Gesamtes Protokol
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Guten Tag, liebe Kol-
leginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zur
Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Staatsminister für Angelegenheiten der Kultur und
der Medien, Professor Dr. Julian Nida-Rümelin.
D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Da-
men und Herren! Nach meinem Eindruck ist dies – das
zeigt sich auch an dem überschaubaren Kreis von Abge-
ordneten – kein Konfliktthema,
und zwar im doppelten Sinne.
Von den Fraktionen des Bundestages wurde es im
Grundsatz begrüßt, dass wir die Buchpreisbindung in
Deutschland sichern. Es gab das Bemühen, dies über das
Sammelrevers 2000 zu tun. Es hat sich aber erwiesen,
dass es zumindest zweifelhaft ist, ob dieses Instrument an-
gesichts der EU-Bedingungen und insbesondere der kar-
tellrechtlichen Beurteilungen vonseiten der Europäischen
Union zuverlässig ist. Deshalb habe ich vor ziemlich ge-
nau einem Jahr den Vorschlag gemacht, dass die Bundes-
republik Deutschland dem Beispiel anderer Mitgliedstaa-
ten der Europäischen Union, etwa Frankreichs oder
Österreichs, folgen und durch ein nationales Buchpreis-
bindungsgesetz die Buchpreisbindung auf Dauer sichern
sollte.
Was sind die kulturpolitischen Ziele dieses Gesetzes?
Ich denke, sie lassen sich in folgende drei Hauptziele glie-
dern:
Das erste Hauptziel ist, die Vielfalt und die hohe Qua-
lität des Buchangebotes in Deutschland zu sichern.
Das zweite Hauptziel ist, das flächendeckende Netz
und das hohe Niveau der fachlichen Beratung der Buch-
handlungen in Deutschland zu sichern.
Das dritte Hauptziel – das sollte man nicht unterschät-
zen – ist, den eigentlichen Protagonisten der Literatur,
nämlich den Autorinnen und Autoren, auf diese Weise ein
gesicherteres Auskommen zu ermöglichen.
Zusätzlich gibt es vor allem zwei Nebenziele: Das
Erste ist – nolens volens –, die ohnehin stattfindende Ver-
lagskonzentration nicht weiter zu unterstützen. Dass dies
nötig ist, zeigt auch der internationale Vergleich. Das
zweite Nebenziel ist, Transparenz herzustellen, das heißt,
dafür zu sorgen, dass die Preise auf dem Buchmarkt ge-
nerell gleich sind.
Der von uns vorgelegte Gesetzentwurf ist europarecht-
lich abgesichert: 1985 gab es die Entscheidung Leclerc
des Europäischen Gerichtshofes und es entspricht der
ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichts-
hofes, dass nationale Buchpreisbindungen mit dem EU-
Kartellrecht kompatibel sind.
Ich möchte mit einer grundsätzlichen Bemerkung
schließen: Gegenwärtig wird in Europa eine interessante
Debatte über – ich will es einmal so formulieren – das
Spannungsverhältnis zwischen der Marktglobalisierung
sowie dem globalen und dem innereuropäischen Freihan-
del auf der einen Seite und dem Ziel der Bewahrung der
kulturellen Vielfalt speziell innerhalb der Europäischen
Union auf der anderen Seite geführt. Seit dem Maastricht-
Vertrag gehört es zu den Zielen der Europäischen Union,
die kulturelle Vielfalt – dazu gehört auch ein gutes Buch-
angebot – in den europäischen Mitgliedstaaten zu fördern.
In diesem Spannungsverhältnis müssen wir verschiedene
kulturpolitische Themen, zum Beispiel den Film oder die
Frage der Buchpreisbindung, ansiedeln.
Es ist seit langem das erste Gesetz, das eine Preisbin-
dung vorsieht. Es stellt zweifelsfrei einen Eingriff in den
freien Markt dar. Dieser Eingriff ist aber in meinen Augen
legitimiert, weil wir damit dem Kulturgut Buch eine ganz
wesentliche Förderung angedeihen lassen, ohne die dieses
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226. Sitzung
Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Beginn: 13.00 Uhr
Kulturgut nicht die zentrale Rolle spielen könnte, die es
heute de facto spielt. Das hängt mit der seit 1887 beste-
henden Buchpreisbindung in Deutschland zusammen.
Besonders erfreulich finde ich im Übrigen, dass das
Bundeswirtschaftsministerium, das ebenfalls federfüh-
rend war – der Vertreter des Bundeswirtschaftsministe-
riums kann heute wegen Krankheit nicht zugegen sein –,
das Gesetz mit uns zusammen vorbereitet hat. Dieser Ge-
setzentwurf ist auch mit dem Börsenverein des Deutschen
Buchhandels als Vertreter der Buchbranche eng abge-
stimmt worden. Von daher haben in diesem Fall alle drei
Akteure an einem Strang gezogen.
Danke schön.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Danke, Herr Staats-
minister.
Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu
stellen, der soeben aufgerufen worden ist. Der erste Fra-
gesteller ist der Kollege Kubatschka.
Herr Staatsminister, Sie
haben auf Frankreich und Österreich verwiesen, wo die
Buchpreisbindung nach wie vor vorhanden bzw. wieder
gesichert worden ist. Liegen der Bundesregierung Er-
fahrungen aus Ländern vor, in denen dieses System nicht
vorhanden ist?
D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auf europäischer Ebene wird gegenwärtig
über eine Richtlinie zur Buchpreisbindung beraten. In die-
sem Zusammenhang sind ganz interessante Daten zusam-
mengestellt worden. So zeigt sich zum Beispiel, dass das
durchschnittliche Preisniveau in Ländern ohne Buch-
preisbindung entgegen dem, was man nach ökonomischer
Theorie erwarten würde, höher ist als in Ländern mit
Buchpreisbindung. Im Fall Großbritannien ist der Buch-
preis nach der Freigabe zunächst gesunken, dann aber
wieder gestiegen.
Ganz besonders faszinierend ist der Vergleich der
durchschnittlichen Anzahl von Buchhandlungen in Ort-
schaften mittlerer Größe, also zwischen 20 000 und
50 000 Einwohnern: In Österreich gibt es dort 4,7 Buch-
handlungen, in der Schweiz 4,5 und in Deutschland 3,2.
In Großbritannien – ohne Buchpreisbindung – sind es 1,7
und in den USA 0,75 Buchhandlungen. Das sind dra-
matische Unterschiede. Ein zweites Beispiel: Die Zahl der
lieferbaren Bücher pro 1 Million Einwohner ist im deut-
schen Sprachraum um 44 Prozent höher als im ameri-
kanischen und englischen Sprachraum, wo eine Buch-
preisbindung nicht besteht.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine Nachfrage? –
Bitte, Herr Kubatschka.
Herr Staatsminister, be-
deutet das, dass durch die Buchpreisbindung das in
Deutschland relativ gute Netz an Buchhandlungen, die
nicht nur Orte des Verkaufens, sondern auch Orte des kul-
turellen Austausches sind – viele Buchhandlungen bieten
Lesungen und andere Veranstaltungen an und sind vor al-
lem auf dem flachen Land, dessen Vertreter ich bin, eine
Bereicherung –, gestützt wird?
D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich denke, dass mit dem Instrument der Buch-
preisbindung, die wir jetzt auf Dauer gesichert haben,
auch die Spielräume von Buchhandlungen über ihre Rolle
als Marktteilnehmer und Anbieter der Ware Buch hinaus
– diese sind zugegebenermaßen enger geworden – sowie
ihre kulturelle Rolle größer sind als ohne Buchpreis-
bindung. Ohne Buchpreisbindungen sind Kalkulationen,
die durch Buchpreisbindung ermöglicht werden und ge-
wisse Margen sichern, die übrigens auch innerhalb der
Verlage Quersubventionierungen zwischen erfolgreichen
und weniger erfolgreichen Büchern zulassen – das ist ein
ganz wichtiger Aspekt –, nicht möglich. Das gilt auch für
Buchhandlungen und ihre kulturelle Rolle. Man wird die
Entwicklung abwarten müssen. Der internationale Ver-
gleich aber zeigt, dass die kulturelle Rolle, die die Buch-
handlungen im deutschen Sprachraum spielen, mit der
Buchpreisbindung zusammenhängt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nächster Fragesteller
ist der Kollege Dr. Heinrich Fink.
Herr Staatsminister, wir
können uns wirklich beglückwünschen, dass es zu diesem
Gesetzentwurf gekommen ist. Ihr Vorgänger hat sich hier
sehr intensiv bemüht, aber offenbar geht es nicht ohne Ge-
setz.
Der Berliner würde fragen: Ist nun wirklich alles was-
serdicht oder was ist in diesem Zusammenhang noch
möglich? Wie weit sind die Auseinandersetzungen auf eu-
ropäischer Ebene? Ich würde in diesem Punkt die Aus-
führungen von Herrn Kubatschka gerne noch vertiefen:
Kann unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten tatsäch-
lich nichts mehr dazwischenkommen oder sind noch wei-
tere Schritte notwendig?
Meine zweite Frage: Bietet das Gesetz auch eine Hand-
habe, der Umgehung der Preisbindung über das Internet
zu begegnen?
D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir sind zuversichtlich, dass die Buchpreis-bindung mit diesem nationalen Buchpreisbindungsgesetzauf Dauer gesichert ist und nicht in Konflikt zu vorran-gigem EU-Recht gerät, weil es bereits Auseinanderset-zungen vor dem Europäischen Gerichtshof um nationaleBuchpreisbindungen gegeben hat, insbesondere in Bezugauf Frankreich. Die ständige Rechtsprechung des Europä-ischen Gerichtshofs hat die Vereinbarkeit einer nationalenBuchpreisbindung per Gesetz nach französischem Muster– andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union habenebenfalls ein nationales Buchpreisbindungsgesetz – stän-dig bestätigt: 1985 mit der Leclerc-Entscheidung, zuletztim Jahre 2000 in der Auseinandersetzung Echirolles. Wir
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Staatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin22408
sind daher sicher, dass es nicht erneut zu der Konfliktklagekommt, die beim Sammelrevers 2000, also bei der verti-kalen Branchenabsprache per Vertrag, aufgetreten ist.Zu Ihrer Frage nach dem Internet. Bücher, die zumZwecke des Reimports importiert werden, unterliegenebenfalls dem Buchpreisbindungsgesetz. Das ist das ent-scheidende Kriterium. Natürlich mag es Fälle geben, indenen strittig ist, was zum Zwecke des Reimports expor-tiert wurde. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung aberwird verhindert, dass die Buchpreisbindung zum Beispielüber das Internet unterlaufen wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nun hat der Kollege
Dr. Uwe Jens das Wort zu einer Frage.
Herr Staatsminister, ich habe
zwei Fragen. Vorab möchte ich aber einen Hinweis geben:
Mit dem Argument, es schaffe mehr Transparenz, kann
man natürlich jede Preisbindung rechtfertigen. Beim Buch
geht es aber um ein besonderes Kulturgut, ebenso wie bei
Verlagserzeugnissen insgesamt. Ich glaube, deshalb kann
man die Preisbindung hier durchaus akzeptieren.
Zu meiner ersten Frage. Seitens der EU sind Bußgelder
gegenüber einigen Buchhändlern, aber auch gegenüber
dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels angedroht
worden. Meinen Sie, dass mit dieser Novellierung diese
Bußgeldandrohungen vom Tisch sind?
Meine zweite Frage: In welchen EU-Ländern gibt es
denn Regelungen, die mit denen, die wir jetzt schaffen
wollen, vergleichbar sind? Streben Sie auch an, das, was
wir jetzt vorhaben, EU-weit zu vereinheitlichen?
D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage war, ob das Buchpreisbindungsge-
setz dazu führt, dass die jeweiligen Verfahren eingestellt
werden. Es zeichnet sich ab, dass das Beschwerdeverfah-
ren von Libro eingestellt wird. Das bedeutet aber nicht,
dass alle Probleme mit dem Sammelrevers behoben
wären: Deswegen kam es ja zu dem Vorschlag, dies durch
ein nationales Preisbindungsgesetz zu klären. Ich denke,
nach Erlass dieses Gesetzes können solche Probleme
nicht mehr auftreten.
Ihre zweite Frage bezog sich auf die EU-Länder, in de-
nen vergleichbare Regelungen bestehen. Wir haben uns
auch bei den gesetzlichen Formulierungen insbesondere
an Frankreich und Österreich orientiert, wo die Situation
vergleichbar ist. Aber es handelt sich hier auch um Bel-
gien, Italien und andere Länder. Fragen Sie mich bitte
nicht, um welche Länder es sich genau handelt. Ich habe
nicht alle Namen im Kopf, sondern müsste sie nachsehen.
Es gibt nämlich eine ganze Reihe weiterer EU-Mitglied-
staaten, in denen entsprechende Gesetze bestehen. Bei
Belgien bin ich mir ganz sicher.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nächster Fragesteller
ist der Kollege Dr. Norbert Lammert.
Herr Staatsmi-
nister, Sie haben in Ihrer Einführung zutreffend darauf
hingewiesen, dass dies ja nicht der erste Anlauf zur Si-
cherung der Buchpreisbindung ist. Hoffentlich ist es aber
der letzte. Mir fallen in diesem Zusammenhang übrigens,
abgesehen vom Bergbau, wenige Branchen ein, die sich
über viele Jahrzehnte einer so stabilen staatlichen Flan-
kierung eines ganz vitalen eigenen wirtschaftlichen Inte-
resses erfreuen, wie dies für die Verlage und den Buch-
handel aus Gründen, die wir hier jetzt nicht noch einmal
austauschen müssen, der Fall ist. Dieser Sachverhalt aber
bleibt auffällig und verdient gewiss auch festgehalten zu
werden.
Mich hat eine Bemerkung in einer Mitteilung zur Ver-
bändeanhörung sensibilisiert – deswegen möchte ich Sie
danach fragen –, die in Vorbereitung dieses Gesetzent-
wurfes stattgefunden hat. Dort wird darauf hingewiesen,
dass es seitens der EU-Direktion Binnenmarkt Vorbehalte
gegen einzelne Details der vorgesehenen Regelung grenz-
überschreitender Verkäufe gebe. Wenn man die Leidens-
geschichte dieses Anliegens in den vergangenen Jahren
verfolgt hat, gehen hier sofort bestimmte Warnlampen an.
Deswegen hätte ich gern gewusst, um welche Details
es sich handelt, bei denen die zuständige Generaldirektion
Vorbehalte angemerkt hat. Denn es wäre leider nicht das
erste Mal, wenn sich aus zunächst vermeintlichen Details
später Grundsatzprobleme ergäben, die dann eine Hürde
markieren, die wiederum nur schwer genommen werden
kann. Zwar hoffe ich dies ausdrücklich nicht, aber es ist
der Gegenstand meiner ersten Frage.
Meine zweite Frage betrifft den nationalen Entschei-
dungsprozess. Ich unterstelle, dass dieser Gesetzentwurf
mit dem Ziel der Verabschiedung noch in dieser Legisla-
turperiode eingebracht worden ist, was wiederum auch
die Mitwirkung der entsprechenden parlamentarischen
Gremien voraussetzt. Deswegen möchte ich Sie gerne fra-
gen, welches Gewicht die vorgetragenen Bedenken der
Länder wegen der vorgesehenen Ordnungswidrigkeitsre-
gelung in diesem Gesetzentwurf haben. Die Interessen-
lage der Länder leuchtet sofort ein; denn sie müssen diese
Ordnungswidrigkeitsregelung im Zweifelsfall exekutie-
ren. Vielleicht können Sie etwas dazu sagen, ob es sich
hier um eine prinzipielle Frage oder auch um eine Detail-
frage handelt.
D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zunächst antworte ich auf Ihre Frage, inwie-fern die von Ihnen zitierten Äußerungen Grund zur Sorgesind, dass auch diese gesetzliche Regelung der Buch-preisbindung wieder von europäischer Seite unter Druckgeraten kann. Nach meinem Wissensstand sind unterdes-sen die Formulierungen, die moniert worden sind, he-rausgenommen worden. Das heißt, dass der Gesetzent-wurf, so wie er jetzt vorgelegt worden ist, nicht auf diegleichen Bedenken vonseiten der Europäischen Uniontrifft.In diesem Zusammenhang ist es vielleicht wichtig, da-rauf hinzuweisen, dass ein Bereich ausgenommen wurde.– Dies geschah auf Wunsch der Branche; es entsprach ansich nicht unserer Vorstellung. – Hierbei handelt es sich
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Staatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin22409
um den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften, also derPresseerzeugnisse. Der Hauptgrund dafür ist nicht, dass esdort nicht etwa auch Preisbindungen gibt. Der Hauptgrundist vielmehr, dass es zum Beispiel für wissenschaftlicheZeitschriften, die von deutschen Verlagen überwiegend inenglischer Sprache vorgelegt werden und die sich an ei-nem internationalen Markt orientieren müssen, der Spiel-räume bedarf, um dort bestehen zu können. Dies betrifftdie Grenzüberschreitung in eine Richtung. Ich bin zuver-sichtlich, dass wir mit diesem Gesetzentwurf keine Pro-bleme mit der Europäischen Union bekommen werden.Zur Frage nach der Beteiligung der Bundesländer: Wirhaben jetzt ein ganz ordentliches Verfahren eingeleitet,das es uns – gerade noch, wie ich zugebe – auch ohne Pa-ralleleinbringung, die wir wirklich nur zur Sicherheitgetätigt haben, erlaubt, dieses Gesetz unter Berücksichti-gung der Stellungnahmen des Bundesrates in der letztenPlenarwoche zu verabschieden. Von daher werden dieEinwände der Länder sehr sorgfältig geprüft werden; ichkann zum gegenwärtigen Zeitpunkt dazu aber noch nichtStellung beziehen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt ist die Kollegin
Monika Griefahn mit ihrer Frage an der Reihe.
Herr Staatsminister, am Bei-
spiel des amerikanischen Spielfilms „E-Mail für dich“
wird sinnfällig, was es bedeutet, keine Buchpreisbindung
zu haben. In diesem Film zwingt ein großer Buchladen
mit sehr preisgünstigen Büchern eine kleine, nette Buch-
handlung, in der man sich trifft und in der Lesungen statt-
finden, zum Schließen, weil die Bürger nicht mehr in ei-
nen kleinen Laden gehen, wenn sie die Bücher nebenan
billiger bekommen. Insofern war das, was Kollege
Kubatschka gesagt hat, ganz wichtig. Auf dem flachen
Land sind die Buchhandlungen Treffpunkte und Kom-
munikationsorte. Aber die Kommunikation in Form phy-
sischer Begegnung nimmt ab und mehr und mehr Leute
bestellen per Internet.
Sie haben eben auf eine Nachfrage etwas zum Internet
gesagt. Dennoch stellt sich für mich die Frage, wie man ver-
hindern kann, dass Leute über den Internethandel Bücher
aus Ländern bestellen, in denen keine Buchpreisbindung be-
steht – ich nenne als Beispiel Amazon UK –, und dadurch
eine Ordnungswidrigkeit begehen. Amazon ist, so weit ich
weiß, einer der Läden, die weltweit schon Gewinne machen,
was in einem guten Aktienkurs zum Ausdruck kommt. Von
daher gibt es offensichtlich eine größere Nachfrage nach In-
ternetbuchhandel. Ist eine Einschränkung möglich, wenn
die Bestelladresse kein „de“ am Ende hat?
D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auch solche Internethändler sind dem Recht
unterworfen. Entscheidend dabei ist, ob das Kriterium so
gefasst ist, dass nicht am Ende etwa durch Internetange-
bote die Buchpreisbindung in Deutschland unterlaufen
wird. Das Kriterium ist präzise: Bücher, die in Deutsch-
land produziert werden und vom Verlag mit der entspre-
chenden Buchpreisbindung versehen sind, können von ei-
nem internationalen Internethändler dem deutschen
Publikum nicht zu einem niedrigeren Preis verkauft wer-
den. Das ist ausgeschlossen.
Dann stellt sich die Frage, wie dies rechtlich durchsetz-
bar ist. Sie haben ja gesehen, dass die Auseinandersetzung
mit Libro über die Grenzen ging. Innerhalb der Europä-
ischen Union ist die Erzwingbarkeit notfalls über den Eu-
ropäischen Gerichtshof in letzter Instanz gegeben. Was
Angebote aus anderen Ländern angeht – ich weiß nicht, ob
etwa Angebote aus China realistisch sind –, würde es si-
cherlich schwieriger werden. Aber das ist eine cura poste-
rior, die uns jetzt keine Sorgen zu bereiten braucht.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Selbstverständlich.
Der Fall von Libro war
ziemlich eindeutig, weil Libro Internetbestellmöglichkei-
ten in Läden aufgebaut hat, also in Deutschland mit
Büchern gehandelt hat. Wie wäre es aber dann, wenn nicht
deutsche und nicht europäische Anbieter bzw. Anbieter
aus Ländern ohne Buchpreisbindung solche Bücher aus-
packten und als modernes Antiquariat deklarierten? Wäre
auch das zu unterbinden?
D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Hier hilft keine Deklaration; das ist genauso
geregelt. Die Verramschung wird von diesem Gesetz
natürlich zugelassen. Man kann also nach einem gewissen
Zeitablauf das Buch auf dem deutschen Markt billiger an-
bieten. Wenn ein Internethändler diese Möglichkeit nutzt,
dann ist dies sein gutes Recht. Aber die anfängliche Buch-
preisbindung kann er rechtskonform nicht unterlaufen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Gibt es weitere Fragen
zu diesem Themenbereich? – Das ist nicht der Fall. Gibt
es darüber hinaus noch Fragen an die Bundesregierung? –
Das ist auch nicht der Fall. Damit beende ich die Re-
gierungsbefragung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksache 14/8554 –
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staatsse-
kretärin Dr. Edith Niehuis zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Klaus Haupt
auf:
Plant die Bundesregierung eine Änderung des Jugendschutz-
gesetzes dahin gehend, wie in der Presse, beispielsweise im „Spie-
gel“ 8/2002, Seite 72 ff., berichtet, und wann gedenkt die Bun-
desregierung, dem Deutschen Bundestag die Beratung ihrer
Vorstellungen zu ermöglichen?
Bitte sehr, Frau Parlamentarische Staatssekretärin.
D
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Staatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin22410
Herr Kollege Haupt, wie die Bundesregierung schon in ih-rer Antwort vom 22. Juni 2001 auf die Große Anfrage„Zukunft gestalten – Kinder und Jugendliche stärken“dargelegt hat, verfolgt sie mit der Neuregelung des Ju-gendschutzgesetzes das Ziel, ein Gesetz zu schaffen, dasden Kriterien Vereinfachung und Vereinheitlichung desJugendschutzes, Rechtsklarheit für Wirtschaft und Eltern,Stärkung des Elternrechts sowie Stärkung der Selbstver-antwortung der Wirtschaft Rechnung trägt. Insbesonderein der Antwort auf Frage 36 sind die wesentlichen Ziel-setzungen, Maßnahmen und Schwerpunkte der in Aus-sicht genommenen Neuregelung unter Zusammenfassungder Gefährdungstatbestände und der medienrechtlichenBestimmungen des Gesetzes zum Schutze der Jugend inder Öffentlichkeit mit den Regelungen des Gesetzes überdie Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Me-dieninhalte aufgeführt.Des Weiteren hat die Bundesregierung in ihrer Antwortauf Frage 35 die rechtliche und tatsächliche Ausgangssi-tuation im Einzelnen dargelegt sowie darauf hingewiesen,dass über die Neuregelung des Jugendmedienschutzesund den damit verbundenen Zuständigkeitsfragen Ge-spräche zwischen Bund und Ländern vorgesehen sind. Dadie Gesetzgebungsmaßnahmen erst nach einem einver-nehmlichen Abschluss dieser Gespräche angegangen wer-den können, kann bis heute kein Referentenentwurf einesentsprechenden Bundesgesetzes vorliegen.Im letzten Jahr hat die Bundesregierung Gespräche mitden Ländern aufgenommen, um die jeweils im Bereichdes Jugendmedienschutzes zu treffenden Regelungen auf-einander abzustimmen. Eine einvernehmliche Vereinba-rung konnte jedoch nicht wie ursprünglich vorgesehen aufder Ministerpräsidentenkonferenz am 20. Dezember letz-ten Jahres erzielt werden, sodass Nachverhandlungen not-wendig wurden. Die Beratungen des Bundes und der Län-der konnten erst jetzt zu einem erfolgreichen Abschlussgebracht werden. Auf der Ministerpräsidentenkonferenzam 8. März 2002 haben sich die Länder auf mit dem Bundzu vereinbarende Eckwerte einer Neuregelung geeinigt.So erfreulich die Einigung mit den Ländern auch ist, sohat die Verzögerung durch die erforderlichen Nachver-handlungen doch dazu geführt, dass die parlamentarischeBeratung über ein Bundesgesetz, in dem diese Eckpunktedann berücksichtigt sind, in dieser Legislaturperiode wohlnicht mehr möglich ist. Wenn die Eckwerte zur Reformdes Jugendmedienschutzes von der Bundesregierungauch formal beschlossen sind, wird die Bundesregierungden Deutschen Bundestag unverzüglich unterrichten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Haupt
zu einer ersten Nachfrage, bitte.
Frau Staatssekretärin Niehuis,
nachdem in der Presse ein Teil der Novelle zum Jugend-
medienschutz der Bevölkerung bereits präsentiert wurde,
gibt es eine lebhafte Diskussion, in der auch ich als Poli-
tiker immer wieder gefragt werde. Ich habe mich über
mein Büro bemüht, den Entwurf eines Gesetzes zum Ju-
gendmedienschutz von Ihrem Haus zu bekommen. Das
war nicht möglich. Die Auskunft lautete, es liege nichts
vor. Mir ist es erst über den Umweg über die Presse ge-
lungen, Informationen zu bekommen, die mich in die
Lage versetzten, die Vorstellungen der Bundesregierung
zu überprüfen. Warum wird in Ihrem Haus so verfahren?
Diese Verfahrensweise hilft zum Beispiel mir, dem kin-
der- und jugendpolitischen Sprecher meiner Fraktion, we-
nig bei der Beantwortung der Frage – an mich sind sehr
viele Fragen gerichtet worden –, wie ich zu der Proble-
matik stehe, dass Jugendliche schon mit 14 Jahren – Sie
kennen ja die Diskussion – in die Disco gehen dürfen.
D
Die Bundesregierung hat nicht nur auf die Große Anfrage
– darauf habe ich ja schon hingewiesen –, sondern auch
auf die Fragen, die Ihr Kollege Guttmacher im letzten Fe-
bruar zu diesem Thema gestellt hat, geantwortet. Nun ist
es so, dass beim Jugendmedienschutz sowohl die Länder
als auch der Bund zuständig sind. Erst am 8.März sind die
Eckwerte, wie gesagt, verabschiedet worden. Sie müssen
jetzt noch gegengezeichnet und vom Bundeskabinett ver-
abschiedet werden. Insofern liegen diese Eckwerte bis
heute offiziell nicht vor. Die Vereinbarung von Bund und
Ländern zum Jugendmedienschutz hat sich nun einmal
sehr lange hinausgezögert.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Haupt
hat noch eine zweite Nachfrage. Bitte schön.
Frau Staatssekretärin, inzwi-
schen werden die Fragen zum Jugendmedienschutz, die
an mich gerichtet werden, zunehmend konkreter. Ich kann
sie aber nicht beantworten, weil mir keine Details bekannt
sind. Wenn nun von Ihrem Haus eine Regelung angedacht
wird, nach der Jugendliche ab einem bestimmten Alter mit
einem so genannten Erziehungsbeauftragten die Disco
besuchen können, erhebt sich für mich die Frage: Wie ist
das juristisch geregelt? Wer ist dieser Erziehungsbeauf-
tragte? In welchem vertraglichen Verhältnis steht er?
Noch viel dramatischer ist die Frage: Wie soll das später
in der Praxis kontrolliert werden? Eine solche Regelung
eröffnet ja im Prinzip die Möglichkeit, dass jeder über
18-Jährige alibimäßig als Begleitung dient.
D
Sie zitieren jetzt mehr aus dem „Spiegel“, der ja darüberveröffentlicht hat.
– Darauf bezog sich jedenfalls die Ausgangsfrage.Zwischen den Kinder- und Jugendschutzbeauftragtenaller Art, der Bundesregierung und auch Vertretern derDiskotheken wird schon seit langem eine Diskussion überdie Discobesuche geführt. Die Jugendämter beklagenzum Teil, dass sie als Behörde mit Blick auf die Disko-theken wohl Anwesenheitsverbote, Zeitbegrenzungenund Altersbegrenzungen vorsehen können, dass ihnen dieGesetze zurzeit aber nicht ermöglichen, Auflagen zu er-teilen.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis22411
Die Praxis hat gezeigt – viele wissen das –, dass sichauch 14- bis 16-Jährige – Gesetz hin oder her – hin undwieder in Diskotheken aufhalten. So entstand eine Dis-kussion in der Öffentlichkeit, an der sich gerade auch Kin-der- und Jugendschutzbeauftragte beteiligt haben. Wie Siewissen, hat sich der Kinderschutzbund positiv dazugeäußert. In der Diskussion geht es darum, ob man auf dereinen Seite mit dem Gesetz der Praxis ein wenig näherkommen sollte, sodass auch 14- bis 16-Jährige bis 23 Uhreine Disco besuchen dürfen, und ob man auf der anderenSeite die Möglichkeiten der Behörden, Auflagen zu ertei-len, verbessern sollte. Tanzveranstaltungen als solche sindja noch nicht besonders jugendgefährdend – das müssenSie zugeben –; erst dann, wenn es dabei Alkoholausschankoder Drogenhandel gibt, werden sie jugendgefährdend.Nun ist um diese Überlegung, die zwischen Bund undLändern gar keine Rolle spielte, die aber in dem Artikelim „Spiegel“ eine große Rolle spielte, eine Riesendiskus-sion in der Öffentlichkeit entstanden. Wenn Sie mich fra-gen, dann antworte ich: Ich begrüße außerordentlich, dassdie Öffentlichkeit über die folgenden Fragen diskutiert:Wie ist das Leben der Jugendlichen heute? Wie stark istder gesetzliche Jugendschutz? Wie stark müssen Eltern indieser Republik sein, um zu Hause etwas freundschaftlichzu regeln, ohne auf den Gesetzgeber zu gucken? Ist esüberhaupt sinnvoll, dass junge Leute zwischen 14 und16 Jahren bis 23 Uhr eine Disco besuchen können?Die Dauer der Verhandlungen, die wir geführt haben,hat zum Ergebnis, dass in diesem Jahr weder ein Medien-staatsvertrag seitens der Länder noch neue bundesgesetz-liche Regelungen, die sich auf den Jugendschutz in derÖffentlichkeit beziehen, auf den Weg gebracht werdenkönnen. Insofern findet diese Diskussion im leeren Raumstatt. Sie ist aber, wie ich finde, sehr fruchtbar. Ich habeviele Briefe, positive und auch negative, bekommen. Fürmeine Begriffe ist es erfreulich, dass das Gegenstand derDiskussion wurde. Aber ob es überhaupt in irgendeinerWeise zu einer gesetzlichen Fixierung kommt, wird erstdie nächste Legislaturperiode zeigen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Danke, Frau Staatsse-
kretärin.
Die Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Wirtschaft und Technologie – das sind die Fra-
gen 2 und 3 – werden schriftlich beantwortet.
Somit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft. Zur Beantwortung steht der Herr Parla-
mentarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim zur Ver-
fügung.
Ich rufe die Frage 4 des Abgeordneten Albert Deß auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, welche Mengen an Weizen
seit dem 1. Oktober 2001 bis Ende Februar 2002 aus den osteu-
ropäischen Staaten insbesondere über die Donau nach Bayern
transportiert wurden, und, wenn ja, um welche Mengen handelt es
sich dabei?
Dr.
Sehr geehrter Herr Kollege Deß, genaue
statistische Informationen über die Einfuhr von Getreide
aus Osteuropa nach Bayern im Zeitraum Oktober 2001 bis
Februar 2002 liegen nur für die Monate Oktober und No-
vember 2001 vor. Danach wurden von Bayern insgesamt
rund 7 800 Tonnen Getreide aus osteuropäischen Ländern
importiert. Der Handel schätzt die Einfuhr von Getreide
aus osteuropäischen Staaten nach Bayern für den gesam-
ten Zeitraum Oktober 2001 bis Februar 2002 auf maximal
20 000 Tonnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Deß,
Ihre erste Nachfrage, bitte.
Herr Staatssekretär Dr.
Thalheim, Ihnen ist sicherlich bekannt, dass es am Markt
momentan große Schwierigkeiten gibt. Was hat die Bun-
desregierung dagegen unternommen, dass die Kommis-
sion in Brüssel die Abschöpfung bei Getreideimporten im
letzten Quartal 2001 um 20 DM je Tonne gesenkt hat?
Dies ist eine der Ursachen, warum die Importe von Wei-
zen in die EU so billig sind.
Dr
Herr Kollege Deß, wir teilen nicht die
Einschätzung, dass es sich um „große Schwierigkeiten“
handelt. Ich möchte an dieser Stelle lieber nur von
Schwierigkeiten sprechen.
Die Schwierigkeiten haben verschiedene Gründe. Zum
einen sind die Ernteerträge in den Mitgliedstaaten der
Europäischen Union sehr ungleich: schlechte Ernte im
Süden, relativ gute Ernte im Norden. Damit einher geht
ein Überangebot. Auch was die Qualitäten anbelangt, ist
das Angebot unterschiedlich, sodass am Markt zurzeit
teilweise Überhänge vorhanden sind. Je nach Qualität fal-
len diese Überhänge unterschiedlich aus: Beim Weizen
sind es weniger, bei Futtergetreide eher mehr.
Der Grund, warum es bei den Zöllen eine Änderung
gab, ist einfach: In der Vergangenheit wurden erhöhte
Zölle wegen niedriger Exportkosten erhoben. Die Kom-
mission ist der Meinung, dass es mittlerweile zu einer
Annäherung der Exportkosten der Beitrittsländer, insbe-
sondere der südosteuropäischen Länder, gekommen ist
und dass sich höhere Zölle vor diesem Hintergrund nicht
mehr rechtfertigen lassen.
Wir wollen – das ist eine andere politische Frage – den
Beitritt. Ich denke hier insbesondere an die Ausführungen
des bayerischen Ministerpräsidenten. Vor diesem Hinter-
grund sind höhere Zölle für die Beitrittsländer, insbeson-
dere für Ungarn als eines der Lieferländer, überhaupt
nicht gerechtfertigt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die zweite Nachfrage
des Kollegen Deß, bitte.
Herr StaatssekretärDr. Thalheim, ich freue mich, dass Sie dem bayerischenMinisterpräsidenten so aufmerksam zuhören.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis22412
Ich war gestern bei einer Diskussion der Bauwirtschaft.Vonseiten der Gewerkschaften ist dort gefordert worden,dass nach dem Beitritt der mittel- und osteuropäischenLänder mindestens siebenjährige, besser noch zehnjährigeÜbergangsfristen für die Arbeitnehmer gelten sollten. Istdie Bundesregierung bereit, im Vorfeld der Osterweiterungauch der Landwirtschaft einen gewissen Mindestschutzzuzubilligen und deshalb in Brüssel dafür einzutreten, dasssolche Importabschöpfungen auf Getreide aufgrund deraktuellen Marktlage wieder erhoben werden?Dr
Die Haltung der Bundesregierung ist ge-
rade in diesem Bereich ganz anders. Wir sind für den
freien Marktzugang. Im Übrigen habe ich in meiner Ant-
wort auf Ihre erste Frage angedeutet, dass das auch die
Haltung der Bayerischen Staatsregierung ist. In diesem
Zusammenhang möchte ich die Zusagen gegenüber dem
ungarischen Ministerpräsidenten Orbán erwähnen.
Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass insbesondere
bayerische Bauern von den niedrigen Importpreisen pro-
fitiert haben. Natürlich gibt es auf diesem Gebiet eine
unterschiedliche Interessenlage: Auf der einen Seite ste-
hen die Interessen derjenigen, die Getreide verkaufen
wollen, auf der anderen Seite die Interessen derjenigen,
die billige Futtermittel einkaufen wollen. Es sind insbe-
sondere bayerische Schweinemäster in den Genuss der
niedrigen Getreidepreise gekommen. Die Interessenlage
auf diesem Gebiet ist also sehr unterschiedlich. Es ist in
keiner Weise angemessen, einen Zusammenhang zur Ar-
beitnehmerfreizügigkeit herzustellen; er wäre sachlich
nicht zu begründen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir bleiben beim
Thema Weizen. Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Deß
auf:
Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um
dem aktuellen Verfall der Getreidepreise und den Absatzschwie-
rigkeiten, insbesondere bei Weizen, entgegenzuwirken?
Dr
Die Erzeugerpreise von Weizen lagen zu
Beginn des Wirtschaftsjahres nur geringfügig unter denen
des Vorjahres. Seitdem sind sie um knapp 5 Prozent ge-
stiegen. Derzeit liegen sie um etwa 15 Prozent über dem
Interventionspreis. Insofern kann von einem Verfall der
Weizenpreise nicht gesprochen werden.
Auf dem Binnenmarkt ist der Absatz von Weizen sta-
bil. Dass es im Verlauf des Wirtschaftsjahres zu sinkenden
Exporten kommen werde, war bereits zu Beginn der Kam-
pagne offensichtlich. Wegen der schlechten Ernte in Tei-
len der Gemeinschaft ist das Angebot an Weizen deutlich
zurückgegangen. Nach letzen Informationen der EU-
Kommission steht in diesem Wirtschaftsjahr lediglich ein
um rund 5 Millionen Tonnen geringeres Exportpotenzial
als im Vorjahr zur Verfügung. Bisher beläuft sich der
Rückgang der Ausfuhren an Weichweizen gegenüber dem
Vorjahr auf rund 4,5 Millionen Tonnen. Gleichzeitig sind
die Interventionsbestände an Weichweizen im Verlauf
dieses Wirtschaftsjahres um rund 430 000 Tonnen abge-
baut worden. Bei Absatzschwierigkeiten wäre der Inter-
ventionsbestand angestiegen.
Die Bundesregierung setzt sich im Verwaltungsaus-
schuss Getreide dafür ein, die Regeln für die Ausfuhr von
Getreide zu vereinfachen. Ein kompliziertes Lizenzsys-
tem, hohe Kautionen bei der Beantragung einer Exportli-
zenz sowie nicht immer marktkonforme Lizenzlaufzeiten
können den Export zumindest teilweise behindern. Da-
rüber hinaus hält die Bundesregierung keine weiteren
Maßnahmen für erforderlich.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Kollege Deß zu einer
Nachfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie wis-
sen sicher, dass bei den letzten GATT-Verhandlungen für
Getreide in Europa ein Schutzpreis von 36,49 DM festge-
legt worden ist. Ich weiß, dass es sich hierbei um einen
theoretischen Wert handelt. Wie erklären Sie sich die Tat-
sache, dass in Europa die Getreidepreise weit unter denen
liegen, die bei den letzten GATT-Verhandlungen festge-
schrieben wurden?
Dr
Die Europäische Union wurde in der Ver-
gangenheit dafür kritisiert, dass mit erheblichen öffentli-
chen Geldern der Export gestützt wurde und damit Welt-
marktpreise verzerrt wurden. Wir freuen uns darüber, dass
wir jetzt ohne Hilfen exportieren können und nicht mehr
dem Vorwurf ausgesetzt sind, mit von Steuergeldern fi-
nanzierten Exportsubventionen den internationalen Markt
zu verzerren. Von den 12 Millionen Tonnen, die im ver-
gangenen Jahr exportiert worden sind, sind allein 10 Mil-
lionen ohne Exporthilfen exportiert worden. Das zeigt,
wie erfolgreich die Politik der EU-Kommission in diesem
Feld gewesen ist. Von der Bundesregierung wird sie an
dieser Stelle ausdrücklich unterstützt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt gibt es noch eine
Nachfrage vom Kollegen Deß.
Herr Staatssekretär Thalheim,
Sie sprachen davon, dass der Getreidepreis stabil sei. Wie
können Sie es ethisch verantworten, dass momentan ein
Landwirt, wenn er den Weizen verbrennen würde, eine
höhere Wertschöpfung hätte, als wenn er diesen Weizen
zum Müller bringt?
Dr
Das ist letztendlich keine ethische Frage. Esgeht hier vielmehr darum, zu welchem Preis internationalWeizen produziert wird. Von dem niedrigen Getreidepreisprofitieren gerade die Länder mit hoher Bevölkerungszahl,
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Albert Deß22413
die Nahrungsmittel für die Versorgung ihrer Bevölkerungimportieren müssen. Die Fortschritte, die wir bei derHungerbekämpfung erzielt haben, resultieren zum Teilauch aus diesen niedrigen Preisen, sodass ich darinethisch nichts Verwerfliches erkennen kann, dass Leute,die wenig Geld haben, sehr billig Getreide auf den Welt-märkten einkaufen können.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir sind damit am
Ende dieses Geschäftsbereichs.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich setze jetzt einmal
voraus, dass auch Sie es zulassen, dass ganz unkonven-
tionell eine Frage vorgezogen wird, weil der Parlamenta-
rische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper zu einem drin-
genden Termin muss und sein Geschäftsbereich heute
sowieso nur mit einer mündlich zu beantwortenden Frage
vertreten ist. – Wir kommen damit also zum Geschäftsbe-
reich des Bundesministeriums des Innern.
Die Fragen 30 und 31 werden schriftlich beantwortet.
Jetzt rufe ich die Frage 32 des Kollegen Nolting auf:
Wann plant die Bundesregierung angesichts der Äußerungen
des Bundeskanzlers, Gerhard Schröder, vom 9. März 2002 in
Magdeburg, die Ostbesoldung an die Westbesoldung anzupassen,
und erachtet sie Sonderregelungen für Soldaten und Zivilbeschäf-
tigte der Bundeswehr für möglich?
F
Frau Präsidentin, herzlichen Dank
für das Verständnis.
Ich antworte wie folgt: Seit der Herstellung der deut-
schen Einheit ist es Praxis, die von den Tarifvertrags-
parteien für den öffentlichen Dienst getroffenen Verein-
barungen hinsichtlich der Bemessungssätze in den neuen
Bundesländern inhalts- und zeitgleich auf die Beamten-
besoldung zu übertragen. Es gibt keine Veranlassung,
diese bewährte Praxis zu verändern. Dabei scheiden Son-
derregelungen für einzelne Beschäftigtengruppen, zum
Beispiel nur für die Beamtinnen und Beamten oder nur für
einzelne Bereiche wie Soldaten oder Bundesbedienstete,
aus. Wie bisher muss diese Frage für den gesamten öf-
fentlichen Dienst einheitlich gelöst werden. Die Laufzeit
der jetzt gültigen Vereinbarung endet am 31. Dezember
2002. Die Bundesregierung, Herr Kollege, geht davon
aus, dass die Frage weiterer Anpassungsschritte während
der nächsten Tarifverhandlungen eingehend erörtert wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Nolting,
zu einer ersten Nachfrage, bitte.
Herr Staatssekre-
tär, ich hatte eine ganz konkrete Frage gestellt.
Ich bitte darum, dass Sie diese beantworten. Der Bundes-
kanzler hat am 9. März dieses Jahres in Magdeburg erklärt,
dass die Ostbesoldung innerhalb weniger Jahre an die
Westbesoldung angepasst werden solle. Ich beziehe mich
hier, weil ich Mitglied im Verteidigungsausschuss bin, aus-
drücklich auch auf die Soldaten und die Zivilbeschäftigten
der Bundeswehr. Es gibt dazu Anträge der FDP,
die zum Inhalt haben, die Ostbesoldung an die West-
besoldung anzupassen. Ich möchte Sie wirklich bitten,
heute hier deutlich zu erklären, ob das, was der Bundes-
kanzler am 9. März angekündigt hat, in den nächsten Jah-
ren von der Regierung umgesetzt wird.
F
Herr Kollege Nolting, ich muss
Sie korrigieren. Der Bundeskanzler hat das nicht am
9. März, sondern am 10. März in Magdeburg gesagt.
Ich zitiere:
Ein Thema beschäftigt hier die Menschen seit der
Einheit und das ist das Thema des unterschiedlichen
Lohnniveaus zwischen West- und Ostdeutschland.
Ich finde, die Menschen beschäftigt dieses Thema zu
Recht. Denn auf Dauer ist es nicht möglich und fair,
diese Unterschiede aufrechtzuerhalten. Einerseits
gilt, Lohnanpassung muss im Einklang mit Produk-
tivität geschehen, damit wettbewerbsfähige Arbeits-
plätze nicht verschwinden. Andererseits ist es eine
berechtigte Erwartung der Menschen im Osten, dass
sich die Schere bei den Tariflöhnen schließt. Abseh-
bar muss der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche
Arbeit“ auch durchgesetzt werden können. Das der-
zeitige Tarifsystem und der Tarifvertrag im öffentli-
chen Dienst laufen
– das habe ich vorhin schon gesagt –
Ende 2002 aus. Wo wir Politiker handeln können, im
öffentlichen Dienst nämlich, hat Reinhard Höppner
einen Vorschlag gemacht, der die vollständige An-
gleichung der Tarife ermöglicht. Sein Vorschlag, den
ich ausdrücklich unterstütze, sieht vor, die Tarife im
Osten bis 2007 schrittweise auf 100 Prozent anzuhe-
ben, und zwar für den gesamten Tarifbereich. Das ist
ein Angebot an die Gewerkschaften, insbesondere an
Verdi, über die Lohnangleichung mit uns in diesem
Sinne fair zu verhandeln.
Ich brauche dem nichts hinzuzufügen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es sieht nach einer
zweiten Nachfrage aus.
Herr Staatssekre-
tär, ich stelle noch einmal fest, dass Sie meine Frage nicht
beantworten. Ich bin gerne bereit, eine weitere Frage zu
stellen, –
F
Machen Sie das.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim22414
– und bitte Sie, sie
konkret zu beantworten. Sie können davon ausgehen, dass
ich das veröffentlichen werde.
F
Sie können das veröffentlichen.
Das ist keine Dro-
hung, sondern eine Ankündigung.
Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass gerade die
Soldaten und die Zivilbeschäftigten der Bundeswehr in ei-
nem besonderen Dienstverhältnis stehen und Sie als Bun-
desregierung die Möglichkeit haben, eine sehr schnelle
Angleichung der Besoldung herbeizuführen? Und sind Sie
auf der Grundlage dessen, was Sie gerade noch einmal vor-
gelesen haben, nicht mit mir der Meinung, dass Sie dann
auch die Anträge der FDP unterstützen sollten, um stufen-
weise zu einer Angleichung zu kommen?
F
Herr Kollege Nolting, ich glaube,
Sie haben vorhin bei meiner Antwort nicht richtig zu-
gehört; denn Ihre Kritik, dass ich Ihre Frage nicht konkret
beantwortet hätte, ist nicht berechtigt. Ich habe beispiels-
weise ausdrücklich gesagt:
Dabei scheiden Sonderregelungen für einzelne Be-
schäftigtengruppen, zum Beispiel nur für die Beam-
tinnen und Beamten oder nur für einzelne Bereiche
wie Soldaten oder Bundesbedienstete, aus.
Ich habe Ihnen mit dem Zitat des Bundeskanzlers den Lö-
sungsweg aufgezeigt. Ebenso habe ich Ihnen aufgezeigt,
wie wir uns die Zeitschiene vorstellen. Ich glaube, dem ist
in der Tat nichts Konkreteres hinzuzufügen; es beantwor-
tet Ihre Fragen ganz klar. Wir werden Ihrem Antrag dem-
entsprechend nicht zustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt gibt es weitere
Nachfragen, zuerst vom Kollegen Niebel, dann vom Kol-
legen von Klaeden.
Herr Staatssekretär, dass Sie nicht
zustimmen wollen, ist schade. Ihre Aussage ist nur zum
Teil richtig. Wir haben besondere Besoldungsordnungen
für unterschiedliche Berufsgruppen, zum Beispiel die Be-
soldungsordnung C für wissenschaftliche Beschäftigte
und die Besoldungsordnung R für Justizbedienstete. Was
spricht eigentlich dagegen, aufgrund des besonderen
Dienstverhältnisses, das Soldatinnen und Soldaten haben,
in einer neu zu schaffenden Besoldungsordnung S – „S“
für Soldaten – die Angleichung der Besoldung zwischen
Ost und West zu regeln,
und das vor allem vor dem Hintergrund, dass in dem Un-
terausschuss des Verteidigungsausschusses, der sich mit
Fragen der Streitkräfte in den neuen Bundesländern be-
schäftigt – Frau Staatssekretärin ist anwesend –
– die habe ich schon gestellt; Sie haben nicht zugehört,
Herr Kollege –, alle Fraktionen für eine Besoldungsord-
nung S für den Fall plädiert haben, dass die Verbände
nichts dagegen haben?
Uns ist bekannt, dass der Bundeswehrverband mittler-
weile nichts mehr dagegen hat, eine eigene Besoldungs-
ordnung S analog zu denen für Richter und Staatsanwälte
oder Hochschulpersonal einzuführen.
F
Lieber Herr Kollege Niebel, Sie
kennen meine Wertschätzung für Sie.
Aber trotzdem muss ich sagen: Was Sie mich gerade gefragt
haben, war nicht Gegenstand der Frage Ihres Kollegen.
Ihr Kollege hat mich beispielsweise nach der Anpassung
der Besoldung gefragt. Er stellte diese Frage auch im Hin-
blick auf das, was der Bundeskanzler am 9. März in
Magdeburg gesagt hat. Ich habe Ihrem Kollegen eine
klare Antwort darauf gegeben.
Ich habe gesagt, wie ein entsprechendes Verfahren aus-
sehen könnte, wie die Zeitschiene ist und welcher der Be-
teiligten daran mitwirken muss. Ich glaube, dass man
diese Frage nicht klarer beantworten kann.
Eine gänzlich andere Frage ist die nach einer neuen Be-
soldungsordnung für Soldatinnen und Soldaten. Danach
bin ich von dem Kollegen Nolting nicht gefragt worden.
Man kann zwar über alles diskutieren. Aber ob dies der
richtige Weg ist, stelle ich anheim.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt gibt es noch eine
Nachfrage des Kollegen von Klaeden. Bitte.
Ich möchte nicht,wie es der Kollege Lippelt gerade angeregt hat, eine neueBesoldungsgruppe vorschlagen. Angesichts des langen
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002 22415
Zitats – es wurde auf die Vorschläge von Herrn HöppnerBezug genommen – möchte ich zur Klarstellung fragen:Kann ich davon ausgehen, dass die Angleichung auch dieBundesbediensteten und die Soldatinnen und Soldaten miteinbezieht? Können Sie diese Frage mit Ja beantworten?F
Herr Kollege von Klaeden, Sie
haben meine Antwort richtig verstanden. Ich bin froh,
dass Sie aufgepasst haben. Ich kann auf Ihre Frage
schlicht und einfach mit Ja antworten.
Danke sehr.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Datumsfrage wol-
len wir jetzt nicht mehr diskutieren.
F
Das ist von mir richtig gestellt
worden, Frau Präsidentin.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir kehren zur nor-
malen Reihenfolge der Geschäftsbereiche zurück und
kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht Frau
Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur
Verfügung.
Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Wolfgang
Gehrcke auf:
Trifft es zu, dass die Einheit des Kommandos Spezialkräfte,
KSK, der Bundeswehr, wie im „Spiegel“ 11/2002 vom 11. März
2002, S. 175, berichtet, „nach Taliban-Kämpfern und al-Qaida-
Kriegern jagt“?
B
Meine lieben Kolleginnen und
Kollegen, ich hoffe, Sie sind auch dann großzügig, wenn
es darum geht, dass ich im Haushaltsausschuss vor dem
Innenminister an die Reihe kommen kann.
Ich möchte die Frage folgendermaßen beantworten:
Herr Kollege Gehrcke, die deutschen Spezialkräfte wer-
den entsprechend dem Bundestagsmandat vom 16. No-
vember 2001 eingesetzt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege
Gehrcke, eine erste Nachfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Parlamentarische
Staatssekretärin, ich ahnte Ihre Antwort auf meine Frage.
Wenn ich mich nicht täusche, dann ist es so, dass sibylli-
nisch von Sibylle kommt.
Können Sie sich vorstellen, warum sich der afghanische
Übergangspräsident Karsai am 15. März vor den Kolle-
ginnen und Kollegen des Auswärtigen Ausschusses, des
Verteidigungs- und des Entwicklungsausschusses aus-
drücklich dafür bedankt hat, dass deutsche Soldaten auch
an den letzten Tagen mit amerikanischen und afghani-
schen Soldaten zusammen in Afghanistan gekämpft ha-
ben? Es muss also mehr dahinter stecken.
B
Vielen Dank für Ihre Frage. In
dem Mandat des Parlamentes, dem Sie leider nicht, dem
aber das Parlament mit großer Mehrheit zugestimmt hat,
ist ausdrücklich Folgendes enthalten:
Dazu beteiligt sich die Bundeswehr an der Operation
„Enduring Freedom“. Diese Operation hat zum Ziel,
Führungs- und Ausbildungseinrichtungen von Terro-
risten auszuschalten, Terroristen zu bekämpfen, ge-
fangen zu nehmen und vor Gericht zu stellen sowie
Dritte dauerhaft von der Unterstützung terroristi-
scher Aktivitäten abzuhalten. Deutsche bewaffnete
Streitkräfte tragen dazu mit ihren Fähigkeiten bei.
Der Beitrag schließt auch Leistungen zum Zweck
humanitärer Hilfe ein.
Ich füge hinzu: aber nicht nur.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zweite Nachfrage,
Herr Kollege Gehrcke.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich versuche es einmal
andersherum. Sie haben dankenswerterweise das Mandat
verlesen. Ich habe nie verstanden, warum der Auftrag-
geber und die Öffentlichkeit nicht den Inhalt des Auftra-
ges kennen soll. Im Anschluss an Ihre Antwort möchte ich
Sie fragen, ob deutsche Soldaten die Aktivitäten, die Sie
vorgelesen haben, praktisch durchgeführt haben.
B
Sie wissen ganz genau, dass
ich zu diesem sensiblen Bereich des Einsatzes der Spezi-
alkräfte in der Öffentlichkeit außerordentlich zurückhal-
tend bin. Die Zahl der davon betroffenen Soldaten ist
überschaubar. Aber was im Rahmen dieses Auftrages ge-
schieht, ist nicht nur humanitäre Hilfe.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Kollege Carsten
Hübner hat eine Nachfrage.
Frau Staatssekretärin, gestat-ten Sie die Frage, warum die Bundesregierung auch indiesem Fall wieder, in dem es letztlich um eine Frage geht,die mit den aus meiner Sicht durchaus berechtigten Si-cherheitsinteressen der Soldaten und ihrer Familien garnichts zu tun hat, an einer Informationspolitik festhält, dievöllig unvergleichbar ist mit den Standards aller anderenan diesen Einsätzen beteiligten Nationen? Sie können je-den Abend zum Beispiel in Berichten auf CNN – ich weißnicht, ob Sie sich das angucken – unter anderem Inter-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Eckart von Klaeden22416
views mit eingesetzten amerikanischen Elitesoldaten se-hen, Sie erfahren die Zahlen gefangen genommener Tali-bankämpfer, die Zahl von Getöteten und anderes. Das al-les ist aus internationalen Medien in Erfahrung zu bringenund Quellen sind die für die Einsätze verantwortlichenMilitärs. Nur seitens der Bundesregierung wird selbst beiKleinigkeiten in einer Art und Weise gemauert, als befän-den wir uns hier in einer Art Geheimdiensteinsatz. Mir istdas völlig unerklärlich.B
Lieber Herr Kollege Hübner,
nun kenne ich nicht nur CNN, sondern bin für die Bun-
desrepublik Deutschland immerhin acht Jahre Sprecherin
der deutschen Sozialdemokraten bei den NATO-Parla-
mentariern gewesen. Ich kenne daher sehr gut die Hand-
habung der Vereinigten Staaten von Nordamerika in die-
sen Dingen. Ich weiß, was sie in der Öffentlichkeit und in
den Medien vertreten und was sie nur guten Freunden sa-
gen. Das finde ich im Interesse der Einsatzstrategie auch
völlig richtig. Ich kenne auch die Briten, die Franzosen
und andere Nationen.
Deswegen teile ich Ihre Meinung nicht. Ich halte es auch
für richtig und völlig verständlich, dass wir während einer
solchen Aufgabe den Gremien, die das ja sehr wohl be-
kommen – dafür gibt es die Geheimhaltungsstufe „streng
geheim“ –, Auskunft und Information geben. Nach einer
abgeschlossenen Aktion werden wir sicherlich auch der
Öffentlichkeit entsprechend Rechenschaft geben. Zum
jetzigen Zeitpunkt wäre es in meinen Augen noch nicht
verantwortbar.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt eine Nach-
frage des Kollegen Nolting.
Frau Staatssekre-
tärin, könnten Sie den Kolleginnen und Kollegen der PDS
übermitteln, dass es heute im Verteidigungsausschuss
eine umfassende Information gegeben hat? Es war übri-
gens bekannt, dass diese Information gegeben werden
sollte, aber an der gesamten Sitzung des Verteidigungs-
ausschusses, von heute Morgen bis heute Mittag, hat kein
Vertreter der PDS teilgenommen. Dort hätte man die Fra-
gen stellen können.
Würden Sie das bitte übermitteln?
B
Ich bin Ihnen außerordentlich
dankbar und ich lasse mich für diese Botendienste – wir
haben ja schon einmal die Griechen erwähnt – sehr gern
an Ihrer Stelle einsetzen. Das tue ich für die FDP außer-
ordentlich gern.
Ich muss aber zur Ehre von Frau Lippmann sagen, dass
sie sich bei mir entschuldigt hat. Ich glaube, sie ist krank.
Sie hat mir gesagt, dass sie Fragen hatte. Ich vermute, dass
diese kleine Fraktion ähnliche Probleme hat wie Sie ab
und zu, Herr Nolting, dass man nämlich nicht überall
gleichzeitig sein kann.
– Aber er saß gleichzeitig im Auswärtigen Ausschuss. Ich
habe ihn getroffen; ich war nämlich schon ab 8 Uhr mit im
Unterausschuss.
Ich will hier nicht die anderen Vertreter entschuldigen,
aber ich bin in diesem Fall gern Ihre Botin.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich schlage vor, dass
wir wieder zur fachpolitischen Debatte zurückkehren. Der
Kollege Lippelt ist der nächste Fragesteller.
Frau Staatssekretärin, darf ich Ihnen en passant sagen,
dass im Auswärtigen Ausschuss heute auch eine sehr aus-
führliche Unterrichtung stattgefunden hat, an der der Kol-
lege Gehrcke teilgenommem hat? Die Kenntnisse hat also
auch die PDS.
Meine Frage ist aber: Erinnere ich mich richtig daran,
dass bei den Diskussionen über die Zurverfügungstellung
deutscher Truppen alle Seiten dieses Hauses – vielleicht
mit Ausnahme der PDS, aber die wollte ja ohnehin dage-
gen stimmen – immer betont haben, dass das eigentlich
Gefährliche das Entsenden der 100 KSK-Leute ist, und
dass wir uns deshalb darüber verständigt hatten, weitere
Informationen, zum Beispiel hinsichtlich der genauen
Einsatzart, höchstens in internen Informationen zu geben,
aber nicht zum Gegenstand öffentlicher Erörterung zu
machen, da dies die Leute gefährden würde? Oder ist
meine Erinnerung falsch, dass wir genau dies im Zusam-
menhang mit den 100 KSK-Kräften immer gesagt haben?
Denn sonst kann ich die Diskussion, wie sie vonseiten der
PDS geführt wird, wirklich nicht verstehen.
B
Herr Kollege Lippelt, ich willnicht untersuchen, welche Aktionen darüber hinaus gefähr-lich sind; denn schließlich handelt es sich dieses Mal um ei-nen sehr gefährlichen Gegner, der wohl zu allen Mittelngreifen wird. Aber da ganz klar ist, dass die Zahl der Sol-daten, die für diese Spezialkräfte infrage kommen, sehr ein-gegrenzt ist, können wir nur mit Bedauern feststellen, wieviele Informationen weitergegeben werden. Wir als Parla-mentarier, die wir mit der Zustimmung zu diesem Einsatzauch Verantwortung für die Menschen übernommen haben,werden gut beraten sein, dies in der Öffentlichkeit nicht sodarzustellen. Dafür haben wir die Ausschüsse und dafür ha-ben wir Gremien, an denen nicht jeder teilnehmen kann.
Metadaten/Kopzeile:
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Carsten Hübner22417
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt rufe ich die
Frage 7 des Kollegen Carsten Hübner auf:
Welchem Kommando unterstehen die KSK-Einheiten bei
gemeinsamen Operationen mit militärischen Verbänden anderer
Nationen in Afghanistan?
B
Herr Kollege Hübner, Soldaten
des Kommandos Spezialkräfte unterstehen bei gemein-
samen Operationen mit militärischen Verbänden anderer
Staaten dem mit der Führung der Operation beauftragten
taktischen Führungsstab. Doch jeder konkrete Einsatz
deutscher Spezialkräfte wird vor Beginn der spezifischen
Operation durch die Bundesregierung freigegeben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Hübner
bitte zur Nachfrage.
Können Sie mir sagen – ohne
in ein Detail zu gehen, das die Sicherheit unserer Solda-
ten bei künftigen Operationen möglicherweise gefährden
könnte –, wer bei den letzten Operationen das Kommando
hatte?
B
Das ist öffentlich: Das ist ein
amerikanischer Offizier. Dieser trägt die Verantwortung
für den gesamten Bereich. Das ist doch völlig klar; „En-
during Freedom“ wird von den Amerikanern geführt.
Ist mir eine zweite Nach-
frage gestattet?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die sei gestattet.
Wenn bei diesen Operati-
onen amerikanisches Kommando vorherrscht und es
bisher amerikanische Praxis war, zumindest einen Teil
der bei solchen Operationen festgenommenen Gegner
– al-Qaida- und Taliban-Kämpfer – nach Guantanamo zu
überführen: Halten Sie es für denkbar, dass unter denje-
nigen, die nach Guantanamo überführt worden sind, auch
Personen waren, die im Rahmen des deutschen Anteils an
diesen Operationen festgenommen worden sind?
B
Das betrifft Ihre zweite Frage,
Herr Kollege.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Verstehe ich das rich-
tig, dass Sie bereits jetzt die Antwort auf die nächste Frage
geben wollen? – Dann muss ich zunächst die Frage 8 des
Kollegen Carsten Hübner aufrufen:
Kann die Bundesregierung die Aussage der Parlamentarischen
Staatssekretärin beim Bundesminister der Verteidigung, Brigitte
Schulte, auf meine dringliche Frage 7 in der Fragestunde vom
27. Februar 2002, Plenarprotokoll 14/220, Seite 21 827, weiterhin
bestätigen, dass bislang beim Bundeswehreinsatz im Rahmen der
Operation „Enduring Freedom“ keine Gefangenen gemacht und
auch nicht an andere Staaten überstellt wurden?
B
In aller Deutlichkeit: Ich habe
keinen Grund, meine Aussage vom 27. Februar 2002 zu
korrigieren. Deutsche Spezialkräfte haben keine Gefan-
genen gemacht und auch nicht an andere Staaten über-
stellt. Dies wäre vom Auftrag der dort eingesetzten Sol-
daten her – deshalb habe ich Ihnen diesen vorgelesen –
zwar grundsätzlich möglich, aber wir haben momentan
keinerlei Veranlassung, Ihnen Derartiges zu bestätigen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Somit hat der Kollege
Hübner die Möglichkeit, zwei weitere Nachfragen zu stel-
len.
Ich habe noch eine Frage zu
den konkreten Abläufen der Entscheidungsfindung im
Rahmen der Operation. Als Mitglied dieses Hauses, das
nicht gedient hat, würde ich gerne wissen, wie die Koor-
dination zwischen den eingesetzten Truppenteilen, dem
taktischen Führungsstab und den jeweiligen Regierungen
– vor allem angesichts der Dynamik, die bestimmte Akti-
vitäten entwickeln – ganz praktisch stattfindet.
B
Ich habe ernsthaft nicht vor,
Ihnen diese Form des Nachhilfeunterrichts zu geben.
Selbst wenn man nicht Mitglied des Verteidigungsaus-
schusses ist, könnte man sich als deutscher Parlamen-
tarier, der sich dafür interessiert, in dieser Hinsicht etwas
kundiger machen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine weitere Nachfra-
ge, Herr Kollege Hübner?
Nein, Frau Präsidentin.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nun hat Kollege Niebel
eine Nachfrage.
Frau Staatssekretärin, bestünde die
Möglichkeit, den Kollegen Hübner zu einer Wehrübung
für nicht gediente Abgeordnete einzuladen, bei der man all
das, wonach Kollege Hübner gefragt hat, lernen kann?
B
Nur wenn ihm erfahrene Men-
toren wie Sie, die gedient haben, zur Seite gestellt werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bewerbungen werden
nicht von uns angenommen.
Nun hat Kollege Gehrcke eine Nachfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau ParlamentarischeStaatssekretärin, nachdem die Fragestunde einwandfrei
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 200222418
ergeben hat, dass ich nicht geklont worden bin und dahernicht an den beiden genannten Ausschüssen zeitgleichteilnehmen konnte – ich bedanke mich für Ihre Haltungdazu –, habe ich eine ernsthafte Nachfrage zur gesamtenInformationspolitik der Bundesregierung. Ich möchte Siefragen, ob Sie nicht der Auffassung sind, dass wir es ver-meiden sollten, hinsichtlich der Abgeordneten ein Zwei-klassenrecht einzuführen. Ich finde es selbstverständlich,dass die Mitglieder bestimmter Ausschüsse weitergehende,als geheim eingestufte Informationen erhalten. Aber ausmeiner Sicht müssten grundsätzliche Informationen – dieBundesregierung sollte hier zustimmen – an die Gesamt-heit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages imRahmen des Plenums weitergegeben werden.Ich habe gestern mit außerordentlichem Vergnügen denoffenen Brief der Kollegen der CDU/CSU-Spitze gelesen.
– Von der FDP wusste ich nicht. – Die Art und Weise derInformationspolitik der Bundesregierung löst bei der Be-völkerung großes Misstrauen aus. Was die Rechte der Ab-geordneten angeht, möchte ich Sie fragen, ob dieses Miss-trauen denn tatsächlich im Sinne der Bundesregierung ist.
B
Ich muss Ihnen jetzt etwas sehr
Ernsthaftes sagen: Wir als Abgeordnete sind gewählt wor-
den, um auch schwierige Aufgaben zu lösen. Dafür ist ein
Mandat erteilt. Dieses Mandat begründet die Tatsache,
dass es so genannte geschlossene Ausschüsse gibt. Vor Ih-
nen steht jemand, der weiß Gott lange genug als ordent-
liches Mitglied in einem solchen Ausschuss tätig gewesen
ist. Das bedeutet, dass nicht jede Diskussion auch in der
Öffentlichkeit geführt werden sollte, schon gar nicht
dann, wenn es um Bundeswehreinsätze geht. Bei dieser
Auffassung bleiben wir; denn der Einsatz der Truppen ist
überschaubar.
Das erteilte Mandat bedeutet darüber hinaus, Rechen-
schaft abzulegen. Unsere Fraktion – auch andere haben
das getan – hat sich an das Verfassungsgericht gewandt,
um die Rechte des Parlaments zu stärken. Dies haben wir
im Vorfeld der Diskussion erreicht; am kommenden
Freitag werden wir die Geltungsdauer eines Bundes-
wehrmandats verlängern.
Ich kann Ihnen nur sagen: Ich sehe keine Defizite. Ich
kann nicht beurteilen, ob sich die Fraktionsspitzen – es
geht ja wohl um die Union und die FDP – in den Ge-
sprächen, an denen ich nicht teilgenommen habe, ausrei-
chend informiert fühlten. Ich bemühe mich sehr, das Par-
lament ausdrücklich auch über die nicht öffentlichen
Geschehnisse korrekt zu unterrichten. Das setzt umge-
kehrt voraus, dass das Parlament bestimmte Dinge nicht
in der Öffentlichkeit austrägt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage 9 der Abge-
ordneten Heidi Lippmann wird schriftlich beantwortet.
Deshalb kommen wir jetzt zur Frage 10 des Abgeord-
neten Günther Friedrich Nolting:
Wie ist der gegenwärtige Sachstand beim Informationstechnik-
konzept Herkules im Geschäftsbereich des Bundesministers der
Verteidigung und welche Auswirkungen hat die Gründung privat-
wirtschaftlicher IT-Gesellschaften auf die Bundeswehrbediens-
teten, die gegenwärtig im IT-Bereich der Bundeswehr beschäftigt
sind?
B
Herr Kollege Nolting, die IT-
Gesellschaften sollen als Joint Venture zwischen der Bun-
deswehr und den im Rahmen des Herkules-Wettbewerbs
zu ermittelnden industriellen Partnern bzw. einem Part-
nerkonsortium gegründet werden.
Das Vergabeverfahren wurde am 28. Juni 2001 mit der
europaweiten Veröffentlichung des Teilnahmewettbewerbs
gestartet. Sieben Bieterkonsortien gaben bis zum 30. Juli
2001 fristgerecht Teilnahmeanträge ab. Vier Bieterkon-
sortien erfüllten die Voraussetzung für die weitere Teil-
nahme am Verfahren. Am 4. September 2001 wurden die
zuvor von Minister Scharping gebilligten Ausschrei-
bungsunterlagen an diese vier Bieter übergeben. Zum
Ende der Angebotsphase gaben zwei Bieterkonsortien
frist- und formgerecht Angebotsunterlagen ab. Beide An-
gebote wurden als verhandlungsfähig beurteilt. Auf dieser
Basis wird seit dem 11.März 2002 mit beiden Bietern ver-
handelt.
Was die Frage bezüglich der Mitarbeiter betrifft: Die
bisher von der Bundeswehr wahrgenommenen Aufgaben
sind auch zukünftig mit den Mitarbeiterinnen und Mitar-
beitern der Bundeswehr abzudecken, die diese Aufgaben
zum Zeitpunkt der Gründung der privatwirtschaftlichen
IT-Gesellschaften wahrgenommen haben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Nolting
zu einer Nachfrage.
Frau Staatssekre-
tärin, haben beide Konsortien eine Garantie gegeben, die
Mitarbeiter zu übernehmen? Wie haben sich die Kon-
sortien zur Beteiligung mittelständischer Unternehmen
geäußert?
B
Herr Kollege Nolting, dies sindFragen, die noch zu klären sind. Natürlich sollen sie sowirtschaftlich wie möglich handeln. Wir wollen ihnenauch einen gewissen Freiraum geben, vor allen Dingenwenn wir dem privaten Anbieterkonsortium die Mehrheitübertragen würden.Unser Interesse ist – dies ist so auch ausgeschriebenworden –, dass mittelständische Unternehmen beteiligtwerden. Unser Interesse ist aber auch, dass unsere Mitar-beiter, die bislang in diesem Bereich tätig waren, eineChance bekommen. Sie wissen aber selbst, wie schnell dertechnische Fortschritt auf diesem Gebiet voranschreitet.Wer sich am Ende daran beteiligen kann und welcheunserer Mitarbeiter weiter beschäftigt werden, hängt
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Wolfgang Gehrcke22419
natürlich vom Abschluss der Verhandlungen ab. Ich gehedavon aus, dass mittelständische Subunternehmer betei-ligt werden, dass Aufträge auch speziell an diese vergebenwerden. Ich gehe auch davon aus, dass die Mehrheit un-serer Mitarbeiter eine Chance hat, dort mitzuarbeiten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nachfrage Nummer
zwei, bitte.
Frau Staatssekre-
tärin, ich habe eine Frage zum IT-Netzwerk: Plant die
Bundesregierung ein eigenständiges, bundeswehrinternes
IT-Netzwerk und können beide Konsortien zusichern, ein
eigenständiges IT-Netzwerk herzustellen?
B
Habe ich nicht eben gesagt,
dass wir noch in den Verhandlungen sind?
Ich sehe, dass Sie über einige Dinge gut informiert sind.
Es muss noch entschieden werden.
– Ja, aber dies ist eine Frage der Entscheidung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe jetzt die Fra-
ge 11 des Abgeordneten Dr. Michael Luther auf:
Kann die Bundesregierung die Information des MDR-Info-
radios vom 1. März 2002, dass nach dem Jahresbericht 2001 des
Beauftragten für Erziehung und Ausbildung beim Generalinspek-
teur der Bundeswehr die Kreiswehrersatzämter bei der Rekrutie-
rung von Wehrdienstleistenden den „Bodensatz der Gesellschaft“
einkaufen, bestätigen?
B
Herr Kollege Dr. Luther, die
Bundesregierung kann diese Information des MDR-Info-
radios vom 1. März 2002 überhaupt nicht bestätigen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dazu gibt es natürlich
eine Nachfrage. Bitte, Herr Kollege Luther.
Frau Staatssekretä-
rin, dies überrascht mich natürlich etwas. Ich habe mich
bei der Redaktion kundig gemacht. Dieser liegt der Jah-
resbericht 2001 des Beauftragten für Erziehung und Aus-
bildung beim Generalinspekteur vor. Ich selber kenne ihn
leider nicht. Er ist offensichtlich vertraulich. Man hat aber
daraus zitiert, und zwar, dass die Kreiswehrersatzämter
den „Bodensatz der Gesellschaft“ einkaufen würden.
Wenn Sie sagen, dies stehe darin nicht, würde ich Sie bit-
ten, mir diesen Bericht zukommen zu lassen oder mich ihn
einsehen zu lassen, damit ich mich davon überzeugen
kann. Sehen Sie dazu eine Möglichkeit?
B
Herr Dr. Luther, der Beauf-
tragte hat in dem Bericht Gespräche mit Soldaten wieder-
gegeben. Nicht nur ich war über die angesprochene Aus-
sage sehr verwundert bis entsetzt. Darüber hinaus hat die
Abteilung Wehrbereichsverwaltung im BMVg ihn gebe-
ten, die Einheiten bzw. Kommandeure zu nennen, die eine
solche Behauptung aufgestellt haben. Das ist bis heute
nicht geschehen. Ich fand es erschütternd, dieses Zitat in
dem Bericht zu lesen. Darin zeigt sich eine menschenver-
achtende Haltung. Im Rahmen der Beantwortung der
nächsten Frage werde ich erläutern, dass dies überhaupt
nicht zutreffen kann.
Wir möchten wissen, welche Kreiswehrersatzämter
möglicherweise kritisiert werden. Dazu muss gesagt wer-
den, wo diese Leute anzutreffen sind, wenn dies so wäre.
An der Beantwortung dieser Fragen wird noch gearbeitet.
Wir haben noch keine Antwort darauf.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Luther,
bitte.
Meine zweite Nach-
frage: Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass in dem
Bericht tatsächlich solche Äußerungen stehen? Offenbar
habe ich Sie am Anfang falsch verstanden.
B
Der Beauftragte für Erziehung und
Ausbildung beruft sich auf Aussagen von Soldaten, mit de-
nen er gesprochen hat. Er führt eine große Zahl von Bespre-
chungen durch. Dies ist auch seine Aufgabe. In diesem Zu-
sammenhang ist ihm gegenüber das, was Sie zitiert haben,
geäußert worden. Dieses Zitat hat uns erschüttert. In dem Be-
richt heißt es sogar auch noch: „Quote statt Qualität“.
Ich war übrigens gestern bei Werbeaktionen in Bran-
denburg. Ich kann dies alles nicht bestätigen. Wir haben
dazu gesagt: Hier wird ein schwerer Vorwurf erhoben.
Daher möchten wir gern wissen, auf welche Kreiswehr-
ersatzämter sich diese Beurteilung bezieht. Zusätzlich
möchten wir gerne wissen, ob das vielleicht die Einberu-
fungspraxis eines speziellen Kreiswehrersatzamtes ist.
Man muss auch wissen, welche Verbände diese Erfahrun-
gen gemacht haben. Bis zum heutigen Tag haben wir da-
rauf keine Antworten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege von
Klaeden.
Frau Staatssekre-
tärin, ist es richtig, dass die angesprochene Aussage Be-
standteil des Berichtes ist?
B
Es ist ein Zitat. Das bedeutet
aber nicht, dass sich der Beauftragte dieses zu Eigen
macht.
Das habe ich auchnicht behauptet.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte22420
– Herr Kollege Zumkley, das habe ich mit meiner Frageüberhaupt nicht unterstellt.
– Nein, das ist nicht wahr. – Meine Frage ist lediglich, obdieses Zitat – ich bin ausdrücklich bereit, von einem Zitatund nicht von einer Aussage zu sprechen – Bestandteil desBerichtes ist.B
Ich glaube, dass ich das vorhin
nicht geleugnet habe. Wir kennen den Bericht und das, was
in der Öffentlichkeit inzwischen bekannt geworden ist. Ich
teile den Bericht in der Form überhaupt nicht. Ich glaube,
das habe ich auch hier schon deutlich genug gesagt.
Das Zitat ist in dem Bericht übernommen worden. Ich
glaube, dass dieser inzwischen auch den Kolleginnen und
Kollegen vorliegt. Wir sind der Auffassung: Das ist in un-
serer Gesellschaft völlig unpassend. Es handelt sich,
wenn man von „Bodensatz“ spricht, um eine Diffamie-
rung von Menschen. Das entspricht in keiner Weise dem
Führungsverhalten, das wir erwarten. Man könnte Frei-
willige, die ungeeignet sind, nämlich auch zurück-
schicken. Ich meine, dass wir alle – als Parlament – eine
solche Aussage nicht billigen können.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt eine Zusatz-
frage des Kollegen Jörg van Essen.
Frau Staatssekretärin, Sie
stimmen mir sicherlich zu, dass der Bericht davon lebt,
dass authentische Äußerungen der Truppe auch an die
Spitze des Hauses gelangen, weil sie nur auf diese Weise
einen Blick dafür bekommt, wie in der Truppe tatsächlich
gedacht wird.
Ich bin deshalb außerordentlich erschrocken und frage
Sie, weil jetzt nachgeforscht wird, wer bestimmte kri-
tische Äußerungen abgegeben hat: Haben Sie nicht das
Gefühl, dass Sie damit diese wichtige Quelle kritischer
Informationen verstopfen, weil all diejenigen, die das mit-
bekommen, in Zukunft Angst haben, dass sie gegebenen-
falls zur Rechenschaft gezogen werden oder sonstige
dienstliche Nachteile zu erwarten haben? Dieses Ergebnis
würde ich jedenfalls für katastrophal halten.
B
Die Freiheit der Meinungs-
äußerung sollte nicht dazu führen, dass Leute sagen, dass
bei den Kreiswehrersatzämtern eher „der Bodensatz der
Gesellschaft“ eingekauft wird. Ich kann mir nicht vorstel-
len, dass ein Liberaler akzeptiert, dass vom „Bodensatz
der Gesellschaft“ gesprochen wird.
– Wer so etwas aufschreibt, muss sich auch gefallen las-
sen, dass nachgefragt wird.
Diese Form des Umgangs billige ich bei den Streit-
kräften nicht. Das hat mit Menschenführung überhaupt
nichts zu tun. Wer so etwas sagt, muss auch dazu stehen.
Das gilt vor allen Dingen, wenn es sich um einen Solda-
ten handelt, der offensichtlich Untergebene beurteilt und
damit auch eine Meinung zu diesen Soldaten abgibt. Es
kann sich ja nur um einen Ausbilder oder einen Vorge-
setzten handeln. Das ist nicht meine Vorstellung von der
Bundeswehr.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt noch eine Zu-
satzfrage, und zwar des Kollegen Dirk Niebel.
Frau Staatssekretärin, selbstver-
ständlich kann sich kein Liberaler mit dieser Äußerung
zufrieden geben.
Ich möchte einmal nachfragen, ob Sie nicht zumindest
die Gefahr befürchten, dass die Bereitschaft der Soldatinnen
und Soldaten, ungeschminkt ihre Meinungen kundzutun,
die auch für politische Entscheidungen irgendwann einmal
wichtig sein könnten, dadurch eingeschränkt wird, dass
nachgeforscht wird, wo die Quelle dieser Äußerung liegt.
B
Herr Kollege, ich werde gleich
die zweite Frage des Kollegen Luther beantworten. Dann
werden Sie sehen, dass es nicht den geringsten Grund für
diese Ausführungen gibt. Es ist schon erschütternd, dass
jemand, der Führungsfunktionen übernommen hat, das
von sich gibt.
– Ich werde sie im Rahmen meiner Antwort auf die zweite
Frage des Kollegen Luther ebenfalls beantworten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe die Frage 12
des Kollegen Dr. Michael Luther auf:
Welche Schul- und Berufsabschlüsse bzw. welche anderen
oder weiterführenden Graduierungen haben die Wehrdienst-
leistenden beim Eintritt in die Bundeswehr?
B
Herr Kollege Luther, dieSchulbildung der im Jahre 2001 zum Grundwehrdiensteinschließlich freiwilligem zusätzlichen Wehrdienst ein-berufenen Wehrpflichtigen stellt sich wie folgt dar: Son-derschulabschluss: 953 oder 0,8 Prozent, Hauptschuleohne Abschluss: 5 131 oder 4,1 Prozent, Hauptschule mitAbschluss: 33 027 oder 26,3 Prozent, mittlere Reife:49 272 oder 39,2 Prozent, Abitur oder Fachhochschul-reife: 37 144 oder 29,5 Prozent, abgeschlossene Fachhoch-schul- oder Universitätsausbildung: 150 oder 0,1 Prozent.Das heißt, von den im Jahr 2001 insgesamt einge-zogenen Grundwehrdienstleistenden einschließlich der
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Eckart von Klaeden22421
zusätzlich freiwillig Wehrdienstleistenden – das ergibteine Summe von 125 708 – haben mehr als zwei Drittelentweder mittlere Reife, Abitur bzw. Fachhochschulreifeoder eine darüber hinausgehende Ausbildung. Deswegenverstehen Sie sicherlich, dass ich mich angesichts dieserZahlen über das Zitat sehr gewundert habe.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Luther,
Ihre erste Nachfrage bitte.
Frau Staatssekre-
tärin, mein Problem ist, dass nur diese eine Aussage ver-
öffentlicht worden ist. Wenn man diesen Bericht liest,
muss man zu dem Ergebnis kommen, dass diese Aussage
der Wahrheit entspricht.
Wäre es nicht besser gewesen, dass diesem Bericht Ihre
Aussage – es ist sehr wichtig, dass sie in die Öffentlichkeit
gelangt – hinzugefügt wird? Dadurch würde dieser einzel-
nen Aussage eine andere gegenübergestellt, sodass es ins-
gesamt zu einem Bild kommt, das der Öffentlichkeit ver-
mittelt werden kann. Dieser Bericht ist zwar an und für sich
vertraulich, aber Sie sehen, dass in unserer Gesellschaft al-
les offen und jede Information zugänglich ist. Ich habe
diese Aussage von einem Bürger mitgeteilt bekommen.
B
Herr Dr. Luther, ich teile Ihre
Meinung. Gerade weil man damit rechnen muss, dass
selbst interne Informationen an die Öffentlichkeit gelan-
gen, muss man als Verantwortlicher darauf achten, in wel-
chem Kontext diese Information steht. Da ein solches aus
dem Zusammenhang gerissenes Zitat mit Recht zu einer
Anfrage bei Ihnen führt, habe ich Ihnen auf diese Frage so
ausführlich geantwortet.
Deswegen ist es auch meine Meinung, dass es richtig
ist, nachzufragen, wer so etwas entgegen unseren Zahlen
behauptet. Abgesehen davon entspricht es weder meinem
noch Ihrem noch dem Menschenbild anderer Kollegen,
vom „Bodensatz der Gesellschaft“ zu sprechen. Es ist
richtig: Ein Beauftragter, der eine solche Formulierung
aufnimmt, muss daran denken, dass sie sich verselbst-
ständigt. Ich denke, er würde es sich gut überlegen, bevor
er so etwas ein zweites Mal aufschreibt. Auch ich war
überrascht, als ich das las, und kann es nicht verstehen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Luther,
Ihre zweite Nachfrage.
Da sich Bürger
diesbezüglich bei mir gemeldet hatten und ich ihnen gerne
das Ergebnis der ganzen Bemühungen mitteilen möchte,
Sie aber gesagt haben, Sie seien noch bei der Untersu-
chung des Sachverhaltes: Sind Sie bereit, mich zu gege-
bener Zeit darüber zu informieren, welche Maßnahmen
ergriffen worden sind?
B
In diesem Fall bin ich weniger
streng. Wenn man von einer solchen Sache erfährt, will
man wissen, ob sie stimmt. Es kann sein, dass in einem
Kreiswehrersatzamt eine Auswahl getroffen worden ist,
die wir nicht nachvollziehen können, was ich mir aber
nicht vorstellen kann. Auch kann es passieren, dass ein
Vorgesetzter solche Erfahrungen gemacht hat. Das sollte
man nicht in der Öffentlichkeit verbreiten. Das gehört zur
Menschenführung. Es einfach stehen zu lassen und als Zi-
tat aufzunehmen, verlangt in diesem Fall, die Grundlagen
einzusehen. Ich bin gerne bereit, Ihnen in einem persönli-
chen Gespräch etwas dazu zu sagen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt noch eine
Nachfrage vom Kollegen Zumkley.
Frau Staatssekretärin, teilen
Sie meine Auffassung, dass subjektive Meinungsäußerun-
gen nicht immer der Wirklichkeit entsprechen und dass es
sehr problematisch sein kann, daraus Rückschlüsse zu
ziehen?
Teilen Sie weiterhin meine Auffassung, dass durch die
Durchstechereien und Indiskretionen des Berichtes des
Beauftragten für Erziehung und Ausbildung das Vertrau-
ensverhältnis, das zwischen den befragten Soldaten und
dem Beauftragten für Erziehung und Ausbildung besteht,
für weitere Berichte empfindlich gestört worden ist und
dass wir alles tun müssen, solche Durchstechereien auch
bei uns zu verhindern, indem wir diese Berichte nicht als
„Hehlerware“ für die eigene politische Auseinanderset-
zung benutzen?
B
Kollege Zumkley, Ihre Mei-
nung teile ich ausdrücklich. Aber ich bin realistisch genug,
zu erkennen, dass solche Informationen doch das Licht der
Öffentlichkeit erblicken. Deswegen sollte ein Verantwort-
licher bei der Wahl solcher Aussagen – ich beginne bei
demjenigen, der dies gesagt hat – sehr behutsam sein, weil
dies eine menschliche Einschätzung ist. Derjenige, der das
aufschreibt, muss wissen, dass sich so etwas verselbst-
ständigt. Deswegen haben wir uns um den „Staatsbürger in
Uniform“ bemüht, deswegen haben wir das System der in-
neren Führung eingeführt. Ich wünsche mir, dass man mit
solchen Dingen etwas behutsamer umgeht.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr von Klaeden,
bitte.
Frau Staatssekretä-rin, um den Beauftragten für Erziehung und Ausbildungbeim Generalinspekteur in Schutz zu nehmen, möchte ichfragen: Sind Sie tatsächlich der Ansicht, dass der Verfassereines internen Berichts bei dessen Veröffentlichung mit ei-nem nicht rechtmäßigen Vorgang rechnen muss? Ich teileausdrücklich die Sorge des Kollegen van Essen, dass essich auf die Qualität des Berichtes auswirken würde– das, was Kollege Zumkley gesagt hat, zugestanden –,wenn jeder, der einen internen, vertraulichen Bericht ver-fasst, damit rechnen muss, dass dieser veröffentlicht wird.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte22422
Dieser Eindruck entstand bei mir angesichts Ihrer Antwort.In diesem Fall wäre die Qualität der Berichte nicht mehrgegeben und man könnte nichts mehr mit ihnen anfangen.B
Meine Vorstellung ist, dass sol-
che Sätze in einem solchen Bericht nicht stehen dürfen;
das sage ich mit aller Deutlichkeit. Meine Vorstellung ist
umgekehrt, dass wir, was das Instrument der Offenheit be-
trifft, uns bestimmten Spielregeln unterwerfen. Das ist
meine Vorstellung von einem Menschenbild in dieser Ge-
sellschaft. Ansonsten bin ich relativ gelassen. Wenn man
erfährt, dass es keinen Hintergrund für die zitierte Bewer-
tung gibt, sondern dass es eine Rede aus dem Bauch war,
dann soll richtig gestellt werden, dass es eine Rede aus
dem Bauch war. Dann ist das Thema erledigt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege van
Essen hat das Wort zu einer Nachfrage.
Frau Staatssekretärin, ich
kann mich an eine Äußerung von Ihnen erinnern, als Sie
noch Oppositionsabgeordnete waren, wonach wir mehr
Generale mit Mut bräuchten. Teilen Sie meine Auffas-
sung, dass wir froh sein können, dass es Generale wie Ge-
neral Löchel gibt, der den Mut hat, kritische Dinge an die
Führung heranzutragen? Ich persönlich würde mir mehr
dieser Generale wünschen.
B
Ich bin ausdrücklich für Gene-
rale mit Mut, und zwar auch heute noch. Ich würde die Ar-
beit von Herrn Löchel nicht nach diesem Zitat beurteilen.
Ich bin aber der Meinung, dass jemand, der mit Erziehung
und Ausbildung zu tun hat, behutsam darauf zu achten hat,
was er sagt. Er ist nicht sakrosant.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage 13 des Kol-
legen Hans Raidel wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe nun die Frage 14 des Kollegen Werner
Siemann auf:
Wie viele Offiziere und Unteroffiziere – bitte Dienstgrade ge-
trennt aufführen – erfüllen die formalen Voraussetzungen für eine
vorzeitige Zurruhesetzung und wie viele von diesen sind in den
vergangenen Wochen angeschrieben worden?
B
Herr Kollege Siemann, in der
Laufzeit des Gesetzes – bis zum Ende des Jahres 2006 –
erfüllen rund 15 200 Offiziere und Unteroffiziere die for-
malen Voraussetzungen für eine vorzeitige Zurruheset-
zung. Davon sind in den letzten Wochen 9 125 Soldaten
angeschrieben worden, die zu dem Personenkreis gehö-
ren, aus dem in den Jahren 2002 und 2003 vorzeitige Zur-
ruhesetzungen stattfinden können. Die übrigen Soldaten
sollen jahrgangsweise in den folgenden Jahren ange-
schrieben werden.
Die Aufteilung auf die Dienstgrade und Stellung der
Soldaten stellt sich mit Stand vom 13. März 2002 wie
folgt dar: Von den infrage kommenden Soldaten sind
4 638 Soldaten des Truppendienstes, 1 842 Offiziere des
militärfachlichen Dienstes und 2 645 Berufsunteroffi-
ziere befragt worden. Das ergibt zusammen die Zahl von
9 125 Soldaten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe nun die
Frage 15 des Kollegen Werner Siemann auf:
Wie viele der angeschriebenen Soldaten haben derzeit kein
Interesse bzw. haben ihr grundsätzliches Interesse an einer vor-
zeitigen Zurruhesetzung bekundet, verzichten aber auf die Ein-
haltung der Frist von drei Monaten zwischen der Entscheidung
und der Beendigung ihres Dienstverhältnisses, und welche Erwä-
gungen, neben der der dienstlichen Abkömmlichkeit, werden in
die Prüfung, ob eine vorzeitige Zurruhesetzung erfolgen kann, mit
einbezogen?
Herr Kollege Siemann, Sie haben dann viermal die
Möglichkeit zu einer Nachfrage.
B
Rund 96 Prozent der ange-
schriebenen Soldaten haben geantwortet. 3 678 zeigten
kein Interesse. 5 051 prüfen für sich eine vorzeitige Zur-
ruhesetzung. Gründe für eine vorzeitige Zurruhesetzung
können nur militärische Belange sein, zum Beispiel die
Auflösung eines Verbandes. Persönliche Wünsche nach
einer vorzeitigen Zurruhesetzung können im Einklang mit
den dienstlichen Belangen und der persönlichen Situation
Berücksichtigung finden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zu einer ersten Zu-
satzfrage der Kollege Siemann, bitte.
Ist die Hardthöhe
über den vielfach vorgetragenen Wunsch – der Anteil be-
trägt mehr als 50 Prozent –, vorzeitig aus dem Dienst ent-
lassen zu werden, überrascht?
B
Nein. Die Betreffenden haben
uns geantwortet, dass sie die vorzeitige Zurruhesetzung für
sich prüfen lassen. Letztlich wird es von den Bedingungen
abhängen. Damit ist nicht gesagt, dass die Soldaten alle ge-
hen wollen. Wenn ein Verband aufgelöst wird – Sie wis-
sen, wie viele Verbände aufgelöst werden –, lassen die Sol-
daten das für sich prüfen und sagen: Es kommt darauf an,
was ihr in der Zukunft mit mir vorhabt. – Ich halte das für
einen völlig normalen Vorgang.
Haben Sie einenÜberblick über die Qualifikationen derjenigen, die pen-sioniert werden wollen? Handelt es sich bei ihnen um diebesser Qualifizierten?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Eckart von Klaeden22423
B
Ich war schon im Bundestag,
als es den berühmten „goldenen Handschlag“ von Herrn
Wörner gab. Damals haben wir eine heftige Diskussion
darüber geführt, ob alle, die den Wunsch haben, gehen
können, wenn es die Belange erlauben, bzw. je nachdem,
wie es sich in militärischer Hinsicht ergibt. Seinerzeit hat
es beides gegeben, wie es auch jetzt beides gibt: Es gibt
Leute mit einer hervorragenden Qualifikation, die sich
ausrechnen können, dass sie noch eine andere Aufgabe
wahrnehmen können, und es gibt sicherlich auch Leute,
die sich sagen: Ich habe dem Vaterland lange genug ge-
dient; jetzt bin ich ganz froh, wenn ich Ruhe bekomme. –
Die Frage kann aus dieser Sicht nicht beantwortet werden.
Ich würde das auch nicht empfehlen; man sollte vielmehr
darauf achten, welche Belange zu berücksichtigen sind.
Frau Staatssekretärin,
wie beurteilt die Bundesregierung die folgende Antwort
auf den Wunsch eines angeschriebenen Soldaten, der ei-
ner vorzeitigen Zurruhesetzung zugestimmt hat – ich zi-
tiere –:
Eine abschließende Klärung ist zum gegenwärtigen
Zeitpunkt leider noch nicht möglich. Ich werde mich
erneut, gegebenenfalls erst in den nächsten Jahren,
an Sie wenden, sobald sich an diesem Sachverhalt et-
was geändert hat.
Inwiefern soll Ihrer Meinung nach auf dieser Grundlage die
oft beschworene Planungssicherheit für Soldaten gelten?
B
Die Planungssicherheit, zu
günstigen Bedingungen vorzeitig in den Ruhestand gehen
zu können, können wir angesichts der finanziellen Lage
natürlich nicht jedem bieten. Das würde auch nicht nur für
die Soldaten gelten, sondern es gibt eine bestimmte
Quote, die sich an den genannten Bedingungen orientie-
ren muss. Insoweit ist die Antwort völlig korrekt.
Es ist also in der Tat
so, dass Sie den Leuten, die Interesse haben zu gehen,
schreiben: In den nächsten Jahren melden wir uns wieder?
B
Nein, das ist nicht der Fall.
Darin stimme ich Ihnen zu. Das zeigen Sie mir nachher
bitte einmal.
Ich lasse Ihnen das
Schreiben zukommen. Dann können Sie das überprüfen.
B
Das gehört sich nämlich wirk-
lich nicht. Da bin ich Ihrer Meinung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Dialog hat in
Eigenregie geklappt.
Es gibt noch eine Nachfrage des Kollegen Zumkley.
Frau Staatssekretärin, können
Sie bestätigen, dass das Personalamt der Bundeswehr
durchaus froh darüber war, dass sich mindestens 3 000 oder
sogar mehr Personen bereit erklärt haben, vorzeitig in den
Ruhestand zu treten? Denn es gab Befürchtungen, dass die
Zahl nicht erreicht wird. Können Sie bestätigen, dass zur
Umsetzung der Bundeswehrreform eine solche vorzeitige
Zurruhesetzung, die im öffentlichen Dienst insgesamt sys-
temwidrig ist, sehr positiv zu bewerten und auch notwen-
dig ist?
B
Herr Kollege Zumkley, ich
darf Sie daran erinnern, dass die Länder zum Teil eben-
falls so etwas möchten und dass der Bund dies bislang ab-
gelehnt hat. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die
Initiative von Nordrhein-Westfalen und anderen.
Es ist in der Tat eine besondere Situation. Für die Sol-
daten besteht bekanntlich hinsichtlich der Zahlen eine
nicht geeignete Schichtung. In der Vergangenheit sind
Menschen gegangen, die wir gern noch länger behalten
hätten. Andere sind geblieben, weil ihre Perspektiven im
Zivilberuf schlechter geworden wären.
Ich halte das für zweischneidig. Auf der einen Seite
halte ich es für gut, dass es Leute gibt, die sich auch noch
etwas anderes vorstellen können. Auf der anderen Seite
halte ich die Entscheidung darüber, wen wir gehen lassen
und wen nicht, dann aber für schwieriger. Hätten sich we-
niger gemeldet, hätte man mit Ausnahme von Einzelfäl-
len, bei denen wir auf keinen Fall wollen, dass sie gehen,
dem Wunsch nachkommen können. Bei der jetzt beste-
henden Entscheidungsmöglichkeit wird sicherlich der
eine oder andere fragen, warum wir ihn nicht gehen las-
sen; er könne bei seiner Frau im Geschäft einsteigen oder
Ähnliches. Es hat also alles zwei Seiten.
Ich halte es auf jeden Fall für positiv, dass die Soldaten
geantwortet haben und eine vorzeitige Zurruhesetzung für
sich prüfen lassen wollen – mehr können wir ihnen im
Moment schließlich nicht anbieten –, sodass wir eine
Auswahl treffen können. Das ist für uns wichtig.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Danke schön, Frau
Staatsekretärin.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Zur
Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekre-
tär Stephan Hilsberg zur Verfügung.
Die Fragen 16 und 17 werden schriftlich beanwortet.
Ich rufe jetzt die Frage 18 des Kollegen Eduard Lintner
auf:
Wie wird die Ankündigung des Bundeskanzlers, Gerhard
Schröder, dass die Schienenneubaustrecke von Nürnberg über
Bamberg nach Erfurt jetzt gebaut werden soll – vergleiche „Süd-
deutsche Zeitung“ vom 13. März 2002 –, konkret in die Tat um-
gesetzt und wann soll mit dem Weiterbau begonnen werden?
S
Sehr ge-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 200222424
ehrter Herr Kollege Lintner, aufgrund der Aufhebung desBaustopps durch Bundeskanzler Gerhard Schröder be-steht nunmehr die Möglichkeit, die Hochgeschwindig-keitsstrecke von Berlin nach Nürnberg unter Einsatz derin den nächsten Jahren zur Verfügung stehenden Haus-haltsmittel für die Schienenwege des Bundes zu bauen.Die hierzu erforderlichen Abstimmungen zum konkretenAblauf des Weiterbaus werden derzeit mit der DeutschenBahn AG herbeigeführt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Erste Nachfrage.
Bitte, Herr Kollege Lintner.
Herr Kollege Hilsberg,
sind Sie mit mir der Meinung, dass die bloße Ankündi-
gung des Bundeskanzlers noch keinen Stein bewegt, son-
dern dass dazu die notwendigen Mittel bereitgestellt und
die Planungen vorangetrieben werden müssen? Wann
sind Mittel zum Weiterbau konkret eingeplant?
S
Sehr ge-
ehrter Herr Lintner, mit unserem Zukunftsprogramm
„Mobilität“, das vom Kabinett Anfang März verabschie-
det wurde und ein umfangreiches Investitionsvorhaben
für dieses Jahrzehnt – der Schwerpunkt wurde auf die
neuen Länder gelegt – vorsieht, besteht Finanzierungs-
sicherheit für einige neue Projekte, die, wie die Projekte
VDE 8.1 und 8.2 in Rede gestanden haben.
Für Projekte VDE 8.1 und 8.2 ist 1999 ein Baustopp
verhängt worden. Dafür gab es mehrere Gründe. Zum ei-
nen musste das Projekt aufgrund veränderter Verkehrs-
prognosezahlen neu untersucht werden. Dies ist gesche-
hen. Zum anderen konnte angesichts der desolaten
Finanzsituation des Bundes, welche nicht unsere Regie-
rung, sondern die Vorgängerregierung zu verantworten
hatte, das große VDE-Projekt Hochgeschwindigkeits-
strecke nicht finanziert werden.
Eine Konsolidierung des Haushalts war dringend not-
wendig. In den letzten beiden Jahren wurde sie erfolgreich
in Angriff genommen. Dadurch besteht der Finanzie-
rungsengpass für die Hochgeschwindigkeitsstrecke nun
nicht mehr. Zwangsläufig – das liegt in der Logik der Sa-
che – ist der Baustopp für dieses Projekt nach positiven
Untersuchungsergebnissen durch den Bundeskanzler
selbst aufgehoben worden. Dies war die wichtigste Vo-
raussetzung, um jetzt alle Maßnahmen, die rein techni-
scher Natur sind, so schnell wie möglich einzuleiten. Wir
haben umgehend mit den Vorbereitungen begonnen, um
dieses Bauprojekt wieder in Angriff nehmen zu können.
Im Übrigen darf ich Sie über ein Detail informieren: Es
gibt bereits eine ganze Reihe von Baumaßnahmen. Dabei
handelt es sich um Kreuzungsmaßnahmen und um Maß-
nahmen zur Aufrechterhaltung des Baurechts. Sie können
also schon feststellen, dass derzeit an dem Hochge-
schwindigkeitsprojekt gearbeitet wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine zweite Nach-
frage.
Herr Kollege Hilsberg,
bedeutet das konkret, dass die Einwände, die gegen die
Fortführung dieser Schnellbahnstrecke erhoben worden
sind – sie waren in erster Linie nicht finanzieller Natur;
sie liefen vielmehr darauf hinaus, dass es verkehrspoli-
tisch sinnvoller sei, die Strecke entlang dem Saaletal aus-
zubauen –, nicht mehr erhoben werden, und zwar von kei-
ner Koalitionspartei?
S
Das
heißt konkret, dass diese Einwände einer Überprüfung un-
terzogen wurden. Im Rahmen dieser Überprüfung kam
man zu dem Ergebnis, dass die vorliegende Trassen-
führung im Rahmen der Projekte VDE 8.1 und von 8.2 die
beste ist. Im Übrigen besteht für diese Trasse, abgesehen
von Abschnitten der Ausbaustrecke nördlich von Nürn-
berg, Baurecht. Das Planfeststellungsverfahren ist durch-
geführt worden. Von daher gibt es gegen die Fortsetzung
der Baumaßnahmen rechtlich gesehen keinen Einwand.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege
Michelbach hat eine Nachfrage.
Herr Staatsekretär,
erlauben Sie mir eine Zusatzfrage. Sie sagen, dass der
Konsolidierungsweg beschritten worden sei und der Fi-
nanzierungsengpass überwunden sei. Steht diese Aussage
nicht in völligem Widerspruch zu der Zusage, die der
Bundesfinanzminister der EU-Kommission gegenüber
machen musste, damit Deutschland keinen blauen Brief
bekam, nämlich bis zum Jahr 2004 40 Milliarden Euro
einzusparen und so die Defizitquote zu senken? Das passt
doch nicht zusammen.
S
Sehr ge-
ehrter Herr Michelbach, wie Sie wissen, gehört unser
Bundesfinanzminister dem Kabinett an. Der Beschluss
zum Zukunftsinvestitionsprogramm „Mobilität“, das mit
über 90 Milliarden Euro ausgestattet ist, ist unter seinem
Mitwirken zustande gekommen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe nun die Frage
19 des Kollegen Eduard Lintner auf:
Welche zeitlichen und örtlichen Vorstellungen hat die Bundes-
regierung für den Weiterbau und in welchen Tranchen soll die
Finanzierung erfolgen?
S
HerrKollege Lintner, der Weiterbau soll unverzüglich erfol-gen. Konkrete Aussagen zu den zeitlichen und örtlichenVorstellungen sowie zu den Tranchen der Finanzierungkönnen angesichts der noch laufenden Abstimmung mitder Deutschen Bahn AG von der Bundesregierung zumgegenwärtigen Zeitpunkt nicht getroffen werden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Parl. Staatssekretär Stephan Hilsberg22425
Kollege Hilsberg, an-
gesichts der schon an anderer Stelle geführten Debatte
über die Frage, ob Vorlagen haushaltsrechtlich korrekt
sind und ob Ankündigungen in ausreichendem Maße fi-
nanziell abgesichert sind, frage ich Sie: Halten Sie es nicht
für einen Widerspruch, wenn Sie einerseits ankündigen,
der Weiterbau solle unverzüglich erfolgen, andererseits
aber hinzufügen, Sie könnten über die Finanzierung noch
nichts Genaues sagen?
S
Wenn
Sie informiert sind – davon gehe ich aus –, wie die Ver-
gabe von großen Aufträgen im Baugeschäft abläuft, wie
lange die Ausschreibungszeiten sind und wie schwierig es
ist – das betrifft unsere jetzige Aufgabe –, Finanzierungs-
vereinbarungen mit der DB AG herbeizuführen bzw. zu
erneuern, dann wissen Sie ganz genau, dass uns der Zeit-
raum, der uns für unsere Entscheidungen zur Verfügung
steht, auf keinen Fall in Schwierigkeiten mit dem Haus-
haltsrecht bringen wird.
Herr Kollege Hilsberg,
bedeutet das also – da für das vierte Quartal des Jahres
2003 noch keine entsprechenden Vorkehrungen im Haus-
halt getroffen worden sind –, dass frühestens im Haushalt
2004 mit einer finanziell seriösen Unterfütterung des Ver-
sprechens des Bundeskanzlers, dass mit dem Bau der
Strecke von Nürnberg über Bamberg nach Erfurt sofort
begonnen werde, gerechnet werden kann?
S
Herr
Lintner, das bedeutet es nicht. Wie Sie wissen, ist über den
Haushalt für das Jahr 2003 noch nicht beraten worden.
Sie, der Bundestag, sind diejenigen, die über den Haushalt
zu entscheiden haben. Ich versichere Ihnen, es werden
entsprechende Vorkehrungen getroffen werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt hat der Kollege
Michelbach eine Nachfrage.
Herr Staatssekretär,
Sie behaupten, dass das Zukunftsinvestitionsprogramm
„Mobilität“, das mit 90 Milliarden Euro ausgestattet ist,
die finanzielle Grundlage für die Zusage des Kanzlers sei.
Wenn dem so ist, stellt sich die Frage: Warum ist dann in
der mittelfristigen Finanzplanung ein solcher Betrag für
die notwendigen Verkehrsausbaumaßnahmen nicht einge-
stellt? Sind die Ankündigung des Bundeskanzlers und
Ihre Aussage über das 90-Milliarden-Euro-Programm
nicht so lange als leere Versprechungen anzusehen, wie es
für sie keine Haushaltsgrundlage gibt?
S
Herr
Michelbach, wie Sie wissen, darf man den zweiten Schritt
nicht vor dem ersten tun. Der erste Schritt war: Wir haben
die notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen im Bun-
deshaushalt eingeleitet, damit die Investitionstätigkeit auf
ein befriedigendes und den verkehrlichen Bedürfnissen
entsprechendes Niveau angehoben werden konnte. Die
Mittel für einige Maßnahmen haben im Haushalt 2001
Rekordniveau erreicht. Sie waren in der mittelfristigen Fi-
nanzplanung, der alten Regierung nicht berücksichtigt
worden.
Der Bundeskanzler hat deutlich gemacht, dass es den fi-
nanziellen Spielraum gibt, um die notwendigen verkehrli-
chen Infrastrukturmaßnahmen in Deutschland realisieren zu
können. Wir werden zusammen mit dem Bundestag die ent-
sprechenden Mittel einstellen, und zwar – hier können Sie
ganz sicher sein – unter Wahrung der Haushaltsordnung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt noch eine wei-
tere Nachfrage.
Herr Staatssekretär
Hilsberg, Sie haben vorhin gesagt, der Haushalt 2003 sei
noch nicht verabschiedet. Kann man also damit rechnen,
dass für den Bau der Strecke von Nürnberg über Bamberg
nach Erfurt entsprechende Mittel in den Haushalt 2003
eingestellt werden?
S
Die
notwendigen Vorarbeiten für die Realisierung der Hoch-
geschwindigkeitsstrecken 8.1 und 8.2 werden jetzt durch-
geführt. Dabei geht es insbesondere – das sagte ich Ihnen
bereits – um die Aufnahme von Verhandlungen mit der
Deutschen Bahn AG zur Herbeiführung einer Finanzie-
rungsvereinbarung. Die notwendigen haushaltsmäßigen
Grundlagen dafür werden im Zusammenhang mit dem
Haushaltsplan 2003 geschaffen. Dieser Haushaltsplan ist
in der Erstellungsphase. Es hat noch kein Jahr gegeben, in
dem der Bundeshaushalt vor Ablauf des Herbstes verab-
schiedet wurde. Sie haben also noch genug Zeit, um im
Plenum über diese Frage zu debattieren.
Sämtliche Fragen zum Geschäftsbereich des Bundes-
kanzleramtes – das sind die Fragen 20 bis 23 – werden
schriftlich beantwortet.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Auswär-
tigen Amtes. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister
Dr. Ludger Volmer zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 24 des Kollegen Wolfgang Gehrcke
auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die im Be-
richt der „Los Angeles Times“ – Reuters vom 10. März 2002,
14.30 Uhr – erwähnten Planungen der USA, Kernwaffen unter
bestimmten Bedingungen, so auch bei einer überraschenden mi-
litärischen Lage, einzusetzen, die Schwelle für einen Atomwaf-
feneinsatz senken?
D
Herr Kollege Gehrcke, der Bericht der „Los Ange-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 200222426
les Times“ bezieht sich auf eine Studie des US-Verteidi-gungsministeriums mit dem Titel „Nuclear Posture Re-view“, die dem US-Kongress am 8. Januar 2002 vorgelegtwurde. Die Studie ist als geheim eingestuft und in ihrerGesamtheit nicht veröffentlicht worden.Die USA haben die Partner in der NATO über den we-sentlichen Inhalt der Studie unterrichtet. Dabei haben siehervorgehoben, die bekannte Nuklearstrategie der USAhabe sich nicht geändert; Hauptthema der „NPR“ sei dieangestrebte drastische Reduzierung des US-Kernwaffen-arsenals in den kommenden Jahren.Der amerikanische Außenminister Powell ist am12. März 2002 bei einer Senatsanhörung auf die „NPR“eingegangen und hat erklärt, dass die USA die nukleareSchwelle nicht abgesenkt haben.Die deutsche Außenpolitik in diesem Bereich ist un-verändert. Für die Bundesregierung bleibt die vertraglichvereinbarte umfassende und verifizierbare Abrüstungaller Nuklearwaffen zentrales abrüstungspolitisches Ziel.Dieses Ziel ist im Nichtverbreitungsvertrag verankert.Somit bleiben die Nuklearmächte, die den Nichtverbrei-tungsvertrag unterzeichnet haben, also allen voran dieUSAund die Russische Föderation, dazu verpflichtet. DieBundesrepublik Deutschland ist Nichtnuklearstaat undhat aus dem Vertragssystem den Anspruch auf Umsetzungdieser Bestimmung.Wir begrüßen im Übrigen die Absicht der US-Adminis-tration, das amerikanische Nuklearwaffenarsenal weiter zureduzieren.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jetzt kommen wir zur
ersten Nachfrage des Kollegen Gehrcke.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatsminister, wir
haben es heute offensichtlich damit, dass alles, was für
politische Strategien, leider auch für militärische Strate-
gien, interessant ist, immer sofort mit dem Stempel „ge-
heim“ versehen wird, obwohl in der Öffentlichkeit da-
rüber geschrieben und berichtet wird.
Der „Los Angeles Times“ war auch zu entnehmen, dass
die Studie vom amerikanischen Verteidigungsminister
Rumsfeld unterschrieben ist. Sie haben das Prozedere er-
wähnt. Meinen Sie nicht auch, dass die Benennung von
Ländern, gegen die möglicherweise Atomwaffen einge-
setzt werden können, wie dies in der Studie der Fall ist,
das internationale Klima nicht gerade günstig gestaltet?
Ich verweise nur darauf, dass die chinesische Regierung
den amerikanischen Botschafter deswegen einbestellt hat.
D
Herr Gehrcke, die Studie als Ganzes ist geheim. In
der Tat sind aber einige Auszüge, darunter auch die von
Ihnen gerade zitierte Passage, veröffentlicht worden. Da-
rüber hat es eine öffentliche Diskussion gegeben, nicht
nur in den USA, sondern auch international. Eine ganze
Reihe von europäischen und auch deutschen Politikern
hat dazu Stellung genommen. Insbesondere der von Ihnen
gerade genannte Aspekt wurde dabei deutlich kritisiert.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege
Gehrcke, bitte, die zweite Nachfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatsminister, wenn
ich mir erlauben darf, das zu sagen: In Ihren Artikeln und
Aufsätzen habe ich Sie schon mutiger erlebt als bei der
Auskunft hier. Das zu bewerten steht mir aber nicht zu;
das müssen Sie selbst tun.
Halten Sie den zeitlichen Zusammenhang zwischen der
Zuleitung der Studie an den amerikanischen Kongress und
den Kriegsführungen in Afghanistan bzw. den Kriegsüber-
legungen der USA, was den Irak angeht, für einen Zufall
oder zielt dieser Zusammenhang auf die militärischen,
also kriegerischen Verwicklungen?
D
Herr Gehrcke, wir müssen zwei Vorgänge unter-
scheiden: die Zuleitung an den Kongress und die Veröf-
fentlichung. Die Veröffentlichung ist per Indiskretion ge-
schehen. Man kann über die Motive nur spekulieren.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage 25 der Kol-
legin Lippmann wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe jetzt die Frage 26 des Kollegen Dr. Ilja Seifert
auf:
Wie bewertet die Bundesregierung militärische Planungen des
Pentagons der USA, in denen Russland und China als Ziele für
mögliche Atomschläge aufgelistet sind?
D
Herr Kollege Seifert, auch wenn in dem öffentlich
bekannt gewordenen Teil der Studie bestimmte Länder im
Rahmen einer sicherheitspolitischen Analyse genannt wer-
den, enthält der NPR nach den Angaben, die die Regierung
der USA gegenüber der NATO gemacht hat, und übrigens
auch nach den Angaben, die Außenminister Powell gegen-
über dem Kongress gemacht hat, keine diesbezüglichen
militärischen Planungen, insbesondere keine konkreten
Zielplanungen. Ich verweise hierzu auch auf die öffentli-
chen Erklärungen der US-Administration, denen zufolge
der NPR solche konkreten Zielplanungen nicht enthält.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Seifert,
Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage, bitte.
Herr Staatsminister, wenn das
so ist – ich muss das jetzt zur Kenntnis nehmen –, wie
kann es dann sein, dass in der Öffentlichkeit ganz andere
Dinge diskutiert werden? Wie kann es sein – ich beziehe
mich auch auf Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen
Gehrcke –, dass die Bundesregierung nach wie vor ein
großes Interesse daran hat und darauf hinarbeitet, die Ge-
samtzahl der Atomwaffen zu reduzieren bzw. Atomwaf-
fen insgesamt abzuschaffen, obwohl davon die Rede ist,
systematisch ganz neue, relativ kleine Atomwaffen zu
entwickeln, die unterirdische Bunker und Höhlen zer-
stören sollen? Ist das nicht ein Widerspruch?
D
Das von Ihnen zitierte Papier enthält auch Aussagen
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Staatsminister Dr. Ludger Volmer22427
über so genannte atomare Gefechtsfeldwaffen und übereventuelle Einsatzszenarien. Die amerikanische Regierunghat auf Anfragen von Kritikern hin aber deutlich gemacht,dass es keine konkreten Planungen in dieser Hinsicht gebe.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine zweite Nach-
frage des Kollegen Seifert.
Können Sie mir den Unter-
schied zwischen konkreten Planungen, die es nicht gibt,
und Vorplanungen, ähnlichen Studien oder was immer da
veranstaltet wird, nennen?
D
Im Pentagon, dem amerikanischen Verteidigungs-
ministerium, werden immer wieder strategische Studien
entwickelt, entweder für allgemeine Szenarien oder für
denkbare regionale Szenarien. Man muss aber zwischen
Eventualplanungen und konkreten Einsatzplanungen un-
terscheiden, die von der amerikanischen Regierung, ins-
besondere vom Präsidenten, legitimiert sein müssen. Das
ist in diesem Falle noch nicht so weit.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Lippelt,
auch Sie haben das Wort zu einer Nachfrage.
H
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Solche Planungen
macht das Militär immer; so etwas machen auch wir; das
darf man nicht so ernst nehmen. Haben Sie von dieser Be-
merkung gehört?
D
Einige der Länder, die in diesem Bericht genannt
worden sind, haben darauf sehr kritisch reagiert, auch
wenn sie es, wie Russland, in einen größeren Kontext ein-
geordnet haben. Russland ist genauso wie wir insbeson-
dere daran interessiert, dass die weit reichenden Redukti-
onsverpflichtungen im Bereich der strategischen Waffen
eingehalten werden. Dies ist eine Konsequenz der
START-Verhandlungen, die nun endlich in die Praxis um-
gesetzt werden soll. Es geht um die Reduktion auf 1 700
bis 2 200 Nuklearwaffen. Wir sollten diese außerordent-
lich deutliche Reduktion hier begrüßen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nun stellt der Kollege
Gehrcke noch eine Nachfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatsminister, man
lernt ja immer dazu. Man muss folglich so präzise fragen,
dass kein Schlupfloch offen bleibt. Da die Russen jetzt als
Kronzeugen für die Amerikaner herangezogen werden,
möchte ich noch einmal präzise nachfragen: Halten Sie es
nicht für denkbar, dass in der Öffentlichkeit der Gedanke
an einen Einsatz von Atomwaffen im Zusammenhang mit
dem Krieg in Afghanistan oder einem geplanten Krieg im
Irak aufkommen kann, wenn im gleichen Zeitraum, wo im
Krieg in Afghanistan thermobarische Bomben, also ein
neues Waffensystem gegen Höhlen, von den USA einge-
setzt werden, dem Kongress ein Bericht zugeleitet wird
– ich hebe auf die Zuleitung und nicht auf die Veröffent-
lichung ab –, in dem der Einsatz von verkleinerten Atom-
waffen gegen solche Höhlensysteme als möglich
beschrieben wird?
D
Herr Gehrcke, ich stimme Ihnen zu, dass dieser Ein-
druck in der Öffentlichkeit entstehen kann. Umso wichti-
ger ist es ja auch, dass entsprechende kritische Fragen for-
muliert werden und die amerikanische Seite oder
derjenige, der dafür verantwortlich ist, die Möglichkeit
hat, dies zu interpretieren.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe die Frage 27
des Kollegen Dr. Ilja Seifert auf:
Welche Schritte beabsichtigt die Bundesregierung angesichts
der bekannt gewordenen Planungen der USA zum Einsatz von
Atomwaffen gegenüber ihren Partnern in der NATO zu unterneh-
men, um einen Verzicht auf den Ersteinsatz von Nuklearwaffen
herbeizuführen?
D
Herr Kollege Seifert, nach den Angaben der US-Re-
gierung, die uns und den anderen Mitgliedstaaten der
NATO gegenüber gemacht worden sind, gibt es die angeb-
lichen konkreten Planungen, über die wir gerade geredet
haben, nicht. Insoweit muss ich auf die Antworten verwei-
sen, die ich gerade schon gegeben habe.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Seifert,
bitte.
Wenn ich Ihre vorhergehende
Antwort richtig verstehe, sind Sie regelrecht froh, dass
meine Kolleginnen und Kollegen von der PDS und ich Ih-
nen diese Fragen stellen, damit Sie öffentlich Aufklärung
betreiben können. In Ihrer Antwort auf meine vorige Frage
sagten Sie, dass es konkrete Planungen, die vom Präsiden-
ten legitimiert sind, noch nicht gebe. Jetzt sagen Sie, dass
es diese Planungen nicht gebe. Es besteht natürlich ein
gewisser Unterschied zwischen „noch nicht“ und „nicht“.
Darf ich davon ausgehen, dass die Menschheit von diesen
neuen Waffen verschont bleibt, oder muss man befürchten,
dass sie in zwei, drei oder fünf Jahren – ich will mich jetzt
nicht auf eine Zahl festlegen – doch da sind?
D
Herr Kollege Seifert, es gibt sie im Moment nicht.
In die Zukunft schauen kann ich in dieser Angelegenheit
genauso wenig wie Sie.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zweite Nachfrage des
Kollegen Seifert.
Sie werden sicherlich verste-hen, dass mich die von Ihnen gerade gegebene Antwort
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Staatsminister Dr. Ludger Volmer22428
nicht besonders glücklich macht. Ich fragte ja danach, wasdie Bundesregierung tun will, um ihre Partner in derNATO dazu zu bringen, Atomwaffen, soweit es geht, ganzund gar abzuschaffen. Ich finde nämlich, 1 500 oder 2 300sind immer noch ganz schön viele und damit kann manimmer noch allerhand und viel zu viel Schaden anrichten.Was wollen Sie also tun, dass der Atomwaffenbestandweltweit auf null sinkt? Das muss doch das Ziel sein.D
Die Bundesregierung unterstützt dieses Ziel nach-
drücklich. Das Ziel ist auch im Nichtverbreitungsvertrag
genannt, an den die Atommächte gebunden sind. Wir sind
aber auch der Meinung, dass eine Diskussion über einen
eventuellen Einsatz nuklearer Gefechtsfeldwaffen nicht
fruchtbar ist. Das ist übrigens kein Thema der NATO. Von
daher sind wir als NATO-Partner nicht offiziell zur
Stellungnahme aufgerufen. Vielmehr handelt es sich hier-
bei um nationale amerikanische Verteidigungspolitik.
Natürlich sind wir auch darüber mit der amerikanischen
Seite im Gespräch; aber unser Einfluss darauf ist natürlich
geringer als auf NATO-Planungen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Danke, Herr Staatsmi-
nister. Die Fragen 28 und 29 werden schriftlich beant-
wortet.
Den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des In-
nern hatten wir vorgezogen, sodass ich jetzt den Ge-
schäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf-
rufen kann.
Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staats-
sekretärin Dr. Barbara Hendricks zur Verfügung.
Wir kommen zunächst zur Frage 33 des Abgeordneten
Gerhard Schüßler:
Wie hoch sind in den Veranlagungszeiträumen 2000 und 2001
jeweils die Mindereinnahmen aus der Einkommensteuer, die aus
der Erhöhung des Übungsleiterfreibetrages in § 3 Nr. 26 Einkom-
mensteuergesetz durch Gesetz vom 22. Dezember 1999
resultieren?
D
Herr Kollege Schüßler,
steuerstatistische Daten über die Inanspruchnahme des
Freibetrages gemäß § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz
liegen nicht vor, weshalb eine Aussage über die tatsächli-
che Höhe der Mindereinnahmen infolge der Anhebung
des Übungsleiterfreibetrages in diesem Paragraphen nicht
getroffen werden kann.
Im Hinblick auf die Anhebung des Übungsleiterfreibe-
trags von 2 400 DM auf 3 600 DM pro Jahr wurden Steu-
erausfälle von rund 740 Millionen DM – das sind rund
380 Millionen Euro – geschätzt.
Zusatzfrage? – Bitte
sehr.
Frau Staatssekretärin, ist
Ihnen bekannt, dass in der Enquete-Kommission „Bürger-
schaftliches Engagement“ Mitglieder Ihrer Fraktion, der
SPD-Fraktion, unter Bezug auf das Bundesfinanzministe-
rium festgestellt haben, dass die Erhöhung von 2 400 DM
auf 3 600 DM zu Steuerausfällen von 400 Millionen Euro
geführt habe?
D
Die Schätzungen im
Gesetzgebungsverfahren beliefen sich auf 740 Millio-
nen DM, also rund 380 Millionen Euro. Insofern sind
diese Schätzungen nicht allzu weit von den 400 Millio-
nen Euro entfernt, auch wenn 20Millionen Euro viel Geld
ist. Natürlich kann man nicht im Einzelnen sagen, wie
hoch die Ausfälle tatsächlich waren. Aber die Schätzun-
gen liegen in dieser Größenordnung.
Nun kommt die
Frage 34 des Abgeordneten Schüßler:
Wie viele Einkommensteuerpflichtige haben – in absoluten
Zahlen – jeweils in den Veranlagungszeiträumen 1998, 1999,
2000 und 2001 den Übungsleiterfreibetrag, § 3 Nr. 26 EstG, in An-
spruch genommen und welcher Betrag wurde pro Kopf von ihnen
durchschnittlich dabei geltend gemacht?
Frau Staatssekretärin, bitte.
Dr
Wegen der fehlenden steu-
erstatistischen Angaben ist eine Aussage über die Anzahl
der Einkommensteuerpflichtigen, die den Übungsleiter-
freibetrag in Anspruch genommen haben, nicht möglich.
Zusatzfrage?
Nein, danke.
Herr Kollege Klaeden
hat eine Zusatzfrage. Bitte sehr.
Frau Staatssekre-
tärin, warum verzichtet das Ministerium auf die Feststel-
lung der im Gesetzgebungsverfahren angegebenen Schät-
zungen?
D
Herr Kollege von Klaeden,
die hier erfragten Angaben sind nicht Bestandteil der ma-
schinell erfassten Daten aus der Einkommensteuerer-
klärung und finden damit auch keinen Eingang in die
Lohn- und Einkommensteuerstatistik. Wenn man jede
einzelne Maßgabe des Einkommensteuerrechts gesondert
erfassen wollte, dann müssten sie auch einzeln maschinell
erfasst werden. Dies würde bei den Landesfinanzbehör-
den einen überbordenden Aufwand mit sich bringen. Das
ist nicht nur in diesem Fall so.
Nun rufe ich dieFrage 35 des Kollegen Aribert Wolf auf:
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Dr. Ilja Seifert22429
Wie werden die Finanzergebnisse der Sozialversicherungen,insbesondere der gesetzlichen Krankenversicherung, in die Be-rechnung des gesamtstaatlichen Defizits nach Art. 104 des Vertra-ges zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, EGV, mit ein-bezogen?Frau Staatssekretärin.D
Herr Kollege Wolf, das
„Maastricht-Defizit“ wird nach den Regeln des Europä-
ischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnun-
gen, ESVG, ermittelt. Zum Sektor „Staat“ gehören die
Teilsektoren Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversi-
cherungen. Die Sozialversicherungen, also auch die ge-
setzlichen Krankenversicherungen, gehen mit Ausgaben
und Einnahmen in die so genannte „Maastricht-Rech-
nung“ ein. Dabei legt das Statistische Bundesamt die Ein-
nahmen- und Ausgabendefinition des ESVG zugrunde.
Die Ergebnisse weichen daher von den kassenmäßigen
Ergebnissen ab.
Zusatzfrage? – Bitte
sehr.
Es ist aber möglich, diese
Abweichungen umzurechnen. Das Defizit wird nach dem
ESVG, also nach dem Europäischen System Volkswirt-
schaftlicher Gesamtrechnungen, berechnet. Die Ergeb-
nisse der Krankenkassen, die nach einem anderen Verfah-
ren berechnet werden, können umgerechnet werden.
Können Sie ausschließen, dass die nach der VGR-Me-
thode berechneten Zahlen der gesetzlichen Krankenversi-
cherung höher sind als das bisher vorliegende Ergebnis,
das die Bundesgesundheitsministerin für die Krankenver-
sicherung bekannt gegeben hat?
D
Herr Kollege Wolf, die Bun-
desgesundheitsministerin geht natürlich nicht nach Maas-
tricht-Kriterien vor. Insofern unterscheiden sich die Metho-
den grundsätzlich. Deshalb dürfte ein Vergleich nicht
möglich sein. Denn die Bundesgesundheitsministerin hat
nur die kassenwirksamen Daten zu beachten und muss nicht
unter dem Gesichtspunkt der Maastricht-Kriterien rechnen.
Dies geschieht natürlich, wie ich gerade gesagt habe, durch
das Statistische Bundesamt und geht entsprechend in die
Berechnung nach den Maastricht-Kriterien ein.
Zusatzfrage zwei.
Wie hoch ist das Defizit
der GKV nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrech-
nung und können Sie ausschließen, dass es noch höher ist
als das bisher vorliegende Ergebnis?
D
Nach der Volkswirtschaft-
lichen Gesamtrechnung haben sich die Defizite bzw.
Überschüsse der Krankenversicherung in den Jahren 1995
bis 2001 wie folgt entwickelt – Finanzierungssalden –:
1995 minus 4,4 Milliarden Euro, 1996 minus 4,6 Milliar-
den Euro, 1997 plus 0,9 Milliarden Euro, 1998 plus
0,7 Milliarden Euro, 1999 plus 0,1 Milliarden Euro, 2000
minus 0,8 Milliarden Euro, 2001 minus 2,2 Milliar-
den Euro. Das entspricht den Angaben der Bundesge-
sundheitsministerin, soweit ich das weiß.
Ich rufe die Frage 36
des Kollegen Aribert Wolf auf:
Um das Wievielfache übersteigt das von der Bundesministerin
für Gesundheit, Ulla Schmidt, für das Jahr 2001 bekannt gegebene
Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von
2,8 Milliarden Euro das vom Statistischen Bundesamt in der
aktuellen vorläufigen Berechnung des Maastricht-Defizits für das
Jahr 2001 geschätzte Defizit der Gemeinden?
Frau Staatssekretärin, bitte.
D
Nach den aktuellen Veröf-
fentlichungen des Statistischen Bundesamtes beträgt das
für „Maastricht“ relevante Defizit der Krankenversiche-
rung 2,2 Milliarden Euro. Die Abweichung zum kassen-
mäßigen Ergebnis beruht auf den schon genannten me-
thodischen Unterschieden zwischen den Rechenwerken
und auf unterschiedlichen Datenständen. Das entspre-
chende Defizit der Gemeinden betrug im vergangenen
Jahr 1,5 Milliarden Euro.
Erste Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin
Gudrun Schaich-Walch hat in einer Debatte des Deut-
schen Bundestages wörtlich gesagt:
Der zweite Punkt betrifft Ihren Umgang mit den Zah-
len. Herr Wolf, Sie haben vorhin gesagt, dass das De-
fizit der gesetzlichen Krankenkassen so hoch wie das
der Kommunen sei.
Daran schließt sich mein Zwischenruf „Höher!“ an. Die
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich muss Sie korrigieren: Das stimmt nicht. Bei den
Kommunen sind es 26 Milliarden Euro.
Diese Aussage der Frau Staatssekretärin ist also falsch.
D
Die Frau Staatssekretärin
muss sich getäuscht haben. Die 26 Milliarden Euro bezie-
hen sich auf die Gesamtheit der Länder.
So ist es. Vielen Dank.
Nun rufe ich dieFrage 37 des Kollegen Hans Michelbach auf:Welche Schlüsse zieht das Bundesministerium der Finanzenaus dem Rentenurteil des Bundesverfassungsgerichts?Frau Staatssekretärin, bitte.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002
Vizepräsidentin Anke Fuchs22430
D
Das Bundesverfassungsge-
richt hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 1. Januar
2005 einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem die ein-
kommensteuerrechtliche Behandlung von Aufwand und
Ertrag insbesondere bei den Alterseinkünften neu geregelt
wird. Dabei hat es auf die Feststellung besonderen Wert
gelegt, dass dem Gesetzgeber bei dieser Neuregelung ein
weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht. Um
dessen Weite auszuloten, aber auch um zur Entwicklung
einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähi-
ger Lösungen zu gelangen, wird die Bundesregierung eine
Sachverständigenkommission bestellen.
Erste Zusatzfrage.
Frau Staatssekretä-
rin, es schließt sich natürlich die Frage an, welche
Schlüsse Sie aus dem Urteil ziehen und wie die nachgela-
gerte Besteuerung eingeführt werden soll. Welche finan-
ziellen Auswirkungen ergeben sich aus dieser nachgela-
gerten Besteuerung?
D
Der Sachverständige Profes-
sor Dr. Rürup, der dem Bundesverfassungsgericht umfang-
reiche Berechnungen vorgelegt hat – auf diese Berechnun-
gen beziehe ich mich; die Bundesregierung hat vor der von
uns ins Auge gefassten Bestellung der Sachverständigen-
kommission noch keine weiter gehenden Erkenntnisse er-
langt –, geht davon aus, dass im Zuge des Übergangs zur
nachgelagerten Besteuerung auf der Grundlage eines etwa
eine Generation umfassenden Übergangszeitraums eine
Steuermindereinnahme des öffentlichen Gesamthaushaltes
im ersten Jahr in der Größenordnung von 1,3 Milliar-
den Euro entstehen wird. Die Mindereinnahmen würden
danach allerdings jährlich um die Größenordnung von etwa
1 Milliarde Euro steigen. Es gäbe also jedes Jahr eine ge-
ringfügige Zunahme der Ausfälle.
Zweite Zusatzfrage.
Frau Staatssekretä-
rin, ist es nicht so, dass die Entlastung, die sich daraus er-
gibt, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr aus
versteuertem Einkommen entrichtet werden, insbeson-
dere für jüngere Arbeitnehmer sinnvoll ist? Sollte man da-
her nicht frühzeitig diese Entlastung erreichen?
D
Herr Kollege Michelbach,
damit der öffentliche Gesamthaushalt die Ausfälle tragen
kann, muss die Übergangsfrist analog einem System kom-
munizierender Röhren angelegt sein, die Sie aus der Phy-
sik kennen: Der langsam, aber stetig wachsende Anteil
von Alterseinkünften, der der Besteuerung unterliegt,
muss einem in der gleichen Schrittfolge wachsenden An-
stieg des von der Steuer freigestellten Lohnes in Höhe des
Pflichtbeitrags zur Rentenversicherung gegenüberstehen.
Dass insbesondere die jüngeren Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer davon profitieren, liegt auf der Hand;
denn diejenigen, die jetzt ins Berufsleben eintreten oder in
den letzten zehn Jahren ins Berufsleben eingetreten sind,
werden auf jeden Fall bis zum Ende ihrer Berufstätigkeit
eine vollständige Steuerfreiheit ihres Einkommens in der
Größenordnung ihrer Pflichtbeiträge erreichen.
Ich rufe die Frage 38
des Kollegen Hans Michelbach auf:
Wurde die Entscheidung des Bundesministers der Finanzen,
Hans Eichel, zur Umsatzsteuerbefreiung der Deutschen Post AG
durch etwaige Parteispenden an die SPD durch die Deutsche Post
AG in den Jahren 1996 bis 2001 beeinflusst und wenn ja, in wel-
cher Höhe erfolgte sie?
D
Herr Kollege Michelbach,
die Antwort auf Ihre Frage ist Nein.
Erste Zusatzfrage.
Die Frage ist sicher,
Frau Staatssekretärin, sehr dürftig. Können Sie hier noch
einmal ausdrücken, ob Ihnen bekannt ist, dass sowohl in
der Wissenschaft mit Herrn Professor Lang und Frau
Professor Hey als auch in den Finanzbehörden in Nord-
rhein-Westfalen in der Frage der Umsatzsteuerbefreiung
eine völlig andere Meinung besteht? Ist diese Tatsache
nicht auch in dem Zusammenhang relevant, dass die Ent-
scheidung gegen die Vorschriften des Bundesfinanzminis-
teriums dahin gehend gefallen ist, indem Staatssekretär
Dr. Overhaus gleichzeitig auch Aufsichtsratsmitglied der
Post AG war? Ist nicht hier allein schon eine Beeinflus-
sung vorhanden, die Sie nicht lediglich mit einem Nein
beantworten können?
D
Herr Kollege Michelbach,
Sie haben bei der Einleitung Ihrer Zusatzfrage gerade sel-
ber gesagt, die Frage sei etwas dürftig. Ich will mich die-
ser Bewertung nicht offiziell anschließen, aber gleichwohl
sagen, dass Ihre Frage, die nämlich darauf gerichtet war,
ob etwa die SPD Parteispenden im Zusammenhang mit der
Umsatzsteuerbefreiung der Post erhalten habe, eindeutig
mit dem Wort Nein zu beantworten ist. Die Frage kann
auch nicht umfangreicher beantwortet werden. Ich wie-
derhole: Sie ist mit dem Wort Nein zu beantworten.
Die steuerrechtliche Situation kann man natürlich auch
unterschiedlich beurteilen – zwei Juristen, drei Meinun-
gen. Es ist auch klar, dass die steuerrechtliche Auslegung
im Bundesfinanzministerium eine andere war als im
Landesfinanzministerium Nordrhein-Westfalen. Diese
steuerrechtlichen Fragen sind ausführlich sowohl im
Rechnungsprüfungsausschuss als auch im Haushaltsaus-
schuss und im Finanzausschuss erörtert worden. Ich ver-
weise auf die entsprechenden Protokolle.
Zusatzfrage zwei.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 2002 22431
Frau Staatssekretä-
rin, es geht generell um die Beeinflussung. Ist Ihnen nicht
bekannt, dass es in dieser Frage ja gar nicht um den Vor-
wurf an die Post AG selbst geht, sondern um das Zustan-
dekommen der Umsatzsteuerbefreiung als Einzelanord-
nung des Bundesfinanzministers Hans Eichel gegen die
Auffassung von Sachverständigen und der Finanzbehör-
den von Nordrhein-Westfalen? Ich glaube, das ist ein
Sondertatbestand. Vielleicht geben Sie zu dieser Frage
noch einmal eine Klarstellung.
D
Einzelweisungen des Bun-
desministeriums der Finanzen sind ausdrücklich in der
Verfassung vorgesehen; sonst könnten sie natürlich auch
gar nicht stattfinden. Sie finden allerdings nicht häufig
statt; es gibt etwa vier oder fünf Fälle im Jahr. Aber Ein-
zelweisungen sind nach dem Grundgesetz – ich glaube, es
ist Art. 85, jedenfalls ist es ein Artikel in den Achtzigern –
ausdrücklich vorgesehen.
Damit ist der Ge-
schäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen be-
endet. Ich danke der Frau Staatssekretärin für die Beant-
wortung der Fragen.
Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwor-
tung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Frau
Ulrike Mascher zur Verfügung.
Die Fragen 39 und 40 werden schriftlich beantwortet.
Deswegen rufe ich die Frage 41 des Kollegen Dirk Niebel
auf:
Schließt sich die Bundesregierung nach der Einigung der Frak-
tionen im Deutschen Bundestag, dass Aupairs nicht sozialversi-
cherungspflichtig sind, der Auffassung an, dass die Vergabe von
Betriebsnummern an Gasteltern durch die Arbeitsverwaltung
nicht länger erforderlich ist?
Frau Staatssekretärin.
U
Herr Niebel,
Aupairbeschäftigte sind nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichtes und den gleich lautenden Verein-
barungen der Spitzenverbände der Sozialversicherung
keine abhängig Beschäftigten, sondern stehen grundsätz-
lich in einem Betreuungsverhältnis besonderer Art, das
keine Sozialversicherungspflicht auslöst. Demzufolge
gehören sie auch nicht zu dem vom Arbeitgeber bei den
Einzugsstellen zu meldenden Personenkreis nach § 3 der
Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von
Daten für die Träger der Sozialversicherung, sodass die
Gasteltern von Aupairs auch keine für die Meldung not-
wendige Betriebsnummer beim zuständigen Arbeitsamt
beantragen müssen.
Eine Zusatzfrage? –
Nein. Wunderbar.
Dann rufe ich die Frage 42 des Kollegen Dirk Niebel
auf:
Wie wird die Bundesregierung nach ihrer Auskunft, dass Au-
pairs auch nicht zur gesetzlichen Unfallversicherung anzumelden
sind – Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Ar-
beit und Sozialordnung, Dr. Klaus Achenbach, vom 12. März
2002 auf meine schriftliche Frage vom 28. Februar 2002 –, Sorge
tragen, dass die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung diese
Einigung akzeptieren?
U
Der Bundesver-
band der Unfallkassen als zuständiger Spitzenverband der
Unfallversicherung für in Privathaushalten tätige Perso-
nen ist in einem Schreiben des Ministeriums vom
4. März 2002 über die Festlegungen der anderen Spitzen-
verbände der Sozialversicherung informiert und gleich-
zeitig gebeten worden, sich der grundsätzlichen Festle-
gung der übrigen Spitzenverbände der Sozialversicherung
zu Aupairs anzuschließen.
Zusatzfrage eins.
Frau Staatssekretärin, wie Sie
ganz richtig formuliert haben, ist das ja eine Bitte. Sollte
der Bundesverband der Unfallversicherungsträger der öf-
fentlichen Hand dieser Bitte nicht nachkommen, welche
Möglichkeiten gibt es, die Rechtsauffassung der Bundes-
regierung – wie aller Fraktionen dieses Hauses – durch-
zusetzen?
U
Ich gehe erst ein-
mal davon aus, dass unserer Bitte Folge geleistet wird.
Zusatzfrage zwei:
Gesetzt den Fall, dass dem nicht
so wäre: Gibt es irgendeine Handhabe, das entsprechend
umzusetzen?
U
Herr Niebel, wir
werden, falls wir eine abschlägige Antwort bekommen,
noch einmal sorgfältig prüfen, wie wir das von allen
Fraktionen des Bundestages im Ausschuss für Arbeit und
Sozialordnung gemeinsam verfolgte Ziel, für die Aupair-
beschäftigten keine Sozialversicherungspflicht zu konsti-
tuieren, erreichen können. Man muss allerdings sehen,
dass die Frage der Unfallversicherung, was den Schutz
der Betroffenen angeht, eine besondere Bedeutung hat.
Ich enthalte mich je-des Kommentars und bedanke mich für die Beantwortungder Fragen.Wir sind am Ende der Fragestunde und damit auch amSchluss unserer heutigen Tagesordnung.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 226. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. März 200222432
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-tages ein auf morgen, Donnerstag, den 21. März 2002,9 Uhr.Die Sitzung ist geschlossen.