Protokoll:
14229

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 229

  • date_rangeDatum: 17. April 2002

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:23 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 22705 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der FDP einge- brachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes (Drucksache 14/8778) . . . . . . . . . . . . . . . 22705 B Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Natio- nale Strategie für eine nachhaltige Ent- wicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22705 B Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22705 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 22706 B Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22706 C Ursula Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22707 A Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22707 B Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . 22707 D Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22707 D Dr. Bärbel Grygier PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 22708 B Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22708 B Dr. Irmgard Schwaetzer FDP . . . . . . . . . . . . 22708 C Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22708 C Ulrich Heinrich FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22708 D Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22709 A Winfried Hermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22709 B Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22709 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 22710 A Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22710 A Ursula Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22710 B Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22710 C Franz Obermeier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 22711 A Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22711 A Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . 22711 B Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 22711 C Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 14/8756, 14/8777) . . . . . . . 22711 D Anfrage zu angeblich im Bundeskanzleramt verschwundenen Original-Leuna-Akten DringlAnfr 1 Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU Antw StMin Hans Martin Bury BK . . . . . . . . 22711 D ZusFr Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU 22712 A ZusFr Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22712 C ZusFr Dorothea Störr-Ritter CDU/CSU . . . . . 22712 D ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 22712 D ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22713 A DringlAnfr 2 Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU Antw StMin Hans Martin Bury BK . . . . . . . . 22713 B Plenarprotokoll 14/229 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 229. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002 I n h a l t : ZusFr Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU 22713 C ZusFr Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22713 C ZusFr Dorothea Störr-Ritter CDU/CSU . . . . . 22713 D ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22713 D ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 22714 A DringlAnfr 3 Sylvia Bonitz CDU/CSU Antw StMin Hans Martin Bury BK . . . . . . . . 22714 B ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22714 B ZusFr Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22714 D ZusFr Dorothea Störr-Ritter CDU/CSU . . . . . 22715 A ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 22715 B ZusFr Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . . . . . 22715 C DringlAnfr 4 Sylvia Bonitz CDU/CSU Antw StMin Hans Martin Bury BK . . . . . . . . 22715 D ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22716 A ZusFr Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 22716 B ZusFr Dorothea Störr-Ritter CDU/CSU . . . . . 22716 C ZusFr Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22716 C Einstufung der Leiter der Leitungsstäbe bzw. Ministerbüros in den Bundesministerien MdlAnfr 4 Aribert Wolf CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 22717 A ZusFr Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 22717 B Auswirkungen der Bearbeitungsweise bei Zi- vildeportierten aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße auf den Kreis der Antragsbe- rechtigten nach § 1 Häftlingshilfegesetz MdlAnfr 5 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 22717 D ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . 22718 A Vorlage eines zivilrechtlichen Antidiskriminie- rungsgesetzes (ZAG) MdlAnfr 6 Dr. Ilja Seifert PDS Antw PStSekr Dr. Eckart Pick BMJ . . . . . . . . 22718 C ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . 22718 C Bedenken gegen ein zivilrechtliches Antidis- kriminierungsgesetz MdlAnfr 7 Dr. Ilja Seifert PDS Antw PStSekr Dr. Eckhart Pick BMJ . . . . . . . 22719 A ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . 22719 B Lärm- und Immissionschutz im Einzugsgebiet von US-Militärflughäfen, insbesondere in Ramstein und Spangdahlem MdlAnfr 12 Dr. Hansjörg Schäfer SPD Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 22720 A ZusFr Dr. Hansjörg Schäfer SPD . . . . . . . . . . 22720 B Haltung der Bundesregierung hinsichtlich weiterer Nachtflugausnahmegenehmigungen für US-Einheiten unter dem Aspekt des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 1996 MdlAnfr 13 Dr. Hansjörg Schäfer SPD Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 22721 A ZusFr Dr. Hansjörg Schäfer SPD . . . . . . . . . . 22721 B Vollständigkeit der in der Antwort auf die Kleine Anfrage (Drucksache 14/8459) genann- ten Summe für die seit dem 26. Oktober 1998 vollzogenen Entlassungen der Staatssekretäre und Abteilungsleiter des BMG MdlAnfr 17 Dr. Michael Luther CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22721 D ZusFr Dr. Michael Luther CDU/CSU . . . . . . 22722 A Unterschiedliche Angaben zur Anzahl der Mit- arbeiter im Leitungbereich des BMG MdlAnfr 18 Dr. Michael Luther CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22722 C ZusFr Dr. Michael Luther CDU/CSU . . . . . . 22722 D ZusFr Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 22723 B Straffung und Verschlankung der Organisati- onsstruktur des BMG MdlAnfr 19 Wolfgang Zöller CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22723 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002II ZusFr Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . . . 22723 D ZusFr Annette Widmann-Mauz CDU/CSU 22724 A ZusFr Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22724 B Gegenüberstellung der im Oktober 1998 und im März 2002 vorhandenen Referate im BMG MdlAnfr 20 Wolfgang Zöller CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22724 B ZusFr Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . . . 22724 C ZusFr Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22725 A ZusFr Dr. Margrit Spielmann SPD . . . . . . . . 22725 B ZusFr Dr. Michael Luther CDU/CSU . . . . . . 22725 C ZusFr Annette Widmann-Mauz CDU/CSU 22725 D ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 22726 A Verknüpfung der Stellenhebung der Leiterin des Leitunsstabes des BMG mit einem ku-Ver- merk MdlAnfr 21 Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22726 B ZusFr Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22726 B ZusFr Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22726 C ZusFr Dr. Michael Luther CDU/CSU . . . . . . 22726 D Besoldungsgruppe der in der Antwort zu Fra- ge 6 der Kleinen Anfrage der CDU/CSU (Bun- destagsdrucksache 14/8459) erwähnten Mitar- beiter vor ihrer Einstellung in das BMG MdlAnfr 22 Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22727 A ZusFr Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22727 A Einstufung der Leiterin des Leitungsstabes im BMG MdlAnfr 23 Aribert Wolf CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22727 C ZusFr Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22728 A ZusFr Marga Elser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 22728 C ZusFr Annette Widmann-Mauz CDU/CSU 22728 D Verbeamtung von Abteilungsleitern im BMG kurz vor ihrem Ausscheiden MdlAnfr 24 Annette Widmann-Mauz CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22729 A ZusFr Annette Widmann-Mauz CDU/CSU 22729 A ZusFr Dr. Martin Pfaff SPD . . . . . . . . . . . . . . 22729 C Verbeamtung des derzeitigen Leiters der Ab- teilung 2 im BMG MdlAnfr 25 Annette Widmann-Mauz CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22729 D ZusFr Annette Widmann-Mauz CDU/CSU . . . 22729 D ZusFr Dr. Martin Pfaff SPD . . . . . . . . . . . . . . 22730 A ZusFr Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . 22730 B Aufnahme von Erkrankungen in das Bundes- krebsregister MdlAnfr 26 Ursula Lietz CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22730 C ZusFr Ursula Lietz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 22730 D Standardisierung der verschiedenen Landes- krebsregister zwecks besserer statistischer Auswertung MdlAnfr 27 Ursula Lietz CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22731 A ZusFr Urslua Lietz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 22731 B Unterschiedliche Behandlung der Benes-De- krete durch Bundesregierung und Auswärtigen Ausschuss MdlAnfr 32 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . 22731 D ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . 22732 A ZusFr Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22733 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002 III Leitung der deutschen Delegation bei der Ge- berkonferenz für Mazedonien am 13. März 2002 durch das Auswärtige Amt MdlAnfr 33 PeterWeiß (Emmendingen) CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 22733 B ZusFr Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU 22733 D Totalverbot der Tabakwerbung durch EU und WHO MdlAnfr 36 Detlef Parr FDP Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 22734 B ZusFr Detlef Parr FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22734 C ZusFr Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22735 B Verhandlungsmandat für die Europäische Kommission hinsichtlich eines Totalverbots der Tabakwerbung MdlAnfr 37 Detlef Parr FDP Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 22735 C ZusFr Detlef Parr FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22735 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zum Insolvenzantrag der Kirch-Media AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22736 A Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 22736 A Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister (Bayern) 22737 C Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22740 A Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 22741 A Angela Marquardt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 22742 D Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22744 A Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 22745 A Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22746 C Bernd Neumann (Bremen) CDU/CSU . . . . . 22747 C Rolf Hempelmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 22748 D Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22750 A Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister (Bayern) 22750 D Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . 22751 D Dr. Axel Berg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22753 A Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/CSU 22753 D Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22755 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22756 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 22757 A Anlage 2 Inhalte des Arbeitsprogramms zum Schutz der Wälder MdlAnfr 1 Ulrike Mehl SPD Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . 22757 C Anlage 3 Bundesmittel für die Forschungsförderung in Ländern der Dritten Welt im Hinblick auf gen- technisch veränderte Organismen sowie für die Forschung und Entwicklung an agrarisch ge- nutzten Pflanzen und die Nutzung gentechni- scher Methoden MdlAnfr 2, 3 Helmut Heiderich CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Uschi Eid BMZ . . . . . . 22757 D Anlage 4 Stärkung und Ausweitung der Tätigkeitsfelder von kleinen und mittleren Unternehmen im Zu- sammenhang mit der Neudefinition durch die EU-Kommission; Gründe für den schwachen „Unternehmergeist“ im Deutschland (Grün- buch der EU-Kommission) MdlAnfr 8, 9 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr’in Margarete Wolf BMWi . . . 22758 B Anlage 5 Anzahl der Food & Beverage-Manager-Plan- stellen in der Bundeswehr so wie der zurzeit zum Food & Beverage-Manager ausgebildeten Bundeswehrsoldaten MdlAnfr 10, 11 Jürgen Koppelin FDP Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 22759 A Anlage 6 Ersetzung des „Blankeneser Erlasses“ der Bundeswehr von 1970 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002IV MdlAnfr 14 Günther Friedrich Nolting FDP Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 22759 B Anlage 7 Neuorganisation der Familienbetreuungszen- tren der Bundeswehr; Zahl der seit 2001 vor- zeitig auf eigenen Wunsch aus der Bundes- wehr ausgeschiedenen Soldaten sowie Zahl der aus Wehrpflichtigen rekrutierten länger dienenden Soldaten MdlAnfr 15, 16 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 22759 C Anlage 8 Stand und Finanzierung des Baus der A 72 Chemnitz–Leipzig MdlAnfr 28, 29 Joachim Günther (Plauen) FDP Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 22760 A Anlage 9 Aufnahme der A 72 (Chemnitz–Leipzig) in den Bundesverkehrswegeplan; Fertigstellung des Abschnitts zwischen Chemnitz und Borna bis 2006 MdlAnfr 30, 31 Wolfgang Dehnel CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 22760 B Anlage 10 Vorwürfe gegen den Generaldirektor der OPCW MdlAnfr 34, 35 Wolfgang Gehrcke PDS Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . 22760 D Anlage 11 Unterschiede in den beiden Waldzertifizie- rungssystemen Forest Stewardship Council (FSC) und Pan-European Forest Certification (PEFC); ausschließliche Förderung des FSC MdlAnfr 38, 39 Ilse Aigner CDU/CSU Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 22761 A Anlage 12 Moratorien für industrielle Abholzungen in den letzten unberührten Urwaldgebieten; Stei- gerung der Akzeptanz für das Siegel des Forest Stewardship Council (FSC) und andere ver- gleichbare Siegel MdlAnfr 40, 41 Heidemarie Wright SPD Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 22761 C Anlage 13 Ausnahmegenehmigungen für bestimmte Pflanzenschutzmittel, zum Beispiel Verwen- dung von Leabaycid zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege MdlAnfr 42 PeterWeiß (Emmendingen) CDU/CSU Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 22762 A Anlage 14 Unterbindung der Einfuhr von illegal geschla- genem Tropenholz; Unterbindung des Moor- abbaus und Minderung der Schwefel- und Stickstoffeinträge MdlAnfr 43, 44 Christel Deichmann SPD Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . 22762 C Anlage 15 Realisierung des Urwaldschutzprogrammes MdlAnfr 45 Ulrike Mehl SPD Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . 22763 A Anlage 16 Haltungseinrichtung für Legehennen gemäß der 1. Verordnung zur Änderung der Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung vom 28. Februar 2002 MdlAnfr 46 Günter Graf (Friesoythe) SPD Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 22763 C Anlage 17 Persönliche Interessen bei der Vergabe von Weiterbildungsaufträgen durch die Arbeitsver- waltung MdlAnfr 47, 48 Dirk Niebel FDP Antw PStSekr Gerd Andres BMA . . . . . . . . . 22763 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002 V Anlage 18 Formen der Evaluierung und systematischen Qualitätskontrolle der Weiterbildungsmaß- nahmen der Arbeitsämter; Anreize für eine sparsame und effiziente Verwendung der Beitragsmittel in der „Arbeitslosenindustrie Weiterbildung“ MdlAnfr 49, 50 Dr. Heinrich L. Kolb FDP Antw PStSekr Gerd Andres BMA . . . . . . . . . 22764 A Anlage 19 Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Konstruktion der Selbstverwaltung der Bundesanstalt für Arbeit; Zahl der Weiterbil- dungsfirmen mit öffentlichem Auftrag auf dem Weiterbildungsmarkt Mdl Anfr 51, 52 Dr. Irmgard Schwaetzer FDP Antw PStSekr Gerd Andres BMA . . . . . . . . . 22765 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002VI Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002 Jörg Tauss 22756 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002 22757 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 17.04.2002 Dr. Bartsch, Dietmar PDS 17.04.2002 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 17.04.2002* Klaus Caesar, Cajus CDU/CSU 17.04.2002 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 17.04.2002 Herta Erler, Gernot SPD 17.04.2002 Friedrich (Altenburg), SPD 17.04.2002 Peter Ganseforth, Monika SPD 17.04.2002 Hirche, Walter FDP 17.04.2002 Hofbauer, Klaus CDU/CSU 17.04.2002 Holetschek, Klaus CDU/CSU 17.04.2002 Irmer, Ulrich FDP 17.04.2002 Dr. Krogmann, CDU/CSU 17.04.2002 Martina Kühn-Mengel, Helga SPD 17.04.2002 Dr. Lippold CDU/CSU 17.04.2002 (Offenbach), Klaus W. Ost, Friedhelm CDU/CSU 17.04.2002 Ostrowski, Christine PDS 17.04.2002 Philipp, Beatrix CDU/CSU 17.04.2002 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 17.04.2002 Reiche, Katherina CDU/CSU 17.04.2002 Roos, Gudrun SPD 17.04.2002 Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 17.04.2002 Schlee, Dietmar CDU/CSU 17.04.2002 Schur, Gustav-Adolf PDS 17.04.2002 Seehofer, Horst CDU/CSU 17.04.2002 Siemann, Werner CDU/CSU 17.04.2002 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 17.04.2002 DIE GRÜNEN Welt, Jochen SPD 17.04.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Frage der Abgeordneten Ulrike Mehl (SPD) (Drucksache 14/8756, Frage 1): Was sind die wesentlichen Inhalte des geplanten aktionsorien-tierten Arbeitsprogramms zum Schutz der Wälder, das derzeit inDen Haag auf der 6. Vertragsstaatenkonferenz zur Biodiversitäts-konvention verhandelt wird, und wie hat die Bundesregierung ihrePosition in das Programm eingebracht? Die Bundesregierung misst dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diver- sity – CBD) wegen seiner dreifachen Zielsetzung – Schutz, Erhalt und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt sowie gerechte Verteilung der wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung der genetischen Ressourcen – große Bedeu- tung im Waldbereich bei. Auf der 6. Vertragsstaatenkonfe- renz der CBD setzt sich die Bundesregierung aktiv für die Verabschiedung eines umsetzungsorientierten Arbeitspro- gramms zur biologischen Vielfalt in Wäldern ein. Der der Konferenz vorliegende Entwurf eines Arbeits- programms umfasst insgesamt rund 120 konkrete Akti- vitäten. Hervorzuheben ist dabei vor allem der Vorschlag zur Schaffung eines zusammenhängenden und biogeogra- phisch repräsentativen Netzwerks von Wald-Schutzgebie- ten. Es soll durch ein Netzwerk von Gebieten ergänzt wer- den, in denen Wälder wiederhergestellt werden. Aber auch die Bewahrung der biologischen Vielfalt außerhalb von Schutzgebieten ist Thema des neuen Arbeitspro- gramms. Behandelt werden weiterhin unter anderem die Zerschneidung von Lebensräumen, illegaler Holzein- schlag und Handel mit illegal eingeschlagenem Holz und die Zertifizierung von Forstprodukten. Schließlich wird auch auf die Integration von Belangen der biologischen Vielfalt in die Forstpolitik, aber auch in andere betroffene Politikbereiche eingegangen. Die Bundesregierung hat bei der letzten Sitzung des wissenschaftlich-technischen Ausschusses der CBD (Sub- sidiary Body on Scientific Technical and Technological Advice – SBSTTA) in Montreal wesentlich dazu beige- tragen, dass dieser umfassende Entwurf für die Vertrags- staatenkonferenz vorgelegt wurde. Dabei ist es gelungen, eine vorrangige Konzentration der Schutzbemühungen auf ökologisch bedeutsame Waldökosysteme, einschließ- lich der Primärwälder, zu vereinbaren. Bereits im Vorfeld der SBSTTA-Sitzung fand in Deutschland eine internatio- nale Expertensitzung statt, deren Ergebnisse im weiteren Diskussionsprozess hohe Wertschätzung fanden. Inwie- weit es gelingen wird, sich in Den Haag auf umsetzungs- fähige Prioritäten zu einigen, bleibt abzuwarten. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid auf die Fragen des Abgeordneten Helmut Heiderich (CDU/CSU) (Druck- sache 14/8756, Fragen 2 und 3): Wie hoch sind die unterstützenden Finanzmittel vonseiten der Bundesregierung für den Aufbau von Kapazitäten in Ländern der Dritten Welt für die Beurteilung von Risiken im Zusammenhang mit der Nutzung und dem Inverkehrbringen gentechnisch verän- derter Organismen und für den Nachweis dieser Organismen (län- derspezifische Aufteilung, wenn möglich)? Wie hoch sind die unterstützenden Finanzmittel vonseiten der Bundesregierung für die Forschung und Entwicklung an agrarisch genutzten Pflanzen in diesen Ländern, und in diesem Zusammen- hang der Anteil der Forschungsmittel, der für die Nutzung gen- technischer Methoden zur Verbesserung dieser Pflanzen einge- setzt wird, und ist damit zu rechnen, dass diese Mittel in Zukunft aufgestockt oder reduziert werden? Zu Frage 2: Die Bundesregierung unterstützt in Costa Rica und Kolumbien ein Forschungsvorhaben des „Centro Interna- cional de Agricultura Tropical“ (CIAT, Internationales Institut für tropische Landwirtschaft) zur Risikoabschät- zung auf dem Gebiet gentechnologisch veränderter Pflan- zen mit 770 000 Euro. Im Rahmen des Vorhabens „Ent- wicklung von Rahmenbedingungen für die Anwendung der Bio- und Gentechnologie“ wurden rund 1,0 Millionen Euro seit 1987 aufgewandt mit dem Ziel, Kapazitäten in Ländern der Dritten Welt aufzubauen zur Beurteilung von Risiken im Zusammenhang mit der Nutzung und dem In- verkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen, einschließlich des Nachweises dieser Organismen. Dieses Vorhaben war überregional ausgerichtet, hauptbegünstig- tes Land war Namibia. In Namibia ist zurzeit ein Mit- arbeiter unter CIM-Vertrag, der die namibianische Regie- rung seit Anfang 2002 beim Aufbau von Kapazitäten mit der gleichen Zielrichtung berät. Im Rahmen des überregionalen Vorhabens „Umset- zung der Biodiversitätskonvention“ werden Länder bera- ten mit dem Ziel der Beurteilung von Risiken bei der Nut- zung und dem Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen einschließlich des Nachweises dieser Organis- men. Hierfür sind Mittel in Höhe von circa 450000 Euro vorgesehen. Die jeweiligen Vorhaben sind zurzeit in der Prüfung. Zu Frage 3: Die Bundesregierung unterstützt die Finanzierung sol- cher Vorhaben sehr zurückhaltend. Derzeit laufen im Rah- men der Förderung der Zentren der „Consultative Group for International Agricultural Reseach“ (CGIAR, Zusam- menschluss aller internationalen Agrarforschungszen- tren) Maßnahmen im Gesamtumfang von rund 3,9 Milli- onen Euro für den Zeitraum von 1999 bis 2003. Weitere Maßnahmen sind derzeit nicht geplant. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Margareta Wolf auf die Fragen des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) (Druck- sache 14/8756, Fragen 8 und 9): Was unternimmt die Bundesregierung, um im Zuge der von der EU-Kommission geplanten Neuregelung der Definition klei- ner und mittlerer Unternehmen (KMU) die Position privater Un- ternehmen zu stärken, damit diese künftig besser im Wettbewerb mit der öffentlichen Hand bestehen können, und sieht die Bun- desregierung hier eine Chance, den Staat zu verschlanken und vor allem kleinen und mittleren Handwerksbetrieben neue Tätigkeits- felder zu erschließen? Welche Gründe führt die Bundesregierung in ihrem Beitrag zu dem von der EU-Kommission momentan erarbeiteten Grundsatz- dokument („Grünbuch“) zum Thema „Unternehmergeist“, das noch vor dem Frühjahr 2003 vorliegen soll, dafür an, dass die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gründerklimas den 22. Platz unter 29 Staaten einnimmt? Zu Frage 8: Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die von der EU- Kommission geplante Neuregelung der KMU-Definition nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Wettbewerbs- problemen zwischen privaten Unternehmen und solchen der öffentlichen Hand steht. Die derzeit laufende Überar- beitung der Kommissionsempfehlung vom 3. April 1996 betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unter- nehmen soll vielmehr insbesondere durch Anpassung der Schwellenwerte für Umsatz und Bilanzsumme die wirt- schaftliche Realität angemessen widerspiegeln. Mit die- ser Anpassung will die Kommission auch Klarstellungen hinsichtlich einzelner Kriterien verbinden. Die EU-Kommission hat am 15. April 2002 einen über- arbeiteten Empfehlungsentwurf zur KMU-Definition übersandt. Dieser neue Empfehlungsentwurf wird inner- halb der Bundesregierung, mit der Wirtschaft und mit der EU-Kommission eingehend zu erötern sein. Drei Kriterien sind für den KMU-Status maßgeblich: Anzahl der Beschäftigten, Jahresumsatz oder Bilanz- summe und Eigenständigkeit oder Beteiligungen. Nur beim letztgenannten Kriterium ergibt sich die Frage nach dem KMU-Status eines Unternehmens bei Beteili- gung der öffentlichen Hand. Es gilt der Grundsatz, dass diese Beteiligung unter 25 Prozent liegen muss und nicht zu einem Beherrschungsverhältnis im Sinne von Mutter- und Tochterunternehmen führen darf. Eine Ausnahme be- steht für öffentliche Beteiligungsgesellschaften, die auch über 25 Prozent Geschäftsanteile als „Partnerunterneh- men“ halten dürfen, wenn damit kein Beherrschungsver- hältnis verbunden ist. Auf diesem Wege soll den KMU der Zugang zu Risikokapital erleichtert werden. Zu Frage 9: Das Grünbuch der EU-Kommission zum Thema „Un- ternehmergeist“ soll zur Frühjahrstagung des Europä- ischen Rates im Jahr 2003 vorgelegt werden. Ein Text- entwurf liegt daher noch nicht vor. Grünbücher der Kommission werden von ihr in eigener Verantwortung erarbeitet. Beiträge der Mitgliedstaaten und damit auch der Bundesregierung hat die Kommission nicht angefordert. Die in der Frage zitierte Positionsaussage stammt aus dem Global Entrepreneurship Monitor, einer wissenschaftlichen Vergleichsuntersuchung, an der 2001 29 Länder beteiligt waren. Nach dieser Untersuchung sind in Deutschland etwa 7 von 100 befragten Personen in Gründungsaktivitäten involviert. Das entspricht im inter- nationalen Vergleich Rang 22, wobei die Abstände zwi- schen den Ländern in der Mittelgruppe sehr gering sind. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 200222758 (C) (D) (A) (B) Nach derselben Untersuchung nimmt Deutschland allerdings Rang 7 bei der Bewertung der gründungsbezo- genen Rahmenbedingen ein, wobei bei den finanziellen Fördermaßnahmen und der für Gründer wichtigen Infra- struktur mit den Positionen 1, 2 und 4 Spitzenplätze er- reicht werden. Bei gesellschaftlichen Werten und Normen liegt Deutschland dagegen auf den Plätzen 17 und 19. Das erklärt zumindest zum Teil die Diskrepanz zwischen den registrierten Gründungsaktivitäten und der positiv bewer- teten Gründungsförderung der Bundesregierung. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Jürgen Koppelin (FDP) (Drucksache 14/8756, Fragen 10 und 11): Wie viele Planstellen gibt es in der Bundeswehr für die Funk- tion „Food & Beverage Manager“? Wie viele Bundeswehrsoldaten werden zurzeit im Rahmen der Qualifizierungsoffensive der Bundeswehr zum „Food & Beverage Manager“ ausgebildet? Zu Frage 10: In der Bundeswehr gibt es keine Dienstposten mit der Funktion „Food und Beverage Manager“. Zu Frage 11: Ein Ziel der Qualifizierungsoffensive ist es, jedem län- ger dienenden Unteroffizier, der mit einer beruflichen Qualifikation in die Streitkräfte kommt, diese durch be- rufliche Bildungsmaßnahmen während, am Ende und nach seiner Wehrdienstzeit zu verbessern und so auch die zivilberufliche Eingliederung zu fördern. Dieses Ziel kann unter anderem durch die Nutzung der Ansprüche auf Berufsförderung realisiert werden. Hierbei bestimmt die Soldatin oder der Soldat sein Bildungsziel grundsätzlich selbst. So ist auch eine Qualifizierung zum „Food und Beve- rage Manager“ möglich. Bisher hat ein Soldat an einer Qualifizierungsmaßnahme zum „Food und Beverage Ma- nager“ teilgenommen. Anlage 6 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Frage des Abgeordneten Günther Friedrich Nolting (FDP) (Drucksache 14/8756, Frage 14): Zu welchem Zeitpunkt plant die Bundesregierung den „Blan- keneser Erlass“ vom 21. März 1970, der insbesondere die Verant- wortung des Generalinspekteurs der Bundeswehr für die Gesamt- aufgaben der Streitkräfte und die Verantwortung der Inspekteure für die Einsatzbereitschaft ihrer Teilstreitkraft regelt, durch einen neuen Erlass zu ersetzen, um die gegenwärtig unklare Führungs- situation in der Bundeswehr zu beseitigen? Die Führungssituation in der Bundeswehr ist klar und eindeutig geregelt. Dies gilt für die Wahrnehmung der Aufgaben der Streitkräfte und der Wehrverwaltung im täglichen Dienstbetrieb gleichermaßen und vor allem für die Führung der im Einsatz stehenden Kontingente der Bundeswehr. Die Frage der Verbesserung der Führungs- fähigkeit der Bundeswehr in institutioneller, organisato- rischer, personeller und materieller Hinsicht wird insbe- sondere unter dem Aspekt der Auslandseinsätze laufend untersucht und wenn immer erforderlich und angezeigt – Lage und Auftrag entsprechend – angepasst. Ein wesentlicher Schritt auf diesem Weg war die Auf- stellung des Einsatzführungskommandos der Bundes- wehr in Potsdam und die vorgezogene Übernahme der Führungsverantwortung durch dieses Kommando im Herbst des vergangenen Jahres sowie die Einrichtung des Einsatzführungszentrums der Territorialen Wehrverwal- tung beim Bundesamt für Wehrverwaltung in Bonn zu Be- ginn diesen Jahres. Erfahrungen mit diesen neuen Einrichtungen werden laufend gesammelt und intensiv ausgewertet. Die Ergebnisse fließen in die weitere Aus- gestaltung der Führung im Bundesministerium der Ver- teidigung ein. Anlage 7 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Werner Siemann (CDU/CSU) (Drucksache 14/8756, Fragen 15 und 16): Beabsichtigt das Bundesministerium der Verteidigung im Rahmen der Neuorganisation der Familienbetreuungszentren (FBZ), nur zehn dieser Zentren probeweise bis zur Erstellung des Erfahrungsberichtes und nicht, wie ursprünglich in den „konzep- tionellen Grundlagen“ beabsichtigt, 31 FBZ mit hauptamtlichem Personal einzurichten, und wenn ja, wie soll zukünftig eine flächendeckende, professionelle und bedarfsgerechte Versorgung der Bundeswehrangehörigen sichergestellt werden? Wie viele Soldaten sind 2001 und im laufenden Jahr unter Ver- zicht auf Geld- und Sachbezüge vorzeitig, auf eigenen Wunsch aus der Bundeswehr ausgeschieden, und wie viele länger dienende Soldaten rekrutierten sich in den letzten vier Jahren aus Wehr- pflichtigen? Zu Frage 15: Inzwischen wurde entschieden, dass zehn Familienbe- treuungszentren mit hauptamtlichem Personal zum 1. Juli 2002 an den Standorten Kiel, Wilhelmshaven, Neubran- denburg, Augustdorf, Frankenberg/Eder, Erfurt, Franken- berg/Saale, Lahnstein, Regensburg, Sigmaringen einge- richtet werden. Um die Arbeit in der Familienbetreuung weiter zu ver- bessern, werden die dort eingesetzten Soldatinnen und Soldaten durch Lehrgänge an der Bundesakademie für Wehrverwaltung und Technik auf diese Aufgabe vorbe- reitet. Die mit hauptamtlichem Personal betriebenen Be- treuungszentren sollen neben der einsatzbezogenen Be- treuung als „Drehscheibe“ für alle Fragen aus dem sozialen Bereich der Soldatenfamilien fungieren, um die Familien mit den Dienststellen und Aufgabenträgern in und außerhalb der Bundeswehr in Kontakt zu bringen, die das jeweilige Problem lösen können. Das geht hin bis zu Kontakten in die Arbeitsverwaltung und Kultusbehörden, um Arbeitsmöglichkeiten für die Partner aufzuzeigen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002 22759 (C) (D) (A) (B) Bis zum Abschluss der Erprobungsphase werden wie bisher weitere neun Familienbetreuungszentren mit kom- mandiertem Personal betrieben. Zur Flächendeckung ist es darüber hinaus weiter notwendig, Familienbetreuungs- stellen, die durch die Leitverbände eingerichtet werden, zu betreiben. Es bleibt weiterhin unser Ziel, spätestens nach Abschluss der Erprobungsphase alle 31 Familien- betreuungszentren, wie in den „Konzeptionellen Grund- lagen“ vorgesehen, mit hauptamtlichem Personal auszu- statten. Zu Frage 16: Insgesamt haben seit dem 1. Januar 2001 44 Offiziere und 22 Unteroffiziere, insgesamt 66 Berufssoldaten, ihr Dienstverhältnis nach § 46 Abs. 3 Soldatengesetz vorzei- tig beendet. In den Jahren 1998 bis 2001 rekrutierten sich 41 034 länger dienende Soldaten aus Wehrpflichtigen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fra- gen des Abgeordneten Joachim Günther (Plauen) (FDP) (Drucksache 14/8756, Fragen 28 und 29): Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung vor demHintergrund der Rede des Bundeskanzlers, Gerhard Schröder, aufdem Ostparteitag der SPD, in der er den vorrangigen Bau der Bun-desautobahn A 72 Chemnitz–Leipzig angekündigt hat, seitdemeingeleitet? Welche finanziellen Mittel wurden konkret bereitgestellt, umdie Planungs- und Bauleistungen in die Tat umzusetzen? Zu Frage 28: Der Bauabschnitt Autobahnkreuz Chemnitz bis Hart- mannsdorf der Bundesautobahn A 72 erhielt am 26. Fe- bruar 2002 den Sichtvermerk des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Nach Erlangung des Baurechtes ist für diesen Abschnitt ein Baubeginn im Jahr 2003 geplant. Zu Frage 29: Im Rahmen der Auftragsverwaltung stellt der Freistaat Sachsen Mittel für die Planung und die Bauvorbereitung zur Verfügung. Die Bereitstellung der Bundesmittel er- folgt im Rahmen des dem Freistaat Sachsen jährlich zu- gewiesenen Plafonds. Zudem wurde zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und dem Freistaat Sachsen eine Verwaltungsvereinbarung zur Finanzierung für den Ab- schnitt Niederfrohna bis südlich Borna ab 2003 abge- schlossen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fragen des Abgeordneten Wolfgang Dehnel (CDU/CSU) (Druck- sache 14/8756, Fragen 30 und 31): Ist davon auszugehen, dass die Bundesautobahn A 72 Chem-nitz–Leipzig vollständig in den neuen Bundesverkehrswegeplanaufgenommen wird? Wird die Fertigstellung des Abschnittes zwischen Chemnitz und Borna bis zur Fußballweltmeisterschaft 2006 realisiert? Zu Frage 30: Der Neubau der Bundesautobahn (BAB) A 72 Auto- bahnkreuz Chemnitz–Anschlussstelle S 241n/Niederfrohna ist Bestandteil des Bedarfsplans 1992 (Vordringlicher Be- darf) und des Investitionsprogramms 1999 bis 2002 und gehört damit zu den „indisponiblen“ Projekten. Der Neu- bau des übrigen Teils der Bundesautobahn A72, Anschlus- sstelle S 241n/Niederfrohna–Autobahndreieck A 38/A 72 (südlich Leipzig), ist ebenfalls im Bedarfsplan – im „Wei- teren Bedarf“ enthalten. Die BAB A 72 von Chemnitz nach Leipzig hat eine außerordentlich hohe Verkehrsbedeutung: verkehrlich und wirtschaftlich wichtige Verbindung dieser beiden Ober- zentren, durch großräumige Ortsumgehungsfunktion der BAB A 72 werden die bestehenden Ortsdurchfahrten er- heblich entlastet, der westsächsische Wirtschaftsraum Zwickau/Chemnitz/Leipzig wird durch den Bau dieser Bundesautobahn wesentlich gefördert. Deshalb wird die Bundesregierung das Projekt in den neuen Bundesverkehrswegeplan aufnehmen und dem Deutschen Bundestag vorlegen. Zu Frage 31: Zur Finanzierung des Abschnitts zwischen Nieder- frohna und südlich Borna wurde im März 2002 eine Ver- einbarung durch Herrn Staatsminister Dr. Schommer und Herrn Bundesminister Bodewig unterzeichnet. Eine Kos- tenbeteiligung des Freistaates Sachsen in Höhe von rund 51 Millionen Euro ist möglich, da mit dem Bau der Bun- desautobahn A72 auch verkehrliche Landesaufgaben gelöst werden können. Nach derzeitigem Planungs- und Finanzierungsstand kann die Fertigstellung der Bundesau- tobahn A 72 zwischen dem Autobahnkreuz Chemnitz und Borna bis zur Fußballweltmeisterschaft 2006 erfolgen. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Christoph Zöpel auf die Fragen des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) (Drucksache 14/8756, Fragen 34 und 35): Wie bewertet die Bundesregierung die jüngsten Vorwürfe ge- gen den Generaldirektor der Organisation für das Verbot chemi- scher Waffen (OPCW), und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus (vergleiche „New York Times“ vom 8. April 2002)? Was unternimmt die Bundesregierung, um eine Gefährdung der Arbeit der OPCW– vor allem durch unzureichende finanzielle Ausstattung – zu verhindern? Zu Frage 34: Die Bundesregierung ist in Übereinstimmung mit ihren Partnern in der Europäischen Union der Auffas- sung, dass die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) sich in einer tiefen Krise befindet. Zu deren Lösung erscheint – entsprechend der Abstimmung im Exekutivrat am 22. März 2002 – auch ein Personal- wechsel im Technischen Sekretariat geboten. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 200222760 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 35: Die Bundesregierung hat sich in der OVCW von An- fang an nachdrücklich dafür eingesetzt, die Organisation zur Erfüllung ihrer Aufgaben mit adäquaten Mitteln aus- zustatten. Sie hat zu diesem Zweck eine Reihe von Maß- nahmen ergriffen. Ihr aktives, gestaltendes Engagement hat sich zuletzt in der Bestellung eines deutschen Diplo- maten zum Berichterstatter für die Erarbeitung des Haus- halts 2003 niedergeschlagen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Matthias Berninger auf die Fra- gen der Abgeordneten Ilse Aigner (CDU/CSU) (Druck- sache 14/8756, Fragen 38 und 39): Wodurch unterscheiden sich nach Ansicht der Bundesregie- rung die beiden Waldzertifizierungssysteme FSC (Forest Ste- wardship Council) und PEFC (Pan-European Forest Certification) qualitativ, und werden bei der Erstellung und Überprüfung der Zertifizierung bei beiden Systemen jeweils einheitliche Kriterien angewandt? Beabsichtigt die Bundesregierung mit FSC nur eines der bei- den Waldzertifizierungssysteme anzuerkennen und zu fördern, obwohl sich bereits über 3 000 Betriebe und Forstzusammen- schlüsse in Deutschland mit einer Fläche von mehr als 5,6 Milli- onen Hektar Wald (entspricht etwa 52 Prozent der Gesamtwald- fläche) freiwillig und über den gesetzlich vorgeschriebenen Standard hinaus nach dem System PEFC zertifiziert haben? Zu Frage 38: Die Unterschiede zwischen FSC und PEFC liegen im Wesentlichen in folgenden Punkten: Beim FSC handelt es sich um einen globalen Ansatz. Die Prinzipien und Krite- rien des FSC sind weltweit gültig. PEFC ist derzeit auf Eu- ropa begrenzt. Das FSC-Zertifikat liefert eine Aussage da- rüber, welche ökologischen und sozialen Mindeststandards der jeweilige Betrieb erfüllen muss, das PEFC-Zertifikat liefert dagegen eine Aussage darüber, welche Zielsetzun- gen die Region verfolgt. Der einzelne Waldbesitzer wird über eine freiwillige Selbstverpflichtungserklärung einge- bunden. Die Verantwortungszuweisung ist damit beim FSC konkreter. FSC baut auf einem Drei-Kammersystem auf, in dem soziale, ökologische und ökonomische Aspekte gleichberechtigt berücksichtigt werden. Einzelne Kam- mern können nicht als Ganzes überstimmt werden (Zwei- drittelmehrheit erforderlich). Im Gegensatz dazu können bei PEFC die Interessen der Waldeigentümer nicht über- stimmt werden. Bei Einzelzertifizierungen findet bei FSC eine mindestens jährliche Kontrolle des Forstberiebes statt, bei PEFC Deutschland wird jährlich zehn Prozent der zer- tifizierten Waldfläche einer Region kontolliert. Der FSC ist bei den waldbaulichen Kriterien und Indi- katoren in der konkreten Formulierung und in der Strin- genz, mit der bestimmte Maßnahmen ausgeschlossen sein sollen, zum Teil strenger als die PEFC Leitlinien. Bei- spiele: Wildbestände: FSC fordert, dass die Wildbestände die Verjüngung der Baumarten der natürlichen Waldge- sellschaften nicht verhindern dürfen; PEFC fordert von den Waldbesitzern, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf angepasste Wildbestände hinzuwirken, Schutzgebiete/Re- ferenzflächen: FSC verlangt fünf Prozent der Betriebs- fläche in Staats- und Kommunalwald über 1 000 Hektar aus der Bewirtschaftung herauszunehmen; PEFC hat dazu keine Regelung. Schutz von Alt- und Totholz: FSC ver- langt die Erstellung einer betrieblichen Schutzstrategie; PEFC lediglich Schutz im angemessenen Umfang. Zu Frage 39: Nein, die Bundesregierung beabsichtigt nicht, nur ei- nes der beiden Waldzertifizierungssysteme anzuerkennen und zu fördern. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Matthias Berninger auf die Fra- gen der Abgeordneten Heidemarie Wright (SPD) (Drucksache 14/8756, Fragen 40 und 41): Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit ein, Mora- torien für industrielle Abholzungen in den letzten unberührten Urwaldgebieten zu erreichen? Wie können nach Ansicht der Bundesregierung die Anwen- dung und die Akzeptanz für das Siegel des FSC und andere ver- gleichbare Siegel gesteigert werden? Zu Frage 40: Für solche Moratorien bestehen gegenüber den Ent- wicklungsländern wegen der damit verbundenen Ein- schränkungen von Entwicklungsoptionen wenig Durch- setzungschancen. Vorwürfe der Diskriminierung und des „Öko-Imperialismus“ werden in diesem Zusammenhang immer wieder laut. Solche Moratorien können nur im Ein- zelfall gemeinsam mit den Partnerländern im Rahmen konkreter Projekte der bilateralen Entwicklungszusam- menarbeit durchgeführt und gefördert werden. Bei den ak- tuell laufenden Waldverhandlungen im Rahmen des VN- Waldforums wurde erneut deutlich, dass im Übrigen schon eine Fokussierung auf die Primärwälder bei den interna- tionalen Verhandlungen durch die Entwicklungsländer ab- gelehnt wird. Dennoch setzt sich die Bundesregierung hier wie in den laufenden Verhandlungen der 6. Vertragsstaa- tenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt intensiv für nationale wie internationalen Maß- nahmen zum Schutz der Urwälder ein. Moratorien sind aber auch von der Sache her nur beschränkt geeignet, der weltweiten Urwaldzerstörung ent- gegenzuwirken, da diese nicht nur auf industrielle Holznut- zung, sondern vor allem auf großflächige Umwandlungen der Wälder in Agrar- und Siedlungsflächen zurückzuführen ist. Daher müssen insbesondere Strategien in den Bereichen der Armutsbekämpfung, Ernährungssicherung und Verbes- serung der landwirtschaftlichen Produktivität auch für die Urwalderhaltung genutzt werden, die auch eher im Interesse der Entwicklungsländer liegen. Zu Frage 41: Über die Akzeptanz von Kennzeichen entscheidet der Markt, die Bundesregierung kann nur unterstützend tätig werden, zumal es sich um privatwirtschaftliche Initiativen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002 22761 (C) (D) (A) (B) handelt. Unterstützung leistet sie beispielsweise dadurch, dass sie in internationalen Gremien auf die Bedeutung der Zertifizierung als wichtiges Instrument im Kampf gegen den Raubbau insbesondere in den Tropenwäldern hin- weist. Anders als Verhandlungen über Regierungskon- takte schlägt die Zertifizierung eine direkte Brücke vom Hersteller zum Verbraucher und kann deshalb auch in Re- gionen ohne ausgeprägte Kontrollmechanismen Wirkung entfalten. Darüber hinaus hat die Bundesregierung in ihrem eigenen Geschäftsbereich die Beschaffung von Tropenholz mit der Vorlage eines glaubwürdigen Zertifi- kates verknüpft. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Matthias Berninger auf die Frage des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/ CSU) (Drucksache 14/8756, Frage 42): Trifft es zu, dass die vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- wirtschaft, Dr. Gerald Thalheim, in der Fragestunde des Deut- schen Bundestages vom 13. März 2002 (Plenarprotokoll 14/223, Seite 22139 B ff.) angedeutete Möglichkeit, beim Pflanzenschutz in der Landwirtschaft eine Ausnahmegenehmigung für bestimmte Pflanzenschutzmittel bei Gefahr in Verzug, zum Beispiel bei der Bekämpfung der Kirschfruchtfliege zu erlassen, nach Auffassung der Biologischen Bundesanstalt auf keinen Fall bedeuten kann, dass das Mittel Lebaycid zum Einsatz kommen darf (vergleiche „Badische Zeitung“ vom 4. April 2002)? Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA), die als zuständige Behörde die Entscheidungen über Zulassungen oder Genehmigungen für Pflanzenschutzmittel zu treffen hat, nochmals persön- lich um erneute Prüfung der Angelegenheit gebeten. Sie hat daraufhin mitgeteilt, dass das bisher angewandte Pflan- zenschutzmittel Lebaycid mit dem Wirkstoff Fenthion in Deutschland seit 1998 wegen der gemeinsamen von Bio- logischer Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft und vom Umweltbundesamt als unvertretbar bewerteteten Auswirkungen auf den Naturhaushalt nicht mehr zugelas- sen ist. Eine Möglichkeit zur Erteilung einer Genehmi- gung nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 des Pflanzenschutzgesetzes (Gefahr im Verzuge) sieht sie daher auch nach erneuter Prüfung nicht. Letztendlich besteht seit der endgültigen Einführung der Indikationszulassung am 1. Juli 2001 für Lebaycid ein Anwendungsverbot. Auch die Prüfungen im Rahmen der Untersuchungen der Europäischen Kommission zur Aufnahme des Wirk- stoffs „Fenthion“ in den Anhang I (Positivliste) der Richt- linie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflan- zenschutzmitteln kommen zum gleichen Ergebnis wie die deutsche Zulassungsbehörde. Es ist somit davon auszuge- hen, dass der Wirkstoff in Kürze im Kirschenanbau EU- weit nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Diese Ent- wicklung war absehbar und ist dem Bundesausschuss Obst und Gemüse bereits vor Beendigung der Zulassung in Deutschland bekannt gemacht worden. Anlage 14 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Fragen der Abgeordneten Christel Deichmann (SPD) (Drucksache 14/7856, Fragen 43 und 44): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Einfuhr von illegal geschlagenem Tropenholz zu unterbinden? Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um den im- mer noch fortschreitenden Moorabbau und die damit verbundenen Folgen für die biologische Vielfalt zu unterbinden, und liegen da- rüber hinaus Konzepte zur Minderung der Schwefel- und Stick- stoffeinträge vor? Zu Frage 43: Die einzige rechtliche Möglichkeit, die Einfuhr von illegal geschlagenem Tropenholz zu unterbinden, bietet derzeit nur die zur Umsetzung des Washingtoner Ar- tenschutzübereinkommens (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora – CITES) in der EU erlassene Verordnung (EG) Nr. 338/97. Diese Verordnung enthält Ein- und Ausfuhrvorschriften auch für bestimmte gefährdete Tropenholzarten, die ent- sprechend dem Grad ihrer Schutzbedürftigkeit in den An- hängen A bis C aufgeführt sind. Die Einfuhr geschützter Tropenholzarten ist nur zulässig, wenn zuvor ein in Über- einstimmung mit dem Washingtoner Artenschutzüberein- kommen erteiltes Ausfuhrdokument und – soweit es sich um besonders gefährdete Arten handelt – zusätzlich eine EG-rechtliche Einfuhrgenehmigung vorgelegt wurde. Auf dieser Grundlage konnte zum Beispiel kurz vor Ostern Tropenholz aus Brasilien im Hamburger Hafen beschlag- nahmt werden. Die Eigenschaft der Illegalität ist den Importhölzern nicht anzusehen. Deshalb konzentrieren sich die Be- mühungen der Bundesregierung darauf, Sorge dafür zu tragen, dass generell nur Holz auf unsere Märkte kommt, bei dem die nachhaltige Waldbewirtschaftung nachweis- bar ist. Dieser Nachweis kann beispielsweise erfolgen durch Zertifizierungssysteme mit entsprechenden Kon- trollmechanismen. Eine besondere Rolle kommt dabei dem lückenlosen Nachweis durch die Produktkette zu und zwar vom Ort der Entstehung bis hin zum Eintritt in un- sere Märkte. Darüber hinaus wirkt die Bundesregierung im Rahmen zahlreicher Verhandlungen auf internatio- naler Ebene darauf hin, die Nachhaltigkeit als Bewirt- schaftungsziel weltweit zu etablieren. Zu Frage 44: Im Zusammenhang mit dem Angebot neuer För- dermaßnahmen ist im Zuge der Modulation eine ein- zelflächenbezogene Grünlandextensivierung ab 2003 vorgesehen, die es ermöglicht, gezielt besonders umwelt- sensible Flächen, wie sie Moore darstellen, einer exten- siven Bewirtschaftung zuzuführen. Der Bund wird ent- sprechende Maßnahmen mit 80 Prozent bezuschussen. Im Rahmen des (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – BMU) BMU- Förderprogramms zur Errichtung und Sicherung schutz- würdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamt- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 200222762 (C) (D) (A) (B) staatlich repräsentativer Bedeutung, so genannte Natur- schutzgroßprojekte, können grundsätzlich auch Moore, sofern sie die Förderkriterien erfüllen, langfristig in ihrer ökologischen Qualität gesichert werden. Der Bund fördert entsprechende Maßnahmen mit bis zu 75 Prozent. Dies ist bei einigen Projekten bereits erfolgt, zum Beispiel Wur- zacher Ried und Murnauer Moos. Die Bundesregierung hat in zwei Projektphasen von 1992 bis 1998 das (Bundesministerium für Bildung und Forschung – BMBF) BMBF-Verbundvorhaben „Ökosys- temmanagement für Niedermoore“ initiiert. Danach ist eine wesentliche Minderung von Stickstoff- und Phos- phoreinträgen in die Oberflächengewässer nur möglich, wenn die Niedermoor-Standorte ganzjährig wieder ver- nässt werden. Die herkömmliche landwirtschaftliche Nut- zung entfällt dann. Als Maßnahme zur langfristigen Si- cherung dieser Flächen kommt deshalb nur der Kauf von Flächen und Übergabe an eine geeignete Institution zur Betreuung infrage. Die Durchführung ist grundsätzlich Sache der Länder, da es sich um eine Naturschutzaufgabe handelt. Anlage 15 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Frage der Abgeordneten Ulrike Mehl (SPD) (Drucksache 14/8756, Frage 45): Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung zur Realisie- rung des Urwaldschutzprogrammes kurzfristig um, und welche Maßnahmen sind mittelfristig geplant? Das Arbeitsprogramm zur biologischen Vielfalt der Wälder des Übereinkommens zum Schutz der biologi- schen Vielfalt (Convention on Biological Diversity – CBD), für das sich die Bundesregierung zurzeit auf der 6. Vertragsstaatenkonferenz der CBD engagiert einsetzt, wird nach seiner Verabschiedung den Rahmen für diesbe- zügliche Maßnahmen und Initiativen der Bundesregie- rung vorgeben. Insoweit lässt sich die Frage im Einzelnen erst nach Abschluss der Vertragsstaatenkonferenz beant- worten. Generell wird die Bundesregierung auf nationaler Ebene zur Förderung der biologischen Vielfalt der Wälder eine nachhaltige und naturnahe Waldbewirtschaftung vorantreiben. Hierzu wird die kürzlich in Kraft getretene Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes ebenso beitragen wie die Weiterentwicklung der Fördergrundsätze der Ge- meinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. International wird die Bundesregierung die CBD bei der Umsetzung des Arbeitsprogramms zur biologischen Vielfalt der Wälder unterstützen. Deutschland fördert be- reits seit Jahren Projekte auf diesem Gebiet im Rahmen der finanziellen und technischen Zusammenarbeit mit 125 Millionen Euro im Jahr. Die Bundesregierung wird die Umsetzung des Arbeitsprogramms sowohl im Rah- men des Förderbereichs der Global Environment Facility (GEF) als auch bilateral unterstützen. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Matthias Berninger auf die Frage des Abgeordneten Günter Graf (Friesoythe) (SPD) (Drucksache 14/8756, Frage 46): Was ist unter einer Haltungseinrichtung für Legehennen zu verstehen, die in der 1. Verordnung zur Änderung der Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung vom 28. Februar 2002 beschrieben wird, wo geregelt ist, dass abweichend vom § 13 der Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung Legehennen noch bis zum 31. De- zember 2011 in dort beschriebenen Haltungseinrichtungen gehal- ten werden dürfen? § 13 Abs. 1 der 1. Verordnung zur Änderung der Tier- schutz-Nutztierhaltungsverordnung bestimmt, dass über- gangsweise so genannte ausgestaltete Käfige, wie sie in der Richtlinie 1999/74/EG definiert sind, noch bis zum 31. Dezember 2011 weiterbenutzt werden dürfen, sofern die Anlage vor dem 13. März 2002 bereits genehmigt oder in Benutzung genommen war. Ausgestaltete Käfige müs- sen mit Legenestern, Sitzstangen, Einstreu sowie einem Mindestplatzangebot von 750 cm2/Legehenne ausgestat- tet sein. Mit der genannten Verordnung wird die EG- Richtlinie 1999/74/EG zum Schutz von Legehennen bei der Haltung unter Beachtung des Urteils des Bundesver- fassungsgerichts zur Nichtigkeit der Hennenhaltungsver- ordnung vom 10. Dezember 1986 in nationales Recht um- gesetzt. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Fragen des Abgeordneten Dirk Niebel (FDP) (Drucksache 14/8756, Fragen 47 und 48): Wie steht die Bundesregierung zu Interessenüberschneidun- gen bei der Vergabe öffentlicher Mittel vor dem Hintergrund, dass sowohl Arbeitgeberverbände wie Gewerkschaften Weiterbil- dungsunternehmen besitzen, die durch Mittel der Bundesanstalt für Arbeit (BA) finanziert werden, wobei gleichzeitig in den Selbstverwaltungen der BA, der Landesarbeitsämter und der Ar- beitsämter einerseits und den Aufsichtsgremien der Weiterbil- dungsunternehmen andererseits häufig dieselben Personen sitzen, [vergleiche Bericht des „Stern“ vom 14. März 2002, wonach Ursula Engelen-Kefer sowohl seit 1978 Vorstandsmitglied – zwi- schenzeitlich Vizepräsidentin der BA – als auch gleichzeitig Auf- sichtsratsvorsitzende des Berufsfortbildungswerkes (bfw), einem Bildungsunternehmen des Deutschen Gewerkschaftsbundes, ist], sodass damit ein Vorstandsmitglied der BA über Beitragsmittel entscheidet, die auch an ein Unternehmen fließen, an dessen Spitze es selbst steht? In wie vielen Fällen gab es bis zum 31. März 2002 solche per- sonellen Konstellationen wie in Frage 47 skizziert (Personen- gleichheit in einem Selbstverwaltungsorgan der BA und in einem Aufsichts-/Führungsgremium eines Bildungsträgers – bitte aufge- schlüsselt nach den Personen/Bildungsträgern, Verwaltungsrat der BA, Verwaltungsausschüsse der Landesarbeitsämter und Ver- waltungsausschüsse der Arbeitsämter)? Zu Frage 47: Die Bundesregierung spricht sich entschieden gegen wirkliche Interessenüberschneidungen aus. Derjenige, der über Leistungen aus Beitragsmitteln entscheidet, darf Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002 22763 (C) (D) (A) (B) nicht letztlich selbst der Begünstigte sein. Das ist ganz eindeutig in § 16 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, das auch für die Bundesanstalt für Arbeit gilt, geregelt. So besagt § 16 Abs. 1 Nr. 5 SGB X unter anderem wörtlich: „In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Behörde nicht tätig werden, wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihm als Mitglied des Vor- standes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Or- gans tätig ist; ...“. Mitglieder des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit können deshalb nach dem SGB III auch nicht über Beitragsmittel entscheiden. Zu Frage 48: Der Bundesregierung sind die Lebensläufe der Selbst- verwaltungsmitglieder auf den drei Verwaltungsebenen der Bundesanstalt für Arbeit im Einzelnen nicht bekannt. Es ist jedoch nicht ungewöhnlich, wenn Personen aus dem öf- fentlichen Leben, aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ehrenamtliche Tätigkeiten ausüben und auch in Aufsichts- gremien tätig sind. Wie bei der Beantwortung der vorher- gehenden Frage bereits erläutert, fallen die Einzelfallent- scheidungen in den Arbeitsämtern nach arbeitsmarktlichen Gesichtspunkten, nicht in den Selbstverwaltungsgremien und erst recht nicht in den Selbstverwaltungsorganen der Mittel- bzw. Oberinstanz. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) (Drucksache 14/8756, Fragen 49 und 50): Welche Formen der Evaluierung und systematischen Qua- litätskontrolle der Weiterbildungsmaßnahmen der Arbeitsämter gibt es, und gibt es insbesondere über bloße Eingliederungsbilan- zen hinaus, wie sie jüngst durch das so genannte Job-AQTIV-Ge- setz eingeführt wurden, ein Controlling, mit dem die entschei- dende Frage der Evaluierung beantwortet wird, was aus den Teilnehmern geworden wäre, hätten sie nicht an der Maßnahme teilgenommen? Welche Anreize für eine sparsame und effiziente Verwendung der Beitragsmittel gibt es in der „Arbeitslosenindustrie Weiterbil- dung“? Zu Frage 49: Qualitätssicherung und -steigerung der beruflichen Weiterbildungsförderung liegen auch im besonderen Inte- resse der Bundesregierung. Qualitätssicherung ist kein statischer, sondern ein laufender, sich ständig weiterent- wickelnder Prozess. Bei der Qualitätskontrolle muss zwi- schen der Zeit vor Beginn der Weiterbildungsmaßnahmen und der Zeit während der Durchführung unterschieden werden. Bevor ein Teilnehmer bei beruflicher Weiterbil- dung gefördert werden kann, muss die beabsichtigte Wei- terbildungsmaßnahme vom Arbeitsamt für die Weiterbil- dungsförderung anerkannt sein. Die Anerkenung setzt ein eingehendes Prüfungsverfahren in Bezug auf den Träger selbst und die Konzeption der Maßnahme voraus. Der Träger muss zum Beispiel seine Leistungsfähigkeit und sein Konzept anhand von Erhebungsunterlagen darlegen, insbesondere auch die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Lehrgangsabsolventen aufzeigen. Nach Beginn einer förderungsfähigen Bildungsmaß- nahme hat das Arbeitsamt die Durchführung zu überwa- chen und den Erfolg zu beobachten. Es erfolgen außerdem Befragungen von Lehrgangsteilnehmern und Lehrkräften zur Qualität der Maßnahme und zu Problemen bei der Maßnahmedurchführung. Maßnahmen, die länger als drei Monate dauern, sind spätestens im vierten Monat zum Zwecke der Teilnehmerbefragung vom Arbeitsberater aufzusuchen. Schließlich führen bei den Landesarbeitsämtern einge- richtete Prüfgruppen stichprobenweise, in der Regel un- angemeldete Prüfungen in Bildungseinrichtungen durch. Mit dem Job-AQTIV-Gesetz wurde die entsprechende ge- setzliche Vorschrift – § 93 SGB III – noch stringenter ge- fasst. Erfolgsbeobachtung und Kontrolle sind Pflichten der Arbeitsämter. Eine Evaluierung in dem von Ihnen geschilderten Sinne, das heißt mit der Frage nach einem „Alternativ- schicksal“ des Arbeitslosen ohne Weiterbildung, findet in- nerhalb der Bundesanstalt nicht statt. Es würde praktisch Vergleiche verschiedener, aber dennoch gleichartiger Ar- beitsloser voraussetzen, indem ein Arbeitsloser gefördert wird, ein anderer mit den gleichen individuellen Beson- derheiten jedoch ungefördet bleibt, um zu sehen, was mit dem einen und dem anderen geschieht. Die Arbeitsämter haben aber immer dann zu fördern, wenn die Voraussetzungen vorliegen, das heißt insbeson- dere, die Weiterbildung notwendig ist. Die Notwendigkeit wird nicht allein durch Arbeitslosigkeit erfüllt. Bestehen in angemessener Zeit auch ohne Weiterbildung zumutbare Vermittlungsmöglichkeiten, darf eine Förderung wegen des Vermittlungsvorrangs nicht erfolgen. Jeder Förderung eines Arbeitslosen geht damit die Prognose des Arbeits- amtes voraus, dass er ohne die Förderung weiterhin ar- beitslos bliebe. Zu Frage 50: Für alle Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsför- derung gilt der gesetzliche Grundsatz nach § 7 SGB III, dass das Arbeitsamt unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen hat. Berufliche Weiterbildung darf gefördert werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu zählen personen- wie maßnahmebe- zogene Voraussetzungen. So darf Weiterbildung nur dann gefördert werden, wenn sie tatsächlich förderungsrecht- lich notwendig ist. Weiterbildungsmaßnahmen dürfen von den Arbeitsämtern im Übrigen nur für die Weiterbildungs- förderung anerkannt werden, wenn die Maßnahme nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt wird und die Kosten angemes- sen sind – § 86 Abs. 1 Nr. 7 SGB III. Außerdem haben die Arbeitsämter jährlich Eingliederungsbilanzen vorzulegen und Rechenschaft über die eingesetzten Mittel abzulegen. Seit In-Kraft-Treten des Job-AQTIV-Gesetzes müssen Ar- beitsämter und Bildungsträger im Übrigen den Erfolg je- der einzelnen Maßnahme dokumentieren. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 200222764 (C) (D) (A) (B) Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer (FDP) (Druck- sache 14/8756, Fragen 51 und 52): Wie steht die Bundesregierung zu verfassungsrechtlichen Be- denken an der Konstruktion der Selbstverwaltung der BA, wonach aus dem Demokratieprinzip folge, dass alle politische Macht auf das Volk als Souverän zurückzuführen sein müsse, im ministerial- freien Raum der Selbstverwaltung jedoch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung weder ein Weisungsrecht noch sonst einen Einfluss ausüben, noch die volle Verantwortung für die Aus- gaben übernehmen könne, und dies demzufolge besonders gravie- rend für Politikbereiche von großer politischer Tragweite wie der deutschen Arbeitsmarktpolitik mit einem Volumen von 22 Milliar- den Euro sei? Wie hoch ist die Zahl der Weiterbildungsfirmen mit öffentli- chem Auftrag, wer sind die größten Anbieter auf dem Weiterbil- dungsmarkt? Zu Frage 51: Die Bundesregierung teilt etwaige entsprechende ver- fassungsrechtliche Bedenken nicht. Nach § 367 Satz 1 SGB III ist Träger der Arbeitsförderung die Bundesan- stalt für Arbeit als rechtsfähige bundesunmittelbare Kör- perschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Eine entsprechende Regelung enthielt auch § 189 Abs. 1 Satz 1 des aus dem Jahre 1969 stammenden früheren Ar- beitsförderungsgesetzes. Die Führung als rechtsfähige Körperschaften mit Selbstverwaltung gilt auch für die übrigen Träger der Sozialversicherung. Die Selbstver- waltung in der Sozialversicherung wird nach § 29 Abs. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch in der Regel durch die Versicherten und die Arbeitgeber ausgeübt. Anders als bei den anderen Versicherungsträgern wird im Be- reich der Arbeitsförderung die Selbstverwaltung außer- dem durch öffentliche Körperschaften ausgeübt. Verfas- sungsrechtliche Grundlage ist Artikel 87 Abs. 2 des Grundgesetzes, wonach die sich über drei Länder hinaus erstreckenden sozialen Versicherungsträger immer als bundesunmittelbare Körperschaften geführt werden. Die körperschaftliche Organisationsform der Versicherungs- träger ist traditionell mit dem Selbstverwaltungsgedan- ken verknüpft. Was das finanzielle Volumen der Arbeitsmarktpolitik und der angeblich fehlende Einfluss des Bundesminis- teriums für Arbeit und Sozialordnung betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass zum Beispiel der Haushalt der Bun- desanstalt für Arbeit der Genehmigung durch die Bundes- regierung bedarf. Zu Frage 52: Die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach dem Recht der Arbeitsförderung ist nach dem Individualprinzip ausgestaltet. Leistungsberechtigt ist der jeweilige Weiter- bildungsteilnehmer bei Teilnahme an einer für die Weiter- bildungsförderung anerkannten Maßnahme und nicht der Bildungsträger. Gefördert wird die Teilnahme an so ge- nannten freien Maßnahmen. Freie Maßnahmen sind Bil- dungsmaßnahmen, die von ihren Trägern auf dem Bil- dungsmarkt angeboten werden und nicht zwangsläufig nur durch das Arbeitsamt geförderten Personen offen stehen. Von den Arbeitsämtern können zum Beispiel auch Weiter- bildungsmaßnahmen anerkannt werden, die sowohl von geförderten Arbeitnehmern wie auch sonstigen Interessen- ten, zum Beispiel aus der Wirtschaft, besucht werden. Von der Anerkennung „freier Maßnahmen“ ist die Be- auftragung von Trägern nach § 94 SGB III zu unterschei- den. Diese ist nur dann zulässig, wenn dies zur Förderung besonderer Personengruppen erforderlich ist oder damit zu rechnen ist, dass geeignete Maßnahmen, die die Vo- raussetzungen für eine Anerkennung für die Weiterbil- dungsförderung erfüllen, innerhalb angemessener Zeit nicht angeboten werden. Ende Februar 2002 liefen insge- samt 28 446 (Gruppen-) Bildungsmaßnahmen, davon werden lediglich 160 (0,6 Prozent) mit öffentlichem Auf- trag der Arbeitsämter durchgeführt. Wegen der Individualförderung durch die örtlichen Arbeitsämter sind auf Bildungsträger bezogene statisti- sche Daten bei der Bundesanstalt für Arbeit nicht verfüg- bar. Valide Angaben zu den größten Anbietern sind daher nicht möglich. Große Bildungsträger sind sowohl gewerk- schaftliche Bildungseinrichtungen wie zum Beispiel die DAA oder das bfw des DGB als auch Bildungseinrichtun- gen der Arbeitgeber, außerdem TÜV, Dekra, Bildungsein- richtungen der Kammern und häufig auch staatliche und staatlich anerkannte Schulen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 229. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002 22765 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
Gesamtes Protokol
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422900000
Einen schönen
guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung
ist eröffnet.

Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-
nung um die erste Beratung des von den Fraktionen der
SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/Die Grünen und
der FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes
zur Änderung des Parteiengesetzes zu erweitern und dies
als Zusatzpunkt am Beginn der Sitzung aufzurufen. Eine
Aussprache soll nicht erfolgen. – Ich sehe, Sie sind damit
einverstanden. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Zusatzpunkt 1 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN und der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Achten Gesetzes zur Änderung des Parteien-
gesetzes
– Drucksache 14/8778 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Wir kommen zur Überweisung. Interfraktionell wird
vorgeschlagen, den Gesetzentwurf auf Drucksache
14/8778 zur federführenden Beratung an den Innenaus-
schuss und zur Mitberatung an den Ausschuss für Wahl-
prüfung, Immunität und Geschäftsordnung, den Rechts-
ausschuss sowie an den Haushaltsausschuss mitberatend
und gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen.
Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Nationale Strategie für eine
nachhaltige Entwicklung.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Staatsminister beim Bundeskanzler, Hans Martin
Bury.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422900100
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Das Bundeskabinett hat heute eine umfassende
Modernisierungsstrategie unter dem Titel „Perspektiven
für Deutschland“ beschlossen. Wir kommen damit dem
1992 in Rio von der Vorgängerregierung abgegebenen,
von dieser in der Folge jedoch nicht eingelösten Verspre-
chen nach, eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie als
deutschen Beitrag für die in diesem Jahr stattfindende
Rio-Folgekonferenz in Johannesburg zu entwickeln.

Mit der Strategie machen wir deutlich, dass sich die
Zukunftsfähigkeit wie ein roter Faden durch die Reform-
politik dieser Bundesregierung zieht. Ich nenne die Kon-
solidierung des Bundeshaushaltes, die Reform der Alters-
vorsorge, die Energiewende, die Stärkung von Bildung
und Forschung und die Neuorientierung der Landwirt-
schafts- und Verbraucherpolitik. Mit der Nachhaltigkeits-
strategie machen wir deutlich, in welche Richtung sich
unser Land entwickeln soll und welche Weichenstellun-
gen dafür notwendig sind.

Nachhaltigkeit ist eine traditionelle und faszinierende
Idee, die von Erfahrungen ausgeht, die wir im Grunde alle
in der Familie gemacht haben. Als Stichworte nenne ich
das Zusammenleben der Generationen, die Perspektiven
für die Kinder und ein ordentliches Miteinander mit den
Nachbarn. Im Grunde sind es diese Prinzipien, die wir mit
dem Leitbild der Nachhaltigkeit auf unsere Gesellschaft
übertragen. Wir machen deutlich, dass Nachhaltigkeit
mehr als gute Umweltpolitik ist, und holen sie aus der
Ökonische. Anhand von vier Leitlinien entwerfen wir ein
Bild für die gute Zukunft unseres Landes.

Das knüpft an die traditionelle Nachhaltigkeitsdiskus-
sion mit ihren drei Säulen, nämlich der Ökologie, der
Ökonomie und dem Sozialen, an. Es geht aber darüber hi-
naus, weil wir den Begriff anhand der Leitlinien Lebens-
qualität, Generationengerechtigkeit, sozialer Zusammen-
halt und internationale Verantwortung anschaulicher und
damit konkreter machen.

Wir zeigen nicht nur Ziele, sondern auch Wege auf und
haben uns auf Wegmarken verständigt, anhand deren klar
wird, wo wir stehen und wo es weiteren Handlungsbedarf
gibt.

22705


(C)



(D)



(A)



(B)


229. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 17. April 2002

Beginn: 13.00 Uhr

Unter den 21 Zielen für das 21. Jahrhundert finden Sie
diese Wegmarken in Form von Indikatoren, die ähnlich
wie der DAX für die Börse oder das BIP-Wachstum für
die Entwicklung der Volkswirtschaft deutlich machen, in-
wieweit sich das Land in puncto Nachhaltigkeit weiter-
entwickelt. Diese Indikatoren sind dort, wo es sinnvoll
und möglich war, mit quantifizierten Zielen verknüpft
worden. Drei Beispiele will ich nennen: So sollen etwa
die Energieproduktivität bis 2020, der Anteil erneuerbarer
Energien am Energieverbrauch bereits bis 2010 verdop-
pelt werden. Bis Mitte des Jahrhunderts wollen wir es
schaffen, dass erneuerbare Energien rund die Hälfte des
weltweiten Energiebedarfs decken.

Im Bereich der Kinderbetreuung haben wir uns zum Ziel
gesetzt, in Deutschland ein bedarfsorientiertes Angebot an
Ganztagsbetreuung flächendeckend sicherzustellen.

Soweit die Bundesregierung in dieser Strategie als Ak-
teur angesprochen ist, wird sie ihr Regierungshandeln da-
ran ausrichten, strategische Vorgaben in konkrete Politik
umzusetzen. In der Strategie wird hervorgehoben, dass
die Politik über Gesetze, Verordnungen, Förderpro-
gramme und Zielvereinbarungen Rahmenbedingungen
setzt, dass aber jeder Einzelne, wenn er als Unternehme-
rin oder Unternehmer investiert und produziert oder als
Verbraucherin oder Verbraucher konsumiert, auf die Ent-
wicklung dieses Landes in punkto Nachhaltigkeit ebenso
Einfluss nimmt.

Deshalb war es besonders wichtig, dass wir als Bun-
desregierung bei einem solchen Projekt zum ersten Mal
diese Strategie mit breiter Beteiligung der Öffentlichkeit,
insbesondere des Rates für Nachhaltige Entwicklung,
aber auch der gesamten interessierten Öffentlichkeit
durchgeführt und eine Fülle von Anregungen aus diesem
Prozess aufgenommen haben, was nicht nur die Akzep-
tanz der Strategie erhöhen, sondern auch ihrer Umsetzung
zugute kommen dürfte.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422900200
Zunächst Fra-
gen zum Bericht. Bitte schön.


Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1422900300
Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren! Herr Bury, ich habe folgende
Frage: Ist bei der Beratung heute Morgen im Kabinett
auch auf die – ich möchte es einmal so ausdrücken – in-
direkte Kritik eingegangen worden, die die Sachverstän-
digen, die Umweltweisen, in ihrem Gutachten vor einigen
Tagen hinsichtlich der inflationären Anwendung des Be-
griffs der Nachhaltigkeit vorgebracht haben?

Sie haben gerade gesagt, dass es Ihnen gelungen sei,
den Begriff der Nachhaltigkeit aus der Ökonische – ich
war über diese Formulierung erstaunt – herauszuholen.
Dabei klang Kritik an der Verbindung von Nachhaltigkeit
und Umweltpolitik mit. Die Sachverständigen haben er-
klärt, dass der Begriff der Nachhaltigkeit weiterhin auf die
Bewahrung des natürlichen Kapitals konzentriert werden
muss. Wenn man diesen Begriff zu sehr vom natürlichen
Kapital abkoppelt, dann besteht die Gefahr, dass die Um-
weltpolitik eines Tages ein totales Anhängsel wird. Haben
Sie das berücksichtigt?

Haben Sie ebenso die Kritik berücksichtigt, die bei der
Formulierung mitschwang, dass manche Ziele willkürlich
festgesetzt seien? Auch ist Kritik an der Kontinuität der
Zieldefinition, die Sie gerade gegeben haben, geäußert
worden. Ist auch das heute Morgen behandelt worden?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422900400
Herr Kollege, der Sachverständigenrat, den Sie zitie-
ren, hat in seiner Stellungnahme ausdrücklich positiv be-
wertet, dass diese Strategie vorgelegt wird und dass sie
konkrete quantifizierte Ziele enthält. Dies ist die Haltung
des Sachverständigenrates für Umweltfragen.

Aus dieser Stellungnahme wird deutlich, was ich vor-
her nur angerissen habe. Wir haben in der traditionellen
Nachhaltigkeitsdiskussion die drei Säulen Ökologie,
Ökonomie und Soziales. Der Anspruch war zwar stets ein
integrativer, aber je nach Standpunkt des Betrachters ist in
der Diskussion sehr häufig deutlich geworden, dass die
Trennung dieser Säulen eher zementiert als überwunden
wurde. Das war einer der Gründe, warum wir gesagt ha-
ben: Wir führen diese Diskussion fort und überführen sie
in die vorhin beschriebenen vier Koordinaten.

Es ging aber auch darum, den Begriff der nachhaltigen
Entwicklung weiterzuentwickeln, weil es in der Vergan-
genheit in Deutschland nicht ausreichend gelungen ist,
ihm eine breite Wirkung zu verschaffen. Es ist noch nicht
allzu lange her, dass auf entsprechende Fragen gerade ein-
mal knapp 15 Prozent der Befragten mit dem Begriff Kon-
kretes zu verbinden wussten. Andere Staaten, in denen die
jeweiligen Regierungen im Gegensatz zu unseren Vor-
gängern früher agiert und einen breit angelegten Nach-
haltigkeitsbegriff nicht nur propagiert, sondern auch zur
Leitlinie ihrer konkreten Politik gemacht haben, haben
hier positivere Ergebnisse zu vermelden.

Insofern hat sich unser Ansatz in der Praxis bereits be-
stätigt. Das schlägt sich in den schon beschriebenen Maß-
nahmen in dieser Legislaturperiode und in den Erfahrun-
gen anderer Länder nieder. Im Kabinett ist dieser breite
Ansatz noch einmal positiv gewürdigt und bestätigt wor-
den.


Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1422900500
Darf ich noch eine
Zusatzfrage stellen?


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422900600
Ja, bitte.


Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1422900700
Sehen Sie nicht die
Gefahr, dass durch den von Ihnen gerade geschilderten
Ansatz eine wichtige, langfristig angelegte Grundlage der
Umweltpolitik verwässert wird, indem Sie den Ansatz,
über eine ethische Fundamentierung der Umweltpolitik
nachzudenken, zerstören und damit letztendlich eine für
die Umweltpolitik äußerst nachteilige Entwicklung her-
vorrufen?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422900800
Nein, ausdrücklich nicht. Da ich diese Befürchtungen
aus dem Umweltausschuss kenne, haben wir in unserer




Staatsminister Hans Martin Bury
22706


(C)



(D)



(A)



(B)


Strategie deutlich gemacht, dass wir uns auf die wichtigen
Vorarbeiten der Umweltpolitik stützen und sie weiter-
führen. Wir haben Ihre Anregungen ebenso wie Anregun-
gen des Nachhaltigkeitsrates aufgegriffen, die ethische
Dimension der Nachhaltigkeit in der Endfassung der Stra-
tegie deutlicher zum Ausdruck zu bringen, als es im Ent-
wurf der Fall war.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422900900
Jetzt hat die
Kollegin Burchardt das Wort.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1422901000
Zunächst einmal bringe ich
unsere Freude zum Ausdruck, dass diese Bundesregie-
rung es zehn Jahre nach Rio geschafft hat, eine Nachhal-
tigkeitsstrategie vorzulegen. Damit hat sie eine ganz we-
sentliche internationale Verpflichtung umgesetzt und ist
rechtzeitig vor dem Bilanzgipfel in Johannesburg in der
Lage, auf der internationalen Bühne mit einer solchen
Strategie aufzutreten.

Zum Zweiten stelle ich fest, dass die Bundesregierung
– das sage ich an die Adresse des Kollegen Paziorek – in
ihrem institutionellen Arrangement, also durch die Ein-
richtung des Nachhaltigkeitsrats und des Staatssekretärs-
ausschusses sowie durch die Strategie, die heute be-
schlossen worden ist, die Beschlusslage des Deutschen
Bundestages aus der letzten Legislaturperiode exakt um-
gesetzt hat. Sowohl zu den Rio-Beschlüssen als auch zu
den Beschlüssen des Deutschen Bundestages gehörte aus-
drücklich der Auftrag, die Integration der ökologischen,
der sozialen und der wirtschaftlichen Dimension von
Nachhaltigkeit zu berücksichtigten. Diesem Auftrag ist
die Bundesregierung mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie in
vollem Umfange nachgekommen.

Viele Bürgerinnen und Bürger, die seit Jahren in loka-
len Agenda-Initiativen engagiert sind, haben darauf ge-
wartet, dass endlich auch von oben etwas passiert. Die Er-
wartung ist nun eingelöst. Hier stellt sich die Frage, wie
die Bürgerinnen und Bürger, die interessierte Öffentlich-
keit, in die Erarbeitung dieser Strategie eingebunden wor-
den sind. Eine zweite Frage in diesem Zusammenhang:
Welchen Beitrag erwartet die Bundesregierung von den
unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, um die
nachhaltige Entwicklung in der Bundesrepublik ein Stück
weit voranzubringen?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422901100
Die Einbeziehung der Öffentlichkeit in die Erarbei-
tung der Strategie erfolgte in zwei Phasen: Wir haben be-
reits vor Vorlage eines ersten Entwurfes den Rat für
Nachhaltige Entwicklung um entsprechende Vorschläge
gebeten. In dem Rat für Nachhaltige Entwicklung, der
vom Bundeskanzler eingesetzt wurde, sind Unternehmen,
Gewerkschaften, Kirchen, Umweltverbände und andere
Gruppen vertreten, sodass schon hier ein breites Spektrum
an Erfahrungen und Vorschlägen in die Erarbeitung der
Strategie eingeflossen ist. Darüber hinaus gab es eine erste
Konsultationsrunde mit Verbänden und Institutionen sowie
ein öffentliches Forum „Nachhaltigkeit“ im Internet, das al-
len interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Möglich-
keit gab, ihre Anregungen und Vorschläge einzuspeisen.

Auf der Basis dieser ersten Konsultationsrunde hat der
Staatssekretärsausschuss für Nachhaltige Entwicklung
Ende letzten Jahres den Entwurf der Nachhaltigkeitsstra-
tegie beschlossen und erneut öffentlich zur Diskussion ge-
stellt. Auch hier gab es sowohl für den Rat für Nachhal-
tige Entwicklung als auch in einzelnen Konsultationen
mit Verbänden und Institutionen und erneut für die ge-
samte interessierte Öffentlichkeit die Möglichkeit, Kritik
und Anregungen einzubringen. In der Endphase der Er-
arbeitung der Strategie haben wir wesentliche Punkte der
Dialogphase dokumentiert und deutlich gemacht, welche
Anregungen in der Endfassung aufgegriffen worden sind.

Mit der Vorlage der Strategie ist das Thema der nach-
haltigen Entwicklung nicht abgeschlossen. Wir haben da-
her ein Managementkonzept verankert, das ein regel-
mäßiges Monitoring vorsieht. Auch werden wir, wie vom
Deutschen Bundestag gefordert, alle zwei Jahre einen Be-
richt an das Parlament und die Öffentlichkeit geben.
Selbstverständlich wird dann zu diskutieren sein, inwie-
weit die gesetzten Ziele erreicht sein werden und wo es
dann weiteren Handlungsbedarf geben wird.

Wir haben in der Strategie sehr deutlich zum Ausdruck
gebracht, dass der Staat ein Akteur ist und dass Wirtschaft
und Gesellschaft hinsichtlich ihrer jeweiligen Verantwor-
tungsbereiche ebenso angesprochen sind. Wir werden sie
am ehesten mit einem attraktiven Leitbild der Nachhal-
tigkeit gewinnen. Dieses legen wir heute mit unserer Stra-
tegie vor.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422901200
Jetzt hat die
Kollegin Bulling-Schröter das Wort.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1422901300
Einen zentralen Punkt
der Strategie stellen die 21 Indikatoren für das 21. Jahr-
hundert dar. Hier wählt die Bundesregierung bei den zen-
tralen Punkten Energie- und Ressourcenverbrauch sowie
Verkehrsentwicklung einen Ansatz, der nur relative Ziel-
vorgaben, beispielsweise als Bezug auf eine Einheit Brut-
toinlandsprodukt oder als Kennziffer Verkehrsintensität,
enthält. Gefordert werden unserer Ansicht nach aber ab-
solute Werte. Denn wenn das Wirtschaftswachstum steigt
– was nach Punkt 10 ausdrücklich das Ziel der Bundes-
regierung ist –, dürften die Einsparungen weitgehend wie-
der aufgefressen werden.

Nun zu meiner Frage an Sie: Die Verkehrsintensität im
Güterverkehr soll bis 2020 um 5 Prozent und im Perso-
nenverkehr um 20 Prozent reduziert werden. Wenn wir
aber nur von dem niedrigen Wachstum des Bruttoinlands-
produkts von durchschnittlich knapp 1,8 Prozent in den
vergangenen fünf Jahren ausgehen und es für die Zu-
kunft fortschreiben – ich meine, das ist realistisch –, so
wird sich mit den Zielvorgaben der Nachhaltigkeitsstra-
tegie der Güterverkehr um 37 Prozent und der Personen-
verkehr um 16 Prozent erhöhen. Wie stehen Sie – auch im
Hinblick auf den Klimaschutz – dazu?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422901400
Richtig ist, dass die Steigerung der Energie- und Res-
sourceneffizienz den Kern der Nachhaltigkeitsstrategie




Staatsminister Hans Martin Bury

22707


(C)



(D)



(A)



(B)


darstellt. Wir haben deshalb für die Energie- und Res-
sourcenproduktivität ambitionierte Ziele festgelegt. Na-
türlich bestehen zwischen den verschiedenen Indikatoren
Zielkonflikte. Dies haben wir in der Endfassung der Stra-
tegie deutlicher herausgearbeitet, als es im Entwurf der
Fall war. Kern der nachhaltigen Politik ist es, diese Kon-
flikte zwischen verschiedenen Indikatoren nach Möglich-
keit auszubalancieren.

Was wir nicht gemacht haben und auch nicht tun wer-
den, ist, Planvorgaben – etwa für die Wirtschaftsentwick-
lung – zu erstellen. Kern der Strategie ist es, über die Stei-
gerung von Produktivität in diesen Bereichen ein Mehr an
Nachhaltigkeit zu erreichen. Dafür muss diese Produkti-
vitätssteigerung idealerweise – wenn wir in puncto Nach-
haltigkeit weiterkommen wollen – die entsprechenden Stei-
gerungsraten in anderen Bereichen übertreffen.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1422901500
Wie stehen Sie denn
nun zu den konkreten Zielvorgaben?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422901600
Wir haben 21 Ziele und Indikatoren. Zum Themen-
bereich Verkehr haben wir ein ganzes Maßnahmenbündel
in die Strategie aufgenommen, um die angestrebte Verlage-
rung des Verkehrs tatsächlich zu realisieren. Ich nenne bei-
spielhaft die Einführung der Autobahnbenutzungsgebühr,
die auch eine Optimierung der Nutzung von Kapazitäten
und eine gewisse Verlagerung von Verkehrsströmen zum
Ziel hat, das 6-Milliarden-Investitionsprogramm für die
Schienenwege des Bundes im Rahmen des Zukunftsinves-
titionsprogramms 2001 bis 2003 sowie Modernisierungs-
und Effizienzsteigerungsmaßnahmen im Schienenverkehr
durch die Fortführung der Bahnreform oder die Förderung
von Terminals des kombinierten Verkehrs. Das heißt, es
gibt eine Fülle von konkreten Maßnahmen, die dazu bei-
tragen werden, die im Kapitel „Ziele und Indikatoren“ ge-
nannten Werte zu erreichen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422901700
Jetzt hat die
Kollegin Dr. Grygier das Wort.


Bärbel Grygier (PDS):
Rede ID: ID1422901800
Noch einmal zu den eben
von Ihnen beschriebenen Zielkonflikten – schließlich
kann es auch etwas damit zu tun haben –: Ich frage zu dem
Bereich Klimaschutz nach. Im kürzlich verabschiedeten
Antrag der Koalition gibt es die Zielstellung, bis 2020 die
CO2-Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren. In IhrerNachhaltigkeitsstrategie taucht diese Zielvorgabe aber
gar nicht mehr auf. Vielmehr nehmen Sie auf die Selbst-
verpflichtung der Bundesrepublik Bezug, die CO2-Emis-sionen um 25 Prozent zu reduzieren, die nur bis zum
Jahr 2005 gilt. Nun stellt sich mir die Frage: Gibt es ei-
gentlich auch mittelfristige Zielstellungen, wie sind sie zu
erreichen und wie schätzen Sie die Möglichkeit ein, dass
das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2005 in Relation zu1990 um 25 Prozent zu reduzieren, erreicht werden kann?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422901900
Frau Kollegin, die Bundesregierung bekennt sich

auch nach 2005 bzw. 2010 zu anspruchsvollen Klima-
schutzzielen. In der Diskussion, die durchaus kontrovers
geführt worden ist, ging es aber um die Frage, ob wir die
Klimaschutzziele am ehesten erreichen, wenn wir natio-
nal vorpreschen – das hätte nach unseren Erfahrungen mit
dem Kioto-Prozess dazu geführt, dass andere Länder
unter Verweis auf Deutschland in ihren eigenen Anstren-
gungen nachgelassen hätten – oder wenn wir uns gemein-
sam innerhalb der Europäischen Union für die Vereinba-
rung weiterer ambitionierter Klimaschutzziele einsetzen.
Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden, weil wir
der Überzeugung sind, dass damit für den Klimaschutz
mehr gewonnen ist.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422902000
Jetzt hat die
Kollegin Dr. Schwaetzer das Wort.


Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1422902100
Herr Staatsminister,
im Vorfeld hat eine ganze Reihe von Nichtregierungs-
organisationen Vorschläge eingebracht, die in die Nach-
haltigkeitsstrategie eingearbeitet werden sollten. Inwie-
weit hat die Bundesregierung diese konkret formulierten
Vorschläge aufgenommen und wie gedenkt die Bundes-
regierung – ich möchte das ganz präzise wissen – in den
nächsten Monaten die Diskussion mit den Nichtregie-
rungsorganisationen weiterzuführen?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422902200
Wir haben – dies wird auch in der nationalen Strate-
gie für eine nachhaltige Entwicklung dokumentiert – eine
Fülle von Anregungen aufgenommen. Das gilt beispiels-
weise für die Bereiche des Klimaschutzes, der Landwirt-
schaft und der Entwicklungszusammenarbeit. Wir haben
im Vergleich zum ersten Entwurf insbesondere das Kapi-
tel „Globale Verantwortung“ deutlich stärker herausge-
arbeitet und etwa dem Aspekt der Katastrophenvorsorge
Rechnung getragen. Es wird einen engen Dialog mit dem
Rat für Nachhaltige Entwicklung sowie darüber hinaus
– dieser Rat versteht sich ja auch als Forum für die öf-
fentliche Diskussion – mit der gesamten interessierten Öf-
fentlichkeit und mit interessierten Gruppen über diese
Strategie geben.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422902300
Herr Heinrich,
bitte.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1422902400
Herr Staatsminister, Sie haben
die Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung dargestellt
und unter anderem die Agenda 21 erwähnt. In der
Agenda 21 ist ja festgelegt, dass es ein Gleichgewicht zwi-
schen der ökonomischen, der ökologischen und der sozia-
len Verantwortung geben soll. Sie haben jetzt von vier Säu-
len gesprochen. Sie haben das also erweitert. Heißt das,
dass Sie sich von der Agenda 21 verabschieden?

Des Weiteren haben Sie davon gesprochen, dass es
keine Planvorgaben für die Wirtschaft geben werde. Das
begrüße ich zwar ausdrücklich. Sie tun aber das Gegenteil
in der Verbraucherschutzpolitik. Sie wollen dort mit kla-
ren Vorgaben – Sie haben im Haushalt erhebliche Mittel




Staatsminister Hans Martin Bury
22708


(C)



(D)



(A)



(B)


zugunsten des ökologischen Landbaus umgeschichtet –
zum Beispiel dafür sorgen, dass der Anteil des ökolo-
gischen Landbaus bis 2010 auf 20 Prozent steigt. Das sind
für mich Widersprüche. Ich bitte Sie darum, diese aufzu-
klären.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422902500
Herr Kollege Heinrich, zu Ihrer ersten Frage: Wir ver-
abschieden uns nicht von der Agenda 21. Vielmehr führen
wir sie konsequent fort.

Zu Ihrer zweiten Frage: Selbstverständlich – das war
ein Wunsch der Öffentlichkeit, der im Parlament eine
breite Mehrheit gefunden hat – gibt es in dem Kapitel über
Ziele und Indikatoren auch quantitative Festlegungen;
denn wenn man nicht weiß, wohin man will, dann darf
man sich nicht wundern, wenn man nirgendwo ankommt.
Es würde nicht ausreichen, schöne Ziele zu beschreiben
und vielleicht noch Wege aufzuzeigen, nicht aber deutlich
zu machen, wo wir stehen, und die Entwicklung nicht
messbar zu machen. Die Steigerung des Anteils des öko-
logischen Landbaus auf 20 Prozent ist ein Ziel neben an-
deren. Wir haben das Kapitel über die konventionelle
Landwirtschaft bewusst vergrößert. Es enthält zwar keine
Planvorgaben für einzelne Betriebe. Aber wir wollen das
Erreichen des Ziels von 20 Prozent durch entsprechende
Rahmenbedingungen fördern. Letztlich entscheiden die
Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihrem Konsum-
verhalten darüber, ob wir dieses Ziel erreichen. Sie müs-
sen von den qualitativen Vorteilen der Produkte des öko-
logischen Landbaus überzeugt werden.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422902600
Eine Nachfrage.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1422902700
Kann ich aus den klaren Vor-
gaben zugunsten des ökologischen Landbaus die Schluss-
folgerung ziehen, dass Sie den konventionellen Landbau
nicht als nachhaltig bezeichnen?


Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422902800

Nein, im Gegenteil: Wir haben – darauf habe ich gerade hin-
gewiesen – in der überarbeiteten Strategie den Bereich des
konventionellen Landbaus sehr viel stärker herausgearbei-
tet und ein Leitbild für eine multifunktionale Landwirtschaft
entwickelt, das deutlich macht, dass die Landwirtschaft in
vielfältiger Weise Beiträge zu einer nachhaltigen Entwick-
lung in den jeweiligen Regionen leisten kann und in vielfa-
cher Weise auch schon heute leistet.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422902900
Herr Kollege
Hermann.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422903000

Herr Staatsminister, Sie haben zu Recht darauf hingewie-
sen, dass ein wichtiger Bestandteil dieser Strategie ist,
quantitative Ziele festzulegen und damit sozusagen nicht
nur eine Marschrichtung anzugeben. Meine Frage geht
dahin, warum eigentlich für bestimmte Bereiche solche
Ziele vorgegeben wurden, zum Beispiel in der Landwirt-
schaft bis zum Jahr 2010 20 Prozent Ökolandbau zu er-

reichen, aber keine längerfristigen Ziele. Für die CO2 -Re-duktion und den Bereich Klimaschutz wurden Ziele bis
zum Jahr 2005 vorgegeben. Gerade bei der Energie- und
Klimapolitik wie auch bei der Landwirtschafts- und Infra-
strukturpolitik kommt es aber darauf an, langfristig zu pla-
nen, also 20-, 30-Jahres-Horizonte zu eröffnen, und zwar
auch quantitativ. Warum wurde das nicht festgelegt bzw.
nur in manchen Bereichen oder nur bis zum Jahr 2010?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422903100
Kollege Hermann, ich habe die Frage eben schon ein-
mal beantwortet. Wo es sinnvoll und aus unserer Sicht
möglich war, haben wir quantitative Zielvorgaben ge-
macht. Im Bereich des Klimaschutzes haben wir deshalb
kein nationales langfristiges Ziel definiert, weil ein sol-
ches Ziel national nicht erreichbar ist. Wir haben aber
im Indikatorenkapitel deutlich gemacht, dass wir uns auf
europäischer Ebene dafür einsetzen, dass europäisch und
international selbstverständlich auch mittel- und langfris-
tig ambitionierte Klimaschutzziele vereinbart werden.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422903200

Ich habe noch eine Nachfrage. In der Umweltpolitik geht
es um langfristige Ziele. In der Entwicklungspolitik ist
das Ziel des 0,7-Prozent-Anteils am Bruttosozialprodukt
wieder festgeschrieben worden. Wir haben aber erwartet,
dass in der Strategie angegeben wird, auf welchen Wegen,
in welchen Schritten und wann man dahin kommt.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422903300
Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, den
ich übrigens nicht auf dieses 0,7-Prozent-Ziel verkürzen
würde – auch wenn ich einräume, dass dem eine gewisse
symbolische Bedeutung zukommt –, wird der Öffnung
unserer Märkte, der Entwicklung fairer Handelschancen
und der Entschuldung der entsprechenden Länder – alles
Bereiche, in denen wir in den vergangenen Jahren große
Fortschritte erreicht haben – letztlich mindestens die glei-
che, wenn nicht weit größere Bedeutung für die betroffe-
nen Länder zukommen.

Was das Ziel angeht, die öffentlichen Ausgaben für Ent-
wicklungszusammenarbeit zu erhöhen, so ist zu sagen,
dass es nach einem permanenten Rückgang in der Vergan-
genheit gelungen ist, zunächst eine Verstetigung zu errei-
chen. Wir haben nicht nur das 0,7-Prozent-Ziel als Lang-
fristziel in die Strategie aufgenommen, sondern wir haben
auch aufgenommen, dass wir uns bemühen wollen, bis
zum Jahr 2006 einen Anteil von 0,33 Prozent zu erreichen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422903400
Wir sind jetzt
schon nahe an dem Zeitpunkt, zu dem die Regierungs-
befragung normalerweise beendet wird. Es gibt aber noch
eine Reihe von Fragen; der Fragebedarf ist groß. Unter
denjenigen, die Fragen stellen möchten, sind auch etliche
Kollegen, die schon zwei Fragen gestellt haben. Das ist im
Prinzip möglich. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass
das auf Kosten der Fragestunde geht.

Wer möchte zu diesem Bereich noch eine Frage stel-
len? – Ich nehme das auf und schließe damit die Liste.




Ulrich Heinrich

22709


(C)



(D)



(A)



(B)


Ich gebe jetzt dem Kollegen Paziorek das Wort.


Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1422903500
Vielen Dank, Frau
Präsidentin.

Erstens. Herr Bury, war der Bundesregierung heute
Morgen bei der Beschlussfassung, die langfristigen und
mittelfristigen Ziele des Klimaschutzes in diesem Bericht
nicht quantitativ auszuweisen, bekannt, dass der Bun-
destag bei den Beratungen zu den Ergebnissen der En-
quete-Kommission zur internationalen Klimaschutzpo-
litik quantitative Ziele vorgegeben hat, dass zwischen den
Fraktionen des Hauses bisher völlig unbestritten war, bis
zum Jahr 2030 beispielsweise die CO2-Emissionen inDeutschland um 40 Prozent oder 50 Prozent zu reduzie-
ren, und dass darüber hinaus im Bundestag auch qualita-
tive Zielvorstellungen vereinbart worden sind? Ist das ein
bewusstes Abrücken von den Zielvorstellungen des Deut-
schen Bundestages?

Zweitens. Wird die Bundesregierung dann, wenn die-
ser Bericht in diesem Jahr in Johannesburg behandelt wird
und Fragen zu der Bewertung der Beschlussfassung des
Bundestages kommen, darauf hinweisen, dass sie von den
Zielen des Bundestages zur Reduktion der CO2-Emis-sionen bewusst abgerückt ist, weil sie die nationale Vor-
reiterrolle etwas anders sieht, als es hier bisher definiert
worden ist?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422903600
Herr Kollege Paziorek, ich habe bereits zweimal deut-
lich gemacht, dass wir uns in dem Ziel, über die bereits
vereinbarten Maßnahmen hinaus europäisch und interna-
tional weitere ambitionierte Klimaschutzziele zu verein-
baren, nicht unterscheiden.

Es mag aber einen Unterschied hinsichtlich der Frage
geben, wie wir dieses Ziel am erfolgversprechendsten er-
reichen. In der Bundesregierung besteht darüber Konsens,
dass es nicht zielführend wäre, über die in der Strategie
enthaltenen Maßnahmen hinaus national quantifizierte
Ziele mittel- und langfristig festzuschreiben, weil das die
Bemühungen unserer europäischen Partner nicht erhöhen
würde – so ist die Erfahrung aus dem Kioto-Prozess –,
sondern bei dem einen oder anderen leider eher dazu
führte, eigene nationale Anstrengungen zurückzunehmen.
Deshalb besteht unser Weg, die gemeinsamen Bemühun-
gen zum Klimaschutz weiter zu forcieren, darin, unsere
europäischen Partner für europäische, idealerweise für in-
ternationale gemeinsame Zielvorgaben zu gewinnen.
Diese Zielvorgaben müssen selbstverständlich über die
bereits beschlossenen hinausgehen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422903700
Frau Kollegin
Burchardt.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1422903800
Wir leben bekanntlich im
Zeitalter der Globalisierung. Die Globalisierung führt auf
der einen Seite zu einer zunehmenden internationalen
Verflechtung von technisch-ökonomischen Prozessen und
Entwicklungen, auf der anderen Seite hat sie Einfluss auf
die großen Problemlagen wie zum Beispiel Umweltzer-

störung, Armut und Unterentwicklung. Welchen Sinn und
welchen Nutzen sieht die Bundesregierung vor diesem
Hintergrund in einer nationalen Strategie beim Klima-
schutz? Welche konkreten Impulse für die Innovations-
fähigkeit des Standortes Deutschland gehen aus Sicht der
Bundesregierung von dieser Strategie aus?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422903900
Der Sinn einer nationalen Strategie besteht darin, dass
jede Regierung in ihrem unmittelbaren Verantwortungs-
bereich – das wurde auch in Rio so verabredet – eigene
Beiträge leistet, um global zu einer nachhaltigen Ent-
wicklung zu kommen. Wir haben in der Strategie aber
über die nationale Betrachtung hinaus dem internationa-
len, dem globalen Aspekt breiten Raum eingeräumt. Dies
gilt sowohl für das Leitbild als auch für die Handlungs-
felder.

Ihre Frage war zweigeteilt. Was die Frage des globalen
Aspekts angeht, unterstütze ich die Idee des Vorsitzenden
des Nachhaltigkeitsrates, Volker Hauff, sehr, nach dem
Vorbild der Brundtland-Kommission eine Weltkommis-
sion zur Globalisierung und Nachhaltigkeit einzurichten,
weil ich überzeugt bin, dass in dem Thema der nach-
haltigen Entwicklung eine Fülle von Antworten auf die
kritischen Fragen so genannter Globalisierungsgegner
stecken.

Im zweiten Teil Ihrer Frage hatten Sie nach dem Inno-
vationspotenzial in Deutschland gefragt. Wir haben in den
Handlungsfeldern und noch konkreter in den Pilotprojek-
ten deutlich gemacht, wo wir uns Innovationspotenziale
versprechen, die wir gemeinsam mit der Wirtschaft er-
schließen wollen und wo wir Vorsprünge auf Zukunfts-
märkten erarbeiten können. Im Bereich Klimaschutz und
Energie beispielsweise gibt es Projekte zu Offshorewind-
parks. Dort verfolgen wir das Ziel, im Bereich der Wind-
kraft durch Beschleunigung von Genehmigungsverfah-
ren, durch Klärung von Nutzungskonflikten und durch
Ausweisung geeigneter Standorte zu einem Durchbruch
zu kommen und den Anteil regenerativer Energien an der
Energieerzeugung in Deutschland weiter zu steigern. Die-
ses trägt zugleich auch dazu bei, Exportchancen für Pro-
dukte deutscher Maschinen- und Anlagenbauer, für Inge-
nieure und Projektbüros, die in den letzten Jahren dank
der Förderpolitik dieser Bundesregierung ohnehin eine
sehr erfreuliche Entwicklung genommen haben, weiter zu
verbessern.

Im Bereich der Brennstoffzelle haben wir, um ein
zweites Beispiel zu nennen, sowohl für die stationäre An-
wendung – Überschrift: „Virtuelles Kraftwerk“ – als auch
für die mobile Anwendung im Rahmen der „Clean Energy
Partnership Berlin“ Pilotprojekte auf den Weg gebracht
und unterstützt, die in diesem zukunftsträchtigen Bereich
der Steigerung von Energieeffizienz und der Erschließung
der Nutzung regenerativer Quellen Deutschland voran-
bringen sollen und damit dazu beitragen, dass wir auf den
Märkten der Zukunft auch ökonomisch die Nase vorn ha-
ben, im Sinne der Nachhaltigkeit natürlich begleitet da-
durch, dass wir einen Beitrag für die Umwelt liefern und
zukunftsfähige Arbeitsplätze in unserem Land schaffen.




Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
22710


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422904000
Herr Kollege
Obermeier.


Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1422904100
Herr Staatsminister,
wie Sie wissen, gibt es eine Enquete-Kommission mit
dem Namen „Nachhaltige Energieversorgung unter den
Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisie-
rung“. Diese Enquete-Kommission hat im vergangenen
Jahr einen ersten Bericht vorgelegt, der sich schwer-
punktmäßig mit der Definition des Leitbilds der Nachhal-
tigkeit befasst. Im Übrigen gehen wir, die Mitglieder die-
ser Enquete-Kommission, sehr wohl von quantitativen
Zielen aus. In Ergänzung dessen, was mein Vorredner ge-
sagt hat, weise ich darauf hin: Wir gehen davon aus, dass
das Ziel darin besteht, bis zum Jahr 2050 eine Minderung
des CO2-Ausstoßes um 80 Prozent zu erreichen.

Inwieweit bildeten die bis jetzt vorliegenden Ergeb-
nisse, insbesondere die Ergebnisse des Zwischenberichts,
eine Grundlage für Ihre Arbeit, und inwieweit flossen die
Inhalte des Zwischenberichts und der Studien in die Ar-
beit, die Sie jetzt vorgelegt haben, ein?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422904200
Die Arbeit der Enquete-Kommission des Deutschen
Bundestages und seiner Ausschüsse hat wertvolle Anre-
gungen für die Erarbeitung der nationalen Nachhaltig-
keitsstrategie geliefert. In der Endfassung des Berichts
dieser Strategie wird dokumentiert, inwieweit Anregun-
gen der Enquete-Kommission und der Ausschüsse einge-
flossen sind.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422904300
Herr Obermeier,
bitte.


Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1422904400
Es stellt sich natür-
lich die Frage, inwieweit Differenzen zwischen dem, was
vonseiten der Enquete-Kommission im vergangenen Jahr
im Plenum vorgetragen wurde, und Ihrer Vorlage beste-
hen.


(Ursula Burchardt [SPD]: Die haben ihren Endbericht noch gar nicht fertig!)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422904500
Wenn die Enquete-Kommission ihren Endbericht vor-
legt, wird man gegebenenfalls – davon gehe ich aus – in
diesem Haus darüber diskutieren, inwieweit zwischen
dem Bericht der Enquete-Kommission und der Nachhal-
tigkeitsstrategie der Bundesregierung Übereinstimmung
besteht und wo wir gegebenenfalls differierende Vorstel-
lungen haben.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422904600
Die Kollegin
Bulling-Schröter – das ist die letzte Frage in diesem Zu-
sammenhang – hat das Wort.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1422904700
Herr Staatsminister, ich
möchte eine Frage zum Thema Energie bzw. Klima stel-
len. Wir haben das ambitionierte Ziel, bis 2005 25 Prozent

des CO2-Ausstoßes einzusparen. Laut einer DIW-Studielag die CO2-Einsparung im Jahr 2001 im Vergleich zumBasisjahr 1990 bei 13,5 Prozent. Viele Wissenschafts-
institute sind der Meinung, dass wir das Klimaschutzziel
nicht erreichen. Es muss festgestellt werden, dass diese
Gefahr besteht und dadurch weitergehende Ziele eben-
falls in Gefahr sind. Wurden diese Probleme in die Nach-
haltigkeitsstrategie eingearbeitet? Unter welchen Voraus-
setzungen halten Sie das deutsche Klimaschutzziel für
erreichbar? Legt die Bundesregierung hinsichtlich ihrer
Einsparungskurven die temperaturbereinigten Werte oder
die tatsächliche Einsparung von CO2 bei ihrer Abrech-nung zugrunde?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422904800
Frau Kollegin, Deutschland hat in den vergangenen
Jahren bereits deutlich größere Effizienzverbesserungen
erreicht als andere Länder. Bei der Energieeffizienz liegen
wir bei einer Steigerungsrate von 1,9 Prozent pro Jahr ge-
genüber 1,1 Prozent im EU-Durchschnitt. Diese Tendenz
wird sich aus meiner Sicht fortsetzen, wenn nicht gar ver-
bessern. Dem von uns festgelegten Ziel liegt eine jährli-
che Steigerung von gut 2 Prozent zugrunde. Dieses Ziel
soll mithilfe einer Fülle von Maßnahmen erreicht werden:
der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung; der Vereinba-
rung mit der Wirtschaft zum Klimaschutz; der Energie-
einsparverordnung; dem CO2-Minderungsprogramm fürAltbauten; der Selbstverpflichtung der Automobilindus-
trie zur Verminderung des Benzinverbrauchs und vielem
anderen. Das alles zeigt, dass unsere Zielsetzung mit kon-
kreten Maßnahmen unterlegt ist.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422904900
Danke schön,
Herr Staatsminister. Ich beende die Befragung der Bun-
desregierung.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 14/8756, 14/8777 –

Zu Beginn der Fragestunde rufe ich zunächst gemäß
Ziffer 10 der Richtlinien für die Fragestunde die dringli-
chen Fragen auf.

Zunächst kommen wir zur dringlichen Frage 1 des Ab-

Andreas Schmidt (CDU):
Rede ID: ID1422905000


Wann haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und Staatsse-
kretär Dr. Frank-Walter Steinmeier von dem in der „Welt am
Sonntag“ vom 14. April 2002 erwähnten Fund von angeblich ver-
schwundenen Original-Leuna-Akten im Bundeskanzleramt erfah-
ren und was haben sie daraufhin unter strafrechtlichen – Verdacht
der falschen Anschuldigung – und disziplinarrechtlichen Gesichts-
punkten gegenüber dem Sonderermittler Dr. Burkhard Hirsch und
den ihn unterstützenden Bediensteten der Abteilung 1 des Bun-
deskanzleramtes unternommen?

Es geht um den Geschäftsbereich des Bundeskanzler-
amts, sodass Sie, Herr Staatsminister Bury, die Frage be-
antworten.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422905100
Frau Präsidentin! Herr Kollege Schmidt, die in dem
von Ihnen angesprochenen Zeitungsartikel enthaltenen






(C)



(D)



(A)



(B)


Behauptungen über einen angeblichen Fund verschwun-
dener Leuna-Akten im Bundeskanzleramt sind falsch. Bis
heute wurde keine der verschwundenen Leuna-Akten
oder eine andere der verschwundenen Akten wieder auf-
gefunden.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422905200
Herr Schmidt,
Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage.


Andreas Schmidt (CDU):
Rede ID: ID1422905300
Herr
Kollege Bury, ich möchte das präzisieren: Trifft es zu,
dass bei einer stichprobenartigen Sichtung des Aktenbe-
standes im Rahmen einer Besprechung zwischen dem
Bundeskanzleramt und der Staatsanwaltschaft Bonn
im November 2001 Schriftgut im Original aufgefunden
wurde, obwohl die Bundesregierung gegenüber der
Staatsanwaltschaft behauptet hat, dass diese Original-
unterlagen fehlen?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422905400
Herr Kollege Schmidt, es ist zutreffend, dass am
20. und 21. November 2001 auf Wunsch der Staatsan-
waltschaft ein Informationsgespräch stattgefunden hat.
Der Staatsanwaltschaft wurden dabei bzw. im Nachgang
zu diesem Gespräch alle den Untersuchungsgegenstand
betreffenden Akten und die dazugehörigen Karteikarten
übergeben.


Andreas Schmidt (CDU):
Rede ID: ID1422905500
Ich finde,
wenn ich darauf hinweisen und es monieren darf, dass Sie
meine Frage nicht beantwortet haben. Ich habe gefragt, ob
Unterlagen im Original durch die Staatsanwaltschaft auf-
gefunden worden sind, von denen die Bundesregierung
behauptet hat, dass sie nicht mehr vorhanden sind.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422905600
Herr Kollege Schmidt, die Staatsanwaltschaft Bonn hat
im Bundeskanzleramt keine eigenen Recherchen durchge-
führt. Ich habe gerade darauf hingewiesen, dass der Staats-
anwaltschaft am 21.November 2001 im Bundeskanzleramt
bzw. im Nachgang zu diesem Gespräch alle den Untersu-
chungsgegenstand betreffenden Akten und die dazu-
gehörigen Karteikarten übergeben wurden. Von den Ak-
ten, die nach dem Regierungswechsel verschwunden
waren, wurde bislang keine wieder aufgefunden. Dazu
gehören sechs Bände Leuna-Akten, die im Original fehlen
und nur in ungeordneten Kopien mit Paginierungsfehlern
vorhanden sind, ein weiterer Band Leuna-Akten, der ver-
schollen ist, ohne dass Kopien vorhanden sind, und die Ori-
ginalakten weiterer Privatisierungsvorgänge. Dabei handelt
es sich um BBB – Bagger-Bugsier- und Bergungsree-
derei –, Baukombinat ELBO, Deutsche Seereederei Ros-
tock, Interhotel, Motorradwerke Zschopau und Grimme-
ner Hähnchen.


Andreas Schmidt (CDU):
Rede ID: ID1422905700
Frau Prä-
sidentin, ich muss darauf hinweisen, dass ich meine Frage
immer noch nicht als beantwortet ansehe. Ich habe ge-
fragt, Herr Kollege Bury: Sind Original – –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422905800
Moment! Sie
haben zu Ihrer Frage zwei Nachfragen gestellt. Mehr dür-
fen Sie nicht stellen.


(Andreas Schmidt [Mülheim] [CDU/CSU]: Frau Präsidentin, ich habe aber nur gesagt – –)


– Sie dürfen auch nicht Pausen nutzen, in denen ich mich
nach dem Namen von Kollegen erkundige. Sie haben ja
noch eine zweite Frage, zu der Sie Nachfragen stellen
können.

Bitte, Herr Kollege Friedrich.


Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1422905900
Herr
Minister, noch einmal konkret: Hat die Staatsanwaltschaft
am 20./21. November im Bundeskanzleramt Original-
Leuna-Akten gesehen und erhalten und waren in diesen
Akten auch Leitungsvorlagen, wie es die „Welt am Sonn-
tag“ schreibt?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422906000
Herr Kollege, ich habe diese Frage bereits zweimal
beantwortet


(Zurufe von der CDU/CSU: Nein, wirklich nicht!)


und gesagt, dass der Staatsanwaltschaft alle den Untersu-
chungsgegenstand betreffenden Akten und die dazu-
gehörigen Karteikarten übergeben worden sind,


(Dr. Theodor Waigel [CDU/CSU]: Jetzt sagen Sie die glatte Unwahrheit!)


dass aber von den Akten, die nach dem Regierungswech-
sel verschwunden waren, keine wieder aufgefunden
wurde.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422906100
Wir sind immer
noch bei den Zusatzfragen zur dringlichen Frage 1. –
Bitte.


Dorothea Störr-Ritter (CDU):
Rede ID: ID1422906200
In diesem Zu-
sammenhang hat die Kanzleramtsmitarbeiterin Frau
Sudhof jedoch auch von einem Missverständnis gespro-
chen. Warum ist es deshalb nach Aussage der Kanzler-
amtsmitarbeiterin nicht beabsichtigt, der Staatsanwalt-
schaft eine amtliche Auskunft zu geben, wie in der „Welt
am Sonntag“ berichtet wurde?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422906300
Frau Kollegin, ich hatte bereits darauf hingewiesen,
dass dieser Bericht falsch ist. Die Staatsanwaltschaft hat
selbstverständlich alle erbetenen Auskünfte erhalten.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422906400
Kollege von
Klaeden, bitte.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1422906500
Herr Staatsminis-
ter, Sie haben gerade gesagt, bei den Akten handele es sich
um solche, die nach dem Regierungswechsel bzw. nach




Staatsminister Hans Martin Bury
22712


(C)



(D)



(A)



(B)


der Bundestagswahl verschwunden seien. Darf ich fra-
gen, worauf Sie diese Erkenntnis gründen? Das nämlich
ist mir neu.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422906600
Die Erkenntnis, dass Akten verschwunden sind, grün-
det sich insbesondere darauf, dass, wie Sie sicherlich
wissen, im Zusammenhang mit dem Untersuchungsaus-
schuss Aktenkopien aufgetaucht sind, von denen die Ori-
ginale nicht mehr vorhanden sind. Darüber hinaus gibt es
Kartei-, Registerkarten und anderes, die auf Akten ver-
weisen, die nicht mehr aufzufinden sind. Insofern ist un-
bestritten, dass Akten verschwunden sind.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Es war die Frage nach dem Zeitpunkt!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422906700
Zusatzfrage der
Kollegin Bonitz.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1422906800
Herr Staatsminister, Sie
haben eben gesagt, die Staatsanwaltschaft habe alle erbe-
tenen Auskünfte bekommen. Könnte es sein, dass das
Bundeskanzleramt von sich aus eine weitere Stellung-
nahme zugesagt hat, um dieses offensichtlich aufgetre-
tene Missverständnis bei dem Ortstermin am 20./21. No-
vember aufzuklären? Wenn es eine solche Zusage
gegeben hat: Ist eine solche Stellungnahme jemals gegen-
über der Staatsanwaltschaft abgegeben worden?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422906900
Es war für uns in diesem Gespräch und in der nach-
folgenden Korrespondenz nicht ersichtlich, dass es da ein
Missverständnis um die Untersuchungsausschussakten
gegeben hätte oder dass dieses Missverständnis nicht aus-
geräumt wäre. Inwieweit dazu in Zukunft ergänzende
Stellungnahmen abgegeben werden, vermag ich hier nicht
zu sagen. Aber die Staatsanwaltschaft selber hat sich nach
meiner Kenntnis öffentlich, auch gegenüber Zeitungen, in
dem Sinne geäußert, dass der Bericht, auf den Sie Ihre
Frage stützen, absolut unzutreffend ist.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422907000
Ich rufe jetzt die
dringliche Frage 2 des Abgeordneten Andreas Schmidt
auf:

In welchem Umfang und seit welcher Zeit stehen von der Staats-
anwaltschaft Bonn in dem Ermittlungsverfahren 50 Js 816/00 we-
gen angeblich verschwundener Akten und angeblicher Datenlö-
schungen im Bundeskanzleramt – vergleiche „Welt am Sonntag“
vom 14. April 2002 – erbetene Stellungnahmen des Bundeskanz-
leramtes aus?

Bitte, Herr Staatsminister.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422907100
Herr Kollege Schmidt, es stehen keine Stellungnah-
men aus. Die Staatsanwaltschaft Bonn hat sämtliche Un-
terlagen und Auskünfte erhalten, die sie schriftlich oder
mündlich beim Bundeskanzleramt erbeten hat.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422907200
Bitte, Herr Kol-
lege Schmidt.


Andreas Schmidt (CDU):
Rede ID: ID1422907300
Herr
Kollege Bury, ich habe eine Zusatzfrage: Hat die Bundes-
regierung oder hat das Bundeskanzleramt bei der Staats-
anwaltschaft Anzeige wegen Aktenvernichtung erstattet,
und wenn ja, gegen wen?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422907400
Die Bundesregierung, Herr Kollege Schmidt, hat im
Sommer 2000 einen Strafantrag bei der Staatsanwalt-
schaft gestellt.


Andreas Schmidt (CDU):
Rede ID: ID1422907500
Gegen
wen?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422907600
Das war ein Strafantrag wegen Datenlöschung, aller-
dings davon ausgehend, dass die Strafverfolgungsbehör-
den ohnehin von Amts wegen tätig geworden wären.


(Dr. Erika Schuchardt [CDU/CSU]: Gegen wen?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422907700
Herr Dr. Friedrich.


Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1422907800
Herr
Minister, kann ich daraus schließen, dass es weder eine
Anzeige noch einen Strafantrag wegen Aktenvernichtung
gibt? Denn Sie haben jetzt von Datenlöschung gespro-
chen.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422907900
Es gibt den von mir eben beschriebenen Strafantrag,
Herr Kollege.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422908000
Frau Kollegin
Störr-Ritter, bitte.


Dorothea Störr-Ritter (CDU):
Rede ID: ID1422908100
Herr Staatsmi-
nister, hat das Bundeskanzleramt denn jetzt Beweise
dafür, dass vorsätzlich und rechtswidrig Akten vernichtet
worden sind?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422908200
Frau Kollegin, es ist ganz offenkundig, dass Akten
verschwunden und Dateien gelöscht worden sind. Daran
ändert auch der Sachverhalt nichts, dass die Verantwort-
lichen im Einzelnen bisher nicht zu ermitteln waren.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422908300
Zusatzfrage der
Kollegin Bonitz.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1422908400
Herr Staatsminister, wenn
das so offensichtlich ist, warum gibt es dann keine weitere
Strafanzeige oder einen Strafantrag?




Eckart von Klaeden

22713


(C)



(D)



(A)



(B)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422908500
Frau Kollegin Bonitz, es gibt Ermittlungen der Staats-
anwaltschaft und entgegen Ihrer Annahme oder Hoffnung
sind sie auch nicht eingestellt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422908600
Kollege von
Klaeden.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1422908700
Herr Staatsminis-
ter, wie bewerten Sie dann die Stellungnahme der Staats-
anwaltschaft Bonn, die der „Welt“ zu entnehmen war,
dass es nach der Befragung der Zeugen durch die Staats-
anwaltschaft, die auch von Herrn Hirsch befragt worden
seien, keine Beweise für eine vorsätzliche Aktenvernich-
tung, sondern allenfalls Indizien gebe?


(Johannes Kahrs [SPD]: Ja, wo sollen die denn sein?)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422908800
Herr Kollege von Klaeden, ich hatte bereits mehrfach
darauf hingewiesen, dass der Bericht, auf den Sie Ihre
Fragen stützen, falsch ist.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422908900
Ich rufe jetzt die
dringliche Frage 3 der Abgeordneten Sylvia Bonitz auf:

Hält die Bundesregierung ihre bisherigen Vorwürfe hinsicht-
lich einer gezielten, vorsätzlichen Vernichtung der Leuna-Akten
uneingeschränkt aufrecht angesichts der Berichterstattung in
der „Welt am Sonntag“ vom 14. April 2002 und der „Welt“ vom
16. April 2002, wonach die Bonner Staatsanwaltschaft bei einem
Ortstermin im Bundeskanzleramt am 27. November 2001 bei ei-
ner stichprobenhaften Prüfung sofort Original-Akten zum Kom-
plex Leuna, darunter auch Leitungsvorlagen für den Amtschef und
für Bundeskanzler Helmut Kohl, gefunden habe, die angeblich
verschollen oder auf Geheiß von Mitarbeitern des damaligen Bun-
deskanzlers Helmut Kohl vernichtet worden sein sollen?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422909000
Frau Kollegin Bonitz, wie bereits in meiner Antwort
auf die Fragen des Kollegen Schmidt ausgeführt, sind die
in dem von Ihnen angesprochenen Zeitungsartikel ent-
haltenen Behauptungen über einen angeblichen Fund
verschwundener Leuna-Akten falsch. Insofern hat die
Bundesregierung keine Veranlassung, ihre bisherige Ein-
schätzung zu ändern.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422909100
Bitte.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1422909200
Herr Staatsminister, wel-
che stichhaltigen Beweise hat denn nun die Bundesregie-
rung für ihren Vorwurf einer vorsätzlichen – das ist mir
wichtig: einer vorsätzlichen! – Aktenvernichtung und hat
auch die bisherige interne Chefermittlerin im Bundes-
kanzleramt, Frau Sudhof, diese Vorwürfe einer vorsätz-
lichen Aktenvernichtung gegenüber der Staatsanwalt-
schaft aufrechterhalten und belegen können?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422909300
Frau Kollegin, Fakt ist, dass von den im Bundeskanz-

leramt verschwundenen Akten bislang keine wieder auf-
gefunden wurde. Ich darf noch einmal darauf hinweisen,
um welche Vorgänge es sich handelt: Dazu gehören sechs
Bände Leuna-Akten, die im Original fehlen. Dazu gehört
ein weiterer Band Leuna-Akten, der verschollen ist, ohne
dass Kopien vorhanden sind. Dazu gehören die Original-
akten der Privatisierungsvorgänge – ich nannte sie be-
reits – BBB, Baukombinat ELBO, Deutsche Seereederei
Rostock, Interhotel, Motorradwerke Zschopau, Grimme-
ner Hähnchen, die im Kanzleramt nicht aufgefunden wer-
den konnten. Es fällt mir schwer, zu glauben, dass diese
Akten ohne aktives Zutun verschwunden sind.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1422909400
Herr Staatsminister, ich
frage ganz konkret: Hat Frau Sudhof als interne Ermitt-
lerin im Bundeskanzleramt bei dem Ortstermin mit der
Staatsanwaltschaft am 20./21. November den Vorwurf ei-
ner vorsätzlichen Aktenvernichtung aufrechterhalten und
hat sie ihn belegen können?


(Johannes Kahrs [SPD]: Wie sollen die denn sonst weggekommen sein?)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422909500
Frau Kollegin, ich habe die Frage bereits beantwortet.
Es sind Akten in einem erheblichen Umfang verschwun-
den, verschollen und nicht wieder auffindbar.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Die liegen im Büro von Müntefering!)


Das war Gegenstand des Gespräches mit der Staatsan-
waltschaft, auf das Sie sich beziehen.


(Johannes Kahrs [SPD]: Erst macht ihr Scheiß und dann ist es euch peinlich! – Gegenruf des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: He! He!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422909600
Zusatzfrage des
Kollegen Friedrich.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das war Fäkaliensprache, Frau Präsidentin! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)



Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1422909700
Zu der
Müntefering-Geschichte kommen wir später. – Herr
Staatsminister, trifft es zu, dass es bis zum heutigen Tag
nicht ein einziges Disziplinarverfahren gegen Mitarbeiter
wegen Aktenvernichtung auf Initiative des Bundeskanz-
leramtes gibt?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422909800
Es gibt ein Disziplinarverfahren, das noch nicht abge-
schlossen worden ist, da der Betroffene einen Klärungs-
antrag gegen die vom Chef des Bundeskanzleramtes
verfügte Verfahrenseinstellung gestellt hat.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422909900
Zusatzfrage der
Kollegin Störr-Ritter.






(C)



(D)



(A)



(B)



Dorothea Störr-Ritter (CDU):
Rede ID: ID1422910000
Herr Staatsmi-
nister, Frau Sudhof hat eingeräumt, dass es bei dem Ter-
min am 20./21. November offensichtlich zu Missver-
ständnissen zwischen dem Bundeskanzleramt und der
Staatsanwaltschaft gekommen sei. Für mich ist bis heute
noch nicht nachvollziehbar, wie es zu diesen Missver-
ständnissen kommen konnte. Deshalb frage ich: Worin
bestanden diese Missverständnisse? Wann und von wem
sind sie aufgedeckt worden?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422910100
Frau Kollegin, während der zweitägigen Gespräche
mit der Staatsanwaltschaft wurde eine Vielzahl von Fra-
gen besprochen. Einer der Staatsanwälte warf eher am
Rande die Frage auf, ob nicht auch Parallelvorgänge zu
den Leuna-Akten gerechnet werden müssten – er meinte
damit die von mir bereits vorher erwähnten Akten zur Be-
gleitung des Untersuchungsausschusses „DDR-Vermö-
gen“ in der 13. Legislaturperiode –, weil sich zum Teil in
den Untersuchungsausschussakten die Leunaer Kartei-
zeichen befänden.

Dem Staatsanwalt wurde daraufhin erklärt, dass die
Untersuchungsausschussakten mit dem Privatisierungs-
vorgang nichts zu tun haben, sondern Akten über die
Leuna-Akten sind, deren Inhalt nicht Leuna, sondern die
Begleitung des Untersuchungsausschusses ist. In ihnen
wird etwa die Frage behandelt, welche Akten der Aus-
schuss beigezogen hat, welche Beweise außerdem erho-
ben wurden und Ähnliches. Die Beamten des Bundes-
kanzleramtes gingen davon aus, dass mit dieser Erklärung
das Missverständnis der Staatsanwaltschaft an Ort und
Stelle ausgeräumt gewesen sei.

Es stimmt also nicht, dass bei diesem Termin im No-
vember Akten aufgefunden worden sind, die zuvor über-
sehen wurden. Die Staatsanwaltschaft Bonn hat, wie ge-
sagt, keine eigene Aktenrecherche durchgeführt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422910200
Zusatzfrage des
Kollegen von Klaeden.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1422910300
Herr Staatsminis-
ter, da jetzt anscheinend alles auf Fehleinschätzung der
Staatsanwaltschaft und fehlerhafte Recherche der „Welt“
zurückgeführt werden soll, möchte ich die Frage stellen,
ob Ihnen der staatsanwaltschaftliche Vermerk, aufgrund
dessen es zu diesem Missverständnis gekommen sein soll,
überhaupt bekannt ist.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422910400
Herr Kollege von Klaeden, bei allem Respekt muss
ich sagen: Der Grund, warum wir dieses Thema erörtern,
liegt nicht in einem Missverständnis der Staatsanwalt-
schaft oder in der fehlerhaften Berichterstattung der
„Welt“, sondern in dem unglaublichen Vorgang, dass im
Bundeskanzleramt eine Vielzahl von Akten verschwun-
den und nicht mehr auffindbar ist.


(Beifall bei der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Kennen Sie den Vermerk, Herr Bury?)


Der in der „Welt am Sonntag“ erwähnte Vermerk der
Staatsanwaltschaft Bonn – ich habe bereits den entspre-
chenden Bericht kommentiert – ist dem Bundeskanzler-
amt nicht zur Kenntnis gegeben worden.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422910500
Zusatzfrage des
Kollegen Graf.


Günter Graf (SPD):
Rede ID: ID1422910600
Herr Staatsminister,
haben Sie Erkenntnisse darüber, dass Akten aus dem
Kanzleramt bei der Konrad-Adenauer-Stiftung aufgefun-
den worden sind?


(Dirk Niebel [FDP]: Hat irgendjemand in Münteferings Büro geguckt, ob da etwas liegt?)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422910700
Herr Kollege Graf, in der Tat, ich kenne solche Be-
richte aus der Berichterstattung über die Arbeit des Un-
tersuchungsausschusses.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422910800
Ich rufe jetzt die
dringliche Frage 4 der Abgeordneten Sylvia Bonitz auf:

Wie erklärt die Bundesregierung ihr Dementi des Berichtes
der „Welt am Sonntag“ vom 14. April 2002, nachdem der Ober-
staatsanwalt beim Bundesgerichtshof geäußert hat, dass auch in
den Vorzimmern beim Chef des Bundeskanzleramtes „rechtswid-
rige Datenlöschungen nicht nachweisbar“ seien, und nachdem der
Chef des Bundeskanzleramtes, Dr. Frank-Walter Steinmeier, hin-
sichtlich des Disziplinarverfahrens gegenüber Ministerialdirigent
G. H. wörtlich ausgeführt hat – „Welt“ vom 16. April 2002 –:
„Eine Beteiligung an Löschungen von Dateien im Bereich des von
G. H. geleiteten Ministerbüros und an der Entfernung dienstlicher
Akten konnte nicht festgestellt werden. (...) Das Disziplinarver-
fahren ist daher ohne Verhängung einer Disziplinarmaßnahme
einzustellen.“?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422910900
Frau Kollegin Bonitz, die beiden von Ihnen ange-
sprochenen Zeitungsartikel befassen sich mit zwei völlig
unterschiedlichen Aspekten innerhalb des Gesamtvor-
gangs „Datenlöschung und Aktenvernichtung im Bundes-
kanzleramt“. Wie ich bereits in der Antwort auf Ihre
vorherige Frage dargestellt habe, sind die in dem Zei-
tungsartikel vom 14. April 2002 enthaltenen Behauptun-
gen über einen angeblichen Fund verschwundener Leuna-
Akten falsch.

Zutreffend ist hingegen im Zeitungsartikel vom
16. April 2002 berichtet worden, dass in dem von Ihnen
angesprochenen Fall ein Disziplinarverfahren durchge-
führt wurde. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlos-
sen, da der Betroffene einen Klärungsantrag gegen die
vom Chef des Bundeskanzleramtes verfügte Verfah-
renseinstellung gestellt hat. Eine Einstellung des Verfah-
rens in diesem Einzelfall hätte jedoch für die Verdachts-
lage in dem von der Staatsanwaltschaft Bonn geführten
Verfahren wegen des Verdachts der Datenlöschung im
Bundeskanzleramt im Zusammenhang mit dem Regie-
rungswechsel 1998 keine Bedeutung.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422911000
Bitte.






(C)



(D)



(A)



(B)



Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1422911100
Herr Staatsminister, ich
darf einmal kurz bemerken, dass dieses Disziplinarver-
fahren auf die Eigeninitiative des betroffenen Beamten
zurückzuführen ist und nicht auf ein entsprechendes An-
sinnen des Kanzleramtes.

Nun zu meiner Frage: Sie haben bislang keinen stich-
haltigen Beweis für Ihren Vorwurf liefern können, dass
Akten gezielt vernichtet worden sind. In wie vielen Fällen
hat die Staatsanwaltschaft Ihre bisher bloßen Vermutun-
gen und Verdächtigungen als stichhaltigen Beweis akzep-
tiert, der eine Anklageerhebung rechtfertigt, bzw. in wie
vielen Fällen hat sie sogar Anklage erhoben?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422911200
Frau Kollegin, was Ihre Bemerkung zum Thema
Disziplinarverfahren angeht, sollten Sie in Ihrer Ergän-
zung erwähnen, dass es ein zweites Disziplinarverfahren
gibt, das wegen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlun-
gen ruht.


(Sylvia Bonitz [CDU/CSU]: Auch auf Initiative des Betroffenen selbst! – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Aber auch selbst beantragt!)


Mit Blick auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen
– sie dauern ja noch an – lässt sich Ihre Frage hinsichtlich
einer Anklageerhebung oder eines möglichen Urteils
selbstverständlich nicht beantworten.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1422911300
Wenn ich kurz nachtragen
darf: Auch das zweite Disziplinarverfahren geht auf die
Initiative des Betroffenen selbst zurück. Es scheint ja so
zu sein, dass die Staatsanwaltschaft bislang in keinem
einzigen Fall Anklage erhoben hat.

Mich würde aber interessieren, ob die bisherige interne
Ermittlerin im Bundeskanzleramt, Frau Sudhof, noch mit
dieser Aufgabe befasst ist und, wenn nein, seit wann nicht
mehr.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422911400
Frau Kollegin Bonitz, ich wüsste nicht, dass es – mit
Ausnahme des Abschlusses der Arbeiten des Sonder-
ermittlers – da zu Veränderungen gekommen ist.


(Sylvia Bonitz [CDU/CSU]: Vielleicht darf ich nachtragen: Frau Sudhof ist seit 10. April im Bundesinnenministerium!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422911500
Zusatzfrage des
Kollegen Neumann.


Volker Neumann (SPD):
Rede ID: ID1422911600
Herr Staatsmi-
nister, ist Ihnen bekannt, ob die Bonner Staatsanwalt-
schaft, die mit diesem Ermittlungsverfahren befasst ist,
einmal in der Konrad-Adenauer-Stiftung nachgesehen hat,
ob sich dort Teile der aus dem Kanzleramt verschwunde-
nen Akten befinden? Dort sind ja bereits andere Doku-
mente aufgefunden worden, die im Kanzleramt nicht mehr
vorhanden waren.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422911700
Herr Kollege Neumann, ich kann Ihre Frage nicht be-
antworten, da mir der Sachverhalt nicht unmittelbar be-
kannt ist.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422911800
Zusatzfrage der
Kollegin Störr-Ritter.


Dorothea Störr-Ritter (CDU):
Rede ID: ID1422911900
Wir haben jetzt
gehört, dass Frau Sudhof das entstandene Missverständnis
anlässlich des erwähnten Termins direkt ausgeräumt hat. Ist
Ihnen bekannt, dass im Widerspruch dazu vom Bundes-
kanzleramt eine ergänzende amtliche Auskunftserteilung
zugesagt worden ist, und ist diese inzwischen erfolgt?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422912000
Frau Kollegin, ich habe bereits mehrfach darauf hin-
gewiesen, dass die Staatsanwaltschaft alle erbetenen Aus-
künfte und Stellungnahmen erhalten hat.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422912100
Zusatzfrage des
Kollegen Friedrich.


Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1422912200
Herr
Staatsminister, wissen Sie, ob die Staatsanwaltschaft
Bonn Herrn Staatssekretär Steinmeier, Frau Sudhof oder
Mitarbeiter der Abteilung 1 des Bundeskanzleramts ver-
nommen hat?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1422912300
Herr Kollege, es hat ein Gespräch mit der Staats-
anwaltschaft zu einer Vielzahl von Fragen gegeben, über
die ich bereits Auskunft gegeben habe.

Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft Bonn zu-
sätzlich zu den mündlichen Erläuterungen eine Reihe von
schriftlichen Auskünften erhalten. Diese schriftlichen
Auskünfte wurden allerdings nicht durch den Chef des
Bundeskanzleramtes persönlich, sondern durch die zu-
ständigen Mitarbeiter verfasst.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422912400
Nachdem die
dringlichen Fragen aufgerufen und beantwortet worden
sind, rufe ich jetzt die Fragen auf Drucksache 14/8756 in
der üblichen Reihenfolge auf.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
Die Frage 1 der Abgeordneten Ulrike Mehl soll schriftlich
beantwortet werden.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung. Die Fragen 2 und 3 des Abgeordneten Helmut
Heiderich sollen ebenfalls schriftlich beantwortet werden.

Somit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums des Innern. Ich rufe Frage 4 des Abgeordne-
ten Aribert Wolf auf:

In welcher Besoldungsstufe sind die Leiter der Leitungsstäbe
bzw. die Leiter der Ministerbüros – im Vergleich zum Bundes-






(C)



(D)



(A)



(B)


ministerium für Gesundheit (BMG) – in den übrigen Bundes-
ministerien eingestuft?

Beantworten wird sie der Parlamentarische Staats-
sekretär Körper. Bitte.

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1422912500
Frau Präsidentin, ich beantworte
die Frage wie folgt: Die Leiter der Leitungsstäbe bzw. die
Leiter der Ministerbüros sind in den Bundesministerien
nicht einheitlich eingestuft.

Die besoldungsrechtliche Einstufung ist nach den all-
gemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen davon abhän-
gig, welches statusrechtliche Amt der Leiterin oder dem
Leiter einer solchen Organisationseinheit im Einzelfall
rechtsförmlich verliehen worden ist. Wenn die Leitungs-
stäbe oder Ministerbüros organisatorisch als Referate
oder Arbeitsgruppen aufgebaut sind und insoweit von ei-
ner Ministerialrätin oder einem Ministerialrat geleitet
werden, erfolgt die Besoldung der Leiterin oder des Lei-
ters nach den Besoldungsgruppen A 16 oder B 3.


(V o r s i t z : Vizepräsidentin Petra Bläss)

Sind die Grundsatz- und Planungseinheiten als Unterab-
teilungen organisiert, die von einem Ministerialdirigenten
geleitet werden, richtet sich die Bezahlung der Leiterin
oder des Leiters nach der Besoldungsgruppe B 6. Im Bun-
desbesoldungsgesetz, das die Besoldung der Beamtinnen
und Beamten bundeseinheitlich verbindlich festlegt, ist
das Amt „Ministerialdirigent“ ausdrücklich mit dem Funk-
tionszusatz „als Leiter einer Unterabteilung“ ausgebracht;
dem Amt „Ministerialrat“ hat der Gesetzgeber keine be-
stimmten Funktionen zugeordnet.

Die Aufbau- und Organisationsstrukturen der Lei-
tungsstäbe sind aus den Haushalts- und Stellenplänen der
einzelnen Ressorts ersichtlich.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422912600
Herr Kollege Wolf zu
einer ersten Nachfrage, bitte.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1422912700
Herr Staatssekretär, kön-
nen Sie sagen, in welcher Besoldungsstufe der Leiter des
Leitungsstabes im Bundesgesundheitsministerium von
1995 bis 1997 eingruppiert war und wie die ab 1991 am-
tierenden Leiter des Ministerbüros eingestuft waren?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1422912800
Herr Kollege Wolf, ich glaube,
dass es nicht meine Aufgabe ist, diesbezüglich ressortbe-
zogene Fragen zu beantworten. Ich würde Ihnen vor allem
nicht raten, Vergleiche aus der Vergangenheit zu der Frage
anzustellen, wie welche Ressorts die Leiterinnen und Lei-
ter der Ministerbüros besoldet haben. Ich würde aus mei-
ner Kenntnis heraus sagen: Die alte Bundesregierung
würde da nicht besonders gut aussehen.


(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/ CSU]: Das ist keine Antwort!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422912900
Die zweite Nachfrage.
Bitte, Herr Kollege Wolf.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1422913000
Ich stelle die Frage noch
einmal, weil es schon mir überlassen bleiben muss, wel-
che Fragen ich stelle.


(Peter Dreßen [SPD]: Aber er hat die Freiheit, zu antworten, wie er will!)


Ich danke zwar für die Belehrungen. Es handelt sich hier
aber um das Fragerecht der Abgeordneten.

Deswegen frage ich Sie noch einmal: In welcher Be-
soldungsstufe waren der von 1995 bis 1997 amtierende
Leiter des Leitungsstabs und die ab 1991 amtierenden
Leiter des Ministerbüros im Bundesgesundheitsministe-
rium eingestuft?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1422913100
Herr Wolf, es ist auch das Recht
des Antwortenden, die Antwort so zu geben, wie ich es ge-
tan habe. Was ich zu dieser Frage gesagt habe, bleibt auch
jetzt bestehen. Punkt.


(Beifall bei der SPD – Dr. Hermann Kues [CDU/ CSU]: Arrogant! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Und basta!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422913200
Damit rufe ich die
Frage 5 des Abgeordneten Hartmut Koschyk auf:

Welche Auswirkungen ergeben sich nach Ansicht der Bundes-
regierung im Hinblick auf den Kreis der Antragsberechtigten nach
§ 1 Abs. 6 Häftlingshilfegesetz (HHG) als Folge der im Februar
ergangenen Bearbeitungshinweise des Bundesministeriums des
Innern (Geschäftszeichen: SH II 1-906171/2), wonach bei Zivil-
deportierten aus den ehemaligen Reichsgebieten jenseits von
Oder und Neiße grundsätzlich von vordringlichen sicherheitspo-
litischen Erwägungen der Gewahrsamnahme, trotz nachfolgender
Heranziehung zur Zwangsarbeit, ausgegangen wird, und stehen
ausreichend finanzielle Mittel für einen gegebenenfalls größeren
Kreis von Antragsberechtigten zur Verfügung?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1422913300
Herr Kollege Koschyk, ich beant-
worte Ihnen die Frage wie folgt: Mit Rundschreiben vom
12. Februar diesen Jahres an die zuständigen obersten
Behörden der Länder hat das Bundesinnenministerium
seine unter dem 1. November 2001 an diese Behörden
übersandten Bearbeitungshinweise für Feststellungen
gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 des Häftlingshilfegesetzes –
HHG – durch die zuständigen Behörden der Länder um
Hinweise zur Anwendung des in § 1 Abs. 6 HHG nor-
mierten Ausschlusstatbestandes ergänzt. Nach § 10 Abs. 4
HHG stellen diese Behörden rechtlich bindend fest, ob je-
mand dem Kreis der politischen Häftlinge im Sinne von
§1 Abs. 1 HHG angehört. Dies ist nach § 1 Abs. 6 HHG
nicht der Fall, wenn jemand zur Durchsetzung von Ar-
beitsverpflichtungen – Zwangsarbeit – oder deshalb in Ge-
wahrsam genommen wurde, um ihn als Vertriebenen oder
Aussiedler abzutransportieren.

Die ergänzenden Hinweise stellen nochmals ausdrück-
lich klar, dass es auf den primären Gewahrsamsgrund an-
kommt und demzufolge ein aus sicherheitspolitischen
Gründen angeordneter Gewahrsam den Ausschlusstatbe-
stand auch dann nicht erfüllt, wenn der aus sicherheitspo-
litischen Gründen in Gewahrsam Genommene außerdem




Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

22717


(C)



(D)



(A)



(B)


zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Darüber hinaus
kann nach den ergänzenden Hinweisen bei Zivildepor-
tierten aus den ehemaligen Reichsgebieten jenseits von
Oder und Neiße zukünftig grundsätzlich, das heißt sofern
keine entgegenstehenden Tatsachen bekannt sind, davon
ausgegangen werden, dass der Gewahrsam primär sicher-
heitspolitisch motiviert war.

Es ist nicht auszuschließen, dass aufgrund der klarstel-
lenden Hinweise das Vorliegen des Ausschlusstatbestan-
des häufiger als in der Vergangenheit verneint wird und
bei der hierfür zuständigen Stiftung für ehemalige politi-
sche Häftlinge mehr Anträge auf Gewährung von Unter-
stützungen zur Linderung einer Notlage im Sinne von
§ 18 HHG eingehen werden. Auf die Förderung besteht,
wie Sie wissen, kein Rechtsanspruch, ferner ist in § 16
Abs. 1 HHG die Höhe der Mittel festgelegt, die der Stif-
tung in den Jahren 2002 bis 2005 aus dem Bundeshaus-
halt zur Verfügung gestellt werden. Es sind jährlich rund
767 Millionen Euro. Im Übrigen wird die Bundesregie-
rung die Entwicklung beobachten und gegebenenfalls ge-
eignete Schritte vorschlagen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422913400
Herr Kollege Koschyk,
bitte, zu einer ersten Nachfrage.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1422913500
Herr Staatssekretär,
es ist aufgrund der ergänzenden Hinweise der Bundes-
regierung zur Anwendung des Häftlingshilfegesetzes der
Eindruck entstanden, dass der Tatbestand der Zwangsar-
beit auf diese Weise mit entschädigt werden soll. Ich habe
Ihren Ausführungen entnommen, dass dies nicht die In-
tention der klarstellenden Hinweise ist.

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1422913600
Dies kann ich nur unterstreichen.
Das sehe ich genauso.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1422913700
Sie haben einge-
räumt, dass es durch diese Hinweise zu vermehrter An-
tragstellung kommen kann, Sie haben aber gleichzeitig
deutlich gemacht, dass die vermehrte Antragstellung nicht
die Hoffnung begründet, dass auch mehr Antragsteller mit
einer entsprechenden Förderung rechnen können, weil die
Bundeszuschüsse an die Häftlingshilfestiftung gedeckelt
sind. Sie haben auch gesagt, dass die Bundesregierung den
Vorgang sorgfältig beobachten wird. Heißt das, dass die
Bundesregierung gegebenenfalls, wenn die Mittel nicht
ausreichen, erwägt, den Bundeszuschuss an die Häftlings-
hilfestiftung aufzustocken?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1422913800
Herr Kollege Koschyk, ich kann
konkret bejahen, dass diese Überlegungen angestellt wer-
den. Man muss abwarten, wie viele Anträge eingehen
werden. Die Bundesregierung sieht zumindest eine ge-
wisse Möglichkeit, in diesem Bereich durch Umschich-
tungen etwas zu tun.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422913900
Danke, Herr Staats-
sekretär.

Damit rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht
Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Eckart Pick zur
Verfügung.

Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert
auf:

Ist es zutreffend, dass die Bundesregierung – wie in der „Süd-
deutschen Zeitung“ vom 9. April 2002 berichtet – entgegen

(siehe Plenarprotokoll 14/200 vom 14. November 2001, Seite 19630 A)

kein Zivilrechtliches Antidiskriminierungsgesetz (ZAG) mehr in
den Deutschen Bundestag einbringen wird, und wenn ja, aus wel-
chen Gründen nimmt sie von diesem wichtigen gesetzgeberischen
Vorhaben Abstand?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1422914000
Herr Kollege Seifert, es ist nicht zu-
treffend, dass die Bundesregierung von der Vorlage eines
Entwurfs für ein Zivilrechtliches Antidiskriminierungsge-
setz Abstand genommen hat.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422914100
Erste Nachfrage, bitte,
Herr Kollege Dr. Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1422914200
Herzlichen Dank für die Ant-
wort. Sie freut mich sehr. Können Sie mir jetzt bitte sagen,
wann Sie das einbringen werden? Wir wissen alle, dass
sich die Legislaturperiode dem Ende nähert. Wenn das
Gesetz noch verabschiedet werden soll – die Einbringung
allein nützt ja nichts, die Verabschiedung ist das Wich-
tige –, dann muss es in dieser oder der nächsten Sitzungs-
woche eingebracht werden.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1422914300
Herr Kollege Seifert, die Bundes-
regierung ist bemüht, das Projekt zu befördern. Wir be-
finden uns im Moment in der Abstimmung mit den
anderen Ressorts, nachdem, wie Sie wissen, die Verbände
noch einmal beteiligt worden sind. Ich hoffe, dass es uns
gelingt, dieses Projekt noch vor Abschluss der Legislatur-
periode zu realisieren.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422914400
Herr Dr. Seifert hat
eine zweite Nachfrage.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1422914500
Herr Staatssekretär, jetzt bin ich
schon etwas weniger optimistisch als nach Ihrer ersten
Antwort. Ihre Hoffnung in allen Ehren, aber Sie haben
doch bestimmt so etwas wie einen Zeitplan. Ich verweise
nur darauf, dass zum Beispiel verschiedene Behinderten-
organisationen sehr nachdrücklich gesagt haben, dass die-
ses Versprechen der rot-grünen Koalition nun eingelöst
werden müsse und es höchste Eisenbahn sei. Können Sie
nicht etwas konkretere Zeitangaben machen?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1422914600
Herr Kollege Seifert, Sie wer-
den Verständnis dafür haben, dass ich keine Prognose
dazu abgeben will, wann die Abstimmung innerhalb der




Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper
22718


(C)



(D)



(A)



(B)


Bundesregierung beendet sein wird. Ich sage noch ein-
mal: Das Bundesministerium der Justiz als federführen-
des Ressort ist bestrebt, die Dinge möglichst schnell zum
Abschluss zu bringen, damit der Entwurf Kabinettsreife
erlangt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422914700
Ich rufe jetzt die Fra-
ge 7 des Kollegen Dr. Seifert auf:

Welche Bedenken wurden – insbesondere von Arbeitgeber-
verbänden und den Kirchen – gegen das Gesetzesvorhaben vor-
gebracht und wie will die Bundesregierung angesichts nach-
drücklicher Forderungen der Betroffenenorganisationen, zum
Beispiel von Menschen mit Behinderungen, von Migranten, von
Lesben und Schwulen und anderen, deren Diskriminierungen ja
geächtet und geahndet werden sollen, nach Verabschiedung eines
umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes diesen Bedenken
künftig begegnen?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1422914800
Herr Kollege Dr. Seifert, die
Verbände der Arbeitgeber haben sich dafür ausgespro-
chen, das Diskriminierungsverbot auf die durch die
Richtlinie vorgegebenen Fallgestaltungen zu beschrän-
ken. Die Kirchen haben sich für eine Herausnahme der
Merkmale „Religion“ und „Weltanschauung“ aus dem
Gesetzentwurf ausgesprochen. Die Bundesregierung
wird diese Bedenken im Rahmen der laufenden Res-
sortsabstimmung prüfen und bei dieser Prüfung die nach-
drücklichen Forderungen der Betroffenenorganisationen
berücksichtigen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422914900
Auch hier eine Nach-
frage des Kollegen Dr. Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1422915000
Herr Staatssekretär, es handelt
sich hierbei um ein sehr wichtiges Vorhaben. Diskrimi-
nierungen jeglicher Art sollen nicht nur verboten, sondern
auch geahndet werden. Sie wissen so gut wie ich, dass die
von ihnen genannten Organisationen unter Umständen zu
den Diskriminierern gehören könnten und eigentlich die
Belange der Betroffenen und nicht die der Diskriminierer
geschützt werden müssten.

Ich verweise nur darauf, dass Ihre Ministerin am 3. De-
zember 2001, als sie den Entwurf ihres Gesetzes vorstellte,
ausdrücklich sagte, dass die Bundesregierung jeder Form
der Diskriminierung entschlossen entgegentrete und sich
zukünftig jeder wirkungsvoll wehren könne, wenn er dis-
kriminiert würde. Als zweiten Kernpunkt nannte sie aus-
drücklich: Auch berufsständische Vereine und Organisa-
tionen dürfen nicht diskriminieren.

Wenn jetzt Arbeitgeberverbände – ich bleibe einfach
einmal bei diesem Beispiel – bestimmte Tatbestände nicht
in das Gesetz aufgenommen haben wollen, ist dies mög-
licherweise bereits der Versuch der Diskriminierung.
Wollen Sie dies tatsächlich zulassen?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1422915100
Herr Kollege Seifert, ich beurteile
die Stellungnahmen der Verbände etwas anders als Sie.
Ich denke, es ist das Recht der Verbände, unter anderem

den Vorschlag zu machen, das aufgrund der Richtlinie un-
abdingbar Notwendige umzusetzen und andere Vor-
schläge, die wir in unseren Entwurf eingebracht haben,
nicht Gesetz werden zu lassen. Ich halte dies insofern für
eine Meinungsäußerung, der man nicht folgen muss. Dies
ist aber eine andere Frage.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422915200
Die letzte Nachfrage
des Kollegen Seifert, bitte.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1422915300
Ich kann nur hoffen, dass Sie
das Letztere, nämlich dieser Meinungsäußerung nicht zu
folgen, tun. Dass diese das Recht haben, ist unbestritten.

Meine Frage lautet: Welche Gewichte setzen Sie? Wol-
len Sie diejenigen, die Diskriminierungsverbote verhin-
dern, unterstützen oder diejenigen, die diskriminiert wer-
den, davor schützen? Nur dies kann das Ziel dieses
Gesetzes sein. Dass es nicht leicht ist, so etwas durchzu-
setzen, weiß jeder. Aber dieses, wie jetzt gemunkelt wird,
aus dem Wahlkampf heraushalten zu wollen, kann nicht
im Interesse einer Regierung liegen, die bürgerrechtliche
Ziele verfolgt.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1422915400
Herr Kollege Seifert, ich denke, die
Gewichte ergeben sich aus der Tatsache, dass das Bundes-
ministerium der Justiz diesen Entwurf, der nach wie vor
für alle Welt erkennbar im Internet steht, vorgelegt hat.


(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Aber nicht eingebracht ist!)


In diesem Entwurf wird die Meinung des Hauses wider-
gespiegelt. Über diesen Vorschlag wird im Gesetzge-
bungsverfahren diskutiert werden.

Es ist richtig, dass wir weit über die Erfordernisse der
Richtlinie hinausgehen wollen. Diese Frage muss im Ge-
setzgebungsgang geklärt werden. Wir hoffen, dass wir un-
sere Vorstellungen weitgehend durchsetzen können.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422915500
Ich bedanke mich,
Herr Staatssekretär. Die Fragen zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie wer-
den schriftlich beantwortet.

Deshalb kommen wir bereits jetzt zum Geschäftsbe-
reich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Be-
antwortung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin
Brigitte Schulte zur Verfügung.

Die Fragen 10 und 11 werden schriftlich beantwortet,
sodass ich jetzt die Frage 12 des Abgeordneten
Dr. Hansjörg Schäfer aufrufe:

Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung geplant, um die
erhebliche Lärmbelästigung – insbesondere durch Nachtflüge –
der Bürgerinnen und Bürger, die im Einzugsgebiet von US-Mi-
litärflughäfen leben, zu verringern, und welche speziellen Erwä-
gungen gibt es hierbei zu den US-Stützpunkten in Ramstein und
Spangdahlem, die seit dem 11. September 2001 eine auffällige
Steigerung der Starts und Landungen verzeichnen und ferner
durch die Auflösung der Rhein-Main-Airbase die jeweils ansäs-
sige Bevölkerung einer neuerlichen Zunahme der Lärmimmission
aussetzen werden?




Parl. Staatssekretär Dr. Eckhart Pick

22719


(C)



(D)



(A)



(B)


B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1422915600
Frau Präsidentin! Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Schäfer,
der Flugbetrieb auf deutschen wie auf amerikanischen
Militärflughäfen orientiert sich an den militärischen Ein-
satznotwendigkeiten. Um zu Belastungsreduzierungen im
Einzugsbereich von Militärflugplätzen beizutragen, wur-
den analog zu den Fluglärmkommissionen an deutschen
Luftwaffenplätzen auch an den amerikanischen Militär-
flughäfen auf deutschem Boden spezielle Kommissionen
eingerichtet. Die vom Fluglärm betroffenen kommunalen
Gebietskörperschaften sowie das zuständige Bundesland
werden dadurch an der Lösung der Lärmbelastungspro-
bleme beteiligt.

In Ramstein wurde nach den Terroranschlägen vom
11. September 2001 durch die große Zahl militärischer
und humanitärer Hilfsflüge natürlich ein erhöhter Flugbe-
trieb im Hinblick auf Afghanistan verzeichnet. Die An-
zahl der Flugbewegungen hat sich inzwischen allerdings
wieder dem Normalmaß angenähert. Zumindest augen-
blicklich ist ein bei diesem Flugplatz übliches Verkehrs-
aufkommen zu verzeichnen.

In Spangdahlem konnte mit Ausnahme einer geringfü-
gigen Steigerung in den Monaten September und Okto-
ber 2001 keine auffällige Änderung des örtlichen Flug-
betriebsaufkommens festgestellt werden. Detaillierte
Aussagen zur Änderung der Lärmbelastungen infolge der
geplanten Verlegung des militärischen Flugbetriebs von
der Rhein-Main-Airbase in Frankfurt nach Ramstein und
Spangdahlem sind derzeit noch nicht möglich. Im Rah-
men der diesbezüglich erforderlichen luftrechtlichen Ver-
fahren werden natürlich alle Auswirkungen der geplanten
Verlegung geprüft.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422915700
Herr Kollege Schäfer
zu einer ersten Nachfrage, bitte.


Dr. Hansjörg Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1422915800
Frau Staatssekretärin,
da ich leider Gottes zufällig in der Einflugschneise eines
dieser Flughäfen wohne


(Brigitte Schulte, Parl. Staatssekretärin: Sagen Sie für die anderen ruhig, um welchen es sich handelt!)


– es ist der am stärksten belastete Flughafen, nämlich der
in Ramstein –, muss ich Ihrer Aussage widersprechen und
frage Sie, ob Sie möglicherweise noch andere Erkennt-
nisse hinzuziehen können, da es in den letzten Monaten
aufgrund des Afghanistankrieges doch erheblich mehr
Belastungen – insbesondere in der Nacht – gab. Können
Sie diese Beobachtung von mir überprüfen lassen oder
eventuell jetzt schon bestätigen?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist doch klar!)


B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1422915900
Ich kann sie Ihnen sogar dop-
pelt bestätigen, weil ich selbst von dort mit Transportflug-
zeugen der Bundeswehr in Richtung der Türkei geflogen

bin. Zur Unterstützung der amerikanischen Soldaten bei
der Vorbereitung ihrer Operationen wurden vermehrt
Flüge durchgeführt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ihr habt doch zugestimmt!)


Selbstverständlich war zu diesem Zeitpunkt sowohl auf
amerikanischer Seite als auch bei befreundeten Nationen
und natürlich auch bei uns ein erhöhtes Transportaufkom-
men notwendig. Das will ich gar nicht bestreiten.

Inzwischen hat sich die Situation verändert. Nach mei-
nem Kenntnisstand – wir haben sorgfältig nachgefragt –
hat sich bei diesem ohnehin sehr stark frequentierten
Flugplatz gegenüber der Zeit vor September keine signi-
fikante Erhöhung ergeben. Das wollte ich auch zunächst
nicht glauben. Deshalb habe ich nachgefragt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422916000
Eine zweite Nach-
frage des Kollegen Schäfer.


Dr. Hansjörg Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1422916100
Es mag an meinen prä-
senilen Schlafstörungen hängen, aber ich habe am letzten
Sonntag nachts um exakt 4 Uhr Flugbewegungen gehört.
Ich habe nachgesehen: Es waren Transportflugzeuge, die
den Flughafen Ramstein angesteuert haben. Es kann mir
keiner weismachen, dass es eine Minimierung des Flug-
lärms sein soll, wenn jetzt gegenüber früher, als solche
Flugbewegungen nie stattgefunden haben, Flugbewegun-
gen stattfinden.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1422916200
Von einer Minimierung habe
ich nicht gesprochen.


(Dr. Hansjörg Schäfer [SPD]: Ah ja!)

Das ist ein stark frequentierter Bereich. Ich habe gesagt:
Im Vergleich zu dem, was sich nach dem 11. September
ereignet hat, ist der Flugbetrieb in diesem Jahr zurückge-
gangen. Das hängt auch damit zusammen, dass wir in-
zwischen andere Routen haben. Aber in dieser Situation,
in der Einsätze einschließlich deutscher Transporte not-
wendig sind und ein Militärflughafen wie dieser zusam-
men mit dem von Spangdahlem für die Amerikaner eine
große Bedeutung in Europa hat, kann ich sogar nachemp-
finden, dass der Lärm bei ganz normaler Belastung des
Flugplatzes für einen sensiblen Menschen sehr stark ist.
Das will ich überhaupt nicht bestreiten.


Dr. Hansjörg Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1422916300
Ich danke Ihnen für das
Wort „sensibel“.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422916400
Wir bleiben beim
Thema Nachtflug und Fluglärm. Ich rufe nun die Frage 13
des Kollegen Dr. Hansjörg Schäfer auf:

Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung zum Urteil
des 4. Senats des BVerwG vom 21. März 1996, in dem das Gericht
unter anderem feststellt: „... der Gesetzgeber ermächtigt den Ver-
ordnungsgeber nicht, Immissionsgrenzwerte festzulegen, die im
Falle einer summierten Immission zu einer Gesundheitsgefähr-
dung der Betroffenen führen“, und diesbezüglich zu den Regionen






(C)



(D)



(A)



(B)


rund um US-Militärflughäfen, und beabsichtigt die Bundesregie-
rung in Anbetracht solcher Erkenntnisse, neuerliche Nachtflug-
ausnahmegenehmigungen für US-Einheiten zu erteilen, wie dies
in den zurückliegenden Jahren beispielsweise für die in Landstuhl
stationierte USAREUR-Einheit geschah?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1422916500
Frau Präsidentin! Meine Damen
und Herren! Lieber Herr Kollege Schäfer, der Bundesre-
gierung ist bekannt, dass der 4. Senat des Bundesverwal-
tungsgerichts am 21. März 1996 mehrere Urteile verkün-
det hat. Allerdings hat keines dieser Urteile Immissionen
im Sinne des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm zum
Gegenstand. Daher lassen sich anhand dieser Urteile
keine Maßnahmen für Flugplätze ableiten.

Trotzdem misst die Bundesregierung allen Aspekten,
die der Belastungsreduzierung der von notwendigen mi-
litärischen Übungen betroffenen Bevölkerung dienen,
große Bedeutung bei. Auch aus diesem Grunde wurde
schon bei den für die Sommermonate der letzten drei
Jahre geltenden Nachtflugausnahmegenehmigungen das
Prinzip einer ausgewogenen Belastungskompensation für
die betroffenen Bürger konsequent verfolgt.

Da die militärischen Notwendigkeiten für Nachteinsätze
mit Hubschraubern auch für die Bundeswehr bestehen, ist
die Einführung einer diesbezüglichen Dauerregelung ge-
plant, die wie üblich mit den Ländern abgestimmt wird.
Diese Dauerregelung wird im Vergleich zu den Vorjahren
eine noch weitergehende Belastungskompensation für die
betroffene Bevölkerung enthalten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422916600
Herr Kollege Schäfer,
auch hier haben Sie die Möglichkeit zu einer Nachfrage.


Dr. Hansjörg Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1422916700
Frau Staatssekretärin,
Ihnen ist sicherlich bekannt, dass für die Novellierung des
Fluglärmgesetzes ein Positionspapier erarbeitet worden
ist, in dem für Nachtflüge ein Grenzwert von 50 Dezibel
vorgesehen ist. Wie stellen Sie sich vor, dass im Rahmen
der Summierung, zum Beispiel im Bereich des Flughafens
Ramstein durch Sommernachtflugübungen von Hub-
schraubern, durch Zielanflüge im Rahmen des Polygon-
Betriebs, durch Nachtflugbetrieb des Flughafens Ram-
stein während des Afghanistaneinsatzes, ein solcher Wert
realistisch erreichbar sein könnte?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1422916800
Ich stelle mir Folgendes vor:
Erstens. Ich will überhaupt nicht bestreiten, dass dies eine
Belastung für die Bevölkerung ist. Zweitens. Die jewei-
lige sicherheitspolitische Lage, in der wir uns befinden, ist
ausschlaggebend. Drittens. Wenn es die sicherheitspoliti-
sche Lage erlaubt, müssen wir auf die betroffenen An-
wohner sehr viel stärker Rücksicht nehmen.

Ich kenne von früheren Besuchen beide Flughäfen und
weiß um die Sorgen von Anwohnern. Ich bin auch mit
amerikanischen Luftwaffenoffizieren in den 80er-Jahren
schon dort gewesen. Ich habe mir die Lage in Spangdah-
lem angesehen und das Ganze miterlebt.

Lösungen lassen sich nur in folgendem Rahmen er-
möglichen: Erstens. Wir können auf die Dauer vielleicht
leisere Triebwerke entwickeln. Das müsste bei Transport-
flugzeugen leichter als bei Kampfflugzeugen möglich
sein. Zweitens. Außerhalb von Krisenzeiten müssen wir
die Zeit sorgfältiger nutzen, um diese Flugplätze gerade
von Nachtflügen zu entlasten. Aber im Moment kann ich
Ihnen da wenig Hoffnung machen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422916900
Eine letzte Nachfrage.


Dr. Hansjörg Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1422917000
Ich versuche, meine
Hoffnung trotzdem zu vermehren, indem ich Sie frage, ob
Sie Möglichkeiten sehen, dass immerhin eine dieser
Lärmbelastungsquellen wenigstens für die Dauer des
Afghanistaneinsatzes eingeschränkt wird. Das wäre zum
Beispiel der Nachtübungsflug von Hubschraubern in die-
ser Gegend.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1422917100
Das Dilemma ist Folgendes: Es
sind nicht die gleichen Besatzungen, die sich im Einsatz
befinden und die so etwas trainieren, um es zu beherr-
schen. Man braucht aber beide Besatzungen. Bei einem
Teil der Nachtflüge habe ich an Sie gedacht, ohne zu wis-
sen, dass Sie unmittelbar in der Nähe wohnen.

Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Herr Kollege. Wir
werden uns das bei Gelegenheit ansehen. Wir können uns
das von den Amerikanern einmal zeigen lassen.


Dr. Hansjörg Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1422917200
Für diese Geste wäre
ich Ihnen dankbar.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422917300
Danke, Frau Staats-
sekretärin.

Die Fragen 14, 15 und 16 werden schriftlich beant-
wortet.

Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Gesundheit auf. Zur Beantwortung der Fragen
steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun
Schaich-Walch zur Verfügung.

Wir kommen nun zur Frage 17 des Abgeordneten
Dr. Michael Luther:

Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die in der Antwort
der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der
CDU/CSU (Bundestagsdrucksache 14/8459) genannte Summe
von 853 546,38 Euro tatsächlich alle Kosten für die seit Beginn
der Legislaturperiode vollzogenen Entlassungen der zwei Staats-
sekretäre und fünf Abteilungsleiter des Bundesministeriums für
Gesundheit (BMG) umfasst?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422917400
Herr Kollege Luther,
aufgrund Ihrer Frage habe ich die damaligen Berechnun-
gen noch einmal nachvollziehen lassen. Dabei hat sich be-
dauerlicherweise gezeigt, dass die Berechnung insoweit
fehlerhaft war, als die Versorgungsleistungen für einen




Vizepräsidentin Petra Bläss

22721


(C)



(D)



(A)



(B)


Abteilungsleiter nicht berücksichtigt worden sind. Die
richtige Zahl lautet nach Überprüfung 1106687,87 Euro.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Drei Kindergärten!)


Ich füge hinzu, dass sich die Ruhestandsbezüge durch
Anrechnungsvorschriften reduzieren, sobald die betroffe-
nen Personen über andere Einkünfte verfügen. Das trifft
nach unserer Erkenntnis derzeit für mindestens zwei der
in den Ruhestand Versetzten zu. Zu den Gesamtkosten für
die seit dem Regierungswechsel in den einstweiligen Ru-
hestand versetzten Angestellten kann ich keine Aussage
machen, weil wir davon ausgehen, dass künftig noch wei-
tere in den Ruhestand versetzte Kolleginnen und Kolle-
gen ein anderes Arbeitsverhältnis antreten werden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422917500
Herr Kollege Luther,
eine Nachfrage, bitte.


Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1422917600
Frau Kollegin
Schaich-Walch, ich bitte Sie, uns die Berechnungen, die
dem Haushaltsausschuss seinerzeit übermittelt worden
sind, in aktualisierter Form vorzulegen, und schließe die
Frage an, welche Kosten die zusätzlichen Veränderungen
verursachen. Damals ging es um einen Staatssekretär und
zwei Abteilungsleiter, jetzt geht es um zwei Staatsse-
kretäre und fünf Abteilungsleiter. Der Umfang der Frage
hat sich also nicht durch uns, sondern durch Ihr Handeln
erweitert. Lässt sich diese Frage beantworten?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422917700
Ich sichere Ihnen
zu, dass wir Ihnen mitteilen werden, um welchen Diffe-
renzbetrag es sich gehandelt hat. Er ist dadurch entstan-
den, dass insgesamt fünf Personen in den Ruhestand
versetzt worden sind, die Mitteilung an den Haushalts-
ausschuss aber nur die Kosten für vier Personen enthielt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422917800
Haben Sie noch eine
zweite Nachfrage, Herr Luther?


Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1422917900
Nein.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422918000
Eine weitere Nach-
frage des Kollegen Schäfer, bitte.


Dr. Hansjörg Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1422918100
Frau Staatssekretärin,
wie stellt sich die Rechtslage in Bezug auf die Entlassung
eines politischen Beamten bzw. eines Angestellten in ent-
sprechender Funktion dar?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422918200
Herr Kollege Schäfer,
nach dem geltenden Beamtengesetz erhalten die betroffe-
nen Personen bei einer Versetzung in den einstweiligen Ru-
hestand bzw. bei der Anordnung des Ruhens des Dienst-
verhältnisses für drei Monate ihre vollen Bezüge. Danach
wird ein Übergangsgeld in Höhe von 75 Prozent für die

Dauer der Zeit gezahlt, in der die Funktion wahrgenom-
men wurde, mindestens jedoch für sechs Monate und
längstens für drei Jahre. Dabei ist jeder in dieser Zeit er-
zielte Verdienst anzurechnen. Für einen Versorgungsan-
spruch müssen mindestens die Probezeit und die fünf-
jährige Wartezeit erfüllt sein.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422918300
Jetzt kommen wir zur
Frage 18 des Abgeordneten Dr. Michael Luther:

Wie erklärt die Bundesregierung die Diskrepanz zwischen der
in dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF)


(Ausschussdrucksache 14/3100)

Leitungsbereich des BMG und der in der Antwort der Bundesre-

(Bundestagsdrucksache 14/8459)

tern im Leitungsbereich des BMG?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422918400
Die dem Haus-
haltsausschuss mitgeteilte Zahl von 53 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern setzt sich aus dem Leitungsstab sowie
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Büros der Par-
lamentarischen Staatssekretärin, des Staatssekretärs so-
wie der Geschäftsstelle der Drogenbeauftragten zusam-
men.

Der Leitungsstab umfasst 38Mitarbeiter; dazu gehören
das Büro der Ministerin einschließlich der Persönlichen
Referentin der Ministerin, das Referat Grundsatzfragen
der Gesundheitspolitik, Frauen und Gesundheit, das Pres-
sereferat, das Referat Öffentlichkeitsarbeit, das Kabinett-
und Parlamentreferat und das Verbindungs- und Koor-
dinationsreferat.

Eine ganze Reihe der 53 Beschäftigten nimmt –wie Sie
dieser Auflistung entnehmen konnten – Koordinierungs-
aufgaben wahr, die sich durch die Umsetzung des
Bonn/Berlin-Beschlusses entwickelt haben. Das von uns
damit eingeführte Organisationskonzept hat zum Ziel, die
Bonner Arbeitseinheiten so weit wie möglich von der
Wahrnehmung von Terminen in Berlin zu entlasten und
dadurch den durch das Bonn/Berlin-Gesetz bedingten
Aufwand zu minimieren. Der Zuwachs von 15 Mitarbei-
tern stellt im Übrigen auch im Ressortvergleich durchaus
eine sparsame Lösung dar. In der Antwort auf die Kleine
Anfrage wurde demgegenüber die Zahl der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter, die mit Leitungsaufgaben im klas-
sischen Sinne betraut sind, genannt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422918500
Herr Kollege Luther
hat auch hierzu eine Nachfrage.


Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1422918600
Gestatten Sie mir
die Vorbemerkung, dass es einigermaßen verwirrend ist,
wenn Sie einmal von 37, dann von 53, von 24 und von
38 Mitarbeitern im Leitungsbereich reden. Dem Haus-
haltsausschuss ist eindeutig mitgeteilt worden, dass es
sich um 53 Mitarbeiter handelt. Deshalb frage ich Sie:
Wen rechnen Sie zum Leitungsbereich und wen haben Sie
gegenüber dem Haushaltsausschuss zum Leitungsbereich
gerechnet?




Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch
22722


(C)



(D)



(A)



(B)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422918700
Zum Leitungsbe-
reich rechnen wir die von uns angegebenen 53 Mitarbei-
ter, die – wie ich bereits ausgeführt habe – im Leitungs-
stab, in den Büros der Parlamentarischen Staatssekretärin,
des Staatssekretärs und der Geschäftsstelle der neu hinzu-
gekommenen Drogenbeauftragten und in dem Leitungs-
stab der Ministerin, der die Bereiche umfasst, in denen
Koordinierungsaufgaben zu leisten sind, tätig sind. Alles
zusammen ergibt 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422918800
Noch eine Nachfrage?


Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1422918900
Ich habe noch eine
Nachfrage. – Teilen Sie meine Einschätzung, dass, wenn
53 von insgesamt 503 Mitarbeitern im Ministerium zum
Leitungsbereich gehören und damit jeder Zehnte im Lei-
tungsbereich arbeitet, diese Zahl etwas hoch ist und Sie
damit im Vergleich zu anderen Bundesministerien an der
Spitze liegen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422919000
Wir haben das ge-
prüft und ich kann feststellen, dass wir durchaus im mitt-
leren Bereich liegen. Das Gesundheitsministerium ist ein
Ministerium mit sehr vielen Aufgaben im Bereich der Ge-
setzesvorbereitung und -umsetzung. In diesem Zusam-
menhang ergeben sich viele Fragen, die auch die Bevöl-
kerung sehr intensiv betreffen. Damit wir diese Fragen
rechtzeitig beantworten können und auch die Zuarbeit für
die Abgeordneten in einem entsprechenden Maße geleis-
tet werden kann, ohne dass ein großer Teil von Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern permanent zwischen Bonn und
Berlin hin- und herpendeln müssen, haben wir uns für
diese Lösung entschieden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422919100
Herr Kollege Wolf hat
auch noch eine Nachfrage.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1422919200
Es gibt andere Ministerien,
die weit hinter der Quote von 10,5 Prozent leitender Mit-
arbeiter im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mitarbeiter lie-
gen. Dabei handelt es sich durchaus um Ministerien, die
in Bonn ihren Sitz haben. Wie begründet denn das BMG,
dass es mit 10,5 Prozent im Verhältnis zu anderen Minis-
terien, die durch das Hin- und Herpendeln zwischen Ber-
lin und Bonn die gleichen personellen Probleme haben, so
weit vorne liegt?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422919300
Ich habe bereits
dargelegt, welche Aufgaben das Ganze umfasst, und
meine, dass wir damit eine vernünftige Personalausstat-
tung gefunden haben, die, wie gesagt, dem Umfang der
Aufgaben Rechnung trägt, die aber auch dafür Sorge trägt,
die Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
Grenzen zu halten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422919400
Ich rufe jetzt die
Frage 19 des Kollegen Wolfgang Zöller auf:

In welcher Weise hat das BMG die in dem Bericht des Bun-
desrechnungshofes vom 10. Juni 1996 genannten Forderungen zur
Straffung und Verschlankung der Organisationsstruktur des BMG
umgesetzt?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422919500
Für die Prüfung
hatte der Bundesrechnungshof zunächst die damalige Ab-
teilung 4 – Verbraucherschutz, Veterinärmedizin – ausge-
wählt. Im Laufe der Untersuchung wurden zahlreiche
Kommunikationsbeziehungen zu Referaten der Unterab-
teilung Z 2 – Angelegenheiten der Europäischen Union,
Internationale Zusammenarbeit – sowie der damaligen
Unterabteilung 11 – Grundsatz- und Planungsangelegen-
heiten – festgestellt, die dazu führten, dass die Prüfung auf
Referate dieser Unterabteilung ausgedehnt wurde.

Die Empfehlungen des Bundesrechnungshofes hat die
damalige Leitung des BMG in zwei Klausurtagungen
aufgegriffen und in die eigenen Überlegungen zur Ver-
schlankung der Organisationsstrukturen und zur Ab-
schichtung von Aufgaben einbezogen. Als Ergebnis die-
ses mehrjährigen Prozesses waren bereits die damalige
Unterabteilung 11 als Grundsatz- und Planungsabteilung
und mehrere kleine Referate aufgelöst worden. Die Ab-
teilung 4, die primär Gegenstand der Untersuchung des
Bundesrechnungshofs war, ist bis auf geringe Ausnahmen
im vergangenen Jahr in das Bundesministerium für Ver-
braucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft verlagert
und eingegliedert worden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422919600
Herr Kollege Zöller,
bitte.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1422919700
Ich kann Folgendes
nicht ganz nachvollziehen – vielleicht können Sie mir das
erläutern –: Sie haben gesagt, es seien Abteilungen in das
Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft ausgelagert worden. Trotzdem ist die
Anzahl der Beschäftigten gestiegen.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422919800
Wir haben zwar
Referate, die sich mit dem Verbraucherschutz befasst ha-
ben, ausgegliedert, gleichzeitig aber neue Aufgaben über-
nehmen müssen. Ich trage Ihnen das gerne vor: Das sind
das Referat Gesamtwirtschaftliche Aspekte des Gesund-
heitswesens, das zusätzliche Arbeitsfeld Bündnis für Ar-
beit und das Referat Arzneimittelsicherheit. Ferner hat
sich aus der neuen Aufgabenverteilung ergeben, dass wir
Spiegelreferate zum Bundesministerium für Verbraucher-
schutz, Ernährung und Landwirtschaft vorhalten müssen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422919900
Herr Kollege Zöller
hat noch eine zweite Frage.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1422920000
Aus der Tatsache, dass
die Ministerien auch noch Spiegelreferate benötigen,
kann ich nur die Schlussfolgerung ziehen, dass die Auf-
gabenverteilung der Ministerien nicht sehr sinnvoll ge-
wesen sein kann. Sehen Sie das anders?






(C)



(D)



(A)



(B)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422920100
Natürlich sehe ich
das anders; denn ich gehe davon aus, dass mein Ministe-
rium und das Ministerium für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft in den verschiedensten
Bereichen, zum Beispiel im Bereich der Arzneimittelsi-
cherheit und der Tierarzneimittel, unter gesundheitspoli-
tischen Gesichtspunkten durchaus zu unterschiedlichen
Einschätzungen kommen können.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422920200
Es gibt eine Nach-
frage der Kollegin Annette Widmann-Mauz.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1422920300
Frau Staats-
sekretärin, wenn im Leitungsstab, wie Sie uns jetzt mit-
geteilt haben, heute 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
beschäftigt sind – das entspricht gemessen an der Ge-
samtbeschäftigtenzahl einem Anteil von 10,5 Prozent –,
stellt sich die Frage: Warum haben Sie in der Antwort auf
die Kleine Anfrage meiner Fraktion behauptet, dass
38 Beschäftigte im Leitungsstab – das entspricht einem
Anteil von 7,6 Prozent – tätig seien? Können Sie mir diese
Diskrepanz erklären?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422920400
Das habe ich ge-
rade eben deutlich gemacht: Zum Leitungsbereich des
BMG gehören neben dem Leitungsstab die Mitarbeiter
und Mitarbeiterinnen der Parlamentarischen Staatssekre-
tärin, des Staatssekretärs und der Drogenbeauftragten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422920500
Eine Nachfrage des
Kollegen Wolf.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1422920600
Wir kennen ja nun die
Empfehlungen des Bundesrechnungshofs. In der Antwort
auf unsere Kleine Anfrage haben Sie auch die Zahlen der
Mitarbeiter aufgelistet, die in den Leitungsbereichen der
anderen Ressorts tätig sind. Wieso haben Sie bei diesen
Ressorts eine andere Berechnungsgrundlage verwendet
als im Bundesgesundheitsministerium, wenn Sie tatsäch-
lich zu vergleichbaren Ergebnissen kommen wollten?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422920700
Ich habe Ihnen
schon vorhin die Grundlage für die Berechnung der
53 Stellen erklärt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422920800
Ich rufe die Frage 20
des Kollegen Wolfgang Zöller auf:

Wie viele Referate gab es zum 1. Oktober 1998 in den Abtei-
lungen Z, 1, 2 und 3 des BMG und wie viele Referate waren dies
zum 1. März 2002?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422920900
Am 1. Oktober 1998
gab es in den Abteilungen Z, 1, 2 und 3 des BMG insge-
samt 60 Referate. Am 1. März 2002 waren es 67 Referate.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422921000
Herr Kollege Zöller
zu einer Nachfrage, bitte.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1422921100
Können Sie für diesen
Zeitraum auch die Referate für den Leitungsbereich be-
nennen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422921200
Das kann ich. Ich
habe Ihnen für diesen Zeitraum aufgelistet, welche Berei-
che der Leitungsbereich umfasst, also nicht nur Referate,
sondern auch Arbeitseinheiten. Ich wiederhole es aber
gern, Herr Kollege: Das sind die Referate Grundsatzfra-
gen der Gesundheitspolitik, Frauen und Gesundheit, Pres-
sereferat, Öffentlichkeitsarbeit, Kabinett- und Parlament-
referat, Verbindungs- und Koordinationsreferat. Diese
Referate sind in der genannten Zahl von 67 Referaten
nicht enthalten.

Neu hinzugekommen, Herr Kollege Zöller, sind das
Referat Gesamtwirtschaftliche Aspekte des Gesundheits-
wesens, das ich vorhin schon erwähnt habe, das Referat
Arzneimittel, in dem eigenständig die immer drängender
werdenden Fragen der Arzneimittelsicherheit behandelt
werden, das Referat Tierarzneimittel und Veterinärberufe
– das resultiert aus der Trennung; dieses Referat ist sinn-
vollerweise bei uns angesiedelt und nicht in der Abtei-
lung 4 geblieben, die in das BMVEL ausgelagert worden
ist –, das Referat Qualitätssicherung, Verbraucherschutz
und Bürgerrechte in der Pflege – die Einrichtung dieses
Referates war eine sinnvolle Reaktion auf die zuneh-
mende Zahl von Berichten, nach denen die Pflege bei uns
im Großen und Ganzen sehr gut ist, es aber auch viele Vor-
kommnisse gibt, die zeigen, dass es einer Korrektur der
Situation in den Pflegeeinrichtungen bedarf –, das Refe-
rat Ernährungsmedizin, das Referat Gesundheitssicher-
stellung – dort sind im Wesentlichen die Aufgaben ange-
siedelt, die infolge des Anschlages vom 11. September
entstanden sind; ich verweise auf Vorkehrungen und Si-
cherheitsmaßnahmen in Bezug auf Bioterrorismus; die
Aufgaben werden gemeinsam mit dem Robert-Koch-Insti-
tut geleistet – und das Referat Betäubungsmittelverkehr
und Arzneimittelmissbrauch; das betrifft ein immer wich-
tiger werdendes Thema, was besonders deutlich wird,
wenn wir an die Kindergesundheit denken.

Die Aufzählung macht deutlich, dass es darum ging,
auf gesundheitspolitisch wichtige Entwicklungen auch
organisatorisch zu reagieren. Darüber hinaus waren die
absolut notwendigen Spiegelreferate zum BMVEL, die
ich schon erwähnt habe, zu bilden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422921300
Es gibt eine weitere
Nachfrage des Kollegen Zöller und dann noch eine Nach-
frage des Kollegen Wolf. Bitte, Herr Zöller.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1422921400
Habe ich Ihre Aus-
führungen richtig verstanden, dass es sieben zusätzliche
Referate sind?






(C)



(D)



(A)



(B)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422921500
Ja.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1422921600
Danke schön.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422921700
Herr Wolf, bitte.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1422921800
Man merkt an den Fragen,
dass wir wissen wollen, ob der Personalbestand im Bun-
desgesundheitsministerium aufgebläht worden ist. Sie ha-
ben ausgeführt, dass der Leitungsstab 38 Mitarbeiter um-
fasst, der Leitungsbereich aber 53 Mitarbeiter umfasst. In
der Beantwortung unserer Kleinen Anfrage, in der nach
dem Leitungsbereich gefragt wurde, haben Sie 38 aufge-
führt. Korrekterweise hätten Sie schon damals „53 Be-
schäftigte“ antworten müssen und diese ins Verhältnis zu
der Zahl in den übrigen Ministerien setzen müssen.
Warum haben Sie die Frage damals nicht korrekt beant-
wortet, wie Sie sie heute beantwortet haben?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422921900
Ich kann nicht fin-
den, dass wir die Frage damals nicht korrekt beantwortet
haben. Es sind die 38 Mitarbeiter der Bereiche, deren Auf-
gaben ich gerade noch einmal spezifiziert aufgeführt habe.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422922000
Es gibt eine weitere
Frage, nämlich von der Kollegin Dr. Margrit Spielmann.


Dr. Margrit Spielmann (SPD):
Rede ID: ID1422922100
Frau Staatssekretärin,
können Sie noch etwas zur spezifischen Aufgabenstellung
der neu geschaffenen Referate sagen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422922200
Frau Kollegin, da-
rauf gehe ich gern ein. In dieser Legislaturperiode hat es
im Gesundheitsbereich Situationen gegeben, die sich für
unsere Bevölkerung zugespitzt haben. Dazu gehörte die
sich verschärfende Situation im Bereich BSE, die auch bis
heute noch nicht in Gänze ausgestanden ist. Dazu gehörte
ferner, dass es immer mehr neue Arzneimittel gibt, die
auch nach einem eingehenden Zulassungsverfahren
durchaus noch Probleme mit sich bringen. Wir haben wei-
ter beobachtet, dass gerade Kinder häufig mit Medika-
menten behandelt werden, die ihre Hyperaktivität etwas
dämpfen sollen, um sie für den schulischen Alltag unan-
gebrachterweise, so sage ich einmal, etwas fitter zu ma-
chen. Wir mussten uns intensiver als bisher damit ausei-
nander setzen, wie Tierarzneimittel wirken, wenn sie in
die Nahrungskette gelangen.

Das sind einige Gründe dafür, warum wir diese neuen
Aufgabenbereiche gebildet haben. Ich bin der festen
Überzeugung, dass die neuen Aufgaben, die sich uns stel-
len, diese Maßnahmen erforderlich machen. So können
wir die Sicherheit der Menschen in einem hohen Maße ga-
rantieren und können uns inhaltlich intensiv um die Frage
kümmern, wie es zu solchen Entwicklungen kommt. Wir
hätten uns bis zum 11. September nicht vorstellen können,

in welchem Ausmaß wir durch bioterroristische Aktionen
bedroht werden können. Diese Bedrohung macht Ände-
rungen an verschiedenen Stellen im Gesundheitsbereich
notwendig, damit eine klare, schnelle Reaktion erfolgen
kann. An diesen Erfordernissen haben wir die verschiede-
nen Bereiche in den neuen Referaten ausgerichtet.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422922300
Nun kommen zwei
weitere Nachfragen, eine des Kollegen Luther und eine
der Kollegin Widmann-Mauz.


Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1422922400
Ich als Abgeord-
neter fühle mich ein wenig hinters Licht geführt oder
verstehe Sie einfach nicht; das kann auch sein. Ich habe
vorhin nachgefragt, wie viele Mitarbeiter zum Leitungs-
bereich gehören. Sie haben geantwortet: 53. In der Ant-
wort auf unsere Kleine Anfrage, wie viele Mitarbeiter es
im Leitungsbereich gibt, steht: 38. Auf die Nachfrage
nach der richtigen Zahl haben Sie vorhin gesagt, die Zahl
38 sei richtig. Deswegen stelle ich folgende Frage: Wel-
che der beiden Aussagen, die Sie gemacht haben, ist rich-
tig? Gehören zum Leitungsbereich 53 oder 38 Mitarbei-
ter?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422922500
In allen Stellen zu-
sammen, also im Leitungsstab der Ministerin mit den ver-
schiedenen Referaten, die ich aufgezählt habe, in den
Büros des Staatssekretärs und der Parlamentarischen
Staatssekretärin sowie im Büro der Drogenbeauftragten,
gibt es 53 Mitarbeiter im Leitungsbereich. Der Teil, der
dem Leitungsstab zugeordnet ist, bringt es mit den Per-
sönlichen Referenten und den einzelnen Referaten auf
38 Mitarbeiter.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422922600
Frau Widmann-Mauz,
bitte.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1422922700
Frau Staats-
sekretärin, auch ich möchte hierzu eine Nachfrage stellen.
Können Sie bestätigen, dass im Leitungsbereich Ihres
Hauses, wie Sie das heute ausgeführt haben, 53 Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind? Wenn Sie die-
ses bestätigen können, wie stehen Sie dann zu Ihrer Ant-
wort auf die Kleine Anfrage, in der wir gefragt haben, wie
viele Mitarbeiter zum Stichtag 1. Januar 2002 im Lei-
tungsbereich beschäftigt sind und auf die Sie geantwortet
haben, dass dies 38 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
seien?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422922800
Ich kann nur wie-
derholen: Insgesamt gibt es 53 Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter im Leitungsbereich. 38 Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter gibt es im Leitungsstab der Ministerin, wozu auch
ihre Persönliche Referentin und die Mitarbeiter in den da-
zugehörigen Referaten zählen, die ich Ihnen aufgezählt
habe. Das gebe ich Ihnen gerne schriftlich. Der andere
Anteil entfällt auf die Parlamentarische Staatssekretärin






(C)



(D)



(A)



(B)


mit ihrem Büro, auf den Staatssekretär mit seinem Büro
und auf das Büro der Drogenbeauftragten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422922900
Herr Kollege von
Klaeden, auch Sie wollen eine Nachfrage stellen.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1422923000
Frau Staatssekre-
tärin, warum haben Sie die Frage denn dann nicht korrekt
beantwortet?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422923100
Haben Sie Zweifel
an der Zahl 53 oder an der Zahl 38?


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1422923200
Ich habe Zweifel
an der Korrektheit Ihrer schriftlichen Antwort, die Sie auf
unsere Kleine Anfrage gegeben haben. Ich finde es ein
wenig unverschämt, wie Sie versuchen, diese falsche An-
gabe dem Parlament gegenüber ins Lächerliche zu ziehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Also: Warum haben Sie diese Frage in der Kleinen An-
frage falsch beantwortet?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422923300
Ich habe diese
Frage nicht falsch beantwortet. Meine Antwort habe ich
Ihnen nun näher ausgeführt.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1422923400
Gehören Sie als
Parlamentarische Staatssekretärin nicht zum Leitungs-
bereich des Ministeriums?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422923500
Herr Kollege von
Klaeden, ich muss Sie bremsen; Sie dürfen nur eine Nach-
frage stellen. Wir bleiben ja aber noch bei diesem Thema.

Ich rufe die Frage 21 des Kollegen Wolfgang Lohmann
auf:

Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die Stellenhebung
der Leiterin des Leitungsstabes des BMG auf B 6 mit einem
ku-Vermerk im Haushaltsplan verbunden ist?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422923600
Herr Kollege
Lohmann, dieser Vermerk wurde im Zuge der Haushalts-
beratungen 2002 in den Haushaltsplan aufgenommen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422923700
Erste Nachfrage.
Bitte, Herr Kollege Lohmann.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1422923800

Frau Staatssekretärin, bedeutet dieser ku-Vermerk im
Haushaltsplan eine Umwandlung der als Nächstes frei
werdenden B-6-Planstelle in eine B-3-Planstelle? Resul-
tiert daraus eine Benachteiligung der Person, die als
Nachfolger eines derzeitigen B-6-Stelleninhabers be-
nannt wird?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422923900
Die nächste B-6-
Planstelle wird durch Erreichen der Altersgrenze des Stel-
leninhabers zum 1. September 2002 frei. Sie ist aufgrund
des genannten ku-Vermerks in eine Planstelle der Besol-
dungsgruppe B 3 umzuwandeln. Welche Funktion dieser
Planstelle letztendlich zugeordnet sein wird, hängt von
der noch ausstehenden Personalentscheidung für die Ende
August frei werdende Stelle eines Unterabteilungsleiters
ab. Entsprechend den sich daraus ergebenden Anforde-
rungen werden unter Umständen Gespräche mit dem Fi-
nanzminister zu führen sein.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422924000
Der Kollege Wolf hat
das Wort zu einer Nachfrage.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1422924100
Frau Staatssekretärin, Sie
haben – das haben wir bereits festgestellt – auf die Kleine
Anfrage der Union hinsichtlich der 38 Mitarbeiter nicht
ganz korrekt geantwortet. In Frage 14 der Kleinen Anfrage
haben wir gefragt, ob es durch die B-6-Stelle im Leitungs-
bereich zu Benachteiligungen von im BMG langjährig
tätigen Mitarbeitern kommt. Sie haben geantwortet: Nein,
es gibt keine Benachteiligung. Ergibt sich aus der Um-
wandlung einer B-6-Stelle in eine B-3-Stelle keine Be-
nachteiligung desjenigen, der nun diese Stelle einnimmt?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422924200
Es gibt derzeit
keine Benachteiligung, weil nicht abzusehen ist, welche
Personalentscheidung in welcher Form getroffen werden
kann. Solange die Anforderungen nicht völlig klar sind
und nicht feststeht, ob eventuell jemand aus dem Hause
oder jemand anderer diese Stelle besetzen wird, ist dies
eine bloße Unterstellung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422924300
Es gibt eine weitere
Nachfrage des Kollegen Luther.


Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1422924400
Frau Staatssekretä-
rin, Sie sagten, dass am 1. September eine B-6-Stelle al-
tershalber ausscheidet. Ich möchte Sie fragen, um welche
Stelle in welchem Referat es sich handelt, die dann in eine
B-3-Stelle umgewandelt wird?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422924500
Es scheidet keine Stelle,
sondern eine Person aus, Herr Luther. Die Stelle im Stel-
lenplan wird von dieser Person dann nicht mehr besetzt. Es
scheidet – das sage ich noch einmal – die Person aus.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422924600
Jetzt rufe ich die Fra-
ge 22 des Kollegen Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)

auf:

Welcher Besoldungsgruppe bzw. Tarifgruppe gehörten die in
der Antwort der Bundesregierung zur Frage 6 der Kleinen Anfrage
der Fraktion der CDU/CSU – Bundestagsdrucksache 14/8459 –
erwähnten Mitarbeiter, die zuvor in den Fraktionen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen beschäftigt waren, vor ihrer Ein-
stellung in das BMG an und in welcher Zeit haben sie innerhalb




Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch
22726


(C)



(D)



(A)



(B)


des BMG ihre gegenwärtige Besoldungsgruppe bzw. Tarifgruppe
erreicht?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422924700
Die Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter der Fraktionen werden in der Regel
entsprechend dem BAT vergütet. Ich bitte jedoch um Ver-
ständnis, wenn ich zu der konkreten Einstufung durch ei-
nen anderen Arbeitgeber keine Auskunft geben kann. Seit
Eintritt der genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
das BMG richten sich die Arbeitsverhältnisse und ihre
Dotierung nach den einschlägigen Bestimmungen für die
Bundesverwaltung, insbesondere nach dem Bundesange-
stelltentarifvertrag. Dies gilt selbstverständlich auch für die
nachfolgenden Höhergruppierungen, die sämtlich aus tarif-
lich veranlassten Arbeitsplatzüberprüfungen resultieren.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422924800
Herr Kollege
Lohmann, eine Nachfrage, bitte.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1422924900
Ich
habe in diesem Zusammenhang die Frage, in welchen
Zeiträumen solche Beförderungen der übrigen Mitarbei-
ter im BMG, die zuvor nicht den Fraktionen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen beschäftigt waren, übli-
cherweise vorgenommen werden.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422925000
Ein Gruppenleiter
wurde innerhalb von zwei Jahren von BAT I a nach BAT I
befördert. Ein weiterer Mitarbeiter wurde innerhalb eines
Jahres von BAT-O II a nach BAT-O I b höher gruppiert.
Der ehemalige Leiter des Ministerbüros wurde ein halbes
Jahr nach Eintritt in das BMG von BAT I a nach BAT I
höher gruppiert.

Im Übrigen wurden, wie bereits ausgeführt, der Leite-
rin des Ministerbüros, die über langjährige ministerielle
Erfahrung verfügt, die Leitung des Leitungsstabes über-
tragen. Sie erhält seit Beginn dieses Jahres nach Hebung
einer B-3-Planstelle eine außertarifliche Vergütung ent-
sprechend B 6.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422925100
Die zweite Nachfrage,
bitte.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1422925200

Mir ging es bei der Frage weniger um die Darstellung, wer
wann befördert worden ist – auch dafür bin ich dankbar –,
sondern um die Frage, wie üblicherweise bei den übrigen,
die diesen Vorteil nicht haben, vorgegangen wird.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422925300
Es entspricht dem
üblichen Vorgehen in einer Vielzahl von Fällen, wie Sie
sehen.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1422925400

Kann man also davon ausgehen, wenn ich das noch fra-

gen darf, dass das, was Sie geschildert haben, das normale
und übliche Verfahren bei allen Mitarbeitern ist, unab-
hängig davon, ob sie früher – –


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422925500
Herr Kollege
Lohmann, das ist jetzt nicht mehr zulässig gewesen.


(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/ CSU]: Dann machen Sie ein Ausrufungszeichen! Auch das ist gut!)


– Auch dieser Kommentar ist eigentlich nicht zulässig.
Wir kommen jetzt zur Frage 23 des Kollegen Aribert

Wolf – es geht um die Einstufung der Leiterin des Lei-
tungsstabes:

Wie begründet die Bundesregierung die Einstufung der Leite-
rin des Leitungsstabes analog zu einer Leiterin einer Unterabtei-
lung, falls die Bundesregierung die vom BMF in seinem Schreiben
vom 7. November 2001, Ausschussdrucksache 14/3100 des Haus-
haltsausschusses, genannte Zahl von 53 Mitarbeitern des Lei-
tungsbereichs nicht bestätigen kann und dort nur – wie in der Ant-
wort der Bundesregierung auf die Frage 4 der Kleinen Anfrage der
Fraktion der CDU/CSU, Bundestagsdrucksache 14/8459, ausge-
führt – 38 Mitarbeiter oder – wie in der Antwort zur Frage 5 der
Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU, a. a. O., ausgeführt –
gar nur 24 Mitarbeiter beschäftigt sein sollten, und womit ist dann
die hohe Einstufung der Leiterin des Leitungsstabes mit B 6 zu
rechtfertigen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422925600
Um es vorweg zu
sagen, die Zahl 24 ist eine fiktive Größe, die gebildet
wurde, um einen Zahlenvergleich mit Ressorts zu ermög-
lichen, die den klassischen Leitungsbereich enger als das
BMG definieren. In der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage
wird dazu ausgeführt:

Bei einer Eingrenzung des Leitungsbereichs auf
diese Stellen

– gemeint sind die Stellen der Büros von Ministerin,
Staatssekretär, Parlamentarische Staatssekretärin und
Presse –

ergäbe sich im BMG ein Verhältnis von 24 zu 503,
dies entspricht 4,8 %.

Damit lägen wir im Ressortvergleich im Mittelfeld.
Der Leitungsstab des BMG umfasst aktuell neben dem

Ministerbüro fünf weitere Referate mit einem Personal-
bestand, wie ich vorhin schon ausführte, von insgesamt
38 Beschäftigten und liegt damit deutlich über der in der
GGO vorgesehenen personellen und organisatorischen
Mindestausstattung für eine Unterabteilung. In diesem Zu-
sammenhang verweise ich auf die Gemeinsame Geschäfts-
ordnung der Bundesministerien in der vom Bundeskabi-
nett am 26. Juli 2000 beschlossenen Fassung. Sie sieht vor,
dass für Unterabteilungen in der Regel mindestens fünf
Referate zusammengefasst werden; ein Referat umfasst
den Vorgaben der GGO zufolge neben der Referatsleitung
in der Regel mindestens vier Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter. Danach sollte eine Unterabteilung nicht weniger
als 25 Beschäftigte haben. Die Leitung des Leitungssta-
bes entspricht damit ohne weiteres der Leitung einer Un-
terabteilung, insbesondere wenn man die herausragende




Vizepräsidentin Petra Bläss

22727


(C)



(D)



(A)



(B)


Bedeutung der im Leitungsbereich zu erledigenden Auf-
gaben berücksichtigt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422925700
Eine erste Nachfrage.
Bitte, Herr Kollege Wolf.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1422925800
In welcher Besoldungs-
stufe waren denn der von 1995 bis 1997 amtierende Lei-
ter des Leitungsstabes und der ab 1991 amtierende Leiter
des Ministerbüros im Bundesministerium für Gesundheit
eingruppiert?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422925900
Ich kann Ihnen
diese Frage nicht beantworten, weil ich nicht damit ver-
traut bin, welche Mitarbeiter welche Vergütung hatten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Fragen Sie einmal Herrn Seehofer! – Gegenruf des Abg. Aribert Wolf [CDU/CSU]: Der weiß, dass der wesentlich niedriger eingruppiert war! Das ist ja genau der Punkt!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422926000
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, Sie wissen, dass es sich hier nicht um eine
Debatte, sondern um die Fragestunde handelt. Die nächste
Fragestellerin ist die Kollegin Marga Elser.


(Aribert Wolf [CDU/CSU]: Ich habe noch eine zweite Nachfrage!)


– Sorry, ich bin schon ganz durcheinander. Ihre zweite
Nachfrage, bitte.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1422926100
Das ist ja auch kein Wun-
der, weil hier mit Begriffen und Zahlen hin und her jong-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422926200

Verwenden Sie den Begriff „Leitungsbereich“ im Minis-
terium immer einheitlich oder verwenden Sie den Begriff
„Leitungsbereich“ einmal so und einmal wieder anders?


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist, wo Leitung gefragt ist!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422926300
Ich habe Ihnen ge-
rade gesagt, der Leitungsstab umfasst das Büro der Mi-
nisterin einschließlich der Persönlichen Referentin, das
Referat Grundsatzfragen, Frauen und Gesundheit, das
Pressereferat, das Referat Öffentlichkeitsarbeit, das Kabi-
nett- und Parlamentreferat und das Verbindungs- und Ko-
ordinierungsreferat. Wenn ich die Leitung des Leitungs-
stabes betrachte und diese auf der Zeitschiene vergleiche,
dann stelle ich fest, dass sie im BMA zurzeit mit B 6 be-
soldet wird, zu Ihrer Zeit aber mit B 9 besoldet wurde. Ich
könnte in dieser Art und Weise fortfahren, Herr Wolf.


(Dr. Ruth Fuchs [PDS]: Die Beantwortung solcher Fragen löst unheimlich viele Probleme im Gesundheitswesen! – Gegenruf des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Oh, die Hilfstruppen marschieren!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422926400
Jetzt hat Frau Elser
eine Nachfrage.


Marga Elser (SPD):
Rede ID: ID1422926500
Frau Staatssekretärin, ich inte-
ressiere mich dafür, welche Gestaltungsmöglichkeiten
hinsichtlich Arbeitsabläufen und Schwerpunkten, Auf-
bau- und Ablauforganisation im Leitungsbereich für eine
Ministerin oder einen Minister gegeben sind.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422926600
Frau Kollegin, in
diesem Zusammenhang möchte ich aus einer Stellung-
nahme des BMI unter Leitung von Innenminister Kanther
vom 14. April 1997 dem Bundesrechnungshof gegenüber
zitieren:

Generell besteht in allen Ministerien die Überzeu-
gung, dass Arbeitsabläufe und Arbeitsstil, aber auch
die Arbeitsschwerpunkte in den Leitungsbereichen
von der jeweiligen Person der Ministerin oder des
Ministers geprägt sind.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Dies kann nicht ohne Auswirkungen auf die Aufbau-
und Ablauforganisation im Leitungsbereich bleiben.
Hierdurch erklären sich die Unterschiede in deren
Organisation und der personellen Ausstattung der
entsprechenden Arbeitseinheiten in den Ministerien.

Im BMG war bereits im Jahre 1996 vorübergehend ein
Leitungsstab eingerichtet. Ich glaube, wir verfahren alle
noch immer so, wie es aus dieser Stellungnahme des ehe-
maligen Innenministers Kanther hervorgeht.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ich denke, bei euch hat sich alles geändert!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422926700
Frau Kollegin
Widmann-Mauz hat ebenfalls eine Nachfrage zu dieser
Frage.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1422926800
Frau Staats-
sekretärin, Sie haben in Ihrer Antwort auf die Frage des
Kollegen Wolf angeführt, dass der Leitungsstab im
Bundesgesundheitsministerium 38 Beschäftigte umfasst.
Warum verwenden Sie in der Antwort auf unsere Kleine
Anfrage bei derselben Beschäftigtenzahl den Begriff
„Leistungsbereich“?


(Zuruf von der CDU/CSU: Leitungsbereich!)

– Leitungsbereich, Entschuldigung.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Leistungsbereich ist ganz falsch! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Mit Leistung hat das nämlich nichts mehr zu tun!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422926900
Ich habe vorhin
umschrieben, dass der Leitungsbereich bei uns 53 Perso-
nen umfasst; 38 davon gehören in den Leitungsstab. Ich
kann Ihnen nochmals versichern: Die restlichen Personen




Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch
22728


(C)



(D)



(A)



(B)


befinden sich bei der Parlamentarischen Staatsskretärin,
beim Staatssekretär und bei der Drogenbeauftragten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422927000
Jetzt rufe ich Frage 24
der Kollegin Widmann-Mauz auf:

Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die beiden Anfang
2001 entlassenen Abteilungsleiter des BMG vor ihrer Entlassung
verbeamtet worden sind, und wenn ja, in welcher Weise sind da-
durch deren Versorgungsansprüche gestiegen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422927100
Weder die Abtei-
lungsleiterin noch der Abteilungsleiter ist im BMG ver-
beamtet worden. Die Frage geht im Übrigen erkennbar
von einer fehlerhaften Annahme aus. Die Versorgungsre-
gelungen für politische Beamte gelten arbeitsvertraglich
im Wesentlichen auch für Angestellte in entsprechenden
Funktionen. Durch eine Verbeamtung tritt deshalb keine
Besserstellung des oder der Beschäftigten ein.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422927200
Erste Nachfrage, bitte,
Frau Kollegin.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1422927300
Frau Staats-
sekretärin, erhält der im Jahr 2001 aus dem Gesundheits-
ministerium entlassene Abteilungsleiter Schulte-Sasse
weiterhin Zahlungen seitens des Bundesgesundheitsminis-
teriums, obwohl er seit kurzem Staatssekretär in Berlin
ist, bzw. sind bereits für die Zukunft erfolgte Zahlungen
nach dessen Amtsantritt als Staatssekretär zurückgefor-
dert worden?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422927400
Ich habe bereits
vorhin ausgeführt, dass zu diesen Versorgungsregelun-
gen, die ich näher beschrieben habe, gehört, dass eine
neue Tätigkeit entsprechend angerechnet werden muss –
nicht angerechnet werden kann. Ich habe vorhin ebenfalls
ausgeführt, dass es in dem Personenkreis, der vorzeitig in
den Ruhestand versetzt worden ist, zwei Personen gibt,
von denen wir ganz sicher wissen, dass sie eine andere
Beschäftigung gefunden haben, sodass wir davon ausge-
hen, dass sich der Betrag, der vorhin von mir genannt
wurde, infolgedessen reduziert. Dazu, in welcher Höhe,
kann ich keine Aussage machen. Ich denke, es wäre auch
nicht angebracht, über derartig persönliche Dinge anderer
hier im Bundestag zu sprechen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422927500
Zweite Frage, bitte,
Frau Kollegin Widmann-Mauz.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1422927600
Frau Staats-
sekretärin, Sie haben die Rechtslage nochmals geschil-
dert. Ist Ihnen bekannt, ob schon gezahlte Vergütungen
zurückgefordert wurden?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422927700
Ich habe Ihnen ge-
sagt, wie die Rechtslage ist. Ich kann Ihnen aber nicht sa-

gen, in welchem Umfang Anrechnungen vorgenommen
worden sind.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422927800
Eine weitere Nach-
frage des Kollegen Pfaff.


Prof. Dr. Martin Pfaff (SPD):
Rede ID: ID1422927900
Frau Staatssekretärin, wie un-
terscheiden sich bei der Versetzung in den einstweiligen
Ruhestand die Versorgungslasten bei einem angestellten
von denen bei einem beamteten Abteilungsleiter? Ist der
Unterschied wirklich so groß, wie durch die gestellten
Fragen impliziert wird?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422928000
Herr Kollege Pfaff,
Sie haben einen nützlichen Hinweis gegeben. In der Dis-
kussion entsteht immer wieder der Eindruck, dass es dies-
bezüglich einen sehr großen Unterschied gebe. Entgegen
dieser landläufigen Meinung gibt es aber keinen Unter-
schied, da die angestellten Abteilungsleiter durch eine
entsprechende Gestaltung der Arbeitsverträge den beam-
teten Abteilungsleitern gleichgestellt werden. Es gibt auf
dieser Ebene also keinen Unterschied zwischen einem
Angestellten und einem Beamten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422928100
Wir kommen zur letz-
ten Frage dieses Themenkomplexes. Ich rufe die Frage 25
der Kollegin Annette Widmann-Mauz auf:

Kann die Bundesregierung ferner bestätigen, dass das BMG
plant, den derzeitigen Leiter der Abteilung 2 noch in dieser Le-
gislaturperiode zu verbeamten?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422928200
Entsprechende
Planungen kann ich weder bestätigen noch dementieren.
Allgemein ist festzuhalten, dass der Übernahme in das
Beamtenverhältnis üblicherweise ein entsprechender An-
trag vorausgeht, der vom BMI und BMF laufbahn- und
haushaltsrechtlich geprüft wird. In das Prüfverfahren ist
maßgeblich der Bundespersonalausschuss unter Vorsitz
des Präsidenten des Bundesrechnungshofs einzubezie-
hen.

Zu der Frage, ob ein Mitarbeiter des BMG einen sol-
chen Antrag stellt, möchte ich mich hier nicht äußern, um
seine Persönlichkeitsrechte nicht zu beeinträchtigen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422928300
Erste Nachfrage, bitte,
Frau Kollegin.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1422928400
Ist geplant,
die Leiterin des Leitungsstabes des Bundesgesundheits-
ministeriums noch in dieser Legislaturperiode zu verbe-
amten?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422928500
Ich habe Ihnen be-
reits gesagt, dass wir eine entsprechende Planung weder
bestätigen noch dementieren können.




Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch

22729


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422928600
Es gibt eine Nach-
frage des Kollegen Pfaff.


Prof. Dr. Martin Pfaff (SPD):
Rede ID: ID1422928700
Frau Staatssekretärin, sind Sie
meiner Meinung, dass es sich bei den Fragen, die sich auf
die Verbeamtung und auf die Zahl der Beamten beziehen,
um Fragen handelt, die sich in erster Linie mit Inputs und
nicht mit Ergebnissen beschäftigen? Die Ausweitung des
Leitungsstabes kann durch die erkennbar verbesserte Ge-
setzgebung der letzten Jahre gerechtfertigt werden.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422928800
Herr Kollege, ich
stimme Ihnen ausdrücklich zu. Ich bin der Überzeugung,
dass dieses heutige Frage-und-Antwort-Spiel in keiner
Weise dazu beigetragen hat, den Gesundheitszustand
auch nur eines einzigen Menschen in der Bundesrepublik
Deutschland zu verbessern.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr richtig!)


Es wäre sicher sinnvoller, wenn wir uns mit den Aufgaben
der neu geschaffenen Referate auseinander setzen würden
und wenn wir schauen würden, wo es noch weitere Ver-
besserungen geben könnte.


(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422928900
Es gibt eine Nach-
frage des Kollegen Wolf.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1422929000
Frau Staatssekretärin, wie
verträgt sich die Personalaufblähung im Gesundheitsmi-
nisterium – die Anzahl der Mitarbeiter ist zwar durch den
Wegfall einer Abteilung gesunken; aber die Anzahl der
leitenden Mitarbeiter ist gestiegen – mit der Tatsache,
dass den Versicherten gesagt wird, sie müssten im Ge-
sundheitsbereich den Gürtel enger schnallen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422929100
Herr Wolf, ich will
betonen, dass Sie es sind, die mit Ihrem Rezept der Wahl-
und Regelleistung erreichen wollen, dass die Versicherten
den Gürtel enger schnallen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So ist es!)


Ich habe Ähnliches bei der Politik der Bundesregierung
nicht feststellen können.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422929200
Eine zweite Nach-
frage der Frau Kollegin Widmann-Mauz.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1422929300
Frau Staats-
sekretärin, können Sie uns erläutern, warum der Bereich
Frauengesundheit nur im Leitungsstab und nicht in den
vorhandenen Abteilungen Ihres Ministeriums bearbeitet
werden kann?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422929400
Wir haben in die-
sem Bereich leider viele Versäumnisse der alten Bundes-
regierung vorgefunden.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hört! Hört!)


Es ist ein besonderes Anliegen unserer Gesundheitsminis-
terin, Fragen zur Frauengesundheit zu behandeln. Ich ver-
weise in diesem Zusammenhang auf die Problematik der
Mammographie und auf das Thema Vorsorgemaßnahmen
und Heilungschancen bei Brustkrebs. In diesem Bereich
gibt es leider noch ein ziemlich großes Defizit. Dieses De-
fizit wird nicht nur im Referat, das sich mit der Frauenge-
sundheit beschäftigt, sondern auch im Zusammenhang
mit dem Arzneimittelmissbrauch aufgearbeitet. Ich finde
es ganz ausgezeichnet, dass sich die Ministerin dieser so
lange vernachlässigten Aufgabe schwerpunktmäßig ange-
nommen hat.


(Beifall bei der SPD und der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422929500
Jetzt schließe ich die-
sen Themenkomplex ab, aber nicht den Geschäftsbereich.

Ich rufe die Frage 26 der Kollegin Ursula Lietz auf:
Warum ist es nicht möglich, Erkrankungen in das Bundes-

krebsregister, in dem nur Todesfälle registriert werden, zu über-
nehmen, um so die Möglichkeit der statistischen Auswertung, zum
Beispiel nach Gebiet, Alter und familiärem Umfeld, zu haben?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422929600
Auf Bundesebene
gibt es auf gesetzlicher Grundlage ausschließlich die To-
desursachenstatistik, in der die Daten der in den statisti-
schen Landesämtern codierten Todesbescheinigungen zu-
sammengeführt werden. Eine Rechtsgrundlage für eine
zentrale bundesweite Erfassung aller Krebserkrankungs-
fälle in einem Bundeskrebsregister existiert nicht und ist
aufgrund der in der Verfassung verankerten Länderzu-
ständigkeit auch nicht durchsetzbar. Die Krebserkran-
kungsfälle werden daher von den Länderkrebsregistern,
also auf Länderebene, auf der Basis spezieller rechtlicher
Regelungen erfasst.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422929700
Frau Kollegin Lietz,
bitte Ihre erste Nachfrage.


Ursula Lietz (CDU):
Rede ID: ID1422929800
Frau Schaich-Walch, ich
frage Sie, ob Sie nicht doch die Möglichkeit sehen, eine
Bundesregelung zu finden, mit der wir, auch wenn es im
Moment Datenschutzgründe gibt, die dagegen sprechen,
eine Möglichkeit schaffen, die Daten aller Krebserkrank-
ten, also auch die, die zu Lebzeiten erfasst werden, und die
Früherkennungen in einem Register zusammenzufassen,
damit wir nicht nur demographische Gegebenheiten, son-
dern auch soziale bzw. geographische Besonderheiten
beim Auftreten von Krebserkrankungen besser registrieren
können.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422929900
Wir haben beim Robert-






(C)



(D)



(A)



(B)


Koch-Institut das Gesamtprogramm „Krebsbekämpfung“
aufgelegt, in das die Daten, die uns von den Ländern über-
mittelt werden, aufgenommen werden. Diese Übermitt-
lung der Daten aus den Landeskrebsregistern klappt – so
muss man sagen – im Großen und Ganzen sehr gut. Die
Zusammenführung der Daten gibt uns eine gute Basis für
das Zusammenzuwirken in der Arbeitsgruppe „Bevölke-
rungsbezogenes Krebsregister Deutschland“, die wir jetzt
eingerichtet haben. Aber eine gesetzliche Verpflichtung
für ein einheitliches deutsches Bundeskrebsregister sehe
ich leider nicht als durchsetzbar an, weil die Länder diese
Aufgabe als ihre eigene hoheitliche Aufgabe betrachten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422930000
Frau Kollegin Lietz,
Ihre zweite Nachfrage.


Ursula Lietz (CDU):
Rede ID: ID1422930100
Ich habe keine zweite
Nachfrage.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422930200
Dann kommen wir zur
Frage 27 der Kollegin Ursula Lietz:

Hält die Bundesregierung es für machbar, eine Standardisie-
rung der verschiedenen Landeskrebsregister vorzunehmen, um so
eine Vergleichbarkeit der Fälle und eine bundesweite Auswertung
zu ermöglichen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422930300
Es gibt bereits eine
gewisse Standardisierung dahin gehend, dass alle Lan-
deskrebsregister einen einheitlichen Basisdatensatz erhe-
ben und dass die Vorgaben der International Association
of Cancer Registries eingehalten werden. Hierfür wurde
durch das am 31. Dezember 1999 ausgelaufene Gesetz
über ein Krebsregister des Bundes gesorgt, das alle Län-
der zur Einrichtung von Krebsregistern nach weitgehend
einheitlichen Regularien verpflichtet. Allerdings durften
die Länder Ausnahmen vom Meldemodus und in Bezug
auf die Flächendeckung vornehmen.

Obwohl das oben genannte Krebsregister ausgelaufen
ist, wird die darin enthaltene Vorgabe, dass alle Landesre-
gierungen ihre anonymisierten epidemiologischen Daten
einmal pro Jahr an das Robert-Koch-Institut in Berlin
weitermelden – das war das, was ich vorhin bereits aus-
geführt habe –, weiterhin befolgt. Die Zusammenführung
wird am Robert-Koch-Institut vorgenommen. Damit sind
diese Daten auch der Öffentlichkeit zugänglich.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422930400
Frau Kollegin Lietz
bitte.


Ursula Lietz (CDU):
Rede ID: ID1422930500
Frau Staatssekretärin, se-
hen Sie nicht trotzdem die Möglichkeit, die Länderregis-
ter stärker zu standardisieren, damit wir, wenn wir schon
kein Bundeskrebsregister einrichten können, zumindest
über die Länderdaten verfügen und durch eine Standardi-
sierung zu besseren Ergebnissen kommen, die man bun-
desweit auswerten kann?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422930600
Ich kann Ihnen

versichern, dass die Gesundheitsministerin dieses Thema
auf der Gesundheitsministerkonferenz ansprechen wird.
Denn viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesund-
heitsausschuss und aus anderen Ausschüssen des Bundes-
tages haben deutlich gemacht, dass ein großes Interesse an
einer Standardisierung besteht und dass die Abweichun-
gen, die damals Grundlage dafür waren, dass sich die Län-
der überhaupt damit einverstanden erklärt haben, dass es
zu diesen Erhebungen und zu einem solchen Krebsregis-
ter kommt, möglichst gering sind, sodass man tatsächlich
sagen kann: Wir haben allgemein gültige Aussagen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422930700
Ihre nächste Nach-
frage bitte.


Ursula Lietz (CDU):
Rede ID: ID1422930800
Ich habe eine zweite Nach-
frage: Frau Staatssekretärin, können Sie mir sagen, wo die
Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen
westlichen Ländern, was die Registrierung von Krebs-
erkrankungen und deren Standards anbetrifft, steht?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1422930900
Ich würde sagen:
Da befinden wir uns im Mittelfeld. Wenn ich es auf die
Bundesrepublik Deutschland beziehe, muss ich sagen:
Wir haben dort sehr große Unterschiede. Ich will auch
nicht verschweigen, dass es in den neuen Bundesländern
eine vorbildliche Erfassung gab.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422931000
Damit schließen wir
diesen Geschäftsbereich ab. Ich bedanke mich bei der Par-
lamentarischen Staatssekretärin für die Beantwortung.

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
Hier werden die Fragen sämtlich schriftlich beantwortet.

Deshalb rufe ich jetzt den Geschäftsbereich des Aus-
wärtigen Amtes auf. Zur Beantwortung steht Herr Staats-
minister Dr. Christoph Zöpel zur Verfügung.

Wir kommen zur Frage 32 des Kollegen Hartmut
Koschyk:

Aufgrund welcher Prüfungen und diesbezüglicher Ergebnisse
gelangt die Bundesregierung zu der Auffassung, dass sie die um-
strittenen Benes-Dekrete nicht zum Gegenstand der EU-Beitritts-
verhandlungen mit der Tschechischen Republik machen wird

(Quelle: dpa vom 8. April 2002), und wie bewertet sie vor diesem

Hintergrund die Tatsache, dass der Auswärtige Ausschuss des Eu-
ropäischen Parlaments die Vereinbarkeit der Benes-Dekrete mit
den Rechtsgrundsätzen der Europäischen Union durch ein Rechts-
gutachten prüfen lässt?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1422931100
Frau Präsidentin! Herr Kollege; die jetzige Bundes-
regierung tut, wie Sie wissen, sinnvollerweise – Sie er-
lauben mir diese Bemerkung – das Gleiche, was ihre Vor-
gängerin getan hat, nämlich die deutsch-tschechischen
Beziehungen durch die Vergangenheit nicht zu belasten.
Darauf haben wir uns in der Deutsch-Tschechischen Er-
klärung verständigt, die unter der Verantwortung der Re-
gierung von Herrn Bundeskanzler Kohl abgeschlossen
wurde. Die jetzige Regierung bemüht sich darum, das




Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch

22731


(C)



(D)



(A)



(B)


fortzusetzen. Das tun wir auch in einer Situation, in der
– wie ich hier schon ausgeführt habe – die Weisheit eini-
ger Äußerungen im tschechischen politischen System in-
frage zu stellen ist.

Das alles bedeutet nicht, dass die Bundesregierung
– ich schätze, das macht sie wie ihre Vorgängerin – nicht
sehr sorgfältig beobachten würde, wie die Kommission
die Verhandlungen führt. Denn nur die Kommission führt
die Verhandlungen. Alles, was wir über die Hinweise zur
Sache und zum Verhalten gehört haben, die Herr Kom-
missar Verheugen jüngst in Prag gegeben hat, vermittelt
uns den Eindruck: Das Ganze ist auf einem guten, zu-
kunftsorientierten und niemandem Schaden zufügenden
Wege.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422931200
Erste Nachfrage.
Bitte, Herr Kollege Koschyk.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1422931300
Herr Staatsminister,
ich muss Ihre Antwort so deuten, dass Sie der Beurteilung
von Herrn Kommissar Verheugen zustimmen, dass die
Benes-Dekrete keine Bedeutung im Hinblick auf das Ver-
fahren des Beitritts der Tschechischen Republik zur Euro-
päischen Union haben. Wie bewertet es dann die Bundes-
regierung, dass das Europäische Parlament hier anderer
Auffassung zu sein scheint und verschiedene Rechtsgutach-
ten in Auftrag gegeben hat und die österreichische Regie-
rung durch die Frau Außenministerin Herrn Verheugen ent-
schieden widersprochen hat, sie also zu einer anderen
Auffassung kommt, nämlich dass die Frage weiter andau-
ernder Diskriminierungen tschechischer Bürger nicht tsche-
chischer Nationalität, aber auch von EU-Bürgern sehr wohl
im Zuge des Beitrittsverfahrens geprüft werden muss?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1422931400
Die Überlegungen und auch die prozeduralen
Schlussfolgerungen des Europäischen Parlaments in die-
ser Angelegenheit sind nicht nur legitim, sondern sie
könnten auch einen Beitrag zur Lösung der mit diesen
Dekreten verbundenen Beschwernisse leisten. Wenn das
Europäische Parlament dies tut, hat das den Vorteil, dass
nicht die deutsche und die tschechische Regierung – sie
haben ja vereinbart, das nicht zu tun – Probleme im
deutsch-tschechischen Verhältnis und auf dem gewünsch-
ten Weg der Tschechen nach Europa schaffen. Das Euro-
päische Parlament würde solche Probleme ja nicht aus-
lösen. Darin könnte die Weisheit dieses Verfahrens liegen.
Wir beobachten das mit aktivem Interesse. Wir verfolgen
auch sehr genau, was Herr Kommissar Verheugen sagt. Er
hat ja schon deutlich gemacht, dass hinsichtlich tschechi-
scher Rechtsbestimmungen, die infolge der kommunisti-
schen Machtausübung auf dem Gebiet der heutigen
Tschechischen Republik bestehen, sehr kritische Prüfun-
gen angestellt werden können, ob sie zukünftig alle euro-
päischen Bürger in gleicher Weise betreffen. Wenn Sie es
genau verfolgt haben, wissen Sie, dass er diese Prüfung
seitens der Kommission auch hinsichtlich der Benes-De-
krete nicht ausschließt.

Ich glaube, im Ergebnis – das ist das, was ich für die
Politik Deutschlands für richtig halte – wird es zu einer

europäischen rechtlichen Prüfung kommen, ob infolge
dieser Dekrete Diskriminierungen heute lebender Men-
schen – nur darum kann es gehen – stattfinden. Ich glaube,
das hilft beiden. Das ist auch der Hintergrund unseres
sehr konkreten Verhaltens. Das hat eben nichts damit zu
tun, dass dies in einem historischen Kontext stattfindet, zu
dessen Herbeiführung Deutschland im tragischen Teil sei-
ner Geschichte viel beigetragen hat. Es gibt eben Fragen,
die heute gestellt werden müssen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422931500
Es gibt eine zweite
Nachfrage des Kollegen Koschyk.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1422931600
Herr Staatsminister,
Sie haben gesagt, dass die Bundesregierung sehr sorg-
fältig beobachtet, wie sich die EU-Kommission im Hin-
blick auf fortwirkende Diskriminierungen für Bürger der
Tschechischen Republik, aber auch für künftige EU-Bür-
ger aufgrund der Folgewirkungen der Benes-Dekrete ein-
lassen wird. Wie bewertet die Bundesregierung eigentlich
in diesem Zusammenhang die so genannte Dreithaler-
Entscheidung des tschechischen Verfassungsgerichtsho-
fes aus dem Jahre 1995, bei der der tschechische Verfas-
sungsgerichtshof ausdrücklich an die Benes-Dekrete
angeknüpft hat, und wie bewertet die Bundesregierung in
diesem Zusammenhang die Beanstandungen der tsche-
chischen Restitutionsgesetzgebung durch den UN-Men-
schenrechtsausschuss im Fall Des Fours Walderode, bei
dem ebenfalls im Hinblick auf die tschechische Restitu-
tionsgesetzgebung eine Anknüpfung an die Benes-De-
krete erfolgte, was der UN-Menschenrechtsausschuss
ausdrücklich als nicht mit dem UN-Pakt über bürgerliche
und politische Rechte im Einklang stehend erklärt hat?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1422931700
Herr Kollege Koschyk, Sie haben das Datum des
Urteils genannt: 1995.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Die UN-Beanstandung ist aus dem letzten Herbst!)


– Des Urteils. Sie haben das Datum 1995 genannt. Darauf
beziehe ich mich und sage, dass natürlich in den entspre-
chenden Fachreferaten des Auswärtigen Amtes diese Ur-
teile bekannt sind und geprüft wurden. Dazu gibt es Ver-
merke.

Aus guten Gründen, die ich in meiner Antwort ein-
gangs dargelegt habe, haben die Bundesregierungen da-
raus nicht die Konsequenz gezogen, das zum Bestandteil
der Verhandlungen zu machen, sondern sich die soeben
von mir dargestellte Strategie – wenn ein europäisches
Gericht das einmal überprüft, könnte das mehr zum
Rechtsfrieden beitragen als alles andere – zu eigen ge-
macht.

Sie werden mir nicht übel nehmen, dass ich nicht alle
Details der Analyse dieser Urteile – ich habe das alles ein-
mal gelesen – präsent habe. Es gibt keine eindeutigen Er-
gebnisse, auch nicht bei der Rechtsprüfung, dass das
zukünftig dem europäischen Recht widerspricht. Wie je-
der Rechtsfall ist auch dies ein spezieller. Ich äußere jetzt
eine Bitte. Angesichts der Tatsache, dass sich seit 1995 die




Staatsminister Dr. Christoph Zöpel
22732


(C)



(D)



(A)



(B)


deutschen Regierungen so verhalten und sich die Kom-
mission und das Europäische Parlament in einer adäqua-
ten Weise intensiv damit beschäftigen, sollten wir es nicht
zu einer Veränderung unseres Verhaltens kommen lassen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422931800
Frau Kollegin Rönsch
hat noch eine Nachfrage.


Hannelore Rönsch (CDU):
Rede ID: ID1422931900
Beab-
sichtigt der Herr Bundeskanzler, seine ursprünglich ge-
plante Reise in den nächsten Monaten anzutreten und,
wenn ja, wird er dann von Herrn Präsidenten Zeman eine
Entschuldigung einfordern?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das hatten wir doch schon!)


D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1422932000
Frau Kollegin, in der Bundesregierung ist der Ein-
druck entstanden, dass ein Besuch des Bundeskanzlers
vor den Wahlen zum tschechischen Parlament nach dem
heutigen Kenntnisstand nicht zur Klärung beitragen kann.
Was nicht zur Klärung beiträgt, stiftet keinen Nutzen. Be-
suche auf dieser Ebene sollten europäischen Nutzen stif-
ten. Daraus ist aus heutiger Sicht zu folgern, dass ein
solcher Besuch des deutschen Regierungschefs wohl
sinnvollerweise erst später stattfindet. Das ist der heutige
Stand.

Jetzt zu der Frage der Entschuldigung: Einzelne Men-
schen können sich entschuldigen. Zu der Frage, ob Herr
Zeman absichtlich jemanden beleidigen wollte, kann ich
nur sagen: Das Gespräch, das Bundesaußenminister
Fischer mit ihm geführt hat und an dem ich teilnehmen
konnte, hat für mich zureichend deutlich gemacht, dass er
nicht subjektiv-vorsätzlich Deutsche – in dem Fall Su-
detendeutsche – beleidigen wollte. In diesem Punkt gibt
es nach Meinung der Bundesregierung keine Kollektiv-
schuld und keine Kollektivverantwortung. Unter Zugrun-
delegung dieser Kategorien kann man sich dann auch
nicht entschuldigen.

Unsere Folgerung daraus ist: Wir hoffen, dass es nach
den Wahlen in Tschechien wieder mehr Möglichkeiten
gibt, Versöhnung zu stiften und wir in Deutschland nicht
dazu beitragen, Versöhnung zu erschweren.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422932100
Ich rufe die Frage 33
des Kollegen Peter Weiß auf:

Warum oblag die Leitung der deutschen Delegation bei der
Geberkonferenz für Mazedonien am 13. März 2002 dem Auswär-
tigen Amt, obwohl der weitaus größte Teil der dort getätigten
Zusagen in die Verantwortung des Bundesministeriums für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fällt?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1422932200
Frau Präsidentin! Herr Kollege, wir haben Richt-
linien der Bundesregierung, und zwar nach meinem Wis-
sen schon länger, als diese Bundesregierung im Amt ist.
Ich füge hinzu: Das ist auch gut so.


(Detlef Parr [FDP]: Der Spruch ist nicht gut!)


– Der Spruch, Herr Kollege, liegt im Rahmen der von mir
erwünschten Ausweitung der Toleranz im Innergesell-
schaftlichen – ein Punkt, in dem sich eigentlich Freie De-
mokraten und Sozialdemokraten immer einig waren.


(Lachen bei der FDP)

Ich bezog mich aber mehr auf Ihren vorherigen kleinen
Disput mit meiner Kollegin aus dem Gesundheitsminis-
terium darüber, ob wir denn nicht alles geändert hätten.
Wir haben nicht alles geändert und das ist in manchen Fäl-
len richtig so. So wollten Sie es doch.


(Dirk Niebel [FDP]: Ihr habt auch nicht alles besser gemacht!)


In diesen Richtlinien steht also, dass das Auswärtige
Amt bei internationalen Verhandlungen federführend ist
und ihm damit die Delegationsleitung obliegt, wenn es
nicht ein anders Ressort damit beauftragt.

Bei der Geberkonferenz in Mazedonien handelte es sich
um internationale Verhandlungen, die ausdrücklich im An-
nex des Ohrid-Abkommens vorgesehen waren. Innerhalb
der Bundesregierung bestand Einvernehmen darüber, dass
die Delegationsleitung angesichts des Kontextes beim Aus-
wärtigen Amt lag. Das Ministerium für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung war immer beteiligt. Die
Lösung ist einvernehmlich gefunden worden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422932300
Jetzt ist aber der Kol-
lege Weiß mit der ersten Nachfrage dran.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1422932400
Herr
Staatsminister, wenn alle althergebrachten Regelungen
und Traditionen weiter bestehen sollen, warum gibt es
dann seit dem 5. März dieses Jahres einen neuen Rund-
erlass des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes, Jürgen
Chrobog, zum Thema Koordination der Außenbeziehun-
gen und welche Koordinierungsprobleme bzw. Zustän-
digkeitsprobleme innerhalb der Bundesregierung waren
Anlass für diesen neuen Runderlass?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1422932500
Verübeln Sie es mir bitte nicht, aber die Überlegun-
gen der Beamten hinsichtlich der möglichen Zusatzfragen
haben trotz aller Weisheit der Beamten nicht zu dieser Zu-
satzfrage geführt. Da ich nicht gerne ins Blaue hinein
rede, kann ich Ihre Frage im Augenblick nicht beantwor-
ten. Runderlasse dieser Art dienen aus guten Gründen
dem Zusammenwirken der Mitarbeiter der Ressorts und
Herr Chrobog hat ihn sicherlich aufgrund seiner zu Recht
und gut wahrgenommenen Verantwortung erlassen. Ich
kenne den Erlass nicht und müsste ihn vorher lesen. Ich
bin aber gern bereit, Ihre Frage in einer anderen Frage-
stunde zu beantworten, worauf Sie einen Anspruch haben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422932600
Jetzt gibt es aber noch
eine zweite Nachfrage.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1422932700
Herr Staats-
minister, bedeuten Ihre grundsätzlichen Ausführungen




Staatsminister Dr. Christoph Zöpel

22733


(C)



(D)



(A)



(B)


und die vielleicht noch nachzuholende Lektüre des neuen
Runderlasses in Ihrem Hause, dass das Auswärtige Amt
künftig grundsätzlich bei allen Verhandlungen mit ande-
ren Staaten die Delegationsführung für sich beanspruchen
wird, also zum Beispiel auch bei Regierungsverhandlun-
gen im Zusammenhang mit Zusagen zur Entwicklungs-
zusammenarbeit, bei UN-Sonderkonferenzen unabhängig
vom Thema und der jeweiligen federführenden Zustän-
digkeit der Bundesressorts und unabhängig davon, wel-
che Mitglieder der Bundesregierung einer Delegation an-
gehören?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1422932800
Das bedeutet es nicht, wie entsprechendes Verhalten
auch deutlich macht. So hatte zum Beispiel die Bundes-
ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung die Delegationsleitung bei der Konferenz über
die Finanzierung der Entwicklung vor einigen Wochen in
Monterrey.

Im Fall der Geberkonferenz für Mazedonien hingegen
waren wir der Auffassung, dass der Zusammenhang des
Handelns besser hergestellt werden würde, wenn das Aus-
wärtige Amt diese Aufgabe übernimmt, weil das Auswär-
tige Amt am stärksten in diesen schwierigen Komplex der
Herbeiführung von friedlichen Lösungen in Mazedonien
involviert war. In Monterrey haben wir die Federführung
der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenar-
beit für richtig gehalten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422932900
Ich danke Herrn
Staatsminister für die Beantwortung der Fragen. Die Fra-
gen 34 und 35 werden schriftlich beantwortet.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer
Staatssekretär Matthias Berninger zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 36 des Kollegen Detlef Parr auf:
Wie reagiert die Bundesregierung darauf, dass Beamte der

Europäischen Kommission die Bundesregierung für ihre bishe-
rige Ablehnung eines Totalverbots der Tabakwerbung öffentlich
kritisiert und ein Totalverbot der Tabakwerbung durch die Welt-
gesundheitsorganisation (WHO) gefordert haben – vergleiche
„Financial Times Deutschland“ vom 19. März 2002 – ?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422933000
Herr Kollege Parr, für die Bundesregie-
rung beantworte ich die Frage wie folgt: Die Bundesre-
gierung unterstützt grundsätzlich alle Bestrebungen auf
EU- und internationaler Ebene, die negativen Folgen des
Tabakkonsums zu reduzieren. Dazu gehören auch Ein-
schränkungen der Tabakwerbung. Die Bundesregierung
steht in diesem Zusammenhang mit der Tabakindustrie im
Gespräch über weitere Restriktionen, insbesondere zum
Schutz von Jugendlichen.

Allerdings müssen wir darauf achten, dass die Kompe-
tenzordnung der Europäischen Union gewahrt bleibt. Da
dies bei der ersten Tabakrichtlinie aus dem Jahre 1998 mit
sehr umfangreichen Werbeverboten nicht der Fall war, hat
der Europäische Gerichtshof diese für nichtig erklärt.

Gemäß diesem EuGH-Urteil setzt sich die Bundesregie-
rung auch bei den neuen Richtlinien zur Tabakwerbung
für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf die
grenzüberschreitenden und damit binnenmarktrelevanten
Tatbestände ein.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422933100
Herr Kollege Parr zu
einer ersten Zusatzfrage, bitte.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1422933200
Herr Staatssekretär, im „The Lancet“
gab es heftige Vorwürfe gegen die alte und die neue Bun-
desregierung. Ich würde von Ihnen gerne wissen, welche
Erkenntnisse die Bundesregierung bezüglich der Wirkung
der Tabakwerbung auf den Konsum hat.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422933300
Herr Kollege Parr, zunächst einmal ist
völlig richtig, dass ein britisches medizinisches Fachjour-
nal die Bundesregierung sehr deutlich attackiert hat. Hin-
tergrund der ganzen Angelegenheit ist, dass die Tabak-
lobby in den Vereinigten Staaten dazu gezwungen wurde,
ihre Archive zu öffnen. Diese Archive werden jetzt von
Wissenschaftlern durchforstet. Die Akten wurden nicht
im Vorfeld vernichtet, sodass man sehr viele höchst deli-
kate Briefe aus den 80er-Jahren, insbesondere solche, die
den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und die da-
malige englische Regierungschefin Margaret Thatcher
betreffen, gefunden hat.

Aus dieser Korrespondenz geht hervor – die Tabak-
lobby hat sich jedenfalls dafür bedankt –, dass beide in en-
gem Kontakt mit der Tabaklobby gestanden und in den
80er- und 90er-Jahren durch eine Verschleppungsstrategie
verhindert haben, dass eine EU-Richtlinie über die bin-
nenmarktrelevante Tabakwerbung erlassen wurde. Diesen
Umstand kann ich nicht weiter beurteilen.

Ich möchte Ihre zweite Frage beantworten. Offensicht-
lich gibt es einen Zusammenhang zwischen einer jugend-
gerechten Tabakwerbung und dem in den letzten Jahren
immer weiter sinkenden Einstiegsalter beim Tabakkon-
sum. Der Lösung dieses Problems widmen wir uns von-
seiten der Bundesregierung in besonderer Weise. Ich finde
es sehr besorgniserregend, dass das Durchschnittsalter in-
zwischen auf 13,6 Jahre gesunken ist. Damit wir hier Ta-
cheles reden, nenne ich Ihnen einen der Hersteller, näm-
lich Joe Camel. Die Werbung der Firma Camel hat hier
einen besonderen Anteil. Ich denke, dies sollte man auch
in diesem Hause kritisieren.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422933400
Herr Kollege Parr hat
noch eine weitere Frage. Bitte.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1422933500
Die Wirkung der Camel-Werbung
haben Sie der Presse entnommen. In Bezug auf die Wir-
kung der Tabakwerbung auf den Konsum hätte ich von der
Bundesregierung gerne eigene Erkenntnisse dargestellt
bekommen.

Ich möchte eine Zusatzfrage im Hinblick auf die
Selbstverpflichtung der Tabakindustrie und der Automa-




PeterWeiß (Emmendingen)

22734


(C)



(D)



(A)



(B)


tenhersteller, die zum Beispiel dafür Sorge tragen wollen,
dass im Umfeld von Schulen und bei der Nutzung von Au-
tomaten entsprechende Einschränkungen Platz greifen,
stellen. Wie beurteilen Sie dies im Zusammenhang mit
den Bestrebungen für ein absolutes Werbeverbot?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422933600
Bei der Beantwortung Ihrer Frage habe
ich darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung in Ge-
sprächen mit der Tabakindustrie steht. Sie wissen, dass
wir keine grundsätzlichen Gegner von Selbstverpflich-
tungen, so sie denn tatsächlich ein Ziel erreichen, sind.

Hier muss man im Detail schauen, welche Angebote
vonseiten der Tabakindustrie gemacht werden und was
wir ihnen zusätzlich abhandeln können. Für mich gibt es
keine Kompromisse, wenn es um den Zugang von Ju-
gendlichen zu Tabakprodukten geht. Dies gilt insbeson-
dere auch bezüglich der Tabakwerbung, die junge Leute
als spezielle Zielgruppe hat. Ich denke, wir sollten hier für
absolute Klarheit sorgen.

Die Entwicklung, die nicht nur den Medien zu entneh-
men war, sondern anhand der Statistiken natürlich auch
im Bundesgesundheits- und Verbraucherschutzministe-
rium registriert worden ist, dass nämlich das Einstiegsal-
ter der Raucherinnen und Raucher im Durchschnitt immer
niedriger wird, ist keinesfalls akzeptabel und darf durch
Werbe- oder Marketingstrategien der Tabakwirtschaft
nicht befördert werden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422933700
Hierzu gibt es jetzt
eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Dr. Thea Dückert.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422933800

Herr Staatssekretär, ich möchte gerne von Ihnen wissen,
wie sich die Bundesregierung zur Antiraucherinitiative
des Herrn Byrne verhalten hat.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422933900
Herr Kommissar Byrne hat im Rahmen
der Verhandlungen um die Zukunft der Tabakmarktord-
nung im Agrarrat die Position vertreten, dass ein immer
größerer Anteil der EU-Gelder, die bisher für den Ta-
bakanbau ausgegeben wurden, nun für Öffentlichkeits-
kampagnen gegen den Tabakkonsum eingesetzt werden
soll. Wir haben dies kräftig unterstützt.

Wir werden im nächsten Jahr 30 statt 20Millionen Euro
für die Kampagne ausgeben. Ich gehe davon aus – die EU-
Kommission hat hier unsere volle Unterstützung –, dass
wir ab dem Jahre 2004 diesen Betrag mit der Folge ver-
doppeln können, dass die EU dann erhebliche Mittel in
der Hand hat, um ihrerseits mit öffentlichen Kampagnen
gegen den Tabakkonsum besonders die Zielgruppe der
jungen Leute zu erreichen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422934000
Wir bleiben beim
Thema Tabakwerbung. Ich rufe die Frage 37 des Kollegen
Detlef Parr auf:

Hat die Bundesregierung einem Verhandlungsmandat an die
Europäische Kommission zugestimmt, das diese ermächtigt, bei
den Beratungen über eine internationale Tabakkonvention der
WHO auch über ein Totalverbot der Tabakwerbung zu verhan-
deln?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422934100
Die Bundesregierung hat im April 2001 einer
Ausweitung der Ermächtigung der Kommission, ein WHO-
Rahmenübereinkommen zur Bekämpfung des Tabakkon-
sums und zu damit zusammenhängenden Protokollen aus-
zuhandeln, zugestimmt. Das am 22.Oktober 1999 gegen die
Stimme Deutschlands erteilte ursprüngliche Mandat war
auf die Fragen begrenzt, die gemäß den Art. 95 und 152
des EG-Vertrages in die Zuständigkeit der Gemeinschaft
fallen.

Herr Kollege Parr, Bezug nehmend auf meine Antwort
auf Ihre erste Frage: Unserer Meinung nach liegt genau
das, was nicht binnenmarktrelevant ist, nicht in der Zu-
ständigkeit der Europäischen Gemeinschaft. Vor diesem
Hintergrund haben wir nicht erkennen können, dass die
EU-Kommission hier ein Verhandlungsmandat für die
Themenbereiche hat, die vom Europäischen Gerichtshof
als nicht im Zuständigkeitsbereich der Kommission lie-
gend betrachtet wurden. Insofern ergibt sich als Beant-
wortung der Frage, dass es von unserer Seite kein umfas-
sendes Verhandlungsmandat für diesen Themenkomplex
gegeben hat, wofür wir als Bundesrepublik Deutschland
– auch das war den Medien zu entnehmen – vonseiten der
WHO heftig kritisiert worden sind.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422934200
Eine kurze Zusatz-
frage des Kollegen Parr; dann ist die Zeit für die Frage-
stunde vorüber.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1422934300
Ich danke der Präsidentin für die
Großzügigkeit.

Über Zuständigkeiten zu diskutieren ist die eine Seite.
Die Frage ist, was die Bundesregierung tun wird. Steuert
die Bundesregierung auf ein totales Werbeverbot zu?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422934400
Ich habe in meiner ersten Antwort darauf
hingewiesen, dass wir in unseren Gesprächen mit der Ta-
bakindustrie auch über Selbstverpflichtungen reden. Dies
ist ein Thema, über das wir intensiv diskutieren. Wir ha-
ben noch kein konkretes Ergebnis.

Über die Frage, ob es ein vollständiges Tabakwerbe-
verbot zum Beispiel für solche Zeitschriften geben wird,
die nur auf dem deutschen Markt erscheinen, wird die
Bundesregierung im Rahmen der Kompetenzordnung der
Europäischen Union dann entscheiden, wenn ein Angebot
der Tabakwirtschaft vorliegt. Wenn dieses Angebot nicht
ausreichend ist, wird dieses Thema erneut zu erörtern
sein. Dies ist aber unabhängig von der Frage, welche
Kompetenzen wir als Bundesrepublik Deutschland im
Rahmen der Kompetenzordnung bereit sind an Brüssel
abzugeben.




Detlef Parr

22735


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422934500
Damit ist die Frage-
stunde beendet.

Wie üblich werden alle noch nicht beantworteten Fra-
gen schriftlich beantwortet.

Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 2 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der SPD
Haltung der Bundesregierung zum Insolvenz-
antrag der Kirch-Media AG

Erster Redner in dieser Debatte ist der Staatsminister
Julian Nida-Rümelin.

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422934600
Frau Präsidentin, ich hatte mich eigentlich da-
rauf eingestellt, am Ende dieser Debatte zu sprechen.
Aber es macht gar nichts, dass das jetzt umgestellt wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, obwohl es ver-
führerisch ist, die Kirch-Insolvenz auch für vordergründige
Polemiken zu nutzen, muss sie uns vor allem Anlass dazu
sein, die Medienordnung in Deutschland, in Europa und
auch im globalen Zusammenhang kritisch auf den Prüf-
stand zu stellen. Schon seit Monaten führen wir im Rahmen
der Europäischen Union eine Diskussion über die Prinzi-
pien einer europäischen Medienordnung. So wird etwa die
Fernsehrichtlinie novelliert werden, was Auswirkungen
auf die Medienlandschaft in Deutschland haben wird.

Ich beschränke mich auf einige wesentliche Thesen, die
ich zur Diskussion über die Konsequenzen aus der Kirch-
Insolvenz beisteuern möchte und die wegen des Sachzu-
sammenhanges zum Teil über den Zuständigkeitsbereich
des Bundes hinausgehen. Die gegenwärtigen Zuständig-
keiten für Kontrolle und Aufsicht sind in Deutschland un-
übersichtlich. Wir hatten Mühe genug, etwa im Bereich
des Jugendschutzes eine tragfähige Lösung zu finden, die
von den Ländern und dem Bund gemeinsam verantwortet
werden kann.

Die erste These: Die Kirch-Insolvenz ist ein Warnsi-
gnal im Hinblick auf die Verflechtung von politischen und
medienpolitischen Interessen einerseits und medienwirt-
schaftlichen Privatinteressen andererseits.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Angela Marquardt [PDS])


Über die Details wird in den nächsten Wochen noch disku-
tiert werden. Aber es steht ganz außer Frage, dass es eine
enge Verflechtung gibt – welche Rolle die Bayerische Lan-
desbank dabei gespielt hat, darüber wird noch diskutiert wer-
den – und dass die risikofreudige Strategie von Kirch auch
mit dieser Verflechtung zu tun hat. Dass er entsprechende po-
litische Rahmenbedingungen vorgefunden hat, die ihm erst
sein risikofreudiges Verhalten in diesem Umfange ermög-
licht haben, steht für mich jedenfalls außer Frage.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Grietje Bettin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Hier stellt sich natürlich die Anschlussfrage, welches
die Konsequenz daraus sein kann. Eine Konsequenz, über

die wir diskutieren müssen – wie gesagt, es ist Sache der
Länder, das dann politisch zu realisieren –, läuft auf die
Frage hinaus, ob in der gegenwärtigen Struktur der Me-
dienordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht auf-
grund von Standortkonkurrenz das öffentliche Interesse
an Medien- und Meinungsvielfalt sowie an hinreichend
viel politischer und kultureller Berichterstattung in unse-
rem Land unterlaufen wird und wir die Instrumente, die
im Rahmen der Medienaufsicht der Länder zur Verfügung
stehen, erst dann wirksam zum Einsatz bringen können,
wenn die Zuständigkeiten der Länder stärker koordiniert
sein werden. Das geht bis hin zu einer gemeinsamen, ko-
ordinierten Medienaufsicht der Länder gegenüber den
verschiedenen privaten Rundfunkveranstaltern.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Die zweite These: Für mich liegt auf der Hand, dass wir
alles tun müssen, damit Deutschland vielleicht kein gutes
– viele wünschen sich ein besseres –, aber zweifellos das
beste frei empfangbare Fernsehsystem der Welt behält.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese Tatsache hängt ganz eng damit zusammen, dass wir
einen starken öffentlich-rechtlichen Hörfunk und ein star-
kes öffentlich-rechtliches Fernsehen haben. Wir müssen
alles tun, damit der öffentlich-rechtliche Sektor nicht mar-
ginalisiert wird.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Man stelle sich einmal die schlimme Vision einer Mar-
ginalisierung des öffentlich-rechtlichen Sektors vor und
bedenke dabei, dass das Internet eine immer größere Rolle
spielt – Stichwort Konvergenz – und die öffentlich-recht-
lichen Sender dort wenig Spielräume haben und dass es
deutliche Warnsignale im Hinblick auf eine Überalterung
der Zuschauer gibt. Ferner ist hier an eine Werbevermül-
lung des frei empfangbaren privaten Fernsehangebots zu
denken. Noch sind wir nicht so weit; aber wir diskutieren
über eine weitgehende Liberalisierung der Werbemöglich-
keiten privater Anbieter im frei empfangbaren Fernsehen.
Damit ginge eine geringere Attraktivität des frei empfang-
baren Fernsehens einher, was zugegebenermaßen die von
manchem wirtschaftlich gewünschte Folge hätte, dass das
Pay-TV entgegen der jetzigen Situation wirtschaftlich at-
traktive Perspektiven böte.

Pay-TV ist gegenwärtig deswegen wenig attraktiv für
die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, weil es hier
ein so gutes frei empfangbares Fernsehangebot gibt. Das
hat sich Kirch offensichtlich falsch ausgerechnet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Eine Entwicklung in der Richtung, wie sie etwa in den
Vereinigten Staaten von Amerika oder auch in Italien zu
beobachten ist, wo das frei empfangbare Fernsehen ein
Niveau erreicht hat, das einen nachdenklich stimmen
muss – wer das einmal erlebt hat, wird mir sofort zustim-
men –, ist meiner Meinung nach nicht wünschenswert.






(C)



(D)



(A)



(B)


Die dritte Debatte, die wir meiner Meinung nach
führen müssen, befasst sich mit der Frage, wie viel Markt
mit hinreichend viel Struktur vereinbar ist. Ich sage das
bewusst so abstrakt. Es gilt, ein Spannungsverhältnis zwi-
schen den von allen – auch von allen Ökonomen – an-
erkannten nivellierenden Tendenzen eines globalen Me-
dienmarktes einerseits und dem Ziel globaler kultureller
Vielfalt einschließlich nationaler Identitäten andererseits
zu bewahren. Daran, dass es dieses Spannungsverhältnis
gibt, lässt sich nicht rütteln. Merkwürdigerweise wird
diese Diskussion in Frankreich, Italien, den anderen süd-
europäischen Ländern und in Südamerika sehr viel inten-
siver geführt als bei uns. Aber auch wir müssen diese Dis-
kussion führen. Es kann schließlich nicht die Rede davon
sein, dass die Produkte, die von den Medienunternehmen
angeboten werden, lediglich private Güter im Sinne der
Ökonomie bzw. privat konsumierbare Güter sind,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


sondern es geht dabei offensichtlich auch – nicht nur, aber
auch – um öffentliche Güter, etwa das Bildungsniveau in
der Bundesrepublik Deutschland und das Maß der Infor-
miertheit über politische Vorgänge. Ein völlig unpoli-
tisches, reines Unterhaltungsprogramm ist selbst Politik.
Es trägt nämlich zur Entpolitisierung bei.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


Deswegen kann es auf der einen Seite – auch im Hin-
blick auf Regionen, die wirtschaftlich weit schwächer
sind als die Bundesrepublik Deutschland – nicht sakro-
sankt sein, darüber zu diskutieren, wie wir Staatsferne
sichern können. Das kann auch für uns aktuell werden,
wenn Berlusconi doch noch versucht, bei uns einzustei-
gen und die bestehende Situation auszunutzen. Es geht
nicht an, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland
Staatsferne gesichert haben – wobei ich mir vorstellen
kann, dass die Staatsferne noch deutlicher gemacht und
auch noch stärker in das System unserer Medienordnung
implementiert werden kann, als dies gegenwärtig der Fall
ist – und dass dann von ausländischer Seite ein Minister-
präsident dieses Gebot der Staatsferne unterläuft.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Und was ist mit den Staatsbürgschaften?)


Auf der anderen Seite müssen wir darauf achten, dass
Regionen – insbesondere solche, die wirtschaftlich
schwächer sind; die Bundesrepublik Deutschland stellt,
wie gesagt, nicht das führende Beispiel dar – nicht von in-
ternational agierenden Medienkonzernen ihrer kulturellen
Identität beraubt werden. Dass dies ein schwieriger Ba-
lanceakt ist, ist mir bewusst.


(Beifall bei der SPD)

Deswegen stellt es auch kein Vergehen gegen den Geist
des freien Marktes dar, wenn wir Regelungen einführen,
wie sie in Großbritannien, Australien, in den USA, in Bra-
silien und in vielen anderen Ländern selbstverständlich
sind,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Oh! Oh!)


die die ausländische Kapitalbeteiligung an Medienunter-
nehmen beschränken, wobei damit im EU-Rahmen natür-
lich nur Kapital außerhalb der Europäischen Union ge-
meint sein kann, weil es innerhalb der Europäischen Union
keinen Unterschied zwischen inländischem und ausländi-
schem Kapital gibt. Solche Beschränkungen halte ich als
Teil eines Konzepts einer Medienordnung, die auch global
Bestand haben kann, für selbstverständlich.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Was? Sie sind doch Weltbürger!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422934700
Jetzt spricht der
Bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Dr. Otto
Wiesheu.


(Horst Kubatschka [SPD]: Darf er jetzt wieder? Vorher durfte nur der Huber sprechen! – Gegenruf von der CDU/CSU: Du Schreihals!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422934800
Bei uns
darf jeder sprechen. Wie das bei Ihnen ist, weiß ich nicht.


(Lachen bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Ein bisschen Ehrlichkeit wäre schon angebracht!)


Die laufenden Verhandlungen über die Lösung der
Probleme, die im Zusammenhang mit der Insolvenz von
Kirch-Media aufgetreten sind – diese betreffen nicht die
Holding, nicht das Pay-TV und auch nicht die Beteiligun-
gen –, werden mit dem Ziel geführt, den Konzern und die
Arbeitsplätze so weit wie möglich zu erhalten. Auf alle
Fälle ist es das erklärte Ziel der Banken wie der Insol-
venzverwalter, den Kirch-Konzern als integrierten Me-
dienkonzern im jetzt laufenden geregelten Insolvenzver-
fahren zu erhalten. Es wurde auch zugesagt, die nächste
Rate für die Übertragung der Bundesliga zu zahlen und
Verhandlungen über die nächste Saison aufzunehmen. Ich
stehe deswegen auf dem Standpunkt: Hier muss eine Lö-
sung gefunden werden – sie wird auch gefunden wer-
den –, die marktwirtschaftlich ist und die ohne Staats-
zuschüsse und staatliche Bürgschaften auskommt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Hilfsangebot des Herrn Bundeskanzlers – ich

frage mich, warum er überhaupt ein solches Angebot ge-
macht hat – war überflüssig.


(Hubertus Heil [SPD]: Es ist ja auch alles in Butter!)


Er hat gesagt: Das, was bei Holzmann richtig war, ist auch
bei Kirch nicht falsch. Dazu kann ich nur sagen: Er hat
nichts dazugelernt; denn das, was schon bei Holzmann
falsch war, ist auch bei Kirch nicht richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es laufen Verhandlungen über die Filmrechte und die
Fußballübertragungsrechte. Diese Verhandlungen werden
von denjenigen geführt, die die Verantwortung tragen.




Staatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin

22737


(C)



(D)



(A)



(B)


Nun möchte ich auf das Thema der ausländischen
Investoren zu sprechen kommen, das auch schon Herr
Nida-Rümelin angesprochen hat. Herr Clement hat vor ei-
niger Zeit öffentlich gesagt, dass er verfassungsrechtlich
prüfen lassen werde, ob der Einstieg von Murdoch und
Berlusconi bei Kirch gegen Art. 5 des Grundgesetzes ver-
stoße. Das ist in mehrerer Hinsicht erstaunlich: Erstens.
Wenn Bertelsmann in den USA, in Frankreich, in Italien
oder, wie jetzt angekündigt, in Spanien investieren würde
und wenn als Reaktion darauf die Aussage käme, hier hat
ein Deutscher nichts verloren, dann würde man sich sehr
wundern.


(Hubertus Heil [SPD]: Aha, Sie sind für Berlusconi?)


Manche nehmen also eine sehr seltsame Position im Hin-
blick auf den Einstieg von Murdoch und Berlusconi ein.

Zweitens. Als Bertelsmann in den USA investiert hat,
hat es eine solche Debatte, wie wir sie jetzt führen, dort
nicht gegeben. Man hätte sie dort im Hinblick auf unsere
internationale Wirtschafts- und Medienordnung als voll-
kommen abwegig betrachtet.

Drittens. Es war Herr Clement selbst – das belegt,
warum die jetzige Debatte scheinheilig ist –, der Herrn
Murdoch nachgelaufen ist und ihn nach Deutschland ge-
holt hat. Herr Murdoch ist doch längst da: Er ist mit
49,5 Prozent an Vox beteiligt. Er hält auch noch andere
Beteiligungen. Herr Clement hat sich gerühmt, im Jahr
1998 Herrn Murdoch in Los Angeles besucht und zwei
Stunden mit ihm verhandelt zu haben. Herr Clement hat
damals gesagt: Herr Murdoch ist ein hochinteressanter
Typ, den man auf Dauer nicht aus Deutschland heraus-
halten sollte. Das sind die Fakten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist ziemlich scheinheilig, wenn hier anders argumen-
tiert wird.


(Hubertus Heil [SPD]: Da kennen Sie sich aber aus!)


Schließlich ist das deutsche Medienrecht auch für je-
den ausländischen Investor verbindlich. Sie sollten den
Artikel lesen, der am 6./7.April in der „Süddeutschen Zei-
tung“ unter der Überschrift „Kirch – Heuchler und Böse-
wichte“ erschienen ist; denn dort wird darauf hingewie-
sen, dass ausländische Investoren, egal woher sie
kommen, nach den medienrechtlichen Vorschriften ge-
nauso behandelt werden müssen wie die inländischen.

Zur Kritik von Herrn Clement an Herrn Kirch und an
den Vorgängen in dessen Konzern: Es war, glaube ich,
auch im Jahr 1998, als Herr Clement in einer Debatte im
nordrhein-westfälischen Landtag gesagt hat, wenn Kirch
kommen würde, würde er ihm den roten Teppich ausrol-
len. Herr Clement hat Herrn Kirch seinerzeit angeboten,
ihm unbesehen einen Kredit in Milliardenhöhe bei der
WestLB zu beschaffen, wenn er in Nordrhein-Westfalen
investiere. Das sind auch Fakten, an die sich heute nie-
mand mehr erinnern möchte.


(Zuruf des Abg. Horst Kubatschka [SPD])

– Nein, ich sehe die Zusammenhänge.

Der Bundeskanzler hat zuerst eine nationale Lösung
angepriesen. Dann ist er vorsichtiger geworden und hat
nur noch gesagt, er lehne internationale Investoren nicht
grundsätzlich ab. Was ist denn die Rolle des Herrn Bun-
deskanzlers bei diesem Thema?


(Hubertus Heil [SPD]: Was? Die Rede ist von Herrn Stoiber! – Horst Kubatschka [SPD]: Was ist die Rolle von Bayern?)


– Ich rede von den Gesamtzusammenhängen. – Ende Ja-
nuar hat es in Hannover ein Treffen zwischen Herrn
Breuer, Herrn Bundeskanzler Schröder, Herrn Middelhoff,
dem Vorstandsvorsitzenden bei Bertelsmann, und Herrn
Erich Schumann, dem Mitgeschäftsführer der „WAZ“,
gegeben.


(Zuruf des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD])

– Ich glaube schon, dass Sie das stört; denn jetzt kommen
die Wahrheiten auf den Tisch.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Haltet den Dieb!)


Bei diesem Treffen wurde die Lage erörtert und darüber
diskutiert, wie man bei einem Zusammenbruch des
Kirch-Konzerns – es wurde also schon damals davon ge-
sprochen – Murdoch und deutsche Investoren bedienen
könne. Ich frage Sie – das ist auch interessant –: Warum
war denn die „WAZ“ bei dem Thema dabei? Warum war
Bertelsmann dabei?


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Kommen Sie mal auf das Versagen der Bayerischen Staatsregierung zu sprechen!)


– Moment! – Warum verspricht Schröder Herrn Murdoch
bereits zu diesem Zeitpunkt, er würde Pay-TV bekommen?


(Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: So einen Eiertanz haben wir noch nicht erlebt!)


Ende Januar zerteilt der Bundeskanzler einen Konzern,
der ihm nicht gehört, bei dem er nichts mitzureden hat und
wobei Voraussetzung natürlich die Insolvenz ist. Eine
Woche später nimmt der Herr Breuer Stellung und sagt,
Kirch ist nicht mehr kreditwürdig, was für einen Banker
absolut ungewöhnlich ist.


(Hubertus Heil [SPD]: Jetzt hat die Bundesregierung das Unternehmen kaputtgemacht! So einen Quatsch wollen Sie doch wohl nicht erzählen!)


Es gibt eine Rolle, die der Herr Kanzler hier spielt. Ich
frage Sie: Was berechtigt den Bundeskanzler, Ende Januar
über die Zerlegung des Kirch-Konzerns zu debattieren
und Zusagen zu machen, deren Einhaltung die Insolvenz
voraussetzt?


(Horst Kubatschka [SPD]: Wir sind hier nicht im Bayerischen Landtag, wo Sie so einen Schmarrn erzählen können!)


Eine Woche später kommt der Herr Breuer mit seiner
Äußerung und beschleunigt den gesamten Prozess.




Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister (Bayern)

22738


(C)



(D)



(A)



(B)


Ihnen geht es um etwas ganz anderes. Als der Kanzler
vor einiger Zeit seine Kampagne gegen Springer an-
gekündigt hat


(Zuruf der Abg. Monika Griefahn [SPD])

– Sie sollten sich etwas beruhigen und zuhören –, ist ziem-
lich klar geworden, dass es ihm um die Springer-Beteili-
gung bei Kirch geht. Das war auch der Grund dafür, dass
die „WAZ“ dort teilgenommen hat.


(Monika Griefahn [SPD]: Sagen Sie, was Sie gemacht haben, und nicht, was der Bundeskanzler gemacht hat!)


Der Bundeskanzler hätte gern die Anteile, die Kirch
an Springer hat, der „WAZ“ zugespielt, weil diese einen
politischen Kurs verfolgt, der ihm gefällt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist mit der Hintergrund dafür


(Monika Griefahn [SPD]: Erzählen Sie endlich einmal, was Sie gemacht haben!)


– Sie sollten Ihre Stimme schonen –, dass der Bundes-
kanzler hierbei eine Rolle gespielt hat, und zwar keine
gute Rolle.


(Monika Griefahn [SPD]: Sagen Sie mal, was die bayerische Landesregierung gemacht hat, und nicht, was der Bundeskanzler gemacht hat! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Wer hat denn die Bürgschaften gegeben?)


– Regen Sie sich nur auf!
Ich habe Herrn Nida-Rümelin und seine Thesen über

die Staatsferne des Rundfunks gehört.

(Hubertus Heil [SPD]: Der Bayerische Rundfunk!)

Das war sehr schön und sehr abstrakt gesprochen. Um was
es tatsächlich geht, ist aber die Parteinähe bestimmter
Medien, die Sie in einigen Bereichen vermissen, die Sie
gern hätten.


(Lachen bei der SPD – Zurufe von der SPD: Zur Sache!)


– Aber natürlich! Entschuldigung! Es gab die Ankündi-
gung des Kanzlers, er werde eine große Kampagne gegen
Springer fahren – das ist vielleicht eine Reminiszenz an
seine Jusozeit, aber das hat er vor ein paar Monaten wie-
derholt – , weil ihm der politische Kurs dort nicht passt.


(Monika Griefahn [SPD]: Sagen Sie, was Sie als Bayerische Staatsregierung machen und wofür Sie Verantwortung haben!)


Da er die Kampagne nicht fahren konnte, probiert er es
jetzt auf eine andere Weise, indem er Anteile des Konzerns
an Medienkonzerne verschiebt, die ihm politisch nahe ste-
hen. Das ist die Aktivität, die gelaufen ist. Das ist auch die
Aktivität, die Ende Januar gelaufen ist. Einen anderen
Sinn hatte das Gespräch nicht. Vielleicht können Sie ein-
mal darlegen, ob über andere Themen gesprochen worden
ist. Das war also der Hintergrund. Gleichzeitig ist dem

Herrn Murdoch zugesagt worden, er könne sich am Pay-
TV beteiligen oder es übernehmen.


(Hubertus Heil [SPD]: Warum ist Kirch Pleite gegangen? Haben Sie dazu etwas gesagt?)


Wenn sich Herr Schröder beim Kirch-Konzern als Ret-
ter aufspielen will, Monate vorher aber als Brandstifter
mit tätig war,


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Ein bisschen näher an der Wahrheit kann im Bundestag nicht schaden! – Wolfgang Weiermann [SPD]: Sie sind ein Witzbold!)


dann ist das – um einen Begriff des Herrn Schröder zu ge-
brauchen – menschlich unanständig und schäbig.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Haltet den Dieb! Haltet ihn! – Weiterer Zuruf von der SPD: Unglaublich!)


Zu dem Treffen gibt es eine Vorgeschichte. Auch da-
rüber sollten Sie sich informieren lassen. Der Minister-
präsident von Niedersachen


(Monika Griefahn [SPD]: Sagen Sie was zu Bayern!)


hat einen Untersuchungsausschuss empfohlen. Was den das
kümmert, weiß ich nicht. In einem solchen Untersuchungs-
ausschuss könnte man alle Beteiligten fragen, welche Rolle
sie eigentlich gespielt haben, und könnte man nach dem
Drehbuch fragen, das für einige vorgelegt worden ist.

Dass der Kirch-Konzern finanziell angeschlagen war,
ist bekannt.


(Zurufe von der SPD: Aha! – Seit wann?)

Dass durch eine öffentliche Erörterung der Probleme die
Prozesse beschleunigt worden sind und eine Sanierung
ohne Insolvenz unmöglich gemacht worden ist, ist auch
bekannt. Dann kann man auch das Thema der Kreditver-
gabe durch die Landesbank erörtern; darauf wird man
aber sicher sowieso noch näher eingehen.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das bei der Landesbank war sicher der Herr Clement! – Weiterer Zuruf von der SPD: Nein, da war der Bundeskanzler!)


Der bei der Landesbank zuständige Dezernent – das muss
ich Ihnen bei dieser Gelegenheit mitteilen – war der Prä-
sident selbst. Präsident Lehner kommt von der Münche-
ner Sparkasse und ist bekanntermaßen SPD-Mitglied.
Aber Sie werden sich sicher nicht vorstellen können, dass
bei der Bayerischen Landesbank ein SPD-Mitglied Präsi-
dent werden kann.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422934900
Herr Staatsminister,
darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir uns in
einer Aktuellen Stunde befinden, in der die Redezeiten
streng begrenzt sind.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422935000
Ja, das
weiß ich. Meine Redezeit ist aber auf zehn Minuten fest-
gelegt.




Dr. Otto Wiesheu, Staatsminister (Bayern)


22739


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422935100
Diese zehn Minuten
sind schon um.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422935200
Entschul-
digung. Das war mir nicht bekannt.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt eine Uhr am Redepult! Da steht es drauf!)


Ich dachte, ich hätte noch ein paar Minuten Redezeit.
Ich hätte gern noch einige Ausführungen gemacht, will

meine Rede aber damit beenden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Horst Kubatschka [SPD]: Der Minister hat den Nockherberg mit dem Parlament verwechselt!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422935300
Nächste Rednerin in
der Aktuellen Stunde ist die Kollegin Christine Scheel für
die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422935400

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Wiesheu, es gibt anscheinend einige größere Unter-
schiede zwischen dem Bayerischen Landtag und diesem
Parlament. Die betreffen nicht nur die Redezeit. Norma-
lerweise reden wir hier in diesem Hause über die Sache,


(Zustimmung beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


darüber, wer für etwas zuständig ist, und darüber, wer,
wenn eine Pleite stattgefunden hat, dafür die Verantwor-
tung trägt. Darüber haben Sie leider kein einziges Wort
verloren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir sprechen hier heute über ein Lehrstück vor allem
der bayerischen Wirtschaftspolitik. Am Beispiel Kirch ist
nämlich besonders plastisch geworden, wie die bayeri-
schen Kompetenzen in der Wirtschaftspolitik wirklich
aussehen. Es ist schon eigenartig, Herr Wiesheu: 1997 ha-
ben Sie über die LfAversucht, einen Kredit für Leo Kirch
durchzubringen, der damit zu 100 Prozent von der bayeri-
schen Regierung getragen worden wäre, haben aber 1998
die Kompetenz für diesen Bereich entzogen bekommen.
Die Kompetenz für diesen Bereich ist in die Staatskanzlei
zu Minister Huber und zu Herrn Stoiber abgewandert.
Jetzt, da der Karren im Dreck steckt, werden Sie wieder
hervorgezaubert; die anderen tauchen ab. Das ist die Rea-
lität, wie in Bayern debattiert wird und welche Möglich-
keiten die Einzelnen in Bayern haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


Wir haben es hier – das ist eine sehr ernste Sache – mit
einem der größten Unternehmenszusammenbrüche in der
deutschen Nachkriegsgeschichte zu tun. Es ist, gemessen
an den Schulden in einer Größenordnung von mittlerweile
7,2 Milliarden Euro, die größte Pleite. Diese Summe ist
für einen normalen Menschen kaum vorstellbar. Wenn

man sich anschaut, wie das Ganze abgelaufen ist, dann
muss man feststellen, dass in Bayern Großunternehmen
– dazu gehört das Unternehmen Kirch – auf Kosten des
Mittelstandes hofiert worden sind, und zwar jahrelang.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es wurden über Jahre hinweg großzügig Kredite in Milli-
ardenhöhe an den Großkunden Kirch vergeben. Dieses
Geld aus der Schatulle der Bayerischen Landesbank stand
damit dem Mittelstand und den kleinen Handwerkern
nicht mehr zu Verfügung. Man muss sich also die gesamte
Situation hinsichtlich der Vergabekriterien anschauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Was für ein Blödsinn!)


Wenn man sich weiterhin anschaut, wer in dem Vergabe-
gremium der Bayerischen Landesbank sitzt, dann findet
man von Umweltminister Schnappauf über Herrn Staats-
minister Wiesheu und Innenminister Beckstein das halbe
Kabinett. Man braucht sich also nicht darüber zu wun-
dern, wie die bayerische Wirtschaftspolitik funktioniert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Angesichts dieser Situation müssen wir feststellen,
dass es eine ganz enge Verknüpfung von Staat und Wirt-
schaft gibt.


(Zuruf von der SPD: Eine Verfilzung!)

Herr Stoiber höchstpersönlich geriert sich als oberster
Medienplaner des Landes. Auch er jettet in der weltwei-
ten High Society umher und hat sich als Tête-à-tête mit
Murdoch getroffen. Lassen Sie doch diese wunderbaren
Erzählungen über andere, die Sie uns präsentiert haben!
Auch Herr Stoiber hat Herrn Murdoch in den Vereinigten
Staaten kontaktiert und hat Seilschaften zugunsten seines
Busenfreundes Kirch geknüpft.

Wenn wir untersuchen, wie versucht worden ist, an
Geld zu kommen, dann erkennen wir, dass es noch eigen-
artiger wird. Man wusste anscheinend, dass das Risiko
vor allem hinsichtlich der Formel 1 verdammt hoch ist.
Deswegen hat man unter an deren mit der Hypo-Vereins-
bank versucht, dieses Kreditrisiko etwas breiter zu
streuen. Die Hypo-Vereinsbank ist aber nicht darauf ein-
gegangen. Darum hat die Bayerische Landesbank den
Kredit trotz des hohen Risikos gewährt. Das spiegelt das
ausgeklügelte System wider, das sich in Bayern jahrzehn-
telang „bewährt“ hat.

Wenn man sich schließlich anschaut, dass Herr Stoiber
immer wieder öffentlich die Monstranz der freien Markt-
wirtschaft vor sich herträgt, aber in Hinterzimmern he-
rummauschelt, dann muss man sagen: In Bayern haben
wir mittlerweile eher eine Planwirtschaft als eine freie
Marktwirtschaft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es bleiben die Fragen offen, ob es in dem Spiel Verlie-
rer gibt und wer die bayerische Amigowirtschaft bezahlt.






(C)



(D)



(A)



(B)


Die Antwort ist längst bekannt: Der Steuerzahler zahlt die
Rechnung, und das gleich zweifach, nämlich einmal über
eine politisch motivierte Kreditvergabe ohne belastbare
Sicherheiten, die sich im Insolvenzverfahren höchstwahr-
scheinlich zulasten der Bayerischen Landesbank in Luft
auflösen und infolgedessen natürlich wiederum den Steu-
erzahler bzw. die Steuerzahlerin belasten, und zum Zwei-
ten über die Steuerausfälle, wenn die privaten Banken ihre
Kredite, die sie im Medienmoloch versenkt haben, von
der Steuer absetzen.

Ich muss Ihnen klar sagen, dass wir daraus folgendes
Fazit ziehen: Herr Stoiber hat auf der ganzen Linie ver-
sagt, und zwar als Wirtschaftspolitiker, als Medienpoliti-
ker und letztendlich auch als Landeschef. So jemand ist
Kandidat für die Bundestagswahl! Wir können erahnen,
was auf uns zukäme.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Ach du lieber Gott!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422935500
Für die FDP-Fraktion
hat jetzt der Kollege Hans-Joachim Otto das Wort.


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1422935600
Frau Präsi-
dentin! Frau Kollegin Scheel, mit den Krokodilstränen,
die Sie hier geweint haben, können Sie die ganze Sahara
zum Blühen bringen.


(Beifall bei der FDP)

Es ist doch wohl witzig: Wo waren Sie eigentlich, als Ihr
großer Kanzler Schröder so viel Geld für Holzmann her-
gegeben hat? Wo war da Ihr marktwirtschaftliches Enga-
gement? Jetzt regen Sie sich über die Landesbankbeteili-
gung auf.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Kein Pfennig ist geflossen! Nicht eine Mark! – Weitere Zurufe von der SPD)


– Versprochen hat!
Ich möchte mich aber mit dem seriöseren Teil der De-

batte beschäftigen. Also werde ich mich der Frage zu-
wenden, die Herr Nida-Rümelin aufgeworfen hat. Wir
sind uns darin einig, dass die Kirch-Pleite schon allein
deshalb ein Warnzeichen ist, weil sie in erster Linie
Folge einer verfehlten Medienordnung in Deutschland
ist.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist wohl wahr, dass Kirch unternehmerische Fehler
gemacht hat. Ich glaube, das gibt er selbst zu. Wenn Kirch
aber alleine verantwortlich wäre, könnten Sie mir nicht er-
klären,


(Zuruf von der SPD: Er war es ja auch nicht allein! Die Bayerische Landesbank war es auch!)


warum praktisch alle deutschen Privatsender immer tiefer
in die roten Zahlen rutschen. Das ist ein Problem, mit dem
wir uns hier offen beschäftigen müssen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Allerdings!)

Lieber Herr Nida-Rümelin, in diesem Zusammenhang
fällt mir der Spruch ein: Wasch mir den Pelz, aber mach
mich nicht nass. Wenn Sie gleichzeitig eine Stärkung des
öffentlich-rechtlichen Systems fordern


(Beifall des Abg. Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD])


und wenn Sie sich gegen die „Werbevermüllung“ – so ha-
ben Sie es formuliert – wenden,


(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

dann werden Sie auf der anderen Seite in Deutschland
keine Standortbedingungen finden, unter denen private
Fernsehsender erfolgreich wirken können.

In Deutschland haben wir das mit weitem Abstand teu-
erste öffentlich-rechtliche Rundfunksystem der Welt:
6,5 Milliarden Euro Gebühren pro Jahr. Wir haben rund
20 öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme. Mit dem
Geld der Steuerzahler werden für 400 Millionen Euro die
Fußballrechte für 2002 und 2006 gekauft. Welch eine Ver-
geudung! Die Gebühren der Fußballmuffel, die nicht die
Fußball-WM sehen wollen, werden mit dafür verwendet.

Wenn wir das duale Rundfunksystem und die Vielfalt
in Deutschland sichern wollen, dann müssen wir Lebens-
bedingungen schaffen, die es privaten Sendern erlauben,
Gewinne zu machen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn Sie sich dagegen wehren, werden wir die Dinge nie
in Ordnung bringen.

Das nächste Thema: Staatsferne. Sie fordern Staats-
ferne; das ist auch witzig! Herr Nida-Rümelin, ich habe
noch nie gehört, dass Sie beispielsweise die Beteiligungen
Ihrer Partei an Verlagshäusern kritisiert haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

An diesem Punkt hätte man sich über Staatsferne unter-
halten können. Herr Nida-Rümelin, wo waren Sie, als der
der SPD angehörende Ministerpräsident Clement bei der
Besetzung des ZDF-Intendantenpostens mitgemischt hat?
Tolle Staatsferne!

Meine Damen und Herren, zur Holzmann-Geschichte
möchte ich noch einmal die Kollegin Scheel ansprechen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich konnte nichts mehr sagen! Aktuelle Stunde!)


Ich rede sehr gerne über Staatsferne, aber gerade die
SPD ist es doch, die in wirklich unverschämter Weise
überall dort, wo sie die Ministerpräsidenten stellt, Perso-
nalpolitik betreibt, durchgreift und auf Intendantenwah-
len Einfluss nimmt. Das ist doch keine Staatsferne!


(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)





Christine Scheel

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(C)



(D)



(A)



(B)


Ich bin sehr damit einverstanden, dass sich die Landes-
banken – –


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Wohl noch nie in Bayern gewesen?)


– Ja, ich komme jetzt zu Bayern, kein Problem, Herr
Küster.

Wir sind natürlich dagegen, dass sich die Staatsbanken
überdurchschnittlich an den Risiken beteiligen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir sind sogar der Meinung, dass die Staatsbanken zu pri-
vatisieren sind. Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie da auf
unserer Seite wären. Wenn es um Staatsferne geht, Herr
Nida-Rümelin, haben Sie mit uns keine Probleme. Ich er-
warte aber von Ihnen konsequentes Verhalten. Sie können
nicht auf der einen Seite sagen, die Bayerische Landes-
bank muss sich raushalten, auf der anderen Seite aber sa-
gen, dass alles in Ordnung ist, was Herr Clement in Nord-
rhein-Westfalen mit der dortigen Landesbank macht.


(Zurufe von der FDP: So ist es! – Auf einem Auge blind!)


Das Dritte, Herr Nida-Rümelin, sind die Ausländer-
quoten: Ich finde es witzig, dass dieselbe SPD, die jahre-
lang Leo Kirch als den bayerischen Dunkelmann des
deutschen Fernsehens diffamiert hat, jetzt nach einer na-
tionalen Lösung schreit. Das ist doch wirklich enorm.
Jetzt höre ich von Herrn Wiesheu auch noch, dass Herr
Clement praktisch den Herrn Murdoch herbeigeredet und
ihn aufgefordert hat, in Nordrhein-Westfalen zu investie-
ren. Sie aber fangen mit Deutschtümelei und Quoten ge-
gen die Ausländer an.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Quatsch! Erzählen Sie doch nicht so einen Schwachsinn!)


Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass Sie
Berlusconi in keinem Fall werden fern halten können,
denn er ist EU-Bürger. Da geht Ihr Argument schon einmal
in die Irre. Wir sollten eigentlich froh sein, wenn kompe-
tente ausländische Medienunternehmer bereit sind, in die-
ser schwierigen Situation Geld zu investieren. Murdoch
beispielsweise ist bereit, 600 Millionen Euro für Premiere
zu bezahlen.


(Zuruf von der SPD: Berlusconi!)

– Ich habe gehört, dass Murdoch bereit ist, 600 Millionen
Euro zu investieren. Ich würde es, ehrlich gesagt, in der
Situation nicht machen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo haben Sie das gehört?)


Wenn er bereit ist, das zu tun, sollten Sie jetzt nicht mit
nationalen Quoten operieren.

Meine Damen und Herren, die Kirch-Pleite ist kein An-
lass für Hysterie, sie ist vor allen Dingen auch kein Anlass
für Deutschtümelei. Es droht keine Mediendiktatur und
keine Gleichschaltung der Medien, wenn ausländische
Investoren nach Deutschland kommen. Ich finde, die SPD
sollte einmal ihre Position überprüfen: Hier ruft sie jetzt

nach nationalen Lösungen, stellt sich aber sonst die ganze
Zeit als weltoffene Partei dar.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So sind sie!)

Die Kirch-Krise bietet wie fast alle Krisen große Mög-

lichkeiten und Chancen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422935700
Herr Kollege Otto, ich
muss Sie an die Zeit erinnern.


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1422935800
Ich möchte
Sie auffordern, die Chancen, die die Kirch-Krise für uns
alle bietet, im Zuge einer Reform der Medienordnung in
Deutschland beherzt aufzugreifen,


(Rolf Hempelmann [SPD]: Sie haben uns eine Chance eröffnet! Gott sei Dank!)


aber ihr nicht mit Hysterie und Deutschtümelei zu begeg-
nen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [SPD]: Hat der Otto eigentlich für die CSU oder für die FDP gesprochen? – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Wieder nicht aufgepasst!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422935900
Für die Fraktion der
PDS spricht jetzt die Kollegin Angela Marquardt.


Angela Marquardt (PDS):
Rede ID: ID1422936000
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Wirtschaftsliberale wollen
uns ja gelegentlich weismachen, dass Privatwirtschaft so
etwas wie das Gegenstück zu Politik und Staat ist.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Politik nicht!)


Trotzdem hat uns der Fall Kirch klar gemacht und ein Pa-
radebeispiel dafür geliefert, wie sehr beides zusammen-
hängen kann.

Die Geschichte des Medienimperiums Kirch beginnt in
den frühen 80ern. Die damals bestehende Koalition aus
CDU/CSU und FDP wollte dem vermeintlich linkslasti-
gen öffentlich-rechtlichen Rundfunk etwas entgegenset-
zen und hat sich für das Privatfernsehen stark gemacht.
Kohl und Strauß haben dabei von Anfang an auf Kirch ge-
setzt. Im Gegenzug hat dieser damals regelmäßig die pri-
vate Kohl-Reklameshow „Zur Sache, Kanzler“ im deut-
schen Fernsehen ausgestrahlt, gewissermaßen als Dank
für eine Unterstützung, die natürlich gerade auch aus
Bayern kam.

1989 machte dann Edmund Stoiber die Medienpolitik
zur Chefsache und beauftragte den Leiter der Staatskanz-
lei, Erwin Huber, den Standort Bayern in Sachen Me-
dienwirtschaft auszubauen. Ungeachtet der Kritik der da-
maligen Opposition setzte die Bayerische Staatsregierung
vor allem auf Herrn Kirch. So kam es, dass die Bayerische
Landesbank damals mit großzügigen Krediten – ich




Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

22742


(C)



(D)



(A)



(B)


glaube, fast 2 Milliarden Euro – die gewaltige Expansion
des Unternehmens finanzierte. Alle Warnungen, den
Kirch im Dorf zu lassen, wurden überhört und seine Ex-
pansion wurde zugelassen. Das Resultat kennen wir jetzt
alle; nicht umsonst debattieren wir heute darüber. Der
wirtschaftspolitisch ach so kompetente Kanzlerkandidat
hofft nun, aus der Sache fein herauszukommen.

Aber eines sage ich Ihnen: Ich glaube schon, dass die
Menschen im Land verstehen, dass hier nicht einfach nur
ein Unternehmer mit einem eigenwilligen Finanzkonzept
Pleite gegangen ist, sondern dass auch seine Amigos ge-
scheitert sind,


(Zustimmung bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


die unter Wirtschaftskompetenz vor allen Dingen politi-
sche Freundschaften und politische Einflussnahme ver-
stehen.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


Alles in allem ergibt sich ein klägliches Bild: Zuerst
wird die Privatisierung vorangetrieben, wenn diese aber
gegen den Baum gelaufen ist, werden die Rufe nach dem
Staat wieder laut, der helfen soll.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist eine Sache, die man der PDS oft genug vorwirft.
Diese Holzmann-Politik, die man meines Erachtens

auf die Formel „Gewinne privatisieren, Verluste soziali-
sieren“ bringen kann,


(Beifall bei der PDS)

ist eine Politik, unter der man nicht unbedingt Liberalis-
mus versteht, bzw. das scheint manchmal der Liberalis-
mus des Bundeskanzlers zu sein.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aber nicht meiner!)


Auch ich finde es erstaunlich, dass die Politik jetzt ver-
sucht, zumindest hinsichtlich der Investoren Einfluss zu
nehmen. Sonst freut man sich über ausländische Investo-
ren, aber hier beginnt man eine Debatte in Bezug auf
politische Einflussnahme. Die Angst vor politischer Ein-
flussnahme ist natürlich durchaus berechtigt. Aber das
wissen genau jene selbst am besten, die all die Jahre diese
politische Einflussnahme genossen haben.


(Beifall bei der PDS)

Insofern kann ich nur sagen: Die größten Kritiker der El-
che waren früher selber welche!


(Beifall des Abg. Dieter Maaß [Herne] [SPD])

Natürlich sind auch in meinen Augen weder Berlusconi

noch Murdoch besonders vertrauenswürdige Unterneh-
mer. Aber ich glaube, dass hier Politiker, Intendanten und
Medienunternehmer in seltener Eintracht zusammenrü-
cken. Der Fall Bertelsmann ist hier schon angesprochen
worden; dieses Unternehmen hat immerhin für schlappe
1,4 Milliarden Dollar die größte US-amerikanische
Verlagsgruppe übernommen.

Für die Sender Pro 7 und SAT 1 werden die Konse-
quenzen aus der Kirch-Pleite in meinen Augen längerfris-
tig eher gering sein. Was aber die Zukunft des defizitären
Pay-TV angeht, sind natürlich viele Fragen aufgeworfen
worden, und auch hinsichtlich des Digitalfernsehens ist
einiges offen.

Die Lehre – das ist vom Staatsminister angesprochen
worden – aus diesem Kabinettsstück des Kapitalismus
kann meines Erachtens nur sein, dass der öffentlich-recht-
liche Rundfunk gestärkt wird. Er ist ein Grundpfeiler der
Mediendemokratie.


(Beifall bei der PDS und der SPD – HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das ist aber ganz schön autoritär, was Sie hier sagen! Sie sind doch sonst viel freiheitsorientierter! Öffentlich-rechtlich ist doch langweilig!)


Wir dürfen den Versuchen, den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk anzugreifen und ihn zu gefährden, nicht Tür
und Tor öffnen. Der Fall Kirch zeigt, dass Medien keine
Ware sind. Man kann sie nicht ausschließlich dem Kar-
tellrecht unterordnen und man darf sie nicht zur Ware ma-
chen. Das hat dieser Fall gezeigt. Sie sind Teil des demo-
kratischen Systems und können das offen und transparent
nur dann sein, wenn eine unabhängige Berichterstattung
gewährleistet ist,


(Beifall der Abg. Dr. Ruth Fuchs [PDS])

wenn Bürgerinnen und Bürger durch Information auch in
die Lage versetzt werden, sich eigenständig eine Meinung
zu bilden und an den demokratischen Prozessen zu betei-
ligen. Dafür schafft der öffentlich-rechtliche Rundfunk
mit die besten Voraussetzungen. Er wird heute mit Si-
cherheit auch diese Debatte übertragen.

Medien sind aber auch ein Teil der Kulturlandschaft.
Nicht umsonst ist das Ministerium für Kultur und Medien
eingerichtet worden. Auch Kultur kann nicht ausschließ-
lich unter Verwertungsgesichtspunkten betrachtet wer-
den.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mir ist in dieser Diskussion in den letzten Wochen end-
gültig klar geworden, Kollege Otto, dass eine Deregulie-
rung des Medienmarktes die falsche Lösung für dieses
Problem ist. Ich werde mich nicht ins Bockshorn jagen
lassen, sondern immer gegen diese Deregulierung kämp-
fen. Bevor wir die Medienordnung neu gestalten, bevor
wir sie öffnen, bevor wir sie verändern, Kollege Otto, soll-
ten wir den Fall Kirch genau analysieren, bis ins Detail.
Denn die Chancen, die Sie hier sozusagen offeriert haben,
können wir wirklich nur nutzen, wenn dieser Fall aufge-
klärt ist und wenn wir uns auch trauen, zu sagen, dass wir
eine solche Medienmonopolmacht, wie Kirch sie war, in
Zukunft verhindern wollen, dass es eine solche Monopol-
macht mit dieser Bundesregierung oder auch mit anderen
Bundesregierungen nicht wieder geben wird.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)





Angela Marquardt

22743


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422936100
Das Wort für die SPD-
Fraktion hat der Herr Kollege Ludwig Stiegler.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jetzt kommt der demokratiepolitische Sprecher!)



Ludwig Stiegler (SPD):
Rede ID: ID1422936200
Frau Präsidentin! Meine Da-
men und Herren! Sie haben wieder Angst vor zeitge-
schichtlichen Betrachtungen,


(Lachen bei der FDP)

aber heute genügt die allerjüngste Zeit. – Herr Kirch hat
erklärt: Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.
Weiter geht dieses Zitat aus der Bibel so: Der Name des
Herrn sei gepriesen.

Diese wirklich gute, mich seit Kindheit rührende Ein-
stellung des Dulders Hiob wäre richtig, wenn der Herr
hier tätig gewesen wäre. Nur: Der Herr hat anderes zu tun.
Hier waren schwarze Herren tätig, die die Verantwortung
tragen und deren Name nicht gepriesen ist.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben erlebt, dass die CSU zu viel zu Kirch und zu
wenig in die Kirche gegangen ist. Darum sitzt sie jetzt im
Fegefeuer.


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn es so weitergeht, kommen auf die CSU noch die
loca inferna, vulgo Hölle, zu.

Meine Damen und Herren von der CSU, Sie haben ein
Lehrstück aufgeführt, das uns zeigt, wie man es nicht ma-
chen darf. Sie haben Staatseigentum riskiert. Jetzt sind Sie
– das ist typisch Stoiber und die CSU – auf der Flucht vor
der Verantwortung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Angela Marquardt [PDS])


Jetzt werden in alter konservativer Tradition – ich bin
beinahe schon wieder in Weimar – Dolchstoßlegenden ge-
dichtet, die zum Gegenstand haben, dass es angeblich ein
Verschwörungsgespräch gegeben habe. Es ist mir absolut
neu, dass Herr Breuer ein Instrument des Bundeskanzlers
oder der SPD ist. Das ist eine wirklich überraschende
Erkenntnis.


(Heiterkeit bei der SPD)

Immer wenn Sie mit Ihrer Verantwortung konfrontiert
werden, ist Ihnen jede Unwahrheit recht. Ich weise das
zurück. Seien Sie ein Mann und stehen Sie zu dem, was
Sie gemacht haben! Stehlen Sie sich nicht aus der Verant-
wortung!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Fall Kirch hat große bundespolitische Auswirkun-
gen. Es gibt nämlich erhebliche Steuerausfälle. Man muss
nur daran denken, dass bei den beteiligten Banken Ver-
lustrückstellungen in Milliardenhöhe vorgenommen wer-

den müssen. Das hat Folgen für die Gewinne und für die
Eigenkapitaldecke. Dadurch verschlechtert sich die Mög-
lichkeit der Kreditgewährung an kleine und mittlere Be-
triebe. Gerade die Bayerische Landesbank hat im Falle
von Sanierungen kleiner Betriebe immer auf die Grenzen
einer solchen Maßnahme hingewiesen. Aber im Falle von
Kirch hat sie den Bogen überspannt. Dadurch hat sie sich
selbst der Fähigkeit beraubt, den kleinen und mittleren
Unternehmen zu helfen.

Eine der größten Schweinereien ist, den Fall Holzmann
dem Fall Kirch gleichzustellen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das tut weh!)


– Nein, das tut nicht weh, Herr Otto. Wenn Sie mir
zuhören, werden Sie mir zustimmen müssen. – Im Fall
Holzmann hat Roland Berger, dem Stoiber so vertraut,
dass er sogar mit ihm werben will, eine Konzeption vor-
gelegt. Diese Konzeption sollte von den Banken umge-
setzt werden; der Bund war zu einer Bürgschaft bereit.
Kein Pfennig ist im Falle von Holzmann geflossen. Aber
im Falle der Bayerischen Landesbank und der anderen
Banken stehen Milliarden auf dem Spiel.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist eine Schweinerei, hier einen Zusammenhang mit
dem Fall Holzmann zu konstruieren. Mit dem Konzept
von Herrn Berger, dem Sie an anderer Stelle so vertrauen,
wurde deutlich, dass wir helfen wollen – ich stehe dazu –,
indem wir auch in Zukunft mit einer Risikobürgschaft
einstehen, wenn das Risiko nicht mehr allein von Holz-
mann getragen werden kann und wenn es ein vernünftiges
Sanierungskonzept gibt. Wenn ich an die Privatbanken
denke – die Liberalen fordern doch immer die reine
Marktwirtschaft –, dann muss ich sagen, dass sie zu feige
sind, bestimmte Risiken zu übernehmen.


(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD])

Da es im Falle von Holzmann um Arbeitsplätze geht,

stehen wir zu dieser Hilfe. Aber im Gegensatz zu Stoiber
hat Schröder keine einzige Mark ausgegeben. Stoiber hat
das Vermögen des Freistaates Bayern im höchsten Maße
gefährdet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: Verscherbelt!)


Jeder kleine Sparkassenvorstand wird verfolgt, wenn
der Tatbestand der Untreue vorliegt. Da frage ich mich,
was all die schwarzen Nickneger im Kreditausschuss der
Bayerischen Landesbank zu gewärtigen haben.


(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD])

Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft München nicht
mehr nur länger beobachtet, sondern auch einmal prüft,
was hier los ist. Ich bin gespannt, was bei der Sonderprü-
fung herauskommen wird.

Ich hätte Ihnen, meine Damen und Herren von der
CSU, noch gerne gesagt, wie Sie sich verhalten müssten.
Ich sage aber nur: Die CSU hat gezeigt, wie man es in






(C)



(D)



(A)



(B)


Deutschland nicht machen kann, nämlich großkotzig auf
den Hintern zu fallen, aber dann noch mit vollen und stin-
kenden Hosen frech zu werden! Das werden wir Ihnen
nicht durchgehen lassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422936300
Nächster Redner ist
der Kollege Dr. Norbert Lammert für die Fraktion der
CDU/CSU.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1422936400
Frau Präsidentin!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der
für die Medienpolitik der Bundesregierung zuständige
Staatsminister diese Aktuelle Stunde mit einem an Un-
auffälligkeit kaum noch zu überbietenden „Divertimento
für kleine Besetzung“ begonnen hatte, hat die Debatte in-
zwischen eine Lautstärke erreicht, die man sich von die-
sem schönen Thema zu Recht erwarten durfte, wenn-
gleich ich ein bisschen betrübt darüber bin, dass wir zum
jetzigen Zeitpunkt der Debatte über die Haltung der Bun-
desregierung zu diesem Insolvenzfall genauso wenig wis-
sen wie zu Beginn der dazu beantragten Aktuellen Stunde.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Kollege Stiegler, insofern wäre es wunderschön
gewesen, wenn Sie Ihre leider so eng bemessene Rede-
zeit dafür genutzt hätten, ein bisschen zur Sachverhalts-
aufklärung beizutragen, was offenkundig nicht gelungen ist.


(Zurufe von der SPD: Was hat der Staatsminister aus Bayern dazu gesagt?)


Die Medienwirtschaft gehört zu den nicht ganz so zahl-
reichen innovativen Wirtschaftsbranchen mit hohem
Wachstumspotenzial.


(Zuruf von der SPD: Wie man ja sieht!)

Deswegen gibt es nicht zufällig seit vielen Jahren einen
engagierten Wettbewerb der Länder, und zwar insbeson-
dere des Freistaates Bayern und des größten Bundes-
landes Nordrhein-Westfalen, mit jeweils einem hohen
Einsatz der Wirtschaftsförderung und der Landesbanken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Stiegler, Frau Scheel, warum wird hier eigentlich

mit einer geradezu unüberbietbaren Scheuklappenper-
spektive an der einen Stelle das Paradies vermutet und an
der anderen Stelle die Hölle an die Wand gemalt?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich komme aus Nordrhein-Westfalen und beobachte – of-
fenkundig etwas länger als Sie – Glanz und Elend der
Bemühungen um die Entwicklung eines Medienstand-
ortes.


(Widerspruch bei der SPD – Ludwig Stiegler [SPD]: Aber Gott sei Dank ohne Pleiten!)


– Herr Kollege Stiegler, es ist nicht zu übersehen, dass so-
wohl an der einen als auch an der anderen Stelle die Be-
geisterung über erhoffte Ansiedlungserfolge gelegentlich
den nüchternen Blick für Chancen und Risiken getrübt

hat. Bevor in Bayern über das erste vermeintliche Pro-
blem einer solchen Ansiedlungspolitik auch nur diskutiert
worden ist, hatten wir in Nordrhein-Westfalen bereits die
erste Serie einschlägiger Flops hinter uns.


(Zuruf des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])

– Ich trage das vor, weil dies Ihnen bei Ihrer Vorbereitung
von Ihren fleißigen Mitarbeitern offenkundig nicht mehr
rechtzeitig angereicht werden konnte.

Da gab es das berüchtigte HDO, „High Definition
Oberhausen“, ein Trickfilmzentrum, das wohl auch des-
wegen so hieß, weil es ein abschreckendes Beispiel für die
trickreiche Vernichtung von öffentlichen Mitteln war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Unter massiver Förderung der nordrhein-westfälischen
Landesregierung hat sich der Gesellschafterkreis mehr-
fach verändert, zu dem aparterweise zu Beginn auch noch
Gesellschafter aus dem Kreis der Verwalter des früheren
SED-Vermögens gehörten. In der Zwischenzeit sind für
die öffentlichen Hände, für den nordrhein-westfälischen
Steuerzahler, Verluste in einer dreistelligen Millionen-
höhe eingetreten.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So ist es! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Unglaublich! – Zurufe von der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: So viel zum Thema Bayern!)


– Eben darum.
Was hat diese Art der Auseinandersetzung für einen

Sinn? Herr Nida-Rümelin, wenn wir aus den Erfahrun-
gen, die wir nicht zum ersten Mal machen, Konsequenzen
ziehen wollen, dann hat das mit der Keilerei „Rechte ge-
gen Linke“ oder „Mitte gegen den Rest der Welt“ über-
haupt nichts zu tun.


(Hubertus Heil [SPD]: Doch, mit Mitte gegen Rechte schon!)


Der jetzt als der leibhaftige Gottseibeiuns geschilderte
Rupert Murdoch ist tatsächlich vom jetzigen nordrhein-
westfälischen Ministerpräsidenten Clement in die deut-
sche Medienwirtschaft eingeführt worden. Er hat damals
eine Beteiligung bei Vox erworben, die nicht zu dem
gewünschten Ergebnis geführt hat. Ein konkretes Ergeb-
nis dieses gemeinsamen Fehlengagements sind Kre-
dite der öffentlichen Hand in Höhe von 30 bis 50 Mil-
lionen DM, die bis heute nicht zurückgezahlt worden
sind.

In Köln gibt es einen gigantischen Medienpark, der mit
erheblichen öffentlichen Subventionen auf den Weg ge-
bracht worden ist und von dem die nordrhein-westfälische
Presse schreibt, hier betreibe ein Ministerpräsident „Me-
dienpolitik mit Fördergeld und Brechstange“.

Ich empfehle also sehr, die Sachverhalte insgesamt und
die Probleme der Entwicklung der vergangenen Jahre zur
Kenntnis zu nehmen, die nun wirklich nicht zu übersehen
waren und keineswegs heute zum ersten Mal auftreten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der FDP – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So machen wir das!)





Ludwig Stiegler

22745


(C)



(D)



(A)



(B)


Die Medienwirtschaft ist ein Wirtschaftsbereich, der
wie jeder andere auch nach ökonomischen Gesichtspunk-
ten organisiert werden muss. Er hat nicht mehr, aber auch
nicht weniger Anspruch auf öffentliche Unterstützung als
andere Bereiche auch. Deswegen halten wir in dieser
Debatte fest: Es darf bei der Restrukturierung einer in
wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Mediengruppe
in der Tat keine öffentlichen Hilfestellungen geben. Da
unterscheidet sich die Position der Bayerischen Staats-
regierung ganz offensichtlich von der der Bundesregie-
rung. Gerhard Schröder hat ja mit traumwandlerischer
Sicherheit zunächst einmal die möglichen Folgepro-
bleme einer Kirch-Insolvenz bei der Bundesliga vermu-
tet und erst nach der verheerenden öffentlichen Reaktion
auf das Angebot von öffentlichen Bürgschaften ange-
droht, dass in Verlängerung der gescheiterten Holzmann-
Intervention auch für die Mitarbeiter der Kirch-Gruppe
mit entsprechenden öffentlichen Hilfen eingegriffen wer-
den sollte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422936500
Stichwort: Verlänge-
rung. Ich erinnere an die Redezeit. Sie ist vorüber.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1422936600
Jawohl. – Wir
dürfen uns bei der notwendigen Restrukturierung nicht
um die bitteren Einsichten drücken,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

die in den letzten Jahren und keineswegs in den letzten
Tagen deutlich geworden sind. Bei der auch nach unse-
rer Überzeugung zentralen Frage der Verbindung des
Wettbewerbsrechts – geht es nicht um die Frage: natio-
nal oder international; sondern um die Frage: Wettbe-
werb oder Monopol; das ist die eigentlich spannende
Frage. Und was das Medienrecht, das besonders sensi-
bel ist, angeht,


(Zuruf des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])

gibt es eine politische Partei in Deutschland, Herr
Stiegler, die sich bei dieser Diskussion sehr zurückhalten
sollte:


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie haben bei weitem überzogen!)


Das ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422936700
Herr Kollege
Lammert, jetzt muss ich Sie wirklich ausbremsen. Sie ha-
ben Ihre Redezeit weit überzogen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1422936800
Eines werden wir
Ihnen nicht durchgehen lassen,


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie überziehen weiter!)


dass nämlich im Allgemeinen die Verbindung von politi-
schem Einfluss und Medieneinfluss mit Abscheu und
Empörung zurückgewiesen wird und für den medienpoli-
tischen Hausgebrauch


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Was soll denn das?)


mit geradezu verzweifelter Wut an genau dieser Verbin-
dung festgehalten wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Die Zeit ist abgelaufen! – Hubertus Heil [SPD]: Das ernsthafteste Verhältnis zur Wahrhaftigkeit hat der Kollege aber nicht!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422936900
Das Wort für die Frak-
tion des Bündnisses 90/Die Grünen hat die Kollegin
Grietje Bettin.


Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1422937000
Frau
Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich
dürfte die Kirch-Pleite niemanden wirklich überrascht ha-
ben. Denn wer sich in den letzten Jahren nur ein wenig mit
dieser Materie befasst hat, hätte wissen müssen, dass al-
lein der Pay-TV-Sender Premiere World täglich – wohl-
gemerkt: täglich – rund 2 Millionen Euro Verlust einge-
fahren hat. Das entspricht einem Minus von mehr als
700 Millionen Euro pro Jahr, von den anderen defizitären
Sendern wie Sat 1, Kabel 1, N 24 und DSF ganz zu
schweigen. Nein, die Pleite von Kirch-Media kam wirk-
lich nicht überraschend.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ja, Strukturprobleme!)


Dieser Kollaps war vorprogrammiert.
Als Außenstehende fragt man sich allerdings schon,

welchen bayerischen oder außer-bayerischen Amigo-
Freundschaften Leo Kirch immer wieder Bankkredite zu
verdanken hatte. Wer konnte oder wollte dort das dro-
hende finanzielle Fiasko nicht sehen oder wahrhaben?
Die Frage, die sich fast schon automatisch stellt, ist: Hat
es möglicherweise erhebliche Unwägbarkeiten im Kredit-
geschäft der beteiligten Banken gegeben? Eine Sonder-
prüfung durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwe-
sen bei den größeren Kreditgebern ist hier sicherlich
geboten.

Inzwischen ist wohl jedem klar: Der Kirch-Konzern ist
in seiner bisherigen Form nicht mehr zu retten. Jetzt steht
für uns die Sorge um die deutsche Medienlandschaft und
die Arbeitsplätze im Vordergrund. Es geht nicht nur um
die Beschäftigten bei Kirch selbst, sondern auch um ex-
terne Produktionsfirmen und Zulieferer. Entscheidend ist
für uns, dass es zu einem zukunftsfähigen Sanierungs-
konzept für die Kirch-Gruppe kommt. Weitere Kredite
dürfen nur unter der Voraussetzung gewährt werden, dass
damit langfristig die Firma Kirch und die Arbeitsplätze
gesichert werden. Es darf nicht dazu kommen, dass durch
neue Kredite der Konkurs nur verschleppt wird und sich
bei der nächsten großen Zahlungsverpflichtung im Okto-
ber das gleiche Problem stellt.

Eine pauschale Zerschlagung der Kirch-Gruppe, bei
der sich Banken und andere Beteiligte die Rosinen wie die
Free-TV-Sender oder die Formel-1-Rechte herauspicken,
lehnen wir ab. Wir fordern eine Gesamtlösung für die
Kirch-Gruppe, die allerdings nicht von der Politik und
schon gar nicht im Alleingang zu leisten ist, sondern im




Dr. Norbert Lammert
22746


(C)



(D)



(A)



(B)


Zusammenspiel zwischen den Banken, den Investoren
und dem Unternehmen zu gewährleisten ist.

Neben den finanzpolitischen Konsequenzen erfordert
die Krise um Kirch natürlich auch medienpolitische Kon-
sequenzen. Denn es reicht bei weitem nicht mehr, die na-
tionalen Medienmärkte isoliert zu betrachten. Andere Me-
dienmogule, auch die jetzt immer wieder als Kirch-Erben
genannten Murdoch und Berlusconi, verfügen ebenfalls
über vielfältige Beteiligungen auf dem europäischen
Kontinent. Diese Beteiligungen beschränken sich be-
kannterweise nicht nur auf den Rundfunksektor, sondern
umfassen mitunter den gesamten Medienbereich. Mono-
pole wie in Großbritannien oder Italien, die wahrschein-
lich schon eine Gefahr für die Demokratie darstellen kön-
nen, müssen in Deutschland verhindert werden.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Was ist Ihr Vorschlag?)


Das gilt insbesondere für den Einstieg von Berlusconi,
auch und gerade aufgrund seines politischen Gewichts
in Italien. Auch Rupert Murdoch ist sicherlich allein
aufgrund seiner aggressiven Boulevardpresse kein Wai-
senknabe. Aber das deutsche Medienrecht ist umfas-
send und nicht mit dem von Großbritannien zu verglei-
chen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Was ist ihr Vorschlag?)


Es gibt in Deutschland vielfältige Instrumente und
Möglichkeiten, um Meinungsmacht und Medienkonzen-
tration zu begrenzen. In Deutschland existieren gesetzli-
che Grundlagen zur Medienkontrolle und zur Vielfalts-
sicherung, die auch einem Rupert Murdoch und einem
Silvio Berlusconi Grenzen setzen würden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht darum,
ausländische Medienbeteiligungen in Deutschland grund-
sätzlich zu verhindern. Solche Beteiligungen gibt es jetzt
schon, so gehören zum Beispiel 50 Prozent von Super
RTL dem amerikanischen Disney-Konzern. Diese kön-
nen und dürfen auch zukünftig, zumindest als Minder-
heitsbeteiligungen, nicht ausgeschlossen werden. Viel-
mehr geht es darum – auch das ist eine Lehre aus der
Kirch-Pleite –, dass die Kontrollmechanismen insgesamt
noch verbessert werden müssen. Das ist ein ganz ent-
scheidender Punkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Noch mehr Kontrolle?)


Deshalb fordern wir die Einrichtung einer europä-
ischen Kommission zur Ermittlung der Konzentration im
Medienbereich. Dabei sollen auch Cross-Ownership-Re-
gelungen berücksichtigt werden. Rundfunk, Print, Online
und weitere publizistische Beteiligungen lassen sich heut-
zutage nicht mehr getrennt betrachten. Die Schaffung ei-
nes koordinierenden Medien- und Kommunikationsrates
auf Bundesebene würde unserer Meinung nach ebenfalls
helfen, zukünftige Pleiten und Verflechtungen auf dem
Mediensektor zu verhindern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dazu müssen allerdings die verantwortlichen Institutio-
nen, die Landesmedienanstalten, die KEK oder auch das
Bundeskartellamt, enger als bisher zusammenarbeiten
können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schlussendlich zeigt
der Fall Kirch einmal mehr, wie wichtig eine kartellrecht-
liche und politische Aufsichtsfunktion im Medienbereich
ist; denn lässt man einem Unternehmen zu viele Freihei-
ten, Herr Kollege Otto, verliert es auf den differenzierten
Märkten selbst die Übersicht. Medienpolitik muss daher
immer über den Tellerrand hinaus schauen, sie muss ge-
gebenenfalls Standortpolitik entlarven, Marktanteile im
Auge behalten und darf bei den einzelnen Verwertungs-
ketten nicht die Übersicht verlieren.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422937100
Nächster Redner ist
der Kollege Bernd Neumann für die Fraktion der
CDU/CSU.


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1422937200
Frau Präsi-
dentin! Meine Damen und Herren! Eines der größten
deutschen Medienunternehmen, die Kirch-Gruppe, ist in
dramatische Schwierigkeiten geraten. Natürlich sind Ma-
nagementfehler dafür mit entscheidend. Es ist durchaus le-
gitim – vielleicht mehr im Bayerischen Landtag als hier –,
die Frage zu stellen: Gibt es da Verantwortung, ja oder
nein?

Ich möchte diese Diskussion hier nicht fortsetzen. Sie
ist wichtig, aber sie ist ein Stück weit in die Vergangen-
heit gerichtet. Es stellt sich vielmehr die Frage: Worauf
kommt es jetzt an? Aus meiner Sicht kommt es auf zwei
Dinge an: Wir müssen erstens alles tun, um möglichst
viele der 10 000 Arbeitsplätze zu erhalten, und zweitens
sicherstellen, dass die Vielfalt im Fernsehangebot nicht
eingeschränkt und die Machtbalance in unserem dualen
System nicht gefährdet wird.

Dazu gibt es unterschiedliche Vorschläge. Es gibt den
Vorschlag – ich zitiere –, der Bund müsse sich mit „1 Mil-
liarde wenigstens eine Sperrminorität bei den Kirch-An-
teilen sichern“ und gegebenenfalls – so heißt es weiter –
„einen Teil der Anteile zurückkaufen und zurück verstaat-
lichen“. Meine Damen und Herren, ich halte diesen Vor-
schlag für so abenteuerlich und absurd, dass ich ihn nor-
malerweise nicht aufgreifen würde, wenn er nicht zufällig
von der leibhaftigen SPD-Sprecherin und Vorsitzenden
des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien,
Monika Griefahn, käme.


(Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Sicherung der Pressefreiheit durch Verstaatlichung!)


Abgesehen davon steht dieser Vorschlag völlig im Ge-
gensatz zu Ihren Einlassungen am Anfang, Herr Nida-
Rümelin. Sie sprachen davon, die Staatsferne zu sichern,
ja die Staatsferne eher noch zu verdeutlichen. Bei Ihrem
Vorschlag schlagen die Herzen der Altkommunisten in der
PDS höher, liebe Monika Griefahn. Ich hoffe, wir sind uns




Grietje Bettin

22747


(C)



(D)



(A)



(B)


einig: Dies wäre ein eklatanter Verstoß gegen das Gebot
der Staatsferne, das kann überhaupt nicht infrage kom-
men.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ernster zu nehmen sind die von der SPD zum Teil vor-

gebrachten Ängste vor möglichen ausländischen Anteils-
eignern wie Berlusconi und Murdoch. Wenn man länger
darüber nachdenkt, kann man diese nur für unberechtigt
halten.

Wir haben in Deutschland die stringentesten Medien-
gesetze der Welt. Diese führen dazu, dass ausländische
Unternehmen im Hinblick auf Investitionen in Deutsch-
land zum Teil eher abgeschreckt als angezogen werden.
Der Fall Liberty Media ist aus meiner Sicht ein klassi-
sches Beispiel dafür.


(Jörg Tauss [SPD]: Kein gutes!)

Wir haben ein funktionierendes Wettbewerbsrecht.

Wer gemessen am Zuschaueranteil über 26 Prozent und
unter bestimmten Bedingungen über 30 Prozent des Fern-
sehmarktes besitzt, darf sich nicht weiter ausdehnen. Eine
Situation wie in Italien, wo Berlusconi in der Tat über eine
völlig indiskutable Medienmacht verfügt, ist in Deutsch-
land aufgrund der Gesetzeslage undenkbar. Dies sollte
man auch nicht herbeischwören.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir können uns nicht einerseits darüber freuen, wenn

deutsche Unternehmen wie Bertelsmann oder die WAZ-
Gruppe erfolgreich auf ausländischen Märkten agieren,
andererseits aber unseren eigenen Markt abschotten, ganz
abgesehen davon, das dies gegen die in den Römischen
Verträgen verankerte Niederlassungsfreiheit in der EU
verstieße. Es geht also gar nicht.

Herr Nida-Rümelin, man könnte zumindest theoretisch
darüber diskutieren, ob wir auch wie in Amerika und an-
derswo den Anteil ausländischer Anteilseigner begrenzen.
Wenn wir aber in der Philosophie deutscher Politik blei-
ben wollen, würde ich eher dafür plädieren, dafür zu wer-
ben, dass auch woanders diese Barrieren beseitigt werden
und wir nicht neue einführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wer es ernst meint mit der Sicherung möglichst vieler

Arbeitsplätze der Kirch-Gruppe, kann nicht gleichzeitig
die wenigen, wirklich kapitalkräftigen Investoren behin-
dern wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wer sonst soll denn im Bereich der privaten Fernsehan-
bieter das Gegengewicht zu dem so genannten Giganten
Bertelsmann bilden, das wir brauchen? Dies geht doch nur
mit kapitalkräftigen Investoren. Deswegen halte ich es für
falsch, solche Forderungen zu stellen.

Es ist schon gesagt worden: Wie politisch einseitig und
zum Teil auch unglaubwürdig Ihre Sorgen, meine Damen
und Herren von den Sozialdemokraten, im Hinblick auf
zu viel Meinungsmacht durch Medien sind, offenbart die
Tatsache, dass Sie Ihre eigenen Medienbeteiligungen an

mehr als 30 regionalen Tageszeitungen und Rundfunk-
sendern


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie sind doch nur neidisch!)


in Deutschland, die nach eigenen Angaben ohne Immobi-
lien einen Wert von 750 Millionen DM haben, bisher ver-
schleiert haben und Ihre Einnahmen nicht offen legen
wollten. Wenn Sie es mit Ihrer Forderung nach der Un-
abhängigkeit der Medien ernst meinen – ich hoffe dies –,
sollten Sie sich von Ihren Medienanteilen trennen, um
endlich den chancengleichen Wettbewerb aller Parteien in
Deutschland


(Jörg Tauss [SPD]: Oh! Oh!)

im Willensbildungsprozess herzustellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422937300
Herr Kollege
Neumann, auch Sie muss ich an die überzogene Redezeit
erinnern.


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1422937400
Ich komme
zum Schluss.

Meine Damen und Herren von der SPD, in Anbetracht
des Meinungsbildes bei Umfragen verstehe ich Ihren Ver-
such, das Thema „Bayern, Kirch und Stoiber“ hochzuzie-
hen; ich halte dies aber für untauglich. Wenn Sie sich
wirklich um den Erhalt der Arbeitsplätze kümmern wol-
len, verstehe ich nicht, dass Ihre einzigen Vorschläge –


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422937500
Herr Kollege
Neumann, ich bitte Sie, sich an die Redezeit zu halten.


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1422937600
– ich
komme zum Ende – die von Clement und Müller waren,
die darauf abzielten, über Staatsbürgschaften sicherzu-
stellen, dass die Bundesligaklubs weiterhin die völlig
überholten Millionengagen an ihre Spieler zahlen können.
Es kann nicht wahr sein, dass dies die einzige konkrete
Forderung der Sozialdemokraten ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Falsch!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422937700
Nächster Redner für
die Fraktion der SPD ist der Kollege Rolf Hempelmann.


Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1422937800
Manchmal hat man das
Gefühl, dass wir heute hier bei der Weltmeisterschaft im
Nebelkerzenweitwurf sind.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns
– jedenfalls auf der linken Seite dieses Hauses – darüber
einig, dass hier durch die Bayerische Landesbank über
Jahre unverantwortliche Kreditvergaben vorgenommen
worden sind.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist Fakt!)





Bernd Neumann (Bremen)

22748


(C)



(D)



(A)



(B)


Diese gehört zu 50 Prozent dem bayerischen Freistaat.
Wenn man sich die Besetzung ansieht, insbesondere die
des Verwaltungsrates, kann man sagen, dass dies der ver-
längerte Arm der bayerischen Landesregierung ist.

Fast 2 Milliarden Euro sind hier in den Teich gesetzt
worden. Deswegen habe ich überhaupt kein Verständnis
dafür, wenn man hier aufseiten der Opposition über alles
Mögliche redet, nur nicht über die Sache.

Meine Damen und Herren, wir brauchen uns nur die
letzte Kreditvergabe vor einem Jahr anzuschauen


(Zuruf des Abg. Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU])


– Herr Lammert, ich weiß, dass es Ihnen unangenehm
ist –,


(Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Im Gegenteil! Ich hätte gerne erklärt bekommen, wieso das in den Teich gesetzt wurde!)


um hier zu einem klaren Urteil zu kommen. Es ging um
den Erwerb der Rechte an der Formel 1. Verschiedene
Banken – das ist heute kurz angerissen worden – wurden
angesprochen. Alle, unter anderem auch die Hypo-Ver-
einsbank, haben abgewunken. Was geschah? Tags darauf
brüstete sich Leo Kirch damit, dass es nur einiger Telefo-
nate bedurft habe und schon habe er den Kredit in einer
Größenordnung von 1 Milliarde Euro durch die Bayeri-
sche Landesbank erhalten.


(Jörg Tauss [SPD]: Ihr habt es ja! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Kreditvergabe nach Gutsherrenart!)


Schauen wir uns einmal an, wie die Sicherungen aus-
sehen. Danach wird unsereins, wenn er einen Kredit von
der Bank haben möchte, ja auch gefragt. Bei der Sicherung
Nummer 1 handelt es sich um die Rechte an der Formel 1
selbst. Der eine oder andere sagt – die Zahl ist heute auch
im Otto-Katalog erschienen –, dass diese 600 Millionen
Euro wert sind. Es gibt aber andere, die etwas von diesem
Geschäft verstehen und die schon vor einem Jahr gesagt
haben, dass der Wert auch Null sein kann, und zwar dann
– das wurde damals schon geplant oder jedenfalls ange-
sprochen –, wenn die Automobilhersteller das Geschäft
selbst in die Hand nehmen, was aus deren Perspektive
durchaus Sinn und Verstand machen kann. Sicherung
Nummer 1 ist also nichts wert.

Sicherung Nummer 2 soll der 25-prozentige Anteil an
Kirch-Media sein. Wenn wir uns das einmal anschauen,
stellen wir fest, dass Kirch-Media mit 6 Milliarden Euro
verschuldet ist. Für unsereins wäre das natürlich eine tolle
Sache: Man geht zur Bank, um einen Kredit zu erhalten,
wird nach Sicherungen gefragt und sagt, dass die Bank
Vertrauen haben kann, da man eine Menge Schulden hat.
So läuft das im Allgemeinen nicht. In Bayern ist aber viel-
leicht manches möglich, was anderswo so nicht geht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Die haben vielleicht Plus und Minus verwechselt!)


Sie müssen sich schon fragen lassen, wie die Entschei-
dung über diesen Kredit herbeigeführt wurde, wie die Kre-

ditvergabe geprüft wurde und warum ausgerechnet die
Bayerische Landesbank Geld in ein Loch geschüttet hat, in
das alle anderen Banken nichts mehr hineingeben wollten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Wegen Stoiber!)


Meine Damen und Herren, Herr Wiesheu kann einem
ja eigentlich Leid tun. Im Prinzip ist er heute vorgeschickt
worden. Normalerweise müsste dort jemand ganz anderer
sitzen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Der Angeklagte Stoiber!)


Bei dem Spiel Hase und Igel ist es aber nun einmal so:
Wenn es darum geht, so genannte Erfolgsmeldungen zu
verbreiten, geht es nach der Methode Igel. Dann, wenn es
etwas zu vermelden gibt, ist Herr Stoiber immer als Ers-
ter da. Wenn es sich um schlechte Nachrichten handelt,
geht es nach der Methode Hase. Dann weiß er von nichts.


(Jörg Tauss [SPD]: Wieshase!)

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat das gut erkannt. Ich

zitiere:
Er

– gemeint ist Stoiber –
ist für die Verkündung des Guten, Schönen und Er-
habenen in Bayern zuständig. Die Hiobsbotschaften
lässt er erst einmal seinen Minister übermitteln.

Weiter heißt es in der „Süddeutschen Zeitung“, dass poli-
tische Verantwortung auch Haftung für Fehler anderer ist.


(Beifall bei der SPD)

So etwas ist ja sogar in Bayern schon in dem einen oder
anderen Fall vorgekommen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Aber nicht bei Stoiber!)


Es geht weiter:
Im Falle Kirch und Stoiber geht es nicht darum, dass
der Ministerpräsident für fremde Fehler gerade-
stehen soll ... Es geht um die Haftung für die eigene
Politik...

Meine Damen und Herren, am 22. September dieses
Jahres ist die Wahl. Ich denke, Stoiber hat dann eine her-
vorragende Gelegenheit, an diesem Tag für seine eigene
Politik zu haften. Seine Juristen haben ihn jedenfalls
schlecht beraten, seinen Minister hier Attacken reiten zu
lassen und andere als Brandstifter zu betiteln. Es wäre
vielleicht klüger gewesen, hier die eigene Schuld darzu-
stellen. Es ist ein typisches Delinquentenverhalten. Ich
denke, nach der Wahl wird Ihnen Ihr Bewährungshelfer
sagen, wie Sie sich in Zukunft verhalten sollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422937900
Für die Bundesregie-
rung spricht jetzt die Parlamentarische Staatssekretärin
Dr. Barbara Hendricks.




Rolf Hempelmann

22749


(C)



(D)



(A)



(B)


D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1422938000
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Nida-Rümelin
hat am Anfang Ausführungen zu den kultur- und medien-
politischen Folgerungen gemacht. Ich möchte mich jetzt
auf die bankaufsichtsrechtlichen Fragen beschränken.
Dabei werde ich mich sehr hart an den Fakten orientieren
und mit Aussagen, so wie es das Kreditwesengesetz vor-
schreibt, ganz vorsichtig sein. Ich stehe nicht an zu sagen,
dass es dem Kollegen Wiesheu gut getan hätte, wenn er
etwas näher an der Wahrheit geblieben wäre.


(Beifall bei der SPD)

Nach eigenen, von der Bundesregierung nicht be-

stätigbaren Aussagen der Kirch-Gruppe – sie sind öffent-
lich zugänglich gemacht worden – ist diese mit minde-
stens 6,5 Milliarden Euro verschuldet. Davon entfallen
– diese Informationen sind ebenfalls den Medien zu ent-
nehmen – etwa 2 Milliarden Euro auf die Bayerische Lan-
desbank.

Nach § 19 des Errichtungsgesetzes der Bayerischen
Landesbank aus dem Jahre 1972 führen die Staatsminis-
terien der Finanzen und des Innern des Freistaates Bayern
die Aufsicht über die Bayerische Landesbank. Mitglieder
der Bayerischen Staatsregierung haben Sitz und Stimme
im Verwaltungsrat der Bank. Insoweit hat der Bund selbst-
verständlich keine Rechts- oder Fachaufsichtsbefugnisse.

Daneben sind jedoch noch eine Vielzahl anderer Ban-
ken bei der Kirch-Gruppe engagiert, so zum Beispiel die
Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG.

Der Ausgang des Insolvenzverfahrens bei der Kirch-
Media AG ist nicht absehbar. Grundsätzlich lässt sich aus
bankaufsichtsrechtlicher Sicht Folgendes sagen:

Für die beteiligten Banken, insbesondere die Häuser, de-
ren Engagement bei der Kirch-Gruppe erheblich ist, wird
es darauf ankommen, dass der bankaufsichtsrechtliche
Mindestsolvabilitätskoeffizient – einfach ausgedrückt: das
Eigenkapital – nicht durch die erforderlich werdende Ri-
sikovorsorge bzw. durch entstehende Verluste unterschrit-
ten wird. Die Eigenkapitalmindestanforderung liegt bei
8 Prozent. Auf die Frage, ob diese Eigenkapitalanforderung
bei den beteiligten Banken im Einzelfall unterschritten
wird, kann die Bundesregierung wegen der Geheimhal-
tungsbestimmungen des § 9 des Kreditwesengesetzes keine
Auskunft erteilen.

Daneben sind weitere aufsichtsrechtliche Vorschriften,
wie zum Beispiel die §§ 13, 13 a und 13 b des Kreditwe-
sengesetzes, – dabei handelt es sich um Großkreditvor-
schriften –, einzuhalten. Ferner gilt § 18 des Kreditwesen-
gesetzes; er bezieht sich auf die Kreditunterlagen. Das
bedeutet im Einzelnen:

Als Großkredite gelten Kredite an einen Kreditnehmer,
deren Betrag 10 Prozent des haftenden Eigenkapitals des
Kredit gewährenden Instituts übersteigt. Ob die Melde-
und Beschlussfassungsvorschriften für Großkredite in den
vorliegenden Fällen eingehalten worden sind, kann die
Bundesregierung wegen der Geheimhaltungsvorschriften
nicht sagen.

Nach § 18 des Kreditwesengesetzes darf ein Kreditin-
stitut einen Kredit von insgesamt mehr als 250000 Euro
nur gewähren, wenn es sich von dem Kreditnehmer die
wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch die Vor-
lage der Jahresabschlüsse, offen legen lässt. Der Bundes-
regierung ist nicht bekannt, dass die Kirch-Holding einen
Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2000 aufgestellt
hat, also vor der Kreditvergabe von rund 1 Milliarde Euro
durch die Bayerische Landesbank im vergangenen Jahr
für das Engagement, von dem der Kollege Hempelmann
gerade gesprochen hat.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das ist es!)

Darüber, ob dadurch die Offenlegungsvorschrift des § 18
des Kreditwesengesetzes verletzt wurde, kann die Bun-
desregierung mit Hinweis auf die genannte Geheimhal-
tungsvorschrift des § 9 des Kreditwesengesetzes keine
Auskunft erteilen.

Die Prüfer des Jahresabschlusses bzw. eines Zwi-
schenabschlusses eines Kreditinstitutes haben nach § 29
Abs. 3 des Kreditwesengesetzes dem Bundesaufsichtsamt
für das Kreditwesen und der Deutschen Bundesbank an-
zuzeigen, wenn bei der Prüfung Tatsachen bekannt wer-
den, welche den Bestand des Instituts gefährden oder
seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können.
Hierzu zählen grundsätzlich wertberichtigungsbedürftige
Großkreditengagements wegen akuter nicht besicherter
Kreditrisiken. Auskünfte hierüber kann ich jedoch wegen
der Geheimhaltungsvorschriften des Kreditwesengeset-
zes ebenfalls nicht geben. Es bleibt Ihrer Klugheit über-
lassen, aus meinen Ausführungen Schlussfolgerungen zu
ziehen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Helfen Sie uns doch!)


Die Bankenaufsicht hat bei den acht größten Kreditge-
bern der Kirch-Gruppe Sonderprüfungen angeordnet, mit
deren Abschluss frühestens zum Ende der ersten Jahres-
hälfte 2002 zu rechnen ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jetzt wird es aber geheimnisvoll!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422938100
Das Wort hat der
bayerische Staatsminister Dr. Otto Wiesheu.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422938200
Frau Prä-
sidentin! Hohes Haus! Angesichts der Kürze der zur Ver-
fügung stehenden Redezeit will ich nur auf ein paar
Punkte eingehen.

Erstens. Ich habe den Eindruck, in der SPD-Fraktion
gibt es ausschließlich Bankfachleute.


(Jörg Tauss [SPD]: Auch!)

Aber Sie sollten sich die entsprechenden Unterlagen

anschauen und nicht nur Wahlkampf betreiben. Ich sage
nur nebenbei, dass vor einiger Zeit Kirch-Pay-TV von
Lehman – Lehman Brothers ist eine Investmentbank, die
Betriebe für Investoren sehr genau prüfen und bewerten
muss – mit 8 Milliarden Euro bewertet worden ist. Kirch-






(C)



(D)



(A)



(B)


Media wurde sogar noch höher eingeschätzt. Es kommt
nicht von irgendwoher, dass die Investoren hohe Beträge
investiert haben, aber nur geringe Anteile bekommen ha-
ben. Sie machen das nicht, weil sie Geld übrig haben,
sondern sie prüfen sehr exakt. Vielleicht machen Sie sich
darüber einmal Gedanken!

Zweitens. Die Put-Optionen waren so, wie sie jetzt auf-
getreten sind, nicht allgemein bekannt, auch nicht den
Banken.

Drittens. Sie sagen, es sei von der Landesbank unver-
antwortlich gewesen, hier entsprechende Kredite zu ge-
ben. War es auch bei der Hypo-Vereinsbank, der Com-
merzbank und der DZ unverantwortlich? In deren
Gremien sitzt kein Mitglied der Staatsregierung. War es
auch bei der Deutschen Bank und bei der Dresdner Bank,
die ebenfalls Kredite gegeben haben, unverantwortlich?
Was hier erzählt wird, ist alles ein großer Unsinn.

Viertens. Zu Ihrer seltsamen Sprache muss ich Folgen-
des sagen, Herr Stiegler: Sie haben behauptet, im Kre-
ditausschuss säßen nur schwarze Nickneger. Dort sitzen
aber auch rote Nickneger, die genickt haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Das sind dann Indianer! – Ludwig Stiegler [SPD]: Die Mehrheitsverhältnisse sind klar!)


– Ich nehme nicht an, dass sie automatisch mitnicken,
weil wir sie so sehr überzeugt haben. Vielmehr haben sie
sich an den Grundlagen und Fakten orientiert, die hier auf-
gelistet sind. Insofern wurde hier sehr leichtfertig argu-
mentiert.

Fünftens. Im Hinblick auf die Landesbank wurde auch
behauptet, es gebe negative Auswirkungen auf den Mittel-
stand. Sie müssen einmal überprüfen, wie weit die Themen,
die Frau Hendricks angesprochen hat, berührt sind. Woher
wollen Sie denn wissen, dass das Eigenkapital überlastet
worden wäre? Das wissen Sie nicht; denn das ist es näm-
lich nicht. Das wird auch die Untersuchung ergeben.


(Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zuvor hat Herr Hempelmann, glaube ich, gesagt, es seien
2 Milliarden in den Sand gesetzt worden. Woher wollen
Sie das wissen? Warten Sie doch erst einmal ab, was bei
der Sanierung herauskommt. Dann werden Sie sehen,
dass die Welt völlig anders ausschaut. Erst dann wird man
über die Beträge reden können.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Jetzt ist Bilanzvorsorge zu treffen!)


Im Übrigen bitte ich Sie, sich zu informieren, bevor Sie
behaupten, Kirch-Media sei mit 6 Milliarden verschuldet.
Damit liegen Sie völlig falsch. Die Zahlen, die genannt
worden sind, beziehen sich auf die Holding, Kirch-Media,
Pay-TV und alle Beteiligungen. Kirch-Media ist nicht
einmal mit einem Drittel dabei. Ich kann und will Ihnen
hier nicht die konkrete Zahl nennen. Aber es ist inakzep-
tabel, hier so leichtfertig und ignorant aufzutreten und
Vorwürfe zu erheben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)


– Mit einer gewissen Vorsicht sage ich Ihnen: Die Sanie-
rung wird schneller vor sich gehen, als Ihnen lieb ist.

Sechstens. Herr Stiegler, Sie haben sich darüber aufge-
regt, dass ich das Treffen in Hannover angesprochen habe.
Die Zusammenhänge, die ich genannt habe, wurden so in
der „Süddeutschen Zeitung“ dargestellt. Ich frage Sie
noch einmal: Warum geben Sie dazu Erklärungen ab? Was
macht der Geschäftsführer der „WAZ“ bei einem Treffen,
bei dem es um Kirch geht?


(Ludwig Stiegler [SPD]: Schröder hat auch mit Kirch geredet!)


Was haben Murdoch und andere damit zu tun? Nein, da
ging es um politisch-strategische Themen.

Vorletzte Bemerkung: Herr Abgeordneter, Ihre großen
Sprüche, hier handle es sich um die größte Pleite der
Nachkriegsgeschichte, muss ich auch klarstellen. Die
größte Pleite der Nachkriegsgeschichte ist, bezogen auf
die Arbeitsplätze, immer noch Holzmann mit 23 000 Be-
schäftigten.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Da war es aber eine private Bank!)


Bei Vulkan waren es 22 000 Beschäftigte. Bei Kirch ist
jetzt eine Gruppe mit nicht mehr als 5 000 oder 6 000 Be-
schäftigten in Insolvenz.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Aber das Finanzvolumen!)


– Betrachtet man es von den Kosten, dann ist als Erste die
Neue Heimat zu nennen, die seinerzeit Steuerersparnisse
in Höhe von 4 Milliarden DM und Zuschüsse in Höhe von
10 Milliarden DM bekommen hatte und im Jahr 1985
Kredite in Höhe von 17 Milliarden DM gehabt hat. Wenn
man also schon über die größten Insolvenzen redet, dann
sollte man sich an Fakten halten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der letzte Punkt: Ich freue mich, dass manche die Aus-

wirkungen auf den Medienstandort Bayern so sehr bedau-
erten. Ich habe noch nie erlebt, dass sich die SPD-Bundes-
tagsfraktion so um bayerische Anliegen gekümmert hat.


(Lachen bei der SPD)

Dass Bayern nach wie vor der erfolgreichste Medienstand-
ort ist, haben Sie vorgestern feststellen können, als Mün-
chen das Medienzentrum für die WM 2006 geworden ist.
Clement macht Sprüche und heult Tränen.

Meine Damen und Herren, die Fakten sprechen eine
andere Sprache. Das Thema, das Sie hier wahlkampfbe-
dingt hochziehen wollen, wird Ihnen schneller zusam-
mensacken, als Ihnen lieb ist.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422938300
Jetzt spricht Herr Kol-
lege Eckhardt Barthel für die SPD-Fraktion.


Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1422938400
Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren! Herr Minister Wiesheu, die




Staatsminister Dr. Otto Wiesheu (Bayern)


22751


(C)



(D)



(A)



(B)


Kirch-Krise – Vielleicht können Sie mir ganz kurz Ihre
Aufmerksamkeit zuwenden.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das Sachliche juckt ihn nicht!)


Ich würde gern auf meinen Vorredner eingehen; ich
mache es auch ganz kurz.

In einem Ihrer letzten Sätze haben Sie festgestellt, dass
wir uns zu sehr mit bayerischen Angelegenheiten be-
schäftigen. Ich meine, dass es sich bei der Kirch-Krise
und den Folgen dieser Krise nicht mehr um eine bayerische
Angelegenheit handelt. Die Wirkungen und die Folgen für
die Medienordnung usw. sind nämlich nicht nur auf Bay-
ern begrenzt, auch wenn dort die Ausführenden waren.
Das alles hat auch Auswirkungen auf die gesamte
Medienordnung der Bundesrepublik Deutschland. Inso-
fern ist Bayern – es ist eigentlich gemein, was ich über
Bayern sage – bzw. die bayerische CDU zwar der Verur-
sacher, aber die Wirkung ist nicht auf sie begrenzt.


(Beifall bei der SPD)

Wenn man das Glück hat, etwas später in einer Debatte

zu sprechen, fragt man sich beim Zuhören manchmal, wer
bei Ihnen eigentlich die Rederegie führt. Dabei meine ich
sowohl die bayerische Regierung, wenn ich das einmal sa-
gen darf, als auch die CDU/CSU. Es ist schon erstaunlich:
Während die Bayerische Staatsregierung über ihre Lan-
desbank in das Titanic-Unternehmen Kirch Milliarden-
Beträge hineinpumpt, fragt sie hier – auch Herr Wiesheu
hat davon gesprochen – nach der Rolle des Bundeskanz-
lers. Wie passt das eigentlich zusammen? Denn der Bun-
deskanzler ist natürlich gar kein Akteur in diesem Poker-
spiel um Kirch.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Na! Ausfallbürgschaften!)


Der Kollege Lammert redet, während es hier um eine
konkrete Krise geht, die wir auch benannt haben, unter-
dessen über NRW. Allerdings machen Sie das – das gebe
ich zu – ganz geschickt: Sie verdrängen durch Generali-
sierung. Unser Thema ist aber die Krise bei Kirch.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die weder die erste noch die letzte ist! Nur darauf habt ihr keine Antwort!)


Ich finde es ein bisschen bedauerlich, dass Sie viel zu we-
nig auf die medienpolitischen Auswirkungen dieser Krise
eingegangen sind, obwohl dies im Hinblick auf unseren
Aufgabenbereich eigentlich im Mittelpunkt stehen müsste.

Herr Otto, auch ich würde gern als Botschaft den schö-
nen Spruch verkünden, dass jede Krise eine Chance bein-
haltet.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das stimmt auch!)


Das zu äußern ist aber angesichts der Wirkung auf die Me-
dienordnung und Arbeitsplätze nicht so leicht. Ich gebe
Ihnen aber Recht: Wir sollten es tun, weil dadurch auch
der Blick nach vorne gerichtet wird. Was die Notwendig-
keiten angeht, denke ich weniger an das Fußballentertain-
ment als an die Programm- und Meinungsvielfalt, die Pro-

grammqualität, die Staatsferne und alles, was unter die-
sem Gesichtspunkt bereits genannt wurde.

Ich möchte zu der Frage nach den Ursachen noch einen
Punkt ansprechen. Das negative und traurige Beispiel
Kirch – oder nennen Sie es CSU oder Stoiber; alles ist
richtig –, über das wir heute reden, zeigt, welch böse Fol-
gen es für die Medienordnung haben kann, wenn man Me-
dienpolitik nur – ich betone: nur – unter dem Gesichts-
punkt von kurzfristigen Standortinteressen und in einem
politisch-ideologischen Gleichklang mit den Medienun-
ternehmern betreibt.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sehr richtig!)


Am Ende der Ära Kirch stoßen wir jetzt auf merkwür-
dige Befindlichkeiten. Sehr viele Menschen – ich gehöre
dazu –, die sehr lange und mit Recht Kritik an Kirch, sei-
nem Imperium und seinem Geschäftsgebaren geübt ha-
ben, haben heute die Sorge: Was kommt, wenn das Impe-
rium wegfällt? Es ist kein Zufall, dass viele der Kritiker
– ich denke nur an den Poker um die Fußball-WM-Über-
tragungsrechte – befürchten, dass die Balance in unserem
pluralen System zwischen Öffentlich-Rechtlichen und
Privaten möglicherweise in Gefahr ist. Diese Sorgen
sollte man ernst nehmen.

Diese Sorgen haben bekanntlich zwei Namen: Murdoch
und Berlusconi. Ich gehöre nicht zu denen, die angesichts
dessen in Panik verfallen. Ich halte es auch für falsch,
davon auszugehen, dass die Freiheit über den Medien-
wolken grenzenlos ist. Es gibt zum Glück gesetzliche
Grenzen und Begrenzungen wirtschaftlicher und publizis-
tischer Konzentration. Wir haben unter anderem auch eine
Medienaufsicht. Darüber, dass viele Reformmaßnahmen
notwendig sind, sind wir uns sicherlich einig. Wir werden
das auch angehen. Ich bin froh, dass meine Fraktion ge-
rade in dieser Richtung schon wesentliche Vorleistungen
erbracht hat. Sie kennen auch den von uns eingebrachten
Antrag.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Nur der Lammert! Die anderen kennen ihn nicht!)


– Die kennen ihn alle. Wir werden uns auch noch darüber
unterhalten.

Ich glaube nicht, dass sich Medienpolitiker oder Me-
dienrechtler jemals haben vorstellen können, dass ein aus-
ländischer Medienzar, der „nebenbei“ auch noch Regie-
rungschef eines anderen Landes ist, so bedrohlich auf den
deutschen Markt vorstößt. Dies ist sicherlich sehr originell.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Er ist schon auf dem deutschen Markt! Er hat schon Anteile!)


– Ich hatte gesagt: bedrohlich. Bitte hören Sie mir genau
zu! Bitte nehmen Sie mir ab, dass ich weiß, dass er schon
Beteiligungen an deutschen Medienunternehmen hält.

Für uns ist – das wird auch immer wieder betont – das
Gebot der Staatsferne wichtig. Das wird hier entscheidend
berührt. Ich glaube, dass wir deshalb sowohl auf nationa-
ler Ebene als auch auf EU-Ebene gesetzlich handeln müs-
sen.




Eckhardt Barthel (Berlin)

22752


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422938500
Herr Kollege Barthel,
auch Sie muss ich leider an die Redezeit erinnern.


Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1422938600
Letzter Satz: Wir
sollten – das ist zu meiner großen Freude schon von eini-
gen angesprochen worden – in Anbetracht der Krise bei
Kirch nicht die Öffentlich-Rechtlichen aus den Augen
verlieren. Wir alle wissen, dass es keinen Wettbewerb
gibt, wenn es keine Öffentlich-Rechtlichen gibt. Deshalb
sollte eine Konsequenz aus der Bewältigung der Krise bei
Kirch – das ist eine Chance – die Stärkung der Öffentlich-
Rechtlichen sein.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422938700
Für die SPD-Fraktion
spricht jetzt der Kollege Dr. Axel Berg.


Dr. Axel Berg (SPD):
Rede ID: ID1422938800
Frau Präsidentin! Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Pleiten gibt es nun einmal in der
Marktwirtschaft, also auch in der Medienbranche. Was ist
bei Kirch so besonders? Medien sind in Zeiten des digita-
len Kapitalismus Machtfaktor. Ein Medienkonzern wie die
Kirch-Gruppe hat extreme politische Macht. Ein Garant
für das Funktionieren von Demokratie ist Pluralismus.
Deswegen gibt es Gewaltenteilung und eine freie Presse.

Die Pressemedien sind aber nicht mehr frei, wenn sie
nur einem oder wenigen gehören. Die Kirch-Gruppe gilt
als konservativ. Stoiber, auch konservativ, hat ein eigenes
politisches Interesse an der extremen Macht der Kirch-
Gruppe, weil sie ihm hilft, den Bundeskanzler und alles,
was in der Mitte der Gesellschaft ist oder sogar links von
ihr steht, schlecht zu machen. Nebenbei, liebe schwarze
Kollegen: Stoiber reiste persönlich nach Los Angeles, um
den Einstieg Murdochs bei Premiere möglich zu machen.
Finanziert wurde das Ganze damals durch einen Großkre-
dit der Landesbanktochter BAWAG aus Österreich.

Auch Banken sind normal in Marktwirtschaften. Sie
geben Kredite und verdienen mit dem Produkt Geld ihr
Geld. Eine Sonderrolle hat aber die Bayerische Landes-
bank. Sie fungiert als Hausbank des Freistaates Bayern
und versteht sich als Universalbank besonderer Prägung.
Ihr Ziel ist es, den Freistaat Bayern bei seiner Aufgaben-
erfüllung zu unterstützen. Kontrolliert wird die Landes-
bank vom Verwaltungsrat, in dem die CSU-Landesregie-
rung entscheidenden Einfluss hat.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Also privatisieren?)


– Nein, aber nicht so groß einsteigen. –Wenn also die von
der Bayerischen Staatsregierung kontrollierte Landes-
bank ungenügend gesicherte Kredite gibt – übrigens so
viele, wie noch nie eine Landesbank einem Unternehmen
gegeben hat, so viele, wie Kirch von keiner anderen Bank
bekommen hat, und das zu einem Zeitpunkt, als alle
Warnzeichen blinkten und hupten –, dann bedeutet das
entweder, dass Stoiber Steuermittel letztlich dazu benutzt
hat, seinem Helfershelfer und Spezl Kirch zu helfen, oder

aber, dass seine wirtschaftspolitische Kompetenz nur eine
Schimäre ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Kirch ist ein Musterbeispiel und ein vorläufiger Höhe-
punkt verfehlter bayerischer Wirtschaftspolitik. Nach
Grundig, Schneider-Unterhaltungselektronik, Fairchild
Dornier, Schmidt-Bank, dem fast kaputten Stahlkonzern
Maxhütte und der halbstaatlichen Immobiliengesellschaft
LWS geht es jetzt mit Kirch weiter. Auch Infineon, Sie-
mens, Epcos, Viag und Interkom streichen Hunderte Stel-
len. Als Münchner kann ich nur hoffen, dass Stoiber die
Bundestagswahl so vernichtend verliert, dass wir auch in
Bayern endlich einen wirtschaftlich kompetenten Minis-
terpräsidenten bekommen.


(Beifall bei der SPD)

Was ist jetzt zu tun? 10 000 Arbeitsplätze bei Kirch

selbst und noch einige Tausend bei den Zulieferern müs-
sen gerettet werden. Die Beschäftigten haben gut gear-
beitet. Ihnen ist kein Vorwurf zu machen. Etliche sind ex-
tra nach München und in die Umgebung gezogen, weil sie
vermuteten, dass in Bayern gute Medienpolitik gemacht
wird. Ihre Erwartungen wurden nicht erfüllt. Die hybride
Blase ist geplatzt. Durch die Kirch-Gruppe muss nicht nur
ein Ruck gehen. Sie muss auch richtig umstrukturiert
werden. Bei dem kirchschen Verantwortungschaos ist es
unmöglich, der öffentlichen Hand klar zu machen, dass
Steuergelder reingebuttert werden, ohne dass sich etwas
verändert. Aber es sieht ja gar nicht so schlecht aus. Vier
Banken bilden die Auffanggesellschaft. Pro 7, SAT 1 und
Kabel sind profitabel. Jetzt müssen wir strategische Inves-
toren finden. Berlusconi wird nicht kommen.

Als Demokrat sehe ich in der Kirch-Pleite auch eine
große Chance, zu mehr Pluraliät und zu größerer Pro-
grammvielfalt zu kommen. Statt einem Kirch sehe ich viele
Medienunternehmen mit vielen Meinungen und einem
echten Wettbewerb der Meinungsmacher statt immer nur
„more of the same“. Das wäre ein Zustand, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, der wirklich zu unserer offenen Zi-
vilgesellschaft passen würde und angemessen wäre.

Gestatten Sie mir ein letztes Wort. Herr Wiesheu, Sie
tun mir, ehrlich gesagt, ein bisschen Leid; sonst ja nicht,
aber diesmal schon.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Wieder einmal müssen Sie für Ihren Chef die Kohlen aus
dem Feuer holen. Stoiber ist leider wieder zu feige, per-
sönlich herzukommen –wie bei der LWS-Pleite, wie beim
BSE-Skandal, wie bei der Affäre um den Deutschen Or-
den. Verantwortung, denke ich, gehört aber auch zum po-
litischen Geschäft.


(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422938900
Nächster Redner für
CDU/CSU-Fraktion ist der Kollege Dr. Martin Mayer.


Dr. Martin Mayer (CSU):
Rede ID: ID1422939000
Frau
Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Medienfach-






(C)



(D)



(A)



(B)


mann Peter Glotz, SPD, schreibt über den Medienunter-
nehmer Leo Kirch – ich zitiere – :

Leo Kirch war über viele Jahrzehnte ein innovativer
Unternehmer. Zum Schluss hat er sich übernommen.
Jetzt kommt es darauf an, möglichst viel von seinem
Lebenswerk zu retten.

In der Tat hat Leo Kirch einen beachtlichen Anteil an
der beispielhaften Entwicklung des Medienstandortes
Bayern mit vielen hoch qualifizierten Arbeitsplätzen
und zahlreichen Ausbildungsplätzen, insbesondere in
der Region München. Für diese unternehmerische Leis-
tung gebührt ihm auch heute noch Dank und Anerken-
nung.

Nun ist die Kirch-Gruppe offensichtlich durch Verluste
beim Bezahlfernsehen Premiere in eine finanzielle Krise
geraten


(Jörg Tauss [SPD]: Wir haben gerade gehört, wie erfolgreich das war!)


und man hat manchmal den Eindruck, dass bei der SPD
und bei den Grünen darüber Genugtuung herrscht.


(Jörg Tauss [SPD]: Schmarrn! – Ludwig Stiegler [SPD]: Unglaublich!)


Unser Augenmerk muss jetzt darauf gerichtet sein, mit-
zuhelfen, dass diese Krise abgewendet werden kann.
Zur Rettung des Unternehmens und damit auch der
Arbeitsplätze müssen fachkundige finanzstarke Inves-
toren aus dem In- oder aus dem Ausland gewonnen wer-
den.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Banken und der Insolvenzverwalter tun das Ihrige.

Wie verhalten sich nun die Bundesregierung und die
Koalition in dieser Situation? Wo sind die Bemühungen,
potenziellen Investoren den Weg zu ebnen? Der Bundes-
kanzler ist ganz offensichtlich in erster Linie damit be-
schäftigt, zum einen die Insolvenz der Kirch-Media AG zu
nutzen, um den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund
Stoiber zu diffamieren, und zum anderen seiner Partei ei-
nen möglichst großen Einfluss auf den künftigen Fern-
sehmarkt zu sichern. Anders lassen sich seine ersten öf-
fentlichen Äußerungen nicht interpretieren. Die Kollegen
der SPD und der Grünen haben heute diesen Eindruck be-
stätigt.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Haltet den Dieb! Haltet den Dieb!)


Ihre Reden lenken letztlich davon ab, dass die rot-grüne
Wirtschaftspolitik in Deutschland zu einer Pleite geführt
hat und dass die rot-grüne Wirtschaftspolitik abgelöst
werden muss.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Ludwig Stiegler [SPD]: Jetzt haben wir es endlich!)


Heute ist schon angesprochen worden: Da trifft sich der
Herr Bundeskanzler und Chef der SPD hinter dem Rücken
von Leo Kirch mit dem Vorsitzenden der SPD-nahen
„WAZ“-Verlagsgruppe, die Teile der Kirch-Beteiligungen

erwerben will, und mit dem Vorstandschef einer Gläubi-
gerbank, der Tage danach zum Schaden des Kirch-Unter-
nehmens öffentlich über die Insolvenz spekuliert.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Und das macht der für den Kanzler? Das nennt man Verfolgungswahn, was Sie da haben!)


Ist das die Fürsorge für ein Unternehmen in der Krise oder
will da etwa eine Partei ihren Einflussbereich in der
Presse vergrößern und sich einen großen Brocken am
Fernsehen sichern?


(Jörg Tauss [SPD]: Genau! Das ist es!)

Hinzu kommt ein Weiteres. Der Bundeskanzler warf in

seinen ersten Äußerungen Edmund Stoiber vor, er unter-
stütze Leo Kirch zu wenig. Was ist denn nun richtig? Zu-
gleich erhebt die SPD im Bayerischen Landtag ständig
den Vorwurf – auch hier haben Sie das wiederholt –, Leo
Kirch werde von der CSU und der Bayerischen Staatsre-
gierung zu stark unterstützt. Dieses Doppelspiel, diese
doppelbödige Argumentation ist durchsichtig. Es geht der
SPD nicht um das Wohl der Unternehmungen von Kirch,
sondern einzig und allein um Wahlkampfpolemik.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Immer sind die anderen schuld!)


Die Zweifel an der Lauterkeit der Absichten werden auch
nicht ausgeräumt, wenn man die Äußerungen der SPD-Mi-
nisterpräsidenten gegenüber Berlusconi und Murdoch hört.
Dazu ist hier schon genug gesagt worden. Ich möchte aber
festhalten: Das ist eine große Heuchelei. Wer in der SPD
wirklich Sorge um zu viel Einfluss von Staat und Parteien
auf die Medien hat, der soll sich einmal mit den Beteiligun-
gen der eigenen Partei an Zeitungsverlagen beschäftigen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Nur kein Neid! Die sind ehrlich und redlich verdient!)


Wer wirklich einen Beitrag zum Überleben der Unterneh-
men der Kirch-Gruppe leisten will, der muss auch mögli-
che ausländische Kapitalgeber gut behandeln. Davon ist
bei der SPD leider nichts, aber auch gar nichts zu spüren.

Zum Abschluss noch ein Zitat von Peter Glotz – ich zi-
tiere –:

Kirchs Insolvenz ist nicht nur ein Ende. Sie kann
auch ein Anfang werden.

Ich füge dem hinzu: Alle Beteiligten einschließlich der
Gläubigerbanken tragen eine große Verantwortung. Sie
müssen sich anstrengen, damit die Kirch-Unternehmen
weitergeführt werden können. Für diesen Neuanfang
wünsche ich viel Glück und Erfolg im Interesse der Be-
schäftigten, im Interesse der Geschäftspartner der Kirch-
Gruppe und schließlich auch im Interesse der Vielfalt des
Medienstandortes Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422939100
Der letzte Redner in
dieser Debatte ist der Kollege Jörg Tauss für die SPD-
Fraktion.




Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)

22754


(C)



(D)



(A)



(B)



Jörg Tauss (Plos):
Rede ID: ID1422939200
Liebe Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gelernt: Kirch ist
ein erfolgreiches Unternehmen und Rot-Grün ist schuld.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine ziemlich gelungene Zusammenfassung!)


Es ist schon etwas platt, Herr Mayer und Herr Wiesheu,
was Sie an Ausführungen gemacht haben.

Ich möchte zitieren, und zwar nicht aus einer sozialde-
mokratischen Zeitung, sondern aus der „Financial Times
Deutschland“, an der wir noch nicht einmal beteiligt sind.
Sie hat ihre Berichterstattung zum Thema Kirch-Insol-
venz mit den Worten „Bayerns verfehlte Politik“ über-
schrieben.


(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, dieses Zitat aus der „Financial Times Deutsch-
land“ beschreibt die Verhältnisse in passender Weise.

Der Fall Kirch ist – davon brauchen Sie nicht abzu-
lenken; das können Sie auch nicht – eine Pleite für die
stoibersche Medienpolitik, nicht nur was den Medien-
standort München angeht, sondern auch für die Medien-
politik als solche. Darauf möchte ich näher eingehen.

Es hat mich sehr befremdet – das möchte ich an dieser
Stelle einmal sagen –, dass der bayerische Wirtschaftsmi-
nister kaum Worte für die Beschäftigten fand, für die klei-
nen Produktionsfirmen, übrigens nicht nur in Bayern. Ich
hätte erwartet, dass der bayerische Wirtschaftsminister
dieses Thema anspricht, statt sich in NRW und in Gegen-
den zu verlieren, in denen er sich regional gar nicht aus-
kennt.


(Beifall bei der SPD)

Nein, Sie hätten hier Ihre Verantwortung für den Medien-
standort München offen legen müssen. Zu dieser Verant-
wortung hätten Sie sich bekennen müssen. Sie haben hier
in zwei Beiträgen nichts dazu beigetragen, sondern Ne-
belkerzen geworfen. Damit werden Sie nicht durchkom-
men.


(Beifall bei der SPD)

Das Engagement der Bayerischen Landesbank ist das

Problem, über das wir uns unterhalten müssen – nicht die
intelligente Standortpolitik in Nordrhein-Westfalen. Trotz
warnender Stimmen war das Engagement der Bayeri-
schen Landesbank in unverantwortlicher, in mangelhafter
Weise abgesichert, und das unter Ihrer Verantwortung.
Das steht schon heute – selbst wenn die Staatssekretärin,
wie sie uns gesagt hat, noch nicht so deutlich werden
konnte – auch unter rechtlichen Gesichtspunkten ganz of-
fensichtlich fest.

Die Gründe für dieses Verhalten liegen auf der Hand.
Es ging darum, einen konservativen Multimediakonzern
zu installieren, auf den man unmittelbaren Einfluss hat
und mit dem man in Spenden verflochten war. Es ist kein
Zufall, dass Gelder in Höhe von 800 000 DM an Herrn
Kohl geflossen sind. Übrigens: Bei der „WAZ“, von der
Sie so viel reden, waren es auch 800 000 DM, die an Herrn
Kohl gegangen sind. Es ist hochinteressant, an was wir al-

les schuld sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren,
machen Sie sich also bitte nicht lächerlich!


(Beifall bei der SPD)

Ich will mich in dieser Aktuellen Stunde aber nicht nur

mit diesem Totalausfall bayerischer Medienpolitik und
deren Konkurs beschäftigen. Herr Staatsminister Nida-
Rümelin hat – ich weiß nicht, warum Sie das kritisiert ha-
ben, Herr Kollege Lammert – das Thema Medien und Me-
dienpolitik ernsthaft angesprochen. Ich stimme Ihnen zu,
dass wir hier sehr wohl Konsequenzen ziehen müssen. Zu
der Frage, ob Bayern die richtigen Konsequenzen zieht,
kommen wir gleich noch.

Herr Kollege Otto, Sie haben hier zu Recht den priva-
ten Rundfunk angesprochen. Nur, die privaten Rundfunk-
anbieter hatten vor Malone Angst, weil sie fürchteten, un-
ter die Räder zu kommen. Die Zusammenhänge, die Sie
geschildert haben, waren nicht sehr nachvollziehbar.

Es ist immer wieder die Rede von den Beteiligungen
der SPD an Medienkonzernen. Früher durften wir noch
nicht einmal drucken – das war die historische Situation –,
weil die Konservativen, die Reaktionären und die Braunen
in diesem Lande den Druckereien verboten hatten, für die
SPD zu drucken. Daher haben wir uns Druckereien be-
schaffen müssen, die wir zum Teil noch heute haben.


(Lachen und Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP – Beifall bei der SPD)


Diese Unternehmen sind wirtschaftlich erfolgreich und
deswegen haben Sie Neidgefühle. Das tut mir sehr Leid.
Am Beispiel des Bayerischen Rundfunks – da geht es
nicht um Kapitalbeteiligungen – erkennt man, dass die
Gewaltenteilung zwischen Politik und Medien anders als
bei uns eben nicht funktioniert. Das zeigt auch der Fall
Kirch. Die Maschinerie unter Bundeskanzler Kohl hat
ihren Einfluss so wahrgenommen, dass jede Stelle eines
Abteilungsleiters und sogar die des Pförtners beim Zwei-
ten Deutschen Fernsehen entsprechend besetzt wurde.


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/CSU]: So ein Unsinn!)


Sie lenken ab. Sie haben ohnehin ein gestörtes Verhält-
nis, was die Gewaltenteilung in der Politik angeht, siehe
Eingriffe in die bayerische Justiz. Es wäre hochinteressant,
über diese Themen einmal ein bisschen mehr zu reden.


(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Otto und Herr Kollege Lammert, wir

müssen über das Wettbewerbsrecht sprechen. Es gibt auf
diesem Gebiet einige Probleme, über die wir diskutieren
müssen. Es geht darum, über das Wettbewerbsrecht die
Meinungsvielfalt im Rundfunk zu sichern. Das ist der
Hintergrund dafür, dass wir über ausländische Beteiligun-
gen diskutieren. Es ist doch ein Schmarren, zu behaupten,
dass sich irgendjemand vor ausländischen Beteiligungen
fürchtet. Die Fragen sind einfach: Funktionieren die Ver-
antwortung und die Abgrenzung, von denen ich gerade
geredet habe? Funktioniert der Ordnungsrahmen? – Es
kann nicht sein – über diesen Punkt diskutieren wir –, dass
durch Medienbeteiligungen die Gewaltenteilung zwi-
schen Politik und Medien außer Kraft gesetzt ist.






(C)



(D)



(A)



(B)


Wir haben einen europäischen Auftrag. Was Berlusconi
in Italien im Sinne von wirklicher Macht tut, ist weder für
Europa noch für Italien noch für Deutschland akzeptabel.
Deswegen wollen wir die italienischen Verhältnisse, Frau
Präsidentin, nicht.


(Beifall bei der SPD)

Bayern schaut nicht über seinen Gartenzaun hinweg.

Sie, Herr Wiesheu und Herr Huber, sind es, die nicht be-
reit sind, darüber zu reden, wie eine moderne Kommuni-
kationsordnung aussieht. Sie errichten Ihre Gartenzäune.
Sie wollen die entsprechenden Zuständigkeiten: EU, Bun-
deskartellamt, Regulierungsbehörden, 15 Landesmedien-
anstalten, KEK, KEF, Aufsichtsräte noch und noch, in de-
nen man sitzt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422939300
Herr Kollege Tauss,
ich fühle mich sehr geehrt, dass Sie mich in Ihre Rede ein-
gebaut haben; aber meine Uhr funktioniert tatsächlich. Sie
zeigt an, dass Sie Ihre Redezeit überschritten haben.


Jörg Tauss (Plos):
Rede ID: ID1422939400
Frau Präsidentin, Sie haben völlig
Recht. – Nach der stoiberschen Pleite können natürlich

auch Chancen entstehen. Wer aber Sendezeiten für das In-
ternet will, der zeigt, dass er weder medienpolitisch noch
wirtschaftspolitisch Ahnung hat. Das hat die heutige De-
batte gezeigt.

Ich bedanke mich für die zusätzlichen Sekunden Re-
dezeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1422939500
Die Aktuelle Stunde
ist beendet.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesord-
nung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tags ein auf morgen, Donnerstag, den 18. April 2002,
9 Uhr.

Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen noch einen
angenehmen, wenn auch sicherlich arbeitsreichen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.