Protokoll:
14181

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 181

  • date_rangeDatum: 4. Juli 2001

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:53 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Eckpunkte einer gesetzlichen Regelung für die Kraft- Wärme-Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17805 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 17805 B Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 17805 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 17806 A Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17806 A Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 17806 B Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17806 B Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 17806 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17806 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 17806 D Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 17807 B Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 17807 B Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 17807 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 17807 D Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . . . . 17808 A Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . 17808 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17808 B Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . 17808 B Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 14/6499, 14/6537) . . . . . . . 17808 D Positivliste für Arzneien DringlAnfr 1 Wolfgang Lohman (Lüdenscheid) CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG 17808 D ZusFr Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17809 B ZusFr Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . 17809 C ZusFr Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . 17809 D ZusFr Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . 17810 A ZusFr Dr. Sabine Bergmann-Pohl CDU/CSU 17810 B ZusFr Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . 17810 C ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 17811 A ZusFr Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . . . . 17811 B Strategiepapier „Fortführung der Gesundheits- reform“ des Bundeskanzleramtes MdlAnfr 41 Horst Seehofer CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG 17811 D ZusFr Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . 17811 D ZusFr Eva-Maria Kors CDU/CSU . . . . . . . . . 17812 C ZusFr Dr. Sabine Bergmann-Pohl CDU/CSU 17812 D ZusFr Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . 17813 A ZusFr Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . . . . 17813 B ZusFr Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17813 C Einführung einer Kapitaldeckung für die Al- tersrückstellung in der Krankenversicherung MdlAnfr 42 Horst Seehofer CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG 17813 D Plenarprotokoll 14/181 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 181. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 I n h a l t : ZusFr Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . 17813 D ZusFr Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . 17814 C ZusFr Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17814 D Erörterung der Einführung von Grund- und Wahlleistungen gepaart mit privaten Zusatzta- rifen sowie eines Angebots mit mehreren Ver- sicherungstarifen im Strategiepapier des Bun- deskanzleramts zur Gesundheitsreform MdlAnfr 43 Wolfgang Zöller CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG 17815 A ZusFr Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . . . . 17815 B ZusFr Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . 17815 C ZusFr Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . 17816 A ZusFr Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU 17816 A ZusFr Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . 17816 C ZusFr Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU 17816 D ZusFr Dr. Sabine Bergmann-Pohl CDU/CSU 17817 A ZusFr Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . 17817 B ZusFr Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17817 C Vorschlag für ein Angebot mit mehreren Versi- cherungstarifen im Strategiepapier des Bun- deskanzleramts zur Gesundheit MdlAnfr 44 Wolfgang Zöller CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG 17817 D ZusFr Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . . . . 17818 A Vorlage eines Konzepts für eine Gesundheits- reform noch vor der nächsten Bundestagswahl MdlAnfr 45 Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG 17818 B ZusFr Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17818 C ZusFr Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . 17819 B ZusFr Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . 17819 C ZusFr Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17819 D Rechtsmittel der Bürger gegen die Verwen- dung nicht ausreichend gekennzeichneter Behältertypen für die Zwischenlagerung abge- brannter Brennelemente MdlAnfr 1 Eva Bulling-Schröter PDS Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . 17820 A ZusFr Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . 17820 B ZusFr Uwe Hiksch PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17820 D ZusFr Gustav-Adolf Schur PDS . . . . . . . . . . . 17821 A Rechtsmittel der Bürger gegen die Verwen- dung nicht ausreichend gekennzeichneter Behältertypen für die Zwischenlagerung abge- brannter Brennelemente MdlAnfr 2 Eva Bulling-Schröter PDS Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . 17821 B ZusFr Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . 17821 C ZusFr Uwe Hiksch PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17821 D ZusFr Gustav-Adolf Schur PDS . . . . . . . . . . . 17822 A ZusFr Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . 17822 B Einführung des europäischen Fingerabdruck- identifikationssystems EURODAC MdlAnfr 3 Martin Hohmann CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 17822 C ZusFr Martin Hohmann CDU/CSU . . . . . . . . 17822 D Wegfall der Beobachtung der PDS durch Ver- fassungsschutzbehörden bei einer Regierungs- beteiligung MdlAnfr 4 Eckart von Klaeden CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 17823 B ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 17823 C ZusFr Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . 17824 A ZusFr Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . 17824 B ZusFr Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 17824 C Einschätzung der Korruptionsverbreitung im öffentlichen Dienst und unter Politikern in 91 Ländern der Welt durch „Transparency International“ MdlAnfr 7 Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Uschi Eid BMZ . . . . . . 17824 D ZusFr Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU 17825 A Konsequenzen für die Entwicklungszusam- menarbeit aus der Einschätzung der Korrupti- onsverbreitung im öffentlichen Dienst und un- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001II ter Politikern in 91 Ländern der Welt durch „Transparency International“ MdlAnfr 8 Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Uschi Eid BMZ . . . . . . 17825 C ZusFr Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU 17826 A ZusFr Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . 17826 C Aussage des EU-Kommissars für Wirtschaft und Währungsangelegenheiten zur Haushalts- konsolidierung in Deutschland MdlAnfr 19 Rainer Brüderle F.D.P. Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 17827 B ZusFr Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 17827 C ZusFr Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . 17828 A ZusFr Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 17828 B ZusFr Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 17828 B Stellung Deutschlands beim Wachstumsver- gleich der Wirtschaft innerhalb der EU MdlAnfr 20 Rainer Brüderle F.D.P. Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 17828 D ZusFr Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 17829 B ZusFr Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 17830 B ZusFr Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . 17830 C ZusFr Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . 17831 B ZusFr Gudrun Kopp F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 17831 C ZusFr Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 17831 D ZusFr Margareta Wolf (Frankfurt) BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . 17832 B ZusFr Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 17832 C Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde: Zur Ablehnung der IG Metall, bei VW 5 000 Arbeitsplätze mit einem Lohn von 5 000 DM zu schaffen 17832 D Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 17833 A Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA . . . . . 17834 B Dr. Bernd Protzner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 17835 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17836 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . 17838 A Bodo Seidenthal SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17839 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 17840 C Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17841 D Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17842 D Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17844 B Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 17845 C Anette Kramme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17846 D Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . . . 17848 A Renate Rennebach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 17849 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17850 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 17851 A Anlage 2 Schließung bzw. Verkleinerung des Hennigs- dorfer Schienenfahrzeugwerks MdlAnfr 5, 6 Ulf Fink CDU/CSU Antw PStSekr’in Margareta Wolf BMWi . . . 17851 B Anlage 3 Fusion der Deutschen Stiftung für internatio- nale Entwicklung mit der Carl-Duisberg- Gesellschaft MdlAnfr 9, 10 Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Uschi Eid BMZ . . . . . . 17852 A Anlage 4 Veröffentlichung von Anzeigen für die Euro- Kampagne der Arbeitsgemeinschaft Euro in regionalen Tageszeitungen; Anteil lokaler und regionaler Tageszeitungen an den gesamten Mediaufwendungen der Bundesregierung MdlAnfr 11, 12 Hans-Joachim Otto (Frankfurt) F.D.P. Antw StSekr Uwe-Karsten Heye BK . . . . . . . 17852 B Anlage 5 Bewertung der Empfehlungen des „Nationalen Ethikrates“ in Relation zu den Empfehlungen der Enquête-Kommission „Recht und Ehtik der modernen Medizin“: Ausstattung des „Na- tionalen Ethikrates“ mit Bundesmitteln MdlAnfr 13, 14 Sylvia Bonitz CDU/CSU Antw StMin Rolf Schwanitz BK . . . . . . . . . . 17852 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 III Anlage 6 Gründe für die derzeitige Konjunkturschwäche und die gegenwärtig hohe Inflationsrate; Kon- sequenzen aus der bestehenden Situation MdlAnfr 15, 16 Jürgen Koppelin F.D.P. Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 17853 A Anlage 7 Vorziehen der Absenkung des Einkommen- steuertarifs auf 2002; Rücknahme der insbe- sondere durch die Spreizung der Steuersätze im Rahmen der Steuerreform verursachten Be- nachteiligung des Mittelstandes MdlAnfr 17, 18 Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 17853 D Anlage 8 Auswirkungen der KWK-Förderung und der Verlängerung des Postmonopols auf die Entlas- tungseffekte der Steuerreform MdlAnfr 21 Ulrich Heinrich F.D.P. Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 17854 B Anlage 9 Verschiebung des Beginns der Zertifizierung von Altersvorsorgeprodukten; bisherige und erwartete Anzahl entsprechender Anträge MdlAnfr 22, 23 Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 17854 D Anlage 10 Anwaltshonorare im Zusammenhang mit dem Tätigkwerden für die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ MdlAnfr 24 Martin Hohmann CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 17855 A Anlage 11 Übergangsregelungen für die Landwirtschaft; anlässlich des EU-Beitritts mittel- und osteuro- päischer Staaten; Einhaltung von EU-Stan- dards bezüglich Verbraucher-, Tier- und Um- weltschutz nach dem Beitritt von Polen, Tschechien und Ungarn MdlAnfr 25, 26 Klaus Hofbauer CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Gerald Thalheim BMVEL 17855 C Anlage 12 Verwendung des Wirkstoffes Lebaycid/ Fenthion zur Bekämpfung der Kirschfrucht- fliege in den deutschen Kirschanbaugebieten MdlAnfr 27 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Gerald Thalheim BMVEL 17855 D Anlage 13 Festlegung der Übergangsregelungen hinsicht- lich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Dienstleistungsfreiheit im Zuge der EU- Osterweiterung MdlAnfr 28 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw PStSekr Gerd Andres BMA . . . . . . . . . 17856 B Anlage 14 Defizit bei der Bundesanstalt für Arbeit 2001; Bundesmittel 2002 MdlAnfr 29, 30 Dr. Klaus Grehn PDS Antw PStSekr Gerd Andres BMA . . . . . . . . . 17856 B Anlage 15 Zentralisierung des Militärgeographischen Dienstes; personelle und finanzielle Auswirkun- gen der Auflösung der Dienststelle in Leipzig MdlAnfr 31, 32 Georg Janovsky CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 17856 D Anlage 16 Wertpapiergeschäfte der Gesellschaft für Ent- wicklung, Beschaffung und Betrieb (GEBB) mit Mitteln aus dem Verteidigungshaushalt; Vereinbarkeit mit den Vorschrifte der BHO MdlAnfr 33, 34 Paul Breuer CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 17857 B Anlage 17 Änderung des Rahmevertrages „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bun- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001IV deswehr“ zugunsten mittelständisch und hand- werklich geprägter Unternehmen; Kosten für gesellschaftliche Veranstaltungen im Zusam- menhang mit dem Rahmenvertrag MdlAnfr 35 Günther Friedrich Nolting F.D.P. Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 17857 D Anlage 18 Anträge auf Verkürzung der Dienstzeit durch Flugzeugführer der Bundeswehr; Attraktivität des Berufs MdlAnfr 36 Günther Friedrich Nolting F.D.P. Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 17858 A Anlage 19 Schaffung befristeter Arbeitsverhältnisse für Lehrkräfte an Bildungseinrichtungen der Bun- deswehr durch Zusammenarbeit mit Zeitar- beitsfirmen; Übergabe der Ausbildungen in die Zuständigkeit der Länder nach Auflösung der Bundeswehrfachschulen MdlAnfr 37, 38 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 17858 B Anlage 20 Informationspolitik der NATO, insbesondere in Bezug auf Tiefflugmanöver; Abwurf von Kerosin in der Region Trier (Eifel/Mosel) MdlAnfr 39, 40 Dr. Elke Leonhard SPD Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 17858 D Anlage 21 Schaden der deutschen Wirtschaft durch Ak- tionen militanter Gentechnikgegner; Schutz- maßnahmen für Freilandversuche MdlAnfr 46, 47 Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17859 C Anlage 22 Veröffentlichung von Kartenmaterial und wei- teren Informationen über gentechnische Frei- landversuche durch Gentechnikgegner im In- ternet MdlAnfr 48 Dr. Christian Ruck CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17860 A Anlage 23 Gesundheitliche Risiken von Brustimplantaten aus Silikon; Einführung eines obligatorischen Melderegisters MdlAnfr 49, 50 Annette Widman-Mauz CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17860 B Anlage 24 Berücksichtigung der von den zuständigen Be- triebsräten erarbeiteten Umstrukturierungs- vorschläge bei Stilllegung von Betriebsstätten der DB AG durch den Bahnvorstand, zum Bei- spiel beim Fahrzeuginstandhaltungswerk München MdlAnfr 51, 52 Aribert Wolf CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 17860 C Anlage 25 Entwicklung der Zahl der Arbeitsplätze in Au- besserungsbetrieben der Deutschen Bahn AG in Münche in den letzten zehn Jahren; Auswir- kungen der Schließung des Ausbesserungs- werkes München-Neuaubing MdlAnfr 53, 54 Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 17861 A Anlage 26 Verlust von Arbeitplätzen in Ausbesserungs- werken der Bahn durch Schließung von Ein- richtungen in München seit 1990; Abschluss von Ausbildungsverhältnissen MdlAnfr 55, 56 Johannes Singhammer CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 17861 C Anlage 27 Erarbeitung eines trinationalen Staatsvertrages zur Regelung der An- und Abflüge auf dem Flughafen Basel-Mulhouse (EuroAirport) MdlAnfr 57, 58 Dorothea Störr-Ritter CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 17862 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 V Anlage 28 Auswirkungen der Erhöhung des Selbsbehalts bei der Ausreichung der Investitionszulage für Sanierung und Modernisierung von Wohnge- bäuden für die Plattenwohngebiete; Höhe des Mindestanteils für Rückbaumaßnahmen MdlAnfr 59, 60 Christine Ostrowski PDS Antw PStSekr Achim Großmann BMVBW 17862 C Anlage 29 Haltung der Bundessregierung zum Landes- entwicklungsgesetz des Freistaates Bayern MdlAnfr 61 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr Achim Großmann BMVBW 17862 D Anlage 30 Haltung der Bundesregierung zum Landesent- wicklungsgesetz des Freistaates Bayern bei- spielsweise hinsichtlich des Oberzentrums Straubing MdlAnfr 62 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17863 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001VI Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 Anette Kramme 17850 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17851 (C) (D) (A) (B) Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 04.07.2001 DIE GRÜNEN Bleser, Peter CDU/CSU 04.07.2001 Dr. Brecht, Eberhard SPD 04.07.2001 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 04.07.2001 Deß, Albert CDU/CSU 04.07.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 04.07.2001 Peter Gloser, Günter SPD 04.07.2001 Günther (Plauen), F.D.P. 04.07.2001 Joachim Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ 04.07.2001 DIE GRÜNEN Kasparick, Ulrich SPD 04.07.2001 Klappert, Marianne SPD 04.07.2001 Lamp, Helmut CDU/CSU 04.07.2001 Müller (Jena), Bernward CDU/CSU 04.07.2001 Ronsöhr, CDU/CSU 04.07.2001 Heinrich-Wilhelm Schindler, Norbert CDU/CSU 04.07.2001 Schlee, Dietmar CDU/CSU 04.07.2001 Schultz (Everswinkel), SPD 04.07.2001 Reinhard Sorge, Wieland SPD 04.07.2001 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 04.07.2001 Voß, Sylvia BÜNDNIS 90/ 04.07.2001 DIE GRÜNEN Wiesehügel, Klaus SPD 04.07.2001 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 04.07.2001 Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Margareta Wolf auf die Fragen des Abgeordneten Ulf Fink (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/6499, Fragen 5 und 6): Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es sich beim Hennigsdorfer Schienenfahrzeugwerk Adtranz um einen heraus- ragenden Industriestandort in den neuen Bundesländern handelt, entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich und dass eine Schließung bzw. eine drastische Reduzierung dieses Industriestandortes – wie vom kanadischen Mutterkonzern Bombardier Transportation offenbar geplant – unter allen Um- ständen verhindert werden muss? Ist die Bundesregierung – wie im Fall des Frankfurter Bau- unternehmens Phillipp Holzmann AG – bereit, hier helfend ein- zugreifen, und wenn ja, welche konkreten Schritte gedenkt sie ein- zuleiten, um eine Schließung bzw. eine drastische Reduzierung des Adtranz-Werkes zu verhindern? Zu Frage 5: Die Fusion von Bombardier und Adtranz hat durch die Verschmelzung der Kompetenz von zwei weltweit agieren- den Systemhäusern die Position der Bahntechnik-Branche auch am Standort Deutschland gestärkt. Die Bundesregie- rung begrüßt die Entscheidung von Bombardier Transpor- tation, seine Zentrale für Europa in Berlin anzusiedeln. Es entspricht unternehmerischem Handeln, mögliche Syner- gieeffekte einer solchen Fusion zu erschließen. Bombardier Transportation hat weltweit alle seine Produktionsstandorte in eine Kapazitäts-Bedarfs-Analyse einbezogen. Das trifft auch auf das ehemalige Adtranz-Werk in Hennigsdorf zu. Das Unternehmen ist die größte Produktionsstätte von Bombardier Transportation in Deutschland, ein wichtiger Wirtschaftsstandort sowie mit über 2 500 Beschäftigten ein bedeutender Arbeitgeber im Land Brandenburg. Bereits im Dezember 2000 hatte sich der Bundesmi- nister für Wirtschaft und Technologie an den Europa-Prä- sidenten von Bombardier Transportation gewandt und auf die Empfindlichkeit regionaler wirtschaftlicher Struktu- ren und Kompetenzen sowie des Arbeitsmarktes und für den Fall unternehmerischer Entscheidungen zu struktu- rellen Entwicklungen auf eine frühzeitige gebündelte Ein- beziehung der Möglichkeiten von Bund, Ländern, Kom- munen, Arbeitsgebern und Arbeitsnehmern hingewiesen. Die Bundesregierung hat bislang keine Kenntnisse über eine geplante Schließung bzw. drastische Reduzierung des Hennigsdorfer Schienenfahrzeugwerkes. Der Präsi- dent von Bombardier Transportation hat erklärt, dass Ende Juli/Anfang August mit Prüfergebnissen gerechnet werde und derzeit noch keine Entscheidungen zu Stand- ortfragen getroffen seien. Zu Frage 6: Die im November 1999 durch den Bundeskanzler ini- tiierte Hilfe gegenüber Philipp Holzmann war auf die Ab- wehr eines drohenden Insolvenzverfahrens gerichtet. Sie war zugleich ein wichtiges Signal an die beteiligten Ban- ken. Weder die Unternehmenslage noch die Konjunktur- situation ist mit dem Bombardier-Standort in Hennigsdorf vergleichbar. Im Übrigen wurden die Betriebsstätten von Adtranz in Hennigsdorf im Rahmen der Bund-Länder- Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ gefördert, an deren Finanzierung sich der Bund zur Hälfte beteiligt. In den Jahren 1995 bis 1998 wurden beträchtliche Investitionszuschüsse bewil- ligt. Darin sind auch Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung enthalten. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid auf die Fragen des Abgeordneten Norbert Hauser (Bonn) (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Fragen 9 und 10): Welche Gründe kann die Bundesregierung dafür vorbringen, dass die Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung (DSE) mit der Carl-Duisberg-Gesellschaft (CDG) fusioniert werden soll, und ist sichergestellt, dass der Sitz der fusionierten Einrichtung Bonn sein wird? Sieht die Bundesregierung durch die beabsichtigte Fusion ne- gative Auswirkungen auf die Bundesstadt Bonn, die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe d des Berlin/Bonn-Gesetzes als Zentrum für Entwicklungspolitik ausgebaut werden soll? Zu Frage 9: Der Kurator der DSE und der Hauptgeschäftsführer der CDG haben am 23. Januar 2001 gemeinsam mit Staats- sekretär Stather eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach sie anstreben, CDG und DSE zu einer neuen Institution zusammenzuführen, „die Gewähr dafür bietet, die Fort- bildung von Fach- und Führungskräften der Entwick- lungsländer und den Dialog mit ihnen effizienter zu ge- stalten und als internationale Bildungszusammenarbeit zu einem eigenständigen dritten Feld der Entwicklungs- zusammenarbeit neben Finanzieller und Technischer Zu- sammenarbeit aufzuwerten“. Am 27. Juni 2001 hat Staats- sekretär Stather in einer aktuellen Unterrichtung des AwZ vorgetragen, dass gesellschaftlicher Sitz der neuen Insti- tution Bonn ist. Zu Frage 10: Nein. Anlage 4 Antwort des Staatssekretärs Uwe-Karsten Heye auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (F.D.P.) (Drucksache 14/6499, Fragen 11 und 12): In welchem Umfang hat die Bundesregierung entsprechend ih- rer wiederholten Zusicherung Anzeigen für die laufende Euro- Kampagne der Arbeitsgemeinschaft Euro in regionalen Tageszei- tungen geschaltet? Generell, mit welchem Anteil ihrer gesamten Mediaaufwen- dungen berücksichtigt die Bundesregierung lokale und regionale Tageszeitungen? Zu Frage 11: Die Aktionsgemeinschaft Euro (Bundesregierung, Europäische Kommission, Europäisches Parlament) hat die Statements prominenter Euro-Befürworter – Sabine Christiansen, Richard von Weizsäcker, Helmut Schmidt und Ulrich Wickert – nicht nur durch TV-Spots, Groß- flächenplakate und durch Anzeigen in Nachrichtenmaga- zinen, Illustrierten, Frauenzeitschriften, Programmzeit- schriften, Kaufzeitungen und überregionalen Tageszei- tungen, sondern auch durch Anzeigen in regionalen Ta- geszeitungen verbreitet. In der ersten Maiwoche 2001 hat die Aktionsgemeinschaft Euro in 83 regionalen Tageszei- tungen jeweils eine halbseitige 4C-Euro-Anzeige geschal- tet. Die Kosten dafür beliefen sich auf 1 045 941,35 DM. Weitere einspaltige 122 Textteil-Anzeigen wurden und werden noch im Verlauf der Euro-Zelt-Tour bis in den De- zember hinein in den regionalen Zeitungen, die in den Ver- anstaltungsorten erscheinen, geschaltet. Die Kosten belau- fen sich auf 229 832,66 DM. Zu Frage 12: Der Anteil der Mediaaufwendungen für Anzeigen in lokalen und regionalen Tageszeitungen im Jahre 2001 ist von Ressort zu Ressort sehr unterschiedlich und reicht im Einzelfall bis nahezu 50 Prozent. Die Bundesregierung setzt das Kommunikationsinstrument der Anzeigen ziel- gruppenspezifisch ein. Die Mediapläne orientieren sich daran, mit welchen Printmedien aufgrund des zur Verfü- gung stehenden Etats der höchstmögliche Abdeckungs- grad der zu erreichenden Zielgruppen am wirkungsvolls- ten und wirtschaftlichsten erreichbar ist. Andere Kri- terien spielen dabei keine Rolle. In den Fällen, in denen in die Breite kommuniziert werden soll und es die Etats der Ressorts zulassen, werden Anzeigen bundesweit unter Einbindung der regionalen Tageszeitungen geschaltet. Eine ganzseitige 4C-Anzeige kostet alleine in regiona- len Tageszeitungen, ohne mögliche Rabatte, wochentags 4,65 Millionen DM (zuzüglich der gesetzlichen Mehr- wertsteuer). Anlage 5 Antwort des Staatsministers Rolf Schwanitz auf die Fragen der Abgeordneten Sylvia Bonitz (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/6499, Fragen 13 und 14): Welche Bedeutung misst die Bundesregierung den Empfeh- lungen des „Nationalen Ethikrates“ in Relation zu den Empfeh- lungen der parlamentarisch legitimierten Enquête-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bun- destages bei? Plant die Bundesregierung zur finanziellen Ausstattung des „Nationalen Ethikrates“ einen eigenen Haushaltsansatz, und falls ja, in welcher Größenordnung sollen Mittel für dieses Gremium bereitgestellt werden? Die Bundesregierung misst den Empfehlungen sowohl des „Nationalen Ethikrates“ wie der Enquête-Kommis- sion „Recht und Ethik der modernen Medizin“ große Be- deutung bei. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Arbeit beider Gremien maßgeblich dazu beitragen wird, die Entscheidungssicherheit nicht nur für die Poli- tik, sondern für alle, die im Bereich der lebenswissen- schaftlichen Forschung und Anwendung Verantwortung tragen, zu erhöhen. Die Mittel für den „Nationalen Ethikrat“ sind nicht in einem eigenen Titel veranschlagt, sondern werden aus dem Ansatz für die Förderung der Genomforschung im BMBF-Haushalt finanziert. Seit Be- ginn des Deutschen Humangenomprojektes werden ethische, rechtliche und soziale Fragen der Human- genomforschung als integraler Bestandteil des Programms gefördert. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117852 (C) (D) (A) (B) Anlage 6 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Jürgen Koppelin (F.D.P.) (Drucksache 14/6499, Fragen 15 und 16): Welche Gründe haben nach Auffassung der Bundesregierung zu der zurzeit bestehenden Konjunkturschwäche und zu der hohen Inflationsrate geführt? Welche Konsequenzen und Folgen können nach Auffassung der Bundesregierung aus der zurzeit bestehenden Konjunktur- schwäche und der hohen Inflationsrate entstehen? Zu Frage 15: Die Dynamik des Wirtschaftswachstums in Deutsch- land hat seit dem Sommer 2000 nachgelassen. In arbeits- täglich bereinigter Rechnung stieg das Bruttoinlandspro- dukt im ersten Quartal 2001 gegenüber dem Vorjahr um 2,0 Prozent. Das Wachstumstempo lag damit immer noch deutlich über dem Durchschnitt der Neunzigerjahre (1,4 Prozent). Die Ursachen für das langsamere Wachstum sind im Wesentlichen folgende: Erstens: Die Abkühlung der Welt- wirtschaft infolge der Rohölverteuerung sowie der Ent- wicklungen in den USA und anderen Teilen der Welt. Zweitens: Der Verlust an realer Kaufkraft im Inland in Folge des Anstiegs der Energie- und Nahrungsmittel- preise. Drittens: Die rückläufigen Bauinvestitionen, ohne die das Bruttoinlandsprodukt zum Beispiel im vergange- nen Jahr um rund 3,8 Prozent statt der insgesamt erzielten 3,0 Prozent zugenommen hätte. Insbesondere die ostdeutsche Bauwirtschaft durchläuft derzeit einen schmerzhaften, aber unvermeidbaren Anpassungspro- zess, der positive Entwicklungen in anderen Wirtschafts- bereichen überlagert. Durch die überzogene Förderungen zu Beginn der Neunzigerjahre waren hier viel zu hohe Ka- pazitäten aufgebaut worden. Der Anstieg der Verbraucherpreise kann im Wesentlichen auf folgende Ursachen zurückgeführt werden: Erstens: Die Verteuerung von Heizöl und Benzin als unmittelbare Reak- tion auf den Ölpreisanstieg. Zweitens: Die Verteuerung von Erdgas, Wärme, Mietnebenkosten und Verkehr als zeitlich verzögerte Reaktion auf den Ölpreisanstieg. Drittens: Die Erhöhung der Nahrungsmittelpreise als Reaktion auf die Tierseuchen BSE und MKS. Im Übrigen hatte auch die Er- höhung von administrierten Preisen (Kfz-Steuer, Ökosteuer, Rundfunkgebühren) sowie von Versicherungsprämien zu Jahresbeginn einen gewissen Einfluss auf die Preisentwick- lung. Vom Verbraucherpreisanstieg im Mai (gegenüber Vor- jahr) in Höhe von 3,5 Prozent entfallen 1,6 Prozentpunkte auf Energie und 0,9 Prozentpunkte auf Nahrungsmittel. Nur rund 1,1 Prozentpunkte entfallen auf sonstige Faktoren. Die so genannte „Kerninflationsrate“ hat in letzter Zeit nur we- nig zugenommen. Zu Frage 16: Aufgrund ihres hohen Offenheitsgrades ist die deut- sche Wirtschaft von konjunkturellen Entwicklungen im Ausland, insbesondere in den USA, vergleichsweise stark abhängig. Dies ist positiv, wenn sich die Weltwirtschaft gut entwickelt, macht uns aber auch anfälliger, wenn sie sich abschwächt. Insofern ist die derzeitige konjunktu- relle Entwicklung nicht „hausgemacht“, sondern ganz wesentlich auf externe Einflüsse wie die weltwirtschaftli- che Abkühlung und den Ölpreisanstieg zurückzuführen (Wachstumsabschwächung in den USA um 1 Prozent führt zu Wachstumsrückgang hier um 0,2 bis 0,3 Prozent). Grundsätzlich ist die intensive Einbindung Deutsch- lands in die Weltwirtschaft Ausdruck eines hohen Grades an internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Es gibt also kei- nen Grund zur „Schwarzmalerei“. Das Wirtschaftswachs- tum wird zwar im Jahr 2001 unter dem außerordentlich günstigen Ergebnis des Jahres 2000 liegen, aber immer noch deutlich höher ausfallen als im Durchschnitt der Neunzigerjahre. Auch der Arbeitsmarkt wird weiterhin vom Wachstum profitieren. So sind eine fortgesetzte Zu- nahme der Beschäftigung und ein weiterer Rückgang der Arbeitslosigkeit zu erwarten. Bereits im nächsten Jahr dürfte die Zahl der Arbeitslosen unter 3,5 Millionen lie- gen. Zudem ist mit einer deutlichen Beruhigung der Preis- entwicklung zu rechnen. Vor diesem Hintergrund wäre es wirtschafts- und finanzpolitisch nicht angebracht, mit kurzfristigen Maßnahmen eine Konjunktursteuerung zu versuchen. Die Bundesregierung verfolgt deshalb eine langfristig angelegte wirtschaft- und finanzpolitische Konzeption, die einen klaren Entscheidungsrahmen vor- gibt, Erwartungen stabilisiert und Investoren und Ver- brauchern dauerhaft Planungssicherheit vermittelt. Mit der am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretenen Steuer- reform, die auf unserem Konsolidierungskurs aufbaut und konjunkturell genau zum richtigen Zeitpunkt kam, hat die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für Verbrau- cher und Investoren deutlich verbessert. Es ist wirt- schaftspolitisch richtig, diesen Kurs nun zu halten. Nur so kann die Bundesregierung Wachstum und Beschäftigung fördern, die Handlungsfähigkeit des Staates stärken und soziale Gerechtigkeit sichern. Anlage 7 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms (F.D.P.) (Drucksache 14/6499, Fragen 17 und 18): Ist die Bundesregierung angesichts des Besorgnis erregenden wirtschaftlichen Abschwungs bereit, die für die Jahre 2003 und 2005 vorgesehene Absenkung des Einkommensteuertarifs auf das Jahr 2002 vorzuziehen, um die Steuerzahler – Personengesell- schaften, Einzelunternehmer und Verbraucher – zu entlasten und Wachstumspotenziale freizusetzen? Ist die Bundesregierung angesichts des Besorgnis erregenden wirtschaftlichen Abschwungs bereit, die mit ihrer Steuerreform – insbesondere durch die starke Spreizung der Steuersätze zwi- schen Körperschaften einerseits sowie Personengesellschaften und Einzelunternehmer andererseits – verbundenen Folgen für den Mittelstand wieder zurückzunehmen und Steuergerechtigkeit zu gewährleisten, um dem Mittelstand Investitionen für neue Arbeitsplätze zu ermöglichen? Zu Frage 17: Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, wegen einer begrenzten und vorübergehenden Wachstumsdelle die auf langfristige Stärkung von Investitionen und Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17853 (C) (D) (A) (B) Beschäftigung ausgerichtete Steuerreform – mit insgesamt 45 Milliarden DM Steuerentlastung allein in 2002 – zu verändern. Damit würde nur der Konsolidierungskurs ge- fährdet und der Konjunktur mehr geschadet als geholfen. Zu Frage 18: Durch die Steuerreform 2000 werden mittelständische Unternehmen bezogen auf das Entstehungsjahr gezielt in einer Größenordnung von 23 Milliarden DM steuerlich entlastet. Damit wird der besonderen Bedeutung dieser Unternehmen für die Schaffung und Sicherung von Ar- beitsplätzen bereits in weitem Umfang Rechnung getra- gen. Bereits ab 2001 werden Personenunternehmen ge- genüber Kapitalgesellschaften besser gestellt, denn bei einem Gewinn von 100 000 DM unterliegt ein verheirate- ter Personenunternehmer einer durchschnittlichen Ein- kommensteuerbelastung von nur 20,4 Prozent (inklusive Solidaritätszuschlag), eine Kapitalgesellschaft wird hin- gegen mit durchgängig 38,6 Prozent (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag) belastet. 90 bis 95 Prozent aller Personenunternehmen erreichen diese effektive Steuerbelastung in Höhe von 38,6 Prozent gar nicht und stehen sich mit der Steuerreform 2000 bereits ab 2001 bei der Gewinnbesteuerung besser als Kapital- gesellschaften. Mit jeder weiteren Stufe der Steuerreform wird sich die Relation weiter zugunsten des Mittelstandes verbessern. Anlage 8 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage des Abgeordneten Ulrich Heinrich (F.D.P). (Drucksache 14/6499, Frage 21): Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass massive Markt- eingriffe, wie zum Beispiel zuletzt die KWK-Förderung (KWK: Kraft-Wärme-Koppelung), die über eine höhere Stromrechnung für Privathaushalte finanziert wird, oder die Verlängerung des Postmonopols, die der Verbraucher bezahlt, die Entlastungs- effekte der Steuerreform zunichte machen und ein Grund für die stagnierende Binnennachfrage sind? Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, dass der Entlastungseffekt der Steuerreform durch die eigene Wirt- schaftspolitik konterkariert wird. Die Privathaushalte werden durch die Steuerreform 2000 bis zum Jahr 2005 um mehr als 65 Milliarden DM entlastet. Möglicherweise auftretende Preissteigerungen stehen dazu in keinem Ver- hältnis. Die Konsumenten werden im Laufe des Jahres auch feststellen, das es sich um eine dauerhafte steuerli- che Entlastung handelt. Dann wird auch die Binnennach- frage steigen. Die KWK-Förderung ist ein Teil der langfristig ange- legten Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung. Diese Kraftwerke stellen besonders umweltfreundlich und effek- tiv Energie her. Sie sind mit hohen Investitionsausgaben aufgebaut worden. Ohne die Förderung wären die Anlagen nicht mehr wettbewerbsfähig. Sie müssten also stillgelegt und entsorgt werden, was sehr hohe Kosten verursachen und sich preissteigernd niederschlagen würde. Hier zeigt sich, dass die Marktkräfte nicht völlig frei wirken dürfen. Denn ohne KWK-Energie können zwar heute möglicher- weise die Energiepreise geringer sein, doch dafür käme es zu einem erhöhten Ressourcenverzehr und steigender Um- weltbelastung. Dies würde in der Zukunft zu sehr viel höheren Belastungen durch gestiegene Preise für die knap- pen und endlichen Ressourcen führen. Auch die Ausgaben zur Beseitigung der Umweltschäden würden sich drastisch erhöhen. Die Bundesregierung wünscht eine Generatio- nengerechtigkeit. Dies kann heute zu höheren Preisen führen, um die zukünftigen Generationen nicht schon durch heutige Entscheidungen über Gebühr zu belasten. Durch die Anpassung des Postgesetzes an die europä- ische Entwicklung wird verhindert, dass ein vorzeitiges Auslaufen der Exklusivlizenz zu einer einseitigen Öff- nung des deutschen Postmarktes mit der Folge von mög- lichen Wettbewerbsverzerrungen und der Gefährdung von Arbeitsplätzen führt. Es wird sichergestellt, dass die nationale Liberalisierung im Einklang mit der europä- ischen Entwicklung fortgeführt wird. Unabhängig von der Verlängerung der Exklusivlizenz ist es auch künftig Auf- gabe der Regulierungsbehörde für Post und Telekommu- nikation, die Tarife marktbeherrschender Lizenznehmer im Postsektor zu genehmigen. Effizienz- und Produkti- vitätssteigerungen bei der Deutschen Post AG werden da- bei in angemessener Weise zu berücksichtigen sein. Eine Verlängerung der Exklusivlizenz schließt daher eine Sen- kung des Tarifniveaus im Briefsektor keinesfalls aus. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Hansgeorg Hauser (Rednitz- hembach) (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Fragen 22 und 23): Welche Gründe haben dazu geführt, dass der Beginn der Zer- tifizierung von Altersvorsorgeprodukten vom 1. Juli auf den 1. August 2001 verschoben werden musste? Wie viele Anträge auf Zertifizierungen liegen bereits vor, und mit wie vielen Anträgen wird gerechnet? Zu Frage 22: Das Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsor- geverträgen wurde im Rahmen der Beratungen des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversiche- rung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvor- sorgevermögens (Altersvermögens-Gesetz-AVmG) als Art. 6 a aufgenommen. Als Termin für das In-Kraft-Tre- ten des Gesetzes war im Gesetzbeschluss des Deutschen Bundestages vom 26. Januar 2001 „der 1. Tag des 4. auf die Verkündung folgenden Kalendermonats“ vorgesehen (Bundesratsdrucksache 59/01, Art. 24 Abs. 4 a). Aufgrund der Empfehlung des Vermittlungsausschusses vom 8. Mai 2001 (Bundestagsdrucksache 14/5070) wurde dieser Arti- kel wie folgt gefasst: „Tritt am 1. Tag des 2. auf die Ver- kündung folgenden Kalendermonats in Kraft“. Das Al- tersvermögens-Gesetz vom 26. Juni 2001 wurde am 29. Juni 2001 verkündet (BGBI. I S. 1310). Es tritt hin- sichtlich des Beginns des Zertifizierungsverfahrens somit am 1. August 2001 in Kraft. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117854 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 23: Vor In-Kraft-Treten des Gesetzes kann ein Antrag nicht gestellt werden. Es liegen somit der „Zertifizierungs- behörde“ keine Anträge vor; auch die Behörde kann erst zum 1. August 2001 rechtlich entstehen. Die Bundesre- gierung ist in ihrer ersten Schätzung für das zweite Halb- jahr 2001 von rund 7 500 Anträgen auf Zertifizierung aus- gegangen. In der Zwischenzeit haben noch vor Ver- kündung des Gesetzes einige mögliche Anbieter von Altersvorsorgeverträgen Produkte auf dem Markt vorge- stellt und beworben, von denen sie behaupten, sie ent- sprächen bereits jetzt den Anforderungen des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen. Diese Angabe wurde zugleich mit der Bereitschaft ver- bunden, gegebenenfalls die Verträge auf die dann schließ- lich ab 1. Januar 2002 zertifizierten Altersvorsorgever- träge umzustellen. Vor diesem Hintergrund ist die ursprüngliche Schätzung der Bundesregierung im Kern zwar noch zutreffend, es ist aber nicht auszuschließen, dass sich die Zahl der zu zertifizierenden Verträge auf bis zu 8 000 erhöhen könnte. Anlage 10 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage des Abgeordneten Martin Hohmann (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Frage 24) Wie stellt sich die Bundesregierung zu der Kritik, die Ho- norare der für die NS-Zwangsarbeiter tätigen Anwälte seien über- höht, und welche Summen sind für die amerikanischen bzw. deut- schen Anwälte für ihre Tätigkeit im Rahmen der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ im Einzelnen nach neuestem Stand zur Auszahlung vorgesehen bzw. ausgezahlt wor- den? Der Gesamtbetrag der Honorare der für NS-Zwangs- arbeiter tätigen amerikanischen Anwälte einschließlich des mit dem amerikanischen Anwalt Fagan kooperieren- den deutschen Anwalts Witti ist in den internationalen Verhandlungen zur Zwangsarbeiterstiftung festgelegt worden. Die Verteilung oblag zwei amerikanischen Schiedsrichtern. Deren Schiedsspruch schöpft den vorge- gebenen Finanzrahmen in Höhe von 125 Millionen DM nahezu aus. Der von den Schiedsrichtern festgestellte Ge- samtbetrag von 124 458 251 DM ist bereits an diese mit der Bitte um Weiterleitung entsprechend deren Vorschlag überwiesen worden. Für die deutschen Anwälte, die die Voraussetzungen des § 9 Absatz 12 des Gesetzes zur Errichtung der Stiftung „Er- innerung, Verantwortung und Zukunft“ erfüllen, ist ent- sprechend der Richtlinien, die vom Kuratorium der Stif- tung im März dieses Jahres verabschiedet wurden, ein Gesamtbetrag von 4 Millionen DM vorgesehen. Die Ver- teilung obliegt auch hier einer Schiedsperson. Sie kann über die bei ihr eingegangenen Anträge allerdings erst nach Ablauf der am 31. Dezember dieses Jahres endenden An- tragsfrist entscheiden. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerald Thalheim auf die Fra- gen des Abgeordneten Klaus Hofbauer (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Fragen 25 und 26): Welche Übergangsregelungen im Bereich der Landwirtschaft wird es in Bezug auf den Beitritt mittel- und osteuropäischer Staa- ten zur EU geben, um die Beitrittsfolgen für die Landwirtschaft, insbesondere die deutsche Landwirtschaft, abzufedern? Welche Ergebnisse haben die Verhandlungen der EU mit Po- len, der Tschechischen Republik und Ungarn bisher im Bereich Landwirtschaft erbracht, und welche EU-Standards in Bezug auf Verbraucher-, Tier- und Umweltschutz werden diese Länder sofort nach dem Beitritt einhalten können? Zu Frage 25: Die Beitrittsverhandlungen im Kapitel Landwirtschaft wurden im Juni 2000 bzw. im Juni 2001 mit acht der zehn mittel- und osteuropäischen Beitrittsländer formell eröff- net. Inhaltliche Verhandlungen wurden bislang jedoch noch nicht geführt. Diese werden erst im Laufe des 2. Halb- jahres 2001 aufgenommen. Es ist daher derzeit nicht ab- sehbar, welche Übergangsregelungen es im Bereich Landwirtschaft geben wird. Zu Frage 26: Im Kapitel Landwirtschaft wurden die Beitrittsver- handlungen mit Polen, der Tschechischen Republik und Ungarn im Juni 2000 formell eröffnet. Der vom Europä- ischen Rat in Nizza gebilligte und vom Europäischen Rat in Göteburg bekräftigte Fahrplan für die Erweiterungs- verhandlungen sieht für das Kapitel Landwirtschaft erst im 2. Halbjahr 2001 die Eröffnung substanzieller Verhand- lungen vor. In diesem Zeitraum werden Verhandlungen im Bereich Veterinärwesen, Tierschutz und Pflanzen- schutz stattfinden. Im 1. Halbjahr 2002 stehen Verhand- lungen über die Festsetzung der Produktionsquoten und die Frage der Direktzahlungen auf der Tagesordnung. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerald Thalheim auf die Frage des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Frage 27): Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, um die Verwendung des Wirkstoffes Lebaycid/Fenthion zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege in den deutschen Kirsch- anbaugebieten, zum Beispiel in der Fränkischen Schweiz, auch in Zukunft zu ermöglichen? Das Pflanzenschutzmittel Lebaycid mit dem Wirkstoff Fenthion ist in Deutschland seit 1998 wegen der als un- vertretbar bewerteten Auswirkungen auf den Naturhaus- halt nicht mehr zugelassen. Auch die Prüfungen im Rah- men der Untersuchungen der Europäischen Kommission zur Aufnahme des Wirkstoffs „Fenthion“ in den Anhang I (Positivliste) der Richtlinie 91/414/EWG über das In- verkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln kommen zum gleichen Ergebnis. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17855 (C) (D) (A) (B) Die Europäische Kommission hat sowohl im Rahmen des Ständigen Ausschusses Pflanzenschutz als auch in ei- nem Schreiben vom 3. Mai 2001 an den Bayerischen Er- werbsobstbau-Verband mitgeteilt, dass davon auszugehen sei, dass eine Ganzflächenapplikation von Pflanzen- schutzmitteln mit dem Wirkstoff Fenthion nicht vertretbar sei und daher im Kirschenanbau in Kürze nicht mehr möglich sein werde. Diese Entwicklung war absehbar und ist dem Berufsstand bereits vor Auslauf der Zulassung in Deutschland bekannt gemacht worden. Bereits nach den ersten Diskussionen über den Wirkstoff wurden intensive Untersuchungen bei Bund und Ländern initiiert, ob und inwieweit ein Köderverfahren, das bei Oliven im Mittel- meerraum gegen die Olivenfliege mit geringen Wirkstoff- mengen angewandt wird, auch bei Kirschen in Deutsch- land genutzt werden kann. Da die bisherigen Unter- suchungen nur zu negativen Ergebnissen geführt haben, konzentrierte man sich auf die Suche nach Pflanzen- schutzmitteln mit anderen Wirkstoffen. Hier ist der Ar- beitskreis Lückenindikationen der Länder besonders ak- tiv. Die in den vergangenen Jahren angelegten Versuche konnten zum Teil nicht ausgewertet werden, da die Kirschfruchtfliege nicht oder nicht in ausreichendem Um- fang aufgetreten ist. Zur Unterstützung führt das Bundes- ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- wirtschaft Bund-Länder-Gespräche zur Koordinierung der Forschungsaktivitäten zur Bekämpfung der Kirsch- fruchtfliege durch. Das letzte Gespräch fand am 22. März 2001 in Bonn statt. Ein weiteres Gespräch ist aufgrund der Dringlichkeit für das kommende Frühjahr vorgesehen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Frage des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) (Druck- sache 14/6499, Frage 28): Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die ge- planten Übergangsregelungen hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Dienstleistungsfreiheit im Zuge der EU- Osterweiterung in den jeweiligen Beitrittsverträgen konkret fest- gelegt werden? Nachdem alle EU-Mitgliedstaaten der gemeinsamen EU-Position für eine 7-jährige Übergangsfrist sowohl für die Arbeitnehmerfreizügigkeit als auch für Teilbereiche bei der Dienstleistungsfreiheit zugestimmt haben, wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass im Zuge der EU-Osterweiterung die vorgesehenen Übergangs- regelungen auch in die jeweiligen Beitrittsverträge aufge- nommen werden. Ungarn, Lettland sowie die Slowakische Republik haben die EU-Position inzwischen akzeptiert. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Klaus Grehn (PDS) (Drucksache 14/6499, Fragen 29 und 30): Tritt gegenwärtig im Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit (BA) für das Jahr 2001 ein Defizit angesichts der Tatsache auf, dass der angenommene Eckwert von 3,619 Millionen jahres- durchschnittlichen Arbeitslosen, der mit einem Zuschuss von 1,2 Milliarden DM an die BA berücksichtigt ist, deutlich über- schritten wurde, und wenn ja, wie hoch ist es? Beabsichtigt die Bundesregierung trotz der nach unten korri- gierten Prognosen für das Wirtschaftswachstum und der nach oben korrigierten Zahlen von angenommenen 3,5 Millionen auf 3,75 bis 3,78 Millionen Arbeitslosen dabei zu bleiben, im Haus- halt 2002 keinen Zuschuss an die BA zu zahlen, oder in welcher Höhe ist nach dieser neuen Lage gegebenenfalls doch ein Zu- schuss geplant? Zu Frage 29: Im Bundeshaushalt ist für das Jahr 2001 ein Zuschuss an die BA in Höhe von 1,2 Milliarden DM vorgesehen. Damit wird das im Haushalt der BA in gleicher Höhe aus- gewiesene Defizit abgedeckt. Ob der im Bundeshaushalt eingestellte Zuschuss im Jahre 2001 ausreicht, kann auf der derzeitigen Datenbasis noch nicht beurteilt werden, da sich der Zuschussbedarf als Saldo aller einzelnen Einnah- mepositionen und aller einzelnen Ausgabepositionen des BA-Haushalts mit einem Gesamtvolumen von 101,2 Mil- liarden DM ergibt. Zu Frage 30: Die von Ihnen genannten Prognosen kann ich nicht be- stätigen. Der interministerielle Arbeitskreis gesamtwirt- schaftliche Vorausschätzung hat im Mai diesen Jahres die ökonomischen Eckwerte für das kommende Jahr aktuali- siert und geht dabei von einer jahresdurchschnittlichen Arbeitslosenzahl von 3,478 Millionen aus. Die Beitrags- einnahmen der BA reichen danach aus, sowohl die ge- setzlichen Verpflichtungen der BA zu erfüllen als auch die arbeitsmarktlichen Ausgaben auf dem verstetigten hohen Niveau zu leisten. Maßgebend für die Aufstellung des BA-Haushalts 2002 durch die Selbstverwaltungsorgane der BA sind die öko- nomischen Eckwerte, die im Oktober diesen Jahres durch den interministeriellen Arbeitskreis als Grundlage für die Haushalte 2002 verbindlich aktualisiert werden. Die wei- tere Entwicklung bleibt daher abzuwarten. Anlage 15 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Georg Janovsky (CDU/CDU) (Druck- sache 14/6499, Fragen 31 und 32): Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung mit der Zentrali- sierung des Militärgeographischen Dienstes, und wie sollen die notwendigen militärgeographischen Unterstützungsleistungen für die Truppe in Zukunft erbracht werden? Wie steht die Bundesregierung zur Auflösung einer der mo- dernsten Militärgeographischen Dienststellen, der einzigen ent- sprechenden Dienststelle in den neuen Bundesländern in Leipzig, und welche personellen und finanziellen Folgen ergeben sich da- raus? Zu Frage 31: Im Rahmen vorbereitender Untersuchungen zur Neuausrichtung der Bundeswehr wurden unter anderem weiter gehende Möglichkeiten zur ressourcensparenden, gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung betrachtet. Diese Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117856 (C) (D) (A) (B) Überlegungen haben unter anderem dazu geführt, in der Bundeswehr eine Bündelung der geowissenschaftlichen Fachexpertise herbeizuführen. Die Verwandtschaft der Aufgaben sowie die Anwendung heutiger Technologien im Geoinformationswesen erlauben es, die beiden artver- wandten Aufgaben Militärisches Geowesen und Geophy- sikalische Beratung zu der integrierten Aufgabe „Geo- informationswesen der Bundeswehr“ zusammenzufassen und deren Wahrnehmung im „Geoinformationsdienst der Bundeswehr“ zu organisieren. In der Streitkräftebasis wird das Amt für Geoinforma- tionswesen der Bundeswehr neu aufgestellt, in dem alle Amts-, Einsatz-, Ausbildungs-, Produktions- und Weiter- entwicklungsaufgaben zentral wahrgenommen werden. Hierzu werden die Kräfte des Amtes für Militärisches Geowesen, des Amtes für Wehrgeophysik und die Kräfte der aufzulösenden Topographietruppe, zu der unter ande- rem die Militärgeographische Stelle im Wehrbereich VII, Leipzig zählt, herangezogen. In den Teilstreitkräften ver- bleiben nur die zur unmittelbaren Geo-Beratung erforder- lichen Kräfte. Zu Frage 32: Die Kartenherstellung in Leipzig wird aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen und der Zentrali- sierung von Produktionsstätten eingestellt. Durch das Zu- sammenlegen von Organisations- und Verwaltungsauf- gaben und die Zentralisierung von Produktionsstätten entstehen Synergieeffekte, die Einsparungen im personel- len und materiellen Bereich ermöglichen. Die Soldaten wie die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der mi- litärgeographischen Dienststelle im Wehrbereich VII kön- nen darauf vertrauen, dass der Umbau der Bundeswehr auch in ihrem Bereich in sozialverträglicher Weise erfol- gen wird. Die Folgenutzung des im Bereich der militär- geographischen Dienstelle in Leipzig verwendeten Fach- geräts wird in jedem Fall sorgfältig geprüft und ist durch Weiterverwendung in dem neu aufzustellenden „Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr“ sichergestellt. Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Paul Breuer (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Fragen 33 und 34): Ist es zutreffend, dass die Gesellschaft für Entwicklung, Be- schaffung und Betrieb (GEBB) mit Mitteln aus dem Verteidi- gungsetat im Jahr 2000 bzw. auch im laufenden Jahr Wertpapier- geschäfte im weitesten Sinne getätigt hat, und falls ja, in welchem Umfang auch im Hinblick auf Gewinne bzw. Verluste? Wäre eine Vornahme von Wertpapiergeschäften durch die GEBB nach Ansicht der Bundesregierung mit den Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung (BHO) vereinbar? Zu Frage 33: Die Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb – im Folgenden kurz GEBB – hat im Jahr 2000 mit Teilen der über einen Darlehensvertrag des Bundes- ministeriums der Verteidigung zur Verfügung gestellten Mittel festverzinsliche Wertpapiere erworben. Die fest- verzinslichen Wertpapiere wurden erworben, um die aus dem Darlehensvertrag entstehenden Zinsverpflichtungen gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung ab- zudecken. Die Laufzeiten dieser Wertpapiere wurden ent- sprechend der voraussichtlichen Liquiditätserfordernisse der Gesellschaft bis in das Jahr 2001 gewählt. Die Art der festverzinslichen Wertpapiere lässt eine exakte Vorausbe- rechnung der zu erwartenden Rendite zu; Verluste sind ausgeschlossen und dementsprechend nicht eingetreten. Zu Frage 34: Zur Anschubfinanzierung wurde am 8. September 2000 ein Darlehensvertrag zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und der GEBB geschlossen. Die Höhe des Darlehens von 5 Millionen DM und der Zeitpunkt der Auszahlung richtete sich nach der damals prognostizierten Geschäftsentwicklung der Gesellschaft. Der Darlehens- vertrag sieht einen Zinsanspruch des Bundes in Höhe von 5 Prozent per anno vor. Da sich die Aufnahme der Ge- schäftstätigkeit der GEBB nach Abschluss des Darlehens- vertrages verzögert hat, stellte sich der Liquiditätsbedarf der Gesellschaft im Nachhinein als geringer dar. Die GEBB ist als GmbH verpflichtet, Verluste zu ver- meiden. In dem Prüfungsergebnis und Beteiligungsvermerk der Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2000 der GEBB mbh durch „Price-Waterhouse- Cooper Deut- sche Revision“ sind keine Unrichtigkeiten oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften festgestellt worden. Der Aufsichtsrat der GEBB hat den Prüfbericht in seiner Sit- zung am 11. Juni 2001 zustimmend zur Kenntnis genom- men. Die Bundesregierung gelangt unter Berücksichti- gung der beschriebenen besonderen Umstände des Einzelfalls zu keinem anderen Ergebnis, auch in Bezug auf die Bundeshaushaltsordnung. Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Frage des Abgeordneten Günther Friedrich Nolting (F.D.P.) (Drucksache 14/6499, Frage 35): Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um den Rahmenvertrag „Innovation, Investition und Wirtschaftlich- keit in der Bundeswehr“ so auszugestalten, dass insbesondere mit- telständisch und handwerklich geprägte Unternehmen hieraus konkret und in bezifferbarem Umfang profitieren können, und wie viele Deutsche Mark haben die im Zusammenhang mit diesem Rahmenvertrag durchgeführten gesellschaftlichen Veranstaltun- gen gekostet? Die Bundesregierung wird auch künftig die zugunsten der mittelständischen und handwerklich geprägten Unter- nehmen erlassenen Vergaberegeln beachten. Die Aus- schreibungen der Pilotvorhaben des Rahmenvertrages sind – wie bereits in der Bundestagsdrucksache 14/5892 vom 17. April 2001 erwähnt – für mittelständische und handwerkliche Unternehmen eher ungeeignet. Allerdings wurde seinerzeit darauf hingewiesen, dass die „Leitsätze für die Vergabe von Bundeswehraufträgen“, die eine ver- stärkte Einbindung des Mittelstandes vorsehen, zur An- wendung kommen sollen. Diese Leitsätze ermöglichen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17857 (C) (D) (A) (B) eine Kontrolle durch den Auftraggeber bei der Vergabe von Unteraufträgen durch den Generalunternehmer. Die drei Konferenzen zur Unterzeichnung des Rahmenvertra- ges am 15. Dezember 1999 im Bundeskanzleramt, am 15. März 2000 ebenfalls im Bundeskanzleramt und am 20. Juni 2000 in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin haben jeweils rund 20 000 DM gekostet. Die Kosten für die Ver- anstaltung am 3./4. Mai 2000 im Hotel Dorinth in Berlin belaufen sich auf rund 135 000 DM, für die Jahrestagung am 13. Dezember 2000 im Hotel Intercontinental in Ber- lin auf rund 206 000 DM. Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Frage des Abgeordneten Günther Friedrich Nolting (F.D.P.) (Drucksache 14/6499, Frage 36): Wie viele Flugzeugführer der Bundeswehr haben in den letz- ten sechs Jahren eine Verkürzung ihrer Dienstzeit beantragt, und welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, die Bun- deswehr als ein für Flugzeugführer attraktives Berufsfeld zu er- halten? Im Zeitraum von 1997 bis heute haben 51 Flugzeug- führer – davon 4 vom Heer, 35 von der Luftwaffe und 12 von der Marine – von derzeit insgesamt 3 178 Flug- zeugführern aller Teilstreitkräfte die Bundeswehr durch Verkürzung ihrer Dienstzeit verlassen. Die Zahl der akti- ven Soldaten schlüsselt sich nach 1 242 Strahlflugzeug- führer und 1 936 Transportflugzeug-/Hubschrauberführer und Luftfahrzeugoperationsoffiziere auf. Gemessen an der Gesamtanzahl der aktiven Flugzeugführer sind dies gerade mal 1,6 Prozent. Mit der angestrebten Schaffung robuster Strukturen in den fliegenden Einsatzverbänden der Luftwaffe wird die Stärkung der Durchhaltefähigkeit im Einsatz und eine Minderung der Belastung des Perso- nals gewährleistet. Die Bundesregierung ist bemüht, die Attraktivität des Soldatenberufs insgesamt zu erhöhen, da wegen der sinkenden Geburtsjahrgänge Privatwirt- schaft und öffentliche Hand um den selben Personenkreis werben. Anlage 19 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Werner Siemann (CDU/CSU) (Druck- sache 14/6499, Fragen 37 und 38): Ist es zutreffend, dass sich die Bundesregierung im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung Personalleasingunter- nehmen und/oder Zeitarbeitsfirmen bedient, um so befristete Ar- beitsverhältnisse für Lehrkräfte an Bildungseinrichtungen der Bundeswehr eingehen zu können? Ist es beabsichtigt, nach Auflösung der Bundeswehrfachschu- len Ausbildungen für ausscheidende Soldaten auf Zeit in die Zu- ständigkeit der Länder zu übergeben, und wenn ja, haben die Län- der dafür genügend Kapazitäten? Zu Frage 37: Es ist zutreffend, dass sich die Bundesregierung im Be- reich des Bundesministeriums der Verteidigung Personal- leasingunternehmen seit August 2000 im Wehrbereich VII bedient, da ein kurzfristiger Anstieg der Zahl der Lehr- gangsteilnehmer an den Bundeswehrfachschulen Naum- burg und Berlin zu verzeichnen war und der dadurch er- höhte Unterrichtsbedarf erst ab dem Sommer 2002 durch vorhandenes Stammpersonal der – zu schließenden – Bundeswehrfachschulen abgedeckt werden kann. Die Leiter dieser Bundeswehrfachschulen schließen mit die- sen Firmen Verträge über befristete Unterrichtsleistungen ab. Diese Firmen senden wiederum eigene, selbst ausge- wählte Lehrkräfte zur Unterrichtsleistung an die Bundes- wehrfachschulen Naumburg und Berlin. Es ist nicht zu- treffend, dass dadurch befristete Arbeitsverhältnisse zwischen diesen Lehrkräften und dem Bundesministe- rium der Verteidigung, respektive den Bildungseinrich- tungen der Bundeswehr, zustande kommen. Zu Frage 38: Im Rahmen der Neustrukturierung werden Bundes- wehrfachschulen weiter betrieben und das Unterrichts- angebot auf die Kernaufgaben – das heißt vor allem die Vermittlung von allgemeinberuflichen Abschlüssen – zu- rückgeführt. Dies hat zur Folge, dass folgende Ausbil- dungsgänge, für deren Anerkennung schon bisher die Zu- ständigkeit bei den Bundesländern lag, nicht mehr an Bundeswehrfachschulen durchgeführt werden sollen: staatlich geprüfter Betriebswirt; staatlich geprüfter Tech- niker. Im Jahr 2000 legten an Bundeswehrfachschulen bun- desweit 252 Lehrgangsteilnehmer die Abschlussprüfung zum „staatlich geprüften Betriebswirt“ ab. Nach Errei- chen der Zielstruktur von zehn Bundeswehrfachschulen werden pro Bundesland im Schnitt ungefähr 16 zusätzli- che Lehrgangsteilnehmer unterzubringen sein. Man kann davon ausgehen, dass diese Kapazitäten von öffentlichen und privaten Bildungsträgern der Länder abgedeckt wer- den können. Der vier Studienhalbjahre dauernde Lehr- gang „staatlich geprüfter Techniker“ wird nur noch an der Bundeswehrfachschule Berlin mit der Besonderheit durchgeführt, dass dort lediglich die ersten beiden Studienhalbjahre absolviert werden. Danach wechseln die Lehrgangsteilnehmer aufgrund einer Kooperationsver- einbarung mit der Staatlichen Technikerschule Berlin auf diese und legen dort die Abschlussprüfung ab. Zurzeit be- finden sich 43 Lehrgangsteilnehmer im 1. Studienhalbjahr und 8 Lehrgangsteilnehmer im 2. Studienhalbjahr an der Bundeswehrfachschule Berlin. Anlage 20 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD) (Druck- sache 14/6499, Fragen 39 und 40): Wie und mit welchen Instrumenten gestaltet sich die NATO- Informationspolitik, exemplarisch dargestellt am Fall der gegen- wärtig stattfindenden Tiefflugmanöver? Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Ab- wurf von Kerosin – im zivilen und militärischen Bereich – insbe- sondere die Region Trier (Eifel/Mosel) betreffend? Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117858 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 39: Der Führungsstab der Luftwaffe und der Pressestab des Bundesministeriums der Verteidigung sind für die Infor- mationspolitik der fliegenden Verbände zuständig, wenn sie über dem Gebiet der Bundesrepublik üben. Bei größe- ren Übungen der Luftwaffe wird auf Weisung des Führungsstabes durch das Presse- und Informationszen- trum der Luftwaffe in Köln-Wahn eine Pressemitteilung erstellt und an die Medien verteilt. In dieser Pressemittei- lung wird über Art, Umfang und Dauer der Übung sowie die teilnehmenden Verbände informiert. Sollten mit der Übung erhöhter Flugbetrieb oder besondere Flug- manöver, wie zum Beispiel Tiefflug, verbunden sein, wird darauf ausdrücklich hingewiesen. Mit der Versendung der Pressemitteilung werden die darin enthaltenen Informationen auch im Internet veröf- fentlicht. Darüber hinaus informieren die Leiter der Presse- stellen der Luftwaffendivisionen sowie die nebenamtli- chen Presseoffiziere der teilnehmenden Verbände die je- weils lokalen Medien über die Teilnahme der Verbände an diesen Übungen. Dies geschieht entweder ebenfalls durch Pressemitteilungen oder durch Pressegespräche der Ver- bandsführer. Bei größeren Übungen der Luftwaffe wird in der Regel auch ein Pressetag angeboten. Dazu werden die Medien zur Information über die Übung zentral zu einem Verband oder auf einen Truppenübungsplatz eingeladen und durch Personal des Presse- und Informationszentrum der Luft- waffe über die Übung informiert. Für die in den letzten zwei Wochen beginnend ab dem 18. Juni 2001 durchge- führte Großübung „Clean Hunter“ wurden alle oben dar- gestellten Informationsmittel genutzt. Die Pressemittei- lung der Luftwaffe erfolgte am 4. Juni 2001. Darüber hinaus hat die NATO am 6. Juni 2001 eine Pressemittei- lung an alle Ministerien, Presseagenturen, einschlägigen Magazine und Zeitschriften sowie an einzelne Journalis- ten gegeben. Der deutsche Ansprechpartner beim zustän- digen NATO-Luftwaffenkommando in Ramstein erhielt während der Übung circa 80 Anrufe und gab 13 Radio- interviews sowie dem ZDF ein Fernsehinterview. Zu Frage 40: Der Schnellablass von Kraftstoff wird auf der Basis der gültigen Luftverkehrsvorschriften nur in besonderen Not- fällen durchgeführt, die für eine frühzeitige Landung eine schnelle Gewichtsverringerung erfordern. Für den Ablass von Kerosin ist eine Mindesthöhe von circa 1 500 Metern über Grund erforderlich. Erfolgt der Ablass in größeren Höhen, haben andere Luftfahrzeuge unterhalb des ablas- senden Luftfahrzeuges einen Mindestabstand von circa 1 500 Metern zu halten. Damit ist sichergestellt, dass die Konzentration des abgelassenen Kerosins beim Erreichen des Erdbodens bzw. anderer Luftfahrzeuge ungefährliche Werte erreicht hat. Über den Schnellablass von Kerosin wird in der Flugsicherung eine Halbjahresstatistik ge- führt. Demzufolge wurde im Zeitraum 1. Juli 1999 bis 31. Dezember 2000 achtmal zivil und zweimal militärisch über unterschiedlichen Gebieten der Region Eifel/Mosel Treibstoff abgelassen. Anlage 21 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Martin Mayer (Siegerts- brunn) (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Fragen 46 und 47): Wie hoch beziffert die Bundesregierung den Schaden, den die Wirtschaft in Deutschland jährlich durch Aktionen militanter Gentechnikgegner erleidet? Was unternimmt die Bundesregierung, um die deutsche Wirt- schaft vor der Manipulation und Zerstörung gentechnischer Frei- landversuche durch Gentechnikgegner zu schützen? Zu Frage 46: Nach Aussagen der betroffenen Unternehmen sind die aus der Zerstörung von Versuchsfeldern entstandenen wirtschaftlichen Schäden beträchtlich. Die finanziellen Verluste setzten sich zusammen aus den rein materiellen Schäden (Zerstörung des Versuchsfeldes) sowie finan- ziellen Einbußen, die durch den mit der Zerstörung ent- standenen Forschungsrückstand und die damit verbun- dene verzögerte Marktreife und Produkteinführung hervorgerufen werden (Entwicklungsschäden). Genaue Zahlenangaben liegen der Bundesregierung nicht vor. Zu Frage 47: Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung obliegt originär den Ländern, die Bundesregie- rung hat keine direkte Eingriffsmöglichkeit. Im Rahmen des gesetzlichen Auftrages nimmt das Bundeskriminal- amt (BKA) seine Funktion als Zentralstelle wahr und wer- tet alle Meldungen aus, die ihm von den örtlich zuständi- gen Länderdienststellen über den Kriminalpolizeilichen Meldedienst mitgeteilt werden. Werden aufgrund der Auswertung Zusammenhänge von Straftaten erkennbar, unterrichtet das BKA die Länder unverzüglich. Dazu er- folgen neben der Auswertung von Szenepublikationen ständig auch anlassunabhängige Recherchen im Internet. Ferner bestehen intensive Kontakte zu den versuchs- durchführenden Firmen und zu dem vom Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) initiierten „Informa- tionskreis Gentechnik“. Im Rahmen von Bund/Länder-Arbeitsbesprechungen mit Vertretern der Landeskriminalämter und Betreiber- firmen wird darüber hinaus eine Intensivierung des In- formationsaustausches betrieben, dessen Ziel es sein soll, angesichts der im Zusammenhang mit Freisetzungsver- suchen bekannten Straftatenzyklen (Aussaat/Ernte), die Zeit vor zu erwarteten neuerlichen schweren Straftaten für eine intensive Abstimmung zwischen Polizei und Sicher- heitsbehörden einerseits und den Betreibern auf der ande- ren Seite zu nutzen bzw. hierfür Impulse zu geben und ge- meinsame Vorstellungen zu entwickeln, wie Straftaten präventiv/repressiv besser begegnet werden kann. Mehr Transparenz für die Öffentlichkeit bei den Genehmi- gungsverfahren, bessere Informationen über die Gentech- nik in der Bevölkerung könnten ebenfalls den Aktivitäten zur Zerstörung von Freisetzungen gentechnisch veränder- ter Pflanzen entgegenwirken. Die Bundesregierung wird deshalb weiterhin bemüht sein, durch Transparenz, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17859 (C) (D) (A) (B) bessere Informationen und Aufklärung über die Gentech- nik zu einem rationalen Umgang mit dem Thema Gen- technik beizutragen. Anlage 22 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch auf die Frage des Abgeordneten Dr. Christian Ruck (CDU/ CSU) (Drucksache 14/6499, Frage 48): Welche Rolle kommt nach Erkenntnissen der Bundesregie- rung der Veröffentlichung von Kartenmaterial und weiteren Infor- mationen über gentechnische Freilandversuche durch Gentech- nikgegner im Internet bei der Vorbereitung militanter Aktionen zu? Eine Beziehung zwischen der verstärkt gegen Gen- technik/Genversuche betriebenen Agitation in Szene- Zeitschriften seit 1996 sowie der Internet-Veröffentli- chung 1997 bis 1999 einerseits und dem signifikanten Anstieg der Straftaten andererseits in diesem Zeitraum liegt nahe. Seit dem Jahr 2000 sind analog zu dem ver- minderten Straftatenaufkommen auch nur noch verein- zelte Veröffentlichungen in Publikationen und Internet er- schienen. (Das auf den Internetseiten von Anti-Gentech- nik-Gruppen derzeit veröffentlichte Kartenmaterial ist zu einem großen Teil inaktuell. Es werden Standorte aufge- führt, die schon seit Jahren nicht mehr genutzt werden.) Die Veröffentlichungen erfüllen für sich allein nicht die Tatbestandsmerkmale, die zur Einleitung von Ermitt- lungsverfahren führen könnten. Anlage 23 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch auf die Fragen der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Fragen 49 und 50): Wie beurteilt die Bundesregierung die gesundheitlichen Risi- ken von Brustimplantaten aus Silikon? Beabsichtigt die Bundesregierung ein obligatorisches Melde- register für Brustimplantate einzuführen? Zu Frage 49: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinpro- dukte (BfArM) als die für die Erfassung und Bewertung von Risiken bei Medizinprodukten zuständige Behörde hat sich fortlaufend mit der Sicherheit von Brustimplan- taten befasst. Nach Auffassung des BfArM sind silikon- gelgefüllte Brustimplantate, die entsprechend den gesetz- lichen Vorschriften hergestellt und geprüft sind und ordnungsgemäß angewendet werden, nicht grundsätzlich bedenklich. In Einzelfällen können unerwünschte Wir- kungen auftreten, insbesondere lokale Komplikationen. Ein Zusammenhang zwischen silikongelgefüllten Brust- implantaten und systemischen Erkrankungen lässt sich nach den vorliegenden wissenschaftlichen Daten jedoch nicht herstellen. Die bestehenden Restrisiken rechtferti- gen kein generelles Verbot. Zu Frage 50: Ein Melderegister für Brustimplantate kann im Falle von Problemen zur Identifizierung der betroffenen Pa- tientinnen sowie bei geeigneter Ausgestaltung auch zur Bewertung des Langzeitverhaltens von Implantaten hilf- reich sein. Die Bundesregierung wird die Sinnhaftigkeit und Realisierbarkeit der obligatorischen Einführung eines derartigen Registers unter Berücksichtigung der Erfah- rungen mit bereits bestehenden Registern (freiwillige Systeme von medizinischen Fachgesellschaften, gesetz- lich vorgeschriebene Implantate-Register in anderen Län- dern) und der rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland prüfen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fragen des Abgeordneten Aribert Wolf (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/6499, Fragen 51 und 52): Hat die Bundesregierung im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen im Aufsichtsrat gegenüber der Deutschen Bahn AG (DB AG) den Vorstand der DB AG angehalten, bei der Still- legung von Betriebsstätten die Vorschläge des jeweils zustän- digen Betriebsrates ernsthaft zu prüfen, wenn dieser eigene Umstrukturierungsvorschläge erarbeitet hat, wie dies beispiels- weise in München-Neuaubing geschehen ist, wo der Betriebsrat eine räumliche Angliederung der Betriebsstätte an das B-Werk in Pasing vorgeschlagen hat, um dort Reparaturarbeiten an S-Bah- nen und Nahverkehrszügen ortsnah zum Ballungsraum München zu erhalten? Wird die Bundesregierung in Wahrnehmung ihrer Kompe- tenzen im Aufsichtsrat der DB AG auf den Bahnvorstand ein- wirken, dass dieser bereit ist, umgehend in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, der Landes- hauptstadt München und dem Betriebsrat abzuklären, welche Realisierungsmöglichkeit für die vom Betriebsrat vorgeschlagene Umstrukturierung und Umsiedlung des Fahrzeuginstandhaltungs- werkes München besteht? Zu Frage 51: Über die Organisation einzelner Geschäftsaktivitäten der Deutschen Bahn AG entscheidet der Vorstand des Un- ternehmens gemäß den aktienrechtlichen Vorgaben in ei- gener wirtschaftlicher Verantwortung. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG kann dem Vorstand diesbezüglich keinerlei Weisungen erteilen. Dies gilt auch für die Ab- läufe im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung. Bun- desminister Bodewig hat jedoch in einem Schreiben an den Vorstandsvorsitzenden der DB AG im Zusammenhang mit der geplanten Werkeschließung zum Ausdruck ge- bracht, dass die Bundesregierung vom Vorstand unver- ändert eine sozialverträgliche Ausgestaltung des Sanie- rungsprozesses der DB AG erwartet. Die Bundesregierung beantwortet im Übrigen Fragen aus dem Verantwortungs- bereich des in private Rechtsform überführten Unter- nehmens Deutsche Bahn AG vor dem Hintergrund der Umsetzung des Beschlusses des Ausschusses für Wahl- prüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 27. Juni 1996 hinsichtlich der Aus- legung der §§ 105 und 108 GO-BT. Danach bleibt die Be- urteilung der angesprochenen Sachverhalte der Unterneh- mensleitung der Deutschen Bahn AG vorbehalten. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117860 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 52: Die Bundesregierung hat großes Verständnis für die Sorge um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Der Bund als Ei- gentümer muss allerdings von der Unternehmensführung der DB AG erwarten, dass alle im Unternehmen selbst lie- genden Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung ausge- schöpft werden, denn nur ein auf Dauer alleine lebens- fähiges, leistungsfähiges und nach betriebswirtschaftlich üblichen Grundsätzen organisiertes Unternehmen Bahn kann erfolgreich den Wettbewerb am Verkehrsmarkt be- stehen. Dies entspricht dem breiten politischen Konsens, der der Bahnreform zugrunde lag. Eingriffe in die Ge- schäftspolitik des Vorstands des Unternehmens sind der Bundesregierung nach dem Aktienrecht nicht möglich. Die Bundesregierung kann und will nicht Aufgaben des Unternehmensvorstands übernehmen, der jetzt in der Ver- antwortung steht, das vom Aufsichtsrat gebilligte Kon- solidierungsziel im Unternehmen umzusetzen. Die Bun- desregierung geht auch weiterhin davon aus, dass die im Interesse der Unternehmenskonsolidierung notwendi- gen Schritte in sozialverträglicher Weise und unter Ver- zicht auf betriebsbedingte Kündigungen mit den Vertre- tungen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner abge- stimmt werden. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Fragen 53 und 54): Wie hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in Ausbesserungsbe- trieben der Deutschen Bahn AG bzw. deren Vorgängerorganisa- tion in München in den letzten zehn Jahren – auch vor dem Hin- tergrund der Bahnreform – entwickelt (bitte aufgegliedert nach Jahren)? Wie viele Arbeitsplätze werden durch die beabsichtigte Schließung des Ausbesserungswerkes München-Neuaubing ver- loren gehen, und wie beurteilt die Bundesregierung die Auswir- kungen auf den Arbeitsmarkt in den dadurch betroffenen Berufs- zweigen und für die davon betroffenen Arbeitnehmer und Auszubildenden? Zu Frage 53: Die Bundesregierung beantwortet Fragen aus dem Verantwortungsbereich des in eine private Rechtsform überführten Unternehmens Deutsche Bahn AG vor dem Hintergrund der Umsetzung des Beschlusses des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord- nung des Deutschen Bundestages vom 27. Juni 1996 hin- sichtlich der Auslegung der §§ 105 und 108 GO-BT in dem Umfang, in dem das Unternehmen entsprechende Informationen zur Verfügung gestellt hat. Die erbetenen Angaben sind in der Kürze der für die Beantwortung ei- ner Parlamentarischen Frage zur Verfügung stehenden Zeit von der DB AG nicht zu ermitteln, auch nicht für die Zeit vor der Bahnreform. Die Umstrukturierung der Werke ist im Übrigen keine Folge der Bahnreform, son- dern der bereits zuvor bestehenden Überkapazitäten im Werkebereich der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Reichsbahn. Zu Frage 54: Nach Angaben der DB AG sind rund 460 Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter von der Schließung des Werkes in Neuaubing betroffen. Hiervon werden etwa 70 in der Elek- tronik-Zentralwerkstatt im Raum München eine Weiterbe- schäftigung finden. Der Vorstand der DB AG hat beschlos- sen, den Mitarbeitern der betroffenen Werke Möglichkeiten alternativer Beschäftigungen zu eröffnen. So werden stand- ortbezogene Vermittlungsaktivitäten gestartet und der kon- zernweite Arbeitsmarkt eingebunden. Damit entspricht der Vorstand der DB AG der von Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig geäußerten Erwartung, dass die geplanten Maß- nahmen sozialverträglich umgesetzt werden. Eine Beurtei- lung der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ist erst mög- lich, wenn die Sozialpläne erstellt sind. Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass im Raum München sowohl bei der DB AG selbst als auch in Industrie und Handwerk eine große Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften besteht. Auch in der Vergangenheit konnten für die von Werks- schließungen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung gefunden werden – überwiegend bei der DB AG selbst. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fragen des Abgeordneten Johannes Singhammer (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Fragen 55 und 56): Wie viele Arbeitsplätze und Beschäftigungsmöglichkeiten in Ausbesserungswerken der Bahn (Bundesbahn, Deutsche Bahn AG) sind durch Schließung von Einrichtungen im Großraum München seit 1990 – auch vor dem Hintergrund der Bahnreform – verloren gegangen? Beabsichtigt die Bundesregierung über ihre Mitglieder im Auf- sichtsrat der Deutschen Bahn AG im Rahmen des aktienrechtlich Zulässigen Einfluss auf Unternehmensentscheidungen dahin gehend auszuüben, dass unabhängig von der Schließung des Bun- desbahnausbesserungswerks in München-Aubing gewährleistet ist, dass Ausbildungsverhältnisse abgeschlossen werden können? Zu Frage 55: Die Bundesregierung beantwortet Fragen aus dem Ver- antwortungsbereich des in eine private Rechtsform über- führten Unternehmens Deutsche Bahn AG vor dem Hin- tergrund der Umsetzung des Beschlusses des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 27. Juni 1996 hinsichtlich der Auslegung der §§ 105 und 208 GO-BT in dem Um- fang, in dem das Unternehmen entsprechende Informatio- nen zur Verfügung gestellt hat. Nach Angaben der DB AG ist eine detaillierte Antwort in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und aufgrund der in der Zwischenzeit er- folgten Organisationsmaßnahmen nicht möglich. Als große Einzelmaßnahmen wurden genannt: – die Schlie- ßung des Ausbesserungswerkes München-Freimann im Jahre 1994/95 mit 410 Mitarbeitern (ohne Auszubildende), die überwiegend durch den Aufbau des ICE-Betriebswer- kes kompensiert wurden; – die Schließung der Mitropa- Werkstatt im Jahre 2000 mit 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Umstrukturierung der Werke ist im Übrigen keine Folge der Bahnreform, sondern der bereits zuvor bestehenden Überkapazitäten im Werkebereich der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Reichsbahn. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17861 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 56: Über die Organisation einzelner Geschäftsaktivitäten der Deutschen Bahn AG entscheidet der Vorstand des Un- ternehmens gemäß den aktienrechtlichen Vorgaben in ei- gener wirtschaftlicher Verantwortung. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG kann dem Vorstand diesbezüg- lich keinerlei Weisungen erteilen. Dies gilt auch für die Abläufe im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung. Bundesminister Bodewig hat jedoch in einem Schreiben an den Vorstandsvorsitzenden der DB AG im Zusammen- hang mit der geplanten Werkeschließung zum Ausdruck gebracht, dass die Bundesregierung vom Vorstand unver- ändert eine sozialverträgliche Ausgestaltung des Sanie- rungsprozesses der DB AG erwartet. Dies schließt auch ein, dass alle Auszubildenden ihre Ausbildung bis zur Ab- schlussprüfung fortsetzen können. Auch der Vorstand der Deutschen Bahn ist um möglichst sozialverträgliche Re- gelungen bemüht. Darüber wird der Vorstand mit den Ver- tretungen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner im Rah- men der Aufstellung der Sozialpläne verhandeln. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fragen der Abgeordneten Dorothea Störr-Ritter (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Fragen 57 und 58): Gibt es seitens der Bundesregierung Überlegungen, die staats- vertraglichen Verhandlungen mit Frankreich zur Regelung der An- und Abflüge bezüglich des Flughafens Basel-Mulhouse (EuroAirport) von den Verhandlungen um weitere Flughäfen im deutsch-französischen Grenzgebiet abzukoppeln und, da es sich beim EuroAirport um einen französisch-schweizerischen Flugha- fen handelt, unter Einbeziehung der Schweiz einen trinationalen Staatsvertrag zu erarbeiten? Wie soll nach Ansicht der Bundesregierung ohne Einbezie- hung der Schweiz gewährleistet werden, dass bei den staatsver- traglichen Verhandlungen zur Regelung der An- und Abflüge be- züglich des Flughafens Basel-Mulhouse (EuroAirport) die Interessen aller drei betroffenen Staaten (Deutschland, Frankreich und Schweiz) ausgeglichen und rechtlich verbunden werden kön- nen, und kann die Bundesregierung im Falle der Nichteinbezie- hung der Schweiz in rechtlich verbindlicher Weise garantieren, dass die deutschen Interessen vollumfänglich umgesetzt werden? Zu Frage 57: Beide Verhandlungsdelegationen gehen bisher von einem Staatsvertrag für die Flughäfen Saarbrücken, Zwei- brücken, Karlsruhe/Baden-Baden, Straßburg und Basel- Mulhouse aus. Der französische Verhandlungspartner hatte keine Notwendigkeit gesehen, die Schweiz in die bis- herigen Verhandlungen einzubeziehen und eine eventuelle spätere Beteiligung der Schweiz vom weiteren Verlauf ab- hängig gemacht. Zu Frage 58: Die Verhandlungen sind in der Anfangsphase. Sie dien- ten bisher dem Austausch von Informationen über die Be- triebssituation der in den Staatsvertrag einzubeziehenden Flughäfen sowie der Klärung der Unterschiede der zu berücksichtigenden rechtlichen Regelungen in Deutsch- land und in Frankreich. Diese Arbeiten sind noch nicht ab- geschlossen. Erst danach kann beurteilt werden, ob und in welcher Weise die Schweiz in die vertraglichen Regelun- gen einzubeziehen sind. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Achim Großmann auf die Fragen der Abgeordneten Christine Ostrowski (PDS) (Drucksa- che 14/6499, Fragen 59 und 60): Welche Auswirkungen hat nach Einschätzung der Bundesre- gierung die vorgesehene Erhöhung des Selbstbehalts auf 100 DM pro Quadratmeter bei der Ausreichung der Investitionszulage für Sanierung und Modernisierung von Wohngebäuden für die Plat- tenwohngebiete, die nach der vorgesehenen Regelung nicht in den Genuss der Erhöhung der Bemessungsgrenze auf 2 400 DM pro Quadratmeter und der erhöhten Förderquote von 22 Prozent kom- men werden? Wie hoch soll nach Auffassung der Bundesregierung der Min- destanteil nach dem vorgesehenen Zuschussprogramm zum Stadt- umbau sein, der für Rückbaumaßnahmen eingesetzt wird? Zu Frage 59: Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Leerstand Ost hat vorgeschlagen, zur Finanzierung einer höheren Inves- titionszulage für Investitionen in die städtebaulich beson- ders wertvollen innerstädtischen Altbaubestände die be- stehende Bagatellgrenze von 5 000 DM pro Antrag durch einen Selbstbehalt von 100 DM pro Quadratmeter zu er- setzen. Bei Umsetzung dieses Vorschlags würden um- fangreichere Investitionen in Wohnungen von Plattenbau- ten weiterhin durch die Investitionszulage gefördert. Die Umstellung des Selbstbehalts von 5 000 DM pro Antrag auf 100 DM pro Quadratmeter wäre dabei ein Beitrag zu mehr Zielgenauigkeit und Fördergerechtigkeit, da dann bei allen Eigentümern Bagatellinvestitionen in gleichem Umfang von der Förderung ausgenommen würden. Die heutige Regelung bevorzugt dagegen Eigentümer mit großen Wohnungsbeständen. Zu Frage 60: Voraussetzung für die Förderung im Zuschusspro- gramm zum Stadtumbau Ost sind Stadtentwicklungskon- zepte, die alle Gemeinden ihrem Förderantrag beizufügen haben. Diese Konzepte legen insbesondere unter Berück- sichtigung des künftigen Wohnungsbedarfs fest, in wel- chem Umfang Wohnungen, für die auf Dauer kein Bedarf mehr besteht, rückgebaut werden. Zugleich sollen die Konzepte aber unter anderem auch bestimmen, welche Wohngebäude instand gesetzt werden. Folglich lässt sich der Anteil der Bundesmittel, die für Rückbaumaßnahmen eingesetzt werden, nicht allgemein für alle Gemeinden festlegen. Maßgebend ist vielmehr das jeweilige Stadt- entwicklungskonzept. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Achim Großmann auf die Frage des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) (Druck- sache 14/6499, Frage 61): Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117862 (C) (D) (A) (B) Welche Bedeutung misst die Bundesregierung landesplane- rischen Gesichtspunkten bei, wie sie zum Beispiel in dem Lan- desentwicklungsgesetz des Freistaates Bayern zum Ausdruck kommen, wonach Oberzentren mit regionalen und überregionalen Einrichtungen auszustatten sind, und was tut sie, um dem Rech- nung zu tragen? Es ist Aufgabe und Zuständigkeit der Länder, auf der Grundlage des Raumordnungsgesetzes Rechtsgrundlagen für eine Raumordnung in ihrem Landesgebiet zu schaffen und zusammenfassende und übergeordnete Pläne aufzu- stellen. Die Landespläne werden durch Regionalpläne er- gänzt und konkretisiert. Wichtiges Instrument ist hierbei unter anderem das System der Zentralen Orte, das von den Ländern entsprechend den raum- und siedlungsstrukturel- len Gegebenheiten ausgestaltet wird und der Bündelung von Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen dient. Die Länder sind primär dafür verantwortlich, dass bei den Investitionen und Investitionsanmeldungen die Kriterien der Zentralen Orte (zum Beispiel bei den großflächigen Einzelhandelsvorhaben oder bei der Städte- und Woh- nungsbauförderung) zugrunde gelegt werden. Sofern der Bund bei Vorhaben die Planungs- und Finanzierungs- kompetenz hat (zum Beispiel Bundesverkehrswegepla- nung, Standorte von Bundeseinrichtungen) werden lan- desplanerische Aussagen und Festlegungen, insbesondere auch das abgestufte Zentrale-Orte-System, in die Planun- gen einbezogen und soweit wie möglich berücksichtigt. Anlage 30 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 14/6499, Frage 62): Warum ignoriert die Bundesregierung landesplanerische Ge- sichtspunkte, zum Beispiel im Hinblick auf das Oberzentrum Straubing, indem sie nicht bereit ist, das dortige Zollamt zu belas- sen bzw. auszubauen, um den grundgesetzlich festgeschriebenen landesplanerischen Erfordernissen nachzukommen? Im Rahmen des Projekts „Strukturentwicklung Bun- desfinanzverwaltung“ bereitet die Bundesregierung unter anderem eine nachhaltige Umgestaltung des Dienststel- lennetzes der Zollverwaltung vor. Es ist vorgesehen, bun- desweit die Zahl der Hauptzollämter um etwa die Hälfte, die Zahl der Zollämter um etwa ein Drittel zu verringern. Die Zollverwaltung schafft mit dieser Umorganisation die Voraussetzungen dafür, ihre Aufgaben noch wirksamer als bisher wahrnehmen zu können. Zugleich bereitet sie sich auf die nach der EU-Osterweiterung absehbare Auf- gabenentwicklung vor und leistet ihren Beitrag zur Kon- solidierung des Bundeshaushalts. Die Standortentscheidungen des Bundesministeriums der Finanzen auf der Ebene der Zollämter werden auf der Grundlage einer eingehenden Untersuchung der Wirt- schaftsstruktur der jeweiligen Bezirke vorbereitet. Für diese Entscheidungen können allerdings nicht die allge- meinen Wirtschaftsdaten einer Region, sondern nur die zollrelevanten Daten der im- und exportierenden Wirt- schaft Berücksichtigung finden. Im Ergebnis der Unter- suchung der zollrelevanten Wirtschaftsdaten im Bezirk der zusammenzulegenden Zollämter Straubing und Deg- gendorf sowie nach Bewertung der Lage der in Betracht gezogenen Standorte im neuen Bezirk, hat die mit der Un- tersuchung beauftragte Oberfinanzdirektion Nürnberg vorgeschlagen, das neue Zollamt in Plattling anzusiedeln. Die Feinkonzepte und die darin enthaltenen Standortvor- schläge werden derzeit inhaltlich ausgewertet. Bundesfi- nanzminister Hans Eichel beabsichtigt, im Herbst 2001 über das Feinkonzept zu entscheiden. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17863 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
Gesamtes Protokol Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418100000
Guten Tag, liebe Kol-
leginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Eckpunkte einer gesetzlichen
Regelung für die Kraft-Wärme-Kopplung.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie,
Werner Müller.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Das ist der ohne Geschäftsbereich!)


Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! Das Bundeskabinett hat heute Vormittag Eck-
punkte einer Regelung zur Förderung der Kraft-Wärme-
Kopplung auf der Basis einer von der Wirtschaft angebo-
tenen freiwilligen Selbstverpflichtung beschlossen.

Es geht darum, bis zum Jahre 2010 etwa 23 Millionen
Tonnen CO2 durch Maßnahmen im Bereich der Kraft-
Wärme-Kopplung einzusparen. Darüber hinaus enthält
die Selbstverpflichtung der auf dem Strommarkt tätigen
Unternehmen bzw. Verbände Maßnahmen zur Einsparung
von etwas über 20 Millionen Tonnen CO2, sodass bis zum
Jahre 2010 Einsparungen von 45 Millionen Tonnen CO2
erbracht werden.

Im Kern beinhaltet die Selbstverpflichtung auf dem
Feld der Kraft-Wärme-Kopplung die Modernisierung be-
stehender Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Dies bedeu-
tet einen Neubau von Anlagen, ohne dass deswegen die
Kapazitäten auf dem Strommarkt gewaltig erhöht wür-
den; eine gewisse marktorientierte Zubauregelung ist da-
bei vorgesehen.

Ergänzt wird diese Selbstverpflichtung der Stromwirt-
schaft erstens durch Anreize zum Ausbau kleiner Block-
heizkraftwerke bis zu einer Leistungsgröße von 2 Mega-
watt und zweitens durch eine besondere Förderung der
Brennstoffzellentechnik. Dabei handelt es sich um eine

Technik, mit der Strom und Wärme stationär erzeugt wer-
den können. Insofern kann man diese Technik auch unter
den Begriff Kraft-Wärme-Kopplung subsumieren, auch
wenn es eine Technik ist, die gerade erst am Horizont
sichtbar wird.

Zu dieser Selbstverpflichtung gehört, dass wir im Be-
reich der Modernisierung von Anlagen sowie bei dem
Restbetrieb alter, nicht sehr CO2-wirksamer Kraft-
Wärme-Kopplungsanlagen über ein Umlagesystem finan-
zielle Mittel in einem bestimmten Umfang jährlich ein-
sammeln, um sie an die Betreiber der Anlagen oder an die
Unternehmen, die neue Anlagen errichten, zu verteilen.
Diese Summe soll sich auf insgesamt 8 Milliarden DM
belaufen; hinzu kommen etwa 700 Millionen DM für das
Zusatzprogramm zur Förderung kleiner Blockheizkraft-
werke und Brennstoffzellenanlagen.

Ich will darauf hinweisen, dass diese Regelung das be-
stehende Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz ablöst und in-
sofern die Verbraucher auf dem Strommarkt gegenüber
heute keine Preiserhöhungen befürchten müssen. Die
Umlage im Bereich der jetzigen Regelung zur Kraft-
Wärme-Kopplung liegt nämlich in der Größenordnung
von rund 1,2 Milliarden DM, während die in der
Selbstverpflichtung der Wirtschaft enthaltene Umlage
maximal bei 1,2 Milliarden DM liegt, aber tendenziell ge-
ringer ist.

Die Umlage wird kontinuierlich auf Höhe und Notwen-
digkeit überprüft. Wir sind der Ansicht, dass sie im Zeit-
ablauf spezifisch sinken wird; denn wir gehen davon aus,
dass sich Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zunehmend
von alleine auf dem Markt werden behaupten können.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418100100
Danke, Herr Minister.
Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu

stellen, über den soeben berichtet wurde. – Als erstem
Fragesteller erteile ich dem Kollegen Ruck das Wort.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1418100200
Herr Minister, kön-
nen Sie ungefähr abschätzen, wie hoch das CO2-Reduk-
tionsziel, in Tonnen ausgedrückt, bei dieser Gesetzes-
vorlage, also allein auf KWK gestützt, ist?

17805


(C)



(D)



(A)



(B)


181. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Beginn: 13.00 Uhr

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Nicht unter 20 Millionen Tonnen, mög-
lichst 23 Millionen Tonnen bis zum Jahre 2010.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418100300
Herr Kollege Ruck,
eine Nachfrage? – Bitte.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1418100400
Allein durch KWK?

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Allein durch KWK.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418100500
Nächster Fragesteller
ist der Kollege Hirche.


Walter Hirche (FDP):
Rede ID: ID1418100600
Herr Minister Müller, ange-
sichts der Tatsache, dass in einer Grundfrage Überein-
stimmung besteht, nämlich dass KWK einiges zur Errei-
chung des Klimaziels beitragen kann, bin ich doch von
Ihrer Darstellung heute überrascht. Sie behaupten, es kä-
men keine zusätzlichen Kosten auf uns zu. Das steht im
Widerspruch zu allem, was letzte Woche bei einer An-
hörung durch den zuständigen Ausschuss von den Ex-
perten in dem Zusammenhang gesagt worden ist. Ich habe
an Sie die Frage, ob Sie bei dieser Darstellung bleiben und
wie Sie angesichts der neuen wirtschaftlichen Daten das
Prinzip einer Weiterreichung von Kosten an Dritte eigent-
lich vertreten wollen?

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Erstens. Sie können davon ausgehen,
dass ich bei meinen Darstellungen bleibe; Sie kennen
mich ja. Wir haben heute, wie ich Ihnen eben sagte, eine
Marktumlage in der Größenordnung von 1,2 Milli-
arden DM. Diese Größenordnung wird nicht übertroffen.
Richtig ist, dass das heutige Kraft-Wärme-Kopplungs-
gesetz in den Jahren bis 2006 diese Marktumlage auf etwa
400 Millionen DM absenken würde. Wir erheben jetzt
eine Marktumlage, die im Spitzenwert etwa 1 Milli-
arde DM betragen kann, die aber längerfristig tendenziell
sinken wird. Wie gesagt, für jetzt und für das nächste Jahr
ist eine Erhöhung nicht gegeben.

Zweitens. Mich wundert, ehrlich gesagt, Ihre Frage-
stellung. Wir werden durch dieses Programm Investitionen
in einer Größenordnung zwischen 5 und 10 Milliarden DM
betreffend den Neubau von Stromerzeugungsanlagen an-
regen. Ich bin durchaus der Meinung, dass das für die kon-
junkturelle Situation jedenfalls nicht schädlich sein wird.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418100700
Die nächste Frage
stellt der Kollege Rolf Kutzmutz.


Rolf Kutzmutz (PDS):
Rede ID: ID1418100800
Herr Minister, die Eckpunkte
öffnen ja nur ein kleines Förderfenster, nämlich nur für
Anlagen unter 2 Megawatt für völlig neue Anbieter.
Meine Frage ist: Könnte dieses Handicap und der faktisch
fehlende gesetzliche Anspruch auf Netzzugang europa-
rechtlich zu Diskussionen führen? Dies ist zwar umwelt-

konform, es könnte aber wettbewerbsrechtliche Probleme
geben, weil ein geschlossener Markt entsteht.

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Ich sehe das nicht so. Es ist jedermann
in diesem Lande freigestellt, auf der Basis dieser Förde-
rung Blockheizkraftwerke bis zu einer Größenordnung
von 2 Megawatt zu errichten. Die 2-Megawatt-Grenze re-
sultiert aus der bisherigen Freistellung von der Ökosteuer.
Dort ist diese Grenze schon einmal enthalten. Ich sehe das
also nicht so.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418100900
Herr Kollege Kutzmutz
hat noch eine Nachfrage. Bitte.


Rolf Kutzmutz (PDS):
Rede ID: ID1418101000
Herr Minister, in der Anhörung
spielte ein Gesetzentwurf der Gewerkschaft Verdi eine
Rolle. Wird dieser Gesetzentwurf bei der Arbeit in Ihrem
Haus bzw. im Umweltministerium bei der Novellierung
eine Rolle spielen?

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Insoweit der Gesetzentwurf sich mit
unseren Überlegungen deckt, schon. Dort, wo er von den
Eckpunkten abweicht, logischerweise nicht. Wir werden
diesen Gesetzentwurf, denke ich, Mitte August im Kabi-
nett verabschieden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418101100
Der nächste Frage-
steller ist der Kollege Koppelin.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1418101200
Herr Minister, bei solchen
Vereinbarungen gibt es ja sehr oft auch juristische Pro-
bleme zu lösen. Ich möchte Sie daher fragen: Haben Sie
diese Vereinbarung zum Beispiel durch das Bundesjustiz-
ministerium überprüfen lassen und zu welchem Ergebnis
ist das Bundesjustizministerium gekommen?

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Sie sprechen einen wichtigen Punkt an.
In der Zeit, als die F.D.P. noch die Wirtschaftsminister
stellte


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Ich hatte jetzt Sie gefragt!)


– ja, dann lassen Sie mich Ihnen antworten –, ist ein Sys-
tem der Umlegung der Kohleverstromungskosten auf
Endverbraucher etabliert worden, das so genannte Kohle-
pfennigsystem, das dann vom Bundesverfassungsgericht
Ihren Wirtschaftsministern aus der Hand geschlagen
wurde.


(Zuruf des Abg. Walter Hirche [F.D.P.])


– Soviel ich weiß, hat das Bundesverfassungsgericht 1994
das, was die F.D.P.-Wirtschaftsminister gemacht haben, für
verfassungswidrig erklärt, und natürlich müssen wir diese
Grundsätze des Bundesverfassungsgerichtes beachten.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Sie sollten meine Frage beantworten!)


Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117806


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418101300
Herr Koppelin, Sie ha-
ben eine Nachfrage? – Bitte.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1418101400
Herr Minister, darf ich Sie
fragen, warum Sie meine Frage nicht beantwortet haben?

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Ich denke, dass ich Ihre Frage beant-
wortet habe.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Was hat das Justizministerium gesagt? Das war meine Frage!)


– Das Justizministerium ist für Verfassungsfragen nicht
primär zuständig.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das stimmt nicht! – Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Das ist mir völlig neu, aber gut! – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das wird ja immer lustiger! Sie kennen anscheinend die Geschäftsordnung der Bundesregierung nicht!)


Die verfassungsrechtlichen Aspekte haben wir natür-
lich mit dem für Verfassung zuständigen Minister erörtert
und dies werden wir weiter tun.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Wenn Sie keine Kompetenzen haben, sollten Sie nicht ohne Kompetenzen reden!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418101500
Wir sollten auf die im
Rahmen der Regierungsbefragung übliche Frage-und-
Antwort-Regelung zurückkommen.

Der nächste Fragesteller ist der Kollege Schauerte.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1418101600
Zunächst einmal
freue ich mich, dass wir Sie wieder einmal im Parlament
haben.


(Beifall des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU])


Ich möchte Ihnen eine Frage zum Konflikt zwischen
Kraft-Wärme-Kopplung im industriellen Bereich und
Kraft-Wärme-Kopplung im kommunalen Bereich stellen.
Sind Sie der Meinung, dass mit dieser Regelung wirklich
eine Diskriminierung der industriellen Kraft-Wärme-
Kopplung gegenüber der kommunalen Kraft-Wärme-
Kopplung, wie sie im Moment im Gesetz enthalten ist,
verfassungsfest vermieden wird, oder wie bewerten Sie
diese Gleich- bzw. Ungleichbehandlung in der Verein-
barung?

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Sie müssten festgestellt haben, Herr
Schauerte, dass diese freiwillige Selbstverpflichtung so-
wohl vom Bundesverband der Deutschen Industrie als
auch von der Vereinigung industrieller Stromerzeuger un-
terschrieben worden ist. Unternehmen des kommunalen
Bereiches sind industriellen Stromerzeugern insofern
gleichgestellt, als eingespeister Strom bezuschusst wird.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1418101700
Ich habe eine
zweite Frage: Ermöglicht die gefundene Lösung ausrei-
chend Spielraum für Innovationen und können Sie einige
Beispiele nennen, wie sie Innovationen auch im Energie-
gewinnungsbereich fördert?

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Wir haben, wie ich Ihnen eben sagte,
das Schwergewicht auf die Modernisierung von Anlagen
gelegt. Ich will Ihnen dazu ein Beispiel geben: Wenn Sie
heute eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage auf Basis der
Steinkohle betreiben, dann haben Sie in aller Regel einen
primärenergetischen Wirkungsgrad in der Größenord-
nung von 45 bis 50 Prozent. Wenn Sie diese auf eine
hochmoderne Gasanlage umstellen, haben Sie zunächst
einmal eine Primärenergie, die per se ein Drittel weniger
CO2-Ausstoß bewirkt. Das ist der Unterschied zwischen
Erdgas und Steinkohle. Zudem hat die Gasanlage einen
Wirkungsgrad in der Größenordnung von über 80 Pro-
zent, sodass ein weiteres Mal fast eine Halbierung des
CO2-Ausstoßes erreicht wird. Mit anderen Worten: Die
Umrüstung bestehender Kohle-Kraft-Wärme-Kopplungs-
anlagen auf hochmoderne Gasanlagen bringt sozusagen
einen fünffachen CO2-Effekt.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ist das also ein Kohleausstiegsprogramm und ein Gaseinstiegsprogramm?)


– Die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf Kohlebasis
verbrauchen heute zwischen 1,5 und 2 Millionen Tonnen
Steinkohle, überwiegend Importkohle. Das hat mit der
deutschen Steinkohle nichts zu tun.

Ich will aber Ihre Frage hinsichtlich des Anreizes zum
Einsatz neuer Technologien weiter beantworten. Wir
werden, denke ich, einen kleinen Neubauboom auch bei
Blockheizkraftwerken bis 2 Megawatt erreichen. Die
Technik wird über die kontinuierliche Anwendung sol-
cher Anlagen bei Neubauten weiterentwickelt. Ich ver-
weise darauf, dass wir für Stromeinspeisungen aus Brenn-
stoffzellen eine relativ großzügige Förderung vorgesehen
haben, sodass diese sehr modernen Techniken, die bisher
– sagen wir es einmal so – unwirtschaftlich waren, ein
gutes Stück weiter in den Markt rücken.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418101800
Jetzt ist die Kollegin
Eva Bulling-Schröter mit ihrer Frage an der Reihe.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1418101900
Herr Minister, in der
Vereinbarung mit der Energiewirtschaft sind gleich meh-
rere Deckel im Zusammenhang mit der in Gesetzesform
zu gießenden Bundesregelung enthalten: umlegbare
Gesamtkosten, Förderung kleinerer Neubauanlagen und
Mehrkostenobergrenzen.

Meine Frage: Wie sollen solche Parameter EU- und ver-
fassungsrechtlich unbedenklich in ein Gesetz Eingang fin-
den, dessen eigentlicher Zweck der Klimaschutz sein sollte?

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Wir müssen die gesamte Selbstver-
pflichtung gesetzlich umsetzen, weil die umgelegte

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17807


(C)



(D)



(A)



(B)


Bezuschussung von Modernisierungen und dem Neubau
von Anlagen ein tragendes Element ist. Wir müssen dies
hierzulande sowohl europarechtlich wie verfassungs-
rechtlich festlegen. Das ist in Arbeit. Wir sind absolut zu-
versichtlich, dass wir diese beiden Aufgabenstellungen
bis Mitte August erledigt haben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418102000
Gibt es weitere Fragen
zu diesem Themenkomplex? – Das ist offensichtlich nicht
der Fall. Dann bedanke ich mich bei dem Herrn Wirt-
schaftsminister.

Wir kommen nun zu den freien Fragen im Rahmen der
Regierungsbefragung. Herr Eckart von Klaeden hat die
erste Frage.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1418102100
Frau Präsidentin!
Ich nehme Bezug auf eine Meldung der Wochenzeitung
„Die Zeit“. Sie meldete heute um 10.40 Uhr, dass aus dem
Entwurf des Grundsatzprogramms der Grünen her-
vorgehe, dass militärische Einsätze der Bundeswehr in
Zukunft nur noch mit einer Zweidrittelmehrheit im Bun-
destag beschlossen werden sollen. Weiterhin heißt es in
„Der Zeit“:

Bundeswehr und NATO sollen zwar nicht mehr wie
im gültigen Grundsatzprogramm von 1980 abge-
schafft werden, aber „aufgelöst“ werden.

Darf ich Sie fragen, ob diese Ansichten eines der bei-
den Koalitionspartner insbesondere im Hinblick auf den
Mazedonien-Einsatz in der Kabinettssitzung eine Rolle
gespielt haben?


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die Frage ist wirklich berechtigt!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418102200
Es antwortet Herr
Staatsminister Schwanitz.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Zuständig für schwierige Fragen!)



Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1418102300

Herr Abgeordneter, dies hat keine Rolle gespielt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418102400
Der Kollege Koppelin
hat ebenfalls eine Frage an die Bundesregierung. Bitte.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1418102500
Darf ich Sie fragen, ob das
Thema Mazedonien heute im Kabinett eine Rolle gespielt
hat? Wenn ja, dann bitte ich Sie, einmal zu sagen, in wel-
cher Form.


Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1418102600

Herr Abgeordneter Koppelin, das ist nicht angesprochen
worden.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben die Eierwürfe auf die CDU eine Rolle gespielt?)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418102700
Gibt es weitere Fragen
an die Bundesregierung? – Das ist nicht der Fall. Damit
ist die Regierungsbefragung abgeschlossen.

Normalerweise könnten wir jetzt nahtlos in die Frage-
stunde übergehen. Aber da die Parlamentarische Staats-
sekretärin Gudrun Schaich-Walch noch nicht anwesend
ist, mache ich den Vorschlag, die Sitzung zu unterbrechen.
In einer Viertelstunde würde ich dann die Fragestunde
aufrufen.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Die Bundesregierung hat präsent zu sein! Das ist ja ein Witz!)


– Wir müssen uns jetzt schnell mit den Parlamentarischen
Geschäftsführern einigen. Ich unterbreche die Sitzung für
wenige Augenblicke.


(Unterbrechung von 13.18 bis 13.19 Uhr)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418102800
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Die Sitzung ist wieder eröffnet.

Es bleibt dabei, dass die Sitzung für 15 Minuten unter-
brochen wird und dass wir dann planmäßig mit den dring-
lichen Fragen aus dem Bereich des Bundesministeriums
für Gesundheit fortfahren. Ich denke, wir sollten den par-
lamentarischen Brauch, mit den dringlichen Fragen zu
beginnen, beibehalten.


(Unterbrechung von 13.20 bis 13.28 Uhr)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418102900
Die unterbrochene
Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 14/6499, 14/6537 –

Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Ziffer 10
der Richtlinien für die Fragestunde die dringliche Frage
des Abgeordneten Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)


(CDU/CSU) auf:


Wird die Bundesregierung dem Vorschlag des SPD-Fraktions-
vorsitzenden Peter Struck und des Vorsitzenden des Gesundheits-
ausschusses im Deutschen Bundestag, Klaus Kirschner, folgen
und zur Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung die
so genannte Positivliste für Arzneien, deren erster Entwurf am
3. Juli 2001 von der beauftragten Expertenkommission einstim-
mig beschlossen wurde, noch in diesem Jahr in das parla-

(dps, 30. Juni und 3. Juli 2001, „B.Z.“, 30. Juni 2001)


Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische Staats-
sekretärin Gudrun Schaich-Walch zur Verfügung.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418103000
Sehr geehrter Herr
Kollege, die so genannte Positvliste der verordnungsfähi-
gen Arzneimittel zulasten der gesetzlichen Krankenversi-
cherung wird als Rechtsverordnung des Bundesministeri-
ums für Gesundheit mit Zustimmung des Bundesrates
erlassen. Die Bundesregierung legt großen Wert darauf,
dass die Positivliste sorgfältig vorbereitet und in den
Fachkreisen intensiv erörtert wird. In einem ersten Schritt

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Bundesminister Dr. Werner Müller

17808


(C)



(D)



(A)



(B)


bereitet das Institut für die Arzneimittelversorgung in der
gesetzlichen Krankenversicherung, das aus unabhängigen
Sachverständigen besteht, einen Vorschlag vor, den es an
das Bundesministerium für Gesundheit übergibt.

Das Institut hat am 29. Juni 2001 den Entwurf eines
solchen Vorschlags einstimmig beschlossen, der nunmehr
an die Fachkreise zur Stellungnahme versandt werden
wird. Die dann eingehenden Stellungnahmen werden vom
Institut aufgearbeitet, bewertet und führen gegebenenfalls
zu Änderungen am Entwurf der Vorschlagsliste. Wann das
Institut den Vorschlag fertig stellen und dem Bundes-
ministerium für Gesundheit übergeben kann, hängt
insbesondere vom Umfang der eingehenden Stellungnah-
men ab.

Das Bundesministerium für Gesundheit wird auf der
Grundlage des Vorschlags des Instituts den Entwurf einer
Rechtsverordnung erstellen. Auch dieser wird das im Ge-
setz vorgesehene Anhörungsverfahren durchlaufen. Nach
Überarbeitung wird das Bundesministerium für Gesund-
heit das Einvernehmen mit dem Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie herbeiführen und den Ent-
wurf der Rechtsverordnung dem Bundesrat zur Zustim-
mung zuleiten.

Wie viel Zeit jeder dieser Schritte beanspruchen wird,
kann nicht genau vorhergesagt werden. Das Bundesminis-
terium für Gesundheit geht nach grober Schätzung bisher
davon aus, dass die Positivliste etwa Anfang des Jah-
res 2003 in Kraft treten kann. Die Bundesregierung wird
das Verfahren unter Wahrung der Qualität, der Transpa-
renz und der Rechtssicherheit der Vorschlagsliste so zügig
wie möglich durchführen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418103100
Der Kollege Lohmann
hat das Wort zu einer Nachfrage.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1418103200

Frau Staatssekretärin, was sagt die Bundesregierung dazu,
dass die „Süddeutsche Zeitung“ am 12. April 2001 ge-
schrieben hat, die Bundesgesundheitsministerin habe der
pharmazeutischen Industrie im Zusammenhang mit dem
Kompromiss über die Festbeträge bei Arzneimitteln das
Zugeständnis gemacht, die Positivliste nicht vor dem
Jahr 2003 umzusetzen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418103300
Ich habe Ihnen so-
eben den Ablauf, wie mit der Positivliste umgegangen
wird, vorgetragen. Das ist im Gesetz geregelt. Andere Be-
hauptungen entbehren jeglicher Grundlage.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418103400
Eine zweite Nach-
frage des Kollegen Lohmann, bitte.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1418103500
Ist
die Bundesregierung – in diesem Fall frage ich Sie, Frau
Staatssekretärin – der gleichen Meinung wie die Kollegen
Struck und Kirschner, die derselben Fraktion wie Sie an-
gehören, dass mit der Einführung der Positivliste eine fi-

nanzielle Entlastung der gesetzlichen Krankenversi-
cherung verbunden ist? Wie hoch beziffern Sie diese ge-
gebenenfalls?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418103600
Die Bundesregie-
rung geht im Wesentlichen davon aus, dass mit der Ein-
führung einer Positivliste eine enorme Qualitätsverbes-
serung der Arzneimittelversorgung unserer Bevölkerung
verbunden ist. Eventuelle Einspareffekte lassen sich nicht
in Mark und Pfennig belegen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418103700
Inzwischen habe ich
eine ganze Liste von Kolleginnen und Kollegen, die eine
Nachfrage stellen möchten.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist eine wirkliche Positivliste, die Sie jetzt haben! – Geg Das wird sich erst noch herausstellen!)

Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1418103800

Die erste Nachfrage stellt der Kollege Koppelin.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1418103900
Nach Ihren Antworten auf
die Fragen des Kollegen Lohmann möchte ich Sie fragen,
Frau Staatssekretärin – Sie haben Ihre Antwort vorge-
lesen –: Kann ich davon ausgehen, dass die Antwort, die
Sie uns soeben gegeben haben, wirklich korrekt ist oder
muss ich damit rechnen, dass Ihre Ministerin sie wieder
dementiert und korrigiert, wie es am Wochenende gesche-
hen ist?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418104000
Wir haben das ab-
gesprochen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418104100
Nun darf der Kollege
Storm eine Nachfrage stellen.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1418104200
Frau Staatssekretärin,
die Bundesgesundheitsministerin hat am Wochenende
mehrfach erklärt, dass die Positivliste überhaupt keine nen-
nenswerten Kostendämpfungseffekte habe. Teilen Sie die-
se Auffassung? Warum wird dieses Instrument von Ihrer
Seite trotzdem noch immer fast täglich in der Debatte um
die Vermeidung von Beitragssatzsteigerungen gefordert?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418104300
Die Bundesregie-
rung ist davon überzeugt, dass es durch Qualitätsverbes-
serungen auch zu Beitragsentlastungen kommen kann.
Die Positivliste wird eine solch nennenswerte Qualitäts-
verbesserung darstellen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418104400
Als Nächster stellt der
Kollege Horst Seehofer eine Nachfrage, dem ich an die-
ser Stelle im Namen des gesamten Hauses ganz herzlich
zum Geburtstag gratuliere und alles Gute wünsche.


(Beifall)


Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch

17809


(C)



(D)



(A)



(B)



Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1418104500
Vielen Dank, Frau Prä-
sidentin. – Frau Staatssekretärin, wie wollen Sie Negativ-
wirkungen dieser Positivliste auf die Patienten vermei-
den? Alle Medikamente, die künftig nicht mehr auf dieser
Liste stehen und trotzdem vom Patienten gewünscht wer-
den, sind ja zu 100 Prozent von ihm zu bezahlen, auch
wenn sie vom Arzt verschrieben werden. Haben Sie an
diesen Sachverhalt gedacht?

Wie wollen Sie soziale Härten – vor allem chronisch
Kranke sind im Hinblick auf die Bioverträglichkeit auf
bestimmte Medikamente, die Sie ausgrenzen wollen, ange-
wiesen – und eine Qualitätsverschlechterung vermeiden?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Woher wissen Sie das? – Weiterer Zuruf von der SPD: Es gibt doch keine Ausgrenzung!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418104600
Die Positivliste
wird so ausgestaltet, dass sie Arzneimittel für sämtliche
Erkrankungen, die behandelbar sind, enthält. Sie enthält
nur solche Medikamente, deren Wirksamkeit und Qualität
eindeutig nachgewiesen wurden. Wir können also davon
ausgehen, dass auf der Positivliste für jede Erkrankung
und für jedes Krankheitsbild ausreichend Medikamente
aufgeführt sind, die Qualität dieser Medikamente nachge-
wiesen ist, die Positivliste – so ist es vom Gesetz vorge-
schrieben – ständig um neue innovative Medikamente er-
gänzt wird und alle auf der Positivliste stehenden
Medikamente zulasten der gesetzlichen Krankenversiche-
rung verschrieben werden können. Ich sehe überhaupt
keine Gefahr, dass Patientinnen und Patienten das, was
medizinisch notwendig ist, aufgrund wirtschaftlicher Kri-
terien nicht erhalten können.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418104700
Frau Kollegin
Bergmann-Pohl, Ihre Nachfrage, bitte.


Dr. Sabine Bergmann-Pohl (CDU):
Rede ID: ID1418104800
Frau Kol-
legin, die Positivliste ist ja nicht etwas völlig Neues. Wie
bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass bei Ab-
schaffung der Positivliste durch das 5. SGB V-Ände-
rungsgesetz im Jahre 1995 das Land Niedersachsen unter
der Führung des heutigen Bundeskanzlers im Bundesrat
der Abschaffung zugestimmt hat, und zwar aus Gründen
der mangelnden Sinnhaftigkeit einer solchen Positivliste?


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Ja, sehr vernünftig!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418104900
Die Positivliste
dieser Regierung unterscheidet sich von der Positivliste
Ihrer Regierung im Wesentlichen dadurch, dass sämtliche
Krankheitsbilder berücksichtigt werden. Das war bei der
damaligen Positivliste nicht der Fall; ich denke nur an das
Krankheitsbild der Demenz.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418105000
Die nächste Frage
stellt die Kollegin Irmgard Schwaetzer.


Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1418105100
Frau Staatssekre-
tärin, Sie argumentieren so, als gäbe es diese von Ihnen
gerade so hochgelobte Positivliste bereits. Sie haben aber
in Ihrer ersten Antwort auf die Frage gesagt, dass Sie noch
einen unbestimmten Zeitraum benötigen, um über das zu
diskutieren, was in dieser Liste stehen soll. Demnach
kann es sich bei Ihren Aussagen im Moment nur um An-
nahmen handeln.

Was mir nicht in den Kopf gehen will, ist, dass diese
Regierung überhaupt keine Vorstellung davon hat, wie
lange ein solcher Prüfungszeitraum dauert. Ich würde von
Ihnen gerne wissen, ob Sie noch vor der Bundestagswahl
2002 einen entsprechenden Verordnungsentwurf vorlegen
und in das Gesetzgebungsverfahren einbringen werden
oder ob Sie sich mit diesem Verfahren nicht vielmehr über
die Bundestagswahl hinwegretten wollen, um anschlie-
ßend, was sehr vernünftig wäre, keine Positivliste aufstel-
len zu müssen.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418105200
Sehr geehrte Kol-
legin, ich habe Ihnen vorhin gesagt, dass es einen Vor-
schlag der Kommission gibt. Den gesamten Verfahrens-
ablauf bestimmt nicht die Bundesregierung. Dieser ist
vom Parlament gesetzlich geregelt worden. Die Bundes-
regierung hält sich an diese gesetzlichen Regelungen.
Dieser Vorschlag wird jetzt allen Kreisen, der Pharmain-
dustrie, den Krankenkassen, den Patientenverbänden und
den von diesem Bereich betroffenen Kreisen, zur Stellung-
nahme zugeleitet. Ich hatte Ihnen gesagt, dass auch das
Gesetz mögliche Korrekturen zulässt, zum Beispiel,
wenn Unterlagen nachgereicht werden, die bei Erstellung
der Vorschlagsliste nicht vorhanden waren. Dieses Ver-
fahren werden wir zeitlich so durchführen, wie es im Ge-
setz geregelt ist. Wir werden das gründlich und solide
durchführen. Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass wir da-
von ausgehen, dass wir bei guter und zügiger Arbeit, aber
immer die Qualität im Auge behaltend, Anfang 2003 – das
hatte ich in der Antwort auf die erste Frage von Herrn
Lohmann gesagt – die Positivliste zur Verfügung stellen
können.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Reiner Zufall!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418105300
Jetzt ist der Kollege
Eckart von Klaeden mit seiner Nachfrage an der Reihe.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was ist denn im Herbst 2002?)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418105400
Ich kann Ihnen das
sagen: Im Herbst 2002 läuft ein ausgesprochen transpa-
rentes Verfahren, an dem Sie alle teilhaben können.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die Bundestagswahl!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418105500
Das war jetzt ein
Dialog außer der Reihe.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117810


(C)



(D)



(A)



(B)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418105600
Diese Regierung
wird ihre Arbeit, die notwendig ist, nicht einstellen, weil
Wahlen sind.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418105700
Jetzt ist aber wirklich
der Kollege Eckart von Klaeden mit seiner Nachfrage an
der Reihe.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1418105800
Frau Staatssekre-
tärin, Sie haben im Hinblick auf die Positivliste von
„Einspareffekten“ gesprochen, die nicht in Mark und
Pfennig zu berechnen seien. Deswegen frage ich Sie ers-
tens: Auf welcher Grundlage werden denn im Gesund-
heitsministerium Einspareffekte berechnet?


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: In Euro!)


Zum Zweiten: Zu welchen Ergebnissen hat das ge-
führt?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418105900
Ich hatte Ihnen be-
reits gesagt, dass es das Bestreben dieser Bundesregie-
rung ist, die Qualität der Arzneimittelversorgung sicher-
zustellen,


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Es geht um Einsparungen!)


das permanent zu tun und eine Hilfe auch bei der Auswahl
für die Arzneimitteltherapie an die Hand zu geben. Das
steht im Vordergrund.

Wenn – was aus anderen Ländern bekannt ist – bei den
verschiedensten Krankheitsbildern eine vernünftige Arz-
neimitteltherapie am Ende auch zu guten Ergebnissen
führt, sodass manche Folgeschäden bei Patientinnen und
Patienten vermieden werden können, dann ist das ein Er-
gebnis in Bezug auf die Qualität. Aber am Ende wird es
sich auch in Geld ausdrücken.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Ansonsten gilt die Methode „Handauflegen“!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418106000
Jetzt kommt der Kol-
lege Zöller mit seiner Nachfrage.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1418106100
Frau Staatssekretärin,
Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, Sie wollten die
Positivliste hauptsächlich aus Gründen der Wirksamkeit
der Arzneimittel. Ist es nicht so, dass in Deutschland ein
Mittel nur dann als Arzneimittel zugelassen werden darf,
wenn seine Wirksamkeit im Zulassungsverfahren nachge-
wiesen werden kann? Wenn Sie dies also machen wollen,
müssten Sie das Zulassungsverfahren ändern und bräuch-
ten nicht eine neue Positivliste. Wenn Sie aber einen an-
deren Weg gehen wollen, dass Sie nämlich einen zusätz-
lichen Wirksamkeitsnachweis in Form der Positivliste
einführen, dann werden Sie wohl erleben, dass alle Na-
turheilmittel aus dieser Liste herausfallen.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418106200
Die Naturheilmittel
können aus dieser Liste gar nicht herausfallen, weil sie
sich im Anhang der Liste befinden. Das ist im gültigen
Gesetz geregelt.

Zu dem zweiten Bereich kann ich Ihnen sagen, dass in
die Positivliste – das ist ebenfalls geregelt – alle Arznei-
mittel kommen, die den Wirkungsnachweis, die EU-Zu-
lassung haben.

Aber, Herr Zöller, Sie wissen genauso gut wie ich: Eine
Reihe von Arzneimitteln, die bei uns auf dem Markt sind,
haben diesen Wirkungsnachweis nicht; mit ihnen haben
wir zum Teil auch gute Erfahrungen gemacht. Die wollen
wir behalten. Aber die anderen, bei denen man diesen
Nachweis nicht erbringen kann und die nicht nach den
neuen Kriterien zugelassen sind, sollten nicht zulasten der
gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Die
kann man sich letztendlich auch so besorgen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418106300
Nach der dringlichen
Frage und der Vielzahl von Nachfragen rufe ich jetzt zum
selben Fragenkreis nacheinander die Fragen 41 bis 45 auf,
da diese nach Ziffer 10 der Richtlinien für die Fragestunde
ebenfalls vorgezogen werden.

Wir kommen zuerst zur Frage 41 des Kollegen Horst
Seehofer:

Kann Bundeskanzler Gerhard Schröder die Aussage der
„Süddeutschen Zeitung“ vom 27. Juni 2001, im Bundeskanzler-
amt sei ein Strategiepapier zum Vorhaben des Bundesministe-
riums für Gesundheit für die nächste Legislaturperiode unter dem
Titel „Fortführung der Gesundheitsreform“ erarbeitet worden,
bestätigen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418106400
Herr Kollege, ein
Strategiepapier des Bundeskanzleramtes existiert nicht,
sondern nur eine unverbindliche Sichtung von einschlä-
gig bekannten Diskussionsbeiträgen durch die Fachebene
ohne jegliche Handlungsempfehlung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418106500
Es gibt eine Nach-
frage des Kollegen Seehofer. Bitte.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1418106600
Frau Staatssekretärin,
kann Ihre Aussage überhaupt zutreffen, wenn Anfang die-
ses Jahres der Bundeskanzler in der Zeitschrift „Die Neue
Gesellschaft Frankfurter Hefte“ wörtlich Folgendes aus-
geführt hat:

Ein Gesundheitswesen ohne finanzielle, geistige und
in diesem Fall buchstäblich körperliche Selbstbetei-
ligung der Versicherten ist nicht mehr vorstellbar.

Außerdem hat der Staatsminister beim Bundeskanzler,
der Kollege Bury, im Frühjahr 1999 gegenüber der Nach-
richtenagentur Reuters erklärt, dass bei der gesetzlichen
Krankenversicherung niedrige Tarife angeboten werden
sollten, die nur Unfälle und schwere Krankheiten ab-
decken, und dass die Behandlung kleinerer gesundheit-
licher Probleme durch die Versicherten selbst zu zahlen
ist. Diese Gedanken finden sich in dem Papier wieder.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17811


(C)



(D)



(A)



(B)


Inwieweit können Sie Ihre Aussage aufrechterhalten,
dass es nur eine Beamtenmeinung sei, wenn die Chefs des
Hauses in öffentlichen Verlautbarungen und namentlich
gezeichneten Artikeln genau diese These wiedergegeben
haben? Teilen Sie die Meinung des Bundeskanzlers, die er
zum Ausdruck gebracht hat?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418106700
Dazu möchte ich
Folgendes sagen: In dem Artikel des Bundeskanzlers fin-
det sich nichts darüber, dass die Eigenbeteiligungen, die
bereits in diesem System vorhanden sind – die Zuzahlun-
gen sind ja von Ihnen nicht unerheblich heraufgesetzt
worden; das musste von uns nach unten korrigiert wer-
den –, ausgeweitet werden. Ich bin daher der festen Über-
zeugung, dass an diesem Punkt nichts geändert wird.

Dass wir im Bereich der Prävention – da ist auch die
Ministerin mit dem Bundeskanzler einer Meinung – sehr
viel mehr tun müssen, spiegelt sich auch darin wider, dass
wir mit der Gesundheitsreform 2000 der Prävention einen
sehr viel höheren Stellenwert einräumen. An der Präven-
tion muss sich aber der Versicherte immer selbst aktiv be-
teiligen, wenn sie Wirkung zeigen soll.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418106800
Herr Kollege Seehofer
hat noch eine weitere Nachfrage.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1418106900
Frau Staatssekretärin,
da Sie offensichtlich – wie wir gerade gehört haben – eine
sehr große Neigung haben, Maßnahmen im Gesundheits-
wesen erst zu Beginn des Jahres 2003, also ein Vierteljahr
nach der Bundestagswahl, in Kraft zu setzen, will ich fra-
gen: Können Sie heute definitiv ausschließen, dass dieses
Strategiepapier des Kanzlerministers und die persönlichen
Meinungen des Kanzlers und seines Kanzleramtschefs in
den nächsten Monaten oder gar erst nach der Bundestags-
wahl – wenn Sie weiterhin die Verantwortung haben –
Grundlage Ihrer Politik werden könnten?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418107000
Die Gesundheits-
ministerin hat einen runden Tisch eingerichtet. Dort und
in verschiedenen Arbeitsgruppen wird darüber diskutiert,
wie das Gesundheitswesen der Zukunft aussehen soll. Das
wird die Grundlage für unsere Vorschläge sein, die wir
dann dem Parlament unterbreiten, damit die eventuell
weiter notwendigen Gesundheitsreformmaßnahmen für
das Jahr 2003 beraten werden können.

Wir haben eine ganze Reihe von Regelungen in Angriff
genommen, die ebenfalls im Jahre 2003 in Kraft treten
werden, zum Beispiel die Einführung der Fallpauschalen
im Krankenhauswesen. Ich kann Ihnen versichern, dass es
bei uns im Hause keine Ansätze gibt, über eine grundsätz-
liche Änderung der solidarisch finanzierten gesetzlichen
Krankenversicherung, über das Sachleistungsprinzip oder
über eine eventuelle Ausweitung der Zuzahlungen nach-
zudenken.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418107100
Eine Nachfrage der
Kollegin Kors.


Eva-Maria Kors (CDU):
Rede ID: ID1418107200
Frau Staatssekretärin,
Sie sprachen eben davon, dass das Strategiepapier nur
eine Sichtung sei. Können Sie uns heute erklären, wie die
tatsächlichen Richtlinien des Bundeskanzlers in der Ge-
sundheitspolitik sind?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir sind doch hier nicht das Orakel von Delphi!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418107300
Die Regierung und
die sie tragende Koalition haben sehr klare Vorstellungen.
Ich sagte bereits, dass wir die Basis der solidarischen Fi-
nanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung nicht
verlassen, dass wir – wo möglich – das Sachleistungs-
prinzip erhalten und dass wir Zuzahlungen senken, wenn
es mit der Beitragssatzstabilität vereinbar ist.

Wir werden weiterhin die Maßnahmen durchführen,
die absolut notwendig sind, um für etwas mehr Wettbe-
werb zu sorgen. Diese Maßnahmen müssen aber sinnvoll
sein, wie es im Krankenhausbereich mit den neuen Tari-
fen der Fall ist. Wir setzen weiterhin auf eine Verbesse-
rung der Prävention. Absoluten Vorrang hat die Qualität
im Gesundheitswesen. Deshalb werden wir im Rahmen
des Risikostrukturausgleichs zum Beispiel Programme
zur besseren Versorgung von chronisch kranken Men-
schen auflegen. Das ist ein weiterer Beitrag zur besseren
Versorgung und zur Einsparung von Kosten im Gesund-
heitswesen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418107400
Jetzt eine Nachfrage
der Kollegin Bergmann-Pohl.


Dr. Sabine Bergmann-Pohl (CDU):
Rede ID: ID1418107500
Frau
Staatssekretärin, die Äußerungen des Bundeskanzlers und
des Kanzleramtsministers stehen nun einmal im Raum.
Dieses so genannte Sichtungspapier ist der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht worden. Ich frage Sie in diesem Zu-
sammenhang: Bekennt die Bundesregierung mit diesen
Äußerungen, mit diesem Papier und mit der Abschaffung
der Arznei- und Heilmittelbudgets, dass ihre bisherige
Gesundheitspolitik gescheitert ist?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418107600
Die bisherige Po-
litik ist nicht gescheitert. Wir haben eines der besten
Gesundheitswesen weltweit. Wir haben im Gegensatz zu
Ihnen über einen längeren Zeitraum für Beitragssatzstabi-
lität gesorgt.


(Lachen bei der CDU/CSU)


Die Qualität der gesundheitlichen Versorgung wird
schrittweise verbessert. Ein wichtiger Schritt dabei ist si-
cher, dass wir das Arzneimittelbudget, wie es jetzt exis-
tiert, aufheben werden – im Moment ist es noch gültig –
und dass wir zu anderen Festlegungen, wie Therapien aus-
zugestalten sind, kommen werden. Dass wir uns von der
Budgetierung weiter entfernen werden, werden Sie sehr
deutlich sehen, wenn Sie in den nächsten Wochen den

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Horst Seehofer

17812


(C)



(D)



(A)



(B)


Entwurf des Ministeriums zur Einführung des neuen
Preissystems im Krankenhausbereich bekommen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418107700
Jetzt ist der Kollege
Andreas Storm an der Reihe.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1418107800
Frau Staatssekretärin,
Sie haben sich an der durch das Strategiepapier in der
vergangenen Woche ausgelösten Diskussion am Wochen-
ende auch durch eigene Vorschläge beteiligt und gefor-
dert, die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversi-
cherung auf jene in der Rentenversicherung zu erhöhen.
Ihre Ministerin hat diesen Vorschlag postwendend abge-
lehnt. War dieser Vorschlag im Ressort abgestimmt und
halten Sie diesen Vorschlag trotzdem aufrecht?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418107900
Ich habe in dem Presse-
gespräch gesagt, dass es jetzt keine Debatte über eine
eventuelle Erhöhung der finanziellen Mittel für die ge-
setzliche Krankenversicherung geben kann und geben
darf und dass im Vordergrund die Verbesserung der Quali-
tät steht. Das machen wir im Rahmen des runden Tisches.
Wenn wir das geregelt haben, werden wir sehen, welchen
Finanzbedarf die gesetzliche Krankenversicherung hat.
Dann werden wir alle Möglichkeiten – eine davon ist si-
cher die, die ich angedeutet habe – prüfen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418108000
Die nächste Frage
kommt vom Kollegen Zöller.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1418108100
Frau Staatssekretärin,
eine Frage zu Ihrer Äußerung, Sie hätten mit Ihrer so ge-
nannten Gesundheitsreform im Gegensatz zu der Vorgän-
gerregierung für stabile Beiträge gesorgt: Stimmen Sie
mir zu, dass die Beiträge nach der Verabschiedung der Ge-
sundheitsreform 1992 in den Jahren 1993, 1994, 1995,
1996, 1997 und 1998 stabil waren und dass die AOK ge-
rade in dem Land, aus dem Sie kommen, in Hessen, in die-
sem Jahr ihren Beitragssatz um einen Beitragssatzpunkt
– das sind 7,25 Prozent – erhöht?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418108200
Ich stimme Ihren
Ausführungen nicht zu, weil sich in der Zeit von 1991 – –


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: 1993! Da muss man schon zuhören!)


– In Ihrer Regierungszeit hat sich der Beitragssatz von
12,3 Prozent in 1991 auf 13,6 Prozent in 1998 erhöht.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wir haben 1992 eine Reform beschlossen! Das ist unredlich!)


Seitdem ist der Durchschnittsbeitragssatz der Kranken-
kassen sogar geringfügig – auf 13,5 Prozent – abgesenkt
worden. Zum 1. Juli 2001 lag dieser Beitragssatz wieder,
wie 1998, bei 13,6 Prozent. Nichtsdestotrotz ist es natür-
lich angebracht, darauf zu achten, dass die Beiträge nicht
steigen.

Zur AOK Hessen kann ich Ihnen sagen, dass die dor-
tige Beitragssatzsteigerung schon viel früher fällig gewe-
sen wäre. Das trifft nicht nur für die AOK Hessen zu.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418108300
Herr Kollege
Lohmann, Ihre Nachfrage, bitte.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1418108400

Frau
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418108500
Glauben Sie denn, dass der Bundeskanzler die von
Frau Bundesministerin Schmidt am Wochenende in der
Sendung „Berlin direkt“ gemachte Äußerung, die Bemes-
sungsgrundlage zur Ermittlung der Krankenkassenbei-
träge müsse verbreitert werden, zum Beispiel durch die
Einbeziehung von Kapitaleinkünften, von Erträgen aus
Grundbesitz und von Mieteinnahmen, unterstützen wird?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418108600
Für diesen Bereich
gilt das Gleiche, was ich vorhin ausgeführt habe. Wir
bemühen uns jetzt um Qualitätsverbesserung,


(Lachen bei der CDU/CSU)


um Neustrukturierungen im System. Eine Erhöhung der
Mittel für das System ist zum augenblicklichen Zeitpunkt
nicht das Thema der Debatte. Langfristig wird man im Zu-
sammenhang mit den Fragen: „Was wollen wir in diesem
Gesundheitswesen leisten? Was brauchen die Menschen?“
schon alleine aufgrund der demographischen Entwick-
lung über die Finanzierung reden müssen. Das wird in der
langfristigen Perspektive sicher auch ein Moment sein,
das neben anderen zur Diskussion steht.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418108700
Wir kommen zur
Frage 42 des Kollegen Horst Seehofer:

Trifft die Aussage der „Süddeutschen Zeitung“ zu, dass in die-
sem Strategiepapier die Einführung einer Kapitaldeckung für die
Altersrückstellung in der Krankenversicherung nach dem Vorbild
der Rente angedacht ist?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418108800
Entsprechende Pla-
nungen gibt es definitiv nicht. Es gibt hierzu lediglich un-
verbindliche Sichtungen von einschlägig bekannten Dis-
kussionsbeiträgen durch die Fachebene ohne jegliche
Handlungsempfehlung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418108900
Die erste Nachfrage
des Kollegen Seehofer.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1418109000
Frau Staatssekretärin,
nachdem Sie uns gerade eindrucksvoll bestätigt haben,
dass die Beitragssätze nach der Gesundheitsstruktur-
reform 1992 von 1993 bis einschließlich 1998 stabil wa-
ren – darüber hinaus wurden 1997 und 1998 Milliardenü-
berschüsse erwirtschaftet –, frage ich Sie: Wie würden
Sie – aus der Sicht der Regierung und nicht aus der Sicht

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch

17813


(C)



(D)



(A)



(B)


des runden Tisches – die Beitragsentwicklung für die Zeit
bis Mitte des nächsten Jahres verbindlich einschätzen?


(Zuruf von der CDU/CSU: Verheerend!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418109100
Wir haben jetzt
zwei Erhöhungen gehabt. Ich sehe im Moment nicht, dass
weitere Erhöhungen anstehen.

Die Reserven, die Sie gehabt haben, Herr Seehofer – da-
ran möchte ich nur erinnern –, ergaben sich nicht aufgrund
von Wirtschaftlichkeit, sondern diese Reserven haben
sich angesammelt, weil Sie durch eine Erhöhung der Zu-
zahlungen Gelder eingenommen haben. Wir sind der
festen Überzeugung, dass die Versicherten hierdurch über
Gebühr belastet worden sind.

Wir gehen davon aus, dass die Maßnahmen, die einge-
leitet worden sind bzw. die mit den gesetzlichen Regelun-
gen, die am kommenden Freitag beschlossen werden, ein-
geleitet werden, langfristig zu Stabilität in der gesetzlichen
Krankenversicherung beitragen werden.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1418109200
Frau Staatssekretärin,
wie erklären Sie sich, dass – je nach Umfrage – zwischen
zwei Drittel und drei Viertel der Bevölkerung Ihre Ge-
sundheitspolitik nicht mehr verstehen? Glauben Sie, dass
Sie mit den Allgemeinplätzen, die Sie heute wieder bie-
ten, dieses hohe Maß an Unverständnis in der Bevölke-
rung reduzieren können?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418109300
Herr Seehofer, ich
bin davon überzeugt, dass es keine Allgemeinplätze sind,
wenn wir den Menschen mitteilen, dass wir uns mit sehr
konkreten Versorgungsprogrammen besonders der Gruppe
der chronisch Kranken annehmen. Das wird verstanden
werden; darüber mache ich mir gar keine Gedanken. Es ist
auch von sämtlichen Gruppen der chronisch Kranken ver-
standen worden, dass wir die Einführung von Wahl- und
Regelleistungen verhindert haben. Wäre es dazu gekom-
men, hätten die chronisch Kranken vor der Tür gestanden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Menschen werden auch verstehen, dass wir dafür
Sorge tragen müssen, dass die Solidarität in der gesetz-
lichen Krankenversicherung erhalten bleibt.

Ferner kann ich Ihnen sagen: Uns liegen Umfragen vor,
aus denen hervorgeht, dass die Menschen in der Bundes-
republik mit diesem Gesundheitswesen recht zufrieden
sind. Ich meine, wir sollten alle beide daran arbeiten, dass
die Zufriedenheit mit diesem System erhalten bleibt.


(Abg. Horst Seehofer [CDU/CSU] hat wieder Platz genommen – Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Seehofer ist schon gebrechlich! Er kann nicht mehr stehen! Kein Stehvermögen! Mangelnde Höflichkeit!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418109400
Jetzt folgt die erste
Nachfrage des Kollegen Storm.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1418109500
Frau Staatssekretärin,
Sie haben vorhin erklärt, dass Sie im Zuge der Überlegun-
gen für weitere Reformen Ihren Vorschlag prüfen, die
Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung
auf das Niveau der Rentenversicherung, also deutlich, an-
zuheben, dass der Vorschlag der Ministerin geprüft wird,
in Zukunft auch andere Einkunftsarten, wie Kapitalerträ-
ge, Mieteinnahmen oder Zinsen, in die Beitragspflicht zur
gesetzlichen Krankenversicherung einzubeziehen.

Prüfen Sie auch den Vorschlag der gesundheitspoliti-
schen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kollegin
Schmidt-Zadel, wonach Rauchen und Alkoholgenuss in
Zukunft ebenfalls mit neuen Abgaben zur Sanierung des
Gesundheitssystems belegt werden sollen, und welche
weiteren zusätzlichen Belastungen werden in Ihrem
Hause noch geprüft?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418109600
Es werden in unse-
rem Hause überhaupt keine zusätzlichen Belastungen ge-
prüft.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist ein Durcheinander bei denen!)


Sie müssen mich sehr deutlich missverstanden haben. Ich
habe nicht gesagt, dass wir diese Vorschläge prüfen; viel-
mehr handelt es sich einfach um eine Reihe von Diskus-
sionsvorschlägen, die wir regelmäßig ins Haus bekom-
men; hier wird auf der Arbeitsebene geschaut, was davon
zu halten ist. Das ist die ganz normale Arbeitsweise eines
Ministeriums.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das prüfen Sie nicht?)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418109700
Jetzt hat Herr Kollege
Lohmann das Wort.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Schon wieder dasselbe!)



Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1418109800

Nein, ich stelle nicht dieselbe Frage, sondern gehe auf das
ein, was die Staatssekretärin gesagt hat.

Sie haben eben gesagt, Ihnen sei außer einer respektive
zwei Beitragssatzerhöhungen nichts weiter von Beitrags-
satzerhöhungen bekannt, und wollten damit darauf ver-
weisen, es handele sich nur um 0,089 Prozent. Nehmen
Sie denn Briefe, die Ihnen die verschiedenen Kranken-
kassen schon geschrieben haben und in denen sie Bei-
tragssatzerhöhungen zum 1. Juli – da ist es jetzt klar – und
zum 1. Januar 2002 verbindlich angekündigt haben, nicht
zur Kenntnis? Ist das alles nur ein Rauschen im Blätter-
wald?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418109900
Wir haben uns jetzt
mit diesen Beitragssatzerhöhungen auseinander zu set-
zen. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir nach einer gering-
fügigen Beitragssatzabsenkung in diesem Jahr wieder bei
13,6 Prozent liegen, wie es auch im Jahre 1998 der Fall

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Horst Seehofer

17814


(C)



(D)



(A)



(B)


war. Diese Zahl ist sehr passabel. Natürlich nehmen wir
es ernst, wenn uns Kassen mitteilen, dass sie Probleme
hätten. Deshalb werden wir zum Beispiel auch Verän-
derungen im Risikostrukturausgleich vornehmen und uns
bemühen, das sehr zeitgerecht zu machen.


(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Ihre Aussage, das nicht zu wissen, war also vorhin nicht korrekt!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418110000
Wir kommen nun zur
Frage 43 des Kollegen Wolfgang Zöller:

Trifft die Aussage der „Süddeutschen Zeitung“ vom 27. Juni
2001 zu, dass in einem Strategiepapier des Bundeskanzleramtes
die Einführung von Grund- und Wahlleistungen, gepaart mit
privaten Zusatztarifen, erörtert wird?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418110100
Ein Strategiepapier
des Bundeskanzleramtes existiert nicht, lediglich eine un-
verbindliche Sichtung von einschlägig bekannten Diskus-
sionsbeiträgen.


(Lachen bei der CDU/CSU – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ein Waschzettel!)


– Ich antworte auf die Frage 43, die so gestellt worden ist.

Dieses Papier ist auf der Fachebene erstellt worden und
enthält keinerlei Handlungsempfehlung. Alle Spekula-
tionen, die Sie hier jetzt dazu tätigen, entbehren jeglicher
Grundlage.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418110200
Herr Kollege Zöller
hat eine erste Nachfrage.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1418110300
Ich bin etwas über-
rascht, dass im Bundeskanzleramt jeder ungeprüfte, un-
kontrollierte und unsinnige Vorschläge machen zu dürfen
scheint und anschließend niemand darüber spricht.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie dürfen eine Frage stellen, aber nicht Feststellungen treffen! – Gegenruf der Abg. Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Jetzt wird er aber nervös!)


Es kann doch wohl nicht sein, dass niemand einen Auftrag
erteilt hat. Deshalb die Frage an Sie: In wessen Auftrag ist
dieses so genannte unverbindliche Sichtungspapier er-
stellt worden?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418110400
Ich habe Ihnen be-
reits mitgeteilt, dass es ein Strategiepapier, von dem Sie
reden, nicht gibt. Wenn es ein solches Papier nicht gibt,
dann gibt es dafür auch keinen Auftrag.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat es denn dann an die „Süddeutsche Zeitung“ gegeben?)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418110500
Da Herr Kollege
Zöller stehen bleibt, hat er offensichtlich eine zweite
Nachfrage.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1418110600
Vielen Dank, dem ist
so. – Wenn Sie sagen, dieses Papier gebe es nicht, dann ist
also ein Papier vom Bundeskanzleramt nach außen ge-
drungen, das es gar nicht gibt. Mir fällt es schwer, dies zu
verstehen.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418110700
Ich habe Ihnen be-
reits gesagt, dass es ein „Strategiepapier“, wie Sie es in
Ihrer Frage ausdrückten – ein solches Papier hätte einen
völlig anderen Stellenwert –, nicht gibt, sondern dass es ein
Arbeitspapier gibt, das leider nach außen gedrungen ist.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418110800
Jetzt gibt es eine
Nachfrage des Kollegen Schauerte.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1418110900
Frau Staatssekretä-
rin, wir sind dankbar, dass jetzt feststeht, dass es ein Pa-
pier gibt.


(Lachen bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Schauerlich, schauerlich!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418111000
Das hat nie jemand
bestritten.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1418111100
Ja, Sie haben es ja
gerade verneint.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418111200
Nein, es geht um
den Stellenwert.


(Unruhe bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418111300
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, es sollte zumindest noch verständlich sein,
wer hier fragt und wer hier antwortet.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1418111400
Es gibt also ein Pa-
pier. Dann haben Sie gesagt, dieses enthalte nur Sich-
tungspunkte. Was macht man denn mit Sichtungspunkten,
die aus dem Kanzleramt kommen und von der Ministerin
in der Öffentlichkeit angesprochen werden? Prüft man sie
nie oder prüft man sie nur jetzt nicht? Prüft man sie spä-
ter oder tut man so, als hätte es sie nie gegeben? Was sol-
len Vorschläge und Sichtungspunkte, wenn sie nicht ge-
prüft werden? Warum haben Sie das in Abrede gestellt?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418111500
Es gehen uns im-
mer sehr viele Vorschläge zu. Ein Strategiepapier ist an-
ders als ein Sichtungspapier zu beurteilen. Wenn es ein
nennenswertes Papier wäre, dann enthielte es Handlungs-
optionen. Es gibt aber keinerlei Handlungsempfehlungen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie prüfen es jetzt doch?)


– Nein, wir prüfen es nicht, sondern wir lesen es.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch

17815


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418111600
Es gibt wieder eine
Reihe von Kollegen, die nachfragen wollen. Ich fange mit
Herrn Seehofer an.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1418111700
Frau Staatssekretärin,
trifft es zu, dass Ihre Ministerin über dieses Papier mit
dem Bundeskanzler gesprochen und ihr Befremden zum
Ausdruck gebracht hat, dass im Bundeskanzleramt am
Bundesgesundheitsministerium vorbei ein Strategiepa-
pier – jedenfalls aus der Sicht des Bundeskanzlers – ge-
fertigt wurde?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Es gibt doch kein Strategiepapier! Was soll der Unsinn?)


Trifft es zu, dass ein solches Gespräch stattgefunden hat
und darüber Befremden geäußert wurde?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418111800
Da es das Strate-
giepapier nicht gegeben hat, kann es auch dieses Gespräch
nicht gegeben haben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418111900
Jetzt ist der Kollege
Fromme an der Reihe.


Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1418112000
Frau Staats-
sekretärin, in wessen Auftrag und von wem ist dieses Pa-
pier erstellt worden?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Haltet ihr euch nicht selbst von der Arbeit ab?)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418112100
Es gibt keinen Auf-
trag zur Erstellung dieses Papieres. Das haben wir schon
gehabt.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das haben wir schon beantwortet, bevor Sie wach geworden sind! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Weiterschlafen!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418112200
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich bitte darum, ein Stück weit auf die
Form zu achten.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418112300
Ich hatte vorhin
gesagt: Ein Strategiepapier des Bundeskanzleramtes exis-
tiert nicht, sondern eine unverbindliche Sichtung von
einschlägig bekannten Diskussionsbeiträgen durch Mit-
arbeiter der Fachebene, und zwar ohne jegliche Hand-
lungsempfehlung. Die Spekulationen, die Sie hier dies-
bezüglich immer wieder anstellen, entbehren nach wie vor
jeglicher Grundlage.


(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418112400
Der nächste Nachfra-
gende ist der Kollege Storm.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Zöller fehlt auch noch!)



Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1418112500
Frau Staatssekretärin,
da Sie uns in der letzten Viertelstunde mehrfach erklärt
haben, dass es nicht nur dieses Papier nicht gibt, sondern
dass im Bundeskanzleramt auch generell kein Strategie-
papier vorhanden ist und dass in den nächsten Monaten
über eine Reihe von – wenn auch ungeprüften – Vor-
schlägen aus Ihren Reihen diskutiert werden soll: Bedeu-
tet das, dass im Bundeskanzleramt und möglicherweise
auch im Gesundheitsministerium noch überhaupt keine
Strategie hinsichtlich der langfristigen Entwicklung im
Gesundheitswesen vorhanden ist?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418112600
Ich habe Ihnen die
Strategie der Bundesregierung im Hinblick auf die lang-
fristige Entwicklung im Gesundheitswesen bereits vorge-
tragen. Sie orientiert sich an folgenden Punkten: Präven-
tion, Qualität, sozialverträglicher Wettbewerb – und das
Ganze solidarisch finanziert.


(Auf der Regierungsbank klingelt ein Mobiltelefon – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das ist der Kanzler!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418112700
Das war jetzt der ano-
nyme Fragesteller zwischendurch.

Jetzt ist der Kollege Weiß an der Reihe.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist der neue Experte im Gesundheitswesen!)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1418112800
Frau
Staatssekretärin, nachdem Sie uns dargelegt haben, dass
es ein Papier gibt – egal, ob es als Strategiepapier, Ar-
beitspapier, Sichtungspapier oder sonst was qualifiziert
wird –, und Sie auf mehrere Nachfragen diesbezüglich
noch nicht geantwortet haben: Könnten Sie uns bitte sa-
gen, wer den Auftrag zur Abfassung dieses Papiers gege-
ben hat und wer dieses Papier verfasst hat? Für den Fall,
dass Sie diese beiden Fragen wieder damit beantworten
sollten, dass es diesen Auftrag und dieses Papier nicht
gebe, frage ich Sie, ob es üblich ist, dass im Bundes-
kanzleramt Beamte ohne jeden Auftrag und ohne Anlass
irgendwelche Papiere schreiben.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die sind nicht ausgelastet!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418112900
Ich habe Ihnen be-
reits gesagt, dass es sich um eine unverbindliche Sichtung
von einschlägig bekannten Diskussionsbeiträgen durch
Mitarbeiter der Fachebene, und zwar ohne jegliche Hand-
lungsempfehlung, handelt. Das ist immer noch so!


(Beifall bei der SPD – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Es geht um den Auftrag!)


Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117816


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418113000
Jetzt ist die Kollegin
Bergmann-Pohl an der Reihe.


Dr. Sabine Bergmann-Pohl (CDU):
Rede ID: ID1418113100
Frau
Staatssekretärin, noch einmal – vielleicht auch für die
Bevölkerung – zur Klarheit:


(Zurufe von der SPD: Oh! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Die Bevölkerung merkt nun, dass Sie nach der siebten Antwort nichts kapieren!)


– Herr Kollege, wären Sie so gnädig, etwas ruhiger zu
sein, damit ich meine Frage stellen kann? – Gibt es nach
den unterschiedlichen Äußerungen der Staatssekretärin
und der Bundesgesundheitsministerin, der Sichtung von
Diskussionsbeiträgen durch Beamte im Kanzleramt und
den Gesprächen des runden Tisches im Gesundheits-
wesen irgendeine klare Strategie? Ich erkenne aufgrund
der unterschiedlichen Vorschläge keine.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nun haben Sie der Bevölkerung erklärt, dass Sie nichts kapiert haben!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418113200
Ich versuche es ein-
fach noch einmal: Wir haben die Gesundheitsreform 2000
eingeleitet, die als wesentliche Elemente Prävention,
Qualität und Wettbewerb – und zwar auf solidarischer
Finanzierungsbasis – enthält. An diesem Gesundheits-
reformwerk arbeiten wir weiterhin. Wir werden zudem
noch die Neuordnung des Risikostrukturausgleichs und
die Einführung der Fallpauschalen im Krankenhaus-
bereich abzuschließen haben. Die vorhin erwähnte
Positivliste gehört ebenfalls dazu.

Die Ministerin hat alle Beteiligten zum runden Tisch
eingeladen, der von Arbeitsgruppen begleitet wird, um
über die zukünftige Entwicklung im Gesundheitswesen zu
diskutieren. Dort wird man unter Sichtung der augen-
blicklichen Situationen in unserem Gesundheitswesen da-
rüber nachdenken, wie die zukünftige Gesundheitsversor-
gung aussehen soll und was man dazu brauchen wird.
Diese Vorschläge werden dann öffentlich und auch mit den
Fraktionen eingehend diskutiert werden. Am Ende wird
man alle Möglichkeiten, alle Optionen gesichtet und ge-
wertet haben und dann legen wir Ihnen ein Programm vor.


(Beifall bei der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Wird auch das Papier in die Prüfung einbezogen?)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418113300
Die nächste Nach-
frage kommt vom Kollegen Straubinger.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1418113400
Frau Staatssekretärin,
Sie haben vorhin auf die Frage des Kollegen Seehofer ge-
antwortet: Da es kein Strategiepapier gibt, kann es auch
keine Auseinandersetzungen darüber gegeben haben.

Meine Nachfrage dazu: Gab es denn über die Auflis-
tung dieser Punkte, über das Diskussionspapier oder das
Geschriebene insgesamt eine Auseinandersetzung zwi-
schen der Ministerin und dem Bundeskanzler?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418113500
Das kann ich mir
beim besten Willen nicht vorstellen.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418113600
Die letzte Nachfrage
zu diesem Komplex kommt vom Kollegen Lohmann.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1418113700

Frau
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418113800
Ja, daran wird gearbeitet.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ich habe gesagt: immer!)


– Nehmen Sie es ruhig ernst. – Auf weiteres Nachfragen
hat er gesagt: Ob die Details eines solchen Papiers noch
vor oder erst nach der Wahl bekannt gegeben werden,
kann ich nicht sagen.

Wie passt diese Aussage zu der Aussage Ihrer Minis-
terin, die noch am 21. Mai dieses Jahres auf dem Bundes-
ärztetag gesagt hat: Entgegen anders lautenden Meinun-
gen und Behauptungen – damit war unter anderem ich
gemeint – wird im Ministerium nicht an einem Konzept
gearbeitet.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das kann nicht sein!)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418113900
Ich habe Ihnen
doch gerade die Funktion des runden Tisches und seine
Bedeutung für die Weiterentwicklung des Gesundheits-
wesens erläutert. Ich habe Ihnen zudem erläutert, welche
Gesetzesvorhaben wir noch in dieser Legislaturperiode zu
Ende bringen werden, und auch schon neulich im Plenum
gesagt, dass ich überhaupt nichts davon halte, wenn man
glaubt, man müsse dieses langfristig angelegte Gesund-
heitswesen, das sich bewährt hat, jede Woche einmal um-
graben.


(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/ CSU]: Das müssen Sie vor allen Dingen Herrn Schmidt sagen!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418114000
Jetzt rufe ich Frage 44
des Kollegen Wolfgang Zöller auf:

Trifft die Aussage der „Süddeutschen Zeitung“ vom 27. Juni
2001 zu, dass in diesem Strategiepapier des Bundeskanzleramtes
der Vorschlag für ein Angebot mit mehreren Versicherungstarifen
bei Beibehaltung des vollen Anspruchs auf alle notwendigen Leis-
tungen in jedem Tarif gemacht wird?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418114100
Auch hierzu gibt es
definitiv keine Planung des Bundeskanzleramtes. Im
Übrigen verweise ich auf die Antwort auf Frage 43.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17817


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418114200
Kollege Zöller zu ei-
ner Nachfrage, bitte.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1418114300
Frau Staatssekretärin,
würden Sie es dann nicht für sinnvoll halten, wenn wir uns
als Politiker nicht jeden Tag mit neuen Meldungen aus
Ihrem Haus und Ihrer Fraktion auseinander setzen müss-
ten, die gerade das Gegenteil beweisen? Die Gesund-
heitsministerin zum Beispiel sagt: Abgaben auch auf
Kapitaleinkünfte.


(Uwe Hiksch [PDS]: Richtig!)


Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion
sagt: Abgaben auch auf Tabak und Alkohol.


(Uwe Hiksch [PDS]: Exzellent!)


Von einem exzellenten Gesundheitspolitiker Ihrer Frak-
tion heißt es: Verbreiterung der Beitragsbemessungs-
grundlage.

Wäre es nicht ehrlicher, den Leuten vor der Wahl zu sa-
gen, was man will, statt jedem Interessentenkreis in Form
von vagen Ankündigungen sozusagen ein Butterbrot hin-
zuwerfen und dann nach der Wahl die Rechnung für den
Patienten zu präsentieren?


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418114400
Ich habe bereits
ausgeführt, welche Dinge für dieses Jahr zu erwarten sind
– einschließlich der Positivliste – und was wir im Jahr
2003 angehen werden. Womit Sie sich täglich auseinander
setzen, liegt nicht in meiner Entscheidungsbefugnis.


(Beifall bei der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Es waren auch Meldungen von Ihnen dabei! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie sollten sich beeilen, denn nach der Wahl können Sie nichts mehr ändern!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418114500
Jetzt rufe ich die Fra-
ge 45 des Kollegen Wolfgang Lohmann auf:

Ist es mit Blick auf die nach Aussagen der gesetzlichen Kran-
kenkassen in diesem und im nächsten Jahr unumgänglichen Bei-
tragssatzanhebungen nicht dringend geboten, noch vor der nächs-
ten Bundestagswahl aus dem im Bundeskanzleramt entwickelten

(vergleiche „Süddeutsche Zeitung“ vom 27. Juni 2001)


Das ist jetzt die letzte Frage zu diesem Themenkomplex.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418114600
Die Bundesregie-
rung hat bereits mit dem GKV-Solidaritätsstärkungs-
gesetz und der Gesundheitsreform 2000 in der ersten
Hälfte dieser Legislaturperiode wichtige Weichenstellun-
gen zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenver-
sicherung auf den Weg gebracht, die derzeit von den Be-
teiligten im Gesundheitswesen umgesetzt und vom
Ministerium begleitet werden.

Mit dem bereits in erster Lesung im Deutschen Bun-
destag beratenen Gesetzentwurf zur Ablösung der Arz-

neimittelbudgets und der Reform des Risikostrukturaus-
gleichs haben wir dem Parlament weitere wichtige
zukunftsorientierte Gesetzentwürfe vorgelegt, die die
Wirtschaftlichkeit und Qualität der Arzneimittelversor-
gung verbessern und die Voraussetzungen für einen
gerechten Wettbewerb der Krankenkassen schaffen wer-
den. Bei dem Ziel eines gerechten Wettbewerbs ist es uns
wichtig, dafür zu sorgen, eine verbesserte Versorgung
chronisch kranker Patienten zu bekommen und nicht nur
einen Wettbewerb um den jungen, gesunden Patienten zu
haben.

Mit dem von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt be-
reits im Mai einberufenen runden Tisch wurden die wei-
teren notwendigen Schritte zur mittel- und langfristigen
Reform in der Krankenversicherung eingeleitet. Hekti-
sche und überstürzte Beratungen des Gesetzgebers helfen
uns an dieser Stelle nicht weiter.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Drei Jahre nennen die Hektik!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418114700
Herr Kollege
Lohmann hat eine erste Nachfrage.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1418114800

Frau Staatssekretärin, man hört immer, welche Maßnah-
men auf den Weg gebracht worden sind. Dabei wird der
Eindruck erweckt, als hätte in diesem Jahr durch die Er-
nennung der neuen Gesundheitsministerin ein Regie-
rungswechsel stattgefunden. Wann darf man nun damit
rechnen, dass die auf den Weg gebrachten Maßnahmen
– vor allem die Maßnahmen, die unmittelbar nach der
Wahl auf den Weg gebracht worden sind – ihre positive
Wirkung so entfalten, dass wellenartige Beitragssatz-
erhöhungen ausbleiben?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418114900
Herr Lohmann, die
positiven Wirkungen sind bereits sichtbar geworden: Wir
haben das Krankenhausnotopfer, das Sie den Leuten ab-
verlangt haben, abgeschafft, bei den chronisch Kranken
Zuzahlungen in Milliardenhöhe heruntergefahren, Patien-
tinnen und Patienten entlastet und damit die Solidarität in
dem System wieder verbreitert. Wir erwarten nicht eine
Solidarität nur unter den Kranken, sondern eine Solida-
rität unter allen Versicherten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das sind nur einige wenige Punkte; aber diese sind, so
glaube ich, sehr wichtig. Wir haben mit dem Gesetz auch
die Reform des Krankenhausbereichs begonnen. Ich
möchte Sie nur daran erinnern: Man kann ein Gesund-
heitswesen nicht reformieren, indem man ein Gesetz auf-
legt, mit dem man die Ausgaben um ein paar Milliarden
Mark kürzt. Die Folge wären – ich sagte es bereits vorige
Woche – Arbeitsplatzverluste, zerstörte Strukturen und
am Ende noch weitere Probleme. Das sind die Wirkungen,
die Sie mit Ihrem Kürzungsgesetz bei Kur- und Reha-
maßnahmen herbeigeführt haben. Daraus haben wir ge-
lernt, Umsteuerungen im Gesundheitswesen so auszuge-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117818


(C)



(D)



(A)



(B)


stalten, dass sie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
verträglich sind und sich Patientinnen und Patienten so-
wie Versicherte darauf einstellen können.


(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418115000
Herr Kollege
Lohmann hat eine zweite Nachfrage.


Wolfgang Lohmann (CDU):
Rede ID: ID1418115100
Of-
fenbar gehört eine große Geduld – möglicherweise über
mehrere Wahlperioden – dazu, um die Realisierung Ihrer
eigenen Versprechungen zu erleben, nämlich die Beitrags-
sätze so zu senken, dass der Gesamtbeitrag zur Sozialver-
sicherung unter 40 Prozent sinkt oder zumindest stabil ge-
halten wird. Kann es sein, dass Ihr Grundkonzept ist: Wir
haben das Ziel, möglichst lange an der Regierung zu blei-
ben, und irgendwann wird das eintreten, was wir verspro-
chen haben?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418115200
Es wird nicht „ir-
gendwann“ dazu kommen. Ich habe Ihnen aufgezählt, in
welchen Bereichen wir bereits Veränderungen erreicht ha-
ben. Als Nächstes wollen wir die Positivliste einführen
und Verbesserungen im Krankenhausbereich erzielen.
Wir werden bis Ende 2003 ordentlich zu arbeiten haben.
Wir werden dies mit Augenmaß tun; unsere Arbeit wird zu
einem Erfolg für die gesetzliche Krankenversicherung
führen.


(Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD])



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418115300
Auch bei diesem
Punkt geht es nicht ohne Nachfragen anderer Kollegen.


(Rainer Brüderle [F.D.P.]: Ist doch zulässig!)


Als erstem Nachfrager erteile ich dem Kollegen Seehofer
das Wort.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1418115400
Frau Staatssekretärin,
Sie haben in den letzten Tagen von Äußerungen Ihrer Mi-
nisterin abweichende Meinungen vertreten. Ich habe
gehört, dass diese Tatsache zu einem Gespräch zwischen
Ihnen und Ihrer Ministerin geführt hat und Sie von Ihrer
Ministerin darauf hingewiesen worden sind, Staatsse-
kretäre hätten für den jeweiligen Minister eine Hilfsfunk-
tion zu erfüllen und könnten daher nicht abweichende
Meinungen in der Öffentlichkeit vertreten. Ist es zutref-
fend, dass Sie – entgegen dem Geschäftsverteilungsplan
des Ministeriums – aus dem normalen Geschäftsgang der
Vorlagen herausgestrichen worden sind und die Ministe-
rin die Vorlagen nun direkt bekommt?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was hat das mit dieser Fragestunde zu tun?)


G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418115500
An einem solchen
Gespräch war ich nicht beteiligt. Es hat nicht stattgefun-
den, Herr Seehofer.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418115600
Herr Kollege Storm,
Sie haben eine Nachfrage.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1418115700
Frau Staatssekretärin,
nachdem eine Reihe von Kassen bereits in den letzten Ta-
gen – zum 1. Juli – erhebliche Beitragssatzerhöhungen
durchgeführt hat, hat heute das Institut der deutschen
Wirtschaft in Köln ein Papier veröffentlicht, in dem es
heißt, dass die bisherigen Steigerungen nur die Spitze ei-
nes Eisberges seien und weitere Beitragssatzerhöhungen
in den nächsten Monaten folgen würden. Damit würde das
Ziel der Bundesregierung, den Gesamtsozialversiche-
rungsbeitrag unter 40 Prozent zu drücken, in weite Ferne
rücken. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Mit wel-
chem durchschnittlichen Beitragssatz in der gesetzlichen
Krankenversicherung rechnet das Bundesgesundheitsmi-
nisterium für das Jahr 2002?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418115800
Ich habe Ihnen ge-
sagt: Wir sind im Augenblick bei 13,6 Prozent; wir waren
bei 13,5 Prozent. Wir haben jetzt eine Erhöhung von
0,08 Prozent gehabt. Das Papier, das Sie hier zitieren,
kenne ich nicht. Bevor ich mich dazu äußere, möchte ich
es gerne einmal lesen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie sollten ja nicht aus dem Papier antworten! Jetzt ist der Kollege Hauser mit seiner Nachfrage dran. Frau Staatssekretärin, ich möchte noch einmal nachhaken – der Kollege Seehofer stellt so eine Frage sicherlich nicht ohne entsprechende Informationen –: Hat es definitiv kein Gespräch zwischen der Ministerin und Ihnen gegeben, in dem Sie auf Ihre öffentlichen Äußerungen angesprochen und dafür in irgendeiner Form gerügt worden sind? G Dieses Gespräch hat es nicht gegeben. (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Definitiv?)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418115900
Hansgeorg Hauser (CSU):
Rede ID: ID1418116000
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1418116100

– Definitiv.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418116200
Ich schließe diesen
Themenkomplex ab und bedanke mich für das einstün-
dige Antwortmarathon bei der Parlamentarischen Staats-
sekretärin Gudrun Schaich-Walch.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Nachdem die dringliche Frage und die Fragen des ent-
sprechenden Geschäftsbereichs aufgerufen und beant-
wortet worden sind, rufe ich jetzt die übrigen Fragen in
der üblichen Reihenfolge auf.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch

17819


(C)



(D)



(A)



(B)


Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische
Staatssekretärin Gila Altmann zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 1 der Abgeordneten Eva Bulling-
Schröter auf:

Wie sollen Bürgerinnen und Bürger ihr Recht auf Leben und
körperliche Unversehrtheit durch Einsichtnahme in Genehmi-
gungsunterlagen und Erörterung der geplanten Maßnahmen zur
Vorsorge gegen Beeinträchtigungen wahrnehmen, wenn im atom-
rechtlichen Verfahren für dezentrale Zwischenlager für abge-
brannte Brennelemente Behältertypen mit genehmigt werden sol-
len, für die nach Auskunft des Bundesamtes für Strahlenschutz
weder eine verkehrsrechtliche Genehmigung noch eine Lagerge-
nehmigung noch irgendwelche hinreichenden technischen Be-
schreibungen außer den voraussichtlichen Typenbezeichnungen

(vergleiche Pressemitteilung des Bundesamtes für Strahlenschutz vom 27. Juni 2001)


G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418116300

Sehr verehrte Kollegin Bulling-Schröter, im Rahmen der
Öffentlichkeitsbeteiligung in den Genehmigungsverfah-
ren zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen nach § 6 des
Atomgesetzes werden Antrag, Kurzbeschreibung, Sicher-
heitsbericht und Unterlagen zur Umweltverträglichkeit
ausgelegt. Auf Basis dieser Unterlagen wurden bisher in
zwölf von 18 Genehmigungsverfahren Einwendungen er-
hoben und fanden Erörterungstermine statt. Es ist richtig,
dass nach den bisher vorliegenden Anträgen auch solche
Transport- und Lagerbehälter in den Standortzwischenla-
gern zur Genehmigung beantragt sind, die noch keine ver-
kehrsrechtliche Zulassung als Typ-B(U)-Versandstück-
muster haben. Eine Zulassung wird für die Erteilung einer
Genehmigung nach § 4 AtG vorausgesetzt. Nach den An-
tragsunterlagen der Antragsstellerinnen sollen nur solche
Behälter eingelagert werden, für die zum Zeitpunkt der
Einlagerung eine verkehrsrechtliche Zulassung besteht.
Dies geht auch aus den Sicherheitsberichten, die im Rah-
men der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 6 AtVfV
– das ist die Atomrechtliche Verfahrensverordnung – aus-
gelegt werden, hervor.

In Ihrer Frage wird davon ausgegangen, dass in den
Genehmigungsverfahren für abgebrannte Brennelemente
Behältertypen mit genehmigt werden, für die noch keine
hinreichenden technischen Beschreibungen außer den
voraussichtlichen Typenbezeichnungen der Hersteller be-
kannt sind. Das ist falsch. Die Eignung jedes einzelnen
Behältertyps für die Aufbewahrung der jeweiligen abge-
brannten Brennelemente wird im Genehmigungsverfah-
ren anhand umfassender und detaillierter Unterlagen im
Einzelnen geprüft, bevor die Genehmigung erteilt werden
kann.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418116400
Frau Bulling-Schröter,
Sie haben eine erste Nachfrage?


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1418116500
Frau Staatssekretärin,
vielen Dank. – Meine weitere Frage: Es gibt ja auch schon
getestete Castoren, beispielsweise den Castor V/52, der
hierbei auch zum Einsatz kommen soll. Teilt die Bundes-
regierung die Meinung von Professor Elmar Schlich von

der Uni Gießen – der seinerzeit solche Behälter entwickelt
hat –, dass der Test dieses neuen Castors V/52 nicht aus-
reiche?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418116600

Wie ich Ihnen schon mitgeteilt habe, werden die Behälter
immer im Zusammenhang mit dem jeweiligen Genehmi-
gungsverfahren für das Zwischenlager beurteilt. Das
heißt, der Castor V/52, der für Gorleben genehmigt ist,
wird in diesem Verfahren noch einmal entsprechend be-
gutachtet werden. Dazu hat es noch keinerlei Tests gege-
ben. Diese stehen noch aus. Aber, wie gesagt, im Zusam-
menhang mit der Zwischenlagergenehmigung ist die
Eignung nochmals festzustellen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418116700
Frau Kollegin Bulling-
Schröter hat eine zweite Nachfrage, bitte.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1418116800
Mich würde interessie-
ren, ob es zusätzliche Tests dieser neuen Lagerbehälterty-
pen gibt oder ob die üblichen genügen, die schon unter der
alten Bundesregierung genügt haben.

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418116900

Die neuen Behälter, die nicht Gegenstand dieses Geneh-
migungsverfahrens sind, werden entsprechend den recht-
lichen und gesetzlichen Vorgaben geprüft werden. Je
nachdem, ob es sich um wesentliche oder um geringfü-
gige Veränderungen handelt, finden die entsprechenden
öffentlichen Verfahren Anwendung bzw. eröffnen sich
Möglichkeiten im Zusammenhang mit Klagerechten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418117000
Jetzt hat der Kollege
Uwe Hiksch eine Nachfrage


Uwe Hiksch (PDS):
Rede ID: ID1418117100
Sehr geehrte Frau Staatssekretä-
rin, wer die Genehmigungsunterlagen für die drei bayeri-
schen Atomkraftwerksstandorte anschaut, sieht, dass in
den Genehmigungsunterlagen bereits von drei neuen Cas-
tortypen gesprochen wird. Unter anderem kommt in den
Genehmigungsunterlagen ein Castortyp vor, den es noch
nicht einmal gibt, sondern der erst entwickelt werden soll.

Ich frage Sie hier ganz deutlich: Wie kann es sein, dass
eine rot-grüne Bundesregierung keine Probleme damit
hat, wenn in Genehmigungsunterlagen für Zwischen-
lager, zu denen allein in Bayern 140 000 Einwendungen
vorliegen, Castoren zur Einlagerung vorgesehen werden,
die noch nicht einmal hergestellt sind? Welche Vorteile er-
hofft sich die Bundesregierung von der Benennung neuer
Castortypen?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418117200

Verehrter Kollege, ich habe Ihrer Kollegin bereits mit-
geteilt, dass die beiden neuen Typen – es sind übrigens
zwei, nämlich der Castor VC und der Constor X 69, der

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Vizepräsidentin Petra Bläss

17820


(C)



(D)



(A)



(B)


Castor V/52 ist bereits existent und wird in Gorleben ein-
gesetzt – nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Es han-
delt sich ansonsten, wie ich schon sagte, um ein Geneh-
migungsverfahren nach dem Atomgesetz bzw. nach den
Vorgaben der verkehrsrechtlichen Zulassung, wie es bis-
her üblich war und auch weiterhin üblich sein wird. So-
bald die konkreten Unterlagen vorliegen – Sie haben
Recht, sie liegen noch nicht vor, deshalb sind sie auch
nicht Gegenstand des Verfahrens –, werden sie entspre-
chend bewertet werden und dann geht das Verfahren sei-
nen ganz normalen rechtlichen Gang.

Des Weiteren möchte ich noch einmal deutlich ma-
chen, dass das Verfahren, einen in der Entwicklung be-
griffenen Typ anzumelden, der dann zu einem entspre-
chenden Zeitpunkt begutachtet und bei Erfüllung der
Vorgaben auch genehmigt wird, nicht ungewöhnlich ist.
Es hat bereits Anwendung gefunden, in Gorleben zum
Beispiel bei den Typen Castor V/52, V/19 SN 06 und
TN 900/1-21 mit den Bauvarianten a, b und c. Insofern ist
das auch keine Besonderheit.


(Uwe Hiksch [PDS]: Dagegen haben wir immer gekämpft!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418117300
Der Kollege Schur
möchte eine Nachfrage stellen.


Gustav-Adolf Schur (PDS):
Rede ID: ID1418117400
Frau Staatssekretärin, ist
es richtig, dass die eben angesprochenen Behälter in Russ-
land gebaut werden sollen?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418117500

Die Frage, wo diese Behälter hergestellt werden, ist für
das Genehmigungsverfahren nicht relevant. Relevant ist,
ob das Produkt die Auflagen und gesetzlichen Vorgaben
erfüllt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418117600
Jetzt rufe ich die
Frage 2 der Kollegin Eva Bulling-Schröter auf:

Über welche Rechtsmittel verfügen Bürgerinnen und Bürger,
wenn sich in ihren Augen herausstellt, dass die technische Vor-
sorge in Gestalt dieser neuen Behälter, die zu ihrem Schutz ge-
troffen wird, nicht ausreichend ist?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418117700

Die Genehmigung für Behälter ist verwaltungsgerichtlich
überprüfbar. Wenn, sobald die entsprechenden Nachweise
vorliegen, die Genehmigung für die Aufbewahrung von
Kernbrennstoffen in neuen Behältern erteilt wird, können
grundsätzlich Bürgerinnen und Bürger, die zuvor Ein-
wendungen erhoben haben und der Meinung sind, dass
keine ausreichende Vorsorge gegen Schäden durch die
Aufbewahrung getroffen ist, innerhalb einer Frist von ei-
nem Monat nach Bekanntgabe Klage gegen den Ge-
nehmigungsbescheid bzw. gegen die betreffende Ände-
rungsgenehmigung erheben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418117800
Frau Kollegin
Bulling-Schröter, Ihre erste Nachfrage, bitte.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1418117900
Soweit ich informiert
bin, sollen diese Lagerbehälter gemeinsam mit dem Zwi-
schenlager genehmigt werden. Meine Frage: Auf wel-
chem Weg sollen die Betroffenen hinsichtlich der Behäl-
ter, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt sind,
Zugang zu einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung
erhalten? Wie sollen sie die Klage überhaupt substanziell
begründen können, wenn ihnen die Prüfberichte nicht
vorliegen?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418118000

Frau Kollegin, auch hier gibt es ein gesetzliches Verfah-
ren mit entsprechender Beteiligung der Öffentlichkeit. Ich
will Ihnen das gerne einmal skizzieren. Wie ich Ihnen be-
reits gesagt habe, müssen natürlich die konkreten Infor-
mationen, die zur Begutachtung notwendig sind, vorhan-
den sein. Sie werden anschließend atomrechtlich nach
§ 6 AtG und verkehrsrechtlich nach den Vorgaben der
BAM, der Bundesanstalt für Materialforschung und -prü-
fung, entsprechend geprüft.

Sollte es sich um eine wesentliche Veränderung han-
deln, vergleichbar mit den schon vorhandenen Castor-
typen, dann wird es ein gesondertes Genehmigungsver-
fahren geben. Das bedeutet, dass es ein Verfahren mit
erneuter Beteiligung der Öffentlichkeit, Einwendungen
und Anhörungen geben wird. Handelt es sich nach Prü-
fung und Entscheidung des BfS nur um eine geringe Än-
derung, wird es nach Genehmigung für vier Wochen eine
Auslegung geben. Dies wird über Presse und Internet ent-
sprechend bekannt gemacht werden. Dann haben die Ein-
wender auf der Grundlage der konkreten Informationen,
die aus den ausgelegten Antragsunterlagen hervorgehen,
die Möglichkeit zur Klage.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1418118100
Ich möchte noch nach
den Fristen fragen. Innerhalb welcher Frist nach Beschei-
dung des Antrages für das dezentrale Zwischenlager muss
der Betroffene seine Klage gegen den Genehmigungs-
bescheid in diesem Fall begründen und einreichen?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418118200

Es gelten die Fristen, die in einem üblichen Verfahren
festgelegt sind.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418118300
Jetzt ist der Kollege
Uwe Hiksch mit seiner Nachfrage an der Reihe.


Uwe Hiksch (PDS):
Rede ID: ID1418118400
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin,
Ihr ehemaliger Kollege, der ehemalige grüne Landtagsab-
geordnete aus Bayern Raimund Kamm hat angesichts der
Tatsache, dass in den Unterlagen zur Genehmigung Behäl-
ter beantragt werden, die es nur auf dem Papier gibt, erklärt,
er sei entsetzt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretärin Gila Altmann

17821


(C)



(D)



(A)



(B)


Ich frage die rot-grüne Bundesregierung: Kann es eine
Bundesregierung, in der Sozialdemokraten und Grüne die
Verantwortung tragen, für richtig halten, dass ein Geneh-
migungsverfahren für ein Zwischenlager läuft, in dem
später einmal Behälter eingelagert werden sollen, die
noch nicht einmal entwickelt sind? Kann die rot-grüne
Bundesregierung nicht zusagen, dass ein solches Verfah-
ren in Zukunft nicht mehr stattfindet?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418118500

Herr Kollege, für die Gefühlsaufwallung von Herrn
Kamm ist die Bundesregierung nicht zuständig. Darüber
hinaus habe ich Ihnen gerade deutlich gemacht, dass es
hierbei um ein ganz normales und geregeltes Verfahren
geht. Die bisher nur auf dem Papier existierenden Behäl-
tertypen mit den Bezeichnungen VC und Constor X 69
sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Wenn die ent-
sprechenden Unterlagen eingereicht sind, werden sie nach
den gesetzlichen Vorgaben des AtG und seitens der BAM
geprüft. Dann haben die Bevölkerung und auch Herr
Kamm die Möglichkeit, diese Unterlagen einzusehen, zu
bewerten und daraus entsprechende Konsequenzen zu
ziehen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418118600
Herr Kollege Schur,
Ihre Nachfrage, bitte.


Gustav-Adolf Schur (PDS):
Rede ID: ID1418118700
Frau Staatssekretärin,
meine Frage lautet: Weshalb lehnt das Bundesamt für
Strahlenschutz eine Unterbrechung des laufenden Geneh-
migungsverfahrens ab, obwohl die Sicherheitsunterlagen
und Prüfprotokolle laut „Süddeutscher Zeitung“ und
„taz“ noch nicht vorhanden sind?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418118800

Verehrter Herr Kollege, ich glaube, ich habe gerade deut-
lich gemacht, was Gegenstand des Genehmigungsverfah-
rens ist und was nicht. Es gibt keine rechtlichen Gründe,
das laufende Verfahren zu unterbrechen. Das heißt, die
Voraussetzungen für eine Unterbrechung liegen einfach
nicht vor, weil alle Unterlagen, die Gegenstand des
Genehmigungsverfahrens sind, offen liegen und entspre-
chende Einwendungen erhoben werden können. Es gibt
keinerlei Fehler, die eine Unterbrechung in irgendeiner
Form rechtfertigen würden, weil – ich sage das noch ein-
mal – die eben genannten Behältertypen nicht Gegenstand
des Verfahrens sind.


Gustav-Adolf Schur (PDS):
Rede ID: ID1418118900
Danke.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418119000
Es gibt noch eine
Nachfrage des Kollegen Grehn.


Dr. Klaus Grehn (PDS):
Rede ID: ID1418119100
Frau Staatssekretärin, ich
knüpfe an Ihre Antwort auf die Frage meines Kollegen
Schur an. Ist Ihnen bekannt, ob ein Angebot von russi-
schen Firmen eingeholt worden ist, die hier zur Diskus-
sion stehenden Behälter zu produzieren?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418119200

Ich habe dies aus der Zeitung erfahren. Aber ich muss
noch einmal darauf hinweisen: Das ist nicht Gegenstand
des Verfahrens und kein Beurteilungskriterium des Bun-
desamtes für Strahlenschutz. Beurteilungskriterium ist
das Produkt, das nach allen sicherheitstechnischen Qua-
litätsmerkmalen, die sich nach dem Stand von Wissen-
schaft und Technik richten, zu begutachten ist. Wir kön-
nen keinen Einfluss darauf nehmen, wer letztendlich der
Produzent ist, welche Firma den Zuschlag erhält. Die Auf-
gabe des Bundesamtes für Strahlenschutz ist, die Sicher-
heit des Produktes zu überprüfen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418119300
Wir kommen nun zum
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern.
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Fritz Rudolf Körper zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Martin
Hohmann auf:

Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung zur Ein-
führung des europäischen Fingerabdruckidentifikationssystems
Eurodac bisher unternommen und bis wann rechnet die Bundes-
regierung mit einem endgültigen Erfolg ihrer Bemühungen?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1418119400
Herr Kollege Hohmann, die
Bundesregierung beantwortet Ihre Frage wie folgt: Die
Bundesregierung hat die Eurodac-EG-Verordnung als
Rechtsgrundlage für die Einrichtung des Fingerabdruck-
vergleichssystems Eurodac konstruktiv mitgestaltet und
– ich glaube, auch das sagen zu können – wesentlich dazu
beigetragen, dass diese Verordnung am 15. Dezember 2000
in Kraft treten konnte.

Nach dieser Verordnung ist Voraussetzung für die Auf-
nahme der Tätigkeit von Eurodac, dass jeder Mitglied-
staat sowie die Europäische Kommission die technischen
Vorkehrungen hierfür getroffen haben. Die Bundesregie-
rung begrüßt die Anstrengungen der Europäischen Kom-
mission zur zügigen Inbetriebnahme der Eurodac-Zen-
traleinheit und unterstützt die Kommission hierbei aktiv
durch die Mitwirkung deutscher technischer Experten.

Die Kommission strebt erste Tests für den Herbst und
eine Anbindung aller Mitgliedstaaten an die Zentralein-
heit für das Jahresende an. Die beteiligten deutschen
Dienststellen arbeiten mit Nachdruck an der Verwirkli-
chung dieser Planung. Auf die Schaffung der technischen
Voraussetzungen in den anderen Mitgliedstaaten hat die
Bundesregierung – wenn ich Ihnen das sage, dann ist das,
glaube ich, keine Überraschung – allerdings keinen Ein-
fluss, sodass eine verlässliche Vorhersage über den Zeit-
punkt der Tätigkeitsaufnahme durch Eurodac nicht ge-
troffen werden kann.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418119500
Herr Kollege
Hohmann hat eine erste Nachfrage.


Martin Hohmann (AfD):
Rede ID: ID1418119600
Herr Staatssekretär,
wenn Sie sagen, dass keine verlässliche Vorhersage ge-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Uwe Hiksch

17822


(C)



(D)



(A)



(B)


troffen werden kann, weil das Ganze natürlich auch von
den Aktivitäten anderer Regierungen abhängig ist, so ist
das sicherlich nachzuvollziehen. Lässt sich denn viel-
leicht eine Aussage darüber machen, wann das schät-
zungsweise der Fall sein kann? Haben Sie eine Zielvor-
stellung?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1418119700
In diesem Fall ist es leider so, dass
der Langsamste das Tempo vorgibt. Ich möchte hier keine
Prognose abgeben. Die Frage überrascht mich nicht, Herr
Hohmann. Ich habe auch noch einmal versucht, mich
sachkundig zu machen, um Ihnen vielleicht ein bisschen
präziser antworten zu können, aber mehr geben die Infor-
mationen nicht her. Das Bemühen habe ich Ihnen geschil-
dert, auch im Hinblick auf die Zeitabläufe. Wir peilen an,
am Ende dieses Jahres in den Betrieb gehen zu können.
Aber, wie gesagt: Das ist ein Stück weit Prognose, die
auch einige Unsicherheiten in sich trägt. Wir wären je-
denfalls sehr daran interessiert, wenn das so gelänge. Von
unserer Seite aus versuchen wir, alles dazu beizutragen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418119800
Es gibt eine zweite
Nachfrage, bitte.


Martin Hohmann (AfD):
Rede ID: ID1418119900
Kann die Bundesre-
gierung vielleicht grob beziffern, wie viele Asylbewerber
dadurch, dass wir jetzt noch nicht so weit sind, jährlich
nach Deutschland kommen und in Deutschland Asyl be-
antragen statt in anderen Ländern, beispielsweise in Ita-
lien oder in Frankreich? – Es gibt ja, wie wir wissen, eine
Bewegung von Süd nach Nord.

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1418120000
Herr Kollege Hohmann, es gibt
natürlich verschiedene Bewegungen in diesem Bereich.
Wenn Sie sich auch die Entwicklungen innerhalb der
Europäischen Union ansehen, dann stellen Sie fest, dass
es zu den unterschiedlichsten Zeiten Veränderungen gibt,
die übrigens nicht immer zulasten Deutschlands gehen.
Mittlerweile gibt es auch andere Entwicklungen.

Eurodac unternimmt den Versuch – so ist es ja entstan-
den –, im Grunde genommen ein Asylshopping – so sage
ich das einmal ganz bewusst in Anführungszeichen –
zu verhindern bzw. in den Griff zu bekommen. Weil wir
Eurodac aber noch nicht haben, wäre jegliche Zahl, die
ich nennen würde, spekulativ, und das möchte ich ver-
meiden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418120100
Ich rufe die Frage 4
des Kollegen Eckart von Klaeden auf:

Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass von einer
Beobachtung der PDS durch Verfassungsschutzbehörden abzu-
sehen ist, wenn die PDS regierungsbeteiligt ist, wie dies etwa
der Berliner Justizsenator geäußert hat – Quelle: „Die Welt“ vom
26. Juni 2001 –?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1418120200
Herr Kollege von Klaeden, ich
kann Ihre Frage relativ kurz beantworten. Die Entschei-

dungen treffen die Länder in eigener Verantwortung. Die
Bundesregierung äußert sich nicht zu Regelungen, die in
Länderkompetenzen fallen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418120300
Herr Kollege von
Klaeden, Ihre erste Nachfrage.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1418120400
Herr Staatssekre-
tär, da frage ich doch einmal nach § 1 des Bundesverfas-
sungsschutzgesetzes, der Bund und Länder gerade zu ei-
ner Zusammenarbeit bei der Beobachtung extremistischer
Bestrebungen gesetzlich verpflichtet.


(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Wollen Sie denn beobachtet werden, Herr von Klaeden?)


F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1418120500
Was die Verfassungsschutzbehör-
den anbelangt, so befinden sie sich in einem Dialog. Was
die Bundesregierung an dieser Stelle tut, ist eindeutig. Ich
will Ihnen das kundtun.

Die PDS bietet nach unserem Dafürhalten unverändert
tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die
freiheitliche demokratische Grundordnung, die nach den
§§ 3 und 4 Bundesverfassungsschutzgesetz eine Beob-
achtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz
rechtfertigen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das sollten Sie mal Herrn Wowereit zuschicken!)


Sowohl im Programm als auch im Statut der PDS ist die
Existenz offen extremistischer Strömungen in der Partei
verankert. Im Übrigen verweise ich auf unseren Verfas-
sungsschutzbericht.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das sollten Sie auch Herrn Müntefering zuschicken!)


Das sind die Seiten 145 ff.; ich glaube, es sind insgesamt
neun Seiten. Die empfehle ich Ihrer Lektüre.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das sollten Sie insbesondere Herrn Müntefering zuleiten!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418120600
Herr von Klaeden hat
noch eine zweite Nachfrage.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1418120700
Ich würde das
gern auf den Fall des Berliner Justizsenators zuspitzen. –
Verstehe ich Ihre Antwort, Herr Staatssekretär, insbeson-
dere unter Berücksichtigung des von mir genannten § 1
Bundesverfassungsschutzgesetz richtig dahin gehend,
dass die Bundesregierung nichts unternehmen würde,
wenn anlässlich einer Regierungsbeteiligung der PDS in
Berlin die Beobachtung durch den Verfassungsschutz
eingestellt würde?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1418120800
Lieber Herr Kollege von Klaeden,
wie die Landesverfassungsschutzbehörden mit der Frage
Beobachtung der PDS umgehen, ist sehr unterschiedlich.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Martin Hohmann

17823


(C)



(D)



(A)



(B)


Ich kann Ihnen die entsprechenden Informationen – das
ist kein Geheimnis – gerne einmal zukommen lassen. Es
geht auch darum, mit welchen Mitteln diese Beobachtung
durchgeführt wird. Sie wissen, dass zurzeit überwiegend
die offene Beobachtung praktiziert wird; allerdings wen-
den andere Bundesländer auch andere Methoden an. Be-
stimmte Landesverfassungsschutzämter beobachten die
PDS überhaupt nicht. Die Situation hat sich nicht geän-
dert und es gibt keinen neuen Diskussionsstoff, auch
wenn bestimmte aktuelle Presseartikel etwas anderes
nahe legen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418120900
Herr Kollege Grehn,
Sie möchten eine Nachfrage stellen.


Dr. Klaus Grehn (PDS):
Rede ID: ID1418121000
Herr Staatssekretär, können
Sie dem Kollegen von Klaeden bestätigen, dass die PDS
im Land Mecklenburg-Vorpommern bereits an der Regie-
rung beteiligt ist und dass es dort keine Beobachtung
durch den Verfassungsschutz gibt?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1418121100
Lieber Herr Kollege Grehn, die
Frage von Herrn von Klaeden bezog sich darauf, inwie-
weit der Bund eine Landesverfassungsschutzbehörde an-
weisen kann, in diesem oder jenem Falle tätig zu werden.
Es ist gesetzlich geregelt, dass das nicht möglich ist. Wir
mischen uns nicht in Regelungen ein, die den Länder-
kompetenzen unterliegen. Die Art und Weise, wie man
mit der PDS in den einzelnen Bundesländern umgeht, ist
sehr verschieden. Ich habe auf die gesetzlichen Grundla-
gen der Vorgehensweise der Bundesregierung hingewie-
sen. Diese Grundlagen wirken sich auf unseren Verfas-
sungsschutzbericht aus, der vor kurzem wieder vorgelegt
worden ist. Ich empfehle schlichtweg die Lektüre dieses
Berichts.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418121200
Der nächste Nachfra-
gende ist der Kollege Schauerte.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1418121300
Herr Staatssekre-
tär, ich habe Ihren Ausführungen entnommen, dass Sie
wie die Innenminister die Beobachtung der PDS in wei-
ten Bereichen nach wie vor für notwendig halten. Wie ste-
hen Sie dazu, dass die PDS als Mitglied einer Landesre-
gierung in der Innenministerkonferenz über ihre eigene
Beobachtung mit zu entscheiden hat?


(Dr. Heidi Knake-Werner [PDS]: Das ist das Leben!)


F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1418121400
Die Innenministerkonferenz ent-
scheidet nicht über die Kompetenz eines einzelnen Bun-
deslandes hinweg, ob von der Beobachtung Gebrauch
gemacht wird oder nicht. Die Situation, dass eine be-
stimmte Partei in einem Bundesland an der Regierung be-
teiligt ist, ist nicht neu. Insofern gibt es keine Verände-
rungen und keinen besonders aktuellen Diskussionsstoff.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418121500
Jetzt hat der Kollege
Hirche eine Nachfrage.


(Dr. Heidi Knake-Werner [PDS]: Er möchte auch gerne beobachtet werden!)



Walter Hirche (FDP):
Rede ID: ID1418121600
Herr Staatssekretär, sind Sie
bereit, Ihre bemerkenswerten Aussagen im Hinblick auf
Rolle und Beobachtung der PDS auch Herrn Müntefering
zur Kenntnis zu bringen?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1418121700
Lieber Herr Kollege Hirche, wir
haben einen sehr guten Informationsaustausch. Das, was
ich hier gesagt habe – Sie haben das erfreuerlicherweise
„bemerkenswert“ genannt –, ist im Grunde genommen
nichts besonders Aktuelles. Ich verweise noch einmal auf
unseren Verfassungsschutzbericht. Bevor ein Verfas-
sungsschutzbericht erstellt wird, gibt es natürlich Diskus-
sionen, deren Ergebnis ein solcher Bericht auch ist. Wir
haben es aufgrund unseres gesetzlichen Auftrages für not-
wendig gehalten, die offene Beobachtung fortzuführen.
Wir werden häufig gefragt, ob wir über ein Ende nach-
denken. Im Grunde genommen hängt die Antwort ganz
entscheidend von denjenigen ab, die Gegenstand dieser
Beobachtung sind.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sehr gut!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418121800
Ich danke Ihnen, Herr
Parlamentarischer Staatssekretär.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Wirtschaft und Technologie. Die Fragen 5
und 6 werden schriftlich beantwortet.

Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung auf. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentari-
sche Staatssekretärin Dr. Uschi Eid zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 7 des Abgeordneten Peter Weiß auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den am 27. Juni 2001 von

der Organisation Transparency International vorgelegten „Cor-
ruption Perceptions Index“ (CPI) 2001 über die Einschätzung der
Korruptionsverbreitung im öffentlichen Dienst und unter Politi-
kern in 91 Ländern der Welt?

Dr
Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418121900
Herr Kollege, aus Sicht der Bundesregierung
liefert der entsprechende Korruptionsindex, der ja vor
kurzem veröffentlicht worden ist, wertvolle Anhalts-
punkte zur Beurteilung von Trends. Er scheint jedoch als
alleinige Grundlage zur Beurteilung von Korruption nicht
ausreichend aussagefähig. Nach der eigenen Aussage von
Transparency International – das ist die Organisation, die
diesen Korruptionsindex vorlegt – wird der Korruptions-
index aus 14 verschiedenen Umfragen zusammengestellt,
die die Wahrnehmungen sowohl von einheimischen als
auch im Ausland lebenden Geschäftsleuten, Akademikern
und Risikoanalysten widerspiegeln. Der Index beruht auf
Umfragen, die immer zeitliche Momentaufnahmen sind

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper

17824


(C)



(D)



(A)



(B)


und nur Meinungen und Erfahrungswerte wiedergeben.
Entsprechend ist der Aussagekraft des Indexes mit einiger
Zurückhaltung zu begegnen, da die vorgelegte Rang-
ordnung letztlich auf subjektiver Wahrnehmung der be-
fragten Personen und nicht auf objektiven Zahlen und
Fakten beruht.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418122000
Herr Kollege Weiß,
Ihre erste Nachfrage, bitte.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1418122100
Frau
Staatssekretärin, Sie haben vorgetragen, dass die Unter-
suchungen von Transparency International nicht als all-
gemein gültig oder besonders aussagekräftig eingestuft
werden. Welche Indikatoren und Berichte hat denn die
Bundesregierung ihrerseits, anhand deren sie bemisst, wie
stark in Staaten der Welt Korruption verbreitet ist? Wel-
che Berichte und Indikatoren legt die Bundesregierung
ihren eigenen Entscheidungen bezüglich der Zusammen-
arbeit mit Staaten, in denen Korruption besonders stark
verbreitet ist, zugrunde?

Dr
Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418122200
Herr Kollege Weiß, ich habe nicht gesagt, dass
dieser Index nicht aussagekräftig ist, sondern ich habe ge-
sagt: Der Index ist nicht ausreichend aussagekräftig.
Natürlich erkennen wir diesen Index an und unterstützen
Transparency International, auch finanziell, weil dieser
Index natürlich auch für uns wichtig ist, um Trendaussa-
gen zu erhalten, und uns Orientierung gibt.

Wir legen bei der Kooperation mit unseren Partnerlän-
dern ein ganzes Set, also verschiedene Kategorien von
Kriterien, an. Dazu gehört selbstverständlich unter ande-
rem auch die Korruption. Bei der Beurteilung, ob Kor-
ruption in einem Land vorhanden ist, legen wir selbstver-
ständlich die Trendmeldungen des Korruptionsindexes
zugrunde, aber wir haben natürlich auch durch unsere
Entwicklungsexperten, die vor Ort tätig sind, direkte
Informationen. Es gibt ja Länder, die selber Antikorrup-
tionsinstitutionen eingerichtet haben, um Korruption zu
bekämpfen. Auch diese sind eine unserer Quellen, natür-
lich auch die vor Ort bestehenden Botschaften.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418122300
Kollege Weiß, zu ei-
ner zweiten Frage hierzu.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1418122400
Frau
Staatssekretärin, gibt es denn auf der Ebene der Europä-
ischen Union oder vielleicht sogar auf der Ebene der UN
bzw. der UN-Sonderorganisationen verbindliche Indika-
toren und Maßstäbe, nach denen die Korruption in ver-
schiedenen Staaten der Welt bemessen wird und die auch
Grundlage für Entscheidungen zur politischen Zu-
sammenarbeit sind?

Dr
Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418122500
Herr Kollege Weiß, Sie sprechen hier ein sehr

komplexes Problem an. Sie wissen, dass in der Vergan-
genheit – bei uns sogar bis vor zwei Jahren – zum Beispiel
Bestechungsgelder, die durch Privatfirmen gezahlt wor-
den sind, steuerlich absetzbar waren. Die Bundesregie-
rung erachtet es insofern als richtig, auf beiden Seiten ak-
tiv zu sein. So haben wir bei uns die steuerliche
Absetzbarkeit abgeschafft; das ist uns hier im Deutschen
Bundestag gemeinsam gelungen. Korruption findet nicht
immer in der Öffentlichkeit statt. Deshalb gibt es keine
messbaren Indikatoren. Ein Staatsoberhaupt wird natür-
lich nicht der Öffentlichkeit bekannt geben, dass er von ei-
ner Firma 1 oder 5 Millionen zugesteckt bekommen hat,
damit in seiner Hauptstadt ein großer Flugplatz gebaut
wird. Insofern ist das Ganze schwierig. Man kann also,
wie wir das auch tun, immer nur Bekanntmachungen zu-
grunde legen, wie zum Beispiel den Korruptionsindex
von Transparency International.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418122600
Jetzt rufe ich die
Frage 8 des Kollegen Peter Weiß auf:

Wird die Bundesregierung Konsequenzen für die Entwick-
lungszusammenarbeit mit denjenigen Ländern ziehen, in denen
Transparency International eine besonders starke Verbreitung der
Korruption festgestellt hat, wie zum Beispiel Bangladesch, Nige-
ria, Uganda, Indonesien, Kenia, Kamerun, Bolivien und Aser-
baidschan, die einen CPI-Punktwert von 2,0 und weniger erreicht
haben?

Dr
Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418122700
Herr Kollege Weiß, die Bewertung der politi-
schen Rahmenbedingungen in den Partnerländern hat
selbstverständlich wesentlichen Einfluss auf Art und Um-
fang der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und be-
stimmt die Inhalte des Politikdialogs. Dabei werden ne-
ben zahlreichen anderen Faktoren auch die Bemühungen
der Regierungen um Korruptionsbekämpfung berück-
sichtigt. Grundlage der Bewertung ist hierbei die Tendenz
der Entwicklung und das sichtbare Bemühen der Partner-
regierungen.

Da Sie ganz konkret nach einzelnen Ländern gefragt
haben, möchte ich in diesem Zusammenhang auch einige
nennen.

In Kamerun beispielsweise wurde auf die Verabschie-
dung und beginnende Umsetzung eines Programms zur
guten Regierungsführung im Jahre 1999 mit einem vor-
sichtigen Anstieg der Zusagen reagiert, nachdem seit Be-
ginn der 90er-Jahre defizitäre politische Rahmenbedin-
gungen ein Grund für eine deutliche Reduzierung der
Mittel der Entwicklungszusammenarbeit waren.

In besonders gravierenden Fällen kann mangelndes
Bemühen der Partnerregierung um Korruptionsbekämp-
fung zu einer Reduzierung bzw. zum Aussetzen der Ent-
wicklungszusammenarbeit führen. Ein Beispiel hierfür ist
Kenia, wo mit Zustimmung der Gebergemeinschaft Welt-
bank und Internationaler Währungsfonds die laufenden
Beistandskredite ausgesetzt haben und auch die deutsche
bilaterale Entwicklungszusammenarbeit ihre weitere Zu-
sammenarbeit davon abhängig gemacht hat, dass Kenia
die konsequente Korruptionsbekämpfung insbesondere
mit dem Aufbau einer unabhängigen Antikorruptions-
behörde wieder aufnimmt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid

17825


(C)



(D)



(A)



(B)


Im Rahmen des Politikdialogs mit den Partnerregie-
rungen spricht die Bundesregierung die Korruptionspro-
blematik an und fordert gegebenenfalls konkrete Schritte
zur Korruptionsbekämpfung. So war in Indonesien
Deutschland der erste Geber, der schon 1997 anlässlich
eines Weltbank-Konsultativtreffens Korruption ange-
prangert hat, und in den deutsch-ugandischen Regie-
rungsverhandlungen im April 2001 war die Korruptions-
problematik wesentlicher Bestandteil des Politikdialogs.
Auch in Aserbaidschan wird bei den nächsten Regie-
rungsverhandlungen im Oktober 2001 das Problem der
Korruption thematisiert werden.

Durch gezielte Förderprogramme, so genannte Positiv-
maßnahmen, unterstützt die Bundesregierung aktiv die
Bemühungen der Partnerregierungen in der Korruptions-
bekämpfung. Beispiele hierfür sind ein Programm zur
Korruptionsbekämpfung und zur Verbesserung der Re-
gierungsführung in Indonesien, ein Vorhaben zur Erarbei-
tung von wirksamen Korruptionsbekämpfungsstrategien
in Nigeria, die Unterstützung des Aufbaus der Antikor-
ruptionsbehörde in Kenia, die Unterstützung des Aufbaus
von Kontrollmechanismen der Zivilgesellschaft in Boli-
vien oder die Stärkung der kommunalen Demokratie in
Aserbaidschan.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418122800
Jetzt hat der Kollege
Weiß die Chance der ersten Nachfrage.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1418122900
Frau
Staatssekretärin, Sie haben jetzt nicht erwähnt, dass in
dem neuen Partnerschaftsabkommen der Europäischen
Union mit den AKP-Staaten vom 23. Juni 2000 ausdrück-
lich vereinbart worden ist, dass die Zusammenarbeit in
Fällen schwerer Korruption ausgesetzt werden kann. Ist
denn der Bericht von Transparency International für die
Bundesregierung Veranlassung, in der Europäischen
Union auf eine Überprüfung der Zusammenarbeit mit den
als besonders korrupt eingestuften Regierungen in Kame-
run, Kenia, Uganda und Nigeria zu drängen?

Dr
Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418123000
Herr Kollege Weiß, wenn ich mich jetzt richtig
erinnere, betrifft das den § 97 des nun Cotonou-Abkom-
men genannten Vertrages. Dieser § 97 wird natürlich dann
aktiviert, wenn ganz massive Fälle entdeckt werden. Aber
die Entdeckung reicht ja nicht aus, sondern es ist dann die
Frage zu stellen, ob sich die Partnerregierung bemüht, die
Korruption zu kämpfen. Es werden erst einmal mit der
entsprechenden Regierung Gespräche geführt, sodass sie
gewarnt ist. Die Kooperation wird also nicht sofort been-
det, sondern man gibt der Partnerregierung die Chance,
entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, damit § 97 des
Abkommens nicht angewendet wird.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418123100
Herr Kollege Weiß,
Ihre zweite Nachfrage, bitte.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1418123200
Frau
Staatssekretärin, können Sie uns sagen, welches Ausmaß

von Korruption nach Auffassung der Bundesregierung
vorliegen muss, damit die Sanktionsmechanismen nach
dem Cotonou-Abkommen Anwendung finden?

Dr
Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418123300
Nein, das kann ich nicht sagen. Wir halten es
für falsch, die Zusammenarbeit mit einem Land zu been-
den, wenn es beispielsweise 5 Millionen DM über Kor-
ruptionskanäle erhält. Man muss sich vielmehr fragen, ob
die Korruption systemisch in einem Land vorkommt und
ob sich die politisch verantwortliche Führung darum
bemüht, diese Korruption zu bekämpfen.


(V o r s i t z: Vizepräsidentin Anke Fuchs)


Ich gebe zu, dass in einigen Ländern der Staatspräsi-
dent das alleinige Sagen hat. In diesem Fall wäre es falsch,
sich zurückzuziehen. Wir müssen vielmehr im Dialog
bleiben, was wir aber nur dann tun können, wenn wir die
Kooperation weiterführen. Wir müssen auf allen Ebenen,
also auf Regierungsebene wie auch auf kommunaler
Ebene, im Gespräch bleiben und unseren Einfluss geltend
machen, damit die Korruption bekämpft wird.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418123400
Eine Zusatzfrage,
Herr Dr. Ruck.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1418123500
Frau Staatssekretä-
rin, ich möchte bei Bolivien und Uganda nachhaken.
Diese beiden Länder stehen auf der Topliste der HIPC-
Entschuldungsinitiative. Wie verträgt sich diese Tatsache
mit den Berichten von Transparency International?

Dr
Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418123600
Herr Kollege Ruck, ich gehe erst auf Bolivien
ein. Es ist richtig, dass Bolivien am 8. Juni dieses Jahres
den Entscheidungspunkt, den so genannten „completion
point“, im Rahmen des erweiterten Schuldenerlasses er-
reicht hat. Hierfür hatte die bolivianische Regierung in
Abstimmung mit der dortigen Zivilgesellschaft – das ist ja
der entscheidende Punkt – eine Armutsreduzierungsstra-
tegie erstellt. Bei der Umsetzung dieser Strategie soll vor
allem durch eine weit gehende Dezentralisierung, die die
kommunale Ebene stärkt, und durch Kontrollmechanis-
men der Zivilgesellschaft gerade auch die Korruption
eingedämmt werden. Wir werden Bolivien darin unter-
stützen. Es wäre völlig falsch, sich jetzt aus der Zusam-
menarbeit zurückzuziehen, da sich Regierung und Zivil-
gesellschaft auf eine Antikorruptionsstrategie geeinigt
haben.

Ich komme zu Uganda. Die Bundesregierung hat die
Korruptionsproblematik während der deutsch-ugandi-
schen Regierungsverhandlungen im April 2001 als einen
wesentlichen Bestandteil des Politikdialogs thematisiert
und konkrete Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung
angemahnt. Darüber hinaus und in Abstimmung mit
Deutschland und den übrigen Mitgliedstaaten hat die
Europäische Union auf dem im Mai 2001 in Kampala
stattgefundenen Weltbank-Konsultativgruppentreffen die

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid

17826


(C)



(D)



(A)



(B)


Bedeutung überzeugender Maßnahmen zur Korruptions-
bekämpfung für die Fortsetzung der von Europäischer
Union und einzelnen Mitgliedstaaten gewährten Budget-
hilfe hervorgehoben.

Die anstehende Umsetzung des von der ugandischen
Regierung ausgearbeiteten umfassenden Antikorruptions-
plans wird von der internationalen Gebergemeinschaft be-
gleitet werden. Erhöhte Transparenz und Rechenschafts-
pflichtigkeit werden auch von der geplanten umfassenden
Reform des Justizwesens erwartet, an deren Umsetzung
sich die Bundesregierung im Rahmen der Gemeinschafts-
finanzierung beteiligen wird.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418123700
Ich danke der Frau
Staatssekretärin für die Beantwortung der Fragen.

Die übrigen Fragen dieses Geschäftsbereiches, also die
Fragen 9 und 10, werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeskanz-
leramtes. Hier werden alle Fragen – das sind die Fra-
gen 11, 12, 13 und 14 – schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht die Parla-
mentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks zur
Verfügung.

Die Fragen 15, 16, 17 und 18 werden schriftlich beant-
wortet.

Ich rufe die Frage 19 des Kollegen Rainer Brüderle auf:
Teilt die Bundesregierung die Ansicht des EU-Kommissars für

Wirtschaft und Währungsangelegenheiten, Pedro Solbes Mira,
dass Deutschland zusammen mit Italien oder Portugal die Chance
verpasst hat, das zuletzt vorteilhafte Wachstum für eine gründliche
Haushaltskonsolidierung zu nutzen?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418123800
Herr Kollege Brüderle, die
Bundesregierung hat in den letzten drei Jahren alle Chan-
cen zur Haushaltskonsolidierung genutzt, gleichzeitig
aber auch durch Steuersenkungen nachhaltig in Wachstum
und Beschäftigung investiert und so einer noch stärkeren
Konjunkturabschwächung vorgebeugt. Die mittelfristige
Entwicklung des öffentlichen Gesamthaushalts ist von der
Fortsetzung des Konsolidierungskurses auf allen Ebenen
geprägt. Bund, Länder und Gemeinden bleiben – zum Teil
deutlich – unter der im Finanzplanungsrat vereinbarten
Begrenzung des Ausgabenzuwachses von 2 Prozent.

Das Defizit des öffentlichen Gesamthaushalts sinkt nach
der neuesten mittelfristigen Finanzprojektion von rund
37,5 Milliarden Euro im Jahr 2001 auf rund 7,5 Milliar-
den Euro im Jahr 2005. Damit sind die Defizitziele er-
reichbar, auf die sich Deutschland im Stabilitätsprogramm
festgelegt hat. Die Einnahmen aus der Versteigerung der
UMTS-Lizenzen in Höhe von knapp 51 Milliarden Euro
sind vollständig zur Schuldentilgung eingesetzt worden.
Das alles sind deutlich sichtbare Elemente der Konsolidie-
rungsstrategie der Bundesregierung.

Die vorübergehende Verlangsamung des Wachstums-
tempos stellt diese Strategie nicht infrage. Allerdings

wäre es auch kontraproduktiv, den Sparkurs als Reaktion
auf unvorhergesehene Einbußen zu verschärfen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418123900
Zusatzfrage Nummer
eins, Herr Kollege.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1418124000
Frau Staatssekretärin, sind
Sie nicht der Meinung, man hätte sich insbesondere
bemühen müssen, die Steinkohlesubventionen stärker
zurückzuführen und auf diese Weise Mittel für eine wei-
ter gehende Konsolidierung oder für stärkere Steuersen-
kungen freizusetzen?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418124100
Herr Kollege Brüderle, wie
Sie wissen, sind die Steinkohlesubventionen degressiv
ausgestaltet worden, und zwar noch in der Verantwortung
der alten Bundesregierung. Diese Degressivität setzt die
Bundesregierung fort. Es gibt keinen Subventionstatbe-
stand in der Bundesrepublik Deutschland, der vergleich-
bar degressiv ausgestaltet ist. Wir wären froh, wenn wir
das auch bei anderen Subventionstatbeständen so hätten.

Im Übrigen sind dies, selbst wenn man sich die Stein-
kohlesubventionen ganz wegdenkt, Größenordnungen,
die sich bei einer Steuersenkung im Verhältnis zu dem,
was wir an Steuersenkungen ohnehin vorgesehen haben,
nicht spürbar auswirken würden.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418124200
Zusatzfrage zwei,
Herr Kollege.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1418124300
Frau Staatssekretärin, ein
paar Milliarden wären es schon und ein paar Milliarden
würden auch der wirtschaftlichen Entwicklung gut tun.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418124400
Ein paar Milliarden, 5 Mil-
liarden DM, wären 0,3 Prozentpunkte Umsatzsteuer, um
Ihnen das einmal deutlich zu machen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Wollen Sie die erhöhen?)


– Nein, natürlich will ich sie nicht erhöhen, Herr Kollege
Niebel, sondern ich wollte dem Herrn Kollegen Brüderle
am Beispiel der Umsatzsteuer deutlich machen, welchen
Umfang eine Steuersenkung in der Größenordnung von
5 Milliarden DM haben kann. Klar, wir können mit 5 Mil-
liarden DM das Familienpaket schnüren; diesen Zusatz-
bereich kann man damit abdecken. Aber im Einkommen-
steuerbereich kann man mit 5 Milliarden DM nichts
Wesentliches anfangen.


(Dr. Bernd Protzner [CDU/CSU]: Ökosteuer!)


Was man damit bewegen könnte, läge im Promillebereich.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418124500
Nun hat die Kollegin
Schwaetzer eine Zusatzfrage.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid

17827


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1418124600
Frau Staatssekre-
tärin, in der Frage war der EU-Kommissar Pedro Solbes
zitiert worden, der die Konsolidierungsbemühungen der
Bundesregierung nicht so hoch einschätzt, wie Sie das
hier gerade getan haben. Teilen Sie denn diese Einschät-
zung oder nehmen Sie diese internationale Einschätzung
von renommierten und Ihrer Partei nahe stehenden Politi-
kern wenigstens ernst, dass Sie hier deutlich mehr hätten
konsolidieren können und dass Sie diese Chance nicht
wahrgenommen haben?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418124700
Frau Kollegin Schwaetzer,
wie Sie wissen, hat sich die Bundesregierung bei der
Europäischen Kommission für das laufende Jahr, das
Jahr 2001, die Genehmigung geholt, ein gesamtstaatli-
ches Defizit von nicht, wie eigentlich vorgesehen, 1 Pro-
zentpunkt, sondern von 1,5 Prozentpunkten im Verhältnis
zum Bruttoinlandsprodukt zu erreichen.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Das habe ich nicht gefragt!)


– Ich antworte Ihnen etwas ausführlicher, Frau Kollegin;
das darf ich. Ich darf so antworten, wie ich will, solange
ich nicht lüge, und ich lüge nicht.

Die Bundesregierung hat also von der Europäischen
Kommission – ich wiederhole mich – die Erlaubnis be-
kommen, in diesem Jahr statt 1 Prozent gesamtstaatliches
Defizit 1,5 Prozent zu erreichen, und zwar im Hinblick
auf die Steuerreform, die wir gemacht haben, die in die-
sem Jahr mit Steuereinnahmeausfällen von 45 Milliar-
den DM zu Buche schlägt. Dies ist die Kehrseite der Me-
daille. Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie – wenn auch
vielleicht nicht Sie persönlich, so doch mindestens eine
große Reihe von Fraktionskollegen von Ihnen und auch
von Mitgliedern des Hauses, die sich in den Reihen neben
Ihnen befinden – ein immer weiteres Vorziehen von
Steuerentlastungsschritten gefordert haben. Dies würde
den Konsolidierungskurs in der Tat ad absurdum führen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418124800
Nun hat die Kollegin
Kopp das Wort für eine Zwischenfrage.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1418124900
Frau Staatssekretärin, was ge-
denkt die Bundesregierung zu tun, um der Aufforderung
von EZB-Präsident Duisenberg zu folgen, den Arbeits-
markt zu deregulieren und Deregulierung aus gesamt-
wirtschaftlichem Interesse überhaupt voranzutreiben?
Was gibt es da für Pläne?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418125000
Frau Kollegin Kopp, mir
ist diese Äußerung von Herrn Duisenberg nicht bekannt.
Deswegen möchte ich sie so auch nicht kommentieren.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418125100
Jetzt hat der Kollege
Niebel das Wort zu einer Frage.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1418125200
Frau Staatssekretärin, unabhän-
gig davon, ob Ihnen die Aussage des Herrn Duisenberg

bekannt ist oder nicht, möchte ich daran erinnern, dass die
Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in
Göteborg der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik
schlechte Noten ausgestellt haben. Das hat etwas mit
Überregulierung zu tun. Abgesehen von der Äußerung
des EZB-Chefs frage ich Sie daher: Was hat die Bundes-
regierung insgesamt vor, um die Überregulierung des Ar-
beitsmarktes in der Wirtschafts- und Finanzpolitik und
überhaupt im Bereich der öffentlichen Hand allmählich
abzubauen?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418125300
Herr Kollege Niebel, zu-
nächst weise ich Ihre Aussage zurück, dass der Europä-
ische Rat in Göteborg der Bundesregierung schlechte No-
ten ausgestellt hätte. Das ist nicht der Fall. Das ist eine
Behauptung, die ich so nicht stehen lassen kann. Das ist
nicht richtig.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Dann haben die Medien alle geschwindelt! Dann haben die Medien gelogen!)


Wenn Sie mich nach Deregulierung im Bereich der Wirt-
schafts- und Finanzpolitik in Bezug auf den Arbeitsmarkt
fragen, so möchte ich sagen, dass die Finanzpolitik rela-
tiv wenig zur Deregulierung im Bereich des Arbeitsmark-
tes beitragen kann. Ich wüsste nicht, wo da der Ansatz-
punkt der Finanzpolitik wäre.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Deregulierung des Steuerrechts zur Förderung des Arbeitsmarktes!)


– Das ist nun wirklich sehr um die Ecke gedacht.


(Beifall bei der SPD)


Ich muss das den Kolleginnen und Kollegen erklären.
Es geht Herrn Niebel um eine Deregulierung des Steuer-
rechts zur Förderung des Arbeitsmarktes. Das ist eine
Fragestellung, die so nicht formuliert war. Wenn Sie da-
von ausgehen, dass ein dereguliertes Steuerrecht positive
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat, so ist dies eine
Annahme, die nicht vollständig zu bestreiten ist. Anderer-
seits können Sie in keiner Weise sagen, dass das Steuer-
recht dazu beitrüge, dass es in der Arbeitswelt verkrustete
Strukturen gäbe. Ich glaube nicht, dass Sie in der Lage
sind, dazu auch nur ein Beispiel zu nennen; vielmehr be-
haupten Sie einfach, dass es so etwas gäbe. Das gibt es
aber nicht. Ich glaube, Sie sind nicht in der Lage, auch nur
ein Beispiel zu nennen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418125400
Ich rufe nun die
Frage 20 des Abgeordneten Rainer Brüderle auf.

Wie ist es zu erklären, dass Deutschland bei einem Wachs-
tumsvergleich in der EU auf einem der letzten Plätze liegt, wenn
die weltwirtschaftliche Abschwächung alle EU-Staaten im Ergeb-
nis gleichmäßig trifft?

Frau Staatssekretärin.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418125500
Die in der Frage aufgestell-
te Behauptung, dass „die weltwirtschaftliche Abschwä-
chung alle EU-Staaten im Ergebnis gleichermaßen trifft“,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117828


(C)



(D)



(A)



(B)


ist falsch. Die direkten Effekte aus der Abschwächung der
Weltwirtschaft sind für Deutschland erheblich stärker als
in den anderen EU-Mitgliedstaaten. Der Extra-Handels-
anteil, also die Exporte Deutschlands in Nicht-EU-Län-
der, beträgt, bezogen auf den gesamten Außenhandel
Deutschlands, 44 Prozent und ist damit spürbar höher als
im Durchschnitt der restlichen EU-Länder, der bei circa
36 Prozent liegt.

Die deutsche Exportindustrie ist im amerikanischen
Raum, in Asien sowie in den mittel- und osteuropäischen
Staaten viel stärker vertreten als die Exportindustrie der
übrigen EU-Staaten. Die hohe Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Produkte in Verbindung mit absatzbeglei-
tender Markterschließung, zum Beispiel durch Direkt-
investitionen, hat zu deutlichen Marktanteilsgewinnen
Deutschlands auch außerhalb der Europäischen Union
geführt.

Folglich konnten die deutschen Exporteure in den ver-
gangenen Jahren von der lebhaften Entwicklung des Welt-
handels und dem robusten Wachstum der Weltwirtschaft,
insbesondere der USA, überproportional profitieren. In
diesem Jahr – wie auch schon während der Asien-, Latein-
amerika- oder Russlandkrise – wird Deutschland von der
weltwirtschaftlichen Abschwächung daher stärker betrof-
fen als der Durchschnitt der anderen EU-Länder.

Inzwischen haben die USA Maßnahmen beschlossen,
die auf eine schnelle Rückgewinnung der dortigen ge-
samtwirtschaftlichen Dynamik gerichtet sind, wie zum
Beispiel die mehrfachen Zinssenkungen der Federal Re-
serve Bank sowie – ein Jahr nach uns – das Steuersen-
kungsprogramm der US-Administration.

In dem Maße, wie diese Schritte die Binnennachfrage
in den USA stärken, dürfte die wirtschaftliche Belebung
in Deutschland davon dann auch wieder überdurch-
schnittlich profitieren.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418125600
Erste Zusatzfrage,
Herr Brüderle.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1418125700
Frau Staatssekretärin, es ist
ja nicht zu bestreiten, dass Deutschland mit seiner Wachs-
tumsrate inzwischen auf dem letzten Platz der EU-Länder
angelangt ist. Das ist kein Zufall; das hat Ursachen. Sind
Sie mit mir der Auffassung, dass eine der Kernursachen
– das zeigen die Diagnosen von OECD, Bundesbank und
allen Wirtschaftsforschungsinstituten – in der Tat die aus-
stehende Deregulierung des Arbeitsmarkts ist?


(Widerspruch bei der SPD)


– Herr Baron, wenn Sie zuhören, bekommen Sie es auch
mit. – Könnte die fehlende Flexibilität des Arbeitsmarkts
der Grund dafür sein, dass die deutsche Wirtschaft auf
dem letzten Platz der europäischen Entwicklung ange-
langt ist, während sie früher die Lokomotive war?


(Peter Dreßen [SPD]: Die Ökosteuer haben Sie noch vergessen!)


D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418125800
Nein, Herr Kollege
Brüderle, ich kann Ihre Auffassung nicht bestätigen,
sondern ich nenne Ihnen einen weiteren wesentlichen
Faktor für das etwas ungünstigere Wirtschaftswachstum
in Deutschland im europäischen Vergleich. Wir haben seit
1995 eine Baurezession zu beklagen. Hier weist Deutsch-
land im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern
einen deutlich anderen Zyklus auf, der sich im Wesent-
lichen durch die Auswirkungen der Wiedervereinigung
erklären lässt.

Durch steuerliche Anreize, die so genannten Sonder-
abschreibungen Ost, wurde vor allem in den neuen Bun-
desländern Anfang bis Mitte der 90er-Jahre ein ausge-
prägter Bauboom mit Zuwachsraten von real zum Teil
über 40 Prozent forciert. Dabei wurden erhebliche Über-
kapazitäten geschaffen, die die Nachfrage bei weitem
überschritten. Sie wissen, wir haben in den neuen Ländern
1 Million leer stehende Wohnungen und Leerstandsquo-
ten bei den Gewerbeimmobilien von zum Teil über
30 Prozent.

Die seit Mitte der 90er-Jahre einsetzende Baurezession
hat das gesamtwirtschaftliche Wachstum erheblich be-
lastet: Die Baurezession hat allein im Jahre 2000 das
Wachstumsergebnis beim Bruttoinlandsprodukt um rund
0,75 Prozentpunkte nach unten gedrückt. Ohne den nega-
tiven Beitrag des Bausektors hätte das BIP-Wachstum real
bei rund 3,75 Prozent gelegen und wäre damit höher als
etwa die französische Rate gewesen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Hätte, wäre, könnte, das ist die Antwort!)


Zugleich entwickelt sich dagegen die Baukonjunktur
in den europäischen Ländern exakt gegenläufig: Einer
Baurezession Anfang bis Mitte der 90er-Jahre folgten seit
1996 eine Erholung und zuletzt sogar ein überproportio-
naler Anstieg. Dies ist nicht zuletzt auf staatliche Förder-
programme in diesem Bereich in einzelnen Ländern, zum
Beispiel in Frankreich, zurückzuführen, die zu entspre-
chend günstigeren gesamtwirtschaftlichen Ergebnissen
führten.

Auf der anderen Seite entwickeln sich in den neuen Bun-
desländern das verarbeitende Gewerbe und der Dienst-
leistungssektor weiterhin dynamisch. Mit dem Auslaufen
der Baurezession werden diese positiven Elemente in den
Wachstumsraten für ganz Deutschland stärker sichtbar
werden.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418125900
Zweite Frage des
Kollegen Brüderle.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1418126000
Frau Staatssekretärin, Ihre
monokausalen Erklärungsversuche geben mir Anlass, Sie
zu fragen, ob Sie angesichts der aktuellen Situation nicht
meinen, dass die Regierung dringend mit zusätzlichen
steuerlichen Entlastungen handeln müsste. Ich verweise
in diesem Zusammenhang auf Ausführungen Ihres frühe-
ren Kollegen Claus Noé, Staatssekretär im Bundesfinanz-
ministerium, der darauf hinwies, dass wir im Mai zum ers-
ten Mal seit langem saisonbereinigt eine Zunahme der

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks

17829


(C)



(D)



(A)



(B)


Arbeitslosigkeit hatten, was, wie er sagte, ein klassischer
Frühindikator einer Rezession sei. Ich ziehe daraus nicht
dieselben Schlussfolgerungen wie Claus Noé, frage Sie
aber, ob Sie keinen Anlass dazu sehen, dass die Bundes-
regierung durch vorgezogene steuerliche Entlastungen
dieser drohenden Entwicklung entgegenwirkt.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418126100
Herr Kollege Brüderle, Sie
sagten, ich hätte eine monokausale Erklärung vorgetra-
gen. Ich hatte Ihnen aber in zwei aufeinander folgenden
Vorträgen zum einen die Bedingungen der internationalen
Wirtschaft und zum anderen die Bedingungen dargestellt,
die durch die Besonderheiten der Baurezession in der
Bundesrepublik Deutschland bestehen. Das war also nicht
monokausal, sondern ich habe Ihnen zwei Gründe ge-
nannt.

Bis jetzt hatten Sie aber in Ihrer Frage – ganz im Ge-
gensatz zu mir – monokausal auf die Flexibilisierung des
Arbeitsmarkts abgehoben und sie als einzigen Grund für
die Wachstumsschwäche angenommen. Nun nehmen Sie
einen zweiten Grund an und fragen, ob es nicht notwen-
dig sei, die geplanten Steuersenkungen vorzuziehen. Ich
darf auf die von Ihnen zunächst gestellte Frage, die ich so-
eben beantwortet habe, zurückkommen: Dort haben Sie
uns immanent vorgeworfen, wir hätten die Möglichkeiten
der Haushaltskonsolidierung nicht vollkommen ausge-
schöpft. Ich darf Ihnen keine Rückfragen stellen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418126200
Um Gottes willen,
dann antwortet er auch noch!

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418126300
Aber ich möchte Ihnen sa-
gen, dass Sie sich in den beiden Fragestellungen, die Sie
hier in weniger als zehn Minuten abgegeben haben,
durchaus widersprüchlich verhalten.


(Beifall bei der SPD – Rainer Brüderle [F.D.P.]: Bekomme ich noch eine Antwort? – Walter Hirche [F.D.P.]: Das schlechte Gewissen verhindert eine Antwort!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418126400
Jetzt hat der Kollege
Niebel eine Nachfrage.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1418126500
Auch auf die Gefahr hin, von der
Bundesregierung im Nachhinein schulmeisterlich belehrt
zu werden, möchte ich gerne wissen, ob die Bundesregie-
rung an ihrer Wachstumsprognose von 2 Prozent für 2001
festhält und, wenn ja, wie diese mit den Äußerungen des
Bundeswirtschaftsministers Müller in Einklang zu brin-
gen ist, der für das zweite Quartal ein Nullwachstum ver-
mutet.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418126600
Die Bundesregierung be-
teiligt sich nicht an diesen wöchentlichen Wasserstands-
meldungen, die von den Prognostikern im Wettlauf abge-

geben werden. Sie wird im Herbst dieses Jahres, wie ge-
plant, die gesamtwirtschaftliche Projektion und die Steu-
erschätzung überprüfen und dann entscheiden, wie die
vorgegebenen Konsolidierungsziele weiter erreicht wer-
den können. Wir machen jetzt keine neue Prognose.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: In den Schlick eingesunken ist die Bundesregierung! Es ist gar kein Wasser mehr da!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418126700
Jetzt hat die Kollegin
Schwaetzer eine Nachfrage.


Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1418126800
Frau Staatssekre-
tärin, Sie haben jetzt wortreich und minutenlang Er-
klärungen dafür abgegeben, weshalb die Bundesrepublik
Deutschland im Hinblick auf die Wachstumserwartungen
Schlusslicht in Europa ist. Meine Frage an Sie lautet: Be-
unruhigt es Sie eigentlich überhaupt nicht, dass im Zu-
sammenhang mit diesen schlechten Wachstumsprognosen
der Abbau der Arbeitslosigkeit nicht vorankommt, son-
dern saisonbereinigt sogar ein Anstieg zu verzeichnen ist?


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Leider wahr!)


D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418126900
Frau Kollegin Schwaetzer,
selbstverständlich ist das der Bundesregierung nicht
gleichgültig. Aber wenn Sie jetzt behaupten, es sei ein An-
stieg der Arbeitslosigkeit zu erwarten, so ist das wirklich
nur eine Behauptung.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Ist schon eingetreten! – Dirk Niebel [F.D.P.]: Das sagt sogar Jagoda! – Zuruf von der SPD: Sie geben sich die Antworten selbst!)


– Darf ich hier antworten?


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Dann antworten Sie doch endlich einmal!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418127000
Herr Kollege Niebel,
die Kollegin Staatssekretärin hat das Wort. Sie haben eine
Frage gestellt und nun haben Sie eigentlich gar nichts
mehr zu sagen. Sie dürfen aber gerne zuhören.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Zurufe sind aber noch erlaubt! – Weitere Zurufe von der F.D.P.)


– Richtig, jetzt wird die Frage der Kollegin Schwaetzer
beantwortet. Die Kollegin steht ja noch, wie das üblich ist,
wenn man auf die Beantwortung seiner Frage wartet.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Die Frau Staatssekretärin antwortet aber nicht! – Gegenruf von der SPD: Wenn man sie dauernd unterbricht, kann sie ja nicht antworten!)


Nun hat Kollege Brandner Gelegenheit zu einer Frage.


(Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin: Entschuldigung, ich würde gerne noch antworten!)


Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Rainer Brüderle

17830


(C)



(D)



(A)



(B)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418127100
Wenn Sie wollen,
dann antworten Sie.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418127200
Vielen Dank, Frau Präsi-
dentin. Bisher bin ich nicht dazu gekommen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418127300
Nun haben Sie das
Wort.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418127400
Herzlichen Dank, Frau
Präsidentin. – Selbstverständlich ist der Bundesregierung
eine solche Entwicklung nicht gleichgültig. Aber nach
allen uns vorliegenden Prognosen gehen wir weiterhin
davon aus – das sagen sogar die zurückgenommenen
Wachstumserwartungen nicht anders aus –, dass wir im
nächsten Jahr auf eine Arbeitslosenzahl von 3,5 Millionen
kommen werden. Zurzeit besteht eine Wachstumsdelle.
Für das zweite Halbjahr erwarten wir positivere Tenden-
zen. Dies wird sich wiederum – so hoffen wir jedenfalls
und dies ist in allen Prognosen bestätigt worden – auf dem
Arbeitsmarkt positiv auswirken. Auch im Hinblick auf die
zurzeit etwas gestiegene Inflationsrate erwarten wir eine
entsprechende Entwicklung, also einen Rückgang.

Ich darf im Übrigen auf Folgendes hinweisen: In den
90er-Jahren gab es inklusive des Vereinigungsbooms eine
Wachstumsrate von im Durchschnitt 1,4 Prozent. Ich bitte
Sie daher, nicht zu sehr schwarz zu malen, damit wir nicht
in die Gefahr einer „self-fulfilling prophecy“ geraten,
nämlich dass sich durch Äußerungen negativer Art
tatsächlich eine Spirale nach unten ergibt.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418127500
Nun hat der Kollege
Brandner das Wort.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1418127600
Frau Staatssekretärin, Sie ha-
ben gerade die Wachstumsrate angesprochen. Ich möchte
Sie konkret fragen, ob Sie bestätigen können, dass das
durchschnittliche Wachstum in den Jahren 1990 bis 1998
unter dem der Jahre 1999 bis 2000 lag und dass dieses ver-
besserte Wachstum mit der Haushalts-, Finanz- und Wirt-
schaftspolitik der jetzigen Bundesregierung in Zusam-
menhang zu bringen ist.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418127700
Selbstverständlich, Herr
Kollege Brandner. Wir haben ja im vergangenen Jahr ein
reales Wachstum von 3 Prozent gehabt. Ein so hohes
Wachstum – ich sagte ja schon, dass das Wachstum der
90er-Jahre bei durchschnittlich 1,4 Prozent lag – gab es,
soweit ich mich erinnere, nur Anfang der 90er-Jahre, was
aber natürlich mit dem vereinigungsbedingten Boom zu
tun hatte. Das war auch im Vergleich mit den Wachs-
tumsraten im europäischen Bereich eine Sonderentwick-
lung und hat sich im weiteren Verlauf der 90er-Jahre
natürlich nicht fortgesetzt. Wir hatten in diesem Jahrzehnt
vielmehr trotz des Booms zu Beginn der 90er-Jahre nur
eine Wachstumsrate von im Durchschnitt 1,4 Prozent zu
verzeichnen.

Zu dem deutlichen Wachstum von 3 Prozent im Jahr
2000 ist natürlich das Wachstum dieses Jahres hinzuzu-
rechnen. Dieses verbesserte Wachstum hat selbstver-
ständlich mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik der
Bundesregierung zu tun.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418127800
Nun hat die Kollegin
Kopp eine Frage.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1418127900
Frau Staatssekretärin, bei der
Frage eben, die Sie beantwortet haben, ging es darum,
dass Deutschland im Augenblick bei den Wachstumszah-
len im europäischen Vergleich das Schlusslicht bildet. In
den Jahren davor jedoch waren wir beim Wirtschafts-
wachstum topp. Dies ist etwas, was man nachtragen muss.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Denken Sie an 1994 mit 0,7 Prozent!)


Hinsichtlich der Wachstumsprognose, die Herr Kol-
lege Niebel angesprochen hat, haben wir mit einer gewis-
sen Besorgnis zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie den
Bundeswirtschaftsminister für seine Äußerung geohrfeigt
haben.

Meine Frage – denn Sie müssen sich auch mit den Rea-
litäten beschäftigen – lautet: Welche Auswirkungen hätte
ein Wachstumsminus von 0,5 Prozent auf unseren derzei-
tigen Bundeshaushalt? Diese Überlegungen müssen Sie
wenigstens intern angestellt haben. Darüber hätten wir
gerne Auskunft.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418128000
Zum Ersten: Frau Kolle-
gin, ich habe den Bundeswirtschaftsminister nicht geohr-
feigt. Im Gegenteil, ich schätze ihn sehr. Wir sitzen hier
auch immer sehr freundschaftlich und kollegial nebenein-
ander.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zum Zweiten: Dazu, dass Sie mit der Prämisse „Sie
müssen sich auch mit den Realitäten beschäftigen“ begin-
nen und dann konjunktivisch mit der Frage fortfahren,
was wir denn tun würden, wenn wir ein Minuswachstum
von 0,5 Prozent hätten, muss ich rein von der Sprachlogik
her sagen: Es kann sich nicht um die Realität handeln,
sonst würden Sie nicht konjunktivisch reden. Da wir dies
auch nicht erwarten, müssen wir uns mit einem irgendwie
gedachten „worst case“ – man könnte auch sagen: viel-
leicht werden es minus 5 oder 10 Prozent – nicht ausei-
nander setzen, auch nicht in der Haushaltsplanung.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Konjunktiv kann auch indirekte Rede sein!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418128100
Nun kommt der Kol-
lege Dreßen mit einer Zusatzfrage.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1418128200
Frau Staatssekretärin, es ist un-
bestritten, dass wir alle gerne eine höhere Wachstumsrate
hätten. Die Opposition macht aber nun Vorschläge, um

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001 17831


(C)



(D)



(A)



(B)


diese Wachstumsdelle zu beseitigen. Einerseits fordert sie
zum Beispiel Steuererleichterungen in einem Umfang von
circa 50 Milliarden DM, andererseits verlangt sie Steuer-
mehrausgaben – hierbei denke ich zum Beispiel an Fami-
lien oder den Verteidigungshaushalt – auch in einem Um-
fang von etwa 50 Milliarden DM.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418128300
Sie sollen eine Frage
stellen, Herr Kollege.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1418128400
Ich möchte Sie fragen, Frau
Staatssekretärin: Welche haushaltstechnischen Auswir-
kungen hätte es, wenn wir diese Forderungen der Oppo-
sition in einer Größenordnung von insgesamt über
120 Milliarden DM erfüllen würden? Wie ließe sich so et-
was überhaupt finanzieren?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418128500
Das ließe sich außer über
erhöhte Schulden, und zwar nicht nur auf Bundesebene,
sondern auch auf Ebene der Länder und Gemeinden,
natürlich gar nicht finanzieren. Denn ein Vorziehen der
nächsten Steuerreformstufe würde im Wesentlichen auch
die Einkommensteuer umfassen. Dies würde – jetzt rede
ich auch konjunktivisch – zu entsprechenden Minderein-
nahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden führen und
deswegen sicherlich keine Zustimmung im Bundesrat fin-
den. Insofern ist es ein typischer Oppositionsantrag, für
den man keine Verantwortung übernehmen muss.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418128600
Jetzt hat die Kollegin
Wolf eine Frage.


(Dr. Bernd Protzner [CDU/CSU]: Jetzt fragt sich die Regierung selber!)


Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Frau Kollegin Hendricks, ich habe eine Frage
zur finanz- und wirtschaftspolitischen Kompetenz der
F.D.P.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418128700
Frau Kollegin, Sie
müssen natürlich anders fragen, denn wir sind immer noch
bei Frage 20. Dazu haben Sie eine Zusatzfrage. Bitte sehr.

Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. Meine Zusatzfrage lautet, ob Ihnen be-
kannt ist, dass sich unter der F.D.P.-Regierung die Ar-
beitslosenzahl von 1983 bis 1998 verdreifacht hat, dass
die Wachstumsraten bis auf die schon angesprochenen
vereinigungsbedingten Wachstumsraten im Durchschnitt
unter 1 Prozent lagen und dass sich die Lohnnebenkosten
fast verdoppelt haben, nicht zu sprechen von der Haus-
haltsverschuldung, die um 35 Prozent zugenommen hat.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Das müsste die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium selbst wissen!)


D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418128800
Frau Kollegin, selbstver-

ständlich ist mir das bekannt. Ich danke Ihnen dafür, dass
Sie die Zahlen, die ich nicht alle so präsent gehabt hätte,
dem geneigten Auditorium noch einmal haben zur Kennt-
nis geben können, insbesondere den Kolleginnen und
Kollegen von der F.D.P.

Ich darf die Gelegenheit nutzen, um noch darauf hin-
zuweisen, dass die Bemerkung von Ihnen, Frau Kopp, die
Sie vorhin gemacht haben, Sie seien beim Wirtschafts-
wachstum immer Spitze gewesen, natürlich – ich bitte den
unparlamentarischen Ausdruck zu entschuldigen – barer
Unsinn war.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [F.D.P.]: Vielleicht können Sie der Frau Kollegin Staatssekretärin Ihre Antwort schriftlich zukommen lassen! – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418128900
Die letzte Frage dazu
kommt vom Kollegen Hirche.


Walter Hirche (FDP):
Rede ID: ID1418129000
Frau Staatssekretärin, Aus-
gangspunkt war die Frage nach dem Wirtschaftswachs-
tum in Deutschland im europäischen Vergleich. Sie haben
darauf hingewiesen, dass der Export dabei eine Rolle
spiele. Nun ist es so, dass der deutschen Exportwirtschaft
der niedrige Stand des Euro ein ganzes Stück hilft. Das
bedeutet auch, dass er im Augenblick in Deutschland
Arbeitsplätze sichert.

Wie wirkt es sich aus, wenn die Bemühungen, die die
Bundesregierung hoffentlich anstellt, den Euro zu stär-
ken, durchgreifen? Wie wirkt sich das auf die Arbeits-
plätze und auf die Wirtschaft in Deutschland im Verhält-
nis zu den anderen europäischen Staaten aus? Oder wollen
Sie etwa auf einen stärkeren Euro verzichten?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1418129100
Wir werden selbstver-
ständlich nicht auf einen stärkeren Euro verzichten; die
Bundesregierung strebt eine Stärkung des Euro an. Es
dürfte aber in der Logik liegen: Wenn der Euro gestärkt
wird, wird er nicht nur in Deutschland, sondern auch in
Frankreich gestärkt, sodass sich in Bezug auf den Ar-
beitsmarkt keine Unterschiede in den einzelnen Ländern
ergeben werden.


(Beifall bei der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418129200
Wir sind damit am
Ende der Fragestunde.

Die nicht beantworteten Fragen werden nicht mehr
aufgerufen, sondern schriftlich beantwortet.

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der F.D.P.
Zur Ablehnung der IG Metall, bei VW 5 000
Arbeitsplätze mit einem Lohn von 5 000 DM zu
schaffen

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Peter Dreßen

17832


(C)



(D)



(A)



(B)


Ich eröffne die Aussprache und erteile für die F.D.P.-
Fraktion dem Kollegen Dr. Heinrich Kolb das Wort.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1418129300
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Es muss wirklich eine starke
Zumutung für Klaus Zwickel, den Vorsitzenden der IG
Metall, sein: Tausende von Menschen in unserem Lande
wollen sich nicht länger seinem Arbeitszeitdiktat beugen
und wagen eine Majestätsbeleidigung, indem sie ihre Be-
reitschaft erklären, mehr als 35 Stunden zu arbeiten, weil
sie nicht länger auf Arbeitslosengeld angewiesen sein
oder von Sozialhilfe leben wollen. Aber Klaus Zwickel
sagt Nein, weil für ihn nicht sein kann, was nicht sein darf.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Genau so ist es!)


Dabei sind die Bedingungen, die VW in Abstimmung
mit dem Betriebsrat offeriert, durchaus nicht unzumutbar:
Das Gehalt ist attraktiv, Eigenverantwortung wird gefor-
dert und gefördert und Weiterbildung – in Sonntagsreden,
Herr Dreßen, ein Lieblingsthema der Gewerkschaften –
ist ein wichtiger Teil dieses Konzeptes. Eine neue Form
der Qualitätssicherung soll sogar Nachtschichten über-
flüssig machen. Als Sahnehäubchen gibt es schließlich
noch eine Beteiligung am Unternehmensergebnis. Ich
kann nur sagen: Das ist wahrlich ein modernes Paket, das
hier geschnürt wurde. Nur Herr Zwickel will das nicht
wahrhaben.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das zwickelsche Veto, das nach letzten Tickermeldun-
gen beim Appell in Frankfurt auch gegenüber dem VW-
Betriebsrat durchgedrückt wurde, ist nach Auffassung der
F.D.P. eine nicht zu akzeptierende Bevormundung der
Menschen, die sich beworben haben.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


Es ist ein Schlag ins Gesicht der Arbeitslosen in unserem
Land, wenn ein Gewerkschaftsvorsitzender, der materi-
elle Not persönlich nicht mehr kennt, anderen den Weg zu
einer besseren Lebenssituation verbaut.


(Beifall bei der F.D.P. – Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch Quatsch!)


Hier stellt sich, Herr Dreßen, die Frage nach der Wahr-
nehmung der politischen Verantwortung.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Nein!)


Wir leben – das ist in der Fragestunde noch einmal gesagt
worden – in einem Land mit aktuell rund 3,7 Millionen
Arbeitslosen – Tendenz bestenfalls gleich bleibend. Wir
leben in einem Land mit dem derzeit schwächsten
Wirtschaftswachstum in der EU und können es uns daher
nicht erlauben, auf solche Angebote wie das von VW zu
verzichten. Wir müssen handeln, und zwar schnell.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Weiermann [SPD]: Das Angebot juckt euch doch gar nicht! Ihr wollt den Flächentarifvertrag kaputtmachen!)


Was geschieht, wenn die Vereinbarung nicht zustande
kommt? VW, Herr Weiermann, wird wohl kaum auf die

Produktion des Minivans verzichten; die 5 000 Arbeits-
plätze werden dann nicht in Deutschland, sondern im Aus-
land – in Portugal oder Tschechien – geschaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)


Selbst wenn zur Gesichtswahrung der Minivan am Stand-
ort Wolfsburg produziert werden sollte, wird dafür die
Fertigung anderer Modelle ins Ausland verlagert. Der Be-
schäftigungseffekt ist und bleibt in beiden Fällen gleich
Null.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was uns empört, ist das Signal, das von Herrn Zwickel
– offensichtlich mit Billigung des Bundeskanzlers – auch
an Investoren aus dem Ausland gegeben wird: Wir wollen
eure Investitionen, aber nur zu unseren Bedingungen, bas-
ta! – Das ist für uns nicht akzeptabel.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir finden, es ist empörend, dass im Kanzleramt zu die-
sem Thema absolute Funkstille herrscht. Es ist überfällig,
dass die ruhige Hand des Kanzlers endlich einmal auf den
Tisch haut und diesem Trauerspiel ein Ende macht.


(Beifall bei der F.D.P.)


Vorrang für Arbeitsplätze, das ist das Gebot der Stunde.
Der Machtwortkanzler aber wird regelmäßig zum Ku-
scheltier, wenn es um die Interessen des DGB und erst
recht um die einer seiner mächtigsten Einzelgewerk-
schaften, der IG Metall, geht.


(Lachen bei der SPD )


Das war beim Betriebsverfassungsgesetz so. Das ist auch
beim Thema betriebliche Bündnisse für Arbeit nicht an-
ders.


(Peter Dreßen [SPD]: Ist die Ökosteuer wieder Schuld?)


An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Mahnungen
des Sachverständigenrates – ich sage: Ihres Sachverstän-
digenrates – mehr als berechtigt sind. Er schreibt in sei-
nem aktuellen Gutachten, das in diesen Fällen – es geht
um das betriebliche Bündnis für Arbeit – herrschende Ein-
vernehmen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in
der gemeinsamen Anstrengung, Arbeitsplätze zu sichern,
lasse die bestehende Gesetzeslage, die sich diesen
Bemühungen in den Weg stelle, überholt erscheinen und
erfordere eine Antwort des Gesetzgebers.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie uns endlich handeln! Wir brauchen die
Möglichkeit, betriebliche Bündnisse für Arbeit auch ohne
die Zustimmung der Tarifverbände, auch ohne die Zu-
stimmung von Herrn Zwickel und seiner Gewerkschaft zu
ermöglichen.


(Beifall bei der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD – Renate Rennebach [SPD]: Sie hetzen auf unerträgliche Art und Weise, Herr Kolb! Unglaublich!)


Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Vizepräsidentin Anke Fuchs

17833


(C)



(D)



(A)



(B)


Man hört immer wieder – auch aus den Reihen der Ko-
alition, vorzugsweise aus den Reihen der Grünen – ent-
sprechende Töne, hier müsse etwas geschehen. Herr
Schlauch, Frau Wolf, Frau Scheel, Frau Hustedt und Frau
Dückert äußern sich regelmäßig und werden ebenso re-
gelmäßig zurückgepfiffen. Frau Wolf, Sie werden heute
zwar nicht als Staatssekretärin, aber als Abgeordnete in
dieser Debatte reden. Ich bin sehr gespannt, wie Sie die
Position Ihrer Partei in dieser Frage begründen werden.

Die Stunde der Wahrheit naht. Wir werden am Freitag
eine Änderung des Tarifvertragsgesetzes in den Deut-
schen Bundestag einbringen, die sich ganz auf das Güns-
tigkeitsprinzip – um diese Frage geht es hier – konzen-
triert. Spielraum für Ausreden wird es dann nicht mehr
geben.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418129400
Herr Kollege, Sie
müssen zum Schluss kommen. Wir sind in der Aktuellen
Stunde.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1418129500
Ich komme zum
Schluss, Frau Präsidentin.

Wir als F.D.P. werden in dieser Frage nicht locker las-
sen, weil wir glauben, dass die Menschen in den Betrie-
ben sehr wohl selbst für sich entscheiden können.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Damit habt ihr doch gar nichts am Hut! Ihr wollt das Tarifrecht kaputtmachen, das ist alles! Die ganze Debatte gehört nicht hierhin!)


Wir wollen mehr betriebliche Bündnisse für Arbeit. Dies
ist ein aussichtsreicher Weg, vielleicht der aussichtsreichs-
te Weg, mehr Arbeitsplätze in unserem Land zu schaffen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418129600
Ich möchte darauf
hinweisen, dass die Redezeit in der Aktuellen Stunde fünf
Minuten beträgt. Eine Ausnahme gilt für die Bundesre-
gierung. Ich sage das, damit wir uns ein bisschen daran
halten.

Jetzt hat das Wort der Parlamentarische Staatssekretär
Gerd Andres.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1418129700
Frau Präsidentin! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst sa-
gen: Die Bundesregierung bedauert, dass es bei VW nicht
zu einem Tarifabschluss gekommen ist.


(Beifall bei der SPD)


Ich sage Ihnen aber: Die Bundesregierung geht auch da-
von aus, dass dieses Projekt in absehbarer Zeit zu einem
Abschluss kommen wird.

Bei allem Feldgeschrei, Herr Kolb, das Sie hier ange-
stimmt haben, darf ich Ihnen sagen: Ich bin mir relativ si-
cher, dass bei VW neue Arbeitsplätze entstehen werden.
Ich bin mir auch sicher, dass bei VW Arbeitslose wieder
in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Ich bin mir
deshalb sicher, weil das auch in der Vergangenheit der Fall
war. Man kann am Beispiel VW deutlich machen, wie
sehr sich die Tarifautonomie und andere Regelungsinstru-
mente, die wir in diesem Sektor haben, bewährt haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich empfehle Ihnen ausdrücklich, sich mit der Sache
vertraut zu machen


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das haben wir! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht die F.D.P. nie!)


und sich damit auseinander zu setzen, statt hier ein Feld-
geschrei anzustimmen. Dann werden Sie nämlich fest-
stellen, dass es um außerordentlich komplexe und kom-
plizierte Zusammenhänge geht, die man nicht einfach mit
so einer marktschreierischen Debatte beenden kann, wie
Sie das hier versucht haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Walter Hirche [F.D.P.]: Ja oder Nein bei den Arbeitsplätzen, darum geht es!)


Ich vertraue auf die Zukunft des deutschen Tarifsys-
tems. Tarifverhandlungen sind ein Geschäft, das in
Deutschland seit mehr als 120 Jahren von den Tarifver-
tragsparteien betrieben wird, die unabhängig vom Staat,
vom Parlament und von der jeweiligen Bundesregierung
sind. Das Grundgesetz sieht ganz bewusst vor, dass es den
beteiligten Sozialpartnern überlassen bleibt, ihre Belange
selbst zu regeln.


(Peter Dreßen [SPD]: Das will die F.D.P. anders!)


Das ist auch gut so; denn wer kann das besser als die Be-
teiligten selber? Wer ist dichter an den konkreten Fragen
dran als die Betroffenen?

Der durch die Sozialpartner frei ausgehandelte Tarif-
vertrag ist ein Garant des sozialen Friedens. Er ist eine tra-
gende Säule der deutschen Wirtschaftsordnung. Der
durch die Sozialpartner frei ausgehandelte Tarifvertrag
hat in den vergangenen Jahrzehnten wichtige Funktionen
gehabt; diese wird er meiner Auffassung nach auch be-
halten. Die Tarifautonomie hat uns wesentlich größere
Stabilität und größeren Arbeitsfrieden gebracht als den
meisten Ländern, in denen es keine Tarifautonomie nach
unserem Muster gibt.

Wir sollten uns, auch wenn uns die Opposition dies
gern einreden möchte, von den Tarifauseinandersetzun-
gen bei VW in dieser Stunde nicht zu sehr beeindrucken
lassen. Die Verhandlungen – das wissen Sie und es hätte
Ihnen gut angestanden, sich das einmal genauer anzu-
schauen – laufen noch und sind noch nicht zu Ende.

Natürlich – das habe ich eingangs schon gesagt und das
gestehe ich gern zu – hätte es die Bundesregierung gern

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Dr. Heinrich L. Kolb

17834


(C)



(D)



(A)



(B)


gesehen, wenn die Verhandlungspartner schon zu einem
Ergebnis gekommen wären. Ganz besonders hätten wir
uns über die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze gefreut;
denn für uns ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kein
Lippenbekenntnis. Für uns bleibt diese Aufgabe der Dreh-
und Angelpunkt unseres politischen Handelns.


(Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [F.D.P.]: Damit sind Sie doch gescheitert!)


– Warten wir ab, wer gescheitert ist!

Natürlich begrüße ich es, wenn die Tarifparteien neue
Wege zur Schaffung neuer Jobs beschreiten, und natürlich
begrüße ich grundsätzlich das Projekt „5 000 x 5 000“ von
VW, wenn es gelingt, unbürokratisch und im Konsens
neue Beschäftigungen anzustoßen. Aber ich begrüße es
auch, wenn die Beschäftigung der zusätzlichen Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer durch Tarifvertrag gere-
gelt wird.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Richtig!)


Das mag manch einem von der Opposition nicht
schmecken, der den Tarifvertrag am liebsten ad acta legen
möchte. Wie sehr, das konnten wir eben bei Ihnen hören.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Wir wollen mehr Spielräume für die betriebliche Ebene! – Walter Hirche [F.D.P.]: Wir wollen betriebliche Vereinbarungen! – Renate Rennebach [SPD]: Das ist doch Quatsch!)


Aber ich bin mir recht sicher: Der Tarifvertrag hat Be-
stand.

Sie alle wissen, dass die Tarifvertragsparteien mit ihren
beschäftigungsfördernden Abschlüssen im vorigen und
auch in diesem Jahr den Vereinbarungen im Bündnis für
Arbeit, Wettbewerbsfähigkeit und Ausbildung Rechnung
getragen haben. Vielleicht hilft das Ihnen, meine Damen
und Herren von der Opposition, ein bisschen auf die
Sprünge – denn auch dies steht in einem engen Zusam-
menhang –: Das Bündnis für Arbeit hat, was die letzten
beiden Jahre angeht, tarifpolitisch Außerordentliches be-
wirkt. Auch das ist – das sage ich Ihnen ausdrücklich –
meiner Auffassung nach gut so.

Tarifverträge abzuschließen ist ein hartes Brot, braucht
Geduld und Kompromissbereitschaft. So begrüßenswert
das Angebot des Unternehmens auch ist, neue Arbeits-
plätze zu schaffen, so schwierig ist die Situation für die
IG Metall, einem Vorschlag zuzustimmen, der von den
bisher üblichen Tarifstandards wesentlich abweicht. Das
Angebot, wie es zunächst von VW auf den Tisch gelegt
wurde, bleibt weit unter den Bedingungen des VW-Haus-
tarifvertrags zurück.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Über 25 Prozent!)


Es unterschreitet auch den Flächentarifvertrag für die Me-
tall- und Elektroindustrie in Niedersachsen.

Ich will mich an dieser Stelle nicht auf rechnerische
Einzelheiten einlassen. Dies ist nicht Aufgabe der Bun-
desregierung, sondern ureigene Angelegenheit der Tarif-
vertragsparteien. Auch in diesem Falle bin ich allerdings

guten Mutes, dass die Verhandlungspartner eine Lösung
finden werden, die den Interessen des Unternehmens, den
Belangen der künftig Beschäftigten und dem Arbeits-
markt gerecht wird.

Diesen Prozess befördern wir jedoch nicht durch Ak-
tuelle Stunden. Die F.D.P. hat uns diese Debatte doch nur
deshalb aufgenötigt, um Druck auf die handelnden Ak-
teure auszuüben.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das ist im Interesse der Allgemeinheit!)


Das ist – ich sage das ausdrücklich – der Sache nicht dien-
lich.


(Beifall bei der SPD)


Meine Damen und Herren Liberalen, Ihre Absicht ist doch
sehr durchsichtig. Sie wollen hier Zwist schüren und da-
bei nehmen Sie in Kauf, dass es zu einer Verhärtung der
Verhandlungspositionen kommt.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Wir wollen ein schnelles Ergebnis! – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Als ob sich Zwickel von uns beeindrucken ließe!)


Ich appelliere an die Unternehmensleitung von VW
und an die IG Metall, sich nicht von der F.D.P. irritieren
zu lassen und auf wechselseitige Schuldzuweisungen zu
verzichten. Sie sollten bei allen gegensätzlichen Verhand-
lungspositionen die gemeinsame Einsicht und den Mut
haben, sich am Verhandlungstisch neuen Lösungen zuzu-
wenden. Ich bin zuversichtlich, dass es bei der Volkswa-
gen AG bald zu einer Lösung kommen wird, und ich bin
sicher, die Tarifautonomie wird sich auch in diesem Fall
bewähren. Da können Sie von der Opposition ganz unbe-
sorgt sein. Noch hat es die Sozialpartnerschaft in den letz-
ten 120 Jahren immer wieder geschafft, den Interessen-
ausgleich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
herzustellen. Ich denke, in diesem Fall wird das ebenfalls
gelingen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418129800
Ich erteile dem Kolle-
gen Dr. Bernd Protzner, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


Dr. Bernd Protzner (CSU):
Rede ID: ID1418129900
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär
Andres, Bedauern ist etwas zu wenig für die Bundesre-
gierung angesichts der Lage, in der wir uns in Deutsch-
land befinden. Wir haben einen dramatischen, einen dras-
tischen Wachstumseinbruch, wir haben eine Stagnation
auf dem Arbeitsmarkt und wir haben das Scheitern des
Konzepts des zweiten Arbeitsmarktes so deutlich wie nie
vor Augen. Wir geben dort seit Jahren Milliarden von
Mark aus, ohne dass wir etwas bewegen. – Herr Kollege,
Sie schütteln den Kopf. Wir haben 1 200 Milliarden DM
für die neuen Länder ausgegeben. Dort hat sich etwas
bewegt, dort ist etwas vorangekommen. Wir haben seit
1990 in den zweiten Arbeitsmarkt die gleiche Summe

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Parl. Staatssekretär Gerd Andres

17835


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hineingesteckt. Wir haben jedoch auf dem Arbeitsmarkt
nichts bewegt, nichts ist vorangekommen. Es ist die
größte Fehlinvestition in der Weltgeschichte, die auf dem
zweiten Arbeitsmarkt stattgefunden hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Klaus Brandner [SPD]: Zu welchem Thema reden Sie? – Wolfgang Weiermann [SPD]: Die Debatte kommt morgen, heute nicht!)


– Warten Sie doch ab!

Jetzt haben wir die Gelegenheit – das ist das Interes-
sante am Fall VW, an „5 000 x 5 000“ –, dass wir endlich
einen Ansatz für den ersten Arbeitsmarkt haben, nämlich
5 000 Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt hi-
neinzubekommen. Es ist gut, dass sich 10 000 Menschen
beworben haben und hier ihre Chance sehen.

Man muss nachfragen, ob es in unserem Land gerecht
und vertretbar ist, dass fern von Wolfsburg, in Frankfurt,
von einem Fremden zentral gesteuert, Widerspruch ein-
gelegt werden kann und dadurch die Verhandlungen
abgebrochen werden. Das ist ein Skandal, der nicht hin-
nehmbar ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Wolfgang Weiermann [SPD]: Das sind geltende Verträge, nichts anderes!)


Der Bundeskanzler hat die falsche Diskussion geführt.
Es geht bei uns in Deutschland nicht um das Recht auf
Faulheit. Offensichtlich will Bundeskanzler Schröder
eine Pflicht zur Faulheit in unserem Land, indem er ver-
hindert, dass 5 000 Menschen heute oder morgen in Arbeit
kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Rennebach [SPD]: Warum schreien Sie eigentlich so?)


– Ihre Aufregung bestätigt mir, dass Sie nichts dabei fin-
den, dass Menschen in unserem Land ausgegrenzt wer-
den, nicht nur materiell, sondern auch immateriell in
Form von Arbeitsplätzen.

Arbeitsplatzbesitzer und ihre Funktionäre können da-
rüber entscheiden, ob jemand bei uns im Land Arbeit fin-
den kann.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Nein, genau das nicht!)


Soziale Marktwirtschaft bedeutet Arbeit für alle. Jeder bei
uns im Land muss die Chance bekommen, einen Arbeits-
platz zu erhalten, wenn er zur Verfügung steht. Daran darf
er nicht gehindert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Weiermann [SPD]: Aber doch nicht um jeden Preis!)


Die Menschen sind mündig. Lassen Sie doch die Men-
schen ein Stück mehr entscheiden! Es ist doch der Fehler
unserer Arbeitsmarktpolitik, wie uns alle Gutachten und
internationalen Organisationen bestätigen: Wir setzen zu
wenig auf betriebsnahe Lösungen und bevormunden die
Betroffenen zu viel. Herr Andres, Sie hören nicht auf die
Betroffenen. Sie bevormunden die 10 000 Menschen, die
sich um diese Arbeitsplätze beworben haben. Das ist der

Fehler. Die Bundesregierung schaut bei dieser Bevor-
mundung zu. Das ist nicht tragbar.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Aber das Betriebsverfassungsrecht wolltet ihr doch auch nicht! Was wollt ihr eigentlich?)


– Wir wollen keine falschen Diskussionen, die Sie her-
beiführen. Wir als Union stehen zu Tarifverträgen und zur
Tarifautonomie.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Aber wir wollen betriebsnähere Entscheidungen haben,
die Sie verhindern.

Das Schlimme ist, dass dies nicht das erste Mal ist. Wir
haben schon den Fall Viessmann in Hessen und auch an-
dere Fälle gehabt, bei denen verhindert worden ist, dass es
schnell zu einer Entscheidung kam. Deshalb ist es not-
wendig, dass diese Bundesregierung mit ihrer emotiona-
len Attitüde des Bedauerns aufhört und das macht, was
ihre Aufgabe ist, nämlich zu regieren und zu handeln. Sie
müssen das Tarifvertragsrecht so ändern, dass es – das be-
tone ich noch einmal – zu betriebsnäheren Lösungen
kommt.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: Das würde euch so passen!)


Lesen Sie nach, was Professor Berthold gestern in der
Parlamentarischen Gesellschaft vorgeschlagen hat. Dann
werden Sie erfahren, dass Tarifautonomie und Mitbestim-
mung der Betroffenen mit betriebsnäheren Lösungen
durchaus vereinbar sind. Öffnen Sie sich der Zukunft!
Sorgen Sie dafür, dass Menschen in unserem Land in Ar-
beit und Lohn kommen! Das würde Ihnen als Sozialde-
mokraten gut anstehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Wolfgang Weiermann [SPD]: Lehnen das Betriebsverfassungsgesetz ab und reden hier so einen Quatsch!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418130000
Nun hat die Kollegin
Margareta Wolf für das Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Frau Wolf, sagen Sie auch etwas zu Holzmann?)


Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen
und Herren! Sehr geehrter Herr Protzner, die Fälle Viess-
mann und Burda lagen in der letzten Legislaturperiode.
Mit den Betriebsräten von Viessmann und Burda hat die
jetzige Regierung diskutiert. So viel zur Regierungsfähig-
keit.

Herr Kollege Kolb, ich habe mich schon den ganzen
Tag gefragt, warum es heute diese Aktuelle Stunde gibt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Dann wissen Sie es jetzt!)


– Jetzt weiß ich es: Sie haben sich in den letzten Tagen
trotz des vielfältigen Angebotes an Zeitungen in diesem
Lande nicht darum bemüht, auch nur in eine zu schauen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Dr. Bernd Protzner

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Wenn Sie das getan hätten, dann hätten Sie und Herr
Protzner zur Kenntnis genommen, dass sich der Bundes-
kanzler durchaus eingemischt hat.


(Zurufe von der CDU/CSU: Aha! – JochenKonrad Fromme [CDU/CSU]: Eine typische Chefsache ist in die Hose gegangen!)


Sie hätten dann vielleicht auch zur Kenntnis nehmen kön-
nen, dass die Verhandlungen zwischen Betriebsrat und
Konzernführung bei VW weiterlaufen und dass sie auf ei-
nem sehr guten Wege sind. Ich freue mich insbesondere
darüber, dass sich 10 000 Menschen bei VW beworben
haben.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das ist ja interessant!)


Wir alle wissen, dass sich die industriellen Beziehun-
gen seit den 80er-Jahren immer mehr verändert haben.
Das bedeutet auch, dass sich die Beziehung zwischen Ar-
beitgebern und Arbeitnehmern verändert haben. Das liegt
unter anderem an dem Druck zur Steigerung der globalen
Wettbewerbsfähigkeit, von dem natürlich auch die Auto-
mobilindustrie in Deutschland betroffen ist. Das liegt
auch an dem Zwang zur Effizienzsteigerung und Reorga-
nisation, daran, Entlassungen und Ausgründungen vorzu-
nehmen, und an der Tatsache


(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.])


– haben Sie ein bisschen Geduld –, dass zunehmend Be-
triebe übernommen werden. Vor diesem Hintergrund muss
man sagen, dass in den letzten Jahren der soziale Konsens
über die Mitbestimmung hergestellt worden ist. Er bedeu-
tet heute mehr denn je einen verlässlichen Rahmen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Da Sie nunmehr die betrieblichen Bündnisse für Arbeit
entdecken, möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Es gibt
nach einer WSI-Studie, die in den letzten Jahren durchge-
führt und die mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien
abgeschlossen worden ist, 800 betriebliche Bündnisse für
Arbeit, vornehmlich im Osten, aber auch im Westen. Sie
sind ausgesprochen erfolgreich.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Warum nicht in Wolfsburg?)


Solche Bündnisse gibt es bei Opel, Mercedes und Debis.
Den dort geltenden Haustarifvertrag halte ich für vorbild-
lich. Diese Firmen werden auch dem Anspruch nach mehr
Qualifikation gerecht und bieten ihren Arbeitnehmern die
Möglichkeit des lebenslangen Lernens. Dazu fühlen sich
diese Firmen verpflichtet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nichtsdestotrotz kann man an dem Verhalten von
Herrn Zwickel beispielhaft sehen, dass die deutschen Ge-
werkschaften im Moment – leider – an einem Prozess der
Auszehrung leiden, da sich immer weniger junge Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer – mit sinkender Ten-
denz – für eine gewerkschaftliche Mitarbeit interessieren.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Fragen Sie doch einmal, warum!)


– Halten Sie doch einmal den Mund. – Meiner Fraktion ist
sehr daran gelegen, dass die Gewerkschaften nicht zu Al-
tersorganisationen werden, die die Zukunftschancen der
Mitbestimmung schwächen. Wir brauchen gerade im
Zeitalter der Globalisierung eine funktionierende Mitbe-
stimmung. Dem strukturellen Wandel müssen sich auch
die Gewerkschaften stellen.

Ich möchte an dieser Stelle etwas sagen, was überhaupt
kein Geheimnis ist. Ich bin der Meinung, die Gewerk-
schaften täten gut daran – vielleicht lernen sie das jetzt aus
dem Fall VW –, einzusehen, dass die direkte Beschäf-
tigungspartizipation, das heißt die Bündnisse für Arbeit –
das habe ich übrigens schon immer gefordert –, aus der
Nische herausgeholt werden muss, weil die Bündnisse für
Arbeit der Beschäftigungssicherung dienen. Diese Bünd-
nisse erfordern eine hohe soziale Verantwortung und un-
ternehmerischen Geist seitens der Betriebsräte. Beides
haben die Betriebsräte in Deutschland offensichtlich;
denn sonst gäbe es nicht so viele Bündnisse für Arbeit.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Machen!)

– Es wird doch gemacht.

Jetzt nutzen Sie die Gelegenheit und sagen: Der Kanz-
ler hat nicht auf den Tisch gehauen. Dann müssen wir das
Günstigkeitsprinzip verändern, verehrter Herr Kollege
Kolb. Ich war auch einmal dieser Meinung, weil ich
dachte, dass dies ein Instrument der Beschäftigungssiche-
rung wäre und dass es die Beschäftigungsautonomie in
diesem Lande stärken würde. Dieser Meinung bin ich in-
zwischen nicht mehr, nachdem ich mit vielen Gewerk-
schaftern und Arbeitsrechtlern geredet habe. Zu dem Fall
Burda – das wissen Sie genau – hat der damalige BAG-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1418130100
Die Politik muss die rechtlichen Vo-
raussetzungen des Günstigkeitsprinzips neu definieren.
Ich bin nicht mehr dieser Meinung, weil ich glaube, dass
man in Zeiten des Strukturwandels nicht an der Tarifauto-
nomie rütteln sollte. Wenn die Arbeitgeber und die Ar-
beitnehmer wie auch die CDU/CSU-Fraktion eine Neu-
definition des Günstigkeitsprinzips so verstehen, dann
muss man anmerken, dass es kein geeignetes Instrument
zur Stärkung des Flächentarifvertrags ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Walter Hirche [F.D.P.]: Fragen Sie doch einmal die Arbeitnehmer und Gewerkschaften!)


Zusammenfassend möchte ich feststellen: Das Beispiel
VW macht deutlich, dass der alte Streit innerhalb der Ge-
werkschaften, welche Macht und Autonomie Betriebsräte
haben dürfen und welche Rolle die Funktionäre spielen
dürfen, jetzt geklärt werden muss. Das ist auch im Fall
Burda eines der Kernprobleme gewesen, –


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418130200
Frau Kollegin, Sie
müssen dringend zum Schluss kommen.

Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): – wenngleich ich glaube, dass auch Herrn
Zwickel sehr an der Beschäftigungssicherung gelegen ist.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Margareta Wolf (Frankfurt)


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(B)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418130300
Meine lieben Herren
Kollegen, ich beobachte schon – darauf möchte ich hin-
weisen –, dass die Zwischenrufe lauter sind, wenn eine
Kollegin spricht.


(Widerspruch bei der F.D.P. – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist so! Die Zwischenrufe sind auch blöder! )


– Mit Ausnahme von Herrn Niebel. Er ist immer laut; das
ist in Ordnung.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Die Lautstärke liegt am Ton des Redners!)


Nun hat das Wort die Kollegin Dr. Heidi Knake-Werner
für die PDS-Fraktion.


Dr. Heidi Knake-Werner (PDS):
Rede ID: ID1418130400
Herr Niebel über-
trifft immer alle.

Frau Präsidentin! Lieben Kolleginnen und Kollegen!
Die IG Metall und insbesondere ihr Vorsitzender Klaus
Zwickel stehen seit Tagen in der Schusslinie als angebli-
che Arbeitsplatzblockierer, als Anwälte der Arbeits-
platzbesitzenden – wie das so neumodisch immer heißt –
und als Traditionalisten, die sich scheinbar der Moderni-
sierung der Automobilproduktion in den Weg stellen.
5 000 VW-Arbeitsplätze werden angeblich durch Be-
tonköpfigkeit in den Wind geschlagen und die Interessen
der Arbeitslosen schmählich verraten, heißt es.

Die F.D.P. schießt aus vollen Rohren – wir konnten das
heute hören – und die Bündnisgrünen, so ihr Parteichef
Kuhn, blasen ins gleiche Horn. Sie werden verwechselbar,
liebe Kolleginnen und Kollegen.

Natürlich wäre es für viele Arbeitssuchende eine große
Chance, einen der tatsächlich 3 500 neuen Jobs bei VW zu
bekommen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: 5 000!)


– Nein, 3 500.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Plus 1 500 in Hannover!)


– Die stehen in den Sternen. – Ich kann verstehen, dass
sich viele Hoffnungen darauf richten. Mancher, der in-
zwischen in der Arbeitslosenhilfe gelandet ist, würde sich
über einen dieser 5 000-DM-Jobs freuen. Aber was für
den Einzelnen erstrebenswert ist, muss für die Gesamt-
entwicklung noch lange nicht gut sein.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Die Gewerkschaften wollen den Arbeitnehmern vorschreiben, was sie zu machen haben!)


Das wissen auch die meisten Erwerbslosen. Sie sollten
sich mit denen einmal ein bisschen beschäftigen.


(Beifall bei der PDS)


Was von der F.D.P. hier inszeniert wird, ist ein zyni-
scher Umgang mit den Menschen, die keine bezahlte Ar-
beit haben. Die wollen sich nämlich weder gegen die Ge-
werkschaften instrumentalisieren lassen, noch wollen sie
sich dazu hergeben, soziale und tarifliche Standards zu

unterlaufen. Aber genau das wollen Sie mit dieser Aktu-
ellen Stunde.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Fragen Sie mal die Leute, die nicht eingestellt wurden, was die von der IG Metall halten!)


Was ist das Problem beim VW-Modell? Am Standort
Wolfsburg und später vielleicht einmal in Hannover soll
ein neues Produktionskonzept im Automobilbau erprobt
werden. Zweifellos ist damit eine Menge an industriepoli-
tischer Innovation verbunden, und möglicherweise ist das
für die Herstellung von Autos eine wirkliche Revolution.
Die Krux ist nur: Diese Revolution wird auf dem Rücken
der abhängig Beschäftigten ausgetragen. Und genau das
wollen wir nicht.


(Beifall bei der PDS)


Ich will jetzt nicht im Einzelnen auf das eingehen, was
in diesem Modell vorgesehen ist; ich will nur ein Ergeb-
nis nennen, das die Beschäftigten und die Menschen, die
Ihnen ja so sehr am Herzen liegen, betrifft: In dem neuen
Werk würden die Beschäftigten 40 Prozent weniger ver-
dienen, als der Flächentarifvertrag in der Metall- und
Elektroindustrie vorsieht. Das ist das Ergebnis und genau
dieses Ergebnis wollen wir nicht.


(Beifall bei der PDS)


Dazu kann keine Gewerkschaft guten Gewissens Ja sa-
gen. Sie würde damit nämlich den Startschuss geben für
einen gnadenlosen Unterbietungswettlauf um Lohnkosten
und Arbeitszeit in der gesamten Automobilindustrie. Das
wissen Sie ganz genau. Das ist auch Ihr erklärtes Ziel,
liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie glauben doch nicht
im Ernst, dass in Rüsselsheim oder Zuffenhausen die
Löhne zu halten sind, wenn die Lohnkosten in Wolfsburg
so drastisch sinken! Nein, natürlich glauben Sie das nicht.
Sie wollen ja ausdrücklich, dass genau dieser Prozess ein-
setzt.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Die Benchmarks sind die Werke in Tschechien und Spanien! – Weitere Zurufe von der F.D.P.)


Das weiß natürlich auch die VW-Vorstandsetage. Sie
hat mit dem „5 000 x 5 000“-Vorschlag ein Pilotprojekt
geplant, das nicht nur den Haustarif bei VW aushebelt,
sondern das gesamte Tarifwerk der Metall- und Elektro-
industrie unterbietet.


(Wolfgang Weiermann [SPD]: So ist das!)


Das in Jahrzehnten erstrittene Lohn- und Arbeitszeit-
niveau soll dabei mir nichts, dir nichts nach unten
gedrückt werden, um nach dem Erreichen der höchsten
Arbeitsproduktivität – die haben wir bei VW – nun auch
noch die höchste Kapitalrendite einzufahren. Für eine
Gewerkschaft ist es völlig inakzeptabel, dabei zuzusehen,
zumal es um einen Betrieb geht, der wirklich nicht in
wirtschaftlicher Not steckt.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Dann hätte man die Arbeitnehmer auch noch am Gewinn beteiligen müssen! So etwas Schlimmes! – Rainer Brüderle [F.D.P.]: Gruß aus Moskau!)


Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 200117838


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Gerade in einem Unternehmen wie VW mit einem hohen
gewerkschaftlichen Organisationsgrad wäre der Verzicht
auf die Mindeststandards des Flächentarifvertrages gegen-
über den Beschäftigten und gegenüber den Arbeitslosen
verantwortungslos. Damit es eindeutig klar ist: Es ist im
Interesse der Erwerbslosen, wenn sie zu vernünftigen und
erkämpften Tarifbedingungen beschäftigt und nicht zu de-
ren Unterbietung missbraucht werden. Ich stimme dem
IG-Metall-Chef Klaus Zwickel voll und ganz zu, wenn er
sagt: Am Ende einer solchen Lohnabwärts- und Arbeits-
zeitaufwärtsspirale stehen nicht Tausende Arbeitslose we-
niger, sondern Hunderttausende Arbeitslose mehr.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das ist bei Herrn Zwickel so falsch wie bei Ihnen!)


– Nein, das ist bei Herrn Zwickel völlig richtig.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Nenne mir dei ne Freunde und ich sage dir, wer du bist!)

Ich sage ausdrücklich: Die PDS wird genau diejenigen

unterstützen, die sich diesem Trend in den Weg stellen. Ge-
nau das tut die IG Metall in diesem Fall und das ist gut so.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das tut dem Zwickel aber gut, dass er solche Freunde hat!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418130500
Jetzt hat der Kollege
Bodo Seidenthal für die SPD-Fraktion das Wort.


Bodo Seidenthal (SPD):
Rede ID: ID1418130600
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Die von der F.D.P.-Fraktion
beantragte Aktuelle Stunde beweist einmal mehr, dass die
F.D.P. Politik auf dem Rücken von Menschen machen
will, die auch ohne Sie, meine Damen und Herren, genug
Probleme haben.


(Beifall bei der SPD und der PDS – Dirk Niebel [F.D.P.]: Das ist eine Unverschämtheit! Das nehmen Sie sofort zurück!)


Herr Hirche, Sie wollen den Menschen doch gar nicht hel-
fen; vielmehr geht es Ihnen darum, Tarifrecht und Tarif-
autonomie abzuschaffen. Das sind Ihre wahren Motive.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der F.D.P.)


Meine Damen und Herren von der F.D.P. und von der
CDU, wo waren Sie eigentlich, als am 25. Februar 1988
ein Entschließungsantrag der SPD, die geplante Privati-
sierung von Anteilen des Bundes an der VW AG abzuleh-
nen, zur namentlichen Abstimmung stand? Sie haben die-
sen Antrag abgelehnt!


(Walter Hirche [F.D.P.]: Seit wann hat Staatsbesitz Arbeitsplätze gesichert?)


Wo waren Sie eigentlich, als es in den 90er-Jahren um
die Einführung der Viertagewoche ging, mit der über
30 000 Arbeitsplätze in Wolfsburg gesichert wurden? Wo
waren Sie da, Herr Hirche?


(Beifall bei der SPD – Walter Hirche [F.D.P.]: Auf der Betriebsversammlung von VW war ich da!)


Wo waren Sie eigentlich in den letzten Wochen, als es um
das neue Betriebsverfassungsgesetz – es verbessert die
Situation der Betriebsräte – ging?

Wenn wir Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
F.D.P., bei all diesen Entscheidungen an unserer Seite ge-
habt hätten, dann wären Sie heute viel glaubwürdiger.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


Meine Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P., als Ver-
treter einer liberalen Partei meinen Sie doch, dass eine
Wirtschaftsordnung umso erfolgreicher sei, je mehr sich
der Staat zurückhalte und dem Einzelnen seine Freiheit
lasse. Warum sollen wir dann heute eigentlich disku-
tieren? Warum soll sich der Deutsche Bundestag eigent-
lich in diese Diskussion – –


(Zurufe des Abg. Dirk Niebel [F.D.P.] und des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.])


– Herr Niebel und Herr Kolb, seien Sie doch ganz ru-
hig. – Warum soll sich der Bundestag einmischen? Die
Tarifparteien funktionieren und dabei soll es bleiben.


(Beifall bei der SPD)


Das Projekt „5000x5000“ benötigt unsere Diskussion
nicht.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Dann lassen Sie es doch und setzen Sie sich!)


– Frau Schwaetzer, auch Sie waren doch damals schon da-
bei und haben dagegen gestimmt.


(Willi Brase [SPD]: Hört! Hört!)


Eines steht fest: Die Verhandlungsparteien haben sich
auch ohne uns für einen Verhandlungserfolg intensiv ein-
gesetzt;


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Vor allem Herr Zwickel!)


denn sie wollten mit diesem Projekt zeigen, dass in
Deutschland ein Wachstum anArbeitsplätzen auf dem Ge-
biet der industriellen Produktion möglich ist. Sie wollten
vor allen Dingen zeigen, dass wir auch für diejenigen Men-
schen, die nicht über das Privileg einer akademischenAus-
bildung verfügen, Beschäftigungswachstum brauchen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Sie haben doch die Arbeitsplätze nicht geschaffen!)


Herr Niebel, deshalb ist es richtig, dass die Verhandlungs-
teilnehmer das neue System nach Wolfsburg holen und
vor allem den Standort sichern wollten. Sie wollten Be-
schäftigungsverhältnisse für 5 000 Arbeitslose schaffen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Wer hat es verhindert? – Gegenruf der Abg. Renate Rennebach [SPD]: Der Niebel hat es verhindert!)


– Herr Niebel, Herr Zwickel hat es mit Sicherheit nicht
verhindert.


(Weitere Zurufe des Abg. Dirk Niebel [F.D.P.] – Gegenruf des Abg. Klaus Brandner [SPD]: Das ist an Plattheit nicht mehr zu überbieten!)


Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Dr. Heidi Knake-Werner

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Jetzt zitiere ich Ihnen das einmal, damit das ein für alle
Mal bei den Folgerednern vom Tisch ist.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418130700
Herr Niebel, ich will
jetzt hier keinen Ordnungsruf erteilen. Ich finde es aber
schon ziemlich unerträglich, dass Sie den Redner dauernd
unterbrechen. Meine Bitte ist, einmal ein bisschen zu-
zuhören. Der Kollege Seidenthal hat das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Bodo Seidenthal (SPD):
Rede ID: ID1418130800
Frau Präsidentin, mit Ihrer
Genehmigung zitiere ich aus einem Brief von Klaus
Zwickel an den niedersächsischen Ministerpräsidenten:

Zuvor will ich aber festhalten, dass die Tarifver-
handlungen am 25. Juni bereits faktisch gescheitert
waren, als ich gegen 18.30 Uhr in Hannover ankam.

Das hatte sich nämlich schon ab 15 Uhr abgezeichnet.
Die Tarifverhandlungen waren gescheitert, bevor Klaus
Zwickel überhaupt in Hannover eintraf.


(Zuruf von der CDU/CSU: Dann hat er wohl das Autotelefon benutzt!)


Das müssen Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Bis dahin hatte er überhaupt nichts davon gehört?)


Nach den gescheiterten Verhandlungen müssen wir
aber leider feststellen: Die Hürden zur Erreichung eines
Verhandlungserfolges waren definitiv zu hoch. Die An-
nahme des Vorschlages des Unternehmens hätte nämlich
faktisch die Festschreibung einer Arbeitszeit von über
40 Stunden in der Woche zur Folge gehabt. Das wäre ein
eindeutiges Signal für eine Verlängerung der tariflichen
Arbeitszeiten in ganz Deutschland gewesen. Sagen Sie
doch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern drau-
ßen, dass Sie das so wollen. Dies können und werden die
IG Metall, der Betriebsrat und die SPD nicht akzeptieren,
weil wir nicht 50 Jahre erfolgreicher Tarifpolitik der
Arbeitszeitverkürzung einfach auf den Müllhaufen der
Geschichte schmeißen wollen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Die Arbeitslosenzahlen sprechen gegen diesen Weg!)


Erkundigen Sie sich doch einmal in Wolfsburg beim
Betriebsrat: Bei Volkswagen gibt es mittlerweile über
100 Arbeitszeitmodelle, sodass wir Ihren Kommentar gar
nicht brauchen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, zum ersten Mal ist man bei
Volkswagen ohne gemeinsames Ergebnis auseinander ge-
gangen. Das bedaure ich persönlich sehr. Ich bin aber zu-
versichtlich, dass die Beteiligten im nächsten Anlauf ei-
nen guten tarifvertraglichen Kompromiss erreichen
werden.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Da hat der Staatssekretär etwas anderes gesagt!)


Volkswagen und der Betriebsrat stehen vor einer Be-
währungsprobe der besonderen Mitbestimmung. Vor-
stand und Gesamtbetriebsrat stellen sich dieser Be-
währungsprobe. Ich gehe davon aus, dass sie sie aus
eigener Kraft bestehen. Wir brauchen nicht den Rat der
F.D.P.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418130900
Nun hat das Wort der
Kollege Karl-Josef Laumann, CDU/CSU-Fraktion.


(Klaus Brandner [SPD]: Jetzt spricht ein Metaller!)



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1418131000
So ist es!

(Zuruf von der SPD: Aber jetzt wird die Tarif autonomie nicht angetastet!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir diskutieren in diesem Hause aus gutem
Grund oft über die Arbeitsmarktpolitik im Allgemeinen.
Heute diskutieren wir einmal über Arbeitsplätze im Kon-
kreten, nämlich über 5 000 Arbeitsplätze bei VW und
darüber, dass es viele Menschen im dortigen Raum gibt
– sonst hätten sich ja nicht 10 000 beworben –, die zurzeit
arbeitslos sind, vielleicht Familie haben und hier eine
neue Lebensperspektive sowie ein vernünftiges finan-
zielles Fundament für ihr persönliches Leben bekommen
könnten. Das ist eine ganz konkrete Sache.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Ich kann mir schon vorstellen, dass diese Menschen ziem-
lich erstaunt sind über das, was da bei VW passiert.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Sie werden stinksauer sein!)


Ich möchte es mir nicht so einfach machen und fest-
legen, ob nun die Gewerkschaften oder der Vorstand von
VW schuldig ist. Für die Menschen, die diese Arbeits-
plätze haben wollten, ist diese Frage auch relativ uner-
heblich. Sie erwarten zu Recht, dass es eine Entscheidung
gibt und diese Arbeitsplätze in Deutschland – genauer: in
der Region Wolfsburg – entstehen. So einfach ist das.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

In der letzten Wahlperiode hat mein Kollege Heinrich-

Wilhelm Ronsöhr einen Angriff der F.D.P. auf das VW-
Gesetz abgewehrt. Wir von der CDU/CSU haben die Li-
beralen davon überzeugt, das besser sein zu lassen. In
diesem VW-Gesetz ist festgelegt, dass VW seinen Stand-
ort in Wolfsburg hat. Damals sind der Herr Ronsöhr und
die Union auch von der IG Metall dafür gefeiert worden,
dass sie diese Angriffe vereitelt haben.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das nützt Ihnen gar nichts!)


Wenn aber die IG Metall es damals so gefeiert hat, dass
VW in Wolfsburg bleibt und die Entscheidungen von VW
weiterhin in Wolfsburg fallen, dann sollte sie sich bitte
auch daran halten und nicht von Frankfurt aus Entschei-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Bodo Seidenthal

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dungen in Wolfsburg beeinflussen. Man kann nicht beides
haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wir müssen auch einmal darüber reden, dass der

Betriebsratsvorsitzende, mein Kollege von der IG Metall,
gesagt hat, dass diese Arbeitsplätze für VW in Wolfsburg
große Bedeutung haben, auch über diese 5 000 hinaus.


(Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich!)

Wir wissen ja, dass an einem Arbeitsplatz bei VW auch
Zulieferungen hängen, dass auch Infrastruktur daran
hängt. Es gibt Leute, die sagen, man könne einen Arbeits-
platz in der Industrie etwa mal vier nehmen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Sehr richtig!)

Also geht es hier um eine gewaltige Sache für die Region.

Nun sind wir hier im Bundestag bei der Politik. Wir
müssen uns natürlich schon überlegen, was wir tun kön-
nen. Die Bundesregierung hat immer gesagt, sie wolle im
Bündnis für Arbeit darüber reden, was wir tun können, um
mehr Arbeitsplätze in Deutschland zu kriegen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Da passiert aber nichts! Zwei Jahre!)


Warum ist eigentlich im Bündnis für Arbeit bis jetzt nicht
über die Probleme, die wir bei VW haben, die mit dem
Flächentarifvertrag zusammenhängen, geredet und eine
Lösung geschaffen worden?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Denn das, was im Moment im Zusammenhang mit VW
durch die Zeitungen geht, passiert doch wahrscheinlich
Woche für Woche mit weniger Arbeitsplätzen an vielen
hundert oder tausend Stellen in Deutschland.


(Zuruf von der SPD: Da passiert etwas ganz anderes!)


Ich glaube, dass es, wenn dieses Bündnis überhaupt noch
Sinn machen soll, dringend notwendig wäre, darüber zu
reden.


(Weitere Zurufe von der SPD)

Der Bundestag muss sich fragen, warum er nicht die

rechtlichen Voraussetzungen schafft, für diesen Bereich
auch zu anderen Lösungen zu kommen. Meine Partei hat
im Zusammenhang mit dem Betriebsverfassungsgesetz in
unserem Antrag einen Vorschlag gemacht und gesagt,
dass so etwas gehen muss, wenn der Betriebsrat, die Ge-
schäftsleitung und die Belegschaft in geheimer Abstim-
mung mit einem hohen Quorum dafür sind und ein be-
gründetes und zeitlich befristetes Einspruchsrecht der
Tarifvertragsparteien gegeben ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Auf die Idee sind die doch nicht gekommen!)


Das muss nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Ich
sage nur eines: Der Flächentarifvertrag hat eine beru-
higende Wirkung und eine sehr positive Bedeutung. Den-
noch ist es doch so, dass wir über solche Maßnahmen wie
hier im Falle von VW, die doch eigentlich alle wollen,
nachdenken müssen. Die Mitarbeiter von VW würden ja
nicht Arbeitsbedingungen für die neuen Kollegen zustim-

men, wenn die unmöglich wären. 5 000 DM Einkommen
sind für viele Leute in diesem Lande Gott sei Dank noch
eine Menge Geld. Unter diesen Voraussetzungen muss so
etwas gehen.

Ich finde, wir sollten die gesetzlichen Rahmenbedin-
gungen dafür schaffen. Eigentlich gibt es auch eine Mehr-
heit im Parlament dafür; denn auch die Grünen, auch ihr
Fraktionsvorsitzender, haben sich mehrfach eindeutig so
geäußert, dass wir eine Regelung dafür brauchen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Auf die Grünen dürfen Sie sich da nicht verlassen! Die gackern nur, aber legen keine Eier!)


Dann ist es auch einmal wichtig, dass Sie mit uns zusam-
men diese Regelung schaffen. Die Opposition steht dafür
bis auf die PDS zur Verfügung. Sie dürfen eben nicht nur
auf Parteitagen reden, aber dann in der Praxis so abstim-
men, dass sich in dieser Frage einfach zu wenig tut.

Ich hoffe nur, dass die Verantwortlichen bei VW und
bei der IG Metall bald eine Lösung finden, damit diese
Arbeitsplätze bei uns entstehen. Ansonsten geben sie alle
sich der Lächerlichkeit preis


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Sie machen sich schuldig!)


und kommen damit wieder an einen Punkt, an dem sich
die Menschen zu Recht fragen: Was ist eigentlich in un-
serem Land los?

Schönen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418131100
Jetzt hat die Kollegin
Dr. Thea Dückert für Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1418131200

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! Das Projekt 5 000x5 000 ist sicherlich ein Projekt mit
ungeheuer großen Chancen für die gesamte Region
Wolfsburg,


(Zuruf von der CDU/CSU: Und für die Menschen!)


für Hannover und, wie wir gehört haben, auch darüber hi-
naus. Das wird von niemandem bezweifelt. Die große
Chance besteht auch in den vielen innovativen Elemen-
ten, die in diesem Paket insgesamt enthalten sind. Bei al-
lem Ärger über den derzeitigen Abbruch der Verhand-
lungen, aber auch bei allem Verständnis dafür gibt es eine
sehr gute Nachricht, nämlich: Es wird weiter verhandelt
werden. Im August werden die Partner wieder zusam-
mentreten. Sie arbeiten jetzt an weiteren Lösungen, und
ich denke, das ist gut so.

Ich muss dabei aber auch feststellen – das insbesondere
an die Adresse von Herrn Kolb –, dass dies nun einmal
Sache der Tarifparteien ist. Ich sage Ihnen: Auch das ist
gut so!


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Aber wir bestimmen die Rahmenbedingungen, in denen die sich bewegen!)


Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Karl-Josef Laumann

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Es ist nicht Sache des Bundeskanzlers, sich da einzu-
mischen, und zum Glück auch nicht Sache des Herrn
Protzner, hier irgendwelche Lösungen vorzuschlagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


Herr Kolb, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie hier in
großer Klarheit gesagt haben, worum es Ihnen eigentlich
geht. Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie in diesem
Fall die Tarifparteien gar nicht bräuchten.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das stimmt doch gar nicht!)


Es geht Ihnen in dieser Aktuellen Stunde und in diesem
Fall gar nicht um die Inhalte,


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Uns geht es um die Arbeitsplätze!)


um die es noch zu streiten gilt, sondern es geht Ihnen da-
rum, in einer verantwortungslosen Art und Weise den
Flächentarifvertrag und die Tarifautonomie anzugreifen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Unsinn!)


Beide Tarifparteien haben von Anfang an ihr großes
Interesse an dem Projekt 5 000 x 5 000 deutlich gemacht.
Die IG Metall hat Ideen eingebracht, wie dieses Projekt
vorangetrieben werden muss. Zum Beispiel sollen Ar-
beitslose gezielt für schon vorhandene oder noch zu
schaffende Arbeitsplätze qualifiziert werden. Damit kann
für diese arbeitlosen Menschen eine Brücke zum Ar-
beitsmarkt geschlagen werden. Sie haben auch vor-
geschlagen, Gruppenarbeit in eigener Verantwortung zu
installieren


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Machen wir es doch!)


und flache Hierarchien in drei Stufen anstatt wie bisher in
acht Stufen im Rahmen dieses Projekts festzuschreiben.

Es war von Anfang an klar, dass die Regelungen, die
gefunden werden müssen, zwischen Haustarifvertrag und
Flächentarifvertrag liegen werden. Es wurde von keiner
Seite behauptet – auch nicht von den Arbeitgebern –, dass
man eine Lösung finden wollte, die unter den Regelungen
des Flächentarifvertrags liegt.


(Beifall der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Man kann sich zwar darüber streiten, ob dies der heutige
Stand ist – ich werde noch darauf zurückkommen –, aber
es ist einfach falsch und völlig deplatziert, hier eine De-
batte um das Günstigkeitsprinzip zu entfachen. Selbst
wenn man Ihren Vorschlägen folgen würde, würde das
Günstigkeitsprinzip überhaupt nicht zur Debatte stehen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Rezzo Schlauch hat es auch schon vorgeschlagen! – Gegenruf des Abg. Klaus Brandner [SPD]: Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie reden, Herr Niebel!)


Der Betriebsrat ist nicht zurückgepfiffen worden, wie
Sie hier suggerieren wollen. Der Betriebsrat hat vielmehr
in Übereinstimmung mit der IG Metall eindeutig gesagt,
dass es in dem vorliegenden Paket noch Pferdefüsse gibt

und dass somit noch die Gefahr besteht, dass der Tarif-
vertrag unterlaufen wird. In Wolfsburg wird im Moment
um eine Lösung oberhalb des Flächentarifvertrages, aber
eben auf Basis des Flächentarifvertrages gestritten. Die
Arbeitgeber bieten im Moment einen Jahreslohn von
54 000 DM an. Diese Summe liegt nun einmal unterhalb
der Summe von 61 000 DM, die im Flächentarifvertrag
vereinbart worden ist.

Ich sage aber auch: In dem Gesamtpaket gibt es Stell-
schrauben, um viele innovative Elemente bezüglich eines
ergebnisorientierten Produktionsverfahrens oder zum
Beispiel Beteiligungselemente bei der Bezahlung einzu-
führen. Es gibt viele flexible Elemente, die auf der einen
Seite Pilotcharakter haben, die aber auf der anderen Seite
auch Stellschrauben sind. Damit sind beide Seiten in der
Zukunft in der Lage, auf der Basis der Tarifverträge für sie
tragfähige Verabredungen zu treffen.

Ich glaube, dass man in Wolfsburg aufgrund der vor-
handenen Stellschrauben und Bewegungsmöglichkeiten
noch eine gute Lösung finden kann. Ich bin fest davon
überzeugt, dass die IG Metall und die Arbeitgeber in der
Lage sein werden, eine Win-Win-Situation herzustellen,
also eine Situation, in der in der Region alle – das heißt:
das Unternehmen, die Arbeitslosen und die Gewerkschaf-
ten – gewinnen werden.

Bis dahin wird es noch eine gewisse Zeit brauchen. Vor
dem Hintergrund der Geschichte gerade von VW Wolfs-
burg und der Geschichte der unterschiedlichen Haustarif-
verträge bei VW Wolfsburg, die allesamt Pilotcharakter
hatten, bin ich aber sehr positiv gestimmt, dass es VW
auch diesmal wieder gelingen wird, eine Vorreiterrolle be-
züglich neuer Tarifverträge und Haustarifverträge einzu-
nehmen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418131300
Nun erteile ich das
Wort dem Kollegen Walter Hirche, F.D.P.-Fraktion.


Walter Hirche (FDP):
Rede ID: ID1418131400
Frau Präsidentin! Meine Da-
men und Herren! Es ist natürlich eine zutiefst politische
Debatte, die wir haben, wenn in Deutschland der Vor-
schlag gemacht wird, auf einen Schlag 5 000 neue Ar-
beitsplätze zu schaffen, und dann die Gewerkschaft in der
ersten Runde Nein dazu sagt.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch Quatsch, was Sie erzählen!)


– Genau so ist es. Herr Volkert, der Betriebsratsvorsit-
zende, hat das zu Anfang in aller Deutlichkeit gesagt.
Es kann ja sein, dass er inzwischen durch Druck aus
Frankfurt


(Peter Dreßen [SPD]: Haben Sie nicht gehört, was er vorhin gesagt hat?)


eingefangen und auf eine andere Linie gebracht worden
ist; das lasse ich mal dahingestellt sein.

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Dr. Thea Dückert

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Ich hoffe mit Herrn Andres, um zu Beginn einmal auf-
zugreifen, dass es noch eine Lösung gibt;


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


denn 5 000 Arbeitsplätze plus entsprechende weitere Ar-
beitsplätze sind für die Region Wolfsburg und Hannover
bitter notwendig. Aber Tatsache ist doch auch, dass man
sich mit dem Vorgehen der IG Metall in dieser Situation
beschäftigen muss.


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [F.D.P.])


Nicht die F.D.P. mit dieser Aktuellen Stunde, sondern das
Verhalten der IG Metall im Zusammenhang mit neuen Ar-
beitsplätzen gefährdet die Tarifautonomie, nichts anderes!


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


Für uns als Liberale ist Tarifautonomie ein Bestandteil der
Freiheitssicherung in der Gesellschaft. Da soll sich der
Staat nicht reinmischen;


(Zuruf von der SPD: Genau das machen Sie jetzt hier!)


denn wir sind gegen einen zentralistischen Staat.


(Klaus Brandner [SPD]: Sind Sie noch bei Sinnen?)


Aber Tatsache ist doch, dass Klaus Zwickel und die
IG Metall die Einrichtung von 5 000 neuen Arbeitsplätzen
bei VW sabotiert haben, ohne Rücksicht auf die betriebli-
chen Notwendigkeiten.


(Beifall bei der F.D.P. – Peter Dreßen [SPD]: Sie verdrehen das!)


Das ist ein wirtschaftlicher Skandal.

Tatsache ist: 10 000 Menschen haben sich schon um
diese Arbeitsplätze beworben. Ihnen wird die Tür vor der
Nase zugeknallt. Das ist ein sozialer Skandal!


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


Die Hoffnungen der Arbeit Suchenden werden
blockiert, nur weil die IG Metall sagt: Wir haben mit den
Tarifverträgen einmal ein Muster gefunden, und an dem
wollen wir festhalten.

In der Tat – das finde ich das Positive an den Ge-
sprächen zwischen dem Betriebsrat und dem Unterneh-
men – hat auch der Betriebsrat gesagt: Lasst uns über fle-
xible Arbeitszeiten nachdenken;


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)


lasst uns darüber reden, dass es eine Gruppenverantwor-
tung gibt. Aber genau das, Frau Dückert, wird heute in ei-
ner Tickermeldung der Gewerkschaften wieder infrage
gestellt.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warten Sie mal ab!)


Man könne einem Arbeitnehmer nicht zumuten, heißt es
dort, für das Ergebnis seiner Arbeit verantwortlich zu sein.
Aber dem Kunden wird zugemutet, dass er mit dem Er-
gebnis der Arbeit zu einem festen Preis etwas anfängt.
Dann muss aber ebenso im Betrieb, wie das bei jedem

Mittelständler der Fall ist, der sich auch nicht an 35, 38
oder 42 Stunden festhalten kann,


(Renate Rennebach [SPD]: Sie haben das Rabattgesetz vergessen!)


ergebnisverantwortlich gehandelt werden.


(Beifall bei der F.D.P.)


Das, was die IG Metall hier bisher gemacht hat – völ-
lig anders als etwa die IG Chemie oder andere Gewerk-
schaften –,


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Sehr richtig!)


ist ein Dinosaurierverhalten, wie es in unserer Gesell-
schaft kein krasseres gibt:


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


das Kartell der Arbeitsplatzbesitzer gegen die Arbeitslo-
sen in dieser Gesellschaft.

Das Wichtigste in diesem Zusammenhang ist doch,
dass wir uns überlegen, warum andere Länder um uns
herum – ich nehme als Beispiel einmal die Schweiz mit
ihrer Arbeitsmarktstruktur – in der Bekämpfung der Ar-
beitslosigkeit so viel erfolgreicher sind. In der Schweiz
liegt die Arbeitslosigkeit unter 3 Prozent – bei einer
durchaus höheren Wochenarbeitszeit; das ist richtig.


(Zuruf von der SPD: Aha!)


– Da können Sie sagen: „Aha“;


(Renate Rennebach [SPD]: Wandern Sie doch aus!)


für mich ist aber der Arbeitsplatz das Wichtigste und nicht
das Beharren auf formalen Regeln.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen: Lieber drei oder fünf Stunden pro Woche
mehr arbeiten und einen Arbeitsplatz haben, als arbeitslos
in der Gegend herumzulaufen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


Das ist die eigentliche soziale Frage, der wir uns heute
stellen müssen. Wenn Sie zu dieser Frage Nein sagen und
die eine Gewerkschaft hier einfach machen lassen, dann
ist das ein falscher Weg. Ich begrüße deshalb, dass in die-
sem Zusammenhang seitens der Bundesregierung durch-
aus differenzierte Meinungen geäußert worden sind.

Ich will noch einmal verdeutlichen: Für uns ist bei die-
ser Debatte das Wichtigste, lieber Kollege Seidenthal,
dass Arbeitsplätze entstehen. Sie würden das genauso se-
hen. Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass wir das da-
mals bei der Betriebsversammlung von VW zusammen
haben verfolgen können, als über die 28-Stunden-Woche
geredet wurde; auch das Ergebnis haben wir gesehen. Ich
bin nämlich durchaus in den Betrieben.


(Klaus Brandner [SPD]: Was war denn das? 30 000 Arbeitsplätze gesichert! Der Mensch hat doch keine Ahnung!)


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Walter Hirche

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Deswegen sage ich als letzten Punkt dieses kurzen Bei-
trags: Wir haben hier einen Beweis dafür, dass es im Ta-
rifrecht und im Betriebsverfassungsrecht – wir müssen al-
les miteinander diskutieren – notwendig ist, über eine
neue Interpretation der Günstigkeitsklausel nachzuden-
ken.


(Zuruf von der F.D.P.: So ist es!)


Es kann nicht sein, dass diese Günstigkeitsklausel nur
mehr Lohn oder weniger Arbeitszeit beinhaltet. Vielmehr
muss sie in Zukunft betriebliche Vereinbarungen auch
dann zulassen, wenn es um mehr Arbeitsplätze geht.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)


Priorität in unserer Gesellschaft muss die Schaffung von
mehr Arbeitsplätzen haben. Das ist die Auffassung der
F.D.P.


(Zuruf von der SPD: Sie wissen doch gar nicht, was ein Haustarifvertrag ist, Herr Kollege!)


Ich verstehe gar nicht, warum Sie da so aufgeregt dazwi-
schenrufen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418131500
Herr Kollege, denken
Sie bitte an Ihre Redezeit.


Walter Hirche (FDP):
Rede ID: ID1418131600
Denn wir müssten uns auf die-
ses Ziel hin gemeinsam weiterbewegen. Das wollen wir
mit dieser Aktuellen Stunde erreichen. Ich hoffe, dass die
Einsicht bei Ihnen noch einkehrt, wie sie bei der Bundes-
regierung in Teilen offenbar vorhanden ist.


(Beifall bei der F.D.P. – Wolfgang Weiermann [SPD]: Sie wollen sich doch zurückbewegen und nicht nach vorn! Das ist der Unterschied!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418131700
Jetzt spricht für die
SPD-Fraktion der Kollege Klaus Brandner.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1418131800
Sehr geehrte Frau Präsiden-
tin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bei dem, was wir
heute hier gehört haben, insbesondere von Herrn Kolb
und von Herrn Protzner,


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das war nachdenkenswert!)


habe ich mir im Innern gesagt: Was an Inhalten fehlt, holt
man an Lautstärke nach. Ich habe in meiner Kindheit ge-
lernt: Wer schreit, hat Unrecht. Das, was Sie vorgetragen
haben, waren wirklich nur „Lautnummern“.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das hat keinem Arbeitslosen in dieser Gesellschaft gehol-
fen. Das, was Sie vorgelegt haben, war in der Tat jäm-
merlich.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie sind bis jetzt aber auch keinen einzigen Arbeitsplatz weitergekommen!)


Ein Beitrag wie der von Herrn Hirche, der sich sogar
dazu herabgelassen hat, von Sabotage bei Arbeitsplätzen
zu sprechen,


(Walter Hirche [F.D.P.]: Richtig!)


und der damit das Vorgehen in die Nähe einer Straftat
rückt, ist aus meiner Sicht eine Unverschämtheit. Ich sage
das einmal so deutlich.


(Beifall bei der SPD und der PDS – Walter Hirche [F.D.P.]: Das zeigt, dass Ihnen der Vorgang egal ist!)


Ich will auch etwas zu dem Kollegen Laumann sagen,
der in seinem Beitrag zuerst versucht hat, eine ausgewo-
gene Position darzustellen, sich dann aber in Bezug auf
das Tarifrecht und die Tarifautonomie völlig verirrt hat.
Das, was er vorgetragen hat, hat nämlich zur Folge, dass
Betriebräte zukünftig ein Streikrecht haben müssen; denn
in diesem Fall bei VW geht es nicht um eine Sanierung,
sondern darum, einen Haustarifvertrag für einen speziel-
len Unternehmenszweig abzuschließen. Wer will, dass
Betriebsräte dort eine andere Funktion bekommen, als sie
nach dem geltenden Betriebsverfassungsrecht haben, der
muss ihnen auch das offizielle Streikrecht zubilligen. Wer
das will, der schafft eine völlig andere Landschaft in die-
sem Land, der sorgt dafür, dass der Betriebsfrieden, der
heute eines unserer höchsten Güter ist, dauerhaft zerstört
wird, Kollege Laumann.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der F.D.P.: Das ist wirklich Quatsch!)


Meine Damen und Herren, die bisherige Debatte hat
gezeigt, dass die F.D.P. mit dem Beispiel VW wieder ein-
mal gegen die Tarifautonomie als solche vom Leder zie-
hen will. Ich stelle dagegen für die Sozialdemokraten klar:
Die SPD steht zur Tarifautonomie, weil sie sich in unse-
rem Land bewährt hat


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Wir auch!)


und weil es richtig ist, dass mit Tarifabschlüssen Rechts-
frieden und soziale Sicherheit in diesem Land hergestellt
worden sind.


(Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [F.D.P.]: Das bestreitet ja niemand!)


Die F.D.P. beantragt eine Aktuelle Stunde zum Thema:
„Zur Ablehnung der IG Metall, bei VW 5 000 Arbeits-
plätze mit einem Lohn von 5 000 DM zu schaffen“. Dazu
sage ich Ihnen ganz konkret: Die IG Metall lehnt die
Schaffung von 5 000 Arbeitsplätzen mit einem Lohn von
5 000 DM nirgendwo ab.


(Beifall bei der SPD)


Es geht nur darum, dass die Bedingungen, unter denen
dieser Abschluss erfolgen soll, nicht annehmbar sind. Das
muss man deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei VW geht es also um einen besonderen Abschluss.
Gerade bei VW hat sich die IG Metall in der Vergangen-
heit schon oft durch innovative Tarifpolitik zusammen mit

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Walter Hirche

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dem Betriebsrat hervorgetan. Das wissen Sie. Ich erinnere
in dem Zusammenhang nur an den Tarifvertrag über die
28,5-Stunden-Woche, durch den 30 000 Arbeitsplätze in
einer Krisensituation gesichert wurden. Gerade bei VW
haben Betriebsrat, IG Metall und Geschäftsleitung ge-
zeigt, wie innovative Tarifpolitik funktionieren kann.


(Beifall bei der SPD)


Deshalb sind wir – das sage ich sehr deutlich – gegen
Schnellschüsse, durch die im Kern die IG-Metall-Zentrale
als mutwilliger Bremser in der Tarifpolitik dargestellt
wird.

Ich sage auch ganz offen zu Frau Wolf: Die Gewerk-
schaften leiden in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit unter
Umständen an mangelndem Mitgliederzuwachs; dass sie
aber ausgezehrt und nicht mehr innovativ seien und keine
Ideen mehr hätten, das kann ich in der Tat nicht nachvoll-
ziehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das hat Frau Wolf aber gesagt!)


Die IG Metall hat gerade in Baden-Württemberg einen
Tarifvertrag zur Qualifizierung abgeschlossen und damit
ein Beispiel dafür gesetzt, dass Zukunftsfragen wie die
Arbeitsplatzsicherheit durch Tarifpolitik zu regeln seien.


(Beifall bei der SPD)


Meine Damen und Herren, die Verhandlungskommis-
sionen, die bei VW getagt haben, haben einstimmig ein
Ergebnis abgelehnt, das der VW-Vorstand vorgelegt hat.
Die Annahme, es gebe Differenzen zwischen Betriebsrat
und IG Metall, ist völlig fehl am Platze; das wissen Sie.
Im Übrigen setzt sich die Tarifkommission zu 80 Prozent
aus ehrenamtlichen Betriebsräten von VW und nur zu
20 Prozent aus hauptamtlichen Metallern zusammen. Das
macht deutlich, dass Sie völlig auf dem Holzwege sind,
wenn Sie einen Keil zwischen Betriebsrat und IG Metall
treiben wollen.


(Beifall bei der SPD – Walter Hirche [F.D.P.]: Das macht das überhaupt nicht deutlich!)


Es gibt keinen Kampf zwischen der angeblich sturen, be-
tonköpfigen Zentrale der IG Metall und den beweglichen,
flexiblen Betriebsräten vor Ort.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Es ist ja schmeichelhaft, was Sie uns alles zutrauen!)


Meine Damen und Herren, es ist ganz einfach so: Die
Arbeitnehmer sind sich in dieser Angelegenheit noch
nicht einig geworden. Anstatt hier aber einen Spaltpilz zu
säen, sollten wir angesichts der Komplexität – hier geht es
ja um Neuerungen in einem Tarifvertrag, die ausgelotet
werden müssen; es müssen Chancen ausgelotet und Risi-
ken minimiert werden –


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Warum wird dann jahrelang verhandelt? Das ist doch nichts Neues!)


den Parteien Zeit geben, sie fördern und ihnen sagen, dass
wir einen solchen Prozess nicht stören wollen. Wir sollten
loben, was gerade bei VW an innovativer Tarifpolitik ent-
standen ist.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418131900
Herr Kollege, bitte
kommen Sie zum Schluss.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1418132000
Ich komme zum Schluss. –
Diese Aktuelle Stunde ist in der von der F.D.P. verfolgten
Zielrichtung so überflüssig wie ein Kropf. Ich bin davon
überzeugt, dass es bei VW einen guten, modernen und in-
novativen Tarifvertrag auch zu diesem Gegenstand geben
wird. Allerdings bin ich gespannt, ob Sie, meine Damen
und Herren von der F.D.P., dann auch dazu eine Aktuelle
Stunde beantragen werden, um die innovative Tarifpoli-
tik, die vor Ort gemacht wird, zu feiern.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418132100
Das Wort hat der Kol-
lege Wolfgang Meckelburg für die CDU/CSU-Fraktion.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1418132200
Frau Präsiden-
tin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Natürlich
muss da etwas ausgelotet werden, Herr Brandner; das ist
völlig klar. Die Frage ist, wo ausgelotet wird und wie
lange dies dauert. Ich möchte nicht, dass das bis zum
Wahltag dauert, auch wenn dies hilfreich wäre, wenn es
zur Folge hätte, dass Sie dann nicht mehr gewählt werden,
weil Sie bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nicht
viel bewegt haben. Aber für die vielen Menschen, die be-
reit sind, dort zu arbeiten, wäre es keine Hilfe, sondern
verlorene Zeit, wenn dort zu lange verhandelt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Wenn Sie damals nicht bloß Geld verschoben, sondern mehr für die Arbeitslosen getan hätten, wäre es besser gewesen!)


Wir diskutieren hier ja auch nicht im luftleeren Raum,
sondern in einer Situation, in der die Arbeitslosigkeit seit
vier Monaten saisonbereinigt nicht mehr zurückgeht. In-
zwischen sind es schon fünf Monate; denn morgen kom-
men ja neue Zahlen. Heute sagt Ihnen das Ifo-Institut,
dass im Herbst die Arbeitslosigkeit erstmals wieder höher
ausfallen werde als ein Jahr zuvor.


(Klaus Brandner [SPD]: Haben Sie morgen keine Redezeit, Herr Meckelburg? – Zuruf der Abg. Renate Rennebach [SPD])


– Frau Rennebach, Sie sind doch gleich dran. Sparen Sie
sich Ihre Kraft für den Redebeitrag auf!

Das Ifo-Institut sagt auch, dass seit Mitte 2000 die
Wirtschaft nicht mehr so gewachsen sei, dass es positive
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat. Der Wirt-
schaftsweise Horst Siebert sagt Ihnen heute in einer Zei-
tung, man habe seitens der Regierung nichts am Regel-
werk getan, was Unternehmen zu einer stärkeren
Nachfrage nach Arbeitskräften veranlassen könnte.

In dieser Situation reden wir über die Frage, welchen
Stellenwert ein Modell 5 000 Arbeitsplätze für 5 000 DM
brutto hat. Es gibt eine Menge Gründe, die dafür sprechen,
dass für dieses interessante Modell schnell eine Lösung
gefunden wird. Der erste Grund wäre der deutliche Bei-
trag zur Senkung der Arbeitslosigkeit. Es wäre ein Beitrag
für die Menschen, die arbeitslos sind und die unter diesen

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2001

Klaus Brandner

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(C)



(D)



(A)



(B)


Konditionen arbeiten wollen, auf einen Arbeitsplatz zu
kommen, um damit ihre Familien aus eigener Hände Kraft
ernähren zu können, statt von Arbeitslosengeldzahlungen
abhängig zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es ist nach wie vor die größte soziale Ungerechtigkeit in
diesem Lande, dass nicht genügend Arbeit vorhanden ist.
Wir müssen in diesem Zusammenhang jedes Steinchen
prüfen.

Der zweite Grund wäre, dass es die Standortfrage mit
einschließt, die Frage also, ob diese 5 000 Arbeitsplätze
hier bei uns oder irgendwo sonst entstehen.

Der dritte Grund wäre, dass wir der Beantwortung der
Frage nahe kommen, ob dies nicht ein Modell dafür sein
kann, zu mehr Flexibilität insgesamt zu kommen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: So ist es!)

Wir leiden doch gerade unter einem zu umfangreichen
Regelwerk.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der F.D.P.)


Wir sehen an vielen Stellen, dass es offensichtlich durch-
aus möglich ist, auf Betriebsebene, also zwischen den Be-
triebsräten und den Unternehmen, und mit dem Einver-
ständnis der Beteiligten zu etwas lockereren und
flexibleren Regelungen zu kommen. Als Vertreter einer
Partei, die hier in Deutschland die soziale Marktwirtschaft
eingeführt hat,


(Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein [CDU/ CSU]: Die habt ihr wieder abgeschafft!)


sage ich Ihnen, dass wir natürlich zu den bestehenden
Flächentarifverträgen und zur Tarifautonomie stehen.
Was wir aber auch wollen, ist, dass es im Bündnis für Ar-
beit und auf Betriebsebene bzw. in den jeweiligen Unter-
nehmen mehr Flexibilität gibt, entsprechende Regelungen
festzulegen. Es geht nichts daran vorbei, in diese Rich-
tung zu gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Wissen Sie, wie viel Flexibilität es schon gibt?)


Wir sprechen hier über etwas, dessen Regelung zurzeit
nicht unbedingt ansteht. Bei der Änderung der Betriebs-
verfassung haben wir diese Chance gerade verpasst.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist aber eine Lachnummer, Herr Meckelburg! – Weitere Zurufe von der SPD)


– Herr Kollege Brandner, ich sage es Ihnen einmal knall-
hart: Diesen möglichen 5 000 Arbeitsplätzen können wir
nicht dadurch zur Geltung verhelfen und den 10 000 an
diesen Arbeitsplätzen Interessierten können wir nicht da-
durch helfen, dass die Schwellenwerte, wie es im Be-
triebsverfassungsgesetz festgelegt worden ist, gesenkt
werden bzw. ein Betriebsrat mehr oder weniger einge-
richtet worden ist.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Schwachsinn! Was hat das denn damit zu tun?)


Das hilft den nach den Arbeitsplätzen Nachfragenden
überhaupt nichts. Das, was Sie getan haben, war keine
Flexibilisierung, sondern reine Statistik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ein Schwachsinn! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! – Renate Rennebach [SPD]: Für einen Oberstudienrat haben Sie aber eine schlechte Polemik, Herr Kollege!)


– Frau Rennebach, was wir von Ihnen erwartet hätten, ist,
dass Sie die Betriebsverfassung zu einem modernen In-
strument der sozialen Partnerschaft gemacht, vor Ort un-
ter Beibehaltung der Tarifhoheit Bündnisse für Arbeit zu-
gelassen und Möglichkeiten geschaffen hätten, in den
Betrieben flexibler zu sein, und somit einen wichtigen
Beitrag geleistet hätten, wie man unter Beteiligung aller
Betroffenen zu mehr Arbeitsplätzen kommt. Da werden
keine Rechte und Möglichkeiten weggenommen. Wir
wollen nur, dass alles etwas flexibler wird.


(Klaus Brandner [SPD]: Schafft alle Gesetze ab und wir haben mehr Arbeitsplätze!)


Diese Chance haben Sie im Rahmen der Änderung der
Betriebsverfassung vertan, Herr Brandner.


(Walter Hirche [F.D.P.]: So ist es! – Renate Rennebach [SPD]: Dadurch, dass Sie alle Sozialleistungen gekürzt haben, haben Sie eine halbe Million Arbeitslose produziert!)


Am Ende meiner Rede kann ich nur meiner Hoffnung
Ausdruck geben, dass die, die für das Zustandekommen
des Modells von VW verantwortlich sind, sehen, welche
Chance und welche Verantwortung sie haben, dass sie
aber auch sehen, welchen Mut sie brauchen, sich einmal
einen kleinen Schritt abzunabeln und in Wolfsburg etwas
zu entscheiden, was nicht unbedingt von Frankfurt aus
fremdbestimmt wird. Das wäre ein Schritt, der Signalwir-
kung haben könnte, und dann wären wir sicherlich ein we-
sentliches Stück weiter. Ich hoffe, dass die Beteiligten die-
sen Mut haben und dies möglichst zügig umsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418132300
Jetzt hat für die SPD-
Fraktion die Kollegin Annette Kramme das Wort.


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1418132400
Sehr geehrte Frau Präsiden-
tin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder Arbeitslose
ist ein Arbeitsloser zu viel.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das ist wahr!)


Dies ist das ursprünglichste Ziel der Sozialdemokrati-
schen Partei und selbstverständlich die maßgeblichste
Zielvorgabe einer rot-grünen Koalition, weil wir wissen,
was Arbeitslosigkeit bedeutet: Existenzsorgen, soziale
Ausgrenzung und dauerhafter Qualifikationsverlust.

Sozialpolitik bedeutet deshalb vor allen Dingen auch
staatliche Arbeitsmarktpolitik. Wir werden daher zum

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1. Januar 2001 das Recht der Arbeitsförderung novellie-
ren. Sozialpolitik bedeutet aber auch, durch staatliches
Handeln für angemessene Arbeitsbedingungen auf dem
Arbeitsmarkt zu sorgen. Wir sind deshalb mit dem
Schlagwort „Recht und Ordnung für den Arbeitsmarkt“ in
den Wahlkampf 1998 gezogen und haben die entspre-
chenden Gesetzesänderungen, beispielsweise zum Kün-
digungsschutz, veranlasst.


(Beifall bei der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Deswegen sind wir Schlusslicht in Europa!)


Aber staatliches Handeln hat immer auch den Grund-
satz „Schuster, bleib bei deinem Leisten“ zu befolgen.


(Beifall der Abg. Renate Rennebach [SPD])


Deshalb sage ich, meine sehr geehrten Damen und Herren
von der F.D.P.-Fraktion: Bleiben Sie bei Ihrem Leisten!


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das ist gut, wenn Sie sagen: Die Arbeitsplätze sind unsere Leisten!)


Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen Art. 9 Abs. 3 des
Grundgesetzes erläutere. Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes
gewährt die Koalitionsfreiheit und als Ausprägung der-
selben vor allen Dingen die Tarifautonomie.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Aber das Gesetz bestimmen immer noch wir!)


Ein Grundrecht soll dabei – auch in diesem Fall – vor
staatlichem Handeln schützen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entschei-
dung in Band 88, S. 114 formuliert:

Mit der grundrechtlichen Garantie der Tarifauto-
nomie wird ein Freiraum gewährleitstet, in dem die
Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihre Interessen-
gegensätze

– jetzt hören Sie gut zu! –

in eigener Verantwortung austragen können.


(Beifall der Abg. Renate Rennebach [SPD])


Diese Freiheit findet ihren Grund in der historischen
Erfahrung, dass auf diese Weise eher Ergebnisse er-
zielt werden, die den Interessen der widerstreitenden
Gruppen und dem Gemeinwohl gerecht werden, als
bei einer staatlichen Schlichtung.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Jetzt bekommt die Aktuelle Stunde aber seminarähnliche Züge!)


Gerade bei der Lohnfestsetzung zeigt der Handlungs-
rahmen der Tarifautonomie besonders intensive Wir-
kung. Deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren
von der F.D.P.-Fraktion, noch einmal: Bleiben Sie bei
Ihrem Leisten!


(Beifall bei der SPD – Walter Hirche [F.D.P.]: Wir bleiben bei dem Thema „Schaffung neuer Arbeitsplätze“!)


Weshalb Sie dieses Thema dennoch zum Thema einer
Aktuellen Stunde machen, ist klar: Es passt in den Ge-

samtkontext Ihrer Politik. Sie wollen Tarifverträgen nur
noch den Charakter von unverbindlichen Meinungsäuße-
rungen zukommen lassen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Sie waren doch auch sauer über die IG Metall!)


Die von Ihnen vorgelegten Gesetzentwürfe sprechen eine
deutliche Sprache: Sie wollen § 77 Abs. 3 des Betriebs-
verfassungsgesetzes und das Günstigkeitsprinzip abschaf-
fen. Sie wollen den langjährigen Konsens der sozialen
Marktwirtschaft aufgeben. Ich sage: Das ist ungehörig.
Das ist unanständig.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das haben Sie nicht zu beurteilen!)


Politik hat sich nicht in Tarifpolitik einzumischen. Po-
litik darf aber durchaus Meinungsäußerungen vornehmen
und das will ich an dieser Stelle tun.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Sie setzt die Rahmenbedingungen!)


Das Angebot von VW scheint verlockend: 5 000 Arbeits-
plätze jeweils für 5 000 DM. Aber die Hürden sind hoch
gesetzt. Tatsächlich stehen nur noch 3 500 Arbeitsplätze
und Lohndumping im Raum. Dort wird eine Politik gegen
die Arbeitslosen betrieben. Wer soll denn noch die
Schwächsten, nämlich die Arbeitslosen, zu den gleichen
Bedingungen, wie sie für Arbeitsplatzinhaber gelten, ein-
stellen?


(Walter Hirche [F.D.P.]: Sie wollen die lieber auf der Straße lassen, oder wie ist das? – Gegenruf des Abg. Klaus Brandner [SPD]: Da haben Sie sie doch gelassen! Heucheln Sie nicht so rum!)


Ein Blick über die Unternehmensgrenzen hinaus zeigt,
dass es auch bei anständigen Arbeitsvergütungen durch-
aus möglich ist, am Standort Deutschland konkurrenz-
fähig Automobile zu bauen und zu investieren. Ich ver-
weise auf BMW und Chrysler.


(Beifall des Abg. Peter Dreßen [SPD])

Die IG Metall hat klar zum Ausdruck gebracht, dass sie

bereit ist, in der Tarifpolitik neue Wege zu gehen. Sie hat
Kompromisse angeboten, die ihr bestimmt nicht leicht
gefallen sind. Sie hätte befristete Arbeitsverträge akzep-
tiert, sie hätte eine befristete Qualifizierung jenseits der
35-Stunden-Woche oder eine stärkere Einbeziehung des
Samstags in die Arbeitszeit akzeptiert.

Ich sage Ihnen: Es ist richtig, Nein zu sagen zu langen
Arbeitszeiten, die zunächst vor Ort kurzfristig Arbeits-
plätze schaffen, langfristig aber vor Ort und andernorts
Arbeitsplätze bedrohen.


(Beifall bei der SPD)

Es ist richtig, eine abwärts gerichtete Lohnspirale zu ver-
hindern, sodass niemand mehr gehalten ist, Arbeitslose zu
Tarifbedingungen einzustellen. Es ist richtig, einem Un-
terbietungswettlauf um Lohnkosten und Arbeitszeiten
entgegenzuwirken. Es ist richtig, eine Präjudizierung der-
gestalt zu verhindern, dass die Arbeitsbedingungen einer
gesamten Industrielandschaft unter das Flächentarifver-
tragsniveau sinken.

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Meine sehr geehrten Damen und Herren, statt über VW
sollten wir uns als Parlamentarier über die staatlichen
Handlungsmöglichkeiten zur Bekämpfung des Gräuels
Arbeitslosigkeit unterhalten.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Das machen wir morgen in der Aktuellen Stunde!)


Aber das machen Sie natürlich nicht gerne.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Doch, morgen in der Aktuellen Stunde!)


Schließlich könnte es an das erinnern, was Sie uns als
Erblast hinterlassen haben, nämlich eine Rekordarbeits-
losigkeit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418132500
Ich erteile dem Kolle-
gen Jochen-Konrad Fromme von der CDU/CSU-Fraktion
das Wort.


Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1418132600
Herr Kol-
lege Andres, Frau Dückert, warum wollen Sie eigentlich
eine zweitklassige Lösung, wenn es eine erstklassige Lö-
sung gibt?


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Die sind die Zweitklassigkeit gewöhnt!)


Wir würden uns natürlich freuen, wenn 5 000 oder auch
3 500 Menschen eine Arbeit finden würden. Aber zwi-
schen der erstklassigen und der zweitklassigen Lösung
liegen 1 500 Arbeitslose, die gern arbeiten möchten, aber
auf der Straße stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Dann machen Sie doch 6 000 für 6 000 DM!)


Der Sachverhalt ist nicht neu: Seit Jahren wird in
Wolfsburg über dieses Projekt verhandelt. Peinlich ist
natürlich, wenn am Ende der stellvertretende Aufsichts-
ratsvorsitzende – Herr Zwickel hat einen Doppelhut – aus
Gründen, die mit VW gar nichts zu tun haben, die Not-
bremse zieht. Für das formale Argument hinsichtlich des
Tarifvertrages habe ich überhaupt kein Verständnis, denn
VW selbst schließt die Tarifverträge ab.

Das Unternehmen hat den Haustarifvertrag und den Tarif-
vertrag für VW-Coaching. Warum soll das nicht auch bei
diesem Modellprojekt gehen?

Frau Wolf, Sie haben gesagt, der Bundeskanzler habe
das Thema zur Chefsache gemacht und sich darum
gekümmert. Es scheint mir, als ginge es den üblichen
Weg einer Chefsache. Was ist denn nun? Hat er sich in
die Tarifautonomie eingemischt oder hat er sich geküm-
mert?


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Bei Holzmann darf er, bei VW darf er nicht!)


In 800 Modellprojekten darf von Tarifverträgen abge-
wichen werden; dies gilt zum Beispiel auch für das Kon-

kurrenzunternehmen Opel. Warum soll das dann nicht bei
VW gehen?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Frage müssen Sie den 10 000 Leuten, die sich für
eine der Arbeitsstellen interessieren, beantworten.

Frau Wolf, Sie haben gesagt, dass die Gewerkschaften
an einer Auszehrung leiden. Ich glaube, Sie haben das mit
sich selbst verwechselt. Sie als Grüne sind doch so nervös,
weil Ihre Umfragewerte so sehr gesunken sind. Ich sage
Ihnen, worin die Ursache liegt: Sie liegt darin, dass Sie et-
was anderes reden, als Sie tun.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind nervös, Herr Fromme!)


Das, was ich Ihren Kollegen schon vor einigen Tagen
gesagt habe, sage ich Ihnen noch einmal: Sie haben früher
die Kröten über die Straße getragen und heute schlucken
Sie die Kröten der SPD. Deswegen sinken die Umfrage-
werte Ihrer Partei so.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Zurufe von der SPD)


Kümmern Sie sich doch mal um das, was Sie versprechen.

Meine Damen und Herren, wir reden heute über das
wichtige Thema Arbeitsmarktpolitik. An dem Erfolg Ihrer
Arbeitsmarktpolitik wollen Sie sich messen lassen. Sie
werden ständig gewogen und für zu leicht befunden. Am
Arbeitsmarkt haben wir zurzeit Stillstand und Rückgang,
aber keinen Fortschritt.

Es geht darum, Arbeitsplätze in Deutschland zu erhal-
ten und Standorte zu sichern. Bei VW in Wolfsburg gibt
es dafür verschiedene Instrumente. Die F.D.P. tritt dafür
ein, das VW-Gesetz abzuschaffen. Dies lehnen wir ent-
schieden ab. Wir sind uns alle einig: Das VW-Gesetz muss
bleiben, weil es richtig ist und den Standort sichert.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Das haben wir gar nicht gefordert!)


Die Koalition bzw. die Bundesregierung hat dies gefähr-
det. Sie hat, bezogen auf die Fusionsrichtlinie, ihren
Standpunkt gewechselt. Die Kommission hat sich vor das
Knie getreten gefühlt und sucht jetzt nach Möglichkeiten,
wie sie dies mit Nadelstichen zurückzahlen kann. Dieser
Konflikt wird auf dem Rücken der VW-Arbeiter ausge-
tragen. Das darf es nicht geben.


(Peter Dreßen [SPD]: Schwache Argumentation!)


Es geht um Mitbestimmung. Wir wollen natürlich die
Mitbestimmung vor Ort und nicht die irgendwelcher Zen-
tralen erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Walter Hirche [F.D.P.])


Es geht auch um Flexibilisierung am Arbeitsmarkt.


(Klaus Brandner [SPD]: Dann passen Sie mal gut auf! Hätten Sie geschwiegen!)


Das Problem ist: Es ist lange verhandelt worden. Im letz-
ten Augenblick hat die IG Metall – durch Herrn Zwickel –

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die Notbremse gezogen. Es ging möglicherweise nicht da-
rum, dass er es in der Sache für falsch gehalten hat; er hat
ja als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender daran
mitverhandelt. Es ging vielleicht auch um Dinge, die mit
VW gar nichts zu tun haben, sondern mit einer Auseinan-
dersetzung im DGB.

Es geht hier nicht um die Frage, ob eine bestimmte Ar-
beit gemacht oder nicht gemacht wird, sondern um die
Frage, ob die Arbeit in Deutschland oder woanders ge-
macht wird. Das ist der Kernpunkt der Auseinanderset-
zung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Sie sorgen durch Ihre Politik
dafür, dass die Arbeit möglicherweise woanders gemacht
wird. Dies nützt keinem unserer Arbeitnehmer etwas und
deswegen halte ich diesen Weg für falsch.

Wir müssen durch Flexibilisierung – dies betrifft die
wöchentliche Arbeitszeit, die Jahresarbeitszeit und ähnli-
che Dinge, die in diesem Modell enthalten waren, – –


(Klaus Brandner [SPD]: Das haben Sie doch gar nicht gelesen! Das hat damit nichts zu tun! Sie phantasieren!)


– Natürlich ist die Flexibilisierung der Jahresarbeitszeit in
diesem Modell enthalten. Es soll doch eine Ergebnisver-
antwortung geben. Diese Ergebnisverantwortung bedeu-
tet doch auch, dass man dann arbeitet, wenn Arbeit da ist,
und dann nicht arbeitet – und auch nicht bezahlt wird –,
wenn keine Arbeit da ist. Im Jahresdurchschnitt muss die
Arbeitszeit der tariflichvertraglich vereinbarten Arbeits-
zeit entsprechen.

Wir haben Verständnis für die Sorge der VW-Arbeiter,
die jetzt in anderen Tarifen sind. Es kann aber doch keine
Politik geben, bei der gesagt wird: Auf Deubel komm raus
werden diejenigen verteidigt, die Arbeitsplätze haben,
und diejenigen, die keine Arbeitsplätze haben, bleiben um
jeden Preis außen vor. Das ist doch das Ergebnis Ihrer Po-
litik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Klaus Brandner [SPD]: Falsch!)


Deswegen liegen Sie hier völlig falsch.
Ich kann nur hoffen, dass es zu dem Kompromiss

kommt. Dieser aber ist und bleibt zweitklassig. Ich sage
es noch einmal: Es bleiben von vornherein 1 500 Men-
schen außen vor, die man in Arbeit und Beschäftigung
hätte bringen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Walter Hirche [F.D.P.]: Das ist die Verantwortung der Frankfurter IG-Metall-Zentrale! – Zuruf von der SPD: Das war ein Höhepunkt der heutigen Sitzung!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418132700
Ich erteile das Wort
der Kollegin Renate Rennebach für die SPD-Fraktion.


Renate Rennebach (SPD):
Rede ID: ID1418132800
Frau Präsidentin! Meine
Damen und Herren! Selbst die „Bild“-Zeitung hat eher

verstanden, wovon wir hier reden, als Sie. Die „Bild“-Zei-
tung hat eine Umfrage unter Arbeitslosen gemacht, die zu
dem Ergebnis kommt: Die Arbeitslosen sind empört.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das merkt man an den 10 000 Bewerbungen, wie empört die sind!)


Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Menschen,
die keine Arbeit haben, sind empört über das Erpres-
sungsangebot, das dem Betriebsrat von VW bzw. der sie
vertretenden Gewerkschaft gemacht worden ist.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: 10 000, die sich beworben haben, sehen das offensichtlich anders!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, VW, die Betriebsräte
und die IG Metall haben Appelle von Ihrer Seite nicht
nötig;


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Nötiger, als man denkt!)

das sage ich hier ganz ausdrücklich.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Abwarten!)

Die IG Metall, VW und die Betriebsräte werden weiter
verhandeln, einen neuen Weg in ihrem Tarifvertrag fin-
den. Ich zitiere Klaus Zwickel:

Wir lassen uns die Chance nicht entgehen, mehr als
5 000 Menschen aus der Arbeitslosigkeit zu holen.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Das sagt er heute, letzten Freitag hat er noch etwas anderes gesagt!)

Aber nicht zu jedem Preis. Wir sind nicht bereit, ei-
nen arbeitszeitpolitischen Rückschritt in Kauf zu
nehmen, der letztlich Tausende von Arbeitsplätzen
gefährden würde.

Das, denke ich, kann der Fall sein.
Nun etwas zu Ihrem Politikstil: Sie fordern von dieser

Bundesregierung und von der Koalition politische Ein-
griffe in die Tarifautonomie.


(Zurufe von der F.D.P.: Nein! – Walter Hirche [F.D.P.]: Hören Sie doch einmal zu!)


Ist es liberal, wenn die F.D.P. den Deutschen Bundestag
mit dem Gewerkschaftstag der IG Metall verwechselt?
Dort wären Ihre Vorwürfe angebracht, dort wären Ihre
Appelle angebracht – unter Umständen, wenn man auf Sie
hört!


(Walter Hirche [F.D.P.]: Sie kommen mit einem schriftlichen Text vor der Debatte und ändern kein Wort daran, weil Sie nicht zuhören!)


Aber weder hier noch dort hört man auf Sie. Seit einiger
Zeit spielt die F.D.P. am Rande der Spaßgesellschaft und
wir machen hier jeden Mittwoch Aktuelle Stunden, die
„Stunk-Sitzungen“ in nichts nachstehen.


(Widerspruch bei der F.D.P.)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das ist kein guter Politikstil.
Ich verstehe auch nicht, dass Sie auf einmal einen Para-
digmenwechsel vollziehen. Was hat Ihre Fraktion, die da-
mals in der Koalition mit regiert hat, gejubelt, als VW ei-

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nen Haustarifvertrag zusammen mit der IG Metall er-
reicht hat! 28 Stunden – und das hat 30 000 Arbeitsplätze
geschaffen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Dagegen sagt doch keiner etwas! – Gegenruf des Abg. Klaus Brandner [SPD]: Doch, Sie haben gegen Arbeitszeitverkürzungen gewettert!)


Da hat jeder gesagt: leuchtendes Beispiel. Damals aber
war von Arbeitszeitverkürzungen die Rede, auch zulasten
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nämlich ei-
nen großen Teil ihrer außertariflichen Leistungen für die-
sen Tarifvertrag gegeben haben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Blicken Sie nach vorn!)


Da haben Sie gejubelt. Nun wollen Sie genau das Gegen-
teil.

Wir haben VW, ein Werk, das europaweit die längste
Betriebsnutzungszeit und die kürzesten Arbeitszeiten hat.
Sie haben Erfolg damit. Sie werden auch mit der neuen
Vereinbarung, die im Übrigen von vielen Kolleginnen und
Kollegen in der Gewerkschaft und auch von Klaus
Zwickel als höchst spannend betrachtet wird, eine Verein-
barung zum Wohle der Beschäftigten und der Region fin-
den. Ihre Einmischung, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der F.D.P. und von der CDU/CSU, haben sie über-
haupt nicht nötig. Die Menschen, die keine Arbeit haben,
haben deutlich gesagt, dass sie es nicht zulassen werden,

dass Sie den Zug der Gewerkschaften und den der Ar-
beitslosen aufeinander prallen lassen. Das schadet näm-
lich den Menschen, die keine Arbeit haben.


(Walter Hirche [F.D.P.]: 10 000 haben sich beworben und stehen weiter auf der Straße! 10 000!)


– Ach, hören Sie doch auf, Herr Hirche! Wo auch immer
in der Republik die Menschen sich beworben haben: Ja,
wir werden ihnen helfen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Hoffentlich! – JochenKonrad Fromme [CDU/CSU]: Indem Sie die Arbeitsplätze ins Ausland verdrängen!)


Wissen Sie, warum ich jetzt „wir“ gesagt habe? – Ich bin
stolz darauf, Mitglied der IG Metall zu sein. Das ist auch
gut so.


(Beifall bei der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1418132900
Die Aktuelle Stunde
ist beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen
Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages ein auf morgen, Donnerstag, den 5. Juli 2001, 9 Uhr.

Die Sitzung ist geschlossen.