abschluss von Ausbildungsverhältnissen. Tourismus dient auch der Völkerverständigung sowie dem Abbau von Vorurteilen und wirkt damit nicht nur in Krisenregionen friedensfördernd bzw. friedensbewahrend. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25273 (C) (D) (A) (B) Er spielt eine wichtige Rolle beim Zusammenwachsen der Europäischen Union, der Verwirklichung des Binnen- marktes und der geplanten EU-Osterweiterung. Und auch für ein erfolgreiches Zusammenwachsen unseres eigenen Landes ist das gegenseitige Besuchen und Kennenlernen unverzichtbar. Angesichts der Tatsache, dass bisher seit der Wiedervereinigung erst circa die Hälfte der westdeut- schen Bevölkerung privat oder geschäftlich die neuen Bundesländer besucht haben, gibt es hier noch einen großen Nachholbedarf. Wichtig ist, dass vor allem junge Leute frühzeitig die Gelegenheit zum Reisen innerhalb Deutschlands und innerhalb Europas bekommen und er- greifen. Jugendliche Reisende sind die Touristen der Zu- kunft, ihre in jungen Jahren gemachten Erfahrungen wer- den ein Leben lang ihre Einstellungen und ihr Reiseverhalten prägen. Dies ist auch für die künftige Ent- wicklung des Tourismusstandortes Deutschland bei In- landsreisen von großer Bedeutung. In diesem Zusammen- hang begrüßen wir auch die vorbildliche Initiative von Baden-Württemberg und Bayern, in diesem Jahr in den Ferienmonaten Juli und August für Kinder bis 15. Jahren in mehr als 650 Betrieben die Übernachtung kostenlos an- zubieten. Wir hoffen, dass auch andere Bundesländer die- sem positiven Beispiel folgen werden und erkennen, dass Investitionen in die Jugend wirkungsvolle Investitionen in die Zukunft sind. Daher macht es Sinn, das Segment des Kinder- und Ju- gendtourismus in der heutigen Debatte etwas näher zu be- leuchten. Allerdings ist der Jugendreisemarkt ausgespro- chen vielschichtig und unübersichtlich. Es gibt nur wenig aussagekräftige statistische Zahlen. So werden etwa in diesem Bereich meist Kinder, Jugendliche und junge Er- wachsene bis 29 Jahren zusammengefasst, deren Anteil am weltweiten gesamten touristischen Markt auf circa 20 Prozent geschätzt wird. In Deutschland ist diese Alters- gruppe, zu der circa 15,6 Millionen Menschen gehören, besonders reisebegeistert: 80 Prozent von ihnen verreisen mindestens einmal im Jahr. Zwar reisen immerhin 25 Pro- zent der 14- bis 29-Jährigen innerhalb Deutschlands, doch liegt dieser Anteil deutlich unter dem gesamten Anteil un- serer Bevölkerung, die innerhalb ihres eigenen Landes unterwegs sind und Urlaub machen. Die beiden vorliegenden, im Wortlaut identischen An- träge der Koalitionsfraktionen und der PDS enthalten zwar durchaus viele zustimmungswürdige Aussagen, doch be- ziehen sich diese fast ausschließlich auf gemeinnützige Anbieter. Die Interessen und Probleme kommerzieller Veranstalter sind dagegen kaum berücksichtigt. So wird zum Beispiel die Gleichbehandlung aller gemeinnützigen Unterkünfte bei der Erhaltung und Qualitätsverbesserung von kinder- und jugendgerechten Unterkünften gefordert – warum nicht auch eine Gleichbehandlung mit kommerzi- ellen Anbietern? Sollen hier die Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen, noch weiter verschlechtert werden? Weiterhin findet sich in diesen Anträgen kein Wort über die Subventionierung und steuerliche Bevorzugung gemeinnütziger Träger im Kinder- und Jugendreisebe- reich. Dabei kann die Privatwirtschaft viele dieser Aufga- ben offensichtlich effizienter leisten. Nicht nur liegen die Baukosten von kommerziellen Beherbergungsstätten wie etwa Jugendhotels oftmals unter denjenigen für zum Bei- spiel Jugendherbergen, auch der Übernachtungspreis liegt häufig deutlich niedriger, wie uns kürzlich noch der Deut- sche Reisebüro und Reiseveranstalter Verband DRV be- stätigte. Natürlich liegt die Bereitstellung preisgünstiger Angebote im Interesse jugendlicher Reisender, aber zu- sätzlich auch im Interesse einer Steigerung der Attrakti- vität des Tourismusstandortes Deutschland, auch für den Besuch von Jugendlichen aus Europa und der ganzen Welt, die durch positive Reiseerlebnisse eben später auch zu wiederkehrenden, meist zahlungskräftigen Touristen werden. Wir sollten uns auch überlegen, wie wir die Zusam- menarbeit von gemeinnützigen Beherbergungsbetrieben mit kommerziellen Reiseveranstaltern verbessern kön- nen, die sich gegenwärtig recht schwierig gestaltet bzw. teilweise überhaupt nicht erfolgt. Dies würde nicht zuletzt auch die Auslastung der gemeinnützigen und mit öffentli- chen Mitteln geförderten Einrichtungen erhöhen. Zu wichtigen anderen, in den vorliegenden Anträgen eben- falls überhaupt nicht angesprochenen Punkten gehört auch die uneinheitliche und nicht immer marktkonforme Gestaltung von Vorschriften für Klassenfahrten. Außer- dem wird Lehrern bzw. Begleitpersonen immer häufiger die Abrechnung ihrer eigenen Kosten als Dienstreise un- tersagt. Die Inanspruchnahme von Freiplätzen löst das Problem nur zum Teil, wobei diese dann auch nicht mehr wie eigentlich vorgesehen für Schüler von einkommens- schwachen Eltern zur Verfügung stehen. SPD, Grüne und PDS zeigen mit ihren Anträgen ein- mal mehr, wie wenig Wert sie auf faire Wettbewerbsbe- dingungen für die Leistungsträger unserer Gesellschaft, die kleinen und mittelständischen Unternehmen, legen. Die CDU/CSU setzt sich dagegen für eine Deregulierung und Entbürokratisierung der vorwiegend mittelständisch geprägten Tourismuswirtschaft ein, um die unternehmeri- sche Freiheit und Innovationsfreudigkeit der Betriebe zu stärken. Wir wollen die von der rot-grünen Bundesregie- rung eingeführten Beschäftigungsbarrieren aufheben, ins- besondere der Einschränkungen bei befristeten Arbeits- verhältnissen und des generellen Rechtsanspruchs auf Teilzeitarbeit. Wir wollen mit einem „Drei-Säulen-Mo- dell“ die Neuregelung der 325-Euro-Jobs ersetzen, was sowohl Arbeitnehmern wie Arbeitgebern spürbare finan- zielle Vorteile bringt, indem vor allem die Grenze für eine geringfügige Beschäftigung auf 400 Euro angehoben wird. Und wir wollen die Unternehmensbesteuerung mehr darauf ausrichten, die Möglichkeiten zur Bildung von Eigenkapital zu verbessern, insbesondere für mittel- ständische Unternehmen. Sylvia Voß (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die großen Reiseveranstalter richten ihre Angebote zuneh- mend auf die Belange von Familien aus. Dazu gehören nicht nur große, interessant gestaltete Spielplätze in Feri- enanlagen. Denn erst einmal – das wissen die Veranstalter natürlich – müssen die Familien sich den Urlaub leisten können. Unsere familienfreundliche Politik der letzten Jahre hat hier mit der Erhöhung des Kindergeldes, der Senkung des Eingangssteuersatzes, der Anhebung des Grundfreibetrages und der Stabilisierung des Beitragssat- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225274 (C) (D) (A) (B) zes der Rentenversicherung gute Voraussetzungen ge- schaffen. Die Branche ihrerseits lockt mit Kinderfestprei- sen, Ermäßigungen und Freibeträgen. Auch tourismuspolitisch kann und muss erreicht wer- den, dass Kinder und Jugendliche in den Genuss wohl- verdienter Ferien kommen. Besonders danken möchte ich an dieser Stelle der derzeitigen Vorsitzenden der Kinder- kommission des Bundestages, der Abgeordneten Rosel Neuhäuser, die tatkräftig dazu beigetragen hat, dass der Koalitionsantrag heute so zur Abstimmung vorgelegt wer- den kann und dass dieser Antrag im federführenden Aus- schuss zumindest ohne Gegenstimmen verabschiedet wer- den konnte. Es ist schade, dass sich CDU/CSU und FDP nicht konstruktiv eingebracht haben. Gerade bei diesem Thema hätte es gut angestanden, Partei- und wahltakti- sche Überlegungen hintanzustellen. Beeindruckt hat mich dagegen die wirklich sehr gute Zusammenarbeit mit den Verbänden und Vereinen des Kinder- und Jugendtouris- mus – auch hierfür an diese einen herzlichen Dank. Nicht immer fahren aber Eltern und Kinder gemeinsam in den Urlaub. Die Gründe dafür sind verschiedener Na- tur. Der vorliegende Antrag zeigt, dass wir nicht wie die Opposition nur immer davon reden, wie wichtig uns un- sere Kinder sind, sondern dass die Koalition auch wirk- lich – hier im Fachbereich Tourismus – etwas tut! Egal ob reich oder arm – alle Kinder sollen schöne, erholsame Fe- rientage verbringen können. Dazu gehören attraktive, ordentliche und saubere Un- terkunftsmöglichkeiten. Besonders gern verbringen Kinder- und Jugendgruppen Ferien auf Campingplätzen. Gerade auch dem Campingtourismus wollen wir voran helfen, wo Deutschland noch aufzuholen hat gegenüber anderen eu- ropäischen Ländern. Aber dazu später mehr. Beliebt sind auch Jugendherbergen, Ferienlager sowie Kinder- und Ju- gendhotels. Egal, wohin unsere Sprösslinge aufbrechen: Mithilfe des vorliegenden Antrags tragen wir dafür Sorge, dass über ein KfW-Programm Mittel zur Verfügung ge- stellt werden, mit deren Hilfe in Kinder- und Jugendun- terkünften Renovierungen und Sanierungen vorgenom- men werden können. Mit besonders viel Freude erwähne gerade ich natür- lich die Forderung, durch geeignete Maßnahmen nach- haltige Kinder- und Jugendreisen zum Beispiel in Natio- nalparks, Biosphärenreservate und Naturparke zu fördern. Denn auch, wenn Kinder und Jugendliche im Biologieun- terricht oft lieber Zettel an den Banknachbarn verschicken oder 100 Ausreden finden, um nicht am Sportunterricht teilnehmen zu müssen, so wird es für diese Kinder und Ju- gendlichen oftmals prägend sein; denn Lernen in und von der Natur selbst ist viel anschaulicher und begeisternder und fällt deswegen leichter. Plötzlich macht Bewegung an der frischen Luft richtig Spaß und unbemerkt – das ist übrigens die beste Erziehung – entwickelt sich Liebe zur Heimat, Begeisterung für andere Kulturen und Toleranz. Auch wissen wir, dass Jugendliche sich immer früher auf eigene Faust auf Reisen begeben wollen, weil sie ein Besuch auf einer bayrischen Alm oft weniger interessiert als den gestressten Vater oder die erschöpfte Mutter. Schon ab dem elften oder zwölften Lebensjahr ziehen viele es vor, mit Gleichaltrigen zu verreisen. Selbst wenn wir als fürsorgliche Eltern das aus Sorge um unsere Kinder nicht unbedingt gutheißen, so können und sollen wir es nicht verhindern, wenn unsere Kinder irgendwann ohne uns die Urlaubsplanung angehen. Aber was wir tun können, ist, dafür Sorge zu tragen, dass sie ihren auf eigene Faust geplanten Urlaub genießen können, weil sich ihre Wünsche und Vorstellungen dort nämlich erfüllen. Dafür ist es unbedingt erforderlich zu wissen, wie diese Wünsche konkret aussehen. Aus diesem Grund findet sich in unserem Antrag auch die Forderung, in die Statistik der Tourismuserhebung wirtschaftliche und sozialpolitische Fragen mit aufzunehmen. Daran kön- nen schließlich Angebote ausgerichtet werden. Sind unsere Söhne und Töchter dann schließlich zu ei- nem Urlaub ohne Eltern aufgebrochen, wird es unbedingt beruhigend wirken, dass wir sie an ihrem Ziel in guten Händen wissen. Erklärtes Ziel dieses Antrags ist es, da- rauf hinzuwirken, dass Bund und Länder in Zusammen- arbeit mit Kinder- und Jugendreiseveranstaltern Aktions- pläne aufstellen. In diesen Aktionsplänen soll und muss es auch darum gehen, Möglichkeiten zu finden, wie die meist ehrenamt- lich tätigen Betreuerinnen und Betreuer weiter qualifiziert werden können. Weiterbildungsangebote für die aner- kennenswerte ehrenamtliche Tätigkeit können und wer- den zu einem besseren Verhältnis zwischen Kind und Be- treuungsperson führen. Dank unseres Antrags werden die Bedingungen für die schönste Zeit des Jahres für Kinder und Jugendliche ver- bessert werden. Wenn diese Vorhaben durch eine vorbild- liche Kooperation von Bund, Ländern und Verbänden konsequent, umgesetzt werden, dann werden davon Kin- der und auch die daheim gebliebenen Eltern profitieren. Denn freudestrahlend werden die Kinder zurückkehren, einerseits froh, wieder zu Hause zu sein und andererseits um viele unvergessliche Urlaubserfahrungen reicher, von denen sie erzählen können. Kinder und Jugendliche reisen überaus gern auf Campingplätze. Wir haben in dieser Legislatur viel für den Tourismus in Deutschland getan, mehr als in jeder anderen Legisla- tur zuvor eine Regierungskoalition getan hat. Unser letz- ter Antrag in dieser rot-grünen 14. Legislatur betrifft not- wendige Verbesserungen im Campingtourismus. Lassen Sie mich also noch einige Anmerkungen zu diesem Cam- pingtourismus-Antrag machen. Denn jener wird dieses überaus wichtige Segment stärken und ihm die Beachtung verschaffen, die der Campingtourismus verdient hat. In Deutschland gibt es rund 2 300 Campingplätze und mehr als 21 Millionen Mal wurde auf ihnen übernachtet. Camping ist eine außerordentlich beliebte und zuneh- mend beliebtere Art des Urlaubs. Es hat große wirtschaft- liche Bedeutung; denn immerhin 3,25 Milliarden Euro ge- ben die Gäste auf Campingplätzen, beim Camping auf dem Bauernhof und auf Reisemobilstellplätzen jährlich aus. Wenn wir diesen Antrag heute beschließen, so soll das den Campern und den Betreibern von Campingplätzen das Leben erheblich erleichtern. An erster Stelle steht des- wegen auch die Empfehlung an die Länder, sich auf eine Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25275 (C) (D) (A) (B) einheitliche Campingplatzverordnung zu einigen. Mit dieser Anregung sind wir im Vorfeld der Beratungen auf eine sehr gute Resonanz gestoßen. Durch eine einheitliche Campingplatzverordnung erhält der Unternehmer und Nutzer klare, einprägsame Orientierungen. Ich möchte einen weiteren Forderungspunkt hervorhe- ben. Um sich in den vielfältigen Möglichkeiten über För- derinstrumente und Kreditprogramme zurechtzufinden, soll eine Informationsschrift aufgelegt werden, in der diese Möglichkeiten zusammengefasst sind. Aus Ge- sprächen mit Campingplatzbetreibern wissen wir, dass viele von ihnen gern noch umweltgerechter bauen würden als es ohnehin schon der Fall ist, dies jedoch oft noch mit hohen Kosten verbunden ist. Hier gilt es, die finanziellen Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, auch auszunutzen. Schließlich soll der gezielte Einsatz dieser Gelder nicht daran scheitern, dass die Zielpersonen nichts davon wussten. Gleichzeitig möchten wir den Unternehmer auch darüber informieren, wie er seinen Campingplatz durch Energieeinsparungen noch umweltverträglicher und auch für sich selbst kos- tengünstiger führen kann. Wenn ich schon das Thema Umweltverträglichkeit und Umweltschutz anspreche, so versteht es sich fast von selbst, dass auch die Anbieter von Camping- und Cara- vantourismus dazu angeregt werden sollen, sich unter das Umweltdach „Viabono“ zu stellen. Denn ich bin der Auf- fassung, dass es schon in der Natur des Campingtourismus liegt, umweltgerecht und schonend zu arbeiten. Schließ- lich urlaubt man hier bewusst sehr nah an, in und mit der Natur. Je mehr Anbieter – auch und vor allem aus mög- lichst vielen verschiedenen Bereichen des Tourismus – der Umweltdachmarke „Viabono“ beitreten, umso mehr trägt der Tourismus dazu bei, das reiche kulturelle Erbe und die schöne Landschaft und Natur Deutschlands zu schützen. Dieses Erbe gilt es zu erhalten, weil es eben die we- sentliche Voraussetzung für die Attraktivität des Touris- musstandorts Deutschland ist. Ebenso ist es notwendig, die Qualität des Angebots zu verbessern – Öffnungs- zeiten, Service, Ordnung, Ruhe etc. – bzw. ein vorhande- nes hohes Qualitätsniveau besser zu verkaufen. Die Er- reichung dieser Ziele wird mit „Viabono“ deutlich verbessert. Dieser Antrag ist Quintessenz eines jahrelangen Diskussionsprozesses mit entsprechenden Anbietern und speziell dem Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland, dem BVCD. All jenen, die auf dieser Praxis- ebene am Zustandekommen beteiligt waren, sage ich Dank und wünsche uns allen nun fast am Ende der Legis- latur ein wenig Zeit für erholsame Ferien in der Natur. Ernst Burgbacher (FDP): Ich begrüße es, dass sich der Deutsche Bundestag mit dem Thema Kinder- und Ju- gendreisen befasst. Beim Jugendtourismus handelt es sich mit circa 20 Prozent um ein wesentliches Segment des weltweiten touristischen Marktes. Den Angaben der World Tourism Organization zufolge wird sich dieser Marktanteil in den nächsten Jahren auf über 25 Prozent erhöhen. Nach Ansicht der FDP sollte dem Kinder- und Jugend- tourismus ein höherer Stellenwert beigemessen werden, als ihm bislang zukommt. Dass die Anträge „Aktionsplan zum Kinder- und Jugendtourismus in Deutschland“ die Aufmerksamkeit auf diesen Bereich lenken, ist richtig. Allerdings ist hierzu aus liberaler und marktwirtschaftli- cher Sicht einiges anzumerken. Bei der Lektüre treten di- verse Fragen auf. Ich nenne einige: Im Antrag wird festgestellt, dass sich in den neuen Bundesländern Strukturen wie Kinder- und Erholungs- zentren bewährt haben. Dann heißt es: „Im Rahmen der geforderten Gleichbehandlung von Anbietern im Kinder- und Jugendbereich sollten diese die Voraussetzungen schaffen, in die Förderung der Jugendpolitik aufgenom- men werden zu können.“ Ich frage die Kollegen von SPD, Grünen und PDS: Was heißt das konkret? Zweites Beispiel: „Die Qualitätsstandards für Kinder- und Jugendreisen und die Praxis der betroffenen Träger- bereiche haben sich weiterentwickelt. Dies muss bei den Qualifizierungsprogrammen für Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter berücksichtigt werden.“ Ich frage Sie: Wie? Ferner: Bund und Länder sollen in Zusammenarbeit mit Kinder- und Jugendreiseveranstaltern innerhalb der gegebenen Kompetenzen Aktionspläne für Kinder- und Jugendreisen in Deutschland aufstellen. Ich frage Sie: Was genau soll das bedeuten? Ziel der geforderten Aktionspläne soll es sein, bundes- weite Qualitätsstandards trägerübergreifend für Kinder- und Jugendreisen zu entwickeln. Wer soll diese Standards entwickeln? Vom bedarfsgerechten Ausbau des Kinder- und Jugend- reisesektors ist die Rede. Wer soll dafür verantwortlich sein und wie soll dies vonstatten gehen? Weiter heißt es: „Es sollen geeignete Maßnahmen er- griffen werden, um den Zustand der Einrichtungen im Kinder- und Jugendreisebereich in Deutschland zu ermit- teln.“ Was soll das? Der Antrag zum Kinder- und Jugendtourismus ist in weiten Teilen viel zu wenig konkret, dafür voller gut ge- meinter Absichtserklärungen. Sicher ist es keine Frage, dass Kinder- und Jugendtourismus gefördert werden sollte, insbesondere auch im Hinblick auf das Zusam- menwachsen der Europäischen Union, zu dem gerade Reisen und internationale Begegnungen besonders von jungen Menschen einen wertvollen Beitrag leisten kön- nen. Ich halte aber nichts davon, wenn sich der Staat als Rei- severanstalter betätigt bzw. hier zu sehr eingreift. Der Staat sollte nur dort eingreifen, wo es unbedingt notwen- dig ist. Angebot und Nachfrage sind auch im Bereich Kin- der- und Jugendtourismus das entscheidende Regulativ. Die Reiseveranstalter werden Nachfrage nach umweltbe- wussten Jugendreisen zu erfüllen wissen. Ich halte es da- gegen für sinnvoll und erforderlich, die vom DRV zu die- sem Punkt angeführte „Gefahr einer ideologischen Überfrachtung“ sehr ernst zu nehmen. Eine zu starke staatliche Einflussnahme wird nicht zum gewünschten Erfolg führen, sondern von der Zielgruppe eher mit Ab- lehnung quittiert werden. Damit würde das angestrebte Ziel in weite Ferne rücken. Ein Wort noch zum Antrag Campingtourismus: Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225276 (C) (D) (A) (B) Es ist doch auffallend, daß in den ersten dreieinhalb Jahren der Legislaturperiode so gut wie keine Anträge von SPD und Grünen im Bereich Tourismuspolitik gestellt wurden. Nun aber, in den letzten Sitzungswochen der 14. Wahlperiode, überschlägt sich Rot-Grün beinahe. Allerdings handelt es sich bei diesem Antrag zum Campingtourismus um eine unverbindliche Unterstüt- zungsverlautbarung an die betroffene Wirtschaft. Der An- trag ist gekennzeichnet von Prüfaufträgen und Anregun- gen für die Länder. Wie schon beim kürzlich behandelten Antrag zum Landtourismus gilt auch hier: Die rot-grüne Bundesregierung hat diese Branchen insbesondere durch die Einführung der Ökosteuer massiv belastet und ver- sucht nun, kurz vor dem 22. September für gute Stim- mung bei den Betroffenen zu sorgen. Hier wird die FDPnicht mitmachen. Aus diesem Grund enthalten wir uns bei der Abstimmung zu den Anträgen Kinder- und Jugendtourismus sowie Campingtourismus. Rosel Neuhäuser (PDS): Eine mehr als zweijährige Debatte findet mit vorliegenden Anträgen einen Ab- schluss und mehr als 15 Jahre musste die Kinder- und Ju- gendreisebranche auf diesen Aktionsplan warten. Wir als PDS-Fraktion haben uns des Themas Kinder- und Jugendreisen angenommen und es von Beginn der Legislatur an inhaltlich begleitet. Als Tourismusausschuss haben wir vor zwei Jahren eine öffentliche Anhörung organisiert, auf der die Sach- verständigen die Situation im Kinder- und Jugendreise- bereich erläuterten und die Mehrheit einen Aktionsplan für das Kinder- und Jugendreisen in Deutschland forder- ten. Einig war man sich auch, dass dem Bereich des Kin- der- und Jugendreisens politisch und wirtschaftlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Man erinnerte Politik und Branche auch daran, dass die große Zeit des geförderten Kinder- und Jugendreisens auf Bundesebene die 60er- und 70er-Jahre waren. Von dieser historischen Situation ist das Kinder- und Jugendreisen bis zum heutigen Tag meilenweit entfernt. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die jährlich or- ganisiert wegfahren, geht in die Millionen. Der Ruf nach einer qualifizierten Betreuung, nach Qualitätskriterien für Freizeit und Reisen, nach Erleichte- rungen beim Erwerb der Jugendleitercard, nach Analysen zum Zustand der Einrichtungen gewinnt gerade in der Diskussion über die Zukunft des Kinder- und Jugend- reisesektors an Bedeutung. Dass Kinder und Jugendliche gerne reisen, ist die Re- gel und nicht die Ausnahme. Schätzungen zufolge ist der Kinder- und Jugendtourismus in den letzten zehn Jahren weltweit um acht bis zehn Prozent jährlich gestiegen. Die Steigerungsrate liegt damit fast doppelt so hoch, wie im gesamten Bereich des Tourismus. Genau hier ist auch das Problem zu finden, warum das Kinder- und Jugendreisen sehr oft Streitpunkt in Politik und Branche ist. Im Spannungsfeld zwischen Jugendhilfe und Touris- muswirtschaft hatte und hat sich das Kinder- und Jugend- reisen immer wieder aufs Neue zu beweisen. Im Gegensatz zur etablierten Reiseszene stellt sich der Kinder- und Ju- gendreisebereich in vielschichtigen Strukturen dar. Häufig fehlt genau diesen, im Interesse von mehr Qualität, ein ge- meinsames Kooperieren. Wir unterstützen deshalb die Forderung, konkrete Aus- sagen zum Kinder- und Jugendtourismus in Deutschland in den Tourismuspolitischen Bericht der Bundesregierung aufzunehmen. Gestatten Sie mir abschließend einige Worte zur Zusammenarbeit im Ausschuss. Wir haben uns in den Diskussionen zur Verbesserung des Tourismus nichts geschenkt. Wir haben uns bemüht, möglichst fair mit- einander umzugehen. Für diese gute Zusammenarbeit möchte ich mich bedanken und wünsche mir sehr, dass der Aktionsplan in der nächsten Legislaturperiode in die Tat umgesetzt wird. Lassen Sie uns gemeinsam auf der Grundlage des Ak- tionsplanes ein Modell entwickeln, das den Tourismus im Kinder- und Jugendbereich als einem speziellen Lernfeld gerecht wird und zeigt, wie die damit gegebenen Mög- lichkeiten für interkulturelles Lernen ohne pädagogischen Zeigefinger genutzt werden können. Nicht umsonst heißt es „Reisen bildet“. Anlage 26 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des Berichts: Kriegsfolgen- und Kriegslasten- beseitigung in den neuen Ländern – der Beschlussempfehlung und des Berichts: Sofortmaßnahmen des Bundes und bei der Rüstungskonvention (Tagesordnungspunkt 18 b und c) Angelika Krüger-Leißner (SPD): Wir beraten heute bereits zum zweiten Mal den Antrag der CDU/CSU-Frak- tion „Kriegsfolgen- und Kriegsaltlastenbeseitigung in den neuen Ländern“. Dies tun wir überflüssigerweise, wie ich meine; überflüssigerweise nicht wegen der Problematik, die dahinter steckt. Die Finanzierungsfrage der Beseiti- gung von Rüstungsaltlasten ist ein ernstes Thema und weil mein Wahlkreis ein besonders betroffener ist, bin ich damit bestens vertraut. Ich habe mich auch immer für eine trägfähige Lösung eingesetzt und verspreche Ihnen, das auch weiterhin zu tun. Nein, überflüssig ist die Debatte um den Antrag des- halb, weil er den Fragen und Problemen der Beseitigung von Rüstungsaltlasten in keiner Weise gerecht wird. Die Bundesregierung soll „aufgefordert werden zu prüfen, ob aus dem Bundeshaushalt zusätzliche Mittel bereitgestellt werden können“, um die betroffenen Gemeinden und Pri- vathaushalte in den neuen Ländern bei der Beseitigung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25277 (C) (D) (A) (B) von Munitionsfunden in angemessener Weise zu unter- stützen. Ich muss schon sagen: Die CDU/CSU-Fraktion zeigt an dieser Stelle sehr deutlich, wie wichtig ihr dieses Thema ist. Denn offenbar haben Sie es nicht für nötig er- achtet, sich intensiv mit der Problematik auseinander zu setzen. Wie komplex und rechtlich schwierig die Frage der Beseitigung von Kriegsaltlasten ist, wie nachhaltig uns diese Problematik in den nächsten Jahren noch be- schäftigen wird, ist Ihnen offenbar völlig verborgen ge- blieben. Sie haben einfach gesehen, dass da ein Thema ist, das sich vielleicht im Wahlkampf ausschlachten lässt und sich gesagt: Stellen wir doch einfach mal einen Antrag dazu und fordern noch ein bisschen Geld aus dem Bundes- haushalt. Ich kann Ihnen versichern: Diese Taktik wird nicht aufgehen; in der Region um Oranienburg schon gar nicht. Denn die Menschen dort wissen, dass sich die SPD ihrer Probleme – auch und besonders bei der Beseitigung von Rüstungsaltlasten – am besten annimmt. Einen so unausgegorenen Antrag jedenfalls, wie er uns heute von Ihnen wiederholt vorgelegt wurde, hätten Sie, würden Sie regieren, niemals gestellt. Das zeigt deutlicher als alles andere, wie schlecht dieser Antrag ist. Denn es gab in den 16 Jahren der Regierung Kohl eine sehr große Anzahl unausgegorener und schlechter Anträge, die in den allermeisten Fällen leider auch noch umgesetzt wur- den. Nur bei dieser Thematik haben Sie bisher gekniffen. 1993 und 1997 hätten sie die Chance zu einer Lösung die- ses Problems gehabt, sie aber nicht genutzt. Wie komplex sich die Sanierung von Rüstungsaltlasten darstellt, hat die Anhörung des Haushaltsausschusses ge- zeigt, an der ich, im Gegensatz zu meinem Wahlkreiskol- legen der CDU/CSU, maßgeblich beteiligt war. An dieser Stelle möchte ich übrigens erwähnen, wie wichtig ihm dieses Thema, das für den Wahlkreis, in dem er wie ich kandidieren, eine solche Relevanz hat, ist: Auf dieser An- hörung, an der viele Persönlichkeiten aus der Region Oberhavel teilgenommen haben, unter anderem der von mir benannte Sachverständige Landrat von Oberhavel, Karl-Heinz Schröter, habe ich den ehemaligen Branden- burger Vorsitzenden der CDU jedenfalls nicht gesehen. Das zeigt deutlicher als alles andere: Diese Frage interes- siert Herrn Fink nur, wenn er damit Wahlkampf machen will. Die Suche nach echten und langfristigen Lösungen liegt ihm fern. Auf der Anhörung ist deutlich geworden, dass sich die Bundespolitik dem Problem der Sanierung von Rüstungs- altlasten stellen muss. Gerade das Land Brandenburg – und hier besonders die Region Oberhavel – ist in hohem Maße von Bombenfunden betroffen. So gibt es in Brandenburg jährlich circa 2 000 Zufallsfunde. Jedes Jahr werden im Schnitt 6 000 Anträge zur Ermittlung von Kampfmittelbe- lastung gestellt. Die Kosten hierfür sind mitunter enorm – gerade wenn eine Stadt wie Oranienburg betroffen ist, die in besonderem Maße von alliierten Angriffen während des Zweiten Weltkrieges betroffen war. Aber es sind nicht nur die Räumungskosten, die das Bundesland Brandenburg und die dortigen Städte und Ge- meinden belasten. Allein das Wissen darum, dass überall gefährliche Rüstungsaltlasten verborgen sein können, hält lnvestoren ab, verzögert Verfahren und gefährdet den Tourismus. Hinzu kommt, dass die Gefährdung immer größer wird. 56 der 105 seit 1991 in Oranienburg gebor- genen Bomben waren mit chemischen Langzeitzündern versehen, die mit Sicherheit irgendwann einmal detonie- ren. So hat es seit 1977 in Oranienburg sechs Selbstdeto- nationen gegeben. Bei einer davon hat es 1991 einen Schwerverletzten gegeben. Wie umfangreich dieses Problem allein in der Region Oranienburg ist, macht noch eine andere Zahl deutlich: Von den 22 000 Bomben, die im Zweiten Weltkrieg in der Gegend abgeworfen wurden, sind vermutlich circa zehn bis 20 Prozent noch nicht explodiert. Die Kosten, die eine solche Situation verursacht, werden offensichtlich, wenn man weiß, dass im Falle eines Fundes bis zu 15 000 Ein- wohner evakuiert werden müssen. Betriebe müssen gege- benenfalls für mehrere Stunden ihre Produktion stoppen. Die Kosten, die die Stadt Oranienburg seit 1997 überneh- men musste, betragen mittlerweile mehr als 500 000 Euro. Die Region Oberhavel ist an dieser Stelle nur ein beson- ders eklatantes Beispiel für die Wichtigkeit einer soliden Regelung, die den Bund an den Kosten beteiligt. Auf kei- nen Fall darf es dahin gehen, dass die betroffenen Ei- gentümer selber in vollem Umfang für die Kosten auf- kommen, auch wenn das rechtlich möglich wäre. Dies hätte für viele Familien katastrophale Belastungen zur Folge. In der Anhörung ist aber auch etwas anderes deutlich geworden. Die Umsetzung des Antrages der CDU/CDU ist verfassungsrechtlich bedenklich. Die Beseitigung der Rüs- tungsaltlasten ist Länderaufgabe. Entsprechend müssen die Länder auch finanziell für diese Aufgabe aufkommen. Der Bund kommt für die Kampfmittelräumung nur in bun- deseigenen Liegenschaften und bei so genannter „reichs- eigener Munition“ auf. Diese Regelung ist auch mit dem Einigungsvertrag 1990 von den neuen Ländern übernom- men worden. Sie sehen also: Um hier tätig zu werden, um hier neue Formen der Finanzierung zu finden, müssen auch die gesetzlichen Grundlagen geändert werden. Solche wohlbekannten Dinge hat die CDU-Fraktion in ihrem dilettantischen Antrag aber nicht berücksichtigt; eben, weil es Ihnen nicht um die Sache geht, sondern um Aktionismus, Populismus und Wahlkampf. Das finde ich bei einem solchen Thema, das die Ängste der Bürgerinnen und Bürger beinhaltet, ausgesprochen unanständig. Die Christdemokraten gehen hier nach dem Motto vor: Wir fordern mal ein bisschen, auf einer Grundlage, die recht- lich unsicher ist und tun dann so, als ob die Bundesregie- rung sich für die Thematik überhaupt nicht interessiert. Damit lässt sich trefflich Wahlkampf machen; besonders, wenn man noch ein paar Parlamentsdebatten damit be- schäftigt. Ich habe den Eindruck, der gesamte Wahlkampf der CDU/CSU ist so aufgebaut: fordern, Unausgegorenes vorlegen und sich über sorgfältige Überlegungen hinweg- setzen. Das haben sie gerade erst in Ihrem Umgang mit den Ergebnissen der Hartz-Kommission bewiesen und das beweisen sie an dieser Stelle erneut. Dass das Parla- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225278 (C) (D) (A) (B) ment für Sie nichts anderes als eine Quasselbude ist, die allenfalls zu Wahlkampfauftritten taugt, hat Ihr Kanzler- kandidat ja heute allen bewiesen. Noch nie haben wir von dem Vorsitzenden einer demokratischen Partei eine solch abfällige Bemerkung zum Parlament vernommen. Ich kann nur sagen: Herr Stoiber, unterschätzen Sie das Par- lament nicht. Es ist das Zentrum der Demokratie. Es wird Ihnen auch zukünftig als Vertreter der Opposition die Möglichkeit geben, Ihre Meinung kundzutun. Der Wahlkreiskollege der CDU, Herr Fink, hat mit sei- nem letzten Angriff gegen mich in der Lokalpresse ein- drucksvoll gezeigt, dass er die CDU-Art, Wahlkampf zu machen, voll mitträgt: So konnte man im „Oranienburger Generalanzeiger“ vom 28. Juni dieses Jahres nachlesen, dass die Verschiebung des Rüstungsaltlastenfinanzie- rungsgesetzes zeige, dass die Regierungskoalition kein Interesse habe, eine Lösung für die Problematik zu finden. Meine Person griff Herr Fink besonders an, da ich „dieses Spiel nicht verhindert“ hätte. Ich will zu meinem Einsatz – gerade was das Finden ei- ner grundlegenden Lösung in der Frage der Rüstungsalt- lastenproblematik angeht – nicht mehr viel sagen. Inzwi- schen ist das Thema in Brandenburg so präsent, dass sich die Bürger ihr eigenes Bild machen können. Nur noch ei- nes: Schauen Sie sich doch an, wie die Antragsteller – ins- besondere mein Wahlkreiskollege – mit diesem Thema bisher umgegangen sind. Ist es nicht so, dass Herr Fink an der Anhörung zu dem Thema und damit an einer langfris- tig tragenden Lösungsfindung wenig Interesse zeigte, nicht teilgenommen hat, obwohl er jetzt so tut, als sei die Lösung dieser Problematik sein besonderes Anliegen? Ist es nicht so, dass der Innenminister von Branden- burg, der diesen Antrag in den Bundesrat eingebracht hat, Mitglied der CDU ist, dessen Sachkenntnis aber für die- sen Antrag von seinen Kollegen nicht erfragt wurde? Ist es nicht so, dass Herr Fink einmal Vorsitzender der CDU in Brandenburg war und sich damals überhaupt nicht für dieses Thema interessiert hat? Ich erinnere daran, dass sich 1997 – beim zweiten Anlauf des Bundesrates – die CDU/CSU-Regierung auf die bestehende Kostenregelung und die Staatspraxis zwischen Bund und Ländern berief, die sich ihrer Meinung nach bewährt hätte und die deshalb beibehalten werden sollte. Ist es nicht so, dass die ehemalige Bundesregierung bei dem 1997 gestellten Antrag des Bundesrates überhaupt kein Interesse gezeigt hat, eine Lösung dieses Problems zu finden, dass es weder eine Anhörung noch eine inten- sive Auseinandersetzung gab und nach Lösungen gesucht wurde! Noch einmal: Der Antrag der CDU/CSU-Frak- tion, der eine Einmalzahlung des Bundes als Hilfe für die Beseitigung der Kriegsfolgen und Kriegslasten fordert, ist nicht geeignet, dieses Problem grundlegend anzugehen. Zudem ist er verfassungsrechtlich bedenklich. Auch dies hat die Anhörung ergeben. Daher lehnen wir ihn ab. Ich bin aber sehr dafür, dass wir uns weiterhin mit dem Feld der Finanzierung der Rüstungsaltlastensanierung be- schäftigen. Ich habe ja zuvor verdeutlicht, wie groß die Probleme in einzelnen Teilen Deutschlands, insbesondere in den neuen Ländern, sind. Wenn wir uns 57 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges immer noch mit den Lasten dieses Krieges auseinander zu setzen haben, sollte uns al- len klar werden: Es ist höchste Zeit hier für eine Regelung zu sorgen, die zumindest die Perspektive für die Kampf- mittelberäumung für mindestens noch zwei Jahrzehnte aufzeigt. Dies ist insbesondere nötig, weil von den Altlas- ten die genannten Gefahren ausgehen und weil sie die wirtschaftliche Entwicklung in den betroffenen Regionen hemmen. Wenn die Bürgerinnen und Bürger, die Länder und Kommunen allein nicht in der Lage sind, dies zu tun, dann muss man über eine stärkere Beteiligung des Bundes nicht nur nachdenken, sondern auch nach geeigneten Wegen suchen. Die Anhörung hat hier Möglichkeiten aufgezeigt. Im Übrigen ist es ja nicht so, dass der Bund sich an den Kosten der Bombenräumung gar nicht beteiligt. Ich gebe aber zu, dass es etwas seltsam anmutet, wenn sich diese Beteiligung an der Herkunft der Bombe ausrichtet: Ist sie eine „reichseigene“ oder eine „alliierte“ Bombe? Dass diese Frage über die Finanzierung entscheidet, ist den Be- troffenen in der Tat nur schwer zu vermitteln. Daher werden wir uns nun darum kümmern müssen, wie eine angemessene Regelung einer weiteren Bundes- beteiligung aussehen kann. Auch rechtlich muss eine sol- che Regelung einwandfrei sein. Wir prüfen dies und wir prüfen auch die finanziellen Möglichkeiten des Bundes in diesem Zusammenhang. Die Vorschläge des Landes Brandenburg, wie sie in dem entsprechenden Antrag for- muliert sind, bieten hier – im Gegensatz zum CDU/CSU- Antrag – eine Grundlage. Der Entwurf aus dem Bundes- rat geht zwar in einigen Punkten über das Ziel und die Möglichkeiten des Bundes hinaus. Auch rechtlich ist noch einiges klärungsbedürftig. Die Anhörung hat uns hier aufgefordert, zu prüfen, zu überarbeiten und uns zu verständigen, insbesondere mit den einzelnen Bundesländern. Dies müssen wir nun tun. Leider hat die Zeit der letzten Wochen dafür nicht ausge- reicht. Aber wir werden dran bleiben und in der nächsten Legislatur einen neuen Anlauf nehmen. Lassen Sie uns nicht die Zeit, wie in der Vergangenheit, mit Scheinanträ- gen und blindem Aktionismus vertun, sondern zielgerich- tet vom derzeitigen Erkenntnisstand ausgehend bei der Anhörung ansetzen und die Chancen für eine langfristige gesetzliche Neuregelung nutzen. Ulf Fink (CDU/CSU): Wir beraten heute nicht, wie ur- sprünglich vorgesehen, in abschließender Debatte den Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Kriegsfol- gen- und Kriegslastenbeseitigung in den neuen Ländern“. Nein, Gegenstand der heutigen Aussprache ist lediglich ein Zwischenbericht des Haushaltsausschusses über den Antrag der Union. Mit Empörung muss meine Fraktion feststellen, dass die Regierungskoalition hier eine uner- trägliche Verzögerungstaktik an den Tag legt und es nicht wagt, beim Thema „Blindgängerfunde in den neuen Bun- desländern“ offen Farbe zu bekennen. Diese Haltung ist unerträglich. Der vorliegende Zwischenbericht sagt wörtlich Fol- gendes aus: Der federführende Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat den Antrag der CDU/CSU- Fraktion Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25279 (C) (D) (A) (B) in seiner 71. Sitzung am 4. April 2001, in seiner 75. Sit- zung am 30. Mai 2001, in seiner 109. Sitzung am 12. Juni 2002, in seiner 110. Sitzung am 26. Juni 2002 und zuletzt in seiner 111. Sitzung am 3. Juli 2002 hin- sichtlich der Beratung vertagt. Auf Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde der Antrag auf die Tagesordnung der 111. Sit- zung des Haushaltsausschusses am 3. Juli 2002 ge- setzt. Die Koalitionsfraktionen stellten mit dem Hin- weis auf die nicht überschaubaren finanziellen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt, die insbe- sondere als Ergebnis der öffentlichen Anhörung zu- tage getreten sind, erneut den Antrag auf Vertagung. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Koaliti- onsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU, der Fraktion der FDP und der Fraktion der PDS angenommen. Hätte die Union nicht wenigstens den hier vorliegen- den Zwischenbericht beantragt, hätte die Regierungsko- alition ihr Ziel erreicht, nämlich das Thema weiter auf die lange Bank zu schieben. Hierzu ist Folgendes anzumerken: Es ist nunmehr fast eineinhalb Jahre her, dass die Union mit ihrem Antrag das Thema „alliierte Blindgängerfunde“ in den Fokus der po- litischen Debatte gerückt hat. In unserem Antrag hatten wir die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, ob aus dem Bundeshaushalt zusätzliche finanzielle Mittel bereit- gestellt werden können, um private Haushalte, Städte und Gemeinden in den neuen Ländern, die von Bomben- und Munitionsfunden aus dem Zweiten Weltkrieg betroffen sind, in angemessener Weise zu unterstützen. Ich kann mich noch gut an die erste Debatte erinnern, die wir im Februar 2001 über unseren Antrag geführt haben. Unser Antrag wurde damals von der FDP- und der PDS- Fraktion ausdrücklich begrüßt. Die Fraktion von Bünd- nis 90/Die Grünen hat ihn grundsätzlich abgelehnt. Die SPD-Fraktion vertrat dagegen die Auffassung, der Antrag reiche nicht aus, es müsse eine bundesgesetzliche Regelung her, die vom Bundesrat ausgehen sollte. Diese Forderung wurde erfüllt: Noch im Herbst 2001 hat der Bundesrat auf Initiative des Landes Brandenburg den Entwurf eines Rüs- tungsaltlastenfinanzierungsgesetzes vorgelegt. Worum geht es bei dem Thema? Tatsache ist, dass elf Jahre nach der staatlichen Wiedervereinigung sich die Fol- gen und die Lasten des Zweiten Weltkrieges in Ost- deutschland noch immer wesentlich deutlicher bemerkbar machen als im alten Bundesgebiet. Die Meldungen über erneute Blindgängerfunde, über Straßensperrungen und vorsorgliche Evakuierungen reißen besonders in der Stadt Oranienburg nicht ab. Eine Sachverständigenanhörung im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat erge- ben, dass allein in Brandenburg circa 400000 Hektar Land als kampfmittelbelastet gelten. Die Experten vermuten weiterhin allein in Oranienburg über 2 000 unentdeckte Blindgänger. Das heißt, es werden noch Generationen sprichwörtlich mit der Bombe leben müssen, wenn nicht Entscheidendes geschieht. Für die Union ist daher klar: Auf diesem Gebiet muss schnellstens gehandelt werden. Neben der latenten Gefahr für die Bevölkerung, die von Blindgängern und Muniti- onsüberresten ausgeht, besteht ein weiteres Problem in den immensen Kosten, die mit der Auffindung, Bergung und Beseitigung des brisanten Materials verbunden sind. Die Kostenfrage ist zurzeit wie folgt geregelt: Kosten, die mit der Bergung und Vernichtung verbunden sind, werden vom Landeshaushalt übernommen. Folgekosten, die durch den Einsatz der Feuerwehr, Maßnahmen der Ordnungsämter oder etwaige Staatshaftungen entstehen, tragen die betroffenen Städte und Gemeinden selbst. Auch der Bürger kann von Kosten nicht freigestellt werden. Will er bauen und besteht die Wahrscheinlichkeit eines Bombenfundes, muss er für die Gebühren aufkom- men, die zum Beispiel mit der Auswertung von Luftbild- aufnahmen entstehen. Beauftragt er unmittelbar ein Kampfmittelräumungsunternehmen mit der Suche, muss er die Kosten der Suche selbst bezahlen. Hat er bereits ge- baut und wird im Nachhinein ein Blindgänger auf seinem Grundstück gefunden, haftet er für Maßnahmen der Ber- gung mit seinem privaten Vermögen, was den finanziellen Ruin bedeuten kann. Die Kostenfrage wäre dann kein Problem, wenn es sich bei den aufgefundenen Blindgängern und Munitionsüber- resten um deutsche, das heißt ehemals reichseigene Muni- tion handeln würde; denn dann würde der Bund aufgrund der gängigen Staatspraxis in Verbindung mit dem Allge- meinen Kriegsfolgengesetz die Kosten übernehmen. Nun ist es aber so, dass es sich hier nicht um Kampfmit- tel des Deutschen Reiches, sondern um Kampfmittel der ehemaligen Alliierten handelt, sodass der Bund nicht zahlt. Es waren aber nicht die Städte Oranienburg, Neuruppin und Potsdam oder das Land Brandenburg, die den Zweiten Weltkrieg geführt haben, sondern das Deutsche Reich. Und Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches ist nun einmal der Bund. Es ist demnach nur recht und billig, dass der Bund seine Verpflichtungen auch für alliierte Kampfmittel- funde und die daraus resultierenden Kosten anerkennt. Genau dies wird sowohl mit dem Antrag der Union als auch mit dem Gesetzentwurf des Bundesrates bezweckt. Hierzu noch eine Anmerkung: Der Gesetzentwurf des Bun- desrates sollte ursprünglich ebenfalls heute beraten werden. Auf Betreiben der Regierungsfraktionen ist er gänzlich von der heutigen Tagesordnung abgesetzt worden. Die Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetz- entwurf des Bundesrates offenbart jedoch die wahren Hintergründe: Die Bundesregierung lehnt jedwede Hilfe ab. Zur Begründung führt sie aus, der Gesetzentwurf – und damit auch der Antrag der CDU/CSU-Bundestags- fraktion – weite die Kostenlast des Bundes über die gel- tenden Regelungen aus und verändere die bewährte Staatspraxis. Im Übrigen verweist sie auf die „ange- spannte Haushaltslage des Bundes“. Die Haltung der Bundesregierung offenbart eine nicht hinnehmbare Geringschätzung der bestehenden Probleme in den neuen Ländern und lässt die dort lebende Bevölke- rung mit ihren Sorgen allein. Diese Haltung ist alles in al- lem beschämend und zeigt, wie ernst es die Bundesregie- rung mit der „Chefsache Aufbau Ost“ wirklich meint. Ich meine, das kann in dieser wichtigen Frage nicht das letzte Wort gewesen sein. Man kann dieses Problem nicht un- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225280 (C) (D) (A) (B) gelöst lassen, wie es manche Vertreter aus dem Regie- rungslager offenbar bevorzugen. Nein, hier ist Mut ge- fragt. Mut, den Sie meine Damen und Herren von der Re- gierungskoalition – und allen voran meine Kollegin Frau Krüger-Leißner –, längst hätten unter Beweis stellen kön- nen. Sie hatten fast eineinhalb Jahre Zeit, hier klar Stel- lung zu beziehen – notfalls auch gegen die eigene Bun- desregierung. Sie haben es nicht getan. Stattdessen nehmen Sie in Kauf, dass das Thema in absehbarer Zeit nicht mehr entschieden werden kann. Damit ist jedem klar: Sie lassen die Menschen in Ora- nienburg und in den anderen betroffenen Gebieten weiter im Stich. Die Quittung dafür werden Sie am 22. Septem- ber erhalten. Antje Hermenau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU wird von uns abge- lehnt, weil er keine problemangemessene Lösung bietet. Die Räumung von Kampfmitteln ist als Gefahrenabwehr im ordnungsrechtlichen Sinne anzusehen, nach unserer fö- deralen Kompetenzverteilung mithin grundsätzlich eine Aufgabe der Länder. Damit ist die für den Antrag erforder- liche Finanzierungskompetenz des Bundes nach unserer Verfassung nicht gegeben. In der zum Antrag durchgeführ- ten öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses ist diese verfassungsrechtliche Bewertung von den Sachver- ständigen nochmals nachdrücklich bestätigt worden. Man darf auch nicht übersehen, dass der Bund im Rah- men seines Kompetenzbereichs bereits seit Jahren erhebli- che finanzielle Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Bewäl- tigung der Problematik von Rüstungsaltlasten leistet. So wendet der Bund für die Beseitigung von Rüstungsaltlas- ten, die von ehemals reichseigenen Kampfmitteln auf nicht bundeseigenen Liegenschaften herrühren, jährlich Kosten von bis zu 50 Millionen Euro auf. Zudem finanziert der Bund entsprechend seiner Zustandsverantwortlichkeit Räu- mungsmaßnahmen auf seinen eigenen Liegenschaften. Diese seit den 50er-Jahren bestehende Staatspraxis, die bei Neufassung des Art. 120 Grundgesetz in den Jahren 1965 und 1969 als fortgeltende Lastenteilungsregelung zwischen Bund und Ländern zugrunde gelegt worden ist, ist nach der Wiedervereinigung auch in den neuen Län- dern eingeführt worden. Sie hat sich bewährt. Weiterhin muss auch daran erinnert werden, dass die Länder Brandenburg, Thüringen und Sachsen vom Bund in den 90er-Jahren von der ehemaligen sowjetischen Ar- mee genutzte Liegenschaften erhalten haben. Dies stellte ebenfalls einen finanziellen Beitrag des Bundes dar. Da- mals war der Erwerb wegen des Rüstungsaltlastenver- dachts bei diesen Flächen für die Länder unentgeltlich. Wir dürfen uns nicht täuschen: Die Kampfmittelbesei- tigung wird noch auf Jahre in den neuen Ländern eine Daueraufgabe bleiben. Allerdings muss das Problem ver- antwortungsvoll angegangen werden. Wir dürfen hier we- der die Gefahren verniedlichen noch durch eine unsachli- che Dramatisierung die Bevölkerung verängstigen. Die neuen Länder und ihre Kommunen brauchen schließlich keine finanziellen Hilfen für bestimmte Einzel- bereiche, sondern eine langfristige Perspektive für ihre Fi- nanzsituation insgesamt. Mit dem Solidarpakt II ist uns die notwendige langfristige Perspektive gelungen. Der Antrag der CDU/CSU ist demgegenüber nur reiner Aktionismus. Jürgen Türk (FDP): Bei der Anhörung zum Thema Kriegslastenbeseitigung am 15. Mai hat der Rechtswis- senschaftler Prof. Joachim Wieland deutlich gemacht, dass der hier zur Debatte stehende Gesetzentwurf des Bundesrates nicht verfassungskonform ist. Aus diesem Grund können und werden wir ihm in dieser Form auch nicht zustimmen. Die Anhörung hat aber auch klar gemacht, dass die Rüs- tungsaltlasten und ihre Beseitigung nach wie vor ein großes Problem für alte und neue Länder, Kommunen und betroffene Privatpersonen darstellen. Ein Experte hat hochgerechnet, dass, behält man das derzeitige Tempo der Entsorgung bei, Deutschland erst in 100 Jahren „kriegslas- tenbereinigt“ sein wird. Das ist eine erschreckende Vor- stellung, nicht zuletzt deshalb, weil die Gefahr der Selbst- entzündung nicht beräumter Munition stetig zunimmt und damit auch die Gefahr für Leib und Leben der Bürger die- ses Landes. Andererseits gestattet es die Finanzlage der Länder und Kommunen, insbesondere der ostdeutschen, nicht, das Tempo der Beräumung deutlich zu erhöhen. Das ist ein Konflikt, der im Raum steht und der gelöst werden muss. Längerfristig gesehen könnte die Bundesregierung das Problem zum Beispiel im Rahmen der ab 2005 anstehen- den Reform der Finanzverfassung angehen und eine neue Regelung dafür finden. Kurzfristig sollte der Bund prüfen, ob es möglich ist, in Form einer gängigen Staatspraxis Mit- tel aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung zu stellen, um das Problem in doppeltem Sinne „zu entschärfen“. Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS): Gemäß Art. 87 a des Grundgesetzes stellt der Bund Streitkräfte zur Verteidi- gung auf. Die Veränderung des Umfangs der Streitkräfte, der Streitkräftestrukturen und der Stationierung hat je- doch nachhaltige Auswirkungen auf die Länder, Kreise und Gemeinden. Für die Bewältigung der Folgen solcher Veränderungen sind nach bisheriger Gesetzeslage die Länder und Kommunen, nicht aber der Bund zuständig. Diese Regelungslücke macht sich besonders in Zeiten schnellen Wandels für die Betroffenen schmerzhaft be- merkbar. Seit 1990 sind durch den Abzug bzw. die Re- duzierung der alliierten Streitkräfte und durch die Verkleinerung der Bundeswehr wirtschafts-, sozial-, beschäftigungs- und regionalpolitische Probleme ent- standen, die nur als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern bewältigt werden können. Die Verantwortung für die Rüstungskonversion darf nicht nach Kassenlage hin und her geschoben werden. Um den durch Änderungen des Wehrumfangs aufgetrete- nen Strukturproblemen begegnen zu können, bedarf es eines gesetzlich geregelten Lastenausgleichs zwischen Bund und Ländern. Dies fordert die PDS in ihrem Antrag „Sofortmaßnahmen des Bundes bei der Rüstungskonver- sion einleiten“ auf Drucksache 14/8657. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25281 (C) (D) (A) (B) Darüber hinaus schlägt die PDS vor, die Ressortver- einbarung zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und dem Bundesminister der Finanzen vom 14. Juni 2000, die vorsieht, dass Erlöse aus dem Liegenschaftsverkauf zu 80 Prozent dem Bundesministerium der Verteidigung für militärische Beschaffungen zur Verfügung stehen, aufzuheben. Stattdessen sollte festgelegt werden, dass den Städten und Gemeinden die Liegenschaften des Bundes in aller Regel unentgeltlich überlassen werden. Des Weiteren schlägt die PDS vor, einen Beauftragten des Bundes für Konversion zu ernennen, damit die Koor- dination dieser Querschnittsaufgabe zwischen Bund, Län- dern und Gemeinden angegangen werden kann. Diese Einrichtung ist auch mit der Aufgabe zu betrauen, in Ver- bindung mit den Ländern und Kommunen ein länger- fristiges Bundeskonversionsprogramm zu erarbeiten. Fer- ner sollte dieser/diese Beauftragte des Bundes dem Deutschen Bundestag Überlegungen zur Vorlage eines Kon- versionsgesetzes unterbreiten. Ziel eines solchen Gesetzes sollte es sein, einen fairen und dauerhaften Lastenausgleich zwischen Bund und Ländern bei der Bewältigung des mil- itärisch bedingten Strukturwandels sicherzustellen. Der Antrag der CDU/CSU „Kriegsfolgen- und Kriegs- lastenbeseitigung in den neuen Ländern“, Drucksache 14/5092, fordert die Bundesregierung auf, zu prüfen, ob aus dem Bundeshaushalt zusätzliche finanzielle Mittel bereitgestellt werden können, um private Haushalte, Städte und Gemeinden in den neuen Bundesländern, die von Bomben- und Munitionsfunden aus dem Zweiten Weltkrieg betroffen sind, in angemessener Weise zu un- terstützen. Dies wird von der PDS ausdrücklich unter- stützt. Einschränkend muss aber bemerkt werden, dass das Problem der durch das Militär verursachten Altlasten nur zum Teil erfasst wird. So werden die erheblichen Kon- versionskosten ausgeklammert, die auf Länder und Kom- munen im Zusammenhang mit den Standortschließungen im Rahmen der Bundeswehrreform zukommen. Ungeachtet der bestehenden Defizite des Antrags der CDU/CSU unterstützt die PDS das Grundanliegen, Län- der und Kommunen bei der Finanzierung der Beseitigung von Rüstungsaltlasten zu entlasten. Anlage 27 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlungen und Berichte: – Ostdeutsche Löhne und Gehälter im öffentli- chen Dienst bis zum Jahr 2007 stufenweise auf das Niveau der alten Bundesländer anheben – Für ein faires Rentenrecht für das ehemalige medizinische Personal – Zur Regelung von in der DDR erworbenen Versorgungsansprüchen und Anwartschaften in einem spezifischen Versorgungssystem so- wie zur Regelung anderer rechtmäßig erwor- benerAnsprüche auf Alterssicherung (Tagesordnungspunkt 19) Dr. Mathias Schubert (SPD):Mit Bedauern muss ich eingangs dem Hohen Hause zur Kenntnis geben, dass eine Rede über beide zur Debatte stehenden PDS-Anträge im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten alles andere als eine Ehre ist. Beide Themen, die Lohnangleichung und die Renten- problematik, lohnen selbstverständlich des politischen Nachdenkens. Aber was die PDS dem Bundestag hier vor- gelegt hat, hält man zwölf Jahre nach der Einheit schlicht- weg nicht mehr für möglich. Um billiger Wahlkampfrhetorik willen betreiben Sie eine schamlose Spalterpolitik. Sie sind längst noch nicht reif für dieses Deutschland. Im Gegenteil: Sie entsolidari- sieren, wo Sie nur können, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Die Perfidie des Ganzen wird noch dadurch ge- steigert, dass Sie in all Ihrer ideologischen Verklärung vermutlich gar nicht merken, wie Sie auftreten, was Sie vertreten und was Sie damit anrichten. In Ihrem Rentenantrag fabrizieren Sie tatsächlich einen Rentenerhöhungsrundumschlag, der allen alles ver- spricht; unabhängig davon, ob die Forderungen mit Bei- tragsleistungen zu DDR-Zeiten gedeckt waren oder nicht. Unter dem Deckmantel, Anwalt der kleinen Leute zu sein, offenbaren Sie sich in Wirklichkeit als gnadenlose Lob- byisten jener Wählerklientel, die, wenn Sie noch die Macht hätte, exorzistisch den Beelzebub Bundesrepublik lieber heute als morgen austreiben würde. Selbst Ihre ren- tenrechtliche Einschränkung bei den ehemaligen Stasi- Mitarbeitern, bei denen Sie eine geminderte Rente for- dern, entpuppt sich als rein taktische Aussage. Bei solchen ideologischen Wurmlöchern verwundert es niemanden, wenn Sie die Frage nach der Finanzierung gar nicht mehr stellen. Ich weiß, Sie kommen dann wie- der mit Ihrem Bild vom bösen millionenschweren Aus- beuter, der es verdient, wie eine Zitrone ausgepresst zu werden . Nach gleichem ideologischen Strickmuster haben Sie auch Ihren Antrag zur Lohnangleichung gebastelt: erst die Beamten, dann der Rest – das ist die Aushebelung der Ta- rifautonomie, das ist der Abschied vom Grundrecht auf Selbstorganisation. Was Sie wollen, ist spätsozialistischer Staatsmonopolismus. Wenn man dazu noch Ihren hier nicht zur Debatte ste- henden Antrag über Mindestlöhne nimmt, dann rundet sich der Gesamteindruck. Was Sie im realexistierenden Sozialismus nicht erreicht haben, das wollen Sie im ge- meinen Kapitalismus endlich verwirklichen: das kommu- nistische Prinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“. Um zu wissen, wie man Leute nennt, die so denken und handeln wie Sie, sei hier aus Gründen der Höflichkeit die letzte Strophe von dem Ge- dicht Erich Kästners empfohlen, das mit den Kerlen be- ginnt, die einst auf den Bäumen gehockt haben. Manfred Grund (CDU/CSU):Wir befassen uns heute, übrigens nicht zum ersten Mal, mit einem Thema, das viele Menschen in den neuen Ländern bewegt. Es geht um etwas, das viel mit dem Selbstverständnis der Ostdeut- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225282 (C) (D) (A) (B) schen und ihrer Stellung im vereinigten Deutschland zu tun hat. Es geht um einen Bereich, bei dem sich nüchterne öko- nomische Realitäten mit dem Gerechtigkeitsempfinden der Menschen stoßen. Für viele ist der Grundsatz „Glei- cher Lohn für gleiche Arbeit“ fester Bestandteil ihrer in- dividuellen Vorstellung von Gerechtigkeit. Die Menschen in den neuen Ländern fragen sich, warum ihre Arbeits- leistung weniger wert sein soll als die ihrer Kollegen in den alten Bundesländern. Sie wollen in Sachen Lohn nicht Arbeitnehmer zweiter Klasse sein, wenn sie 100 Prozent Leistung abliefern. Wir haben es also mit einem Bereich zu tun, der das Selbstwertgefühl der Menschen im Osten und damit die innere Einheit empfindlich berührt. Dem- entsprechend sensibel ist mit dieser Thematik umzuge- hen. Einfache Parolen helfen nicht weiter. Eine differen- zierende Betrachtung ist geboten. Fakt ist, dass es auch in den alten Bundesländern zum Teil durchaus beträchtliche Lohnunterschiede zwischen Ländern und Regionen gibt. So verdienen beispielsweise Arbeiter und Angestellte im produzierenden Gewerbe in Hamburg deutlich mehr als ihre Kollegen im Saarland oder in Schleswig-Holstein. Und auch in den Tarifverträ- gen ergeben sich signifikante regionale Differenzierun- gen. Fakt ist ebenfalls, dass es in den neuen Ländern längst Bereiche gibt, bei denen die Angleichung bereits voll- ständig oder annähernd erfolgt ist. Es gibt im Osten leis- tungsstarke Regionen und hoch produktive Unternehmen wie in Dresden, Leipzig, Jena oder rund um Berlin, wo im Durchschnitt zum Teil schon höhere Löhne als in den ein- kommensschwachen Regionen Westdeutschlands gezahlt werden. Auf der anderen Seite liegt die Produktivität im Durchschnitt immer noch um circa 34 Prozent unter West- niveau. Die Lohnangleichung Ost-West ist keine Hexerei, son- dern eine Frage von Produktivität. Es macht keinen Sinn, die Menschen über den ökonomischen Zusammenhang von Produktivität und Lohnhöhe täuschen zu wollen. Löhne können überhaupt nur dort gezahlt werden, wo Arbeitsplätze sind. Und sie können letztendlich nicht höher ausfallen, als die Arbeitsleistung an Wertschöpfung einbringt. Jede Angleichung, die diesen Zusammenhang missachtet, würde lediglich Jobs in ohnehin von Arbeits- losigkeit gebeutelten Regionen leichtfertig aufs Spiel set- zen. Andererseits sollte man aber auch nicht mit den Nöten der Menschen hausieren gehen, indem man den Osten als eine dauerhafte Niedriglohnregion verkauft, wie man hier und da vernehmen kann. Eine solche Betrachtungsweise wäre für die Menschen in den neuen Ländern zutiefst ver- letzend. Das haben sie nicht verdient. Niedrige Einkommen sind kein erhaltenswerter Vor- teil, sondern spiegeln einen wirtschaftlich unbefriedigen- den Zustand wider, den es zu überwinden gilt. Soweit sich daraus für ostdeutsche Unternehmen Vorteile im wirt- schaftlichen Wettbewerb ergeben, sollten diese zwar nicht, wie etwa mit dem im Bundesrat glücklicherweise gescheiterten Tariftreuegesetz geplant, bewusst beseitigt werden; aber mit Billiglöhnen auf dem Rücken der Men- schen erkaufte Standortvorteile können nicht die Zukunft sein, die wir uns für die neuen Länder vorstellen. Die meisten Menschen im Osten schätzen die wirt- schaftliche Lage in ihrer jeweiligen Heimatregion sehr wohl realistisch ein. Umfrageergebnisse zeigen, dass die Angleichung der Lebensverhältnisse nach Ansicht einer großen Mehrheit noch eine Reihe von Jahren erfordern wird. Dies kann aber nicht bedeuten, dass man ihnen nur kühle volkswirtschaftliche Analysen, wie sie regelmäßig von den Wirtschaftsinstituten vorgelegt werden, entge- genhält. Was sich die Menschen wünschen und worauf sie An- spruch haben sind überschaubare Perspektiven, die Mut machen und Motivation fördern. Solche Perspektiven sind nicht zuletzt deshalb notwendig, um den Besorgnis erregenden Abwanderungstendenzen insbesondere junger und leistungsbereiter Menschen aus den neuen Ländern entgegenzuwirken. Perspektiven schafft man in unserer Wirtschaftsordnung jedoch nicht durch staatliche Anord- nung von oben, sondern indem man die Voraussetzungen für sichtbare Fortschritte bei der wirtschaftlichen Ent- wicklung schafft. Der Weg führt in erster Linie über mehr Produktivität. Hierzu ist es dringend erforderlich, sehr rasch die steuer- lichen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Allerdings ist insoweit bei dieser Bundes- regierung nur Fehlanzeige zu verzeichnen. Statt Stärkung des Aufbaus Ost hat unter Rot-Grün eine spürbare Schwächung des Aufbaus Ost stattgefunden. Bei Wirt- schaft und Arbeitsmarkt hat sich die Zweiteilung Deutschlands mit seinen unterschiedlichen Entwick- lungsgeschwindigkeiten nachhaltig verfestigt. Zum ers- ten Mal seit der deutschen Einheit ist im vergangenen Jahr die Wirtschaft im Osten geschrumpft. Es muss jetzt darum gehen, nicht die Chancen für mehr Beschäftigung zu verspielen, sondern zielorientiert und konsequent für mehr Wachstum zu sorgen. Die Union hat hierzu eine Reihe tragfähiger Vorschläge insbesondere mit Blick auf eine Entriegelung des Arbeitsmarktes unter- breitet. Wir haben hierüber ausführlich debattiert. Bereits mit unserem Antrag „Deutschland 2015 – Auf- bau Ost als Leitbild für ein modernes Deutschland“ aus dem letzten Jahr haben wir aufgezeigt, wie die Rahmen- bedingungen für öffentliche und private Investitionen als Voraussetzung für höhere Produktivität verbessert werden können. Diese Vorschläge haben auch Eingang in unser Regierungsprogramm gefunden. Wir werden sie nach dem 22. September zügig in Angriff nehmen. Darin enthalten ist auch unser Vorschlag für eine stu- fenweise Angleichung der Besoldung und Tarife im öf- fentlichen Dienst des Bundes bis zum Jahr 2007. Dass sich diesem Modell zeitweise auch der Bundeskanzler angeschlossen, dies dann allerdings – typisch Schröder – bei nächster Gelegenheit wieder einkassiert hatte, zeigt, dass wir insoweit nicht ganz so verkehrt liegen. Und nun also auch die PDS, die ausweislich der Be- gründung ihres Antrages in einem solchen Schritt eine Ini- tialzündung für die Einkommen auf das Niveau der alten Bundesländer sieht. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25283 (C) (D) (A) (B) So begrüßenswert die Initiative in ihrer generellen Ziel- richtung ist, so wenig differenziert ist sie in ihrer Ausgestal- tung. Zweifellos kann es auf Dauer nicht tragbar sein, dass am selben Ort bei selber Arbeit unterschiedlich bezahlt wird, je nach Herkunft aus Ost oder West. Dies betrifft zuallererst die Bediensteten des Bundes in Berlin, die buchstäblich am selben Schreibtisch unterschiedliche Einkommen beziehen. Ähnliches gilt aber auch für die Bundesbediensteten und Soldaten an anderer Stelle. Sie alle sind beim selben Arbeit- geber Bund, der ungeachtet der regionalen Verteilung seiner Beschäftigten gleich leistungsfähig ist. Hingegen ist es nicht der Bund, sondern es sind die öf- fentlichen Haushalte von Ländern und Kommunen, die die Hauptlast aus einer Anhebung der Löhne und Gehäl- ter auf volles Westniveau zu tragen haben. Für die Länder würde dies jährliche Mehrkosten von weit über 4 Milli- arden Euro bedeuten; für den Bund wären es mit knapp 380 Millionen Euro nicht einmal ein Zehntel. Weil das so ist und wir die Länder nicht überfordern wollen, haben wir uns in unserem Vorschlag für Öff- nungsklauseln bei Besoldungs- und Zulagenregelungen ausgesprochen, die den Ländern Spielräume entspre- chend ihrer Leistungsfähigkeit eröffnen. Dies ist auch im Zusammenhang mit unserem Gesamtkonzept für mehr Flexibilisierung im Osten zu sehen. Ich denke, dies ist ein guter Weg, die Balance zwischen den berechtigten Anlie- gen der Beschäftigten und den fiskalischen Zwängen von Ländern und Gemeinden zu wahren. Der PDS-Antrag leidet aber auch unter seiner man- gelnden Differenzierung, was die Vorgehensweise bei der Angleichung der Einkommen im öffentlichen Dienst an- geht. Hinsichtlich der Löhne und Gehälter von Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes besteht Tarif- autonomie. Bund und Länder sind hier Tarifpartner. Ent- gegen der offensichtlich noch bei der PDS vorhandenen Vorstellung können Tariferhöhungen eben nicht einfach von Staats wegen angeordnet werden, sondern müssen ausverhandelt werden. Die Forderung muss vielmehr – wir haben das in unserem im Ausschuss gestellten Änderungsantrag ausgeführt – lau- ten, dass die Bundesregierung, namentlich der Bundesin- nenminister als Verhandlungsführer der öffentlichen Ar- beitgeber, einen Angleichungs-Stufenplan zur Grundlage der Tarifverhandlungen für die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes macht. Anschließend wäre dann entsprechend lang praktizierter Übung vom Bundesgesetz- geber das Tarifergebnis für die Beamten zu übernehmen. Eine Stufenregelung für den öffentlichen Dienst in der von uns vorgeschlagenen Weise bis 2007 wäre ein wich- tiges Signal für die weitere Einkommensentwicklung in den neuen Ländern. Sie wäre für die Menschen motivie- rend und verlässlich und für die öffentlichen Haushalte maßvoll und hinreichend flexibel. Bezüglich des PDS-Antrages gilt das Fazit: Gut ge- meint, aber schlecht gemacht, weshalb wir den Antrag aus den genannten Gründen ablehnen werden. Werner Schulz (Leipzig) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Bei dem vorliegenden Tagesordnungspunkt han- delt es sich um eine typische Abräumerdebatte. Der klein- ste gemeinsame Nenner sind halt die „neuen Länder“. Die Vorlagen von FDP und PDS sind nicht ernst gemeint. Sie sind dem Wahlkampf geschuldet und haben sonst keiner- lei Funktion. Betrachten wir zunächst einmal den Komplex Renten: Laut Einigungsvertrag sollten Angehörige rentennaher Jahrgänge Renten nach dem Recht der DDR erhalten wenn sich nach diesem Recht eine höhere Rente ergab oder wenn ein Rentenanspruch nur nach diesem Recht be- stand. Diese Regelung diente dem Vertrauensschutz. In unserer Fraktion bestehen erhebliche Bedenken, über die Regelungen zum Vertrauensschutz hinaus besondere Re- gelungen zur Berechnung der Renten fortzuführen. Dies würde nämlich bedeuten, dass über viele weitere Jahre zweierlei Recht angewendet werden müsste, also sowohl das Rentenrecht der DDR wie auch das Rentenrecht der Bundesrepublik. Dies war und ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. Die Vorschläge der FDP, geteiltes Rentenrecht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag beizubehalten, sind blanker Populismus und werden von uns abgelehnt. Die PDS geht in ihrem Antrag sogar noch weiter. So nach dem Motto „jedem seines“ soll sich jeder Ost- deutsche die Regelungen herauspicken dürfen, die für ihn am günstigsten sind. Der Antrag der PDS wiederholt zahl- reiche schon vielfach erhobene Forderungen. Ein einheit- liches Rentenrecht für alle entspricht dem erklärten Willen des Gesetzgebers. Das mag in Einzelfällen zu gewissen Ungerechtigkeiten führen. Vom Prinzip her entspricht dies jedoch rechtsstaatlichen Gepflogenheiten. Aus diesem Grund steht meine Fraktion Forderungen grundsätzlich kritisch gegenüber, die eine weitere Geltung des DDR- Rentenrechts beanspruchen. Das kann im Übrigen gegen- über den Rentnern in den alten Bundesländern nicht ge- rechtfertigt werden, die von vornherein keinen Anspruch auf Renten nach diesem Recht erheben können. Die PDS ignoriert – wie so oft – vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gebilligte Entscheidungen, etwa die so ge- nannte „Systementscheidung“, nach der Ansprüche aus Zusatz und Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen waren. Die PDS bedient letztlich die Auffassung, dass die im DDR-Rentenrecht gemachten Zusagen nachträglich durch die Rentenüberleitung entwertet worden seien. Hierzu ist festzuhalten, dass die Versorgungszusagen durch den wirtschaftlichen Bankrott der DDR entwertet wurden und die Zusagen durch die Überleitung in die ge- setzliche Rentenversicherung überhaupt wieder mit ei- nem wirtschaftlichen Wert versehen wurden. Fakt ist, dass die Renten in den neuen Bundesländern seit 1991 stärker steigen als die Renten in den alten Bun- desländern. Dieser Trend hat sich nicht umgekehrt. Im Gegenteil: Im Zuge der Rentenreform wurde die Formel zur Anpassung der Renten verändert. Die Renten steigen seit 2001 wieder mit der Lohnentwicklung. Der stärkere Anstieg der Bruttolöhne in den neuen Bundesländern wirkt sich günstig auf die Anpassung der Renten aus und sorgt für eine deutlich frühere Angleichung der Renten. Damit komme ich auf den wiederholten Aufguss einer Angleichung der Löhne und Gehälter im öffentlichen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225284 (C) (D) (A) (B) Dienst. Auch wenn das Zusammenwachsen von Ost- und Westdeutschland erhebliche Fortschritte gemacht hat, gibt es in einigen Bereichen nach wie vor Unterschiede. Dies gilt bedauerlicherweise auch für die nach wie vor nicht vollständige Angleichung der Einkommens- und Be- schäftigungsbedingungen im öffentlichen Dienst. Wir würden uns freuen, wenn es gelingen würde, mög- lichst schnell zu gleichen Bedingungen in Ost- und West- deutschland zu kommen. Dies ist aber nicht nur eine An- gelegenheit des Bundes, sondern vor allem auch der Länder. Auch angesichts des häufig spezifisch höheren Personalanteils im Osten sind die ostdeutschen Länder in dieser Frage eher zurückhaltend. Das gilt im Übrigen auch für Länder, in denen die PDS mitregiert. Oder hat inzwi- schen eine Angleichung in Mecklenburg-Vorpommern stattgefunden? Die Bündnisgrünen setzen sich dafür ein, dass die Ta- rifpartner möglichst bald einen konkreten Fahrplan für die endgültige Angleichung für den öffentlichen Dienst ver- einbaren. Darüber könnte bereits bei den anstehenden Ta- rifverhandlungen gesprochen werden. Wir jedenfalls sind nicht bereit, in die Tarifautonomie einzugreifen, wie es die PDS wünscht. Auch diesen Antrag lehnen wir ab. Jürgen Türk (FDP): Trotz der angespannten Haus- haltslage in den neuen Ländern ist es notwendig, in einem absehbaren Zeitraum die Gehälter für den öffentlichen Dienst auf Westniveau anzuheben. Anderenfalls droht ein „qualitativer Aderlass“, der den Standort Ost nachhaltig schwächen und ein weiteres Aufholen verhindern dürfte. Die negativen Wanderungsbilanzen haben sich in letz- ter Zeit wieder verstärkt, was darauf hinweist, dass der Osten im Wettbewerb um die kreativsten Köpfe erneut zurückfällt; eine fatale Entwicklung, der gegengesteuert werden muss. Im Vergleich zur privaten Wirtschaft steht der öffentli- che Dienst unter besonderem Zugzwang. Er kann aus rechtlichen Gründen der Gleichbehandlung nur in be- grenztem Maße mit Zulagen arbeiten, um besonders leis- tungsfähige Arbeitskräfte zu binden. Aus diesem Grunde schlägt die FDP vor, die Gehälter in Ost und West vollständig anzugleichen, wobei über Höhe und Zeitraum die Tarifpartner entscheiden sollten. Die Finanzierung sollte im Wesentlichen über die Ver- schlankung der Verwaltung erfolgen. In diesem Bereich sind im Osten noch immer überproportional viele Be- schäftigte tätig. Die Verschlankung kann durch die Priva- tisierung von Aufgaben, das Outsourcing von Verwal- tungsdienstleistungen und die Reorganisation der Behörden nach funktional-optimierten Gesichtspunkten erreicht werden. Was den FDP-Antrag „Für ein faires Rentenrecht für das ehemalige mittlere medizinische Personal“ angeht, so versucht er, eine Gerechtigkeitslücke zu schließen. Kran- kenschwestern und Pfleger haben in der ehemaligen DDR, sehr zu Unrecht, so schlecht verdient, dass sie keine freiwillige Zusatzrente abschließen konnten. Deshalb hat ihnen die DDR per Gesetz zugesichert, dass ihr Renten- anspruch später mit dem Faktor 1,5 multipliziert, also um die Hälfte aufgestockt wird. Das war sozusagen ein Trost- pflästerchen für die miserable Entlohnung. So war das Gesetz und so wurde es auch nach 1990 ge- handhabt. Bis 1996 galt der Bestandsschutz. Bei den Krankenschwestern und Pflegern, die erst danach in Rente gingen, wurde die Rente abgeschmolzen, teilweise um bis zu 500 Mark monatlich und mehr. 340 000 Men- schen sind davon im Osten mittlerweile betroffen. Sie fühlen sich ungerecht behandelt. Das ist nachvollziehbar. Deshalb hat die FDP einen Antrag eingebracht, in dem ge- fordert wird, dem mittleren medizinischen Personal die zu DDR-Zeiten gesetzlich zugesicherten höheren Renten zu gewähren. Wir fordern ein faires Rentenrecht für all jene, die nach 1996 in Rente gegangen sind. Sie dürfen gegen- über älteren Rentnern nicht schlechter gestellt werden. Ich möchte die rot-grünen Kollegen dringend darum bitten, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. Es wäre eine Geste, mit der sie zeigen können, dass sie den Osten doch noch nicht ganz abgeschrieben haben. Gerhard Jüttemann (PDS):Dass wir die Debatte um die Angleichung der ostdeutschen Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst im Schutze der Dunkelheit führen müssen, obwohl die Tage gegenwärtig sehr lang sind, hat natürlich Gründe. Wer vermutet, dass hier jemand etwas zu verbergen hat, dürfte der Wahrheit ziemlich nahe kom- men. Im März hatten SPD und CDU im Zeichen des begin- nenden Wahlkampfes Ostparteitage abgehalten. Auf bei- den Veranstaltungen wurden dem Osten eine stattliche Menge weißer Kaninchen aus dem Hut gezaubert. Das Publikum fragte sich allerdings: Warum wurde nicht längst realisiert, was jetzt vollmundig versprochen wird. Wer hat eigentlich regiert in den vergangenen zwölf Jah- ren? Ein schöner Höhepunkt der auf beiden Parteitagen in Aussicht gestellten Wahlgeschenke war die Angleichung der Osttarife im öffentlichen Dienst bis 2007. Die PDS hat das schon 1999 gefordert. Sie erinnern sich an unseren Antrag „Fahrplan zur Angleichung der Lebensverhält- nisse“, aus dem Sie nicht nur diesen Punkt übernommen haben. Damals haben sie diese Angleichung der Lebens- verhältnisse einschließlich der Tarifangleichung einmütig abgelehnt. Nicht finanzierbar hieß es unisono in allen an- deren Parteien. Jetzt plötzlich vor der Wahl kommen Sie damit. Nicht finanzierbar sagen nun andere, zum Beispiel der ehe- malige sächsische Finanzminister Thomas de Maizière. 500 Millionen Euro zusätzliche Kosten für den Freistaat hat er ausgerechnet und noch einmal die gleiche Summe für die sächsischen Kommunen. Ist die Tarifangleichung also wirklich nicht finanzierbar? So wie Sie sie aus dem Hut zaubern wollen, nicht. Sie können eben nicht einfach ein Erfordernis und eine Vo- raussetzung sozialer Gerechtigkeit aus dem Zusammen- hang reißen. Sie müssen schon Ihre gesamte Wirtschafts- und Steuerpolitik darauf ausrichten, wenn Sie das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ durchsetzen wollen. Dazu ist es beispielsweise notwendig, die Finanzkraft der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002 25285 (C) (D) (A) (B) Kommunen zu stärken, anstatt diese weiter in der Zitro- nenpresse auszuquetschen. Und dazu müssen sie die Steuern da abholen, wo Sie sie bekommen können, zum Beispiel bei der Deutschen Bank, die im vergangenen Geschäftsjahr satte 1,2 Milli- arden Euro Profit erwirtschaftet hat – vor – und nach Steu- ern, denn die Deutsche Bank zahlt keine. Sie zahlt deshalb keine, weil die Wirtschafts- und Steuerpolitik dieser Re- gierung wie die ihrer Vorgänger auf die Umverteilung von unten nach oben gerichtet ist. Wenn Sie das nicht verändern in eine Umverteilung von oben nach unten, werden Sie überhaupt nichts verän- dern und den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Ar- beit“ niemals durchsetzen. Aber möglicherweise wollen Sie das eben auch gar nicht. Ihnen reicht es, blühende Landschaften zu versprechen oder den Osten zur Chefsa- che zu erheben. Wenigstens bisher sind ja noch immer genügend Wähler auf diese Sprüche hereingefallen. In der praktischen Politik halten Sie es dann lieber mit den so genannten Wirtschaftsweisen dieser Republik, die in ihrem Fortschrittsbericht gerade wieder vor der An- gleichung der Löhne gewarnt haben. Ich zitiere: „Trotz- dem ist es künftig erforderlich, dass die Lohnpolitik sich an den Verteilungsspielräumen ausrichtet und nicht die Anpassung an das westdeutsche Lohnniveau zur Leitlinie erhebt.“ Und weiter heißt es, aus der Abwanderung quali- fizierter Fachkräfte aus Ostdeutschland dürfe „nicht der Schluss gezogen werden, dass eine allgemeine Lohnan- gleichung notwendig wäre. Vielmehr ist die Lösung die- ses Problems in einer stärkeren Lohndifferenzierung zu sehen.“ Konkret heißt das, die Wirtschaftswissenschaftler set- zen auf Entsolidarisierung, auf das bekannte Teile-und- herrsche-Prinzip. Mittel- bis langfristig können einige Fachkräfte das westliche Lohnniveau erreichen, der Rest bleibt unten. Diese Spaltung entspricht Ihrer Auffassung von der Gesellschaft ja nicht nur im Osten, wie man dem allgemeinen Beifall für die Vorschläge der Hartz-Kom- mission entnehmen kann. Auch in der Rentenüberleitung haben Sie Ihre Hausauf- gaben für die Herstellung der Rentengerechtigkeit nicht ge- macht. So sind immer noch einige Überführungslücken nicht geschlossen. Zwölf Jahre nach der Vereinigung ver- weigern Sie immer noch die Anerkennung für die Lebens- arbeitsleistungen von Wissenschaftlern, Hochschullehrern, Pädagogen, Angehörigen der technischen Intelligenz, der Deutschen Reichsbahn, der Post sowie anderen Teilneh- mern von Zusatz- und Sonderversorgungen. Nach wie vor begrenzen Sie auch die Entgelte. Damit nicht genug wider- setzen Sie sich der vollständigen Angleichung des aktuel- len Rentenwertes in den neuen Bundesländern. Mit der Pflege all dieser Ungerechtigkeiten, mit der praktischen Verweigerung der Angleichung der Lebens- verhältnisse aber reproduzieren Sie nur die Zustände, die Sie verändern zu wollen vorgeben: die Rückstände im Einkommensniveau, die sich weiter öffnende Schere zwi- schen Ost und West und die Defizite in der Struktur der ostdeutschen Wirtschaft genauso wie die für die neuen Länder verheerende Abwanderung junger Menschen, die von der Regierung mit Mobilitätshilfen noch gefördert wird. Bei einem Bevölkerungsanteil von 17 Prozent betrug der ostdeutsche Anteil beim Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2000 nur 11 Prozent, bei der Industrieproduktion gar nur 7 Prozent und beim Export 4 Prozent. Der Anteil an der Gesamtarbeitslosigkeit beträgt hingegen 30 Prozent. In einem bin ich trotz der Dunkelheit, in der wir hier darüber reden, zuversichtlich: Es wird künftig schwerer für Sie werden, das große Missverhältnis zwischen Ihren schönen Worten und Ihren fehlenden Taten für die An- gleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland zu tar- nen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 248. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 200225286 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1424800000
Guten Morgen, liebe
Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

Bevor wir mit unserer Arbeit beginnen, darf ich Sie bit-
ten, sich von Ihren Plätzen zu erheben.


(Die Anwesenden erheben sich)

Wir sind über die Nachricht von dem wahrscheinlich

schwersten Flugzeugunglück, das sich je über deutschem
Boden ereignet hat, erschüttert. In der Nacht zum vergan-
genen Dienstag endete die Urlaubsreise, auf der sich die
Passagiere der russischen Tupolew befanden, jäh in einer
entsetzlichen Katastrophe, als ihre Maschine über dem
Bodensee mit einer Frachtmaschine zusammenprallte.
Eine tragische Verkettung menschlicher Unzulänglichkeit
und technischer Begrenztheit scheint die Ursache dafür zu
sein, dass 71 Menschen, darunter mehr als 40 Kinder und
Jugendliche, ihr Leben lassen mussten. Es grenzt an ein
Wunder, dass die im weiten Umkreis der Unglücksstelle
herabstürzenden Wrackteile nicht weiteres schweres Un-
heil angerichtet haben.

Ich möchte den Rettungskräften von Polizei und Feu-
erwehr und allen, die Hilfe geleistet haben, für ihren Ein-
satz danken. Wir trauern um die Opfer. Unser Mitgefühl
gilt den Angehörigen, ihren Familien, Freunden und allen,
die ihnen nahe standen.

Sie haben sich zu Ehren der Opfer von Ihren Plätzen
erhoben. Ich danke Ihnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Ta-
gesordnung eintreten, möchte ich dem Kollegen Götz-
Peter Lohmann (Neubrandenburg) im Namen des Hau-
ses nachträglich sehr herzlich zum 60. Geburtstag
gratulieren.


(Beifall)

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene

Tagesordnung zu erweitern. Die Punkte sind in der Ihnen
vorliegenden Zusatzpunktliste aufgeführt:

1. Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-
schusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Seehofer, Karl-Josef
Laumann, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Krise in der Sozialversicherung beseitigen – endlich die
notwendigen Reformen auf den Weg bringen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer,
Dr. Heinrich L. Kolb, Dirk Niebel, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP
Für grundlegende Reformen der sozialen Sicherungs-
systeme

– Drucksachen 14/8268, 14/9245, 14/9565 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Brandner

2. Überweisungen im vereinfachten Verfahren
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrich Irmer,
Dr. Helmut Haussmann, Ina Albowitz, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP: Für eine Deutsch-Russische
Kulturstiftung für kriegsbedingt verbrachte Kulturgüter
– Drucksache 14/7611 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss

b)Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Helmut
Haussmann, Dr. Hermann Otto Solms, Ina Albowitz, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine prag-
matische Gestaltung derBeziehungen zu Taiwan – Druck-
sache 14/9121 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union

c) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Gewalt in der Gesell-
schaft: Ursachen von Gewalt erkennen – friedliches Zu-
sammenleben stärken – Drucksache 14/9673 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Kultur und Medien

d)Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU: Werte-
vermittlung, Erziehung und Gewaltprävention – Druck-
sache 14/9674 –

25017


(C)



(D)



(A)



(B)


248. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 4. Juli 2002

Beginn: 9.00 Uhr

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien

3. Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache

(Ergänzung zu TOP 29)

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über
die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten
Kriminalität zwischen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung der Republik Litauen vom
23. Februar 2001 und zwischen der Regierung der Bundes-
republik Deutschland und der Regierung der Republik Slo-

(Organisierte Kriminalität Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses Berichterstattung: Abgeordnete Günter Graf Thomas Strobl Cem Özdemir Dr. Max Stadler Ulla Jelpke b)Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung einer angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung – Drucksache 14/8400 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Hans Georg Faust c)


(OK)-Zusammenarbeitsgesetz) – Drucksache 14/8199 –


(Erste Beratung 224. Sitzung)


(4. Ausschuss) – Drucksache 14/9685 –


(Berg), Arne Fuhrmann, Klaus Barthel (Starnberg), weite-

rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Ab-
geordneten Hans-Josef Fell, Irmingard Schewe-Gerigk,
Dr. Reinhard Loske, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Altern ganzheitlich
in der Forschung betrachten – Drucksache 14/9668 –

d)Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung (19. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia
Pieper, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP: Förderung der Alterungsforschung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Sabine Bergmann-
Pohl, Bärbel Sothmann, Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU:
Dringender Handlungsbedarf in der Alternsforschung
– Drucksachen 14/5464, 14/8105, 14/9708 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ulrike Flach
Heinz Schmitt (Berg)

Bärbel Sothmann
Hans-Josef Fell
Dr. Heinrich Fink

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate Gradistanac,
Dr. Hans-Peter Bartels, Anni Brandt-Elsweier, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten
Wolfgang Dehnel, Klaus Brähmig, Maria Eichhorn, weiterer

Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeord-
neten Irmingard Schewe-Gerigk, Kerstin Müller (Köln),
Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN sowie der Abgeordneten Klaus Haupt, Ina Lenke,
Dr. Guido Westerwelle, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Frak-
tion der FDP: Durchführung des Bundeswettbewerbes
„Ferien für Familien, in denen Angehörige mit Behinde-
rung leben“ – Drucksache 14/9669 –

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun Kopp,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Kurzfristige, nationale Strate-
gien in der Verbraucherpolitik unzureichend – Drucksa-
che 14/9553 –

g)Beratung des Antrags der Abgeordneten Regina Schmidt-
Zadel, Eike Maria Hovermann, Eckhart Lewering, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord-
neten Monika Knoche, Katrin Göring-Eckardt, Kerstin
Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: 25 Jahre Psychiatrie-
reform – Verstetigung und Fortentwicklung – Druck-
sache 14/9555 –

h)Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Detlef Parr, Dr. Dieter Thomae,
Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP: Sucht wirksam bekämpfen – Prävention,
Therapie und Lebenshilfe stärken – Drucksachen 14/9049,
14/9705 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hubert Hüppe

i) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-
schusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Detlef Parr, Dr. Dieter Thomae, Dr. Irmgard
Schwaetzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP:
Für ein Gesamtkonzept zurVerbesserung derVersorgung
bei Brustkrebs – Drucksachen 14/9099, 14/9706 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Helga Kühn-Mengel

j) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-

(15. Ausschuss)

Pia Maier, Roland Claus und der Fraktion der PDS: Erhalt
des ICE-Schienenknotens Mannheim – flächenhafter
Ausbau der Bahn mit Stärkung des ICE-Knotens Mann-
heim und Einbindung von Darmstadt und Heidelberg in
den Schienenpersonenverkehr – Drucksachen 14/9546,
14/9680 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich

k)Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424800100
Änderung derGeschäftsordnung des
Deutschen Bundestages; hier: Beschluss des Deutschen
Bundestages betr. Aufhebung der Immunität von Mit-
gliedern des Bundestages (Anlage 6 zur GO-BT) – Druck-
sache 14/9659 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dieter Wiefelspütz
Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten
Steffi Lemke
Jörg van Essen
Dr. Evelyn Kenzler

l) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(13. Ausschuss):

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht
über die Lebenssituation junger Menschen und die
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutsch-
land – Elfter Kinder- und Jugendbericht – mit der Stel-
lungnahme der Bundesregierung




Präsident Wolfgang Thierse
25018


(C)



(D)



(A)



(B)


– zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Klaus
Haupt, Dr. Irmgard Schwaetzer, Ina Albowitz, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP zu der Unterrichtung
durch die Bundesregierung: Bericht über die Lebenssi-
tuation junger Menschen und die Leistungen der Kin-
der- und Jugendhilfe in Deutschland – Elfter Kinder-
und Jugendbericht – mit der Stellungnahme der Bun-
desregierung – Drucksachen 14/8181, 14/8383, 14/9624 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Rolf Stöckel
Thomas Dörflinger
Klaus Haupt
Christian Simmert
Monika Balt

m) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424800200
Sammelübersicht 416 zu Petitionen
– Drucksache 14/9689 –

n)Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424800300
Sammelübersicht 417 zu Petitionen
– Drucksache 14/9690 –

o)Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424800400
Sammelübersicht 418 zu Petitionen
– Drucksache 14/9691 –

p)Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424800500
Sammelübersicht 419 zu Petitionen
– Drucksache 14/9692 –

q)Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424800600
Sammelübersicht 420 zu Petitionen
– Drucksache 14/9693 –

r) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424800700
Sammelübersicht 421 zu Petitionen
– Drucksache 14/9694 –

s) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424800800
Sammelübersicht 422 zu Petitionen
– Drucksache 14/9695 –

4. Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-

(15. Ausschuss)

Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der CDU/CSU: Verbraucherschutz im
Bereich des öffentlichen Personenverkehrs noch immer un-
zureichend – Drucksachen 14/8853, 14/9696 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich

5. Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-
schusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Irmgard
Schwaetzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP:
Für eine leistungsfähige und bezahlbare Gesundheitsver-
sorgung – Drucksachen 14/9054, 14/9703 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Martin Pfaff

6. Dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei-
nes Fünften Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-

(Erste Beratung 239. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses

(4. Ausschuss) – Drucksache 14/9591 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dieter Wiefelspütz
Hartmut Büttner (Schönebeck)

Cem Özdemir
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Ulla Jelpke

7. Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg Tauss, Monika
Griefahn, Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin,

Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Sichere Informations-
und Kommunikationsinfrastrukturen gewährleisten
– Drucksache 14/9683 –

8. Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg Tauss, Monika
Griefahn, Ute Vogt (Pforzheim), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin,
Cem Özdemir, Dr. Antje Vollmer, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Um-
fassende Modernisierung des Datenschutzrechts voran-
bringen – Drucksache 14/9709 –

9. Beratung des Antrags der Abgeordneten Brunhilde Irber,
Annette Faße, Renate Gradistanac, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Sylvia Voß,
Ulrike Höfken, Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN:
Den Campingtourismus in Deutschland nachhaltig fördern
– Drucksache 14/9672 –

10. Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-
schusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Paul K. Friedhoff,
Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP: Stromrechnungen transparent gestalten – Drucksa-
chen 14/5465, 14/9724 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Heinz Riesenhuber
Kurt-Dieter Grill

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll – soweit
erforderlich – abgewichen werden.

Abgesetzt werden sollen folgende Tagesordnungs-
punkte: 3 c, Gesetzentwurf der FDP zur Reform der
Arbeitnehmerüberlassung, 18 a, Rüstungsaltlastenfinan-
zierungsgesetz, und 27, Rechtsanwaltsvergütungs-Neu-
ordnungsgesetz.

Des Weiteren soll der Tagesordnungspunkt 5 – Zurück-
weisung von Bundesratseinsprüchen – nach Tagesord-
nungspunkt 3 und daran anschließend Tagesordnungs-
punkt 20 – Bericht des 1. Untersuchungsausschusses –
aufgerufen werden. Der Tagesordnungspunkt 7 – Energie-
versorgung – soll am morgigen Freitag als erster Punkt be-
raten werden.

Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? –
Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a, 3 b, 3 d bis 3 m
sowie Zusatzpunkt 1 auf:

a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den
Bundeskanzler
Zur Lage derWirtschaft in Deutschland

b) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion
der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zum optimalen Fördern und Fordern in
Vermittlungsagenturen (OFFENSIV-Gesetz)

– Drucksache 14/8365 –

(Erste Beratung 224. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuss)

– Drucksache 14/9416 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Brigitte Lange




Präsident Wolfgang Thierse

25019


(C)



(D)



(A)



(B)


d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit

Schnieber-Jastram, Karl-Josef Laumann,
Brigitte Baumeister, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer durch
Qualifizierung sichern – drohendem Ar-
beitskräftemangel vorbeugen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel,
Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Heinrich L. Kolb,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer för-
dern und Einstellungshindernisse abbauen

– Drucksachen 14/5139, 14/5579, 14/9349 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Heinz Schemken

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozial-
ordnung (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab-
geordneten Johannes Singhammer, Karl-Josef
Laumann, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU
Die Auswirkungen der demographischen Ent-
wicklung auf die sozialen Sicherungssysteme
öffentlich machen
– Drucksachen 14/4645, 14/8927 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ekin Deligöz

f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich

L. Kolb, Dr. Irmgard Schwaetzer, Dirk Niebel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Existenzbedrohende Prüfungspraxis der
Sozialversicherungsträger für kleine und
mittelständische Betriebe unterbinden

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gerda
Hasselfeldt, Heinz Seiffert, Karl-Josef
Laumann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Arbeit nicht durch übermäßige Sozialver-
sicherungsbeiträge teurer machen

– Drucksachen 14/7155, 14/7782, 14/8667 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Lotz

g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord-
neten Horst Seehofer, Peter Rauen, Karl-Josef
Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU

Bündnis fürArbeit gescheitert – Reformen end-
lich umsetzen
– Drucksachen 14/8041, 14/9348 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Heinz Schemken

h) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord-
neten Karl-Josef Laumann, Brigitte Baumeister,
Klaus Brähmig, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Arbeitnehmer entlasten – Vorfahrt für Be-
schäftigung
– Drucksachen 14/8366, 14/9388 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Heinrich L. Kolb

i) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus

Brandner, Franz Thönnes, Doris Barnett,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD sowie der Abgeordneten Dr. Thea
Dückert, Ekin Deligöz, Kerstin Müller (Köln),
Rezzo Schlauch und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Chancen auf Arbeit für alle – Offensive in
der Arbeitsmarktpolitik

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel,
Dr. Irmgard Schwaetzer, Rainer Brüderle, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Für eine grundlegend neue Organisation
derArbeitsmarktpolitik

– Drucksachen 14/9225, 14/8287, 14/9467 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Wolfgang Meckelburg

j) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord-
neten Dr. Heidi Knake-Werner, Eva Bulling-
Schröter, Dr. Ruth Fuchs, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der PDS
Arbeitszeitgesetz (ArbZG) beschäftigungs-
sichernd reformieren – Überstunden abbauen
– Drucksachen 14/6113, 14/9684 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Heinz Schemken

k) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord-
neten Dr. Irmgard Schwaetzer, Dirk Niebel,
Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Für substanzielle Arbeitsmarktreformen im
Niedriglohnsektor




Präsident Wolfgang Thierse
25020


(C)



(D)



(A)



(B)


– Drucksachen 14/8143, 14/9415 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Andrea Nahles

l) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord-
neten Pia Maier, Monika Balt, Dr. Ruth Fuchs,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
Einführung eines existenzsichernden gesetz-
lichen Mindestlohns
– Drucksachen 14/8921, 14/9564 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Wolfgang Meckelburg

m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk
Niebel, Rainer Brüderle, Dr. Irmgard Schwaetzer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Versicherungsfremde Leistungen aus der Ar-
beitslosenversicherung herausnehmen – Bei-
träge senken
– Drucksache 14/7453 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

ZP 1 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Horst

Seehofer, Karl-Josef Laumann, Wolfgang
Lohmann (Lüdenscheid), weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der CDU/CSU
Krise in der Sozialversicherung beseitigen –
endlich die notwendigen Reformen auf den
Weg bringen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard
Schwaetzer, Dr. Heinrich L. Kolb, Dirk
Niebel, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP
Für grundlegende Reformen der sozialen
Sicherungssysteme

– Drucksachen 14/8268, 14/9245, 14/9565 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Brandner

Es liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der
FDP zur Regierungserklärung sowie ein Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu ihrem Ge-
setzentwurf vor. Ich weise darauf hin, dass wir später
über beide Entschließungsanträge namentlich abstim-
men werden.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die
Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung
zweieinhalb Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
der Bundeskanzler Gerhard Schröder.


(von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Beifall begrüßt)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Nach einem Bericht der Vereinten Nationen, der jüngst er-
schienen ist, erlebte die Weltwirtschaft im Jahre 2001 ihre
größte Krise der letzten zehn Jahre; der Welthandel ist
zurückgegangen. Deutschland hat diese Krise mit am bes-
ten überwunden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


Bei sinkendem Welthandel konnte die deutsche Wirtschaft
auf den hart umkämpften internationalen Märkten immer
neue Anteile erobern. Das ist natürlich zuallererst das Ver-
dienst der Menschen, die in den Fabriken und Dienstleis-
tungszentren diese Leistungen vollbracht haben. Es ist
aber auch das Verdienst der Bundesregierung und dieser
Koalition, die die Rahmenbedingungen so gesetzt haben,
dass diese Leistungen erzielt werden konnten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will Ihnen einmal aufzeigen, wie sich die Entwick-
lung seit 1998 gestaltet hat. Dabei greife ich die wichtigs-
ten Daten, die über die wirtschaftliche Entwicklung ent-
scheiden, heraus:

Das durchschnittliche Nettoeinkommen der Arbeitneh-
mer, die Nettolohnsumme, betrug zwischen 1994 und
1997 durchschnittlich 506 Milliarden DM. 1998 bis 2001
lag die reale Nettolohnsumme bei 542,5 Milliarden DM.
Das belegt die klare Trendumkehr bei den Nettolöhnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Eingangssteuersatz betrug 1998 25,9 Prozent. Dies
ist übrigens ein historischer Höchstwert; das sollte nicht
verschwiegen werden.


(Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/ CSU]: Das glaubt ihr doch selber nicht!)


Im Jahre 2002 liegt er bei 19,9 Prozent. Im Jahr 2005 wird
er, so steht es bereits im Bundesgesetzblatt, 15 Prozent be-
tragen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie äußern sich doch so gerne über den Spitzensteuer-
satz. Der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer
einschließlich Gewerbesteuer lag 1998, also zur Zeit der
schwarz-gelben Koalition, bei 53 Prozent. Im Jahr 2002
beträgt er 48,5 Prozent und im Jahr 2005 wird er bei
42 Prozent liegen. Das ist der historisch niedrigste Spit-
zensteuersatz, den es jemals gegeben hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auf der anderen Seite betrug der Grundfreibetrag 1998
umgerechnet 6 322 Euro. 2002 liegt er bei 7 206 Euro, im
Jahr 2005 werden es 7 664 Euro sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





Präsident Wolfgang Thierse

25021


(C)



(D)



(A)



(B)


Was für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirt-
schaft natürlich besonders wichtig ist, sind die Körper-
schaftsteuersätze einschließlich der Gewerbesteuer. Der
Körperschaftsteuersatz inklusive Gewerbesteuer betrug
1998, zur Zeit der Regierung der schwarz-gelben Koali-
tion, 56 Prozent. Im Jahr 2002 liegt er bei 38,6 Prozent.
Das sind 17,4 Prozentpunkte weniger.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun zu Daten, die die Familien in Deutschland beson-
ders interessieren: 1998 lag das Kindergeld bei um-
gerechnet 112 Euro, im Jahr 2002 beträgt es 154 Euro.
Ihnen ist seinerzeit die Verfassungswidrigkeit Ihrer Fami-
lienpolitik bescheinigt worden. Wir mussten dies ändern
und haben es getan.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dies alles haben wir übrigens trotz einer Trendumkehr
bei der öffentlichen Verschuldung umgesetzt. Nur zur
Erinnerung: In der Zeit von 1994 bis 1998 stiegen die
Bundesschulden um 230 Milliarden Euro. Von 1999 bis
2002 betrug die Zunahme 37 Milliarden Euro. Der An-
stieg der Bundesschulden wurde also entscheidend ge-
bremst, und zwar im Interesse unserer Kinder und Kin-
deskinder. Das ist etwas, was Sie nie hinbekommen
haben. Das müssen Sie anerkennen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Weil Sie so gern über den Standort Deutschland reden,
der angeblich so unattraktiv ist, insbesondere für Investi-
tionen aus dem Ausland, auch dazu einige Zahlen, mit
denen man sich auseinander setzen muss, wenn man in der
Debatte ernst genommen werden will: Direktinvestitio-
nen in Deutschland, Summe 1994 bis 1997 – das war die
Zeit der schwarz-gelben Koalition –: 31 Milliarden Euro,
Summe 1998 bis 2001: 321 Milliarden Euro, also eine
Verzehnfachung der ausländischen Direktinvestitionen in
Deutschland.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wie man vor diesem Hintergrund Kritik am Standort
Deutschland äußern kann, ist allenfalls psychopatholo-
gisch erklärbar.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Einige Zahlen auch zur Entwicklung der Zukunftsaus-
gaben: Ausgaben für Bildung und Forschung, Etat des
BMBF, 1998: 7,26 Milliarden Euro, 2002: 8,39 Milliar-
den Euro. Das ist ohne die BAföG-Erhöhung eine Steige-
rung von 17,7 Prozent und mit der BAföG-Erhöhung eine
Steigerung von 21,3 Prozent.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Geschummelt!)


Übrigens sind die anteiligen Ausgaben am Bruttoin-
landsprodukt für Forschung und Entwicklung ebenfalls

gestiegen. Auch hier nur eine Zahl: 1998: 2,31 Prozent,
2001: 2,46 Prozent. Das ist Spitze unter den großen Indus-
trienationen in Europa.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun lese und höre ich gelegentlich, dass der eine oder
andere aus den Oppositionsfraktionen noch mehr will.
Der eine redet von dreimal 40, der andere sogar von drei-
mal 35. Die entscheidende Frage ist natürlich: Wie kommt
man volkswirtschaftlich, wie kommt man finanzpolitisch
mit solchen Forderungen zurecht? Die einfache, ganz
klare Antwort ist: überhaupt nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn wenn Sie diese Ziele erreichen wollten – Sie wer-
den ja keine Gelegenheit haben, auch nur Anstrengungen
dafür zu unternehmen; darum werden diese Ziele ja auch
formuliert –, müssten Sie entweder die Verschuldung des
Bundes so exorbitant steigern, wie Sie das in Ihrer Regie-
rungszeit getan haben, und damit gegen internationale
Vereinbarungen verstoßen, die Sie selber abgeschlossen
haben, oder – das klingt ja in einigen der Wahlaussagen
durchaus an – Sie müssten insbesondere bei denjenigen
Leistungen streichen, die im besonderen Maße auf diese
Leistungen angewiesen sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die FDP sagt in ihren Vorschlägen wenigstens klar,
dass man an die Zuschläge der Schichtarbeiter und an die
Nachtarbeitszuschläge herangehen will, um die weitere
Senkung des Spitzensteuersatzes zu finanzieren. Das ist
zumindest ehrlich, wenn auch politisch gefährlich und
falsch. Bei der Union ist das anders. Da ist das genauso
politisch gefährlich, aber nicht ehrlich. Es ist deshalb
nicht ehrlich, weil die ganzen Finanzierungsvorschläge in
dem schüchternen Hinweis auf die Petersberger Be-
schlüsse versteckt sind. Nur steht in diesen Beschlüssen
gar nichts anderes als das, was Sie von der FDP wenigs-
tens offen formuliert haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Hans Michelbach [CDU/CSU])


– Ja, das habe ich ja gesagt. – Das ist das Einzige, was Sie
dem entgegenzusetzen haben.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Offenbar ist das so. Oder wollen Sie sich vielleicht nicht
mit der Frage auseinander setzen, ob Sie als Union zur Fi-
nanzierung der weiteren Senkung des Spitzensteuersatzes
auf unter 40 Prozent die Zuschläge der Krankenschwes-
tern und der Schichtarbeitern besteuern wollen?


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Das können Sie ja gern erklären. Dagegen ist nichts ein-
zuwenden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





Bundeskanzler Gerhard Schröder
25022


(C)



(D)



(A)



(B)


Wir würden das gern hören, damit wenigstens Klarheit
darüber herrscht, wie Sie Ihre völlig illusorischen finanz-
politischen Vorstellungen finanzieren wollen. Zumindest
das möchten wir und die deutsche Öffentlichkeit gern
wissen und darauf haben wir und sie einen Anspruch.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie eine solche Finanzierung nicht wollen, dann
sollten Sie wenigstens zugeben,


(Michael Glos [CDU/CSU]: Wir geben überhaupt nichts zu!)


dass Sie Ihre Vorhaben über Verschuldung finanzieren
wollen. Einen anderen Ausweg gibt es nämlich nicht. Die
Verschuldung aber – ich sage es noch einmal – verstößt
gegen den Stabilitätspakt, den Herr Waigel für Sie aus-
gehandelt hat, und gegen jedes Prinzip der Nachhaltigkeit
in der Finanzpolitik. Das ist mit uns nicht zu machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Vor dem Hintergrund dieser Kennziffern lässt sich in
der Tat sagen, dass die Krise, von der die Vereinten Na-
tionen gesprochen haben, von der deutschen Wirtschaft
überraschend gut bewältigt werden konnte. Das ist die
Basis, auf der sich gegenwärtig eindeutige Aufschwung-
tendenzen vollziehen. Die Auftragseingänge und die in-
dustrielle Produktion sind gestiegen.

Natürlich gibt es Anlass, darüber zu reden, dass diese
positive Entwicklung bedauerlicherweise noch nicht auf
dem Arbeitsmarkt Platz gegriffen hat. Wer wollte das be-
streiten? Ich bin der Letzte, der das bestreitet. Gleichwohl
gilt, dass während unserer Regierungszeit, während der
rot-grünen Koalition von 1998 bis jetzt, 1,2 Millionen so-
zialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse neu
geschaffen werden konnten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)


Das hatte zur Folge, dass es im Mai mehr als 400 000 Ar-
beitslose weniger als 1998 gab. Ich befürchte, dass die
Juni-Zahlen weniger optimistisch stimmen werden.

Ich will aber einen Hinweis geben, der ein wenig er-
klärt, wie früher verfahren worden ist und wie heute ver-
fahren wird: Die Ziffern, über die ich gegenwärtig rede,
waren 1998 in einer bestimmten Weise schöner gemacht,
als es der Wirklichkeit entsprach.


(Lachen bei der CDU/CSU)

– Ich sage Ihnen gleich, warum. Wir hatten 1998 für ins-
gesamt sechs Monate circa 400 000 ABM-Stellen zusätz-
lich. Das waren die Wahlkampf-ABM, über die Sie nie ge-
redet haben, über die man aber reden muss.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Joseph Fischer, Bundesminister: Genauso ist es!)


Im Vergleich dazu gibt es heute – schließlich ist es im-
mer noch notwendig – 184 000 ABM-Stellen. Exakt da
liegt der Unterschied zwischen Ihnen und uns. Während

wir die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verstetigt haben,
haben Sie ihre Zahl immer kurz vor der Wahl erhöht, um
sie nach der Wahl, wenn Sie Gelegenheit dazu hatten – hin
und wieder hatten Sie diese Gelegenheit –, wieder he-
runterzufahren. Das nenne ich unehrlich. Das ist Bilanz-
fälschung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die günstigen Fundamentaldaten, von denen ich ge-
sprochen habe, weisen aus, dass wir in diesem Jahr mit ei-
nem nicht befriedigenden, aber immerhin mit Wachstum
rechnen können,


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Bescheiden, Herr Bundeskanzler!)


das sich im dritten und vierten Quartal deutlich beschleu-
nigen wird, nachdem es im ersten Quartal natürlich nicht
so gewesen ist, wie wir es uns gewünscht haben. Im zwei-
ten Quartal ist es gestiegen und im dritten und vierten
Quartal wird es weiter steigen.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Das sind Hoffnungen!)


Wir rechnen in diesem Jahr mit einem gesamtwirtschaft-
lichen Wachstum von rund 0,75 Prozent.

Es gibt Prognosen wichtiger Institute, die darüber hi-
nausweisen. Nach allem, was wir wissen und was die un-
terschiedlichen Prognosen der verschiedenen Institute
aussagen, werden wir im nächsten Jahr ein Wachstum
zwischen 2,5 und 3 Prozent bekommen. Das ist eine Ent-
wicklung, die man bereits heute stützen und unterstützen
muss und die man nicht aus Wahlkampfgründen kaputt-
reden darf. Das ist der entscheidende Punkt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Neben diesen Fundamentaldaten können Sie die Stärke
der deutschen Wirtschaft auch daran erkennen, dass etwa
die Automobilindustrie Spitze in der Welt ist und die Ma-
schinenbau- und die Werkzeugmaschinenbauindustrie
weltweit Marktführer sind und ständig an Exportanteilen
gewinnen. Die Nachfrage nach deutschen Produkten auf
den internationalen Märkten bricht gegenwärtig alle Re-
korde. Dazu haben die bei uns stabil gebliebenen Lohn-
stückkosten beigetragen – auch das muss man einmal sa-
gen, weil es Vernunft auch bei Tarifverhandlungen zeigt –,
die bei allen Konkurrenten Deutschlands auf den Welt-
märkten deutlich gestiegen sind. Das ist ein Vorteil für die
deutsche Wirtschaft, der nicht unterschätzt werden darf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die bessere Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirt-
schaft ist auch das Ergebnis einer ausgewogenen und ver-
antwortungsvollen Tarifpolitik, die auf die Kostenseite
der Unternehmen genauso wie auf die Nachfrageseite ge-
achtet hat; denn auch die Nachfrageseite ist für die Ent-
wicklung und Stabilisierung der Binnenkonjunktur nicht
ohne Bedeutung. Alles in allem haben die Tarifparteien
auch in dieser schwierigen Lohnrunde, bei der viele Ge-
sichtspunkte unter einen Hut zu bringen waren, Vernunft
und Augenmaß bewiesen.




Bundeskanzler Gerhard Schröder

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(C)



(D)



(A)



(B)


Die Tarifpolitik und die Senkung von Steuern und Ab-
gaben haben dafür gesorgt – das ist eine gute Nachricht
für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem
Land –, dass die realen Nettoeinkommen der Beschäftig-
ten seit 1998 um rund 7 Prozent gestiegen sind, während
sie vorher gesunken waren – mit allen Folgen, die das für
Einkommen und Nachfrageentwicklung hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Noch etwas sollte gerade in einer solchen Debatte
unterstrichen werden: Die im Grundgesetz geschützte
Tarifautonomie, das deutsche Modell der Mitbestim-
mung und das Prinzip der Teilhabe haben sich auch und
gerade in den abgelaufenen Tarifrunden einmal mehr
bewährt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Diese Prinzipien machen uns in einer globalisierten Wirt-
schaft stark, weil sie Gerechtigkeit ermöglichen. Sie sind
auch wirtschaftlich vernünftig und nicht nur unter sozialen
Gesichtspunkten zu beachten. Deshalb darf am Prinzip der
Teilhabe der arbeitenden Menschen am Erfolg ihrer Ar-
beit, aber auch an den Entscheidungen in der gesamten Ge-
sellschaft nicht gerüttelt werden. Wir jedenfalls werden
das nicht zulassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im Zusammenhang mit den Zahlen, die ich genannt
habe, habe ich schon darauf hingewiesen, dass all dies
dazu geführt hat, dass Deutschland als Investitionsstand-
ort für investives Kapital aus dem Ausland wieder sehr at-
traktiv geworden ist. Die Steigerung der Direktinves-
titionen in Deutschland um das Zehnfache weist dies
deutlicher aus, als man es mit Worten sagen kann.

Durch die Politik der Erneuerung und der Innovation
hat die Bundesregierung dazu beigetragen, die Konkur-
renzfähigkeit und die Investitionskraft der deutschen
Wirtschaft zu stärken. Dies wird, auch wenn es in dem ei-
nen oder anderen Verband nicht so gern ausgesprochen
wird – man ahnt ja, warum das der Fall ist –,


(Dr. Peter Struck [SPD]: So ist es!)

in der ausländischen, aber auch in der deutschen Presse
von denen, die Wirtschaft machen und nicht nur als Ver-
bandsfunktionäre, die zumeist Parteibücher der Opposi-
tionsparteien haben, darüber reden, mehr und mehr zum
Ausdruck gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


– Sie brauchen sich doch nicht davon zu distanzieren,
dass Herr von Wartenberg lange Jahre Ihr Fraktionskol-
lege gewesen ist. Im Hinblick auf den BDA-Hauptge-
schäftsführer stimmt das doch auch. Das macht ja alles
nichts; aber man wird es doch wenigstens einmal sagen
dürfen.

Meine Damen und Herren, die Reformen, die wir ein-
geleitet und durchgesetzt haben, haben die deutsche Wirt-
schaft stärker gemacht und unser Land vorangebracht.

Ganz klar ist aber auch, dass wir den Weg, den wir be-
schritten haben, zu Ende gehen wollen und müssen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Er geht auch zu Ende! Am 22. September ist der Weg zu Ende!)


Insbesondere die Reform der Arbeitsvermittlung und
des Arbeitsmarktes beschäftigen uns nicht nur in der letz-
ten Zeit. Wir haben diese Reform mit dem Job-AQTIV-
Gesetz eingeleitet; darauf bauen alle weiteren Reformvor-
stellungen auf, die jetzt allenthalben diskutiert werden.

Im Februar dieses Jahres, nachdem die Fehlentwicklun-
gen in der Bundesanstalt für Arbeit deutlich geworden sind,
habe ich den Personalvorstand von Volkswagen, Herrn
Peter Hartz, dafür gewonnen, ein Konzept für die Verbes-
serung der Vermittlungstätigkeit auf dem Arbeitsmarkt


(Michael Glos [CDU/CSU]: Auch er gehört doch einer Partei an!)


und für grundlegende sowie sozial gerechte Reformen auf
eben diesem Arbeitsmarkt zu erarbeiten und vorzulegen.

Ich will es deutlich sagen: Es geht um eine neue Ord-
nung des Arbeitsmarktes in Deutschland, nicht um ein
Laisser-faire, wie dies bei anderen der Fall ist, sondern um
eine neue, um eine gerechte Ordnung. Ich füge hinzu: Die
notwendige soziale Kompetenz und die notwendige so-
ziale Sensibilität, um dies zu bewerkstelligen, ohne dass
es zu politischen Brüchen in der Gesellschaft kommt, hat
ausschließlich diese Koalition und keine andere – damit
das völlig klar ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Bitte an Herrn Hartz war kein Zufall. Er ist der Er-
finder kreativer Beschäftigungsmodelle. Er hat während
der Automobilkrise bei Volkswagen beispielsweise die
Viertagewoche entworfen und durchgesetzt. Er hat mit
dem Modell „5 000 mal 5 000“ Tarifgeschichte geschrie-
ben und dadurch in Deutschland Arbeitsplätze und Pro-
duktionsmöglichkeiten auf einem schwer umkämpften
Markt gesichert.

Seine Erfahrungen sowohl als Gewerkschafter als auch
als Personalvorstand und als fantasievoller Tarifpolitiker
sowie seine Erfolge beim Erhalt und bei der Schaffung
von Arbeitsplätzen in seinem Unternehmen haben ihn für
diese schwierige Aufgabe geradezu prädestiniert. Ich
habe Peter Hartz gebeten, Ideen zu formulieren, denen
sich andere in der Befangenheit ihrer Interessenpolitik
jahrelang verweigert haben,


(Dirk Niebel [FDP]: Wir nicht! Wir haben es sogar beantragt!)


Ideen, die sich allein am angestrebten Ergebnis, am Ab-
bau der Arbeitslosigkeit, werden messen lassen müssen.

Die nach dem Vorsitzenden benannte Kommission ist
sehr ausgewogen zusammengesetzt. Darunter sind Vor-
standsmitglieder großer Industrieunternehmen, Gewerk-
schafts- und Arbeitgebervertreter ebenso wie Wissen-
schaftler und Praktiker des Arbeitsmarktes, aber auch
Kommunal- und Landespolitiker, Unternehmensberater
und Vertreter des Handwerks.




Bundeskanzler Gerhard Schröder
25024


(C)



(D)



(A)



(B)


Meine Damen und Herren, die Vorschläge der Kom-
mission sind nach und nach bekannt geworden, jedenfalls
soweit sie bereits erarbeitet worden sind. Eines lässt sich
bereits jetzt sagen: Herr Hartz hat mit diesen Vorschlägen
seinen Ruf als innovativer Reformer, aber auch als Anwalt
sozialer Gerechtigkeit bestätigt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Abgeschrieben!)


Worauf es mir ankommt, ist, dass hier ein Gesamt-
konzept aufeinander abgestimmter Maßnahmen ent-
wickelt wird. Dieses Konzept geht genau in die richtige
Richtung. Es ist deshalb nicht übertrieben zu sagen: Wir
bekommen nicht weniger als eine Blaupause für mehr Be-
schäftigung, mehr Eigeninitiative und mehr Sicherheit für
die Betroffenen. Deswegen muss eines gelten: Wir müs-
sen miteinander dafür sorgen, dass es – bei allen Debatten
über Details dieses Konzepts – vor allen Dingen in seiner
Gesamtheit aufeinander abgestimmter Maßnahmen dis-
kutiert und beachtet wird. Dies ist wichtig, damit nicht
einzelne Details zerredet werden, bevor das Gesamtkon-
zept bewertet werden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen werden wir auch nicht zulassen, dass sich
jeder das herauspickt, was seinen Interessen, seinen Inte-
ressenlagen und seinen Forderungen entspricht.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Hartz hat es doch gemacht!)


Wer etwa nur den Aspekt betont, dass die Zumutbarkeits-
kriterien für einzelne Gruppen verändert werden sollten,
wer nur von der geplanten Ausweitung der Zeitarbeit re-
det, aber das Recht auf sozialversicherungspflichtige und
tariflich abgesicherte Arbeitsverhältnisse in eben diesem
Bereich unterschlägt, der handelt unlauter. Dies werden
wir auch so benennen, damit das klar ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Gesamtkonzept, das erarbeitet wird und das wir
umsetzen werden, ist ebenso visionär wie Erfolg verspre-
chend. Die Menschen, um die es uns geht, werden geför-
dert, aber auch gefordert.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Abgeschrieben!)


Ich denke, auch dies ist unabdingbar.
Die Vorschläge der Hartz-Kommission zeigen vor al-

lem eines – was viele für undenkbar halten –: Mit Mut und
Fantasie können auf dem Arbeitsmarkt eine sinnvolle Ba-
lance zwischen den Sicherheitsbedürfnissen der Beschäf-
tigten auf der einen Seite und den Flexibilitätserforder-
nissen einer globalisierten Wirtschaft auf der anderen
Seite sowie die zügige Umsetzung eines solchen Konzep-
tes erreicht werden.

Darüber hinaus muss und wird sich die Bundesanstalt
für Arbeit zu einem echten Arbeitsmarktserviceinstru-
ment entwickeln. Dazu werden wir Bestimmungen und
Gesetze vereinfachen, Bürokratie abbauen und die Idee

unseres Job-AQTIV-Gesetzes weiterentwickeln. Das be-
deutet, die Vermittlung von Beschäftigungslosen auf freie
Arbeitsplätze muss so früh wie möglich einsetzen; denn
damit kann man den Betroffenen helfen, die Dauer der Ar-
beitslosigkeit verkürzen und so zu Einsparungen in die-
sem Bereich kommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben die große und vielleicht einmalige Chance,
erstarrte Fronten aufzubrechen. Diese Chancen gibt es im-
mer dann – das mag man bedauern –, wenn eklatante
Fehlentwicklungen in einem bestimmten Bereich aufge-
treten sind und man dann den Mut hat, diese Fehlent-
wicklungen zu benennen und daraus umfassende Konse-
quenzen zu ziehen. Ich denke, diesen Mut hat es gegeben.
Jetzt geht es darum, ihn auch weiterhin aufzubringen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wer regiert denn seit fast vier Jahren, Herr Bundeskanzler? Sie regieren doch seit fast vier Jahren!)


Meine Damen und Herren, mich freut es dabei, dass
das Ziel, das wir formuliert haben, und die Vorschläge, die
in den Einzelheiten bekannt geworden sind, auf eine
große Zustimmung in der Bevölkerung treffen. Vielleicht
ist das auch der Grund, warum sich der eine oder andere
munter aufs Trittbrett schwingt.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU)


Das kann ja sein, aber das macht nichts. Je mehr ein sol-
ches Gesamtkonzept in allen seinen wichtigen Teilen im
Parlament unterstützt wird, umso besser ist es natürlich
und umso leichter lässt es sich durchsetzen.

Die jetzt in Gang gekommene Reformdebatte ist auch
ein Angebot an die Bürgerinnen und Bürger in unserem
Land. Jeder kann genau registrieren, wie ernsthaft daran
gearbeitet wird, die Vorschläge der Kommission zu be-
werten und umzusetzen. Auch hier zeigt sich, dass die
Menschen in Deutschland für die notwendigen Verände-
rungen bereit sind. Dies sind sie aber nur, wenn sie sicher
sein können, dass Gesichtspunkte der sozialen Gerechtig-
keit nicht unter die Räder kommen. Dafür werden wir sor-
gen. Darauf können Sie sich verlassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Klar ist: Zu einem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit
gehört ganz zentral auch der Kampf für eine bessere Qua-
lifikation. Die Bundesanstalt für Arbeit sagt voraus, dass
der Bedarf an höher qualifizierten Menschen bis zum Ende
dieses Jahrzehnts auf 40 Prozent ansteigen wird. Wir kön-
nen es uns also gar nicht leisten, dass in unseren Schulen
ein so großer Anteil an jungen Menschen schlecht oder gar
nicht ausgebildet wird. Nur mit genügend kompetenten
und ausgebildeten Menschen können wir die Innovations-
und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft sichern.

In der PISA-Studie wurden bereits vor einem halben
Jahr die Schwächen der Schulen in Deutschland aufge-
deckt. In diesen Tagen werden wir zum zweiten Mal mit




Bundeskanzler Gerhard Schröder

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der ungeschminkten Wahrheit über die Schwächen des fö-
deralen Schulsystems konfrontiert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CDU/CSU – Hans-Peter Repnik [CDU/ CSU]: Das hat nichts mit föderal zu tun!)


– Natürlich hat es damit zu tun. Mit was denn sonst?

(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Nein!)


– Das werden Sie auch noch einsehen.
Wir können jetzt natürlich damit beginnen, aufzurech-

nen.

(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Das sollten wir!)

– Das können wir gerne tun. – Schauen Sie sich die Be-
wertungen der Gymnasien an!


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Niedersachsen und Baden-Württemberg!)


– Hören Sie doch einmal zu! Wir könnten darüber debat-
tieren, woran es liegt, dass die Gymnasien in Niedersach-
sen und Schleswig-Holstein so gut abgeschnitten haben
wie die in Bayern, andere Schularten aber nicht.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: NordrheinWestfalen und Bayern!)


Darüber könnten wir uns den Kopf zerbrechen; dies
würde aber keinem Menschen in Deutschland helfen. Wir
brauchen etwas ganz anderes.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Peter Repnik [CDU/ CSU]: Das hat nichts mit föderal zu tun!)


Wir brauchen nicht Ihre kleinliche Klopperei um die
Frage, wer nun ein oder zwei Punkte besser war, sondern
wir brauchen die Erkenntnis, dass Deutschland insge-
samt, einschließlich aller süddeutschen Länder, längst
nicht so gut abgeschnitten hat wie Finnland, Schweden
oder Kanada. Das ist unser Problem. Darauf und auf
nichts anderes brauchen wir eine Antwort.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was als föderaler Wettbewerb gepriesen wird, erweist
sich im Licht der innerdeutschen PISA-Ergebnisse gele-
gentlich als Länderegoismus, der auf dem Rücken von
Schülerinnen und Schülern ausgetragen wird.


(Dr. Peter Struck [SPD]: So ist es!)

Ich sage deshalb noch einmal ganz nachdrücklich – da
gibt es nichts abzustreichen –: Es geht nicht um die Schu-
len in Saarbrücken, Passau, Flensburg, Koblenz oder Bre-
men, sondern um den Zustand der Schulen in ganz
Deutschland. Das ist der entscheidende Gesichtspunkt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht uns darum, ob überall in unserem Land die
gleichen Bildungschancen und als Folge dessen auch die
gleichen Lebenschancen garantiert werden. Die Bundes-
regierung sagt in dieser Situation, was wir für richtig hal-

ten. Wir brauchen nationale Bildungsstandards, die für
alle Schüler in Deutschland verbindlich sind. Wir brau-
chen entweder eine Vereinbarung oder, was besser wäre,
ein nationales Rahmengesetz für die Schule, das diese
Standards verbindlich festlegt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen eine nationale Verständigung und Festle-
gung über die Mindeststandards für eine solide Grundbil-
dung und für die Kernbereiche der Schulbildung. Jenseits
dessen kann es durchaus produktiven Wettbewerb geben.
Wir brauchen eine regelmäßige und systematische Über-
prüfung unseres Schulsystems. Wir brauchen einen natio-
nalen Bildungsbericht, nicht nur zufällige und punktuelle
Studien.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen – das wird sich in dieser Debatte, die ich
in all ihren Facetten begrüße, erweisen – vor allem mehr
schulische Ganztagseinrichtungen; denn Ganztags-
betreuung ist die Voraussetzung dafür, dass mehr junge
Familien so leben können, wie sie leben wollen, und nicht
vorgeschrieben bekommen, wie sie leben sollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mehr Ganztagsbetreuung ist die Chance für junge
Frauen, Familie und Beruf besser in Einklang bringen zu
können. Das ist ein Gebot der Gerechtigkeit unter den Ge-
schlechtern. Es ist aber auch ein Gebot der wirtschaftli-
chen Vernunft; denn es kann doch wohl nicht wahr sein,
dass auf der einen Seite gefordert wird, der Internationa-
lität und des Mangels an Spezialisten wegen Menschen
nach Deutschland zu holen, wenn man sich auf der ande-
ren Seite nicht entschieden darum bemüht, diejenigen zu
fördern, die bei uns auf Arbeit warten und über hohe Qua-
lifikationen verfügen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen sage ich noch einmal: Ausgaben für Bildung
sind Investitionen in die Zukunft unseres Landes. Daher
stellen wir in der nächsten Legislaturperiode 4 Milliar-
den Euro für den Ausbau von Ganztagsschulen zur Verfü-
gung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ebenso wie bei den Reformen am Arbeitsmarkt brau-
chen wir auch für die Reformen in der Bildungspolitik je-
nes Maß an Entschlossenheit, das wir aufbringen müssen,
wenn wir die notwendigen Vereinheitlichungen in und für
Deutschland durchsetzen wollen, ohne den Föderalismus
im Kern anzugreifen, brauchen wir den Mut, unseren
Schulen mehr Autonomie und Freiheit zu gewähren, aber
auch die Entschlossenheit, das, was geschieht, kontinu-
ierlich zu kontrollieren.

Ich bin davon überzeugt: Wenn wir kleinliche Egois-
men überwinden, dann schaffen wir nicht nur durch wirt-
schaftliches Wachstum, das bald einsetzen wird, eine




Bundeskanzler Gerhard Schröder
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(B)


Wende auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch durch die
Maßnahmen, die ich gekennzeichnet habe. Wir können es
schaffen, durch eine gemeinsame nationale Anstrengung
in Deutschland in zehn Jahren unter den fünf führenden
Bildungsnationen zu sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auf dem Arbeitsmarkt und bei der Bildung haben wir
jetzt die einmalige Chance, das zu erneuern, was erneuert
werden muss. Diese Chance müssen wir nach den aufge-
tretenen und deutlich gewordenen Fehlentwicklungen
nutzen. Wir werden diese Chance nutzen – zum Wohle un-
serer Wirtschaft, aber vor allen Dingen zum Wohle der
Menschen in unserem Land.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1424800900
Ich erteile dem Kolle-
gen Friedrich Merz, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


(Zurufe von der SPD: Wo ist Stoiber? – Wo ist er denn?)


Friedrich Merz (CDU/CSU) (von der CDU/CSU mit
Beifall begrüßt): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da-
men und Herren! Meine Damen und Herren von den Re-
gierungsparteien und von der zukünftigen Opposition,
wann der Kanzlerkandidat der Union im Deutschen Bun-
destag spricht, entscheiden wir. Er springt nicht über je-
des Stöckchen, das Sie ihm hinhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind hoch beeindruckt!)


Wer die Regierungserklärung des Bundeskanzlers
gehört hat, musste den Eindruck gewinnen, in einem an-
deren Land zu leben oder einen Regierungschef zu haben,
der die Wirklichkeit im eigenen Land nicht mehr wahr-
nimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD)


Herr Bundeskanzler, ich habe eben sehr aufmerksam
zugehört. Wir haben mit großem Staunen vernommen,
dass Sie allen Ernstes behauptet haben, die realen Net-
toeinkommen der Beschäftigten seien seit 1998 um
7 Prozent gestiegen. Dabei handelt es sich aber – jenseits
aller Parteipolitik – um das nominale Wachstum der Ar-
beitnehmereinkommen in Deutschland. Sie haben das mit
den realen Zuwächsen verwechselt.


(Widerspruch bei der SPD)

Die realen Zuwächse betragen 1,6 Prozent. Herr Bundes-
kanzler, hinter Ihnen sitzt ein Verteidigungsminister und
ehemaliger Kanzlerkandidat, der nicht zwischen brutto
und netto unterscheiden konnte. Er ist zu Recht nicht
Kanzler geworden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein Bundeskanzler, der Real- und Nominaleinkommen
nicht auseinander halten kann, darf in diesem Land nicht
Kanzler bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Wirklichkeit in Deutschland sieht leider anders

aus, als Gerhard Schröder sie eben skizziert hat. Deutsch-
land ist das Land mit dem niedrigsten Wachstum aller
Mitgliedstaaten der Europäischen Union. In der Regie-
rungserklärung des Bundeskanzlers zur Lage der Wirt-
schaft in Deutschland kommt das Wort Wirtschafts-
wachstum nicht einmal vor. Auch das lässt Rückschlüsse
auf Ihre Wahrnehmung und auf das, was Sie von Wirt-
schaftspolitik verstehen, zu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Franz Thönnes [SPD]: Doch nicht aufmerksam zugehört!)


Die Arbeitslosigkeit steigt seit Dezember 2000 – das
heißt, seit eineinhalb Jahren – saisonbereinigt von Monat
zu Monat an, und zwar bis zum heutigen Tag. Im
Juni 2002 wird es voraussichtlich rund 200 000 Arbeits-
lose mehr als im Vorjahresmonat geben.


(Zurufe von der SPD: Lüge! – Das gibt es doch nicht!)


In den neuen Ländern hat die Arbeitslosigkeit den höchs-
ten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht. In der Re-
gierungserklärung zur Lage der Wirtschaft in Deutschland
aber kommen die neuen Länder mit keinem einzigen Wort
vor, Herr Bundeskanzler. Das ist doch ein unglaublicher
Vorgang!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beeindrucken Sie sich doch selber! Autosuggestion!)


Ich weiß nicht, ob Sie sich an dieses Kärtchen erinnern
können, Herr Bundeskanzler. Dabei handelt es sich um
das Hauptwerbemittel Ihrer Partei im Bundestagswahl-
kampf 1998. Ich zeige es Ihnen noch einmal, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen von der SPD. Sie können auch in ei-
ner SPD-Unterbezirksgeschäftsstelle nachfragen, ob es
dieses Kärtchen noch gibt. Auf der Rückseite steht näm-
lich: „Bewahren Sie diese Karte auf und Sie werden se-
hen, dass wir halten, was wir versprechen.“


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Beifall bei der SPD)


Sie werden dieses Kärtchen in keiner Unterbezirksge-
schäftsstelle der SPD mehr finden. Aber wir haben es auf-
bewahrt, wir lassen es auch nachdrucken; bei der CDU
und CSU ist es wieder zu bekommen.

Ich sage Ihnen das aus einem ganz ernsten Grund. Herr
Bundeskanzler, auf dieser Karte steht unter Punkt 3:
„Aufbau Ost wird zur Chefsache“. Jetzt bitte einmal im
Ernst: Wenn der Aufbau Ost Chefsache wird, dann hät-
ten wir erwartet, dass Sie in einer Regierungserklärung
zur Lage der Wirtschaft in Deutschland von dieser Stelle
aus etwas zum Aufbau Ost sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





Bundeskanzler Gerhard Schröder

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(A)



(B)


Übrigens heißt es unter Punkt 4 dieses Kärtchens:
Deutschland als Ideenfabrik durch Verdoppelung der
Investitionen in Bildung, Forschung und Wissen-
schaft ...

Sie haben sich gerade dafür gerühmt, dass Sie die Auf-
wendungen um 20 Prozent erhöht haben. Wenn 20 Pro-
zent eine Verdoppelung sein sollen, müssen wir feststel-
len, dass es mit PISA in Niedersachsen offensichtlich
noch größere Probleme gibt, als wir sie dokumentiert be-
kommen haben.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie haben etwas zur deutschen Exportwirtschaft und zu
ihrem Weltmarktanteil gesagt. Der Weltmarktanteil der
deutschen Wirtschaft ist in den letzten Jahren kontinuier-
lich zurückgegangen. Wir hatten Anfang der 90er-Jahre
noch einen Anteil an der Weltwirschaft von über 12 Pro-
zent. Heute liegt er bei über 9 Prozent. Und vor diesem
Hintergrund behaupten Sie allen Ernstes, es habe eine
Verzehnfachung der Direktinvestitionen der auslän-
dischen Wirtschaft in Deutschland gegeben.


(Zurufe von der SPD: Ja!)

– Langsam, meine Damen und Herren! Bei diesen Zahlen
sind sämtliche ausländische Unternehmensübernahmen
einbezogen worden. Die Übernahme des Unternehmens
Mannesmann durch Vodafone ist eine ausländische Di-
rektinvestition in Deutschland, aber die Arbeitsplätze sind
mittlerweile in Großbritannien. Das können Sie doch
wohl nicht ernsthaft als einen Beleg Ihrer Wirtschafts-
politik anführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben hier nichts zu den steigenden Rentenversi-

cherungsbeiträgen gesagt. Trotz Ökosteuer steigen die
Rentenversicherungsbeiträge.


(Lachen bei der SPD – Joseph Fischer, Bundesminister: Das ist ja unglaublich!)


Kein Wort aus Ihrem Mund zu den explosionsartig stei-
genden Krankenversicherungsbeiträgen bei immer
schlechteren Leistungen für die gesetzlich Krankenver-
sicherten in Deutschland.

Trotz der UMTS-Lizenzerlöse steigen die Bundes-
schulden. Deutschland hat die höchste Neuverschuldung
aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union.


(Widerspruch bei der SPD)

Nicht zuletzt wegen dieser UMTS-Lizenzerlöse – damit
haben Sie übrigens rund einen Jahresumsatz der Tele-
kombranche vereinnahmt – liegt die Telekombranche in
Deutschland faktisch am Boden.

Herr Bundeskanzler, jetzt ganz ernsthaft.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

– Sie lachen darüber, meine Damen und Herren. Ich rede
jetzt über mehrere Hunderttausend Kleinaktionäre in
Deutschland.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die von der CDU sind keine guten Schauspieler!)


Wir hätten von Ihnen ein Wort zur Lage der Deut-
schen Telekom erwartet. Wer vor 18 Monaten als
Kleinaktionär 1 000 Euro investiert und Telekomaktien
gekauft hat, hat heute noch einen Wert von 130 Euro. Der
Bund ist unverändert mit 43 Prozent der größte Anteils-
eigner an diesem Unternehmen. Der Finanzminister ist
schon gar nicht mehr da, der Wirtschaftsminister die
ganze Woche nicht. Das lässt auch Rückschlüsse darauf
zu, wie ernst Sie diese Debatte nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich habe an Sie, Herr Bundeskanzler, die Frage: Teilen

Sie die Einschätzung von immer mehr Analysten und im-
mer mehr Sachkennern der Telekombranche, dass die
Deutsche Telekom mittlerweile zu einem Sanierungsfall
geworden ist? Wenn dies so wäre – was ich nicht hoffe –,
wäre dies der größte Sanierungsfall in der deutschen Nach-
kriegsgeschichte. Wenn Sie diese Entschätzung nicht tei-
len: Wo ist das Konzept Ihrer Regierung für dieses Unter-
nehmen, dessen größter Anteileigner immer noch der
Bund ist? Dazu hätten Sie in einer Regierungserklärung
etwas sagen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Aber nicht nur die Deutsche Telekom steht schlecht da.

Der Wert der großen, der börsennotierten deutschen
Unternehmen hat sich in den letzten zwei Jahren praktisch
halbiert. Im laufenden Jahr 2002 wird die Zahl der
Unternehmenspleiten ein noch nie da gewesenes Re-
kordniveau erreichen. In diesem Jahr werden voraussicht-
lich rund 40 000 Unternehmen zum Konkursrichter gehen
müssen. Überwiegend werden es kleine und mittlere Un-
ternehmen sein. Trotz dieser Entwicklung sagen Sie allen
Ernstes, die Bundesregierung werde in den nächsten vier
Jahren ihren Weg konsequent fortsetzen. Wenn Sie so et-
was sagen, muss man das doch als eine blanke Drohung
empfinden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Für die 4 Millionen Arbeitslosen in Deutschland ist die

Lagebeschreibung, die Sie hier abgegeben haben, eine
Verhöhnung ihres Schicksals. Der Mittelstand in Deutsch-
land kann die Politik dieser Bundesregierung nur noch mit
Fassungslosigkeit und mit hellem Entsetzen registrieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Lassen Sie mich noch einmal auf die PISA-Studie

zurückkommen. Diese von Ihnen und Ihrer Partei zu
Recht gefürchtete Studie über den Bildungsstand in den
einzelnen Bundesländern hat dramatische Defizite insbe-
sondere in den SPD-geführten Bundesländern zutage ge-
fördert. Ihre heutige Antwort darauf lautete, dies sei – so
haben Sie sich ausgedrückt – ein Problem der föderalen
Organisation der Bildungspolitik in Deutschland. Man
kann ja über bundeseinheitliche Standards in der Bildung
diskutieren. Wir sind sehr für solche Standards.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)





Friedrich Merz
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(C)



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(A)



(B)


Die Kultusministerin von Baden-Württemberg hat übri-
gens solche Standards gegen den jahrelangen erbitterten
Widerstand der Sozialdemokraten in der Kultusminister-
konferenz durchgesetzt. Wir sind für die Umsetzung sol-
cher Standards.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber, Herr Bundeskanzler, Bildungspolitik in Deutsch-

land ist doch keine Frage der föderalen Organisation, son-
dern eine Frage der Inhalte und der Leistungsanforderun-
gen. Um es noch etwas deutlicher zu sagen: Wenn Kinder
ausländischer Eltern in Bayern besser lesen können als
Kinder deutscher Eltern in Nordrhein-Westfalen, dann hat
dies nichts mit dem Zustand der Schule in Deutschland,
sondern mit der katastrophalen Bildungspolitik der SPD
in Düsseldorf, in Hannover sowie früher in Bremen und
in Wiesbaden zu tun. Das ist doch die Wahrheit über die
Bildungspolitik in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie haben gesagt, dass Bildung unabhängig vom Eltern-
haus möglich sein solle. Jawohl, wir sind sehr dafür. Aber
die sozialen Disparitäten sind je nach Herkunft und Eltern-
haus in den unionsgeführten Bundesländern kleiner und in
den SPD-geführten Bundesländern bei weitem größer. Es
sind doch nicht die sozial Starken wie etwa die Bewohner
besserer Wohngebiete, sondern die sozial Schwachen, die
unter der mangelnden Integration der Ausländerkinder lei-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

So schließt sich der Kreis. Die schlechte Bildungspoli-

tik verursacht Probleme, vor allem höhere Arbeitslosig-
keit in den Bundesländern, die maßgeblich von Ihrer Par-
tei regiert werden.

Nun wäre Gerhard Schröder nicht Gerhard Schröder,
wenn ihm in verzweifelter Lage nicht doch irgendein Aus-
weg einfallen würde. Wir erinnern uns: Zu Beginn der Le-
gislaturperiode stand das Bündnis für Arbeit, die Wun-
derwaffe der rot-grünen Bundesregierung. Sie sollte – so
hat es der Bundeskanzler wörtlich gesagt – das „zentrale
makroökonomische Steuerungsinstrument zur Lösung
der Probleme auf dem Arbeitsmarkt“ sein. Schon seit Mo-
naten hören wir vom Bündnis für Arbeit nichts mehr.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist ja lächerlich!)

Die Runde ist im Streit und ohne neuen Termin auseinan-
der gegangen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Peinlich! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heute Morgen vor dem Spiegel gestanden, oder was?)


Im Bündnis für Arbeit gab es eine Benchmarking-
gruppe, in der außenstehende Sachverständige, die Klügs-
ten der Klugen im Lande, vertreten waren.


(Zurufe von der SPD – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts als Tremolo!)


– Ich kann gut verstehen, dass Sie mit dem, was Sie in den
letzten vier Jahren gemacht haben, nicht mehr konfron-

tiert werden wollen. Aber wir werden Sie dennoch damit
konfrontieren, weil es ein Stück Schlussbilanz Ihrer ka-
tastrophalen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die angesprochene Benchmarkinggruppe sollte in Ihrem
Auftrag vor Jahresfrist eine ungeschminkte Beschreibung
der Lage auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland im interna-
tionalen Vergleich abgeben. Der Bericht war noch nicht fer-
tig, da weigerte sich ein Teil Ihrer Bündnispartner, die Er-
gebnisse der Benchmarkinggruppe überhaupt zur Kenntnis
zu nehmen. Auf Druck der Gewerkschaften hat schließ-
lich eine Behandlung dieser Ergebnisse im Bündnis für
Arbeit nicht mehr stattgefunden.

Den Sachverständigenrat, die Frühjahrsgutachten, die
Herbstgutachten, die Stiftungen, wer weiß wie viele Gut-
achten, Kommissionsberichte, runde Tische, Experten-
gremien, nationale Dialoge, internationale Dialoge, Fort-
schrittsberichte, Anhörungen, Räte, Beiräte und alle
möglichen Begleiter Ihrer Regierung hat es in den letzten
Jahren in einer solchen Fülle wie nie zuvor gegeben. Noch
nie ist außerhalb des Parlaments so viel Wind zur Wirt-
schaftspolitik – ich könnte auch sagen: so viel heiße Luft –
gemacht worden wie unter Ihrer Regierung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Glos [CDU/CSU]: Außer Spesen nichts gewesen!)


Das Ergebnis sind aber nicht etwa Wachstumsdynamik
und neue Arbeitsplätze, nein, es gibt eine neue Kommis-
sion.

Gleichzeitig sagen Sie heute in derselben Regierungs-
erklärung: Die Fundamente der Wirtschaftspolitik für ei-
nen soliden Aufschwung sind gelegt. Herr Bundeskanzler,
was stimmt denn nun? Warum muss dann, wenn seit drei
Jahren in Deutschland alles so prima läuft, drei Monate
vor der Wahl die Hartz-Kommission solche zum Teil gar
nicht neuen, zum Teil auch gar nicht falschen Vorschläge
machen? Seit eineinhalb Jahren steigt ununterbrochen,
von Monat zu Monat, die Arbeitslosigkeit. Die Antwort
der Bundesregierung ist eine neue Kommission. Ich sage
Ihnen: Wir brauchen nicht neue Kommissionen in
Deutschland, sondern wir brauchen neue Arbeitsplätze in
diesem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun hören wir von Ihnen – so habe ich es mir jeden-

falls aufgeschrieben –: Wir haben die große, vielleicht die
einmalige Chance, erstarrte Fronten aufzubrechen. Da
stellt sich doch die Frage: Wer hat denn in Deutschland
seit 1998 regiert?


(Dr. Peter Struck [SPD]: Wer hat denn vorher regiert? – Franz Thönnes [SPD]: Wer hat denn den Mist in 16 Jahren aufgebaut?)


Wer hat denn alle Mahnungen in den Wind geschlagen?
Wer hat denn den Arbeitsmarkt in Deutschland so zubeto-
niert, dass es in Deutschland immer noch Massenarbeits-
losigkeit gibt?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ilse Janz [SPD]: Sie waren das!)





Friedrich Merz

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(C)



(D)



(A)



(B)


Diese Kommission ist, wie alles bei Gerhard Schröder
von Anfang an, eine reine PR-Veranstaltung, das Kanin-
chen im Ärmel, das die verzweifelte SPD von ihm erwar-
tet, eine gute Show, aber eben eine Show. Den Arbeitge-
bern will er damit sagen: Seht her, es geht doch voran!
Den Gewerkschaften sagt er: Regt euch nicht auf, vor der
Bundestagswahl geschieht überhaupt nichts mehr und
nach der Wahl werden wir den Weg konsequent weiter-
gehen! Dieses Vorgehen entspricht fatal der ganzen Ar-
beitsmethode der rot-grünen Bundesregierung in der
Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik seit Beginn dieser
Legislaturperiode. Ich sage Ihnen: Es sind vier verlorene
Jahre für Deutschland, die Sie hinterlassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun weiß ich, dass die Menschen nicht nach den Ent-

scheidungen fragen, die früher getroffen worden sind,
nicht rückwärts gewandte Betrachtungen anstellen, auch
nicht danach fragen, wer sich hier mit wem besser, härter
und schärfer auseinander setzt; sie fragen danach, welche
Zukunftskonzepte es gibt.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Dann erzählen Sie mal! Da bin ich gespannt!)


Herr Bundeskanzler, wir reden heute nicht nur über Ihre
Regierungserklärung, sondern wir sprechen auch über ganz
konkrete Anträge, die heute zur Abstimmung vorliegen.


(Ilse Janz [SPD]: Nach 16 verlorenen Jahren kommt jetzt Ihre Alternative!)


– Ja, genau. Ich will Ihnen das jetzt auch vortragen.

(Dr. Peter Struck [SPD]: Das Programm der CDU/CSU!)

Wir haben zur heutigen Sitzung einen umfassenden Ent-
schließungsantrag


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Und ein Gesetz!)


und einen konkreten Gesetzentwurf vorgelegt.
Lassen Sie mich mit dem Entschließungsantrag be-

ginnen. Sie finden darin alles zusammengefasst, was auch
in den verschiedensten Gremien und Kommissionen der
Bundesregierung über vier Jahre richtigerweise zusam-
mengetragen worden ist.


(Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was will denn die Union? Da wird es schwierig!)


Wir wollen den Niedriglohnsektor in Deutschland mobi-
lisieren. Wir wollen die Zeitarbeit entbürokratisieren. Wir
wollen das unsägliche Gesetz über die Scheinselbststän-
digkeit abschaffen. Wir wollen befristete Arbeitsverträge
ermöglichen. Wir wollen die Regelungen über die Teilzeit
verbessern. Wir wollen im Kündigungsschutzrecht ein
Optionsmodell, insbesondere für ältere Arbeitslose, ein-
führen.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Heißt Option abschaffen?)


Wir wollen betriebliche Bündnisse für Arbeit. Herr
Bundeskanzler, ich habe gedacht, Sie würden dazu etwas

sagen. Die Frage ist doch: Wie können in Zukunft in den
Betrieben auch einmal von Tarifverträgen abweichende
Regelungen getroffen werden, wenn alle Beteiligten
– Geschäftsführung, Belegschaft, Betriebsrat – einver-
standen sind? Es geht um ein Stück mehr dezentrale Or-
ganisation unseres Arbeitsmarkts. Auch das kommt in der
von Ihnen berufenen Kommission mit keinem Wort vor.
Das gesamte Thema Arbeitsmarktverfassung wird in der
Kommission, die Sie berufen haben, überhaupt nicht er-
wähnt, weil in der Kommission diejenigen sitzen, die das
Kartell unseres Arbeitsmarkts organisieren.


(Klaus Brandner [SPD]: Ich denke, Sie wollen, dass dem Programm zugestimmt wird!)


Wir machen Ihnen also ein konkretes Angebot.
Schließlich geht es um die Vereinheitlichung von So-

zialhilfe und Arbeitslosenhilfe – übrigens auch ein Vor-
schlag, der aus der Kommission heraus gemacht wird.

Politik soll konkret sein.

(Dr. Peter Struck [SPD]: Ja!)


Ihnen liegt daher heute ein Gesetzentwurf zur Abstim-
mung vor. Ich will mich bei dieser Gelegenheit bei der
hessischen Landesregierung für die Vorarbeiten,


(Dr. Peter Struck [SPD]: Aha!)

die sie über eine Bundesratsinitiative ergriffen hat, aus-
drücklich bedanken. Wir beraten heute in zweiter und
dritter Lesung einen Gesetzentwurf, dessen Kurztitel
„OFFENSIV-Gesetz“ lautet. Dieser Gesetzentwurf ent-
hält wesentliche Elemente dessen, was auch Sie selbst im-
mer wieder vorgeschlagen haben. Wenn Sie wirklich et-
was zum Besseren wenden wollen, dann gibt es heute also
eine konkrete Möglichkeit dazu: Stimmen Sie dem Ge-
setzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])


In der gebotenen Kürze möchte ich Ihnen sagen, was
mit diesem Gesetz bezweckt wird: Der Personenkreis der
Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger wird von Vermitt-
lungsagenturen, die sich zukünftig „Job-Center“ nennen,
betreut, beraten und vermittelt. Entsprechende Vorschläge
sind in Ihren Gremien immer wieder diskutiert worden.


(Klaus Brandner [SPD]: Das gibt es doch in Hessen! Das wissen Sie doch!)


Die Zumutbarkeitsregelungen des Sozialgesetzbuches III
und des Bundessozialhilfegesetzes werden einander an-
geglichen. Die Mittel der Träger der Sozialhilfe sowie die
Mittel der Arbeitslosenhilfe und der aktiven Arbeitsmarkt-
förderung werden gebündelt. Der Vorrang von Arbeit, Qua-
lifizierung und qualifizierter Beschäftigung vor dem Bezug
von Sozialleistungen ohne Gegenleistung wird normiert.
Schließlich wird – ich halte das für eine unverzichtbare
Regelung – den Ländern in Deutschland bei der Aus-
führung der Bundesgesetze Sozialgesetzbuch und Bun-
dessozialhilfegesetz ein höherer individueller Spielraum
zu landesspezifischen Regelungen eingeräumt. – Meine
Damen und Herren von der Koalition, wenn es Ihnen mit
der Lösung der Probleme auf dem Arbeitsmarkt ernst ist,
dann nutzen Sie die heutige Chance, stimmen Sie diesem




Friedrich Merz
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(C)



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(A)



(B)


Gesetzentwurf zu und ermöglichen Sie von morgen an
eine Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt in Deutsch-
land!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD)


Wenn Sie zur Beratung unseres Gesetzentwurfs mehr
Zeit brauchen, dann – damit möchte ich die Ernsthaftig-
keit unseres Vorschlags betonen – können Sie die haben;
wir sind zu Gesprächen bereit. Wenn Sie unsere Vor-
schläge heute allerdings wieder ablehnen, dann wird
heute, am 4. Juli 2002, im Deutschen Bundestag endgül-
tig der Beweis erbracht, dass die Politik der Sprechblasen
und der Worthülsen von Ihnen in den nächsten drei Mo-
naten fortgesetzt werden soll.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Wir sagen Ihnen heute, meine Damen und Herren von
der Koalition: Es ist genug geredet worden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der SPD: Ja, das stimmt! – Schon zu viel!)


Es ist Zeit für Taten. Wir haben in Deutschland dank Ihrer
Politik vier Jahre verloren. Deutschland braucht Arbeits-
plätze und keine neuen Kommissionen. Wenn Sie dem
nicht gerecht werden, dann werden wir in den nächsten
Monaten in eine Wahlauseinandersetzung mit der rot-grü-
nen Politik und mit Ihnen, Herr Bundeskanzler, gehen und
dann werden wir den Menschen in Deutschland sagen:
Rot-Grün hat versagt; die Union hat ein Konzept;


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


wir trauen uns die Regierungsverantwortung zu; Deutsch-
land hat eine bessere Regierung verdient.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der FDP – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wo war denn das Konzept?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1424801000
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Peter Struck, SPD-Fraktion.

Dr. Peter Struck (SPD) (von Abgeordneten der SPD
mit Beifall begrüßt): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Der Kanzlerkandidat der Union, Herr
Stoiber, redet zum gleichen Zeitpunkt ein paar hundert
Meter entfernt von hier


(Zuruf von der SPD: Feigling!)

im Hotel Maritim in Berlin zu dem Thema „Neue soziale
Marktwirtschaft“. Ich muss Ihnen sagen: Wer Bundes-
kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden will, der
hat in diesem Parlament seine Vorstellungen zu erläutern
und nicht in irgendeinem Hotel nebenan.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN )


Herr Kollege Vorredner, ich bin von Ihnen ja einiges an
Unanständigkeit gewöhnt. Sie haben hier nicht zu bean-

standen, dass der Wirtschaftsminister nicht hier ist, wenn
Sie ganz genau wissen, dass er eine einwöchige
Chinareise mit Vertretern der deutschen Wirtschaft ange-
treten hat. Sie sollten vielmehr begrüßen, dass er für die
deutsche Wirtschaft unterwegs ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS – Michael Glos [CDU/CSU]: Wo ist denn der Finanzminister?)


Es ist schon ein dreistes Stück, den Sozialdemokraten
und der rot-grünen Koalition vorzuwerfen, man habe
nichts für die neuen Länder getan. Ich will hier nur da-
ran erinnern, dass es Herr Stoiber war, der gegen den Län-
derfinanzausgleich geklagt hat, als sein Land zum ersten
Mal selber bezahlen musste.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Wer, nachdem er 38 Jahre lang vom Länderfinanzaus-
gleich profitiert hat, in dem Moment, wo er für die neuen
Länder Geld geben muss, klagt, verhält sich schlicht ge-
mein gegenüber den neuen Ländern. Machen Sie uns also
lieber nicht unsere Politik zum Vorwurf!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Ich muss ja wohl nicht daran erinnern, dass die bayeri-
sche Staatsregierung in Karlsruhe gegen den Risiko-
strukturausgleich klagt, was bei einem Erfolg der Klage
dazu führen würde, dass die Krankenkassenbeiträge im
Osten steigen und nicht sinken würden, wie sie es dank
unserer Politik tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Sie haben von den Pleiten gesprochen, die in Deutsch-
land zu beklagen sind. Ich will einmal einige Pleiten nen-
nen.


(Zuruf von der SPD: Kirch!)

Unter Stoibers Verantwortung flossen Steuergelder über
staatliche und halbstaatliche Kreditinstitute wie die
Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung und die
Bayerische Landesbank in bayerische Unternehmen. Das
Ergebnis ist: Fairchild Dornier, Schneider Technologies,
Neue Maxhütte, Grundig und Hutschenreuther sind
pleite, und vor allem Kirch.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Sagen Sie einmal etwas zu Babcock Borsig!)


Stoiber, meine Damen und Herren, hat mit Kirch die
größte deutsche Unternehmenspleite der vergangenen
Jahre zu verantworten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Allein bei Kirch flossen rund 1,9 Milliarden Euro, zum
großen Teil öffentliche Kredite, in ein Fass ohne Boden.
Wir verstehen Mittelstandspolitik nicht so wie Herr




Friedrich Merz

25031


(C)



(D)



(A)



(B)


Stoiber. Für uns ist die Kirch-Gruppe kein mittelständi-
sches Unternehmen, das man hätte fördern müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Sagen Sie einmal etwas zu Babcock Borsig! Das ist viel aktueller!)


– Ich sage gerne etwas zu Babcock.

(Zuruf von der CDU/CSU: Westdeutsche Lan desbank!)

Nachdem ich wahrscheinlich im Gegensatz zu Ihnen ges-
tern zusammen mit meinem Kollegen Wolfgang
Grotthaus, der sich sehr engagiert, mit den Betriebsräten,
dem Konzernbetriebsratsvorsitzenden und anderen, mit
Wolfgang Clement, auch mit Hans Eichel und anderen,
geredet habe, kann ich Ihnen eines sagen:


(Michael Glos [CDU/CSU]: Und was hat es geholfen, dass Sie geredet haben?)


Der Manager, der Verantwortung für diese Situation in
Oberhausen und NRW trägt, hat sich rechtzeitig zu HDW
nach Kiel abgesetzt.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Aha! So ist es!)

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen jetzt
die Folgen seiner verfehlten Wirtschaftspolitik tragen.
Wir übernehmen da die Verantwortung, die vom Land und
vom Bund zu tragen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: Dann schauen Sie einmal!)


– Das werden Sie schon sehen, Herr Kollege Glos.
Ich rede weiter über die Pleiten in Bayern: Die Plei-

tenquote betrug in Deutschland im Jahre 2001 14,3 Pro-
zent, in Bayern 28,3 Prozent. Das muss ja wohl irgend-
welche Gründe haben und zeugt nicht gerade von großer
Wirtschaftskompetenz.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN )


Ein Wort zur PISA-Studie. Ich gebe dem Bundeskanz-
ler völlig Recht: Die Fragen, welche nationalen Leis-
tungsstandards wir haben und unter welchen Bedingun-
gen jemand einen Hauptschul- oder Realschulabschluss
bzw. das Abitur bekommt, müssen doch bundeseinheitlich
geregelt werden können. Es darf doch nicht weiterhin so
sein, dass Eltern, wenn sie mit ihren Kindern von Bremen
nach Bayern oder umgekehrt umziehen, darunter leiden
müssen, dass ihre Kinder dann schlechte schulische Leis-
tungen bringen. Können wir das nicht, verdammt noch
mal, ändern?


(Michael Glos [CDU/CSU]: Weil Bremen nichts taugt! – Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Wollen Sie alles nivellieren, alles auf niedriges Niveau bringen, wie in Niedersachsen?)


Ich höre nur: nichts nivellieren. Hören Sie damit auf! Die
Quote der Abiturienten in Bayern beträgt 20 Prozent, in
Nordrhein-Westfalen aber über 30 Prozent. Wenn wir
dann nach oben nivellieren, ist es ja in Ordnung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich wehre mich dagegen, dass wir hier kleinkariert ein
Land gegen das andere aufrechnen.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will Ihnen dann einen Satz von Herrn Baumert vor-

lesen, der – das werden Sie vielleicht nicht wissen – die
Durchführung der PISA-Studie geleitet hat:

In keinem Bundesland sind die Chancen für Kinder
aus ganz normalen Facharbeiterfamilien so schlecht,
höhere Bildungsabschlüsse zu erreichen, wie in Bay-
ern.

(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: So steht es aber nicht in der PISA-Studie!)

Hört, hört, kann ich da nur sagen, Herr Kollege Glos und
Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben über die Hartz-Kommission gesprochen.
Ich habe feststellen müssen, dass die Union auf deren Vor-
schläge sehr vielfältig reagiert hat. Herr Späth – die Wun-
derwaffe Späth – hat am Anfang gesagt: sehr gute Vor-
schläge.


(Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Revolutionär“ hat er gesagt!)


– Revolutionäre Vorschläge. – Dann hat Herr Stoiber das
einkassiert. Darüber hinaus gibt es aber auch andere Stel-
lungnahmen aus Ihren Reihen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Wir haben einen Entschließungsantrag vorgelegt!)


Sie haben einiges für Ihre Fraktion eben abgelehnt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)


Übrigens will ich Ihnen auch sagen, Herr Merz: Ich
kann verstehen, dass Sie froh sind, dass Sie reden dürfen,
denn man kann ja überall lesen, dass Sie nach der Bundes-
tagswahl nicht mehr Fraktionsvorsitzender sein werden.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ach, Herr Struck!)


Aber so toll war Ihre Rede heute auch nicht. Wer austeilt,
muss auch einstecken können, damit das hier ganz klar ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Pfui!)


Aber zurück zu Hartz. Was ist eigentlich falsch daran,
wenn die Hartz-Kommission vorschlägt, dass ein Arbeit-
nehmer, dem gekündigt worden ist, und ein Arbeitgeber,
der gekündigt hat, das der Bundesanstalt für Arbeit sofort
mitteilen und sagen: Da kommt einer auf den Arbeits-
markt zu, lasst uns mal mit der Vermittlung anfangen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Das hätte doch euer Herr Gerster schon lange machen können! Wieso bekommt er denn das doppelte Gehalt seines Vorgängers?)


Was spricht dagegen? Ich kann überhaupt nicht verstehen,
dass Sie solche Vorschläge kritisieren.


(Zuruf von der CDU/CSU: Dann machen Sie es doch!)





Dr. Peter Struck
25032


(C)



(D)



(A)



(B)


Der zweite Vorschlag aus der Hartz-Kommission ist,
dass wir versuchen müssen, die Arbeitsverwaltung ef-
fektiver arbeiten zu lassen. Der Ausgangspunkt war – das
wollen wir nicht vergessen –, dass wir durch einen Bericht
des Bundesrechnungshofes feststellen mussten, dass die
Beschäftigten der Arbeitsverwaltung nur zu 25 Prozent in
der Vermittlung arbeiten. Die Bundesregierung und die
Koalition haben nicht ohne Grund den Auftrag gegeben,
die Struktur der Arbeitsverwaltung zu ändern.

Ich sage an dieser Stelle deutlich, damit das klar ist und
damit Äußerungen des Präsidenten der Bundesanstalt für
Arbeit nicht unwidersprochen bleiben: Ich habe großes
Vertrauen in die Beschäftigten der Arbeitsverwaltung und
unterstelle ihnen nicht, dass sie böswillig ihre Arbeit nicht
tun. Sie machen einen ordentlichen Job, brauchen aller-
dings andere Bedingungen für diesen Job.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Vorschläge der Hartz-Kommission werden am

16. August vorgelegt. Die SPD-Bundestagsfraktion wird
sie schnell bewerten und alles, was ohne gesetzliche Än-
derungen möglich ist, was man tun kann, ohne dass man in
ein langwieriges Gesetzgebungsverfahren eintreten muss,
noch rechtzeitig tun. Die Vorschläge der Hartz-Kommis-
sion werden Grundlage der inhaltlichen Auseinanderset-
zung über die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland sein.
Auf diese Auseinandersetzung bin ich sehr gespannt.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das machen wir gern! Kein Problem!)


Herr Merz, Sie haben über die Rentenversicherungs-
beiträge und die Krankenversicherungsbeiträge gespro-
chen.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, die steigenden!)


Die Rentenversicherungsbeiträge sind stabil.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Aha!)


Wenn Norbert Blüm jetzt Arbeits- und Sozialminister
wäre, dann hätten wir Rentenversicherungsbeiträge von
21 Prozent. So haben wir 19,1 Prozent. Das ist doch eine
Leistung, die Sie nicht bestreiten können!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich hatte ja in der letzten Zeit das Vergnügen, mit Ih-
nen bei mehreren Veranstaltungen vor unterschiedlichem
Publikum aufgetreten zu sein.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Da sage ich allerdings immer dasselbe!)


Ihre Bemerkungen bei diesen Veranstaltungen zeichneten
sich durch eines aus: Sie haben den unterschiedlichsten
Gruppierungen, die da saßen, alles versprochen,


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Bitte?)

zuletzt bei dem kleinen Bauerntag in Nürnberg. Sie haben
den Bauern Geld versprochen, ohne zu sagen, wo das her-
kommen soll.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Keine Mark! Keinen Euro!)


Das Gleiche gilt für die privaten Krankenversicherungen,
die Pharmaindustrie und die Gemeinden. Das waren die
letzten vier Veranstaltungen, die wir gemeinsam bestritten
haben. Das passt doch nicht zusammen; wie soll das denn
gehen?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Peter Dreßen [SPD]: Unehrlich! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das merzsche Füllhorn!)


Dann haben Sie hier über die Krankenversicherungs-
beiträge gesprochen.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, sagen Sie mal was dazu!)


Sie haben allerdings leider nicht Ihre Vorstellungen zur
Gesundheitspolitik, die Sie in Ihr Programm geschrieben
haben, dargestellt. Ich will das dem Hohen Hause sowie
den Zuschauern und Zuhörern noch einmal vortragen. Die
CDU/CSU will das Solidarprinzip im Gesundheitswesen
über Bord werfen und eine Zweiklassenmedizin mit
Grund- und Wahlleistungen einführen.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Ihr Vorschlag ist: Jeder hat die Wahl, künftig für medizi-
nische Leistungen bis zu 500 Euro pro Jahr aus eigener
Tasche zu zahlen.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja und?)

Dafür soll sein Versicherungsbeitrag von 7 Prozent auf
6 Prozent sinken. Bei einem Bruttoverdienst von
20 000 Euro pro Jahr würde man bei dieser Beitrags-
senkung lediglich 200 Euro sparen. Man muss aber für je-
den Arztbesuch zahlen – insgesamt bis zu 500 Euro im
Jahr. Die Versicherten, die davon Gebrauch machen, kom-
men dann in große Schwierigkeiten, wenn sie nicht ein-
mal, sondern zweimal oder dreimal im Jahr krank werden.

Bei einem Jahreseinkommen von 40 500 Euro – das ist
die Beitragsbemessungsgrenze – beträgt die Ersparnis
aufgrund der Absenkung um 1 Prozentpunkt 405 Euro.
Das heißt, der Versicherte muss 500 Euro selbst zahlen,
spart aber nur 405 Euro. Bei Ihrem Vorschlag darf er noch
nicht einmal einen Husten kriegen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das zeigt klar: Der Vorschlag der Union nützt nur den bes-
ser Verdienenden und den Versicherten, die gesund blei-
ben. Alle anderen zahlen drauf.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wer ein Gesundheitssystem entwickelt, das dazu führt,
dass es aufgrund der Selbstbeteiligung weniger Beitrags-
einnahmen von den so genannten gesunden Risiken gibt,
der befördert gleichzeitig die Entwicklung, dass die ande-
ren Risiken – dazu gehören die älteren Menschen – mehr
zahlen müssen. Die Krankenversicherungsbeiträge stei-
gen also, anstatt zu sinken. Wir wollen im Gegensatz zu
Ihnen keine Zweiklassenmedizin.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sie sind mittendrin!)





Dr. Peter Struck

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(C)



(D)



(A)



(B)


Das werden wir den Menschen in Deutschland sagen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir wollen die solidarische Absicherung des Krankheits-
risikos. Dabei wird es auch bleiben.

Wir lassen uns nicht von den vielen Verbänden unter
Druck setzen, die im Bereich des Gesundheitsmarktes
tätig sind. Wir werden die Positivliste in Angriff nehmen.
Wir haben in den Krankenhäusern das Fallpauschalensys-
tem eingeführt. Es ist nach wie vor überhaupt nicht nach-
vollziehbar, warum die Kosten im Krankenhaus nach Ta-
gessätzen oder Pflegesätzen berechnet werden und nicht
nach der einzelnen Leistung. Das Fallpauschalensystem
ist ein wesentlicher Fortschritt in der Gesundheitspolitik,
den wir der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zu ver-
danken haben. Ich spreche ihr meinen Dank und meinen
Respekt dafür aus.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich komme nun zu Ihrem Wahlprogramm und Ihrem
Kompetenzteam, was immer Kompetenzteam heißen
mag.


(Zuruf von der CDU/CSU: Dass Sie sich das nicht vorstellen können, wundert uns nicht!)


Herr Späth gehört diesem Team an. Ich glaube, manche
gehören nicht in dieses Team. Ich bin mit Helmut Kohl
darin einig – in diesem Punkt hat er Recht –, dass Herr
Schäuble diesem Team eigentlich nicht angehören sollte.

Zu der gestrigen Vorstellung der Kollegin Katherina
Reiche als Mitglied des Kompetenzteams möchte ich sa-
gen: Ich habe ihren Auftritt mit großer Sympathie ver-
folgt. Aber ich muss schon sagen, dass es ein peinliches
Schauspiel war, diese Frau plötzlich nicht mehr für Fami-
lie für zuständig erklären zu wollen, nur weil sie nicht ver-
heiratet ist, ein Kind hat und ein zweites erwartet.


(Michael Glos [CDU/CSU]: So ein Schmarren!)


Da sieht man einmal, was Sie für ein konservativer Hau-
fen sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nur auf öffentlichen Druck hin wurde diese Frau in die-
ses Team aufgenommen.

Ich komme zurück zu Lothar Späth. Lothar Späth soll
Ihre Wunderwaffe sein. Aber wer wie er 2,7 Milliar-
den DM Bundesmittel, 0,9 Milliarden DM Landesmittel
– also insgesamt 3,6 Milliarden – und wer wie er einen
Konzern, der vorher 27 000 Beschäftigte hatte, auf etwa
11 000 heruntergedrückt hat, der muss mir nicht sagen,
welch ein Supermanager er sei. Das hätte in Deutschland
auch ein mittelmäßiger Manager fertig bringen können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber in einem Punkt hat Lothar Späth natürlich Recht.
Er hat zu Ihrem Wahlprogramm gesagt, dass man das al-

les vergessen könne. Das stimmt auch. Die ausgabewirk-
samen Forderungen im Wahlprogramm der Union be-
laufen sich auf 70 Milliarden Euro. Die Senkung der
Staatsquote von jetzt 48,5 auf 40 Prozent, wie sie in Ihrem
Programm steht, bedeutet Mindereinnahmen für Bund,
Länder und Gemeinden sowie für die sozialen Siche-
rungssysteme von 170 Milliarden Euro. 80 Milliar-
den Euro entfallen dabei allein auf den Bund.

Ich möchte von Ihnen ganz genau wissen – die Kandi-
datinnen und Kandidaten der SPD sowie die Mitglieder
meiner Fraktion werden jeden einzelnen Kontrahenten im
Wahlkreis danach fragen –: Welche der von uns geplanten
140 Ortsumgehungen in Deutschland, welche der von uns
geplanten Ausbauten der Bundesautobahnen auf sechs
Spuren und welche der von uns geplanten Eisenbahn-
strecken werden nicht gebaut, wenn Sie ein solches Pro-
gramm in die Tat umsetzen? Um diese Frage geht es.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es bleibt dabei: Nach 16 Jahren Schwarz-Gelb haben wir
Aufräumarbeiten zu leisten gehabt. Wir haben noch nicht al-
les wegräumen können. Aber wir sind auf einem guten
Wege. Wir haben den Reformstau in Deutschland aufgelöst.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Wirtschaft wächst. Ich sage Ihnen: Die Wählerinnen
und Wähler werden uns am 22. September das Vertrauen
für die nächsten vier Jahre einer verantwortlichen Regie-
rungspolitik geben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1424801100
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Guido Westerwelle, FDP-Fraktion.


(Zuruf von der SPD: Wenigstens ein Kanzlerkandidat!)



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1424801200
Herr Präsident! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, als
man in der letzten und Anfang dieser Woche die heutige
Tagesordnung besprochen hat, hat man damit rechnen dür-
fen, dass Sie, wenn Sie eine Regierungserklärung zur wirt-
schaftlichen Lage abgeben, zusammen mit den Regie-
rungsparteien konkret vortragen würden, was mit den
Ergebnissen der Hartz-Kommission wann passiert.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Fehlanzeige!)

Mittlerweile gibt es zahlreiche öffentliche Äußerungen

seitens der Regierung. Sie haben in Ihrer Regierungser-
klärung fast wortgleich Ihre Kolumne aus dem „Vor-
wärts“, aus Ihrer eigenen Parteizeitung, zum Beispiel das,
was Sie im Hinblick auf den Begriff „Blaupause“ ge-
schrieben haben, vorgelesen. Einen interessanten Satz aus
Ihrer Kolumne haben Sie weggelassen. Im „Vorwärts“
schreiben Sie wörtlich:

Wir werden daraus unmittelbar Konsequenzen zie-
hen und dann die Maßnahmen zügig umsetzen, wenn
möglich auch noch vor der Bundestagswahl.




Dr. Peter Struck
25034


(C)



(D)



(A)



(B)


Zwischen Ihnen und dem, was der Kollege Struck ge-
sagt hat, ist insofern ein interessanter Unterschied zu er-
kennen. Er sagte nämlich: Etwas Gesetzgeberisches gibt
es nicht mehr. Nur noch das, was auf dem Verwaltungs-
wege möglich ist, kann getan werden.

Wir tun so, als wären die Ergebnisse der Hartz-Kom-
mission revolutionär neu. Das sind sie überhaupt nicht.
Sie sind beispielsweise von uns in diesem Hause in den
letzten drei Jahren regelmäßig beantragt worden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit derselben Regelmäßigkeit, wie die Opposition diese
Vorschläge beantragt hat, hat Rot-Grün diese Anträge abge-
lehnt, und zwar mit der Behauptung, das sei Ellbogenge-
sellschaft, Turbokapitalismus und neoliberales Teufelszeug.

Interessant ist in Wahrheit nicht das, was die Hartz-
Kommission vorgelegt hat. Interessant ist, dass dies von
einer Regierungskommission vorgelegt wird und dass es
Ihnen damit in Zukunft unmöglich gemacht wird, die Ar-
beitsmarktpolitik der Opposition in eine neoliberale tur-
bokapitalistische Ecke zu stellen. Das ist eine Politik der
Vernunft und eben keine soziale Kälte, wie Sie es uns im-
mer wieder vorgeworfen haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Bundeskanzler, wir als Mitglieder dieses Hauses
möchten von Ihnen wissen, was, wenn das gesamte Kon-
zept am 16. August vorgelegt wird, als Nächstes passiert.
Wir sind bereit, eine Sondersitzung abzuhalten. Denn die
Vorschläge sind nicht neu. Über diese Dinge ist in den
Ausschüssen bereits hundertmal diskutiert worden.
Wir wollen, dass jetzt die Chance genutzt wird, die Vor-
schläge der Hartz-Kommission tatsächlich in konkretes
gesetzgeberisches Handeln umzusetzen. Wir wollen jetzt
Taten von Ihnen sehen und nicht nur Worte hören.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Denn das übliche Ritual ist doch, dass der Bundes-
kanzler bzw. die Bundesregierung vorträgt, warum die Si-
tuation so Klasse ist. Dann kommen einige von der Op-
position, die sagen, warum die Situation nicht so Klasse
ist. Dies ist aber nicht die Antwort auf die Fragen, die die
Menschen in diesem Lande haben. Die Menschen wollen
von uns wissen, wann wir handeln.

Sie können mit Sicherheit davon ausgehen, dass im
Deutschen Bundestag eine große Mehrheit vorhanden
wäre, wenn Ihre Regierungsparteien damit Ernst machen
würden, die Vorschläge der Hartz-Kommission konkret
umzusetzen. Wir wollen, dass diese Ergebnisse am
16. August vorgelegt werden. Dann sollte es eine Sonder-
sitzung geben und sollten entsprechende Beschlüsse ge-
fasst werden. Wenn Sie dies nicht tun, haben Sie eine
Show vorgeführt und nicht Ernst gemacht – und das ist ein
Problem für Deutschland insgesamt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie haben wieder einmal Gas geben wollen – das sagen
Sie auch –, diesmal bei der Bekämpfung der Arbeitslosig-

keit. Sie müssen nur gelegentlich einen Gang einlegen.
Sonst kommt das Fahrzeug nicht voran.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wenn Sie keinen Gang einlegen und nicht Ernst machen,
können Sie hier zwar klasse Erklärungen abgeben – die rot-
grünen Regierungsvertreter werden sagen, warum alles so
rosig und wunderbar ist –, das Ergebnis aber bleibt aus.


(Zuruf des Bundeskanzlers Gerhard Schröder)

– Ich habe Sie nicht verstanden, nehme Ihre Zwischenrufe
aber gerne auf.


(Gerhard Schröder, Bundeskanzler: Sie sollten einmal über Möllemann reden! Er legt immer den Rückwärtsgang ein!)


– Ich finde es sehr interessant, dass ausgerechnet Sie das
Stichwort „Möllemann“ bringen. Es gab Zeiten, Herr
Bundeskanzler, da Sie niemanden von der FDP lieber ge-
habt haben als Jürgen Möllemann.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Gerhard Schröder, Bundeskanzler: Immer noch!)


Das Lächeln aus Ihren Reihen zeigt mir, dass sich einige
noch daran erinnern können.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einige
Punkte nennen, die in dieser Sache anzusprechen ich für
erforderlich halte. Sie haben die Steuerpolitik angeführt.
Das ist ein entscheidender Punkt, auf den hier eingegan-
gen werden muss. Es gibt einen fundamentalen Unter-
schied zwischen der Ausrichtung Ihrer Wirtschaftspolitik
und der Ausrichtung der Wirtschaftspolitik, wie wir sie
uns vorstellen. Letzten Endes sind Sie der Meinung, dass
wir uns Steuersenkungen in Deutschland nicht leisten
können.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben sie gemacht!)


Wir vertreten die Auffassung, dass wir es uns in Deutsch-
land nicht leisten können, auf Steuersenkungen zu ver-
zichten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie sind der Meinung, Steuersenkungen seien die Divi-
dende eines wirtschaftlichen Aufschwungs.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben sie gemacht!)


Wir sagen Ihnen: Steuersenkungen sind die Vorausset-
zung für einen wirtschaftlichen Aufschwung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie sagen, Steuersenkungen kosten Geld. Wir sagen:
Nichts kommt den Staat teurer als die Verwaltung von Ar-
beitslosigkeit. Das sind die großen Unterschiede in den
Grundlinien unserer Politik.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie sagen, dass die Schulden nach der deutschen Ein-
heit unter der alten Regierung so hoch geworden sind.




Dr. Guido Westerwelle

25035


(C)



(D)



(A)



(B)


Was Sie dabei aber vergessen, ist, dass die alte Regie-
rung – mit Persönlichkeiten wie Herrn Waigel, der den
Deutschen Bundestag dieses Jahr verlassen wird – eine
Sonderaufgabe, nämlich die Realisierung des Glücks der
deutschen Geschichte, finanzpolitisch zu bewältigen
hatte. Sie waren nie sehr begeistert von der deutschen
Einheit. Werfen Sie uns dann bitte nicht vor, dass wir für
die deutsche Einheit Schulden machen mussten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch völliger Unsinn!)


Das war notwendig. Wir stehen dazu, auch heute noch.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ihr könnt doch nichts anderes als Schulden machen!)


Wenn Sie sich auf der Regierungsbank etwas leiser un-
terhalten würden, wäre das gegenüber einem Redner des
Parlaments durchaus höflich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es hat mittlerweile so einiges Einzug in das Parlament ge-
halten. Zwischenrufe von der Regierungsbank sind auch et-
was Neues. Das ist zwar interessant, aber wenn Sie so laut
reden, dass es selbst mich stört, ist das schon ein Problem.

Meine Damen und Herren, hier wurde konkret das Mo-
dell der FDP in Sachen Steuerpolitik angegriffen. Wir sind
der Meinung: Ein Steuersystem, das nicht einfach und ge-
recht und mit niedrigen Steuersätzen ausgestaltet ist, hat
keine moralische Legitimation.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass sie sich an-
strengen können, so viel sie wollen, am Schluss aber von
dem hart erarbeiteten Geld netto zu wenig übrig bleibt,
führt der Weg in die Schwarzarbeit. Es ist notwendig,
dass wir in diesem Hause offen darüber sprechen. Wir ha-
ben im letzten Jahr mehr als 300 Milliarden Euro im Be-
reich der Schwarzarbeit, der Schattenwirtschaft, zu ver-
zeichnen gehabt. Sie können natürlich zu jedem einen
Finanzbeamten schicken. Aber das Wasser wird sich sei-
nen Weg suchen, auch wenn das nicht in Ordnung ist. Sie
müssen die Ursache der Schwarzarbeit bekämpfen und
die Ursache heißt: zu wenig Netto vom Brutto. Leistung
muss sich lohnen, und zwar in allen Einkommensklassen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie sagen immer, die Vorschläge seien nicht durchge-

rechnet, man setze nur auf die Selbstfinanzierung. Ich
möchte Ihnen dazu zwei konkrete Zahlen – wiederum aus
der Zeit der alten Regierung – nennen, die sich auf den
konjunkturellen Effekt beziehen.

In der zweiten Hälfte der 80er-Jahre wurden, verbun-
den mit den Namen Graf Lambsdorff und Gerhard
Stoltenberg, die Steuern um etwa 60 Milliarden DM ge-
senkt. In demselben Zeitraum – nicht Jahre später – stie-
gen die Steuereinnahmen des Staates um mehr als
100 Milliarden DM. Warum? Wenn die Steuern niedriger
sind, erfolgen Investitionen und gibt es Lust auf Leistung.

Dann ist die Konjunktur besser, gibt es mehr Arbeitsplät-
ze – und es kann nur Steuern zahlen, wer Arbeit hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Konsolidierung der Staatsfinanzen setzt eine Be-
kämpfung der Arbeitslosigkeit voraus und die Arbeitslo-
sigkeit bekämpfen wir in Deutschland nur mit einem ein-
facheren und gerechteren Steuersystem mit niedrigen
Steuersätzen, und zwar insbesondere mit einer Entlastung
des Mittelstandes. Und ebendiesen Mittelstand haben Sie
immer weiter belastet.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Kein Wort zur Ökosteuer bei den Wohltaten. Warum?
Sie schämen sich längst dafür.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum schreien Sie eigentlich so?)


Vorgestern erzählte der Umweltminister noch einmal,
dass die Ökosteuer sogar weiter erhöht werden soll. Auf
diesen Wahlkampf können wir uns alle freuen.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben ja Ihren schon geliefert!)


Die Ökosteuer ist ein Popanz.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ihr Popanz!)

Wir sollten übrigens nicht nur die nächste Stufe der Er-
höhung aussetzen. Die Ökosteuer ist in sich ordnungs-
politisch ein einziger Konstruktionsfehler, meine sehr ge-
ehrten Damen und Herren von der gesamten Opposition.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden uns mit dem Thema Bürokratie ausei-
nander setzen müssen. Auch dazu übrigens von Ihnen kein
Wort. Stattdessen erzählen Sie etwas über Direktinves-
titionen. Dabei verschweigen Sie übrigens, dass diese
Direktinvestitionen im Wesentlichen einen einzigen
Grund haben, nämlich die Zunahme der Investitionen im
Telekommunikationsbereich. Diese Direktinvestitionen
im Telekommunikationsbereich hätte es in den letzten
Jahren überhaupt nicht gegeben, wenn nicht die alte
Regierung die Liberalisierung des Telekommunikations-
marktes gegen Ihre Stimmen durchgesetzt hätte, in die-
sem Haus und übrigens auch anderer Stelle.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

In einem Punkt haben Sie Recht, Herr Bundeskanzler,

das will ich Ihnen ausdrücklich sagen und zugestehen: Ich
glaube, dass Sie richtig liegen, wenn Sie das ganze Thema
PISA und Bildung nicht in eine zweitklassige, mittel-
mäßige Diskussion abgleiten lassen. Ich habe die Bil-
dungsdebatte während der Aktuellen Stunde vor kurzem
hier interessiert verfolgt und muss Ihnen sagen: Wenn die
Kultusminister sich darüber streiten, ob sie die Einäu-
gigen unter den Blinden sind, ist das nicht die ehrgeizige
Bildungspolitik, die wir brauchen.


(Beifall bei der FDP)





Dr. Guido Westerwelle
25036


(C)



(D)



(A)



(B)


Das Entscheidende ist: Es ist richtig, dass Bayern und
Baden-Württemberg vorne liegen; es ist aber auch richtig,
dass Bayern und Baden-Württemberg im internationalen
Feld immer noch im Mittelfeld sind. Deswegen ist es das
Ziel einer ehrgeizigen Bildungspolitik, Deutschland ins-
gesamt nach vorne zu bringen. Das ist eine Frage der Fi-
nanzen, also der Haushaltsprioritäten für Bildungspolitik
auf Bundes- und auf Landesebene, aber auch eine Frage
der Strukturen. Aber wer den Eindruck erweckt, das Pro-
blem in der Bildungspolitik sei der Föderalismus, der
vergisst, dass wir in Wahrheit vor lauter Einstimmigkeit
überhaupt keinen Wettbewerbsföderalismus in der Bil-
dungspolitik haben.


(Beifall bei der FDP)

Deswegen müsste die Aufgabe Nummer eins das Struk-
turthema in der Bildungspolitik sein: Entmachtet die Kul-
tusministerkonferenz und gebt den Schulen, den Hoch-
schulen und den berufsbildenden Einrichtungen mehr
Autonomie. Wettbewerb befördert das Geschäft und auch
den Qualitätsstandard.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das wollen wir und da unterscheiden wir uns maßgeblich
von dem, was jetzt, übrigens auch von Ihnen, in der Ab-
lenkungsdiskussion im Hinblick auf die schlechten Er-
gebnisse der SPD-Länder vorgetragen wird.

Kein Wort zur Bürokratiebekämpfung.Wie will man
eigentlich in Deutschland eine Wirtschaftsdebatte führen,
ohne das Krebsgeschwür der Moderne, nämlich die Büro-
kratie, anzugehen? Da sind Sie gefragt. Wir haben den
Vorschlag gemacht: Lassen Sie uns künftig jedes wirt-
schaftslenkende Gesetz nicht nur mit einem Zeitpunkt
versehen, wann es in Kraft tritt, sondern lassen Sie uns
auch einen Zeitpunkt hinzuschreiben, wann dieses wirt-
schaftslenkende Gesetz wieder außer Kraft tritt. Das Er-
gebnis wäre eine Umkehr der Beweislast. Dann müsste
sich nicht mehr derjenige in diesem Hause um eine Mehr-
heit bemühen, der ein überflüssiges Gesetz abschaffen
will, sondern derjenige, der meint, ein Gesetz müsse ver-
längert werden, müsste vor den Augen der Öffentlichkeit
um eine parlamentarische Mehrheit kämpfen.


(Beifall bei der FDP)

Die Parlamente hätten mehr Arbeit, aber die Menschen
wären froh, wenn sie weniger Bürokratie erleben müss-
ten. Das ist eben der Unterschied.

Denselben Ehrgeiz, den Sie zu Recht in der Bildungs-
politik haben, setzen Sie bitte auch in der Wirtschaftspo-
litik ein. Wenn Sie sich bei der Bildung mit den Ersten
vergleichen wollen, dann bitte auch bei der Wirtschafts-
entwicklung in Europa.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dann reden wir nicht über 0,6 Prozent Wirtschaftswachs-
tum, sondern dann reden wir über 6,5 Prozent Wirt-
schaftswachstum wie beispielsweise in Irland. Die Ein-
wände, das sei ja eine grüne Insel und deswegen könne
dort die Wirtschaft wachsen und bei uns nicht, lasse ich
nicht gelten. Der Grund ist ganz einfach: Irland hatte wie

wir eine Staatsquote von etwa 50 Prozent, nach Jahren be-
trägt die Staatsquote jetzt etwa ein Drittel. Da müssen wir
in Deutschland auch hin, weil soziale Marktwirtschaft viel
besser ist als bürokratische Staatswirtschaft. Deswegen
braucht Deutschland eine dynamische Wirtschafts- und Fi-
nanzpolitik und keine Wirtschafts- und Finanzpolitik von
Buchhaltern und Schönfärbern, meine Damen und Herren.


(Anhaltender Beifall bei der FDP – Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1424801300
Ich erteile das Wort
Bundesminister Joseph Fischer.

Joseph Fischer, Bundesminister des Auswärtigen

(von Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD mit Beifall begrüßt)

Meine Damen und Herren! Am 22. September werden die
Menschen in Deutschland


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Eine Regierung abwählen!)


die wichtigste politische Entscheidung für die kommen-
den vier Jahre treffen. Die Opposition wirbt darum, die
Regierung abzulösen, die Regierungsparteien werben da-
rum, ein neues Mandat zu bekommen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: So ist das bei Wahlen!)


Das ist das Selbstverständliche einer Demokratie. Es ist
aber deswegen die wichtigste Entscheidung,


(Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist wahrscheinlich das einzig Richtige an Ihrer Rede!)


weil sie in einem schwierigen wirtschafts- und sicher-
heitspolitischen internationalen Umfeld stattfindet.

Wenn man sich die internationale Entwicklung an-
schaut, weiß man, von welch zentraler Bedeutung es sein
wird, wer das Mandat für die kommenden vier Jahre in
Deutschland erhalten wird. Die Opposition tritt als Alter-
native an und dabei fällt eines auf – ich habe heute sehr
sorgfältig zugehört und mich in Vorbereitung meiner
Rede sehr sorgfältig mit dem beschäftigt, was der Kandi-
dat tatsächlich vorschlägt –.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Wo ist der Kandidat?)

Die Vorstellung des „3 x 40“ hätte in der Tat etwas für
sich, wenn sie machbar und finanzierbar wäre. Wir Grüne
hatten unsere Erfahrungen damit zu machen, Illusionen,
Wünsche und Realität zusammenzubringen. Herr Merz,
von Ihnen hätte ich mir gewünscht, dass Sie ausführen,
wie Sie die Forderung von „3 x 40“ – 40 Prozent Staats-
anteil, 40 Prozent Sozialversicherungsbeitrag und 40 Pro-
zent Spitzensteuersatz – von CDU/CSU und FDP finan-
zieren wollen. Ich hätte mir von Ihrem Kandidaten für das
Amt des Finanzministers gewünscht, dass er hier sagt, wie
er das finanzieren will. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie
hier wirklich Zahlen nennen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die FDP legt noch eines drauf: Sie redet von 35 Pro-
zent. Sie sagt: Leistung muss sich wieder lohnen. Der




Dr. Guido Westerwelle

25037


(C)



(D)



(A)



(B)


Meinung bin ich auch. Wir sind nicht in einen Hochsteu-
erstaat verliebt, aber wenn wir hören, dass Sie die weitere
Senkung des Spitzensteuersatzes über die Besteuerung
der Nachtarbeits- und Schichtzuschläge finanzieren wol-
len, dann stellt sich die Frage, wie sich das für die Schicht-
arbeiter und Krankenschwestern unter dem Gesichtspunkt
„Leistung soll sich lohnen“ vereinbaren lässt. Welchen
Sinn macht es, eine solche Politik zu betreiben?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn man sorgfältig zuhört, wird man ohne weiteres
feststellen: Mit Ausnahme von Herrn Merz – es fällt mir
allerdings auch bei ihm schwer zu sagen, was bei ihm neu
ist – sind es im Wesentlichen die alten Köpfe der Ära Kohl
plus Stoiber, die jetzt wieder antreten, und sie tun das mit
dem alten Programm. Deswegen werden Sie sich schon
gefallen lassen müssen, dass Ihre Leistungsfähigkeit
– Leistung soll sich für das Land lohnen – bis 1998 Be-
zugsgröße zu dem ist, was wir an Leistungsbilanz vorzu-
weisen haben. Dabei brauchen wir uns überhaupt nicht zu
verstecken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Bei den Medien gibt es sehr sorgfältige und mühsame
– wir haben ja jetzt drei Kanzlerkandidaten – Vorberei-
tungen für ein Kandidatenduell.


(Zuruf von der SPD: Das ist gut so!)

– „Das ist gut so“, das sehe ich auch so. Ich habe dabei aber
ein Problem: In vielen Hintergrundgesprächen und öffent-
lichen Diskussionen sage ich, wir müssten die Vorstellung,
dass Guido Westerwelle Kanzler der Bundesrepublik
Deutschland wird, ernst nehmen. Bisher habe ich nur einen
gefunden, der dabei ernst geblieben ist: Das war ich selbst.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Alle anderen inklusive Ihr kommender Koalitionspart-
ner – Journalisten, wer auch immer – geraten in einen Zu-
stand der Heiterkeit – nicht der Euphorie. Das müssen Sie
mit sich selbst ausmachen. Herr Merz amüsiert sich kö-
niglich darüber; das kann ich verstehen. Auch die Zu-
schauer amüsieren sich.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Vorstellung, dass Guido Westerwelle Kanzler der
Bundesrepublik Deutschland, der drittwichtigsten Volks-
wirtschaft, in dieser schwierigen Zeit würde, nimmt selbst
die FDP ganz offensichtlich neuerdings nicht mehr ernst.
Und das ist gut so. Aber ich möchte mich darüber gar nicht
weiter auslassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Merz, es ist selbstverständlich Ihre Entschei-
dungskompetenz, ob und wann Stoiber redet.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Vor allen Dingen seine eigene!)


Aber eine Anmerkung gestatten Sie mir in diesem Zu-
sammenhang doch: Bisher war es üblich, dass die ent-
scheidenden Kontroversen – das ist mein Parlamentsver-
ständnis – hier im Parlament ausgetragen werden. Das
galt in der Vergangenheit für Kontroversen zwischen
Kohl und SPD-Kandidaten. Schröder war damals als Kan-
didat hier im Bundestag. Bisher war das Parlament die
Bühne, auf der die zentralen politischen Zukunftskontro-
versen ausgetragen werden, wie es die Verfassung vor-
sieht.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Wenn Herr Stoiber meint, in dieser letzten zentralen De-
batte nicht auftreten zu müssen,


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Es kommt noch eine!)


dann werden Sie gestatten, dass wir das vor der deutschen
Öffentlichkeit entsprechend bewerten und deutlich sagen,
dass er kneift.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1424801400
Kollege Fischer, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Glos?


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424801500

Da ich nicht die Möglichkeit habe, mit Herrn Stoiber die
Klingen zu kreuzen, nehme ich gern die Botschaft von
Herrn Glos entgegen.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Michael Glos (CSU):
Rede ID: ID1424801600
Herr Bundesminister, die
Gelegenheit zum Klingenkreuzen ist es nicht. Ich frage
Sie nur, wo Sie Ihre zentralen europapolitischen Vorstel-
lungen vorgetragen haben, und wäre Ihnen dankbar, wenn
Sie die Gründe darlegten, warum Sie dafür das Parlament
nicht ausersehen hatten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424801700

Ich habe das hier im Hause immer wieder erläutert.


(Lachen bei der CDU/CSU)

– Ich will Ihnen sagen, warum ich das in der Humboldt-
Rede gemacht habe – hier muss niemand herumgeheim-
nissen; es gab keinen Grund, der hier im Hause zu sehen
gewesen wäre –:


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

Es war seinerzeit ganz einfach Rücksichtnahme auf die
internationalen Partner und kein Kneifen.


(Anhaltendes Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese Rede hat dann auch dank der Initiative, die die Bun-
desregierung und der Bundeskanzler übernommen haben,




Bundesminister Joseph Fischer
25038


(C)



(D)



(A)



(B)


zum Verfassungskonvent geführt. Das haben Sie immer
gefordert; wir haben es heute in der Tat durchgesetzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Glos, Sie können sich setzen.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN und bei der SPD)

Neulich dachte ich, es werde eine zweite „Ruck-Rede“

geben; zumindest war sie vom Kandidaten so angekündigt.

(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Haben Sie inhaltlich noch etwas zu bieten?)

– Ja, ich komme gleich noch zu weiteren Inhalten. Aber
Herr Glos hat eine Zwischenfrage gestellt, Frau Schwaetzer,
und deswegen antworte ich darauf.

Von einem solchen Ruck ist bei den Alternativen, die
hier vorgetragen worden sind und mit denen ich mich
gleich beschäftigen werde, nichts zu spüren. Alle volks-
wirtschaftlichen Basisdaten – der Bundeskanzler hat sie
heute Morgen vorgestellt – zeigen, dass wir den Ansatz,
den wir von Anfang an vertreten haben, tatsächlich ver-
wirklichen konnten: Wir wollten Erneuerung in diesem
Land, wir wollten den Stillstand der Ära Kohl seit der
deutschen Einheit überwinden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Westerwelle fordert eine entsprechende Steuer-
reform. Ich könnte mich der Forderung nach weiteren
Entlastungen anschließen und bin für jeden Vorschlag
dankbar, vorausgesetzt, er ist sozial ausgewogen und geht
nicht nur zulasten der Bezieher kleiner und mittlerer Ein-
kommen. Diese Bundesregierung hat im Gegensatz zu Ih-
nen eine Steuerreform auf den Weg gebracht, die mit Errei-
chen der Endstufe im Jahre 2005 eine jährliche Entlastung
in Höhe von 56 Milliarden Euro bringen wird. Das ist
ganz konkret.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wie Sie darüber hinaus noch mehr Geld für die Bundes-
wehr, für die Bildung, für die Landwirtschaft, wie Herr
Stoiber jetzt wieder angekündigt hat, und in vielen ande-
ren Bereichen ausgeben wollen, bleibt Ihr Geheimnis.


(Peter Dreßen [SPD]: Straßenbau!)

Wir haben ja festgestellt, dass 85 Prozent Ihrer Wunsch-
bibel nicht finanziert waren. Wenn Sie das alles zusam-
mennehmen – beispielsweise treten noch das Bundes-
fernstraßenprogramm und die vielen Verkehrsprojekte
hinzu –, kommen Sie zu phantastischen Zahlen, die mit
der Realität überhaupt nichts zu tun haben. Demgegen-
über hat diese Bundesregierung die größte Steuerentlas-
tung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
solide finanziert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Mir ist heute aufgefallen, dass die Geldwertstabilität
mit keinem Satz mehr angesprochen worden ist. Noch vor

etwa einem halben Jahr sprachen Sie von Schröder als
dem großen Weichmacher des Euro.Heute hat man davon
nichts mehr gehört. Heute nähern wir uns der Dollarpa-
rität. Da schweigt die Opposition aber höflich vor sich
hin. Was hätten Sie denn im umgekehrten Fall gesagt?
Wie würden Sie sich denn preisen und loben, wenn Sie
Ähnliches vorzuweisen hätten?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Schauen Sie sich die Entwicklung der Staatschulden an!
Diese Regierung ist 1998, am Ende des waigelschen Pro-
gramms zum abschreibungsfinanzierten Bauboom in den
neuen Bundesländern, unter schwierigsten Bedingungen –
der Wirtschaftsminister hat einmal darauf hingewiesen – an-
getreten. Das Minus in den vergangenen vier Jahren von
0,5 Prozent vor allen Dingen in der Binnenkonjunktur be-
ruht zum einen darauf, dass wir hier einen konkreten Sub-
ventionsabbau geleistet haben, und zum anderen auf der von
Ihnen eingeleiteten Fehlentwicklung bei den Investitionen.
Damit ist beim Wirtschaftswachstum ein halber Prozent-
punkt verlorengegangen, den Sie künstlich aufgebaut ha-
ben. Seitdem entwickelt sich die Bauwirtschaft in der Bun-
desrepublik Deutschland rezessiv. Dies können Sie doch
nicht dieser Bundesregierung anlasten.

Dennoch haben wir bezüglich der Entwicklung der
Staatsschulden mit einem Konsolidierungsprogramm be-
gonnen. Schauen Sie sich einmal die Zahlen an: Ich sage
bewusst, dass die deutsche Einheit eine entsprechende
Schuldenfinanzierung auslösen musste. Dies wird von
mir auch im Nachhinein nicht kritisiert. Aber hätten Sie in
den Jahren 1996/1997, als von Ihrer Regierung in Brüssel
der Stabilitätspakt durchgesetzt wurde, bereits mit der
Konsolidierung begonnen, wären wir heute wesentlich
weiter und hätten wieder frei verfügbare investive Mittel,
vor allen Dingen im kommunalen Bereich. Uns vorzu-
werfen, dass wir jetzt konsolidieren, was Sie aus Macht-
erhaltungsinteresse nicht angegangen sind, halte ich für
schlichtweg unseriös.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich kann nicht ernst bleiben, wenn Herr Merz über die
Entwicklung der Lohnnebenkosten redet.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Wenn es einen volkswirtschaftlichen Fehler gegeben hat,
für den die Arbeitslosen nach der großen Leistung der
Vollendung der staatsrechtlichen deutschen Einheit bit-
ter bezahlen mussten, dann war es der, dass nicht die Ge-
meinschaft der Steuerzahler für die Kosten der Einheit
aufkommen musste, sondern die Sozialversicherungs-
pflichtigen, also die Lohnbezieher, und auch die Unter-
nehmer dafür aufkommen mussten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei
der Krankenversicherung, bei der Arbeitslosenversiche-
rung und bei der Rentenversicherung dafür bluten lassen.
Sie haben die Versicherungssysteme in die Krise geführt.


(Zurufe von der CDU/CSU)





Bundesminister Joseph Fischer

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(C)



(D)



(A)



(B)


– Das ist doch ganz klar. Schauen Sie sich die Zuwächse
an! Ich kann mich noch daran erinnern, wie Norbert Blüm
hier stand und sagte: Die Rente ist sicher.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Die Lage der Rentenversicherung war deutlich besser als heute!)


Ich erinnere mich ganz genau, dass Sie die deutsche
Einheit im Wesentlichen über den Anstieg der Sozialver-
sicherungskosten mit der Konsequenz finanziert haben,


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Sie müssen wirklich nicht so schreien!)


dass Arbeit immer teurer wurde,

(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Konzentrie ren Sie sich auf die Außenpolitik!)

die Arbeitslosenzahl gestiegen ist und die Sozialversiche-
rungssysteme in die Krise gerieten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Man muss sich nur die Entwicklung der Ökosteuerde-
batte anschauen.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Sie sind zu viel auf Reisen, Herr Fischer!)


Man muss sich – zu der FDP, Herrn Westerwelle und der
Ökosteuer komme ich gleich – die Entwicklung der Öko-
steuerposition von Edmund Stoiber anschauen, aber vor
Einführung der Ökosteuer. Es war Edmund Stoiber, der
sich als bayerischer Ministerpräsident vor einigen Jahren,
als er merkte, dass die kohlsche und waigelsche Finanzie-
rung der Einheit über den Anstieg der Lohnnebenkosten
ein Wettbewerbs- und Standortproblem schafft, mit der
CSU aus der nationalen Solidarität für die deutsche Ein-
heit verabschieden wollte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es sollte regionalisiert werden. Was hieß denn Regio-
nalisierung der Kranken- und Arbeitslosenversicherung?
Regionalisierung hieß, dass die neuen Bundesländer nicht
mehr im Zusammenhang der deutschen Einheit solida-
risch unterstützt würden. Dass sich Bayern – früher, in
den 50er- und 60er-Jahren war die Lage anders, da bekam
Bayern die Solidarität etwa von Nordrhein-Westfalen
und anderen damals boomenden Industriestandorten zu
spüren – beinahe verabschiedet hatte, vergessen wir
nicht, Herr Merz. Wir vergessen nicht, dass Herr Stoiber
dies damals betrieben hat. Wir waren konsequent dage-
gen und sind auch noch dagegen, weil wir an dem Ansatz
der solidarischen Finanzierung der deutschen Einheit
festhalten.

Was Herr Westerwelle hier vorträgt, ist nachgerade
grotesk. Herr Westerwelle, ihre Position wäre dann
schlüssig, wenn Sie sagen würden: Ich möchte die Öko-
steuer weghaben und möchte stattdessen eine Mehrwert-
steuererhöhung um zwei oder anderthalb Prozentpunkte.
Dies wäre eine konsequente Position. Darüber könnte
man streiten. Sie aber sagen mit keinem Wort, dass es
diese Bundesregierung war, der zum ersten Mal seit der

deutschen Einheit ein Absenken der Rentenversiche-
rungsbeiträge unter 20 Prozent gelungen ist,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


und zwar deswegen, weil wir über die Ökosteuer den
Staatsanteil erhöht haben.

Ich bin der festen Überzeugung: Umweltverbrauch zu
verteuern und gleichzeitig Arbeit durch Senkung der
Lohnnebenkosten wieder wettbewerbsfähiger zu machen,
ist ein Ansatz, der sich bewährt hat. Ohne diesen Ansatz
hätten wir nicht die Reduktion beim spezifischen Kraft-
stoffverbrauch – das müssen Sie sehen –, hätten wir kein
Umsteigen der Menschen auf verbrauchsarme Autos.
Ohne diesen Ansatz gäbe es nicht die Mittelzuführung für
die Lohnnebenkosten und die Rentenversicherungs-
beiträge, ohne gleichzeitig eine andere Steuer zu erhöhen.
Weiterhin gäbe es keine sinkenden Rentenversicherungs-
beiträge.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Rufen im Walde!)


Die FDP will das abschaffen, ohne die Alternativen zu
formulieren. Sie weiß, dass sie damit im Grunde genom-
men eine neue Steuererhöhung will; sie scheut aber wie
der Teufel das Weihwasser – von ihrer Position aus zu
Recht –, als Steuererhöhungspartei in den Wahlkampf zu
gehen.

Die Auslandsinvestitionen, der Subventionsabbau und
die Arbeitslosigkeit sind erwähnt worden. Ich verstehe,
dass im Wahlkampfgetümmel bei der Arbeitslosigkeit
nicht mehr groß differenziert wird.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie steigt!)

Sie hat in Deutschland im Wesentlichen zwei Elemente.
Eines davon ist das strukturelle Element. An diesem müs-
sen wir weiterarbeiten.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das zweite Element ist Rot-Grün!)


In dem Zusammenhang haben wir zum Beispiel die Steu-
erreform durchgeführt, die Bedingungen für Investitionen
verbessert und mit der Senkung der Lohnnebenkosten
entscheidende Positivsignale gesetzt.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wo haben Sie denn gesenkt?)


– Auf den Arbeitsmarkt komme ich gleich zu sprechen. –
Dass das noch nicht ausreicht, ist eine andere Frage. Sie
können aber nicht abstreiten – ich verstehe, dass Sie das
als Opposition im Wahlkampf dennoch tun –, dass es seit
dem Frühsommer des letzten Jahres eine negative global-
konjunkturelle Entwicklung gibt. Diese ist offensichtlich
und trifft nicht nur uns. In den USA ging man von einem
ausgeglichenen Haushalt bzw. sogar von Haushaltsüber-
schüssen aus. Heute befindet man sich dort in einer neuen
Defizitsituation. Schauen Sie sich die Situation dort und
bei unseren Nachbarn an.

Ich komme jetzt zur Schlusslichtdebatte, die ich hoch-
interessant finde. Sie setzen auf Vergesslichkeit. Im Wirt-




Bundesminister Joseph Fischer
25040


(C)



(D)



(A)



(B)


schaftsteil einer bedeutenden Wochenzeitung habe ich ein
wirklich schönes Bild gefunden. Danach lagen wir – im-
mer auf Europa bezogen – 1990 und 1991 auf Platz 2,
1992 auf Platz 5, 1993 auf Platz 10, 1994 auf Platz 11,
1995 auf Platz 13 – Sie bemerken die ständige starke Ab-
wärtsentwicklung unter der CDU/CSU-FDP-Bundesre-
gierung –, 1996 auf Platz 15, 1997 auf Platz 15, 1998 auf
Platz 14, 1999 auf Platz 14, 2000 auf Platz 12 und 2001
sowie 2002 wieder auf Platz 15.

Wenn man das nicht durch die Brille des Wahlkämpfers
sieht, fällt doch auf, dass es hier offensichtlich ein Pro-
blem gibt. Das hat „Die Zeit“ auch so geschrieben.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Deutsche Einheit!)

Für Edmund Stoiber hat der Kanzler Schuld. Schröder
habe Deutschland zum Schlusslicht bei Wachstum und
Beschäftigung gemacht.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Richtig!)

„Die Zeit“ sagt: Falsch! Nur im Boom der Wiedervereini-
gung – dieser war schuldenfinanziert; die Last haben wir
heute zu konsolidieren und abzutragen –


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Ihr tut es ja nicht!)


ist es der Bundesrepublik gelungen, in die europäische
Spitzengruppe aufzurücken. Das ist die Realität und hängt
selbstverständlich auch – nicht nur – mit der deutschen
Einheit zusammen.

Wir sind das einzige EU-Mitgliedsland, das eine solche
Herausforderung zu bewältigen hat. Damit ich hier nicht
missverstanden werde: Weder der Zusammenschluss un-
serer beiden Länder noch der Sicherheits-, Friedens- und
Stabilitätsgewinn sind mit Geld aufzuwiegen.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Ja, klar! Völlig richtig!)


Wir können das nicht abstreiten. Es geht doch an den Fak-
ten vorbei, der Bundesregierung vorzuwerfen, dass sie für
die deutsche Einheit nichts getan habe. Der Solidarpakt II
ist doch die entscheidende Zukunftssicherung für die Ge-
meinden und Länder. Er gibt ihnen Investitionssicherheit
für die kommenden Jahre.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das war keine Selbstverständlichkeit. Es war eine große
Leistung, das Zusammenhalten der Sicherungssysteme zu
sichern. Wir haben zusätzliche Anstrengungen unternom-
men und führen jetzt kein Sonderprogramm bei den ABM
durch, wie Sie das für die Dauer von sechs Monaten ge-
tan haben, um die Arbeitslosenzahlen zu senken. Das tun
wir nicht.

Herr Merz, Sie hören gerade so andächtig zu.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ganz ver träumt!)

Deshalb möchte ich Ihnen noch etwas anderes vortragen.
Sie haben gesagt, dass der Bundeskanzler abgelöst werden
müsse, weil er brutto und netto nicht auseinander halten
kann. Ich empfehle Frau Merkel, diese Worte eher gegen

Sie zu richten, wenn die CDU/CSU-Oppositionsfraktion
einen neuen Vorsitzenden bestellt. Ich will Ihnen die Zah-
len – wir haben sie nochmals kommen lassen – vorlesen.


(Zuruf von der SPD: Langsam und zum Mitschreiben!)


– Zum Mitschreiben! Sie waren nicht in Bayern in der
Schule, also Obacht.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wo waren Sie denn in der Schule?)


– In Baden-Württemberg. Deswegen bin ich auch ein sol-
cher Anhänger der Bildungsreform.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Nettorealeinkommen der Arbeitnehmer gingen
in der letzten Legislaturperiode, also von 1994 bis 1998,
um insgesamt 5,5 Prozent, das heißt um 1,4 Prozent pro
Jahr zurück. Dies hatte auch auf die Renten eine negative
Wirkung. Deswegen habt ihr damals die Kopplung an die
Nettolohnentwicklung eingeführt, was Sinn machte. Das
war sozusagen eine Rentensenkung durch die kalte
Küche. All das wollen wir nicht vergessen. Ich kann mich
noch sehr gut daran erinnern, mit welchen Tricks gearbei-
tet wurde. Ich kann die Menschen nur davor warnen, die-
jenigen, die diese Tricks gemacht haben, wieder an die
Macht zu bringen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Pro Kopf betrug der Rückgang sogar 5,8 Prozent,
1,5 Prozent pro Jahr. Die Nettoeinkommen waren damit
bei euch im Jahr 1998 preisbereinigt um 920 Euro niedri-
ger als 1994. In der laufenden Legislaturperiode gab es
eine klare Umkehr des Trends. Von 1998 bis 2001 stiegen
die Nettoreallöhne – das ist wieder zum Mitschreiben –
um 7,1 Prozent, also um 2,3 Prozent pro Jahr.


(Franz Thönnes [SPD]: Hört! Hört!)

Auf jeden Arbeitnehmer umgerechnet nahmen sie ins-

gesamt um 3,5 Prozent zu, also um 1,2 Prozent pro Jahr.
Das Nettoeinkommen lag im Jahr 2000 real um 530 Euro
bzw. nominal um fast 1 200 Euro höher als 1998. Ende der
Durchsage. So viel zu Herrn Merz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Den Trick kenne ich!)


Schauen wir einmal weiter. Herr Merz, mit einer sol-
chen Rechenkraft wollen Sie die Regierung übernehmen.
Ich gebe zu: Da kann ich wirklich nicht mithalten.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Ich stelle mir Finanzminister Merz vor, wie er sich – ähn-
lich wie Laokoon – zwischen brutto und netto verheddert.
Aber dazu wird es nicht kommen. Sie werden finanzpoli-
tischer Sprecher der Oppositionsfraktion werden, weil
Frau Merkel Ihre Position übernehmen wird.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Herr Fischer!)





Bundesminister Joseph Fischer

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(C)



(D)



(A)



(B)


Bleiben wir einmal bei dem Grund, warum Edmund
Stoiber heute nicht gekommen ist. Was schlägt Stoiber
vor? Dazu gibt es eine interessante Zusammenstellung
unter der Überschrift: Stoibers Wundertüte. Ich komme
jetzt zu dem, was die Union tatsächlich will. Ich will mich
dabei nicht weiter in das Reich der Utopie begeben.

Die Union will den Spitzensteuersatz bei der Einkom-
mensteuer auf unter 40 Prozent und den Eingangssteuer-
satz auf unter 15 Prozent senken, Kosten: 29 Milliar-
den Euro zusätzlich.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Woher haben Sie diese Zahlen?)


Städte und Gemeinden sollen an Bund und Länder weni-
ger Gewerbesteuer abtreten, Kosten: 3 Milliarden Euro.
Verzicht auf die letzte Stufe der Ökosteuer im Jahr 2003
– die FDP stellt noch weitergehende Forderungen –, Kos-
ten: 2,5 Milliarden Euro. Beim Familiengeld wollen Sie
als ersten Schritt im Jahr 2004 für Kinder bis drei Jahre
600 Euro bereitstellen, Kosten: 6,2 Milliarden Euro. Alle
Kinder zwischen drei und 18 Jahren sollen 300 Euro und
Kinder in der Ausbildung über 18 Jahre 150 Euro bekom-
men, Kosten: 24 Milliarden Euro.

Kommen wir zum Niedriglohn. Jobs bis 400 Euro sol-
len völlig und solche zwischen 400 und 800 Euro sollen
teilweise von Sozialabgaben befreit werden, Kosten:
2,1 Milliarden Euro. Beim Wohnungsbau wollen Sie bes-
sere Abschreibungsmöglichkeiten schaffen, Kosten:
0,6 Milliarden Euro. Der Bundeswehr haben Sie bis zu
2 Milliarden Euro mehr fest zugesagt. Was den Bauern
jetzt versprochen wurde, habe ich noch gar nicht einge-
rechnet. Für Sonderförderungsprogramme Ost sollen ei-
nige Milliarden Euro bereitgestellt werden.

Auf der anderen Seite steht die Frage: Wie will Stoiber
die Wohltaten finanzieren? Einsparungen durch die Steuer-
reform: noch offen. Betrugsbekämpfung – dabei werden Sie
gewaltige Zuwächse erreichen –: noch offen. Privatisie-
rungserlöse durch den Verkauf weiterer Telekom-Aktien:
noch offen. Drosselung der Staatsausgaben im Bereich
nicht investiver Ausgaben: noch offen. Einsparungen bei
Verkehrsprojekten durch private Finanzierung: noch of-
fen. Einsparungen durch Zusammenlegung von Arbeitslo-
sen- und Sozialhilfe: noch offen. Steuermehreinnahmen
durch höheres Wachstum – 1 Prozent Wachstum bringt
Steuermehreinnahmen von 5Milliarden Euro –: noch offen.

Der Grund, warum Herr Stoiber heute nicht anwesend
ist: Es ist noch alles offen. Das ist der entscheidende
Punkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


Ich sage Ihnen: Sie brauchen weitere vier Jahre, um diese
Lücken zu schließen. Wir können uns für unser Land in
dieser Situation solche Lücken nicht erlauben. Deswegen
brauchen Sie die programmatische und personelle Erneue-
rung. Vielleicht wird es dann so weit sein. Ich sage nicht,
dass wir die allein Seligmachenden sind, genauso wenig
wie ich behaupte, dass Sie nur Unheil produziert haben.

Christian Schwarz-Schilling, den ich wirklich sehr
schätze – von ihm habe ich in der damaligen Zeit viel ge-

lernt –, hat sich bei der Privatisierung der Post wirklich
Verdienste erworben; darum brauchen wir gar nicht he-
rumzureden. Aber dass Sie der Bundesregierung die
Schuld an der Telekom-Krise geben, ist ungeheuerlich.
Ein Blick über die Grenzen müsste Ihnen klar machen,
dass der Telekom-Bereich überall in der Krise ist. Warum
ist das so? Weil mittlerweile alle ein Handy haben und
größere Zuwächse nicht zu erwarten sind. Die Blase am
Neuen Markt existiert nur noch in den FDP-Köpfen. An-
sonsten ist sie überall geplatzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Warum gibt es denn die große Pleitewelle in Bayern?
Ich behaupte nicht, dass das die Schuld von Edmund
Stoiber ist. Vielmehr liegt es daran, dass in Bayern beson-
ders viele Unternehmen des Neuen Marktes – da gab es ja
fantastische Vorstellungen – beheimatet waren. Kirch al-
lerdings gehörte nicht zum Neuen Markt, sondern in die-
sem Fall waren – das wollen wir nicht vergessen – die
Bayerische Landesbank und das bayerische Kabinett die
Verantwortlichen.

Edmund Stoiber tritt an, um die Situation in den neuen
Ländern zu verbessern. Er kritisiert Nordrhein-Westfalen,
war aber in Bayern nicht in der Lage, auch nur einen ein-
zigen Montanstandort, nämlich die Maxhütte, zu sanie-
ren. Was soll das angesichts der völlig anders dimensio-
nierten Herausforderungen und angesichts dessen, dass
alles noch offen ist, erst auf Bundesebene werden, meine
Damen und Herren?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir wollen unsere Politik fortsetzen.

(Walter Hirche [FDP]: Das ist wirklich eine Drohung!)

– Das ist keine Drohung. Ich bin der Meinung, dass die
Bewertung der Vorschläge der Hartz-Kommission an-
steht, sobald diese vorgelegt werden, und dann müssen
wir unverzüglich handeln. Sie wissen doch so gut wie ich,
dass ab August keine gesetzgeberischen Maßnahmen
mehr möglich sind, schon gar nicht mit diesem Bundesrat
und seiner gegenwärtig vorhandenen Reformorientie-
rung. Wir müssen aber das Konzept zusammenhalten. Ich
halte nichts davon, Einzelteile herauszupicken, und zwar
weder von linker noch von rechter Seite. Vielmehr geht es
darum – dabei ist der Ansatz, den der Bundeskanzler ge-
wählt hat, meiner Meinung nach von entscheidender Be-
deutung –, beide Seiten zusammenzuführen.

Die Hartz-Kommission ist auch nicht der Abgesang auf
das Bündnis für Arbeit – im Gegenteil: Wenn man sich ihre
Struktur ansieht, wird man feststellen, dass Arbeitnehmer-
vertreter und Arbeitgebervertreter zusammensitzen.

Wir wollen fördern und wir werden fordern, aber wir
werden keine Politik des Sozialabbaus oder der Lasten-
verteilung nach unten betreiben. Was wir wollen, ist eine
größere Effizienz. Alle Experten sind sich darin einig,
dass es eine Effizienzreserve von 1 Million Beschäftigten
gibt, wenn es gelingt, Beschäftigungssuchende und offene
Stellen schneller zusammenzuführen.




Bundesminister Joseph Fischer
25042


(C)



(D)



(A)



(B)


Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Kampf gegen die
Schwarzarbeit. Wenn Sie meinen, ihn finanzieren zu müs-
sen, indem Sie auf die Einkommen der kleinen Leute, auf
Löhne für Schicht- und Sonntagsarbeit zurückgreifen,
dann werden Sie nicht die Bekämpfung der Schwarzarbeit
erreichen, sondern das Gegenteil.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir wollen in diesem Zusammenhang auch eine größere
Flexibilität erreichen.

Lassen Sie mich noch kurz einen anderen Punkt an-
sprechen, die Bildungsdebatte. Ich verstehe zwar, dass
Bayern und Baden-Württemberg versuchen, sich nach
vorne zu schieben – die FDP hat dabei schon einige Pro-
bleme –, aber den Kindern und den Eltern wird das nicht
helfen. Ich war selbst Mitglied einer Landesregierung und
weiß, wie auch in CDU-geführten Bundesländern mit
Haushaltsproblemen teilweise Haushaltssanierung betrie-
ben wurde und wird. Diese Entwicklung kann so nicht
weitergehen. Wir werden auch zusätzliche Vereinheit-
lichungen, etwa in Bezug auf die Rahmenbedingungen,
auf Bundesebene brauchen.

Der Erfolg von Schweden und Finnland zeigt, dass es
sich dabei in erster Linie und vor allen Dingen um eine
Fundamentalkritik an Ihrer Familienpolitik in den ver-
gangenen Jahren handelt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Denn der entscheidende Punkt ist die frühe Förderung.
Wir sind angetreten, jungen Eltern Ganztagsbetreuung für
Kinder vom vierten Lebensmonat an zu ermöglichen.
Diesen Einstieg werden wir jetzt leisten.

Wir sind zweitens mit der Ganztagsschule vorange-
gangen. Sie wollten das anfangs nicht und haben das nur
kritisiert. Mittlerweile haben die von Ihnen geführten
Länder einem 4-Milliarden-Programm zugestimmt. Das
ist ein weiterer Punkt, in dem wir schlicht und einfach ei-
nen Entwicklungsrückstand gegenüber Frankreich und
anderen Ländern aufholen werden. Dieses Vorhaben wird
nur von der bestehenden Koalition durchgeführt werden.

Somit kommen wir zu dem entscheidenden Punkt. Sie
wollen Steuersenkungen, die über die von uns vorgenom-
menen hinausgehen. Wir dagegen wollen eine breite För-
derung.


( V o r s i t z : Vizepräsidentin Petra Bläss)

Die Ressource Bildung ist der Rohstoff der Zukunft.
Zu der Verengung, wie sie in Bayern stattgefunden hat
– schauen Sie sich doch einmal an, wie viele Schülerin-
nen und Schüler pro Jahrgang Abitur machen und dass
Bayern an erster Stelle steht, wenn es um das Festhalten
an Bildungsbiografien und ihre Übertragung von den El-
tern auf die Kinder geht! –, sage ich Ihnen: Ich habe ein
anderes Gesellschaftsbild.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Walter Hirche [FDP]: Es geht nicht nur um Abiturienten!)


Für mich stellt die Öffnung des höheren Bildungssystems
für breitere Schichten die zentrale gesellschaftliche Re-
form dar, die unter dem Gesichtspunkt einer wissensge-
stützten Ökonomie auch volkswirtschaftlich unverzicht-
bar ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Aber Förderung und Qualitätserhöhung sind ohne viel
Geld nicht zu leisten. Wenn die FDP ihre Vorschläge ernst
nimmt, dann wird sie sagen: Wir privatisieren einen Teil
davon. – Das heißt, es wird vom Einkommen der Eltern
abhängig gemacht. Wir hingegen sind der Meinung, dass
dies öffentliche Aufgabe bleiben muss; denn wir wollen
die Begabungsreserven auch und gerade aus den unteren
Schichten unseres Volkes und aus den Zuwanderergrup-
pen heben. Das ist nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage,
sondern das ist auch eine Frage der zukünftigen Wettbe-
werbsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das verträgt sich nicht mit Steuersenkungen, die über
die Steuersenkungen hinausgehen, die wir gemacht ha-
ben. Das alles ist bei Ihnen offen.

Ich ziehe die Konsequenz daraus: Sie sind zwar ablö-
sungsbereit, aber nicht ablösungsfähig. Wir werben dafür,
dass wir unsere Politik am 22. September durch die
Mehrheit bestätigt bekommen, und wir werden unsere Po-
litik für Gerechtigkeit, für Umwelt und für Fortschritt in
diesem Land fortführen.

Danke.

(Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424801800
Das Wort hat der Vor-
sitzende der PDS-Fraktion, Roland Claus.


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1424801900
Frau Präsidentin! Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst freimütig
bekennen: Meine Erwartungen an die Regierungserklä-
rung des Bundeskanzlers wurden reichlich übertroffen. Ich
hatte damit gerechnet, dass der Kanzler uns hier erklärt:
Die Lage ist schwierig, aber alles wird gut. – Nur, mit so
viel Eigenlob und Schönfärberei, wie uns heute hier vor-
getragen wurde, hatte ich wirklich nicht gerechnet.


(Beifall bei der PDS)

Dass wir uns nicht missverstehen: Ich will nicht der

Schlusslichtdebatte der Union das Wort reden. Aber ich
frage mich schon: Woran erinnert mich so viel Schön-
färberei? – Nicht an das, was Sie mir vielleicht jetzt un-
terstellen; das erinnert mich vielmehr an den kuriosen
Ausspruch des Exbundeskanzlers Helmut Kohl: Die
Wirklichkeit ist etwas anderes als die Realität.


(Heiterkeit und Beifall bei der PDS)

Was ist das Fazit Ihrer Regierungserklärung, Herr Bun-

deskanzler? – Sie benutzen die Logik: Wenn es der Wirt-
schaft gut geht, tut das den Leuten im Lande gut. Das habe




Bundesminister Joseph Fischer

25043


(C)



(D)



(A)



(B)


ich auch schon von Graf Lambsdorff gehört, aber das tut
ja nichts zur Sache. Also will der Kanzler, dass es den
Leuten gut geht, und so redet er der Wirtschaft Gutes zu
und nach.

Wie aber ist die Realität im Lande? Sie sprechen von
den Steuersenkungen, die Sie bewerkstelligt haben. Aber
der Dank der Banken und der großen Unternehmen für
Steuerbefreiungen ist ausgeblieben. Die Steuersenkungen
haben sich nicht in Investitionen für den Arbeitsmarkt
niedergeschlagen. Der Einzelhandel prognostiziert für
dieses Jahr einen Umsatzrückgang von drei Prozent, und
das mit einer einzigen Ausnahme, die auch für den Zu-
stand dieser Gesellschaft Bände spricht, nämlich bei der
Handelskette Aldi. Der Neue Markt ist eingebrochen und
die Telekom-Aktie liegt gerade noch bei einem Zehntel
ihres höchsten Wertes. Schließlich: Die Massenarbeitslo-
sigkeit, die größte Unfreiheit der Neuzeit, wurde nicht
wirklich verringert. Wir müssen leider feststellen: Auch
unter Gerhard Schröder werden in diesem Lande die Rei-
chen reicher und die Armen zahlreicher.


(Beifall bei der PDS)

Was ist nun Ihr Konzept? Ihr Konzept besagt: Der glo-

balisierte Markt soll es richten. Nun will ich hier nicht
pauschal gegen Globalisierung angehen, denn Globa-
lisierung ist natürlich auch eine Chance, wo sie als Zu-
sammenrücken der Völker und der Volkswirtschaften ge-
staltet wird. Aber Globalisierungsfetischismus ist von
Übel, wenn Globalisierung als Kapitulation der Gesell-
schaft vor dem Markt daherkommt.


(Joachim Poß [SPD]: Wer hat denn hier die Globalisierung fetischisiert? – Detlev von Larcher [SPD]: Woher haben Sie das Zitat? Haben Sie das heute hier gehört?)


– Ich habe das aus freien Stücken erzählt und habe mich
auf den Kanzler bezogen. Das müssen Sie schon hinneh-
men.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Detlev von Larcher [SPD]: Er hat das, was Sie sagen, nur nicht gesagt!)


Deshalb sage ich Ihnen: Dieser Republik hilft weder
Schönreden noch Schwarzmalen. An die Adresse der
Union sei gesagt: Versagen Sie sich die unselige Rote-
Laterne-Kampagne im Wahlkampf. – Der Regierung sei
aber auch gesagt: Märchen aus Tausendundeiner Nacht
helfen uns nicht.


(Beifall bei der PDS)

Nun loben Sie das Konzept des Personalmanagers

Hartz und sich selbst gleich mit. Professor Pohl aus Halle,
meiner Heimatstadt, hat heute die durch die Hartz-Kom-
mission geweckten Erwartungen erheblich gedämpft.
Natürlich wissen wir, dass manche Vorschläge dieser
Kommission sehr bedenkenswert sind. Nur, der Ansatz ist
grundfalsch, weil Deutschland eine Reform der Arbeits-
welt und keine Reform der Arbeitslosenwelt braucht. Das
ist das Problem bei diesen Vorschlägen.


(Beifall bei der PDS)

Das Problem, mit dem Sie es zu tun haben, ist, dass Sie

sich auf den Wogen einer Diskriminierungskampagne be-

wegen. Sie rechnen kühl durch: Es gibt 40 Millionen Er-
werbstätige und 4 Millionen Arbeitsuchende in dieser Re-
publik und Sie fragen sich, ob man bei den 40 Millionen
nicht Punkte machen kann, indem man die 4 Millionen
zwar nicht offen, aber doch hinter vorgehaltener Hand ein
wenig diskriminiert und eine „Selber schuld“-Diskussion
in die Wege leitet. Eine solches Vorgehen wird sicherlich
Stimmen bringen. Es ist dennoch verantwortungslos.


(Beifall bei der PDS – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Es ist verantwortungslos, dass Sie uns so etwas unterstellen! Das ist doch Unsinn! – Joachim Poß [SPD]: Das ist Demagogie, nichts anderes!)


– Das können Sie zwar bestreiten. Aber Sie werden sich
das sagen lassen müssen.

Durch eine solche Politik werden besonders die Ar-
beitslosen im Osten verhöhnt. Wenn ich das Manuskript
für die Rede des Bundeskanzlers durchgehe, dann stelle
ich fest, dass es nicht ein einziges Wort zur Situation in
den neuen Bundesländern enthält. Das ist nicht nur ent-
täuschend, sondern auch beschämend für diese Regie-
rung.


(Beifall bei der PDS – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir sind in ganz Deutschland angekommen!)


Wir müssen darüber nachdenken, wie in unserem Land
neue Arbeitsplätze geschaffen werden können, und nicht
nur darüber, wie die Arbeitslosigkeit anders verwaltet
werden kann. Die PDS hat Vorschläge zur Schaffung von
1,3 Millionen neuer Arbeitsplätze durch Umstrukturie-
rung der Arbeit im Energiesektor und zum Überstunden-
abbau unterbreitet sowie ein kommunales Investitions-
programm und vieles andere mehr vorgelegt. Dieses
Programm ist zugegebenermaßen teuer, aber gut.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist nicht solide finanziert!)


– Das ist solide finanziert, Herr Kollege. Die Zeiten, als
Sie uns Sozialisten unterstellen konnten, wir seien nur für
das Verteilen gut


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nicht mal dafür!)


und machten uns keine Gedanken über die Einnahmen,
sind wirklich vorbei.


(Beifall bei der PDS)

Für unterstützenswert hält meine Fraktion die Forde-

rung des Bundeskanzlers nach einer Bildungsreform.
Auch wir treten für einheitliche Bildungsinhalte, für ein
Rahmengesetz bzw. für Rahmenvereinbarungen im Bil-
dungswesen und für Ganztagsschulen ein. Wir sagen sehr
deutlich: Der Kampf um den ersten Platz in der dritten
Liga wird nicht helfen, die Bildungsmisere zu überwin-
den.


(Beifall bei der PDS)

Bei aller Übereinstimmung stelle ich aber den Regie-
rungsfraktionen die Frage: Warum haben Sie gleich lau-
tende Vorschläge und Anträge der PDS-Fraktion immer




Roland Claus
25044


(C)



(D)



(A)



(B)


vehement mit dem Satz abgelehnt, das sehe wie in der
DDR aus? – Das ist doch die Realität. Wir sollten Courage
zeigen und bekennen: Es müssen nicht alle Bildungspoli-
tikerinnen und Bildungspolitiker unbedingt nach Finn-
land reisen. Man kann ja auch positive Erfahrungen aus
dem Bildungswesen der DDR aufgreifen. Dafür ist die
Zeit allemal reif.


(Beifall bei der PDS)

Herr Bundeskanzler – das haben wir Ihnen schon ein-

mal gesagt –, Sie haben heimlich die Maßstäbe gewech-
selt. Sie sind 1998 mit dem Gesicht von Gerhard Schröder
und dem Programm von Oskar Lafontaine angetreten. Sie
haben öffentlich gesagt: An diesem Programm und vor al-
lem am Abbau der Arbeitslosigkeit sollt ihr uns messen.
Heute legen Sie als Maßstab nur noch die Ergebnisse der
Regierung Kohl an. Einen solchen Wechsel der Maßstäbe
wird Ihnen die Öffentlichkeit aber nicht durchgehen las-
sen.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Wir wollen keine markteigene Gesellschaft, sondern

einen gesellschaftlich gestalteten Markt. Wir wollen kei-
nen bankeigenen Staat, weil wir inzwischen gemerkt ha-
ben, wie schwer selbst die Verwaltung einer staatseigenen
Bank sein kann. Wir wollen eine Politik, in der Freiheit
und Gerechtigkeit nicht länger gegeneinander definiert,
sondern zusammengebracht werden. Dazu braucht es ein
neues Denken für mehr soziale Gerechtigkeit, für neue,
auch wirtschaftliche, Impulse und dazu braucht es auch
künftig die demokratischen Sozialistinnen und Sozialis-
ten im Deutschen Bundestag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424802000
Nächster Redner ist
der Kollege Norbert Wieczorek für die Fraktion der SPD.


Dr. Norbert Wieczorek (SPD):
Rede ID: ID1424802100
Liebe Frau Präsiden-
tin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Ich vermisse
Herrn Merz.


(Zurufe von der CDU/CSU: Hier ist er doch!)

– Entschuldigung, Herr Merz; ich nehme das zurück. Sie
sitzen nur einen Platz weiter hinten, was hoffentlich nicht
schon ein Hinweis auf Ihre Tätigkeit in der Zukunft ist.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Machen Sie sich keine Sorgen!)


Herr Merz, ich habe mir einmal Ihre Rede „Globale
Verantwortung und die transatlantische Partnerschaft“ an-
geschaut. Auf der Seite 6 beklagen Sie sich darüber, dass
bei uns in Deutschland alles ganz schrecklich ist, und Sie
sagen, dass in den USA alles viel besser ist, unter ande-
rem deshalb, weil es dort keine Larmoyanz gebe. Ich bin
mir nicht so sicher, dass es da nicht auch Larmoyanz oder
– sagen wir einmal – Traurigkeit bei einigen der freien
Unternehmen gibt, die Sie immer so begrüßt haben; ich
nenne hier nur einmal Enron und Worldcom. Für Ihre
Zahlenspielereien ein kleiner Tipp: Sie können sich ja bei

Ihrer künftigen Haushaltsdarstellung von deren Chief
Financial Officers beraten lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Joachim Poß [SPD]: Das war ein subtiles Kompliment!)


Was Sie vorhin zur Deutschen Telekom gesagt haben,
finde ich völlig unverständlich und ist in meinen Augen
im Grunde ein Skandal. Wissen Sie, was Sie unter Um-
ständen angerichtet haben, als Sie hier am Podium des
Deutschen Bundestags gesagt haben, die Telekom sei ein
Sanierungsfall?


(Zurufe von der CDU/CSU: Das wurde nicht gesagt! – Das hat er nicht gesagt!)


Sie haben Glück, dass heute der 4. Juli ist und in den USA
die Börsen geschlossen sind. So etwas ist absolut unmög-
lich.


(Detlev von Larcher [SPD]: Verantwortungslos ist das!)


Sie sollten Ihre Verantwortung etwas ernster nehmen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424802200
Herr Kollege
Wieczorek, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kolle-
gen Merz?


Dr. Norbert Wieczorek (SPD):
Rede ID: ID1424802300
Bitte.


Friedrich Merz (CDU):
Rede ID: ID1424802400
Herr Kollege, sind Sie
bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass ich heute Morgen
zwei Fragen an die Bundesregierung gestellt habe und
mich auf das bezogen habe, was eine zunehmende Zahl
von Analysten und eine zunehmende Zahl von Kennern
dieser Branche sagen, dass ich also im Zusammenhang
mit der Deutschen Telekom Fragen gestellt und nicht
– dahin versuchen Sie es jetzt umzuinterpretieren – eine
Behauptung aufgestellt habe? Sind Sie bereit, das im In-
teresse der Seriosität der Auseinandersetzung in diesem
Haus zur Kenntnis zu nehmen?


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Wieczorek (SPD):
Rede ID: ID1424802500
Ich will Ihnen die
Antwort darauf gleich geben. Die Deutsche Telekom hat
immer noch – auch mit der Aussicht, dass es stetig so
bleibt – ein Investmentrating, das andere große ehemals
staatliche oder noch halbstaatliche Unternehmen dieser
Branche nicht haben.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So ist es!)

Wenn Sie diese Frage mit der Unterstellung


(Joachim Poß [SPD]: Dieser Soupçon!)

formulieren, es sei so – diese Analysten, von denen Sie re-
den, gibt es gar nicht; die Bilanzierungs- und die Cashflow-
struktur der Telekom werden für ordentlich gehalten –, ha-
ben Sie genau die Wirkung, die ich eben angesprochen
habe. Ich finde das bei jemandem, der Finanzminister
der Bundesrepublik Deutschland werden will, absolut
unmöglich.


(Beifall bei der SPD)





Roland Claus

25045


(C)



(D)



(A)



(B)


Ein ähnlicher Umgang findet sich bei den Wachs-
tumszahlen – Herr Fischer hat schon gezeigt, wie sie sich
im europäischen Vergleich tatsächlich entwickeln –; ich
erinnere an die berühmte rote Laterne von Herrn Hinsken.
Ich will Ihnen sagen, wie die Schätzungen sind. Für das
Jahr 2003 erwartet die EU ein Wachstum von 2,8 Prozent
für die EU insgesamt. Weil Sie gerade von Analysten ge-
redet haben: Eine deutsche Bank rechnet mit 3 Prozent.
Das ist doch ein kleiner Hinweis. Wie die Zahlen waren,
als Ihre Regierungszeit vorbei war, ist auch klar.

Dazu will ich noch ein Wort sagen – ich habe es schon
bei der letzten Rede angesprochen –: Natürlich kann ein
Land, das nach der Wiedervereinigung die Lasten aus dem
Wirtschaftszusammenbruch in Ostdeutschland zu tragen
hat, beim Wachstum nicht an der Spitze liegen. Absurd
finde ich es, Herr Westerwelle, wenn Sie die Bundesrepu-
blik auch noch mit Irland vergleichen. Irland ist ein sehr
kleines Land, hat erhebliche Infrastrukturprobleme und
auch Inflationsprobleme, die Sie ja hoffentlich nicht ha-
ben wollen. Wenn wir gerade über Europa reden: Irland ist
eines der wenigen Länder, bei dem sich gezeigt hat, dass
die aus den Strukturfonds und den Kohäsionsfonds finan-
zierte Heranführungsstrategie Erfolg hatte, weil sich die
Länder auf den Hosenboden gesetzt haben und das Not-
wendige angepackt haben.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Das ist der Punkt! Sie haben sich auf den Hosenboden gesetzt! Sie haben ihre Hausaufgaben gemacht! Das ist der Punkt, Herr Wieczorek!)


– Frau Schwaetzer, hören Sie mir doch zu! Ich will es ja
gerade darstellen. Denken Sie einmal weiter! Welcher Ab-
stand entstünde zwischen Irland und uns, wenn wir die
gleichen Wachstumsraten hätten? Das kann doch über-
haupt nicht sein! Eine kleine Ökonomie muss doch stär-
ker wachsen als die Bundesrepublik. Wollen Sie denn im
Ernst, dass die künftigen Beitrittsländer Wachstumsraten
haben, die unter unserer Wachstumsrate liegen, damit der
Abstand ewig so bleibt, wie er ist? Das ist doch der abso-
lute Unsinn!


(Beifall bei der SPD)

Wir haben übrigens dieses Wachstum in Irland mit finan-
ziert.

Ich finde es auch interessant, dass sich Herr Stoiber in
der EU-Politik gerade für Direktbeihilfen ausspricht. Auf
Deutsch gesagt: Er will weiterhin aus dem deutschen
Staatshaushalt netto 3 Milliarden allein für Agrarsubven-
tionen an Frankreich schicken. Das alles finde ich sehr
vergnüglich, aber so ist das halt.

Ich möchte auf das Thema Beschäftigung zurückkom-
men. Natürlich sind die Beschäftigungszahlen nicht so,
wie wir alle sie uns wünschen. Unsere Zielgröße sah
selbstverständlich anders aus. Aber immerhin ist die An-
zahl der Arbeitslosen um 500 000 geringer als zu Beginn
der Legislaturperiode. Die Anzahl der Arbeitsplätze ist
um etwas mehr als 1 Million gestiegen.

Ich halte es darüber hinaus für einen großen Erfolg
– darüber wurde hier nicht geredet –, dass die Anzahl der
Langzeitarbeitslosen um 15,7 Prozent zurückgegangen

ist, die Anzahl älterer Arbeitsloser um 24,8 Prozent und
die Anzahl der schwerbehinderten Arbeitslosen – das liegt
auch an Änderungen der Regelungen in dem entspre-
chenden Bereich – bis jetzt um immerhin 12 Prozent. Das
ist ein Strukturerfolg, der sich hinter der Verringerung der
Gesamtzahl der Arbeitslosen verbirgt. So etwas zeigt,
dass man nicht nur mit großen, sondern auch mit kleinen
Reformen etwas erreichen kann; allerdings muss man die
Auswirkungen der Reformen abwarten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Am Rande möchte ich im Zusammenhang mit der

Rote-Laterne-Diskussion an Folgendes erinnern: Am An-
fang dieses Jahres lag die Arbeitslosenquote in der Bun-
desrepublik deutlich unter der Durchschnittsquote der EU
insgesamt.

Wie kommt es denn, dass wir beim Export und – das ist
vorhin angesprochen worden – bei den Direktinvestitio-
nen erfolgreich sind? Ich verweise darauf, dass wir in der
Bundesrepublik zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ei-
nen Zahlungsbilanzüberschuss haben. Lange Zeit hat-
ten wir ein Defizit. Der Zahlungsbilanzüberschuss hat da-
mit zu tun, dass wir deutlich mehr Exporterfolge erzielt
haben. Das wiederum hat damit zu tun, dass unsere Indus-
trie – Deutschland ist ein Industrieland – erfolgreich ge-
arbeitet hat.

Wir haben tatsächlich Weltmarktanteile hinzugewon-
nen. Früher lag unser Außenhandelsanteil bei etwa
25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Gegenwärtig liegt
dieser Anteil bei deutlich über 30 Prozent. Das spricht
doch dafür, dass wir eine sehr konkurrenzfähige Indus-
triestruktur haben. Wir sind übrigens auch im Bereich der
Forschung und Entwicklung besser als der EU-Durch-
schnitt. Das zeigt sich auch daran, dass die Anzahl der Pa-
tentanmeldungen pro Kopf in Deutschland im Vergleich
zu der anderer EU-Staaten am zweithöchsten ist. Auch das
ist ein Erfolg.


(Beifall des Abg. Jörg-Otto Spiller [SPD])

Man muss sich fragen, woher das kommt. Bei den Di-

rektinvestitionen hat sich der Trend völlig umgekehrt.
Ich habe in einer Studie des International Management In-
stitute gelesen, dass die Bundesrepublik in dem Rating der
Länder in Bezug auf Direktinvestitionen an zweiter Stelle,
unmittelbar hinter den USA, liegt. Auch das ist doch kein
Zufall. Die Direktinvestitionen – ich kann Ihnen diese
Zahlen gern zur Verfügung stellen – hatten im Jahr 2000
um 51,4 Milliarden Euro zugenommen; 2000 wurden Di-
rektinvestitionen – Vodafone ist dabei berücksichtigt – in
einem Umfang von 211,8 Milliarden Euro getätigt. Im
Jahr 2001 haben die Direktinvestitionen um 35,6 Milli-
arden Euro zugenommen. Von Januar bis April des Jahres
2002 lag der Zuwachs bei 17,4 Milliarden Euro. Das ist
angesichts der Tatsache, dass die Höhe der Direktinvesti-
tionen woanders gesunken ist, bemerkenswert. Das alles
zeigt, dass wir konkurrenzfähig sind.

Woher kommt das? Trotz PISAund vielem anderen sind
die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Bundes-
republik offensichtlich sehr gut ausgebildet. Darüber hi-
naus hat der produzierende Sektor in der Bundesrepublik
Deutschland, gerade die Industrie, ein erstaunliches




Dr. Norbert Wieczorek
25046


(C)



(D)



(A)



(B)


Wachstum der sektoralen Produktivität, nämlich von 8 bis
10 Prozent, zu verzeichnen. In der Automobilindustrie
liegt das Wachstum zum Teil bei bis zu 12 Prozent.

Herr Merz, wenn Sie sich einmal die Mühe machen
– Sie haben das in einer Rede angesprochen –, die gesamt-
wirtschaftliche Produktivitätsentwicklung in Deutsch-
land mit der in den USA zu vergleichen, dann werden Sie
erkennen, dass unsere Entwicklung deutlich geringer ist.
Wenn sie sich allerdings die Studie von Herrn Remsperger
von der Deutschen Bundesbank – er steht sicherlich nicht
der SPD nah – anschauen, dann werden Sie feststellen,
dass bei Anwendung des gleichen Berechnungsmodus
die gesamtwirtschaftliche Produktivitätsentwicklung in
Deutschland der in den USA sehr gleich ist. Darauf wei-
sen übrigens auch die Studien von Herrn Liikanen von der
EU-Kommission hin.

Man muss doch einfach sehen, dass wir im industriel-
len Bereich erhebliche Erfolge gehabt haben. Es ist auch
richtig, dass wir entsprechend unsere Position in der EU
vertreten müssen. Wenn diese Position kaputtgemacht
wird, dann schadet das nicht nur der EU, sondern dann
kommen wir auch in die Situation, in der sich die Ameri-
kaner befinden, nämlich dass wir riesige Außenhandels-
defizite einfahren, die wir gar nicht mehr ausgleichen
können, was bedeutet, dass wir nicht mehr zu einer ange-
messenen Produktion für unsere eigene Bevölkerung und
gleichzeitig zu einem vernünftigen Angebot für die Welt-
märkte in der Lage sind.

Die Produktivitätsentwicklung hängt mit der modera-
ten Entwicklung der Löhne und der Lohnstückkosten zu-
sammen. Woher kommt diese moderate Entwicklung? –
Das hat damit zu tun, dass wir eine verantwortungsbe-
wusste Arbeitnehmerschaft haben. Sie weiß dank Mitbe-
stimmung und Betriebsverfassungsgesetz, wie es um ihr
Unternehmen steht, und richtet sich, auch was ihre For-
derungen angeht, darauf ein. Vor allen Dingen hat die Ar-
beitnehmerschaft den in den Tarifverträgen vereinbarten
flexiblen Einsatz der Arbeit – ich erinnere zum Beispiel
an Ausbildungszeiten – in die Tat umgesetzt. Das können
Sie nur machen, wenn Sie eine verantwortungsbewusste
Arbeitnehmerschaft und Betriebsräte haben, die dafür
sorgen, dass das, wozu einmal Ja gesagt wurde, auch ein-
gehalten wird. Das ist einer der Gründe, warum Direkt-
investitionen in Deutschland so interessant sind.

Ich nenne Ihnen ein praktisches Beispiel: In meiner
Heimatstadt steht das modernste Automobilwerk über-
haupt in der Welt, das neue Werk von Opel. Dieses ist
dorthin gekommen, weil sich Arbeitnehmer und der Ar-
beitgeber, die Adam Opel AG, nicht nur über die zu-
künftigen Arbeitsstrukturen geeinigt haben, sondern auch
darüber, in welcher Form vorher eine zweijährige Ausbil-
dung stattfindet. Das ist ein Hinweis darauf, warum wir in
diesem Bereich so gut dastehen. Gerade hier ist die Si-
cherheit der Arbeitnehmer entscheidend.

Ich möchte auch noch kurz auf drei andere Punkte zu
sprechen kommen, in denen wir Reformen durchgeführt
haben.

Der erste Punkt ist die Steuerreform. Eine Steuer-
reform auf Pump bringt nichts. Obwohl durch die Steuer-
reform der Bevölkerung sehr viel Geld zurückgegeben

wurde, ist aufgrund unserer Haushaltspolitik die Zins-
quote im Bundeshaushalt deutlich gesunken. Dass die Ge-
samtentwicklung positiv gewesen ist, können Sie an dem
Investitionsverhalten in den Bereichen sehen, wo expor-
tiert wird. Sie hat sich aber auch bei den Konsumenten
ausgewirkt. Wir haben bei den Konsumenten eine schwa-
che Nachfrage. Setzen Sie dazu die Sparquote ins Ver-
hältnis, die mit 13,9 Prozent den höchsten Stand in den
letzten zehn Jahren erreicht hat. Das hat damit zu tun
– manche aus der Opposition tragen dazu bei –, dass die
Leute verunsichert sind. Hier liegt aber auch Potenzial:
Wenn die Leute wieder Vertrauen haben, kann es aufwärts
gehen. Dieses Vertrauen werden wir ihnen geben.


(Beifall bei der SPD)

Auch ein Wort zur Rentenreform, weil insbesondere

von Ihnen, von der Opposition, neuerdings immer wieder
gesagt wird, die kapitalunterlegte Riester-Rente sei ent-
setzlich. Ich empfehle Ihnen dringend, auch Herrn Merz,
den Blick einmal global auszurichten und sich anzu-
schauen, was mit denen, die zurzeit in England in Rente
gehen, passiert; ganz zu schweigen von denen, die sich in
den USA auf ihre betrieblichen Pensionskassen verlassen
haben.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Das haben Sie ein bisschen falsch verstanden!)


Noch ein Weiteres hierzu: Ein großer Teil der Berechtig-
ten wird ja jetzt noch keine Verträge abschließen, wenn sie
Zeit bis zum Ende des Jahres haben. Vor allem aber dieje-
nigen, die die Riester-Rente sinnvoll mit der Betriebsrente
verknüpfen wollen, müssen warten, bis die Tarif- oder Be-
triebsvereinbarungen geändert wurden.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD], zur CDU/ CSU gewandt: Können Sie nachlesen!)


Herr Schulte-Noelle gibt ja im gestern erschienenen
„Stern“ die entsprechenden Hinweise. Statt die Leute zu
verunsichern, sollten Sie lieber sagen, dass das ein solides
Konzept ist.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD], zur CDU/ CSU gewandt: Sie müssen mal beim Allianz-Chef nachlesen!)


– Ja, das stammt von Schulte-Noelle; für den, der es nicht
weiß: Das ist der Chef der Allianz.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In meinem letzten Punkt geht es um die Familienför-

derung.Als Ökonom sage ich zu der Familienförderung,
die wir betrieben haben und weiter betreiben werden
– Ihre Familienpolitik wurde ja vom Verfassungsgericht
für nicht verfassungsgemäß erklärt, aber Sie haben nicht
reagiert –: Hierdurch ergeben sich Wachstumschancen in
unserer Republik. Nur wenn wir erstens zur Förderung
von Familien Geld bereitstellen und zweitens die Ganz-
tagsschule und Betreuungsmöglichkeiten für Klein- und
Schulkinder anbieten, kann die Erwerbsquote der Frauen
bei uns steigen. Wir haben hoch qualifizierte Frauen. Wenn
die wieder in den Arbeitsprozess hineinkommen, brauchen
wir zum einen weniger Zuwanderung, um neue Arbeits-
kräfte zu gewinnen, und zum anderen haben wir die
Chance, das Volkseinkommen und den privaten Verbrauch




Dr. Norbert Wieczorek

25047


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(D)



(A)



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zu steigern. Deswegen ist unsere Familienpolitik nicht nur
ein soziales, sondern auch ökonomisch ein wichtiges Ele-
ment.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich muss jetzt im Hinblick auf die Redezeit zum Ende
kommen. Es ist meine letzte Rede im Deutschen Bundestag.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Bei Ihnen ist es schade!)


Deswegen möchte ich mich bei allen Kolleginnen und
Kollegen, mit denen ich jetzt seit 1980 über 22 Jahre zu-
sammengearbeitet, manchmal auch gestritten habe, be-
danken. Ich erinnere mich auch an die gute Zusammen-
arbeit mit Freunden und Kollegen aus der CDU/CSU,
insbesondere denke ich an die gemeinsame Arbeit mit
Theo Waigel von der CSU am Stabilitätspakt. Er war fe-
derführend tätig, aber ich war auch an bestimmten Stellen
dabei. Wir beide halten diesen Pakt für gut, auch wenn
es in Detailfragen vielleicht kleine Differenzen geben
könnte. Ich hoffe, dass auch du, Theo – du bist ja gleich
dran –, das so siehst, dass die scholastische Auslegung
durch die EU-Kommission – ich meine nicht die Trick-
sereien einiger Länder, die da gelaufen sind – nicht in un-
serem Sinne ist. Ich sehe das jedenfalls so.

Der Dank für die gute Zusammenarbeit gilt natürlich
erst recht den Kolleginnen und Kollegen in meiner eige-
nen Partei. Ich erwähne da jetzt niemanden.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Lohnt auch nicht!)


Dieser Dank gilt insbesondere für den Bereich der Europa-
politik, die mir immer besonders nahe lag. Daher wollte
ich das noch einmal besonders erwähnen. Ich darf mich
bedanken.

Ich habe aber auch eine Bitte. Ich habe keinen Nach-
folger im Wahlkreis ausgesucht; das ist nicht mein Stil.
Ich will auch keine Ratschläge im Tagesgeschäft geben,
da streitet man notwendigerweise sowieso. Aber wenn
man größere oder kleinere Reformen machen will, sollte
man erst einmal die Realitäten analysieren. Im internatio-
nalen Vergleich müssen auch die Strukturunterschiede
berücksichtigt werden. Über die Umsetzung einer Reform
kann und muss man streiten. Aber man muss auch die Ge-
duld haben, abzuwarten, bis die Reform wirkt. Das Day-
trading, das wir heute in der Politik, in den Medien und
bei der Bewertung von politischen Maßnahmen haben, ist
auf die Dauer tödlich, weil erstens der Eindruck entsteht,
dass wir nicht wissen, wovon wir reden, sondern nur quat-
schen, und zweitens die Tatsache verwischt wird, dass
alles seine Zeit braucht. Die Zeitschiene in der Politik von
der Erkennung des Problems bis zur Lösung des Problems
durch eine gesetzliche Maßnahme, was ja im Wesentli-
chen unsere Aufgabe ist, bzw. von der Umsetzung im
Haushalt bis zur Wirkung, ist viel länger als die Kurzzeit-
erwartung der deutschen – aber nicht nur der deutschen –
Presse und leider auch als die Kurzzeiterwartung und die
Einschätzung in diesem Hause. Da schließe ich alle mit
ein, auch die Bundesregierung, wenn ich das sagen darf.

Ich bitte sehr darum – das kann nur eine Anregung
sein –, das zu berücksichtigen, denn sonst werden wir uns

immer mehr verheddern und der Bevölkerung den Ein-
druck der Unfähigkeit zur Gestaltung vermitteln, obwohl
wir in Wirklichkeit vernünftig gestalten.

Ich danke sehr.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424802600
Herr Kollege
Wieczorek, nehmen Sie den Beifall des Hauses als einen
symbolischen Dank für Ihre engagierte 22-jährige Tätig-
keit hier in diesem Hause, insbesondere für Ihre Tätigkeit
als Vorsitzender des Haushaltsausschusses und später als
Vorsitzender des Verteidigungsausschusses.


(Dr. Norbert Wieczorek [SPD]: Das war ich nicht! Europaausschuss! Katastrophe! – Michael Glos [CDU/CSU]: Das haben Sie verwechselt, Frau Präsidentin! Das kann passieren!)


– Es ist wieder geklärt. – Alles Gute für Ihren kommen-
den Lebens- und Arbeitsabschnitt!

Jetzt spricht – es ist ebenfalls seine letzte Rede hier im
Deutschen Bundestag – der Kollege Dr. Theodor Waigel.

Dr. Theodor Waigel (CDU/CSU) (von der CDU/CSU
mit Beifall begrüßt): Frau Präsidentin! Meine lieben Kol-
leginnen und Kollegen! Der von mir sehr geschätzte Kol-
lege Norbert Wieczorek war Vorsitzender des Europaaus-
schusses und hat insofern eine wichtige Rolle gespielt. Ich
bedanke mich sehr bei ihm für die Zusammenarbeit über
die Fraktionen hinweg. Er war mit daran beteiligt, dass
der Stabilitätspakt zustande kam. Er hat damals seinen
Parteifreund Quinn in Irland dafür gewonnen, der das in
einer hervorragenden Verhandlungsführung in Dublin ge-
gen manche anderen zuwege brachte. Das, lieber Norbert
Wieczorek, müsste Anlass sein, dass wir zu jedem, sitze
er hier oder dort, sagen: Hände weg vom Stabilitätspakt!
Da sollten wir sehr klar und hart sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sehr verehrter Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrer
Regierungserklärung zur wirtschaftlichen Lage haupt-
sächlich auf die UNO Bezug genommen. Ich wäre Ihnen
dankbar gewesen, wenn Sie auch nachgelesen hätten, was
der IWF, die OECD, die Kommission und die EZB zu den
Strukturproblemen, die Deutschland seit einigen Jahren
hat, sagen. Sie hätten sich dann wahrscheinlich nicht so
wohlgefällig zurückgelehnt. Hätten Sie diese Vorschläge
vor vier Jahren – da gab es sie schon – aufgegriffen, hät-
ten Sie die mühseligen Reformschritte, die wir ohne Sie
zuwege gebracht haben,


(Jörg Tauss [SPD]: Oh, oh!)

nicht rückgängig gemacht, stünden Sie und wir alle heute
besser da. Damit haben Sie einen großen Fehler gemacht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





Dr. Norbert Wieczorek
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Ihre Bemerkung zur Hartz-Kommission und Ihren Vor-
schlägen – da haben Sie von Trittbrettfahrern gesprochen –
erinnert mich an den, der zehn Jahre im Bremserhäuschen
saß und dann behauptete, er sei Lokomotivführer gewesen.
Das können Sie beim besten Willen nicht so sehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zur PISA-Studie. Lieber Herr Bundeskanzler, Sie hat-

ten ja mal eine Jungsozialistenzeit. Damals waren wir
heilfroh, dass es den Föderalismus gab – und sind auch
heute noch heilfroh, dass es ihn gibt. Denn wenn es den
Föderalismus und die Kultusminister Hans Maier, Profes-
sor Hahn, Bernhard Vogel, Hanna-Renate Laurien damals
nicht gegeben hätte, dann hätten womöglich Sie und die
Rahmenrichtlinien aus Hessen sich durchgesetzt, was für
Deutschland verheerende Konsequenzen gehabt hätte.
Seien wir froh, dass es den Föderalismus gibt!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es wurden schon Bemerkungen zur deutschen Einheit

gemacht. Ich möchte aber zunächst auf die Einführung
des Euro zu sprechen kommen. Lieber Norbert, wir beide
haben uns gegen die Zweifler aus vielen Bereichen durch-
gesetzt, die von „kränkelnder Frühgeburt“ sprachen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wer war das?)

– Der Kollege Wieczorek war es nicht, wie jedermann
weiß. – Jetzt, da sich der Euro der Parität zum Dollar
nähert, erscheinen keine ganzseitigen Anzeigen mehr. Die
kritischen Stimmen sind wesentlich ruhiger geworden.
All jene, die den Untergang des Abendlandes beklagt ha-
ben, machen sich plötzlich Sorgen um unsere Konjunktur.
Die Diskussion um den „Teuro“ nimmt ebenfalls ab. Jetzt
bestätigt sich, dass es sich bei der Einführung des Euro um
eine der größten Erfolgsgeschichten der deutschen Nach-
kriegszeit seit 1949 handelt. Wir können alle miteinander
stolz darauf sein, dass wir das durchgesetzt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Bundeskanzler, Sie haben damals als Minister-
präsident von Niedersachsen bei der Finanzierung der
deutschen Einheit – wenn ich das einmal so sagen darf –
nicht gerade ein überschwängliches Engagement gezeigt.
Da dies meine letzte Rede ist, sollte ich eigentlich freund-
lich und lieb sein.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Gnade vor Recht!)


Sie haben mich auch ausdrücklich darum gebeten. Fast
wäre ich auf dem Weg zum Rednerpult schwach gewor-
den.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie müssen auch etwas zu Herrn Stoiber und seinem Verhältnis zum Euro sagen!)


Aber meine christlich-soziale Überzeugung hindert mich
Gott sei Dank daran, an dieser Stelle allzu sehr ins Wan-
ken zu geraten.

Es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, Herr Bundes-
kanzler, wie viel in der Vergangenheit aufzubringen war

und auch heute noch – da gebe ich Joschka Fischer
Recht – aufzubringen ist. Die Hälfte der Probleme, vor
denen wir auch heute noch in Deutschland stehen, ist da-
mit zu erklären, dass wir Herausforderungen zu bewälti-
gen haben, von denen Sir Nigel Wicks, der frühere Vor-
sitzende des Währungsausschusses, einmal sagte: Keine
andere Volkswirtschaft der Welt hat solche Herausforderun-
gen zu bewältigen gehabt und keine andere hätte sie be-
wältigt. Aber die andere Hälfte der Probleme ist hausge-
macht.

Eines lasse ich mir nicht vorhalten: die Erblast.

(Dr. Peter Struck [SPD]: Wieso nicht?)


In den Jahren 1990 bis 1998 haben wir 1 500 Milliar-
den DM dafür aufgewandt. Nach einer Berechnung des
RWI waren dies über 6 Prozent des Bruttoinlandsproduk-
tes jährlich. Finanziert haben wir diese Summe – wir ha-
ben uns dabei an unabhängigen Studien orientiert – zu
etwa einem Drittel mit Einsparungen, zu einem Drittel mit
Steuern und Abgaben und zu einem Drittel mit der Netto-
kreditaufnahme. Dieser Finanzierungsmix war vertretbar;
ein anderer war überhaupt nicht durchzusetzen. Natürlich
stehen diese Schulden auf der Sollseite.

Was aber steht auf der Habenseite der deutschen Poli-
tik? Auf der Habenseite stehen 17 Millionen Menschen,
die die Freiheit gewonnen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD)


– Miteinander. – Auf der Habenseite stehen Tausende von
Atomwaffen und Atomraketen, die in Ostdeutschland sta-
tioniert waren und heute verschwunden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auf der Habenseite steht die Tatsache, dass es uns auf
friedliche Weise gelungen ist, dass 500 000 Soldaten der
Roten Armee in einem Zeitraum von dreieinhalb Jahren in
ihre Heimat zurückkehrten. Es ist wirklich gelungen,
Frieden zu schaffen mit weniger Waffen.

Als Abgeordneter des Wahlkreises Neu-Ulm, den ich
acht Legislaturperioden habe vertreten dürfen, muss ich
sagen: Dort standen die Pershing II mitten in der Stadt. Ich
werde nie die Prozession vergessen, bei der sich an einem
Wochenende etwa 500 000 Menschen, von Stuttgart nach
Neu-Ulm, aneinander reihten und so gegen den Doppel-
beschluss sowie gegen die Nachrüstung protestiert haben.
Dadurch ist nicht eine Rakete verschrottet worden. Aber
durch die konsequente Politik der Regierung unter
Helmut Kohl sind alle Raketen und alle Atomwaffen in
dieser Region verschwunden. Heute gibt es dort Behin-
derteneinrichtungen, eine Fachhochschule, Dienstleis-
tungsgewerbe, Kindergärten und anderes mehr. Damit
sind auf friedliche Weise aus Schwertern tatsächlich
Pflugscharen geworden. Wir haben Frieden geschaffen
mit weniger Waffen. Dies steht auf der Habenseite deut-
scher Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Bundeskanzler, die wirtschaftliche Lage, die Sie
geschildert haben, steht natürlich in einem umgekehrt




Dr. TheodorWaigel

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proportionalen Verhältnis zur Realität. Sie sprechen zwar
von einem Aufschwung; aber keiner sieht ihn. Sie spre-
chen zwar von positiven Zukunftserwartungen der Wirt-
schaft; aber tatsächlich waren die Ifo- und „Handelsblatt“-
Indikatoren zuletzt rückläufig. Die Wirtschaft dümpelt
vor sich hin. Einer leichten Bewegung in der Industrie ste-
hen Einbrüche im Groß- und Einzelhandel, eine Talfahrt
im Handwerk und eine anhaltende Flaute auf dem Bau-
sektor gegenüber.

Nun eine ganz nüchterne Bilanz dessen, was Sie 1998
vorgefunden haben und was heute ist: Die Zahl der Ar-
beitslosen liegt aktuell bei rund 4 Millionen; im Oktober
1998 waren es 3,9 Millionen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: 4,8 Millionen Arbeitslose waren es! Das ist doch ein falscher Vergleich! Oktober! Was ist denn das?)


Das Wachstum für 2002 wird auf real 0,75 Prozent ge-
schätzt; 1998 betrug es 2 Prozent. Die Staatsquote bewegt
sich seit vier Jahren unverändert bei etwa 48,5 Prozent. Es
stammt nicht von der CDU/CSU, sondern ist aus der
„Neuen Zürcher Zeitung“ zitiert, wenn ich sage:

Deutschland ist in Europa vom Klassenprimus zum
Sitzenbleiber abgestiegen.

(Joachim Poß [SPD]: Wann waren wir denn Primus?)

Die Schwächen sind, wie ich bereits vorhin sagte, zu-

mindest zur Hälfte hausgemacht. Ihre Steuerreform hat
den Mittelstand benachteiligt und das hat in diesem Be-
reich zu einer Depression geführt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben erst jetzt den Mut, Vorschläge zu mehr Flexibi-
lität auf dem Gebiet des Arbeitsrechts aufzugreifen. Dies
ist viel zu spät. Wenn Sie mit uns gemeinsam zumindest
einen Teil dessen, was wir über all die Jahre vorgeschla-
gen haben,


(Jörg Tauss [SPD]: Oh! Oh! – Horst Kubatschka [SPD]: Sie sind ein Witzbold!)


verwirklicht hätten, dann stünden wir heute auf dem Ar-
beitsmarkt wesentlich besser da, als dies jetzt der Fall ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zum Staatsdefizit. Sie werden nicht bestreiten kön-
nen, dass wir im Evaluierungsjahr 1997, als es um die
Feststellung der Maastricht-Kriterien in ganz Europa
ging, ein Haushaltsdefizit von 2,7 Prozent hatten. Im Jahr
danach, 1998, betrug es 1,7 Prozent, nach neueren statis-
tischen Berechnungen 2,1 Prozent. Jedenfalls war unsere
Situation, was das Staatsdefizit anbelangt, in 1998 we-
sentlich besser als die Ihre heute. Vor diesem Hintergrund
können Sie nicht von einem Erfolg Ihrer gesamtstaatli-
chen Finanzpolitik in Deutschland sprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Im September wird es die Möglichkeit geben, über
Ihren Haushaltsplan zu diskutieren. Nur, wie der Bundes-
finanzminister auf die Idee kommen kann, niedrigere

Zinsausgaben anzusetzen, das bleibt bisher für alle Fach-
leute ein Geheimnis. Selbst die beiden Manager der neuen
Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH, Peter
Jabcke und Gerhard Schleif, haben vor einiger Zeit in ei-
nem Interview gesagt: „Es ist schwerer geworden, die
Benchmark-Position zu verteidigen.“ Wie sollen denn
dann im nächsten Jahr angesichts der konjunkturellen
Lage die Zinsen gesenkt werden können? Hier werfen Sie
vor der Wahl systematisch mit Nebelkerzen.


(Karl Diller, Parl. Staatssekretär: Das ist falsch!)


– Jetzt ruft der berühmteste Staatssekretär aller Zeiten aus
dem Finanzministerium, das sei falsch. Es lohnt sich
wirklich nicht, sich mit Ihnen, Herr Staatssekretär, ausei-
nander zu setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Noch ein Wort, was den blauen Brief aus Brüssel an-
belangt, an Ihre Adresse, Herr Bundeskanzler. Ich hatte
den Eindruck, dass der Bundesfinanzminister und der
Bundesaußenminister diese Angelegenheit etwas anders
gehandhabt hätten, als Sie es dann getan haben. Sie führen
sich in Europa wie ein Rumpelstilzchen auf, obwohl die
Kommission nichts anderes getan hat, als die in diesem
Zusammenhang bestehenden Richtlinien und Verordnun-
gen, die ich ziemlich genau kenne, ernst zu nehmen und
umzusetzen sowie festzustellen, inwiefern Sie vom Stabi-
litätsprogramm abweichen und ob Sie in Richtung eines
Haushaltsdefizites von 3 Prozent tendieren. Dies ent-
sprach dem Frühwarnsystem, das durch die entsprechen-
den Richtlinien und Verordnungen vorgegeben ist. Die
Kommission hat also absolut richtig gehandelt.

Ich will Ihnen einmal eines sagen: Wir sind 1995, nach-
dem wir das Defizit der Treuhandanstalt und die Schulden
der Bundesbahn, die vorher nicht im Bundeshaushalt und
nicht im öffentlichen Gesamthaushalt enthalten waren,
einbezogen haben, über die 3-Prozent-Defizit-Grenze ge-
kommen. Damals hat mir die Kommission natürlich mitge-
teilt, dass wir dieses Kriterium von Maastricht nicht mehr
einhalten. Wir haben diesen Umstand genutzt, um im Ka-
binett, im Haushaltsausschuss, im Parlament und in der Öf-
fentlichkeit dafür zu werben, die Konsolidierungsanstren-
gungen zu verstärken, um das selbst gesteckte europäische
Ziel zu erreichen. Das hätten auch Sie tun sollen. Das wäre
besser für Europa und besser für Deutschland gewesen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte heute – ich

habe es gestern nachzählen lassen – die 169. Rede in die-
sem Hause; sie ist meine letzte. Ich verlasse dieses Hohe
Haus nach 30 Jahren freiwillig, weil ich zeigen möchte,
dass ich noch resozialisierungsfähig bin. Mein Freund
Hermann Höcherl hat immer befürchtet, dass man, wenn
man zehn Jahre dabei ist, nicht mehr resozialisierungs-
fähig sei. Das möchte ich nicht sein.

Ich habe Grund, vielen Menschen zu danken, zunächst
den Wählern meines Wahlkreises, aus Neu-Ulm, aus
Günzburg und zum Teil auch aus dem Landkreis Unter-
allgäu. Ich habe der Landesgruppe und der CDU/CSU-




Dr. TheodorWaigel
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Bundestagsfraktion für die Chancen und die großartige
Solidarität zu danken, die ich in 30 Jahren erfahren habe.
Mein ganz besonderer Dank gilt dir, Michael Glos, für
große Freundschaft und Noblesse auch in schwieriger Zeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ganz herzlichen Dank dir und der Landesgruppe, aber
natürlich auch Ihnen, Herr Merz, und Ihren Vorgängern
als Fraktionsvorsitzende!

Ich bedanke mich bei dem früheren Bundeskanzler
Helmut Kohl für das Vertrauen, die Freundschaft und die
Kollegialität in den Jahren von 1989 bis 1998 in der Bun-
desregierung. Es war eine großartige Zeit, in der wir mit-
einander Politik machen durften.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern der Landes-
gruppe, der Fraktion, des Parlaments und auch des Bun-
desfinanzministeriums. Ich bedanke mich bei meinen Si-
cherheitsbeamten, ohne die ich nicht mehr am Leben
wäre. Ich schließe Sie, Herr Schily, in diesen Dank aus-
drücklich ein. Ich danke meinen europäischen Partnern im
Ecofin-Rat, in der Kommission und in der Europäischen
Zentralbank, den Verantwortlichen in der G 7, der G 8,
dem IWF, der Weltbank und anderen, mit denen ich gut
zusammengearbeitet habe.

Am 20. Juni 1973 habe ich meine erste Rede im alten
Plenarsaal gehalten. Ich schlotterte vor Angst; denn unten
saß Herbert Wehner. Natürlich, kaum hatte ich Bert
Brecht zitiert, aus Schwaben kommend, kam der erste
Zwischenruf zum Thema: „Haushälter und Brecht, wo
passt das zusammen?“


(Heiterkeit)

Gott sei Dank fiel mir eine halbwegs passable Antwort
ein. – Es waren große Persönlichkeiten und Altvordere,
denen ich hier begegnen durfte: Ludwig Erhard, Kurt
Georg Kiesinger, Franz Josef Strauß, Karl Carstens,
Hermann Höcherl, Willy Brandt, Herbert Wehner und
Helmut Schmidt, den ich heute noch gerne treffe, aber
auch Hans-Dietrich Genscher und viele andere vonseiten
der FDP, mit denen ich über die 16 Regierungsjahre gut
zusammengearbeitet habe.

Was mich sehr bewegt hat, waren Totenreden für
Johnny Klein und Richard Stücklen oder für Michaela
Geiger in Garmisch.

In meinen 30 Jahren in diesem Hohen Haus waren wir
16 Jahre in der Regierung und 14 Jahre in der Opposition.
Herr Bundeskanzler, ich kämpfe dafür, dass wir wieder in
die Regierung kommen, weil ich meine Zeit hier mit ei-
nem positiven Ergebnis abschließen will. Damit das klar
ist!


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

Es gab schwere Stunden, Niederlagen, Vorwürfe,

Rücktrittsforderungen – das gehört zum Ritual, war in der
Zitterprämie inbegriffen – und Blockaden.

Es gab aber auch gute Stunden. Ich denke dabei an den
alten Plenarsaal – der nicht so schön war wie dieser – und

meine erste Rede vor einem gesamtdeutschen Parlament.
Ich denke an die deutsche Währungsunion – vor wenigen
Tagen waren es zwölf Jahre –, den Einigungsvertrag, den
Überleitungsvertrag. Ich durfte seinerzeit den ersten Ver-
trag des souveränen Deutschland unterzeichnen. Ich
denke auch an die Ratifizierung des Maastricht-Vertrages,
den Stabilitätspakt, die Europäische Währungsunion.

Eine Reihe von Herausforderungen waren ganz persön-
licher Natur. Ich denke an den NATO-Doppelbeschluss,
den ich schon vorher erwähnt habe, an die Hauptstadtfrage,
die wir kontrovers diskutierten, an die Wehrmachtausstel-
lung, wo ich mich frei meldete und meine Emotion zum
Ausdruck brachte, an die unglaublichen Debatten um den
Schutz des Lebens, um Embryonenschutz und -forschung.
All das hat uns auch ganz persönlich elementar bewegt.

Es waren mehr als 200 Besuchergruppen aus meiner
Heimat hier. Die schönsten Besuche waren die der Behin-
dertengruppen aus meiner Heimat Ursberg. Wir haben
einmal zusammen Fußball gespielt. Gott sei Dank war die
Fußballmannschaft des Bundestages so anständig, ein
Unentschieden – 4 : 4 – zuzulassen. Stellen Sie sich vor,

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424802700
Ich musste Linksaußen spielen, weil
unter den Sozis keiner war, der links schießen konnte.


(Heiterkeit)

Das waren schon ungewöhnliche Erlebnisse.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um
Entschuldigung für manches unüberlegte und verletzende
Wort. Als ich mich bei meinem Vorgänger Hans Apel ein-
mal für etwas entschuldigte, weil ich ihn wirklich zu Un-
recht beleidigt hatte, sagte der: Hören Sie auf, Waigel, ich
habe Sie doch viel öfter beleidigt! – Seitdem ist diese Ge-
schichte jedenfalls erledigt. Ich bedanke mich für Rück-
sicht und Fairness in schwerer Zeit, vor allem auch beim
politischen Gegner. Das werde ich nicht vergessen.

Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel oder sind
mitten in ihm, in einer völlig veränderten Zeit. Als Lan-
desgruppenvorsitzender hatte ich ein Büro im Reichs-
tagsgebäude, auf der Ostseite des Parlaments, das einen
Blick über die Mauer direkt auf ein Stasi-Gebäude ge-
währte. In diesem Gebäude, heute wunderschön reno-
viert, sitze ich heute und blicke als frei gewählter Abge-
ordneter auf den Reichstag und auf dieses Parlament. Das
ist großartig. Es erfüllt mich mit großer Dankbarkeit und
mit großem Glück, daran mitgewirkt zu haben und dabei
gewesen zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein letztes
Wort zum Selbstbewusstsein des Parlaments sagen. Wir
brauchen mehr Chancengleichheit gegenüber Exekutive
und anderen Akteuren. Gerade als jemand, der sowohl als
Abgeordneter als auch als Mitglied der Regierung hier in
der ersten Reihe saß, kann ich dazu etwas sagen. Gott sei
Dank ist wenigstens eines, zumindest zum Teil, erreicht
worden: dass Fraktionsvorsitzende nicht schlechter ge-
stellt sind als Minister. Aber ich bin der Meinung, der Vor-
sitzende des Haushaltsausschusses sollte nicht schlechter
gestellt sein als der Staatssekretär im Finanzministerium




Dr. TheodorWaigel

25051


(C)



(D)



(A)



(B)


und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses leistet
sicher keine schlechtere Arbeit als der Staatsminister im
Auswärtigen Amt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir brauchten eine völlig andere, differenzierte Struktur
mit mehr Leistungsanreizen. Was das Bundesverfas-
sungsgericht in der Sicht entschieden hat, war falsch und
müsste eigentlich korrigiert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie uns große Ziele tradieren: den Frieden in
Freiheit, die Freundschaft der Generationen und das Eu-
ropa der Vaterländer in einer globalen Welt. Gerade der Euro
ist die Antwort der Europäer auf die Globalisierung der
Welt. Er ist nicht nur etwas Ökonomisches, er ist nicht nur
etwas Währungspolitisches. Dr. Josef Müller hat 1946, aus
dem KZ kommend, wo er neben Bonhoeffer stand, gesagt:
Wir brauchen eine gemeinsame europäische Währung, weil
Länder, die eine gemeinsame Währung haben, nie mehr
Krieg gegeneinander führen. – Manche mögen das als
überhöht und vielleicht pathetisch ansehen, aber ganz si-
cher haben wir damit einen entscheidenden Beitrag zum
Frieden in Europa und in der Welt geleistet.

Mein Motto, meine lieben Freunde, lautet: „non dege-
nerabo“. Das heißt: Ich werde nicht aus der Art schlagen
und ich lasse mich nicht verbiegen. 1959, als ich in mei-
ner Heimat Krumbach Abitur machte, hieß das Thema des
Abituraufsatzes: „An dem Prinzip des Parlamentarismus
sollte man festhalten: dass man nicht etwas ist, weil man
gewählt wird, sondern dass man gewählt wird, weil man
etwas ist“. Ich hoffe, dass mir dies in der Realität einer 30-
jährigen Abgeordnetentätigkeit gelungen ist. Ihnen allen
viel Glück und Gottes Segen!

Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der PDS – Die Abgeordneten von CDU/CSU und FDP erheben sich)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424802800
Herr Kollege
Dr. Waigel, Sie hören den langen Beifall der Kolleginnen
und Kollegen des gesamten Hauses. Betrachten Sie ihn als
symbolisches Dankeschön für Ihre 30-jährige Tätigkeit in
diesem Hohen Haus. Ich denke, Sie haben wie wenige Po-
litikerinnen und Politiker in diesem Land Spuren hinter-
lassen. Es werden sich noch Generationen an Haushalts-
debatten mit Ihnen erinnern.

Vielen Dank für Ihr Engagement, insbesondere in der
Bundesregierung in einer Zeit, die tatsächlich in die Ge-
schichte eingehen wird, und vielen Dank für Ihr Engage-
ment auf dem internationalen Parkett.

Für Ihren neuen Lebens- und Arbeitsabschnitt wünsche
ich Ihnen alles Gute im Namen aller Kolleginnen und
Kollegen des gesamten Hauses. Wir sind alle sicher, dass
uns Ihre Stimme weiterhin erhalten bleibt. Vielen Dank!


(Beifall)


Wir fahren in der Debatte fort. Das Wort hat der Kol-
lege Dirk Niebel für die FDP-Fraktion.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1424802900
Frau Präsidentin! Meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren! Herr Kollege Waigel, als Sie
das erste Mal in dieses Parlament gewählt wurden, war ich
neun Jahre alt. Das, was Sie an Politik gestaltet haben,
nötigt Respekt ab. Doch bei allem Respekt vor Ihren Leis-
tungen bitte ich um Nachsicht: Ich komme wieder, des-
halb muss ich nach vorn schauen. Wir wollen dafür sor-
gen, dass die Arbeitslosigkeit in diesem Land beendet
wird und wir endlich für die Menschen, die außerhalb un-
serer Erwerbsgesellschaft stehen, Chancen zum Wieder-
einstieg schaffen. Deswegen komme ich zum Thema der
heutigen Debatte zurück.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Der Bundeskanzler steht für die Arbeitsmarktpolitik

dieser Regierung und er hat vor Beginn seiner Amtszeit
am 21. September 1998 gesagt:

Wenn wir es nicht schaffen, die Arbeitslosenquote
signifikant zu senken, dann haben wir es weder ver-
dient, wieder gewählt zu werden, noch werden wir
wieder gewählt.

An diesem Anspruch muss sich der Kanzler immer wie-
der messen lassen.


(Beifall bei der FDP)

Deswegen ist unumgänglich festzustellen, dass die Ar-

beitslosigkeit in Deutschland seit Dezember 2000, also
seit anderthalb Jahren, saisonbereinigt ansteigt. Der ent-
scheidende Unterschied zwischen 1998 und 2002 besteht
darin, dass 1998 – auf zugegeben katastrophal hohem Ni-
veau – die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist, während
sie 2002 im Vergleich zum Vorjahr – auf geringerem Ni-
veau – kontinuierlich steigt. Das sind die Auswirkungen
Ihrer verfehlten Arbeitsmarktpolitik.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FDP-Bundestagsfraktion hat im Laufe der letzten
vier Jahre immer wieder versucht, mit gesetzgeberischen
Initiativen und mit Anträgen die notwendigen Reform-
schritte in diesem Haus gegen die Verkrustungen am Ar-
beitsmarkt und zur „Entriesterung“ der Arbeitsmarktpoli-
tik umzusetzen. Wir sind von Ihnen immer wieder
beschimpft worden und unsere Anträge wurden unter Ab-
singen schmutziger Lieder abgelehnt.

Umso mehr freut es uns, dass sich die bisher bekannt
gewordenen Vorschläge der Hartz-Kommission in
großen Teilen mit dem decken, was wir immer beantragt
und Sie abgelehnt haben, wobei Sie uns soziale Kälte vor-
geworfen haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist richtig, dass man den Arbeitsmarkt deregulieren
muss, um Chancen für diejenigen zu schaffen, die außer-
halb sind. Denn eines muss klar sein, Herr Bundeskanzler
– leider ist er gerade nicht da –: Arbeitslosigkeit ist die




Dr. TheodorWaigel
25052


(C)



(D)



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(B)


größte Freiheitsberaubung, die man Menschen in einer
modernen arbeitsteiligen Gesellschaft zufügen kann.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])


Deshalb ist es unsere Aufgabe, diese Freiheitsberaubung
zu bekämpfen, anstatt „mit ruhiger Hand“ und Politikver-
weigerung zu reagieren.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat diejenigen Punkte,
die bisher aus den Hartz-Vorschlägen öffentlich bekannt
geworden sind und die wir schon beantragt haben, in
Form eines Entschließungsantrags heute zur Abstimmung
gestellt, um zu sehen, wie reformwillig Sie tatsächlich
sind. Wir hatten bereits am 14. März dieses Jahres einen
Gesetzentwurf zur Reform des Arbeitnehmerüberlas-
sungsgesetzes eingebracht, den Sie in der letzten Sit-
zungswoche des Deutschen Bundestages mit Ihrer Mehr-
heit von den Ausschussberatungen abgesetzt haben. Auch
gestern haben Sie sich geweigert, ihn abschließend zu dis-
kutieren, damit heute hier über ihn abgestimmt werden
kann. Diese Art von Politikverweigerung, diese Arroganz
der Macht werden wir nicht mitmachen. Deshalb haben
wir diesen Antrag als Änderungsantrag zum OFFENSIV-
Gesetz der Union heute wieder eingebracht und beantragt,
im Anschluss an diese Debatte über ihn namentlich ab-
stimmen zu lassen.

Sie sollen die Chance haben, vor der Bundestagswahl
die Kernpunkte des Hartz-Vorschlags zum Thema Zeitar-
beit hier zu beschließen und Gesetz werden zu lassen. Sie
können sich hinterher nicht damit herausreden, dass die
Zeit nicht mehr gereicht hätte. Sie hätten die Zeit gehabt
und haben heute die Zeit, im Hinblick auf eine Änderung
des OFFENSIV-Gesetzes gesetzgeberisch tätig zu werden.

Ich verspreche Ihnen, dass wir Ihnen jede andere Hil-
festellung geben werden, die Sie benötigen. Am 16. Au-
gust wird die Hartz-Kommission ihre Vorschläge vorle-
gen. Wir schlagen Ihnen vor, den Bundestag zu einer
Sondersitzung am 20. August einzuberufen und im An-
schluss den Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung über
eine Anhörung beschließen zu lassen. Diese Anhörung
könnte am 26. August stattfinden. Am 10. September
könnte der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung ab-
schließend beraten, sodass alles, was gesetzgeberisch not-
wendig ist, in der Haushaltswoche im September hier in
diesem Hause beschlossen werden könnte. Wir werden
Sie nicht mit der Ankündigung davonkommen lassen,
dass Sie reformwillig seien, wenn Sie die Chancen zur
Umsetzung nicht nutzen und den Beweis Ihrer Reform-
fähigkeit nicht erbringen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Weiermann [SPD]: So ein Blödsinn!)


Herr Bundeskanzler, stellen Sie sich bitte das, was ich
jetzt sage, einmal bildlich vor; vielleicht wird das Ihre Re-
formwilligkeit ein wenig beflügeln. Wenn Sie das, was
wir Ihnen vorschlagen, nicht machen, dann verspreche ich
Ihnen schon heute: Die Freien Demokraten werden Sie
mit den Hartz-Vorschlägen umarmen, bis Ihnen die Luft
ausgeht.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD)


Ich hoffe darauf, dass meine Bitte, sich das vorzustellen, Sie
dazu befähigt, hier endlich Nägel mit Köpfen zu machen.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Das ist ein Stil! Das ist typisch FDP!)


Bemerkenswert ist, dass der Bundesarbeitsminister
in der gesamten Debatte über die Hartz-Ergebnisse und in
dieser wichtigen Debatte über die Arbeitsmarktpolitik
nicht zu hören war. Mittlerweile ist er auch nicht mehr zu
sehen. Offenkundig ist er nach dem Peter-Prinzip an der
Endstufe seiner Leistungsfähigkeit angelangt. Daher
sollte er einen Antrag auf Frühverrentung stellen.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat klare und konkrete
Vorschläge gemacht. Sie stellen für Sie heute den Lack-
mustest dar. Wenn die rote Lösung weiterhin Politikver-
weigerung heißt, dann wird dies – das verspreche ich Ih-
nen – der Bevölkerung sauer aufstoßen. Sie haben jetzt die
Chance, Menschen die Möglichkeit zu geben, wieder am
Erwerbsprozess teilzunehmen. Die FDP ist allein schon
deshalb die Partei der sozialen Verantwortung, weil wir
Sie dazu treiben werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Weiermann [SPD]: Ach du grüne Neune!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424803000
Nächste Rednerin ist
die Kollegin Pia Maier für die PDS-Fraktion.


Pia Maier (PDS):
Rede ID: ID1424803100
Frau Präsidentin! Meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu dem Frei-
heitsbegriff, den Herr Niebel hier gerade vorgestellt hat,
sage ich: Freiheit braucht Sicherheit.


(Beifall bei der PDS – Dirk Niebel [FDP]: Freiheit ist wählbar!)


Deshalb nutze ich die Zeit, einen unserer zentralen An-
träge darzustellen. Eine Möglichkeit, die Wirtschaft durch
Binnennachfrage zu stärken, den Arbeitsmarkt in Gang zu
bringen und die Armut in diesem Land zu bekämpfen, ist
die Einführung eines existenzsichernden Mindestlohns,
der den Menschen die Sicherheit bietet, in Freiheit leben
zu können.

Die PDS-Fraktion fordert einen Mindestlohn, der für
alle Branchen in Ost und West gleich ist; denn bittere Rea-
lität ist leider, dass immer mehr Betriebe nicht nach Tarif
bezahlen. Schon in ganzen Regionen vor allem im Osten
wird immer häufiger immer weniger Lohn gezahlt. Nied-
riglöhne werden immer stärker ausgeweitet. 150 000 Voll-
zeitarbeitskräfte bekommen ergänzende Sozialhilfe.
Größer wird auch die Zahl derer, die gearbeitet haben,
aber dann, wenn sie arbeitslos oder in Rente sind, von
ihren Bezügen nicht mehr leben können, weil die niedri-
gen Löhne nicht für Lohnersatzleistungen ausreichen, die
das Existenzminimum decken. Dass Arbeit arm macht,
können wir nicht akzeptieren.


(Beifall bei der PDS)

Für die PDS ist dies ein unhaltbarer Zustand, ein Zu-

stand, der von den Tarifparteien alleine nicht mehr repariert




Dirk Niebel

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(C)



(D)



(A)



(B)


werden kann. Hier ist der Sozialstaat gefordert. Der Sozi-
alstaat hat ein Interesse an ausreichenden Löhnen, weil
dann im Regelfall kein Anspruch auf ergänzende Sozial-
hilfe besteht, weil dann die Rente reicht und nicht die Al-
tersarmut vorprogrammiert ist und mit Steuermitteln aus-
geglichen werden muss.

Die Einführung eines existenzsichernden gesetzlichen
Mindestlohnes ist ein einmaliger Akt des Parlaments, um
einen Mindeststandard bei den Stundenlöhnen zu schaf-
fen. Auf dieser gesetzlichen Grundlage bekommen die
Gewerkschaften wieder den nötigen Spielraum, um in den
Tarifverhandlungen auch für mehr zu kämpfen, wobei wir
sie gern unterstützen.

Die PDS fordert 9,42 Euro für jede gearbeitete Stunde,
egal was, egal ob in Ost oder West.


(Beifall bei der PDS)

Heute verdient ein Fensterputzer in Hessen 11,25 Euro in
der Stunde, in Mecklenburg-Vorpommern nur 8 Euro.
Gäbe es einen Mindeststundenlohn von 9,42 Euro, wären
das für den Fensterputzer in Mecklenburg-Vorpommern
ab sofort 1,42 Euro mehr in der Stunde. Für den hessi-
schen Fensterputzer würde sich nichts ändern. Er würde
weiterhin 11,25 Euro pro Stunde verdienen, wenn er nach
Tarif angestellt ist, denn selbstverständlich gilt hier das
Günstigkeitsprinzip. Von Gleichmacherei nach unten hal-
ten wir nichts.


(Beifall bei der PDS)

Dieser Vorschlag stärkt die Tarifautonomie, weil sich

dann der Ausstieg aus den Tarifverträgen für die Arbeitge-
ber nicht mehr lohnt. An einen Mindestlohn müssen sich alle
halten. Die Einhaltung des Mindestlohns müsste auch wirk-
lich kontrolliert werden. Schummeln gilt nicht. Von Arbeit
muss man leben können, Arbeit darf nicht arm machen.


(Beifall bei der PDS)

Im Gegensatz zu diesem Vorschlag laufen die Vor-

schläge der Hartz-Kommission darauf hinaus, dass Ar-
beit insgesamt billiger werden soll, dass weniger verdient
werden soll. Die Hartz-Kommission und viele andere
wollen den Arbeitslosen zumuten, dass sie für weniger als
ihr bisheriges Arbeitslosengeld arbeiten sollen. Das Ar-
beitsamt soll auch in Jobs vermitteln dürfen, bei denen
nicht nach Tarif bezahlt wird.

Für die Arbeitslosen ist dies leider schon heute Rea-
lität. Was glauben Sie denn, welche Arbeit die Arbeitslo-
sen im Osten noch angeboten bekommen? Billiglöhne
sind die Regel. Vor allem aber gibt es kaum noch Arbeits-
plätze, die das Arbeitsamt anbieten kann. Das ist das zen-
trale Problem.


(Beifall bei der PDS)

Statt mit Beschäftigungspolitik versuchen Sie, dieses

Problem mit Billigjobs und Personalserviceagenturen zu
lösen, mit denen das Arbeitsamt selbst die Leute verleiht.
Mit solchen Aktionen lösen Sie das Problem der Massen-
arbeitslosigkeit nicht. Von Niedriglöhnen kann man nicht
leben. Wer so arbeitet, ist weiter auf staatliche Unterstüt-
zung angewiesen, egal ob sie Sozialhilfe oder Eingliede-
rungsgeld heißt. Eine existenzsichernde Arbeit haben

Leute mit Billigjobs nicht, aber die Arbeitslosenstatistik
sieht dann besser aus. Aber solch eine Bekämpfung der
Arbeitslosen und nicht der Arbeitslosigkeit tragen wir
nicht mit.


(Beifall bei der PDS)

Sie bekämpfen wirklich nur Arbeitslose und das ist keine
Lösung dieser Probleme.

Die Leistungen für Arbeitslose sollen gekürzt werden.
Damit soll der nötige Druck entstehen, damit noch
schlechter bezahlte Arbeitsplätze angenommen werden
müssen. Dies setzt insgesamt die Spirale des Lohndum-
pings in Gang: Mehr Menschen, die für weniger Geld ar-
beiten müssen, üben auf diejenigen Druck aus, die noch
Arbeit zu besseren Bedingungen haben. Damit werden
normale Vollzeitstellen in Billigjobs umgewandelt. Herr
Hartz will aus verarmten Arbeitslosen arbeitende Arme
machen. Dies ist unverschämt.


(Beifall bei der PDS)

Mit solchen Vorschlägen – die kommen natürlich nicht

nur aus der Hartz-Kommission, sondern auch die CDU
und die FDP fordern dies schon lange, wie das heute
schon richtig bemerkt worden ist – höhlen sie vor allem
die Sozialversicherungen noch weiter aus. Die Arbeitslo-
senversicherung böte kaum noch Schutz. Nach zwei Jah-
ren Arbeitslosigkeit bliebe nur noch die Sozialhilfe, egal
wie viel und wie lange vorher eingezahlt wurde.

Damit würde die Reihe sozialpolitischer Sabotageakte
fortgesetzt. Rot-Grün hat dafür gesorgt, dass die Rente
den Lebensstandard nicht mehr sichert, dass man jetzt sel-
ber vorsorgen muss, und zwar privat, denn die Riester-
Rente hilft nur ein bisschen.

Die Angriffe auf die Krankenkassen kommen vor al-
lem von der Union und der FDP. Mit Zuzahlungen und der
Zweiklassenmedizin droht eine schlechtere Versorgung
für die Patienten, die nicht viel zuzahlen können.

Die Sabotage der Arbeitslosenversicherung, die Priva-
tisierung der Arbeitsvermittlung und die Abschaffung der
Arbeitslosenhilfe gehen jetzt in den Kommissionen wei-
ter. Was Sie hier vorschlagen, ist eine neue, sozial unge-
rechte Ordnung des Arbeitsmarktes. Sie finanzieren den
Kampf gegen die Arbeitslosigkeit aus Leistungen für Ar-
beitslose, statt endlich umzuverteilen und Steuern zu er-
höhen, um Investitionen überhaupt wieder tätigen zu kön-
nen. Das ist eine Demontage des Sozialstaates. Nur
Reiche können sich einen armen Staat leisten. Deren Po-
litik betreiben Sie alle hier.

Danke.

(Beifall bei der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424803200
Der nächste Redner ist
der Kollege Franz Thönnes für die SPD-Fraktion.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Jetzt kommt wieder der rosa Schleier!)



Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1424803300
Frau Präsidentin! Liebe Kol-
leginnen und Kollegen! Es ist gut, dass man sich am Ende




Pia Maier
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(C)



(D)



(A)



(B)


der Legislaturperiode mit dem zentralen Thema, das die
Menschen in der Gesellschaft interessiert, nämlich die
wirtschaftliche Situation und die Arbeitslosigkeit, aus-
einander setzt. Es ist auch gut, die aktuelle Lage, die
sicherlich besser sein könnte und an der noch zu arbeiten ist,
zu betrachten. Sie muss, unterstützt durch einen konjunktu-
rellen Aufschwung in den nächsten Monaten, besser wer-
den. Es ist aber auch notwendig, Bilanz zu ziehen, zu
schauen, was getan worden ist, und dies nicht zu ignorieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Von 1998 bis 2002 gab es einen Aufwuchs bei der Zahl

der Erwerbstätigen um gut 1 Million. Einen derartigen
Beschäftigtenaufwuchs hat es in den ganzen 90er-Jahren
nicht gegeben. Dies muss als ein ganz zentrales Resultat
festgehalten werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Jetzt kommt wieder die Trickserei mit der Scheinselbstständigkeit und den geringfügig Beschäftigten!)


Die sich festsetzende Zahl der Langzeitarbeitslosen ist
um 280 000 gesunken. Erstmals haben wir die Chance, in
einen neuen Aufschwung hineinzukommen, ohne dass
sich der Sockel der Langzeitarbeitslosen verbreitert und
erhöht hat. Das ist ein gutes Signal.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Verringerung der Zahl der arbeitslosen Schwer-

behinderten wurde durch das Gesetz dieser Regierungs-
koalition gut auf den Weg gebracht. Die Zahl ist zwi-
schenzeitlich um ungefähr 20 Prozent gesunken. Wir
werden unser Ziel, im Oktober 25 Prozent zu erreichen,
mit Sicherheit verwirklichen. Das ist für diejenigen auf
dem Arbeitsmarkt, die es ganz besonders schwer haben,
in die Betriebe hineinzukommen, eine gute Leistung.


(Beifall bei der SPD)

Sie haben unser neues Teilzeitgesetz bekämpft; Sie

wollen es abschaffen.

(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Ja!)


Nehmen Sie zur Kenntnis: Seit dem In-Kraft-Treten die-
ses Gesetzes hat es 320 000 neue Teilzeitjobs gegeben.
Der Erfolg spricht für uns und nicht für Sie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Reden Sie das Bündnis fürArbeit nicht schlecht! Län-

gerfristige Tarifpolitik, Reform des Flächentarifvertrages,
Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer, Abbau von Überstunden, Verbesserung der Rahmen-
bedingungen für Weiterbildung, Verbesserung der Vo-
raussetzungen für Altersteilzeit, Einstieg für gering
Qualifizierte und Langzeitarbeitslose in Beschäftigung,
Modellprojekte zur Zusammenarbeit von Arbeitsämtern
und Sozialämtern, um Langzeitarbeitslosen und Sozial-
hilfeempfängern wieder eine Perspektive zu geben, För-
derung von Teilzeit sowie die Verlängerung der
Befristungsmöglichkeiten und die Erhöhung der aktiven
Arbeitsmarktpolitik von – es geht um den Anteil, den die
aktive Arbeitsmarktpolitik an den Gesamtausgaben für
die Arbeitsmarktpolitik hat – 29,1 Prozent auf 33,1 Pro-
zent – das alles sind Resultate eines guten Zusammenwir-

kens von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Regierung.
Das ist genau das Gegenteil dessen, was Sie in Ihrer letz-
ten Legislaturperiode getan haben. Sie haben das Bündnis
für Arbeit zum Scheitern gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ein Wort zu den Jugendlichen. Ich glaube, dass es gut

war, viermal 2Milliarden DM in die Hand zu nehmen, um
damit gut 460 000 jungen Menschen eine neue Perspek-
tive für Ausbildung und Beruf zu geben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist allemal besser, als wenn das Geld investiert wird,
um gesellschaftliche Reparaturleistungen durchzuführen,
die später umso teurer werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vorhin wurde Ostdeutschland angesprochen. 50 Pro-

zent dieser Mittel gegen Jugendarbeitslosigkeit gehen in
die neuen Länder. Circa 12 Milliarden Euro – das ist unge-
fähr die Hälfte – stehen für die aktive Arbeitsmarktpolitik
in den neuen Ländern zur Verfügung. Ich denke, das zeigt,
dass die Menschen in Ostdeutschland dieser Regierung
nicht gleichgültig sind.

Wir wissen aber auch, dass es nicht allein mit Mitteln
der Arbeitsmarktpolitik getan ist, sondern dass auch in
Forschung und Entwicklung investiert werden muss. So
werden zum Beispiel 270 Millionen Euro für Innovatio-
nen in Klein- und Mittelbetrieben zur Verfügung gestellt.
In diesem Jahr werden fast 1,5 Milliarden Euro für For-
schung und Entwicklung in Ostdeutschland gezahlt. Von
1999 bis 2002 haben wir 10 Milliarden Euro in die Bun-
desfernstraßen und 6,5 Milliarden Euro in die Schiene in-
vestiert. Mit dem Solidarpakt II wird in den nächsten Jah-
ren – bis 2019 – ein Volumen von 156Milliarden Euro für
Investitionen und damit auch für die Schaffung von Per-
spektiven und Arbeitsplätzen zur Verfügung stehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube schon, dass wir jetzt für ein Wiederansprin-
gen der Konjunktur gut gerüstet sind. Der weltweite Auf-
schwung hat auch Deutschland erfasst. Er wird ab der
zweiten Jahreshälfte – das sagen fast durchgängig alle
Wirtschaftsforschungsinstitute – an Fahrt gewinnen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es gibt überhaupt keine Probleme!)


Jetzt geht es um die verstärkte Förderung von Wachs-
tum und neuer Arbeit, schnellere Arbeitsvermittlung,
rechtzeitige Qualifizierung und mutige, aber auch solide
Reformen der Erneuerung in der Arbeitsverwaltung. Wir
wollen den Menschen eine Perspektive in der Wirtschaft
geben und soziale Gerechtigkeit erreichen, indem wir
Arbeitsplätze schaffen.


(Beifall bei der SPD)

Die ersten Ideen der Hartz-Kommission, die als Er-

gebnisse bekannt geworden sind, sind unkonventionell
und von sozialer Ausgewogenheit gekennzeichnet.


(Dirk Niebel [FDP]: Das waren sie aber noch nicht, als wir sie beantragt haben!)





Franz Thönnes

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(B)


Dass dabei die Richtung stimmt, dass hier Erneuerung mit
sozialer Gerechtigkeit verbunden wird


(Dirk Niebel [FDP]: Genau wie in unseren Anträgen!)


und die Reform des Arbeitsmarktes nicht nur einseitig be-
trachtet wird, dass Beschäftigung Vorrang hat, dies aber
zukunftsorientiert und sozial ausgewogen gestaltet wird,
muss dabei das Augenmaß sein.


(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist es ganz entscheidend, dass es ein sozial aus-
gewogenes Gesamtkonzept gibt und sich nicht jeder nach
Gutdünken das herauspickt, was ihm gerade in den Kram
passt, und alles andere außer Acht lässt.


(Dirk Niebel [FDP]: Genau das, was der Kanzler gut fand!)


Wir sind gut beraten, abzuwarten, wie die Gesamtvor-
schläge aussehen, die von Arbeitgebern, Gewerkschaften,
Wirtschaft und Wissenschaft in der Kommission erarbei-
tet werden.

Es ist klar: Zügige Vermittlung muss absoluten Vor-
rang haben. Menschen müssen schnell die Möglichkeit
bekommen, wieder in Arbeit zu gelangen. Es ist richtig
und wichtig, dass auch im Bereich der Mobilität und der
Kompromissbereitschaft Zumutbarkeitskriterien neu de-
finiert und auf die Lebenssituation der Betroffenen abge-
stellt werden.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Also stimmt unserem Antrag zu!)


Die Erfolge der Modelle zur Zusammenarbeit der Ar-
beitsämter und der Träger der Sozialhilfe zeigen uns in
Köln und auch in anderen Städten, dass es darauf an-
kommt, den Menschen Hilfen aus einer Hand und aus ei-
nem Gesamtkonzept anzubieten. Es darf nicht sein – ei-
nige in diesem Hause verfolgen mit ihren Anträgen dieses
Ziel –, auf Sozialhilfeempfänger Druck auszuüben, um so
Beschäftigung zu erreichen.


(Dirk Niebel [FDP]: So ein Quatsch!)

Nein, es geht darum, die dementsprechende Arbeit zu ak-
quirieren, damit die Menschen wieder in Beschäftigung
kommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit der Pauschalierung des Arbeitslosengeldes soll
die Bearbeitung der Anträge auf Arbeitslosengeld schnel-
ler vorangehen, die Bürokratie abgebaut und die Leistun-
gen schneller wirksam werden, damit sich mehr helfende
Hände um die Vermittlung der Arbeitslosen kümmern
können. Wir wollen Kräfte aus der Leistungsabteilung in
die Vermittlungsabteilung umsetzen. Die Vermittlung
muss absolute Priorität haben. Eine unbürokratische Pau-
schalierung ist noch lange keine Kürzung. Mit uns ist an
dieser Stelle keine Kürzung zu machen. Das müssen alle
wissen, wenn wir über diese Frage diskutieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wo gekürzt wird, sehen wir ganz deutlich: Sie kürzen

bei Ihrer so genannten Wirtschaftsfachkraft, Herrn Späth.

Bei seiner Größe ist das sowieso eine unzumutbare Hand-
lung, die Ihnen untersagt werden müsste. Herr Späth hat
Vorschläge der Hartz-Kommission als revolutionäre
Ideen bewertet. Er wurde dann von Ihnen, von der Spitze
Ihrer Partei und Ihrer Fraktion, niedergemacht und
zurückgeholt. Herrn Späth nach vorne rudern zu lassen
und nach hinten den Anker zu werfen, das ist ein schöner
Geleitzug! Er wird am 22. September erfolglos sein.


(Beifall bei der SPD)

Wo ist denn eigentlich Ihr Inkompetenzteam-Leiter?

Wir haben gehört, er sei in irgendeinem Hotel. Ich sage
Ihnen: Er kann mit Theo Waigel in Bayern bleiben. Das
wird auch nach dem 22. September so sein.


(Joachim Poß [SPD]: Dagegen wird sich Herr Waigel verwahren! Er will nicht mit ihm zusammenarbeiten!)


Ich denke, Herr Stoiber wird Herrn Waigel im Ruhestand
gute Gesellschaft leisten können.


(Beifall bei der SPD)

Ganz im Ernst: Welches Bild gibt die Union ab? Späth

bezeichnet die Vorschläge als revolutionär, Stoiber ist da-
gegen, Wissmann hält sie für interessant, Seehofer geißelt
sie als bloßen Bluff, Merz erklärt sie zum Medienspekta-
kel. Kurzum: Die Union weiß nicht, was sie will. Der Ge-
neralsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Hand-
werks, Herr Schleyer, erklärt, Sie liefen Gefahr, in altes
Schubladendenken zu verfallen. Ich sage Ihnen: Da Sie
Ihr Kompetenzteam noch nicht ganz komplett haben, soll-
ten Sie vielleicht noch den Exlandwirtschaftsminister
Herrn Borchert hinzuholen. Ich will gar nichts über des-
sen Ahnung von Landwirtschaftspolitik sagen, aber er
weiß zumindest, wie man mit einem solchen Hühnerhau-
fen, wie Sie ihn zurzeit darstellen, umgeht.


(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns etwas genauer anschauen, was Sie alles

vorhaben. Sie, die Unionsparteien und die FDP, schreiben
in Ihre Programme hinein, dass Sie die Arbeitslosenhilfe
auf das Sozialhilfeniveau absenken wollen.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Das schlägt Herr Hartz auch vor!)


Das ist mit uns Sozialdemokraten nicht zu machen, weil
wir wissen, dass die Globalisierung nicht weniger Ge-
rechtigkeit, sondern mehr soziale Leitplanken braucht,
wenn Erneuerung in der Gesellschaft gestaltet werden
soll.


(Beifall bei der SPD)

Sie verfallen zurzeit in Hektik, bringen Anträge ein und

können nicht abwarten. Die Kommission hat schließlich
gerade einmal ihre Zwischenergebnisse vorbereitet. – Das
zeigt ganz deutlich, dass Sie kein schlüssiges Konzept zur
Bekämpfung der aktuellen Herausforderungen in der Ar-
beitsmarktpolitik haben. Was Sie einbringen, ist nicht
durchdacht. Wenn man aber etwas nicht zu Ende gedacht
hat, kann es schon einmal passieren, dass jemand völlig
durchknallt. So muss das wohl vor einigen Tagen gewe-
sen sein, als der Kollege Glos sozusagen als Stoibers
Michel mit verbalen Ausfällen den Versuch unternommen




Franz Thönnes
25056


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(A)



(B)


hat, als Verteidigungsexperte in das Inkompetenzteam
aufgenommen zu werden. Wie man einen Vergleich der
Hartz-Vorschläge mit der V-2-Rakete aus der Nazizeit an-
strengen kann, ist mir rätselhaft.


(Zurufe von der SPD: Pfui! Pfui!)

Was ich aber weiß, ist, dass das an Niveaulosigkeit und
Respektlosigkeit gegenüber den Mitgliedern der Kom-
mission nicht mehr zu unterbieten ist.


(Beifall bei der SPD)

Damit reihen Sie sich, Herr Glos, in die orientierungslose
Argumentation zu den Reformvorschlägen ein. Es ist „ge-
schmacksglos“, sozusagen das Ende der Legislaturperi-
ode mit dem Ende des ZweitenWeltkriegs gleichzusetzen.
Wir befinden uns nicht im Dritten Reich. Wir führen
Wahlkampf und nicht Krieg. Herr Glos, nehmen Sie das
bitte zur Kenntnis.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Wir befinden uns hier im Deutschen Bundestag!)


Ihr OFFENSIV-Gesetz hört sich schön an, greift aber
im Kern viel zu kurz, weil es Mittel vom Bund in die Län-
der hinein umverteilen will. Am Ende soll der Bund zah-
len, aber nichts mehr zu sagen haben. Sie wollen es den
Ländern überlassen, wie Zumutbarkeitskriterien und
Sanktionsmechanismen gegenüber Sozialhilfeempfän-
gern funktionieren sollen. Das bedeutet ungleiche Le-
bensbedingungen und ist letztlich verfassungswidrig. Da-
mit wird das Parlament zum sechsten Mal in die Situation
gebracht – wie Sie es während Ihrer Regierungszeit schon
fünfmal getan haben –, anschließend ein Urteil des Ver-
fassungsgerichts umzusetzen, damit die Verfassung in
diesem Land eingehalten wird. Das wäre die Realität,
wenn Ihr vorliegender Gesetzentwurf Zustimmung fände.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben im September bei den Haushaltsberatungen
Gelegenheit, Ihre Vorstellungen zu dem Programm „3 x 40“
bzw. „3 x 35“ vorzulegen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Die liegen schon heute auf dem Tisch! Sie müssen sie nur lesen können! Die IG Papier lässt grüßen!)


Wir sind sehr gespannt, wie Ihre Vorstellungen, die bei zu-
sätzlichen Ausgaben und weniger Steuern im Kern nicht
zu finanzieren sind, in die Praxis umgesetzt werden sol-
len. Wir warten gespannt darauf.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424803400
Herr Kollege
Thönnes, Sie müssen jetzt bitte zum Schluss kommen.


Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1424803500
Wir warten auf die Vorschläge
der Hartz-Kommission, die am 16.August vorgelegt wer-
den.

Das Bild im Parlament ist wieder einmal klar: Auf der
einen Seite herrscht völlige Verweigerung. Sie wollen alle
sozialen Leitplanken einreißen und wissen nicht, was Sie

wollen. Die einzige Gruppierung, die in der Lage ist, das
Land zu modernisieren und dabei soziale Gerechtigkeit zu
wahren, ist die rot-grüne Koalition. Diese Koalition wird
am 22. September mit Sicherheit den Regierungsauftrag
für die nächsten vier Jahre bekommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424803600
Für die Fraktion der
CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Peter Rauen.


Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1424803700
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Herr Thönnes, alle scheinba-
ren Erfolge, die Sie aufgezählt haben, ändern nichts daran,
dass wir in der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Deutsch-
land vor einem Scherbenhaufen stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So ein Unsinn!)


Allein in der Zeit, während der wir über dieses Thema
diskutieren, haben in Deutschland 15 mittelständische
Unternehmen Konkurs angemeldet. Alle 15 Minuten
meldet in Deutschland eine Firma Insolvenz an.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vor allen Dingen in Bayern!)


Berücksichtigt man zudem, dass jede Stunde eine weitere
Firma – ohne insolvent zu sein – aufhört, weil es sich nicht
mehr lohnt, den Betrieb weiterzuführen, wird die ganze
Dramatik sichtbar, mit der wir es zurzeit mit verheerenden
Folgen für den Arbeitsmarkt in Deutschland zu tun haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das alles ist nicht auf weltwirtschaftliche Widrigkeiten

zurückzuführen, wie es uns heute Morgen der Bundes-
kanzler weiszumachen versucht hat. Wie sonst wäre zu er-
klären, dass Deutschland in Europa beim Wirtschafts-
wachstum Schlusslicht und bei der Nettoneuverschuldung
Spitzenreiter ist? Wie sonst wäre zu erklären, dass der Ex-
port nach wie vor zu positiven Wachstumsraten in
Deutschland beiträgt, im letzten Jahr 1,6 Prozent,
während die Binnenwirtschaft im letzten Jahr um 1 Pro-
zent geschrumpft ist? Nur deshalb hatten wir letztlich
0,6 Prozent Wirtschaftswachstum. Wir haben das Problem
in der Binnenwirtschaft, bei denen, die nicht über Gren-
zen hinweg operieren können. Das gilt für einen großen
Teil der Mittelständler und auch für die Arbeitnehmer in
Deutschland.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Arbeits-
markt ist das Spiegelbild der verfehlten Wirtschafts-, Fi-
nanz- und Sozialpolitik dieser rot-grünen Regierung. Er
ist auch die Achillesferse dieser Regierung; denn
Schröder wollte ja an seinen Erfolgen auf dem Arbeits-
markt gemessen werden. Wenn man bedenkt, dass in den
letzten drei Jahren jährlich 200 000 ältere Menschen mehr
aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, als junge
Menschen eingetreten sind, dann ist dieser „Erfolg“ auf
dem Arbeitsmarkt mit Sicherheit ein Grund für Kanzler
Schröder, am 22. September überhaupt nicht mehr anzu-
treten, wenn er mit dem Versprechen, das er bei seiner Re-
gierungsübernahme abgegeben hat, Ernst macht.




Franz Thönnes

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(C)



(D)



(A)



(B)


Friedrich Merz hat es schon erwähnt: Seit Januar 2001
steigt die Arbeitslosigkeit saisonbereinigt Monat für Mo-
nat an.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Leider wahr!)

Wir hatten im Mai dieses Jahres 260 000 Arbeitslose mehr
zu verzeichnen als noch im Dezember 2000.


(Doris Barnett [SPD]: Aber weniger als bei Ihnen!)


Spiegelbildlich ist die Zahl der Erwerbstätigen saisonbe-
reinigt um 180 000 gesunken.


(Peter Dreßen [SPD]: Ach, hören Sie doch auf! Es gibt 1,2 Millionen mehr Arbeitsplätze!)


Das sind in der Statistik ausgewiesene Zahlen. Die
tatsächliche Entwicklung verläuft wahrscheinlich noch
schlechter.

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Arbeits-
marktstatistik vom Mai 2002 anschaut, fällt auf, dass im
Vergleich mit dem Vorjahresmonat die Zahl der Arbeits-
losen um 225600 gestiegen ist, während die Zahl der über
55-jährigen Arbeitslosen um 115500 zurückgegangen ist.
Das hat, wie man aus den Arbeitsämtern hört, offenbar da-
mit zu tun, dass die nach dem Job-AQTIV-Gesetz einge-
stellten 2000 Vermittler – angebliche Vermittler – haupt-
sächlich damit beauftragt sind, die Statistik zu bereinigen
und zu erreichen, dass ältere Menschen erklären, dass sie
für den Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen,
damit sie aus der Statistik verschwinden. Das ist die Wahr-
heit über das, was im Moment vorsichgeht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Das ist genau der Punkt! Trickserei! – Peter Dreßen [SPD]: Das ist Ihre Wahrheit!)


Trotzdem wird die Regierung nicht müde, sich ihrer
angeblichen Erfolge auf dem Arbeitsmarkt zu rühmen.
Kanzler Schröder hat wieder die 1,2 Millionen zusätzli-
chen Beschäftigten genannt. Wahr ist: Im Gegensatz zu
früher werden die 630-Mark-Jobs heute mitgezählt.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: So ist es!)

Wahr ist, Herr Thönnes, dass eine Zunahme der Teil-

zeitarbeit festzustellen ist; Sie haben die Zahlen eben ge-
nannt. Aber wahr ist auch, dass das Arbeitsvolumen in
Deutschland, gerechnet in Erwerbstätigenstunden, im
Jahr 2002 weniger betragen wird als im Jahr 1998. Aber
nur für die Arbeitsstunden, die die Menschen wirklich
leisten, werden Steuern und Abgaben gezahlt. Die
Schwierigkeiten bei den Sozialversicherungskassen ha-
ben auch damit zu tun, dass Arbeitsvolumen weggebro-
chen ist und damit die Beitragszahlungen eingebrochen
sind. Die Geschichte mit den angeblich zusätzlichen Be-
schäftigten wird entlarvt, wenn man bedenkt, dass das Ar-
beitsvolumen, das im Jahre 1997 zu wachsen begonnen
und dessen Wachstum sich 1998 fortgesetzt hat, 1999 sta-
gnierte und im letzten Jahr massiv eingebrochen ist.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Sie müssen bei der Wahrheit bleiben!)


Das ist mit der Grund dafür, dass wir auch beim Wirt-
schaftswachstum verheerende Einbrüche haben.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat
die Chance verpasst, durch strukturelle Reformen auf
dem Arbeitsmarkt die Beschäftigungsschwelle für Ar-
beitssuchende zu senken. Alle wissen: Die Arbeitsmärkte
müssen dereguliert, flexibilisiert und entriegelt werden.
Das sagen die Forschungsinstitute, das hat Ihnen auch der
Sachverständigenrat jedes Jahr ins Gutachten geschrie-
ben. Das sagt auch die von Ihnen einberufene Benchmar-
kinggruppe, deren Ergebnisse aber mit spitzen Fingern
fallen gelassen wurden.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Was sagt Stoiber?)


Der Bundesregierung hat der Mut gefehlt, aus den vor-
handenen Einsichten die politischen Konsequenzen zu
ziehen. Sie hat den Arbeitsmarkt nicht flexibilisiert, son-
dern zusätzlich reglementiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Ein bisschen konkreter!)


Wir haben in Deutschland kein Erkenntnisproblem,
sondern ein Umsetzungsproblem.


(Joachim Poß [SPD]: Sie haben nicht mal die Erkenntnisse gewonnen!)


Deshalb bringt es uns keinen Schritt voran, dass mit ruhi-
ger Hand weitere Kommissionen eingesetzt werden. Des-
halb hat es auch etwas Irreales, wenn die Bundesregierung
jetzt den Eindruck erweckt, als könne sie es gar nicht
mehr erwarten, dass die Hartz-Kommission endlich
ihren Bericht vorlegt, damit sie sich aufgrund völlig neuer
Erkenntnisse an die Arbeit machen könne.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Ihr könnt nur alles mies machen!)


Ich sage dazu: Sie haben fast vier Jahre nichts getan und
lassen kurz vor der Wahl eine Luftblase starten, um die
Menschen noch einmal zu irritieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Ihr hattet doch gar nichts!)


Soviel wir bisher wissen, enthalten die Vorschläge der
Hartz-Kommission durchaus Dinge, die auch in unserem
Programm stehen. Der Bundesrat legt heute ein Gesetz
vor, dem Sie ohne weiteres zustimmen können. Wenn Sie
das tun würden, dann wären wichtige Forderungen der
Hartz-Kommission bereits erfüllt und könnten umgesetzt
werden. Es geht aber bei den Vorschlägen dieser Kom-
mission im Wesentlichen nur um Vermittlung


(Jörg Tauss [SPD]: „Nur“ Vermittlung? – Franz Thönnes [SPD]: Vermittlung ist nicht „nur“!)


und Arbeitsbewirtschaftung, nicht aber um die Schaffung
zusätzlicher Arbeitsplätze in Deutschland. Wir brauchen
keine staatlich organisierte Leiharbeit, sondern eine
Entriegelung unseres Arbeitsmarktes. Wie man das schaf-
fen kann, haben wir in unserem Entschließungsantrag,
den wir heute in den Bundestag eingebracht haben, deut-
lich und dezidiert dargelegt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Dünnes Geblubber! Nichts als dünnes Geblubber ist der Antrag!)





Peter Rauen
25058


(C)



(D)



(A)



(B)


Eine weitere schwere Hypothek ist die Situation der öf-
fentlichen Finanzen. Ein Bundesland nach dem anderen
muss wegen enormer Steuerausfälle Haushaltssperren
verhängen. Die Kommunen wissen nicht mehr, wie sie ihre
Investitionsvorhaben finanzieren sollen. Die Regierung
hat folgende Grundregel jeder soliden Finanzpolitik außer
Acht gelassen: Der Staat kann Steuern und Abgaben nur
auf das erheben, was die Wirtschaft zuvor erarbeitet hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es gibt deshalb keine gesunden Staatsfinanzen ohne eine
gute Wirtschaftspolitik, die die Voraussetzungen für
Wachstum und Beschäftigung schafft.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Deshalb dürfen Sie auch nicht an die Regierung kommen!)


Die jetzt bekannt gewordenen Steuerausfälle in Höhe
von 65 Milliarden Euro bis 2005 sind doch der Beweis
dafür, dass diese Grundregel außer Acht gelassen worden
ist. Noch vor 19 Monaten ging die Regierung davon aus,
dass das Bruttoinlandsprodukt 2001 um 2,75 Prozent und
2002 um 2,5 Prozent wachsen wird. In Wirklichkeit ist das
Wachstum in diesem Zeitraum um 4 Prozentpunkte ge-
ringer ausgefallen. Das entspricht einem Betrag von rund
80 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich bei einer Steuer-
und Abgabenquote von rund 43 Prozent ein Betrag von
34 Milliarden Euro, die in diesem Jahr dem Bund, den
Ländern, den Gemeinden und den Systemen der sozialen
Sicherung fehlen.


(Joachim Poß [SPD]: Was ist das für eine Logik!)


Deshalb gibt es keine Alternative dazu, dass die Politik mit
einem stringenten Konsolidierungskurs dafür sorgt, dass
den Unternehmern und den Arbeitnehmern netto wieder
mehr in der Tasche verbleibt. Der Staat muss weniger von
dem verbrauchen, was die Menschen erarbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Staatsquote muss gesenkt werden. Dazu gibt es

keine Alternative.

(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Weg mit dem Sozialismus!)

Ich halte es für verantwortungslos, wenn der Bundes-
kanzler – das hat er heute Morgen in seiner Regierungs-
erklärung wieder getan – das Senken der Staatsquote mit
sozialem Kahlschlag und Verarmung derjenigen gleich-
setzt, die es besonders nötig haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Hat er nicht! – Franz Thönnes [SPD]: Eure Vorschläge!)


Ich erinnere nur an Folgendes: Ihr Wirtschaftsminister
Müller hat 1999 einen Wirtschaftsbericht vorgelegt, in
dem er ausgeführt hat, dass die Staatsquote auf 40 Prozent
zurückgeführt werden müsse. Er hat ausdrücklich er-
wähnt, dass dies mit sozialem Kahlschlag nichts zu tun
habe. Bundeskanzler Schröder hat sich dies in einem In-
terview mit einer Wiener Zeitung zu Eigen gemacht. Auf
die Frage, ob es ein Paradigmenwechsel ist, die Staats-
quote zu senken, hat er geantwortet, er sehe darin eher
eine Annäherung an die Realität. Wenn ein Kanzler ein

solch wichtiges wirtschafts- und finanzpolitisches Vorha-
ben gegen bessere Einsichten als sozialen Kahlschlag ver-
teufelt, dann ist das verantwortungslos.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Jetzt stellen Sie doch einmal klar, wie Sie das finanzieren wollen!)


Weil das eine der zentralen Forderungen unseres
Regierungsprogramms ist – Theo Waigel hat dazu schon
gesprochen –, will ich noch auf Folgendes hinweisen: Von
1983 bis 1989 ist es gelungen, die Staatsquote um rund
5 Prozentpunkte zu senken.


(Jörg Tauss [SPD]: Von über 50 Prozent!)

Ergebnis waren 3Millionen mehr Arbeitsplätze, und zwar
sozialversicherungspflichtige. Ergebnis war eine Redu-
zierung der Nettoneuverschuldung von 38Milliarden DM
auf 17 Milliarden DM.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424803800
Herr Kollege Rauen,
Sie müssen langsam zum Schluss kommen.


Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1424803900
Ja. – Ergebnis war, dass
die größte Steuerreform, die wir je hatten, finanziert wer-
den konnte. Ergebnis war auch, dass das Sozialbudget in
dieser Zeit nicht gesunken, sondern gestiegen ist.

Das heißt: Wenn wir wirklich Zukunft gewinnen wol-
len, haben wir keine Alternative. Wir müssen alles tun, da-
mit der Staat weniger von dem verbraucht, was wir alle er-
arbeiten, und damit den Menschen wieder mehr von ihrem
Lohn, ihrem Gehalt oder ihrem Gewinn verbleibt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sonst werden wir die Zukunft in Deutschland nicht besteh-
en.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Wir brauchen weniger Schröder und weniger Sozialismus!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424804000
Das Wort hat der Herr
Kollege Klaus Brandner für die Fraktion der SPD.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der Schönfärber! Der Diskussionsverweigerer! Der Aussitzer! Der setzt alles von der Tagesordnung ab!)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1424804100
Keine gefärbten Haare, keine
Sorge! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen! Die heutige Debatte zeigte neben der Wahl-
kampfrhetorik von Schwarz-Gelb zumindest, dass eines
in den Mittelpunkt der Debatte rückt, nämlich die Zukunft
der Arbeit. Sie muss auch im Mittelpunkt der politischen
Auseinandersetzung stehen. Das ist gut so; denn das ist
das Thema, das die meisten Menschen in unserem Land
brennend interessiert.

Zwei Richtungen stehen sich, kurz gesagt, gegenüber:
Die Opposition fordert im Kern vor allem Deregulierung,




Peter Rauen

25059


(C)



(D)



(A)



(B)


Niedriglohnkonzepte und mehr Druck auf Arbeitslose.
Sie hat allerdings nichts dazu dargelegt, wie sie damit
tatsächlich Arbeitsplätze schaffen will.


(Beifall bei der SPD)

Allenfalls kommt es dadurch zu einer allgemeinen Lohn-
senkung, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das scheint
ja auch Ihre Strategie zu sein.

Wir halten diese Strategie für unzureichend und falsch.
Die SPD und die Koalition insgesamt setzen vor allem auf
die Stärken Deutschlands, das heißt qualifizierte Arbeit,
Forschung und Entwicklung, eine aktivierende Sozialpo-
litik. In unserem Land steckt nämlich ein riesiges Zu-
kunftspotenzial. Wir können uns auf hoch motivierte und
qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ver-
lassen. Wir wollen die Bildungsreserven ausschöpfen,
Frauenerwerbstätigkeit steigern sowie die hohe Kompe-
tenz und Erfahrung älterer Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer zielgerichtet einsetzen.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Ja wie denn?)

Mit hoher Produktivität erreichen wir auch hohe Löhne
und gute Arbeitsbedingungen. Nicht Abbau und mehr
Druck, sondern Aufbau und Fördern und Fordern sind an-
gesagt.


(Beifall bei der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Ja wie denn? Dann macht es doch! Ihr stellt doch die Regierung! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was macht denn der Herr Hartz?)


Die Beschäftigungspolitik ist mehr als Arbeitsmarktpo-
litik. Dazu gehören auch Finanz-, Wirtschafts- und Bil-
dungspolitik. Wenn alle zusammenwirken, dann wird da-
raus eine erfolgreiche Beschäftigungspolitik.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was macht ihr denn?)


Erheblichen Einfluss auf die Beschäftigungspolitik,
Herr Schauerte, hat darüber hinaus die Tarifpolitik. Die
Tarifvertragsparteien sind näher am Ball. Sie können vie-
les besser regeln, jedenfalls dann, wenn die Rahmenbe-
dingungen stimmen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie könnten!)


50 000 Tarifverträge sind ein Musterbeispiel für Flexibi-
lität in unserem Land. Auch daran zeigt sich die hohe
Leistungsfähigkeit der deutschen Tarifpolitik. Man muss
nicht jeden einzelnen Tarifvertrag gut finden – das erwar-
ten wir auch gar nicht von Ihnen –, aber man muss aner-
kennen: In der Summe der Tarifverträge steckt langfristig
viel Bewährtes und viel Gutes für die Beschäftigung in un-
serem Land. Deshalb werden wir Ihren Plänen, in der
Tarifvertragsgesetzgebung herumzufummeln und dafür zu
sorgen, dass Tarifverträge nicht mehr flächendeckend ein-
heitliche Arbeitsbedingungen und einheitliche Mindest-
standards setzen, dauerhaft eine Absage erteilen.


(Beifall bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Herr Kollege, Sie sind ein Teil des Problems!)


Ihnen schmeckt die bewährte Tarifautonomie nicht.
Tarifsicherheit ist Ihnen, wie wir hören, ein Dorn im Auge.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Wir sind doch nicht auf dem Gewerkschaftstag hier! Das ist die falsche Rede! – Wolfgang Weiermann [SPD]: Was soll der Quatsch? Das ist viel zu wichtig!)


Auch mit den wohlklingendsten Umschreibungen lenken
Sie von Ihren tatsächlichen Absichten ab: Betriebsräte
und Gewerkschaften in diesem Land sollen durch Ihre Po-
litik geschwächt werden. Damit verschlechtern Sie die
Arbeitsbedingungen. Das lassen wir nicht zu.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jeder Angriff auf die Tarifautonomie, den Sie durch die
Hintertür planen, wird von uns entschieden zurückgewie-
sen. Im Gegensatz zu Ihnen danken wir den Betriebsräten
in diesem Land und wir danken den Gewerkschaften, weil
sie für sozialen Fortschritt in diesem Land gesorgt haben.
Sie haben sich um die Beschäftigung verdient gemacht.
Ich wiederhole: Dafür danken wir ihnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Walter Hirche [FDP]: Dann sollten Sie ein bisschen mehr Haltung annehmen! – Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Wie sagte Gorbatschow: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben! Das fällt mir dazu ein!)


Den Eckpfeiler für einen integrierten Politikansatz bil-
det nach unserer Überzeugung das Bündnis für Arbeit,
Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit. Wir alle wis-
sen, dass die Politik und auch die Bundesregierung allein
die Probleme am Arbeitsmarkt nicht lösen können. Wir
brauchen dazu einen breiten gesellschaftlichen Konsens.

Wenn man die unterschiedlichen Ausgangspositionen
berücksichtigt, dann erkennt man, dass sich die Ergebnisse
im Bündnis für Arbeit durchaus sehen lassen können. Die-
ses Bündnis ist vor allem langfristig und strategisch ange-
legt. Wir streben an, die einzelnen beschäftigungspolitisch
relevanten Bereiche noch stärker zu verzahnen. Die Bun-
desregierung wird sich noch stärker einschalten und trotz-
dem die Tarifautonomie bewahren.

Wir verfolgen eine gemischte Strategie aus Angebots-
und Nachfragepolitik.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das ist aber gefährlich!)


Steuersenkungen kommen in erster Linie Arbeitnehmern
und ihren Familien sowie dem Mittelstand zugute. Damit
stärken wir die Kaufkraft. Auch mit der ökologischen
Steuerreform fördern wir indirekt Arbeitsplätze, nämlich
durch die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge.

Ein Beispiel dafür, wie Sie in der heutigen Debatte
Wahlkampfpolemik betreiben, ist der Redebeitrag von
Herrn Merz, der von einem explosionsartigen Anstieg der
Krankenversicherungsbeiträge und von einem Abbau
der Krankenversicherungsleistungen gesprochen hat.
Dazu ganz kurz ein paar Daten. Durchschnittlicher Kran-
kenversicherungsbeitrag am 1. Januar 1991: 12,3 Prozent.
Durchschnittlicher Krankenversicherungsbeitrag am 1. Ja-
nuar 1995: 13,11 Prozent. Durchschnittlicher Krankenver-
sicherungsbeitrag am 1. Januar 1998: 13,84 Prozent.




Klaus Brandner
25060


(C)



(D)



(A)



(B)


Durchschnittlicher Krankenversicherungsbeitrag im ersten
Quartal 2002: 13,98 Prozent. Wo der explosionsartige An-
stieg liegt, wird jeder schnell nachvollziehen können:


(Joachim Poß [SPD]: Das ist typisch Merz!)

in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Keine Ahnung!)


Eines will ich Ihnen sagen: Sie belasten den Wahlkampf
nicht nur mit solch falschen Darstellungen, sondern Sie
sind sich auch nicht dafür zu schade, zu verschweigen,
dass wir Ihre verfassungswidrige Politik korrigieren muss-
ten. Die Bürgerinnen und Bürger wurden dadurch belas-
tet, dass die Krankenversicherungen Beiträge aus Ein-
malzahlungen und Jahressonderzahlungen abkassiert
haben, ohne dafür Leistungen anzubieten.


(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/ CSU]: Sie verringern die Leistung!)


Das mussten wir korrigieren. Das hat dazu geführt,
dass wir zusätzliche Aufgaben und Leistungen überneh-
men mussten.

Außerdem mussten wir Leistungen übernehmen, weil
Sie die chronisch Kranken durch Zuzahlungen bei den
Medikamenten, beim Krankenhausaufenthalt usw. be-
straft haben. Sie haben den kleinen Leuten in die Tasche
gegriffen. Wir haben sie entlastet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben dafür gesorgt, dass beispielsweise die Rehabi-
litation in der Krankenversicherungspolitik wieder eine
Bedeutung hat. Sie waren das Streichorchester; wir waren
das Aufbauorchester.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir sorgen dafür, dass die Solidarität in der Kranken-

versicherung erhalten bleibt: Jung für Alt, Gesund für
Krank. Das ist das Prinzip, zu dem wir stehen. Wir wer-
den dieses Prinzip auch in der nächsten Legislaturperiode
nicht verlassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie sind das Abbruchunternehmen!)


Die Unternehmensteuerreform – das ist ein weiterer
Schritt bei der Schaffung von mehr Arbeitsplätzen – ist
auch im Hinblick auf die internationale Wettbewerbs-
fähigkeit vorzeigbar. Die gemischte Strategie, die wir in
der Arbeitsmarktpolitik verfolgt haben, werden wir fort-
setzen, weil es uns zuerst darum geht, Arbeitslose so
schnell wie möglich in den ersten Arbeitsmarkt zu inte-
grieren. Das bedeutet ganz klar den Vorrang von Maß-
nahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik vor Lohnersatz-
leistungen. Es geht um Aktivierung und den Erhalt der
Beschäftigungsfähigkeit. Das steht im Übrigen auch im
Einklang mit der EU.

Mit dem Job-AQTIV-Gesetz haben wir, wie Sie wis-
sen, ein modernes Arbeitsförderungsgesetz geschaffen,
das Vermittlung, Qualifizierung und Beschäftigungs-

chancen von Arbeitslosen verbessert. Die Eingliede-
rungspläne, die auf den einzelnen Arbeitslosen zuge-
schnitten sind, sind verbindlich. Jetzt geht es darum, sie
konsequent anzuwenden und die arbeitsmarktpolitischen
Instrumente nach dem Prinzip des Förderns und Forderns
voranzubringen. Das Fördern kommt im Übrigen bei uns
zuerst; denn wenn es keine Angebote gibt, hilft auch der
Knüppel nicht. Wir stehen dazu: Auch der Einzelne soll
sich selbst helfen, soweit er kann. Das ist unser Prinzip.
Wir verfolgen nicht das Prinzip der sozialen Hängematte,
sondern wir wollen die Menschen aktivieren, in den Be-
schäftigungsprozess hineinzugehen, und helfen da, wo es
notwendig ist, mit zusätzlichen Maßnahmen.


(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn die Menschen Verän-

derungen akzeptieren sollen, brauchen sie zunächst ein-
mal ein sicheres Fundament unter den Füßen. Sicherheit
und Flexibilität müssen kein Widerspruch sein. Vor allen
Dingen braucht die Jugend eine Perspektive. Deshalb ha-
ben wir im Übrigen auch zu Beginn unserer Regierungs-
zeit mit dem JUMP-Programm dafür gesorgt, dass der
Jugend neue Chancen eröffnet werden.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Warum steigt die Jugendarbeitslosigkeit um 15 Prozent?)


Über 460 000 Teilnehmer sind zwischenzeitlich in dem
Programm gewesen; es hat damit dazu beigetragen, dass
die Jugendarbeitslosigkeit erfolgreich bekämpft werden
konnte und zurückgegangen ist. In den Rundumschlägen,
die Herr Merz und andere hier austeilten, war vom Job-
AQTIV-Gesetz und vom JUMP-Programm nicht die
Rede. Sie haben es verschwiegen.

Wir helfen da, wo es notwendig ist. Wir haben für mehr
Ausbildungsplätze gesorgt und erstmals ist das Angebot
wieder größer als die Nachfrage. Sie wissen, dass wir im
internationalen Vergleich beim Abbau der Jugendarbeits-
losigkeit Spitze sind. Dass uns das alles nicht reicht, ist
richtig. Aber wir lassen uns doch von Ihnen diese Erfolge
nicht kleinreden. Das hilft doch den Jugendlichen nicht
weiter. Helfen Sie, meine Damen und Herren, doch mit,
Perspektiven aufzubauen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Gerd Müller [CDU/ CSU]: 15 Prozent! Die Jugendarbeitslosigkeit steigt!)


Ab Juli führen wir eine Jugendteilzeit ein, um eine Be-
schäftigungsbrücke für junge Menschen zu bauen. Das
Problem an der zweiten Schwelle darf doch nicht über-
sehen werden. Wir wollen mit der Beschäftigungsbrücke
insbesondere jungen Menschen im Osten in der Heimat
eine Perspektive geben, um der Abwanderung entgegen-
zutreten. Auf diesen Gedanken sind Sie nicht gekommen.
Gefordert sind dabei im Übrigen die Arbeitgeber und die
gesamte Gesellschaft. Den jungen Menschen muss Mut
gemacht werden, damit sie dieses Angebot annehmen,
und den Arbeitgebern gesagt werden: Wenn ihr jetzt ange-
sichts des zu erwartenden Geburtenrückgangs nicht vor-
baut, vorsorgt und präventiv tätig werdet, dann wird euer
Klagen und Jammern über einen Facharbeitermangel in der
Zukunft wie Schall und Rauch vergehen. Baut jetzt bitte die
Brücken in die Zukunft. Wenn Sie eine verantwortliche




Klaus Brandner

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(C)



(D)



(A)



(B)


Politik betrieben, würden Sie mithelfen und mit uns dazu
auffordern, diese Angebote anzunehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424804200
Herr Kollege
Brandner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Schauerte?


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1424804300
Bitte.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1424804400
Herr Kollege
Brandner, Sie rühmen gerade die Erfolge bei der Bekämp-
fung der Jugendarbeitslosigkeit. Die Zahlen sprechen
eine gänzlich andere Sprache. Wie können Sie sich erklä-
ren, dass die Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen unter
25 Jahren im April 2002 in Bayern bei 5,2 Prozent und
in Baden-Württemberg bei 6,1 Prozent, aber in Nord-
rhein-Westfalen bei 9 Prozent und in Niedersachsen, wo
der Bundeskanzler Schröder herkommt, bei 9,3 Prozent
lag? Wie können Sie sich diesen Unterschied erklären?
Sind nicht auch Sie der Meinung, dass CDU-Regierungen
bei der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit erfolg-
reicher waren als Ihre Freunde?


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das nun gerade nicht! Schauerlich!)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1424804500
Herr Schauerte, ich würde
Sie gerne zurückfragen: Wie können Sie sich erklären,
dass die Jugendarbeitslosigkeit in den 90er-Jahren unter
einer CDU/CSU-Regierung kontinuierlich gestiegen ist


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Wo?)

und nach Übernahme der Regierung durch die rot-grüne
Koalition seit 1999 kontinuierlich zurückgeht?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen: Wir haben eine andere Politik gemacht.
Wir haben den Menschen geholfen. Wir betreiben Politik
nicht kleinklein wie Sie, indem Sie jetzt einen bundes-
länderspezifischen Wahlkampf betreiben.


(Peter Dreßen [SPD]: Setzen, sechs!)

Nun, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und

Kollegen, möchte ich noch kurz auf die Frage eingehen,

(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Sind die zwölf Minuten Redezeit noch nicht um?)

wie wir mit den Sozialhilfeempfängern, die in unser
Konzept voll einbezogen sind, zukünftig umgehen. Die
MoZArT-Projekte zur besseren Zusammenarbeit von
Arbeits- und Sozialämtern laufen aus unserer Sicht sehr
erfolgreich. Die intensiven Gespräche mit Praktikern aus
beiden Ämtern vor Ort zeigen aber auch, dass es mit der
platten Forderung nach einer Zusammenlegung von Ar-
beitslosen- und Sozialhilfe nicht getan ist. Hinter dieser
Formel versteckt sich nur ein weiterer Sozialabbau, der
bei den Menschen Ängste schürt, aber keinen Beitrag zur
Integration der Betroffenen in den Arbeitsmarkt leistet.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Meine Damen und Herren von der Union, Sie können
uns nicht weismachen, Ihr so genanntes OFFENSIV-Ge-
setz würde mit den Vorschlägen von Peter Hartz überein-
stimmen. Bei Ihnen geht es doch nur um mehr Druck, so-
wohl bei der Arbeitslosenhilfe als auch bei der
Sozialhilfe, wo es ohnehin schon heute so ist – insbeson-
dere bei der Sozialhilfe –, dass jede Arbeit zumutbar ist.
Geht es Ihnen etwa darum, ein Verhältnis zu organisieren,
bei dem Sozialhilfeempfänger in eine ähnliche Situation
kommen wie Menschen, die in den Arbeitsdienst geschickt
werden? Das kann Ihnen doch wohl nicht recht sein.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Frau Präsidentin, das ist eine Rüge wert! Er hat uns unterstellt, wir wollten den Arbeitsdienst!)


Lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Mit dem so ge-
nannten OFFENSIV-Gesetz, das die Bundesrepublik aus
meiner Sicht flächendeckend zum sozialpolitischen Ex-
perimentierfeld machen soll, beschreiten Sie einen Weg,
der Experimentierung bis 2007 vorsieht. Ich finde, das ist
der helle Wahnsinn. Deutschland ist nicht die Alchimis-
tenküche des Herrn Koch aus Hessen. Wir erinnern uns
sehr gut: Er ist nach Wisconsin gereist, er hätte aber gute
Beispiele in seinem eigenen Land, im Kreis Hanau, im
Main-Kinzig-Kreis, gehabt, wo mit Erfolg das zu studie-
ren gewesen wäre, was er uns jetzt in einem Experimen-
tierkasten vorschlägt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424804600
Herr Kollege
Brandner, jetzt müssten Sie aber wirklich zum Schluss
kommen.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Es reicht!)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1424804700
Dort gibt es nämlich tüchtige
Beamte, die Sozialhilfeempfängern erfolgreich die Brücke
in den ersten Arbeitsmarkt bauen.

Herrn Kochs Initiative kommt zu spät. Jetzt ist Schluss
mit lustig. Mit dem OFFENSIV-Gesetz haben Sie die Zei-
chen der Zeit verschlafen. Ich lade Sie ein, die Hartz-
Kommission positiv zu begleiten und dafür zu sorgen,
dass Menschen in diesem Land eine Chance haben, wie-
der in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Ihr könnt das doch umsetzen! Ihr wollt doch nicht!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424804800
Der letzte Redner vor
den dann folgenden vier namentlichen Abstimmungen ist
der Kollege Dr. Rainer Wend.


Dr. Rainer Wend (SPD):
Rede ID: ID1424804900
Frau Präsidentin! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gestern Nach-
mittag tatsächlich zwei Stunden damit zugebracht, mir zu
überlegen, wie ich Ihnen heute Morgen eine Freude ma-
chen könnte. Ich versuche es einmal, indem ich mit einem
Zitat eines Mitglieds des Stoiber-Kompetenzteams be-
ginne: Schröder hat die Steuerreform gemacht, er hat die




Klaus Brandner
25062


(C)



(D)



(A)



(B)


Rentenreform gemacht, er hat was bewegt. Schröder
macht einen guten Job.


(Beifall bei der SPD)

Jetzt frage ich Sie, wer das gesagt hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Lothar Späth!)

Am 22. Mai 2001 hat das das heutige Mitglied des Kom-
petenzteams für Wirtschaft und Arbeit, Lothar Späth,
über unseren Bundeskanzler gesagt. Er hat Recht.


(Beifall bei der SPD)

Dann sollte er allerdings auch den Mut aufbringen, den
Weg zu Ende zu gehen. Denn wenn es so ist, dass der
Kanzler einen guten Job gemacht hat, spricht nichts dafür,
dass er am 22. September aufhört, diesen guten Job zu
machen.


(Beifall bei der SPD)

Ich verstehe ja, wenn Herr Späth mit diesem klugen

Gedanken bei seinem Chef, Herrn Stoiber, nicht gut an-
kommt. Aber das wäre ja nicht das erste Mal, dass das so
genannte Kompetenzteam von Herrn Stoiber sich schwer
auf eine gemeinsame Politik verständigen kann. Ich wie-
derhole, was zur Hartz-Kommission gesagt wurde:


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Nein!)

Lothar Späth nannte die Vorschläge revolutionär, Seehofer
nannte sie unsozial und Stoiber bezeichnete sie am Ende
als Luftblase. Dieses Kompetenzteam ist noch nicht ein-
mal kompetent genug, eine gemeinsame Sprachregelung
der Politik zu finden, geschweige denn, eine Regierung in
unserem Land zu übernehmen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Schreien Sie doch nicht so!)


Wenn ich beim Kompetenzteam bin, dann möchte ich
auch etwas zu Frau Reiche sagen. Es gibt keinen Fall
Reiche, es gibt einen Fall Stoiber.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In den letzten Wochen hieß es, Frau Reiche werde zu-
ständig für Jugend, Frauen und Familie. Am Anfang der
Woche hieß es dann, nein, das stimme gar nicht, sie solle
nur für Jugend und Frauen zuständig werden. Dann wie-
derum, nachdem es viel Kritik gab, hieß es: Na gut, wir
können ja einen Kompromiss machen, sie bekommt Ju-
gend und Frauen und einen Teil von Familie, aber nicht
das Geld, das geben wir Seehofer. Als auch das in den Zei-
tungen nicht akzeptiert wurde, haben Sie sich durch-
gerungen, zu sagen, sie bekomme Jugend, Frauen und
Familie.

Wer als Kanzlerkandidat mit seinem künftigen Regie-
rungsteam so umgeht wie Herr Stoiber mit Frau Reiche,
hat es nicht verdient, die Regierung dieses Landes zu
führen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Apropos „nicht verdient, die Regierung dieses Landes
zu führen“: Was sagt eigentlich der Chef des Kompetenz-
teams selbst? Er ist heute nicht im Deutschen Bundestag,

sondern im Maritim-Hotel. Ich möchte Ihnen ein Zitat
vorlesen, das mir eben in die Sitzung gereicht wurde:

Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber am Don-
nerstag in Berlin auf die Frage, warum er sich nicht der
Bundestagsdebatte zur Wirtschaftspolitik und der Re-
gierungserklärung von Kanzler Gerhard Schröder ge-
stellt habe: Die Leute überbewerten den Bundestag.

So Stoiber im Maritim-Hotel.

(Zurufe von der SPD: Buh!)


Das kann doch nicht wahr sein! Wie kann der Kanzler-
kandidat, einige hundert Meter von diesem Parlament
entfernt, sagen, die Leute würden den Bundestag über-
bewerten? Erst kneifen und dann die hier Anwesenden be-
schimpfen! Das akzeptieren wir nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Buh! Pfui!)


Ich mache Ihnen einen weiteren Vorwurf bezüglich der
Probleme, mit denen wir es hier zu tun haben. Ich verstehe
ja, dass die Opposition kritisieren und die Punkte hervor-
heben muss, die nicht in Ordnung sind. Aber was Sie ma-
chen, ist ein Schlechtreden unseres Landes. Lassen Sie
mich dies an einem Beispiel verdeutlichen. Herr Rauen und
andere haben völlig zu Recht die hohen Insolvenzzahlen
beklagt. Wir haben im letzten Jahr 387 000 Unternehmens-
liquidationen gehabt. Das ist eine bedauerlich hohe Zahl.
Gleichzeitig aber – das wird immer unterschlagen – gab es
460 000 Neugründungen von Unternehmen. Das macht ei-
nen Positivsaldo von 73000. Das ist zwar noch nicht aus-
reichend, aber es ist trotzdem erwähnenswert.


(Beifall bei der SPD)

Erwähnen sollte man auch die neuesten Zahlen von

heute, meine Damen und Herren von der Opposition. Die
deutsche Industrie hat im Mai vor allem wegen der ge-
stiegenen Zahl von Großaufträgen aus dem Ausland über-
raschend deutlich mehr Aufträge erhalten, als von Ana-
lysten erwartet. Das Auftragsvolumen ist im April um
3,1 Prozent gestiegen. Auch dieses löst die bedrückend
hohe Zahl der Arbeitslosen nicht auf. Aber sie macht doch
deutlich: In unserem Land ist nicht alles schlecht; es gibt
Anzeichen dafür, dass die Bundesregierung eine richtige
Politik für dieses Land macht.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Da wir schon beim Vergleich der Zahlen sind, möchte
ich die Zahl, die das Wirtschaftswachstum betrifft – ich
glaube, sie ist noch nicht genannt worden –, in den Vor-
dergrund stellen. Sie werfen uns ein schwaches Wirt-
schaftswachstum während unserer Regierungszeit vor. Ja,
Sie haben Recht, es könnte wirklich höher sein. Aber wie
sehen die Vergleichszahlen aus? Während Ihrer Regie-
rungszeit betrug das Wirtschaftswachstum in den 90er-
Jahren durchschnittlich 1,4 Prozent. In den vier Jahren der
rot-grünen Regierung betrug das Wirtschaftswachstum
durchschnittlich 1,8 Prozent.


(Matthias Wissmann [CDU/CSU]: Alte Fälschungen!)





Dr. RainerWend

25063


(C)



(D)



(A)



(B)


Angesichts dieser Zahl kann man zwar immer noch bedau-
ern, dass das Wirtschaftswachstum nicht besser ist. Aber
das sollten bitte nicht die machen, die um Längen schlech-
tere Zahlen als die heutigen zu verantworten haben.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Was uns – ich möchte es einmal so formulieren –
empört: Diejenigen, die uns die höchste Verschuldung, die
höchste Arbeitslosigkeit, die höchsten Lohnnebenkosten
und die höchste Steuerbelastung hinterlassen haben, werfen
uns heute eine Schwäche beim Wirtschaftswachstum vor.
Das ist unredlich und kann von uns nicht akzeptiert werden.


(Beifall bei der SPD)

Wie ich bereits gesagt habe: Das Kompetenzteam ist

hinsichtlich der Lösung vorhandener Probleme unter-
schiedlicher Auffassung und kann sich nicht verständi-
gen. Die Opposition redet unser Land wider besseres
Wissen schlecht. Die Union macht Versprechungen, die
nicht zu halten sind. An den Mittelstand gerichtet, sage
ich: Vertrauen Sie nicht denen, die Ihnen nach dem Munde
reden und Ihnen alles versprechen. Wenn eine Partei ver-
spricht, sie könne gleichzeitig den Staatshaushalt konso-
lidieren, die Steuern noch weiter senken und mehr Geld
ausgeben für Investitionen bei der Bundeswehr, im Be-
reich der Familie und für den Straßenbau, dann handelt sie
unredlich. Das sprechen wir mit aller Deutlichkeit in die-
sem Hause aus.


(Beifall bei der SPD)

Eine auf den Mittelstand bezogene Tatsache möchte

ich hervorheben: Jahrzehntelang ist es der große Wunsch
des Mittelstandes gewesen, dass die Gewerbesteuer-
schuld entfällt.


(V o r s i t z: Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters)


Nach 16 Jahren CDU/CSU-Regierung und nach 50 Jah-
ren – mit einer kurzen Unterbrechung – FDP in der Bun-
desregierung waren die Ersten, die diesen Wunsch des
Mittelstandes erfüllt haben, Sozialdemokraten und Grüne.
Wir haben die Möglichkeit der Verrechnung der Gewer-
besteuer mit der Einkommensteuer geschaffen. Das sind
Taten. Wir haben keine falschen Versprechungen gemacht.


(Beifall bei der SPD)

Ich sage es noch einmal: Vertrauen Sie nicht denjeni-

gen, die jedem alles versprechen, sondern denjenigen, die
unser Land auch in schwieriger weltwirtschaftlicher Si-
tuation auf einem Niveau gesteuert haben, das sich sehen
lassen kann! Wir haben den Regierungsauftrag für weitere
vier Jahre verdient.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424805000
Zu einer
Kurzintervention gebe ich für die SPD-Fraktion dem Kol-
legen Wilhelm Schmidt das Wort.


Wilhelm Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1424805100
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Sie haben soeben vom Kolle-

gen Rainer Wend gehört, was Edmund Stoiber vor weni-
gen Minuten in gar nicht so großer Entfernung von hier
gesagt hat. Dies wiederhole ich ausdrücklich: „Die Leute
überbewerten den Bundestag.“


(Zurufe von der SPD: Pfui!)

Eingedenk dieser Ungeheuerlichkeit, die der Kanzler-

kandidat der Union in diesen Minuten gezeigt hat, fordere
ich die Unionsfraktion auf, sich hier von dieser Äußerung
ihres Kanzlerkandidaten öffentlich zu distanzieren.


(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In dieser Aussage kommt ein übles Staats- und Demokra-
tieverständnis zum Vorschein. Wir lassen uns das nicht
bieten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Dass so etwas in heutiger Zeit möglich ist, hätten wir nicht
gedacht. Stoiber hat sich an mancher Stelle – auch gegen-
über der Öffentlichkeit – im Ton vergriffen. Aber dies ist
die Spitze des Eisberges. Wir fordern die Union auf, sich
davon zu distanzieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424805200
Zu einer Er-
widerung gebe ich für die Fraktion der CDU/CSU dem
Kollegen Hans-Peter Repnik das Wort.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Wir wollen eine Entschuldigung hören!)



Hans-Peter Repnik (CDU):
Rede ID: ID1424805300
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!


(Peter Dreßen [SPD]: Eine Entschuldigung bitte!)


Der Kollege Schmidt versucht hier, einen Heiligenschein
für Scheinheiligkeit zu kreieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Niemand hat in den vergangenen Jahren den Deutschen
Bundestag mehr verächtlich gemacht und missachtet als
Sie und Ihre Regierung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD: Unglaublich! – Pfui! – Aufhören! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben heute Morgen in der Rede unseres Frakti-
onsvorsitzenden Friedrich Merz gehört, in wie vielen
Kommissionen die Regierung Themen debattiert hat, über
die man eigentlich in diesem Hohen Hause hätte diskutie-
ren müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





Dr. RainerWend
25064


(C)



(D)



(A)



(B)


Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 632;
davon

ja: 45
nein: 587

Ja
CDU/CSU
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Cajus Caesar
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner

Franz Obermeier
Angelika Volquartz
FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann

Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel

Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Gudrun Serowiecki
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler

Sie haben sich der parlamentarischen Diskussion per-
manent entzogen.


(Franz Thönnes [SPD]: Peinlich! – Weitere Zurufe von der SPD)


Herr Kollege Schmidt, Sie haben von Verächtlichma-
chung und vom Missbrauch des Parlaments gesprochen.
Wer in den letzten Sitzungswochen in diesem Hohen Haus
erlebt hat, in welchem Maße Anträge zu wichtigen Posi-
tionen durchgepeitscht wurden,


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir bei der CDU erlebt! – Zurufe von der SPD: Pfui! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sagen Sie mal was zu Herrn Stoiber!)


wer erlebt hat, wie man sich in nächtlichen Stunden der
Diskussion entzogen hat, der weiß, wer diesem Hohen
Haus nicht die Achtung entgegenbringt, die es verdient
hat! Von daher richtet sich der Vorwurf gegen Sie selbst,
Herr Kollege Schmidt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wolfgang Weiermann [SPD]: Solche Leute wollen Demokraten sein! Der Kamerad sollte lieber zurücktreten! – Franz Thönnes [SPD]: Die CDU/CSU lässt sich von ihrem eigenen Kanzlerkandidaten diffamieren! Das ist nicht zu fassen! – Zurufe von der SPD: Buh! – Pfui! Weitere Lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424805400
Ich schließe
die Aussprache. Ich bitte um Verständnis, dass ich erst dann
zu den Abstimmungen komme, wenn ein ordnungsgemäßes
Verfahren möglich ist. – Das scheint jetzt der Fall zu sein.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nach solchen Äußerungen!)


Wir kommen zu den Abstimmungen. Tagesordnungs-
punkt 3 a: Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP auf Drucksache 14/9713. Die Frak-
tion der FDP verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte
die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehe-
nen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze an den Urnen
besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.

Ich darf fragen, ob alle Kolleginnen und Kollegen ihre
Stimme abgegeben haben. – Ist noch ein Mitglied des
Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? –
Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte
die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ih-
nen später bekannt gegeben.1)

Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zu
Tagesordnungspunkt 3 b: Abstimmung über den Gesetz-
entwurf der Fraktion der CDU/CSU zum optimalen
Fördern und Fordern in Vermittlungsagenturen, Druck-
sache 14/8365. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialord-
nung empfiehlt auf Drucksache 14/9416, den Gesetzent-
wurf abzulehnen.

Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf
Drucksache 14/9722 vor, über den wir zunächst abstim-
men. Die Fraktion der FDP verlangt namentliche Abstim-
mung. Die Plätze an den Urnen sind besetzt. Ich eröffne
die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Liebe Kolleginnen und
Kollegen, wir haben noch viele namentliche Abstim-
mungen vor uns. Ich bitte, das Verfahren zu beschleuni-
gen.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich
schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen.2)

Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichen
Abstimmungen unterbreche ich die Sitzung.


(Unterbrechung von 13.16 bis 13.25 Uhr)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424805500
Die unter-
brochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-
führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-
mung über den Entschließungsantrag der Fraktion der
FDP bekannt: Abgegebene Stimmen 632. Mit Ja haben
gestimmt 45, mit Nein haben gestimmt 587, Enthaltungen
keine. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.




Hans-Peter Repnik

25065


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Seite 25065 D
2) Seite 25068 A




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters
25066


(C)



(D)



(A)



(B)


Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle

Nein
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke

Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Reinhold Hiller (Lübeck)

Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch

Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Christel Riemann-
Hanewinckel

Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Dr. Frank Schmidt

(Weilburg)


Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Reinhold Strobl (Amberg)

Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner
Hedi Wegener




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters

25067


(C)



(D)



(A)



(B)


Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich
von Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley

CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Antje Blumenthal
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Jochen Borchert
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Dankward Buwitt
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Dr. Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Klaus Francke
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)

Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein

Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Detlef Helling
Hans Jochen Henke
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy

Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhelmshaven)

Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Hans Raidel
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Dr. Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mülheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr
von Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Gerhard Schulz
Diethard Schütze (Berlin)

Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm Josef Sebastian
Marion Seib
Heinz Seiffert
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Johannes Singhammer
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr
von Stetten

Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß (Emmendingen)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Aribert Wolf
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters
25068


(C)



(D)



(A)



(B)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Winfried Hermann

Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Oswald Metzger
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele

Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

PDS
Monika Balt
Wolfgang Bierstedt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke

Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Rolf Kutzmutz
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf
Fraktionslos
Christa Lörcher

Nunmehr gebe ich das von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Ab-
stimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der

FDP bekannt: Abgegebene Stimmen 631. Mit Ja haben
gestimmt 260, mit Nein haben gestimmt 371, Enthaltun-
gen keine. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 631;
davon

ja: 260
nein: 371

Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Antje Blumenthal
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch

Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Dankward Buwitt
Cajus Caesar
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Dr. Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)

Axel E. Fischer

(Karlsruhe-Land)


Klaus Francke
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)

Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein

Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Detlef Helling
Hans Jochen Henke
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork

Dr. Harald Kahl
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß

(Wilhelmshaven)





Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters

25069


(C)



(D)



(A)



(B)


Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Hans Raidel
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Dr. Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mülheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Gerhard Schulz
Diethard Schütze (Berlin)

Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm Josef Sebastian
Marion Seib

Heinz Seiffert
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Johannes Singhammer
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten

Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Edeltraut Töpfer
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Aribert Wolf
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller

FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting

Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Gudrun Serowiecki
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle

Nein
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak

Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters
25070


(C)



(D)



(A)



(B)


Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Renate Rennebach

Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Christel Riemann-
Hanewinckel

Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Dr. Frank Schmidt

(Weilburg)


Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-
Sperk

Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Reinhold Strobl (Amberg)

Dr. Peter Struck

Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt

Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Oswald Metzger
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

PDS
Monika Balt
Wolfgang Bierstedt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Rolf Kutzmutz
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf
Fraktionslos
Christa Lörcher

Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf ab. Die
Fraktion der CDU/CSU verlangt namentliche Abstim-
mung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Das ist der Fall.
Ich eröffne die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich
schließe die Abstimmung und bitte, mit der Auszählung
zu beginnen.1)

Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen jetzt
zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frak-
tion der CDU/CSU auf Drucksache 14/9678. Auch hier
wurde eine namentliche Abstimmung verlangt. – Die
Plätze sind besetzt. Ich eröffne die Abstimmung.

Haben bei dieser vierten Abstimmung alle Kolleginnen
und Kollegen ihre Stimme abgegeben? – Dann schließe
ich die Abstimmung und bitte um Auszählung der Stim-
men.2)

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3 d: Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung auf Drucksache 14/9349. Der Ausschuss empfiehlt
unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 14/5139 mit dem Titel „Beschäftigung älterer
Arbeitnehmer durch Qualifizierung sichern – drohendem
Arbeitskräftemangel vorbeugen“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Frak-
tionen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen, der FDP
und der PDS gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion
angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ableh-
nung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksa-
che 14/5579 mit dem Titel „Beschäftigung älterer Arbeit-
nehmer fördern und Einstellungshindernisse abbauen“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die
Grünen und PDS gegen die Stimmen der FDP bei Enthal-
tung der CDU/CSU angenommen.

Tagesordnungspunkt 3 e: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung auf Drucksa-
che 14/8927 zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU-
Fraktion mit dem Titel „Die Auswirkungen der demogra-
phischen Entwicklung auf die sozialen Sicherungssysteme
öffentlich machen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag
auf Drucksache 14/4645 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der CDU/CSU-
Fraktion angenommen.

Tagesordnungspunkt 3 f: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung auf Drucksa-
che 14/8667. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner
Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der

FDP-Fraktion mit dem Titel „Existenzbedrohende Prü-
fungspraxis der Sozialversicherungsträger für kleine und
mittelständische Betriebe unterbinden“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS ge-
gen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung wird die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU mit dem
Titel „Arbeit nicht durch übermäßige Sozial-
versicherungsbeiträge teurer machen“ empfohlen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit
den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS
gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDPangenommen.

Tagesordnungspunkt 3 g: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung auf Drucksa-
che 14/9348 zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU
mit dem Titel „Bündnis für Arbeit gescheitert – Reformen
endlich umsetzen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die
Grünen und PDS gegen die Stimmen der CDU/CSU bei
Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen.

Tagesordnungspunkt 3 h: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag
der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Arbeitnehmer ent-
lasten – Vorfahrt für Beschäftigung“. Der Ausschuss emp-
fiehlt, den Antrag abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist mit derselben Mehrheit wie beim
vorangegangenen Tagesordnungspunkt angenommen.

Tagesordnungspunkt 3 i: Wir kommen zur Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung auf Drucksache 14/9467. Unter Buchstabe a emp-
fiehlt der Ausschuss die Annahme des Antrags der
Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit dem
Titel „Chancen auf Arbeit für alle – Offensive in der Ar-
beitsmarktpolitik“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Oppositi-
onsfraktionen angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ableh-
nung des Antrags der FDP-Fraktion mit dem Titel „Für
eine grundlegend neue Organisation der Arbeitsmarktpo-
litik“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Mit den Stimmen von
SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS gegen die Stim-
men der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU ist diese Be-
schlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 3 j:

(Dr. Peter Struck [SPD]: Herr Präsident, nur durchhalten!)

– Durchhalten? Absolut. Sollten Sie eine Unterbrechung
wünschen?


(Heiterkeit – Dr. Peter Struck [SPD]: In Ihrem Interesse! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters 25071 1)





(C)


(D)


(A)


(B)

2) Seite 25075 A

[SPD]: Sie hatten doch gerade gesagt: Was man
einem scheidenden Präsidenten nicht alles zu-
mutet!)

– Wir haben hier oben etwas zu trinken.
Noch einmal: Tagesordnungspunkt 3 j: Beschlussemp-

fehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu
dem Antrag der PDS-Fraktion mit dem Titel „Arbeitszeit-
gesetz beschäftigungssichernd reformieren – Überstunden
abbauen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag abzuleh-
nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der
PDS angenommen.

Tagesordnungspunkt 3 k: Beschlussempfehlung des-
selben Ausschusses zu dem Antrag der FDP-Fraktion „Für
substanzielle Arbeitsmarktreformen im Niedriglohnsek-
tor“. Der Ausschuss empfiehlt, auch diesen Antrag abzu-
lehnen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Gegen die Stimmen
der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU-Fraktion ist die
Beschlussempfehlung mit den Stimmen der anderen Frak-
tionen angenommen.

Tagesordnungspunkt 3 l: Beschlussempfehlung dessel-
ben Ausschusses. Die Fraktion der PDS hat einen Antrag
zur „Einführung eines existenzsichernden gesetzlichen
Mindestlohns“ eingereicht. Der Ausschuss empfiehlt, den
Antrag abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hauses gegen
die Stimmen der PDS angenommen.

Bei Tagesordnungspunkt 3 m wird interfraktionell die
Überweisung der Vorlage auf der Drucksache 14/7453 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. – Das Haus ist damit einverstanden. Dann ist so
beschlossen.

Zusatzpunkt 1: Beschlussempfehlung des Ausschusses
für Arbeit und Sozialordnung auf Drucksache 14/9565. Er
empfiehlt unter Nummer 1 die Ablehnung des Antrags der
CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Krise in der
Sozialversicherung beseitigen – endlich die notwendigen
Reformen auf den Weg bringen“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS gegen die
Stimmen von CDU/CSU bei Enthaltung der FDP ange-
nommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
Antrages der Fraktion der FDP mit dem Titel „Für eine
grundlegende Reform der sozialen Sicherungssysteme“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
angenommen mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die
Grünen und PDS gegen die Stimmen von CDU/CSU und
FDP.

Ich komme zurück zum Tagesordnungspunkt 3 b: na-
mentliche Abstimmung über den Gesetzentwurf der
CDU/CSU zum optimalen Fördern und Fordern in Ver-
mittlungsagenturen und gebe das von den Schriftführerin-
nen und Schriftführern ermittelte Ergebnis bekannt. Abge-
gebene Stimmen 634. Mit Ja haben gestimmt 263, mit Nein
370, Enthaltungen 1. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt.




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters
25072


(C)



(D)



(A)



(B)


Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 633;
davon

ja: 263
nein: 369
enthalten 1

Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Antje Blumenthal

Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Dankward Buwitt
Cajus Caesar
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Dr. Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann

Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Klaus Francke
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)


Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein

Gottfried Haschke

(Großhennersdorf )


Gerda Hasselfeldt
Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Detlef Helling
Hans Jochen Henke
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters

25073


(C)



(D)



(A)



(B)


Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß

(Wilhelmshaven)


Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Hans Raidel
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer

Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Dr. Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mülheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Gerhard Schulz
Diethard Schütze (Berlin)

Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm Josef Sebastian
Marion Seib
Heinz Seiffert
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Johannes Singhammer
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten

Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß (Emmendingen)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Aribert Wolf

Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Gudrun Serowiecki
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle

Nein
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth

Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters
25074


(C)



(D)



(A)



(B)


Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Reinhold Hiller (Lübeck)

Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Christoph Matschie

Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Christel Riemann-
Hanewinckel

Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Dr. Frank Schmidt

(Weilburg)


Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)


Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Reinhold Strobl (Amberg)

Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz

Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Oswald Metzger
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

PDS
Monika Balt
Wolfgang Bierstedt
Petra Bläss




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters

25075


(C)



(D)



(A)



(B)


Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll

Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Rolf Kutzmutz
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt

Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf

Fraktionslos
Christa Lörcher

Enthalten
FDP
Gerhard Schüßler

Ich gebe jetzt das von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Ab-
stimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der

CDU/CSU auf Drucksache 14/9678 bekannt. Abgegebene
Stimmen 618. Mit Ja haben gestimmt 212, mit Nein 368,
Enthaltungen 38. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 617;
davon

ja: 213
nein: 366
enthalten: 38

Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Dr. Norbert Blüm
Antje Blumenthal
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Klaus Bühler (Bruchsal)

Dankward Buwitt
Cajus Caesar
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Dr. Hansjürgen Doss

Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)

Axel E. Fischer

(Karlsruhe-Land)


Klaus Francke
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)

Carl-Detlev Freiherr
von Hammerstein

Gottfried Haschke

(Großhennersdorf )


Gerda Hasselfeldt
Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Manfred Heise
Siegfried Helias
Detlef Helling
Hans Jochen Henke
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung

Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhelmshaven)

Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte

Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Hans Raidel
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Dr. Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mülheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr
von Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Gerhard Schulz
Diethard Schütze


(Berlin)





Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters
25076


(C)



(D)



(A)



(B)


Wilhelm Josef Sebastian
Marion Seib
Heinz Seiffert
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Johannes Singhammer
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr
von Stetten

Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß (Emmendingen)

Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
SPD
Reinhold Strobl (Amberg)


Nein
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann (Detmold)


Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Reinhold Hiller (Lübeck)

Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)


Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Christel Riemann-
Hanewinckel

Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Dr. Frank Schmidt

(Weilburg)


Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)





Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters

25077


(C)



(D)



(A)



(B)


Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich
von Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel

Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Oswald Metzger
Kerstin Müller (Köln)


Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

PDS
Monika Balt
Wolfgang Bierstedt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Rolf Kutzmutz
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur

Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf
Fraktionslos
Christa Lörcher

Enthalten
FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Gudrun Serowiecki
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle

Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 5 auf:
Anträge der Fraktionen der SPD und des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
– Zurückweisung des Einspruches des

Bundesrates gegen das Gesetz zur Neu-orga-
nisation des gesundheitlichen Verbrau-
cherschutzes und der Lebensmittelsicherheit
– Drucksache 14/9653 –

– Zurückweisung des Einspruches des Bun-
desrates gegen das Sechste Gesetz zur
Änderung des Hochschulrahmengesetzes

(6. HRGÄndG)


– Drucksache 14/9654 –
– Zurückweisung des Einspruches des Bun-

desrates gegen das Gesetz zur Änderung des
Berufsbildungsgesetzes und des Arbeits-
gerichtsgesetzes
– Drucksache 14/9655 –

– Zurückweisung des Einspruches des Bun-
desrates gegen das ... Strafrechtsände-
rungsgesetz – § 129 b StGB (... StrÄndG)

– Drucksache 14/9656 –

Ich weise darauf hin, dass wir später über die vier An-
träge namentlich mit Stimmkarte und Stimmausweis ab-
stimmen werden.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst das
Wort dem Kollegen Wilhelm Schmidt von der SPD-Frak-
tion. – Und wir lehnen uns jetzt etwas zurück.


(Heiterkeit)



Wilhelm Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1424805600
Herr Präsident!
Große Anerkennung für das Pensum an Arbeit, das Sie
gerade geleistet haben. Der Vermittlungsausschuss von
Bundestag und Bundesrat hat ein ähnliches Pensum an
Arbeit geleistet. Wir sind in einer neuen Phase angelangt,
nachdem sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat
geändert haben. Wir spüren, dass die Opposition im Bun-
desrat versucht, ihre Mehrheiten zu nutzen, um die Arbeit
der Mehrheit des Bundestages zu blockieren. Das finden
wir außerordentlich bedauerlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dies entspricht nicht den demokratischen Gepflogen-
heiten.


(Dr. Heribert Blens [CDU/CSU]: Wo haben sie die wohl her? Ich sage das deswegen, weil ich zum Beispiel dem Handbuch des Bundesrates folgende Formulierung entnehme – der Parlamentarische Rat hat sich über die Rolle des Bundesrates schon sehr früh ein klares Bild gemacht –: ... während sich im Bundestag ganz primär parteipolitische Kräfteverhältnisse manifestieren, repräsentiert der Bundesrat als föderatives Bundesorgan in erster Linie die Länder und nicht die politischen Parteien. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das hat Oskar Lafontaine geschrieben!)

Dies vorausgeschickt will ich sagen, dass wir trotzdem
mit der Art und Weise, wie die Mehrheit des Bundesrates
mit dem Bundestag umgeht, natürlich zurechtkommen.
Wir werden heute die Einsprüche des Bundesrates nach
erfolglosem Vermittlungsverfahren zurückweisen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will Sie kurz darüber informieren, worum es im

Einzelnen geht. Es handelt sich um vier Gesetzentwürfe.
Wir werden wahrscheinlich in einer weiteren Sitzung des
Bundestages in der verkürzten Haushaltswoche über wei-
tere Gesetzentwürfe abzustimmen haben, die aus dem
Vermittlungsausschuss kommen. Das ist jedenfalls nicht
auszuschließen. Heute geht es um das Gesetz zur Neu-
ordnung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes
und der Lebensmittelsicherheit. Ihre Ablehnung ist
nach Einschätzung meiner Fraktion deswegen so unver-
ständlich, weil Sie damit die Neuordnung des Verbrau-

cherschutzes in Deutschland blockieren wollen. Ich finde,
das ist nicht angemessen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher – der
Kollege Berninger wird dazu noch mehr sagen – müssen
wir dieses Neuordnungsgesetz haben. Es geht nicht nur
darum, dass wir eine neue Behörde errichten wollen. Wir
setzen vielmehr – ich bitte die Opposition, das zu beden-
ken – auch Empfehlungen einer Kommission um, die un-
ter dem Vorsitz von Frau Dr. von Wedel stand und die den
Auftrag hatte, Vorschläge für mehr Wirtschaftlichkeit in
der Verwaltung zu unterbreiten. Diese Kommission hat
ausdrücklich die Empfehlung ausgesprochen, eine neue
Behörde zu errichten, in der die Bereiche Risikobewer-
tung und Risikomanagement getrennt voneinander be-
handelt werden. Das neu zu schaffende Bundesinstitut für
Risikobewertung ist ein wichtiges Instrument, um Ver-
braucherschutz in Deutschland zu gewährleisten.

Wir haben mit der Mehrheit des Deutschen Bundes-
tages darüber hinaus versucht, das Sechste Gesetz zur
Änderung des Hochschulrahmengesetzes auf den Weg
zu bringen. Wiewohl wir bereits eine längere Debatte
darüber geführt haben, möchte ich noch einmal daran
erinnern, dass wir mit diesem Gesetz auch die Vorausset-
zungen für die Überführung der Bachelor- und Master-
studiengänge aus dem Erprobungsstadium in das Regel-
angebot der Hochschulen schaffen wollen. Wir stehen
nach wie vor dazu und bitten Sie nachdrücklich, von Ihren
Bedenken abzusehen und das Sechste Gesetz zur Ände-
rung des Hochschulrahmengesetzes mitzutragen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte ausdrücklich hinzufügen, dass wir mit die-
sem Gesetz, von Ausnahmen abgesehen, auch die Ge-
bührenfreiheit von Studiengängen grundsätzlich sicher-
stellen wollen. Sie wissen, dass es einige Konflikte in den
Bundesländern gibt. Wir meinen, dass das Sechste Gesetz
zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes einen we-
sentlichen Beitrag zur Lösung dieser Konflikte leisten
kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte jetzt auf das Gesetz zur Änderung des

Berufsbildungsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgeset-
zes zu sprechen kommen. Ziel ist es, Beteiligungs-
möglichkeiten von Auszubildenden in den sonstigen
Berufsbildungseinrichtungen einzuführen, also die Mit-
bestimmung junger Menschen in den Einrichtungen aus-
zudehnen, in denen sie Ausbildung erfahren. Ich frage
Sie: Was kann man eigentlich gegen ein solches Gesetz
haben?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Schließlich komme ich auf das zu sprechen, was vo-
raussichtlich Herr Geis als Sprecher der Opposition – er
wird nach mir reden – in den Mittelpunkt seiner Aus-
führungen stellen wird, nämlich das Strafrechtsände-
rungsgesetz, insbesondere § 129 b. Hier geht es um den




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters
25078


(C)



(D)



(A)



(B)


Ausbau der Möglichkeiten zur Terrorismusbekämpfung.
Wir finden, dass dies ein zusätzlicher, wichtiger Baustein
ist, mit dem wir die Terrorismusbekämpfung in Deutsch-
land voranbringen können. Warum blockieren Sie dieses
neue Instrument?


(Beifall bei der SPD)

Ich möchte Ihnen von der CDU/CSU vor allen Dingen

sagen, dass Sie nach meiner Einschätzung einen unange-
brachten Fundamentalismus in diesem Punkt an den Tag
legen. Darüber haben wir uns in den Fachdebatten, die in
diesem Hause stattfanden, schon mehrfach ausgetauscht.
Ich möchte Folgendes wiederholen: Wer diesen Gesetz-
entwurf heute wieder ablehnt, ist gegen eine Verschärfung
der Strafrechtsbestimmungen, die den Terrorismus in
Deutschland wirksamer bekämpfen helfen würden. Wir
wollen, dass Sie das hier klar zum Ausdruck bringen. Wir
fordern Sie auf, zusammen mit uns für diesen Gesetzent-
wurf zu stimmen.


(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss möchte ich noch kurz darauf hinweisen,

dass wir die neuen Entwicklungen im Bundesrat durchaus
registriert haben. Es kann ja sein, dass nicht mehr der Bun-
destag – so interpretiere ich jedenfalls die vorangegange-
nen Äußerungen des Kanzlerkandidaten der Union –, son-
dern vielleicht der Bundesrat das wichtigste Instrument
der Demokratie ist. Es kann ja sein, dass Herr Stoiber
diese Auffassung vertritt. Aber belassen wir es dabei.

Es ist jedenfalls frappierend festzustellen, dass in der
vorvorigen Sitzung des Bundesrates 14 Gesetzentwürfe
und in der vorigen Sitzung sieben Gesetzentwürfe an den
Vermittlungsausschuss überwiesen wurden. Dabei ist die
Arbeit des Bundesrates noch nicht beendet. Am Ende die-
ser Wahlperiode ist mit der Einbringung weiterer Gesetz-
entwürfe zu rechnen. Wir scheuen uns – Herr Blens, darin
sind wir uns sicherlich einig – nicht vor der Arbeit im Ver-
mittlungsausschuss. Aber es ist ein neuer Geist einge-
kehrt, nämlich der Geist der Blockade. Das machen wir
nicht mit. Wir werden die Einsprüche des Bundesrates ge-
gen die vier Gesetze zurückweisen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424805700
Ich erteile
das Wort für die CDU/CSU-Fraktion dem Kollegen
Norbert Geis.


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1424805800
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Wenn der Bundesrat
von seinem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch macht,
Einspruch einzulegen, dann besteht ja die Möglichkeit,
sich im Vermittlungsausschuss zu einigen. Wenn das nicht
gelingt, dann muss der Bundestag den Einspruch des Bun-
desrates zurückweisen. So steht es in der Verfassung. Ich
weiß nicht, was dagegen einzuwenden ist.

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeit von vor vier
Jahren. Wie Sie beispielsweise mit unserer Steuergesetz-
gebung umgegangen sind, war für uns und auch für die
Öffentlichkeit sehr unverständlich. Dafür gab es kein

sachliches Moment, sondern maßgebend war nur das Ziel,
die Macht zu übernehmen.


(Alfred Hartenbach [SPD]: Da gab es jede Menge sachlicher Argumente!)


Nur deswegen haben Sie damals die Gesetze, die wir vor-
gelegt haben, abgelehnt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir lehnen die Neuorganisation des gesundheitlichen

Verbraucherschutzes ab. Wir lehnen das Hochschul-
rahmengesetz in seiner neuen Fassung ab. Wir lehnen auch
die beabsichtigte Änderung des Berufbildungsgesetzes ab.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum eigentlich?)


Herr Schmidt hat schon mit Recht gesagt, dass ich
mich insbesondere auf die Frage des § 129 b des Straf-
gesetzbuches konzentrieren werde. Wir alle wissen, dass
die freie Welt seit dem 11. September des vergangenen
Jahres aufgeschreckt ist. Die freien Staaten sind gezwun-
gen, alles zu unternehmen, um den Kampf gegen den Ter-
rorismus zu bestehen. Es geht wirklich um die Bedrohung
unserer Sicherheit und unserer Freiheit.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Kein Widerspruch!)


Wir wissen inzwischen auch, welch gewaltige Schädi-
gungen Terroristen verursachen können. Wir alle haben
noch die Bilder von New York vor Augen. Wir wissen,
welche Bedrohung dieser Terrorismus für unsere Freiheit
bedeutet. Über die Parteigrenzen hinweg ist es keine
Frage, dass alles zu unternehmen ist, um den Terrorismus
zu bekämpfen.

Da stehen wir nicht zurück. Wir waren die Partei, die den
Terrorismus immer sehr ernst genommen hat und die auch
Maßnahmen zu ergreifen versucht hat. Sie haben diese
Maßnahmen abgelehnt. Ich erinnere zum Beispiel an Ihr
völliges Versagen in der Frage der Kronzeugenregelung.


(Widerspruch bei der SPD)

Aber das steht heute nicht zur Debatte.

Wir alle wollen den Kampf gegen den Terrorismus. Des-
wegen stehen unsere Truppen in Afghanistan. Deswegen
haben wir nach dem 11. September auch die Sicherheitspa-
kete verabschiedet. Ein wichtiger Auftrag im Zusammen-
hang mit diesen Sicherheitspaketen war, Möglichkeiten
dafür zu schaffen, dass so genannte schlafende Terroristen
aufgespürt und strafrechtlich verfolgt werden können.


(Zuruf von der FDP: Sehr gut!)

Das ist bei uns auf jeden Fall dann möglich, wenn diese

Terroristen einer kriminellen oder terroristischen Vereini-
gung angehören, auch wenn sie selbst keine Straftaten be-
gehen, und diese Vereinigung ihren Standort in Deutschland
hat. In einem solchen Fall können wir nach den heute gel-
tenden §§129 und 129 a des Strafgesetzbuches gegen die
Terroristen vorgehen. Wir haben aber gerade im Zusam-
menhang mit dem 11. September die Erfahrung gemacht,
dass es Terroristen gibt, die Deutschland als Ruheraum
nutzen, sich hier aufhalten, einer ganz normalen Beschäf-
tigung nachgehen, aber einer terroristischen Vereinigung




Wilhelm Schmidt (Salzgitter)


25079


(C)



(D)



(A)



(B)


angehören, die ihren Standort nicht in Deutschland hat.
Diese zu bestrafen ist nach unserer Gesetzeslage derzeit
nicht möglich. Deswegen stimmen wir vom Ansatz her
dieser Überlegung auch zu.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dann machen Sie es doch!)


Wir haben das sogar gefordert. Es ist unser Anliegen, Herr
Schmidt.

1998 haben die EU-Staaten eine Vereinbarung ge-
schlossen, nach der alle EU-Staaten Regelungen zu tref-
fen haben, nach denen Terroristen verfolgt und bestraft
werden können, wenn sie einer terroristischen oder kri-
minellen Vereinigung angehören, und zwar auch dann,
wenn diese Vereinigung ihren Standort nicht in dem be-
treffenden Mitgliedstaat oder in einem anderen Mitglied-
staat hat. Diese Forderung liegt seit 1998 auf dem Tisch.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht jetzt im Gesetz!)


Die Bundesregierung war nicht in der Lage, innerhalb von
vier Jahren einen vernünftigen Gesetzgebungsvorschlag
zu unterbreiten.

Im Zusammenhang mit den Sicherheitspaketen wurde
die Bundesregierung noch einmal aufgefordert, einen
entsprechenden Gesetzgebungsvorschlag zu unterbreiten.
Aber es dauerte sechs Monate, bis endlich dieser Gesetz-
entwurf auf den Tisch kam, den wir schon verabschiedet
haben, der vom Bundesrat abgelehnt wurde und nun wie-
der dem Bundestag vorliegt. Erst nach sechs Monaten,
in dieser Legislaturperiode geradezu auf den letzten
Drücker, kam das und wir wissen auch, warum. Die Grü-
nen haben geblockt. Die Grünen haben die gesamten
vier Jahre hindurch geblockt. Herr Ströbele, Sie sind
ein Alt-68er und Ihnen passt diese Richtung nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Rudolf Bindig [SPD]: „68er“ ist eine Ehrenbezeichnung! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wenn Sie sonst keine Argumente haben! Was ist das für ein schwaches Argument?)


Sie wollen den Terrorismus nicht mit letzter Konsequenz
bekämpfen. Anders ist es überhaupt nicht zu verstehen,
weshalb Sie nicht schon früher einen entsprechenden Ge-
setzentwurf vorgelegt haben.

Der Grund dafür, dass Sie ganz zum Schluss eine Eini-
gung gefunden haben, war der terroristische Anschlag auf
Djerba.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Geis, das war Massenmord und ohnehin strafbar!)


Bei diesem Anschlag, an dem wohl Terroristen, die in
Deutschland wohnten, beteiligt waren, haben sehr viele
deutsche Touristen ihren Tod gefunden.

Erst der terroristische Anschlag von Djerba also hat die
Grünen gezwungen, endlich zu springen. Erst dann wurde
der Gesetzentwurf vorgelegt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! Das hat damit überhaupt nichts zu tun!)


Nach langem Ringen und nach vielen Kämpfen innerhalb
der Koalition


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn!)


wurde eine Formulierung gefunden, mit der nun offenbar
auch die Grünen zufrieden sind. Genau diese Formulie-
rung greifen wir an. Wir sind mit dieser Formulierung
nicht zufrieden; denn sie geht uns nicht weit genug. Des-
wegen lehnen wir dieses Gesetz ab.

Ich will Ihnen dartun, warum wir meinen, dass Sie mit
diesem Gesetz einen Rückschritt und keinen Fortschritt
im Kampf gegen den Terrorismus machen. Da Sie wohl
noch in der Mentalität der 70er-Jahre verhaftet sind – an-
ders kann ich es mir nicht vorstellen –, wollen Sie ein
wichtiges Tatbestandsmerkmal nicht nur aus
§ 129 b StGB, sondern auch aus § 129 a und aus
§ 129 StGB herausnehmen, nämlich das Werben für eine
kriminelle oder terroristische Vereinigung. Ich wieder-
hole: Dieses Tatbestandsmerkmal wollen Sie streichen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)


– Lesen Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf durch! Ich
hoffe, dass Sie noch lesen können, Herr Ströbele. Wenn
Sie es noch könnten, dann würden Sie diesen Zwischenruf
eigentlich nicht machen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie doch einmal den Text! Da steht es drin!)


Sie haben dieses wichtige Tatbestandsmerkmal einfach
gestrichen. Warum haben Sie es gestrichen? – Weil Sie
noch in Ihren Erfahrungen aus den 70er-Jahren verhaftet
sind. Diese Richtung passt Ihnen nicht. Die SPD hat 1976
mit uns zusammen – wir waren damals in der Opposi-
tion – ein Antiterrorgesetz in das Gesetzgebungsverfahren
eingebracht, dem wir zugestimmt haben. Dieses Gesetz
aus dem Jahre 1976 enthielt – es ging um dieselbe For-
mulierung wie heute – das strafrechtliche Verbot des Wer-
bens für terroristische Ziele. Wir waren damit einverstan-
den. Nach 26 Jahren sind Sie auf einmal der Auffassung,
das sei nicht mehr richtig, und wollen dieses Verbot aus
dem Gesetz streichen. Diese Streichung soll nicht nur
§ 129 b StGB, sondern auch § 129 a StGB betreffen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)


– Lesen Sie Ihren Gesetzentwurf durch! Ich weiß gar
nicht, was Sie im Kopf haben. – Genau diese Streichung
ist das Problem.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird doch gar nichts gestrichen!)


Sie wollen zwar das Anwerben von Mitgliedern für
Terrororganisationen nach wie vor unter Strafe stellen;
aber darum geht es bei dem Begriff „werben“ doch gar
nicht. Die Rechtsprechung hat genaue Kriterien ent-
wickelt, nach denen die Strafbarkeit einer Werbung für
Ziele des Terrorismus festgestellt werden kann. Sie wol-
len, dass in Zukunft Handlungen, die den Terrorismus un-
terstützen, geduldet werden, was ein gesellschaftliches




Norbert Geis
25080


(C)



(D)



(A)



(B)


Klima zur Folge hat, in dem der Terrorismus nicht in dem
notwendigen Maße bekämpft wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das Entstehen eines solchen Klimas ist unsere Befürch-
tung.

1976 wurde das Tatbestandsmerkmal Werbung in den
Gesetzentwurf aufgenommen, weil man entdeckt hat,
dass die Terroristen, die nach ihrem Selbstverständnis der
Menschheit das Heil bringen wollen, natürlich nicht nur
um Mitglieder – das wollen Sie nach wie vor unter Strafe
stellen –, sondern auch um Sympathie und Anhänger wer-
ben. Jede Sympathiewerbung, jede Anhängerwerbung be-
stärkt die Terroristen in ihrem Ziel, der Menschheit
– wenn es notwendig ist, auch mit Bomben – das Heil zu
bringen.

1976 sahen die Sozialdemokraten das noch genauso
und haben mit uns dafür gesorgt, dass dieses Tatbestands-
merkmal in das Gesetz aufgenommen wird. Nun wollen
sie es streichen, weil die Grünen es wollen. Sie selbst, die
Sozialdemokraten, können es gar nicht wollen; denn Sie
sind doch unserer Meinung. Sonst hätten Sie 1976 nicht
so gehandelt.

Sie ziehen sich auf die Behauptung zurück, die Recht-
sprechung komme mit der bisherigen Regelung nicht zu-
recht. Das ist völlig falsch. Die Rechtsprechung kommt
damit längst zurecht. Sie hat längst Kriterien entwickelt,
nach denen ganz klar ist, wann eine Werbung strafrechtli-
che Relevanz hat und wann nicht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Geis, von welchem Gesetz reden Sie eigentlich?)


Flüchten Sie sich nicht in solche Allgemeinplätze juris-
tischer Fabuliererei. Die Koalition aus Sozialdemokraten
und Grünen hat dieses Gesetz nur deshalb geändert, weil
die Grünen darauf bestanden haben, dieses Verbot zu
streichen.


(Alfred Hartenbach [SPD]: Alles falsch, Norbert! Alles falsch!)


– Ach, Herr Hartenbach, wenn Sie dazwischenbrüllen,
dann versteht man nichts mehr.

Sie haben mitgemacht und nun machen Sie uns Vor-
würfe. Wir sind der Auffassung, dass gerade dieses Tat-
bestandsmerkmal für einen erfolgreichen Kampf gegen
den Terrorismus von ausschlaggebender Bedeutung ist.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das können Sie doch nicht ernsthaft glauben!)


Dieser Meinung waren auch Sie; sonst hätten Sie das Ge-
setz 1976 mit uns zusammen gar nicht vorgelegt. Sie sind
nun auf einmal der Auffassung, dass man diese Streichung
vornehmen sollte. Wir machen da nicht mit. Wir sind der
Meinung, wir müssen mit aller Macht gegen den Terro-
rismus vorgehen. Wer sich da auf juristische Fabuliere-
reien oder grüne Weltverbesserer verlässt,


(Rudolf Bindig [SPD]: Kohlscher Weltverschlechterer!)


der tut unserem Land nicht den Dienst, den eine Regie-
rungskoalition leisten muss.

Doch die Koalition ist mit ihrem Latein am Ende,

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das hat uns gerade noch gefehlt!)

die Gemeinsamkeiten dieser Koalition sind verbraucht.
Deswegen müssen Sie am 22. September im Interesse un-
seres Volkes abgewählt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Rudolf Bindig [SPD]: Weltverschlechterer!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424805900
Ich gebe
jetzt das Wort dem Kollegen Matthias Berninger. Er
spricht für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt wird’s wieder sachlich!)



Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424806000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Vertreter
der 68er-Generation


(Beifall des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS] – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Dazu sind Sie noch zu jung!)


und als jemand, der der Mentalität der 70er-Jahre verhaf-
tet ist, möchte ich mich jetzt zu diesem Thema äußern.

Herr Kollege Geis, Sie haben hier nun wortreich be-
gründet, warum die Union blockiert, dabei haben Sie aber
nur zu einem Thema geredet. In Wahrheit haben Sie noch
nicht einmal zu dem Thema geredet, weil Sie von der übri-
gen Blockadepolitik Ihres bayerischen Ministerpräsiden-
ten, dem der Landtag bekanntermaßen wichtiger ist als
der Bundestag, ablenken wollen.

Ich will Ihnen hier sehr deutlich sagen: Wir alle mitei-
nander – der 11. September ist nun wirklich ein Einschnitt
für alle Beteiligten gewesen – sind uns einig, dass wir den
Terrorismus wirkungsvoll bekämpfen müssen.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Sie tun es nicht!)

Deswegen wollen wir gerade mit der Änderung des § 129
des Strafgesetzbuches, über die Sie sich eben minutenlang
aufgeregt haben, erreichen, dass insbesondere gegen das
Werben um Mitglieder terroristischer Vereinigungen mit
aller Härte vorgegangen werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Meine Damen und Herren, es ist schon gesagt worden,
dass es eine Verschärfung des Kampfes gegen den Terro-
rismus unmöglich macht, wenn man das heute ablehnt.
Überlegen Sie es sich deswegen noch einmal. Ich weiß
ja – die Mitglieder meiner Fraktion, die öfter mit Ihnen zu
tun haben, haben es mir auch gesagt –, welche Neigungen
Sie bezüglich Rechtsstaatsliberalismus haben und dass
Sie an der Stelle wirklich eine sehr harte Linie vertreten.
Trotzdem appelliere ich an Sie, die Verbesserungen, die
wir mit dieser Änderung erreichen wollen, heute hier zu
beschließen, damit sie in Kraft treten können. Ich denke,




Norbert Geis

25081


(C)



(D)



(A)



(B)


ich spreche da auch im Namen des Rechtsausschussvor-
sitzenden, der sich zu Recht darüber empört hat, welche
Intentionen Sie uns bezüglich des Gesetzgebungsverfah-
rens zur Änderung des § 129 unterstellt haben. – Das ist
der erste Punkt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD – Norbert Geis [CDU/CSU]: Wen meinen Sie mit „Ausschussvorsitzenden“?)


Meine Damen und Herren, außerdem geht es heute um
einen Meilenstein im Verbraucherschutz. Wir haben ja in
den letzten Wochen schon mitbekommen, welchen Stel-
lenwert Verbraucherschutz in der Union hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Keinen!)

Ich durfte mir die Rede eines Ministerpräsidenten bei ei-
ner schwarzen Messe, genannt kleiner Bauerntag, am ver-
gangenen Dienstag in Nürnberg anhören.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

Was war Gegenstand dieser schwarzen Messe? – Es
wurde über die alte Landwirtschaftspolitik geredet und
der neu eingeführte Verbraucherschutz kam nicht vor. Wie
man auf diesem Gebiet handelt, steht heute, aber auch ins-
gesamt zur Wahl.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424806100
Herr Kol-
lege Berninger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Ab-
geordneten Carstensen?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Des Lobbyisten Carstensen!)



Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424806200

Selbstverständlich.


Peter H. Carstensen (CDU):
Rede ID: ID1424806300
Herr
Berninger, können Sie mir denn sagen, wo Sie bei dem
Bauerntag gesessen haben? Ich habe Sie nicht gesehen
und habe auch während der Rede des zukünftigen Bun-
deskanzlers Stoiber etwas anderes gehört. Wo waren Sie
denn?


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja, wo waren Sie denn?)



Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424806400

Ich beantworte die Frage sehr gern. Es gibt ja interessante
Medien; eines davon ist das Internet. Im Internet ist die
Rede des bayerischen Ministerpräsidenten nachlesbar. Er
hat seine Aussagen sogar schriftlich hinterlassen, was die
Sache eher noch schlimmer macht. Alles, was er da gesagt
hat, war: Er will zu einem Landwirtschaftsministerium al-
ter Prägung zurück; er will kein Verbraucherschutz-
ministerium klassischer Prägung mehr.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie waren also nicht da! – Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sie haben es nicht gehört!)


Genau darauf habe ich eben hingewiesen, Herr Ausschuss-
vorsitzender. Lieber Herr Carstensen, ich bin auch ganz
froh, dass ich bei dieser verkappten Wahlkampfveranstal-
tung nicht anwesend sein musste; denn ich hatte Besseres
zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Meine Damen und Herren, der Bundesrat hat das
Verbraucherinformationsgesetz blockiert. Das Verbrau-
cherinformationsgesetz hätte den Menschen das Recht
gegeben, über das, was mit den Lebensmitteln so passiert,
die notwendigen Informationen zu bekommen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das steht aber nicht im Gesetz drin!)


Weil es blockiert wurde, befinden wir uns in der absurden
Situation, dass Verbraucher heute über den Klärschlamm
mehr Informationen erhalten können als über ihre eigenen
Nahrungsmittel. Diese absurde Situation wird vermutlich
noch ein wenig andauern, aber ich kann Ihnen sagen:
Schon 2004 werden wir aufgrund europäischer Normen
gezwungen sein, ein solches Verbraucherinformationsgesetz
zu beschließen. Wenn der Wahlkampf vorbei ist, wird es
dieses Verbraucherinformationsgesetz auch geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Bundesrat will verhindern – wir versuchen, ihn da-
von abzubringen –, dass klare Regelungen zur Beseiti-
gung des Missbrauchs der 0190-Telefonnummern – es
soll auch CSU-Landtagsabgeordnete gegeben haben, die
mit diesen Nummern Schwierigkeiten hatten – getroffen
werden, indem er blockiert.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Die ersten Busengrapscher waren bei euch in der Fraktion!)


Dieser Missbrauch soll wirkungsvoll bekämpft werden.
Die Menschen werden massenhaft durch Kriminelle um
ihr Geld betrogen, die in dem Bereich versuchen, die
schnelle Mark bzw. den schnellen Euro zu machen. Von-
seiten der Union wird dieses Vorhaben blockiert, obwohl
die Bundesregierung einen sehr guten Vorschlag unter-
breitet hat. Der Bundeswirtschaftsminister hat entspre-
chende Vorlagen auf den Tisch gelegt. Sie wollen dieses
Vorhaben den Sommer über auf die lange Bank schieben.
Auch das macht deutlich, dass der Verbraucherschutz
durch Ihre Blockadepolitik unter die Räder kommen soll.

Die gute Nachricht für den Verbraucherschutz ist aber,
dass Ihnen das bei einem anderen Thema nicht gelingen
wird: Wir werden heute die Neuordnung der Bundes-
behörden, die im Verbraucherschutzbereich tätig sind, be-
schließen. Damit werden wir moderne Behördenstruktu-
ren schaffen, die den Antworten der Europäischen Union
auf die Frage des Verbraucherschutzes passgenau ent-
sprechen. Wir werden nämlich eine Trennung zwischen
der Genehmigung auf der einen Seite und der wissen-
schaftlichen Bewertung von Risiken auf der anderen Seite
vornehmen. Diese Gewaltenteilung ist dringend not-
wendig, weil wir nur so sicherstellen können, dass die
neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse schnell in eine




Norbert Geis
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(C)



(D)



(A)



(B)


moderne Verbraucherpolitik einfließen und dass sich die
Interessen der Lobbyisten nicht weiterhin gegenüber den
Interessen der Verbraucher durchsetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich halte das für eine sehr wichtige Regelung. Die Un-
abhängigkeit der Risikobewertung von der Politik ist
nicht zwingend etwas Angenehmes. Wir können vonsei-
ten dieser unabhängigen Stelle auch einmal unangenehme
Botschaften erhalten. Sie kann uns darauf hinweisen, auf
welchen Gebieten wir falsch liegen. Diese Unabhängig-
keit wird von Ihnen bekämpft. Das zeigt, dass Sie auf die
Risikobewertung weiterhin politisch Einfluss nehmen
wollen. Bereits die BSE-Krise hat gezeigt, dass das der
falsche Weg ist. Ich danke in diesem Zusammenhang Frau
von Wedel für ihre Ratschläge, die wir gern umsetzen.

Ein weiterer Punkt, den wir umsetzen wollen, ist in
meinen Augen der wichtigste: Wir wollen, dass bei Le-
bensmittelkrisen die Kompetenzen, auch hinsichtlich der
Koordination, stärker auf der Bundesebene angesiedelt
werden. Das ist bitter notwendig. Ein Kind, das in Flens-
burg frühstückt, hat Anspruch auf den gleichen Verbrau-
cherschutz und auf die gleichen sicheren Lebensmittel
wie ein Kind, das beispielsweise in Garmisch-Partenkir-
chen frühstückt.

Diese Bundeseinheitlichkeit wird von Ihnen massiv
bekämpft. Alle Lebensmittelkrisen haben gezeigt, wie
nötig eine stärkere Kompetenz auf Bundesebene ist. Wir
glauben, dass wir auf diesem Gebiet sehr gut vorankom-
men. Der Bund könnte zwar noch mehr Kompetenzen er-
halten; wir machen aber einen ersten Schritt in die rich-
tige Richtung. Schon der Nitrofenskandal hat gezeigt, wie
wichtig diese neuen Strukturen sind. Die nächsten Le-
bensmittelkrisen lassen sich dadurch leichter bekämpfen.
Das Wichtigste ist, dass sich viele Lebensmittelkrisen
durch diese neue moderne Struktur, die Sie hier und heute
blockieren wollen, sogar vermeiden lassen. Deshalb ist es
gut, dass Ihre Blockadeversuche erfolglos bleiben werden.

Ich danke im Vorhinein für die Unterstützung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424806500
Für die
FDP-Fraktion spricht der Kollege Ernst Burgbacher.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1424806600
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute vier
Einsprüche des Bundesrates zu behandeln. Die FDP wird
der Zurückweisung des Einspruchs beim § 129 b des
Strafgesetzbuches zustimmen. Es handelt sich um eine
zugegebenermaßen schwierige Abwägung zwischen der
Bekämpfung des Terrorismus und der – vermeintlich
schlechteren – Bekämpfung der Kriminalität bei Propagan-
dadelikten. Für die FDP-Bundestagsfraktion hat die inter-
nationale Terrorismusbekämpfung in jedem Fall Vorrang.
Knapp zwei Monate bevor sich die Anschläge vom 11. Sep-
tember erstmalig jähren, haben wir ein Zeichen zu setzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kollege Berninger, wir werden die Zurückwei-
sung des Einspruchs beim Verbraucherschutz nicht mit-
tragen, sondern ablehnen. Sie reden im Zusammenhang
mit dem Verbraucherschutz von einem Meilenstein.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ein Hinkelstein!)


Ein Meilenstein ist zum einen gut sichtbar und weist zum
anderen in die richtige Richtung. Beides ist hier leider
nicht der Fall. Sie sollten nicht von einem Meilenstein,
sondern von einem Stolperstein reden.


(Beifall bei der FDP)

Denn allen Bekundungen zum Trotz wird mit dem vor-

liegenden Gesetz nicht mehr Verbraucherschutz geschaf-
fen. Im Ergebnis führt die Reorganisation des gesundheit-
lichen Verbraucherschutzes zu mehr Behörden, mehr
Beamten, mehr Verwaltung, also zu mehr Bürokratie und
damit zu höheren Kosten für den Verbraucher. Auch der
aktuelle Nitrofen-Skandal hat gezeigt, dass die zuständige
Verbraucherministerin ihr Haus nicht in Ordnung hat.


(Beifall bei der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CDU-FDP-Landesregierung!)


Herr Trittin, deshalb müssen nicht die Behörden neu or-
ganisiert werden; nein, das Ministerium braucht einen
neuen Kopf. Genau das ist das Problem.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es geht in dieser Debatte auch um zwei bildungspoliti-
sche Gesetzentwürfe. Ich möchte ganz kurz etwas zum
Gesetz zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes und des
Arbeitsgerichtsgesetzes sagen. Diese Änderung ist
schlichtweg unnötig, weil sie zu einer weiteren und über-
flüssigen Regulierung sowie zu weiteren Kosten führt.
Um dies zu verdeutlichen, mag ein Satz aus der Begrün-
dung genügen:

Kosten durch das Gesetz können im Haushalt der
Bundesanstalt für Arbeit entstehen, die der Höhe
nach nicht abschließend quantifizierbar sind.

Ein solches Gesetz zu beschließen ist unseriös. Das wer-
den wir nicht mitmachen.


(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich schließlich etwas ausführlicher auf

das Sechste Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmen-
gesetzes eingehen. Das Schlagwort von der Autonomie
höre ich von allen Seiten. Wenn wir aber in das Gesetz
schauen, können wir feststellen, dass es offenbar über Au-
tonomie und Freiheit unterschiedliche Vorstellungen gibt.
Beim Lesen dieses Gesetzes kann man den Freiheits- und
Autonomiebegriff erkennen, der sich durch die Politik
von Rot-Grün zieht: Wir geben euch die Freiheit, aber wir
sagen euch ganz genau, wie sie auszusehen hat. Wir
schreiben euch ganz genau vor, was ihr zu tun habt und
was ihr nicht tun dürft. – Die Beachtung dieser Punkte be-
deutet für Rot-Grün Freiheit.

Wir Liberale haben einen anderen Freiheitsbegriff. Um
den geht es uns hier.


(Beifall bei der FDP)





Matthias Berninger

25083


(C)



(D)



(A)



(B)


Wir wollen wirkliche Autonomie für die Hochschulen.
Wir wollen nicht die Zwangsfestlegung der verfassten
Studentenschaft, sondern wir wollen es der Autonomie
der Hochschule überlassen, wie Gremien eingerichtet und
gestaltet werden. Deshalb machen wir da nicht mit.

Wir wollen kein grundsätzliches Gebührenverbot
durch den Bund.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)

Schauen Sie sich an, was in den Ländern passiert. Bei-
spielsweise gibt es in Baden-Württemberg die Studienge-
bühr für Langzeitstudenten. Die entsprechenden Einnah-
men verbleiben bei der Hochschule. Aber Ihr Herr
Clement will eine Gebühr in Höhe von 50 Euro pro Se-
mester und pro Student einführen, wohlgemerkt: nicht zur
Finanzierung der Hochschule, sondern zur Finanzierung
des Landeshaushaltes. Da werden wir nicht mitmachen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Um es noch einmal klar zu sagen: Wir wollen nicht,
dass der Bund vorschreibt, wie die Autonomie auszusehen
hat. Sie gehört in den Zuständigkeitsbereich der Länder.
Wir wollen die ZVS auflösen und wir wollen, dass die
Hochschulen ihre Studenten selbst auswählen können.
Wir wollen den Wettbewerb der Hochschulen. Dazu
braucht es eine wirkliche Autonomie und nicht eine, bei
der Rot-Grün vorschreibt, was zu geschehen hat.


(Beifall bei der FDP)

Diese Haltung zeigt sich auch sehr deutlich – damit

komme ich zu meinem letzten Punkt – bei der Einführung
von Bachelor- und Masterstudiengängen. Wir haben diese
Studiengänge unterstützt. Aber warum wollen Sie das zu
dem jetzigen Zeitpunkt machen, wo noch nicht klar ist,
wie hoch die Akzeptanz ist? Warum wollen Sie entspre-
chende Vorschriften jetzt erlassen, da sich doch die Hoch-
schulen in einem Strukturwandel befinden? Lassen wir
den Hochschulen Luft! Folgen Sie unseren Vorschlägen
für mehr Autonomie und mehr Freiheit und lehnen Sie
dieses Gesetz ab! Stimmen Sie also dem Einspruch zu!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Aber dazu müssen Sie doch erst einmal den Rahmen für die Freiheit schaffen!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424806700
Für die
PDS-Fraktion spricht der Kollege Rolf Kutzmutz.


Rolf Kutzmutz (PDS):
Rede ID: ID1424806800
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Die PDS ist aus mir immer schwerer nach-
vollziehbaren Gründen nicht am Vermittlungsausschuss
beteiligt. Wir können uns daher nicht zum Zustandekom-
men, wohl aber zu den Ergebnissen selbst äußern, die der
Vermittlungsausschuss erreicht hat. Ich will das in aller
gebotenen Kürze tun.

Erstens zur Lebensmittelsicherheit: Die Bundesregie-
rung hat Schritte zur Verbesserung der Organisations-
strukturen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ein-

geleitet. Das Bundesinstitut für Risikobewertung und das
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsi-
cherheit befinden sich auf der Grundlage eines Errich-
tungserlasses im Aufbau. Die zügige Umsetzung be-
grüßen wir ausdrücklich. Mit der Bestätigung des
Gesetzes muss es nun schnellstens Klarheit über die
Struktur der Bundesforschungsanstalten im Verantwor-
tungsbereich des zuständigen Bundesministeriums geben.


(Beifall bei der PDS)

Um die Arbeitsfähigkeit der Institutionen zu sichern und
den Bürgern ein hohes Maß an gesundheitlichem Ver-
braucherschutz zu gewährleisten, ist die Zurückweisung
des Einspruches notwendig.


(Beifall bei der PDS)

Zweitens. Die PDS-Fraktion hat sich im Bundestag bei

der Verabschiedung der Sechsten Novelle zum Hoch-
schulrahmengesetz der Stimme enthalten. Wir sind mit
diesem Gesetz nicht zufrieden. Das Gesetz ist kein Ge-
setz, das die Einführung von Studiengebühren verhindert,
sondern ein Gesetz, das vorhandene Gebühren, zum Bei-
spiel die in Baden-Württemberg, nachträglich legitimiert
und die Einführung neuer Gebühren, beispielsweise in
NRW, absichert. Gebühren während der Regelstudienzeit
werden nicht verbindlich ausgeschlossen und damit wird
letztlich die soziale Öffnung der Hochschule infrage ge-
stellt.

Die Neufassung der Vorschriften zur verfassten
Studierendenschaft begrüßen wir. Gleiches gilt für Nach-
besserungen der Fünften Novelle zum Hochschul-
rahmengesetz. Dies betrifft den Bereich des Hochschul-
dienstrechtes. Der von uns geforderte rechtsstaatliche
Vertrauensschutz für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter wird damit zumindest nachträglich ge-
währleistet.

Weil bei einer Umsetzung des Einspruchs des Bundes-
rates ein schlechteres Gesetz herauskäme, stimmen wir
auch hier für die Zurückweisung des Einspruchs.


(Beifall bei der PDS)

Drittens. Das tun wir auch im Falle des Berufsbil-

dungsgesetzes. Wir könnten uns manche Regelung wei-
tergehend und durchgreifender vorstellen. Aber es geht
letztlich auch darum, aufzuzeigen, wo im Falle der Siche-
rung von Mitspracherechten die Trennlinie zwischen den-
jenigen verläuft, die für, und denjenigen, die gegen das
Mitspracherecht von circa 130 000 Jugendlichen in außer-
betrieblichen Ausbildungseinrichtungen sind. Auch hier
stimmen wir der Zurückweisung zu.


(Beifall bei der PDS)

Viertens. Sehr geehrter Herr Kollege Schmidt, richtig

schwer gefallen ist uns allerdings die Entscheidung bei
der Fassung des § 129 b StGB. Wir haben im Bundestag
gegen diese Fassung gestimmt. Dieser neue Paragraph
soll die Verfolgung von Menschen erlauben, die sich zwar
keiner einzigen Straftat schuldig oder verdächtig gemacht
haben, die aber eine von anderen Staaten als kriminell
oder terroristisch definierte Vereinigung unterstützen.
Unsere Kritik bleibt. Die Sicherheit in Deutschland wird
damit um kein Jota verbessert.




Ernst Burgbacher
25084


(C)



(D)



(A)



(B)


Wir stimmen dem Antrag der Koalitionsfraktionen auf
Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates den-
noch zu, weil wir gegen die vom Bundesrat geforderte
weitere Verschärfung des § 129 b StGB sind. Wenn es
dazu noch einer Begründung bedurft hätte, dann hätte sie
uns Herr Geis in aller Ausführlichkeit geliefert.

Danke schön.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424806900
Zu einer
Kurzintervention gebe ich dem Kollegen Ströbele das
Wort. – Der Kollege Ströbele verzichtet auf seine Kurz-
intervention.


(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Ich gebe dem Kollegen Hartenbach das Wort.


Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1424807000
Herr Präsident! Meine ver-
ehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege
Geis, ich beginne wieder einmal mit einem Bibelzitat:


(Zuruf von der CDU/CSU: Oje!)

Was suchst du den Splitter im Auge deines Bruders
und siehst den Balken in dem deinen nicht.

Genauso ist es bei dem, was Sie heute vorgetragen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Sie waren heute Morgen nicht im Gottesdienst!)


– Herr Repnik, das wissen Sie doch gar nicht.
Zunächst sollte in § 129 b StGB stehen: „Wer für ter-

roristische Vereinigungen wirbt oder sie unterstützt ...“
Wir wussten, dass damit wirkliche Freiheitskämpfer, zum
Beispiel Nelson Mandela, bzw. all diejenigen, die solche
Menschen unterstützen, in die Gefahr gerieten, in
Deutschland verhaftet zu werden. Deshalb haben wir in
einem zähen und sehr demokratischen Ringen mit dem
Koalitionspartner, auch mit Herrn Ströbele – das muss
man hier betonen –, eine Formulierung gefunden, die all
dem Rechnung trägt, indem sie die wirklichen Terroristen
von denjenigen unterscheidet, die für Recht und Freiheit
in unterdrückten Ländern kämpfen. Diese Formulierung
lautet – hören Sie gut zu! –: „Wer um Mitglieder oder Un-
terstützer von terroristischen Vereinigungen wirbt ...“ Der
ursprüngliche Gedanke ist also nach wie vor vorhanden.

Ihre Äußerung, Herr Kollege Geis, zeigt, dass Sie von
Anfang an unwillig waren, dieses Gesetz mitzutragen,
kein Interesse an einer gemeinsamen Lösung hatten und
nur darauf aus waren, parteipolitischen Klamauk zu ma-
chen. Genau das haben Sie heute getan.

Ich frage mich wirklich, wie ernst man Sie als Opposi-
tion überhaupt nehmen kann. Üben Sie erst noch! Bleiben
Sie noch vier oder acht Jahre in der Opposition! Danach
können Sie wiederkommen.


(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident, ich hätte sechs Minuten reden dürfen.

Man sollte die Zeit aber nicht überstrapazieren. Hierzu

sechs Minuten zu reden ist sowieso zu viel. Ich empfehle
dem Kollegen Geis, sich das nächste Mal genau zu infor-
mieren, bevor er so etwas sagt.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424807100
Ich schließe
die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über vier Anträge der
Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
auf Zurückweisung von Einsprüchen des Bundesrates. Es
ist jeweils namentliche Abstimmung beantragt.

Nach Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes ist für die
Zurückweisung eines Einspruchs des Bundesrates die
Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Deutschen Bun-
destages erforderlich; das sind mindestens 334 Stimmen.
Wer also den Einspruch zurückweisen möchte, muss mit
Ja stimmen.

Sie benötigen außer Ihren Stimmkarten Ihre Stimm-
ausweise in den Farben Grün, Rosa, Rot und Blau. – Mir
fällt auf, dass die Farbe Schwarz fehlt; aber das wird
schon seinen Grund haben. –


(Heiterkeit – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist eine Unfarbe, keine Farbe!)


Ich werde die Farbe des zu verwendenden Stimmaus-
weises bei der jeweiligen Abstimmung bekannt geben.
Die Stimmausweise können Sie Ihrem Stimmkartenfach
entnehmen. Die Schriftführerinnen und Schriftführer
werden darauf achten, dass die Stimmabgabe ordnungs-
gemäß erfolgt.

Wir kommen zur ersten namentlichen Abstimmung.
Dafür benötigen Sie ihren Stimmausweis in der Farbe
Grün. Es geht um die Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf
Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen
das Gesetz zur Neuorganisation des gesundheitlichen
Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit auf
der Drucksache 14/9653. Ich bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen. Sind alle
Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne
die Abstimmung. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwe-
send, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Haben alle
Kolleginnen und Kollegen die Stimme abgegeben? – Ich
schließe die Abstimmung und bitte, mit der Auszählung
zu beginnen. Das Ergebnis wird später bekannt gegeben.1)

Wir kommen zur zweiten namentlichen Abstimmung.
Sie benötigen jetzt den Stimmausweis in der Farbe Rosa.
Es geht um die Abstimmung über den Antrag der Fraktio-
nen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Zurück-
weisung des Einspruches des Bundesrates gegen das
Sechste Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmenge-
setzes, Drucksache 14/9654.




Rolf Kutzmutz

25085


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Seite 25086 C

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 633;
davon

ja: 372
nein: 260
enthalten: 1

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher

Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße

Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer

Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit

Ich eröffne die Abstimmung.
Haben alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimme ab-

gegeben? – Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend,
das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte, mit der Aus-
zählung zu beginnen.1)

Wir kommen zur dritten namentlichen Abstimmung.
Jetzt benötigen Sie Ihren Stimmausweis in der Farbe Rot.
Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Einspru-
ches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung des
Berufsbildungsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes.

Ich eröffne die Abstimmung.
Haben alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimmen

abgegeben? – Ich schließe die Abstimmung und bitte, mit
der Auszählung zu beginnen.2)

Wir kommen nun zur vierten namentlichen Abstim-
mung. Dazu liegt eine Erklärung der Abgeordneten Ulla
Jelpke vor, die zu Protokoll genommen wird.3) Sie benöti-
gen jetzt Ihren Stimmausweis in der Farbe Blau. Wir
stimmen über den Antrag der Fraktionen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Einspru-
ches des Bundesrates gegen das ... Strafrechtsänderungs-
gesetz – §129 b StGB auf Drucksache 14/9656 ab.

Ich eröffne die Abstimmung.
Da alle Fraktionen beantragt haben, die Sitzung nach

dieser vierten namentlichen Abstimmung für Fraktions-

sitzungen zu unterbrechen, bitte ich die Kolleginnen und
Kollegen, die ihre Stimme bereits abgegeben haben, sich
jetzt in die Fraktionssäle zu begeben. Nachdem ich den
Abstimmungsvorgang geschlossen habe, werde ich die
Sitzung unterbrechen. Der Wiederbeginn der Sitzung
wird rechtzeitig angekündigt werden.

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist offensicht-
lich nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich
bitte, mit der Auszählung zu beginnen. Die Ergebnisse
werden Ihnen später bekannt gegeben.4)

Nun unterbreche ich – wie angekündigt – die Sitzung.

(Unterbrechung von 14.49 bis 15.30 Uhr)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424807200
Die unterbrochene
Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich komme auf Tagesordnungspunkt 5 zurück und gebe
das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermit-
telte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den
Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/
Die Grünen auf Zurückweisung des Einspruches des Bun-
desrates gegen das Gesetz zur Neuorganisation des ge-
sundheitlichen Verbraucherschutzes und der Lebensmittel-
sicherheit auf Drucksache 14/9653 bekannt. Abgegebene
Stimmen 633. Mit Ja haben gestimmt 372, mit Nein ha-
ben gestimmt 260, Enthaltungen 1. Der Antrag ist damit
angenommen.




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters
25086


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Seite 25089 A
2) Seite 25091 B
3) Anlage 2 4) Seite 25094 B




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25087


(C)



(D)



(A)



(B)


Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff

Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Christel Riemann-
Hanewinckel

Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Dr. Frank Schmidt

(Weilburg)


Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler

Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Reinhold Strobl (Amberg)

Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich
von Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell

Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Oswald Metzger
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

PDS
Monika Balt
Wolfgang Bierstedt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Rolf Kutzmutz
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25088


(C)



(D)



(A)



(B)


Fraktionslos
Christa Lörcher

Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Antje Blumenthal
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Dankward Buwitt
Cajus Caesar
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Dr. Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)

Axel E. Fischer

(Karlsruhe-Land)


Klaus Francke
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Michael Glos
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)

Carl-Detlev Freiherr
von Hammerstein

Gottfried Haschke

(Großhennersdorf )


Gerda Hasselfeldt
Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Detlef Helling
Hans Jochen Henke
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski

Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhelmshaven)

Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mülheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Michael von Schmude
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr
von Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff

Gerhard Schulz
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm Josef Sebastian
Marion Seib
Heinz Seiffert
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Johannes Singhammer
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr
von Stetten

Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß (Emmendingen)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Aribert Wolf
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25089


(C)



(D)



(A)



(B)


Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting

Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler

Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Gudrun Serowiecki
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae

Dr. Guido Westerwelle
Enthalten
CDU/CSU
Dr. Gerhard Scheu


(Peter Dreßen [SPD]: Mit Kanzlermehrheit!)

Ich gebe weiterhin das von den Schriftführerinnen und

Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD
und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung

des Einspruches des Bundesrates gegen das Sechste Ge-
setz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes auf
Drucksache 14/9654 bekannt. Abgegebene Stimmen 631.
Mit Ja haben gestimmt 370, mit Nein haben gestimmt
261. Herr Kollege Dreßen, auch für diesen Antrag ist die
notwendige Kanzlermehrheit vorhanden.

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 631;
davon

ja: 370
nein: 261

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas

Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer

Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Christel Riemann-
Hanewinckel

Reinhold Robbe




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25090


(C)



(D)



(A)



(B)


Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Dr. Frank Schmidt

(Weilburg)


Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Reinhold Strobl (Amberg)

Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher

Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche

Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Oswald Metzger
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

PDS
Monika Balt
Wolfgang Bierstedt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Rolf Kutzmutz
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf
Fraktionslos
Christa Lörcher

Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner

Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Antje Blumenthal
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Dankward Buwitt
Cajus Caesar
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Dr. Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Klaus Francke
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25091


(C)



(D)



(A)



(B)


Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)

Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein


(Großhennersdorf )


Gerda Hasselfeldt
Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Detlef Helling
Hans Jochen Henke
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz

Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhelmshaven)

Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck

Volker Rühe
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Dr. Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mülheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Michael von Schmude
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Gerhard Schulz
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm Josef Sebastian
Marion Seib
Heinz Seiffert
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Johannes Singhammer
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten

Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß (Emmendingen)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch

Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Aribert Wolf
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Gudrun Serowiecki
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich gebe nun das von den Schriftführerinnen und Schrift-

führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-
mung über den Antrag der Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Ein-

spruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung
des Berufsbildungsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgeset-
zes auf Drucksache 14/9655 bekannt. Abgegebene Stimmen
634. Mit Ja haben gestimmt 371, mit Nein haben gestimmt
263. Auch für diesen Antrag ist die Zustimmung der Mehr-
heit der Mitglieder des Deutschen Bundestages vorhanden.




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25092


(C)



(D)



(A)



(B)


Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 634;
davon

ja: 372
nein: 262

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)


Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler

Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Christel Riemann-
Hanewinckel

Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel

Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Dr. Frank Schmidt

(Weilburg)


Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Reinhold Strobl (Amberg)

Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25093


(C)



(D)



(A)



(B)


Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke

Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Oswald Metzger
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

PDS
Monika Balt
Wolfgang Bierstedt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Rolf Kutzmutz
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf
Fraktionslos
Christa Lörcher

Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner

Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Antje Blumenthal
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Dankward Buwitt
Cajus Caesar
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Dr. Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)

Axel E. Fischer

(Karlsruhe-Land)


Klaus Francke
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner

Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)

Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein

Gottfried Haschke

(Großhennersdorf )


Gerda Hasselfeldt
Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Detlef Helling
Hans Jochen Henke
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhelmshaven)

Erwin Marschewski

(Recklinghausen)





Vizepräsidentin Anke Fuchs
25094


(C)



(D)



(A)



(B)


Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr

Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Dr. Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mülheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Michael von Schmude
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr von
Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Gerhard Schulz
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm Josef Sebastian
Marion Seib
Heinz Seiffert
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Johannes Singhammer
Bärbel Sothmann
Margarete Späte

Wolfgang Steiger
Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten

Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß (Emmendingen)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Aribert Wolf
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Ernst Burgbacher

Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Gudrun Serowiecki
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle

Ich gebe weiterhin das von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Ab-
stimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Ein-
spruches des Bundesrates gegen das Strafrechtsänderungs-

gesetz – § 129 b StGB auf Drucksache 14/9656 bekannt.
Abgegebene Stimmen 634. Mit Ja haben gestimmt 411, mit
Nein haben gestimmt 223. Auch hierfür ist die Zustimmung
der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages
erreicht worden. Der Antrag ist angenommen.

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 634;
davon

ja: 411
nein: 223

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)


Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch

Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)


Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25095


(C)



(D)



(A)



(B)


Kerstin Griese
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Klaus Lennartz

Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Christel Riemann-
Hanewinckel

Reinhold Robbe
Gudrun Roos
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild

Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Dr. Frank Schmidt

(Weilburg)


Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Reinhold Strobl (Amberg)

Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich
von Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
CDU/CSU
Hans Jochen Henke
BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Oswald Metzger
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)





Vizepräsidentin Anke Fuchs
25096


(C)



(D)



(A)



(B)


Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Gudrun Serowiecki
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
PDS
Monika Balt
Wolfgang Bierstedt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke

Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Rolf Kutzmutz
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf
Fraktionslos
Christa Lörcher

Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Antje Blumenthal
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Dankward Buwitt
Cajus Caesar
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß

Renate Diemers
Dr. Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Klaus Francke
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)

Carl-Detlev Freiherr
von Hammerstein

Gottfried Haschke

(Großhennersdorf )


Gerda Hasselfeldt
Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Detlef Helling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey

Rudolf Kraus
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhelmshaven)

Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25097


(C)



(D)



(A)



(B)


Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Dr. Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mülheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Michael von Schmude
Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr
von Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Gerhard Schulz
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm Josef Sebastian
Marion Seib
Heinz Seiffert
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Johannes Singhammer
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Wolfgang Steiger
Erika Steinbach

Dr. Wolfgang Freiherr
von Stetten

Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Dr. Theodor Waigel
Peter Weiß (Emmendingen)

Annette Widmann-Mauz

Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Aribert Wolf
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
FDP
Gerhard Schüßler

Damit wurden alle Einsprüche zurückgewiesen.

(Beifall bei der SPD)


Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des 1. Untersuchungsausschusses nach
Art. 44 des Grundgesetzes
– Drucksache 14/9300 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Fograscher
Dorothea Störr-Ritter
Joachim Stünker
Andrea Voßhoff
Hans-Christian Ströbele
Dr. Max Stadler
Dr. Evelyn Kenzler

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die
Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Ich sehe, dass Sie
damit einverstanden sind. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die SPD-
Fraktion dem Vorsitzenden des Untersuchungsaus-
schusses, Volker Neumann, das Wort.


Volker Neumann (SPD):
Rede ID: ID1424807300
Frau Präsiden-
tin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zwar Vor-
sitzender dieses Untersuchungsausschusses, spreche aber
als ein Primus inter Pares, also als ein gleichrangiger Ab-
geordneter, als Mitglied des Untersuchungsausschusses.

Der Bundestag hat das Recht, einen Untersuchungs-
ausschuss einzusetzen, der in öffentlicher Verhandlung
erforderliche Beweise erhebt. Dieser Gedanke findet sich
schon seit 150 Jahren im deutschen Verfassungsrecht.
Immer wieder wurde festgelegt, dass Sachverhalte nach
gerichtsähnlichen Regeln aufgeklärt werden sollen. Das
bedeutet aber nicht – das gilt auch für diesen Untersu-
chungsausschuss –, dass wir Gerichten oder Staatsan-
waltschaften vergleichbar sind. Neben der Kontrolle der
Regierung und der Gesetzgebung ist auch die öffentliche
Diskussion der Fragen, die das Gemeinwesen zentral
berühren, eine der Hauptfunktionen des Untersuchungs-
ausschusses.

Wie bei keinem anderen Untersuchungsausschuss
standen die Fragen, die in den Untersuchungsausschuss-
aufträgen vom 2. Dezember 1999 und vom 18. Fe-
bruar 2000 formuliert wurden, und damit auch die Arbeit
des Untersuchungsausschusses im öffentlichen Interesse.
Nie zuvor hat sich die Öffentlichkeit über einen so langen
Zeitraum mit einem Thema befasst und nie zuvor hat sie
die Diskussion über das Verhalten von Politikern und Par-
teien immer wieder entfacht.

Die Arbeit des Untersuchungsausschusses ist der Ver-
such der parlamentarischen Aufarbeitung einer Affäre, die
nach der Parteispendenaffäre der 10. Wahlperiode, der so
genannten Flick-Affäre, zu den dunklen Punkten in der
deutschen Parteiengeschichte und unserer Demokratie
gehört.

Auch am Schluss der Arbeit des Ausschusses und mit
Vorlage des Berichts wird die Diskussion über Partei-
spenden, sachfremde Einflussnahme auf Politik und das
Verhalten von Politikern nicht enden. Wie bei allen Un-
tersuchungsausschüssen wird auch dieser Bericht den
Vorwurf einiger auf sich ziehen, das Untersuchungsver-
fahren sei wie das Hornberger Schießen ausgegangen.
Der Grund dafür ist in aller Regel, dass die, die diesen
Vorwurf erheben, den Bericht nicht gelesen haben. Der
Grund für die Öffentlichkeit ist, dass es keine erkennba-
ren Konsequenzen für die Politiker gibt, deren Rechtsver-
stöße nachgewiesen sind.

Dennoch: Wer so urteilt, ist nicht bereit, anzuerkennen,
dass die parlamentarische Untersuchung in der Gesamt-
heit Sinn des Untersuchungsausschusses ist. Es sind also
zu nennen: die Diskussion über die Einsetzung, der Be-
schluss im Bundestag, die Diskussion über die Beweis-
aufnahme und selbstverständlich der abschließende Be-
richt, wobei die Auswertung der Dokumente der
Öffentlichkeit bis dahin meist vorenthalten war. Zum ers-
ten Mal werden wir bei diesem Untersuchungsausschuss
die Protokolle der Zeugenvernehmungen öffentlich zu-
gänglich machen. Das ist ein Beitrag zu mehr Transpa-
renz. Es ermöglicht den Bürgern, die Arbeit des Untersu-
chungsausschusses besser zu bewerten.

Schon beim Flick-Untersuchungsausschuss haben
die Beweiserhebung und die Erkenntnisse aus dieser Be-
weiserhebung zu einer öffentlichen Sensibilität in Bezug

auf Verquickung von staatlichen Entscheidungen und un-
ternehmerischer Einflussnahme sowie die Fragwürdigkeit
der bis dahin beschrittenen Wege der Parteienfinanzie-
rung durch Spenden geführt. Das sind Folgen, die sich al-
lein aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft
und der Steuerfahndung in der seinerzeitigen Affäre nicht
eingestellt haben. Darauf hat Dieter Engels in seinem
Buch hingewiesen. Die öffentliche Sensibilisierung für
das Thema dieses Untersuchungsausschusses ist ganz of-
fensichtlich gelungen. Dies bedeutet aber nicht, dass die
Beteiligten in gleicher Weise sensibel reagiert haben.

Ein Untersuchungsausschuss hat nicht die Aufgabe,
Vorurteile zu bestätigen, die im Vorfeld des Ausschusses,
insbesondere von den Medien, erhoben werden. Enttäu-
schungen derjenigen, deren Verdachtsmomente nicht be-
stätigt werden, gehen nicht zulasten des Untersuchungs-
ausschusses.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Der Untersuchungsausschuss kann nur so weit an die
Wahrheit herankommen, wie seine rechtlichen Mittel rei-
chen.

Die Vorstellung der Öffentlichkeit ist eher von Fernseh-
serien geprägt, nicht durch die Realität und die rechtlichen
Möglichkeiten eines Ausschusses. Es ist eben nicht so wie
im Fernsehkrimi, dass man in einer Stunde die Tat, die Er-
mittlung des Täters und die Überführung des Täters erleben
kann. Ermittlungen eines Untersuchungsausschusses brau-
chen genauso Zeit wie strafrechtliche Ermittlungen.

Die Arbeit eines Untersuchungsausschusses kann nur
dann erfolgreich durchgeführt werden, wenn die notwen-
digen Beweismittel zur Verfügung stehen. Die wichtigs-
ten Beweismittel sind die Akten. Unsere Arbeit ist durch
fehlende Dokumente erschwert worden. Man konnte ihrer
nicht habhaft werden, weil sie im Kanzleramt verschwun-
den waren. Auch ihre Beiziehung wurde behindert, wie
dies durch die hessische und bayerische Landesregierung
geschehen ist.

Das weitere Beweismittel sind die Zeugen.Dieser Un-
tersuchungsausschuss musste mit der Aussageverweige-
rung der wichtigsten Zeugen leben, wobei nicht in jedem
Fall sicher war, ob die Aussageverweigerung tatsächlich
wegen der Gefahr strafrechtlicher Ermittlungen oder nur
zum Schutz vor weiteren Aufklärungen erfolgt ist.

Ein typisches Beispiel für die Auskunftsverweigerung
ist der Zeuge Terlinden gewesen, jener Mann, der das
Bargeld von Helmut Kohl zu Weyrauch transportierte.
Auch der Zeuge Weyrauch hat noch wenige Tage vor sei-
ner Ladung Interviews gegeben, um dann vor dem Aus-
schuss die Aussage gänzlich zu verweigern. Der ehema-
lige Bundeskanzler Dr. Kohl hat zu über 30 Fragen die
Aussage verweigert und sich bei 50 Fragen nicht erin-
nert. – Ich sehe gerade Dr. Struck. Bei Herrn Dr. Kohl war
das übrigens ein Fortschritt. Beim Flick-Untersuchungs-
ausschuss hat er sich über 70 Mal nicht erinnern können.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Das war schon eine leichte Besserung! – Gegenruf des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Struck ist da Experte!)


Irgendwie erinnert mich sein Verhalten an den Rat-
schlag, mit dem der damalige parlamentarische Ge-
schäftsführer Dr. Schäuble im Vorfeld der Vernehmung
beim Flick-Untersuchungsausschuss von Dr. Kohl zu
Herrn von Brauchitsch geschickt worden ist. Der Rat-
schlag war, von Brauchitsch brauche sich nicht an jede
Kleinigkeit zu erinnern.

Dass dennoch ein Bericht vorgelegt werden konnte, der
im Verfahrens- und Feststellungsteil die einstimmige Zu-
stimmung des Ausschusses gefunden hat, verdanken wir
nicht zuletzt der Arbeitsleistung der Mitarbeiter des Se-
kretariats,


(Beifall im ganzen Hause)

allen voran dessen Leiter Friedhelm Dreyling, seiner Ver-
treterin Dr. Ruth Lang, seinen Mitarbeitern Volker Görg,
Christian Heyer, Erwin Ludwig, Ulrike Menk, Ines Weber
und Mario Schalla und insbesondere Christiane Hoffmann.
Außerdem bedanke ich mich bei den vielen Helfern,
Rechtskandidaten, Praktikanten und studentischen Hilfs-
kräften. Besonders hervorheben möchte ich den Stenogra-
phischen Dienst des Bundestags, der herausragende Arbeit
geleistet hat, indem er die Protokolle erstellte.


(Beifall im ganzen Hause)

Bedanken möchte ich mich auch für die Hilfe der Bun-

desregierung und der Bundes- und Landesbehörden.
Die Bewertung der festgestellten Tatsachen war im

Ausschuss umstritten. Dies war nach den Erfahrungen im
Flick-Untersuchungsausschuss nicht anders zu erwarten.
Schon frühzeitig war ähnlich wie in jenem Untersu-
chungsausschuss der 10. Wahlperiode eine mit dem ehe-
maligen Parteivorsitzenden Dr. Kohl verabredete Strate-
gie der CDU erkennbar. Ein Zufallsfund, nämlich das
Konzept einer Rede von Dr. Lüthje, dem Generalbevoll-
mächtigten des Schatzmeisters Kiep, aus dem Jahr 1997
zerstreute jeden Zweifel daran, dass wie in der Flick-Af-
färe durch verabredete Konzepte – seinerzeit hieß es
„Drehbuch“ – jedes Bemühen um Aufklärung in Richtung
CDU-Parteispenden torpediert werden sollte.


(Beifall bei der SPD – Dr. Peter Struck [SPD]: Genau! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Bringe den Mann nicht aus dem Konzept!)


Verschweigen, verweigern, verleugnen lauteten da-
mals wie heute die Handlungsanweisungen. Je näher der
Ausschuss an den Abschluss bzw. an die Wahrheit heran-
kam, umso notwendiger erschien es der CDU/CSU, den
Ausschuss selbst zu diskreditieren. Das war ein durch-
sichtiges Manöver.


(Beifall bei der SPD)

Ich möchte im Rahmen meines Beitrags nur einige Er-

gebnisse der Arbeit des Ausschusses ansprechen. Im
Übrigen verweise ich auf den Bericht und die Beiträge der
Fraktionskollegen. Ich möchte einige Anmerkungen zur
rechtswidrigen Parteienfinanzierung machen, und zwar
zunächst zu der Affäre in Köln.

So, wie jeder von uns in der SPD großartige Leistun-
gen sozialdemokratischer Politik in den Kommunen und




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auch Wahlerfolge für sich mit in Anspruch nimmt und
stolz darauf ist, müssen wir uns auch dem Fehlverhalten
einiger ehemaliger Sozialdemokraten auf lokaler Ebene in
Köln stellen. Keine Partei ist vor Rechtsverstößen oder
kriminellen Exzessen Einzelner geschützt. Soweit straf-
rechtliches Vergehen vorliegt, ist es die Aufgabe der Ge-
richte, dieses zu ahnden. Mich persönlich hat das, was in
Köln passiert ist, mit Scham erfüllt. Man kann sich nur
bei allen, die das zu Recht erwarten, dafür entschuldi-
gen. Ich bin aber stolz darauf, dass – anders als bei der
CDU – schnelle Aufklärung betrieben wird und auch
personelle Konsequenzen gezogen werden.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/ CSU – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/ CSU]: Vor allem Herr Müntefering! Das haben wir erlebt!)


Damit ist ein wirklicher Neuanfang der SPD in Köln mög-
lich.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: So ein Unsinn!)


Die Demokratie lebt von der Transparenz der Ent-
scheidungsprozesse und damit auch von der Erkennbar-
keit sachfremder Einflussnahme. Das Transparenzgebot
des Art. 21 Grundgesetz ist deshalb eine Grundnorm im
demokratischen Gefüge des Staates und seine Verletzung
ist ein schwerer Verstoß gegen das Vertrauen der Bürge-
rinnen und Bürger in die Unabhängigkeit politischer Ent-
scheidungen. Deshalb muss jede Parteispende ab einer be-
stimmten Größenordnung veröffentlicht werden. Schon
der Verdacht eines Rechtsverstoßes führt zum Verlust von
Ansehen der Politiker und der Politik.

Bei den Parteispenden heißt es: Wer nichts Unrechtes
zu verbergen hat, der veröffentlicht. – Die CDU-Partei-
spendenaffäre, die wir zu untersuchen hatten, erfährt ihre
politische Bedeutung durch die vorangegangene Flick-
Affäre der 80er-Jahre. Ich erinnere: Seinerzeit gab es
Vorwürfe der Käuflichkeit von Regierungsentscheidun-
gen der damaligen sozialliberalen Koalition. Im Zusam-
menhang mit den damaligen Entscheidungen erfuhr die
Öffentlichkeit, dass sich insbesondere die CDU und die
FDP durch Barspenden des Flick-Konzerns und unter
Verstoß gegen das Steuerrecht über die Staatsbürgerliche
Vereinigung mit Millionenbeträgen finanziert hatten.
Über jene Staatsbürgerliche Vereinigung wurde Geld
deutscher Unternehmen über die Schweiz und Liechten-
stein in die Kassen der CDU und FDP geschleust.

Durch einen eher zufälligen Fund eines Dokuments,
nämlich die Aufzeichnungen des Prokuristen Diehl im
Jahr 1981, wurde bekannt und später nachgewiesen, dass
der damalige Parteivorsitzende Kohl und andere Politiker
Bargeld in nicht unerheblicher Höhe von Flick erhalten
hatten. Das hat seit 1981 zu einer großen Anzahl von Er-
mittlungsverfahren und Strafurteilen geführt.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Darum geht es hier doch gar nicht! – Gegenruf des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hast du mal was von fortgesetztem Handeln gehört?)


Die bekanntesten Strafurteile sind die gegen den früheren
Wirtschaftsminister Dr. Friderichs und Graf Lambsdorff

wegen Steuervergehen. Auch damals, 1983, setzte der
Bundestag einen Untersuchungsausschuss zu diesem
Thema ein, der 1986 seinen Bericht vorlegte. Ich erinnere
deshalb an diesen Vorgang, weil schon in dieser Affäre der
Bundesvorsitzende der CDU, Kohl, der Bundesschatzmeis-
ter der CDU, Kiep, und die Herren Lüthje und Weyrauch
die handelnden Personen waren. Die heutige Tat ist eine
Wiederholungstat und es gibt Wiederholungstäter.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Evelyn Kenzler [PDS])


Wie wir heute wissen, hat man aus der damaligen Af-
färe nichts gelernt. Die Reden der CDU von einer geistig-
moralischen Wende nach der Regierungsübernahme 1982
sind nicht mit den festgestellten Tatsachen des fortgesetz-
ten Rechtsbruchs in Einklang zu bringen. Willfried
Penner hat in der Abschlussdebatte des Untersuchungs-
ausschusses zur Flick-Affäre festgestellt:

Das Wohl und Wehe der Demokratie ist untrennbar
mit dem Handeln, nicht nur den Worten der Demo-
kraten verknüpft. Die Demokratie verblasst zu leb-
losen Schemen, wenn sich die Demokraten nur noch
so nennen, sich aber nicht mehr so verhalten, wie es
geboten ist, wie man es erwarten darf.

(Beifall bei der SPD – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Geldkofferdemokraten!)

Am 1. Januar 1984 trat das neue Parteiengesetz in Kraft,
das die Unterschrift von Helmut Kohl trägt. Dieses Gesetz
lässt anonyme Spenden nicht mehr zu. Am 9. Mai 1984
sagte der Bundesschatzmeister Kiep auf dem Parteitag der
CDU in Stuttgart:

Dieses Gesetz gibt uns jetzt die Sicherheit, die Klar-
heit, die Transparenz, die Berechenbarkeit, die in den
Jahren gefehlt hat. Ich weiß, dass hinter uns eine Zeit
der doppelten Moral liegt.

Das war am 9. Mai 1984. Nur kurze Zeit später, am
13. Juni 1984, wurde die erste Million unter Verstoß ge-
gen das neue Parteiengesetz auf die Schweizer Konten
von Norfolk eingezahlt.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Unglaublich!)

Lüthje, der es wissen musste, bestätigte in einer eides-
stattlichen Versicherung, dass von da ab jährlich 1 Million
an die CDU in bar geflossen sei, und Weyrauch bestätigt
bei der Staatsanwaltschaft, dass man die Gelder entweder
direkt nach Deutschland gebracht oder auf die Konten
eingezahlt habe. Eine Veröffentlichung der Spender und
der Spenden hat bis heute nicht stattgefunden. Wir gehen
davon aus, dass die Gelder aus dem Bereich von Siemens
kommen.

Am 21. Februar 1986 legte der Untersuchungsaus-
schuss zur Flick-Affäre einen Bericht vor. Die Mehrheit
von CDU und SPD stellte fest:

Die nunmehr geltende Neuordnung der Parteifinan-
zierung bezüglich der Publizierung von Spenden und
Sanktionen bei Verletzung der Publikationsfrist er-
scheint ausreichend, um die bekannt gewordenen
Verstöße gegen die Publikationspflicht bei Spenden
an Parteien zu vermeiden.




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Mit anderen Worten: Wir haben alles getan, damit so et-
was nicht wieder vorkommt. Das war 1986.

1987 wurden die ersten 1,75 Millionen DM aus
schwarzen Kassen in der Schweiz oder von anderswo auf
Anweisung des Parteivorsitzenden Dr. Kohl an einige
Landesverbände und die Sozialausschüsse gegeben. Ein
Jahr später, 1988, werden wieder 800 000 DM aus
schwarzen Quellen für eine Briefaktion aufgewendet. Ob-
wohl dies bekannt ist, fragt niemand in der CDU, woher
das Geld kommt.

Der Generalsekretär Dr. Geißler hat in der Debatte am
16. November 1984, also vorher, als Konsequenz aus der
Flick-Affäre vorgetragen, dass die CDU ab sofort alle
Spenden öffentlich verzeichnet. Er sagt wörtlich:

Wer sich nicht daran hält, handelt parteischädigend
und wird zur Verantwortung gezogen ... Und jeder,
der ein politisches Amt ausübt, muss sich an höheren
Maßstäben messen lassen als der normale Bürger.

Ich frage: Wo sind Kohl, Kiep, Kanther, Weyrauch,
Terlinden und Lüthje je zur Verantwortung gezogen wor-
den? Wo ist Dr. Schäuble, wo ist Prinz Sayn-Wittgenstein
zur Verantwortung gezogen worden?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Am 26. November 1990 wurden 2Millionen DM in bar
auf die Schweizer Konten eingezahlt. Der Ausschuss hat
mühsam herausgefunden, dass das Geld von Herrn
Weyrauch dort eingezahlt worden ist. Woher das Geld
kommt, wissen wir bis heute nicht. Herr Weyrauch ver-
weigert die Aussage.

Wie passt das eigentlich zu dem Interview von Angela
Merkel im „Focus“ vom 6. Dezember 2000? Dort heißt es:

Wir wollen, dass Weyrauch alles aussagt, was er
weiß.

Und:
„Schwamm drüber“ wird es mit uns nicht geben.

(Dr. Peter Danckert [SPD]: Alles Heuchelei!)


Wo sind die zivilrechtlichen Auskunftsansprüche, wie sie
etwa die SPD gegen ihre ehemaligen Mitglieder ange-
meldet hat?

Walther Leisler Kiep war im Mai 1991 vom Landge-
richt Düsseldorf wegen Beihilfe zur Steuerverkürzung im
Zusammenhang mit der Spendenaffäre zu einer Haftstrafe
verurteilt worden. Gegen das Urteil legte er Revision ein.
Nur drei Monate später, am 26. August 1991, nimmt er die
1Million von Schreiber und lässt sie in den schwarzen
Kassen von Weyrauch verschwinden.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ehrenmänner!)


Welche Kaltblütigkeit im Umgang mit dem Recht offen-
bart sich, wenn Kiep zwischen zwei Instanzen wieder un-
versteuertes Geld annimmt und die Herkunft verschleiert!
Auch hier gilt: Wer nichts Unrechtes zu verbergen hat, der
veröffentlicht.

Im Herbst 1994 bekommt Herr Schäuble von Herrn
Schreiber 100 000 DM, damit er sich für das Bear-Head-
Projekt in Kanada einsetzt. Tatsächlich wird auf Interven-
tion von Dr. Schäuble die Bundesregierung tätig und setzt
sich in Kanada für den Bau der Panzerfabrik ein. Das Geld
verschwindet zunächst und wird dann auf seltsamen We-
gen über Herrn Kiep an die CDU weitergeleitet. Eine Ver-
öffentlichung im Rechenschaftsbericht unterbleibt. Wie
passt das eigentlich zu den Reden von Herrn Dr. Schäuble
über Moral und Ethik?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das müssen Sie sagen!)


Von 1993 bis 1998 lässt Dr. Helmut Kohl mindestens
2,1 Millionen DM in den schwarzen Kassen von Herrn
Weyrauch verschwinden, von denen er behauptet, sie
seien ihm gegeben worden mit dem Ehrenwort gegenüber
den Spendern, diese anonym zu halten. Nahezu niemand,
auch nicht sein Nachfolger im Amt des Parteivorsitzenden
der CDU, Dr. Schäuble, glaubt ihm diese Geschichte. Nie-
mand glaubt, dass erst 1993 diese wundersame Geld-
quelle zu sprudeln begann.

Trotz des öffentlichen Aufrufs und der breiten Dis-
kussion zu dieser Frage hat sich kein Spender ermitteln
lassen. Eine Aufklärung dieses Sachverhalts wäre nur
möglich, wenn Dr. Kohl und seine Helfer die Wahrheit
sagten. Dr. Kohl, Terlinden und Weyrauch aber schwei-
gen.

Ich wiederhole: Das Parteiengesetz von 1984 trägt die
Unterschrift des Bundeskanzlers der Bundesrepublik
Deutschland. Noch nie hat ein Bundeskanzler zugestehen
müssen, gegen Gesetze vorsätzlich verstoßen zu haben,
die er nach seinem Amtseid nicht nur zu halten, sondern
auch zu verteidigen sich verpflichtet hat.

Schaden für die Glaubwürdigkeit von Politikern und
Politik hat insbesondere Herr Kanther hervorgerufen. Es
ist kaum vorstellbar, dass in den Tagen von Weihnachten
bis Silvester 1984 20 Millionen DM in bar von Konten in
Hessen in die Schweiz gebracht wurden, um sie anschlie-
ßend in kleinen Tranchen wieder nach Deutschland
zurückzubringen. Mir wird sicherlich niemand übel neh-
men, wenn ich dabei an Geldwäsche denke. Die Herkunft
der Gelder ist bislang ungeklärt. Das Landgericht Frank-
furt unterstellt, dass sie in nennenswertem Umfang aus il-
legaler Herkunft stammten.

Besonders perfide ist die Rückführung von 4 Millio-
nen DM 1989 und 5 Millionen DM 1991, die als Ver-
mächtnis deutschstämmiger jüdischer Emigranten getarnt
wurden.


(Zuruf von der SPD: Das ist besonders verwerflich!)


Bundesinnenminister Kanther, der 1993 sein Amt über-
nommen hat und dessen Worte von null Toleranz gegen-
über Rechtsbrechern noch jedem im Ohr sind, war daran
beteiligt und wusste davon.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Woher kamen eigentlich die 9 Millionen Ihres Schatzmeisters?)





Volker Neumann (Bramsche)

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Nach seinem Amtsantritt hat Bundesinnenminister
Kanther erklärt: Ich bin mein ganzes Leben für Recht und
Gesetz eingetreten und werde das natürlich auch als In-
nenminister tun. – Tatsächlich wurden aber 1996, bei der
dritten großen Transaktion, 3,5 Millionen DM aus der
Schweiz, wieder als jüdisches Vermächtnis getarnt, nach
Hessen gebracht. War schon die Fiktion jüdischer Ver-
mächtnisse abscheulich, so wandten Weyrauch und Prinz
Sayn-Wittgenstein geradezu kriminelle Energie auf, in-
dem sie auch unter Einschaltung ausländischer Rechtsbei-
stände parallel zu den Transaktionen einen regelrechten
Briefverkehr zur Täuschung ihrer eigenen Parteimitglie-
der, aber auch der Wirtschaftsprüfer und der Bundestags-
verwaltung fingierten. Diese Affäre ist politisch so
schwerwiegend, weil ein Bundeskanzler der Bundesrepu-
blik Deutschland über lange Jahre Rechtsbruch betrieben
hat. Auf den Boden des Rechts ist Helmut Kohl bis heute
nicht zurückgekehrt, wie Rainer Barzel zutreffend ange-
merkt hat, weil er bis heute seine Geldquellen verschwie-
gen hat.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber er wird auf dem CDU-Parteitag bejubelt!)


Die Namen des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut
Kohl, des Schatzmeisters Walther Leisler-Kiep, des ehe-
maligen Innenministers Kanther und von Dr. Schäuble
werden mit illegaler Parteienfinanzierung und Verlust von
Glaubwürdigkeit in der Politik verbunden bleiben.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das würde Ihnen so passen!)


Wenn wir so weitermachen und alles verharmlosen und
entschuldigen, dann legen wir den Keim für neue Rechts-
und Verfassungsbrüche. Wenn wir nicht den gemeinsa-
men Willen haben, uns der Wahrheit, manchmal auch der
bitteren Wahrheit, zu stellen, dann werden wir weitere Af-
fären nicht verhindern können. Die Art und Weise, wie die
CDU mit der jetzigen Affäre umgeht, lässt mich unsicher
werden, ob nicht in einigen Jahren wieder ein Untersu-
chungsausschuss eingesetzt werden muss. Ich komme zu
dem Ergebnis, das Otto Schily schon 1986 feststellte und
dem ich mich heute, im Jahr 2002, anschließe:

Eine der ersten, einfachsten und wichtigsten Konse-
quenzen, die aus den vom Untersuchungsausschuss
gewonnenen Erkenntnissen zu ziehen wäre, be-
stünde in der Bereitschaft der betroffenen Parteien,
sich für die Zukunft auf die Achtung von Verfassung
und Gesetz zu verpflichten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Solange sich die betroffenen Parteien in dieser Hin-
sicht zögerlich oder ausweichend verhalten, ist es
müßig, neue Gesetze zu verabschieden, weil zu be-
fürchten ist, dass auch diese wie früher von den be-
troffenen Parteien umgangen werden, wenn es um
ihre materiellen Interessen geht.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424807400
Für die CDU/CSU-
Fraktion erteile ich das Wort dem Kollegen Andreas
Schmidt.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Jetzt geht es wieder los! Jetzt wird die Wahrheit wieder verdreht!)



Andreas Schmidt (CDU):
Rede ID: ID1424807500
Frau Prä-
sidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Kollege
Struck ist schon aufgeregt, weil ich zu reden beginne. Herr
Kollege Struck, ich möchte Ihnen gleich zu Beginn meiner
Rede eines sagen: Sie haben in der hier zur Diskussion ste-
henden Angelegenheit jeden Anspruch verwirkt, noch län-
ger mit dem Finger auf die Union zu zeigen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Untersuchungsausschuss zur Parteispendenaffäre

ist wie kein anderer in der deutschen Parlamentsgeschichte
durch eine verantwortungslos handelnde rot-grüne Mehr-
heit maßlos parteipolitisch instrumentalisiert worden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mir kommen
die Tränen! Mir kommen die Krokodilstränen!)

Nachdem Sie, Herr Neumann, vor wenigen Tagen die
Kölner Staatsanwaltschaft in einer völligen inakzeptablen
Art und Weise kritisiert hatten, haben Sie und die Aus-
schussmehrheit ein vernichtendes Urteil vom Deutschen
Richterbund für Ihre Arbeit erhalten. Sie kennen es.


(Zuruf von der SPD)

– Ich lese es Ihnen gerne vor, wenn Sie es nicht kennen.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Reden Sie lieber über den Ausschuss!)


– Sie sollten das Urteil des Deutschen Richterbundes aber
kennen. – In einer Erklärung vom 27. Juni 2002 stellt der
Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Herr Geert
Mackenroth, Ihnen, Herr Neumann, folgendes Zeugnis
für Ihre Arbeit im Untersuchungsausschuss aus:

Wenn Herr Neumann etwas weiß, soll er Ross und
Reiter nennen. Ihm passen aber offenbar lediglich
die Ermittlungsergebnisse nicht. Seine inhaltsleeren
Attacken lassen den gebotenen Respekt der Staats-
gewalten untereinander vermissen;

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der hat den Bericht nicht gelesen! Wir schicken ihn ihm zu!)


– ich zitiere weiter den Vorsitzenden des Deutschen Rich-
terbundes –

sie nähren den Verdacht des Missbrauchs des Amtes
des Ausschussvorsitzenden zu Wahlkampfzwecken,
dienen jedenfalls nicht der Wahrheitsfindung.

Der Vorsitzende des Richterbundes fährt in Bezug auf Sie,
Herr Neumann, fort:

Verfahren vor Untersuchungsausschüssen sind dem
parlamentarischen Alltag entzogen und ähnlich wie




Volker Neumann (Bramsche)


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Strafverfahren ausgestaltet, Zurückhaltung und je-
denfalls der Versuch von Neutralität sind daher je-
denfalls und gerade in der Person des Vorsitzenden
angesagt.

(Dr. Peter Danckert [SPD]: Was hat denn der über Kohl gesagt? – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hatte der Richterbund überhaupt dazu zu sagen?)


Ich sage Ihnen, Herr Neumann: Der Richterbund hat bei
der Kritik Ihnen gegenüber den Nagel auf den Kopf ge-
troffen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Ausschussmehrheit ging es zu keinem Zeitpunkt

um sachliche Aufklärung; es ging ihr lediglich um Diffa-
mierung, Diskriminierung und Kriminalisierung der
Union unter dem Oberbefehl der Herren Müntefering,
Struck und des Parteivorsitzenden Schröder.


(Zuruf von der SPD: Das ist peinlich, was Sie sagen! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch Kaffee getrunken! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wo ist denn der Kohl eigentlich? Der traut sich ja gar nicht her!)


Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Herr
Struck – ich bin froh, dass Sie hier sind, Herr Struck;
hören Sie zu –, hat am 28. November 2001 in einer Plenar-
rede in einem Anflug von moralischer Überheblichkeit
Folgendes gesagt:

Eine Oppositionspartei wie die CDU hat überhaupt
nicht die moralische Legitimation, unser Land zu re-
gieren.

(Beifall bei der SPD – Karsten Schönfeld [SPD]: Da hat er Recht! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Dieser Heuchler!)


– Ich wusste, dass Sie an der Stelle klatschen würden. Ge-
nau das zeigt Ihre Überheblichkeit.

Im Hinblick auf Köln und Wuppertal kann ich nur sa-
gen: Herr Struck, wenn Sie einen Rest Anstand haben,
dann nutzen Sie heute die Gelegenheit, nehmen das Wort
in der Debatte und entschuldigen sich für diese Entglei-
sung.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann redet der Kohl denn? Wo ist der überhaupt? – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kehren Sie mal vor Ihrer Tür!)


– Sie sind ja richtig munter geworden.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Schäuble könnte auch mal reden!)

Was als Verleumdungsspektakel gegen die Union ge-

plant war, ist jetzt wegen Wuppertal und Köln – das wis-
sen Sie selbst – als Debakel für die SPD geendet. Über
Monate haben Sozialdemokraten auf einem sehr hohen
Ross der Moralarroganz gesessen und sie sind jetzt, auch

Sie, Herr Struck, ganz tief heruntergefallen. Darüber emp-
finden wir übrigens keine Schadenfreude;


(Lachen bei der SPD)

denn mit Ihrer Scheinheiligkeit, Ihrer Moralarroganz und
Ihrer Doppelmoral haben Sie dem Ansehen der Politik
insgesamt geschadet.


(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Das sagen gerade Sie! Schämen Sie sich!)


Sie haben auch dem Ansehen der Institution des parla-
mentarischen Untersuchungsausschusses einen schweren
Schaden zugefügt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Wer war bei Kohl? – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat Ihnen die Rede auch der Kohl aufgeschrieben?)


Ich will nun zu den einzelnen Ergebnissen unserer Ar-
beit im Untersuchungsausschuss etwas sagen:

Erstes Ergebnis. Die CDU hat Verstöße gegen das
Parteiengesetz zu verantworten. Daran – das sage ich bei
jeder Gelegenheit – gibt es nichts zu bagatellisieren. Aber
die CDU hat unter Wolfgang Schäuble und Angela Merkel
die Verstöße in eigener Regie selbst aufgeklärt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tata! Tata! Tata! – Zuruf von der SPD: Das glaubt er selber nicht!)


– Da können Sie noch so viel lachen! – Diese Auf-
klärungsergebnisse sind – das ist das Interessante – durch
den Untersuchungsausschuss bestätigt worden.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist ein Witz, was Sie da vorne erzählen!)


Für die Fehlerhaftigkeit unserer Rechenschaftsberichte
haben wir entsprechend den gesetzlichen Sanktionen be-
zahlt. Damit ist dieser Vorgang nach Recht und Gesetz ab-
geschlossen. So ist die Gesetzeslage.

Das zweite Ergebnis – das ist für mich eigentlich das
entscheidende Ergebnis –: Die Regierung Helmut Kohl
war nicht bestechlich.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Karsten Schönfeld [SPD]: Das ist noch nicht bewiesen! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Was ist denn mit Herrn Pfahls? Hat der zur Regierung gehört oder nicht? – Weiterer Zuruf von der SPD: War Helmut Kohl Kanzler oder nicht?)


Wäre der Untersuchungsausschuss ein Gericht, dann
hieße das Urteil: Freispruch erster Klasse. Was die Sozi-
aldemokraten in Sachen Leuna und Panzerlieferungen
nach Saudi-Arabien über Monate inszeniert haben, war
eine besonders schäbige Kampagne.


(Zuruf von der SPD: Verdränger! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Was ist mit Herrn Pfahls?)


Ohne Belege, ohne Beweise, ohne Anhaltspunkte haben
Sie allein aus parteitaktischen Gründen immer wieder




Andreas Schmidt (Mülheim)

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Verdächtigungen ohne jegliche Substanz in die Welt ge-
setzt.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Hat der Herr Pfahls zur Regierung gehört oder nicht?)


Allein aus parteipolitischen Motiven haben Sie dem An-
sehen unseres Landes im Ausland geschadet.


(Karsten Schönfeld [SPD]: Sie! Sie haben unserem Land geschadet!)


Sie haben auch dem Wirtschaftsstandort Leuna einen
schweren Schaden zugefügt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Leuna bedeutet nicht Korruption. Leuna ist eine Erfolgs-
geschichte,


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für wen?)


die für die Menschen vor Ort und für den Aufbau Ost mit
dem Namen Helmut Kohl positiv verbunden bleibt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Korruption und Bestechlichkeit bei politischen

Entscheidungen einen Namen haben, dann „SPD Köln“
und „SPD Wuppertal“.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Erzählen Sie was zu Kohl und Herrn Pfahls!)


Dass die Ausschussmehrheit jetzt von politischer Korrup-
tion spricht, dokumentiert doch nur, dass die Grünen und
Sozialdemokraten schlechte Verlierer sind.


(Lachen bei der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was hat das mit Verlieren und Gewinnen zu tun?)


Der Begriff der politischen Korruption ist in Wahrheit das
rot-grüne Eingeständnis dafür, dass es für strafbare Kor-
ruption und Bestechlichkeit keinen einzigen Beleg und
keinen Beweis gibt.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Im Strafrecht gibt es den Begriff Korruption überhaupt nicht! Sie finden den Begriff Korruption im Strafrecht überhaupt nicht!)


Dieser perfide Begriff der politischen Korruption – ich
sage bewußt: perfide – zeigt ferner, dass Rot-Grün nicht
den Rest an Anstand aufbringen kann, um sich für die zu
Unrecht erhobenen Vorwürfe gegen die Union in Sachen
Korruption zu entschuldigen.


(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU] – Karsten Schönfeld [SPD]: Reden Sie nicht von Anstand!)


Drittes Ergebnis: Die Sozialdemokraten haben über
Jahrzehnte ein riesiges, im Milliardenbereich liegendes
Finanz- und Firmenbeteiligungsvermögen vor der deut-
schen Öffentlichkeit und ihren eigenen Parteimitgliedern
verschleiert und versteckt. In ihren Rechenschaftsberich-
ten hat sich die SPD durch Tricksereien armgerechnet, ob-
wohl sie mit Sicherheit die reichste Partei Europas, wahr-

scheinlich die reichste Partei der Welt ist, vielleicht mit
Ausnahme der KP in China.


(Harald Friese [SPD]: Haben Sie schon einmal das Parteiengesetz gelesen? – Weitere Zurufe von der SPD)


– Sie wissen ganz genau, dass das so ist.
Die Verschleierung der wahren Vermögenslage der

SPD in den Rechenschaftsberichten ist ein massiver Ver-
stoß gegen das Transparenzgebot des Grundgesetzes.
Wahrscheinlich hat die SPD-Führung auch die Angst be-
wegt, dass ihre Mitglieder bei Kenntnis der wahren Ver-
mögenslage von ihrer Partei Zinsen verlangen, statt
Beiträge zahlen zu wollen.

Viertes Ergebnis: Köln und Wuppertal zeigen, wie tief
man fallen kann, wenn man auf ein viel zu hohes Ross der
Moralarroganz steigt. Köln und Wuppertal sind kein lo-
kales Ereignis. Die dortigen Geschehnisse haben für die
Partei längst eine bundespolitische Dimension erreicht.


(Peter Dreßen [SPD]: Das sagen Sie! Beweisen Sie es einmal!)


Die entsprechenden Rechenschaftsberichte der SPD sind
falsch – das wissen doch auch Sie – und dafür trägt die
Bundespartei die Verantwortung.

Köln und Wuppertal haben für die SPD aber noch ein
ganz anderes Ausmaß: Es geht dort eben nicht nur um Ver-
stöße gegen das Parteiengesetz.


(Harald Friese [SPD]: Sprechen Sie doch einmal über Herrn Kohl!)


Dort geht es um den konkreten Verdacht der Korruption,
des kriminellen Handelns, der Steuerhinterziehung und
der persönlichen Bereicherung. Das ist der Unterschied zu
Verstößen gegen das Parteiengesetz.


(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Der spricht, als wenn sich nichts geändert hätte!)


Die Verhaftung des früheren Genossen Rüther und des
ehemaligen Genossen Wienand belegen, dass sich die So-
zialdemokraten mit den konkreten Vorwürfen der Kor-
ruption und der Bestechlichkeit in ihren eigenen Reihen
intensiv auseinander setzen müssen.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Herrn Pfahls kriegen wir ja nicht! Der ist auf der Flucht!)


Wir nehmen mit Interesse zur Kenntnis, dass die Ver-
urteilung des SPD-Politikers Wienand wegen geheim-
dienstlicher Agententätigkeit für die ehemalige DDR für
die SPD kein Anlass gewesen ist, ihn aus der Partei aus-
zuschließen. Stattdessen feierte er noch Ende 2001 – das
wissen Sie; wahrscheinlich waren einige von Ihnen dabei –
im Kreise von SPD-Größen seinen 75. Geburtstag.

Auch der Skandal in Wuppertal ist kein lokales Ereig-
nis. Die Bundesspitze der SPD kannte bereits im Herbst
2000 durch einen vorgelegten Sonderprüfungsbericht die
dem Skandal zugrunde liegenden Vorgänge, Frau Wettig-
Danielmeier. Die Verantwortlichen der Bundes-SPD haben




Andreas Schmidt (Mülheim)


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diesen Prüfbericht dem Untersuchungsausschuss und der
deutschen Öffentlichkeit bewusst verschwiegen.


(Inge Wettig-Danielmeier [SPD]: Was?)

Erst als ich selbst Sie im Untersuchungsausschuss ge-

fragt habe, ob es einen Prüfungsbericht gibt, mussten Sie,
vor Scham errötend, zugestehen, dass es diesen Bericht
gibt. Sie haben ihn dann auch vorgelegt – aber erst, nach-
dem wir Sie mit unserem Wissen konfrontiert haben.


(Harald Friese [SPD]: Das ist jenseits von Gut und Böse, was Sie hier vortragen!)


Das war zwar peinlich für die SPD, aber gut für die Auf-
klärung der Verantwortlichkeit der Bundes-SPD bei der
Wuppertaler Korruptionsaffäre.

Ich knüpfe noch einmal an das katastrophale Zeugnis
an, das der Deutsche Richterbund der Ausschussmehrheit
in der vorletzten Woche ausgestellt hat.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Die waren nie bei uns! Ich habe die nie gesehen!)


Über die gesamte Dauer der Arbeit des Untersuchungs-
ausschusses war der Untersuchungsausschuss eine partei-
taktische Instrumentalisierung. Diese Instrumentalisierung
war immer wichtiger als der Respekt vor rechtsstaatlichen
Prinzipien.


(Joachim Stünker [SPD]: Oha, Sie müssen über Rechtsstaat reden! Lieber nicht! – Zuruf des Abg. Volker Neumann [Bramsche] [SPD])


– Hören Sie zu, damit Sie sich das vergegenwärtigen, Herr
Neumann!

In drei Fällen sind Sie durch Entscheidungen von or-
dentlichen deutschen Gerichten – ich weiß, dass Sie das
nicht gerne hören –


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

in die rechtsstaatlichen Schranken gewiesen worden, als
Sie entgegen der klaren Rechtslage in Ihrem parteitakti-
schen Eifer Auskunftsverweigerungsrechte von Zeugen
nicht anerkannt haben.


(Peter Dreßen [SPD]: Nennen Sie doch einmal die Spenden! Herr Schmidt, sagen Sie einmal etwas über die Spenden!)


Zwei von der rot-grünen Mehrheit zu verantwortende
Ordnungsgeldbeschlüsse sind gerichtlich als rechtswidrig
aufgehoben worden. Das ist so und das können Sie auch
nicht bestreiten.


(Zuruf des Abg. Volker Neumann [Bramsche] [SPD])


– Herr Neumann, wenn Sie das bestreiten wollen, dann
stehen Sie auf und stellen Sie eine Zwischenfrage.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424807600
Der Kollege
Neumann möchte eine Zwischenfrage stellen. Gestatten
Sie die? – Bitte sehr.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Aber jetzt bei der Wahrheit bleiben! Das ist wichtig!)



Volker Neumann (SPD):
Rede ID: ID1424807700
Herr Kollege
Schmidt, gestehen Sie mir zu, dass wir über Gerichtsver-
fahren – angefangen beim OLG in Frankfurt bis zum
BGH – versuchen mussten, Akten der hessischen Staats-
anwaltschaft zu bekommen, um die Parteispendenaffäre
aufzuklären? Gestehen Sie mir zu, dass wir diese Akten
erst vor wenigen Wochen bekommen haben und deshalb
nicht mehr auswerten konnten? Dies alles geschah nur,
weil die hessische Landesregierung diese Akten gegen
das Recht – wie Sie wissen, haben wir alle diese Verfah-
ren gewonnen – zurückgehalten hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)



Andreas Schmidt (CDU):
Rede ID: ID1424807800
Herr
Neumann, Sie wissen doch ganz genau, dass es ein Urteil
gegeben hat, in dem auch festgestellt worden ist, dass es
nicht dem Anspruch des Ausschusses entspricht, Parteiin-
terna zum Beispiel auszuforschen. Sie durften also nicht
alle Akten anfordern. Ihr Ziel war doch, mehr zu bekom-
men, als Sie wirklich bekommen durften. Sie haben aber
mit Ihrer Zwischenfrage letztlich bestätigt, dass Sie von
drei ordentlichen deutschen Gerichten in die rechtsstaat-
lichen Schranken gewiesen worden sind.


(Lachen bei der SPD – Peter Dreßen [SPD]: Sie sind ein Verdreher von Fakten!)


Jetzt geht es weiter, Herr Neumann: Die schallendste
Ohrfeige haben Sie am 8. April 2002 vom Bundesverfas-
sungsgericht bekommen. Das höchste deutsche Gericht
hat auf unsere Klage hin festgestellt, dass die Ausschuss-
mehrheit unter Verstoß gegen die Verfassung zulässige
Beweisanträge der Union abgelehnt oder verhindert hat.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Neun Zeugen wollten Sie! Einen haben Sie bekommen!)


Die rot-grüne Mehrheit hat unsere Minderheitenrechte
mit Füßen getreten. Das war Arroganz der Macht statt
Respekt vor dem Rechtsstaat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Sie sind auf die Nase gefallen!)


Wir haben uns in unserer Bewertung bewusst sehr aus-
führlich mit dem Vorwurf der angeblichen Aktenver-
nichtung im Kanzleramt beschäftigt.


(Harald Friese [SPD]: Wo sind denn die Akten? – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Wo sind die Akten?)


Nach Kenntnis der Akten der Staatsanwaltschaft Bonn
sage ich Ihnen in voller Überzeugung vor der deutschen
Öffentlichkeit: Dieser Vorwurf der Aktenvernichtung war
eine perfide Diffamierung ohne Substanz, inszeniert von
Herrn Hirsch, unterstützt vom Bundeskanzleramt und po-
litisch getragen von Bundeskanzler Schröder.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Wo sind die Akten? – Dr. Max Stadler [FDP]: Unglaublich, was Sie hier sagen!)


Wegen der Geheimhaltungspflicht kann ich leider nicht
aus den mir vorliegenden Ermittlungsakten der Staatsan-




Andreas Schmidt (Mülheim)

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waltschaft zitieren. Es ist aber, meine Damen und Herren,
bekannt, dass sich die immer wieder vorgebrachten Vor-
würfe der Aktenvernichtung und der illegalen Datenlö-
schung bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht
bestätigt haben.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Wo sind denn die Akten?)


Im Gegenteil: Der frühere Leiter des Leitungsstabes im
Bundeskanzleramt hat bezüglich der Vorwürfe auf Akten-
und Datenvernichtung gegen sich selbst ein Disziplinar-
verfahren, ein so genanntes Selbstreinigungsverfahren,
angestrengt. Dieses Verfahren wurde von einem Ober-
staatsanwalt beim Bundesgerichtshof, ausgesucht vom
Bundeskanzleramt, durchgeführt. Das Ergebnis ist völlig
eindeutig: Der Beamte ist vollständig rehabilitiert wor-
den. In dem Bericht heißt es wörtlich


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Sind die Akten verschwunden oder nicht?)


– nun hören Sie einfach einmal zu, was der Oberstaatsan-
walt beim Bundesgerichtshof dazu geschrieben hat –:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Akten des
Bundeskanzleramtes zu den Sachthemen, die den
Gegenstand des 1. Untersuchungsausschusses des
14. Deutschen Bundestages bilden, in dem den Un-
tersuchungsgegenstand umgrenzenden Zeitraum im
Herbst 1998 aus amtlichem Gewahrsam entfernt
worden sind.

So weit das Zitat des Oberstaatsanwalts beim Bundesge-
richtshof. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch die
Staatsanwaltschaft Bonn in allernächster Zeit die Ermitt-
lungen einstellen und damit diese Diffamierungsinszenie-
rung zum Einsturz bringen wird.


(Zurufe von der SPD: Wo sind sie denn, die Akten? – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die Festplatte von Herrn Strauß?)


Ein weiterer peinlicher Punkt der rot-grünen Ausschuss-
tätigkeit war die Vernehmung von Herrn Schreiber in
Kanada. Wie weit muss die SPD mit dem Rücken eigent-
lich zur Wand stehen, dass sie versucht, einen Justiz-
flüchtling als Wahlkampfhelfer für sich zu instrumentali-
sieren?


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Ein CSUMitglied!)


Das Ergebnis der Vernehmung war ziemlich eindeutig:
Außer Spesen nichts gewesen!


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Urkundenunterdrückung! Fälschung!)


Der Ausschussvorsitzende Herr Neumann hat nach der
Vernehmung von Herrn Schreiber in Kanada vor der
Presse vollmundig erklärt, dass es aufgrund dieser Zeu-
genvernehmung keine weitere Beweisaufnahme mehr ge-
ben werde. Jede weitere Vernehmung, so haben Sie ge-
sagt, sei lediglich Wahlkampf. Ich habe dabei neben Ihnen
gestanden.

Nach diesen Äußerungen soll beim Ausschussvorsit-
zenden Neumann im Flugzeug angeblich ein Umden-

kungsprozess eingetreten sein. Ich habe neben ihm geses-
sen und nicht gespürt, dass ein Umdenkungsprozess bei
ihm eingetreten ist.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Sie haben nicht neben mir gesessen! – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Ich saß neben ihm!)


Nein, meine Damen und Herren, durch seine wider-
sprüchlichen Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss
am 16. Mai hat Herr Müntefering faktisch zugegeben,
dass er der eigentliche Drahtzieher der Instrumentalisie-
rung des Justizflüchtlings Schreiber ist.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Was heißt „faktisch zugegeben“?)


Auf meine Frage am 16. Mai 2002, seit wann Herr
Müntefering wisse, dass die Ausschussmehrheit ein Inte-
resse habe, Herrn Stoiber zu hören, hat der Generalse-
kretär der SPD erklärt – ich zitiere –:

Es hat gestern Tickermeldungen gegeben, die man le-
sen konnte.

Auf eine Nachfrage von mir hat Herr Müntefering dann
eingestanden – ich zitiere –:

Ich habe mit einem Fraktionsmitglied, das nicht Mit-
glied dieses Ausschusses ist, gestern darüber gespro-
chen.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, und?)

Auf meine weitere Nachfrage an Herrn Müntefering, ob er
die Frage, mit welchem Fraktionskollegen er gesprochen
habe, beantworten wolle, hat er wörtlich geantwortet:

Nein, will ich Ihnen nicht beantworten.

(Bernd Reuter [SPD]: Recht hat er!)


Meine Damen und Herren, diese Aussage beantwortet
die Frage, wer der eigentliche Drahtzieher dieser Insze-
nierung war.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was muss man denn Ihnen eine Frage beantworten? Sind Sie Staatsanwalt?)


Sie, Herr Neumann, sind jedenfalls auf dem Rückflug von
Kanada von Herrn Müntefering kalt entmachtet worden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


Diese Inszenierung hat auch dem letzten Beobachter der
Szene eines deutlich gemacht: Es ist den Sozialdemokra-
ten im Untersuchungsausschuss zu keinem Zeitpunkt um
Aufklärung gegangen,


(Peter Dreßen [SPD]: Sie sind ja wirklich ein Verdreher von Tatsachen!)


sondern um Diffamierung, Diskriminierung der Christ-
lich Demokratischen Union.


(Peter Dreßen [SPD]: Das trifft alles auf Sie zu!)


Meine Damen und Herren, die eigentlich gute Nach-
richt am Schluss: Diese Kampagne der SPD ist in sich




Andreas Schmidt (Mülheim)


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zusammengebrochen. Sie ist jetzt am Ende und die Sozi-
aldemokraten haben mit Köln und Wuppertal ein großes
Problem.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424807900
Zu einer Kurzinter-
vention gebe ich dem Kollegen Neumann das Wort. Bitte
sehr.


Volker Neumann (SPD):
Rede ID: ID1424808000
Ich hatte vorhin
darauf hingewiesen, dass es zu der Strategie im Flick-
Ausschuss, aber auch in diesem Ausschuss gehörte, dass
die Ergebnisse der Arbeit des Ausschusses herabgewür-
digt werden, indem der Ausschuss selbst diskreditiert
wird.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das haben Sie selber gemacht!)


Das betrifft nicht nur mich, sondern auch andere Mitglie-
der des Ausschusses, wie Sie an dem Sondervotum der
CDU/CSU erkennen können. Ich möchte für mich aus-
drücklich erklären und versichern, dass ich weder von der
Bundesregierung noch von der SPD-Führung noch von
der Fraktionsführung in irgendeiner Weise bei den Ent-
scheidungen beeinflusst worden bin,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch von den Grünen nicht!)


die wir in der Arbeitsgruppe gemeinsam getroffen haben.
Dahingegen mussten wir feststellen – das ist auch im Pro-
tokoll festgehalten –, dass sich Herr Schmidt seit Fe-
bruar 2000 vor jeder Zeugenvernehmung mit Herrn Kohl
getroffen hat und er und seine Arbeitsgruppe offensicht-
lich jede Zeugenvernehmung und jede Strategie mit ihm
abgesprochen haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Herr Neumann, wem wollen Sie das denn erzählen?)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424808100
Herr Kollege
Schmidt, möchten Sie darauf antworten? – Im Augenblick
nicht. Dann hat jetzt der Kollege Christian Ströbele für
Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

legen! Herr Merz, Sie brauchen nicht wegzurennen; ich
tue Ihnen nichts.


(Zuruf von der SPD: Herr Merz ist auf der Flucht! – Joachim Stünker [SPD]: Das ist ihm zu peinlich!)


Ich schlage vor, dass wir nicht einfach das Ritual, das
wir nun seit Monaten bzw. Jahren praktizieren, in anderer
Besetzung hier fortsetzen – die Aussagen der Rede, die
Sie gehalten haben, Herr Schmidt, kannte ich alle schon,
auch die Zitate –


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Sehen Sie! – Peter Dreßen [SPD]: Und dann andere mit Dreck beschmeißen! Das ist ein richtiger Schmutzfink!)


und dass nicht jeder seine Manuskripte verliest, sondern
dass wir das machen, was wir im Ausschuss nicht ge-
macht haben, auch in nicht öffentlicher Sitzung leider
nicht, nämlich dass wir uns über die Ergebnisse unserer
Bemühungen in den letzten zwei Jahren austauschen und
schauen, was bewiesen ist und was nicht und wie wir die
einzelnen Dinge bewerten. Denn es gibt ja hoffentlich
eine ganze Reihe von Punkten, bei denen auch Sie davon
ausgehen, dass sie bewiesen sind. Diesen Versuch will ich
jetzt einmal machen, indem ich das Manuskript mit mei-
ner vorbereiteten Rede beiseite lege und mich stattdessen
mit Ihnen auseinander setze.


(Dorothea Störr-Ritter [CDU/CSU]: Auf einmal!)


Ich will mich mit einigen Punkten, die in Ihren Berichten
stehen, beschäftigen, vor allen Dingen mit den Punkten,
zu denen Sie keine Stellung nehmen.

Ich beginne mit dem Kollegen Stadler

(Jürgen Koppelin [FDP]: Guter Mann!)


und der FDP. Herr Kollege Stadler, vielleicht können Sie
nachher etwas dazu sagen. Ich habe Ihre Wertung, Ihr
Sondervotum, aufmerksam gelesen. Sie haben, gleich
nachdem die Koalition ihren Wertungsbericht der Presse
vorgestellt hatte, eine Presseerklärung abgegeben, in der
Sie gesagt haben, dass die Koalition nichts herausgefun-
den habe; sie habe Zuflucht bei dem Begriff der politi-
schen Korruption genommen, weil es nichts anderes ge-
geben habe.


(Dr. Max Stadler [FDP]: So war es! – Dorothea Störr-Ritter [CDU/CSU]: So ist es auch!)


Nun habe ich Ihren Bericht aufmerksam gelesen. Auf
Seite 1 Ihres Sondervotums, Kollege Stadler, sagen Sie
selber, dass daran zu erinnern sei, dass es in Bezug auf
eine Aufgabe des Ausschusses, „die Untersuchung etwai-
ger politischer Korruption“, konkrete Anhaltspunkte ge-
geben habe, denen man nachgehen müsse. Genau das ha-
ben wir gemacht und genau da sind wir fündig geworden.
Das heißt, das, was Sie von uns verlangt haben, hat zum
Erfolg geführt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich könnte bei einer ganzen Reihe von Punkten in
Ihrem Bericht Kritik anbringen. Ihr Bericht ist ziemlich
mager. Aber ich will nur einen Punkt herausgreifen. In Be-
zug auf die 1 Million DM, die Herr Kiep von Herrn
Schreiber in St. Margrethen auf dem Parkplatz oder im
Einkaufszentrum bekommen hat, direkt an der Grenze,
wo drei Autobahnen zusammenlaufen und von wo man
deshalb schnell wegkommt, schreiben Sie zwar, dass er
den Koffer bekommen habe; aber dass das mit irgendei-
nem politischen Handeln zu tun haben könne, sei nicht er-
sichtlich.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pecunia non olet!)





Andreas Schmidt (Mülheim)

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Ich habe ja Verständnis dafür, dass Sie der früheren
Bundesregierung die Stange halten wollen, dass Sie nicht
wollen, dass ihr ein Haar gekrümmt wird; denn Sie waren
ja daran beteiligt. Nur, Herr Kollege Stadler, auch Sie
müssen doch zur Kenntnis nehmen – dazu finde ich in
Ihrem Bericht gar nichts –, woher die 1 Million DM kam.
Sie kam nicht aus dem Vermögen von Herrn Schreiber, sie
ist auch nicht vom Himmel gefallen, sondern sie kam di-
rekt von Thyssen, nämlich aus dem Panzergeschäft mit
Saudi-Arabien. Das müssen auch Sie zugestehen.

Das heißt, das Geld, das Saudi-Arabien an Thyssen
gezahlt hat, ist direkt auf das Schweizer Konto von
Schreibers Firma ATG geflossen. Von diesem Konto hat
Herr Schreiber die 1 Million DM abgehoben, die er Herrn
Kiep, dem Bundesschatzmeister der CDU, übergeben hat.
Trotzdem sind Sie der Meinung, es müsse nicht überprüft
werden, ob es einen Zusammenhang mit dem Regie-
rungshandeln bei der Bewilligung des Panzergeschäftes
gegeben hat? Da muss ich Ihnen sagen, Herr Stadler: Als
Staatsanwalt hätten Sie ein solches Verhalten nicht ein-
fach so hingenommen, sondern wären der Sache gründli-
cher nachgegangen.

Dann wären Sie fündig geworden und hätten festge-
stellt, dass Herr Schreiber sehr wohl Herrn Kiep einge-
setzt hat, bevor damals die Genehmigung des Bundes-
sicherheitsrates erteilt worden ist. Warum wohl? – Weil
dieses Geschäft offenbar doch auf der Kippe stand und er
deswegen meinte, Kiep müsse da tätig werden. Schreiber
hat uns in Kanada gesagt – Sie waren leider nicht dabei –,
warum er die 1Million DM gegeben hat. Er hat das deshalb
getan, weil er Herrn Kiep dankbar war; denn Herr Kiep hat
sehr viel – gerade im Zusammenhang mit dem Fuchs-Pan-
zer-Geschäft – geleistet. Ihre Einschätzung, dass die Zah-
lung von 1 Million DM nicht geeignet war, politisches
Handeln zu beeinflussen, ist nicht sehr fachkundig und ei-
nes Staatsanwaltes nicht würdig, Herr Kollege Stadler.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich komme nun zu der CDU. Ich habe auch Ihre Wer-
tung mit großem Interesse gelesen.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Ich habe dabei festgestellt, dass Sie eingestehen – Sie ha-
ben das heute gesagt –, auch der ehemalige Bundeskanz-
ler und Parteivorsitzende habe Fehler gemacht.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das haben wir nie bestritten!)


Alle machen einmal einen Fehler. Selbst bei der Fußball-
weltmeisterschaft können Fehler mit erheblichen negati-
ven Folgen vorkommen. Sie versuchen aber, diese Vor-
würfe beiseite zu wischen. Heute haben Sie nur einen Satz
darauf verwandt, in dem Sie davon sprachen, dass es von
Ihrer Seite einen Verstoß gegen das Parteiengesetz gege-
ben habe.

Herr Kollege Schmidt, Sie sagen aber weder im Aus-
schuss noch in der Öffentlichkeit oder hier etwas darüber,
wie Sie das von uns festgestellte Faktum beurteilen, dass
die CDU mehr als 20 Jahre lang ein System von illegalen

Schwarzkonten unterhalten hat. Dazu gehörten 50 Ober-,
Unter- und Nebenkonten, die es neben der offiziellen
Buchführung gab und die in keinem Rechenschaftsbericht
auftauchten. Auf diese Konten sind bereits in den 80er-
Jahren – der Herr Kollege Neumann hat schon darauf hin-
gewiesen – 20 Millionen DM eingezahlt worden.

Diese Konten in der Schweiz haben Sie so geführt, wie
man es sonst nur in der organisierten Kriminalität kennt,
Herr Kollege Schmidt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es wurde nämlich nur in bar auf diese Konten eingezahlt.
Die Konten wurden zum Teil nur eröffnet, um einen Be-
trag einzuzahlen, ihn sofort abzuheben und das Konto zu
schließen. Das diente allein dem Zweck, die Herkunft und
die Verwendung dieser Gelder zu verschleiern.

Sie haben nichts dazu gesagt, Herr Kollege Schmidt,

(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klar, dass es da dem Schmidt die Sprache verschlägt!)


wie diese Transaktionen ausgeführt wurden. Es sind nicht
nur Koffer mit Bargeld transportiert worden, sondern es
sind auch Geldbeträge auf ganz andere Weise überreicht
worden. Einer Ihrer Generalbevollmächtigten hat das so
geschildert: Im Hotel Dolder in der Schweiz sucht der Ge-
neralbevollmächtigte der CDU den damaligen Bundes-
schatzmeister der CDU in seinem Hotelzimmer auf. Was
macht der Bundesschatzmeister der CDU? – Er hebt die
Decke hoch, worunter sich 1 Million DM in bar befanden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Kollege Schmidt, was sagen Sie zu solchen Ge-
schichten?


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Schauergeschichten!)


Die habe ich doch nicht erfunden. Es ist doch keine Dif-
famierung durch Rot-Grün. Diese Vorgehensweise hat
uns Ihr Generalbevollmächtigter beschrieben. Das sind
Methoden, wie sie aus der organisierten Kriminalität be-
kannt sind.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Schauermärchen! – Gegenruf des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das sind Fakten, Fakten, Fakten!)


Es handelt sich dabei um genau die Methoden, die den da-
maligen Bundesinnenminister und die damalige Koalition
veranlasst haben, das Geldwäschegesetz zu verabschie-
den.

Sie haben damals mit Recht gesagt: Immer dann, wenn
Beträge von über 20 000 DM in bar über die Grenze ge-
schleppt oder bei der Bank abgegeben werden, besteht ein
gewisser Anfangsverdacht dafür, dass etwas nicht in Ord-
nung ist. In diesem Falle sind die Grenzbehörden und die
Banken verpflichtet, nachzufragen, woher das Geld
kommt und um welches Geld es sich handelt. Während
Sie diese Gesetze gemacht haben und Herr Kanther das im




Hans-Christian Ströbele

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Bundestag vertreten hat, sind Ihre Leute – das war nicht
irgendwer, sondern Ihr Bundesschatzmeister, Ihr Steuer-
berater und der Generalbevollmächtigte der CDU –


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Scheinheilige Heuchler!)


mit Beträgen von 1 Million DM und mehr im Koffer, ab-
gehoben von schwarzen Konten, durch die Gegend ge-
laufen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Evelyn Kenzler [PDS])


Ich werfe Ihnen vor, dass Sie dazu nicht einen Satz sa-
gen. War das in Ordnung? War das normal?


(Harald Friese [SPD]: Alles Bagatelle!)

Das können Sie doch nicht behaupten. Das waren Ihre
Praktiken, Herr Kollege Schmidt,


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Hier besteht dringender Tatverdacht!)


und zwar nicht nur in den 80er- und Anfang der 90er-
Jahre, sondern auch danach, mindestens bis 1998, bis zu
dem Zeitpunkt, zu dem Sie abgewählt worden sind. Denn
wir haben festgestellt, dass zu diesem Zeitpunkt die letzte
Einzahlung von fast 1 Million Schweizer Franken auf ei-
nes der Konten von Herrn Kohl erfolgt ist.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fortgesetztes Handeln! 20 Jahre lang!)


Herr Schmidt, das ist die Dimension des Skandals,
die Dimension dessen, was die CDU angerichtet hat. Es
geht nicht darum, dass da mal einer etwas falsch ge-
macht hat, dass einer mal gegen das Parteiengesetz ver-
stoßen hat, weil er irgendetwas nicht angegeben hat. Es
geht darum, in welchem Zusammenhang das geschehen
ist. Auch Herr Dr. Kohl, Ihr ehemaliger Parteivor-
sitzender,


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Der ehemalige Bundeskanzler!)


hat diese Schwarzgeldkonten gefüttert.

(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Ihr letzter Kampf gegen die bürgerliche Gesellschaft!)


Herr Schmidt, ein letztes Beispiel, wie man mit diesen
Geldern umgegangen ist: Den Verfall der politischen und
finanziellen Moral und der Parteimoral können Sie auch
daran erkennen, dass sich Ihre Herren, also Herr Kiep,
Herr Dr. Lüthje und Herr Weyrauch, zu dem Zeitpunkt, als
1,5 Millionen Schweizer Franken zu viel auf dem Konto
waren, wie ganz gemeine Diebe verhalten haben, indem
sie gesagt haben: Wir teilen das unter uns auf. – Dazu sa-
gen Sie nichts. Dagegen haben Sie nichts unternommen,
Herr Schmidt.

Herr Friedrich, Sie sagen immer, Sie hätten alles auf-
geklärt.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Alles aufgeklärt!)


Haben Sie einmal bei diesen Herren nachgefragt, wann sie
die 1,5 Millionen DM und die 500 000 DM, die sie der
CDU damals weggenommen haben, zurückzahlen?


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist Schweigegeld!)


Haben Sie Auskunft eingeklagt? Haben Sie gesagt: „Wir
verhalten uns wie ein ganz normaler Verein bzw. wie eine
Firma und holen uns das Geld zurück“? Warum haben Sie
das nicht getan? – Aus einem ganz einfachen Grunde: weil
Sie Angst davor haben, was alles noch herauskommt,
wenn Sie diese Herren hart anfassen,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


weil Sie genau wissen: Der Herr Weyrauch, der Herr
Dr. Lüthje und der Herr Kiep wissen noch viel mehr über die
CDU. Sie könnten uns sagen, woher die 20 Millionen DM
in den 80er-Jahren, die 10 Millionen DM in den 90er-Jah-
ren und die fast 1 Million Schweizer Franken 1998 her-
gekommen sind.


(Detlev von Larcher [SPD]: Die sind vom Himmel gefallen!)


Herr Kollege Schmidt, der ehemalige Bundeskanzler
hat bei uns im Ausschuss stundenlang auf seine Verdiens-
te um die deutsche Einheit hingewiesen. In der Tat, Herr
Dr. Kohl ist ein ehrenwerter Mann. So haben das jeden-
falls die Wählerinnen und Wähler in fünf Bundestags-
wahlen gesehen, als sie ihn damals noch gewählt haben.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Sie könnten zehn Leben haben und würden seine Lebensleistung nicht hinbekommen!)


Auch Herrn Kiep und Herrn Dr. Lüthje haben die Wähle-
rinnen und Wähler als ehrenwerte Männer angesehen.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt auch eine ehrenwerte Gesellschaft!)


Was wäre gewesen, wenn sie gewusst hätten, was die Her-
ren Dr. Kohl und Dr. Kiep zu dieser Zeit noch alles getan
haben? Dass sie mit Koffern voll Geld durch die Gegend
gereist sind und es vor der Steuer, dem Finanzamt und der
Rechnungslegung ihrer Partei in Sicherheit gebracht ha-
ben, dass sie sich in dem Augenblick, in dem sie erfahren
haben, dass die Staatsanwaltschaft auch auf Konten in der
Schweiz Zugriff haben könnte, mit besonderen Beratern
und Rechtsanwälten getroffen haben, um darüber nachzu-
denken, wie man diese Gelder in Sicherheit bringen kann,
und dass sie dann in der Schweiz eine Stiftung, die Nor-
folk-Stiftung, gegründet haben, um unkenntlich zu ma-
chen, woher diese Gelder kommen und wem sie gehören?
Wenn die Wählerinnen und Wähler das alles gewusst hät-
ten, wären sie in Zweifel darüber geraten, ob es sich hier
um Ehrenmänner handelte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Kollege Schmidt, Herr Dr. Kohl sagt immer, er
habe nichts davon gehabt, auch nicht von den 2,1 Milli-




Hans-Christian Ströbele
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(D)



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onen DM, die er selbst angenommen hat. In der Tat, wir
haben keine Anhaltspunkte dafür, dass er sich ein Häus-
chen gebaut, er eine Jacht bezahlt oder einen Urlaub fi-
nanziert hat. Herr Kollege Schmidt und liebe CDU,


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das „lieb“ können Sie weglassen!)


was kann einem machtbesessenen Politiker aber mehr
nützen, als seine Macht zu sichern?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Dr. Kohl war der einzige, der über die 20 Milli-
onen DM, die in den 80er-Jahren geflossen sind, und über
die 10 Millionen DM, die in den 90er-Jahren geflossen
sind, eigenhändig verfügen konnte. Der Vermerk „PV“
– Parteivorsitzender – stand auf den Quittungen, wenn die
Gelder abgeholt wurden.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat die Gelder nach seinem Gusto verteilt!)


Er war derjenige, der diese Gelder zum Machterhalt ein-
gesetzt hat. Das hat ihm persönlich viel mehr genützt, als
wenn er sich von dem Geld ein Haus gekauft hätte. Das
heißt: Er ganz persönlich war der Nutznießer all dieser
Kontobewegungen, des Systems Kohl, das mindestens bis
1998 aufrechterhalten worden ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Dr. Schäublewird ebenfalls immer wieder als eh-
renwerter Mann dargestellt. – Ich frage mich, warum die
beiden nicht hier sind, obwohl sie noch Abgeordnete sind;
dann könnten wir sie selbst dazu befragen. – Auch Herr
Dr. Schäuble ist ein ehrenwerter Mann;


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mitglied des Kompetenzteams!)


aber er hat am 2. Dezember 1999 vor diesem Parlament
nicht die vollständige Wahrheit gesagt. Warum hat er
nicht die Wahrheit gesagt? – Herr Dr. Schäuble wusste zu
diesem Zeitpunkt nicht nur, dass er von dem Waffenhänd-
ler Schreiber 100 000 DM in Empfang genommen hat
– das hätte er hier vielleicht sagen können; das hätte nicht
zu großer Aufregung geführt –, sondern auch, warum er
dieses Geld bekommen hat. Herr Schreiber hat diese
Spende, das hat er jetzt bestätigt; die Vermutung lag auf
der Hand – nämlich als „Türöffner“ für das Bear-Head-
Projekt in Kanada verstanden. Er hat diese 100 000 DM
Herrn Dr. Schäuble nicht uneigennützig gegeben, sondern
wollte, dass sich Herr Dr. Schäuble für dieses Panzerpro-
jekt einsetzt. Herr Dr. Schäuble wusste das. Er hat sich,
nachdem er das Geld erhalten hat und bevor das Geld in
die Finanzen der CDU eingeflossen ist, für dieses Panzer-
geschäft beim damaligen Bundeskanzler, bei der damali-
gen Bundesregierung eingesetzt.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Da ist überhaupt kein Zusammenhang! Das ist lächerlich! – Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Das ist eine Unterstellung! – Gegenruf von der SPD: Das ist dokumentiert!)


Das nenne ich: Zahlungen, die geeignet waren, bestimmt
waren und dazu dienten, politisches Handeln zu beein-
flussen. Dass dem so war, ist in diesem und in anderen
Fällen bewiesen worden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Was Sie meinen, spielt überhaupt keine Rolle!)


Deshalb war das Ergebnis des Untersuchungsaus-
schusses nicht – wie Sie es hier wieder darzustellen ver-
suchen – „Außer Spesen nicht gewesen!“, sondern hat in-
haltlich eine ganze Menge hervorgebracht. Außerdem hat
dieser Untersuchungsausschuss dabei mitgewirkt – wenn
einmal alles bezahlt ist –, mehr als 60 Millionen in die
Kasse des Bundestagspräsidenten einzuspielen: 6 Mil-
lionen aus den Kohl-Geldern, 3 Millionen aus der
Schreiber-Kiep-Zahlung, 41 Millionen – das hat das
Oberverwaltungsgericht inzwischen entschieden – aus
der Hessen-Zahlung,


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Es wird sich zeigen, wie die Gerichte entscheiden! Das wird man sehen, Herr Ströbele!)


1,2 Millionen für Fraktionsgelder 1990, 1,46 Millionen
für Fraktionsgelder 1996 und 10 Millionen im Zusam-
menhang mit dem Ehepaar Ehlerding. Wir haben dem
Bundestagspräsidenten empfohlen, das noch einmal zu
prüfen und entsprechende Nachforderungen zu stellen.

Herr Kollege Schmidt, allein diese Zahl von 60 Milli-
onen belegt, dass die CDU über Jahre hinweg nicht nur in
ganz erheblichem Maße gegen das Parteiengesetz ver-
stoßen hat, sondern


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie den Bundestag beschissen haben!)


sie sich unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut
Kohl vielfach der politischen Korruption schuldig ge-
macht hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das war der Dorfrichter Ströbele!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424808200
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Dr. Max Stadler für die FDP-Fraktion.


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1424808300
Frau Präsidentin! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege
Ströbele, ich bin nicht als Verteidiger der früheren Re-
gierung Kohl und schon gar nicht als einer, der das wirk-
lich skandalöse Finanzgebaren der CDU zu verantwor-
ten hat, in diesen Untersuchungsausschuss entsandt
worden; sondern mein Auftrag war, zu versuchen, mit
den Mitteln eines Untersuchungsausschusses einen be-
stimmten Sachverhalt, der die Öffentlichkeit stark be-
wegt hat, aufzuklären.


(Beifall bei der FDP)

Am Ende dieser Aufklärung steht eine nüchterne Be-
wertung, ob dies gelungen ist oder nicht. Ich sage im




Hans-Christian Ströbele

25109


(C)



(D)



(A)



(B)


Gegensatz zu Ihnen, für den alles völlig klar ist: Mein Ur-
teil fällt zwiespältig aus.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Skandalöses Finanzgebaren“ haben Sie gerade gesagt!)


Auf der einen Seite ist der Untersuchungsausschuss in sei-
nen Ermittlungen hinter den Erwartungen zurückgeblie-
ben, die von Rot-Grün selber geweckt worden sind, auf
der anderen Seite war er besser als sein Ruf.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Ich werde Ihnen das im Einzelnen begründen.
Zunächst einmal: Ich mache mir die Diktion des Kol-

legen Schmidt nicht zu Eigen, dies sei – so ähnlich haben
Sie sich ausgedrückt – eine einzige Verleumdungskam-
pagne.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Genau so!)

Ich mache mir auch die Aussage eines Zeugen – meiner
Erinnerung nach war es der Zeuge Teltschik – nicht zu Ei-
gen, dies sei ein Schauprozess. Ich möchte ins Gedächtnis
zurückrufen, dass in dem Augenblick, als dieses Hohe
Haus dem Ausschuss den Untersuchungsauftrag erteilt
hat, sehr wohl eine Reihe von Verdachtsmomenten be-
standen, die es gerechtfertigt haben, dass man sich die
Vorgänge näher ansieht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verdacht der politischen Korruption!)


Herr Kollege Ströbele, es ist festzustellen, dass der Kern-
punkt zunächst einmal die Frage war: Haben illegale Geld-
zahlungen die Entscheidung des Bundessicherheitsrats für
die Lieferung von Spürpanzern nach Saudi-Arabien be-
einflusst? Sie werden sich daran erinnern, dass ich Ihnen oft
gesagt habe: Wir wissen aus den staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungen – nicht aus eigenen Ermittlungen, weil Herr
Pfahls ja flüchtig ist –, dass ein beamteter Staatssekretär im
Verdacht steht, Schmiergeldzahlungen angenommen zu ha-
ben. – Das ist schlimm genug. Aber Sie haben in der Öf-
fentlichkeit immer wieder den Eindruck erweckt, die Ent-
scheidung des Bundessicherheitsrats, also des damaligen
Bundeskanzlers und der beteiligten Minister, Spürpanzer
nach Saudi-Arabien zu liefern, sei dadurch beeinflusst
worden. Das ist gerade nicht das Ergebnis dieses Untersu-
chungsausschusses,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


sondern es hat sich gezeigt, dass es für diese Entscheidung
plausible außenpolitische Gründe gab. Wir haben den
Eindruck gewonnen, dass der beamtete Staatssekretär
Pfahls versucht hat, auf diese Entscheidung Einfluss zu
nehmen, dass er dafür aber gar nicht die Zuständigkeiten
und die Möglichkeiten hatte und dass es auf ihn überhaupt
nicht angekommen ist. Das ist meine nüchterne Bewer-
tung dieses Vorgangs.


(Beifall des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424808400
Herr Kollege, gestat-
ten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ströbele?


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1424808500
Bitte sehr.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424808600
Aber bitte nur eine;
Sie haben nachher ja noch einmal Gelegenheit zu spre-
chen, Herr Kollege Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sen, Herr Kollege Stadler. Aber geben Sie mir nicht Recht,
dass der Ausschuss festgestellt hat, dass Herr Pfahls, der
3,8 Millionen bekommen haben soll, auch nach Auffas-
sung des damaligen Bundeskanzleramts eine wesentliche
Rolle beim Zustandekommen dieses Geschäftes spielen
sollte – er hat ja den Auftrag bekommen, sich um dieses
Geschäft ganz besonders zu kümmern; so ist es schriftlich
niedergelegt, und dass der damalige Staatssekretär Pfahls
zwar nicht an der Entscheidung des Bundessicherheitsrats
direkt beteiligt gewesen ist, dass er aber daran beteiligt
war, dass die Panzer damals entgegen dem Rat der Mi-
litärs aus Beständen der Bundeswehr geliefert worden
sind, und dass deshalb die Intervention des damaligen
Staatssekretärs von ganz erheblicher Bedeutung für das
Zustandekommen des Geschäfts gewesen ist,


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)


wenn auch völlig offen ist, ob er etwa mit der Entschei-
dung des Bundessicherheitsrats etwas zu tun gehabt hat?


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1424808700
Zunächst einmal, Herr Kol-
lege Ströbele, hat auch der frühere Bundeskanzler Helmut
Kohl in dem Ausschuss ausgesagt, dass Staatssekretär
Pfahls auf Betreiben von Franz Josef Strauß als beamteter
Staatssekretär in diese Bundesregierung aufgenommen
worden ist. Andere Zeugen, wie zum Beispiel Herr Riedl
aus München, der sich in dem Bereich ja gut auskennt, ha-
ben bestätigt, dass es Herr Pfahls als seine besondere Auf-
gabe angesehen hat, die Interessen der bayerischen Rüs-
tungsindustrie zu fördern. Das ist alles unbestritten. Ich
sage noch einmal: Wenn Sie sich damit zufrieden gegeben
hätten, zu sagen: „Es ist ein Skandal, dass so jemand Be-
stechungsgelder annimmt oder nach Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft jedenfalls ein dringender Verdacht be-
steht“, dann hätten Sie mit diesem Untersuchungsaus-
schuss einen Aufklärungserfolg erzielt. Die öffentliche
Diskussion ging aber doch darum: Hatte diese Geldzah-
lung Einfluss darauf, dass entgegen der bis dahin gelten-
den Praxis Spürpanzer nach Saudi-Arabien geliefert wor-
den sind oder nicht? Das Ergebnis – daran können auch
Sie nicht vorbei – ist, dass es nach dem Golfkrieg in der
besonderen außenpolitischen Situation plausible und
nachvollziehbare Gründe für diese Entscheidung gegeben
hat. Deswegen sind Sie in diesem Punkt mit Ihrem Auf-
klärungsbemühen gescheitert.


(Joachim Stünker [SPD]: Aber nur, weil Sie das strafrechtlich sehen!)





Dr. Max Stadler
25110


(C)



(D)



(A)



(B)


Es lag nicht daran, dass es keine Tatsachen gegeben
hat, die schlimm genug waren, sondern daran, dass Sie die
Messlatte so hoch gelegt haben, dass Sie darunter durch-
laufen konnten. Das ist meine Bewertung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Kollege Ströbele, Sie waren so freundlich, sich
mit meinem Sondervotum auseinander zu setzen. Deshalb
will ich noch an einem zweiten Beispiel den Unterschied
in der Art unserer Bewertung klar machen. Ich beziehe
mich auf die Millionen-Spende der Eheleute Ehlerding
an die CDU. Das ist in der Tat ein Vorgang gewesen, bei
dem man von Anfang an den Verdacht hatte, es handele
sich um eine so genannte Dankeschön-Spende, weil die
Eheleute Ehlerding bekanntlich bei einer Vergabeent-
scheidung, obwohl sie nicht die Bestbieter waren, den Zu-
schlag erhalten haben.

Die Ausschussarbeit führte – ich möchte sagen: zur all-
gemeinen Verwunderung – dazu, dass genau dieser Zu-
sammenhang am Ende nicht konkret nachgewiesen wer-
den konnte. Das mag man bedauern oder nicht, aber das
ist eine Tatsache.


(Beifall des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP] – Joachim Stünker [SPD]: Das ist Ihre Bewertung!)


Sie schreiben nun in Ihrem Schlussbericht als rot-grüne
Ausschussmehrheit:

Die Entgegennahme der Millionen-Spenden der
Eheleute Ehlerding ... begründet den schwerwiegen-
den Verdacht der politischen Korruption.

Ich sage Ihnen Folgendes: Ein solcher Satz zu Beginn
der Ausschussarbeit wäre auch von mir unterschrieben
worden, aber am Ende der Ausschussarbeit ist der Maß-
stab ein anderer. Da muss man sagen, was tatsächlich
nachgewiesen worden ist und was nicht. Denn das ist zu-
mindest mein Verständnis von einem rechtsstaatlichen
Verfahren, selbst wenn es kein Gerichtsverfahren gibt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Nicht der Beschuldigte muss nachweisen, dass er unschul-
dig ist, sondern diejenigen, die die Untersuchung führen,
müssen den Beweis führen. Der Beweis ist auch in diesem
Fall nicht gelungen, deswegen habe ich ein Sondervotum
gefertigt und mich Ihnen nicht angeschlossen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sehr sauber! Sehr ordentlich!)


Ich habe versucht, die Ausschussarbeit nüchtern zu be-
werten. Der Ausschuss ist aus meiner Sicht an manchen
Punkten gescheitert, so zum Beispiel beim gesamten
Komplex Leuna/Minol. Dazu haben Sie in Ihrem Mehr-
heitsbericht geschrieben, dass der Korruptionsvorwurf
nicht erhärtet werden konnte. Auch hier war es richtig, zu
untersuchen; denn es gab zum Beispiel Aussagen von
hochrangigen französischen Managern, welchen man
nachgehen musste. In den Fällen, in denen wir Gelegen-
heit dazu hatten, hat sich das Ganze ins Unbestimmte ver-
flüchtigt. Daran kann man nicht vorbeigehen.

Wenn der Ausschuss also zum Teil gescheitert ist,
so hat er doch seinen Wert gehabt. Hier bin ich ganz nahe
bei dem, was Herr Neumann eingangs vorgetragen hat.
Die Ausschussarbeit hat das öffentliche Bewusstsein für
Grundprobleme unserer Demokratie gestärkt. Es geht
zum Beispiel – das trifft unsere Parteien – um den richti-
gen Umgang mit Parteifinanzen, insbesondere mit Spen-
dengeldern. Spenden sind legitim, aber es gibt Situatio-
nen – ich nenne zum Beispiel Wuppertal –, in denen es,
auch wenn es rechtlich zulässig sein sollte, nicht ange-
bracht ist, im Zusammenhang mit einer Investitions-
entscheidung eine Spende vom Investor anzunehmen.


(Beifall bei der FDP)

Es gibt Situationen, bei denen der Gesetzgeber eine Grenze
ziehen muss. Solche Probleme hat dieser Ausschuss in den
Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gerückt.

Es geht weiter, es geht auch um das Verhältnis von
Wirtschaft zu Politik. Es geht mithin um Grundfragen und
ich sage Ihnen eines – vielleicht geht das heute unter, weil
die Union der SPD etwas vorrechnet und die SPD der
Union –: Für mich persönlich liegt der Wert der Aus-
schussarbeit darin, dass diese grundlegenden Fragen the-
matisiert worden sind. Dieser Wert geht über den kurzfris-
tigen parteipolitischen Vorteil, den man in einer solchen
Auseinandersetzung gewinnen mag, nach meinem Dafür-
halten weit hinaus. Deswegen hatte der Ausschuss seine
Berechtigung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, wir haben auch Konse-
quenzen gezogen. Ich nenne drei Beispiele, die zeigen,
dass die öffentliche Diskussion, aber auch die Gesetzge-
bung von diesem Ausschuss wirklich gefördert worden
sind:

Erstens. Nach der Erörterung der Ehlerding-Spende, zu
der ich Ihnen meine Bewertung schon vorgetragen habe,
war für jedermann ganz klar ersichtlich, dass das Parteien-
gesetz eine Lücke aufwies, die geschlossen werden
musste. Es geht nicht an, dass Dankeschön-Spenden – man
spendet nach einer für einen selbst wirtschaftlich günsti-
gen Entscheidung einer Partei Geld – rechtmäßig sein sol-
len, wie es nach dem alten Parteiengesetz noch der Fall
war. Diese Lücke haben wir mit der Novelle des Partei-
engesetzes gemeinsam geschlossen.

Zweitens. Eine weitere Lücke bestand darin, dass Ver-
stöße gegen das Parteiengesetz, mochten sie auch noch so
schwerwiegend sein, nicht strafbar waren. Hier gab es ge-
wissermaßen ein Sonderrecht für Parteien, das allein des-
halb nicht mehr akzeptabel war, weil sich jeder Bürger bei
ähnlichem Verhalten strafbar macht. Auch hier hat der
Ausschuss mit seiner Arbeit das Verdienst, dass er dem
Gesetzgeber Material geliefert hat, mit dessen Hilfe er
diese Lücke schließen konnte.

Drittens. Auch hat es Verwunderung hervorgerufen
– Teile der Industrie müssen ihre Ansicht über Art und
Umfang zulässiger Lobbyarbeit überprüfen –, in welcher
Weise so genannte nützliche Aufwendungen getätigt wer-
den. Dabei gibt es ein wenig Anlass zu Schadenfreude,




Dr. Max Stadler

25111


(C)



(D)



(A)



(B)


dass bei näherer Betrachtung – das ist eines der konkreten
Ergebnisse dieses Ausschusses – solche so genannten
nützlichen Aufwendungen in Wahrheit völlig unnütz wa-
ren, weil diejenigen, die mit Millionenbeträgen bedacht
wurden, keinerlei Einfluss auf die betreffenden Entschei-
dungen hatten.

Meine Damen und Herren, es ist auch eine Ironie des
Schicksals, dass dieser Ausschuss damit begonnen hat,
Korruption der Regierung Kohl zu überprüfen, am Ende
aber der einzig wirklich nachweisbare Korruptionsfall of-
fenbar der SPD-Spendenskandal in Nordrhein-West-
falen ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das erinnert ein wenig an das Wort des Dichters Schiller:
„Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ew’ger Bund
zu flechten.“ So hat sich hier das Blatt gewendet.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Das tut weh!)


Aber dies ist kein SPD-Thema allein. Das Problem der
Korruption bei der Vergabe gerade von Großaufträgen
trifft man in den Kommunen allenthalben an. Wenn der
Ausschuss einen weiteren Sinn haben soll, dann muss er
Anlass dafür sein, dass wir in den Kommunen versuchen,
Instrumente bereitzustellen, die das Risiko einer solchen
Korruption herabsetzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Evelyn Kenzler [PDS])


Für die FDP sage ich: Dazu gehört auch ein richtig ge-
staltetes Korruptionsregister.


(Beifall bei der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Morgen wird es darüber eine Auseinandersetzung geben.
Wir sind der Meinung, dass ein solches Korruptionsregis-
ter rechtsstaatlich nur akzeptabel ist, wenn rechtskräftige
Verurteilungen eingetragen werden.


(Beifall bei der FDP)

Deswegen wird es morgen über Ihren Entwurf Streit ge-
ben. Gleichwohl muss dies ein Thema unter mehreren
bleiben, denn das, was sich hier abspielt, ist überhaupt
nicht hinzunehmen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wäre aber Köln nicht drin gewesen!)


Meine Damen und Herren, Herr Neumann, ich bin der
Auffassung, dass man über die Art und Weise der Aus-
schussarbeit reden muss; denn im Ausschuss ist nicht im-
mer die Balance zwischen dem gehalten worden, was ein
solcher Ausschuss natürlich ist, nämlich politisches
Kampfinstrument, und dem, was er im Auftrag des ge-
samten Parlaments sein muss, ein Instrument der parla-
mentarischen Aufklärung.


(Beifall bei der FDP)

Hier geht es um das Selbstverständnis von uns Parla-

mentariern. Es stellte natürlich eine große Versuchung

dar, dass die Bewertung der Ergebnisse nicht am Ende
stattfindet, sondern dass wir nach jeder einzelnen Sitzung
Gelegenheit hatten, Teilergebnisse zu bewerten. Dass dies
natürlich durch die Parteibrille geschehen ist, war für je-
dermann offenkundig. Deswegen hoffe ich sehr, dass der
nächste Untersuchungsausschuss, sollte es wieder einen
ähnlichen geben, von der Möglichkeit, die wir auch ge-
meinsam geschaffen haben, Gebrauch macht, vermehrt
live aus dem Ausschuss zu berichten.Dies ist für die Be-
völkerung eine bessere Möglichkeit unmittelbarer Mei-
nungsbildung,


(Beifall des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


als wenn Herr Ströbele oder Herr Neumann oder Herr
Hofmann oder ich nach dem Ende einer Sitzung unsere je-
weiligen Bewertungen vortragen.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])

Das ist das richtige Gegenmittel.

Mich bewegt ein Weiteres: Natürlich sind wir als Ver-
treter unserer Fraktionen in einem solchen Ausschuss;
das ist klar. Ich bin auch nicht blauäugig und gehe nicht
mit idealistischen Vorstellungen an die Sache heran. Ich
frage mich aber doch: Wie weit geht die Loyalität, die wir
gegenüber unserer eigenen Partei zu leisten bereit sind?
Geht sie so weit, dass wir uns als Parlamentarier in einer
Weise verhalten, die wir im Privatleben niemals akzeptie-
ren würden?

Herr Kollege Schmidt, es geht mir nicht um Kritik an
Ihnen persönlich, sondern der Vorgang scheint mir symp-
tomatisch. Sie haben es in Ihrer Rede vorhin auch ange-
sprochen. Wenn die Aussage eines Zeugen – in dem Fall
des Herrn Müntefering – nicht ganz plausibel ist, würden
wir alle im normalen Leben sagen: An dem, was dort vor-
getragen wurde, habe ich Zweifel, dies schien mir nicht
stimmig genug. Wir würden aber nicht sagen: Das ist ein
Lügner. Sie aber stellten sich in der Rolle des Ausschuss-
mitglieds vor die Kameras und sagten: Müntefering ist ein
Lügner.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Nein!)


In der nächsten Sitzung, als Herr Müntefering Sie darum
gebeten hat, dies zurückzunehmen, haben Sie dies natür-
lich nicht gemacht, sondern vielmehr gesagt: Heute hat er
schon wieder gelogen.

Herr Kollege Schmidt, es gehört auch zum Selbstver-
ständnis von uns Parlamentariern, Derartiges zu unterlas-
sen, wenn man keine Beweise dafür hat, denn dadurch
leidet die Glaubwürdigkeit der Arbeit eines solchen Aus-
schusses insgesamt.


(Beifall bei der FDP, der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der PDS)


Überhaupt ist mir das Aliquid-haeret-Prinzip eine
Spur zu viel angewandt worden, also das Prinzip des „Es
wird schon etwas hängen bleiben“. Dazu gehört für mich
– als FDP-ler in Bayern bin ich politischer Konkurrent der
CSU – die Vernehmung von Herrn Stoiber ganz am
Schluss, ohne dass man die entsprechenden Beweise




Dr. Max Stadler
25112


(C)



(D)



(A)



(B)


durch die Vernehmung anderer Beteiligter sorgsam hätte
vorbereiten können.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Haben Sie heute die „Süddeutsche Zeitung“ gelesen?)


Das war auch so nach der Methode: Es wird noch einmal
jemand vernommen und dann wird sich schon zeigen,
dass irgendetwas hängen bleibt. Auch dies kann ich nicht
akzeptieren.


(Beifall bei der FDP)

Entgegen der Gepflogenheit, dass man sich bei den

Sondervoten der anderen Fraktionen enthält, habe ich ge-
gen das Sondervotum der CDU/CSU-Fraktion gestimmt,
und zwar vor allem aus einem Grund: Sie haben in wirk-
lich unverschämter – wer mich kennt, weiß, dass es viel
braucht, bis ich mich richtig echauffiere,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wohl wahr!)


aber in diesem Fall kann ich es nicht anders sagen – und
ehrabschneidender Weise die Tätigkeit des Untersu-
chungsführers Burkhard Hirsch in Ihrem Sondervotum
in Zweifel gezogen,


(Beifall bei der FDP, der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der PDS)


sodass ich mich wirklich nur seiner Aufforderung an-
schließen kann: Wenn Sie wirklich der Meinung sind,
dass Herr Hirsch unzulässige Vernehmungsmethoden an-
gewandt hat, stellen Sie Strafanzeige gegen ihn, damit er
Gelegenheit hat, dies klarzustellen. Diese Vorwürfe sind
haltlos.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Herr Hirsch hat in überzeugender Weise die wirklich ei-
gentümlichen Aktenfehlbestände und -löschungen im
Kanzleramt dargestellt. Aus der Sicht eines Angehörigen
der alten Koalition ist dies besonders ärgerlich. Denn dies
ist aus meiner Sicht der einzig übrig gebliebene Ver-
dachtsmoment. Deswegen sind Sie anscheinend auch so
erregt. Nehmen Sie diese haltlosen Anschuldigungen ge-
gen Herrn Hirsch zurück!


(Beifall bei der FDP, der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der PDS)


Ein Untersuchungsausschuss ist kein Gericht. Trotz-
dem wird er seine Bedeutung und sein Ansehen in der Öf-
fentlichkeit nur bewahren, wenn von allen Beteiligten ein
Mindestmaß an Fairness eingehalten wird. Daran hat es
manchmal leider gefehlt. Ich glaube aber, dass dieser Aus-
schuss trotz aller Kritik, die ich jetzt üben musste, insge-
samt einen Beitrag zur notwendigen Aufarbeitung von
Vorgängen geleistet hat, die die Öffentlichkeit zu Recht
sehr stark bewegt haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424808800
Für die PDS-Fraktion
erteile ich jetzt der Kollegin Dr. Evelyn Kenzler das Wort.


Dr. Evelyn Kenzler (PDS):
Rede ID: ID1424808900
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Heute ist es vollbracht: Der
Untersuchungsausschuss hat – auf Neudeutsch – fertig. Er
schlägt seine letzte große Schlacht oder ihm schlägt seine
letzte Stunde. Das Bild von der Schlacht trifft es wohl bes-
ser, wenn ich an die unzähligen parteipolitischen Schar-
mützel denke. Dabei muss ich gar nicht weit zurückden-
ken, sondern muss mir bloß die heutige Debatte anhören.

Vor allem seit Jahresanfang wurde der Ausschuss mehr
und mehr zum Spielball des Wahlkampfes. Wir boten zeit-
weilig das Bild einer Bootsbesatzung, die in einem lecken
Boot sitzt und sich gegenseitig die Ruder um die Ohren
haut. Manchmal entstand der Eindruck, dass statt der Auf-
klärung der Kampf der Aufklärer gegeneinander im Mit-
telpunkt stand. Am Ende ging es nur noch darum, ob die
CDU oder die SPD den letzten Stich landet. Ich weiß
nicht, wie es Ihnen geht, aber ich frage mich, wer von Ih-
nen nun eigentlich gewonnen hat.

Ich glaube, nach den beiden großen Spendenskandalen
bekommen wir die Kuh mit diesen althergebrachten Gra-
benkämpfen nicht vom Eis. Frei nach dem Motto „Ge-
trennt marschieren, getrennt schlagen“ hat nun jede Frak-
tion ihren Bericht mit ihrer Sicht auf die Dinge vorgelegt.
Dass es jetzt vier Voten gibt, ist kein Zufall, sondern
symptomatisch für das Auseinanderdriften unseres Aus-
schusses. Das ist für uns wahrlich kein Ruhmesblatt.

Auch ich konnte mich dem Zeitgeist, dass jede Frak-
tion ihren eigenen Bericht vorlegt, nicht entziehen, zumal
Sie mit Ihrem Mehrheitsbericht leider nicht rechtzeitig
aus den Puschen gekommen sind.


(Zuruf von der PDS: Aha!)

Mit dem abweichenden Bericht meiner Fraktion ging es
erstens um die Vorstellung eigener Ermittlungsergebnisse
– insbesondere zum geheimen Kontensystem der CDU –,
zweitens um notwendige Ergänzungen des Mehrheits-
berichtes und des Berichtes der Union und drittens um
eigene möglichst objektive Bewertungen des Untersu-
chungsergebnisses einschließlich notwendiger Konse-
quenzen.

Ich maße mir nicht an, die Berichte der anderen Par-
teien zu bewerten, sondern ich möchte auf zwei Punkte
eingehen, die ich jenseits des parteipolitischen Gezänks
für besonders wichtig halte. Anfangs hatte ich mir nicht
träumen lassen, zur Alleinexpertin des illegalen CDU-
Kontengeflechts zu werden. Es hat sich aber gelohnt, in
dieses Labyrinth tiefer einzutauchen.


(Beifall bei der PDS)

Einige ergänzende Details, die die Wirtschaftsprüfer nicht
gefunden haben oder vielleicht auch nicht finden wollten,
sind hinzugekommen. So ist die Mittelherkunft von über
4 Millionen DM auf den geheimen Vorgängerkonten von
Norfolk ebenfalls ungeklärt. Ich bin noch auf zehn wei-
tere, bislang noch nicht untersuchte Konten gestoßen, die
erst dadurch in die Gesamtaufstellung der CDU-Geheim-
konten aufgenommen wurden. Dieses Kontensystem ist
ein kompliziertes, ja geradezu raffiniertes Quasi-Geldwä-
schesystem für illegale Finanzzuflüsse über einen Zeit-
raum von mehreren Jahrzehnten.




Dr. Max Stadler

25113


(C)



(D)



(A)



(B)


Nach meiner bisherigen Übersicht wurde hierüber ein
Geldvolumen von sage und schreibe circa 55 Millio-
nen DM – einschließlich der Hessen-Millionen – be-
wegt.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Jetzt übertreiben Sie aber!)


Lieber Herr Kollege Schmidt, Sie und Ihre Mitstreiter
stellen in Ihrem Bericht ziemlich selbstbewusst fest, dass
die CDU die Verstöße gegen das Parteiengesetz weitge-
hend selbst aufgeklärt hat. Das scheint mir allerdings
mehr Wunschdenken als Realität zu sein.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/ CSU]: Das ist jetzt aber nicht nett von Ihnen! – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Frau Kenzler, so können Sie das nicht sagen!)


Die Antworten auf die entscheidenden Fragen nach der
Herkunft der Gelder liegen nach wie vor im Dunkeln. Sie
haben, um es vorsichtig zu sagen, Ihre grauen Konten-
eminenzen weder innerhalb noch außerhalb des Aus-
schusses wirklich in die Pflicht genommen.

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, das Inlands-
kontensystem graphisch darzustellen. Alle offenen
Punkte habe ich darauf mit Rot markiert. Ich stelle Ihnen
gerne ein Exemplar meiner Tapete zur Verfügung. Viel-
leicht möchten Sie mit den Herren Weyrauch und Co.
jetzt, da alles vorbei ist, die roten Eintragungen durch
schwarze ersetzen. Das wäre ein ganz eigener Auf-
klärungsbeitrag, den Ihnen auch niemand wegnehmen
würde. Wir könnten dann eine gemeinsame Pressekonfe-
renz durchführen.


(Beifall bei der PDS sowie des Abg. Peter Zumkley [SPD])


Ich habe auch festgestellt, dass die von Helmut Kohl
dargestellte Version von den anonymen Spendern nicht
mit den Kontenunterlagen korrespondiert.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: So ist es!)

Diese Auszüge haben ihre eigene Sprache. Sie sind auch
nicht manipulierbar. Deshalb habe ich nach wie vor er-
hebliche Zweifel an dieser Darstellung. In dem Sonder-
votum meiner Fraktion wurden diese Zweifel in acht Ein-
wänden zusammengefasst und mit Fakten unterlegt.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Eine reine Deckgeschichte!)


Ernsthaft widerlegen können Sie diese nur, wenn endlich
die Wahrheit auf den Tisch kommt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Woher ist das Geld?)


Vielleicht ist das aber auch schon die Wahrheit und es
gibt weitere Geldquellen respektive Konten hinter den
Konten. Den Schlüssel dazu hat Ihr ehemaliger Finanz-
jongleur Horst Weyrauch in der Hand. Ich bin mir ziem-
lich sicher, dass er nach wie vor im Besitz der entspre-
chenden Unterlagen ist. Sie können nicht ernsthaft
glauben, dass das Geheimnis um die angeblichen anony-

men Spender ewig ungelüftet bleibt. Die Vergangenheit
wird Sie einholen. Das wird dem Ruf Ihrer jetzigen Partei-
spitze irgendwann erheblich schaden.

Zum zweiten Untersuchungskomplex, dem Vorwurf
der Käuflichkeit von Regierungshandeln. Hier gehen die
Wertungen erwartungsgemäß weit auseinander. Natürlich
ist der Korruptionsvorwurf für die Kollegen von der
CDU/CSU vom Tisch, während meine Kollegen von der
SPD den Nachweis mit einer Ausnahme zwar nicht als er-
bracht ansehen, jedoch nach wie vor schwer wiegende
Verdachtsmomente erkennen. Es ist richtig: Der Nach-
weis der Korruption im strafrechtlichen Sinne konnte
nicht erbracht werden. Solange aber die Herkunft und teil-
weise auch der Verbleib vieler Gelder nach wie vor im
Dunkeln liegen, kann diese Frage der Korruption ab-
schließend nicht mit Nein beantwortet werden. Darin be-
steht meines Erachtens auch das größte Manko der Aus-
schussarbeit, diese zentrale Frage nicht befriedigend
beantworten zu können.

Beide großen Spendenaffären haben jedoch ein
grundsätzlicheres Problem aufgeworfen. Das Thema der
Korruption ist wesentlich weiter als nur auf Einzelfälle
bezogen zu fassen, als das bisher geschehen ist. Es ist
schon gar nicht auf eine bestimmte Partei begrenzt. Jede
– ich betone: jede – Partei, insbesondere dann, wenn sie
in der Regierung ist, kann davon betroffen sein. Spätes-
tens seit Köln, Wuppertal und Bonn ist klar wie
Kloßbrühe, dass es handfeste strafbare Korruption von
politischen Entscheidungsträgern in erheblicher Größen-
ordnung gibt. Dagegen hilft auch kein krampfhafter Ver-
weis auf die kommunale Ebene. Dagegen hilft auch nicht,
dass Sie, Herr Kollege Hofmann, und Ihre Kollegen im
Ausschuss bis zum Schluss tapfer darauf beharrt haben,
dass es keine Anhaltspunkte für Korruption gibt. Das war
offensichtlich eine falsche Strategie, die Ihnen jetzt leider
auf die Füße gefallen ist.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Das ist nicht richtig! Korruption schon, aber nicht im Zusammenhang mit den Parteispenden!)


– Wir werden sehen.
Die Bekämpfung von Korruption und Vetternwirt-

schaft ist jedoch nicht mit den bisher eingeleiteten Schrit-
ten wie dem Korruptionsregister abgetan. Was wir als Ziel
für die nächste Wahlperiode brauchen, ist ein vernünftiges
Antikorruptionsgesetz und endlich ein Informationsfrei-
heitsgesetz.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daneben ist eine teilweise politisch hochproblema-
tische Spendenpraxis jenseits des Strafrechts zutage ge-
treten. Von Karlheinz Schreiber wurde dafür das geflü-
gelte Wort von der „politischen Landschaftspflege“
geprägt. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen der Ko-
alition umschreiben das mit dem Begriff der „politischen
Korruption“.

Entgegen Ihrer Auffassung handelt es sich hierbei je-
doch nicht um einzelne Spenden an die CDU. Es hat sich
in bestimmten Bereichen der Parteienspende offensicht-




Dr. Evelyn Kenzler
25114


(C)



(D)



(A)



(B)


lich eine stillschweigende Atmosphäre des Gebens und
Nehmens entwickelt. Dabei bedarf es keines Schwarzer-
Koffer-Transfers für konkrete Aufträge mehr. Man kennt
sich und weiß, was man voneinander zu halten hat. Es
wird in der klaren Erwartung eines günstigen politischen
Klimas für ein konkretes Unternehmen bezahlt.

Parteien sind permanent klamm bei Kasse, insbesondere
im Wahlkampf. Unternehmen wollen auf der Sympathie-
liste, vor allem bei der jeweiligen Regierungspartei, ganz
oben stehen. Es handelt sich damit quasi um Umgehungs-
spenden im Graubereich zwischen strafbarer Korruption
und allgemeiner politischer Einflussnahme. Wenn sich eine
solche Spende zu dicht im Sog einer bestimmten Auftrags-
vergabe bewegt, dann bleibt nur eines: anonymisieren,
stückeln, verschleiern und waschen über Geheimkonten.


(Bernd Reuter [SPD]: Spendenklappe!)

Das Parteiengesetz wurde zwar geändert. Auch bei den

Unternehmensspenden gab es Einschränkungen. Aber ein
wirklicher Schnitt fand nicht statt. Meine Fraktion hat
deshalb sowohl ein generelles Verbot von Spenden juris-
tischer Personen als auch eine Begrenzung der Spenden
der Höhe nach gefordert. Das ist keine sozialistische Pa-
lastrevolte, sondern 1:1-Forderungen von namhaften Par-
teienforschern.

Als Fazit bleibt: Der Parteispendenuntersuchungsaus-
schuss ist mit seinen Ergebnissen trotz intensiver Arbeit
sowohl hinter den selbst gesetzten Zielen als auch den öf-
fentlichen Erwartungen deutlich zurückgeblieben; denn
es sind bei nahezu allen Untersuchungskomplexen wich-
tige Fragen offen geblieben. Das hat objektive und sub-
jektive Ursachen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass in einigen Fragen
aufgrund unserer Hartnäckigkeit durchaus Ergebnisse er-
zielt werden konnten. Ob es bei dem einen oder anderen
Zeugen wegen des Wahrheitsgehaltes seiner Aussagen
nicht noch zu schmerzhaften Nachwehen kommen wird,
bleibt ebenfalls abzuwarten. Der Ausschuss hat auch eini-
ges an öffentlichen Diskussionen angestoßen und dort
Sensibilität geweckt, wo vorher gar kein Problembewusst-
sein vorhanden war. Aber die daraus folgenden Weichen-
stellungen, die gesetzgeberischen Sprünge in den Sand-
kasten, reichen bei weitem nicht aus.


(Beifall bei der PDS)

Zum Schluss möchte ich meinen Kolleginnen und Kol-

legen im Ausschuss sowohl von der SPD und dem Bünd-
nis 90/Die Grünen als auch von der CDU/CSU und der
FDP für ihre Kollegialität und die über weite Strecken an-
genehme Arbeitsatmosphäre danken, auch wenn dieser
Eindruck in der heutigen Debatte nicht entstanden ist. Das
betrifft vor allem auch unseren Ausschussvorsitzenden
Volker Neumann; es betrifft die Obleute Herrn Hofmann,
Herrn Schmidt und Herrn Ströbele und allen voran Herrn
Stadler, dem ich besonders für seine Professionalität,
Sachlichkeit und Kollegialität danken möchte.


(Beifall bei der PDS und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Für mich war es trotz des enormen Arbeitspensums und
eines nicht geringen Stressfaktors eine interessante, span-

nende und auch sehr lehrreiche Zeit. Ich werde aber nicht
so weit gehen, der CDU und der SPD für die beiden Spen-
denaffären zu danken, die den Ausschuss erst erforderlich
gemacht haben. Das wäre wohl zu viel des Guten.


(Beifall bei der PDS und der FDP sowie des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Lachen bei der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424809000
Jetzt kommt der Kol-
lege Frank Hofmann von der SPD-Fraktion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium war in
der ersten Runde sehr großzügig. Ich bitte sehr herzlich
darum, dass die Redezeit ein bisschen stärker beachtet
wird, sonst kommen wir noch weiter in Verzug. In diesem
Sinne hat jetzt der Kollege Frank Hofmann das Wort.


(Bernd Reuter [SPD]: Ich habe meinen Schlafanzug schon dabei!)



Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1424809100
Meine Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren
über den Begriff „politische Korruption“. Vor drei Jah-
ren hätte noch niemand daran gedacht, dass wir im Deut-
schen Bundestag im Zusammenhang mit der alten Bun-
desregierung über politische Korruption reden.


(V o r s i t z: Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters)


Ich habe mir einmal angesehen, wie die Italiener den
Begriff „Korruption“ definieren: Korruption ist das Ver-
halten von Personen mit öffentlichen oder privaten Auf-
gaben, die ihre Pflichten verletzen, um ungerechtfertigte
Vorteile, gleich welcher Art, zu erhalten. Diese Definition
findet sich in dem Bericht zur 19. Europäischen Justiz-
ministerkonferenz in La Valetta 1994.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Das sollten Sie jetzt nach Wuppertal schicken!)


Ich meine, dass man heute mit diesem Begriff arbeiten
muss,


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Dass Sie überhaupt den Mut haben, darüber zu reden, wundert mich!)


um unsere Skandale, um die Skandale der CDU beurteilen
zu können. Interessant ist, dass das nur von der CDU an-
ders gesehen wird. Für die CDU gibt es nur das Problem
der schwarzen Kassen, die aber für sie kein wirkliches Pro-
blem darstellen. In einer Argumentationshilfe, die im März
an die Kollegen und Kolleginnen ihrer Fraktion ergangen
ist, wird das Problem der schwarzen Kassen auf Null re-
duziert. Na, dann ist doch alles in Ordnung, oder?


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das ist wieder eine Unterstellung! Unglaublich!)


Geht es dagegen um die Kölner SPD, nimmt die CDU
locker das Wort Korruption in den Mund und reklamiert
eine bundespolitische Bedeutung.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Gab es eigentlich nicht irgendwelche Verhaftungen in Köln?)





Dr. Evelyn Kenzler

25115


(C)



(D)



(A)



(B)


Herr Schmidt tönte öffentlich, der Generalsekretär der
SPD, Franz Müntefering, habe gelogen. Herr Stadler hat
auch schon auf diesen Punkt aufmerksam gemacht. Gelo-
gen hat aber nachweislich nicht Franz Müntefering, son-
dern Herr Schmidt. Unter vier Augen, schreibt der „Spie-
gel“, habe der Christdemokrat eingeräumt, dass seine
Behauptung nicht zutrifft. Herr Schmidt erfüllt damit bes-
te Voraussetzungen für Spitzenpositionen in der CDU. Er
besitzt die Fähigkeit, die Öffentlichkeit zu belügen wie
Herr Schäuble,


(Beifall bei der SPD – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das ist ja unglaublich! Skandalös!)


und er ist eine Marionette von Helmut Kohl,

(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)


die vor Sitzungen des Untersuchungsausschusses auf des-
sen Schoß saß, um Instruktionen zu erhalten, statt den
Spendensumpf konstruktiv aufzuhellen.


(Beifall bei der SPD)

Für die SPD ist es eine Selbstverständlichkeit, Herr

Schmidt, dass die Kölner Spendenaffäre vollständig auf-
geklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezo-
gen werden sollen. Wir haben die Aufklärung ohne Anse-
hen der Person durchgeführt. Wir waren nicht destruktiv
passiv; wir haben nicht verweigert und sabotiert, sondern
wir haben sofort mit der Aufklärung begonnen und auch
vor dem schlimmen Ergebnis in Köln die Augen nicht ver-
schlossen.


(Beifall der Abg. Susanne Kastner [SPD])

Wir haben in unserem Bericht nichts beschönigt und
nichts weggelassen, sondern wir haben unsere Ergebnisse
offen auf den Tisch gelegt.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Denken Sie mal an die geschwärzte MengerListe!)


Zu dem Beitrag von Frau Kenzler möchte ich noch an-
merken: Wir haben alle Ergebnisse, die uns zu diesem
Zeitpunkt bekannt waren, auf den Tisch gelegt.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Alles auf den Tisch gelegt? Lächerlich!)


Über das, was zurzeit in der Presse zu lesen ist, haben wir
keine anderen Erkenntnisse. Aber zum Zeitpunkt unseres
Berichts haben wir alle zu diesem Zeitpunkt vorhandenen
Erkenntnisse vorgelegt.

Man darf keine Partei für die Verfehlung Einzelner in
Haftung nehmen. Aber man darf und muss die Parteien
und insbesondere ihre Spitzen dafür in Haftung nehmen,
wie sie mit diesen Leuten und mit den Affären insgesamt
umgeht.


(Beifall bei der SPD)

Warum hat sich eigentlich in der CDU niemand betro-

gen gefühlt, als klar wurde, dass erhebliche Geldsummen
an der Verfügungsgewalt der Partei vorbeigeflossen sind,
und zwar nicht nur vereinzelt, sondern systematisch und
über mehrere Jahrzehnte? Hat die CDU nicht gemerkt,

dass Helmut Kohl die demokratischen Strukturen ihrer
Partei ausgehebelt hat? Die Ära Kohl war eine Ära, in der
gelegentlich mehr Demokratie gespielt denn gelebt, ge-
schweige denn vorgelebt wurde. 25 Jahre lang herrschte
in der CDU ein Machtpolitiker, für den galt: Erst ich, dann
die Partei, die bin ich, dann das Land, das bin ich auch.

Bis auf Heiner Geißler haben alle führenden Leute in
der CDU so getan, als ob sie von den schwarzen Kassen
nichts gewusst hätten. Man muss sich das einmal vorstel-
len: Ein ehemaliger Bundeskanzler beruft sich auf das
Wort gegenüber einigen wenigen, auf das Ehrenwort, um
den Wortbruch gegenüber Millionen von Menschen zu
rechtfertigen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das ist der Punkt!)


Helmut Kohl hat das gesamte deutsche Volk hinters Licht
geführt und die CDU zuckt mit den Achseln. Das war’s.
Empörung? – Keine. Konsequenzen? – Keine.

Die Folge: Helmut Kohl musste keine neuen Einsich-
ten gewinnen, konnte stur bleiben und damit verhindern,
dass Verfassung und Gesetz wenigstens im Nachhinein
Genüge getan wird. Meine Damen und Herren von der
CDU, Sie tragen dafür die Verantwortung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es geht in den so genannten Parteispendenaffären nicht
nur um viel Geld, nicht nur um ungeklärte Summen und
ihre ungeklärten Zwecke, es geht auch um die Verant-
wortung des Politikers in einem demokratischen Rechts-
staat. Die CDU lässt zu, dass die Eigenmächtigkeit eines
Machtgierigen über Verfassung und Gesetz triumphieren
darf. Helmut Kohl ist die Personifizierung der Respekt-
losigkeit vor der Verfassung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)


Und die CDU feiert ihn. Das ist ein gutes Beispiel dafür,
wie man es nicht machen sollte, wie man es nicht machen
darf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Sie sind ein vaterlandsloser Kerl!)


Zwischen dem Spendenskandal in Köln und den
CDU-Skandalen – wir reden ja nicht nur von einem, Sie
wissen, wie viele Ermittlungsverfahren es gibt – liegen
Welten. Helmut Kohl war der mächtigste Mann der Bun-
desrepublik, er war Bundeskanzler und Bundesvorsit-
zender seiner Partei, als er Millionen am Gesetz vorbei-
schmuggelte.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Erfolgreich für Deutschland, für Europa, für die CDU! – Dr. Peter Struck [SPD]: Größter Mann in schwarzen Kassen!)


– Ich möchte bei der Wahrheit bleiben, Herr Schmidt.

(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Ihr könnt von den Erfolgen, die Helmut Kohl hatte, nur träumen!)





Frank Hofmann (Volkach)

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(D)



(A)



(B)


Bei der Kölner Affäre hat ein Gernegroß das Gleiche im
Miniformat getan. Das ist der Unterschied.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: 16 Jahre Kohl und vier Jahre Schröder, das wird in den Geschichtsbüchern stehen!)


Die Leute, die die Kölner Affäre zu verantworten haben,
dürfen in der SPD nicht mehr repräsentieren, nicht im
Großen, nicht im Kleinen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Austritte der Verantwortlichen aus der Partei waren
folgerichtig und sind von uns gewollt. Für Leute, die sich
an ungesetzlichen Machenschaften beteiligen, ist in der
SPD kein Platz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In der CDU darf Helmut Kohl unter großem Beifall von
Delegierten Wahlkampf machen. Das ist der Unterschied.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die SPD bringt die Verantwortlichen auch mit juristi-
schen Mitteln dazu, für Aufklärung zu sorgen. In der CDU
wird der fortwährende Gesetzesbrecher Helmut Kohl im-
mer noch hofiert, getragen von der CDU,


(Susanne Kastner [SPD]: Gelobt von Herrn Schmidt!)


getragen von der CSU und insbesondere von den Leuten,
die wortreich die Aufklärung beschworen haben. Das ist
der Unterschied.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Der Ehrenvorsitzende!)


Bei der CDU wird die Wahrheit gebogen, bis sie passt.
Was übrig bleibt und stört, wird geschreddert – wie die
Akten im Kanzleramt.Mir kam es darauf an, zu den Ak-
ten im Kanzleramt auch etwas zu sagen, weil ich Herrn
Stadler vorhin zugehört habe und ihm nur zustimmen
kann. Wer das Schreddern der Akten im Kanzleramt dann
feststellt, der ehemalige Bundestagsvizepräsident Herr
Dr. Hirsch, wird diskreditiert.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Dann wird es nach Ihrer Auffassung zu einer Anklage kommen?)


So ist die CDU, dass sie einen Mann diskreditiert, der fest-
stellt, dass dort Akten fehlen. Ich finde das wirklich un-
möglich.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Meine Damen und Herren, im Untersuchungsaus-
schuss war von Herrn von Brauchitsch zu hören – der hat
das auch öffentlich geäußert –, Herr Kohl habe General-
sekretäre gehabt, die exakt gewusst hätten, dass Geld an
den öffentlichen Kassen vorbeigegangen sei. Zu den Ge-
neralsekretären zählen Herr Geißler, Herr Rühe, Herr

Hintze und Frau Merkel. Nur Herr Geißler hat es zuge-
geben.

Und wusste auch Herr Schäuble, dass es schwarze Kas-
sen gab? – Natürlich, Herr Schäuble hat 1982 die schwarze
Fraktionskasse genutzt, um Helmut Kohl mit Millionen in
bar zu dienen. 1997 war er wieder verantwortlich dafür,
dass 1,14Millionen aus den schwarzen Fraktionskassen in
bar an Helmut Kohl geflossen sind.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Was war das denn für Geld, Herr Hofmann?)


Er hat auch im Zusammenhang mit dem Flick-Ausschuss
den Zeugen von Brauchitsch aufgesucht, um ihn darüber
aufzuklären, dass man sich ja im Einzelnen nicht erinnern
muss.

Herrn Stoiber und Frau Merkel ist bekannt, dass Herr
Schäuble am 2. Dezember 1999 die Öffentlichkeit und
den Deutschen Bundestag in seiner „Das war’s“-Rede be-
logen hat. Was hat so jemand eigentlich im so genannten
Kompetenzteam von Herrn Stoiber zu suchen?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Danckert [SPD]: Vielleicht wird das auch wieder so ein Kompetenzteam wie in der Vergangenheit! Vielleicht brauchen sie solche Fachleute!)


Trotz Verfassungsbruch, Aktenvernichtung und Geld-
wäsche über Schwarzkonten in der Schweiz und in Liech-
tenstein ist die CDU nicht an der Wahrheit interessiert.
Nichts, aber auch gar nichts ist von dem übrig geblieben,
was Friedbert Pflüger gesagt hat:

Wir können nicht Schwarzfahrer bestrafen und
Schwarzkonten zum Kavaliersdelikt erklären. Des-
halb: Auch wenn es nervt und schwer fällt, die Wahr-
heit muss auf den Tisch.

(Gabriele Fograscher [SPD]: Recht hat er!)


Der Politikstil der heutigen Union ist anders. Die Wahr-
heit ist nicht auf dem Tisch. Stattdessen versöhnt sich Frau
Merkel auf dem letzten CDU-Parteitag öffentlich mit
Helmut Kohl. Warum versöhnt sie sich mit einem Mann,
der die CDU in ihre größte Vertrauens- und Finanzkrise
gestürzt hat und der sein Verhalten nicht bereut?


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Herr Hofmann, machen Sie sich doch nicht lächerlich!)


Warum versöhnt sie sich mit einem Mann, der die Namen
seiner angeblichen Spender nicht nennen will? Warum
versöhnt sie sich mit einem Mann, der die Herkunft von
zig Millionen nicht preisgibt? Die CDU-Vorsitzende
Merkel hat noch vor zwei Jahren eine neue CDU gefor-
dert und Helmut Kohl nahe gelegt, sich aus der Politik zu
verabschieden. Nun ist er in den Schoß seiner Partei zu-
rückgekehrt. Wie kommt Frau Merkel jetzt dazu, Helmut
Kohl dort zu begrüßen, wo sie ihn eigentlich nie mehr se-
hen wollte? Damit steht fest: Die einst von Frau Merkel
propagierte neue CDU gibt es nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)





Frank Hofmann (Volkach)


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(C)



(D)



(A)



(B)


Frau Merkel hat in einem Interview mit der „Süddeut-
schen Zeitung“ vom 5. Februar 2000 gesagt: „Kohl hat
immer versucht, alles auszureizen, was er an Erpres-
sungspotenzial gegen andere hat.“


(Bernd Reuter [SPD]: Das glaube ich!)

Frau Merkel hat sich in die Abhängigkeit von Helmut
Kohl begeben, als ihre Generalsekretäre in Mecklenburg-
Vorpommern aus Kohls schwarzen Kassen mit finanziert
wurden. Frau Merkels Landesverband Mecklenburg-Vor-
pommern hat aus der anrüchigen Ehlerding-Spende
900 000 DM kassiert. Man muss sich fragen, ob Ihr Ex-
parteivorsitzender sein Erpressungspotenzial nicht nur
Herrn Schäuble gegenüber, sondern auch Frau Merkel ge-
genüber eingesetzt hat.

Ich warte gespannt darauf, was passieren wird, wenn
neues Schwarzgeld auftaucht. 1 Million von Kiep ist ja
schon wieder aufgetaucht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die eigentlich?)


Wie wird die CDU und vor allen Dingen Frau Merkel da-
mit umgehen? Wird dann zuerst Helmut Kohl oder Herr
Thierse informiert werden? Ich glaube, Frau Merkel hat in
Frankfurt ihr politisches Schicksal an das von Helmut
Kohl geknüpft.

Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass sich die CDU
ändert. Die Union beweist Tag für Tag, dass sie zu einer
kritischen Selbstreinigung nicht fähig ist.

Danke.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424809200
Für die
CDU/CSU-Fraktion spricht der Kollege Dr. Hans-Peter
Friedrich.


Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1424809300
Herr
Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr
Neumann, Sie müssen sich nun wirklich nicht darüber be-
schweren, dass der Untersuchungsausschuss nicht so gut
angesehen und – so haben Sie es formuliert – diskreditiert
worden sei.


(Detlev von Larcher [SPD]: So ein Quatsch!)

Wenn Sie sich die Reden von Herrn Hofmann, Herrn
Ströbele und auch Teile Ihrer eigenen Reden genau an-
schauen, dann werden Sie feststellen, dass der Untersu-
chungsausschuss von Ihnen diskreditiert worden ist. Sie
machen in der heutigen Debatte genau das, was Sie zwei-
einhalb Jahre lang im Untersuchungsausschuss praktiziert
haben: Sie setzen unhaltbare Verdächtigungen in die
Welt und holen aus allen möglichen Ecken irgendwelche
Geschichten und Rudimente hervor, die Sie dann mit viel
Fantasie zu einem Märchen zusammenfügen. So gehen
Autoren von Groschenromanen, aber nicht Menschen ans
Werk, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Sie sind der Groschenroman! – Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Hat Kohl das Gesetz gebrochen oder nicht?)


Lieber Herr Ströbele, mit diesem Vorgehen hat Rot-
Grün im Untersuchungsausschuss von Anfang drei Ziele
verfolgt: Sie wollten – das war das erste Ziel – die CDU
diskreditieren und ihren Ruf schädigen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt euch doch selbst diskreditiert!)


Sie wollten – das war das zweite Ziel – von der Unfähig-
keit der rot-grünen Regierung ablenken, zukunftsfähige
Politik für unser Land zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Susanne Kastner [SPD]: Damit ist die CDU wieder beim Thema!)

Sie wollten – das war das dritte Ziel – das Ansehen von
Helmut Kohl, dem Kanzler der deutschen Einheit, schä-
digen, dessen Name immer mit der Wiedervereinigung
des Vaterlandes verbunden sein wird.


(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Das hat er wohl selber gemacht! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war nicht mehr zu schädigen!)


Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas, Herr Hofmann, weil
Sie das wider besseres Wissen wiederholt haben: Nie-
mand von uns, niemand in der gesamten Union hat ir-
gendwann einmal die Verstöße von Helmut Kohl gegen
das Parteiengesetz entschuldigt oder verharmlost


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


oder das Finanzgebaren der CDU entschuldigt oder ver-
harmlost.


(Zurufe von der SPD: Ständig! – Susanne Kastner [SPD]: Gerade eben hat es der Herr Schmidt noch gemacht!)


Wogegen wir uns von Anfang an gewehrt haben, ist die
ungeheuerliche Verdächtigung, dass die damalige Bun-
desregierung bei irgendeiner Entscheidung durch Geld
beeinflusst worden sei oder beeinflusst gewesen wäre.

Herr Neumann, Sie sollten Ihr Rechtsstaatsverständ-
nis überprüfen. In einer Ausgabe der „Welt“ vom Dezem-
ber sind Sie zitiert worden,


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Warum lesen Sie die „Welt“! – Susanne Kastner [SPD]: Lesen Sie lieber den „Bayernkurier“!)


es sei kein Beweis dafür erbracht worden, dass die Bun-
desregierung nicht käuflich gewesen sei. Da frage ich Sie:
Wo sind wir denn hier, dass der Unschuldige beweisen
muss, dass er unschuldig ist?


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: So sind die Sozialdemokraten! Das ist unglaublich! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist wohl ein Witz!)


Das ist ein merkwürdiges Rechtsstaatsverständnis.

(Friedhelm Julius Beucher [SPD]: Beweismit tel sind vernichtet worden!)





Frank Hofmann (Volkach)

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(C)



(D)



(A)



(B)


Das eigentlich Unglaubliche an diesem ganzen Aus-
schuss ist,


(Zuruf von der SPD: Ihr Diskussionsbeitrag!)

dass die Initiierung und die Federführung des Ausschus-
ses und der Kampagne gegen Helmut Kohl und die CDU
im Kanzleramt lagen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Unglaublich, was da passiert! – Friedhelm Julius Beucher [SPD]: Zeugen haben geschwiegen! Beweismittel sind vernichtet worden!)


Im Sommer 1999 – wir haben das alles recherchiert –
schrieb eine Zeitung auf ihrer Titelseite in großen Buch-
staben: Sehnsucht nach Helmut Kohl. Das war die erste
verheerende Zwischenbilanz der Regierung Schröder. In
dem Moment wussten Sie, dass Sie handeln müssen,
wenn Sie verhindern wollen, dass die Regierung
Schröder, gemessen an der Regierung Kohl, als Zwergen-
kabinett in die Geschichte eingeht.


(Lachen bei der SPD – Peter Dreßen [SPD]: Das ist nicht zu glauben! – Detlev von Larcher [SPD]: Jetzt erzählt er Märchen!)


Bereits 1999 gab es Überlegungen, das Ansehen Kohls
als Übervater der deutschen Politik zu schmälern. An-
knüpfungspunkt waren die nicht mehr auffindbaren
Leuna-Akten, ein Vorgang, der übrigens schon 1996 fest-
gestellt worden war. Diese Akten – lassen Sie mich das sa-
gen – haben einem Untersuchungsausschuss im Original
vorgelegen.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Was ist mit dem Haftbefehl gegen Kiep?)


Ich gebe zu: Das ist eine sehr unschöne Geschichte.

(Peter Dreßen [SPD]: Wirklich peinlich!)


Sie haben diese unschöne Geschichte zusammenge-
mischt mit der Kiep-Affäre


(Zurufe von der SPD: Kiep-„Affäre“? – Friedhelm Julius Beucher [SPD]: Das war eine Affäre? Nicht nur ein Versehen?)


und dem Eingeständnis von Helmut Kohl, gegen das
Transparenzgebot im Parteiengesetz verstoßen zu ha-
ben. All das wurde von Anfang an initiiert, gesteuert und
begleitet vom Kanzleramt und von manchen Ressorts.


(Susanne Kastner [SPD]: Sie dürfen nicht von Ihrer Partei auf andere schließen! – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie leiden an Verfolgungswahn!)


Selbst im Finanzministerium wurde hinter dem Rücken
des Untersuchungsausschusses eine Gruppe eingesetzt,
die dazu missbraucht wurde, am Schluss die Staatsan-
waltschaft in Magdeburg auf eine falsche Spur zu führen.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist ein so bodenloser Quatsch!)


Ich halte es für einen einmaligen Vorgang, dass unter der
Federführung einer Regierungszentrale eine solche Kam-
pagne gegen die Vorgängerregierung inszeniert wird.


(Detlev von Larcher [SPD]: Ein lächerlicher Mensch da vorne!)


Ich möchte im Übrigen auch auf die Rolle verweisen,
die das Kanzleramt bei der Geschichte der angeblichen
Vernichtung von Akten und Löschung von Daten gespielt
hat.


(Zurufe von der SPD: „Angeblich“!)

Hier wurden Beamte der Vorgängerregierung in übelster
Weise unter Druck gesetzt, die loyal und zum Teil mit viel
persönlichem Einsatz gerade in der Zeit nach der Wieder-
vereinigung ihre Arbeit gemacht haben.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist nicht zu glauben!)


Unser Dank gebührt diesen Beamten, die in einer schwie-
rigen Zeit, in der Zeit der deutschen Wiedervereinigung,
mehr als ihre Pflicht getan haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, haben

diesen Ausschuss missbraucht,

(Susanne Kastner [SPD]: Räumen Sie erst einmal in Dachau auf, bevor Sie so einen Unsinn erzählen! Es reicht jetzt!)


um Unwahrheiten, Halbwahrheiten und Verdächtigungen
unter das Volk zu streuen.


(Detlev von Larcher [SPD]: Das ist wirklich ein Spinner!)


Am Ende dieses Untersuchungsausschusses ist all Ihre
Heuchelei, sind alle Ihre böswilligen Diffamierungen auf
Sie selbst zurückgefallen.


(Lachen bei der SPD – Susanne Kastner [SPD]: Das gibt es doch nicht!)


Die SPD-Korruptionsaffäre in Nordrhein-Westfalen reiht
sich ein in eine lange Kette von SPD-Skandalen von Kiel
bis Saarbrücken, von Potsdam bis Hannover. Das ist – so
wird aus Ihren Reihen selbst gesagt – nur die Spitze des
Eisbergs.


(Beifall bei der CDU/CSU – Susanne Kastner [SPD]: Und was ist in Bayern? Was ist in Dachau?)


Diese Spitze des Eisbergs wird Ihnen noch lange zu schaf-
fen machen, weil Sie versucht haben, zu vertuschen und
zu verschleiern.


(Susanne Kastner [SPD]: Wählerbetrug in Dachau von der CSU! Eine Frechheit ist das!)


Ich bin im Übrigen davon überzeugt, dass die SPD über
die Rolle führender Parteifunktionäre viel mehr weiß, als
sie zugibt. Was die Affäre in Wuppertal anbelangt,


(Jörg Tauss [SPD]: Dachau!)

bleibt die bohrende Frage an Ihren Generalsekretär
Müntefering, was er seit Jahren über diese Affäre weiß


(Jörg Tauss [SPD]: Wahlfälscher!)





Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)


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(C)



(D)



(A)



(B)


und was er bis 1998 – damals war er Landesvorsitzender
der NRW-SPD – über diese Affäre wusste.

Allmählich tauchen im Nebel der Verschleierung
Strukturen auf, die darauf hinweisen, dass es sich keines-
falls um Verfehlungen von Einzelpersonen, sondern um
Strukturen organisierter Kriminalität handelt.


(Lachen bei der SPD – Susanne Kastner [SPD]: So kriegen Sie nie ein Direktmandat!)


Sie brüsten sich damit – heute haben Sie das wieder getan –,
dass Sie SPD-Mitglieder ausschließen und gerichtlich ge-
gen sie vorgehen. Der Unterschied zwischen der Spenden-
affäre der CDU und der Affäre der SPD ist nur, dass es sich
bei der SPD in den allermeisten Fällen um Korruption, Kri-
minalität und persönliche Bereicherung handelt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich fordere Sie auf, nicht nur gegen Einzelpersonen von
der SPD-Basis vorzugehen; vielmehr sollten Sie sich auch
einmal mit der Frage auseinander setzen, wie Strukturen
in der SPD, also Ihrer Partei, verändert werden müssen,
um solche Vorgänge zu verhindern.


(Detlev von Larcher [SPD]: Das müssen Sie uns gerade empfehlen! – Ingrid Holzhüter [SPD]: Der Mann hat Herrschaftswissen!)


Statt in sich zu gehen, greift der Vorsitzende des
Untersuchungsausschusses die Justiz in Nordrhein-
Westfalen an.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Das war die Staatsanwaltschaft, nicht die Justiz!)


Das allein spricht Bände. Wer einen parlamentarischen
Untersuchungsausschuss missbraucht und der unabhängi-
gen Justiz gleichzeitig einen Maulkorb verpassen will, der
hat ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit.


(Jörg Tauss [SPD]: Bayern!)

Nicht die Justiz ist am SPD-Skandal schuld, sondern die
SPD ganz allein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Untersuchungsausschuss ist Rot-Grün das erste

Mal aus der Fassung geraten,

(Detlev von Larcher [SPD]: Den kann man nicht ernst nehmen!)

als die Ungereimtheiten, die es auch im Zusammenhang
mit den SPD-Finanzen gab, allmählich zutage traten.


(Abg. Volker Neumann [Bramsche] [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Neumann, ich möchte meine Rede nicht unterbre-
chen.


(Susanne Kastner [SPD]: Hoffentlich sind Sie bald fertig!)


Bisher fehlt die Angabe des Wertes des SPD-Vermö-
gens, das – viele ahnen es – gewaltig ist. Dies ist ein Ver-
stoß gegen das Transparenzgebot im Grundgesetz,


(Detlev von Larcher [SPD]: Hört euch das an! Ein Verleumder ist das!)


und zwar unabhängig davon, ob man eine Lücke im Par-
teiengesetz ausgenutzt hat oder nicht. Es ist der SPD of-
fensichtlich im höchsten Maße unangenehm,


(Susanne Kastner [SPD]: Sie sind unangenehm! – Jörg Tauss [SPD]: Wir können anständig mit Geld umgehen!)


wenn die Öffentlichkeit und vor allem die alten SPD-Mit-
glieder die genaue Höhe ihres Milliardenvermögens er-
fahren. Der Grund dafür ist ganz einfach: Man will den
Genossen in den Ortsvereinen nicht erklären, warum sie
regelmäßig zur Kasse gebeten werden, obwohl die SPD in
Wahrheit ein gigantisches Vermögen besitzt. Man will
nicht, dass sich die einfachen Mitglieder fragen, wem die-
ses Vermögen eigentlich zugute kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn die SPD-Mitglieder erst einmal erfahren,


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Das werden sie!)


dass die SPD ein Großkonzern mit angeschlossener poli-
tischer Abteilung ist, dann werden Sie Erklärungsnöte be-
kommen.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Schauen Sie in das neue Parteiengesetz! Da ist das drin!)


Das ist einer der Gründe, warum Sie Ihr Vermögen ver-
schleiern und warum Sie Ihre Einnahmen geschickt sal-
diert haben.

Ich lese Ihnen einmal ein Fazit Ihrer Arbeit in diesem
Untersuchungsausschuss vor, das gestern, also am 3. Juli,
in der „Berliner Zeitung“ stand:

Die Sozialdemokraten andererseits haben ... den
Ausschuss offenbar als eine Außenstelle der so ge-
nannten Kampa betrachtet, ihrer Wahlkampfzentrale
also, die die Wirklichkeit nur insoweit registriert, als
sich ein Slogan daraus drechseln lässt.

Sie haben versucht – es ist kräftig misslungen –, mit
diesem Untersuchungsausschuss vom Versagen der rot-
grünen Regierung in zentralen Bereichen der deutschen
Politik abzulenken.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Schröder, der Kaiser mit den neuen Kleidern, stol-
ziert in Unterhosen durch das Land und inzwischen weiß
es jeder.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU – Karsten Schönfeld [SPD]: Unerträglich diese Rede! – Detlev von Larcher [SPD]: Das arme Opfer Helmut Kohl! Das arme Opfer CDU! Was seid ihr für unglaubliche Schwätzer! – Susanne Kastner [SPD]: Ein sehr witziger Vergleich! Sie haben nicht mal eine Unterhose! – Wolfgang Weiermann [SPD]: Schämen muss man sich!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424809400
Wir fahren
in der Debatte fort. Das Wort hat der Kollege Hans-
Christian Ströbele von der Fraktion des Bündnisses
90/Die Grünen.




Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

25120


(C)



(D)



(A)



(B)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

gen! Ich wollte meine Redezeit aufteilen, um auf Argu-
mente einzugehen. Von unserer Fraktion kann nur einer
reden, da wir mit nur einem Mitglied im Ausschuss ver-
treten waren.

Ich habe mir vorgenommen, Argumente auszutau-
schen.


(Beifall des Abg. Christian Simmert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das erste Argument, auf das ich eingehen will, stammt
vom Kollegen Stadler. Herr Stadler, Sie haben sich über
zwei Punkte beklagt. Sie haben gesagt, wir seien in Sa-
chen Ehlerding zu dem Ergebnis gekommen, mit der
Zahlung von 5,9 Millionen DM sei eine politische Beein-
flussung verbunden.


(Zuruf von der SPD: Was denn sonst?)

Ich stehe zu diesem Ergebnis. Ich habe daran mitformu-
liert.

Herr Kollege Stadler, auch in diesem Fall haben Sie et-
was weggelassen. Nicht nur, dass dieses Ehepaar der Bun-
des-CDU 5 Millionen DM und der CDU in Mecklenburg-
Vorpommern 900 000 DM gegeben hat; das Ganze geschah
darüber hinaus auch noch wenige Wochen vor der Bun-
destagswahl 1998. Das heißt, dieses Geld ist ganz ein-
deutig in einer Situation gegeben worden, in der dieses
Ehepaar die Gefahr gesehen hat, dass die Regierung nicht
mehr am Ruder ist, die ihr vorher den Zuschlag für die
Eisenbahnerwohnungen – es handelte sich um ein Ge-
schäft in Höhe von mehreren Milliarden DM – erteilt hat.
Da haben die gesagt: Dann wollen wir doch den Chef die-
ser Regierung mit einer solchen Zahlung unterstützen.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht! – Joachim Stünker [SPD]: Die Hälfte als Darlehen!)


Man darf nicht vergessen: Im Juni 1998 hat die dama-
lige Bundesregierung diesem Konsortium unter Führung
von Ehlerding den Zuschlag für dieses Riesengeschäft
gegeben. Man könnte jetzt einwenden, dass das Geschäft
schon abgeschlossen war und sie das Geld erst nachträg-
lich gegeben haben. Nein, Herr Kollege Stadler – Sie wis-
sen das –: Das Geschäft war noch nicht in trockenen
Tüchern,


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Das macht doch keinen Sinn!)


sondern die Bundestagswahl hatte für dieses Geschäft er-
hebliche Bedeutung. Es standen noch die endgültige no-
tarielle Vertragsunterzeichnung und die Zustimmung des
Gesamtpersonalrats aus. Das heißt, das Geschäft war
noch offen. Wir wissen ja inzwischen, dass nach der Bun-
destagswahl 1998 dieser Vertrag noch einmal neu aufge-
rollt und eine ganze Menge neu verhandelt wurde, also et-
was ganz Neues gemacht worden ist.

Ganz offensichtlich ist hier der höchste Betrag, den die
CDU nach unseren Feststellungen je bekommen hat, we-
nige Wochen oder Tage vor der Bundestagswahl an die

CDU gegeben worden, um das politische Handeln der Re-
gierung zu beeinflussen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das wissen Sie doch ganz genau, Herr Stadler!)


Dass das nicht mehr geklappt hat, ist den Wählerinnen
und Wählern zu verdanken, die der Regierung Kohl die
Möglichkeit genommen haben, dieses Geschäft so zu
vollenden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Das ist doch ganz klar! – Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/ CSU]: Aber die Sozialdemokraten wollten das Geschäft doch auch!)


Deshalb meine ich, dass Sie, Herr Stadler, da falsch lie-
gen; jedenfalls gibt es gravierende Anhaltspunkte dafür.

Nun komme ich auf Herrn Stoiber zu sprechen. Sie ha-
ben sich darüber beklagt, dass wir nach der Vernehmung
von Schreiber in Kanada Herrn Stoiber vernommen ha-
ben. Das war richtig und notwendig, ebenso wie die Reise
nach Kanada. Ich war anfangs sehr skeptisch, ob dabei et-
was herauskommt. Es wäre ein grober Verstoß gegen un-
sere Aufklärungspflicht gewesen, wenn wir das Angebot
von Schreiber nicht angenommen hätten und nicht nach
Kanada gefahren wären. Dort spricht er schwere Be-
schuldigungen gegenüber der CSU aus. Dass wir dann,
wenn wir wiederkommen, noch einen Termin suchen, um
Herrn Stoiber Gelegenheit zu geben, dazu etwas zu sagen,
etwas zu erwidern bzw. das zu entkräften, ist doch fair und
richtig gewesen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Wie großmütig ihr seid!)


Nun allerdings befindet sich Herr Stoiber in der
schwierigen Situation, dass er sich vor dem Ausschuss
durch seine Aussage, dass er mit den Finanzen der CSU
überhaupt nichts zu tun und von der Spendenpraxis keine
Kenntnis gehabt habe, festgelegt und damit angreifbar ge-
macht hat.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist die Unwahrheit gewesen! – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)


Nun tröpfelt jeden zweiten Tag durch die Presse eine Mel-
dung, dass das gar nicht stimmen könne, sondern es sogar
Briefe von ihm selber gebe, aus denen hervorgehe, dass er
sich damals da sehr wohl eingemischt habe. Mit anderen
Worten: Herr Stoiber muss sich warm anziehen, wenn er
das durchstehen will, was er vor dem Untersuchungsaus-
schuss behauptet hat. Er hat sich angreifbar und verletz-
lich gemacht. Er wird noch lange daran denken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS – Dr. Peter Danckert [SPD]: In Bayern droht ihm keine Gefahr!)







(C)



(D)



(A)



(B)


Eine letzte Bemerkung – auch daran liegt mir –: Wir
haben in diesem Untersuchungsausschuss nicht mit zwei-
erlei Maß gemessen.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Mit dreierlei!)


Wir haben auch die Finanzen der SPD untersucht. Aller-
dings stelle ich fest: Es gibt einen gravierenden Unter-
schied zu der Finanzpraxis der SPD auf Bundesebene,
wo auch ich Probleme sehe, ob diese mit Art. 21 des
Grundgesetzes so zu vereinbaren war. Das habe ich auch
immer gesagt. Bei der SPD fehlt jedoch dieser ganze kri-
minelle Touch und Hintergrund, der, wie ich dargelegt
habe, bei der CDU-Spendenpraxis und bei dem Konten-
system der CDU festzustellen gewesen ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/ CSU]: Das ist unglaublich!)


Deshalb komme ich zu dem Schluss: Wir haben eine
ganze Reihe von wichtigen Schlussfolgerungen gezogen.
Wir müssen noch weitere ziehen. Wir müssen die zukünf-
tigen Untersuchungsausschüsse wirksamer machen, in-
dem wir uns etwas einfallen lassen, wie verhindert wer-
den kann, dass jemand vollständig die Auskunft
verweigern kann und keine Aussage zu machen braucht.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist richtig, Herr Kollege! Dafür habe ich mich immer eingesetzt!)


Darüber muss sich der Deutsche Bundestag Gedanken
machen.

Ich sage Ihnen: All das, was wir in unserem Untersu-
chungsbericht über die CDU/CSU festgestellt haben,
hätte gereicht, die Regierung unter Kanzler Kohl zu Fall
zu bringen. Das hätte diese Regierung nicht mehr durch-
gestanden.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sie Wicht hätten etwas zu Fall gebracht? – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Zwerg Nase!)


All diese Akte mit ihrem kriminellen Hintergrund wären
nämlich Grund genug gewesen, klar und deutlich politi-
sche Korruption bei der CDU festzumachen.

Mein letzter Satz: Was bleibt von der Regierung Kohl?
Es wird viel von der Regierung Kohl bleiben, aber insbe-
sondere wird immer an ihr hängen bleiben: Dr. Kohl und
diese CDU/CSU haben mit dieser Affäre der Demokratie
und der demokratischen Kultur in diesem Lande erheblich
geschadet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424809500
Ich erteile
das Wort der Kollegin Andrea Voßhoff für die CDU/CSU-
Fraktion.


Andrea Astrid Voßhoff (CDU):
Rede ID: ID1424809600
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Herr Kollege Ströbele, Ihr einseitiges

politisches Weltbild kann man wohl nur erklären, wenn
man die ströbelesche Politbrille aufsetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist ja peinlich!)


Sie konstruieren Zusammenhänge, ohne einen Beweis zu
haben. Sie setzen auf Zweifel, weil das Ihre einzige Bot-
schaft sein kann. Um Ihr einseitiges politisches Weltbild
umsetzen zu können, wollen Sie sogar das Aussagever-
weigerungsrecht aufs Spiel setzen. Dabei ist es das Tafel-
silber unseres Rechtsstaates, so schwierig dadurch Auf-
klärung, zum Beispiel im Untersuchungsausschuss, auch
werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren von der Koalition, wie sehr

Sie den Ausschuss zur Diffamierung der früheren Bun-
desregierung eingesetzt haben, zeigt die Behandlung des
Themas der Leuna-Privatisierung; das wurde heute
schon das eine oder andere Mal erwähnt. Auch wenn Sie
das nicht hören wollen: Gerade der Leuna-Komplex ist
ein beredtes Beispiel dafür, dass Ihre vollmundig an-
gekündigte Aufklärungsarbeit sehr schnell Ihrem eigent-
lichen Ziel, der Instrumentalisierung dieses Ausschusses
zum Zwecke der Diffamierung der Union und ihrer Re-
präsentanten, gewichen ist.

Begleitet wurde diese Instrumentalisierung auch noch
mit zweifelhaften Aktivitäten aus dem Bundesfinanzmi-
nisterium. Der Gang der Untersuchungen und Ihre Ent-
scheidungen erweckten nicht nur bei diesem Thema mehr
als den Anschein, aus dem Kanzleramt und der Fraktions-
spitze ferngesteuert worden zu sein.


(Lachen bei der SPD)

Das ist ein trauriges Beispiel dafür, wie Rot-Grün um des
vermeintlich eigenen politischen Vorteils willen Fakten
verdreht, falsche Anschuldigungen erhoben und Nach-
teile für Dritte dabei bewusst in Kauf genommen hat.


(Detlev von Larcher [SPD]: Sie können wirklich nur verunglimpfen!)


Besonders bedauerlich ist, dass im Fall der Leuna-Pri-
vatisierung eine der erfolgreichsten und zuverlässigsten
Investitionen in Sachsen-Anhalt betroffen ist. Es ist hin-
reichend bekannt, dass die Privatisierung von Leuna/Mi-
nol praktisch von Anbeginn von diversen Gremien parla-
mentarisch begleitet und kontrolliert worden ist. Dieser
Untersuchungsausschuss war bereits der dritte, der sich
auf Bundesebene damit befasst hat. Aber auch dieser Un-
tersuchungsausschuss hat – das ist heute Morgen unisono
bestätigt worden – keinerlei Anhaltspunkte für Bestech-
lichkeit der früheren Bundesregierung im Zusammenhang
mit der Privatisierung gefunden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Anhaltspunkte schon, nur keine Beweise!)


Allerdings haben sich erhebliche Anhaltspunkte dafür
ergeben, dass und wie vonseiten der rot-grünen Bundes-
regierung und der sie tragenden Fraktionen mit fragwür-
digen Mitteln und wider besseres Wissen versucht worden
ist, die frühere Bundesregierung im Zusammenhang mit




Hans-Christian Ströbele
25122


(C)



(D)



(A)



(B)


der erfolgreichen Privatisierung in ein schiefes Licht zu
rücken.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren zum Beispiel die Zeugen in Frankreich! Afrikanische Methoden!)


Der von uns vorgelegte abweichende Bericht belegt die
zweifelhaften Bemühungen von Rot-Grün, die Korrekt-
heit der Leuna-Investitionen politisch in Zweifel zu zie-
hen. Keine Staatsanwaltschaft in Deutschland hat trotz
der mannigfaltigen Einschüchterungsversuche vonseiten
rot-grüner Politiker Anhaltspunkte für eine Bestechlich-
keit der früheren Bundesregierung gesehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Weiermann [SPD]: Hat man Kohl dazu gezwungen?)


Keiner der zahlreichen vom Untersuchungsausschuss ver-
nommenen Zeugen hat einen derartigen Verdacht auch
nur ansatzweise bestätigt. Sogar der Generalbundesan-
walt musste im Rahmen der rot-grünen Diffamierungs-
kampagne bemüht werden. Nachdem die Bundesministe-
rin der Justiz zunächst der zutreffenden Meinung war, der
Generalbundesanwalt sei dafür gar nicht zuständig, musste
dieser, nachdem Rot-Grün mit anderen Diffamierungsver-
suchen nicht weiterkam, letztlich doch die so genannten
Bertossa-Akten aus der Schweiz überprüfen. Aber auch
der Generalbundesanwalt hat keinerlei Anhaltspunkte
dafür gesehen, dass Entscheidungen der Regierung Kohl
durch Geldzahlungen beeinflusst worden sein könnten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie hatten Sie sich, meine Damen und Herren von Rot-

Grün, auf diese Akten aus der Schweiz gefreut!

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

Der Kollege Beucher sprach gar von einem Panther-
sprung, den diese Akten bedeuten würden. Und das Er-
gebnis? Sie, Herr Kollege Beucher, sprachen seinerzeit
zur Untermauerung Ihrer Verdächtigungen von einem
Panthersprung. Der Kollege Ströbele spricht laut „FAZ“
vom 12. Juni zum Leuna-Komplex insgesamt von „gra-
vierenden Verdachtsmomenten“.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Heute noch!)


Die „FAZ“ nennt Ihre Vorwürfe und Verdächtigungen in
Sachen Leuna „klapprige Stelzen“. Ich sage Ihnen: Rot-
Grün ist in dem Bemühen, die damalige Regierung Kohl
im Zusammenhang mit der Leuna-Privatisierung zu diffa-
mieren, schlicht gescheitert.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In einem zweifelhaften Licht muss auch die von Bun-

desfinanzminister Eichel im Sommer 2000 eingesetzte
Sondertaskforce Leuna/Minol gesehen werden. Der
Kollege Dr. Friedrich hat schon darauf hingewiesen.


(Friedhelm Julius Beucher [SPD]: Wo ist Herr Pfahls, Frau Kollegin? Der erste Staatssekretär in dieser Republik, der mit Haftbefehl gesucht wird!)


– Hören Sie zu, Herr Kollege Beucher! – Diese Sonder-
taskforce sollte angeblich prüfen, ob der Bundesrepublik
Deutschland im Zusammenhang mit der Privatisierung
ein finanzieller Schaden entstanden sei. Nachdem die
Tätigkeit dieser Gruppe, die auf außerordentlich fragwür-
digen rechtlichen Grundlagen agierte und in der Presse als
„Dillers Detektive“ bezeichnet worden ist, durch einen
Zufall bekannt wurde, mussten natürlich auch Ergebnisse
her. Rechtzeitig und medieninszeniert wurde zum Auftritt
von Staatssekretär Diller vor dem Untersuchungsaus-
schuss, wohl auch mit Billigung der politischen Leitung
des BMF, im Mai 2001 eine Strafanzeige an die Staats-
anwaltschaft Magdeburg wegen des angeblichen Ver-
dachts des Subventionsbetruges gegen Verantwortliche
der Leuna-Raffinerie konstruiert. Behauptet wurde, es
hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass als Kosten
für Vorstudien getarnte Schmiergelder in Investitionskos-
ten eingerechnet worden seien.

Dass dies in Wirklichkeit nicht der Fall war, hatte die
rot-grüne Bundesregierung aber bereits bei der Erarbei-
tung ihrer Stellungnahme an die EU-Kommission im
April 1999 festgestellt. In dieser Stellungnahme, die nach
intensiver Prüfung durch das BMF und die BvS in Zu-
sammenarbeit mit Elf erstellt wurde, werden die von dem
Investor geltend gemachten Kosten für Vorstudien detail-
liert untersucht. Es wurde festgestellt, dass die Vorstudien
notwendig und werthaltig waren und tatsächlich erstellt
wurden. Es ist zwar richtig, dass Elf eine Strafanzeige
wegen erbrachter Kosten für als Vorstudien getarnte
Schmiergelder gegen ehemalige Mitarbeiter bei der
Staatsanwaltschaft in Genf erstattet hatte. Die politische
Verantwortung des BMF bestand aber darin, dass man ge-
nau wusste, dass es sich bei den in Genf von Elf selbst mo-
nierten Vorstudien nicht um diejenigen handelte, die die
Betreibergesellschaft in Leuna, die MIDER, in ihrem Bei-
hilfeantrag geltend gemacht hatte. Das war schon in der
Strafanzeige von Elf ersichtlich, ergibt sich aber auch da-
raus, dass der frühere Bundesfinanzminister Lafontaine
von Elf hierauf bereits im Januar 1999 hingewiesen wor-
den war.

Diese Stellungnahme der Bundesregierung wurde
– ebenso wie andere entlastende Unterlagen – der Staats-
anwaltschaft Magdeburg natürlich nicht vorgelegt. Erst
nachdem Mitglieder unserer Arbeitsgruppe auch gegen-
über der Staatsanwaltschaft Magdeburg auf diesen
Umstand hingewiesen hatten, um zu verhindern, dass Un-
schuldige Strafverfolgungsmaßnahmen unterworfen wer-
den, war das BMF bereit, diese Unterlagen vorzulegen.
Folgerichtig hat die Staatsanwaltschaft Magdeburg, nach
ebenfalls intensiver Prüfung, diesem Verleumdungsver-
such des BMF eine Abfuhr erteilt und kein Ermittlungs-
verfahren eingeleitet.

Herr Staatssekretär Diller hatte zudem zunächst in der
Antwort auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion be-
hauptet, von der Stellungnahme der Bundesregierung erst
im Juli 2001, also nach der Anzeigenerstattung durch die
Sondertaskforce, Kenntnis erlangt zu haben. Später
musste die Bundesregierung dann in einer weiteren Ant-
wort auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion einräumen,
dass Herr Diller doch bereits im Januar 2001 – angeblich




Andrea Voßhoff

25123


(C)



(D)



(A)



(B)


auszugsweise – über die Stellungnahme unterrichtet wor-
den war.


(Jörg Tauss [SPD]: Aha, Diller ist also schuld!)

Die dem Ausschuss vorliegenden Akten belegen, dass
auch der Finanzminister zumindest darüber unterrichtet
worden ist, dass sein Haus im Jahre 1999 die EU-Kom-
mission von der Ordnungsgemäßheit der Leuna-Privati-
sierung unterrichtet hatte.

Als Fazit bleibt daher: Die Handelnden im BMF wuss-
ten, dass bereits unter der Verantwortung der rot-grünen
Bundesregierung durch das BMF, die BvS und den Inves-
tor Elf nach intensiven Prüfungen festgestellt worden war,
dass Elf die geltend gemachten Investitionskosten
tatsächlich aufgewendet hatte. Gleichwohl wurde eine
Strafanzeige erstattet, in der das Gegenteil behauptet
wurde. Um es ganz klar zu sagen: Diese Aktivitäten wa-
ren nicht nur einer Regierung unwürdig, sondern sie ha-
ben sich – wohlwollend betrachtet – auch am äußersten
Rande der Legalität bewegt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch dazu, Herr Kollege Ströbele, hätte ich eine Position
von Ihnen erwartet.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu fehlte mir noch ein bisschen Redezeit!)


Ins Bild passt auch, dass die Sondertaskforce nunmehr
pünktlich zum Ende des Untersuchungsausschusses sang-
und klanglos ihre Tätigkeit einstellt, nachdem Rot-Grün
mittlerweile auch noch mit einem Antrag auf Anschluss
als so genannte Privatbeteiligte an einem Ermittlungs-
verfahren gegen frühere Elf-Mitarbeiter in Liechten-
stein auf die Nase gefallen ist. Dort ist inzwischen rechts-
kräftig festgestellt, dass dieser Antrag unzulässig ist, weil
ein konkreter Vermögensschaden für die Bundesrepublik
Deutschland nicht erkennbar ist.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Durch die
Leuna-Privatisierung wurden – das musste auch die rot-
grüne Bundesregierung gegenüber dem Ausschuss ein-
räumen – nahezu 10 000 wettbewerbsfähige Arbeitsplätze
geschaffen. Damit ist verhindert worden, dass eine ganze
Region in den neuen Bundesländern der wirtschaftlichen
Hoffnungslosigkeit ausgeliefert wurde. Diese Privatisie-
rung ist einer der großen Erfolge der früheren Bundes-
regierung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht zuletzt ist es vielleicht auch der politische Neid auf
diesen Erfolg, meine Damen und Herren von der Regie-
rungsfraktion,


(Zurufe von der SPD: Ach! – Jörg Tauss [SPD]: Sie haben völlig Recht! So war es!)


der Rot-Grün angesichts der eigenen Unfähigkeit und
Wirkungslosigkeit in diesem Politikfeld offenbar dazu ge-
trieben hat, sich nicht nur an Spekulationen über diese Pri-
vatisierung zu beteiligen, sondern selbst aktiv zu diffa-
mieren. Auch damit ist Rot-Grün kläglich gescheitert.


(Jörg Tauss [SPD]: Ist Ihnen Ihre Rede eigentlich nicht peinlich?)


Abschließend erlaube ich mir ein Fazit zu der Arbeit
des Untersuchungsausschusses. Der Untersuchungsaus-
schuss als Einrichtung ist und bleibt ein unverzichtbares
Instrument des Parlaments zur Kontrolle und Aufklärung.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Zur Verschleierung!)


Er ist kein Rat der Weisen. In der Auseinandersetzung
wird nicht immer nur, wie man auch heute wieder sieht,
das Florett eingesetzt. Natürlich ist er geprägt vom politi-
schen Wettbewerb. Paul Hefty schrieb in der „FAZ“ vom
20. Dezember zu diesem Ausschuss – ich zitiere –:

Dass Politiker der regierenden rot-grünen Koalition
die Verdächtigungen eher bestärkt als hinterfragt ha-
ben, ist als Überdrehung des politischen Wettbe-
werbs mit unlauteren Mitteln zu qualifizieren.

(Zuruf von der SPD: Hätten Sie von Hefty etwas anderes erwartet?)

Es musste deshalb so kommen: Von Ihren vollmundigen
Verdächtigungen der Bestechlichkeit der früheren Bun-
desregierung ist nichts übrig geblieben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Abschließend möchte ich persönlich auch noch den

Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Untersuchungs-
ausschusses für die Arbeit und den Einsatz danken, der
zeitaufwendig und im Lichte des politischen Wettbewerbs
sicher nicht immer einfach war.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wir sollen uns vor dem Opfer Kohl noch verneigen!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424809700
Für die
SPD-Fraktion spricht die Kollegin Gabriele Fograscher.


Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1424809800
Herr Präsident! Verehr-
te Kolleginnen und Kollegen! Sie von der CDU/CSU ha-
ben das Drehbuch wunderbar verinnerlicht – wir haben
dies gerade eindrucksvoll gehört –: nichts gewusst, nichts
gemerkt, nichts zugeben, nichts erinnern, nichts zur
Kenntnis nehmen, nichts aufklären und dann noch den
Eindruck erwecken, es sei auch nichts gewesen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es war aber etwas. Der Ausgangspunkt der Vorgänge,
die uns in den letzten drei Jahren beschäftigt haben, ist Bay-
ern, genauer gesagt: die Staatsanwaltschaft Augsburg.
Was mit Kiep, Schreiber, Max Strauß und Pfahls in einem
Verfahren wegen Steuerhinterziehung, Betrug und Beste-
chung begann und was die Untersuchungsausschüsse in
Berlin und München aufgedeckt haben, sind Folgen jahr-
zehntelanger Alleinherrschaft der CSU in Bayern.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD] sowie des Abg. Gerhard Jüttemann [PDS] Vetternwirtschaft und Männerfreundschaften kennzeichnen das System Strauß über den Amigo Streibl und finden Andrea Voßhoff 25124 ihre Fortsetzung bei Stoiber. Die Affären um den Deutschen Orden und die LWS haben bundesweit für Aufsehen gesorgt. Dazu passt auch, dass unzulässig, parteipolitisch motiviert und massiv Einfluss auf Justiz und Verwaltung in Bayern genommen wird. Unabhängige und gewissenhafte Staatsanwälte wie Dr. Maier und der Steuerfahnder Kindler können nicht ungehindert arbeiten, wenn es, wie in diesem Verfahren, um Prominente und CSU-Größen geht. Die Akten und Zeugenaussagen beweisen die Einflussnahme. Es gibt Anfragen, Vermerke, Weisungen, Gesprächsnotizen und die Vernichtung von Beweismaterialien. Nachdem etliche Taten von Kiep, Schreiber, Max Strauß und Co. zu verjähren drohten, hat Winfried Maier bei seinen Vorgesetzten um Unterstützung gebeten. Bei einem Gespräch in München beim stellvertretenden Generalstaatsanwalt wurde die Art der Hilfe klar: Die Augsburger, die vielen CSUund CDU-Größen zu nahe kamen, sollten das Verfahren an andere Staatsanwaltschaften abgeben. Damit hätte man das Verfahren weiter verzögert; denn andere Staatsanwälte waren nicht in diesen Fall eingearbeitet. So stieg die Chance des Eintritts der Verjährung zum Schutze der Amigos. Der Höhepunkt der Hilfe: Maier wurde aufgefordert, einen Brief zu schreiben, in dem er die Abgabe des Verfahrens als seinen eigenen Wunsch darstellt. Der ehemalige Staatsanwalt Maier, unparteiisch und korrekt, berichtete in seiner Anhörung noch von anderen Auffälligkeiten: Ein Durchsuchungsbeschluss in der CDU-Geschäftsstelle und die Zeugenvernehmung von Helmut Kohl wurden verhindert. Der gegen Kiep erlassene Haftbefehl war dessen Anwalt schon Tage vorher bekannt. Der damals leitende Staatsanwalt Hillinger musste „von oben“ bestellte Berichte verfassen, in denen er erklären sollte, dass die beschlagnahmte Festplatte von Max Strauß nicht zu rekonstruieren sei; (Joachim Stünker [SPD]: Das ist umgekehrte Justiz in Bayern!)





(C)


(D)


(A)


(B)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Joachim Stünker [SPD]: Sehr richtig!)


auf ungeklärte Weise verschwand kurze Zeit später diese
Festplatte.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist ja wie im Kriminalfilm!)


Max Strauß stand eines Abends aufgeregt im Garten der
Familie Riedl und erklärte, man solle Unterlagen bezüg-
lich unbekannter 500 000 DM vernichten; denn am nächs-
ten Morgen käme die Staatsanwaltschaft zur Durchsu-
chung. Woher Max Strauß das wusste, bleibt bis heute
unklar.

Diese Beispiele belegen: Die bayerischen Ermittlungs-
behörden sind nicht unabhängig. In Bayern besteht eine
enge Verflechtung von Staat und CSU.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


In mehreren Fällen hat unser Untersuchungsausschuss
den Zusammenhang von finanzieller Zuwendung und po-
litischem Handeln nachgewiesen. Bei mindestens vier
Komplexen waren CSU-Mitglieder oder enge Freunde
der CSU beteiligt: Beim Panzer-Deal waren es Holger
Pfahls, Karlheinz Schreiber und Dieter Holzer, ein enger
Freund von Stoiber, in dessen Villa in Südfrankreich
Stoiber mehrfach seinen Sommerurlaub verbrachte. Bei
den Airbus-Flugzeugen war es Karlheinz Schreiber, der
ohne Ministerpräsident Strauß und dessen Unterstützung
diese Lobbyarbeit überhaupt nicht hätte betreiben kön-
nen.


(Joachim Stünker [SPD]: So ist es!)

Beim Bearhead-Projekt waren es Karlheinz Schreiber und
Franz Josef Strauß. Selbst bei Leuna/Minol tauchen die
Namen Ludwig-Holger Pfahls und auch Dieter Holzer
wieder auf.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: CSU mittendrin!)


Bei all diesen Geschäften sind an die Hauptakteure und
an die CDU Provisionen geflossen, meist über den Lob-
byisten und das CSU-Mitglied Karlheinz Schreiber.
Schreiber, der trotz seines derzeitigen Wohnsitzes in Ka-
nada immer noch CSU-Mitglied ist, fühlte sich seinem
Heimatland Bayern und vor allem seiner Partei immer eng
verbunden.


(Susanne Kastner [SPD]: Zahlt der auch? – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kohl ist auch immer noch in der CDU!)


Wenn er also – das ist in mindestens zwei Fällen bewie-
sen – der CDU Geld gegeben hat, dann ist die Aussage,
dass er auch seiner eigenen Partei finanzielle Unterstüt-
zung hat zukommen lassen, glaubwürdig und plausibel.
Die CSU soll demnach 2 Millionen DM und die CDU
1 Million DM erhalten haben. Diese Gelder tauchen aber
in keinem Rechenschaftsbericht auf.

Der Wirtschaftsprüferbericht über die Korrektheit der
Buchführung, den der CSU-Vorsitzende und Kanzler-
kandidat Stoiber vorlegt, ist kein Gegenbeweis: Die CDU
hat in ihrem Kontensystem jahrzehntelang verdeckt mit
Schwarzgeld jongliert. Der Sinn dieses Systems ist
schließlich eine Nichtausweisung im Rechenschafts-
bericht und eine Verheimlichung der Gelder vor den Wirt-
schaftsprüfern und der Öffentlichkeit.


(Zuruf von der SPD: Die wollen uns für dumm verkaufen!)


Es finden sich erstaunliche Parallelen zu der Situation, als
Herr Schäuble und Frau Baumeister vor dem Untersu-
chungsausschuss aussagten: Es steht Aussage gegen Aus-
sage; nur einer kann die Wahrheit sagen.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Und was schließen Sie daraus?)


Die Aussage von Herrn Stoiber vor dem Untersu-
chungsausschuss, er habe als Generalsekretär zwar Wahl-
kämpfe geplant, aber mit Geld und Finanzen nichts zu tun
gehabt, ist auf jeden Fall unglaubwürdig. Seiner Aussage,




Gabriele Fograscher

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(A)



(B)


er habe nie mit Spenden zu tun gehabt, stehen die Aus-
führungen seines Parteifreundes Voss gegenüber. In sei-
nem Buch über eine Sitzung der CSU-Finanzkommission
schreibt Voss:

Die Rumpfmanschaft ...
– dazu gehörte Edmund Stoiber –

kann sich nicht auf ein tragfähiges Konzept für die
verbleibende Wahlkampfzeit einigen, sondern nur
darauf, wer welche Firmen um weitere Spenden an-
geht.

(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Warum hat er uns nicht die Wahrheit gesagt?)

Auch Walther Leisler Kiep hat in seinem Tagebuch ent-
sprechende Hinweise gegeben.

In der heutigen Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“
steht:

Damals – 1980 – herrschte regelrechter Krieg zwi-
schen CDU und CSU, weil Stoiber und seine Leute
das CDU-Hoheitsgebiet von Drückern und Spen-
deneintreibern abgrasen ließen. Am 4. März 1980
schrieb Lüthje dem CSU-Schatzmeister Spilker:
„Was ich im Übrigen in dem Brief von Herrn Stoiber
an Herrn Geißler vermisse, ist auch nur ein Anflug
von Verständnis dafür, dass auch wir eine nach be-
triebswirtschaftlichen Gesichtspunkten organisierte
und arbeitende Außenorganisation haben.“ Stoiber
wolle, dass die CDU ihren Außendienst annuliere,
„damit die CSU umso ungestörter arbeiten kann ...

Welche Aussagen entsprechen nun den Tatsachen? –
Der Untersuchungsausschuss konnte das leider nicht
mehr klären.

Was sagt der Kanzlerkandidat und bayerische Minis-
terpräsident, der sich ja zu vielen Dingen äußert, zu den
jahrzehntelangen Verstößen gegen Recht und Verfassung
durch die CDU und Herrn Kohl? Hat er sich wenigstens
einmal klar und deutlich von den Vorgängen in der CDU
distanziert? Ich habe keine Aussage von ihm dazu gefun-
den. Er hat allerdings – das haben wir heute schon gehört –
sein merkwürdiges Verständnis von Demokratie am Bei-
spiel des Parlaments kundgetan.

Für Stoiber und die CSU kam die Spendenaffäre ge-
rade recht. Die „Welt“, die bekannterweise kein SPD-Or-
gan ist, schrieb am 8. Januar 2000 über die CSU-Tagung
in Wildbad Kreuth:

Ein leichtes Amüsement ist in Kreuth auszumachen,
denn irgendwie fühlt sich die CSU beim ewigen Rin-
gen mit der Schwester wieder auf der Siegerstraße.

Die weiße Weste, die Stoiber sich und der CSU anzie-
hen will, hat Flecken. Beispiele dafür sind die Paten-
schaftsabos für den „Bayernkurier“, der CSU-Spenden-
skandal im Landkreis Starnberg – auch dabei geht es um
100 000 DM – und die Wahlfälschung in Dachau. Die be-
kannten Verstöße von Funktionären – sowohl der CSU als
auch der CDU – gegen Recht und Gesetz sind das eine,
die mangelnde Aufklärungsarbeit und das fehlende Un-
rechtsbewusstsein der Unionsparteien das andere. Beson-

ders unverfroren ist dabei, dass all die Personen, die in der
Spendenaffäre gegen Recht und Gesetz verstoßen oder
zumindest politische Verantwortung zu tragen haben,
wieder in die erste Reihe der Unionsparteien zurückkeh-
ren:


(Detlev von Larcher [SPD]: Sehr wahr!)

Kohl als Wahlkampfhelfer, Schäuble und Merkel im
Kompetenzteam, Koch in führender Position im CDU-
Bundesvorstand.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: So gute Leute möchten Sie auch gern haben!)


Edmund Stoiber und die führenden Vertreter der Uni-
onsparteien haben nichts zur Aufklärung beigetragen,
ganz im Gegenteil. Jetzt will er Kanzler werden mit einer
Truppe, die im brutalstmöglichen Vertuschen geübt ist.
Heribert Prantl schreibt in der „SZ“ vom 3. Juli 2002:

Die CDU behauptet, das Urteil, welches das Verwal-
tungsgericht Berlin soeben gegen sie verhängt hat,
widerspreche der gängigen Praxis. Da hat die CDU
Recht. Es war gängige Praxis, dass sich Parteien, die
Kohlunionisten zumal, um die Vorschriften des Par-
teiengesetzes und die Regeln der Parteienfinanzie-
rung nicht geschert haben. Es war gängige Praxis,
dass Spenden gar nicht oder falsch deklariert wurden.
Und es war gängige Praxis, dass die unlauteren Me-
thoden nach einem Skandal nicht abgestellt, sondern
noch ein wenig verfeinert wurden ... Die CDU sagt
von sich, sie sei geläutert. Sie sagt, sie habe ihre Leh-
ren gezogen aus den Gesetzesbrüchen von Kohl und
Co. Die Botschaft hört man wohl. Der Glaube fehlt,
solange die CDU so tut, als seien die vom Gesetz vor-
gesehenen Strafen eine illegale Zumutung.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424809900
Für die
CDU/CSU-Fraktion spricht die Kollegin Dorothea Störr-
Ritter.


Dorothea Störr-Ritter (CDU):
Rede ID: ID1424810000
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hochmut,
Häme und Hohn – so habe ich es als Mitglied und Abge-
ordnete der CDU empfunden und so haben es alle unsere
Mitglieder empfunden – von Rot-Grün haben es nicht ge-
schafft, die Christlich Demokratische Union in ihren
Grundfesten zu erschüttern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie, Herr Ströbele, haben heute hier im Parlament Ihren
letzten Kampf geführt gegen eine bürgerliche Partei, die
Sie immer verachtet haben.


(Susanne Kastner [SPD]: Aber jetzt nicht persönlich diffamieren! Vorsicht!)


Aber ich sage Ihnen: Diesen Kampf haben Sie verloren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Detlev von Larcher [SPD]: Worum geht es denn eigentlich hier?)





Gabriele Fograscher
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(C)



(D)



(A)



(B)


Der große Traum der Linken, die Christlich Demokra-
tische Union zu zerschlagen, ist geplatzt wie eine Seifen-
blase. Nichts ist übrig geblieben außer schmieriger Lauge
und auf der ist die SPD jetzt ausgerutscht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ans Tageslicht kam ein SPD-Wirtschaftsimperium.
Seine trickreiche und steuersparende Gestaltung lassen
das Herz eines jeden Medienmoguls höher schlagen, die
kleinen Genossen fühlen sich aufs Kreuz gelegt.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Sagen Sie doch mal etwas zu Frau Baumeister!)


Wer durfte bisher davon wissen? Noch im Frühjahr 1997
hatte das SPD-Präsidium sämtliche Akten gesperrt, die mit
dem Wirtschaftsbetrieb der Partei zusammenhingen. Die
fraglichen Akten enthielten Informationen, die der SPD
schweren Schaden zufügen könnten, so die Schatzmeiste-
rin, Frau Wettig-Danielmeier, damals als Erklärung hierfür.
Den tatsächlichen Wert der Beteiligungen und Treuhand-
verhältnisse hat die Schatzmeisterin im Untersuchungsaus-
schuss mit circa 750 Millionen DM beziffert. Eine Schät-
zung von 500 Millionen Euro ist realistisch.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Haben wir schwarze Konten gehabt? Haben wir unser Geld im Ausland angelegt? Alles legal, alles ganz normal nach dem Parteiengesetz! Machen Sie aus korrektem Handeln nichts Kriminelles! Das geht so nicht!)


Eine Fehleinschätzung mussten wir korrigieren; das
gebe ich zu. Unter dem Deckmantel, Kapitalismus und
Reichtum für Gleichheit zu bekämpfen, waren und sind
die 68er raffiniertere Kapitalisten, als sich selbst ehren-
werte Sozialdemokraten in ihren kühnsten Träumen vor-
stellen konnten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Stünker [SPD]: Unglaublicher Schwachsinn! – Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Früher haben Sie immer gesagt, wir könnten nicht mit Geld umgehen!)


Deshalb durfte die Öffentlichkeit auch nichts davon wis-
sen. Erst unter Druck sind die Beteiligungen der SPD im
Rechenschaftsbericht 1999 zum ersten Mal aufgeführt
worden.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie verleumden schlichtweg, Frau Kollegin! Sie sind eine Verleumderin, um es ganz konkret zu sagen!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424810100
Einen Au-
genblick, Frau Kollegin.

Wir müssen bei Zurufen darauf achten, dass sie dem par-
lamentarischen Brauch entsprechen. Bei persönlichen An-
griffen wie „Verleumder“ oder „Verleumderin“ ist dies nicht
der Fall. Herr Kollege Tauss, ich muss Sie deswegen rügen.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Und wir müssen uns das alles gefallen lassen?)



Dorothea Störr-Ritter (CDU):
Rede ID: ID1424810200
Ich wiederhole:
Erst unter dem Druck der Öffentlichkeit hat die SPD ihre

Beteiligungen zum ersten Mal im Rechenschaftsbericht
1999 aufgeführt.


(Peter Dreßen [SPD]: Hat sie damit gegen das Gesetz verstoßen?)


Über die jährliche Gewinnabführung in zweistelliger Mil-
lionenhöhe entscheidet die SPD-Schatzmeisterin nach ei-
gener Auskunft allein.


(Jörg Tauss [SPD]: Kommen Sie zurück auf den Boden!)


Sie selbst hält zugleich als Generaltreuhänderin die Fir-
menanteile für den SPD-Vorstand. Frau Wettig-Danielmeier
als Alleinherrscherin über das SPD-Finanzimperium – ein
Schelm, wer das glaubt. Die raffinierten Unternehmens-
konstruktionen der SPD sind grenzenlos, um die wahren
Drahtzieher zu vertuschen.

Die Raffgier der Genossen ist ohne Ende.

(Jörg Tauss [SPD]: Unglaublich!)


Ein unglaublicher Dankeschön-Spendenskandal ist in
Köln ans Tageslicht gekommen. „Jedenfalls wir stückeln
nie bewusst


(Lachen bei der SPD)

und wir sagen nicht: Hier, stückelt mal ein bisschen“, so
die Schatzmeisterin bei ihrer Vernehmung am 30. No-
vember 2000 vor dem Untersuchungsausschuss. „Doch
stetig quellen neue Namen und Beträge aus Kölner
Sumpf“, so die „Frankfurter Rundschau“ am 2. Juli 2002.


(Peter Dreßen [SPD]: Können Sie Frau WettigDanielmeier irgendetwas Ungesetzliches nachweisen?)


– Das wollen Sie alles nicht hören; das ist mir völlig klar. –
Beschuldigte belasten sich gegenseitig immer stärker.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Aber die Stückelung haben Sie doch in Ihrer Partei festgestellt! Das ist doch Quatsch!)


Der Kollege Gilges fühlte sich im Untersuchungsaus-
schuss an stalinistische Methoden erinnert


(Widerspruch bei der SPD)

– das steht im Protokoll –, als er über die Aufklärungsme-
thoden seiner Partei gegenüber den eigenen Leuten ge-
sprochen hat. Herzlichen Glückwunsch zu solchen
Parteifreunden, kann ich nur sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie hat die SPD nach jahrelang praktizierter Spenden-

stückelung und Anstiftung zur Steuerhinterziehung in
Köln,


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt hört es aber auf!)

aufgeschreckt durch die Spendenskandale der CDU im
Jahr 2000, reagiert? Das Vertuschungssystem wurde nicht
etwa aufgegeben. Nein, es wurde – auch das ist protokol-
liert – noch perfektioniert. Verdiente Genossen erhielten
nicht mehr nur eine fingierte Spendenquittung, sondern
sie bekamen das Geld aus dem Geheimtresor bar auf die
Tatze und mussten von ihrem Privatkonto eine Spende in




Dorothea Störr-Ritter

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(C)



(D)



(A)



(B)


derselben Höhe auf das Parteikonto überweisen. Ist das
Einfallsreichtum oder kriminelle Energie? Entscheiden
Sie selbst darüber, meine sehr verehrten Damen und Her-
ren!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Schatzmeisterin tönt: Bei uns wird nie mit Bargeld
umgegangen.

Den Begriff „politische Korruption“ hat Rot-Grün für
die CDU erfunden. Bis heute weiß niemand, was das
heißen soll. Gibt es den Straftatbestand der Korruption, ja
oder nein? Doch den konnte Rot-Grün der Bundesregie-
rung unter Helmut Kohl nicht nachweisen.


(Peter Dreßen [SPD]: Sagen Sie mal was zu Lüthje, Pfahls, Kohl und Kiep!)


Schaut man allerdings nach Köln und Wuppertal, dann
braucht man keine Gehirnakrobatik, um echte Korruption
festzustellen.

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelt gegen den
SPD-Oberbürgermeister Hans Kremendahl wegen Vor-
teilsannahme im Amt. Inzwischen erwägt sie laut neues-
ten Presseinformationen, Anklage gegen den Oberbürger-
meister zu erheben.


(Jörg Tauss [SPD]: Bei euch würde das in Bayern verhindert!)


Der Versuch der Bundes-SPD nach dem Motto „Ich heiße
Wettig-Danielmeier oder Müntefering und weiß von
nichts“, ist kläglich gescheitert.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein ungewöhnlicher Spendenvorgang um eine

100 000-DM-Spende an den Unterbezirk Wuppertal zum
Kommunalwahlkampf 1999 führte zu einer Prüfung vor
Ort durch den Innenrevisor der SPD, Herrn Feldmann.


(Susanne Kastner [SPD]: Wo ist Ihr Geld her? Kohl erzählt immer noch nicht, wo das Geld her ist!)


Herr Feldmann wurde uns als Zeuge im Untersuchungs-
ausschuss im Übrigen vorenthalten: offensichtlich weiß er
mehr als die Schatzmeisterin.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Herr Weyrauch hat auch nichts gesagt!)


Sein Bericht enthüllt folgenden Sachverhalt:

(Susanne Kastner [SPD]: Sagen Sie uns, wo Ihr Geld her ist!)

Nach Aussagen des damaligen Unterbezirksgeschäftsfüh-
rers sollte der Unterbezirk eine bundesligareife Kampa-
gne zur Kommunalwahl mit zugesagten Spenden in Höhe
von 680 000 DM durchführen. Es sei wichtig, dass Hans
Kremendahl Oberbürgermeister bleibe, so der Mitinitia-
tor Clees, Geschäftsführer einer Unternehmensgruppe.

Der Innenrevisor der Partei kam zu folgendem Ergeb-
nis: Der Vorgang der Spendensammlung war ungewöhn-
lich. Im Verfahren hat es handwerkliche Mängel gegeben.
Der zunächst aufgetretene Eindruck eines möglichen Ver-

stoßes gegen Vorschriften des Parteiengesetzes erscheint
ausgeräumt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum hat
der Revisor nicht geschrieben „Der Verdacht ist aus-
geräumt.“? Weil die Schatzmeisterin der Partei dies sehr
wohl bemerkt hat, hat sie, wie sie sagte, „Bauchschmer-
zen“ bekommen.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Haben Sie denn unsere Bewertung gelesen?)


Darin liegt wohl auch der Grund, warum sie diesen Be-
richt dem Untersuchungsausschuss vorenthalten hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Aber das ist für den Umgang des Bundesvorstandes der
Partei mit den Korruptionsaffären beispielhaft.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Sie hätten nur unsere Bewertung lesen müssen! Dann wäre Ihnen alles klar gewesen!)


Die Angaben von Frau Wettig-Danielmeier und Herrn
Müntefering haben sich an mehreren Stellen widerspro-
chen. Es besteht der Verdacht, dass Herr Müntefering ge-
genüber dem Untersuchungsausschuss und der deutschen
Öffentlichkeit nicht mit offenen Karten gespielt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Susanne Kastner [SPD]: Müntefering spielt immer mit offenen Karten!)


Heute noch, – und das ist der größte Skandal – be-
hauptet die Bundes-SPD auf ihrer aktuellen Internetseite:

Bei uns gab und gibt es keine Geheimkonten,

(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Unglaublich!)

wir erfassen und veröffentlichen Spenden lückenlos

(Susanne Kastner [SPD]: Sie sagen nur nicht, woher sie kommen!)

und unsere gesamte Finanzwirtschaft unterliegt ei-
nem dichten Kontrollsystem, das jede Schattenwirt-
schaft unmöglich macht.

(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Peinlich!)

Ich zitiere weiter:

Auch nach diesen Attacken und Unterstellungen
– gemeint ist: der CDU gegen die SPD –

bleibt die CDU die einzige Partei, die grobe Verstöße
gegen das Parteiengesetz zu verantworten hat.


(Volker Neumann [Bramsche] [SPD]: Auf Bundesebene!)


Ich sage Ihnen, werte Genossen: Bei Ihnen geht es so-
gar um Kriminalität.


(Gabriele Fograscher [SPD]: Vorsicht!)

Sie erheben sich heute noch in völlig verlogener Weise
moralisch über andere. Diese Arroganz und Verlogenheit
gehen auf keine Kuhhaut.


(Beifall bei der CDU/CSU)





Dorothea Störr-Ritter
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(C)



(D)



(A)



(B)


Packen Sie ein und schämen Sie sich!

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424810300
Als letzter
Redner in dieser Debatte spricht der Kollege Joachim
Stünker für die Fraktion der SPD.


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1424810400
Herr Präsident! Meine Da-
men und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach
zweieinhalb Jahren Ausschussarbeit und nach dieser De-
batte habe ich gewissermaßen das letzte Wort. Es geht mir
um das, was – auch nach dieser Debatte – bleibt, und ich
stelle noch einmal die Frage nach der politischen Käuf-
lichkeit der Regierung Kohl. Dazu werde ich die Beweise,
die der Ausschuss gesammelt hat, so würdigen, wie ich es
in fast drei Jahrzehnten meiner Tätigkeit als Richter ge-
lernt habe.

Die Schatzmeisterei der CDU hat über die Jahrzehnte
ein Schwarzkontensystem mit Konten im In- und Aus-
land unterhalten, wie man es sonst nur aus dem Bereich
der organisierten Kriminalität oder der Mafia kennt:


(Beifall des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Treuhandanderkonten mit Vor- und Vorvorkonten, denen
zum Teil der wahre wirtschaftlich Berechtigte nicht ein-
mal zu entnehmen war – ein glatter Verstoß gegen das
Geldwäschegesetz –, Konten, die teilweise morgens
eröffnet und abends wieder geschlossen wurden, nach-
dem zuvor Barein- und -auszahlungen erfolgt waren. Die
Frage ist: Warum muss eine Partei ein solches Kontensys-
tem einrichten? Es gibt nur eine ernst zu nehmende Ant-
wort: weil man etwas zu verbergen hat.


(Beifall bei der SPD)

So sind über dieses Kontensystem seit Anfang der

80er-Jahre mindestens 20 Millionen DM Bargeld unbe-
kannter Herkunft in die CDU geflossen und von dieser in
ihrem Rechenschaftsbericht nicht veröffentlicht worden,
allein seit 1989 über 10 Millionen DM. Das ist das, was
belegt ist. Nach dem, was wir wissen, sind Beträge bis zu
40 Millionen DM wahrscheinlicher. All dieses Geld ist
dort versteckt worden.

Dann folgt die nächste Frage: Warum sollte oder
musste die Herkunft dieses Geldes überhaupt verschleiert
werden? In drei Fällen konnte der Ausschuss Antworten
geben, weil wir zur Herkunft des Geldes jeweils einen Zu-
sammenhang mit politischem Handeln der Regierung
Kohl feststellen konnten.

Im Jahre 1991 floss 1 Million DM aus dem Schmier-
geldtopf der Firma Thyssen im Zusammenhang mit dem
Panzergeschäft mit Saudi-Arabien direkt in das Schwarz-
kontensystem der CDU. Die Bundesrepublik Deutschland
hatte der Firma Thyssen zuvor großzügigerweise wegen
deren Lieferschwierigkeiten Panzer aus Bundeswehrbe-
ständen zur Verfügung gestellt.

Im Jahre 1994 waren es die berühmten 100 000 DM
von Herrn Schreiber an Herrn Schäuble, die schlussend-
lich ebenfalls in diesem Schwarzkontensystem gelandet

sind. Die Bundesregierung, Herr Schäuble und andere ha-
ben sich in Zusammenhang mit Bear Head für die Firma
Thyssen eingesetzt.

Im Jahre 1998 gab es die 5,9-Millionen-DM-Spende
der Eheleute Ehlerding, die ebenfalls auf einem der er-
wähnten Schwarzgeldkonten landete.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Die Bundesregierung hatte wenige Wochen zuvor beim
Verkauf der Eisenbahnerwohnungen der von Ehlerding
beherrschten Bietergruppe den Zuschlag erteilt, obwohl
ein besseres, über 1 Milliarde DM höheres Angebot einer
anderen Bietergruppe vorlag. Bei Zahlung der Spende
war das Geschäft noch nicht einmal rechtlich abge-
wickelt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Es musste noch eine Fülle weiterer Hürden überwunden
werden.

Sollten dies alles wirklich Zufälle gewesen sein? Wem
wollen Sie das eigentlich erzählen?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Reine Unschuld!)


Oder wird hier nicht vielmehr ein bestimmtes System
deutlich? Wüssten wir, wo die übrigen Millionen herge-
kommen sind, würden weitere Zusammenhänge deutlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Allein aus diesem Grund, weil keine Zusammenhänge

hergestellt werden dürfen, gibt es das berühmte Ehren-
wort des ehemaligen Bundeskanzlers. Es gab keine Spen-
der, es gibt nur weitere schwarze Kassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


An den drei Beispielen, die ich Ihnen genannt habe, ist
deutlich geworden, dass immer dann, wenn seitens der
Regierung Kohl für Konzerne nützliche Entscheidungen
getroffen worden waren oder nützliches Handeln erfolgt
war, wie selbstverständlich zu einem späteren Zeitpunkt
gezahlt worden ist, und zwar so, dass Papierspuren gar
nicht erst entstehen konnten oder aber verwischt wurden.


(Jörg Tauss [SPD]: Reiner Zufall!)

Natürlich wird sich strafrechtlich das Merkmal der so

genannten Unrechtsvereinbarung für die Tatbestände
der Vorteilsnahme und der Bestechlichkeit niemals
nachweisen lassen, das ist richtig. Das Geld wird selbst-
verständlich immer zeitlich versetzt zu dem konkreten
Regierungshandeln bzw. der Entscheidung gezahlt.
Man wäre ja auch zu blöd, würde man es anders ma-
chen. Aber es wird gezahlt und es wird immer an die
CDU gezahlt. Diese versteckt ihr Geld immer auf
schwarzen Konten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Komisch!)





Dorothea Störr-Ritter

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(C)



(D)



(A)



(B)


Damit besteht für mich der dringende Verdacht der poli-
tischen Käuflichkeit. Es ist auf jeden Fall politische Kor-
ruption.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie sel-
ber haben es in der Hand, diesen Verdacht der Käuflich-
keit zu entkräften. Betreiben Sie Aufklärung! Aber Herr
Schäuble, Frau Merkel und Herr Merz haben bis zum heu-
tigen Tag genau das Gegenteil getan und scheinen es wei-
ter tun zu wollen. Nur Sie können nämlich das Kartell des
Schweigens der Herren Kohl, Kiep, Weyrauch, Terlinden
und Lüthje brechen. Frau Merkel, leiten Sie endlich die
notwendigen zivilrechtlichen Schritte gegen diese Herr-
schaften ein, damit die entsprechenden Aussagen auf den
Tisch kommen!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie werden damit der deutschen Demokratie einen Dienst
erweisen. Die deutsche Öffentlichkeit hat einen Anspruch
auf die ganze Wahrheit.


(Beifall des Abg. Detlev von Larcher [SPD] – Jörg Tauss [SPD]: Das hat ihr Kohl doch verboten!)


Aber genau das wollen Sie offensichtlich verhindern.
Nur so ist die Arbeit der CDU-Mitglieder im Untersu-
chungsausschuss zu verstehen. Denn immer dann, wenn
es um diese Themen ging, hatten Sie ein unsichtbares
Pflaster vor dem Mund. Da waren Sie still.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Still?)


In Ihrem Minderheitenvotum in einem Umfang von im-
merhin 144 Seiten widmen Sie ganze acht Seiten den The-
men Spürpanzer, Eisenbahnerwohnungen und Bear Head.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne eigene Stellungnahme!)


Das beweist, dass Sie die Wahrheit bezüglich dieser Vor-
gänge scheuen. Sie wollen gar nicht hinschauen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dann machen Sie etwas, was schon genannt worden ist
und was ich geradezu abscheulich finde. Sie bauen ein
neues Szenario auf, indem Sie versuchen, Burkhard
Hirsch zu kriminalisieren. Dann aber haben Sie noch nicht
einmal die Courage, Strafanzeige gegen ihn zu erstatten.
Was Sie da machen, ist unanständig.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Im Sinne einer Beweiswürdigung lässt auch dieses
Verhalten nur einen einzigen Schluss zu: Kollege
Schmidt, Sie wissen, dass Sie etwas zu verbergen haben,
was die deutsche Öffentlichkeit nicht wissen soll.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Ich habe etwas zu verbergen?)


Herr Präsident, vorhin sind die Redezeiten überzogen
worden, sodass ich hoffe, meinen letzten Gedanken viel-

leicht noch zu Ende bringen zu dürfen, weil er mir wich-
tig ist:


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Jetzt sprechen Sie einmal zu Köln und Wuppertal!)


Ich habe jetzt über zweieinhalb Jahre die Arbeit im Aus-
schuss sehr gründlich beobachtet und auch die heutige
Debatte eigentlich mit relativ viel Ruhe verfolgt. Dabei ist
mir etwas Erschreckendes deutlich geworden, meine Da-
men und Herren der Opposition, der CDU/CSU – dies
muss ich Ihnen zum Ende der heutigen Debatte noch sa-
gen –: Sie als Partei, die sich in unserem Lande bei jeder
Gelegenheit als die für Recht und Ordnung eintretende
Partei darstellt, legen für sich selber andere Maßstäbe an.
Für Sie gilt nicht der gleiche Maßstab.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Das müssen ausgerechnet Sie sagen! Unglaublich!)


Da unterschreibt ein Bundeskanzler Kohl mit der rech-
ten Hand ein neues Parteiengesetz und nimmt gleichzei-
tig mit der linken Hand in gesetzwidriger Weise Spenden
an. Über Jahrzehnte hinweg bis in diese Tage hinein ver-
stößt er gegen das Transparenzgebot aus Art. 21 des
Grundgesetzes, indem er die Herkunft der von ihm ver-
einnahmten Gelder nicht nennt.

Ihr ehemaliger Schatzmeister Leisler Kiep hat vor dem
Untersuchungsausschuss eindeutig die Unwahrheit ge-
sagt und Herr Schäuble hat das Parlament und die Öffent-
lichkeit im Zusammenhang mit den Schreiber-Spenden
belogen. Das alles hatte bis heute keinerlei innerparteili-
che Folgen bei Ihnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Horst Kubatschka [SPD]: Das ist das Problem!)


Im Gegenteil: Herr Kohl ist heute wieder wohlgelittener
Wahlkämpfer für Sie und Herr Schäuble ist im so ge-
nannten Kompetenzteam von Herrn Stoiber und damit
wohl auch ministrabel. Das heißt, Sie sitzen auch heute
immer noch in der Kohl-Falle.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Ich frage mich, wie Sie das den Bürgerinnen und Bür-

gern in diesem Lande, von denen wir alle – wie auch von
uns selber – zu Recht jeden Tag im Leben Rechtstreue ver-
langen, erklären wollen. Es ist für mich beklemmend. Ich
habe das Verhalten der Union in diesen zweieinhalb Jah-
ren sehr genau beobachtet. Herr Schmidt, ich glaube, ich
habe den nötigen Abstand behalten.

Sie handeln nach der Methode: Recht ist das, was der
CDU nützt. Das wiederum bedeutet, dass Sie sich als Par-
tei letztendlich mit dem Staat gleichsetzen. Damit legen
Sie, wie ich meine, die Axt an die Wurzel der Demokra-
tie. Aus diesem Grunde werden Ihnen die Wählerinnen
und Wähler am 22. September nicht die Möglichkeit ge-
ben, dieses Land wieder zu regieren; denn das wäre zum
Schaden dieses Landes.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Das entscheiden Sie nicht!)





Joachim Stünker
25130


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424810500
Ich schließe
die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussemp-
fehlung des 1. Untersuchungsausschusses auf Drucksache
14/9300.

Dazu liegt eine persönliche schriftliche Erklärung der
Kollegin Brigitte Baumeister nach § 31 vor.1)

Der Ausschuss empfiehlt, den Bericht zur Kenntnis zu
nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist einstimmig angenommen.

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 6 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(23. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang
Gerhardt, Dr. Günter Rexrodt, Dr. Edzard
Schmidt-Jortzig, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert
Lammert, Dirk Fischer (Hamburg), Dr.-Ing.
Dietmar Kansy, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses

– zu dem Antrag des Abgeordneten Dr. Norbert
Lammert, Bernd Neumann (Bremen),
Dr. Sabine Bergmann-Pohl, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der CDU/CSU
Historische Mitte Berlin

– zu dem Antrag der Abgeordneten Eckhardt
Barthel (Berlin), Hans-Werner Bertl, Monika
Griefahn, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska
Eichstädt-Bohlig, Kerstin Müller (Köln), Rezzo
Schlauch und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Empfehlungen der Internationalen Experten-
kommission „Historische Mitte Berlin“

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Günter
Rexrodt, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der FDP
Wiederherstellung der Historischen Mitte
Berlin

– zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Pau,
Dr. Heinrich Fink, Roland Claus und der Frak-
tion der PDS
Arbeitsweise der Expertenkommission His-
torische Mitte

– zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Pau,
Dr. Christa Luft, Dr. Heinrich Fink, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der PDS

Die Mitte der Spreeinsel als offenes Bürgerfo-
rum gestalten – Empfehlungen der Experten-
kommission öffentlich diskutieren

– Drucksachen 14/1752, 14/3673, 14/9023,
14/9222, 14/9243, 14/4402, 14/9244, 14/9660 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Eckhardt Barthel (Berlin)

Dr. Norbert Lammert
Antje Vollmer
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Dr. Heinrich Fink

Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der PDS vor,
über den wir später namentlich abstimmen werden.

Bevor wir mit den Beratungen beginnen, bitte ich um
Ihre Aufmerksamkeit für einige Hinweise zu den Abstim-
mungen. Der Ausschuss für Kultur und Medien empfiehlt
in seiner Beschlussempfehlung unter anderem, eine Ent-
scheidung des Plenums über zwei Alternativen zur Ge-
staltung der Historischen Mitte Berlins herbeizuführen.
Es ist vereinbart, über die beiden Alternativen in modifi-
zierter Anwendung des Verfahrens nach § 50 der Ge-
schäftsordnung wie folgt abzustimmen: Falls keine der
Alternativen schon im ersten Abstimmungsgang die er-
forderliche Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält,
wird über die Alternative mit der höheren Stimmenzahl in
einem zweiten Abstimmungsgang entschieden. Diese Ab-
stimmungen erfolgen namentlich.

Besondere Stimmzettel werden rechtzeitig ausgege-
ben. Für jede Abstimmung benötigen Sie jeweils einen
weißen Stimmausweis. Diese entnehmen Sie bitte Ihrem
Stimmkartenfach in der Lobby. Nähere Hinweise zu den
Einzelheiten des Abstimmungsverfahrens erhalten Sie
nochmals unmittelbar vor der Abstimmung.

Sind Sie mit dem geschilderten Verfahren einverstan-
den? –


(Susanne Kastner [SPD]: Wir haben es verstanden, Herr Präsident!)


Das ist der Fall; selbst der Präsident nickt wohlwollend.
Da es mit der erforderlichen Mehrheit so beschlossen
wurde, werden wir so verfahren.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Das Haus ist damit
einverstanden. Also ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe für die SPD-Frak-
tion zunächst dem Kollegen Eckhardt Barthel das Wort.


Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1424810600
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag
ist es dem Kulturausschuss gelungen, aus einer Vielzahl
von Anträgen zum selben Thema eine abstimmungsfähige
Vorlage zu präsentieren, in der deutlich wird, was Kon-
sens ist und welche Alternativen möglich sind. Ich er-
wähne das am Ende der Legislaturperiode, weil dieses ein
Beispiel dafür ist, wie konstruktiv und ergebnisorientiert
im Kulturausschuss gearbeitet wurde.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)







(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 3

Es ist ein neuer Ausschuss, den diese Koalition eingesetzt
hat. Ich glaube, keiner kommt mehr auf den Gedanken,
diesen Ausschuss ebenso wie das Amt des Staatsministers
für Kultur und Medien wieder infrage zu stellen. Ich ver-
rate noch ein kleines Geheimnis: Wir werden ihn auch
nach dem 22. September stellen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS – Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Wir werden mal sehen, ob wir ihn übernehmen!)


Jetzt zum Antrag. Ich habe am Anfang gesagt: Dieser
Antrag enthält einen Konsensteil und einen Alternativteil.
Ich meine, wir sollten nicht nur über die Alternativen reden,
sondern auch den Konsens in diesem Antrag darstellen.

Wir alle sind uns der Bedeutung dieses Areals, über das
wir reden, bewusst, das nicht zu Unrecht als hauptstädti-
sches und republikanisches Zentrum unseres Landes be-
zeichnet wird.


(Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Republikanisch nicht!)


Wir sind uns wohl auch darüber einig, dass der jetzige Zu-
stand, die Brache, kein Dauerzustand sein kann und sein
darf. Trotzdem sollten wir uns – das ist nach der langen
Diskussion verständlich – davor hüten, jetzt etwas übers
Knie zu brechen. Ich möchte Ihnen die Forderung, die uns
der Präsident der Akademie der Künste, Herr György
Konrad, zukommen ließ, gerne vorlesen. Er schreibt:

Lassen Sie sich nicht von einer Stimmung hinreißen,
die auf Biegen und Brechen entscheiden und handeln
will, und hören Sie auf den Rat der Künstler, die wis-
sen, dass gute Werke reifen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dies sollten wir nicht ganz vom Tisch wischen, obwohl
ich natürlich der Meinung bin: Zeitnahe Entscheidungen
sind zweifelsohne nötig.

Nach zwölfjähriger Diskussion und nachdem nun
keine neuen Argumente mehr zu erwarten sind

(Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Allerdings! – Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Sehr richtig!)

– Sie werden auch von mir keine neuen Argumente hören;
auch von Ihnen erwarte ich keine, es sei denn, Sie kramen
die alten wieder hervor; darauf kann jedenfalls ich ver-
zichten –, ist es der Internationalen Expertenkommission
Historische Mitte zu verdanken, dass wir für die Entschei-
dung über den weiteren Fortgang eine tragbare Grundlage
erhalten haben, ohne dass wir jedes Komma übernehmen
müssen, was die Kommission auch nicht erwartet.

Der erste Punkt betrifft die Nutzung des Gebäudes:
außereuropäische Sammlung, wissenschaftliche Samm-
lung der Humboldt-Universität, Bücherei, Agora. Wichtig
ist mir dabei, dass diese Institutionen nicht nebeneinander
stehen, sondern dass man versucht, eine Integration die-
ser Institutionen zustande zu bringen. Übrigens war ich
auch ziemlich beeindruckt von einem Vorschlag, den neu-
lich Volker Hassemer in der Zeitung gemacht hat. Ausge-
hend von dem Dahlemer Museum könne auch ein Ort des

internationalen Kulturaustausches entstehen. Ich glaube,
dass in der Frage der Nutzung durchaus noch Bewe-
gungsspielraum vorhanden ist.

Ein zweiter Punkt. Die Zustimmung der Kommission
bezieht sich darauf, bei der Neugestaltung auf den histo-
rischen Stadtgrundriss zurückzugreifen und sich bei der
Bebauung des Schlossplatzes an der Stereometrie des ehe-
maligen Schlosses zu orientieren. Dies ermöglicht in Be-
zug auf den Lustgarten und das Staatsratsgebäude eine
klare Gliederung des Stadtraums. Ich weiß allerdings
auch – das sage ich sehr deutlich –, dass viele darüber
nicht sehr glücklich sind, weil dadurch interessante Ent-
würfe, zum Beispiel der von Schultes, nicht mehr mach-
bar sind. Dies muss man sehen.

Ich möchte einen dritten Punkt in unserem Antrag nen-
nen. Er betrifft die vorgeschlagene privat-öffentliche
Finanzierung. Sie ist richtig. Die Ehrlichkeit verlangt, zu
betonen, dass das Projekt in dieser angedeuteten Form
ohne öffentliche Mittel nicht zu haben ist.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben ja genug!)


Die Finanzierung wird uns vermutlich noch eine ganze
Zeit beschäftigen. Dies sage ich auch mit Blick auf Ber-
lin, das aufgrund seiner katastrophalen Haushaltslage
wohl kaum in der Lage ist, als Finanzier aufzutreten.


(Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Strieder hat das Geld schon in der Tasche! – Gegenruf des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Strieder holt das Geld hier ab!)


Es ist deshalb richtig, dass wir mit unserem Antrag die
Bundesregierung auffordern, die Finanzierungsvor-
schläge der Kommission zu überprüfen. Wenn vorge-
schlagen wird, eine Ausfallbürgschaft zu gewähren, muss
ich gestehen, dass bei mir als Berliner Abgeordnetem ein
paar rote Lampen angehen. Aber das liegt vielleicht an
meiner persönlichen Betroffenheit als jemand, der aus
diesem Bundesland kommt.

So viel zu den Punkten, über die Konsens besteht.
Lassen Sie mich nun auf die Gestaltungsalternativen

zu sprechen kommen. Ich bin übrigens sehr froh – das
möchte ich betonen –, dass wir über die Frage der Gestal-
tung des Berliner Stadtschlosses ohne Fraktionszwang ab-
stimmen. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass man
nach einem Parteibuch über eine Gestaltungsfrage ab-
stimmen kann.


(Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Schließlich sind die Diskussionen über dieses Thema in
den Freundeskreisen bis in die Familien hinein mit Pro
und Kontra geführt worden. Ich weiß nicht, wie es Ihnen
geht, aber ich weiß, wovon ich spreche.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


In der Öffentlichkeit werden diese Alternativen häufig
auf die Frage „Wiederaufbau des Berliner Stadtschlos-
ses – ja oder nein“ reduziert. Wie ich inzwischen erfahren




Eckhardt Barthel (Berlin)

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(C)



(D)



(A)



(B)


habe, meinen auch viele Kollegen und Kolleginnen, dies
sei die Alternative, vor der wir heute stehen. Diese Alter-
native steht aber heute nicht zur Abstimmung. Die Alter-
native lautet vielmehr – ich möchte das noch einmal be-
tonen, weil ich gehört habe, dass es in einer Fraktion neue
Überlegungen gebe –: Nur der von der Kommission ge-
machte Vorschlag, das heißt Neubau mit drei barocken
Fassaden und dem Schlüterhof, wird realisiert; jede an-
dere Gestaltungsidee ist ausgeschlossen. Dabei handelt es
sich um die Alternative A.

Die Alternative B lautet: Bei dem auszuschreibenden
Wettbewerb ist nicht nur der Kommissionsvorschlag zu
realisieren, sondern auch zeitgenössische Architektur
kann sich am Wettbewerb beteiligen. Aufgrund der dann
vorliegenden Ideen und Entwürfe können wir sicherlich
sachgerechter entscheiden.

Bei der Alternative B, für die ich, soweit mir das mög-
lich ist, leidenschaftlich plädiere


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Na, na!)


– ja, Herr Otto, für die ich leidenschaftlich plädiere –, geht
es lediglich um die Öffnung des Wettbewerbs und eben
nicht um eine vorher getroffene Festlegung auf ein be-
stimmtes Modell.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen werde ich mich auch nicht gegen eine Teil-
rekonstruktion aussprechen, sondern der Logik der Alter-
native B folgen. Die Begründung für die Öffnung des
Wettbewerbs lautet schlicht und einfach: Neben dem His-
torischen muss an diesem bedeutsamen Ort auch die Ge-
genwart eine Chance erhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dies wurde übrigens auch sehr lange als richtig empfun-
den. Ich erinnere mich noch, dass es einmal in Berlin ei-
nen Regierenden Bürgermeister namens Diepgen gab, der
damals dafür plädiert hat, dass sich Schlüter am Wettbe-
werb beteiligen dürfe.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


In diesem Vorschlag ist nämlich genau die in der Alterna-
tive B vorgesehene Breite enthalten,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das war vor vielen Jahren!)


aber er hat ihn dann nicht mehr als opportun empfunden
und ist leider Gottes wieder von diesem Pfad der Tugend
abgewichen.


(Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Habt ihr ihm die Ausschreibungsunterlagen zugestellt?)


Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch ei-
nige Worte zu einer Einschätzung. Die Debatte über die so
genannte Schlossfrage ist teilweise mit fundamentalisti-
schen Zügen geführt worden. Ich möchte deutlich erklä-
ren – und damit vielleicht ein bisschen zur Versachlichung
beitragen –, dass ich den Schlossbefürwortern im Hause

keineswegs eine verklärende Sehnsucht nach wilhelmini-
schen Zeiten oder Ähnliches unterstelle.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)


– Lassen Sie mich das einmal feststellen, liebe Antje
Vollmer; es gehört in diesem Zusammenhang auch da-
zu. – Ich meine auch nicht, dass bei den Schlossbefür-
wortern eine generelle Ablehnung der Moderne festzu-
stellen ist, obwohl ich mir nicht bei allen ganz sicher bin.

Gehen Sie umgekehrt davon aus, meine Damen und
Herren, dass auch wir, die für die Öffnung des Wettbe-
werbs eintreten, uns nicht gegen eine Rekonstruktion stel-
len. Die Frauenkirche in Dresden zum Beispiel ist her-
vorragend rekonstruiert worden. Sie ist aber mit dem, was
in Berlin vorgesehen ist, nicht zu vergleichen, wenn ich
das einmal so verkürzt sagen darf.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Die Dresdner haben eine ganze Kirche bekommen. Was
aber hier zurzeit geplant ist, ist: Berlin soll ein bisschen
Schloss bekommen. Darin liegt der Unterschied.

Ich bin bei der Vorbereitung dieser Rede auf eine Äuße-
rung von Alfred Döblin gestoßen. Er hat Berlin als „stets
im Werden, niemals fertig“ beschrieben. Berlin gilt auch
heute sicherlich zu Recht als eine dynamische, kreative
und zukunftsorientierte Stadt. Muss sich denn so etwas an
einer so wichtigen Stelle nicht auch architektonisch aus-
drücken? Das ist der Grund, weshalb ich meine, die Idee
der zukunftsorientierten Form müsste eine Chance gegen-
über historischen Bauten in einem Wettbewerb haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es sind einige Argumente gefallen, die gegen unsere

Position sprechen. Ich will sie kurz nennen. Das erste ist
die Aussage – die sich auch in der Alternative A wieder-
findet –, mit einer Teilrekonstruktion ließen sich private
Gelder besser einbringen.


(Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Das ist so!)

Diese Aussage ist richtig. Aber sie ist auch nachdenkens-
wert, Herr Rexrodt. Ich möchte es etwas zuspitzen: Wenn
wir moderne Architektur oder auch nur alternative Modelle
deshalb ausgrenzen, weil sie möglicherweise kein Geld
bringen – und das an einer Stelle, wo für die Zukunft gebaut
wird – habe ich mit diesem Argument große Probleme.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Ein Argument unter vielen!)


– Ja, aber ich darf es aufnehmen. Es steht im Antrag, lie-
ber Herr Rexrodt. Deswegen muss man zu diesem Argu-
ment auch Stellung nehmen.

Es ist zu Recht gesagt worden, dass wir schon sehr
lange über dieses Thema diskutieren. Aber wir haben jetzt
durch diese Kommission zum ersten Mal richtige Rah-
menbedingungen vorgelegt bekommen, nämlich die Ste-
reometrie – früher war alles offen –, und wir haben jetzt
etwas gemacht, was viele schon am Anfang gefordert ha-
ben: Ehe wir über die Gestaltung reden, sollten wir erst
einmal über den Inhalt, über die Nutzung reden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





Eckhardt Barthel (Berlin)


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(C)



(D)



(A)



(B)


Dies ist jetzt gegeben. Insofern haben wir eine andere,
eine neue Ausgangslage.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424810700
Herr Kol-
lege Barthel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kolle-
gen Vaatz? – Bitte.


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1424810800
Herr Kollege Barthel, Sie
haben einen Vergleich zwischen der Dresdner Frauenkir-
che und dem Berliner Stadtschloss angestellt. Darf ich
diesem Vergleich entnehmen, dass Sie auch beim Aufbau
des Berliner Stadtschlosses eine hundertprozentige pri-
vate Finanzierung, wie sie im Fall der Frauenkirche in
Dresden gegeben ist, ins Auge fassen?


Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1424810900
Nein. Wenn Sie zu-
gehört hätten, hätten Sie feststellen können, dass ich vor-
hin, wie es auch im Antrag steht, von einer privat-öffent-
lichen Finanzierung gesprochen habe. Ich habe sogar
noch ergänzt: Ohne öffentliche Mittel wird dieses Projekt
sicher nicht zu verwirklichen sein.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ab-
schluss an die Adresse der Befürworter einer Teilrekon-
struktion sagen: Es gibt dafür auch Argumente. Diese
werde ich jetzt nicht vortragen; das werden sicher andere
tun. Diese Teilrekonstruktion wird durch die Alternative
B nicht ausgeschlossen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja das Schlimme!)


– Das ist für einige das Schlimme, Herr Ströbele.
Ich sage Ihnen etwas für die Abstimmung. Wer keine

Teilrekonstruktion haben möchte oder sie generell aus-
schließt,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Schloss!)


der hat überhaupt nur eine Chance, in einen Wettbewerb
mit Alternativen zu kommen, wenn er für B stimmt.
Alles andere unterstützt die Position A, lieber Herr
Ströbele.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dieser Entscheidung müssen Sie sich bewusst sein. Wie
gesagt, es gibt auch dafür Argumente.

Wir haben in den letzten Tagen noch viele Briefe be-
kommen. Nicht alle waren sehr freundlich und sehr schön.
Nur aus einem Brief möchte ich abschließend eine Forde-
rung zitieren. Diese Forderung ist von mehreren gekom-
men. Dieser Brief endet mit dem Aufruf an den Bundes-
tag: Geben Sie Ideenfreiheit!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, das ist der Kern dessen, was wir unter B vor-
haben.

Ich bitte Sie, diese Ideenfreiheit zu geben und sich des-
halb für die Alternative B zu entscheiden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424811000
Der Kollege
Dr. Dietmar Kansy spricht für die Fraktion der
CDU/CSU.


Dr.-Ing. Dietmar Kansy (CDU):
Rede ID: ID1424811100
Herr Präsi-
dent! Heute spreche ich bedauerlicherweise nicht für die
Fraktion der CDU/CSU, sondern für mich.

Ich will es gleich sagen, lieber Kollege Barthel: Ich
spreche auch mit der mir möglichen Leidenschaft,
allerdings für die Alternative A.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich respektiere die Art, wie Sie für Ihre Alternative ge-

worben haben; denn wir haben bis in die letzten Stunden
hinein Briefe bekommen, in denen keineswegs der Res-
pekt vor anderen Meinungen bekundet worden ist, son-
dern die teils hochnäsig und mit einem Unfehlbarkeitsan-
spruch geschrieben wurden, dass man sich wirklich nur
wundern kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Natürlich hat diese Debatte viele Aspekte: politische,

historische, stadtgeschichtliche, kulturelle, finanzielle.
Ich möchte mich in meinem Beitrag nur zu den architek-
tonischen und städtebaulichen einlassen.

Ich möchte ein Schreiben unseres ehemaligen Kolle-
gen Peter Conradi ansprechen, der heute Präsident der
Bundesarchitektenkammer ist. Er war übrigens Mitglied
der Schlosskommission und hat in diesem Gremium keine
Mehrheit für seine Meinung gefunden. Er hat heute einen
Brief geschrieben, der mit „Gestaltungsdiktat“ über-
schrieben ist. Ich möchte wissen – wir alle kennen unse-
ren alten Kollegen Peter Conradi –, was er gesagt hätte,
wenn seine Meinung in der Schlosskommission mehr-
heitsfähig gewesen wäre und wir in ähnlicher Weise wie
er jetzt reagiert hätten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rolle ist wirklich merkwürdig!)


Wie sehen die wesentlichen Argumente aus, die in den
Briefen der Bundesarchitektenkammer und der Landesar-
chitektenkammern enthalten sind? Es wird gesagt, Berlin
brauche zeitgenössische Architektur. Das ist richtig.
Junge Architektinnen und Architekten bräuchten Chan-
cen. Die haben sie in Berlin.

Aber wir haben heute abzuwägen, ob es in Berlin so
wenig moderne Architektur gibt, dass wir die Chance ver-
spielen dürfen, die entsetzlich klaffende städtebauliche
Wunde im Herzen Berlins mit historischen Fassaden zu
schließen. Spätestens seit der 2. Internationalen Bauaus-
stellung ist Berlin zum Zentrum des Architekturtourismus
geworden. In den letzten Jahren sind Libeskind, Zumthor,
Eisenman, Pei, Piano, Jahn – und wie sie alle heißen – da-




Eckhardt Barthel (Berlin)

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(C)



(D)



(A)



(B)


zugekommen. Warum sollte man nicht auch Foster,
Schultes und Braunfels, die der Bundestag selber beauf-
tragt hat, dazuzählen? Ich erinnere auch an den Berliner
Architekturstreit zwischen Kollhoff und Kleihues auf der
einen Seite und Gary und Behnisch auf der anderen Seite.
Die Stadt Berlin hat also eine lebendige Architektur. Sie
braucht in der Schlossfrage keinen Nachhilfeunterricht.
Man darf die Entscheidung über das Schloss nicht zum
Vehikel für die moderne Architektur dieser Stadt machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich empfehle Ihnen – das ist natürlich vor der Abstim-
mung nicht mehr möglich –, einmal in die Ausstellung im
Spreespeicher zu gehen und sich anzuschauen, was vom hi-
storischen Berlin übrig geblieben ist. Sie werden feststellen,
dass gerade einmal 10 Prozent des historischen Berlins nach
dem Zweiten Weltkrieg übrig geblieben sind. Keine andere
deutsche oder europäische Stadt ist so zerstört worden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum wohl, Herr Kollege?)


– Diese Frage beantworte ich Ihnen gern. Diese Stadt ist
durch zwei Diktaturen,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, weil wir den Krieg angefangen haben! Deshalb ist das so!)


durch die Royal Airforce und dadurch, dass es im Nach-
kriegsberlin teilweise eine unsinnige Stadtplanung gege-
ben hat, zerstört worden. Auch das gehört zur jetzigen
Diskussion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Bereich westlich der Spreeinsel – das sei mit Res-
pekt in Richtung der ehemaligen DDR gesagt – gibt es
hervorragende Rekonstruktionen, zu denen manche Tu-
gendwächter sagen, dass sie aussähen, als ob sie von Walt
Disney gebaut worden wären. Das Forum Friedericia-
num, der Gendarmenmarkt, die Neue Wache, das Alte
Museum, das Gorki-Theater, der Bereich der ehemaligen
Singakademie und vieles andere mehr sind dort wieder
entstanden. Der Versuch, den Herr von Boddien vor eini-
gen Jahren unternommen hat, hat doch gezeigt, dass man
noch nicht einmal das Grundstudium der Architektur ab-
geschlossen haben muss, um zu erkennen, dass der Mitte
Berlins das Herz fehlt. Wenn man es baut, dann muss man
es – zumindest in Richtung Westen – an das barocke und
klassizistische Berlin anlehnen. Man darf hier keine mo-
derne Architektur fordern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen ist die Behauptung, man schließe junge Ar-
chitektinnen und Architekten aus, einfach unkorrekt. Ich
hätte beinahe ein anderes Wort gesagt. Ich habe es nicht
getan, weil ich niemanden verletzen will.

Natürlich bedeutet auch die Entscheidung für die Al-
ternativeA, dass dann die Diskussion verstummen muss.
Es ist jetzt Zeit zu sprechen. Wer noch immer von Hüft-

schüssen spricht, der hat vergessen, was in den letzten
zwölf Jahren geschehen ist. Ich selber war für den Deut-
schen Bundestag Preisrichter in dem so genannten Spree-
inselwettbewerb. Es gab über 1 000 Versuche, diesen Be-
reich neu zu definieren. Es ist in den letzten zwölf Jahren
nichts Besseres als die Anlehnung an das barocke und
klassizistische Berlin – zumindest in Richtung Westen der
Stadt – herausgekommen. Mit Westen meine ich natürlich
nicht das ehemalige Westberlin. Das Modell A – manche
verschweigen das – eröffnet auch Optionen in Richtung
Osten, wo die Berliner Altstadt wegradiert worden ist, und
bietet Möglichkeiten, das Gebäude sowohl außen wie
auch innen zu gestalten.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nichts als Täuschung!)


– Herr Ströbele, über die endgültige Gestaltung soll doch
erst noch in einem Wettbewerb entschieden werden, der
sicherlich viele neue Ideen zutage fördern wird.

Zum Schluss sage ich Ihnen noch eines: Wir haben drei
Jahre lang darüber gestritten, ob wir hier eine Kuppel ha-
ben wollen. Zum großen Teil waren es dieselben Leute wie
zurzeit, die sich dagegen gewandt haben. Der versammelte
Fachverstand – oder der, der glaubte, es zu sein – und de-
ren Zeitungen haben uns beschimpft. Dann kam die
Stunde, als Bauherr über Demokratie zu entscheiden. Da-
raus ist etwas Vernünftiges geworden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Kolleginnen und Kollegen, ich werbe dafür,
dass wir das jetzt auch beim Stadtschloss so machen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424811200
Es spricht
die Kollegin Dr. Antje Vollmer, Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424811300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch
mich erinnert in dieser Debatte manches an die Diskus-
sion um die Kuppel und um die Frage „Berlin oder Bonn“.
Ich spreche für die Alternative A.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


– Erst mal zuhören!
Mit am wichtigsten in dieser Debatte ist, dass wir jetzt

hoffentlich wirklich frei entscheiden können. Man hatte
manchmal den Eindruck, als ob man sofort verdächtigt
wird, ein Nostalgiker, ein Anhänger des preußischen Mi-
litarismus, des wilhelminischen Kitsches oder eines
Kitschschlosses zu sein,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Monarchist! – Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Oder der Ideenfreiheit!)





Dr.-Ing. Dietmar Kansy

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(C)



(D)



(A)



(B)


wenn man es wagte, an die Möglichkeit einer Rekon-
struktion des alten Schlosses zu denken. Ich begrüße, dass
das weggefallen ist und dass wir wirklich frei sind zu
wählen.

Es gibt keine naturgegebene Identität und auch keine
naturgegebene Differenz zwischen architektonischen
Baustilen und der Demokratie. Missbrauch, auch Miss-
brauch von politischer Macht, kann in jeder ästhetischen
Form von Architektur passieren. Das heißt, es gibt nicht,
wie oft suggeriert worden ist, einen direkten Zusammen-
hang zwischen dem Baustil der Moderne und der Demo-
kratie. Demokratie kann in jedem Gebäude stattfinden. So
passiert es auch in vielen Demokratien unserer europä-
ischen Nachbarn.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In der Kunst gilt, was gut ist. In der Kunst gilt, was Qua-

lität ist. Das Berliner Schloss war allererste Qualität. Die
Baumeister Schlüter, Eosander und später Erdmannsdorff
waren allererste Baumeister ihrer Zeit. Wir hängen also
keinem nostalgischen Bild an, wenn wir uns für den Wie-
deraufbau einsetzen, sondern wir versuchen, etwas zu re-
konstruieren, was von ganz großer Bedeutung war.


(Beifall des Abg. Werner Schulz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Man begreift das sehr schnell, wenn man sich den
Stadtraum an dieser Stelle von oben anguckt. Man sieht
dann nämlich, dass das historische Berlin um dieses
Schloss herum konstruiert worden ist. Das heißt, dass die-
ser Mitte im Moment wirklich das Herz fehlt. Man sieht
auch, dass alles, was darum herumgebaut worden ist, auf
das Schloss zu gebaut worden ist. Zu Recht ist gesagt
worden: Das Alte Museum hätte nicht diese großen Säu-
len, wenn nicht das Gegengewicht zum Schloss notwen-
dig gewesen wäre.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)


Auch das Stadtbild braucht an dieser Stelle ein Gegenge-
wicht. Notwendig ist die Wiederherstellung eines Zen-
trums, das ein dynamisches Zentrum war.

Zu den Argumenten der Kritiker. Sie fragen: Hat denn
die Moderne bei euch keine Chance? Schon von vielen
ist gesagt worden: Wie in keiner anderen europäischen
Metropole hat die Moderne in der Stadt Berlin ihre Chan-
cen gehabt. Wo hat es das denn sonst gegeben, dass man
einen großen historischen Metropolenplatz wie den Pots-
damer Platz neu und ausschließlich modern bauen
konnte? Welche Chancen haben wir der Moderne hier im
Regierungsviertel gegeben? Es wird Chancen am Alexan-
derplatz geben. Die Moderne hat große Architekten ange-
zogen. Bei manchen Gebäuden – das sage ich ganz ehr-
lich – haben wir auch die Grenzen gesehen. Auch die
Moderne ist in ihrer Gestaltungskraft nicht omnipotent.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Im Unterschied zu den großen europäischen Metropo-
len Rom, London, Paris, Prag und Wien fehlt in Berlin ein
zentrales Moment der geschlossenen architektonischen
Tradition. Wir haben einzelne Momente der Tradition,

aber wir haben kein geschlossenes Ensemble. Es geht da-
rum, ob wir ein Ensemble der Tradition wiederherstellen
dürfen.

Jetzt sagen die Kritiker: Man muss sich doch zu den
Brüchen bekennen. Ich finde, es gibt in dieser Stadt, die
so viele Brüche hat,


(Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Genau!)


geradezu einen Kult der offenen Wunde. Das ist weder
realpolitisch noch modern. Ich halte den Kult der städte-
baulichen Wunde selbst für ein sehr romantisches Motiv.
Es ist wie bei Parsifal: Zeige deine Wunde!

Dürfen wir überhaupt rekonstruieren? Rekonstruk-
tion ist keine ästhetische Lüge. Rekonstruktion heißt auch
nicht, dass man politische Restauration will. Wer das be-
hauptet, der interpretiert politische Bedeutungen in ästhe-
tische Entscheidungen. Rekonstruieren ist auch kein Sich-
Outen als preußischer Militarist. Ich habe mich immer
gefragt: Warum gilt Rekonstruieren eigentlich nicht als
eine Möglichkeit der Moderne? Wenn man rekonstruiert
– genau das kann man bei der Frauenkirche in Dresden
sehen –, dann erhält man vor allen Dingen eines: ganz
großen Respekt vor der Meisterlichkeit unserer Vorfah-
ren.


(Reinhard Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


In Dresden sehen wir – das begreift eine ganze Stadt,
die diese Mitte rekonstruiert –, dass wir der damaligen
Zeit heutzutage in vielem nicht so viel voraus sind und wir
in manchem sogar hinter dem zurückliegen, was man
früher an ästhetischer, künstlerischer Qualität und an tech-
nischer Meisterlichkeit hervorgebracht hat.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Dies dürfen wir uns auch heute noch in Erinnerung rufen.
Ich komme auf die politische Botschaft zu sprechen.

Das Ensemble Unter den Linden – es wäre das einzige his-
torisch Zusammenhängende, wenn wir es rekonstruieren
würden – sagte inhaltlich Folgendes aus: In der Mitte der
Ort für die politische Macht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die absolute Macht!)


Darum herum – eingebunden – war die Museumsinsel,
waren die Universitäten, waren die Opern, war die Neue
Wache – sie stand damals für Militärreform und nicht für
Militarismus – und waren die Kirchen als ein Ort der To-
leranz. Das heißt, dieses Ensemble war eine politische
Landschaft, es war Ausdruck einer großen europäischen
Kultur der Toleranz, der Aufklärung und der Humanität.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ich glaube, dass es erlaubt ist, sich zu dieser Tradition
zu bekennen. Ich glaube sogar, dass es vor dem Hinter-
grund des Europa, das wir bauen werden, wichtig ist, an




Dr. Antje Vollmer
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(C)



(D)



(A)



(B)


diese Tradition zu erinnern. Wenn so viele Berliner den
Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses wollen,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es sind die Auswärtigen, die das wollen!)


dann ist es auch diesem Parlament gestattet, sich dazu zu
bekennen.

Danke.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424811400
Es spricht
der Kollege Dr. Günter Rexrodt, FDP-Fraktion.


Dr. Günter Rexrodt (FDP):
Rede ID: ID1424811500
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Das Erscheinungsbild Berlins hat
sich in den letzten Jahren in fantastischer Weise gewan-
delt, nicht aber die historische Mitte. Da sind – der Bau-
fortschritt ist, wenn auch schleppend, erkennbar – die
grandiosen Bauten der Museumsinsel und da ist der
Schlossplatz mit der Halbruine des Palastes der Republik.
Außerdem sind da Zelte, Buden und deren über den Platz
zerstreute Bestandteile.

Jeder hat Verständnis dafür, dass über die Gestaltung
dieses wichtigen Areals nicht von heute auf morgen im
Schnelldurchgang entschieden werden kann. Aber zehn
Jahre Diskussion ist eine lange Zeit. Ich glaube, dass
keine neuen Ideen mehr vorgetragen werden. Mit der Ge-
staltung des Schlossplatzes muss begonnen werden. Die
FDP ist der Auffassung, dass die Empfehlungen der Inter-
nationalen Expertenkommission dafür eine gute Grund-
lage sind. Es bedarf einer zügigen Umsetzung. Eine wie
auch immer geartete neue Bundesregierung muss darauf
hinwirken, dass ein Zeitplan entsteht, der den Menschen
in Deutschland und vielen, die die hiesigen Geschehnisse
aus dem Ausland beobachten, den Eindruck vermittelt,
dass es um Gestaltung und Handeln geht und nicht um
Zeitgewinn und Entscheidungsangst.

Die Empfehlungen der Kommission zur Nutzung sind
in Bezug auf Anspruch und Inhalt beachtenswert. Sie fin-
den die grundsätzliche Billigung meiner Fraktion. Das gilt
für den kulturellen Teil mit dem Vorschlag, die Dahlemer
Sammlung, die Schätze der Universität und Bibliotheken
in diesem neuen Gebäude unterzubringen. Insbesondere
die Ausstellung der außereuropäischen Sammlungen an
dieser zentralen Stelle, an diesem exponierten Platz wäre
ein Ausdruck der Offenheit unseres Landes für die Kultu-
ren der Welt. Richtig ist auch der Vorschlag, eine Anzahl
von Räumen in der historischen Dimension wiederzuer-
richten. Berlin fehlt eine Lokalität, die, vergleichbar der
Wiener Hofburg, geeignet ist, internationale Großereig-
nisse wie G-8-Gipfel oder Tagungen der UN oder der Eu-
ropäischen Union aufzunehmen.

Ich persönlich würde es im Übrigen auch begrüßen,
wenn nach Wegen gesucht würde, herausragende Be-
standteile des Palastes der Republik, meinetwegen auch
den Saal der Volkskammer, die ja eine gesamtdeutsche

Tradition hat, in diesem neuen Gebäude unterzubrin-
gen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Ostseite – das ist schon gesagt worden – bietet dafür
durchaus Perspektiven.

Bezüglich der Gestaltung des Umfeldes sticht die
Empfehlung hervor, die Bauakademie wiederherzustel-
len. Der Senat hat dazu eine grundsätzlich positive Ent-
scheidung getroffen. Auch die Nutzung des Staatsratsge-
bäudes ist wohl unumstritten, ebenso die Wiederherstellung
des Schlossplatzes. Für bessere Gestaltungsmöglichkeiten
des Lustgartens würde ich mir wünschen, dass die Straße
Unter den Linden unmittelbar nach der Schlossbrücke
nach rechts abknickt und erst wieder links am Staatsrats-
gebäude vorbei in die Rathausstraße einmündet. So
könnte man über den vergrößerten Lustgarten den Kubus
des neuen Schlosses wirklich überzeugend mit der Mu-
seumsinsel verbinden. Es entstünde ein Ensemble, das in
dieser Form in Europa nicht ein zweites Mal existiert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ob nun das Marx-Engels-Forum in der jetzigen Größe er-
halten bleiben soll, sollten wir später diskutieren.

Der meist diskutierte Aspekt ist zu Recht die Architek-
tur des neuen Kubus. Die so genannte Stereometrie des
Baukörpers ist offensichtlich unumstritten. Es geht um die
Fassadengestaltung, genauer gesagt, um die Frage, ob die
Barockfassade an der Nord-, Süd- und Westseite des Ku-
bus und ebenso der Schlüterhof wiederhergestellt werden
sollen oder ein offener Wettbewerb stattfinden soll.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, ich möchte dafür werben, dass Sie für die Alterna-
tive A stimmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich weiß sehr wohl, dass es hier nicht um letzte Weishei-
ten, sondern um Abwägungen geht. Ins Gewicht fallen für
mich persönlich folgende Aspekte:

Die barocke Fassade ist mehr als jede andere geeignet,
den Baukörper mit der Museumsinsel zu einem einheitli-
chen Ganzen zu verbinden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich zähle mich, wenn ich das einmal so sagen darf, zu den-
jenigen, die sich immer mit moderner Architektur befasst
haben. Ich liebe sie. Es ist heute auch gesagt worden, dass
wir in Berlin viel moderne Architektur haben, meist
gelungene, aber auch andere. Ich bin prinzipiell der Auf-
fassung, dass die Gegenwartsarchitektur die Zeit wider-
spiegeln muss. An einigen Stellen muss es aber auch Ab-
weichungen geben können. Manchmal sind sie auch
zwingend erforderlich. Diese hat es aus guten Gründen in
Warschau, Würzburg und München, in Dresden und letzt-
lich sogar in Charlottenburg gegeben, weil Umfeld und




Dr. Antje Vollmer

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(C)



(D)



(A)



(B)


historischer Zusammenhang das nahe gelegt haben. Das
trifft nach meiner Auffassung auch für den Wiederaufbau
des Berliner Stadtschlosses zu.

Bei aller Sympathie für moderne Architektur halte ich
fest: Dieses Gebäude muss auch in 200 und 300 Jahren
dem Geschmack der Menschen entsprechen. Ich glaube
nicht, dass dies an dieser Stelle mit moderner Gestaltung
möglich sein könnte, auch nicht auf der Basis irgendwel-
cher Mischformen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Lachen der Abg. Monika Griefahn [SPD])


Die Menschen unserer und wohl auch der folgenden Ge-
nerationen suchen Identität in ihrer Geschichte. Zumin-
dest in ihrer großen Mehrheit brauchen Sie diese Iden-
tität auf dem Weg in ein neues, größeres Gemeinwesen,
in das Gemeinwesen Europa. Dass dieser Weg beschrit-
ten wird, wollen und befürworten auch wir. Diesen Weg
kann man aber nur dann gehen, wenn man weiß, wer
man ist.

Im Übrigen tun sich andere Völker sehr viel leichter
und gehen sehr viel selbstverständlicher damit um, wenn
es solche Entscheidungen zu treffen gibt. Wir wissen,
warum; wir sollten aber auch ein Stück von diesem ganz
natürlichen Geschichtsverständnis übernehmen.

Letztlich sind es auch finanzielle Aspekte, die für die
barocke Fassade sprechen. Wenn ich sage „letztlich“,
dann ist das eigentlich wieder nur politische Correctness,
denn ohne Geld geht im Grunde genommen gar nichts.
Die Public Private Partnership wird sich schwer tun, die
für diesen Bau notwendigen 670 Millionen Euro aufzu-
bringen. Ich bin davon überzeugt, dass es, wenn wir keine
barocke Fassade vorsehen, sehr viel schwerer sein wird,
private Mittel und Spenden zu mobilisieren. Das kann si-
cherlich nicht das Entscheidende sein, Herr Barthel, aber
es ist ein gewichtiges Argument, wenn wir hier voran-
kommen wollen.


(Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Wenn es zustande kommt!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424811600
Herr Kol-
lege Rexrodt, Sie haben Ihre Redezeit schon weit über-
schritten. Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.


Dr. Günter Rexrodt (FDP):
Rede ID: ID1424811700
Ja. – Es geht darum, dass
wir – das darf ich als Letztes sagen – die nächsten Schritte
zügig voranbringen. Die Menschen erwarten eine Ent-
scheidung. Es soll ein Gebäude sein, das sich zur Zukunft
bekennt, aber die Traditionen aufnimmt. Wir haben es
verdient und können es uns leisten, unsere Geschichte mit
der Zukunft zu verbinden. Das kann nur mit einer ba-
rocken Fassade geschehen. Alles andere wäre unvollendet
und ein Zeichen mangelnden Selbstverständnisses. Dies
haben wir in einer Stadt wie Berlin, die so viel Modernes
und Zukunftsweisendes zeigt, nicht nötig. Deshalb gehört
an diese Stelle – dafür werbe ich – die barocke Fassade an
der Süd-, Nord- und Westseite des neuen Kubus.

Schönen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424811800
Ich gebe das
Wort dem Senator für Wissenschaft, Forschung und Kul-
tur des Landes Berlin, Dr. Thomas Flierl.

Dr. Thomas Flierl, Senator (Berlin) (von der PDS mit
Beifall begrüßt): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Da-
men und Herren! Nach dem Hauptstadtumzug rückt nun
die nächste öffentliche Bauaufgabe in den Mittelpunkt des
Interesses: die funktionelle und gestalterische Neubestim-
mung der alten preußisch-deutschen Staatsmitte, des spä-
teren gesellschaftlichen Zentrums Ostberlins. Vor dem
Hintergrund der fast ein Jahrzehnt währenden geschichts-
politischen und ästhetischen Konfrontation von Palast-
und Schlossanhängern hat die Expertenkommission in der
Tat einen wesentlichen Durchbruch erreicht.

Denn erinnern wir uns: Indem dem Palast der Republik
durch übereilte Schließung die Teilnahme am gesell-
schaftlichen Wandel versagt wurde, er so mit seiner
schrittweisen Ruinierung zum Symbol des Vergangenen
schlechthin gemacht wurde und die Schlossanhänger das
bloße Sehnsuchtsbild des Schlosses gegen die lebendige
Erinnerung einer Mehrheit der Ostdeutschen gesetzt hat-
ten,


(Beifall bei der PDS – Vera Lengsfeld [CDU/CSU]: Das ist ja nicht wahr!)


war die bekannte Blockade der 90er-Jahre entstanden.
Der Vorzug der Expertenkommission war ja gerade, dass
sie nicht am ideologisch geführten – Kollege Barthel
sprach vom fundamentalistisch geführten – Bilder- und
Fassadenstreit ansetzte, sondern zuerst nach der Nutzung,
und zwar einer dem Ort angemessenen, öffentlichen, für
Stadt und Gesellschaft sinnbestimmenden Nutzung des
Ortes, und erst dann nach städtebaulicher Einordnung,
Finanzierbarkeit und Architektur des Neubaus fragte.

Der Berliner Senat begrüßt die vorgeschlagene Nut-
zungskonzeption des so genannten Humboldt-Forums
als den Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen. Die
Auftraggeber der Expertenkommission, Bundesregierung
und Senat, haben daher am 15. Mai dieses Jahres verein-
bart, das Nutzungs-, Raum- und Betreibungskonzept mit
den vorgesehenen Hauptnutzern zügig zu konkretisieren.
Mit der Gestaltung eines solchen kultur- und wissensge-
stützten Forums, das die Auseinandersetzung der Bürge-
rinnen und Bürger mit Geschichte, Gegenwart und Zu-
kunft einer zunehmend globalisierten Welt ermöglichen
sollte, entstünde ein völlig neuer Typ hauptstädtischer
Kulturinstitution,


(Beifall bei der PDS)

ein Beitrag Deutschlands für den internationalen kulturel-
len Diskurs und eine dem Ort tatsächlich angemessene öf-
fentliche Nutzung.

Es gehört in das denkwürdige Umfeld der heutigen De-
batte, dass Sie die Position der den Berliner Senat tragen-
den Abgeordnetenhausfraktionen von SPD und PDS




Dr. Günter Rexrodt
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(C)



(D)



(A)



(B)


wörtlich im Änderungsantrag der PDS-Bundestagsfrak-
tion nachlesen können. Ich will dennoch zu den Kern-
punkten der Debatte meine Position vertreten.

Wenn sich der Bundestag bereits jetzt zur Architektur
äußern würde, das heißt, ohne sich zuvor zum Bauherren
erklärt und die Bauaufgabe definiert zu haben, entstünde
eine mehrfach paradoxe Situation: Nicht nur, dass dem
Bundestag die Möglichkeit genommen würde, unter ver-
schiedenen architektonischen Varianten des Projektes die
beste Lösung zu wählen, eine paradoxe Situation ent-
stünde auch dadurch, dass sich der Bundestag, bevor er
sich zur Bauaufgabe, zu deren Finanzierung sowie zur
zukünftigen Betreibung verbindlich geäußert hat, bereits
durch politische Willensbildung in der Frage der Gestal-
tung fest an das Projekt gebunden hätte.

Wer die Entscheidung über die Architektur trifft, hat
auch die Verantwortung für die Finanzierung zu tragen.


(Beifall bei der PDS sowie der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Was geschieht, wenn sich der Bundestag ein Schloss
wünscht, die finanzielle Kraft zum Humboldt-Forum aber
nicht reicht oder sich Konflikte zwischen der noch zu prä-
zisierenden Nutzung und bereits getroffenen gestalteri-
schen Vorgaben einstellen? Ist dann das historische Stadt-
bild höher als die öffentliche Nutzung zu bewerten?


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Ist dem Bundestag der Wunsch nach historischen Fassa-
den jene fast 600 Millionen Euro wert, die das Humboldt-
Forum kosten soll, selbst dann, wenn die Fassaden von
privater Seite finanziert werden?


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das andere kostet doch genauso viel!)


Nach Auffassung der den Berliner Senat tragenden
Parteien sollte der verabredete Weg einer stufenweisen
Entwicklung des Projekts weiter beschritten werden und
Architektur und Fassadengestaltung erst im Ergebnis ei-
nes offenen Wettbewerbes geklärt werden.


(Beifall bei der PDS sowie des Abg. Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD])


Die Mehrheitsfraktionen des Berliner Abgeordnetenhau-
ses vertreten insofern die Variante B.

Abgesehen von der Erörterung der Frage, ob eine gänz-
lich neuartige öffentliche Bauaufgabe, wie sie das
Humboldt-Forum darstellt, nicht zuerst als eine einzigar-
tige Herausforderung für die zeitgenössische Architektur
begriffen werden sollte: In einem offenen Wettbewerb
hätte auch eine Schlossrekonstruktion ihre Chance.


(Beifall bei der PDS)

Eine im Ergebnis eines transparenten öffentlichen Ver-
fahrens getroffene Entscheidung hätte gewiss auch mehr
Anspruch auf breite Akzeptanz. Die Schlossreplik zum
jetzigen Zeitpunkt zu dekretieren gefährdet dagegen wohl
eher das Projekt; denn an die Stelle einer durch solche
Verfahren legitimierten Projektentwicklung träte die
ästhetisch-politische Entscheidung ohne eine Absiche-
rung im Haushalt.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)


Mehr als anderswo brauchen wir aber an diesem Ort die
Demokratie als Bauherrin.

Danke schön.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424811900
Zu einer
Kurzintervention gebe ich der Kollegin Vera Lengsfeld
das Wort.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Beifall des Abg. Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU])



Vera Wollenberger (CDU):
Rede ID: ID1424812000
Herr Senator Flierl, von
Ihnen als Gesellschaftswissenschaftler hätte ich etwas
mehr historisches Verständnis und Bewusstsein erwartet.
Ich möchte an dieser Stelle Ihre PDS-Legenden nicht un-
widersprochen lassen.

Erstens. Das Berliner Schloss ist gegen den formier-
ten Widerstand der Intellektuellen der DDR abgerissen
worden. Ich möchte nur beispielgebend Brecht und
Piscator nennen,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


die sich gemeinsam mit anderen Künstlern und Intellektu-
ellen der DDR zu einer ersten Bürgerinitiative zusammen-
geschlossen hatten, um den Schlossabriss zu verhindern.

Zweitens. Als der Abriss nicht verhindert werden
konnte, waren es Professor Hamann von der Humboldt-
Universität und viele andere, die zumindest die historisch
wertvollen Teile vor dem endgültigen Untergang gerettet
und dafür gesorgt haben, dass in Ostberlin und in Potsdam
die Schlossskulpturen erhalten wurden.


(Dr. Ruth Fuchs [PDS]: Das leugnet doch niemand!)


Es war also wieder eine Bürgerinitiative, die dafür gesorgt
hat, dass die historisch wertvollen Teile des Schlosses
nicht vernichtet wurden, sondern sie in Potsdam, in Ber-
lin und anderswo – öffentlich oder nicht öffentlich – er-
halten wurden.

Drittens. Die Legende, der Palast der Republik sei
von der Mehrheit der DDR-Bevölkerung begrüßt worden,
ist doch einfach nicht wahr. Als der Palast gebaut wurde,
gab es große Erbitterung unter der DDR-Bevölkerung,
und zwar deswegen, weil die Bauarbeiter für den Bau des
Palastes der Republik aus allen Teilen der DDR zusam-
mengezogen wurden und andere wichtige Bauvorhaben
nicht ausgeführt werden konnten, unter anderem Kran-
kenhäuser.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Damals waren die Bürger der DDR der Meinung, dass
Krankenhäuser zu bauen wichtiger wäre als Erichs Lam-
penladen.

Es ist auch nicht wahr, dass es zur ostdeutschen Iden-
tität gehörte, in diesen Palast zu gehen. Ich möchte daran




Senator Dr. Thomas Flierl (Berlin)


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(C)



(D)



(A)



(B)


erinnern, dass der Palast zu den Zeiten, zu denen die
Volkskammer dort tagte, ein abgeschlossenes Territorium
war und die Bürger der DDR dort gar nicht hinein konn-
ten. Erst die frei gewählte Volkskammer hat mit diesen
Zuständen Schluss gemacht.


(V o r s i t z : Vizepräsidentin Anke Fuchs)

Wenn man überhaupt davon reden kann, dass es eine

Identität für den Palast gibt, dann muss man sagen, dass
es eine PDS-Identität ist. Aber die PDS-Identität hat
nichts mit der Identität der DDR-Bevölkerung zu tun. Ich
widerspreche Ihnen ganz entschieden, wenn Sie immer
wieder versuchen, die Bevölkerung der DDR für Ihre
Zwecke zu instrumentalisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424812100
Herr Senator, Sie dür-
fen darauf erwidern. Bitte sehr.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424812200
Frau Lengsfeld, ich
glaube, Sie haben in Ihrem Redebeitrag viele Positionen, die
in meiner Rede nicht vorkamen, auf mich projiziert.


(Beifall bei der PDS)

Ich vertrete ausdrücklich die Position, dass hier ein Ge-
meinsinn stiftendes neues Projekt entstehen soll, das auch
den Abschied vom Palast der Republik einbeziehen
könnte.

Ich wende mich gegen den Eindruck, der leider immer
noch verbreitet wird, dass nämlich das Schloss wegen des
Palastes abgebrochen wurde. 25 Jahre ostdeutscher Ge-
schichte lagen dazwischen. Aus heutiger Sicht ist sehr klar
zu verurteilen, dass das Schloss abgebrochen wurde. Des-
wegen braucht es jetzt eine Synthese, die in die Zukunft
führt.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424812300
Ich erteile nun dem
Kollegen Wolfgang Thierse das Wort.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1424812400
Frau Präsidentin! Meine
Damen und Herren! Worüber wir heute streiten, Herr
Flierl, ist die Frage, ob sich der demokratische Souverän
zutrauen darf, nicht nur über ein Nutzungskonzept und
allgemeine Grundsätze der Gestaltung von Berlins histo-
rischer Mitte zu befinden, sondern auch über deren Ge-
staltung. Sie alle werden in der vergangenen Woche den
Appell unseres ehemaligen Kollegen Conradi vernom-
men haben, der als unterlegenes Mitglied der Experten-
kommission nun fordert: Geben Sie Ideenfreiheit!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da werden wahrhaft geschichtsträchtige Worte

bemüht, die bedauerlicherweise doch ein wenig ge-
schichtsvergessen daher kommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Gab es jemals ein obrigkeitsstaatliches Verbot, für diese
Bebauung moderne Lösungen zu denken oder gar vorzu-
schlagen? Ich erinnere mich nicht an ein solches Verbot.
Ist wirklich schon vergessen, dass es vor Jahren einen völ-
lig offenen Architektenwettbewerb ohne Vorgaben und
Fesseln gegeben hat, leider ohne einen einzigen Entwurf,
der wirklich so überzeugt hätte, dass er noch heute in der
Diskussion wäre?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Nein, es geht heute nicht um Gedankenfreiheit; die es
in diesem Prozess immer gegeben und die es weiter geben
muß. Die Einsetzung der internationalen Experten-
kommission war ja vielmehr die Antwort auf die Ratlo-
sigkeit, die sich nach zehn Jahren Debatte ohne Ergebnis
eingestellt hatte. Hier und heute entscheidet der Souverän.
Herr Flierl, dieses Parlament ist Demokratie als Bauherr.

Ich möchte Ihnen fünf Gründe nennen, warum ich mit
meinem Plädoyer fürAlternative A, also das Votum der
Expertenkommission für ein neues und modernes Ge-
bäude mit der Teilrekonstruktion dreier Fassaden und des
wunderbaren Schlüterhofes des ehemaligen Schlosses,
werbe.

Erstens. Der historische Grund. Städte sind auch und
ganz wesentlich vergegenständlichte Erinnerung. Städte
wie Rom, Paris, Prag, jene Städte, die wir so lieben, wir-
ken deswegen so beeindruckend auf ihre Besucher wie
ihre Bewohner, weil in ihnen verschiedene historische
Schichten präsent, erlebbar und sichtbar sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


In ihnen dominiert keine historische Eindimensionalität;
vielmehr ist darin menschenverträgliche Ungleichzeitig-
keit architektonische und städtebauliche Gestalt gewor-
den. Berlin gilt bedauerlicherweise zu Recht – es ist schon
gesagt worden – als die Metropole Europas, die sich im-
mer wieder selbst zerstört hat und in der deshalb fast aus-
schließlich die Architektur eines Jahrhunderts dominiert.

Wer, so möchte ich fragen, käme wohl in einem unse-
rer Nachbarländer mit jahrhundertealter Kultur auf die
Idee, das Ernstnehmen der Vergangenheit gerade darin zu
suchen, „mit den Verlusten zu leben“, also die offene
Wunde der historischen Mitte Berlins verewigen zu wol-
len, wie es vergangene Woche in der „Zeit“ zu lesen war?

Zweitens. Der städtebauliche Grund. Mit Bedacht
spricht die AlternativeAvom „architektonischen Brücken-
schlag“ zur Museumsinsel und zur Straße „Unter den Lin-
den“. Das Berliner Schloss war der geplante und gewollte
Abschluss dieses Boulevards.


(Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Genauso ist es!)

Die Straße „Unter den Linden“ führte genau auf das
Schloss zu. Der Boulevard gehört zu den wenigen großen,
berühmten, geschichtsträchtigen, in ihrer Geschichts-
trächtigkeit noch oder wieder sichtbaren und fassbaren
Straßen in Deutschland. Die Städte der frühen Neuzeit




Vera Lengsfeld
25140


(C)



(D)



(A)



(B)


wurden mit Sichtachsen gebaut, deren einmalige Chance
zur Wiederherstellung wir heute haben.

Nach Westen hin, zu den Linden, werden gerade die
Kommandantur und die Schinkelsche Bauakademie wie-
der aufgebaut, die in direkter Korrespondenz zur Schloss-
kubatur und -fassade stehen. Im Süden wird der Komplex
durch den historischen Marstall fortgesetzt. Im Norden
schließt sich die Museumsinsel mit dem Alten Museum
und dem Berliner Dom an, deren Formensprache – bei
dem Schinkelschen Bau mehr, bei dem anderen weniger
geglückt – ganz unmittelbar auf den Schlüterschen
Schlossbau bezogen sind. Nur nach Osten hin ist durch die,
aufgrund der Asbestverseuchung notwendig gewordene
Sanierung des Palastes der Republik bis auf sein Gerippe,
seine Hülle, eine leere, eine offene Situation entstanden,
für die wir eine überzeugende Antwort finden müssen.

Drittens. Der nutzungsbezogene Grund. Wir sind uns
mit der Expertenkommission einig, dass an diesem Stand-
ort ein öffentlicher und zugleich kultureller Schwerpunkt
für die Bürger dieser Stadt und dieses Landes, entstehen
soll. Auch dies bedeutet einen Brückenschlag zur
Museumsinsel, der sich im Inneren wie im Äußeren des
neuen Gebäudes widerspiegeln sollte. Ich darf uns alle
daran erinnern – als Berliner tue ich das mit großer Freu-
de –, dass die UNESCO die Museumsinsel zum Weltkul-
turerbe erklärt hat. Ich halte es für schlichtweg unvor-
stellbar, dass wir deren Nutzungsbereich heute auf das
ehemalige Schlossareal ausdehnen, zugleich aber eine
Lösung zuließen, die dort architektonisch nicht die Mu-
seumsinsel, sondern den Potsdamer Platz fortsetzte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


Im Übrigen: Mit der zu beschließenden Nutzung knüp-
fen wir nur an das an, was bereits in den 20er-Jahren des
20. Jahrhunderts von diesem Schloss beherbergt wurde:
Es war Ort für Theater, Museen und Ausstellungen gewor-
den und hatte seine preußisch-herrschaftliche Funktion
längst hinter sich gelassen.

Viertens. Der architektonische Grund. Wir treffen
heute eine Entscheidung zwischen einer Lösung, die es
gibt, und einer solchen, deren Gestalt noch gänzlich offen
ist. Wenn ich für die schlütersche Barockfassade plädiere,
dann auch deshalb, weil ich sie an diesem Ort für die bes-
sere und ästhetisch angemessenere Lösung halte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Das Berliner Schloss gehörte zu den bedeutendsten Ba-
rockbauten, Säkularbauten nördlich der Alpen, stellte das
bedeutendste Architekturdenkmal Berlins dar. Seine Ar-
chitekturgeschichte und der Verbleib von Fassadenteilen
– auch das hat die Arbeit der Expertenkommission zutage
gebracht – sind so gut dokumentiert, dass an einer erfolg-
reichen Rekonstruktion nicht gezweifelt werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Lösung zu wollen, so behaupte ich, ist sogar die
mutigere. Der demokratische Souverän als Bauherr legt

sich fest, verschiebt die Entscheidung nicht erneut, über-
lässt sie nicht den berechtigten wie verständlicherweise
anders gearteten Interessen von Architekten, Investoren
oder Interessengruppen. Wir sollten entscheiden, dass und
wie die historische Mitte Berlins künftig Gestalt gewinnt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Das ist keine generelle Absage an moderne Archi-
tektur. In Berlin ist im vergangenen Jahrzehnt so viel
Neues gebaut worden wie in sonst keiner europäischen
Stadt: Mit dem Kanzleramt, den Parlamentsneubauten,
dem Alexanderplatz, der Leipziger Straße, dem Potsda-
mer Platz, dem Leipziger Platz usw. haben wir Jahrhun-
dertend- und Jahrhundertanfangsarchitektur in Hülle und
Fülle, großartige, durchschnittliche und schlechte. Sie
gehört gerade nicht als moderner Solitärbau zwischen Al-
tes Museum, Marstall und wieder errichtete Komman-
dantur.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


Ein Wort, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Palast
der Republik: Bis auf die Fraktion der PDS sind wir uns
einig, wie ich wahrnehme, dass er abgerissen werden
muss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich sage das ohne jedes Triumphgefühl; denn ich bin das
Gegenteil eines Abrissfanatikers. Aber mit dem Abriss des
Palastes – das will ich hinzufügen – werden nicht die
DDR oder die guten Erinnerungen an sie, die es unbe-
streitbar gibt, abgerissen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dass viele Menschen freundliche Erinnerungen an den
Palast haben, weiß ich. Ich kann es beschreiben: der
großartige Saal, in dem Feste stattgefunden haben; eine
Bowlingbahn – so viele gab es in Ostberlin nicht –; die
beiden Gaststätten, in denen es gutes, zugleich relativ bil-
liges Essen gab. Das erzeugt gute Erinnerungen. Die wer-
den doch nicht abgerissen. Es bleibt doch viel architek-
tonisches Erbe; es bleiben die vielen architektonischen
Zeugnisse der DDR von der Frankfurter Allee bis hin zu
den Neubaugebieten in Marzahn und Hellersdorf. Man
könnte noch eine Menge andere beschreiben.

Was vom Palast weiterleben muss, ist der Gedanke der
Volkshaustradition. Das neue Gebäude soll deshalb
nicht nur musealer Ort sein, sondern ein öffentlicher Ort
der Begegnung und der kulturellen Betätigung. Darin sind
wir uns einig. Das ist die Anknüpfung an die Volkshaus-
tradition.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Fünftens und ausdrücklich letztens. Der finanzielle
Grund.Das fatalste Ergebnis des heutigen Tages wäre es,
wenn wir mit unserer Beschlussfassung über die Ergeb-
nisse der internationalen Expertenkommission nur die




Wolfgang Thierse

25141


(C)



(D)



(A)



(B)


nächste Runde verschobener Entscheidungen, weiterer
Wettbewerbe und weiterer Kommissionen einleiten wür-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


Es wäre eine Blamage der Politik. Nach zwölf Jahren
Debatte von Eile zu reden, halte ich, gelinde gesagt, für
einigermaßen übertrieben.


(Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Das kann man sagen!)


Nach zwölf Jahren Debatte steht die Angelegenheit zur
Entscheidung an. Dabei wissen wir, ganz nüchtern ge-
sprochen: Die Stadt Berlin wird bei der finanziellen Rea-
lisierung dieses Projekts, wiederum vornehm ausge-
drückt, nicht sehr viel helfen können.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Über das Ausmaß der Bereitschaft von Hans Eichel,
Finanzmittel des Bundes bereitzustellen, mag ich auch
nicht spekulieren.

Also bleibt realistischerweise allein die von der Kom-
mission vorgeschlagene öffentlich-private Mischfinan-
zierung. Aber – dessen müssen wir uns ebenfalls heute
ganz nüchtern bewusst sein – auch die setzt als Lösung ein
neues Gebäude mit Erinnerung an Geschichte, mit re-
konstruierten Barockfassaden voraus, weil nur dafür, so
die Experten, private Gelder mobilisierbar sind. Ich er-
innere an die Beispiele für Engagement und Begeisterung
in Dresden und Leipzig. Sie sind vielleicht ansteckend,
sogar ausnahmsweise einmal für Berlin.

Opfern wir damit die ästhetische Souveränität des
Staates den privaten Interessen, wie ich gelesen habe?
Keineswegs. Wäre es so, dann hätten wir das Gelände
zum Beispiel an Sony veräußert. Deren Konzernzentrale
hätte nicht am Potsdamer Platz, sondern in der histori-
schen Mitte Berlins ihre Ästhetik- und Nützlichkeitsvor-
stellungen umgesetzt. Genau das wollen wir nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Unsere Entscheidung für eine Teilrekonstruktion wür-
de sich hingegen an den Vorstellungen der ungezählten
Bürgerinnen und Bürger – Privatleute wie Firmeninhaber,
Freiberufler wie Manager, Alte wie Junge – orientieren,
die – ob als Berliner oder Bürger anderer Städte – in Um-
fragen nicht nur eine beträchtliche Präferenz für ein his-
torisches Bauwerk ausdrücken, sondern auch ihre Bereit-
schaft, dafür privates Geld mitzubringen.

Im Übrigen – nur damit es nicht immer falsch tönt –:
Auch jeder Neubau kostet unendlich viel Geld. Unser
Vorschlag für eine gemischte privat-öffentliche Finanzie-
rung spart aller Wahrscheinlichkeit nach der Öffentlich-
keit etwas mehr Geld als ein anderer Bau.

Ich komme zum Schluss. Liebe Kolleginnen und Kol-
legen, es geht nicht – um das noch einmal zu betonen –
um den Wiederaufbau des Schlosses insgesamt, sondern
um einen modernen Bau, der zugleich Geschichte wieder

erinnert, wiedergewinnt und wieder zeigt, ohne jedoch zu
verstecken, ein moderner Bau zu sein. Es geht um ein
Haus für eine öffentliche Nutzung durch die Bürger, de-
ren Bürgerengagement wir für den Bau gewinnen wollen.
Das Ergebnis könnte faszinierend sein: eine der großen
Museumslandschaften der Welt in der historischen Mitte
der deutschen Hauptstadt. Das ist das Projekt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus meiner Sicht
sprechen alle Gesichtspunkte für die in Alternative A vor-
geschlagene Lösung. Wir werden heute diese oder auf
lange Sicht keine Lösung bekommen.

Herzlichen Dank für das Zuhören.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424812500
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Günter Nooke für die CDU/CSU-Fraktion.


Günter Nooke (CDU):
Rede ID: ID1424812600
Frau Präsidentin! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Als mich im April 2000
ein mit dem Bundeskanzler befreundeter Journalist auf-
suchte und sagte, der Kanzler überlege, was er für Berlin
tun könne, habe ich ihm geantwortet: Er soll das Schloss
aufbauen. Der Journalist antwortete: Daran hätte der
Kanzler auch schon gedacht. So gesehen freue ich mich,
dass sich heute – hoffentlich nicht nur angesichts des
Wahlkampfes – der Bundeskanzler mit seiner Meinung in
die Öffentlichkeit wagt.

Das sollte uns aber nicht unbedingt darüber hinweg-
täuschen, welche Parteien mehr und welche weniger für
den Wiederaufbau des Schlosses waren, sondern uns viel-
mehr darauf hinweisen, dass sich alle Parteien wie auch
die Bürgerinnen und Bürger Berlins von einem Hambur-
ger Kaufmann namens von Boddien die Augen haben öff-
nen lassen. Er hat die Schlossfassadeninstallation durch-
geführt und uns damit den Blick in die historische Mitte
Berlins eröffnet.

Ich bin froh, dass wir diese Debatte im Deutschen Bun-
destag ohne ideologische Scheuklappen führen. Ich wün-
sche mir, dass das auch für die derzeit zuständigen Sena-
toren in Berlin gilt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist gewiss eine Tugend, intensiv über die Gestaltung

des Schlossplatzes zu diskutieren; denn es ist – so wurde
es hier schon häufig gesagt – der zentrale Platz des wie-
dervereinten Deutschlands. Er gehört nicht Berlin, son-
dern der ganzen Republik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Seit 1443 bis zum Ende der DDR definierte sich dieser Ort
als Mitte eines Staates, zunächst Brandenburgs, danach
Preußens und des Kaiserreichs.

Es wäre aber ganz sicher eine Tugend, eine solche Dis-
kussion endlich zu einem Ende zu bringen. In dem Antrag
„Empfehlungen der Internationalen Expertenkommis-
sion ‚Historische Mitte Berlin’“ des Kollegen Eckhardt
Barthel und anderer heißt es in der Begründung:




Wolfgang Thierse
25142


(C)



(D)



(A)



(B)


Die Entscheidung für die Rekonstruktion der ba-
rocken Außenfassaden sowie im so genannten
Schlüterhof ist dagegen nur mit knapper Mehrheit
zustande gekommen. Der Wettbewerb sollte daher
offen gestaltet sein; damit werden auch Alternativen
zur barocken Rekonstruktion der Fassaden möglich.

Das heißt natürlich nichts anderes, Herr Barthel, als
dass eine Diskussion wieder von vorn anfängt. Ich gebe
zu, dass es in diesem Zusammenhang nicht angebracht ist,
einfach zu sagen: Mehrheit ist Mehrheit. Gleichwohl wird
man aber die Frage stellen dürfen: Wie groß muss eine
Mehrheit sein, damit man sie als die Mehrheit ansehen
kann, die eine Entscheidung fällen kann?

Wenn man beispielsweise mit den Vorschlägen und
Abstimmungsverfahren bei der Rekonstruktion des
Reichstages auf die Weise umgegangen wäre – Herr
Kansy hat darauf hingewiesen –, hätte es wahrscheinlich
bis heute noch keine forstersche Kuppel gegeben. Inzwi-
schen ist diese ein Wahrzeichen Berlins geworden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wer allein die Menge der Menschen betrachtet, die sich
teilweise stundenlang anstellen, um diese Kuppel zu be-
suchen, wird derart langwierige Diskussionen, wie wir sie
hier führen, kaum noch verstehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich glaube, dass in den vergangenen Jahren Argumente

in ausreichender Weise ausgetauscht wurden. Es ist letzt-
lich eine Frage des Fleißes, für die beiden entgegenge-
setzten Positionen Begründungen zu finden. Die einen sa-
gen, die gescheiterte Moderne darf den Schlossplatz nicht
bebauen, und die anderen sind überzeugt, nur die Mo-
derne darf bauen, alles andere wäre Lüge.

Um es klar zu sagen: Ich bin für den Wiederaufbau mit
der Rekonstruktion der drei barocken Außenfassaden und
des Schlüterhofes. Ich kann Ihnen, verehrte Kolleginnen
und Kollegen, auch eine ganz einfache und pragmatische
Begründung sagen: Sie werden für keinen anderen Vor-
schlag und für keinen anderen Entwurf eine Mehrheit in
der Bevölkerung finden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Richard Schröder hat einmal gesagt, die Straße „Unter

den Linden“ sei ohne das rekonstruierte Schloss wie ein
Witz ohne Pointe. Wenn man, vom Brandenburger Tor
kommend, die Straße „Unter den Linden“ entlangginge,
wüsste man nicht, wo diese endet: an einem Riesenrad, ei-
nem Parkplatz oder einem Rummel. Derjenige, der die
letzten Jahre Revue passieren lässt, wird sich erinnern,
dass es all diese Varianten schon einmal gegeben hat. Die-
ses Land und diese Stadt sollten sich etwas mehr wert
sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Schloss mit der barocken Fassade ist der einzig logi-
sche Abschluss der historischen Straße „Unter den Lin-
den“.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Günter Rexrodt [FDP])


Jungen Architekten und Stararchitekten bleibt in
Berlin genügend Raum, um große zeitgenössische
Architektur zu verwirklichen. Wer den Blick weiter öst-
lich zum Alexanderplatz richtet, sieht, welches Potenzial
gerade in dieser Stadt an prominenter Stelle noch für neue
Ideen der besten Architekten der Welt zur Verfügung
steht.


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Dies alles kann auch als wunderschöner Kontrast zum his-
torischen Berlin verstanden werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zur Frage der Nutzung sind bereits viele Vorschläge

gemacht worden; wir könnten die Liste der Vorschläge be-
liebig erweitern. So könnte ich mir beispielsweise vor-
stellen, dass der Bundespresseball in Zukunft etwas Bes-
seres als das Berliner Interconti verdient hat und wir auch
nicht immer die Staatsoper dafür umbauen sollten. Hier
drängen sich Nutzungsmöglichkeiten und -notwendig-
keiten geradezu auf.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns heute mit ei-
nem Votum für die Alternative A die Entscheidungsfin-
dung zum Abschluss bringen; dafür sprach sich eben auch
Kollegen Thierse aus. Ich bin davon überzeugt, dass jede
weitere neu eingerichtete Kommission keine neuen Qua-
litäten im Austausch der Argumente bringen, sondern alles
nur weiter hinauszögern würde. Diese Zeit aber werden
wir – leider, wie ich vermute – nutzen müssen, um uns mit
dem jetzigen Berliner Senat über die Umsetzung des heu-
tigen Beschlusses für den Wiederaufbau zu verständigen.

Abschließend erinnere ich noch daran, mit welcher
Kaltschnäuzigkeit die SED-Oberen nach dem Zweiten
Weltkrieg die Sprengung des ja nicht wirklich zerstörten
Schlosses betrieben. Seinerzeit wurde nicht das Ob dis-
kutiert, sondern nur die Frage, ob das Stadtschloss oder
der Berliner Dom für Partei- und Staatsführung unter
Grotewohl und Ulbricht weichen sollte. Welch ein Frevel!


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424812700
Herr Kollege, Ihre
Redezeit ist abgelaufen.


Günter Nooke (CDU):
Rede ID: ID1424812800
Meine sehr verehrten
Damen und Herren, wenn wir heute für den Wiederaufbau
des Schlosses mit den barocken Fassaden stimmen,
worum ich Sie auch als Berliner ganz herzlich bitte, dann
heilen wir mehr als eine städtebauliche Wunde.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424812900
Das Wort hat nun die
Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig für Bündnis 90/Die
Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollegen! Allen bisherigen Argumenten zum Trotz muss ich




Günter Nooke

25143


(C)



(D)



(A)



(B)


sagen, dass man über Architektur und bauliche Gestaltung
erst dann abstimmen sollte, wenn die Bilder und Pla-
nungsalternativen erarbeitet worden sind und das Gebäude
in Form und Nutzung anschaulich gemacht worden ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)


Keiner der bisherigen Entwürfe zum Schlossplatz weist
ein tragfähiges Nutzungskonzept auf. Die große Leistung
der Expertenkommission besteht darin, ein solches Kon-
zept erarbeitet zu haben. Von daher diskutieren wir heute
wirklich auf einer neuen Grundlage.

Eben ist von Günter Nooke die Reichstagskuppel an-
gesprochen worden. Niemand von uns konnte sich den
Charme und die Symbolwirkung dieser sehr modernen
Reichstagskuppel vorstellen, bevor sie entworfen war.
Daher sage ich erneut: Geben wir doch erst einmal den
Architekten das Recht, ihre Bilder für das konkrete Nut-
zungskonzept, um das es hier geht, zu entwerfen, bevor
wir ein Urteil fällen!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Unruhe)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424813000
Frau Kollegin, ent-
schuldigen Sie bitte einen Augenblick. – Liebe Kollegin-
nen und Kollegen, ich weiß nicht, ob jeder von Ihnen sich
schon festgelegt hat. Aber auch in diesem Fall wäre es nur
fair, den Rednerinnen und Rednern bis zum Schluss zu-
zuhören. Ich bitte Sie alle, Platz zu nehmen und die pri-
vaten Gespräche einzustellen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)


Frau Kollegin, Sie haben das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werben mit der Alternative B nicht für Konzepte pro
oder contra die eine oder andere Gestalt und Form, son-
dern wir werben für ein anderes Vorgehen: dafür, dass erst
einmal ernsthaft erarbeitet und geprüft wird, welche
alternativen Gestaltungsformen es in einem Architek-
tenwettbewerb überhaupt geben kann. Die Expertenkom-
mission hat mit dem Humboldt-Forum ein inhaltlich
sehr interessantes Konzept für ein Zentrum fürWissen-
schaft und Kultur als Idee in den Raum gestellt. Sie hat
aber nicht das leisten können, was jetzt ansteht: einen
stimmigen Dialog zwischen diesem Inhalt und der dafür
notwendigen baulichen Form zu führen.

Gerade das Humboldt-Forum – ich bitte Sie, dieses Ar-
gument sehr ernst zu nehmen – braucht eine eigene und
sehr differenzierte Raumgliederung sowie eine eigene Ar-
chitektur und Raumsprache. Mit der Variante A besteht die
große Gefahr, dass dieses notwendigerweise sehr moderne
Raumkonzept praktisch ohne eine weitere Überprüfung von
Alternativen in eine historisierende Fassade – in ein Kor-
sett – gesteckt wird, die dazu mit großer Wahrscheinlich-
keit nicht passt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)


Deswegen werbe ich dafür: Lassen Sie diesen Überprü-
fungsprozess endlich zu und lassen Sie uns nicht vorab
darüber entscheiden, was hier nötig ist!

Es ist der Expertenkommission eben nicht gelungen,
die falsche Polarisierung zwischen Schlossfassadenbefür-
wortern und den Vertretern einer modernen Architektur in
ein kreatives Spannungsverhältnis zwischen Neu und
Alt zu verwandeln. Bei jedem Entwurf aber, der für diesen
Ort gemacht wird, geht es zwangsläufig – weil niemand
das Schloss als Ganzes wieder aufbauen und wieder bele-
ben kann – um das Spannungsverhältnis zwischen Neu
und Alt, zwischen geschichtlicher Erinnerung und moder-
ner, zukunftsweisender Gestaltung und Architektur. Da-
her stimmt das Bild einfach nicht, dass es hier nur um die
Wiederbelebung der historischen Erinnerung geht. Das ist
das falsche Bild; das wird nicht die Realität sein.

Insofern möchte ich noch einmal ganz deutlich dafür
werben: Sorgen Sie dafür, dass von Architekten, Künstlern
und Baumeistern erst das Nutzungskonzept für dieses
Humboldt-Forum erstellt wird – es ist wirklich wichtig,
diesen bedeutsamen Ort demokratisch zu besetzen –, bevor
die Politik definitiv darüber entscheidet. Halten Sie die
richtige Reihenfolge ein, also zuerst das inhaltliche Kon-
zept zu konkretisieren und Finanzierungsmöglichkeiten
zu finden! Dies wird auf jeden Fall schwierig. Machen Sie
sich darüber keine Illusionen und tun Sie nicht so, als
wäre die Finanzierung dadurch gesichert, indem man die
Fassade von vornherein als historisierend definiert! Diese
Illusion sollten wir uns nicht machen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)


Schaffen Sie die Möglichkeit, überhaupt erst einmal
gestalterische Alternativen zu erarbeiten! Dann sollen die-
jenigen gewinnen, die wirklich das stimmigste und an-
schaulichste Konzept haben, das uns alle überzeugt. Wenn
bei der politischen Entscheidung ein modernes Konzept
mit Schlossfassade gewinnt, dann soll es so sein. Es soll
aber nicht vorab ein Diktat von der einen oder anderen
Seite geben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)


Insofern werbe ich noch einmal für Variante B und die
freie Öffnung für einen Architektenwettbewerb.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424813100
Als letztem Redner in
dieser Debatte erteile ich dem Kollegen Dr. Norbert
Lammert für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1424813200
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niemand darf hoffen
oder muss fürchten, dass die mehr als zehnjährige und
teilweise leidenschaftliche Debatte über die Wiederher-
stellung der historischen Mitte Berlins heute ein für alle
Mal zu Ende gehen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)





Franziska Eichstädt-Bohlig
25144


(C)



(D)



(A)



(B)


Heute ist nicht mehr und nicht weniger zu entscheiden, ob
sich die Debatte endlos im Kreise drehen oder auf ein er-
kennbares Ziel zugeführt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Mit anderen Worten: ob sie ein Ergebnis bekommt oder ob
sie folgenlos bleibt.

Alle Voraussetzungen für eine Grundsatzentschei-
dung des Deutschen Bundestages liegen vor: zahllose Gut-
achten, ergebnislose Wettbewerbe, unzählige Bücher und
Aufsätze zum Thema, ungezählte Anträge, Anhörungen
und Resolutionen. „Ideenfreiheit“, lieber Peter Conradi,
hat es weiß Gott gegeben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun liegen auch die Empfehlungen einer international
zusammengesetzten Expertenkommission vor, bei deren
Diskussion sich die Politik keineswegs die übrigen Schar-
mützel untereinander geliefert hat. Diese Expertenkom-
mission war neben den Vertretern der Bundesregierung,
des Bundestages und des Berliner Senats mit renommier-
ten Architekten, Stadtplanern, Historikern, Publizisten
und Unternehmern besetzt. Diese Kommission hatte von
der Bundesregierung und dem Berliner Senat die Aufgabe
gestellt bekommen, die mehr als zehnjährige Debatte mit
ihren unzähligen Vorschlägen, Überlegungen und Kon-
zepten auszuwerten, zu bündeln und beschlussreife Emp-
fehlungen vorzulegen. Genau diese Aufgabe hat die Kom-
mission erfüllt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Für die CDU/CSU-Fraktion, die im Unterschied zu an-
deren Fraktionen an dieser Expertenkommission gar nicht
beteiligt war, will ich mich heute stellvertretend beim Vor-
sitzenden, Herrn Swoboda, für die Arbeit dieser Kommis-
sion ausdrücklich bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es sage niemand, die Debatte und die Arbeit der Kom-
mission hätten keinen Fortschritt gebracht. Das Gegenteil
ist richtig. Aus der Fülle denkbarer Optionen sind ganze
zwei wichtige Alternativen übrig geblieben. Alles andere
ist inzwischen unstreitig und wird in der Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien
heute auch zur Beschlussfassung empfohlen. Streitig ge-
blieben ist allerdings die nicht unwichtige Frage nach dem
Erscheinungsbild eines Gebäudes, von dem sich alle da-
rüber im Klaren sind, dass es ohnehin die Kubatur des
Schlosses haben muss.

Ich will noch einmal unterstreichen, was manche in der
Debatte zu Recht hervorgehoben haben. Wir empfehlen
heute, auch an dieser Stelle dem Vorschlag der Kommission
zu folgen, die sich monatelang mit diesem Thema befasst
hat. Dies ist keine Empfehlung gegen zeitgenössische Ar-
chitektur, die es in Berlin reichlich gibt: zum Teil erstklas-
sig, zum Teil belanglos. Das versteht sich fast von selbst.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich teile aber ausdrücklich die Auffassung des Staats-
ministers Nida-Rümelin, der – wie auch ich – in diese
Debatte nicht als ein leidenschaftlicher Verfechter histori-
scher Rekonstruktionen eingetreten ist, dass auch ausge-
wiesene Förderer zeitgenössischer Architektur an man-
chen Plätzen nachdenklich werden. Die historische Mitte
Berlins ist genau ein solcher Platz.


(Beifall der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Fast alle Berliner Gebäude sind erst nach dem Bezug des
Schlosses errichtet worden. Es war das Gravitationszen-
trum der städtebaulichen Entwicklung Berlins. Schinkels
grandioses Konzept der Mitte Berlins und sein Entwurf für
das Alte Museum sind ohne das Gegenüber dieses Schlos-
ses gar nicht verständlich. Ich will im Übrigen nur einmal
in Erinnerung rufen, dass das schinkelsche Konzept für die-
sen ersten Bau auf der Museumsinsel erst nach 27 nicht be-
friedigenden Entwürfen beschlossen worden ist.

In keiner anderen Residenzstadt hat sich das Herr-
scherhaus statt mit anderen Adelspalästen rund um das
Schloss vornehmlich mit Kultur und Wissenschaft umge-
ben. Im Schloss selbst gab es die erste öffentliche Biblio-
thek und die Vorläufer der heutigen Sammlungen der
staatlichen Museen und der Humboldt-Universität.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, keinen Streit
kann es darüber geben, dass dieser Platz und dieser Bau
eine herausragende geschichtliche Bedeutung haben.
Vom Berliner Schloss aus wurde seit Mitte des 15. Jahr-
hunderts Brandenburg, seit Beginn des 18. Jahrhunderts
Preußen und seit Ende des 19. Jahrhunderts Deutschland
regiert. Die Geschichte Berlins, Brandenburgs, Preußens
und Deutschlands hatte hier über Jahrhunderte ihren Kris-
tallisationspunkt. Gerade deshalb wurde es 1950 von ei-
nem vermeintlich neuen Deutschland in einem beispiello-
sen Akt der Hybris und der kulturellen Barbarei in die Luft
gesprengt, als ließe sich auf einer mutwillig getilgten ge-
meinsamen Vergangenheit eine bessere Zukunft bauen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Werner Schulz [Leipzig] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dadurch hat dieses Schloss eine politische Symbolbedeu-
tung und den Rang eines nationalen Denkmals erhalten.

Eines will ich allerdings gleich hinzufügen: Das de-
mokratische wiedervereinigte Deutschland – föderalis-
tisch verfasst – hat einen anderen Kristallisationspunkt.
Es ist der Platz der Republik mit dem Reichstag als Sitz
eines frei gewählten Parlaments und dem Kanzleramt als
Spitze der Exekutive.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Gerade weil das so ist, sollten wir die Souveränität haben,
die Geschichte dieser Stadt und dieses Landes, die dieser
Entwicklung vorangegangen sind, nicht in die Luft jagen
zu wollen bzw. zu lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)





Dr. Norbert Lammert

25145


(C)



(D)



(A)



(B)


Wir wollen unsere Geschichte nicht glorifizieren und
nicht verdrängen. Wir wollen sie vergegenwärtigen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass nicht nur für Günter
de Bruyn, einen ausgewiesenen und unbestechlichen Be-
obachter der deutschen Geschichte des vergangenen Jahr-
hunderts, ein Beschluss über die Wiedererrichtung des
Stadtschlosses zeigen würde – ich zitiere –, „dass wir uns
nicht in eine bequeme, aber gefährliche Geschichtslosig-
keit flüchten, sondern unsere Geschichte, wie auch immer
wir sie beurteilen mögen, anzunehmen bereit sind“.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dieses Gebäude wird eine andere Nutzung erhalten.

Die Architektur muss der vorgesehenen Nutzung dieses
neuen Gebäudes Rechnung tragen, was für viele renom-
mierte Architekten in Deutschland und der Welt famose
Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Aber gerade in der
Verbindung des historischen Erscheinungsbildes mit dem
neuen Inhalt gibt es eine besonders reizvolle Aufgabe, die
der Geschichte des Baus und dieses Platzes in besonderer
Weise angemessen ist.

Worum es jetzt, nach allem, was über viele Jahre hin-
weg diskutiert worden ist, noch geht, ist die Umsetzung
der Empfehlungen, über die wir verfügen. Wir brauchen
einen Realisierungswettbewerb, nicht mehr und nicht
weniger. Um das noch einmal klarzustellen: Hier geht es
eben nicht darum, dass sich die Politik anstelle des
tatsächlichen oder vermeintlichen Sachverstandes ein
souveränes Urteil anmaßt. Was wir dem Deutschen Bun-
destag heute empfehlen – dafür werbe ich leidenschaft-
lich –, ist, uns die Empfehlung des Sachverstandes zu Ei-
gen zu machen,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


nämlich die Empfehlungen einer Kommission, in der vom
Präsidenten der Bundesarchitektenkammer bis zum Berli-
ner Bausenator alles versammelt war, was jedenfalls nach
eigenem Selbstverständnis dazu sachkundige Beiträge
hatte liefern können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu Beginn dieser Le-
gislaturperiode hat Bundeskanzler Gerhard Schröder in
einem Interview zu diesem Thema gesagt:

Ich habe nicht vor, das zur Chefsache zu machen.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist der Sache gut bekommen!)


Wenn ich einen Wunsch zu äußern hätte, dann wäre
ich für das Schloss.

Am Ende dieser Legislaturperiode gibt es nicht mehr viel,
womit wir ihm helfen könnten, aber diesen Wunsch soll-
ten wir ihm erfüllen,


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


und zwar alle zusammen, quer durch die Fraktionen unse-
res Hauses, als Reverenz gegenüber den bedeutendsten
Berliner Baumeistern Andreas Schlüter und Karl Friedrich
Schinkel, in Respekt vor dem erkennbaren Willen nicht
nur der Berliner Bürgerinnen und Bürger und als unseren
Beitrag zur Wiederherstellung des Gesichts und des
Selbstbewusstseins unserer gemeinsamen Hauptstadt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424813300
Ich schließe die Aus-
sprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Kultur und Medien auf Drucksache 14/9660.
Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der PDS auf
Drucksache 14/9687 vor, über den wir zuerst abstimmen.

Die Fraktion der PDS hat namentliche Abstimmung
verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftfüh-
rer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Das ist der
Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Dann schließe ich die Ab-
stimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
führer, mit der Auszählung zu beginnen.

Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen
Abstimmung unterbreche ich die Sitzung.


(Unterbrechung von 19.42 bis 19.47 Uhr)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424813400
Die unterbrochene Sit-
zung ist wieder eröffnet. Ich gebe das Ergebnis der nament-
lichen Abstimmung bekannt. Abgegebene Stimmen 585.
Mit Ja haben gestimmt 33, mit Nein haben gestimmt 549,
Enthaltungen 3. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt.




Dr. Norbert Lammert
25146


(C)



(D)



(A)



(B)


Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 586;
davon

ja: 33
nein: 550
enthalten: 3

Ja
SPD
Iris Follak

Heinz Schmitt (Berg)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN
Volker Beck (Köln)

Hans-Christian Ströbele
PDS
Monika Balt
Dr. Dietmar Bartsch
Wolfgang Bierstedt
Petra Bläss

Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Heidi Lippmann
Ursula Lötzer

Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Rosel Neuhäuser
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25147


(C)



(D)



(A)



(B)


Nein
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau
Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Achim Großmann

Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Klaus Hasenfratz
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Gerd Höfer
Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Siegrun Klemmer
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Werner Labsch
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Waltraud Lehn
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Dirk Manzewski

Tobias Marhold
Lothar Mark
Ulrike Mascher
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Dr. Carola Reimann
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Christel Riemann-
Hanewinckel

Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Gerhard Rübenkönig
Marlene Rupprecht
Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Bernd Scheelen
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Dr. Frank Schmidt

(Weilburg)


Regina Schmidt-Zadel
Carsten Schneider
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner

Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Volkmar Schultz (Köln)

Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Antje-Marie Steen
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Reinhold Strobl (Amberg)

Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher
Adelheid Tröscher
Hans-Eberhard Urbaniak
Rüdiger Veit
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Dr. Konstanze Wegner
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidemarie Wright
Uta Zapf




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25148


(C)



(D)



(A)



(B)


Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Dankward Buwitt
Cajus Caesar
Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Renate Diemers
Dr. Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)

Axel E. Fischer

(Karlsruhe-Land)


Klaus Francke
Herbert Frankenhauser
Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis

Dr. Heiner Geißler
Michael Glos
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Horst Günther (Duisburg)

Carl-Detlev Freiherr
von Hammerstein

Gottfried Haschke

(Großhennersdorf )


Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Detlef Helling
Hans Jochen Henke
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther

Erich Maaß (Wilhelmshaven)

Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Kurt J. Rossmanith
Adolf Roth (Gießen)

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Anita Schäfer
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Dr. Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mülheim)

Dr. Rupert Scholz
Reinhard Freiherr
von Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm Josef Sebastian
Marion Seib
Heinz Seiffert
Dr. h. c. Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Johannes Singhammer

Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Dr. Wolfgang Freiherr
von Stetten

Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Angelika Volquartz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Bernd Wilz
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Aribert Wolf
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Angelika Beer
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Annelie Buntenbach
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Rita Grießhaber
Gerald Häfner
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Jürgen Trittin




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25149


(C)



(D)



(A)



(B)


Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

FDP
Ina Albowitz
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick

Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb

Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Gudrun Serowiecki

Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Guido Westerwelle
Fraktionslos
Christa Lörcher

Enthalten
SPD
Reinhold Hiller (Lübeck)

Jelena Hoffmann

(Chemnitz)


Konrad Kunick

Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Kultur und Medien ab. Der Ausschuss
empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung,
die unter I aufgeführte Entschließung anzunehmen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! –
Enthaltungen? – Gegen die Stimmen der PDS und einige
Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist diese
Entschließung angenommen.

Der Ausschuss für Kultur und Medien empfiehlt unter
Buchstabe a weiterhin, eine Entscheidung über die unter
Ziffer II aufgeführten Alternativen zur architektonischen
Gestaltung der historischen Mitte Berlins herbeizuführen.

Bevor wir zur Abstimmung über die alternativen Vor-
schläge kommen, bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit. Sie
haben einen blauen Stimmzettel. Wenn Sie noch keinen
haben, können Sie ihn jetzt von den Plenarassistenten be-
kommen. Bitte tragen Sie Ihren Namen einschließlich ei-
nes eventuellen Ortszusatzes und die Fraktion deutlich
lesbar in Druckbuchstaben ein.

Auf dem Stimmzettel dürfen Sie nur in einem Kreis ein
Kreuz machen. Wenn Sie einer der beiden Alternativen
zustimmen wollen, setzen Sie in den betreffenden Kreis
ein Kreuz. Wenn Sie keiner der Alternativen zustimmen
wollen, machen Sie ein Kreuz im unteren Teil. Stimmzet-
tel, die mehr als ein Kreuz enthalten, sind ungültig. Ferner
brauchen Sie Ihren weißen Stimmausweis aus Ihrem
Stimmfach in der Lobby. Bevor Sie die Stimmzettel in die
Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte ihren Stimmaus-
weis einem der Schriftführer.

In der zweiten namentlichen Abstimmung ist die Al-
ternative angenommen, die die erforderliche einfache
Mehrheit erhält, das heißt mehr Jastimmen als die andere
Alternative zuzüglich der Neinstimmen. Die Abstimmung
ist eröffnet.

Ich habe darauf hingewiesen, dass wir in der zweiten
namentlichen Abstimmung zu diesem Tagesordnungs-
punkt sind. Bitte verlassen Sie den Saal nach dieser Ab-
stimmung nicht. Es gibt vielleicht eine weitere namentli-
che Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Abstimmung geschlossen.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen.

Ich unterbreche die Sitzung bis zum Vorliegen des Er-
gebnisses.


(Unterbrechung von 19.54 bis 20.09 Uhr)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424813500
Die unterbrochene
Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe das von den Schrift-
führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-
mung bekannt. Abgegebene Stimmen 589, ungültige
Stimmen 3, gültige Stimmen 586. Mit Nein haben ge-
stimmt 63, Enthaltungen 6, auf die Alternative A entfielen
384 Stimmen


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


und auf die Alternative B 133 Stimmen. Jetzt dürfen Sie
eigentlich erst klatschen, denn wir haben schon im ersten
Wahlgang ein Ergebnis erzielt: Wir haben uns für Variante
A entschieden.1)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Durch die erforderliche Mehrheit für die Variante A im
ersten Wahlgang ist dieser Vorschlag angenommen.

Wir kommen zu weiteren Teilen der Beschlussem-
pfehlung, und zwar zunächst zu Buchstabe b der Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Me-
dien auf Drucksache 14/9660. Der Ausschuss empfiehlt,
die Anträge für erledigt zu erklären. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Damit sind die Anträge für erledigt
erklärt.

Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass zur Abstim-
mung mehrere schriftliche Erklärungen vorliegen.2)
Außerdem liegt mir der Wunsch nach einer persönlichen
Erklärung der Kollegin Petra Pau vor. Die Kollegin Petra
Pau hat das Wort zur einer Erklärung nach § 31 der Ge-
schäftsordnung. Bitte sehr.

1) Endgültiges Ergebnis und Namensliste siehe Seite 25198
2) Anlagen 4 bis 7


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424813600
Frau Präsidentin! Liebe Kollegin-
nen und Kollegen! Ich habe dem ersten Teil der
Beschlussempfehlung nicht zugestimmt. Dafür hatte ich
und hatte meine Fraktion gute Gründe.

Erstens. Die Beschlussempfehlung folgt zwar der Vor-
gabe der Internationalen Expertenkommission zur histori-
schen Mitte der Hauptstadt, aber nur insofern, als es den
Schlossbefürwortern ins Kalkül passt. De facto wurde
schon mit diesem ersten Teil ein offener und empfohlener
Wettbewerb über die künftige Architektur des Schlossplat-
zes geschlossen, ehe er überhaupt ausgeschrieben wurde.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Ich finde das anmaßend und ich denke, das ist heute
Abend ohne Not hier geschehen.

Ein zweiter Grund, gegen diese Beschlussempfehlung
zu stimmen: Der künftige Schlossplatz soll ein Platz von
bundesweiter, ja, internationaler Bedeutung sein. Dafür
tragen Bund und Berlin eine gemeinsame und hohe
Verantwortung. Die Bundesregierung und der Berliner
Senat haben sich erst im Mai dieses Jahres auf ein Ver-
fahren geeinigt. Das Berliner Verfahren entspricht auch
den Vorgaben des Berliner Abgeordnetenhauses. Das ab-
gestimmte Verfahren entspricht dieser Vereinbarung zwi-
schen Bundesregierung und Senat nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Dadurch wird die mögliche und gute Zusammenarbeit
zwischen Bund und Berlin schwer belastet. Ich füge
hinzu: wiederum ohne Not und anmaßend.

Drittens. Der nun vorliegende Beschluss atmet ein tie-
fes Misstrauen gegenüber den Fähigkeiten nationaler und
internationaler Architekten. Ich maße mir als Politikerin
nicht an, klüger sein zu wollen als ausgewiesene Exper-
ten. Auch deshalb habe ich dagegen gestimmt.


(Beifall bei der PDS)

Über die Bedeutung des Platzes ist sehr viel disku-

tiert worden. Er wird zu Recht als das wichtigste Areal
der Hauptstadt bezeichnet, das noch zu gestalten ist.
Der vorliegende Beschluss aber bezieht die Bürgerin-
nen und Bürger, mit denen man das gemeinsam tun
müsste, nicht mit ein; er geht über sie hinweg – wie-
derum ohne Not.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fink [PDS])

Der letzte Punkt, warum ich gegen diesen Teil der Be-

schlussempfehlung gestimmt habe.

(Unruhe)


– Ja, das müssen Sie sich anhören, das gehört zur Demo-
kratie; schließlich habe auch ich Sie vorhin alle angehört.


(Beifall des Abg. Wolfgang Gehrcke [PDS])

Dieser Beschluss blendet Fragen der Finanzierung und

der Bauträgerschaft vollständig aus, ebenso den An-
spruch, Ost und West, Geschichte und Zukunft hier auf
diesem Platz in aller Widersprüchlichkeit zusammenzu-
bringen.

Nun haben wir zu Beginn über einen Antrag der PDS-
Fraktion abgestimmt. Dieser Antrag hat die Intention der

Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Senat auf-
genommen; deshalb habe ich für diesen Antrag gestimmt.
Da Sie diesen Antrag abgelehnt haben, habe ich dann der
Variante B in der Beschlussempfehlung des Kulturaus-
schusses zugestimmt.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das interessiert uns, ehrlich gesagt, gar nicht!)


– Wenn es Sie nicht interessiert, können Sie ja gern raus-
gehen. Ich möchte Ihnen das hier zur Kenntnis geben. –


(Zuruf von der CDU/CSU: Geben Sie das doch schriftlich ab! – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Das hätten Sie doch in der Debatte sagen können! Das ist doch eine Schinderei!)


Ich habe der Variante B zugestimmt. Dieser Vorschlag
hätte den Beschluss zwar nicht besser gemacht, aber es
wären nicht alle Türen zugeschlagen worden. Wir hätten
eine offene Debatte führen und eine Lösung finden kön-
nen, die von den Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen
und akzeptiert worden wäre. Genau das ist aber mit dem
eben gefassten Beschluss geschehen. Die Türen sind zu!


(Beifall bei der PDS)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424813700
Das war eine persön-
liche Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung. Das war
schon in Ordnung so. Ich hätte sie auch vor der Abstim-
mung zulassen können; dann aber wären Sie erst recht un-
gehalten gewesen. Deswegen wollen wir so verfahren,
wie wir alle das miteinander vereinbart haben.

Weiter empfiehlt der Ausschuss für Kultur und Medien
unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung die Ab-
lehnung des Antrages der Fraktion der PDS auf Drucksa-
che 14/4402 mit dem Titel „Arbeitsweise der Experten-
kommission Historische Mitte“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Gegen die Stimmen der PDS-Fraktion ist die Beschluss-
empfehlung angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss für Kultur und
Medien unter Buchstabe d seiner Beschlussempfehlung
die Ablehnung des Antrags der Fraktion der PDS auf
Drucksache 14/9244 mit dem Titel „Die Mitte der Spree-
insel als offenes Bürgerforum gestalten – Empfehlungen
der Expertenkommission öffentlich diskutieren“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! –
Enthaltungen? – Gegen die Stimmen der PDS-Fraktion ist
die Beschlussempfehlung angenommen.

Ich rufe nun die Zusatzpunkte 2 a bis 2 d auf:
Überweisungen im vereinfachten Verfahren
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrich

Irmer, Dr. Helmut Haussmann, Ina Albowitz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Für eine Deutsch-Russische Kulturstiftung
für kriegsbedingt verbrachte Kulturgüter
– Drucksache 14/7611 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss






(C)



(D)



(A)



(B)


b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Helmut Haussmann, Dr. Hermann Otto
Solms, Ina Albowitz, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP
Für eine pragmatische Gestaltung der Bezie-
hungen zu Taiwan
– Drucksache 14/9121 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

c) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN
Gewalt in der Gesellschaft
Ursachen von Gewalt erkennen – friedliches
Zusammenleben stärken
– Drucksache 14/9673 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung
Ausschuss für Kultur und Medien

d) Beratung des Antrags der Fraktion der
CDU/CSU
Wertevermittlung, Erziehung und Gewalt-
prävention
– Drucksache 14/9674 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung
Ausschuss für Kultur und Medien

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. – Damit sind Sie einverstanden. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Wir kommen nun zur Beschlussfassung zu Vorlagen,
zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 29 a:
– Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen
der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN und der FDP eingebrachten Ent-
wurs eines Gesetzes zur Sicherstellung einer
Übergangsregelung für die Umsatzbesteuerung
von Alt-Sportanlagen
– Drucksache 14/9543 –

(Erste Beratung 245. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 14/9700 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Horst Schild
Norbert Barthle
Heidemarie Ehlert

– Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu der
Unterrichtung durch die Bundesregierung
Übergangsregelung für die Umsatzbesteuerung
von Alt-Sportanlagen
– Drucksachen 14/9325, 14/9469 Nr. 1.1,
14/9700 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Horst Schild
Norbert Barthle
Heidemarie Ehlert

Der Finanzausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 14/9700, den Gesetz-
entwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegen-
probe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zwei-
ter Beratung angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist der Gesetz-
entwurf angenommen. Die Abgeordnete Heidemarie
Ehlert hat eine Erklärung gemäß § 31 der Geschäftsord-
nung zu Protokoll gegeben.3

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschluss-
empfehlung, die Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung auf Drucksache 14/9325 zur Kenntnis zu nehmen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Dann ist so
beschlossen.

Tagesordnungspunkt 29 b:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von
der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zu dem Europa-Mittelmeer-Ab-
kommen vom 25. Juni 2001 zur Gründung ei-
ner Assoziation zwischen den Europäischen
Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten ei-
nerseits und derArabischen Rebuplik Ägypten
andererseits.
– Drucksache 14/9199 –

(Erste Beratung 239. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärti-
gen Ausschusses (3. Ausschuss)

– Drucksache 14/9598 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch)

Karl Lamers




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25151


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 8

Rita Grießhaber
Dr. Helmut Haussmann
Wolfgang Gehrcke

Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Drucksa-
che 14/9598, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
sich zu erheben; das ist nötig, weil es ein Vertragsgesetz
ist. – Möchte jemand dagegen stimmen? – Das ist nicht
der Fall. Der Gesetzentwurf ist angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 c:
c ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von

der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zu dem Europäischen Überein-
kommen vom 16. Januar 1992 zum Schutz des
archäologischen Erbes
– Drucksache 14/8710 –

(Erste Beratung 233. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärti-
gen Ausschusses (3. Ausschuss)

– Drucksache 14/9597 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Monika Griefahn
Dr. Rita Süssmuth
Rita Grießhaber
Dr. Helmut Haussmann
Wolfgang Gehrcke

Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Drucksa-
che 14/9597, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
sich zu erheben. – Es erheben sich alle; der Gesetzentwurf
ist angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 d:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Ulla Jelpke, Sabine Jünger, Dr. Evelyn
Kenzler, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes und
anderer Vorschriften
– Drucksache 14/6129 –

(Erste Beratung 177. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 14/9301 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rüdiger Veit
Erwin Marschewski (Recklinghausen)

Marieluise Beck (Bremen)

Dr. Max Stadler
Ulla Jelpke

Der Innenausschuss empfiehlt auf Drucksa-
che 14/9301, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Gegen die Stimmen der PDS ist der Gesetzentwurf in
zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfällt die weitere
Beratung.

Tagesordnungspunkt 29 e:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Christine Ostrowski, Heidemarie Ehlert,
Rolf Kutzmutz, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Investitionszulage-
gesetzes 1999
– Drucksache 14/8549 –

(Erste Beratung 230. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 14/9346 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Mathias Schubert
Gerhard Schulz
Heidemarie Ehlert

Der Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksa-
che 14/9346, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Gegen die Stimmen der PDS ist der Gesetzent-
wurf in zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfällt die
weitere Beratung.

Tagesordnungspunkt 29 f:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Christine Ostrowski, Maritta Böttcher,
Dr. Ruth Fuchs, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines
Dritten Gesetzes zur Änderung des Altschulden-

(Drittes Altschuldenhilfeänderungsgesetz – 3. AHÄndG)

– Drucksache 14/8078 –

(Erste Beratung 227. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(15. Ausschuss)

– Drucksache 14/9385 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Peter Danckert

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
empfiehlt auf Drucksache 14/9385, den Gesetzentwurf
abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenprobe! –
Enthaltungen? – Gegen die Stimmen der PDS-Fraktion ist
der Gesetzentwurf in zweiter Beratung abgelehnt. Eine
weitere Beratung erübrigt sich.

Tagesordnungspunkt 29 g:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(12. Ausschuss)

Lambrecht, Lothar Mark, Dr. Michael Meister und
weiterer Abgeordneter
Völlige Freigabe des Viernheimer/Käfertaler/
Lampertheimer Waldes von der verbliebenen
militärischen Nutzung




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25152


(C)



(D)



(A)



(B)


– Drucksachen 14/7764, 14/9688 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Verena Wohlleben
Benno Zierer

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa-
che 14/7764 in der Ausschussfassung anzunehmen. Wer
ist für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Ent-
haltungen? – Einstimmig haben wir den Viern-
heimer/Käfertaler/Lampertheimer Wald gerettet.


(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Tagesordnungspunkt 29 h:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen (15. Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Wolfgang Spanier, Hans-Günter
Bruckmann, Dr. Peter Danckert, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Ab-
geordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Albert
Schmidt (Hitzhofen), Helmut Wilhelm (Amberg),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN
Die nachhaltige Stadt- und Wohnungspolitik
weiter vorantreiben
– Drucksachen 14/9355, 14/9649 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Horst Friedrich (Bayreuth)


Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa-
che 14/9355 anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Gegen die Stimmen von PDS, CDU/CSU und FDP ist die
Beschlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 i:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der Ver-
ordnung der Bundesregierung
Verordnung über die Entsorgung von Altholz
– Drucksachen 14/9506, 14/9637 Nr. 2.1,
14/9697 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rainer Brinkmann (Detmold)

Franz Obermeier
Winfried Hermann
Birgit Homburger
Eva Bulling-Schröter

Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf Druck-
sache 14/9506 zuzustimmen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Bei Enthaltung der FDP ist die
Beschlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 j:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der Ver-
ordnung der Bundesregierung

22. Verordnung zur Durchführung des Bundes-

(Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft – 22. BImSchV)

– Drucksachen 14/9404, 14/9469 Nr. 2.1,
14/9622 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rainer Brinkmann (Detmold)

Marie-Luise Dött
Winfried Hermann
Birgit Homburger
Eva Bulling-Schröter

Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf Druck-
sache 14/9404 in der vom Ausschuss beschlossenen Fas-
sung zuzustimmen. Wer ist für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei
Enthaltung der PDS ist die Beschlussempfehlung ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 29 k:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der Ver-
ordnung der Bundesregierung
Verordnung über den Versatz von Abfällen un-
ter Tage und zur Änderung von Vorschriften
zum Abfallverzeichnis
– Drucksachen 14/9579, 14/9637 Nr. 2.2,
14/9686 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rainer Brinkmann (Detmold)

Werner Wittlich
Winfried Hermann
Birgit Homburger
Eva Bulling-Schröter

Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf Druck-
sache 14/9579 zuzustimmen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Gegen die Stimmen der FDP ist die Beschlussempfehlung
angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 l:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit
Homburger, Marita Sehn, Hildebrecht Braun

(Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der FDP
Umsetzung der EU-Luftqualitätsrichtlinien in
nationales Recht
– Drucksache 14/6624 –

Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 29 m:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der Un-
terrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission an den Rat, das




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25153


(C)



(D)



(A)



(B)


Europäische Parlament, den Wirtschafts- und
Sozialausschuss und den Ausschuss der Regio-
nen über alternative Kraftstoffe für den
Straßenverkehr und ein Bündel von Maßnah-
men zur Förderung der Verwendung von Bio-
kraftstoffen
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates zur Förderung der
Verwendung von Biokraftstoffen
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Än-
derung der Richtlinie 92/81/EWG bezüglich
der Möglichkeit, auf bestimmte Biokraftstoffe
und Biokraftstoffe enthaltende Mineralöle ei-
nen ermäßigten Verbrauchersteuersatz anzu-
wenden KOM (01) 547 endg.; Ratsdok. 15500/01
– Drucksachen 14/8428 Nr. 2.13, 14/9615 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rainer Brinkmann (Detmold)

Vera Lengsfeld
Dr. Reinhard Loske
Birgit Homburger
Eva Bulling-Schröter

Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-
tung durch die Bundesregierung eine Entschließung an-
zunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Gegen die
Stimmen der FDP und bei Enthaltung der CDU/CSU ist
die Beschlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 n:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (19. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina

Reiche, Helmut Heiderich, Dr. Gerhard
Friedrich (Erlangen), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU
Weiterentwicklung einer Biotechnologie-
strategie für den Forschungs- und Wirt-
schaftsstand-ort Deutschland

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung
Mitteilung derKommission an den Rat, das
Europäische Parlament, den Wirtschafts-
und Sozialausschuss und den Ausschuss der
Regionen Biowissenschaften und Biotech-
nologie: Eine Strategie für Europa KOM

(2002) 27 endg.; Ratsdok. 06415/02


– Drucksachen 14/9102, 14/8832 Nr. 2.17,
14/9675 –
Berichterstattung:
Abgeordnete René Röspel
Thomas Rachel
Hans-Josef Fell
Ulrike Flach
Wolfgang Bierstedt

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung die Ablehnung des Antrages der CDU/CSU
auf Drucksache 14/9102 mit dem Titel „Weiterentwick-

lung einer Biotechnologiestrategie für den Forschungs-
und Wirtschaftsstandort Deutschland“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Gegen die Stimmen der CDU/CSU ist
die Beschlussempfehlung angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss, in Kenntnis der
Unterrichtung durch die Bundesregierung über eine Mit-
teilung der Kommission mit dem Titel „Biowissenschaf-
ten und Biotechnologie: Eine Strategie für Europa“ eine
Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP ist die Be-
schlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 o:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und

des Bündnisses 90/Die Grünen
Vorsorgepolitik für gesundheitsverträgli-
chen Mobilfunk

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ilse Aigner,
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Dr. Peter
Paziorek, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Mobilfunkforschung und Information vor-
antreiben

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gerhard
Jüttemann, Eva Bulling-Schröter, Dr. Ruth
Fuchs, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der PDS
Mobilfunkstrahlung minimieren – Vor-
sorge stärken

– Drucksachen 14/8584, 14/7286, 14/7120,
14/9144 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Marlene Rupprecht
Werner Wittlich
Winfried Hermann
Birgit Homburger
Eva Bulling-Schröter

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung die Annahme des Antrages der Fraktion der
SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksa-
che 14/8584. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Ge-
gen die Stimmen der CDU/CSU und bei Enthaltung der
FDP ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
Antrages der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksa-
che 14/7286. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Ge-
gen die Stimmen der CDU/CSU und bei Enthaltung der
FDP ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit empfiehlt schließlich unter Nr. 3 seiner Beschluss-




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25154


(C)



(D)



(A)



(B)


empfehlung auf Drucksache 14/9144 die Ablehnung des
Antrages der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/7120.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Gegen die Stimmen der
PDS ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 p:
– Beratung des Antrags der Abgeordneten

Dr. Helmut Haussmann, Walter Hirche, Ina Al-
bowitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Für eine kohärente deutsche Außenpolitik
– Drucksache 14/9552 –

– Beratung der Beschlussempfehlung und des

(3. Ausschuss)

geordneten Gert Weisskirchen (Wiesloch),
Hans-Ulrich Klose, Christoph Moosbauer, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Christian Sterzing,
Rita Grießhaber, Kerstin Müller (Köln), Rezzo
Schlauch und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/ DIE GRÜNEN zu der Abgabe einer
Regierungserklärung durch den Bundes-
kanzler zur Lage im Nahen Osten
– Drucksachen 14/8879, 14/9451 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch)

Karl Lamers
Christian Sterzing
Dr. Helmut Haussmann
Wolfgang Gehrcke

– Beratung der Beschlussempfehlung und des

(3. Ausschuss)

geordneten Dr. Helmut Haussmann, Günther
Friedrich Nolting, Ulrich Irmer, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP
zu der Abgabe einer Regierungserklärung
durch den Bundeskanzler zur Lage im Na-
hen Osten
– Drucksachen 14/8904, 14/9454 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christoph Moosbauer
Karl Lamers
Christian Sterzing
Dr. Helmut Haussmann
Wolfgang Gehrcke

– Beratung der Beschlussempfehlung und des

(3. Ausschuss)

Volker Rühe, Karl Lamers, Christian Schmidt

(Fürth), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der CDU/CSU
Eine deutliche gemeinsame europäische Po-
sition für eine gerechte Friedenslösung im
Nahen Osten

– Drucksachen 14/8862, 14/9452 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christoph Moosbauer
Karl Lamers
Christian Sterzing
Dr. Helmut Haussmann
Wolfgang Gehrcke

Abstimmung über den Antrag der FDP auf Drucksache
14/9552 mit dem Titel „Für eine kohärente deutsche
Außenpolitik“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist ab-
gelehnt.

Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses
zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen zu der Abgabe einer Re-
gierungserklärung durch den Bundeskanzler zur Lage im
Nahen Osten, Drucksache 14/9451. Der Ausschuss emp-
fiehlt, den Entschließungsantrag auf Drucksache 14/8879
anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist gegen die Stimmen von
CDU/CSU und FDP und bei Enthaltung der PDS ange-
nommen.

Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses
zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zu der
Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundes-
kanzler zur Lage im Nahen Osten, Drucksache 14/9454.
Der Ausschuss empfiehlt, den Entschließungsantrag auf
Drucksache 14/8904 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Beschlussempfehlung ist gegen die Stim-
men von CDU/CSU und FDPund bei Enthaltung der PDS
angenommen.

Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf
Drucksache 14/9452 zu dem Antrag der Fraktion der
CDU/CSU mit dem Titel „Eine deutliche gemeinsame eu-
ropäische Position für eine gerechte Friedenslösung im Na-
hen Osten“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 14/8862 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Ge-
gen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP bei Enthal-
tung der PDS ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 q:
– Beratung der Beschlussempfehlung und des

Berichts des Auswärtigen Ausschusses

(3. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Petra Bläss, Wolfgang Gehrcke, Uwe
Hiksch, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der PDS
Partnerschaftliche Beziehungen zu Lateina-
merika festigen und ausbauen
– Drucksachen 14/8558, 14/9453 –
Berichterstattung:
Abgeordnete. Lothar Mark
Clemens Schwalbe
Rita Grießhaber
Dr. Helmut Haussmann
Wolfgang Gehrcke




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25155


(C)



(D)



(A)



(B)


– Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Auswärtigen Ausschusses

(3. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Lothar Mark, Wolfgang Behrendt, Hans
Büttner (Ingolstadt), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord-
neten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch
und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
Intensivierung der Beziehungen zwischen
der Europäischen Union, Lateinamerika
und der Karibik

– Drucksachen 14/9051, 14/9455 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Lothar Mark
Clemens Schwalbe
Christian Sterzing
Dr. Helmut Haussmann
Wolfgang Gehrcke

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa-
che 14/8558 mit dem Titel „Partnerschaftliche Beziehun-
gen zu Lateinamerika festigen und ausbauen“ abzu-
lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Gegen die Stimmen der
PDS ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa-
che 14/9051 mit dem Titel „Intensivierung der Beziehun-
gen zwischen der Europäischen Union, Lateinamerika
und der Karibik“ anzunehmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Bei Enthaltung von CDU/CSU, FDP und PDS ist die Be-
schlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 r:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Techno-
logie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord-
neten Carsten Hübner, Eva Bulling-Schröter,
Ursula Lötzer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der PDS
Reform der Hermesbürgschaften nach ökologi-
schen, sozialen und entwicklungspolitischen
Kriterien
– Drucksachen 14/6373, 14/7714 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Erich G. Fritz

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa-
che 14/6373 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Gegen die Stimmen der PDS ist die Beschlussempfehlung
angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 s:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(12. Ausschuss)

Gebhardt, Heidi Lippmann, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS

Ausschluss des Eintritts Minderjähriger in die
Bundeswehr
– Drucksachen 14/551, 14/1295 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gerd Höfer
Ursula Lietz

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache
14/551 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Gegen die
Stimmen der PDS ist die Beschlussempfehlung angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 29 t:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Jelpke, Petra Pau, Dr. Ruth Fuchs und der Fraktion
der PDS
Entkriminalisierung des Gebrauchs bislang il-
legaler Rauschmittel, Legalisierung von Can-
nabisprodukten, kontrollierte Abgabe so ge-
nannter harter Drogen
– Drucksachen 14/1695, 14/9267 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hubert Hüppe

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa-
che 14/1695 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Gegen die Stimmen der PDS ist die Beschlussempfehlung
angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 u:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem An-
trag der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita
Sehn, Ulrike Flach, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Marktwirtschaftliche Reorganisation der deut-
schen Abfallwirtschaft
– Drucksachen 14/5676, 14/8410 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rainer Brinkmann (Detmold)

Georg Girisch
Winfried Hermann
Birgit Homburger
Eva Bulling-Schröter

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa-
che 14/5676 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der
CDU/CSU ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 v:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem An-
trag der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter,




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25156


(C)



(D)



(A)



(B)


Dr. Winfried Wolf, Kersten Naumann, Dr. Ruth
Fuchs und der Fraktion der PDS
Verhinderung erneuter Gewässerverunreini-
gungen durch das Totalherbizid Diuron
– Drucksachen 14/4710, 14/5620 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christel Deichmann
Franz Obermeier
Winfried Hermann
Birgit Homburger
Eva Bulling-Schröter

Sie wissen alle, was das ist?

(Zurufe: Ja klar!)


Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
sache 14/4710 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Gegen die Stimmen der PDS bei Enthaltung der FDP ist
die Beschlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 w:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (17. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Reform der Gemeindefinanzen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gerda
Hasselfeldt, Heinz Seiffert, Dietrich
Austermann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Einsetzung einer Kommission zur Reform
der Gemeindefinanzen durch die Bundesre-
gierung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gerda
Hasselfeldt, Peter Götz, Heinz Seiffert, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Gewerbesteuerumlage auf die vor dem Steu-
ersenkungsgesetz maßgeblichen Werte sen-
ken

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gerhard
Schüßler, Dr. Hermann Otto Solms, Ina
Albowitz, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP
Gemeindefinanzen reformierern – Gewer-
besteuer abschaffen – Finanzkraft der Ge-
meinden stärken

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens
Rössel, Dr. Dietmar Bartsch, Heidemarie
Ehlert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der PDS
Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zu-
rücknehmen

– Drucksachen 14/8025, 14/7442, 14/7787,
14/7326, 14/7993, 14/9662 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Bernd Scheelen
Heinz Seiffert
Gerhard Schüßler
Dr. Barbara Höll

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags der
Fraktionen der SPD und Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 14/8025 mit dem Titel „Reform der Ge-
meindefinanzen“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Gegen die Stimmen von PDS, CDU/CSU und FDP ist der
Antrag angenommen.

Es gibt eine Erklärung des Kollegen Dr. Uwe-Jens
Rössel zum Abstimmungsverhalten zu Tagesordnungs-
punkt 29 w, die wir zu Protokoll nehmen.1)

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss, den An-
trag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/7442
mit dem Titel „Einsetzung einer Kommission zur Reform
der Gemeindefinanzen durch die Bundesregierung“ für
erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Alle haben den Antrag für erledigt erklärt;
dann ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Unter Buchstabe c empfiehlt der Ausschuss die Ableh-
nung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Druck-
sache 14/7787 mit dem Titel „Gewerbesteuerumlage auf
die vor dem Steuersenkungsgesetz maßgeblichen Werte
senken“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Gegen die
Stimmen von CDU/CSU, FDP und PDS ist die Be-
schlussempfehlung angenommen.

Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe d
seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
der Fraktion der FDPauf Drucksache 14/7326 mit dem Ti-
tel „Gemeindefinanzen reformieren – Gewerbesteuer ab-
schaffen – Finanzkraft der Gemeinden stärken“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist
angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe e
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/9662 die
Ablehnung des Antrags der PDS auf Drucksache 14/7993
mit dem Titel „Erhöhung der Gewerbesteuerumlage
zurücknehmen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Bei
Enthaltung der FDP gegen die Stimmen der PDS ist die
Beschlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 x:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, der
CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
und der FDP
Langfristige Sicherung der Arbeit des Volks-
bundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
– Drucksache 14/9681 –

Wer stimmt für den Antrag auf Drucksache 14/9681? –
Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 y:
Beratung der Beschlussempfehlung des Rechts-
ausschusses (6. Ausschuss)





Vizepräsidentin Anke Fuchs

25157


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 9

Übersicht 12 a
über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten
Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
– Drucksache 14/9599 –

Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Gegen-
probe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 z:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 407 zu Petitionen
– Drucksache 14/9571 –
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 408 zu Petitionen
– Drucksache 14/9572 –
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 409 zu Petitionen
– Drucksache 14/9573 –
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 410 zu Petitionen
– Drucksache 14/9574 –
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 411 zu Petitionen
– Drucksache 14/9575 –
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 413 zu Petitionen
– Drucksache 14/9576 –
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 414 zu Petitionen
– Drucksache 14/9577 –
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 415 zu Petitionen
– Drucksache 14/9578 –

Wir stimmen zunächst über die Sammelübersicht 407
auf der Drucksache 14/9571 ab. Wer stimmt für diese
Sammelübersicht? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Die Sammelübersicht 407 ist bei Enthaltung der
PDS angenommen.

Jetzt stimmen wir über die Sammelübersicht 408 auf
Drucksache 14/9572 ab. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der PDS
ist die Sammelübersicht 408 angenommen.

Wir kommen zur Sammelübersicht 409 auf Drucksa-
che 14/9573. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? –

Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 409 ist einstimmig
angenommen.

Wir kommen jetzt zur Sammelübersicht 410 auf
Drucksache 14/9574. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Gegen die Stimmen von
PDS, CDU/CSU und FDP ist die Sammelübersicht 410
angenommen.

Wir kommen zur Sammelübersicht 411 auf Drucksa-
che 14/9575. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Gegen die Stimmen von PDS, FDP
und CDU/CSU ist die Sammelübersicht 411 ange-
nommen.

Wir kommen nun zur Sammelübersicht 413 auf Druck-
sache 14/9576. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage-
gen? – Wer enthält sich? – Gegen die Stimmen von FDP
und PDS ist die Sammelübersicht 413 angenommen.

Wir kommen zur Sammelübersicht 414 auf Drucksa-
che 14/ 9577. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Gegen die Stimmen der PDS ist die
Sammelübersicht 414 angenommen.

Wir kommen zur Sammelübersicht 415 auf Drucksa-
che 14/9578. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 415 ist gegen die
Stimmen der PDS angenommen.
Nun rufe ich Zusatzpunkt 3 a auf:

Weitere abschließende Beratung ohne Ausspra-
che
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Abkommen über die Zusammenarbeit bei der
Bekämpfung der organisierten Kriminalität zwi-
schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Regierung der Republik Litauen vom
23. Februar 2001 und zwischen der Regierung der
Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der

(Organisierte Kriminalität setz)

– Drucksache 14/8199 –

(Erste Beratung 224. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 14/9712 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Günter Graf (Friesoythe)

Thomas Strobl (Heilbronn)

Cem Özdemir
Dr. Max Stadler
Ulla Jelpke

Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung, deren Drucksachennummer statt 14/9685 nun-
mehr 14/9712 lautet, den Gesetzentwurf in der Ausschuss-
fassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf in der Ausschussfassung mit der inzwi-
schen verteilten Berichtigung zur Beschlussempfehlung
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25158


(C)



(D)



(A)



(B)


dagegen? – Wer enthält sich? – Gegen die Stimmen von
CDU/CSU, FDP und PDS ist der Gesetzentwurf in zwei-
ter Beratung angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung.

Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, sich zu erheben. – Gegenprobe! –
Enthaltungen? – Gegen die Stimmen der PDS, der
CDU/CSU und der FDP ist der Gesetzentwurf angenom-
men.

Zusatzpunkt 3 b:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Irmgard
Schwaetzer, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Sicherung einer angemessenen Ver-
gütung psychotherapeutischer Leistungen im
Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung
– Drucksache 14/8400 –

(Erste Beratung 230. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit (14. Ausschuss)

– Drucksache 14/9704 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Hans Georg Faust

Der Ausschuss für Gesundheit empfiehlt auf Drucksa-
che 14/9704, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Keine. Gegen die Stimmen von CDU/CSU und
FDP ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung abgelehnt.
Damit entfällt eine weitere Beratung.

Zusatzpunkt 3 c:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Heinz
Schmitt (Berg), Arne Fuhrmann, Klaus Barthel

(Starnberg), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der SPD sowie der Abgeordneten Hans-Josef
Fell, Irmingard Schewe-Gerigk, Dr. Reinhard
Loske, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Altern ganzheitlich in der Forschung betrachten
– Drucksache 14/9668 –

Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenprobe! – Ent-
haltungen? – Der Antrag ist damit angenommen.

Zusatzpunkt 3 d:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (19. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach,
Cornelia Pieper, Birgit Homburger, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP
Förderung der Alterungsforschung

– zu dem Antrag des Antrags der Abgeordneten
Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Bärbel Sothmann,
Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Dringender Handlungsbedarf in der Alterns-
forschung

– Drucksachen 14/5464, 14/8105, 14/9708 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ulrike Flach
Heinz Schmitt (Berg)

Bärbel Sothmann
Hans-Josef Fell
Dr. Heinrich Fink

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der
FDP auf Drucksache 14/5464 mit dem Titel „Förderung
der Alterungsforschung“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP
ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 14/8105 mit dem Titel „Drin-
gender Handlungsbedarf in der Alternsforschung“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Gegen die Stimmen von
CDU/CSU und FDP ist die Beschlussempfehlung ange-
nommen.

Zusatzpunkt 3 e:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate
Gradistanac, Dr. Hans-Peter Bartels, Anni Brandt-
Elsweier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD, der Abgeordneten Wolfgang Dehnel,
Klaus Brähmig, Maria Eichhorn, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der
Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Kerstin
Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der
Abgeordneten Klaus Haupt, Ina Lenke, Dr. Guido
Westerwelle, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Frak-
tion der FDP
Durchführung des Bundeswettbewerbes „Ferien
für Familien, in denen Angehörige mit Behin-
derung leben“
– Drucksache 14/9669 –

Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenprobe! –
Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig ange-
nommen. Dazu gibt es schriftliche Erklärungen von Herrn
Kollegen Seifert und Frau Kollegin Neuhäuser, die wir zu
Protokoll nehmen.1)

Nun rufe ich Zusatzpunkt 3 f auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25159


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 10

Kurzfristige, nationale Strategien in der Ver-
braucherpolitik unzureichend
– Drucksache 14/9553 –

Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenprobe! – Ent-
haltungen? – Der Antrag ist gegen die Stimmen der FDP
bei Enthaltung von CDU/CSU abgelehnt.

Zusatzpunkt 3 g:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Regina
Schmidt-Zadel, Eike Hovermann, Eckhart Lewering,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Monika Knoche, Katrin
Göring-Eckardt, Kerstin Müller (Köln), Rezzo
Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN
25 Jahre Psychiatrie-Reform – Verstetigung und
Fortentwicklung
– Drucksache 14/9555 –

Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der FDP ist der Antrag
angenommen.

Zusatzpunkt 3 h:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Parr, Dr. Dieter Thomae, Dr. Irmgard Schwaetzer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Sucht wirksam bekämpfen – Prävention, The-
rapie und Lebenshilfe stärken
– Drucksachen 14/9049, 14/9705 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hubert Hüppe

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa-
che 14/9049 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Gegen die
Stimmen der FDPbei Enthaltung von CDU/CSU und PDS
ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Zusatzpunkt 3 i:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Parr, Dr. Dieter Thomae, Dr. Irmgard Schwaetzer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Für ein Gesamtkonzept zur Verbesserung der
Versorgung bei Brustkrebs
– Drucksachen 14/9099, 14/9706 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Helga Kühn-Mengel

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
sache 14/9099 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP ist
die Beschlussempfehlung angenommen.

Zusatzpunkt 3 j:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen (15. Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Pia Maier,
Roland Claus und der Fraktion der PDS
Erhalt des ICE-Schienenknotens Mannheim –
flächenhafter Ausbau der Bahn mit Stärkung
des ICE-Knotens Mannheim und Einbindung
von Darmstadt und Heidelberg in den Schie-
nenpersonenverkehr
– Drucksachen 14/9546, 14/9680 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung, den Antrag auf Drucksache 14/9546 abzu-
lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Gegen
die Stimmen der PDS ist die Beschlussempfehlung ange-
nommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist gegen die
Stimmen von CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der
PDS angenommen.

Zusatzpunkt 3 k:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss)

Änderung der Geschäftsordnung des Deut-
schen Bundestages
hier: Beschluss des Deutschen Bundestages
betr. Aufhebung der Immunität von Mitglie-
dern des Bundestages (Anlage 6 zur GO-BT)

– Drucksache 14/9659 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dieter Wiefelspütz
Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten
Steffi Lemke
Jörg van Essen
Dr. Evelyn Kenzler

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
probe! – Diese Beschlussempfehlung ist einstimmig an-
genommen.

Zusatzpunkt 3 l:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Lebenssituation junger
Menschen und die Leistungen der Kinder-
und Jugendhilfe in Deutschland
– Elfter Kinder- und Jugendbericht –
mit der Stellungnahme der Bundesregierung




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25160


(C)



(D)



(A)



(B)


– zu dem Entschließungsantrag der Abgeordne-
ten Klaus Haupt, Dr. Irmgard Schwaetzer, Ina
Albowitz, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP zu der Unterrichtung durch die
Bundesregierung
Bericht über die Lebenssituation junger
Menschen und die Leistungen der Kinder-
und Jugendhilfe in Deutschland
– Elfter Kinder- und Jugendbericht –
mit der Stellungnahme der Bundesregierung

– Drucksachen 14/8181, 14/8383, 14/9624 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rolf Stöckel
Thomas Dörflinger
Klaus Haupt
Christian Simmert
Monika Balt

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung, in Kenntnis des Elften Kinder- und Jugend-
berichts der Bundesregierung auf Drucksache 14/8181,
eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist gegen die
Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frak-
tion der CDU/CSU auf Drucksache 14/9718: Wer stimmt
für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist mit den
Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS ge-
gen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss die Ablehnung des Entschließungsantrags der
Fraktion der FDP auf Drucksache 14/8383 zum Elften
Kinder- und Jugendbericht. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Beschlussempfehlung ist bei Enthaltung
von PDS und CDU/CSU gegen die Stimmen der FDP an-
genommen.

Wir kommen nun zu weiteren Beschlussempfehlungen
des Petitionsausschusses.

Zusatzpunkt 3 m:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 416 zu Petitionen
– Drucksache 14/9689 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Bei Enthaltung der PDS ist die Sammelüber-
sicht 416 angenommen.

Zusatzpunkt 3 n:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 417 zu Petitionen
– Drucksache 14/9690 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Bei Enthaltung der PDS ist die Sammelüber-
sicht 417 angenommen.

Zusatzpunkt 3 o:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 418 zu Petitionen
– Drucksache 14/9691 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Bei Enthaltung der PDS ist die Sammelüber-
sicht 418 angenommen.

Zusatzpunkt 3 p:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 419 zu Petitionen
– Drucksache 14/9692 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Gegen die Stimmen von CDU/CSU, FDP und
PDS ist die Sammelübersicht 419 angenommen.

Zusatzpunkt 3 q:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 420 zu Petitionen
– Drucksache 14/9693 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP
ist die Sammelübersicht 420 angenommen.

Zusatzpunkt 3 r:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 421 zu Petitionen
– Drucksache 14/9694 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Gegen die Stimmen von CDU/CSU ist die
Sammelübersicht 421 angenommen.

Zusatzpunkt 3 s:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 422 zu Petitionen
– Drucksache 14/9695 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Gegen die Stimmen der PDS ist die Sam-
melübersicht 422 angenommen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ein Beifall für die Präsidentin! – Beifall im ganzen Hause!)


– Ich bedanke mich sehr herzlich.




Vizepräsidentin Anke Fuchs

25161


(C)



(D)



(A)



(B)


Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 c auf:
a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (19. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg Tauss,
Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter
Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Reinhard
Loske, Hans-Josef Fell, Christian Simmert, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/ DIE GRÜNEN
Nationaler Bildungsbericht und Einrichtung
eines gemeinsamen Sachverständigenrates
von Bund und Ländern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach,
Cornelia Pieper, Birgit Homburger, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP
Vorlage eines nationalen Bildungsberichtes

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard
Friedrich (Erlangen), Thomas Rachel, Ilse Aigner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
NeuerAufbruch im Bildungswesen

– Drucksache 14/9269, 14/7078, 14/9215, 14/9665 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Ernst Dieter Rossmann
Angelika Volquartz
Hans-Josef Fell
Ulrike Flach
Maritta Böttcher

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (19. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach,
Cornelia Pieper, Birgit Homburger, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP
NaturwissenschaftlicherWettbewerb an deut-
schen Schulen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach,
Cornelia Pieper, Birgit Homburger, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP
Ökonomische Komponente in der Lehreraus-
bildung entschieden ausbauen

– Drucksachen 14/4270, 14/4271, 14/7486 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Peter Eckardt
Angelika Volquartz
Hans-Josef Fell
Cornelia Pieper
Maritta Böttcher

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (19. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg Tauss,
Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter

Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Reinhard
Loske, Christian Simmert, Hans-Josef Fell, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/ DIE GRÜNEN
Bildung ist Zukunft

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach,
Ernst Burgbacher, Birgit Homburger, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Für eine neue Bildung in Deutschland – Kon-
sequenzen aus der PISA-Studie

– Drucksachen 14/9272, 14/9257, 14/9707 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Ernst Dieter Rossmann
Angelika Volquartz
Dr. Reinhard Loske
Ernst Burgbacher
Maritta Böttcher

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Dies ist auch zu
vorgerückter Stunde so gewünscht.

Dann eröffne ich die Aussprache. Sind alle da, die re-
den wollen? – Das ist der Fall.


(Heiterkeit)

Dann fangen wir mit dem Parlamentarischen Staatsse-

kretär Wolf-Michael Catenhusen an. Bitte sehr, Sie haben
das Wort.

Wolf-Michael Catenhusen, Parl. Staatssekretär bei

(von der SPD sowie von Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN mit Beifall begrüßt)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte der letzten
Monate um Grundfragen der Bildungspolitik zeigt zwei-
erlei:

Erstens. Die Einsicht hinsichtlich der notwendigen
Strukturreform des deutschen Bildungssystems ist über
Ländergrenzen hinweg gewachsen.

Zweitens. TIMMS und PISAgeben uns, auch wenn das
der eine oder andere im Wahlkampfnebel gerne verdrän-
gen möchte, erstmals seit Jahrzehnten die Chance zu ei-
ner ideologischen Abrüstung der Bildungsdebatte im Inte-
resse der jungen Menschen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Wir lassen uns nun schrittweise auf eine zielgerichtete
Debatte in der Bildungspolitik ein, die von dem Prinzip
der Orientierung am besten Beispiel getragen ist.

So vollzieht sich die Zusammenarbeit der Mitglieder
der Europäischen Union in der Entwicklung eines euro-
päischen Bildungsraumes. Dies ist der richtige Weg für
eine länderübergreifende Bildungsreform in Deutsch-
land. Auch nach den Verrenkungen des einen oder des an-
deren der letzten Tage gilt festzuhalten: Kein Bundesland
kann nach diesen Ergebnissen für sich in Anspruch neh-




Vizepräsidentin Anke Fuchs
25162


(C)



(D)



(A)



(B)


men, Modell für die Entwicklung eines Bildungssystems
in Deutschland zu sein,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


welches das Ziel hat, in die Spitzengruppe der besten
fünf Bildungsnationen der Welt aufzurücken.

Da es um eine Bildungsreform geht, steht die Schule in
der heutigen Debatte sicherlich im Mittelpunkt. Wir wis-
sen aber, dass wir unsere Positionsbestimmung im Be-
reich der beruflichen Bildung, beim lebenslangen Lernen
und auch in der Hochschulbildung in gleicher Weise vor-
nehmen müssen.

Durch die PISA-Studie wurde gezeigt, dass die Not-
wendigkeit einer kontinuierlichen nationalen Bildungs-
berichterstattung heute – auch in der Debatte – ganz
oben stehen muss. Dort gehört diese Forderung auch hin.
Schon vor der Veröffentlichung der PISA-Studie zeich-
nete sich ein Einvernehmen im Forum Bildung darüber
ab, dass eine regelmäßige Bildungsberichterstattung für
Deutschland sinnvoll ist.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Arbeitgeber, Arbeitnehmer und alle wichtigen Ver-
bände und Organisationen des Bildungsbereichs wollen
eine nationale Bildungsberichterstattung. Erfreulicher-
weise hat der heute zur Entscheidung anstehende Antrag
der Regierungskoalition in den Ausschüssen des Parla-
ments bisher eine deutliche Mehrheit gefunden.


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut!)

So hoffe ich sehr, dass der Deutsche Bundestag durch
seine Entscheidung heute den Weg freimacht, damit mit
den Vorbereitungen für die Installierung einer nationalen
Bildungsberichterstattung, die unser Land so dringend
braucht, begonnen werden kann.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Die Bundesregierung wird einen diesbezüglichen Auf-
trag des Parlaments zur Erstellung eines regelmäßigen
Bildungsberichtes natürlich umsetzen


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut!)

und dabei – lassen Sie mich auch das in aller Deutlichkeit
sagen – selbstverständlich die Zusammenarbeit mit den
Ländern anstreben.


(Dr. Gerhard Friedrich [Erlangen] [CDU/CSU]: Na!)


Es ist hilfreich – das können wir heute feststellen –, dass
sich auch die Kultusministerkonferenz, die dieses Thema
lange verdrängt hatte, in dieser Frage bewegt.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: So ist es!)

Lassen Sie mich heute unsere Vorstellungen zu einem

nationalen Bildungsbericht ein Stück konkretisieren und
damit auch einen Beitrag zur Versachlichung der biswei-
len sehr vordergründig geführten Auseinandersetzungen
leisten. Wir brauchen eine nationale Bildungsberichter-
stattung vorwiegend aus drei Gründen:

Erstens. Wir brauchen sie zur eigenen Standortbestim-
mung. Die Vielzahl vorhandener, überwiegend aber nicht
miteinander kompatibler Bildungsberichte zu Teilberei-
chen und -aspekten der Bildung erlaubt diese bis heute
nicht. Dieser Zustand ist unhaltbar; denn wir dürfen nicht
nur darauf vertrauen, den Spiegel durch internationale Un-
tersuchungen von Zeit zu Zeit vorgehalten zu bekommen.


(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Eine kontinuierliche und systematische In-

formation über die Entwicklung und die Strukturen unse-
res Bildungswesens ist eine unerlässliche Voraussetzung
für eine Politik dringend notwendiger Qualitätsverbesse-
rungen unseres Bildungssystems nach länderübergreifend
vereinbarten und für alle Beteiligten verbindlichen Bil-
dungsstandards.

Drittens. Deutschland muss im europäischen und glo-
balen Kontext ein gesamtes und differenziertes Bild sei-
nes nationalen Bildungswesens abgeben. Wenn uns dies
nicht gelingt, sind wir auf europäischer Ebene, aber auch
im internationalen Kontext, nicht ausreichend wahrnehm-
bar, nicht ausreichend kooperationsfähig und nicht aus-
reichend handlungsfähig.

Die Aufgabe der nationalen Bildungsberichterstattung
liegt also vor allem in der Information und Unterstützung
der bildungspolitisch Verantwortlichen, aller Engagierten
und Beteiligten sowie der breiten Öffentlichkeit. Ich
denke, wir alle müssen wissen, woran wir mit dem deut-
schen Bildungssystem sind. Wir müssen auf gesicherter
Grundlage und differenzierter Kenntnis des Bildungssys-
tems im nationalen Kontext entscheiden können.

Internationale Konkurrenzfähigkeit und eine aktive Teil-
nahme an der Entwicklung eines europäischen Bildungs-
raums setzen voraus, dass wir auch mit unseren Bildungs-
einrichtungen und mit den Informationen über unsere
Bildungsstrukturen international wettbewerbsfähig sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aus dieser zentralen Aufgabe einer nationalen Bil-
dungsberichterstattung, Orientierung durch klare Stand-
ortbestimmung, ergeben sich zwingende Anforderungen
bezüglich des thematischen Umfangs eines solchen Be-
richtes. Wir müssen uns darauf einstellen, dass eine kon-
tinuierliche statistische Darstellung des Elementar-, Pri-
mar- und Sekundarbereichs, der beruflichen Bildung, der
Hochschulbildung und der Weiterbildung erforderlich ist,
um so eine Darstellung des Gesamtsystems zu erreichen.
Nationale Bildungsberichterstattung ist eben nicht nur da-
durch herzustellen, dass die bisherigen Berichte der Kul-
tusministerkonferenz neu zusammengefügt werden.

Die Länder erstellen in der Kultusministerkonferenz
seit Jahren eine zu große Fülle von Berichten. Insgesamt
geht es um 30 Berichte, von denen sieben jährlich und vier
alle zwei Jahre erscheinen. Hinzu kommen vier regel-
mäßig erscheinende Berichte über Vergleiche mit anderen
Staaten in Europa und noch einmal 15 fachliche Berichte.
Diese Berichtsvielfalt bedarf im Hinblick auf Systematik
und Kontinuität einer neuen Perspektive.


(Beifall bei der SPD)





Parl. StaatssekretärWolf-Michael Catenhusen

25163


(C)



(D)



(A)



(B)


Es ist gut, dass die KMK selbst diese Diskussion auf-
nimmt, aber – das muss ich sagen – sie tut das sehr spät
und nur auf Druck der Öffentlichkeit. Sie wird hoffentlich
von den Ergebnissen des Forums Bildung getragen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich bedeutet nationale Berichterstattung auch,

dass nicht nur die Länder, sondern auch der Bund von bis-
lang üblichen Routineleistungen Abschied nehmen muss;
denn auch wir tragen zur Berichterstattung auf gesetzli-
cher Grundlage mit unseren jährlich erscheinenden Be-
richten, wie dem Berufsbildungsbericht und dem BAföG-
Bericht, bei. Wir veröffentlichen außerdem jährlich die
Grund- und Strukturdaten zu allen Bereichen des Bil-
dungswesens und fördern das Berichtssystem Weiterbil-
dung. Auch wir als Bund sind aufgefordert, uns in eine na-
tionale Bildungsberichterstattung einzubringen. Das setzt
unter diesen Aspekten ein Zusammenwirken von Bund
und Ländern voraus.

Wir brauchen eine unabhängige nationale Bildungsbe-
richterstattung. Es ist nicht das Ziel, dass die Bildungsmi-
nisterien und Bildungsbürokratien von Bund und Ländern
ihre gesammelten Erkenntnisse in einen – wenn Sie so
wollen – von den Ministerien primär zu verantwortenden
Bericht einbringen. Die notwendige Unabhängigkeit der
nationalen Bildungsberichterstattung ist unseres Erach-
tens am besten garantiert, wenn wir sie an einen unab-
hängigen Sachverständigenrat übertragen, den man als
Rat der Bildungsweisen bezeichnen kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Natürlich brauchen wir auch einen zwingenden Zu-
sammenhang zwischen der nationalen Bildungsberichter-
stattung auf der einen Seite und der Festsetzung nationa-
ler Bildungsstandards, die in allen Bundesländern
gleichermaßen verbindlich sein sollen, auf der anderen
Seite. Lassen Sie mich an dieser Stelle deutlich sagen,
dass dabei die Länderkompetenzen respektiert werden.

Sinnvollerweise sollte die Schaffung eines unabhängi-
gen Sachverständigenrates durch Übereinkunft mit den
Ländern zustande kommen. Frau Ministerin Bulmahn
wird deshalb alles nur Mögliche versuchen, um die in den
letzten Wochen gewachsene Einsicht bei vielen Bundes-
ländern zur Notwendigkeit der Erstellung eines nationa-
len Bildungsberichtes zu einem gemeinsamen Handeln
mit dem Bund zusammenzuführen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir begrüßen es durchaus, dass die KMK im nächsten
Jahr einen ersten gemeinsam zu verantwortenden Bericht
vorlegt. Das kann der erste Schritt hin zu einer wirklichen
nationalen Bildungsberichterstattung sein.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das war doch einmal des Teufels!)


Wir begrüßen es sehr, dass auch die Fraktion der FDP
eine aufgeschlossene und konstruktive Position zur Not-
wendigkeit nationaler Berichterstattung bezogen hat. Die
bisherige Haltung der CDU/CSU-Fraktion halten wir für
unzureichend.

Lassen Sie mich abschließend betonen, dass wir die
Chance zu einer nationalen Berichterstattung auch da-
durch sehen, dass es uns auf Einladung von Frau Bil-
dungsministerin Bulmahn gelungen ist, zu einer zwei-
jährigen konstruktiven Zusammenarbeit von Bund und
Ländern unter Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen,
der Wissenschaft, der Kirchen und Vertretern der jungen
Generation im Forum Bildung zu kommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb hat uns PISA nicht unvorbereitet getroffen. Wir
haben die Chance zu einem Grundkonsens über die Not-
wendigkeit der Weiterentwicklung unseres Bildungssys-
tems. Wir sollten an diesen Grundkonsens anknüpfen,
auch wenn das in Zeiten einer Wahlauseinandersetzung
nicht allen leicht fällt.


(V o r s i t z: Vizepräsidentin Petra Bläss)

Der Ministerpräsident eines südlichen Bundeslandes

hat von der letzten Chance für die KMK gesprochen.

(Jörg Tauss [SPD]: Hört! Hört!)


Ich würde das positiv sehen. Wir haben erstmals seit
Jahrzehnten eine historische Chance für eine länderüber-
greifende Bildungsreform, in der der Bund allerdings
seine konstruktive und fordernde Rolle fortsetzen wird,
die er mit der Einladung zum Forum Bildung entwickelt
hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Fördern und fordern, auch die Bundesländer! Dies bietet uns sicherlich die Chance, im Gespräch zu einer sinnvollen Verständigung über eine nationale Bildungsberichterstattung zu kommen. Schönen Dank. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS – Abgeordnete der SPD erheben sich – Zuruf von der CDU/CSU: War das eine Abschiedsrede oder warum erheben Sie sich? – Beifall im ganzen Hause)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424813800
Herr Parlamentari-
scher Staatssekretär Catenhusen, dies war Ihre letzte Rede
in diesem Hohen Hause. Im Namen aller Kolleginnen und
Kollegen möchte ich Ihnen für die engagierte Arbeit im
Deutschen Bundestag danken. Ich meine, dass Sie einen
entscheidenden Anteil an vielen wissenschaftspolitischen
Debatten im Bundestag gehabt haben. Sie haben diese
– nicht zuletzt als Parlamentarischer Staatssekretär – ent-
scheidend mit geprägt. Alles Gute für den weiteren Ar-
beits- und Lebensweg!


(Beifall)

Es spricht jetzt die Ministerin für Wissenschaft, For-

schung und Kunst des Landes Thüringen, Frau Profes-
sor Dagmar Schipanski.

Dr. Dagmar Schipanski, Ministerin (Thüringen)


(von der CDU/CSU mit Beifall begrüßt): Frau Präsiden-





Parl. StaatssekretärWolf-Michael Catenhusen
25164


(C)



(D)



(A)



(B)


tin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Vor 40 Jah-
ren gehörte unser Bildungssystem nach damaliger Aus-
sage der OECD noch zur Weltspitze. Was ist in den ver-
gangenen Jahren geschehen?


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: CDU-Regierungen!)


Wir müssen nach strukturellen und inhaltlichen Verän-
derungen im Schulsystem fragen. Wir müssen uns aber
auch nach unserer Einstellung gegenüber Kindern,
Schule und Leistung fragen. Wenn es richtig ist, dass die
Hälfte unserer 15-Jährigen angibt, noch nie zum Vergnü-
gen gelesen zu haben, dann fehlen hier entscheidende
Grundlagen und wir stehen vor dem Ergebnis schlimmer
Fehlentwicklungen. Denn wer nicht gut lesen kann, wird
auch Schwierigkeiten haben, Wissen zu erwerben, und
wer mathematische Modelle nicht bilden, geschweige
denn verstehen kann, wird die vielfältigen Zusammen-
hänge auf unterschiedlichen Wissensgebieten nicht beur-
teilen können. Dies ist zum einen ein Problem der Schule,
zum anderen aber auch gesellschaftlicher und familiärer
Veränderungen.

Nun hat PISA gezeigt, dass zwischen den Bundeslän-
dern gravierende Unterschiede bestehen.


(Dietmar Schütz [Oldenburg] [SPD]: Was soll diese Leier wieder?)


Wir sollten nicht der Versuchung erliegen, diese Unter-
schiede und ihre Ursachen einfach wegzudiskutieren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dietmar Schütz [Oldenburg] [SPD]: Selbst Bayern liegt hinter Tschechien!)


Wir müssen uns auch diesen Unterschieden stellen. So
schneiden Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen sig-
nifikant besser ab als etwa Bremen. Um anderthalb bis
zwei Schuljahre unterscheiden sich die 15-Jährigen im
Wissen und in der Kompetenz.


(Ulla Burchardt [SPD]: Lesen Sie PISAmal richtig!)


Henning Scherf, Bremens langjähriger Bürgermeister,
sagt zum Bildungsdebakel seiner Stadt:

Die SPD ist seit 1947 verantwortlich für die Bil-
dungspolitik. PISA ist die Quittung dafür. Wir müs-
sen erkennen, dass wir nicht bewirkt haben, was wir
bewirken wollten.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


Es ist Henning Scherf selbst, der die SPD auffordert, nun
„die Kraft zu haben“, aus ihren Fehlern zu lernen. Die
„SPD-Rechthaberei“ bringe nichts. Damit könne „man
nicht vor die Eltern treten“, so Scherf in der vergangenen
Woche im „Weser-Kurier“.

Ich bin nicht der Meinung, dass uns die wesentlich bes-
seren Ergebnisse der unionsregierten Länder in Selbstzu-
friedenheit verfallen lassen dürfen,

(Jörg Tauss [SPD]: Die Naturwissenschaften! – Lothar Mark [SPD]: In Religion sind sie besser!)


auch wenn es richtig ist, dass diese Länder offensichtlich
für die Kinder in bildungspolitischer Hinsicht Besseres
geleistet haben als die übrigen Länder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Völlig absurd ist es meiner Meinung nach aber, wenn der
Bundeskanzler dieses schlechte Abschneiden der SPD-Län-
der zum Anlass nimmt, den Föderalismus und die KMK
infrage zu stellen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Sie verschweigen aber die Hälfte! – Jörg Tauss [SPD]: Was sagt denn der Herr Stoiber zu diesem Thema? Reden wir mal über Herrn Stoiber!)


Lange bevor die Bundesregierung dieses Thema über-
haupt entdeckt hat,


(Jörg Tauss [SPD]: Fragen Sie zu diesem Thema lieber Herrn Stoiber!)


haben die Länder längst die ersten notwendigen Konse-
quenzen gezogen. Bereits vor über einem halben Jahr gab
es die ersten konkreten Vereinbarungen der Länder.


(Jörg Tauss [SPD]: Vor einem halben Jahr schon! Das ist beeindruckend!)


Es ist inakzeptabel, wenn Frau Bulmahn durch Stel-
lungnahmen der letzten Tage wider besseres Wissen den
Eindruck erwecken will, die Kultusminister seien untätig
gewesen. Bereits im Mai auf der Wartburg haben sich alle
Kultusminister auf die Einführung nationaler Bildungs-
standards geeinigt. Die Kultusminister von CDU und
CSU haben sogar bereits erste Standards fertig ausformu-
liert auf den Tisch gelegt. Das weiß man auch im For-
schungsministerium; das Haus saß dabei. Bis 2004 gibt es
in Deutschland nationale Bildungsstandards. Ein konkre-
ter Zeitplan liegt vor.


(Lothar Mark [SPD]: Haben Sie Ihr Schulgesetz geändert?)


Auch Ihre Forderung nach einem nationalen Bildungs-
bericht, meine Damen und Herren von der FDP, der SPD
und den Grünen, ist keine neue Erfindung von Ihrer Seite.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Bildungsbericht kommt:


(Zuruf von der SPD: Aber es gibt ihn nicht!)

Im Herbst 2003 liegt der erste auf dem Tisch. Die KMK
hat längst beschlossen, dass es in Zukunft jedes Jahr einen
solchen Bericht geben wird, und zwar von denjenigen in
Auftrag gegeben, die für die Schulen die Verantwortung
tragen, den Ländern. Wo es erforderlich ist, Daten von
Bund und Ländern zusammenzuführen,


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Der Kirchtum lässt grüßen!)


wird selbstverständlich zusammengearbeitet.

(Jörg Tauss [SPD]: 2012!)


Die Strukturierung dieses Berichts ist bereits in Arbeit in
den einzelnen Ausschüssen der KMK. Denn erfolgreiche
Bildungspolitik bedarf großer Nähe zur Schule. CDU und
CSU haben Recht, wenn sie in ihrem Antrag formulieren:




Ministerin Dr. Dagmar Schipanski (Thüringen)


25165


(C)



(D)



(A)



(B)


Der Glaube, dass bundeseinheitliche Lösungen im-
mer bundesweit richtige Lösungen sein werden, ist
schlicht naiv.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Wer sagt das denn? Da fehlt die Lesequalität!)


Auch der externe Sachverstand muss uns nicht von
Ihnen vorgeschrieben werden. Sowohl beim nationalen
Bildungsbericht als auch bei den weiteren PISA-Studien
sind natürlich unabhängige Experten gefragt. Aber wir
brauchen nicht noch mehr Gremien in der Bundesrepublik
Deutschland. Wir brauchen die Umsetzung der Einsichten
in Taten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die KMK hat zu Beginn dieses Jahres Handlungsfel-

der benannt, auf denen in allen Ländern schon Maßnah-
men beschlossen wurden und Veränderungen eingetreten
sind.


(Jörg Tauss [SPD]: Und Sie wollten einmal Präsidentin werden!)


Die Lehrerausbildung wird stärker praxisbezogen. Di-
daktik und Erziehungswissenschaften werden in der Leh-
rerausbildung gestärkt. Die Vorschule wird besser mit der
Schule verzahnt. Die Grundschule wird sich besonders
um die Grundfertigkeiten wie Lesen, Rechnen und Natur-
wissenschaften kümmern. Benachteiligte Kinder werden
individuell besser gefördert. Und es gibt weitere interna-
tionale und nationale Vergleichstests. Ich sage es noch
einmal ganz deutlich:


(Jörg Tauss [SPD]: Was macht Ihr Schulgesetz?)


Die Länder haben bereits Beschlüsse gefasst, bevor die
Bundesregierung eine ziemlich durchsichtige Strategie
entwickelt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dietmar Schütz [Oldenburg] [SPD]: Das ist unter Ihrem Niveau, Frau Schipanski!)


Der „Spiegel“ von dieser Woche hat es auf den Punkt
gebracht:

Der Bundeskanzler attackiert die Kultusminister, da-
mit nicht mehr so laut über das schlechte Abschnei-
den der SPD-Länder beim PISA-Test geredet wird.

Meine Damen und Herren, es ist zu offensichtlich:

(Lothar Mark [SPD]: So etwas Primitives, was Sie da vortragen!)

Einige wollen – anders als Henning Scherf – von dem

Versagen der SPD-Bildungspolitik der letzten 30 Jahre
ablenken. Ich sage Ihnen ganz klar: Stärken Sie vor Ort in
den Ländern den Kultusministern den Rücken, die beson-
ders in den SPD-geführten Regierungen jetzt Reformen
durchsetzen wollen und müssen.

Ich bin überzeugt: Wenn 2009 die Schülerinnen und
Schüler, die in wenigen Wochen eingeschult werden,


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Die liest ja alles ab!)


bei PISAmitmachen, werden wir in allen deutschen Bun-
desländern bessere Ergebnisse erzielen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dazu brauchen wir nicht neue Gremien und schon gar
nicht den Aktionismus der Bundesregierung.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber auch nicht Ihre Gartenzaunpolitik!)


Dazu brauchen wir den Mut und die Durchsetzungsfähig-
keit der Länder.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Frau Schipanski, das war peinlich!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424813900
Der nächste Redner ist
der Kollege Dr. Reinhard Loske für die Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen.


Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424814000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau
Schipanski, im Grunde genommen war Ihr Redebeitrag ge-
rade doch ein Beleg dafür, dass es notwendig ist, in diesem
Hohen Hause auch einmal über Bildungspolitik zu reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Denn Ihr Statement reiht sich ein in die Position der
Selbstgenügsamkeit und Selbstgefälligkeit, wie sie Frau
Schavan und Frau Hohlmeier hier auch zelebriert haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: 2. Liga! Regionalliga!)


Das, was Sie, Frau Schipanski, vorgetragen haben, klang
ein bisschen so, als ob Sie sagen wollten: Wenn ihr alle so
wie wir werdet, dann wird alles gut. Aber die Realität sieht
anders aus. Anstatt selbstgefällig zu sagen, dass Ihr Bun-
desland im oberen Drittel der zweiten Liga mitspiele, soll-
ten Sie lieber mit uns darüber streiten, wie wir gemeinsam
wieder aufsteigen können. Ich fordere Sie auf, sich an ei-
ner solchen Diskussion zu beteiligen. Das wäre besser.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich finde es zwar gut, dass sich Henning Scherf selbst-
kritisch mit der sehr schlechten Situation in Bremen aus-
einander setzt. Aber von Ihnen, Frau Schipanski, hätte ich
mir auch ein Wort über das Schulgesetz in Thüringen ge-
wünscht,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


das beispielsweise keine Exit-Optionen enthält, was be-
deutet, dass jemand, der nach der 12. Klasse von der Schule
geht, kein ordentliches Testat über einen erfolgreichen
Schulbesuch hat. Auch das müsste nach meiner Meinung
geändert werden. Anlass zur Selbstkritik besteht für alle.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Kernfrage ist im Grunde genommen, wie viel
Bund die Bildungspolitik braucht. Bevor ich auf diese




Ministerin Dr. Dagmar Schipanski (Thüringen)

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(C)



(D)



(A)



(B)


Frage zu sprechen komme, möchte ich zusammenfassend
darstellen, welche wesentlichen Schlüsse wir Grünen aus
der PISA-Studie ziehen:

Erstens. Die soziale Selektivität in unserem Bildungs-
system – darauf wurde bereits hingewiesen – ist zu hoch.
Sie muss deutlich gesenkt werden. Es kann nicht sein,
dass wir die Bildungsreserven in unserer Gesellschaft
nicht ausschöpfen. Wir brauchen mehr Zugangsgerech-
tigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zweitens. Wir brauchen eine bessere frühkindliche
Bildung, das heißt, unsere Kindergärten sollen in Zukunft
nicht mehr Verwahranstalten, sondern pädagogische Ein-
richtungen sein. Das bedeutet, dass für die Ausbildung der
Erzieherinnen und Erzieher etwas getan werden muss.
Das ist ein zentraler Punkt.

Drittens. Wir brauchen flächendeckend Ganztags-
schulen.Wir brauchen vor allen Dingen nicht mehr vom
Gleichen, das heißt, es darf in den Ganztagsschulen nicht
das, was morgens stattfindet, auf den Rest des Tages aus-
gedehnt werden. Wir brauchen vielmehr Ganztagsschulen
mit eigenständigen pädagogischen Konzepten. Wir wol-
len, dass die Schule wieder in ihre Umgebung, in die Ge-
meinden eingebettet wird. Sie soll eng mit den örtlichen
Sportvereinen sowie mit den Jugend- und Kulturzentren
zusammenarbeiten, sodass es einen lebhaften Austausch
gibt. Die Schule darf kein isolierter Ort sein. Sie gehört
vielmehr zurück in die Gesellschaft. Dazu kann die Ganz-
tagsschule einen besonders guten Beitrag leisten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir glauben auch nicht – das haben wir schon beim

letzten Mal angesprochen –, dass zwischen zentralen
Qualitätsstandards, die wir alle wollen, und der Auto-
nomie der Schule ein Widerspruch besteht. Wir meinen,
dass dies zwei Seiten ein und derselben Medaille sind.
Zentrale Standards und die Autonomie der Schule passen
zusammen und gehören zusammen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der PDS)


Wir wollen Migrantenkinder fördern. Es ist klar, dass
die dort vorhandenen Bildungsreserven ausgeschöpft
werden müssen. Es gäbe enorme soziale Spannungen,
wenn wir hier nicht möglichst früh ansetzen würden.

Wir brauchen des Weiteren – darauf wurde bereits hin-
gewiesen; das ist auch der Kern der heutigen Debatte –
eine regelmäßige nationale Bildungsberichterstattung.
Wir brauchen besser aufbereitete Daten sowie eine Kultur
der Evaluation und des Vergleichs, damit wir – das ist
ganz wichtig – wissen, wo wir stehen, und damit wir mes-
sen können, ob wir unseren Zielen, die wir definieren
müssen, wirklich näher kommen. Deswegen brauchen wir
eine nationale Bildungsberichterstattung im Bereich der
Schulen, der Hochschulen und der Weiterbildung.

Jetzt komme ich auf die Frage zu sprechen, welche
Rolle der Bund spielen soll. Der Begriff der nationalen

Aufgabe ist ja heute schon mehrfach gefallen. Ich sehe
nicht mit großer Freude, dass im Wesentlichen – das gilt
vor allem für die rechte Seite dieses Hauses – nur noch
über die PISA-E-Studie diskutiert wird. Wir müssen viel-
mehr über die PISA-International-Vergleichsstudie re-
den; denn an deren Ergebnissen müssen wir uns orientie-
ren. Deswegen brauchen wir – das ist von zentraler
Bedeutung – einen Sachverständigenrat für Bildung, der
für eine regelmäßige nationale Bildungsberichterstattung
sorgt. Dafür soll nicht der Bund oder die Bundesländer,
sondern ein unabhängiges Gremium zuständig sein, das die
notwendige Distanz zur Politik hat. Das ist ganz wichtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


Ein solches Gremium – deswegen ist die Angst teil-
weise nicht gerechtfertigt – soll keinen Einfluss durch
Kompetenzen, sondern durch Kompetenz und beste-
chende Analysen gewinnen. Das ist ja auch beim Sach-
verständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaft-
lichen Entwicklung und beim Sachverständigenrat für
Umweltfragen der Fall. Der Stellenwert dieser Gremien in
der öffentlichen Diskussion ergibt sich nicht daraus, dass
sie Möglichkeiten haben, direkt Einfluss zu nehmen, son-
dern daraus, dass sie unabhängige Analysen präsentieren.
Genau so etwas brauchen wir auch im Bildungsbereich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der zweite Bereich – er steht heute nicht zur Debatte,
wir haben aber schon darüber gesprochen –, bei dem wir
meiner Meinung nach mehr Engagement des Bundes
brauchen, betrifft die Förderung der Ganztagsschule.Wir
wollen, dass die Ganztagsschulen im Sinne einer An-
schubfinanzierung durch den Bund kofinanziert werden.
Wir sind froh darüber, dass sich die Bundesregierung dazu
entschlossen hat, in den nächsten Jahren insgesamt
4 Milliarden Euro bereitzustellen. Auch das ist ein wich-
tiger Schritt in die richtige Richtung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der dritte Bereich, in dem wir die unmittelbare Not-
wendigkeit sehen, dass sich der Bund engagiert, ist jener
– das ist auch schon mehrfach angeklungen – der Förde-
rung der frühkindlichen Bildung, vor allem der Sprach-
förderung von Migrantenkindern. Da müssen wir in
der nächsten Legislaturperiode liefern.

Der Bund hat also als Akteur in der Bildungspolitik eine
Rolle zu spielen. Wir glauben nicht, dass wir ein Schulrah-
mengesetz analog zum Hochschulrahmengesetz brauchen.
Wir brauchen aber – das ist ganz wesentlich – das Engage-
ment des Bundes in der Bildungspolitik. Der Bund soll über
die entsprechenden Gremien, auch in Kooperation mit der
KMK – diese muss besser werden, aber sie wird weiter be-
stehen –, tätig werden. Eine Reform der Lehrerausbil-
dung ist ganz wichtig. Wir brauchen einen höheren Stel-
lenwert und eine höhere Wertschätzung für die Pädagogik
in der Erzieher- und in der Lehrerausbildung.

Wir brauchen einheitliche Standards. Es ist wirklich
keine Polemik, wenn man sagt: Die Willigkeit und die




Dr. Reinhard Loske

25167


(C)



(D)



(A)



(B)


Bereitschaft der Kultusministerkonferenz, von der Klein-
staaterei wegzugehen und sich solchen zentralen Stan-
dards zu stellen, ist – das möchte ich hier schon noch ein-
mal feststellen – durch Druck von außen und nicht aus
besserer Einsicht zustande gekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es gibt das verfassungsrechtliche Gebot, für Einheit-
lichkeit der Lebensverhältnisse zu sorgen. Es ist nicht
akzeptabel – Frau Schipanski, da stimme ich Ihnen un-
eingeschränkt zu –, dass Kinder dann, wenn die Familie
von der Weser an die Isar wechselt, ein Schuljahr verlie-
ren. Das soll so nicht sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Deswegen ist es jetzt sehr notwendig, einheitliche Stan-
dards hinzubekommen – bei gleichzeitiger Wahrung der
Autonomie.

Wir, gerade auch wir Bildungspolitiker, müssen jetzt
aufpassen – damit schließe ich –, dass diese Debatte nicht
wieder versandet. Wir hatten in den letzten drei Sitzungs-
wochen jeweils Debatten zu dem Thema, eine ganz früh
morgens, eine weitere mittags und jetzt ist es schon
Abend.


(Dr. Gerhard Friedrich [Erlangen] [CDU/ CSU]: Wir wollen ja auch die Ganztagsschule!)


Das ist den Umständen geschuldet – überhaupt keine
Frage –; es ist auch keine parteipolitische Geschichte. Ich
will nur sagen: Wir müssen jetzt wirklich handeln; denn
die Leute gucken auf uns. Sie wollen sehen, dass wir Ver-
besserungen herbeiführen und nicht nur diskutieren. Des-
wegen ist es an uns, jetzt endlich die notwendigen Schritte
zu tun.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424814100
Das Wort hat die Kol-
legin Ulrike Flach für die FDP-Fraktion.


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1424814200
Frau Präsidentin! Meine Damen
und Herren! Das Verhalten von Bund und Ländern nach
den Ergebnissen der PISA-E-Studie entspricht nach unse-
rer Meinung der üblichen deutschen Debattenkultur:


(Jörg Tauss [SPD]: Ja! Richtig!)

Schuldzuweisungen, schleppende Koordination – das
muss ich Ihnen leider sagen, Frau Schipanski – und ein
peinlicher Streit um den besten Platz in der Liga des Mit-
telmaßes. Für die FDP ist es nicht wichtig, welcher Kul-
tusminister sozusagen der Einäugige unter den Blinden
ist; die FDP macht Bildungspolitik für Kinder und nicht
für Kultusminister, Frau Schipanski.


(Zuruf von der CDU/CSU: Frau Flach, Sie waren schon besser!)


PISA hat erneut gezeigt, dass die deutsche Bildungs-
landschaft auf internationaler Ebene nicht mithalten kann.
Deutschland ist Mittelmaß. Ich sage das ganz deutlich,
weil ich die Diskussion damals mitbekommen habe. Den
Bildungsreformern der 70er-Jahre müssten ja eigentlich
die Haare zu Berge stehen, wenn sie sich die Zentralaus-
sage der PISA-Studie zu Gemüte führen. In Deutschland
haben wir es nach 30 Jahren intensivster Bildungsdiskus-
sion nicht geschafft, Chancengleichheit für unsere Kin-
der herzustellen.


(Ernst Hinsken [SPD]: Das ist korrekt!)

Wer aus bildungsfernen Schichten kommt, wird in den
meisten Bundesländern auch darin bleiben. Das ist ein
trauriges Ergebnis, Frau Schipanski, und es ist ein Schlag
ins Gesicht der Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte.

Deswegen sage ich: Lassen Sie uns doch keine Zeit
verlieren! Wir brauchen wirklich eine deutliche Qualitäts-
verbesserung des Bildungssystems und wir brauchen sie
jetzt. Ihre Idee – damit komme ich auf die Damen und
Herren der SPD und der Bündnisgrünen zu sprechen –,


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist gut!)

eine Enquete-Kommission zu diesem Zweck einzuset-
zen, habe ich heute voller Erstaunen vernommen. Das ist
aus unserer Sicht so ungefähr das Kontraproduktivste,
was wir uns überhaupt vorstellen können. Enquete-Kom-
missionen – das weiß jeder in diesem Plenum – sind dazu
da, etwas länger zu reflektieren, und nicht dazu, etwas ak-
tiv anzugehen. Eine solche Kommission ist ein Debattier-
klub und kein Handlungsklub.


(Beifall bei der FDP)

Liebe Kollegen, nach Meinung der FDP brauchen wir

eine schnelle Einigung erstens auf eine vorschulische Er-
ziehung mit Sprachförderprogrammen. Ich begrüße aus-
drücklich, Herr Catenhusen, dass Frau Bergmann heute,
zum Schluss der Legislaturperiode, plötzlich erkannt hat
– das ist ausgesprochen erstaunlich –, dass das notwendig
ist.

Wir brauchen eine Novellierung der Erzieherinnen-
ausbildung. Außerdem brauchen wir Qualitätsstan-
dards und Qualitätsagenturen, die diese Standards regel-
mäßig überprüfen.


(Beifall bei der FDP)

Wir sind für eine regelmäßige zentrale Überprüfung in
der vierten und neunten Klasse. Frau Schipanski, wir sind
nicht der Meinung, dass die Kultusministerkonferenz mit
der erforderlichen Geschwindigkeit an diese Umsetzung
herangeht.


(Beifall bei der FDP – Dr. Gerhard Friedrich [Erlangen] [CDU/CSU]: Die Frau Bulmahn auch nicht!)


Wir brauchen weiterhin – das sage ich immer wieder
besonders gern – einen deutlichen Schwerpunkt in den
Etats der Länder für Bildung. Der Umstand, dass zwi-
schen einigen Ländern ein Unterschied von bis zu einein-
halb Schuljahren erteilten Unterrichts liegt, ist schlicht
ein Skandal. Wir teilen nicht die Meinung derjenigen, die




Dr. Reinhard Loske
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(C)



(D)



(A)



(B)


an dieser Stelle immer lächelnd auf Bayern zeigen und da-
mit sagen wollen, dass weniger Unterricht durchaus mehr
Qualität für unsere Kinder bedeuten kann. Genau das Ge-
genteil ist der Fall.


(Beifall des Abg. Heinz Wiese [Ehingen] [CDU/CSU])


Diese Aufgaben liegen klar vor uns. Aber was ist die
Realität in den Ländern? Die KMK hat – Sie haben das
eben noch einmal deutlich gesagt – die Erstellung von Bil-
dungsstandards bis zum Jahr 2004 beschlossen, und das,
obwohl – auch das haben Sie eben deutlich gesagt – ein
Teil der Länder Standards bereits in den Schubladen hat.
Als harmloser Bundesbildungspolitiker frage ich mich
wirklich:


(Jörg Tauss [SPD]: Harmlos! – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Harmlos“ stimmt aber nicht!)


Warum ist die KMK nicht in der Lage, sich auf solche
Standards zu einigen? Warum liegen sie in den Schubla-
den?


(Beifall des Abg. Ulrich Kasparick [SPD])

Gleichzeitig – das ist für die Menschen draußen im

Lande noch verwirrender – arbeiten sich die Länder an
den unterschiedlichsten Lösungsversuchen ab. In Nord-
rhein-Westfalen gibt es bald zwar – das begrüße ich –
flächendeckende zentrale Überprüfungen des Leistungs-
standes der Schüler; aber gleichzeitig soll unter dem
Spardruck, der auf dem Haushalt lastet, die ab 2003/2004
geplante Einführung von Englisch in der Grundschule
verschoben werden.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

1 300 neue Lehrer werden nicht eingestellt. Das heißt,
ganz schlicht gesagt: Überprüfung von Leistungen, ja,
aber begleitet von einem Verzicht auf Reform und Stel-
lenabbau.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Das ist SPDSchulpolitik in NRW! – Ulrich Heinrich [FDP]: Die stecken alles in den Bergbau!)


Das ist eine bildungspolitische Bankrotterklärung.
In Niedersachsen beleidigt Ministerpräsident Gabriel

die Lehrer, anstatt die Leistungsträger, die wir für Refor-
men dringend brauchen, zu unterstützen.


(Beifall des Abg. Thomas Rachel [CDU/ CSU] – Zuruf von der SPD: Wie war das in Hamburg ?)


Lehrer sind schließlich diejenigen, die eine Qualitätsver-
besserung des Unterrichts in der Praxis umsetzen sollen.
Ich empfehle doch sehr, diesem Berufsstand etwas mehr
Aufmerksamkeit zu widmen, als das in der Vergangenheit
der Fall war. Ich stimme in diesem Zusammenhang aus-
drücklich der Forderung von Herrn Loske zu, dass wir
eine Reform der Lehrerausbildung dringend brauchen.
Auch was diesen Punkt angeht, frage ich mich seit vielen
Jahren, warum es in den deutschen Bundesländern 42 ver-
schiedene Formen von Lehrerausbildung gibt. Also

spricht eigentlich nichts dafür, dass man bisher für uns
alle zukunftsorientiert gearbeitet hat.


(Beifall bei der FDP)

Wir begrüßen, dass Bundeskanzler Schröder bereit ist,

den Ausbau der Ganztagsschulen zu intensivieren.

(Beifall der Abg. Christa Lörcher [fraktionslos] – Jörg Tauss [SPD]: Das ist gut! Aber können wir mal was über Hamburg hören?)


Statt allerdings mit den Ländern über ein gemeinsames
Konzept zur Ganztagsbetreuung zu sprechen, lieber Herr
Tauss, statt die Kommunen als Schulträger zu entlasten,
statt die PISA-Defizite mit Modellschulen gezielt abzu-
bauen, wird das Ganze als plakative Wahlkampfdebatte
über die Ganztagsschule gefahren und diese Debatte wird
nach dem 22. September wahrscheinlich ruckartig enden.


(Beifall bei der FDP – Ulla Burchardt [SPD]: Brandenburg!)


Die Menschen, liebe Freunde und Nichtfreunde, haben
ob dieses wilden Gewusels ganz normal reagiert.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Hamburg!)


Ich glaube, wir alle haben mit sehr großem Interesse
gelesen, dass 69 Prozent der Deutschen es leid sind, wie
wir über Bildung debattieren. Sie wollen eine bundesein-
heitliche Regelung für Deutschlands Schulen. Ich bin
sicher – ich würde es sogar begrüßen –, dass es nicht mehr
lange dauern wird, bis die ersten Klagen auf Schaffung
einheitlicher Lebensumstände auf dem Tisch liegen.
Die Bürger dieses Landes haben sehr wohl ein Gefühl
dafür, wenn Politik versagt, und sie haben ein Recht da-
rauf, überall eine gleichwertige Schulausbildung für ihre
Kinder angeboten zu bekommen.

Unsere gemeinsame Aufgabe ist, dies zu gewährleis-
ten, und zwar nicht durch Streit, sondern durch das Fest-
legen von Qualitätskriterien, die überall gelten. Wie die
Länder diese Qualität erreichen, Frau Schipanski, ist mir
völlig egal. Hauptsache, sie legen die Latte hoch. Wie sie
diese Latte überspringen, kann und muss uns, den Bun-
desbildungspolitikern, gleich sein. Wichtig ist, dass die
Länder diese Qualität erreichen und dass unsere Kinder
die entsprechenden Qualitätsausbildungen bekommen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar Worte zum
Thema Bildungsbericht sagen. Ich finde es beruhigend,
dass die SPD endlich auf den Weg gekommen ist. Der An-
trag der FDP ist bereits vor der Kultusministerkonferenz,
liebe Frau Schipanski, auf dem Weg gewesen. Wie Sie
wissen, sind wir der Meinung, dass wir einheitliche
Datenerhebungen für dieses Land brauchen.

Ich bin gern bereit, mit Ihnen über den Sachverstän-
digenrat zu reden. Deswegen werden wir uns bei Ihrem
Antrag enthalten. Ich hoffe, dass wir dann auch wirklich
spätestens im nächsten Jahr eine gemeinsame Daten-
sammlung haben. Dann werden wir uns alle wiedertreffen
und schauen, was wir daraus machen können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU])





Ulrike Flach

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(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424814300
Für die SPD-Fraktion
spricht jetzt der Kollege Ernst Dieter Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1424814400
Frau Präsiden-
tin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diese Debatte,
die sich ja in manchen Punkten wiederholt, möchte ich
gerne drei Bemerkungen einbringen, eine, um Klarheit
herzustellen, eine, um Nachdenklichkeit hervorzurufen,
und eine zur Nachhaltigkeit.

Zur Klarheit: Frau Schipanski und auch andere Spre-
cher aus der Opposition könnten vielleicht klarstellen, wie
sie es mit dem Angebot von Ganztagsschulen halten wol-
len.


(Beifall bei der SPD)

Die FDP signalisierte ja immerhin zu dem Angebot, das
die Bundesregierung bzw. der Bundeskanzler über die
Bundesbildungsministerin gemacht hat, jetzt verbal, nicht
im Antrag, Zustimmung. Von der CDU/CSU erwarten wir
noch klare Aussagen. Allein der Hinweis darauf, dass
Mischfinanzierungen schlecht seien, wird nicht dem ge-
recht, worüber in der Kultusministerkonferenz offensicht-
lich schon Übereinstimmung herrscht,


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das war vor drei Wochen! Die Geschichte ist weitergegangen! – Dr. Gerhard Friedrich [Erlangen] [CDU/CSU]: Das ist einstimmiger Beschluss der Ministerpräsidenten!)


nämlich dieses gemäß dem Wunsch der Eltern und der
Schulen auszubauen. Das stellt eine bildungspolitische
Chance dar. Deshalb stellen Sie jetzt Klarheit her; maxi-
mal sollten Sie sich bis zu den Haushaltsberatungen Zeit
lassen, denn die Menschen in Deutschland wollen Klar-
heit darüber.


(Beifall bei der SPD– Dr. Gerhard Friedrich [Erlangen] [CDU/CSU]: Nein! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Da bin ich mir nicht sicher!)


Sie wollen das Programm für Ganztagsschulen und auch,
dass 4 Milliarden vom Bund eingestellt werden. Insoweit
besteht der Wunsch nach Klarheit.

Zur Nachdenklichkeit und zur Frage des Bildungsbe-
richtes:Wir haben ja schon viel Übereinstimmung in Be-
zug auf nationale Bildungsstandards, auf ein Kerncurri-
culum und auf manche Strukturreformen, so zum Beispiel
bei der Förderung im frühkindlichen Bereich und im
Grundschulbereich, erzielt. Ich frage mich nur, ob wir uns
das Tabu leisten können, Schulstrukturen vollständig aus
der Diskussion auszublenden. Dieses Tabu trägt ja nicht
durch; wir wissen doch, wie Qualitäten, Standards, Über-
gänge in andere Schullaufbahnen und Auswahlmechanis-
men mit Strukturen verbunden sind. Deshalb bitte ich die
Kultusministerkonferenz, in diesem Punkt selbstbewusst
zu sein. Wer wirklich den Aufbruch will, darf nicht Tabus
dulden, auch nicht das Tabu, Schulstrukturen von der Be-
trachtung und der Analyse auszunehmen.

Wenn die Kultusministerkonferenz in sich so verfan-
gen ist, dass sie sich daran aufgrund der Länderkonkur-
renz nicht wagt, dann kann sie sich vielleicht von einem

unabhängigen Sachverständigenrat den Spiegel vor-
halten lassen und davon ausgehend diese Punkte abarbei-
ten. Die OECD hat das 1971 angeboten, die Kultusminis-
terkonferenz hat es damals abgelehnt. Vielleicht sind wir
ja in Deutschland auf einen Extremweg geraten, denn an-
dere föderative Länder wie Kanada erzielen deutlich
bessere Bildungsergebnisse. Kanada hat zwar auch föde-
rative Strukturen, ist aber nicht in 16 Länder, elf Schul-
systeme und 42 Lehrerausbildungsgänge, wie von Ihnen,
Frau Flach, schon gesagt, zerklüftet. Es darf also beim
Nachdenken keine Tabus geben. Man muss bereit sein,
sich den Spiegel von einer unabhängigen Sachverständi-
genkommission vorhalten zu lassen und das dann aufzu-
nehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zu Ihrer Forderung nach Nachhaltigkeit und langfristi-
gen Überlegungen, Frau Flach, sage ich: Selbstverständ-
lich werden wir von Bundesebene den Prozess, der ja nicht
zuletzt auf Druck des Bundes und anderer – das gestehe ich
fair zu – im Schulbereich entstanden ist, nicht dadurch
konterkarieren, dass wir in einer möglichen Enquete aus-
gerechnet Schulfragen an erster Stelle beraten. Aber wenn
wir unser Versprechen von langfristigen und nachhaltigen
Strukturreformen in der Bildung und ihrer Priorität ernst
meinen, dann haben wir auch auf Bundesebene Anlass, uns
mit unabhängigen Sachverständigen in einer Enquete über
zukünftige bildungspolitische Fragen, die jetzt schon am
Horizont auftauchen, zu beraten. Solche Fragen beziehen
sich zum Beispiel auf Weiterbildung, Bildungsansprüche
und -zugänge und setzen sich mit Europa und dem inter-
nationalen Zusammenwachsen auseinander.

Deswegen nehmen wir die Anregungen aus einer ins-
gesamt guten Bildungsbilanz ernst, wie es der Bundes-
kanzler und andere jetzt gemacht haben, und leisten das,
was wir können. Wir regen an, die Sprungkraft, die bil-
dungspolitische Fragen jetzt im Bund haben, dort sach-
kundig so zu bündeln, dass wir selber ein gutes Beispiel
dafür abgeben, und die Probleme nicht erst so weit auf-
wachsen zu lassen, dass man ihrer nicht Herr wird, son-
dern sie so früh in den Blick zu nehmen, dass man sie noch
mitgestalten kann. Da stellen sich auch uns auf Bundes-
ebene viele wichtige Fragen.

Danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424814500
Die nächste Rednerin
ist die Kollegin Maritta Böttcher für die PDS-Fraktion.


Maritta Böttcher (PDS):
Rede ID: ID1424814600
Frau Präsidentin! Liebe Kol-
leginnen und Kollegen! Natürlich freue auch ich mich
über die Aufmerksamkeit für das Thema, sehe aber
gleichzeitig die Gefahr, dass in dem kleinlichen Hin und
Her zwischen so genannter SPD- und CDU-Bildungspo-
litik die wichtigsten Reformperspektiven verloren gehen.
Das haben die Aktuelle Stunde vergangene Woche und
leider auch mancher Ansatz in der heutigen Debatte ge-
zeigt. Es werden willkürlich Daten aus dem Zusammen-






(C)



(D)



(A)



(B)


hang gerissen, um schon vorher feststehende Urteile zu
bestätigen. Jeder sucht sich heraus, was ihm gerade in den
Kram passt.

So ist allerorten von einem Nord-Süd-Gefälle die
Rede. Sieht man sich die Studie aber etwas genauer an,
ergibt sich ein wesentlich differenzierteres Bild. Gravie-
rende Struktur- und Entwicklungsunterschiede werden
dort nämlich nicht an der Himmelsrichtung festgemacht,
sondern als Strukturbrüche zwischen den alten und den
neuen Ländern sowie den Stadtstaaten ausgemacht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ach Gott!)

So stellen die Autoren beispielsweise fest, dass der in den
alten Ländern erst für 2010 zu erwartende demographische
Abschwung in den neuen Ländern bereits voll im Gang ist
und die strukturschwachen und bevölkerungsarmen Län-
der vor schwerwiegende Probleme stellt, die auch im Hin-
blick auf die Schulentwicklung zu bewältigen sind.

Weiter werden die großen Disparitäten der Lebensver-
hältnisse in Deutschland vor Augen geführt. Der Ver-
gleich zeigt, dass die neuen Länder mehr als den doppel-
ten Anteil am Bruttoinlandsprodukt aufwenden müssen,
um eine einigermaßen vergleichbare Versorgung im Bil-
dungswesen sicherzustellen.

Erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern finden
sich auch in der relativen Besetzung der unterschiedlichen
Schulformen. So wird festgestellt, dass sich die Haupt-
schule in den neuen Ländern als eigenständiger Bildungs-
gang nicht mehr durchsetzen konnte und dafür der Besuch
der Realschule bzw. der Mittelschule, Sekundarschule
oder in Brandenburg der Gesamtschule bei etwa 50 Pro-
zent liegt. Auch derartige Verhältnisse, die in keinem der
alten Länder anzutreffen sind, haben offensichtlich nicht
zu besseren Leistungen geführt. Daraus jedoch den
Schluss zu ziehen, dass es keinen Zusammenhang zwi-
schen Schulsystem und Schülerleistungen gibt, oder gar,
dass sich frühe Selektion und gegliedertes Schulwesen
bewährt haben, greift meines Erachtens zu kurz. Dann
könnte man aus dem Zusammenhang „Je höher die Per-
sonalkosten pro Unterrichtsstunde, desto schlechter das
mittlere Leistungsniveau“ ja ebenfalls folgern, dass man
kein Geld mehr braucht, oder aus den relativ günstigen
Schüler-Lehrer-Relationen in den neuen Ländern schlie-
ßen, dass man eigentlich nur die Klassen vergrößern muss.

Um zu dem eigentlichen Problem vorzudringen, muss
man sich offensichtlich mehr Gedanken darum machen,
was alle deutschen Bundesländer trotz unterschiedlicher
Schulsysteme gemeinsam haben. Das ist eben das geglie-
derte Schulwesen in unterschiedlichen Ausprägungen,
aber überall mit früher Selektion, mit Aufteilung der Kin-
der in unterschiedliche Leistungsgruppen und Schulfor-
men. Dass dieses System nicht begabungsgerecht fördert,
zeigt nicht der innerdeutsche, sondern der internationale
Vergleich. Er zeigt auch, dass man konstruktiv und indi-
viduell mit Leistungsdifferenzen umgehen kann – ohne
Abschieben und Sitzenbleiben.


(Beifall der Abg. Dr. Ruth Fuchs [PDS])

Dahin müssen wir gemeinsam kommen.

Nach jüngsten Umfragen befürworten immerhin mehr
als zwei Drittel aller Bundesbürger ein einheitliches Schul-

und Bildungssystem. Das wird ohne Schulstrukturrefor-
men nicht zu machen sein. Aber die gesellschaftliche Ak-
zeptanz ist offensichtlich gegeben. Nun kommt es darauf
an, abgestimmte Schritte in Richtung eines solchen Bil-
dungssystems zu gehen. Der Handlungsbedarf in den ein-
zelnen Ländern ist dabei möglicherweise unterschiedlich.
Am Ende müssten aber gemeinsame Bildungsziele und
Modalitäten für deren verbindliche Umsetzung stehen.

Dabei ist klar: Der Übergang von einem hochselekti-
ven System in ein integriertes System, das den Schwer-
punkt auf die bestmögliche individuelle Förderung aller
legt, ist eine enorme pädagogische und zugleich politische
Herausforderung. Dazu müssen die PISA-Daten weiter
analysiert und in Zusammenhänge gerückt werden, die
praktische Schlussfolgerungen ermöglichen. Einen An-
fang für diesen Prozess stellen die anstehenden Entschei-
dungen für einen nationalen Bildungsbericht und einen
Sachverständigenrat dar, denen wir zustimmen, obwohl
unser diesbezüglicher Entschließungsantrag vor zwei
Wochen hier keine Mehrheit gefunden hat und der Kanz-
ler mit seiner Forderung nach einem Schulrahmengesetz
sogar noch einen Schritt weiter geht.

Aber wichtiger als das ganze Kompetenzgerangel ist
doch, dass begonnen wird, an gemeinsamen Lösungen zu
arbeiten, damit alle Kinder gleiche Chancen erhalten kön-
nen.


(Beifall bei der PDS)

Dass die inhaltliche und strukturelle Neuordnung des Bil-
dungswesens auf keinen Fall den Politikern allein über-
lassen werden darf, haben die Auseinandersetzungen in
den letzten Wochen hinreichend deutlich gemacht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, dass nach
dem 22. September die Diskussion nicht plötzlich aufhört,
sondern wir ein Stück weitergekommen sind in der Ent-
wicklung des Bildungswesens in Deutschland.


(Beifall bei der PDS sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424814700
Das Wort hat der Kol-
lege Ernst Küchler für die SPD-Fraktion.


Ernst Küchler (SPD):
Rede ID: ID1424814800
Frau Präsidentin! Liebe Kolle-
ginnen! Liebe Kollegen! Meine Damen! Meine Herren! Im
Mittelpunkt der Debatte um die Reform unseres Bildungs-
systems – das hat der Staatssekretär schon gesagt – stehen
naturgemäß die Schulen. Zur Reformbedürftigkeit unseres
Schul- und Bildungssystems hat die SPD inzwischen die
Ihnen bekannten und hier bereits debattierten Vorschläge
unterbreitet. Eine grundlegende Bildungsreform muss in-
des sowohl den vorschulischen Bereich als auch den Be-
reich der Weiterbildung ins Auge fassen. Ich will mich hier
auf den Bereich der Weiterbildung beziehen.

Würden wir auch den Weiterbildungsbereich mit stren-
gen Maßstäben hinsichtlich Qualität und Effektivität un-
tersuchen und vergleichen, so würden – das vermute ich –
die Ergebnisse auch nicht gerade schmeichelhaft ausfallen.


(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das ist zu befürchten!)





Maritta Böttcher

25171


(C)



(D)



(A)



(B)


Die SPD-Fraktion hat in dieser Legislaturperiode das
Thema Weiterbildung und Weiterbildungspolitik mehr-
fach auf die Tagesordnung gesetzt, um die Defizite in die-
sem inzwischen größten Bildungsbereich zu thematisie-
ren und zu beginnen, sie zu beheben. Stichworte hierzu
sind der Zugang zur Weiterbildung, die Qualitätssiche-
rung, die Weiterbildungsfinanzierung, die Transparenz
auf dem Weiterbildungsmarkt und die Beratungsdefizite.

Eines hat uns PISA eindringlich vor Augen geführt:
Die soziale Selektion sowie die mangelhafte Durchlässig-
keit und Förderung unseres Schulsystems sind Ursachen
für unser schlechtes Abschneiden im internationalen Ver-
gleich. Diesbezüglich kann sich kein Bundesland rühmen,
besser als das andere dazustehen.

Diese Selektion und die damit verbundene ungleiche
Verteilung der Chancen im Bildungs- und Beschäfti-
gungssystem setzt sich im Weiterbildungsbereich fort, und
zwar dramatisch. Die Erfolgreichen in der Schule nehmen
weit überdurchschnittlich an Weiterbildungsmaßnahmen
teil. Sie haben beruflich Erfolg und festigen ihn durch die
ständige Teilnahme an Weiterbildungs- und Qualifizie-
rungsmaßnahmen. Die Schulversager sind nicht nur die
Verlierer in der Schule, sondern auch im Berufsleben.


(Zuruf von der SPD: Leider ja!)

Hier muss eine Weiterbildungspolitik ansetzen, um

Chancen auch für jene zu eröffnen, die in der ersten Bil-
dungsphase gescheitert sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen mehr Schulen der zweiten Chance und wir
müssen Benachteiligte durch gezielte Programme berufli-
cher Weiterbildung verstärkt fördern, wie wir dies zum
Beispiel mit dem Programm „Kompetenzen fördern – be-
rufliche Qualifizierung für Zielgruppen mit besonderem
Förderungsbedarf“ bereits begonnen haben.


(Beifall bei der SPD)

Eine Gruppe mit besonderem Förderungsbedarf sind

Migrantinnen und Migranten. Wir haben mit dem Zu-
wanderungsgesetz die Voraussetzungen geschaffen, für
Migrantinnen und Migranten Ansprüche zu begründen, an
Sprach- und Integrationskursen teilzunehmen, um die
Voraussetzungen zu schaffen und zu verbessern, auch be-
ruflich erfolgreich zu sein.


(Beifall bei der SPD)

Wir haben mit dem JUMP-Programm über

400 000 Jugendliche erreicht, die oft aufgrund fehlender
Schulabschlüsse oder als Schulabbrecher keine Ausbil-
dung bzw. keine Arbeit erhalten haben, um sie mit einer
Palette zielgerichteter Maßnahmen weiterzuqualifizieren
und Brücken in das Berufsleben zu schlagen.


(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wenn Weiterbil-

dung so wichtig ist, wie immer beschrieben wird, dann
müssen wir unsere Anstrengungen zur Schaffung eines
Weiterbildungssystems weiter verstärken. Lassen Sie
mich hierzu noch einmal an einige Initiativen der Bun-
desregierung und der Mehrheitsfraktionen erinnern:

Die Programme von Bund und Ländern zur Qualitäts-
sicherung in der Weiterbildung haben gezeigt, dass es
gute und gelungene Modelle zur Qualitätssicherung gibt,
die wir in Zukunft zu einem flächendeckenden und ver-
bindlichen System weiterentwickeln werden und weiter-
entwickeln müssen.

Die Vernetzung der Weiterbildungseinrichtungen und
Anbieter im „Netzwerk lernender Regionen“ und die
große Resonanz, die dieses Programm inzwischen gefun-
den hat, weisen in die richtige Richtung. Es wird dafür ge-
sorgt, dass in einem ausgewogenen Verhältnis von Ko-
operation und Konkurrenz Weiterbildungsnetzwerke
entstehen, die sicherstellen, dass die Transparenz gestärkt
wird, dass die Beratung den Teilnehmern die Orientierung
erleichtert, dass Qualitätswettbewerb stattfindet und dass
Synergieeffekte entstehen, die einen wirtschaftlichen Mit-
teleinsatz ermöglichen. Die Schnittmengen der Interessen
der Weiterbildungsanbieter in einer Region sind zu defi-
nieren und verbindliche Vereinbarungen in Weiterbil-
dungsverbünden sind zum Nutzen der Verbraucher anzu-
streben.

Stichwort Verbraucher. Wir haben die Stiftung Waren-
test beauftragt, eine Stiftung Bildungstest vorzubereiten
und mit ersten Tests Weiterbildungsangebote unter die
Lupe zu nehmen. Die Stiftung Bildungstest schafft
Transparenz und Wettbewerb, sie gibt den Verbrauchern
Orientierung und Schutz und zwingt die Anbieter, ihre
Angebote qualitativ ständig zu verbessern.

Die Bundesregierung hat eine Expertenkommission
zur Weiterbildungsfinanzierung eingesetzt, die einen
ersten Zwischenbericht vorgelegt hat. Ihm ist zu entneh-
men, wie vielfältig, aber auch wie diffus die Weiterbil-
dungsfinanzierung derzeit noch ist. Wir werden uns in der
nächsten Legislaturperiode mit den Ergebnissen der Stu-
die beschäftigen müssen, um zu entscheiden, wie wir An-
reizsysteme schaffen und wie wir Motivation stärken kön-
nen. Ein Blick auf Weiterbildungsfinanzierungssysteme
in europäischen Nachbarländern kann da sehr hilfreich
und aufschlussreich sein.

Wir haben den Aspekt der Weiterbildung und der be-
ruflichen Qualifizierung inzwischen in mehreren Geset-
zen gestärkt und verankert. Zu erwähnen sind das Be-
triebsverfassungsgesetz, das Job-AQTIV-Gesetz und das
von mir bereits erwähnte Zuwanderungsgesetz.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424814900
Herr Kollege Küchler,
bevor Sie noch weitere Gesetze aufzählen, möchte ich Sie
darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit zu Ende ist.


Ernst Küchler (SPD):
Rede ID: ID1424815000
Ich komme zum Ende. – Weiter-
bildung darf in Zukunft nicht nur ein Thema der Bildungs-
politik sein. Weiterbildungspolitik ist eine Querschnittsauf-
gabe der Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitik. In
diesem Sinne werden wir den eingeschlagenen Weg in der
nächsten Legislaturperiode fortsetzen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)





Ernst Küchler
25172


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424815100
Jetzt spricht der Kol-
lege Dr. Gerhard Friedrich für die Fraktion der
CDU/CSU.

Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) (CDU/CSU) (von
Abgeordneten der CDU/CSU und FDP mit Beifall be-
grüßt): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen! Gestern im Ausschuss habe ich unsere Ausschuss-
vorsitzende sehr gelobt. In Bezug auf PISA muss ich
feststellen, liebe Frau Kollegin Flach, dass Sie ein biss-
chen zwischen Ihrem Parteivorsitzenden und dem Kolle-
gen Gerhardt hin und her eiern. Kollege Gerhardt hat hier
in der vorletzten Sitzungswoche eine sehr gute Rede ge-
halten.


(Jörg Tauss [SPD]: Na ja! – Ulrike Flach [FDP]: Aber Herr Tauss war anderer Meinung!)


Wenn Sie sich daran orientieren und sich vom Parteivor-
sitzenden, der wie der Bundeskanzler einige populistische
Neigungen hat, nicht beeinflussen lassen, dann sind wir
uns sehr schnell einig.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Ich fand die Rede eher peinlich!)


Herr Staatssekretär Catenhusen hat zu Recht betont,
dass wir im Hinblick auf die Schulpolitik dabei sind, ideo-
logisch abzurüsten. Herr Staatssekretär, ich kann nur nicht
verstehen, warum Ihr Bundeskanzler und Ihre Ministerin
ständig rhetorisch aufrüsten. Was wir in diesem Saal an
Beschimpfungen über uns haben ergehen lassen müssen,
weil wir die Zuständigkeit der Länder für die Schulen ver-
teidigt haben, das war schon saftig.

Sie schauen mich so kritisch an, Herr Kollege Müller.
Ich habe mir aufgeschrieben, was Sie neulich in Ihrer
Freundlichkeit gesagt haben. Sie sagten, wir seien
schlicht kleinkariert.


(Ulrike Flach [FDP]: Unglaublich!)

Ein Generalsekretär hat gesagt: Die Föderalisten sind zur-
zeit die Separatisten. Die Bildungsministerin hat noch ei-
nen draufgesetzt und gesagt: Wer die Kulturhoheit der
Länder verteidigt, ist ein Kirchturmpolitiker.


(Ulrike Flach [FDP]: Wer hat so etwas Böses gesagt?)


He
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1424815200
Wir müssen den Kirchturm bald wegen
Überfüllung schließen. In dem Kirchturm befinden sich
nämlich inzwischen auch der sozialdemokratische Bun-
despräsident und


(Jörg Tauss [SPD]: Nein, wir sind in der Kirche, nicht im Kirchturm!)


der sozialdemokratische Ministerpräsident des Landes
Nordrhein-Westfalen. Sogar die niedersächsische Kultus-
ministerin wehrt sich gegen ihre eigene Landesvorsit-
zende und sagt, sie verstehe gar nicht, warum der Bund ihr
in die Schulpolitik reinreden möchte.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Alle kommen in unseren Kirchturm. Wenige bleiben in-
zwischen lieber draußen. Herr Kollege Tauss, damit kön-
nen wir ganz gut leben.


(Jörg Tauss [SPD]: Geht ihr in den Kirchturm! Wir gehen in die Kirche!)


Die SPD hat null Chance, sich gegen ihre eigenen Län-
der durchzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Abwarten!)


Es gibt nämlich einstimmige Beschlüsse der Kultusminis-
ter. Bei anderen Debatten waren wir uns doch bereits da-
rüber einig, dass wir nicht wollen, dass die Ministerpräsi-
denten zu reinen Verwaltungspräsidenten der Länder und
die Landtage zu reinen Petitionsausschüssen werden.

Wir haben Gründe, weshalb wir die Kulturhoheit der
Länder verteidigen. Den ersten Grund hat Frau Ministe-
rin Schipanski bereits angedeutet: Es ist doch wirklich
nicht sicher, dass einheitliche Lösungen immer auch rich-
tige Lösungen sind.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Wir wollen einen Wettbewerbsföderalismus!)


Lieber Herr Kollege Müller, zurzeit werden immer
wieder nationale Standards gefordert. Ich frage mich, wel-
che das sein sollen. Vielleicht meint Ihr Bundeskanzler
die derzeitigen Standards in Niedersachsen. Das würde
bei den bayerischen Eltern Panik auslösen.

Wir wollen diese Standards nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen das wettbewerbliche Verhältnis beibehalten.
Das Problem ist nicht die Kulturhoheit der Länder. In der
Vergangenheit war eine mangelnde Qualitätskontrolle
das Problem. Kaum gibt es internationale und nationale
Vergleichstests, stellen wir fest: Kein Kultusminister, egal
welcher Partei, kann ignorieren, welche Defizite in sei-
nem Land vorhanden sind. Jetzt fassen die Kultusminister
einstimmige Beschlüsse. Es ist doch nicht so, dass sie
nicht wissen, was zu tun ist.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Genau!)

Ich komme auf die nationalen Bildungsstandards

zurück, die jetzt in einem Bundesrahmengesetz verankert
werden sollen. Juristisch betrachtet geht das übrigens
nicht: Man kann Lehrpläne – auch zusammenge-
schrumpfte – nicht in Form eines Gesetzes verabschieden.
Außerdem ist im Bildungsministerium des Bundes null
Sachverstand für Schulen und Lehrpläne vorhanden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das heißt, dass Sie erst einmal Gutachten in Auftrag ge-
ben müssten; dann würden die Länder nach zwei Jahren
– wenn ihnen die Gutachten vorliegen – mit Ihnen im
Bundesrat verhandeln. Die Kultusminister der Länder
sind aber nicht so langsam; sie sind schneller als Ihre Gut-
achter, die Sie offensichtlich erst einsetzen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Tauss, hinsichtlich der Berichterstat-

tung möchte ich zunächst einmal feststellen, dass Frau






(C)



(D)



(A)



(B)


Ministerin Bulmahn etwas bescheidener und zurückhal-
tender auftreten sollte. Sie hat einmal gesagt – den ent-
sprechenden Zeitungsartikel habe ich in meinen Unterla-
gen –, sie würde das Ganze erzwingen, wenn die Länder
nicht mitmachen.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Wo ist denn die Frau Bulmahn?)


Ich sage Ihnen eines: Wenn Ihnen die Länder die Da-
ten nicht liefern, dann besteht Ihr Bericht über die Schu-
len aus lauter leeren Seiten. Die Frau leidet zurzeit ein
bisschen unter Größenwahn.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Sie können nichts erzwingen. Was macht die starke Mi-
nisterin, wenn ihr die bayerische Kultusministerin keine
Daten liefert?


(Zuruf von der CDU/CSU: Papiertiger!)

Sie sollte versuchen, sich gegen ihre eigene, niedersäch-
sische Kultusministerin durchzusetzen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Damit hat sie genug zu tun! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das schafft sie nicht!)


Nicht einmal das schafft sie.
Ihr Vorschlag ist zwar nicht ganz abwegig,


(Jörg Tauss [SPD]: Na also!)

aber erzwingen können Sie die Umsetzung nicht. Es wäre
besser, bescheiden aufzutreten und vernünftig mit den
Ländern zu verhandeln, als die Länder einleitend erst ein-
mal zu beschimpfen. Was ist an Ihrem Vorschlag ver-
nünftig? Wir verfügen über keine vergleichbaren Daten
aus dem Schulsektor.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist Fakt!)

Die Kultusministerkonferenz hat jetzt beschlossen, einen
entsprechenden Bericht für den Schulsektor selbst zu er-
arbeiten. Warten wir doch einmal ab, was dabei heraus-
kommt!

Wir tragen für den Hochschulbereich und für den Be-
reich der beruflichen Bildung gemeinsam Verantwortung.
Einige Daten werden von den Ländern und einige vom
Bund erfasst. In unserem Antrag steht, dass wir diese Da-
ten irgendwann einmal zusammenführen müssen.


(Ulrike Flach [FDP]: Nicht irgendwann einmal!)


Wenn Frau Bulmahn etwas solider und zurückhaltender
vorginge,


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Kann sie doch gar nicht!)


würde sie vielleicht feststellen, dass auch die Länder auf
Dauer erkennen werden, dass wir letzten Endes so etwas
wie einen gemeinsam Bericht bekommen können, wenn
wir die Daten zusammenführen.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber Herr Friedrich, wir sind dafür bereits zu alt! Wir können nicht mehr so lange warten!)


Ihre Drohungen sind im Wahlkampf verständlich, in der
Sache bringen sie überhaupt nichts.

Ich will meine Redezeit heute nicht ausnutzen, weil wir
nachts um zehn nicht mehr die Welt verändern können,
aber ich möchte abschließend noch die Frage meines Kol-
legen Rossmann beantworten. Wenn ich die Berichte und
Beschlüsse der Kultusministerkonferenz in Sachen PISA-
Studie lese und wenn ich das lese, was Sie, Herr Staatsse-
kretär, immer so stolz erwähnen, nämlich den Bericht des
Forums Bildung – das ist ein guter Bericht; da hat man
nicht erst die Länder beschimpft, sondern mit ihnen ver-
nünftig gesprochen und deshalb ist etwas dabei herausge-
kommen –,


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: War das nicht auch die Bildungsministerin, die das eingeleitet hat?)


dann finde ich dort zur Schulorganisation nur die An-
merkung, dass sie nicht wichtig ist. Nach dem Vorschlag
Ihres Bundeskanzlers ist die Ganztagsschule die Lösung.


(Zurufe von der SPD: Nein! – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Keinen Popanz aufbauen!)


– Das versteht das Volk so. Wenn das nicht stimmt, muss
er sich etwas differenzierter äußern.

Ich wiederhole, was wir meinen – ich habe es schon vor
zwei Wochen gesagt –: Wir brauchen aus familienpoliti-
schen Gründen – das hat mit Bildungspolitik und PISA
nichts zu tun –


(Ulrike Flach [FDP]: Das stimmt wohl!)

Ganztagsbetreuung entsprechend der Nachfrage.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Mit 4 Milliarden sind Sie dabei!)


Da gibt es Defizite, auch in Bayern. Der Bundeskanzler
hat doch Recht: Wir sind uns immer einiger. Warum be-
schimpfen wir uns dann gegenseitig?


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber in Ihrem Antrag steht so etwas nicht drin!)


Jetzt komme ich zu PISA und zur Bildungspolitik. Das
Hauptproblem ist, dass die Gruppe der ganz schwachen
Schülerinnen und Schüler zu groß ist. Bundesweit gehört
fast ein Viertel aller Schüler dazu; in Bayern sieht es ein
bisschen besser aus, in Nordrhein-Westfalen ein bisschen
schlechter, aber im Prinzip ist es ein gemeinsames Pro-
blem. Jetzt sagen die Kultusminister einstimmig: Wichtig
ist der Unterricht, wichtig ist individuelle Förderung und
wir müssen mehr darauf achten, dass das Wissen in der
Praxis angewendet werden kann. Wenn wir feststellen,
dass wir für diese Problemgruppe nachmittags zusätzli-
chen Unterricht brauchen, werden wir für diese in den
von der Union regierten Ländern Ganztagsschulen ein-
führen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424815300
Herr Kollege, gestat-
ten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Rossmann?


Dr. Gerhard Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1424815400
Bitte.




Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen)

25174


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1424815500
Da Sie mich per-
sönlich angesprochen hatten, möchte ich noch einmal prä-
zise nachfragen: Stehen Sie dazu, dass ein 4-Milliarden-An-
gebot des Bundes von Ihnen mit getragen und auch in die
Länder hinein vermittelt wird? In Ihrem Antrag finden wir
dazu keine präzise direkte Stellungnahme und keine Aus-
sage, sondern nur eine Kritik an der Mischfinanzierung, was
nahe legt, dass Sie nicht dazu stehen. Die Öffentlichkeit und
wir erwarten aber eine Antwort auf diese Frage.


Dr. Gerhard Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1424815600
Lie-
ber Kollege Rossmann, ob wir das Geld annehmen, hängt
davon ab, ob Sie die Wahl gewinnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie die Wahl verlieren, wovon wir ausgehen, wer-
den wir als künftige Bundesregierung und Regierungsko-
alition etwas ganz anderes machen. Wir werden dort, wo
der Bund wirklich zuständig ist, zum Beispiel bei Aus-
landsschulen und im Hochschulbau, mehr Geld zur Ver-
fügung stellen und dadurch die Länder entlasten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das wollten wir hören!)


Dann haben die Länder Spielraum, um ihre eigenen Auf-
gaben ohne Hilfe des Bundes zu erfüllen.

Ich darf Ihnen – ich komme zum Schluss meiner Rede,
Frau Präsidentin – noch sagen, dass Sie eines völlig ver-
gessen haben: Es gibt einen einstimmigen Beschluss der
Ministerpräsidenten aller Länder, auch der SPD-Minister-
präsidenten, dass Mischfinanzierung schlecht ist und ab-
gebaut werden soll, weil Verantwortung verwischt wird,
weil wir nicht mehr wissen, wer für die Fehler in den
Schulen verantwortlich ist: Ist es Frau Ministerin
Buhlmann oder künftig ein Unions- oder ein FDP-Bil-
dungsminister – das gönnen wir Ihnen vonseiten der FDP
gern – oder sind es die Länderminister? Wir stellen fest:
Der Bundeskanzler wechselt den Kurs, weil Wahlkampf
ist. Ich hoffe, dass Sie nach der Wahl vernünftig werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424815700
Herr Kollege
Friedrich, das war Ihre letzte Rede im Plenum des Deut-
schen Bundestages. Im Namen aller Kolleginnen und
Kollegen bedanke ich mich für Ihr Engagement in diesem
Hohen Hause. Alles Gute für den weiteren Weg!


(Beifall)

Jetzt spricht der Kollege Dr. Peter Eckardt für die Frak-

tion der SPD.


Dr. Peter Eckardt (SPD):
Rede ID: ID1424815800
Frau Präsidentin! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Dem Kollegen
Friedrich würde ich zunächst empfehlen, das Fell erst
dann zu verteilen, wenn der Bär tot ist. Dann werden wir
darüber reden, wer Bundesbildungsministerin wird.

Die Kultusministerkonferenz hat hinsichtlich der Ent-
wicklung des demokratischen Schulwesens in Deutsch-

land große Erfolge erzielt. Aber es fehlt heute ganz massiv
daran, zukunftsweisende Beschlüsse zu den Herausforde-
rungen des Bildungswesens, der Vergleichbarkeit, der
Qualität und der Standards zu fassen. In der Regel hat sie
nur auf das reagiert, was in der Bundesrepublik passiert
ist. Ich denke, das muss sich ändern.

Herr Kollege Friedrich, ich weiß nicht, ob es gut ist, in
dem komplizierten Geflecht von Drohungen, Gehorsams-
gebärden und Unterstellungen – es war die Rede davon,
was jemand gegen einen anderen in Niedersachsen gesagt
hat – zu spekulieren, ob derjenige, der sich Kompetenzen
anmaßt, auch wirklich über diese verfügt. Im Bildungsbe-
reich gibt es ein kompliziertes Geflecht zwischen Bund
und Ländern. Es ist sinnvoll, zusammenzuarbeiten und
die Probleme kooperativ zu lösen; denn es geht in der Tat
nicht darum, ob das eine oder andere Bundesland besser
ist, sondern darum, dass die Bundesrepublik insgesamt
gegenüber denjenigen, mit denen wir kulturell und wirt-
schaftlich konkurrieren, einen besseren Platz als bisher
einnimmt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Bildung, Wissenschaft und Forschung haben im
21. Jahrhundert einen hohen Stellenwert in der Gesell-
schaft. Das ist heute noch wichtiger als vor Jahrzehnten.
Ich denke – darüber hat die PISA-Studie keine Aussage
gemacht –, dass das im Wesentlichen auch für die beruf-
liche Qualifikation in unserem Land gilt. Dieser Aspekt
geht häufig in der allgemeinen Diskussion über das beste
Gymnasium für die eigene Tochter unter.

Die Bildungsdebatte richtet sich oft gegen den Finanz-
minister; denn das Bildungssystem ist in der Bundesrepu-
blik dramatisch unterfinanziert. Es geht also darum, die
Bildungssysteme auch vonseiten der Länder finanziell
besser auszustatten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die PISA-Studie formuliert relativ allgemein, dass es
überall in der Bundesrepublik einen sehr großen Nach-
holbedarf gibt. Das gilt auch für bayerische und baden-
württembergische Schulen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich denke, es ist keine Propaganda – warum sollte ich so
etwas verbreiten? –, dass diese Regierung und die Minis-
terin die Themen Wissenschaft, Bildung und Forschung
schon wesentlich früher angesprochen haben, als die
PISA-Studie in der Bundesrepublik Deutschland Furore
gemacht hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


PISA hat aber auch gezeigt, dass es nicht allein die Fi-
nanzen sind, die bestimmend wirken, sondern dass das
politische Grundverständnis über Bildung und seine ge-
sellschaftliche Funktion ebenso entscheidend ist.

Wenn man heute von Standards redet, Frau Schi-
panski, ist nicht ganz klar, was damit gemeint ist. Mein
Lehrer hat noch gesagt: Gebildet ist, wer Latein spricht.






(C)



(D)



(A)



(B)


Heute kann man das nicht übertragen, indem man sagt:
Gebildet ist, wer einen Laptop bedienen kann. Es muss
eine sehr umfangreiche und auf die individuellen Fähig-
keiten ausgerichtete Beschreibung sein, die definiert, ob
jemand im Leben zurecht kommt oder nicht.

Eine Enquete-Kommission zur Bildung einzusetzen,
die darauf ausgerichtet ist, diese grundsätzlichen Fragen
zu klären, um dann zu schnellen Beschlüssen zu kommen,
scheint mir ein sinnvoller Ansatz zu sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer von Ihnen die PISA-Studie richtig gelesen hat,

wird allerdings festgestellt haben, dass in den Zusam-
menfassungen auf den letzten Seiten davon die Rede ist,
dass die sozialen Milieus, die Wohnsituation und die fi-
nanzielle Situation der Eltern sowie deren Bereitschaft,
für Kinder Bildung zu organisieren, auch in Süddeutsch-
land ein bedeutsames Kriterium dafür ist, ob ein Kind in
der Schule gut oder schlecht ist, und dass dies nicht aus-
schließlich mit der Schulstruktur zusammenhängt. Wer
die PISA-Studie zu Ende gelesen hat, wird auch festge-
stellt haben, dass eine breite Rekrutierungsbasis Elite
mehr fördert, als wenn man meint, von vornherein ganz
bestimmte Leute aussuchen und fördern zu müssen.


(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich bei Ihnen

ganz herzlich für die Diskussionen und die kritischen Be-
merkungen, die oft auch an meine Adresse gerichtet wa-
ren. Ich werde diesen Diskussionen nicht mehr in diesem
Hause folgen können. Aber Sie können sicher sein, dass
ich sie von außen schriftlich wie mündlich kritisch, aber
auch mit Sympathie begleiten werde. Wir alle sollten an
dem Interesse festhalten, gemeinsam etwas für unsere
Kinder, Jugendlichen und Studierenden zu tun. Diejeni-
gen, die wir eigentlich politisch in die Pflicht nehmen
müssen, sind die Finanzminister, die die Lehrer nicht bes-
ser besolden, aber für die Schulen etwas mehr Geld aus-
geben sollten. Ich bedanke mich bei Ihnen allen.


(Beifall im ganzen Hause)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424815900
Herr Kollege Eckardt,
nehmen Sie den Beifall des gesamten Hauses als symbo-
lisches Dankeschön für Ihr Engagement im Deutschen
Bundestag. Alles Gutes auch Ihnen auf Ihrem weiteren
Lebens- und Arbeitsweg!


(Beifall – Dr. Peter Eckardt [SPD]: Danke schön!)


Jetzt hat Frau Ministerin Dr. Schipanski das Wort.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424816000
Ich
habe noch einmal um das Wort gebeten, um ganz kurz drei
Dinge richtig zu stellen, die hier zur Arbeit der Kultusmi-
nisterkonferenz angeführt worden sind, so aber nicht im
Raum stehen bleiben können.

Frau Flach, die Bildungsstandards werden bis zum
Jahre 2004 vollständig eingeführt sein. Mit der Einführung
wird zügig, nämlich schon zu Beginn des nächsten Jahres,
begonnen werden. Erste einheitliche Prüfungsanforderun-

gen zum Beispiel für das Abitur haben wir verabschiedet;
sie werden zu Beginn dieses Schuljahres verbindlich sein.
Laufbahnbegleitende Standards sind neu; diese werden bis
2004 erarbeitet sein.

Sie haben Recht: Bildungsstandards sind etwas ande-
res als die Einführung des Laptops. Sie sind ein sehr kom-
pliziertes Werk, das für Anforderungen in den einzelnen
Fächern und einzelnen Jahrgangsstufen aufgestellt wird.
Was bis jetzt vorliegt, sind die Beschreibungen von Kom-
petenzen und Fähigkeiten sowie Sammlungen von Auf-
gaben, mit denen diese Kompetenzen und Fähigkeiten
entsprechend getestet werden. Im Moment entsteht ein
außerordentlich kompliziertes Werk. Ich bin dankbar,
dass die Kultusministerkonferenz dieses Werk schon so
weit vorangetrieben hat, dass wir die ersten Standards im
nächsten Jahr werden einführen können.

Herr Rossmann, Sie haben gesagt, für uns seien Struk-
turen ein Tabu. Das stimmt nicht; das haben wir auch nie
behauptet. Wir haben nur gesagt, dass wir uns jetzt auf die
Diskussion und die Neuordnung der Inhalte konzentrieren
wollen. Sobald diese Diskussion der Inhalte beendet sein
wird, wird selbstverständlich auch über Strukturen disku-
tiert werden. Allerdings hat man in der Bundesrepublik in
den vergangenen Jahren zu viel über Strukturen und zu
wenig über den Inhalt diskutiert.


(Angelika Volquartz [CDU/CSU]: So ist es! Das ist der Punkt!)


Genau das wollen wir nicht tun.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424816100
Zu einer Kurzinter-
vention erteile ich jetzt dem Kollegen Tauss das Wort.


Jörg Tauss (Plos):
Rede ID: ID1424816200
Frau Schipanski, ich bedauere
sehr, dass Sie – wie in dieser Woche schon Ihr Minister-
präsident – erneut eine Chance vertan haben, etwas zum
Schulgesetz in Thüringen und zu der Tatsache, dass 19-
Jährige in diesem Land nach zwölf Schuljahren keinen
Abschluss machen dürfen, zu sagen, obwohl wir Sie da-
rum gebeten haben.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist doch Blödsinn! Das stimmt doch gar nicht!)


Wir fordern Sie auf, an diesem Punkt endlich zu handeln.
Wir haben auf Bundesebene unsere Hausaufgaben ge-
macht und zusammen mit den Ländern das Waffen- und
das Jugendschutzrecht geändert. Sie haben in Ihrem Land
noch nicht gehandelt. Tun Sie das jetzt endlich!


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Herr Tauss, das ist Quatsch, das stimmt nicht! Erzählen Sie nicht so einen Blödsinn!)


Eine zweite Anmerkung: Herr Kollege Friedrich, Ihre
Vorstellungen von Ganztagsschulen sind nicht unsere
Vorstellungen. Die Ganztagsschule ist nicht ein Restan-
gebot für soziale Brennpunkte. Das haben Finnland und
andere Länder bewiesen. Ganztagsschulen haben pädago-
gische Angebote zu sein, um Schülerinnen und Schüler zu
fördern. Ihr Versuch der Reduktion auf irgendwelche
Randgruppen ist eine Diskriminierung der Ganztagsschu-




Dr. Peter Eckardt
25176


(C)



(D)



(A)



(B)


len. Das Konzept, das Sie offensichtlich in Bayern verfol-
gen, lehnen wir mit allem Nachdruck ab. Dafür wird der
Bund auch nicht zur Verfügung stehen.


(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424816300
Zur Erwiderung Frau
Dr. Schipanski, bitte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424816400
Sie
haben einen Zwischenruf gemacht, mich aber nicht offi-
ziell zum Schulgesetz in Thüringen gefragt. Es stimmt
nicht, dass man die Schule nur ohne Abschluss verlassen
kann. Auch Robert Steinhäuser hatte die Möglichkeit,
eine Prüfung abzulegen. Er hat von dieser Möglichkeit
Gebrauch gemacht, hat die Prüfung nach der 10. Klasse
aber nicht bestanden. Dies muss hier zur Kenntnis ge-
nommen werden.

Sie sagen außerdem, dass man bei Nichtbestehen der
Abschlussprüfung nach der 12. Klasse – bei uns wird
schon nach zwölf Jahren Abitur gemacht – die Schule
ohne Abschlusszeugnis verlässt. Dies stimmt auch nicht;
es ist nur kein anerkannter Abschluss.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

– Wenn ich die Prüfung nicht bestehe, kann ich keinen an-
erkannten Abschluss bekommen.

Das Schulgesetz in Thüringen wird im Moment geän-
dert. Welche einzelnen Punkte wir ändern werden, darüber
diskutieren wir gründlich. Wir haben bewusst die Ergän-
zungsstudie PISA E abgewartet, um aus der erweiterten
PISA-Studie entsprechende Schlussfolgerungen für uns
ziehen zu können, die sich dann im Gesetz niederschlagen
werden. Sie werden diese Gesetzesänderungen binnen
kurzem den Zeitungen entnehmen können.


(Jörg Tauss [SPD]: Wir werden nachfragen!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424816500
Letzter Redner in der
Debatte ist der Kollege Reinhard Loske.


Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424816600

Frau Präsidentin! Ich hatte eben schon die Gelegenheit zu
sprechen, möchte aber jetzt noch auf einen Punkt einge-
hen, der eben angesprochen worden ist. Der Regelfall ist
doch, dass man nach erfolgreichem Absolvieren der
10. Klasse die Mittlere Reife erlangt hat. Warum ist das in
Thüringen nicht so? Das ist die Frage, die hier gestellt
worden ist. Ich glaube, die Antwort auf diese Frage sind
Sie schuldig geblieben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


Wir reden überall, etwa bei den Studiengängen, von
Modularisierung, davon, dass man zu bestimmten Zeit-
punkten aussteigen kann und dann ein Zeugnis darüber
bekommt, dass man ein bestimmtes Zwischenziel erreicht
hat, mit dem man auf dem Arbeitsmarkt und anderswo eine
Chance hat. Wenn es aber diese Exit-Option überhaupt
nicht gibt, entspricht das einem Entlassen in die Aus-

sichtslosigkeit. Das kann nicht vernünftig sein. Angesichts
dessen hätten wir schon eine Antwort von Ihnen erwartet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


Dies war der Punkt, dessentwegen ich mich gemeldet
habe. Vielleicht können wir dies bilateral noch vertiefen.

Die Zusammenarbeit mit Ihnen, Kollege Friedrich
und Kollege Eckardt, war wunderbar. Noch einmal
schönen Dank dafür, obwohl Sie, Kollege Friedrich,
eben am Rande einen kleinen Gag gebracht haben, der
auch einiges ausgesagt hat. Sie haben nämlich gesagt:
Na ja, wir überlassen das Bildungsministerium dann der
FDP.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist ja eine Drohung!)

– Abgesehen davon, dass es eine Drohung ist, Herrn
Westerwelle das Bildungsministerium zu überlassen, ent-
nehme ich daraus im Umkehrschluss, dass die Sache mit
Frau Schavan wohl nicht ganz ernst gemeint war. Dies
sehe ich schon ein wenig als Problem an.


(Beifall bei der SPD)

Abgesehen von diesem Gag war es eine gute Zusam-

menarbeit. Sowohl Ihnen als auch dem Kollegen Eckhardt
ganz herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424816700
Ich schließe die Aus-
sprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät-
zung auf Drucksache 14/9665. Der Ausschuss empfiehlt
unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Annahme des
Antrags der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/
Die Grünen auf Drucksache 14/9269 mit dem Titel „Na-
tionaler Bildungsbericht und Einrichtung eines gemeinsa-
men Sachverständigenrates von Bund und Ländern“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist gegen die
Stimmen der CDU/CSU-Fraktion bei Enthaltung der
FDP-Fraktion angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss, den Antrag der Fraktion der FDP auf
Drucksache 14/7078 zur Vorlage eines nationalen
Bildungsberichtes abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist gegen die Stimmen der
FDP-Fraktion angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung unter Nr. 3 seiner
Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/9215 mit dem
Titel „Neuer Aufbruch im Bildungswesen“. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal-
tungen? – Die Beschlussempfehlung ist gegen die Stim-
men der CDU/CSU-Fraktion angenommen.




Jörg Tauss

25177


(C)



(D)



(A)



(B)


Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung auf Drucksache 14/7486. Der Ausschuss
empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksa-
che 14/4270 mit dem Titel „Naturwissenschaftlicher
Wettbewerb an deutschen Schulen“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist gegen die Stimmen der
FDP-Fraktion bei Enthaltung der CDU/CSU angenom-
men.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der
FDP auf Drucksache 14/4271 mit dem Titel „Ökonomi-
sche Komponente in der Lehrerausbildung entschieden
ausbauen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist gegen die Stimmen der FDP-Fraktion bei Enthal-
tung der CDU/CSU angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
auf Drucksache 14/9707. Der Ausschuss empfiehlt unter
Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Annahme des An-
trags der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/9272 mit dem Titel
„Bildung ist Zukunft“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist gegen die Stimmen der CDU/CSU und der
FDP bei Enthaltung der PDS-Fraktion angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der
FDP auf Drucksache 14/9257 mit dem Titel „Für eine
neue Bildung in Deutschland – Konsequenzen aus der
PISA-Studie“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist gegen die Stimmen der FDP-Fraktion an-
genommen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 8 a bis 8 c auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Eckhardt

Barthel (Berlin), Hans-Werner Bertl, Monika
Griefahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje
Vollmer, Grietje Bettin, Kerstin Müller (Köln),
Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Nationale Verantwortung des Bundes fürKunst
und Kultur stärken
– Drucksache 14/9098 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordenten
Dr. Norbert Lammert, Bernd Neumann (Bremen),
Klaus Brähmig, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU

Systematisierung der Kulturförderung von
Bund und Ländern
– Drucksache 14/8736 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Haushaltsausschuss

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(23. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Ina Albowitz,
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP
Kulturföderalismus in Deutschland erhalten
– Drucksachen 14/4911 (neu), 14/7702 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Eckhardt Barthel (Berlin)

Norbert Lammert
Dr. Antje Vollmer
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Dr. Heinrich Fink

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der
Staatsminister Dr. Nida-Rümelin für die Bundesregie-
rung.

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424816800
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Da-
men und Herren! Wenn ich heute etwas leise rede, so hat
das nichts mit der Mikrofonanlage oder damit zu tun, dass
mich etwa Verzagtheit erfasst hätte, sondern schlicht und
einfach mit einer Halsentzündung. Ich hoffe aber, dass ich
mich hinreichend verständlich machen kann.

Wir behandeln heute, am Ende dieser Legislaturperi-
ode, einen Antrag, der mit „Nationale Verantwortung des
Bundes für Kunst und Kultur stärken“ überschrieben ist.
Ich denke, dass die Aufforderung, die in diesem Antrag
enthalten ist, unsere Arbeit in den letzten Jahren durchaus
bestimmt hat.


(Unruhe)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424816900
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, auch aus Rücksichtnahme auf den Ge-
sundheitszustand des Staatsministers bitte ich Sie, wieder
zur Ruhe zu kommen, um seiner Rede adäquat folgen zu
können.


(Beifall im ganzen Hause – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das ist ein gutes Argument!)


D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424817000
Ich weiß, dass es recht spät ist, denke aber, dass wir
uns die letzte halbe Stunde vielleicht doch noch konzentrie-
ren können. Ich will auch nicht sehr viele Worte machen.

Ich denke, dass das, was in dem Antrag enthalten ist,
zugleich auch Leitschnur dessen war, was wir in den letz-




Vizepräsidentin Petra Bläss
25178


(C)



(D)



(A)



(B)


ten Monaten und Jahren gemeinsam geleistet haben. Gute
Politik beginnt allerdings – um einen bedeutenden Sozio-
logen zu zitieren – bei einem Anerkenntnis dessen, was
ist. Gerade als Vertreter der Kulturpolitik des Bundes soll-
ten wir deswegen immer darauf hinweisen, dass die kul-
turpolitische Gestaltungskraft in Deutschland nach unse-
rer Auffassung bei den Kommunen und den Ländern
angesiedelt sein sollte. So ist es ja auch: Wenn man die
Stadtstaaten hinzuzählt, werden 60 Prozent der Kulturför-
dermaßnahmen von den Kommunen durchgeführt.

Meiner persönlichen Auffassung nach müssen wir in
der nächsten Legislaturperiode eine Kraftanstrengung un-
ternehmen, um sicherzustellen, dass sich die Einnahmesi-
tuation der Kommunen stabilisiert und dass sie in Zukunft
nicht mit solch starken Schwankungen rechnen müssen,
wie es gegenwärtig der Fall ist,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


damit sie dieser Verantwortung gerecht werden können.
Dieses Ziel wurde ja auch in der Finanzpolitik formuliert.

Ich glaube, die zentrale Aufgabe des Bundes im Be-
reich der Kultur ist es, den Ordnungsrahmen, in dem sich
die kulturelle Entwicklung dieses Landes gestaltet, zu be-
stimmen, Rahmendaten zu setzen, die kunst- und kultur-
freundlich sind. Von daher war es ein wichtiges Signal,
dass der Bund diese Aufgaben, die übrigens auch von der
Verfassung her Aufgaben des Bundes sind, übernommen
hat. Darunter fallen die Künstlersozialversicherung und
Fragen der Besteuerung, die kunstfeindlich oder kunst-
freundlich sein kann. Wir haben in diesem Zusammen-
hang im Dezember des vergangenen Jahres ein Problem
gut gelöst, nämlich die für den Kulturaustausch verhee-
rende hohe Besteuerung ausländischer Künstler.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie war in der Folge kulturfeindlich, auch wenn das nicht
beabsichtigt war. Dieses Problem haben wir gelöst. Das
ist in ganz Deutschland anerkannt worden.

Wir haben als letzten größeren Akt der ordnungspoliti-
schen Maßnahmen des Bundes etwas geleistet, was in der
Zukunft von ganz großer Bedeutung sein wird. Entgegen
dem, was in den Feuilletons über Monate, ja Jahre zu le-
sen war, nämlich dass sich das über hundert Jahre alte In-
strument der Buchpreisbindung angesichts der Freihan-
delspolitik der Europäischen Union, insbesondere des
Wettbewerbskommissars auf Dauer nicht halten lassen
wird, haben wir daran festgehalten. Es hat Prozesse gege-
ben. Die Verlage waren in Schwierigkeiten. Angesichts
dessen haben wir uns entschlossen, ein nationales Buch-
preisbindungsgesetz zu verabschieden. Manchem sträu-
ben sich dabei die Haare; das ist mir klar. Wozu ein Preis-
bindungsgesetz, obwohl wir doch den Markt stärken
wollen?


(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD])

Es ist sinnvoll, bei dem Beispiel kurz innezuhalten. Ich

habe mir die internationalen Vergleichsdaten sehr genau an-
gesehen. Es ist frappierend, was an einer solchen Maß-

nahme alles hängt. Wenn man Länder mit Buchpreisbin-
dung mit Ländern ohne Buchpreisbindung vergleicht, dann
ergeben sich Unterschiede, die man kaum für möglich hält.

In Ländern mit Buchpreisbindung gibt es fünf- bis sie-
benmal so viele Buchhandlungen pro Einwohnergesamt-
heit, als in Ländern ohne Buchpreisbindung. Die Einnah-
men aus wenigen Bestsellern sind in Ländern ohne
Buchpreisbindung höher. Auch die Auflagen sind wesent-
lich höher. Aber das Angebot an Büchern, die die Verlage
jedes Jahr auf den Markt bringen, ist wesentlich geringer.
Die Konzentrationsprozesse sind in Ländern ohne Buch-
preisbindung sehr viel dramatischer als in Ländern mit
Buchpreisbindung.

Versetzen wir uns einmal – als Gedankenexperiment –
in die Situation, dass Kommunen, Länder und Bund ver-
suchen würden, den Kahlschlag, den wir ohne Buchpreis-
bindung hätten, mit Subventionsmaßnahmen für das Kul-
turgut Buch zu verhindern, zum Beispiel für besonders
innovative Buchhandlungen oder Buchhandlungen, die
eine wichtige Rolle in den jeweiligen Stadtvierteln oder
Kommunen spielen und die sich ohne Subventionen auf
dem Markt nicht mehr halten könnten. Wir würden Ver-
lage unterstützen, die ein breites Buchangebot bereitstel-
len, was sie sich aber angesichts der Marktgesetze nicht
mehr leisten können. Man stelle sich das einmal vor. Wir
wären dann rasch pleite. Die Kommunen, die Länder und
der Bund könnten sich das nicht leisten.

Das heißt, wir haben mit dem Buchpreisbindungsge-
setz eine Kulturfördermaßnahme beschlossen, die keinen
der drei Ebenen etwas kostet, wenn man einmal von den
Arbeitsstunden unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
im Ausschuss absieht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will die anderen Beispiele aus der Bilanz dieser Le-
gislaturperiode gar nicht auflisten. Ich will dazu nur sa-
gen: Wir, Bund, Länder und Gemeinden, haben eine ge-
meinsame Verantwortung für die kulturelle Entwicklung
dieses Landes. Wir gestalten sie nicht inhaltlich, aber wir
gestalten die Rahmenbedingungen, innerhalb deren sich
diese Entwicklung darstellt. Wir wären sehr schlecht be-
raten, wenn wir aus der gemeinsamen kooperativen Ver-
antwortung bei aller Notwendigkeit von Systematisierung
und Entflechtung aussteigen und in einen puren Konkur-
renzkulturföderalismus überwechseln würden, der es am
Ende sehr viel schwerer machen würde, dieser kulturellen
Verantwortung des Staates wirklich gerecht zu werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte zum Schluss auf etwas verweisen, das von
mir bewusst provokativ zugespitzt wird. Ich bin fest da-
von überzeugt, dass Deutschland insgesamt dringend aus
dieser Haltung des Beklagens und Bejammerns in man-
chen Feldern herauskommen muss. Dort, wo unsere Stär-
ken liegen, sollten wir diese auch betonen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich will nur eine einzige Zahl nennen. Die Hälfte aller
Theater und Opernbühnen der Welt befindet sich – man




Staatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin

25179


(C)



(D)



(A)



(B)


glaubt es kaum – in den drei deutschsprachigen Ländern
Mitteleuropas. Wenn das keine Leistungsbilanz ist!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Umso wichtiger ist es, dass wir dieses Kulturgut Theater
bewahren. Was wir aber insgesamt als Bundesrepublik
Deutschland für die Kultur leisten, ist immens und hat in-
ternationale Auswirkungen. Theaterleute an der Ostküste
der USA haben Bedenken, wenn bei uns entsprechende
Spielräume nicht mehr bestehen, weil das sofort auf das
innovative Potenzial von Regisseuren und anderen in an-
deren Ländern der Welt zurückschlägt.

Wir haben eine Musiklandschaft, die sich international
sehen lassen kann. Es gibt nur wenige Länder, in denen
Ähnliches geleistet wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mein Eindruck ist, dass die Offenheit in der deutschen
Bevölkerung für zeitgenössische Kunstentwicklungen
aller Sparten, die Neugier und das Interesse, sich auch auf
Unbequemes und Sperriges einzulassen, noch nie so groß
waren wie heute. Dass dies in der Nachkriegszeit so
schwierig war, hängt auch mit einer kulturellen Folge des
Nationalsozialismus mit allen seinen Geschmacksver-
irrungen, den Schwierigkeiten mit der Moderne und der
Abwehr dessen, was als importierte Kultur, insbesondere
aus den USA und anderen westlichen Ländern, empfun-
den wurde, zusammen. Das ist nach meinem Eindruck in
Deutschland überwunden. Die Sensibilität und Offenheit
der Bürgerschaft ist nach meiner Einschätzung so groß
wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg.

Interessanterweise korrespondiert das mit der Bereit-
schaft von Künstlerinnen und Künstlern, sich nicht nur
auf das kleine Feld der Kunstexperten, der Art World, der
Welt der Kunstzeitschriften, der Feuilletons, der Museen,
Galerien und Konzertsäle einzulassen, sondern die
Brücke zu den Bürgerinnen und Bürgern zu schlagen. Wer
sich die Documenta in Kassel ansieht, wird genau dies be-
stätigt finden: den Versuch, den Dialog zu führen, und
zwar über die engen Grenzen der Art World hinaus. Das
ist eine faszinierende Situation.

Wir haben beste Chancen, dass die Kultur und damit
auch die Kulturpolitik von der Bürgerschaft als zentrales
Feld zukünftiger politischer Gestaltung gesehen wird. Es
wird auch erwartet, dass wir das tun. In Zürich hat es vor
kurzem eine Debatte über die Frage gegeben, ob das Züri-
cher Theater mehr Haushaltsmittel erhalten soll. Darauf-
hin wurden, wenn ich mich richtig erinnere, per Abstim-
mung – wahrscheinlich war die Mehrheit selten im
Theater – entschieden, 4 Millionen Franken zusätzlich in
den Haushalt einzustellen. Das ist ein gutes Signal. Ich
meine, wir müssen das kulturpolitisch nutzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben mit den Ländern die eine oder andere Diffe-
renz auszuräumen. Das haben wir uns bis Dezember vor-
genommen. Ich will aber doch anmerken, dass wir uns
aufeinander zu bewegt haben. Ich persönlich bin der Auf-

fassung, dass wir die Kompetenz des Bundes für Ein-
richtungen und Projekte von nationaler Bedeutung nicht
aufgeben sollten, auch wenn das gegenwärtig noch von
den Ländern bestritten wird. Darüber werden wir streiten
müssen und vielleicht finden wir bei Fortbestehen dieses
Dissenses eine pragmatische Lösung bzw. ein geeignetes
Verfahren. Es kann nicht sein, dass wir im Bereich der
Kultur kein kulturell orientierter Bundesstaat, sondern le-
diglich ein Staatenbund sind. Es gibt eine Verantwortung,
die nicht allein regional wahrgenommen werden kann. In
dieser Frage muss der Bund sehr deutlich Position bezie-
hen. Ich meine, dass wir eine Lösung finden können.

Meine Hoffnung ist, dass diese kooperative Grundhal-
tung, die ich auch gegenüber den Ländern und den Kom-
munen in den vergangenen Monaten festgestellt habe und
die unsere Beratungen hier im Hause – vor allem im Kul-
turausschuss und zwischen Exekutive und Parlament ins-
gesamt, aber auch im Haushaltsausschuss und den anderen
in Kulturangelegenheiten mitberatenden Ausschüssen –
geprägt hat, fortbesteht. Ich meine, dass das ein gutes Si-
gnal ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir in der nächsten Le-
gislaturperiode in diesem Geiste fortfahren, für die Kultur
zu wirken.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424817100
Das Wort hat der Kol-
lege Dr. Norbert Lammert.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1424817200
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat eine gewisse Lo-
gik, dass am Beginn dieser Legislaturperiode die Neuord-
nung der Aufgabenwahrnehmung des Bundes im Bereich
der Kultur sowohl innerhalb der Bundesregierung als
auch innerhalb des Bundestages zu einem beachtlichen
Aufsehen in der interessierten Öffentlichkeit und insbe-
sondere bei den Ländern geführt hat und dass damals
durchaus der eine oder andere kritisch nachgefragt hat, ob
diese größere Auffälligkeit des Bundes bei der Wahrneh-
mung seiner Aufgaben im Kunst- und Kulturbereich denn
eigentlich nötig und angemessen sei. Manche haben auch
gefragt, ob das denn zulässig sei.

Am Ende dieser Legislaturperiode diskutieren wir über
einen aus der Sicht der Länder sehr prinzipiell gemeinten
Anlauf, zu einer Systematisierung der Zuständigkeiten zu
kommen, der mit dem Begriff der Entflechtung von Auf-
gaben eher zu harmlos beschrieben ist.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Nun will ich gleich zu Beginn sagen – und das macht
auch der Antrag der CDU/CSU-Fraktion deutlich, der die-
ser Debatte zugrunde liegt –, dass wir für das Interesse der
Länder, für eine Fülle von im Laufe der Jahrzehnte zu-
sammengewachsenen Aufgaben neue Zuordnungen zu
schaffen, viel Verständnis haben. Da ist sicher manches
im Laufe der Jahre in einer nicht immer überzeugenden
Weise zusammengewachsen mit dem Ergebnis, dass sich
keiner so richtig und ganz verantwortlich fühlt und die




Staatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin
25180


(C)



(D)



(A)



(B)


Versuchung vielleicht auch auf beiden Seiten gelegentlich
hoch ist, Verantwortlichkeiten jeweils an die andere
Stelle zu schieben.

Ob es allerdings ein guter Einfall ist, die Entflechtung
von Gemeinschaftsaufgaben ausgerechnet im Kulturbe-
reich zu beginnen, darüber kann man nicht nur streiten,
darüber muss man dringend streiten.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen hätte ich mir gewünscht, Herr Nida-Rümelin,
dass Sie neben den vielen zutreffenden Bemerkungen, die
Sie zu vielen anderen Themen gemacht haben, bis auf Ihre
ebenfalls zutreffenden knappen Bemerkungen am Ende
etwas stärker auf dieses Thema eingegangen wären,


(Jörg Tauss [SPD]: Dann kommt eine Regierungserklärung!)


das uns nach übereinstimmender Einschätzung offenkun-
dig auch in der nächsten Legislaturperiode begleiten wird.

Ich will allerdings eine Bemerkung hinzufügen: Ich
hätte es auch nicht für eine Übertreibung gehalten, wenn
das mehrfach dezidiert erklärte Interesse der Länder an
dieser Frage durch die Anwesenheit wenigstens eines ein-
zigen leibhaftigen Vertreters eines der real existierenden
Länder heute Abend zum Ausdruck gekommen wäre.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Mir hat Frau Schipanski heute Abend gereicht!)


Wenn sich damit das fröhliche Missverständnis ver-
binden sollte, das könne man eh auf der exekutiven Ebene
untereinander abhandeln, will ich allerdings schon heute
Abend – und an dieser Stelle sicherlich nicht nur für
meine Fraktion – darauf hinweisen, dass es so gewiss
nicht laufen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Vielmehr gehört diese Debatte in die Parlamente, sowohl
in den Bundestag als auch in die Länderparlamente; denn
wir reden hier über nicht mehr und nicht weniger als über
die Zukunft des deutschen Kulturföderalismus,


(Beifall bei der SPD)

über ein Thema, das jeden Streit wert ist und jeden Steit
lohnt, aber das nicht in Kommissionen verhandelt und schon
gar nicht in Kommissionen entschieden werden kann.

Dass am Ende einer kulturpolitischen Entflechtungs-
debatte für die Kultur mehr Mittel zur Verfügung stehen
als bisher, scheint mir eine eher einfältige Vorstellung zu
sein, die weder durch die Verfassungslage noch durch die
Haushaltslage von Bund und Ländern gedeckt ist. Wenn
aber von einem mehr oder weniger gleich bleibenden Fi-
nanzvolumen – das ist realistisch – die Rede ist, dann
muss man wissen, dass eine mit systematischem Ehrgeiz
betriebene Neufestlegung der Zuständigkeiten sehr hand-
feste Konsequenzen für eine Reihe von Kultureinrichtun-
gen nach sich ziehen könnte, die bislang auch und zum
Teil wesentlich von der Unterstützung des Bundes abhän-

gen und die sich eine Fortsetzung ihrer Arbeit ohne eine
solche Unterstützung – zu Recht – nur schwer vorstellen
können.

Die Mitverantwortung des Bundes für herausragende
Einrichtungen und Ereignisse im Kunst- und Kulturbe-
reich ist unverzichtbar. Sie darf nach unserer Überzeu-
gung und nach dem Wortlaut unseres Antrages gerade
deshalb nicht auf die Hauptstadt Berlin und die Bundes-
stadt Bonn beschränkt sein. Umgekehrt muss der An-
spruch der Bundesländer auf eine besondere Verantwor-
tung für den Kulturstaat Deutschland auch und gerade in
der Mitwirkung an der Wahrnehmung gesamtstaatlicher
Aufgaben im Kulturbereich deutlich werden.

Ich komme jetzt auf eine besonders brisante Frage zu
sprechen, die sich nach meiner optimistischen Einschät-
zung heute etwas entspannter darstellt als zurzeit der
kraftvollen Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz
Ende des letzten und Anfang dieses Jahres: auf die Frage
nach der Zukunft der Stiftung Preußischer Kulturbe-
sitz. Immerhin hatten die Ministerpräsidenten am 20. De-
zember vergangenen Jahres beschlossen, dass der Bund
die Stiftung Preußischer Kulturbesitz einschließlich ihrer
Finanzierung in eigene Verantwortung übernimmt und
dass sich die Bundesländer aus dem Finanzierungsab-
kommen zurückziehen.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verstehe, wer will!)


An dieser Stelle ist man fast geneigt zu sagen: Wenn die
Bundesländer entweder nicht bereit oder in der Lage sind,
ihre Interessen selber wahrzunehmen, dann wollen wir es,
wenn es denn sein muss, für sie mittun.


(Lachen der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dies kann jedenfalls weder im Interesse des Kulturstaates
Deutschland liegen noch eine intelligente Wahrnehmung
des Kulturföderalismus sein. Bei nüchterner Betrachtung
müssten die Bundesländer eigentlich ein vitales Interesse
daran haben, über die Stiftung Preußischer Kulturbesitz
eine gesamtstaatliche Verantwortung in der Kultur wahr-
zunehmen und damit umgekehrt den Bund in die Mitver-
antwortung für herausragende Kultureinrichtungen sowie
Kulturveranstaltungen von nationaler und internationaler
Bedeutung in den Bundesländern zu zwingen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Erst der Anspruch des Bundes auf Alleinvertretung des
Kulturstaates nach innen und außen macht die Bundes-
länder kulturpolitisch zur Provinz.

Ich habe im Übrigen ohnehin nie verstanden, warum
die regionale Wirtschaftsförderung – ich betone: regio-
nale Wirtschaftsförderung –, der Hochschulbau und der
Küstenschutz im Grundgesetz verankerte Gemeinschafts-
aufgaben von Bund und Ländern bleiben sollen


(Horst Kubatschka [SPD]: Die große Koalition!)


– das ist die historische Erklärung für das Zustandekom-
men, aber eine in der Sache nur begrenzt durchschlagende




Dr. Norbert Lammert

25181


(C)



(D)



(A)



(B)


Begründung; das werden Sie, Herr Kubatschka, freundli-
cherweise einräumen –, während die ohne verfassungs-
rechtliche Fixierung gemeinsam von Bund und Ländern
getragenen Kultureinrichtungen dringend entflochten
werden müssen. Die Förderung von Kunst und Kultur ist
ganz gewiss eine nicht minder dringliche Gemeinschafts-
aufgabe von Bund und Ländern wie die Bereiche, die ich
vorhin genannt habe.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Deswegen macht es sicherlich Sinn, dass wir uns mit
der Kulturpolitikern eigenen Neigung, sich fröhlich und
konzentriert an der Sache zu orientieren, weiterhin um die
Klärung der zum Teil schwierigen Themen bemühen. Al-
lein der Umstand, dass aus der Absicht, mal eben inner-
halb eines halben Jahres – fast hätte ich gesagt: auf dem
Wege des Zurufs – beschlussreife Empfehlungen zu-
stande zu bringen, nichts geworden ist und dass zum Zeit-
punkt der beabsichtigten Beschlussfassung eigentlich
nicht mehr als eine Wiedervorlage mit dem Ziel verein-
bart worden ist, Ende dieses Jahres neu über das strittige
Thema zu reden, eröffnet beiden Seiten die Möglichkeit,
über ein kompliziertes Thema in aller Ruhe neu nachzu-
denken. Mein Eindruck ist, dass die Bereitschaft dazu so-
wohl aufseiten des Bundes als auch aufseiten der Länder
besteht. Es ist überhaupt gut, dass sich der Abgleich von
Problemen und den damit verbundenen Interessen bei
dem zur Diskussion stehenden Thema relativ unabhängig
von Fraktions- und Parteilinien vollzieht. Dieser Abgleich
erfolgt auch mit Blick auf die tatsächliche Verhandlungs-
lage eher unter dem Motto: die Kulturpolitiker und der
Rest der Welt.


(Zuruf der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


– Wenn Sie darauf bestehen, muss ich einräumen, dass mir
die Formulierung nicht mal so eben unterlaufen ist, son-
dern dass sie auf einer relativ sorgfältigen Beobachtung
der Lage in den Ländern beruht,


(Beifall der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


was vielleicht auch schon eine Erklärung dafür ist, dass
sich keiner der Kultusminister bei dieser Debatte sehen
lassen wollte.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, in diesem
Hohen Hause zu arbeiten ist zweifellos eine hohe Ehre.
Hier zu arbeiten ist nicht immer vergnüglich,


(Jörg Tauss [SPD]: Ach, meistens!)

aber das muss es ja auch nicht sein. Deswegen möchte ich
am Ende dieser Legislaturperiode festhalten, dass die ge-
meinsame Arbeit im Ausschuss für Kultur und Medien so-
wie die Zusammenarbeit zwischen Parlament und Regie-
rung eine nun wirklich ausgesprochen befriedigende war.


(Zuruf von der SPD: Wenigstens einer, der die Regierung lobt!)


Es hat den von uns behandelten Themen auch ganz be-
stimmt nicht geschadet, dass es bei allen Beteiligten zu je-
dem Zeitpunkt eine große Bereitschaft gegeben hat, bei

einem freundlichen Umgangston untereinander doch
streng an der Sache orientiert zu sein und insbesondere
nicht Gründe dafür zu suchen, dass man etwas nicht ge-
meinsam machen kann, sondern nach Möglichkeiten zu
suchen, wie man Kunst und Kultur in Deutschland stärken
kann. Wenn wir das auch in der nächsten Legislaturperi-
ode so fortsetzen, wovon ich fast überzeugt bin,


(Horst Kubatschka [SPD]: Da nehmen wir Sie beim Wort!)


und wenn es dann gelingt, Herr Kollege Kubatschka,
diese Orientierung auch zur gemeinsamen Orientierung
bei Bund-Länder-Verhandlungen zum Thema „Entflech-
tung und Systematisierung der Kulturarbeit“ zu machen,


(Horst Kubatschka [SPD]: Da nehmen wir Sie wieder beim Wort!)


dann wäre das Ziel fast schon erreicht, das mit einer sol-
chen Operation erreicht werden muss, nämlich nicht
Kompetenzstreitigkeiten auszutragen, sondern einen ge-
meinsamen Beitrag zur Stärkung von Kunst und Kultur in
Deutschland zu leisten.


(Beifall im ganzen Hause – Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Zufriedenheit der Kulturpolitiker mit ihrer Arbeit lässt sich einfach nicht verstecken!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424817300
Das Wort hat die Kol-
legin Dr. Antje Vollmer.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424817400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
gibt niemanden in diesem Parlament, glaube ich, der nicht
weiß, was der Föderalismus für die Entwicklung einer
gelungenen Demokratie in der Bundesrepublik geleistet
hat. Er hat dafür gesorgt, dass sich das Land gleichmäßig
entwickeln konnte, zum Beispiel durch die Formulierung
von Gemeinschaftsaufgaben. Er hat immer dafür gesorgt,
dass die Beschlüsse in Bonn oder in Berlin einer sehr brei-
ten, sozusagen flächendeckenden, demokratischen Kon-
trolle unterworfen waren. Er hat vor allem geholfen, das
fatale Erbe des Zentralismus eines totalitären Staates zu
überwinden. Diese Bedeutung des Föderalismus bleibt
und deswegen verteidigen wir ihn.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Aber ein bisschen besser könnte es schon sein!)


Deswegen versuchen wir, auch in Europa föderale Struk-
turen zu entwickeln.

Ungeachtet dessen hat sich – ich möchte es einmal so
sagen – manches an Unsitten im Föderalismus verbreitet.
Die schlimmste dieser Unsitten ist, dass man die demo-
kratische Chance des Föderalismus immer mehr zu par-
teipolitischen Zwecken missbraucht, dass manches, was
unter dem Deckmantel „Einspruch des Bundesrates“ da-
herkommt, einfach ein Einspruch aufgrund einer partei-
politischen Konstellation ist. Das wird auf Dauer ein Pro-
blem, und zwar ein Problem für die Durchsetzung von
Reformvorhaben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)





Dr. Norbert Lammert
25182


(C)



(D)



(A)



(B)


Deswegen bin ich auch der Meinung, dass uns eine
größere Debatte über den Föderalismus im zusammen-
wachsenden Europa und über den allmählichen Wandel
der Strukturen hin zu Europatauglichkeit bevorsteht.
Schon häufiger ist es so gewesen, dass eine solche Debatte
sozusagen probeweise im Kulturbereich geführt worden
ist. So ist es uns jetzt tatsächlich passiert, wobei auch ich
die Weisheit der Länder bezweifelt habe, als sie diese De-
batte ausgerechnet im Hinblick auf die Stiftung Preußi-
scher Kulturbesitz geführt haben. Da kann ich Herrn
Lammert nur zustimmen: Das verstehe, wer kann.

Schließlich haben die Länder in den 50er-Jahren vor
dem Bundesverfassungsgericht geklagt, um durchzuset-
zen, dass sie und nicht der Bund darüber bestimmen. Jetzt
wollen sie ihre Ansprüche – sozusagen als Morgengabe –
dem Bund zukommen lassen, obwohl Ruhm und Ehre der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz gerade darin bestehen,
das uns überlassene Erbe nicht allein in der Hauptstadt zu
pflegen, sondern für eine flächendeckende Teilhabe an
diesem kulturellen Erbe zu sorgen.

Der zweite Einspruch war der Einspruch gegen die
Bundeskulturstiftung. Er ist für meine Begriffe genauso
unverständlich, sodass man manchmal denkt: Sind da
keine intelligenten Leute am Werke? Wie man in einer
Zeit, in der es so schwer ist, für Kultur Geld zu bekom-
men – ich erinnere an den Druck, der zum Beispiel auf den
Sozialhaushalten lastet, und daran, dass wir in einer Zeit
hoher Arbeitslosigkeit leben –, die Chance, der Gegen-
wartskultur umfangreiche Mittel zukommen zu lassen,
unterminieren kann, habe ich nicht begriffen. Auch dieses
Vorgehen war nicht besonders weise.

Die entscheidende Frage ist, wie wir eine zukunftsori-
entierte Föderalismusdebatte führen können. Diese De-
batte wird vor allen Dingen die Frage „Was wollen wir be-
wahren?“ thematisieren müssen. Diese Debatte sollte so
gestaltet sein, dass sie für Europa wesentliche und posi-
tive Anstöße gibt. Das Problem in den europäischen De-
batten ist im Moment: Alle spüren, dass die Debatten
nicht regional genug geführt werden, dass es, um über-
haupt voranzukommen, eine immer größere Machtkon-
zentration in der Exekutive gibt, und dass deswegen alle
nach Instrumenten wie dem des Föderalismus suchen, mit
denen Mitbestimmung und Aufteilung von Verantwor-
tung organisiert werden können.

Wir werden natürlich weiter darüber diskutieren, wenn
es um Fragen der Kulturpolitik geht. Ziel dieser Diskus-
sionen wird es sein, die Vielfältigkeit zu bewahren. Im
Zusammenhang mit der so genannten Entflechtungs-
debatte möchte ich zwei Prinzipien festhalten:

Erstens. Was immer wir neu aufteilen wollen, es darf
nicht auf Kosten der Projekte und der Institutionen gehen.

Zweitens. Was immer wir neu aufteilen wollen, es darf
nicht auf Kosten der Kommunen gehen. Manchmal,
wenn ich Debattenbeiträge aus den Ländern höre, habe
ich den Eindruck, dass die Länder die wirklich großen
Sorgen der Kommunen überhaupt nicht ernst nehmen.
Wenn ich es richtig sehe, dann wird ein Hauptteil dessen,
was uns an kulturellem Erbe überliefert worden ist, in den
Kommunen gepflegt. Die Geschichte zeigt: Das, was die
Länder als kulturelles Erbe beanspruchen, stammt aus ei-

ner Zeit, in der sich die einzelnen Länder selbst als kleine
Zentralstaaten verstanden haben oder von den Bürgern,
insbesondere in den Städten, die Kultur von unten gestal-
ten lassen wollten.

Wenn die Länder den Kommunen nicht helfen, dann
– das kann man an der Theaterlandschaft sehen – werden
die Kommunen dieses Erbe auf Dauer nicht verteidigen
können. Mein Vorschlag für unsere Linie in der Zukunft
lautet: Der Bund sollte sich in der Föderalismusdebatte
mit den Kommunen verbünden. Die Kommunen brau-
chen unsere Hilfe. Wenn Bund und Kommunen gemein-
sam vorgehen – man könnte von einer Zangenbewegung
sprechen –, dann wird es, glaube ich, möglich sein, die
Länder zu einer Debatte einzuladen, deren Inhalt nicht
Besitzstandswahrung ist, sondern eine gleichermaßen
kommunal- und europataugliche Zukunft.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424817500
Jetzt spricht der Kol-
lege Hans-Joachim Otto.


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1424817600
Frau Präsi-
dentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen
und Kollegen! Ich gehöre einer Partei an, der man einen ge-
wissen Wunsch nach Autosuggestion nachsagt. Diese Au-
tosuggestion, jedenfalls mein persönliches Vermögen dazu,
ist aber nicht so stark, dass ich jetzt so weit gehe, alle schö-
nen und hehren Worte, die heute gesprochen worden sind,
für bare Münze zu nehmen. Das gilt insbesondere, was die
Rolle von Kunst und Kultur in diesem Hause und die Mög-
lichkeiten des Bundes, sie durchzusetzen, anbelangt.

Lieber Herr Nida-Rümelin, es ist immer wieder eine
Freude, Ihnen zuzuhören. Was Sie sagen, ist von hohem
intellektuellen Glanz.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Mit anderen Worten: Es handelt sich um schöne intellek-
tuelle Wolken. Nur, im Zusammenhang mit dem Thema,
über das wir heute zu sprechen haben und bei dem es in
der Tat einige Probleme gibt, war es nun wirklich nicht
allzu konkret, was Sie gesagt haben.


(Beifall bei der FDP – Horst Kubatschka [SPD]: Das haben Sie bloß nicht mitbekommen!)


Da ich im Gegensatz zu meinen Vorrednern, die zum
Teil weit über zehn Minuten Redezeit hatten, nur einen
sehr knappen Zeitrahmen habe, um den vielfältigen Er-
wartungen an meine Rede zu genügen, will ich gleich
Wasser in den Wein schütten, wie man es von mir erwar-
tet:


(Lachen des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Horst Kubatschka [SPD]: So viel erwarten wir nicht!)


Wir haben mitnichten, weder im Deutschen Bundestag
noch in den Landtagen, die Fragen geklärt, die sich im
Verhältnis zwischen Bund und Ländern abzeichnen. Es




Dr. Antje Vollmer

25183


(C)



(D)



(A)



(B)


gibt eine klare Kompetenzzuweisung im deutschen
Grundgesetz. Das hat Michael Naumann einmal als Ver-
fassungsfolklore abgetan. Aber wir haben von diesen Fak-
ten auszugehen und müssen die Empfindlichkeiten der
Länder zur Kenntnis nehmen. Diese hängen natürlich
auch damit zusammen, dass die Kompetenzen der Länder
in anderen Gebieten über Jahre und Jahrzehnte immer
weiter beschnitten wurden. Wir als Kulturpolitiker des
Bundes werden uns also gemeinsam darauf einzustellen
haben – hier ist sicherlich einmal die Gemeinsamkeit zu
betonen –, dass es Widerstand gibt. Das heißt, wir werden
wohl von uns aus Vorschläge machen müssen, wie wir die
nationale Verantwortung des Bundes in Zukunft geregelt
sehen wollen.

Wir gehen, jedenfalls was die Frage der Bundeskultur-
stiftung anbelangt, ein gutes Stück mit. Wir sind aller-
dings auch der Meinung, dass wir alle Anstrengungen un-
ternehmen müssen, um die Kulturstiftung der Länder mit
der Bundeskulturstiftung zusammenzuführen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, uns
auch Gedanken darüber machen, wie wir das Erfolg ver-
sprechend umsetzen können. Alle Redner haben ja betont,
dass das nicht zulasten der Projekte gehen darf; denn
Kompetenzstreitigkeiten langweilen die Künstler und
sind eigentlich nur eine Sache der Politiker. Wir müssen
also dazu beitragen, dass die Politik stärkere Verantwor-
tung für Kunst und Kultur wahrnimmt. Es gibt dafür ja ein
Beispiel in Berlin: Der Hauptstadtkulturvertrag hat im-
merhin dazu geführt, dass fünf konkrete Projekte in die fi-
nanzielle und sonstige Verantwortung des Bundes über-
tragen wurden.

Ich bin wohl etwas mehr als all meine Vorredner bereit,
eine Entflechtung auch bei sonstigen kulturellen Projek-
ten durchzuführen. Ich frage mich: Bedarf es wirklich ei-
ner finanziellen Unterstützung des Bundes für die Fest-
spiele in Bayreuth? Bedarf es überhaupt finanzieller
Unterstützung für die Festspiele in Bayreuth? Bedarf es
wirklich einer Unterstützung der Bamberger Sympho-
niker, der Philharmonia Hungarica, des Deutschen
Museums usw.? Darüber müssen wir reden. Können wir
nicht den Ländern sagen: „Ihr übernehmt für diese
Leuchttürme die alleinige Verantwortung; wir als Bund
konzentrieren uns auf die unverzichtbaren Aufgaben, die
vom Bund wahrgenommen werden müssen“?


(Beifall der Abg. Ina Lenke [FDP])

Dazu gehören sicherlich, aber nicht allein, die Haupt-
stadtkulturförderung, die Schaffung von Rahmenbedin-
gungen, die auswärtige Kulturpolitik und einige andere
Projekte, zu denen die Bundeskulturstiftung Anstöße ge-
ben muss.

Ich will abschließend – diese Legislaturperiode ist ja
nunmehr herum – gerne bestätigen, dass es, wie es der
Kollege Lammert gesagt hat, überwiegend Freude ge-
macht hat, in diesem Ausschuss zu arbeiten, auch wenn
nicht immer Konsens bestand. Ich finde aber, dass zur Po-
litik auch Streit und Diskurs gehören. In der nächsten Le-
gislaturperiode haben wir eine große Aufgabe vor uns. Ich

will, lieber Herr Nida-Rümelin, nicht die Spiele fortset-
zen, wer nach dem 22. September die Verantwortung
trägt.


(Jörg Tauss [SPD]: Wir natürlich!)

Wer auch immer, Herr Tauss. – Aber dann wird sehr kon-
kret zu klären sein, wie wir dem Kulturföderalismus un-
ter Berücksichtigung der Empfindlichkeiten, die es ja
gibt, sauber Rechnung tragen, sodass im Ergebnis – das
wollen wir ja alle – wirklich eine Stärkung von Kunst und
Kultur erreicht wird, ohne dass Empfindlichkeiten der
Länder berührt werden, Eifersüchteleien entstehen oder
Kompetenzstreitigkeiten fortgesetzt werden.

Es bleibt also noch eine Menge für uns zu tun. Ich freue
mich auf diese Aufgabe. Den Kollegen, die mich hier so
erwartungsfroh anschauen, muss ich leider sagen: Ich
werde mich auch in Zukunft darum bemühen, im Aus-
schuss für Kultur und Medien mitzuarbeiten. Ich muss Sie
also enttäuschen: Ich werde mich weiter für diese Fragen
einsetzen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424817700
Der Kollege
Dr. Heinrich Fink von der PDS hat seine Rede zu Proto-
koll gegeben.1) – Ich sehe keinen Widerspruch. Damit
kann ich die Aussprache schließen.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 14/9098 und 14/8736 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Kultur und Medien auf Drucksache 14/7702 zu
dem Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Kultur-
föderalismus in Deutschland erhalten“. Der Ausschuss
empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/4911 (neu) ab-
zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist gegen die Stimmen von CDU/CSU- und FDP-
Fraktion bei Enthaltung der PDS angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 sowie Zusatzpunkt 4
auf:

9. Beratung des Antrags der Abgeordneten Gustav
Herzog, Doris Barnett, Rainer Brinkmann

(Detmold), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der SPD sowie der Abgeordneten Ulrike

(Hitzhofen)

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Qualitätsoffensive im öffentlichen Personen-
verkehr – Verbraucherschutz und Kunden-
rechte stärken
– Drucksache 14/9671 –




Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

25184


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 15

ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen (15. Ausschuss) zu dem Antrag der
Abgeordneten Dr. Michael Meister, Dirk Fischer

(Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordne-

ter und der Fraktion der CDU/CSU
Verbraucherschutz im Bereich des öffentlichen
Personenverkehrs noch immer unzureichend
– Drucksachen 14/8853, 14/9696 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich

Die Kolleginnen und Kollegen Jella Teuchner, Gustav
Herzog, Dr. Michael Meister, Ulrike Höfken, Horst
Friedrich (Bayreuth) und Christine Ostrowski haben ihre
Reden zu Protokoll gegeben.1) – Ich sehe großes Einver-
ständnis im gesamten Hause.

Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den Antrag
der Fraktion der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
auf Drucksache 14/9671 mit dem Titel „Qualitätsoffen-
sive im öffentlichen Personenverkehr – Verbraucher-
schutz und Kundenrechte stärken“. Wer stimmt für diesen
Antrag? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Antrag ist
gegen die Stimmen von CDU/CSU- und FDP-Fraktion
bei Enthaltung der PDS angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf Drucksa-
che 14/9696 zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU
mit dem Titel „Verbraucherschutz im Bereich des öffent-
lichen Personenverkehrs noch immer unzureichend“. Der
Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/8853
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Enthaltung
der FDP angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:
Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Rainer Brüderle, Gudrun Kopp, Paul K. Friedhoff,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Daseinsvorsorge in der sozialen Marktwirtschaft
– Drucksachen 14/5192, 14/6249 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Erste Rednerin für die Bundesregierung ist die Parla-
mentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1424817800
Frau Präsidentin! Meine
Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
„So viel Markt wie möglich, so viel Planung wie nötig“,
dies ist das berühmte Brückenwort von Karl Schiller aus
dem Godesberger Programm der Sozialdemokratischen
Partei von 1959. Das ist für mich noch immer eine präg-
nante Zusammenfassung der Aufgabe der Wirtschafts-
politik in Deutschland.

Hieran orientiert sich auch die Bundesregierung. Die
marktwirtschaftliche Ordnung beruht auf dem Grundsatz
dezentraler Entscheidung. Funktioniert diese Ordnung, so
führt dies zu einer bestmöglichen Güterversorgung der Ge-
sellschaft und gewährt ein hohes Maß an individueller Frei-
heit. Wo aber die privaten Märkte nur unvollkommen funk-
tionieren oder wo der Staat andere als ökonomische
Zielsetzungen verfolgt, entsteht eine Aufgabe für den Staat.

Wir sehen dabei zwei zentrale Felder: Einerseits gilt es,
Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich private
wirtschaftliche Aktivitäten so effizient, beschäftigungs-
orientiert und umweltverträglich wie möglich entfalten
können. Andererseits ist es unsere Aufgabe, dort wirk-
same Unterstützung zu leisten, wo es die Solidarität mit
den sozial Schwächeren erfordert. Das Leitbild unserer
Wirtschafts- und Finanzpolitik ist deshalb die ökologi-
sche und soziale Marktwirtschaft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Tätigkeit des Staates ist in der Marktwirtschaft des-
halb keineswegs ein Fremdkörper, sondern trägt selbst zur
Etablierung und Stabilisierung der marktwirtschaftlichen
Ordnung bei.


(Unruhe bei der SPD)

– Liebe sozialdemokratischen Freunde, was ist los mit
euch?


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir hören zu! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Aber wir klatschen! Klatscht doch auch mal!)


– Auch ich stelle fest, dass die CDU/CSU zuhört. Bei der
SPD sitzen mehr, deshalb gibt es dort mehr Krach, aber es
sollte jetzt trotzdem genug sein.

Leistungen der Daseinsvorsorge, die im Mittelpunkt
der heute debattierten Großen Anfrage stehen, sind dabei
ein wichtiges Element. Die bei uns gewachsenen Struktu-
ren der öffentlichen Daseinsvorsorge haben sich über ei-
nen langen Zeitraum entwickelt und zu einer zufrieden
stellenden Versorgung mit den entsprechenden Gütern
und Dienstleistungen und einem hohen Maß an sozialer
Sicherheit geführt. Anzuerkennen sind hier insbesondere
die Verdienste der Kommunen. Sie haben auf der Grund-
lage der kommunalen Selbstverwaltung für einen Groß-
teil der Aufgaben Verantwortung übernommen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Die Leistungen der Daseinsvorsorge haben deshalb
eine große Bedeutung im deutschen Gesellschaftsmodell.
Dies gilt aber auch für die europäische Ebene. Der hohe
Stellenwert dieser Leistungen im Rahmen der gemeinsa-
men Werte der Europäischen Union und ihre wichtige
Rolle bei der Förderung des sozialen und territorialen Zu-
sammenhalts werden im Vertrag zur Gründung der Euro-
päischen Gemeinschaft hervorgehoben.

Völlig unbestritten ist aber, dass die Rahmenbedingun-
gen der Politik einem ständigen Wandel unterliegen. Ich
nenne nur folgende Stichworte, die Ihnen allen natürlich
geläufig sind: Globalisierung, Ökologie, demographische




Vizepräsidentin Petra Bläss

25185


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 16

Entwicklung. Dies sind die Herausforderungen unserer
Zeit. Dies führt immer wieder zu neuen Herausforderun-
gen, auch für den öffentlichen Sektor. Es ist daher unum-
gänglich, dass die umfassende Modernisierung von Staat
und Gesellschaft weiter vorangebracht wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: Es ist doch nicht alles in Ordnung!)


Es geht darum, die Aufgabenverteilung zwischen öffent-
lichem und privatem Sektor zukunftsfähig zu gestalten
sowie die Effektivität und Effizienz der Aufgabenwahr-
nehmung durch den Staat dort, wo es notwendig und ge-
boten ist, ständig zu verbessern.

Die Politik darf angesichts dieser Herausforderungen
natürlich nicht den Kopf in den Sand stecken, was leider
über viele Jahre in der Vergangenheit geschehen ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das haben wir ja geändert!)


Viele Probleme sind nicht angegangen, sondern konse-
quent verschleppt worden. Erst die Regierung Schröder
ist gegen den Reformstau angegangen und hat ihn aufge-
löst.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP: Märchenstunde!)


Wir sind auf einem guten Weg, eine neue Balance zwi-
schen der Eigenverantwortung jedes Einzelnen und dem
Gemeinsinn in einer sozialen und ökologischen Markt-
wirtschaft herzustellen. Wir trauen den Bürgerinnen und
Bürgern einerseits mehr Selbstständigkeit zu. Anderer-
seits konzentrieren wir uns, dem Leitbild eines aktivie-
renden Staates folgend, stärker auf unsere Kernaufgaben
und schaffen so den notwendigen Raum für erfolgreiche
private Initiative.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Diese Überlegungen gelten grundsätzlich auch für den
Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge. Um eine mög-
lichst effektive Aufgabenwahrnehmung zu gewährleisten,
kann es zum Beispiel angezeigt sein, ehemalige Mono-
polbereiche national und auf Gemeinschaftsebene für den
Wettbewerb zu öffnen. So haben zum Beispiel die Libe-
ralisierungen im Telekommunikations-, Post- und Ener-
giesektor zu Effizienzsteigerungen und deutlichen Ver-
besserungen in der Versorgung der Bevölkerung mit
diesen Dienstleistungen geführt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ina Lenke [FDP] – Ulrich Heinrich [FDP]: Wer hat denn das gemacht?)


– Herr Kollege, Sie wissen, dass dafür Grundgesetzände-
rungen notwendig waren. Das hätten Sie ohne die Sozial-
demokratie nicht machen können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das ist wahr!)


Die Bundesregierung treibt deshalb die eingeleiteten
Liberalisierungsschritte mit Nachdruck, aber natürlich
auch mit Weitsicht und Umsicht voran; denn es muss si-
chergestellt werden, dass die Liberalisierungsschritte
nicht zu Wettbewerbsverzerrungen insbesondere zwi-
schen den Mitgliedstaaten der EU führen. Welche Art der
Bereitstellung bei den unterschiedlichen Leistungen der
Daseinsvorsorge letztendlich vorzuziehen ist, lässt sich
nicht pauschal ableiten. Vielmehr muss fallweise unter
Berücksichtigung sektorspezifischer Besonderheiten ent-
schieden werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die noch
laufenden oder in der Zukunft anstehenden Reformen,
wie zum Beispiel in der Wasserwirtschaft oder im ÖPNV.


(Ina Lenke [FDP]: Sagen Sie doch mal was Konkretes! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Das ist sehr konkret!)


Die Bundesregierung steht aber in allen Bereichen
dafür ein, dass die gewachsenen Strukturen der öffentli-
chen Daseinsvorsorge nur behutsam und kontinuierlich
angepasst werden. Das heißt, wir sind in den vergangenen
Jahren auf dem Weg der Modernisierung von Wirtschaft
und Gesellschaft in Deutschland entscheidend vorange-
kommen. Dies ist uns vor allem deshalb gelungen, weil
wir eine schlüssige Position zu den wesentlichen Gestal-
tungsprinzipien und Entwicklungslinien der sozialen und
ökologischen Marktwirtschaft haben. Dies gilt für die
Steuer- und Haushaltspolitik, aber genauso für die Ren-
ten- und Gesundheitspolitik sowie für weitere Maßnah-
men auf den Arbeitsmärkten.


(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Ausgezeichnete Rede!)


Dies gilt auch im Hinblick auf eine vernünftige Weiter-
entwicklung der Aufgabenerfüllung bei den Leistungen
der Daseinsvorsorge.

Die Bundesregierung hat einen klaren Kurs, den sie
fortsetzen wird. Wir setzen auf Konsequenz und Syste-
matik im Gegensatz zu Beliebigkeit und Aktionismus der
Opposition.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424817900
Jetzt spricht der Kol-
lege Hartmut Schauerte für die Fraktion der CDU/CSU.


(V o r s i t z : Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)



Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1424818000
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist
schön, dass wir uns in so stattlicher Zahl um die Da-
seinsvorsorge sorgen.

Die Gradlinigkeit und die Konsequenz, sehr geehrte
Frau Hendricks, von der Sie gesprochen haben, vermissen
wir leider. Ich möchte das gar nicht in das Zentrum mei-
ner Ausführungen stellen. Trotzdem möchte ich vorweg
an ein paar Dinge erinnern: Wir haben nach wie vor Wett-
bewerbsverzerrungen zulasten der Privaten. Wir haben




Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
25186


(C)



(D)



(A)



(B)


nach wie vor in vielen Bereichen Vorteile, Privilegien und
Schutzzäune für öffentliches Handeln und Tun. Wir wis-
sen eigentlich, dass der Wettbewerb beim öffentlichen Or-
ganisieren schwächer ausgebildet ist als beim privaten
Handeln und dass dort, wo er schwächer ausgebildet ist,
die Gefahr besteht, dass die Kosten steigen und die Kon-
sumenten bzw. Verbraucher größere Lasten zu tragen ha-
ben. Deswegen sind wir verpflichtet, immer wieder nach-
zusehen, wo wir dies verbessern können. Im Zweifel
müssen wir Vorfahrt für die private Organisation von wirt-
schaftlicher Tätigkeit gewähren.

Es muss uns ja schon zu denken geben, dass wir heute
jährlich etwa 400 Milliarden bis 500 Milliarden DM öf-
fentlich-rechtlich wirtschaftlich organisieren. Das sind
etwa 12 Prozent des Bruttoinlandsproduktes; das ist ein
nach wie vor hoher Anteil. Deswegen sprechen wir über
einen großen wirtschaftlichen Block und über eine wich-
tige Fragestellung. Wenn man eine Gesellschaft und einen
Staat fit machen möchte, dann muss man schauen, ob man
auch in diesem Bereich Dinge besser machen kann.

Es gibt für uns eigentlich keine wirklich ideologischen,
sondern pragmatische Fragen. Was ist besser für die Bür-
ger? Was rechnet sich besser? Was ist effektiver? Was ist
effizienter? Das sind die Fragen, die uns leiten. Wir haben
da kein Brett vor dem Kopf.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Manchmal schon!)


– Schön, dass Sie sich an Ihre Bretterlandschaft erinnern,
Herr Tauss. Das finde ich ganz enorm. – Wir sind nicht
vernagelt, sondern wir gehen direkt an die Fragestellun-
gen heran.

Im Telekommunikationsbereich haben wir einige
Bewegungen, die rückwärts gewandt sind. Wir haben in
der Regulierung im Postbereich einige Bewegungen, die
rückwärts gehen. In den letzten vier Jahren haben wir
nicht gerade eine glänzende Wettbewerbsbilanz; das muss
uns eigentlich mit Sorgen erfüllen. Wir haben keinen
Grund zum Jubeln.

Ich möchte einen anderen Punkt ansprechen, der uns
allen Sorgen macht: Wenn eine bestimmte Stadtwerks-
konstruktion sinnvoll privat gemacht werden könnte,
dann müssten wir dennoch die Sorge haben, dass sie an ei-
nen großen Konzern verkauft oder übermorgen von einem
Konzern erworben wird.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau!)


Die Konzerne bilden dann in den bestimmten Sektoren
– wir alle wissen ja, worüber wir in diesem Zusammen-
hang sprechen – sehr schnell Oligopole sogar Monopole.
Wir haben dann die unerfreuliche Entwicklung, dass wir
den nicht begrüßenswerten Zustand eines quasi kleinen
staatlichen oder öffentlich-rechtlichen Monopols, das
dem Wettbewerb nicht richtig ausgesetzt ist und kein
Konkursrisiko trägt, durch eine Hinführung in oligopole
Bereiche ersetzen, die wir auch nicht wollen. Das ist ein
Problem, das sich uns stellt.

Ich möchte in diese Debatte einen Gedanken einbrin-
gen, der in unserer Fraktion noch nicht vorgestellt wurde,

den ich aber für hochinteressant halte. Sie wissen ja, dass
ich im ehrenamtlichen Bereich Präsident eines westfäli-
schen Genossenschaftsverbandes bin.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie sind Genosse? Das ist gut!)


Warum überlegen wir nicht einmal völlig ideologiefrei?
Wäre ein Ausweg aus diesem Dilemma, das sich bei einer
wirklich privaten Organisation dieser Betriebe ergibt,
nicht das Vermeiden der Abwanderung in konzentrierte
Bereiche? Ein Ansatz wäre, zu sagen: Wir geben den Bür-
gern einen Teil ihrer Stadt zurück und wir bilden Genos-
senschaften, an denen sie sich beteiligen. Wir kennen das
im Wohnungsbau und in anderen Bereichen. Das ist nicht
ganz fremd; aber für Stadtwerksbetriebe haben wir es ei-
gentlich nie gemacht.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schönau!)


Die Fragestellung ist wirklich interessant, ob das nicht
eine Möglichkeit wäre. Man kann das in Stufen machen.
Die Stadt möchte gern verkaufen, weil sie Geld braucht.
Aber sie möchte es nicht gern in fremde Hände geben. Sie
möchte es im Besitz der Bürger halten. Das wäre durch
eine genossenschaftliche Organisationsform möglich.

Wir sollten prüfen, ob durch diese Organisationsform
nicht ein Teil der Probleme gelöst werden könnte. Dieser
Gedanke ist sinnvoll. Der Vorteil wäre, dass diese Unter-
nehmen in die wirtschaftliche Selbstständigkeit entlassen
werden könnten, dass sie also – das möchte ich noch ein-
mal sagen – aus der politischen Steuerung, die ein Demo-
kratieproblem im Bereich der öffentlichen Wirtschaft dar-
stellt, herausgenommen werden könnten.

Die einen sagen: Es gibt eine politische Kontrolle. Ich
sage: Wir kombinieren wirtschaftliche und politische
Macht. Ob genügend Transparenz, Distanz und Kontrolle
vorherrschen, wenn diese beiden Felder zusammenkom-
men, ist zu prüfen. Bei solchen Kombinationen wächst
manches zusammen und verfilzt auch manches. Wir wis-
sen doch, wie Gremien besetzt werden, wer Kontrolle
ausübt usw. Das kann uns nicht zufrieden stellen.

Der Gedanke, das vorherrschende System aufzubrechen,
ohne uns auf die Organisationsstruktur kapitalistischer Un-
ternehmen zu konzentrieren, ist deswegen ganz interessant.
Ich bitte Neugierige, sich mit dieser Frage ein wenig zu be-
schäftigen. Wir werden an diesem Thema arbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will an einige andere Beispiele erinnern. Im Ener-
giesektor erwarten wir für morgen eine wichtige Ent-
scheidung. Die Fusion von Eon und Ruhrgas stellt kei-
nen Weg zu einer Stärkung des Marktes dar. Es mag sein,
dass es keinen anderen Weg gibt. Diese Frage will ich im
Moment nicht abschließend beantworten. Diese Vorgänge
muss man allerdings mit einem Grummeln im Bauch se-
hen, weil das ein weiterer Schritt zur Konzentration eines
Marktes ist, den wir liberalisieren wollen. Das ist ein hoch
problematischer Vorgang.

Im Bereich der Telekommunikation – ich habe da-
rauf bereits hingewiesen – haben sich viele selbstständige




Hartmut Schauerte

25187


(C)



(D)



(A)



(B)


und innovative Gründer darauf verlassen, dass dieser
Markt wirklich liberalisiert wird. Sie merken jetzt, dass
sie allein gelassen und auf ein Spielfeld gestellt wurden,
auf dem der Einfluss des Monopolisten noch nicht ausrei-
chend beschränkt wurde.

Im Bereich der Banken haben wir einiges erreicht.
Dadurch, dass die Garantien und Staatshaftungen zurück-
gefahren wurden, wurde mehr Wettbewerb hergestellt.
Lassen Sie mich für die CDU allerdings auch deutlich sa-
gen: Wir haben kein Interesse daran, das dreigliedrige
Kreditgewerbe in Deutschland zu zerschlagen. Wir sagen
Ja zu öffentlich-rechtlichen Banken. Es ist für uns kein
Thema, dass wir sie brauchen. Wir wollen, dass sie mit
den anderen Banken in einem fairen Wettbewerb stehen.

Es ist wahr, dass sich die Privatbanken aus der
großflächigen Versorgung der Unternehmen mit Bank-
dienstleistungen weitgehend zurückgezogen haben. Dort
nur noch eine, zum Beispiel eine genossenschaftliche,
Struktur zu haben, wäre im Sinne des Wettbewerbs nicht
zu akzeptieren; denn wir brauchen mindestens zwei Ban-
ken. Für mittelständische Unternehmen ist es ein großes
Dilemma: Wenn man bei der einen regionalen Bank so-
zusagen unten durch ist, hat man keine andere Chance
mehr. Für sehr viele Unternehmen in Deutschland ist das
eine Existenzfrage. Deswegen sagen wir zu dem dreiglied-
rigen Banksystem ein klares Ja,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


aber mit fairen, nachvollziehbaren Bedingungen. Jeder
muss sagen können: Wir haben sozusagen die gleichen
Turnschuhe an; der Beste soll das Rennen machen.

Bei der Abfallwirtschaft wehren wir uns dagegen, dass
die Kommunen immer mehr versuchen, die Bereiche, die
bisher in der freien Bewirtschaftung angesiedelt waren, in
die kommunale Zwangswirtschaft zurückzuholen. Das
kann kein vernünftiger Weg sein. Das ist mit uns nicht zu
machen. Wenn wir einen neuen Regierungsauftrag be-
kommen, werden wir darauf achten, dass auf diesem Ge-
biet keine Chancen vertan werden.

Interessant ist der Bereich derWasserwirtschaft, der
mit vielen Ideologien behaftet ist. Etwa 1,6 Prozent der
deutschen Wasserversorger sind private Unternehmen.
Sie haben keine wirkliche Machtposition. Wir von der
Union bewerten die Frage der Privatisierung der Wasser-
wirtschaft etwas anders als bei der Energie, weil das Was-
ser auch Lebensmittel ist. Deswegen schließen wir den
Bereich der Wasserwirtschaft bei dieser Betrachtung aber
nicht vollkommen aus.

Wir alle wissen, dass es durchaus private Wasserver-
sorger gibt, die gleich gute Qualität, gleiche Zuverlässig-
keit und Ortsnähe bieten. Die privaten Wasserversorger
transportieren beispielsweise nicht Gletscherwasser aus
Norwegen über viele Kilometer nach Deutschland, son-
dern gewinnen das Wasser aus den Gewässern der Region
und verteilen es entsprechend. Die Kunden dieser Was-
serwerke spüren keinen Unterschied zu einem öffentlich-
rechtlichen Betrieb.

Wir müssen diesen Bereich offen und ideologiefrei dis-
kutieren. Gemeinden müssen frei entscheiden können, ob

sie die Wassergewinnung selbst betreiben oder lieber ab-
geben wollen. Da muss der Gesetzgeber gar nicht ein-
greifen.

Es kann auch sein, dass jemand ein Wettbewerbswas-
sersystem aufbauen will. Man muss darüber reden, ob das
in jedem Fall mit Anschluss- und Benutzungszwang ge-
schützt werden muss. Aber ich würde niemals sagen: Die
Gemeinden dürfen das nicht oder die gewachsene Was-
serversorgungsstruktur muss zerschlagen werden. Das
soll sich doch nach den besten Lösungen sortieren. Wenn
die Kunden Wasser mit höchster Qualität haben wollen,
wenn sie es aus ihrer Region haben wollen und wenn sie
eine bestimmte Rechtsform wünschen, lassen wir sie doch
darüber entscheiden. Wir sollten ideologiefrei und prak-
tisch damit umgehen und Effizienzsteigerung und Inno-
vationsvorteile nutzen. Das ist doch in Ordnung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben viele Bedrohungen und wir haben nach wie

vor eine zunehmende wirtschaftliche Betätigung der öf-
fentlichen Hand. Das muss nicht sein. Wir gehen relativ
ideologiefrei an diese Frage heran und schauen genau hin.
Wir wollen das im Gespräch mit den Bürgern organisie-
ren; denn gegen die Bürger kann man bezüglich der Stadt-
werke nicht entscheiden. Auch da könnte die genossen-
schaftliche Idee durchaus hilfreich sein. Wir müssen die
Dinge entzerren, sie in einen stärkeren Wettbewerb stel-
len und ansonsten auf Effizienz und Nachhaltigkeit ach-
ten.

Wo haben wir eigentlich ein Problem?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424818100
Herr Kol-
lege Schauerte, bitte keine neuen Gedanken.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1424818200
Nur eine Schluss-
bemerkung: Wir haben nur dann ein Problem, wenn wir
die Macht, die mit der Leitung öffentlicher Unternehmen
verbunden ist, in der Politik so wichtig nehmen. In der Sa-
che haben wir es eigentlich nicht. Die Macht und die
Machtausübung sollten unser Handeln aber nicht bestim-
men.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424818300
Das Wort
hat jetzt die Kollegin Michaele Hustedt von Bündnis 90/
Die Grünen.


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424818400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daseinsvor-
sorge ist ein merkwürdig altmodisch anmutendes Wort.
Aber es ist ein hochaktuelles Thema. Wir sagen Ja zur
Liberalisierung ehemaliger Monopolmärkte, weil wir
schon daran glauben, dass Wettbewerb mehr Effizienz,
mehr Service und mehr Kreativität bringt, dass er die Kos-
ten und häufig auch die Umweltbelastung reduziert. Ein
einfacher Vergleich zwischen DDR und BRD zeigt, dass
Umweltbelastung durch Effizienz und Wettbewerb redu-




Hartmut Schauerte
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(C)



(D)



(A)



(B)


ziert werden kann. Mit einer Vielfalt der Akteure, die un-
tereinander konkurrieren, können eben Effizienz- und
Wohlstandsgewinne für Verbraucher, für die Wirtschaft,
für die Beschäftigten und für die Umwelt erreicht werden.
Deswegen haben wir uns entschlossen, auch ehemalige
Monopolmärkte europaweit zu liberalisieren. Wir Grüne
haben das immer sehr wohlwollend und auch fordernd
begleitet.

Aber es muss selbstverständlich gewährleistet sein,
dass die Bürger Zugang zu Gas, Wasser, Post und Tele-
kommunikationsleistungen erhalten. Das sind lebens-
wichtige Güter, die den Bürgern Tag und Nacht zur Ver-
fügung stehen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der PDS)


Es geht dabei schließlich nicht um den Verkauf von Autos
oder Schuhen. Für die Gas- und Stromversorgung oder
auch für den Zugang zur Telekommunikation ist eine In-
frastruktur notwendig. Deswegen ist es etwas anderes, als
ob man über Autos oder über Brötchen redet.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist wahr!)

Wer sorgt in diesem liberalisierten Markt für die Si-

cherheit, dass die Versorgung gewährleistet ist? Das ist
eine aktuelle Frage, weil, wie man sehen kann, durchaus
auch große Konzerne wie zum Beispiel Enron in den
USAKonkurs anmelden können.


(Jörg Tauss [SPD]: Auch Vivendi!)

– In der Tat. Auch große Unternehmen sind vor dem Kon-
kurs nicht gefeit. – Es ist also notwendig, dass Staat und
Kommune die Gewährleistung für die Versorgungssicher-
heit auch in liberalisierten Märkten, also die Daseinsvor-
sorge, übernehmen. Aber sie müssen es nicht selbst ma-
chen. Sie können die Leistungen ausschreiben und dann
dem günstigsten Anbieter diese Daseinsvorsorge übertra-
gen.

Die ausschreibenden Stellen müssen zudem die Mög-
lichkeit erhalten, auch ökologische und soziale Kriterien
für die Leistungserbringung zu definieren. Deswegen war es
auch gut, dass in der europäischen Vergaberichtlinie fest-
gehalten worden ist, dass auch ökologische Kriterien eine
Rolle spielen. Es war bedauerlich, dass die Union mit ihrer
Mehrheit im Bundesrat das Tariftreuegesetz blockiert hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


Ergänzend dazu brauchen wir aus meiner Sicht neue
Haftungsregelungen; denn im Markt müssen die Unter-
nehmen auch Qualität garantieren. Es gibt zum Beispiel
Industriezweige, die auf Stromlastschwankungen un-
glaublich empfindlich reagieren und bei denen die ge-
samte Produktion durch solche Schwankungen zerstört
werden kann. Den Unternehmen dieses Industriezweigs
muss es möglich sein, den Lieferanten auf Schadensersatz
verklagen zu können, wenn die Qualität nicht stimmt. Da-
durch ist der Anreiz gegeben, auch bei einem liberalisier-
ten Wettbewerb auf die Qualität zu achten.

Herr Schauerte hat bereits angesprochen, dass Kom-
munen öffentliche Infrastrukturen – Stadtwerke zum Bei-

spiel – an private Konzerne, Duopole oder Oligopole ver-
kaufen und es dadurch zu einem Konzentrationsprozess
kommt. Das hängt natürlich damit zusammen, dass die
Kommunen unter starkem finanziellen Druck stehen.

Ich finde den Vorschlag, den Herr Schauerte heute ins
Gespräch gebracht hat, reizvoll. Man sollte auch über ge-
nossenschaftliche Modelle nachdenken, beispielsweise
darüber, dass Kommunen ihre Stadtwerke an die Bürger
verkaufen und diese daran demokratische und wirtschaft-
liche Teilhabe erlangen. Es ist ein unglaublich interessan-
ter Gedanke, dass die Bürger mitentscheiden, wie viel
Strom, Wasser oder Gas produziert wird. Dieser Gedanke
ist demokratisch und beinhaltet die Chance, auf den libe-
ralisierten Märkten Wettbewerb zu garantieren. Das muss
kein flächendeckendes Modell sein; aber da, wo es in den
Kommunen Engagement für diese Dinge gibt, kann es ein
attraktiver Ansatz sein, den wir als Parlament weiterent-
wickeln sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir müssen darauf achten, dass bei den liberalisierten
Märkten kein Konzentrationsprozess einsetzt, der zu Oligo-
polen führt. Das heißt, wir brauchen eine stärkere Fusions-
kontrolle – Herr Schauerte hat die morgige Entscheidung
angesprochen – und ein stärkeres Kartellrecht. Auch das
sind Instrumente, die auf diesen Märkten notwendig sind.

Wir brauchen – das möchte ich als Letztes ansprechen –
eine Gemeindefinanzreform, damit der Druck von den
Kommunen genommen wird und sie wieder Spielräume
erlangen. Sie brauchen ausreichende Mittel für ihre Ge-
staltungsspielräume.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der PDS)


Die Arbeitsgruppe, die die Bundesregierung eingerichtet
hat, ist ein guter und wichtiger Schritt. Auf diesem Weg
sollten wir weitergehen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der PDS)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424818500
Das Wort
hat der Kollege Gerhard Schüßler von der FDP-Fraktion.

Gerhard Schüßler (FDP) (von der FDP mit Beifall
begrüßt): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Eine Vorbemerkung: Es dient sicherlich nicht
der Daseinsvorsorge der Kolleginnen und Kollegen, wenn
die nächtlichen Debatten bis in den frühen Morgen fort-
gesetzt werden.


(Jörg Tauss [SPD]: Bis jetzt war es ganz munter!)


Unter dem Vorwand der Daseinsvorsorge werden viele
Bereiche dem Markt entzogen und staatlicher Kontrolle
und Regie unterstellt.


(Beifall bei der FDP – Detlev von Larcher [SPD]: Seien Sie vorsichtig!)





Michaele Hustedt

25189


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(B)


– Herr von Larcher, bei Ihnen bin ich nie vorsichtig. – Das
gilt insbesondere für Energie, Wasser, Verkehr, Telekom-
munikation und Post und ist allenfalls historisch erklär-
bar, aber nicht zu rechtfertigen.

Die Berufung auf den Begriff Daseinsvorsorge in der
Diskussion um öffentliche Leistungserbringung geht ins
Leere. So sah man es noch vor zehn Jahren in weiten
Kreisen der deutschen Politik als selbstverständlich an,
dass zum Beispiel die Telekommunikation ein Teil der
Daseinsvorsorge zu sein hatte. Heute sind die Telefon-
gebühren auf einem Zehntel des damaligen Preisni-
veaus.


(Beifall bei der FDP – Detlev von Larcher [SPD]: Trotzdem Daseinsvorsorge!)


Wir sind alle dankbar und froh, dass die Telekommunika-
tion eben nicht mehr Teil der Daseinsvorsorge ist, sondern
dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb von circa 150 Un-
ternehmen unterliegt. Das ist der Unterschied, Herr Kol-
lege von Larcher.

Neuerdings ist es die Universaldienstleistungspflicht,
die angeblich unerlässlich ist und Privatisierungen zum
Beispiel bei Post und Telekommunikation hemmt.


(Jörg Tauss [SPD]: Die Universaldienstleistung ist in den USA erfunden worden!)


Aber immer ist es ein angebliches Kundeninteresse, das
gleichwohl von der öffentlichen Verwaltung und von nie-
mand anderem definiert wird.

Das bringt uns zum Kern der Debatte: Der Begriff der
Daseinsvorsorge taugt nicht mehr zur Begründung staat-
licher Leistungserbringung. Staatliche Leistungserbrin-
gung darf nur im allgemeinen Interesse erfolgen. Dabei ist
aber strikt auf die Notwendigkeit zu achten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Beschränkungen im Bereich von Energie und Ver-

kehr liegen mit ihren Monopolpreisen aber gerade nicht
im allgemeinen Interesse. Sie erklären sich historisch aus
dem Aufbau der großen Infrastrukturen für Energieerzeu-
gung, Verkehr oder Telekommunikation. Die Begründung
trägt jedoch nicht mehr, da heute der entwickelte Kapital-
markt sehr gut in der Lage ist, notwendiges Investitions-
kapital zur Verfügung zu stellen.

Wie willkürlich Daseinsvorsorge gehandhabt wird,
zeigt sich auch daran, dass noch niemand auf die Idee ge-
kommen ist, eine flächendeckende staatliche Versorgung
mit Brot und Brötchen zu fordern – beispielsweise ein
Bäcker auf 1 000 Bürger.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das allgemeine Interesse kann daher nur in der sicheren,
verlässlichen und möglichst günstigen Versorgung der
Bevölkerung bestehen. Die Erfahrung lehrt uns, dass die
Marktwirtschaft und der Wettbewerb dazu besser als der
Staat in der Lage sind.


(Detlev von Larcher [SPD]: Aber nicht überall!)


Hinter der Berufung auf die Daseinsvorsorge steht häu-
fig immer noch der alte sozialistische Traum, Herr Kol-
lege von Larcher,


(Lachen bei der SPD)

dass der Staat zur Versorgung der Bürger besser als die
freie Wirtschaft in der Lage sei. Unter anderen Vorzeichen
nennt man das Planwirtschaft, Herr Kollege.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wenn jetzt die Europäische Kommission an den staat-

lichen Monopolen im Bereich Energie und ÖPNV zu rüt-
teln beginnt, dann liegt die Vorstellung vom gemeinsamen
Markt zugrunde. Insoweit besteht in der EU ein Konsens
über die marktwirtschaftliche Ordnung. Wenn Deutsch-
land weite Teile dem Markt entzieht, kann das die Kom-
mission angesichts des Ziels der Verträge nicht hinneh-
men. Es ist schade, dass Deutschland, das sich doch als
Marktwirtschaft definiert, nicht aus eigener Kraft die not-
wendigen Reformen leisten kann, sondern erst von Brüs-
sel vorgeführt werden muss.


(Beifall bei der FDP)

Meine Kolleginnen und Kollegen, die Erfahrung zeigt,

dass dort, wo staatliche Monopole und Unternehmen
Leistungen erbringen, die Bürger Gebühren und Preise
über Marktniveau zahlen müssen. Zudem entsteht durch
die Verflechtung mit der Politik genau jenes Umfeld, das
wie im Kölner Beispiel zu Korruption verleitet.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Darum fordert die FDP, dass die staatlichen Monopole auf
die Bereiche begrenzt werden, die tatsächlich im allge-
meinen Interesse liegen. Öffentliche Leistungserbringung
darf nur zulässig sein, wenn die Marktwirtschaft dazu
nicht in der Lage ist.


(Detlev von Larcher [SPD]: Das steht sogar im SPD-Programm!)


Bei der Deregulierung und Liberalisierung der Märkte
sind durch geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen
fairerWettbewerb und Mindeststandards sicherzustel-
len. Dann kann die Marktwirtschaft ihre Effizienzvorteile
entfalten. Das ist sozial, das ist im Interesse zukunftsfähi-
ger Arbeitsplätze und im Interesse der Verbraucher. Den
Menschheitsbeglückern, die unter dem Deckmantel von
Universaldienst oder Daseinsvorsorge Bürokratien dem
Rechtfertigungszwang entziehen wollen,


(Jörg Tauss [SPD]: Also Briefkästen weg, Postämter weg!)


werden wir Liberale stets energisch Widerstand leisten.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Herr Präsident, lassen Sie mich aus Anlass meiner letz-
ten Rede noch einen Wunsch aussprechen. Ich bin für die
langen Jahre dankbar, die ich diesem Hause angehören
durfte. Ich bin vielen Menschen begegnet; dies war eine
Bereicherung für mich. Viele Beziehungen werden auch
fortdauern. Ich wünsche dem neu zu wählenden Deut-
schen Bundestag, dass er den politisch Andersdenkenden
mehr Respekt entgegenbringt, und wünsche allen seinen
Mitgliedern, unbeschadet aller Meinungsverschiedenhei-




Gerhard Schüßler
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(C)



(D)



(A)



(B)


ten, einen sorgfältigeren Umgang miteinander. Das wün-
sche ich auch all denjenigen, die ihre freien Volksvertre-
ter wählen. Diesen Wunsch möchte ich zum Schluss an
das neue Parlament richten, dessen Arbeit ich mit Inte-
resse verfolgen werde.

Danke schön.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424818600
Herr Kol-
lege Schüßler, ich möchte Ihnen im Namen des ganzen
Hauses für die vielen Jahre erfolgreicher und kollegialer
Zusammenarbeit danken. Wir wünschen Ihnen für die
kommenden Jahre alles Gute und viel Erfolg.


(Beifall)

Die Rede des Kollegen Dr. Uwe-Jens Rössel soll zu

Protokoll1) genommen werden. – Sie sind damit einver-
standen.

Dann rufe ich als letzten Redner zu diesem Tagesord-
nungspunkt den Kollegen Lothar Binding von der SPD-
Fraktion auf.

Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) (von Abgeordneten
der SPD mit Beifall begrüßt): Herr Präsident! Sehr verehrte
Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine
alte Regel besagt: Wer fragt, führt. Insofern beinhaltet das
Fragestellen immer eine große Chance. Die FDP aber hat
diese Chance bei ihrer Großen Anfrage vertan.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die 57 Fragen in der Großen Anfrage zu den zukünftigen
Aufgaben im Spannungsfeld zwischen Markt und Staat
werden der Bedeutung dieses Themas nicht gerecht.
Barbara Hendricks hat sehr ausführlich zum Subsi-
diaritätsprinzip als Grundsatz für staatliches Handeln
Stellung genommen. Ich glaube, dass dies den richtigen
Weg zeigt.


(Beifall bei der SPD)

Die EU-Kommission definiert Leistungen der Da-

seinsvorsorge als marktbezogene oder nicht marktbezo-
gene Tätigkeiten, die im Interesse der Allgemeinheit er-
bracht und daher von den Behörden mit spezifischen
Gemeinwohlverpflichtungen verknüpft werden.

Wenn man alle Fragen, die die FDP gestellt hat, durch-
geht, merkt man, dass sie ausschließlich von der Sorge
geprägt sind, dass die private Wirtschaft genau dann Scha-
den nehmen könnte, wenn sich der Staat engagiert. Ich
glaube, dass uns genau dies in eine Sackgasse führt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Angelika Köster-Loßack [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Denn wenn wir nur diese Sorge pflegen, werden wir der
Bedeutung des Spannungsverhältnisses zwischen Staat
und Markt nicht gerecht.

Ich glaube, dass wir dies an einer einfachen Fragestel-
lung sehr deutlich zeigen können. Sie haben sich in Ihren
Fragen um Wasserversorgung, Telekommunikation, Ener-
gie, Abfall, Verkehr, Transportwesen, Steuerpolitik und
auch um das Kreditwesen gekümmert. Man muss sich
aber einmal fragen, ob nicht Gemeinwohlverpflichtun-
gen auch dort bestehen müssen, wo man sich um die Ar-
beit selbst kümmert. Die private Wirtschaft hätte die Auf-
gabe, sich um Arbeit für alle zu kümmern.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Angelika Köster-Loßack [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Genau an dieser essenziellen Stelle versagt die private
Wirtschaft und erwartet anschließend vom Staat, dass er
diese Lücken schließt.

Ich glaube, dass wir in diesem Teufelskreis nach Lö-
sungen suchen müssen, die Sie mit Ihren Fragen hätten er-
schließen müssen.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Das ist aber eine komische Philosophie!)


Ich möchte zu dem Teufelskreis etwas sagen, weil ich
auch Kommunalpolitiker bin. Wir wissen, dass im Kom-
munalhaushalt – Sie müssen jetzt einen Moment konzen-
triert zuhören, weil ich keine entsprechende Grafik zeigen
kann – steigende Transferleistungen zu verzeichnen sind.
Dies führt zu sinkenden Zuführungen im Investitions-
haushalt. Dies führt zu sinkenden Investitionen. Dies ist
der öffentliche Bereich. Wie durch ein Wunder über-
schreiten wir jetzt die Grenze hin zur privaten Wirtschaft.
Denn sinkende Investitionen bedeuten weniger Aufträge.
Weniger Aufträge bedeuten weniger Arbeitsplätze. Weni-
ger Arbeitsplätze bedeuten steigende Arbeitslosigkeit.
Steigende Arbeitslosigkeit bedeutet höhere Transferleis-
tungen. Jetzt ist dieser Teufelskreis geschlossen.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Das ist eine sozialdemokratische Logik!)


Wenn wir diesen Teufelskreis durchbrechen wollen,
müssen wir in der Beschäftigungspolitik eine andere Ori-
entierung finden. Wenn wir Ihre Frage 22 untersuchen, die
sehr verräterisch darauf hindeutet, dass Sie kritisch ge-
genüber Beschäftigungsgesellschaften eingestellt sind
und, dann stellt sich die Frage, ob Beschäftigungsgesell-
schaften eigentlich Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt
verhindern. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der erste Ar-
beitsmarkt ist hoch subventioniert, grenzt Arbeit aus und
schafft Arbeitslosigkeit. Der zweite Arbeitsmarkt, also
der des staatlichen Engagements, ist hoch alimentiert,
schafft Arbeitsplätze, aber nur als Übergangssystem und
Notbehelf.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Sie haben es noch nicht verstanden!)


Ich möchte Ihnen gern ein System andeuten, das euro-
paweit unter dem Stichwort „das dritte System“ darge-
stellt wird.

Das dritte System umfasst sozialwirtschaftlich arbei-
tende Betriebe, die übrigens nicht Non-Profit-Betriebe,
sondern Not-for-Profit-Betriebe heißen. Das Besondere




Gerhard Schüßler

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(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 17

ist, dass diese Betriebe am Markt Gewinn machen wollen,
um diese Gewinne vor dem Hintergrund der sozialen und
sonstigen Leistungsdefizite ihrer Mitarbeiter für diese zu
reinvestieren.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Das sind lauter Gutmenschen! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das sind Revolutionäre bei euch!)


Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie diesem Gedanken
nicht folgen können; denn bei Ihnen wird die Profit-Ori-
entierung ausschließlich unter privatrechtlichen und am
Privaten orientierten Gesichtspunkten gesehen. Wir sa-
gen, dass man bei Erzielung eines Gewinns hinsichtlich
einer Gemeinwohlorientierung auch eine Verpflichtung
hat. Deshalb ist es wichtig, dass im dritten System sozial-
wirtschaftliche Betriebe unterstützt werden.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS – Ulrich Heinrich [FDP]: Vollkommener Quatsch!)


Das Besondere daran ist, dass genau diese Betriebe die
von Ihnen genannten Anforderungen erfüllen, nämlich
Steuern zahlen, Sozialabgaben leisten und damit das ge-
samtgesellschaftliche System stabilisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will das hinsichtlich einer Aufwärtsspirale am Ar-
beitsmarkt demonstrieren; denn beim Start dieses dritten
Systems geht es um Eigeninitiative und vielleicht auch
um Kredite oder Contracting. Wenn man dieses Mittel in
der Kommune einsetzt, erhält man erste kleine zusätzliche
Aufträge, man hat erste kleine sinkende Arbeitslosenzah-
len, damit einhergehend sinkende Transferkosten, eine
– jetzt kommen wir wieder in den alten Kreislauf; nur in
einer Aufwärtsspirale – steigende Zuführung zum Inves-
titionshaushalt, steigende Investitionen, mehr Aufträge,
mehr Arbeitsplätze, weiter sinkende Arbeitslosenzahlen,
weiter sinkende Transferkosten usw.

Das Besondere dieses Vorschlags besteht darin, dass
wir eine Verknüpfung zwischen Staat und Markt herstel-
len. Bei der Differenzierung zwischen Staat und Markt
gehen wir eben nicht von Konkurrenzsystemen, sondern
von Kooperation aus. Ich glaube, wenn wir die Daseins-
vorsorge unter dem Gesichtspunkt der Kooperation zwi-
schen Staat und Markt sehen – unter den eben vorgestell-
ten Systemvoraussetzungen –, erhalten wir auch für
Europa ein zukunftsfähiges Modell.

Der Begriff des dritten Systems ist in Europa sehr viel
stärker etabliert als in Deutschland, weil bei uns offen-
sichtlich noch die Sorge dominiert, dass dieses System
den ersten Arbeitsmarkt zerstören könnte. Dieses traurige
Ergebnis wird leider auch durch die vielen Fragen der
FDP verstärkt. Deshalb zielen Sie in die falsche Richtung.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unglaublich! – Ulrich Heinrich [FDP]: Das zieht einem ja die Schuhe aus!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424818700
Ich
schließe die Aussprache.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schade eigentlich!)


Ich rufe die Tagesordnungspunkte 11 a und 11 b sowie
Zusatzpunkt 5 auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und

des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Stärkung von Prävention und Gesundheits-
förderung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulf Fink,
Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid). Dr. Wolf
Bauer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Prävention umfassend stärken

– Drucksachen 14/9224, 14/9085, 14/9701 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Helga Kühn-Mengel

b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen
der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Verbesserung des Zuschusses zu ambulanten
medizinischen Vorsorgeleistungen
– Drucksache 14/9357 –

(Erste Beratung 243. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit (14. Ausschuss)

– Drucksache 14/9702 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Aribert Wolf

ZP 5 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Irmgard
Schwaetzer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion FDP
Für eine leistungsfähige und bezahlbare Ge-
sundheitsversorgung
– Drucksachen 14/9054, 14/9703 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Martin Pfaff

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen liegt ein Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP vor.

Ich darf Ihnen sagen, dass von diesem Tagesordnungs-
punkt an alle Reden zu Protokoll gegeben werden sollen.1)




Lothar Binding (Heidelberg)

25192


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlagen 18 bis 27

Ich hoffe, dass Sie damit einverstanden sind. – Ich sehe
keinen Widerspruch. Ich bitte noch ein wenig um Auf-
merksamkeit, weil wir eine Reihe von Abstimmungen und
Überweisungen vorzunehmen haben.

Tagesordnungspunkt 11 a. Wir kommen zur Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit auf
Drucksache 14/9701. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1
seiner Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags
der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grü-
nen auf Drucksache 14/9224 mit dem Titel „Stärkung von
Prävention und Gesundheitsförderung“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen und der PDS gegen die
Stimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 14/9085 mit dem Titel
„Prävention umfassend stärken“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
übrigen Fraktionen angenommen.

Tagesordnungspunkt 11 b. Abstimmung über den von
den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grü-
nen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesse-
rung des Zuschusses zu ambulanten medizinischen Vor-
sorgeleistungen, Drucksache 14/9357. Der Ausschuss für
Gesundheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 14/9702, den Entwurf eines Gesetzes in der
Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
mit den Stimmen aller Fraktionen bei Gegenstimmen der
FDP-Fraktion angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
mit gleichem Quorum angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungs-
antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 14/9720. Wer
stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der PDS bei Ge-
genstimmen der FDP und Enthaltung der CDU/CSU abge-
lehnt.

Zusatzpunkt 5, Beschlussempfehlung des Ausschusses
für Gesundheit auf Drucksache 14/9703 zu dem Antrag
der Fraktion der FDP mit dem Titel „Für eine leistungs-
fähige und bezahlbare Gesundheitsversorgung.“ Der Aus-
schuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/9054 ab-
zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der PDS bei Gegenstimmen der FDP und Enthaltung der
CDU/CSU angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(23. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Markus
Meckel, Eckhardt Barthel (Berlin), Wilhelm
Schmidt (Salzgitter), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Dr. Antje Vollmer, Dr. Helmut Lippelt, Kerstin
Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für ein europäisch ausgerichtetes Zentrum
gegen Vertreibungen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Norbert
Lammert, Bernd Neumann (Bremen), Klaus
Brähmig, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Zentrum gegen Vertreibungen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Dr. Edzard Schmidt-Jortzig,
Dr. Klaus Kinkel, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Für ein europäisches Zentrum gegen Vertrei-
bungen

– Drucksachen 14/9033, 14/8994 (neu), 14/9661 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Eckhardt Barthel (Berlin)

Dr. Norbert Lammert
Dr. Antje Vollmer
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Dr. Heinrich Fink

Auch hier werden die Reden zu Protokoll genommen.1)
Es liegt eine Erklärung nach § 31 unserer Geschäftsord-
nung der Kollegen Ulla Jelpke, Dr. Winfried Wolf und an-
derer vor. Diese nehmen wir zu Protokoll.2)

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Kultur und Medien auf Drucksache 14/9661. Der
Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
empfehlung, den Antrag der Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 14/9033 mit
dem Titel „Für ein europäisch ausgerichtetes Zentrum ge-
gen Vertreibungen“ in der Ausschussfassung anzunehmen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthal-
tung der übrigen Fraktionen angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ableh-
nung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Druck-
sache 14/8594 (neu) mit dem Titel „Zentrum gegen Ver-
treibungen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen und der PDS-Fraktion bei Gegenstimmen der
CDU/CSU-Fraktion und Enthaltung der FDP-Fraktion
angenommen.




Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

25193


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 19
2) Anlage 11

Schließlich empfiehlt der Ausschuss für Kultur und
Medien unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung
die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf
Drucksache 14/9068 mit dem Titel „Für ein europäisches
Zentrum gegen Vertreibungen“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen und der PDS bei Gegenstimmen der FDP
und Enthaltung der CDU/CSU angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(23. Auschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Jörg Tauss, Monika Griefahn, Eckhardt Barthel

(Berlin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin,
Dr. Antje Vollmer, Kerstin Müller (Köln), Rezzo
Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN
Reform derMedien- und Kommunikationsord-
nung für die Wissens- und Informationsgesell-
schaft verwirklichen
– Drucksachen 14/8649, 14/9664 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Monika Griefahn
Norbert Lammert
Dr. Antje Vollmer
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Angela Marquardt

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Kultur und Medien auf Drucksache 14/9664 zu
dem Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnis-
ses 90/Die Grünen mit dem Titel „Reform der Medien-
und Kommunikationsordnung für die Wissens- und Infor-
mationsgesellschaft verwirklichen“. Der Ausschuss emp-
fiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/8649 anzunehmen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
PDS bei Gegenstimmen von CDU/CSU und FDP ange-
nommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Christel
Riemann-Hanewinckel, Dr. Hans-Peter Bartels,
Anni Brandt-Elsweier, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abgeorden-
ten Irmgard Schewe-Gerigk, Kerstin Müller

(Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Rechtsanspruch auf Beratung im Mutterpass
zusätzlich festschreiben

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Maria
Böhmer, Wolfgang Bosbach, Maria Eichhorn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU

Vermeidung von Spätabtreibungen – Hilfen
für Eltern und Kinder

– Drucksachen 14/9030, 14/6635, 14/9494 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hanna Wolf (München)

Maria Eichhorn
Ina Lenke
Irmingard Schewe-Gerigk
Monika Balt

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf Druck-
sache 14/9494. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 sei-
ner Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags der
Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
auf Drucksache 14/9030 mit dem Titel „Rechtsanspruch
auf Beratung im Mutterpass zusätzlich festschreiben“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der FDP-
Fraktion und der PDS-Fraktion gegen die Stimmen der
CDU/CSU-Fraktion angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksa-
che 14/6635 mit dem Titel „Vermeidung von Spätabtrei-
bungen – Hilfen für Eltern und Kinder“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen und der PDS-Fraktion
bei Gegenstimmen von CDU/CSU und FDP und Enthal-
tung des Kollegen Schmidt von Bündnis 90/Die Grünen
angenommen.

Ich rufe Zusatzpunkt 6 auf:
Dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein-
gebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur
Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes
– Drucksachen 14/9219, 14/9650 –

(Erste Beratung 239. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 14/9591 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dieter Wiefelspütz
Hartmut Büttner (Schönebeck)

Cem Özdemir
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Ulla Jelpke

Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD,
des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP sowie ein
Entschließungsantrag der Fraktion der PDS vor.

Auch hier liegen Erklärungen nach § 31 der Geschäfts-
ordnung der Kollegin Sylvia Bonitz1) und des Kollegen
Dr. Heinrich L. Kolb2) und anderer vor. Die Erklärungen




Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
25194


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 12
2) Anlage 13

werden zu Protokoll genommen. Sie können sie nachle-
sen, wenn Sie Interesse haben.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung über den von den Fraktionen der
SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrach-
ten Gesetzentwurf zur Änderung des Stasi-Unterlagen-
Gesetzes, Drucksachen 14/9219, 14/9591, 14/9641 und
14/9650. Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der
SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP auf
Drucksache 14/9717 vor, über den wir zuerst abstimmen.
Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag ist
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-
Fraktion bei Enthaltung von CDU/CSU und PDS ange-
nommen.

Wir kommen nun zur Schlussabstimmung über den
Gesetzentwurf mit den soeben beschlossenen Änderun-
gen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf mit den
soeben beschlossenen Änderungen zustimmen wollen,
sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen und der FDP-Fraktion bei Enthaltung der PDS-Frak-
tion und Gegenstimmen der CDU/CSU-Fraktion ange-
nommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion der PDS auf Drucksa-
che 14/9602. Wer stimmt für diesen Entschließungs-
antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der
Entschließungsantrag ist mit den Stimmen aller Fraktio-
nen bei Zustimmung der PDS-Fraktion abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 sowie die Zusatz-
punkte 7 und 8 auf:
15. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu der
Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für
den Datenschutz
Tätigkeitsbericht 1999 und 2000 des Bundes-
beauftragten für den Datenschutz – 18. Tätig-
keitsbericht –
– Drucksachen 14/5555, 14/8829 Nr. 1.1, 14/9490 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gisela Schröter
Beatrix Philipp
Cem Özdemir
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Petra Pau

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg
Tauss, Monika Griefahn, Hermann Bachmaier,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Kerstin
Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Sichere Informations- und Kommunikations-infrastrukturen gewährleisten
– Drucksache 14/9683 –

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten JörgTauss, Monika Griefahn, Ute Vogt (Pforzheim),weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPDsowie der Abgeordneten Grietje Bettin, CemÖzdemir, Dr. Antje Vollmer, weiterer Abgeord-neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN
Umfassende Modernisierung des Datenschutz-
rechts voranbringen
– Drucksache 14/9709 –

Auch hier liegt eine Erklärung nach § 31 der Geschäfts-
ordnung, und zwar des Kollegen Hans Büttner, vor, die
wir zu Protokoll nehmen.1)

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Innenaus-
schusses auf Drucksache 14/9490 zum Tätigkeitsbericht
1999 und 2000 des Bundesbeauftragten für den Daten-
schutz. Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis des Tätig-
keitsberichts auf Drucksache 14/5555 eine Entschließung
anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen aller Frak-
tionen bei Gegenstimmen der PDS-Fraktion angenom-
men.

Zusatzpunkt 7, Abstimmung über den Antrag der Frak-
tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 14/9683 mit dem Titel „Sichere Informations-
und Kommunikationsinfrastrukturen gewährleisten“. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Der Antrag ist angenommen mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen von
CDU/CSU und FDP und bei Enthaltung der PDS.

Zusatzpunkt 8, Abstimmung über den Antrag der Frak-
tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 14/9709 mit dem Titel „Umfassende Moder-
nisierung des Datenschutzrechts voranbringen“. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Der Antrag ist angenommen mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen von
CDU/CSU und PDS und Enthaltung der FDP.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Maria

Böhmer, Hubert Hüppe und der Fraktion der CDU/
CSU
Verbot des Klonens menschlicher Embryonenweltweit durchsetzen
– Drucksache 14/9537 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Wolfgang Wodarg, René Röspel, Klaus Barthel

(Starnberg), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der SPD sowie der Abgeordneten Hans-Josef
Fell, Andrea Fischer (Berlin), Dr. Reinhard Loske,




Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

25195


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 14

weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Das Klonen menschlicher Embryonen interna-
tional ächten
– Drucksache 14/9682 –

Tagesordnungspunkt 16 a. Wir kommen zur Abstim-
mung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 14/9537 mit dem Titel „Verbot des Klonens
menschlicher Embryonen weltweit durchsetzen“. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Der Antrag ist abgelehnt mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der FDP bei Zustimmung
der CDU/CSU und der PDS sowie von drei Stimmen von
Bündnis 90/Die Grünen und einer Stimmenthaltung aus
der Fraktion der SPD.

Tagesordnungspunkt 16 b. Abstimmung über den An-
trag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die
Grünen auf Drucksache 14/9682 mit dem Titel „Das Klo-
nen von menschlichen Embryonen international ächten“.
Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Der Antrag ist angenommen mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen und der PDS bei Ge-
genstimmen von CDU/CSU und FDP, einer Gegenstimme
von Bündnis 90/Die Grünen und zwei Enthaltungen von
Bündnis 90/Die Grünen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 sowie Zusatzpunkt 9
auf:
17. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Tourismus (21. Aus-schuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Brunhilde
Irber, Annette Faße, Renate Gradistanac, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Sylvia Voß, Albert
Schmidt (Hitzhofen), Franziska Eichstädt-
Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Aktionsplan zum Kinder- und Jugendtouris-
mus in Deutschland

– zu xdem Antrag der Abgeordneten Rosel
Neuhäuser, Maritta Böttcher, Heidemarie Lüth,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
Aktionsplan zum Kinder- und Jugendtouris-
mus in Deutschland

– Drucksachen 14/9363, 14/9545, 14/9715 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rosel Neuhäuser

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten BrunhildeIrber, Annette Faße, Renate Gradistanac, weitererAbgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Sylvia Voß, Ulrike Höfken,Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeord-neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN
Den Campingtourismus in Deutschland nach-haltig fördern
– Drucksache 14/9672 –

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Tourismus auf Drucksache 14/9715. Der Aus-
schuss empfiehlt, die wortgleichen Anträge der Fraktio-
nen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie
der Fraktion der PDS mit dem Titel „Aktionsplan zum
Kinder- und Jugendtourismus in Deutschland“ zusam-
menzuführen und unverändert anzunehmen, Drucksachen
14/9363 und 14/9545. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen und der PDS bei Enthaltung
von CDU/CSU und FDP.

Zusatzpunkt 9. Abstimmung über den Antrag der Frak-
tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 14/9672 mit dem Titel „Den Campingtouris-
mus in Deutschland nachhaltig fördern“. Wer stimmt für
diesen Antrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der PDS bei Enthaltung von CDU/CSU und FDP ange-
nommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkte 18 b und 18 c auf:
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Ulf Fink, Rainer
Eppelmann, Katherina Reiche, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der CDU/CSU
Kriegsfolgen- und Kriegslastenbeseitigung inden neuen Ländern
– Drucksachen 14/5092, 14/9716 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Adolf Roth (Gießen)


c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Techno-
logie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge-
ordneten Rolf Kutzmutz, Petra Bläss, Maritta
Böttcher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der PDS
Sofortmaßnahmen des Bundes bei der Rüs-
tungskonversion einleiten
– Drucksachen 14/8657, 14/9119 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Christian Müller (Zittau)


Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussemp-
fehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie
auf Drucksache 14/9119 zu dem Antrag der Fraktion der
PDS mit dem Titel „Sofortmaßnahmen des Bundes bei der
Rüstungskonversion einleiten“. Der Ausschuss empfiehlt,
den Antrag auf Drucksache 14/8657 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen aller Fraktionen bei Gegenstimmen der
PDS-Fraktion angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf:
a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Ausschusses für Angelegenheiten der




Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
25196


(C)



(D)



(A)



(B)


neuen Länder (17. Ausschuss) zu dem Antrag der
Fraktion der PDS
Ostdeutsche Löhne und Gehälter im öffent-
lichen Dienst bis zum Jahre 2007 stufenweise
auf das Niveau der alten Bundesländer anheben
– Drucksachen 14/8791, 14/9379 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Mathias Schubert
Günter Nooke

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt,
Jürgen Türk, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Für ein faires Rentenrecht für das ehemalige
mittlere medizinische Personal

– zu dem Antrag der Fraktion der PDS
Zur Regelung von in der DDR erworbenen
Versorgungsansprüchen und Anwartschaf-
ten in einem spezifischen Versorgungssystem
sowie zur Regelung anderer rechtmäßig er-
worbenerAnsprüche auf Alterssicherung

– Drucksachen 14/7612, 14/9045, 14/9383 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Heinz Schemken

Tagesordnungspunkt 19 a. Wir kommen zur Abstim-
mung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für
Angelegenheiten der neuen Länder auf Drucksache
14/9379 zu dem Antrag der Fraktion der PDS mit dem Ti-
tel „Ostdeutsche Löhne und Gehälter im öffentlichen
Dienst bis zum Jahre 2007 stufenweise auf das Niveau der
alten Bundesländer anheben“. Der Ausschuss empfiehlt,

den Antrag auf Drucksache 14/8791 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen aller Fraktionen bei Gegenstimmen der
PDS-Fraktion angenommen.

Tagesordnungspunkt 19 b. Wir kommen zur Abstim-
mung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für
Arbeit und Sozialordnung auf Drucksache 14/9383. Der
Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfeh-
lung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf
Drucksache 14/7612 mit dem Titel „Für ein faires Ren-
tenrecht für das ehemalige mittlere medizinische Perso-
nal“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei
Gegenstimmen von FDP und PDS und Enthaltung der
CDU/CSU-Fraktion angenommen.

Wir kommen jetzt zur letzten Abstimmung. Unter Nr. 2
seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die
Ablehnung des Antrages der Fraktion der PDS auf Druck-
sache 14/9045 mit dem Titel „Zur Regelung von in der
DDR erworbenen Versorgungsansprüchen und Anwart-
schaften in einem spezifischen Versorgungssystem sowie
zur Regelung anderer rechtmäßig erworbener Ansprüche
auf Alterssicherung“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koaliti-
onsfraktionen bei Gegenstimmen der PDS und Enthal-
tung von CDU/CSU und FDP angenommen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesord-
nung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Freitag, den 5. Juli 2002, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.