Protokoll:
14101

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 101

  • date_rangeDatum: 10. Mai 2000

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:24 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Entwurf eines Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung derStimmrechtsausübung [Namensaktiengesetz]) . . . . . . . . . . . . . . 9439 A Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9439 B Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9440 A Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9440 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 9441 A Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 9441 A Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 9441 C Dr. Michael Naumann, Staatsminister BK . . . 9441 C Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 14/3276) . . 9442 C Erweiterung des Bereichs Vertrags-Natur- schutz gemäß Koalitionsvertrag MdlAnfr 3 Georg Girisch CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Gerald Thalheim BML . . . 9442 C ZusFr Georg Girisch CDU/CSU . . . . . . . . . . 9443 A Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9443 C Durchsetzung ökologischer und sozialer Min- deststandards in der internationalen Agrarpoli- tik im Rahmen der WTO-Verhandlungen MdlAnfr 4 Albert Deß CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Gerald Thalheim BML . . . 9443 D ZusFr Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9444 A Neue Konzeption zur Errichtung des Arp-Mu- seums in Remagen-Rolandseck MdlAnfr 9, 10 Wilhelm Josef Sebastian CDU/CSU Antw StMin Dr. Michael Naumann BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9444 D, 9445 C ZusFr Wilhelm Josef Sebastian CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9445 A, C Errichtung eines tschechischen Versöhnungs- fonds zur Entschädigung sudetendeutscher Heimatvertriebener MdlAnfr 12 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . 9445 D ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . 9445 D Förderung der deutschen Sprache in Ungarn MdlAnfr 13 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . 9446 B ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . 9446 C Schießtechnische Aufrüstung der „Fuchs“- Spürpanzer MdlAnfr 20, 21 Erich G. Fritz CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9447 B, C ZusFr Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . 9447 D Plenarprotokoll 14/101 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 101. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 I n h a l t : Initiativen zur Rüstungskooperation mit Ost- europa MdlAnfr 22 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 9448 B ZusFr Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . 9448 C Äußerungen von Bundesminister Trittin über die Abschaffung der Wehrpflicht MdlAnfr 23 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 9449 A ZusFr Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . 9449 B Ergebnisse der Tagung des Ausschusses „Zu- kunft des Zivildienstes“ MdlAnfr 25, 26 Dr. Ilja Seifert PDS Antw PStSekr’in Dr. Edith Niehuis BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9449 C, 9450 A ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . 9449 D, 9450 B Investitionsmittel zur Fertigstellung der Ost- West-Magistrale A 6 MdlAnfr 31 Georg Girisch CDU/CSU Antw PStSekr Siegfried Scheffler BMVBW 9452 A ZusFr Georg Girisch CDU/CSU . . . . . . . . . . 9452 B ZusFr Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9453 A ZusFr Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 9453 B Auswirkungen einer Reduzierung der „Öko- punkte“ im Lkw-Verkehr zwischen Deutschland und Österreich auf die EU-Osterweiterung MdlAnfr 32 Klaus Hofbauer CDU/CSU Antw PStSekr Kurt Bodewig BMVBW . . . . . 9453 C ZusFr Klaus Hofbauer CDU/CSU . . . . . . . . . 9453 D Einführung eines „Flügelkonzeptes“ bei der Bahnlinie München–Hof mit umsteigefreien Verbindungen sowie einer Ausweitung nach Tschechien MdlAnfr 33 Klaus Hofbauer CDU/CSU Antw PStSekr Siegfried Scheffler BMVBW 9454 B ZusFr Klaus Hofbauer CDU/CSU . . . . . . . . . 9454 C ZusFr Georg Girisch CDU/CSU . . . . . . . . . . 9454 D Harmonisierung der Umweltvorschriften in der Europäischen Union MdlAnfr 36 Dr. Christian Ruck CDU/CSU Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . 9455 B Antw PStSekr’in Barbara Hendricks BMF . . . 9455 D ZusFr Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . 9456 A Vereinbarkeit der von den neuen Euratom- Grundnormen abweichenden Strahlenschutz- grenzwerte mit einer EU-weiten Harmonisierung von Rechtsvorschriften und dem Abbau von Han- delshemmnissen auch für Serviceleistungen MdlAnfr 37, 38 Dr. Paul Laufs CDU/CSU Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . .9456 A, D ZusFr Dr. Paul Laufs CDU/CSU . . . . 9456 B, 9457 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde betr. Pläne der Bundesre-gierung, die Erbschaftsteuer zu erhöhen 9457 B Heinz Seiffert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 9457 C Klaus Lennartz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9458 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 9459 D Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9461 A Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9462 B Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9463 C Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . . . 9464 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9465 D Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 9467 A Ingrid Arndt-Brauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 9468 A Hansjürgen Doss CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9469 A Dieter Grasedieck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 9470 A Leo Dautzenberg CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 9471 B Wolfgang Grotthaus SPD . . . . . . . . . . . . . . . 9472 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9473 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 9475 A Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Gesetzes über die politischen Par- teien (100. Sitzung, Tagesordnungspunkt 22) Harald Friese SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9475 C Anlage 3 Anzahl zusätzlicher Arbeitsplätze bei denZollbehörden als Folge der Ökosteuer; Steu- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000II erlicheGleichbehandlunghinsichtlichder Ka- pitalanteilsveräußerungsgewinne für Unterneh- men; Erhöhung des Freibetrages bei Betriebsveräußerungen und -aufgaben mittel- ständischer Unternehmen (§ 34 EStG) MdlAnfr 1, 2 Hans Michelbach CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 9477 B Anlage 4 Auswirkungen der Arzneimittelbudgetierung auf die medizinische Versorgung der Kassen- patienten MdlAnfr 5, 6 Beatrix Philipp CDU/CSU Antw PStSekr Erwin Jordan BMG . . . . . . . . . 9477 D Anlage 5 Umwandlung der WEU-Versammlung in eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungs- versammlung MdlAnfr 11 Benno Zierer CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . 9478 D Anlage 6 Einwohnerschwund im Osten Deutschlands MdlAnfr 14 Gudrun Kopp F.D.P. Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 9479 A Anlage 7 Verstärkte Bekämpfung der organisierten Kri- minalität auf nationaler und internationaler Ebene MdlAnfr 15 Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 9479 C Anlage 8 Europäische Harmonisierung der Asyl-, Flücht- lings- und Migrationspolitik MdlAnfr 16 Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 9479 D Anlage 9 Förderung von Haushaltsdienstleistungen und privaten Dienstleistungsagenturen MdlAnfr 17 Matthäus Strebl CDU/CSU Antw PStSekr Gerd Andres BMA . . . . . . . . . 9480 B Anlage 10 Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse (630-DM-Verträge) in den einzelnen Branchen; Aufnahme in die Arbeitsmarktstatistik MdlAnfr 18, 19 Helmut Heiderich CDU/CSU Antw PStSekr Gerd Andres BMA . . . . . . . . . 9480 C Anlage 11 Erhalt der Altwässer an der niederbayerischen Donau; Rechtsgültigkeit der Richtlinien zur Erhaltung der Binnenschifferei an den Bun- deswasserstraßen (1955) MdlAnfr 29, 30 Brunhilde Irber SPD Antw PStSekr Siegfried Scheffler BMVBW 9481 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 III Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 Wolfgang Grotthaus 9473 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 9475 (C) (D) (A) (B) Bahr, Ernst SPD 10.05.2000 Dr. Blank, CDU/CSU 10.05.2000 Joseph-Theodor Bohl, Friedrich CDU/CSU 10.05.2000 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 10.05.2000 Peter H. Dr. Dückert, Thea BÜNDNIS 90/ 10.05.2000 DIE GRÜNEN Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 10.05.2000 DIE GRÜNEN Eppelmann, Rainer CDU/CSU 10.05.2000 Fischer (Berlin), BÜNDNIS 90/ 10.05.2000 Andrea DIE GRÜNEN Flach, Ulrike F.D.P. 10.05.2000 Gebhardt, Fred PDS 10.05.2000 Gleicke, Iris SPD 10.05.2000 Dr. Hornhues, CDU/CSU 10.05.2000 Karl-Heinz Imhof, Barbara SPD 10.05.2000 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10.05.2000 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 10.05.2000* Kutzmutz, Rolf PDS 10.05.2000 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 10.05.2000** Erich Moosbauer, Christoph SPD 10.05.2000 Neuhäuser, Rosel PDS 10.05.2000 Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ 10.05.2000 DIE GRÜNEN Ohl, Eckhard SPD 10.05.2000 Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 10.05.2000 Schily, Otto SPD 10.05.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 10.05.2000 Hans Peter Welt, Jochen SPD 10.05.2000 Wiese (Hannover), SPD 10.05.2000 Heino Zierer, Benno CDU/CSU 10.05.2000* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-lung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die politischen Par- teien (100. Sitzung, Tagesordnungspunkt 22) Harald Friese (SPD): Die PDS-Fraktion hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zum jetzigen Zeitpunkt überflüssig wie ein Kropf ist. Wir werden die Frage be- antworten müssen, welche gesetzlichen Konsequenzen wir aus dem CDU-Parteispendenskandal zu ziehen haben. Aber dies können wir heute noch nicht. Der vom Par- lament eingesetzte Untersuchungsausschuss zur Auf- klärung des CDU-Parteispendenskandals hat seine Arbeit erst begonnen. Es ist noch viel zu früh, sich ein abschließendes Urteil über die offensichtlich verfassungswidrigen, rechtswidri- gen und auch kriminellen Machenschaften der CDU bil- den zu können. Seit fast einem halben Jahr erfahren wir fast täglich Neues über den Spendenskandal. Jetzt hat der Skandal auch die Ebene der Ortsverbände erreicht. Es scheint sich hier um ein strukturelles Problem der CDU zu handeln. Entscheidungen über gesetzliche Konsequenzen ver- langen aber ein Klima, das nicht von Aufgeregtheit, Hek- tik und Empörung über aktuelle Enthüllungen geprägt ist. Und sie verlangen emotionalen Abstand zum aktuellen Tagesgeschehen. Und sie verlangen weiter Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Arbeit des Untersuchungsaus- schusses. Dies gilt schon deshalb, weil wir als Gesetzge- ber quasi in eigener Sache entscheiden. Dies verlangt ei- nen besonders sorgfältigen Diskussions- und Entschei- dungsprozess – ohne Hektik und Aufgeregtheit. Die PDS-Fraktion spielt immer wieder das gleiche Lied nach der gleichen Melodie. Sie reitet wie Lucky Luke durch die Prärie als einzige Hüterin der parlamenta- rischen Demokratie und kämpft gegen selbst aufgebaute Pappkameraden: gegen die Monopolstellung der anderen entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Parteien, deren Macht es zu begrenzen gilt. Und sie for- dert eine rechtsstaatliche Parteienfinanzierung, die nicht dem Machterwerb und der Machterhaltung dient. Dieses Sammelsurium von Behauptungen endet mit der Feststel- lung, das Parteiengesetz befinde sich in einer schweren Krise. Nein, Sie haben einen schwer verdaulichen Eintopf zusammengerührt. Ich will hier Folgendes feststellen: Erstens. Wir haben keine Krise der Demokratie. Un- sere Demokratie funktioniert. Die Wähler ziehen in ihrem Wahlverhalten Konsequenzen, die Medien leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung des Skandals, und wir klären mit unserem Untersuchungsausschuss auf. Zweitens. Wir haben keine Krise des Staates. Alle Ver- fassungs- und Staatsorgane sind handlungsfähig, und wir haben eine erfolgreiche Bundesregierung mit Bundes- kanzler Gerhard Schröder an der Spitze. Drittens. Wir haben keine Krise der Parteiendemokra- tie. Die Parteien wirken unverändert an der politischen Willensbildung mit und erfüllen ihren Auftrag nach Art. 21 des Grundgesetzes. Wir haben aber eine ganz andere Krise. Wir haben eine Krise der CDU. Immer deutlicher wird, welches Ver- ständnis führende Persönlichkeiten der CDU von Verfas- sung, Rechtsstaat und Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb haben. Seit Bestehen der Bundes- republik sind Hunderte Millionen illegal in die Kassen der CDU transferiert worden, um den politischen Gegner zu bekämpfen und zu besiegen. Dahinter steht nicht das Ver- ständnis von Demokratie als ein System, das Macht auf Zeit verteilt, sondern das Verständnis, dass eine Regie- rung ohne CDU ein Betriebsunfall der Geschichte ist. Welches Verständnis von Verfassung und Rechtsstaat muss Helmut Kohl haben, der noch am 24. November 1999 in diesem Hohen Hause empört feststellte: „Das kann in der Art und Weise, wie hier verleumdet wird, nicht stattfinden“ und der am 28. März 2000, nachdem Abhör- protokolle der Stasi auftauchen, erklären ließ, jetzt sei der „Tiefpunkt der Verleumdungskampagne“ erreicht. Welches Verständnis von Verfassung und Rechtsstaat muss Helmut Kohl haben, der sein persönliches Ehren- wort über die Verfassung und seinen Eid mit der religiö- sen Beteuerungsformel „So wahr mir Gott helfe“ stellt? Steht seine persönliche Ehre höher als der Schwur auf Gott? Welches Verständnis von Verfassung und Rechtsstaat hat die Hessische Landesregierung, die plötzlich die Ver- fassungswidrigkeit des Wahlprüfungsgerichtes entdeckt, weil Konsequenzen aus einem mit schwarzem Geld fi- nanzierten Wahlkampf drohen. Welches Verständnis von Verfassung und Rechtsstaat muss die CDU haben, wenn sie plötzlich die Verfas- sungswidrigkeit des von ihr mitbeschlossenen Parteien- gesetzes entdeckt, weil Sanktionen drohen? Dies ist der Höhepunkt der Heuchelei: Das Parteiengesetz sei verfas- sungswidrig, das Parteiengesetz sei in sich widersprüch- lich und unklar. Nein, die CDU ist nicht Opfer, sondern Täter. Man kann das Grundgesetz in seinem Art. 21 gar nicht falsch verste- hen, wenn man es nicht will. Art. 21 bestimmt: „Sie – die Parteien – müssen über die Herkunft und Verwendung ih- rer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechen- schaft geben.“ Das Parteiengesetz konkretisiert diese so leicht ver- ständliche Verfassungsnorm. Wenn aber eine Partei Bera- ter wie Herrn Weyrauch beschäftigt, der schon 1978 in ei- nem Guthaben vermeintliche Lücken im Parteiengesetz akribisch aufspürt, der mit Stolz davon berichtet, dass die Einschleusung schwarzer Gelder mit Vermächtnissen im Ausland lebender ehemaliger jüdischer Mitbürger ver- schleiert werden kann, der will Verfassung und Gesetz nicht einhalten. Ich sage es noch einmal: Die CDU ist nicht Opfer, sondern Täter. Ich weiß auch nicht, ob ihr Wille zur Aufklärung sehr ausgeprägt ist. Wer wie ich im Untersuchungsausschuss sitzt, macht so seine Erfahrungen. Entweder wird die Aus- sage verweigert oder man kann sich nicht mehr erinnern. Dieser kollektive Erinnerungsverlust führender ehemali- ger CDU-Amtsinhaber ist vielleicht nicht überraschend, aber erstaunlich. Jedenfalls ist das Erinnerungsvermögen umgekehrt proportional zur Hierarchiestufe in der CDU. Ich appelliere an die CDU: Leisten Sie Ihren Beitrag zur Aufklärung des Skandals. Wenn Sie meinen, Sie könn- ten es wie Aaron, der Bruder Moses, machen, haben Sie sich getäuscht. Im 16. Kapitel des dritten Buches Mose steht geschrieben: „Und Aaron soll einen Stier, sein Sünd- opfer, darbringen, dass er für sich und sein Haus Sühne schaffe, und danach zwei Böcke nehmen und vor den Herrn stellen an der Tür der Stiftshütte und soll das Los werfen über die zwei Böcke: ein Los dem Herrn und das andere dem Asasel, und soll den Bock, auf welchen das Los für den Herrn fällt, opfern zum Sündopfer. Aber den Bock, auf welchen das Los für Asasel fällt, soll er leben- dig vor den Herrn stellen, dass er über ihn Sühne vollziehe und ihn zu Asasel in die Wüste schicke.“ Einen Bock haben Sie geopfert, das ist Herr Dr. Schäuble, und einen Bock haben Sie in die Wüste ge- schickt, das ist Herr Dr. Kohl. Aber so einfach werden Sie nicht davonkommen, denn Sie haben mit krimineller Energie und Phantasie gegen das Parteiengesetz ver- stoßen. Sogar ihr ehemaliger Partei- und Fraktionsvorsit- zender sprach in seinem Phoenix-Interview von einer „ziemlich ordentlichen Intrige ... mit kriminellen Elemen- ten.“ Dazu passt nahtlos ein Artikel der „Süddeutschen Zei- tung“ vom 17. Februar 2000, aus dem ich Folgendes zi- tieren möchte: Wer im Strafgesetzbuch den Paragrafen 129 liest und die einschlägige juristische Kommentierung dazu studiert, der hat staatsanwaltliche Aha-Erlebnisse ... „Wer eine kriminelle Vereinigung bildet, sich als Mitglied an einer solchen beteiligt, für sie wirbt oder sie unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.“ So steht es im Gesetz. Vo- raussetzung für die Strafbarkeit ist, so schreibt der Standard-Kommentar von Karl Lackner, „dass die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 20009476 (C) (D) (A) (B) Vereinigung zurzeit der Tat nach dem Willen der führenden Funktionäre, die Begehung einer Mehr- heit von Straftaten anstrebt oder dass ihre Tätigkeit in einer Mehrheit solcher Taten besteht. Die Bege- hung braucht nicht alleiniger Zweck oder aus- schließliche Tätigkeit zu sein; es genügt, dass sie Mittel zur Erreichung anderer Zwecke ist.“ Das heißt: Strafrechtlich einschlägig ist es auch, wenn die Straftaten höheren Zwecken dienen – der Finanzie- rung der politischen Arbeit und der Gewinnung poli- tischer Macht zum Beispiel. Nun haben Sie aber Glück, weil § 129 Abs. 2 StGB die Anwendung der genannten Vorschrift ausschließt, „wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundes- verfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat.“ Die SPD-Fraktion wird die Ergebnisse des Untersu- chungsausschusses zum Komplex illegale Parteienfinan- zierung abwarten und sorgfältig auswerten. Die SPD- Fraktion wird alle Vorschläge, wie zum Beispiel die der Herzog-Kommission, der saarländischen Bundesrats- initiative, der Parteienfinanzierungskommission und alle öffentlich angestellten Überlegungen, sorgfältig prüfen und diskutieren. Und wir sind bereit, das Parteiengesetz zu novellieren, wo es notwendig erscheint. Wir streben auch mit allen Fraktionen einen Konsens an, da Parteien- recht den Rang von Verfassungsrecht hat. Ein Konsens in dieser Frage ist für das Funktionieren in einer Demokra- tie nicht zwingend, aber wichtig. Die Novellierung hat sich an der Erkenntnis zu ori- entieren, dass Demokratie Parteien braucht. In den Par- teien verkörpert sich die Chance, Interessen zu bündeln, Dialoge zu führen, Kompromisse zu finden und politi- sche Verantwortung zu organisieren. In und mit den Par- teien kann der Staatsbürger mitreden, mitmachen und mitentscheiden. Dies macht Demokratie aus. Ein novel- liertes Parteiengesetz muss deshalb zum Ziel haben, Vertrauen in die Parteien zurückzugewinnen, um unsere Demokratie zu stärken. Denn Demokratie braucht Par- teien. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Hans Michelbach (CDU/CSU) (Drucksache 14/3276, Fragen 1 und 2): Wie viele zusätzliche Arbeitsstellen werden in den nächsten Jahren voraussichtlich bei den Zollbehörden geschaffen werden müssen, um den erhöhten Arbeitsaufwand durch die Ökosteuer bewältigen zu können, und welche Kosten werden damit voraus- sichtlich verbunden sein? Wie gedenkt die Bundesregierung bei der geplanten Unter- nehmensteuerreform für Unternehmen aller Rechtsformen eine steuerliche Gleichbehandlung hinsichtlich der Kapitalanteilsver- äußerungsgewinne zu erreichen, und wie beurteilt sie die Vor- schläge der SPD in Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Er- höhung des Freibetrages bei Betriebsveräußerungen und -aufga- ben mittelständischer Unternehmen (§ 34 Einkommensteu- ergesetz)? Zu Frage 1: Die ökologische Steuerreform könnte bei der Zollver- waltung rein rechnerisch zu einem zusätzlichen Arbeits- aufwand von insgesamt bis zu 600 Arbeitskräften führen. Dies unterstellt jedoch eine statische Perspektive, die ständige organisatorische Änderungen nicht berücksich- tigt. Bisher sind die Aufgaben mit dem vorhandenen Per- sonal erledigt worden. Die Zollverwaltung wird auch in Zukunft alle Anstrengungen unternehmen, den durch die ökologische Steuerreform bedingten Verwaltungsauf- wand ohne Ausweitung des Stellenplans durch Rationali- sierungsmaßnahmen zu bewältigen. Zu Frage 2: Nach dem Entwurf eines Steuersenkungsgesetzes wer- den Gewinne, die eine Kapitalgesellschaft aus der Ver- äußerung von Anteilen erzielt, steuerfrei gestellt, weil die Veräußerung von Anteilen wirtschaftlich einer Totalaus- schüttung gleich steht und Beteiligungserträge einer Ka- pitalgesellschaft zur Vermeidung einer Mehrfachbesteue- rung steuerfrei sind. Dem entspricht bei Personenunter- nehmen im Halbeinkünfteverfahren die Besteuerung des Veräußerungsgewinns zur Hälfte, da auch die Beteili- gungserträge nur zur Hälfte erfasst werden. Mit der Op- tion kann das Personenunternehmen, wie bei Kapitalge- sellschaften, auch die Steuerfreiheit der Veräußerungsge- winne erreichen. Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen werden nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Regeln als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 16 EStG besteuert. Dabei wird eine Veräußerungsge- winn nur zur Einkommensteuer herangezogen, soweit er den Betrag von 60 000 DM übersteigt und der Steuer- pflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder im sozialver- sicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist (§ 16 Abs. 4 EStG). Mit seinem Vorschlag, den Freibetrag bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen von 60 000 DM auf 120 000 DM zu erhöhen, will der nord- rhein-westfälische Ministerpräsident Clement die Unter- nehmensnachfolge steuerlich erleichtern. Über eine Er- höhung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG wird im Rahmen der parlamentarischen Beratungen über das Steu- ersenkungsgesetz zu entscheiden sein. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Erwin Jordan auf die Fragen der Abgeordneten Beatrix Philipp (CDU/CSU) (Drucksache 14/3276, Fragen 5 und 6): Wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse einer Um- frage der Universität Bremen unter Versicherten der Gmünder Er- satzkasse (GEK), der zufolge 27,4 % der Versicherten angegeben haben, dass ihnen im 4. Quartal 1999 Ärzte Leistungen vorent- hielten – darunter verstärkt Arzneimittel, deren Verordnung ver- weigert oder ins Jahr 2000 verschoben wurde, und zwar nicht nur in Ausnahmefällen mit einer medizinischen Begründung, sondern mehrheitlich mit Verweis auf das enge Arzneimittelbudget? Hält die Bundesregierung die Auswirkungen der Arzneimittel- budgetierung vor dem Hintergrund der vorgenannten Umfrage für gesundheitspolitisch vertretbar, und falls ja, wie wird die Angabe von 24 % der Befragten bewertet, denen Leistungen verweigert wurden und die dadurch spürbare gesundheitliche Nachteile auf- grund der vorenthaltenen Verordnung erleiden? Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 9477 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 5: Im Zusammenhang mit den Regelungen zu den Arznei- und Heilmittelbudgets sind insbesondere folgende Ergeb- nisse der im Auftrag der Gmünder Ersatzkasse (GEK) von der Universität Bremen durchgeführten Befragung rele- vant: – 11 von Hundert der Versicherten gaben an, dass ih- nen das bislang verordnete Arzneimittel vom Arzt ohne Alternative verweigert worden sei. In zwei Dritteln dieser Fälle hat der Arzt die Verweigerung damit begründet, dass er „diese Leistungen wegen der Budgetierung aus eigener Tasche bezahlen müsse“. – 10,7 von Hundert der Versicherten haben angege- ben, dass der sie behandelnde Arzt die Weiterver- ordnung des bisher verordneten Präparates abge- lehnt und eine Alternative vorgesehen habe. In rund zwei Dritteln dieser Fälle hat der Arzt hierfür eine medizinisch-therapeutische Begründung ge- geben. Bei der Bewertung dieser Ergebnisse der Versicherten- befragung weisen die Verfasser dieser Studie darauf hin, dass es ihnen nicht darum gehe, jede aus welchen Grün- den auch immer von Arzt oder Patient für sinnvoll gehal- tene Leistung zu verteidigen. Die Wissenschaftler stellen fest, es sei „eines der Hauptprobleme des Gesundheitssys- tems“, dass „zu viele für die Gesundheitssicherung irrele- vante, unsinnige oder gar gefährliche Leistungen erbracht (werden), die es im Rahmen einer Orientierung an der Wirtschaftlichkeit durch Ergebnisqualität einzugrenzen gilt“. Für die Bewertung der Ergebnisse der Umfrage ist demnach entscheidend, ob es sich bei den von den Ärzten abgelehnten Arzneimittel-Verordnungen um medizinisch notwendige Mittel handelt oder nicht. Versicherte der Ge- setzlichen Krankenversicherung haben Anspruch auf Ver- sorgung mit den medizinisch notwendigen Arznei- und Heilmitteln, und der Vertragsarzt ist verpflichtet, alle not- wendigen Maßnahmen, die zum Leistungsspektrum der vertragsärztlichen Versorgung gehören, durchzuführen oder zu verordnen. Zugleich hat der Arzt das für die Ver- sorgung im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversiche- rung geltende Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten, das heißt die Verordnung muss ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Der Arzt muss also entscheiden, ob eine Verordnung medizinisch notwendig ist, und er ist verpflichtet, Verordnungswünsche von Patienten abzuleh- nen, wenn es sich um Präparate handelt, deren Verord- nung medizinisch nicht geboten ist. Von Experten wird es deshalb als sehr positiv bewertet, dass der Umfang der Verordnungen von so genannten umstrittenen Arzneimit- teln, das heißt von Mitteln, deren Wirksamkeit nicht oder nicht ausreichend belegt ist, in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen ist. Der Arzneimittelverordnungs- report 1999 weist aus, dass in den letzten sieben Jahren bei diesen umstrittenen Arzneimitteln insgesamt Ein- sparungen von circa 4,2 Milliarden DM erzielt worden sind. Es ist davon auszugehen, dass ohne die seit 1993 praktizierte Budgetierungspolitik für Arznei- und Heil- mittel dieser wirtschaftliche, und was noch wichtiger ist, gesundheitspolitische Erfolg nicht zu realisieren gewesen wäre. Da bei der Patientenbefragung nicht unterschieden werden konnte, ob es sich bei den abgelehnten Verord- nungen um medizinisch notwendige oder nicht notwen- dige Arzneimittel gehandelt hat, ist eine pauschale Be- wertung der Ergebnisse dieser Umfrage in dieser Hinsicht nicht möglich. Sehr eindeutig muss allerdings die Bewer- tung des Verhaltens der Ärzte hinsichtlich der von ihnen gegebenen Begründungen für die Ablehnung der Verord- nungen ausfallen: Nicht nur führt die Behauptung eines Arztes, er müsse „wegen der Budgetierung die Leistungen aus eigener Ta- sche bezahlen“, zu massiven und unvertretbaren Patien- tenängsten; sie ist auch in jedem Fall falsch und stellt ei- nen Verstoß gegen seine vertragsärztlichen Pflichten dar. Für den einzelnen Arzt gibt es nach geltendem Recht keine Arznei- und Heilmittelbudgets. Die Arznei- und Heilmittelbudgets beziehen sich auf die insgesamt von al- len einer Kassenärztlichen Vereinigung angehörenden Vertragsärzten veranlassten Ausgaben für Arznei-, Ver- band- und Heilmittel. Zu Frage 6: Das Umfrageergebnis lässt keine gesundheitspoliti- sche Bewertung der Auswirkungen der Arznei- und Heil- mittelbudgets zu. Dies trifft im Grunde auch für die Ab- lehnung von Arzneimittelverordnungen zu. Für eine eindeutige Aussage wären Informationen darüber erfor- derlich, ob die den Patienten vorenthaltenen Arzneimittel medizinisch notwendig waren oder nicht. Eine Antwort hierauf gibt die Patientenbefragung nicht. Beschwerden von Versicherten, dass ihnen medizinisch notwendige Arznei- oder Heilmittel nicht verordnet werden, sollten von ihrer Krankenkasse zum Anlass genommen werden, eine Überprüfung des Verhaltens des Arztes durch die Kassenärztliche Vereinigung, der der Arzt in seiner Ei- genschaft als Vertragsarzt der Gesetzlichen Krankenver- sicherung angehört, zu veranlassen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die ihnen angehörenden Ärzte ihre vertragsärztlichen Pflichten gegenüber den Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung erfüllen. Sie unterliegen als öffent- lich-rechtliche Körperschaften der Aufsicht durch die zu- ständige Aufsichtsbehörde im Lande, das ist in der Regel das jeweilige Sozial- oder Gesundheitsministerium. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Dr. Ludger Volmer auf die Frage des Abgeordneten Benno Zierer (CDU/CSU) (Drucksache 14/3276, Frage 11): Wie reagiert die Bundesregierung auf die vom Ständigen Ausschuss der Versammlung der Westeuropäischen Union (WEU) am 21. März 2000 in Lissabon verabschiedete Empfeh- lung 664, wonach es dem Rat der WEU aufgegeben ist vorzu- schlagen, dass die Europäische Union die Umwandlung der WEU-Versammlung in eine Europäische Sicherheits- und Vertei- digungsversammlung, die eine genaue parlamentarische Prüfung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 20009478 (C) (D) (A) (B) der gemeinsamen Politik auf diesen Gebieten vornimmt, gutheißt,und welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung aufdie Empfehlung 664 folgen lassen? Die Bundesregierung hat die Empfehlung 664 der WEU-Versammlung, in der sie ihre Umwandlung in eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungsversammlung in der EU vorschlägt, zur Kenntnis genommen. Die Posi- tion der Bundesregierung stellt sich wie folgt dar: Die Überführung der WEU-Versammlung in eine ESVVwird nicht befürwortet. Die parlamentarische Kontrolle der ESVP-Themen obliegt weiter den nationalen Parlamenten (soweit die Beteiligungsrechte des EP nach Art 21 EUV nicht berührt sind).Von EPunabhängige parlamentarische Strukturen auf EU-Ebene für einen einzelnen Politikbe- reich stehen unserer Position der Stärkung des EP ent- gegen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage der Abgeordneten Gudrun Kopp (F.D.P.) (Drucksache 14/3276, Frage 14): Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, umden von statistischen Ämtern in ihrer „neunten Bevölkerungsvor-ausberechnung“ zu erwartenden drastischen Einwohnerschwundim Osten Deutschlands entgegenzuwirken? Es zeichnet sich ab, dass die Berechnungen der 9. ko- ordinierten Bevölkerungsvorausberechnung der Statisti- schen Ämter des Bundes und der Länder von einem Rück- gang der ostdeutschen Bevölkerung um circa 1 Million Menschen bis zum Jahr 2020 ausgehen, wobei es auch zu einem Rückgang der westdeutschen Bevölkerung kom- men wird. Die wichtigste Ursache für den Rückgang der Bevölkerung ist das sehr niedrige Geburtenniveau. Die Familienpolitik der Bundesregierung will dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von Kin- dern so zu gestalten, dass zum einen Eltern entlastet und unterstützt werden. Zum anderen werden für Kinder Be- dingungen geschaffen, die sie in ihrer intellektuellen, so- zialen und emotionalen Entwicklung fördern. Diese Fa- milienpolitik versteht sich aber nicht als eine Bevölke- rungspolitik. Zu den Maßnahmen für Kinder und Familien, welche die Regierung auf den Weg gebracht hat, gehören folgende: Mit der Novellierung des Erziehungsgeldes und des Erziehungsurlaubes, die zum 1. Januar 2001 in Kraft tre- ten soll, wird für junge Eltern die gemeinsame Kinderbe- treuung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich verbessert. Insbesondere die Ausgestaltung des Erziehungsurlaubes wird zu einem höheren Engagement von Vätern führen. Im Rahmen der Weiterentwicklung des Familienlastenausgleichs sind die steuerlichen Frei- beträge der Kinder und das Kindergeld angehoben und damit die wirtschaftlichen Verhältnisse von Familien ge- stärkt worden, derzeit wird ein weiterer Ausbau des Fa- milienlastenausgleichs vorbereitet. Im Übrigen hat der Aufbau Ost und damit die Verbesserung der wirtschaftli- chen und sozialen Rahmenbedingungen in Ostdeutsch- land für die Bundesregierung hohe Priorität. Zum Aus- druck kommt dies beispielsweise durch die Bereitstellung erheblicher Mittel für die aktive Arbeitsförderung, den Auf- und Ausbau der Infrastruktur, die Investmentförde- rung sowie die Wohnungs- und Städtebauförderung. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage des Abgeordneten Wolfgang Zeitlmann (CDU/CSU) (Drucksache 14/3276, Frage 15): Mit welchen konkreten Initiativen und wann will die Bundes- regierung die Verpflichtung aus der dieser Regierung zugrunde liegenden Koalitionsvereinbarung umsetzen, wonach sie die „na- tionale und internationale Bekämpfung der organisierten Krimi- nalität intensiveren und verbessern“ will? Die Koalitionsvereinbarung sieht vor, „die nationale und internationale Bekämpfung der organisierten Krimi- nalität zu intensivieren und zu verbessern; hierbei wird der Einziehung und dem Verfall kriminell erworbenen Vermögens besondere Bedeutung beigemessen“. Die Ver- mögensabschöpfung als Eckpfeiler der Bekämpfung der organisierten Kriminalität wurde durch die Einrichtung spezieller Ermittlungsgruppen beim Bundeskriminalamt und den Polizeien der Länder deutlich verbessert. Im Jahr 1999 wurden von den Finanzermittlern in Niedersachsen fast 50 Millionen DM und in Baden-Württemberg fast 80 Millionen DM vorläufig sichergestellt. Es spricht viel dafür, dass in den Vergangenheit im Bereich Einziehung und Verfall Vollzugsdefizite bestanden. Vor dem Hinter- grund dieser positiven Erfahrungen prüft die Bundesre- gierung derzeit, ob weitere Verbesserungen auf der Grundlage des interfraktionellen Gesetzentwurfs aus der letzten Legislaturperiode oder durch Änderungen von Verfahrensvorschriften zu erreichen sind. Zur Förderung und Erhaltung der Aussagebereitschaft von Zeugen be- fasst sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit der Über- arbeitung eines Bundesrats-Gesetzentwurfes, der die Rechtsgrundlage für wichtige Schutzmaßnahmen, wie die Ausstattung mit Tarnpapieren und die Einrichtung von Datenübermittlungssperren, verbessern soll. Ein wesent- licher Fortschritt bei der Geldwäschebekämpfung ist von dem Aufbau einer zentralen Geldwäscheverdachtsanzei- gendatei beim Bundeskriminalamt zu erwarten. In Kürze beabsichtigt das Bundesministerium des Inneren die Er- richtungsanordnung für diese bundesweite Verbunddatei Geldwäsche in Kraft zu setzen, um den Geldwäscheinfor- mationsaustausch auf nationaler und internationaler Ebene zu verbessern. Auf europäischer Ebene setzt sich die Bundesregierung maßgeblich dafür ein, die EU-Geld- wäscherichtlinie durch eine Erweiterung des Vortatenka- talogs der Geldwäsche über die Drogendelikte hinaus und die Einbeziehung neuer Berufsgruppen neben den Kredit- und Finanzinstituten zu aktualisieren. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) (Drucksache 14/3276, Frage 16): Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 9479 (C) (D) (A) (B) Warum ist die Bundesregierung auf dem Weg zu ihrem selbst-gestellten „Ziel einer Harmonisierung der Asyl-, Flüchtlings- undMigrationspolitik“ in Europa nicht weitergekommen, und wosieht die Bundesregierung im deutschen Recht die Haupthinder-nisse für eine solche europäische Harmonisierung, für deren Be-seitigung sie auf Beschlüsse europäischer Gremien nicht ange-wiesen wäre? Die Harmonisierung der Asyl- und Migrationspolitik ist kein kurzfristig erreichbares Ziel, sondern ein lang- wieriger Prozess. Die Notwendigkeit einer solchen Har- monisierung wurde bereits Anfang der Neunzigerjahre er- kannt. Der am 1. Mai 1999 in Kraft getretene Amster- damer Vertrag, der diese Politikbereiche in die Zuständig- keit der Europäischen Gemeinschaft überführt hat, enthält konkrete Arbeitsaufträge zur Harmonisierung der Asyl- und Migrationspolitik sowie eine zeitliche Vorgabe von fünf Jahren für deren Umsetzung. Auf dieser Grundlage hat der Europäische Rat von Tampere im Oktober 1999 die Komponenten einer gemeinsamen europäischen Asyl- und Migrationspolitik formuliert. Die Bundesregierung hatte hierauf zusammen mit ihren französischen und bri- tischen Partnern durch die Vorlage eines gemeinsamen Diskussionspapiers Einfluss genommen. Sie wird sich auch weiterhin aktiv für die zügige Umsetzung der Vor- gaben des Amsterdamer Vertrages und des Europäischen Rates von Tampere einsetzen. Eine schnelle Einigung auf europaweit einheitliche Rechtsvorschriften wird dabei nicht so sehr durch ein- zelne nationale Normen, sondern vor allem durch die in verschiedenen Rechtstraditionen wurzelnden unter- schiedlichen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten und de- ren unterschiedliche Erfahrungen mit den Fragen von Asyl und Migration erschwert. Inwieweit nationale Rechtsvorschriften geändert werden müssen, um europä- ische Regelungen zu erlangen, kann nicht abstrakt, son- dern nur im Laufe der Diskussion um konkrete Rechts- setzungsvorschläge geklärt werden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Frage des Abgeordneten Matthäus Strebl (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/3276, Frage 17) Wann und wie plant die Bundesregierung das Versprechen desdieser Regierung zugrunde liegenden Koalitionsvertrages zu er-füllen, sie werde „Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Be-schäftigungschancen des Dienstleistungssektors besser genutzt,dazu Haushaltsdienstleistungen und private Dienstleistungsagen-turen gefördert werden“? Gemäß dem Auftrag aus der Koalitionsvereinbarung, Dienstleistungen und Dienstleistungsagenturen für den Bereich des privaten Haushalts zu fördern, hat das BMA bereits im Sommer 1999 eine Arbeitsgruppe gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen eingerichtet. Diese hat ein- zelne Modelle zur finanziellen Förderung von Dienstleis- tungsagenturen als Lösungsmöglichkeit geprüft. In den bisherigen Modellversuchen hat sich nämlich gezeigt, dass Dienstleistungsagenturen wegen der Konkurrenzsi- tuation zum schwarzen bzw. grauen Markt ohne die bis- her erfolgte modellhafte staatliche Förderung auf Dauer nicht existenzfähig sind. Dies hat auch eine am 11. Fe- bruar 2000 im BMAdurchgeführte Besprechung mit Ver- treterinnen und Vertretern von Dienstleistungsagenturen bestätigt. Sie fordern daher eine finanzielle Förderung von Dienstleistungsagenturen aus öffentlichen Mitteln. Ein- mal wird gefordert, Haushaltsdienstleistungen, die über eine Dienstleistungsagentur bezogen werden, für den Privathaushalt von der Steuerschuld abzugsfähig zu ma- chen. Ziel der Dienstleistungsagenturen dabei ist es, den Privathaushalten kostendeckende Preise in Rechnung zu stellen. Bisher besteht eine gesetzliche Regelung über die Abzugsfähigkeit von der Steuerbemessungsgrund- lage, wenn der Privathaushalt die Haushaltshilfe selbst unter Vertrag nimmt (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG). Als Al- ternative wird gefordert, die einzelnen Dienstleistungs- stunden einer Dienstleistungsagentur staatlich zu sub- ventionieren. Zurzeit befassen sich die Regierungsfraktionen damit, welcher Lösungsweg zur Existenzfähigkeit von Dienst- leistungsagenturen und einer besseren Ausschöpfung des vermuteten Beschäftigungspotenzials im Privathaushalt eingeschlagen werden kann. Neben den arbeitsmarktpoli- tischen Überlegungen muss dabei den wirtschafts- und fi- nanzpolitischen Rahmenbedingungen Rechnung getra- gen werden. Die Beratungen sind noch nicht abgeschlos- sen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Fragen des Abgeordneten Helmut Heiderich (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/3276, Fragen 18 und 19): Wie verteilen sich nach neuer Rechtslage geringfügige Be- schäftigungsverhältnisse (630-DM-Verträge) in absoluten Zahlen auf wirtschaftliche Branchen? In welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung die ge- meldeten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse in die Ar- beitsmarktstatistiken aufzunehmen und mit welchen erkennbaren Veränderungen für diese statistischen Reihen ist zu rechnen? Zu Frage 18: Eine abgeschlossene Statistik einschließlich der Ver- teilung der geringfügig Beschäftigten nach wirtschafts- fachlicher Gliederung liegt derzeit noch nicht vor. Bisher gab es nur erste Auswirkungen, die von den Landesar- beitsämtern und Arbeitsämtern insbesondere hinsichtlich der Strukturen noch auf Plausibilität geprüft werden müs- sen. Zu Frage 19: Die statistische Darstellung der ausschließlich gering- fügig Beschäftigten wird durch die Bundesanstalt für Ar- beit in Anlehnung an das Schema der Beschäftigtensta- tistik als eigenständiger Teil im Rahmen der laufenden Arbeitsmarktstatistiken erfolgen. Umfang und Periodi- zität der Berichterstattung werden nach Vorliegen der ersten Ergebnisse festgelegt. Danach kann dann auch Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 20009480 (C) (D) (A) (B) über die Form der Übernahme dieser, nunmehr statistisch gewonnenen Zahlen in die Volkswirtschaftlichen Gesamt- rechnungen entschieden werden. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Fra- gen der Abgeordneten Brunhilde Irber (SPD) (Drucksa- che 14/3276, Fragen 29 und 30): Welche Vorgehensweise schlägt die Bundesregierung vor, umden Erhalt und die Pflege der Altwässer an der niederbayerischenDonau zu sichern, nachdem diese aufgrund weitgehend ungeklär-ter Zuständigkeiten zunehmend verlanden und dadurch ihre öko-logische Funktion als Refugialgebiete, insbesondere für die Fisch-fauna, nur mehr unzureichend oder nicht mehr erfüllen können? Sieht die Bundesregierung eine Zuständigkeit der Bundeswas-ser- und Schifffahrtsverwaltungen zum Erhalt von Altwässernzumindest für jene Bereiche, die eindeutig als Bestandteil derBundeswasserstraße zu sehen sind, und wie beurteilt sie in diesemZusammenhang die Rechtsgültigkeit der „Richtlinien zur Erhal-tung der Binnenschifferei an den Bundeswasserstraßen“ (1955),hier insbesondere Ziffer 5.2 der Richtlinien? Zu Frage 29: Auf Veranlassung der Wasser- und Schifffahrtsdirek- tion Süd in Würzburg wird das Wasser- und Schifffahrts- amt Regensburg die Verbindung zwischen dem Haupt- wasser der niederbayerischen Donau und den Altwässern freihalten, um einen Fischdurchzug zwischen Hauptwas- ser und Altarm zu ermöglichen. Dies gilt allerdings nur in- soweit, als der Bund als Ausbauunternehmer eine Verän- derung des Flussbettes geschaffen hat. Die Verpflichtung des Bundes besteht auch nur, soweit die Maßnahmen der Freihaltung der Verbindung technisch möglich, wirt- schaftlich vertretbar und unter naturschutzrechtlichen Ge- sichtspunkten zulässig sind. Insoweit sind auch die zu- ständigen Naturschutzbehörden zu beteiligen. Für eine darüber hinausgehende Erhaltung und Pflege der Altwäs- ser hat der Bund keine Zuständigkeit, da er nur verkehrs- rechtliche Kompetenzen hat. Die Zuständigkeit liegt bei den Ländern, hier bei dem Freistaat Bayern. Zu Frage 30: Der Bund hat keine wasserwegerechtliche Zuständig- keit zur Erhaltung von Altwässern, auch wenn diese Be- standteil der Bundeswasserstraße sind, es sei denn, eine solche Verpflichtung ist ihm im Planfeststellungsbe- schluss auferlegt worden oder die Erhaltung ist aus ver- kehrlicher Sicht zum Beispiel für die Bewässerung des Hauptwassers erforderlich. Nach Artikel 5 Abs. 2 des Fi- schereigesetzes für Bayern besteht allerdings eine Ver- pflichtung des Bundes als Ausbauunternehmer bei einer Veränderung des Gewässerbettes möglichst für eine Ver- bindung zwischen Altwasser und Hauptwasser zu sorgen, um einen Durchzug der Fische zu gestatten. Auf dieser Rechtsgrundlage wird auch das Wasser- und Schifffahrts- amt Regensburg tätig werden. Die Richtlinie zur Erhal- tung der Binnenfischerei an den Bundeswasserstraßen aus dem Jahre 1955 ist noch weiterhin rechtsgültig, dies gilt auch für die dortige Ziffer 5.2. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 9481 (C)(A) Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
Gesamtes Protokol Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410100000
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Ich begrüße Sie recht herzlich. Die Sitzung
ist eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zur
Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechts-
ausübung (Namensaktiengesetz).

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Bundesministerin der Justiz, Herta Däubler-
Gmelin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin der
Justiz: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen! Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines
Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung der
Stimmrechtsausübung, Namensaktiengesetz genannt,
verabschiedet. Dieses Gesetz enthält einige wichtige Än-
derungen. Auf der einen Seite wird das Recht der
Namensaktie grundlegend modernisiert. Wie Sie viel-
leicht wissen, gibt es dafür erheblichen Anlass. Ich darf
das kurz ausführen. Große deutsche Aktiengesellschaften –
ich will jetzt die Namen nicht nennen – sind von der so ge-
nannten Inhaberaktie auf die Namensaktie umgestiegen.
Die Gründe dafür sind klar. Wenn man weiß, wem die Ak-
tie gehört – auf der Aktie steht dann der Name –, ist es für
ein Unternehmen sehr viel leichter möglich, einen Ak-
tionär nicht nur ausfindig zu machen, sondern auch anzu-
sprechen. Auf der anderen Seite erhöht die Namensaktie
die Bindung der Aktionäre an das Unternehmen.

Der Umstieg hat allen gezeigt, dass das Recht der Na-
mensaktie in unserem Aktiengesetz grundlegend moder-
nisiert werden muss, damit es den neuen technischen An-
forderungen der elektronischen Datenübermittlung von
den Börsen über die Clearingstelle bis hin zu den EDV-ge-
führten Aktienregistern und einigen anderen Erfordernis-
sen, die wir für wichtig halten, gerecht wird.

Mit diesem Gesetzentwurf haben wir alle bürokrati-
schen Formvorschriften rund um die Hauptversammlung
eines großen Unternehmens überprüft und so weit wie

möglich abgeschafft. Damit bereiten wir diese Bereiche
des Aktienrechtes auf das Internetzeitalter vor. Das tun an-
dere Industriestaaten auch. Mit unserem Entwurf bringen
wir das deutsche Recht in diese Gesamtentwicklung ein
und sind dabei sehr weit vorne. Das ist sehr gut. Das ist
auch ein Grund dafür, dass gerade dieses Gesetz auf ein
sehr positives Echo gestoßen ist. Die Wirtschaft hat den
dringenden Wunsch, dass bis zur Saison der Hauptver-
sammlungen im Jahre 2001 das Gesetz im Bundestag be-
schlossen und in Kraft getreten sein soll. Ich schließe
mich diesem Wunsch an und bitte den Deutschen Bun-
destag, mich bei der Verabschiedung dieses Gesetzes zu
unterstützen.

Lassen Sie mich zwei Punkte herausheben, die mir
ganz besonders am Herzen liegen und die mit dem Wech-
sel von der Inhaber- zur Namensaktie zu tun haben. Viele
Aktienbesitzer – aber auch in der Öffentlichkeit ist das
deutlich geworden – haben die Sorge, dass dann, wenn ihr
Name auf der Aktie steht, mit dem Namen oder der Kennt-
nis der Eigentumsverhältnisse Missbrauch getrieben wer-
den kann. Sie haben daneben die Sorge, dass jeder andere
Aktionär, aber auch die Öffentlichkeit durch den Einblick
in das Aktienregister mehr erfahren können, als ihnen ei-
gentlich zusteht. Deswegen haben wir die datenschutz-
rechtlichen Bestimmungen in Bezug auf das Aktienregis-
ter und in Bezug auf die Frage, was die Unternehmen sel-
ber mit den Daten, insbesondere mit den sensiblen Daten,
machen dürfen, entsprechend modernisiert.

Noch ein Wort zu den elektronischen Medien im Ge-
sellschaftsrecht. Der Entwurf des Namensaktiengesetzes
kommt ganz unscheinbar im Gewand einer technischen
Novelle daher, hat aber das Potenzial, einen Innovations-
schub auszulösen. Dies wollen wir auch; darauf legen wir
großen Wert. In wenigen Jahren könnte die herkömmliche
Stimmrechtslandschaft im deutschen Aktienrecht und auf
deutschen Hauptversammlungen ganz anders als heute
aussehen. Die Aktiengesellschaften bereiten sich darauf
vor, und zwar mit Vorratsbeschlüssen. Sie setzen verstärkt
auf ein Verfahren der unmittelbar erteilten Stimmrechts-
vollmacht, an dem die Banken gar nicht mehr beteiligt
sind.

Mit Blick auf die immer wieder und nicht ganz ohne
Grund aufflackernde Diskussion um die Macht der

9439


(C)



(D)



(A)



(B)


101. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000

Beginn: 13.00 Uhr

Banken und im Hinblick auf die Kritik an dem Voll-
machtsstimmrecht der Banken halte ich diese Entwick-
lung für sehr gut. Der Entwurf macht sie möglich und eb-
net ihr den Weg.

Außerdem konnte man vernehmen, dass bereits jetzt
eine ganze Reihe von Serviceleistern aus dem IT-Bereich
in den Startlöchern sitzen, um künftig neue Dienstleistun-
gen anzubieten, die im Rahmen der elektronischen Kom-
munikation mit dem Investor und der Stimmrechtsaus-
übung anfallen, wie zum Beispiel Konzepte für Online-,
Tele- und Cyber-Hauptversammlungen, die natürlich
auch über die Landesgrenzen hinweg – das heißt, nicht
nur im nationalen Rahmen – möglich wären. Das ist viel-
leicht noch Zukunftsmusik. Aber im Hinblick auf die
elektronischen Möglichkeiten, die manchmal schneller
umgesetzt werden, als wir glauben, ist der vorliegende
Gesetzentwurf hilfreich. Das Namensaktiengesetz ist ein
guter Weg. Es wird nicht das einzige Gesetz sein, das wir
ändern müssen. Aber es ist ein sehr guter Anfang.

Herzlichen Dank.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410100100
Danke, Frau Ministe-
rin. Ich bitte, zunächst Fragen zu dem soeben aufgerufe-
nen Themenbereich zu stellen.

Herr Kollege Funke, bitte.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1410100200
Frau Ministerin, vielen Dank
für Ihren ausführlichen Vortrag. Wir beglückwünschen
Sie sehr zu dem vorliegenden modernen Gesetz; denn ge-
rade in den letzten Jahren hat sich die Entwicklung von
der Inhaberaktie zur Namensaktie, also hin zum amerika-
nischen Modell, vollzogen. Dieser Entwicklung muss
man genauso Rechnung tragen wie dem, was heute in der
Informationstechnik möglich ist. Ich glaube, dass Sie mit
dem vorliegenden Gesetz die wesentlichen Grundlagen
dafür schaffen. Wir von der F.D.P.-Fraktion sagen Ihnen
sehr gerne zu, dass wir im Rechtsausschuss für eine
schnelle Beratung dieses Gesetzes sorgen werden.

Ich habe zwei Fragen. Erste Frage: Was halten Sie von
dem Vollmachtsstimmrecht in § 3 des VW-Gesetzes? Soll
die dortige Regelung aufgegeben werden?

Zweite Frage: Sie beabsichtigen, ein Übernahmegesetz
auf den Weg zu bringen. Inwieweit wird die Neutralitäts-
pflicht, der die Verwaltung unterliegt, unter Umständen
durch das Führen eines Namensregisters untergraben,
weil der Vorstand jederzeit auf die Namen der Aktionäre
zugreifen und deren Entscheidungen beeinflussen kann?
Wie wollen Sie das regeln?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410100300
Frau Ministerin, bitte
sehr.

Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin der
Justiz: Danke schön, verehrter Kollege Funke, für die
grundsätzliche Zusage der Unterstützung. Vielleicht lässt
sich die eine oder andere Anregung im Rahmen einer An-
hörung – ich weiß noch nicht, ob der Bundestag eine An-
hörung wünscht – in das Gesetz aufnehmen.

Wir haben nicht die Absicht, das VW-Gesetz in diesem
Punkt zu ändern, weil es dort um eine andere Materie

geht. Sie wissen, dass sich gerade eine Arbeitsgruppe mit
den Übernahmeregelungen befasst. Aber die Überlegun-
gen dieser Gruppe sind noch nicht so weit gediehen, dass
man schon sagen könnte, wie die Übernahmeregelungen
im Einzelnen aussehen werden.

Ich weiß nicht, ob sich Ihre Fragen bezüglich des Na-
mensregisters ausschließlich auf die beiden eben darge-
stellten Bereiche bezogen oder ob ich Ihnen auch noch
darstellen soll, was im Gesetzentwurf zum Namensakti-
engesetz dazu vorgesehen ist. Ich vermute, dass ich das
nicht tun soll, weil Sie das schon wissen.


(Rainer Funke [F.D.P.]: Stimmt!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410100400
Herr Kollege Funke,
bitte, eine zweite Frage.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1410100500
Ich möchte gern noch einmal
auf das VW-Gesetz eingehen. Ich glaube, dass wir von un-
terschiedlichen Tatbeständen ausgehen. Es ist so: Bei VW
gibt es Inhaberaktien. Als Besitzer einer Inhaberaktie
kann man der Bank normalerweise eine 15-Monats-Voll-
macht erteilen. Diese 15-Monats-Vollmacht ist im VW-
Gesetz aber ausgeschlossen. VW ist als einzige Gesell-
schaft in Deutschland, ja sogar in ganz Europa von diesem
Ausschluss betroffen; insofern hat VW eine Sonderstel-
lung. Für den Kapitalmarkt ist es eigentlich sinnvoll, dass
Derartiges einheitlich geregelt wird und dass eine Aktien-
gesellschaft, die wie jede andere auch ist, keine Sonder-
stellung einnimmt. Da Sie jetzt die 15-Monats-Vollmacht
für die Banken unbefristet ermöglichen, frage ich mich,
warum Sie jetzt überhaupt noch an dieser Sondervor-
schrift in § 3 des VW-Gesetzes festhalten wollen. Das ist
mir nicht ganz einsichtig.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410100600
Frau Ministerin, bitte.

Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin der
Justiz: Lieber Herr Funke, Sie wissen: Es gibt gewisse tra-
ditionelle Sonderregelungen. Mit einer solchen haben wir
es hier zu tun. Ich nehme Ihre Anregung gerne auf. Ein
entsprechendes Vorhaben gibt es bisher nicht; aber lassen
Sie uns doch einfach während der gesetzgeberischen
Überlegungen die Frage aufgreifen, ob es sinnvoll wäre
oder nicht.

Sie haben die Aufhebung der 15-Monats-Vollmachten
für die Banken angesprochen. Obwohl Sie es wissen, las-
sen Sie mich dazu noch ein Wort doch sagen. Es gibt zwei
Gründe, warum wir das getan haben: Auf der einen Seite
befreien wir hiermit die Wirtschaft von bürokratischen
Vorschriften – das ist gut –; auf der anderen Seite – des-
wegen ist diese Anregung aus dem Kreis der Aktionäre
gekommen – nehmen wir den Schutz der Aktionäre nicht
weg.

Wir erhöhen auch nicht unbedingt den Einfluss der
Banken, weil wir dafür sorgen, dass in jedem Jahr die Ak-
tionäre darüber informiert werden müssen, ob eine Voll-
macht gegeben wurde. Im Bereich der Namensaktie ist
das völlig unproblematisch möglich. Wir gehen auch da-
von aus, dass dieser Bereich durch die in Zukunft vor-
handenen und sehr viel stärker eingesetzten elektroni-
schen Möglichkeiten, so wie ich es ausgeführt habe, er-
heblich verbessert werden kann.




Bundesministerin Dr. Herta Däubler-Gmelin
9440


(C)



(D)



(A)



(B)



(Rainer Funke [F.D.P.]: Wir teilen Ihre Auffassung!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410100700
Gibt es weitere Fragen
zu diesem Themenkomplex? – Das ist nicht der Fall. Ich
rufe dann den offenen Teil der Regierungsbefragung auf.
Herr Kollege Koppelin, bitte.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1410100800
Ich möchte die Bundesre-
gierung fragen, ob sie sich mit der dramatischen Geisel-
nahme in Südostasien beschäftigt hat. Können Sie uns
Auskunft geben, wie die Situation der Geiseln ist? Welche
Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, noch aktiver zu
werden? Mir ist völlig klar, dass es bestimmte Auskünfte
nicht geben kann, um die Geiseln nicht zu gefährden.
Aber wenn sich das Kabinett heute damit beschäftigt hat,
dann wäre ich für einen allgemeinen Bericht dankbar.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410100900
Herr Staatsminister
Bury antwortet für die Bundesregierung.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1410101000
Herr Kollege Koppelin, selbstverständlich hat sich die
Bundesregierung auch heute mit diesem Thema in der Ka-
binettssitzung beschäftigt. Der Bundesaußenminister hat
über die Mission von Herrn Solana berichtet, der heute
zurückgekehrt ist und der dort – den Umständen entspre-
chend – erfolgreiche Gespräche führen konnte. Ihm
wurde in den Gesprächen mit dem philippinischen Präsi-
denten zugesichert, dass die philippinische Regierung auf
keinen Fall militärische Gewalt einsetzen will – das war
für uns ein wichtiger Punkt – um das Leben der Geiseln –
das hat höchste Priorität – nicht zu gefährden.

Es ging in dem Gespräch darum, humanitäre Versor-
gungsmöglichkeiten zu verbessern. Außerdem ging es um
die Entsendung von Beauftragten mit dem Ziel, eine um-
gehende Freilassung der Geiseln, insbesondere von Frau
Wallert, zu erreichen. Ich bedaure, dass in diesem Punkt
bis zur Stunde noch keine Fortschritte erzielt werden
konnten.

Der Bundesaußenminister hat insgesamt, was die Si-
tuation angeht – ich zitiere ihn –, „äußerst vorsichtigen
Optimismus“ geäußert. Es ist gut, dass es gelungen ist –
nicht zuletzt dank der Bemühungen des Asien-Beauftrag-
ten der Bundesregierung –, Nahrungsmittel, Medika-
mente und Wasser zu den Geiseln zu bringen.

Wir haben durch das Engagement von Herrn Solana
und durch die Gespräche, die er geführt hat, jetzt faktisch
einen Schritt in Richtung internationale Vermittlung ge-
tan. Es gibt Vermittlungsversuche einer gemischten hu-
manitären Gruppe, der Vertreter des Roten Halbmondes
und der frühere Botschafter Libyens in Manila angehören,
die Kontakt zu den Entführern aufnehmen soll. Der Kri-
senstab im Auswärtigen Amt arbeitet sehr gut, auch im
Kontakt mit den anderen Ressorts, und wir tun das, was
aus Sicht der Bundesregierung möglich ist, um rasche
Fortschritte zu erzielen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410101100
Zu einer Nachfrage
Herr Kollege Koppelin, bitte.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1410101200
Herr Staatsminister, kön-
nen Sie Meldungen von heute Morgen bestätigen, wonach
die Vertreter des Roten Kreuzes nicht die Chance bekom-
men haben, die kranke deutsche Geisel mitzunehmen,
sondern unverrichteter Dinge wieder gehen mussten?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1410101300
Wie ich Ihnen gerade sagte, ist es bisher leider nicht
gelungen, die Freilassung der erkrankten Geisel zu errei-
chen. Insofern kann ich entsprechende Meldungen leider
nicht dementieren.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410101400
Gibt es darüber hinaus
Fragen an die Bundesregierung? – Herr Kollege Hauser,
bitte.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1410101500
Ich möchte die
Bundesregierung fragen, ob die Verhandlungen zwischen
der Bundesregierung und der Bundesstadt Bonn über den
so genannten Bonn-Vertrag für den Zeitraum 2000 bis
2003, die Staatsminister Naumann am 30. Juni 1999 in ei-
ner Fragestunde bereits als de facto abgeschlossen be-
zeichnet hat, nunmehr auch tatsächlich und nicht nur de
facto abgeschlossen sind und wann mit der Unterzeich-
nung des Bonn-Vertrages gerechnet werden kann. Es ging
um das Jahr 1999, nicht um das Jahr 2000.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410101600
Zur Beantwortung
bitte Herr Staatsminister Naumann.

D
Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410101700
Herr Abgeordneter Hauser, die Bonn-Vereinba-
rung berührt die Belange mehrerer Ressorts,


(Norbert Hauser [Bonn] [CDU/CSU]: Wer hätte das gedacht!)


zum Beispiel die des Bundesministeriums der Finanzen,
die meines Ressorts sowie die des Bundesministeriums
für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Die Verhandlun-
gen zwischen der Bundesregierung unter Federführung
des Bundesfinanzministeriums und der Bundesstadt Bonn
sind noch nicht in vollem Umfang abgeschlossen. Abge-
schlossen sind aber seit Juni 1999 die in der Zuständigkeit
meiner Behörde liegenden Verhandlungen über die Kul-
turleistungen des Bundes in den Jahren 2000, 2001, 2002
und 2003. Nur auf diesen Teil der Bonn-Vereinbarung be-
zog sich meine Antwort vom 30. Juni 1999, die Sie eben
zitiert haben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410101800
Kollege Hauser, bitte,
eine Nachfrage.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1410101900
Auch wenn ich
das damals falsch verstanden haben muss – aber ich werde
selbstverständlich gern noch einmal nachlesen, ob das
tatsächlich so zu verstehen war –,


(Staatsminister Dr. Michael Naumann: Das habe ich gesagt!)


möchte ich die Frage anschließen: Welche Überlegungen
gibt es in Ihrem Hause, über das Jahr 2003 hinaus die
Bundesstadt Bonn bei ihren kulturellen Aufgaben,




Bundesministerin Dr. Herta Däubler-Gmelin

9441


(C)



(D)



(A)



(B)


insbesondere auch bei den gesamtstaatlichen Repräsenta-
tionsaufgaben nach § 6 Absatz 4 des Berlin-Bonn-Geset-
zes vom 26. April 1994, zu unterstützen?

D
Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410102000
Herr Abgeordneter, ad 1: Die Bundesregierung
ist durchaus zufrieden und stolz darauf, dass sie in einem
wesentlich höheren Maße, als das die vorige Regierung
vorgesehen hatte, nach den damals anstehenden und jetzt
fast abgeschlossenen gesetzlichen und auch politischen
Sanierungsmaßnahmen an dem bekanntermaßen in nicht
gerade solidestem Zustand übergebenen Bundeshaushalt
in der Lage war, die Stadt Bonn – sowohl hinsichtlich ih-
rer Bevölkerungszahl als auch hinsichtlich des Sachver-
halts, dass die berühmte Museumsmeile ganz vom Bund
finanziert wird – zur vollen Zufriedenheit sowohl der
Oberbürgermeisterin, Frau Dieckmann, wie auch des Kul-
turreferenten, Herrn von Uslar, mit Mitteln auszustatten.

Ad 2: Die Frage, wie es ab 2003, das heißt in drei Jah-
ren, weitergeht, könnte man als ein bisschen voreilig be-
trachten; denn schließlich sind wir mit der berühmten
Haushaltssanierung noch nicht zu einem Ende gekom-
men. Ich weiß aber sehr wohl, warum Sie diese Frage stel-
len. In Nordrhein-Westfalen wird nämlich gewählt.

Tatsache ist, dass ich in meiner ersten Erklärung nach
Amtsantritt der neuen Regierung vor diesem Hohen
Hause darauf hingewiesen habe, dass die kulturelle Be-
deutung der gesamten Mittelrhein-Region nicht vergessen
werden darf und offenkundig nicht vergessen wird. Sie
hat in der Tat – das darf man wirklich sagen – über Jahr-
hunderte hinweg für ganz Deutschland kulturell Maß-
stäbe gesetzt. Ihre Förderung bleibt auch in Zukunft einer
der wesentlichen Kernpunkte der kulturpolitischen Über-
legungen dieser Bundesregierung.

Wenn Sie mich jetzt aber auf eine gewisse Summe, ei-
nen irgendwie festzuschreibenden Betrag, festnageln
wollen, dann kann ich Ihnen nur entgegnen, dass wahr-
scheinlich selbst Sie, wenn Sie in meinen Schuhen
stecken würden, dieses nicht bekannt geben wollten, da
wir uns in Verhandlungen befinden. Verhandlungen lassen
sich ja dadurch ganz kurzfristig beenden, dass die eine
Seite ihre Argumente, in diesem Fall ihr Zahlenwerk, vor-
legt und dass die andere Seite dann entweder sagt, dass sie
das annimmt, oder sagt, dass das zu wenig ist. Das sollte
man aber nicht in aller Öffentlichkeit tun.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410102100
Gibt es weitere Fragen
an die Bundesregierung? – Da das offensichtlich nicht der
Fall ist, beende ich jetzt die Regierungsbefragung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind mit dem sel-
tenen Fakt konfrontiert, dass die vorgesehene Zeit nicht
ausgeschöpft wurde. Deshalb unterbreche ich jetzt die Sit-
zung bis 13.35 Uhr. Dann fangen wir regulär mit der Fra-
gestunde an.


(Unterbrechung von 13.21 bis 13.35 Uhr)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410102200
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröff-
net.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde
– Drucksache 14/3276 –

Die Fragen 1 und 2 aus dem Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Finanzen werden schriftlich beant-
wortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur
Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Dr. Gerald Thalheim bereit.

Ich rufe jetzt Frage 3 des Abgeordneten Georg Girisch
auf:

Hat die Bundesregierung die Verpflichtung aus dem dieser Re-gierung zugrunde liegenden Koalitionsvertrag aufgegeben, wo-nach „der Bereich Vertrags-Naturschutz erweitert“ werden soll,oder was beabsichtigt sie konkret zur Umsetzung dieses Ziels zuunternehmen?

D
Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1410102300

Sehr geehrter Herr Kollege Girisch, die Bundesregierung
misst der Stärkung und Erweiterung des Vertrags-
Naturschutzes insbesondere auch im Hinblick auf eine
nachhaltige ländliche Entwicklung eine große Bedeutung
bei. Unter deutscher Präsidentschaft wurde im Rahmen
der Agenda 2000 die EG-Verordnung über die Förderung
der Entwicklung des ländlichen Raumes verhandelt und
verabschiedet. In dieser Verordnung wurde der Ausbau
der bereits im Zuge der Agrarreform von 1992 eingeführ-
ten Agrarumweltmaßnahmen sichergestellt. Im Rahmen
dieser Maßnahmen werden freiwillige Leistungen der
Landwirte gefördert, die dem Schutz und der Verbes-
serung von Natur und Umwelt sowie der Erhaltung des
ländlichen Lebensraumes dienen. Außerdem wurde darin
eine gemeinschaftliche Beteiligung an Ausgleichszahlun-
gen für Gebiete mit umweltspezifischen Einschränkun-
gen, so genannte Natura-2000-Gebiete, verankert.

Der Planungsausschuss für Agrarstruktur und Küsten-
schutz hat mit den Beschlüssen zum Rahmenplan der Ge-
meinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und
des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 2000 bis 2003 die
auf Bundesebene bisher bereits angebotenen Agrar-
umweltmaßnahmen attraktiver gestaltet und durch Auf-
nahme der mehrjährigen Stilllegung ausgebaut. Mit der
Förderung der zehnjährigen Stilllegung von Ackerflächen
und bestimmten Grünlandflächen wird ein wesentlicher
Beitrag zur Schaffung von natürlichen Strukturelementen
in der Landschaft sowie zur ökologischen Selbstregulie-
rung von Biotopvernetzungen geleistet. Damit wird ein
wichtiger Schritt zur Erweiterung des Vertrags-Natur-
schutzes realisiert.

Die Möglichkeit einer Förderung in besonderen
Schutzgebieten nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie
sowie nach der Vogelschutz-Richtlinie im Rahmen der
Gemeinschaftsaufgabe soll zunächst durch eine Bund-
Länder-Arbeitsgruppe geprüft werden.

Unser Fazit ist: Die Bundesregierung hat bereits eine
Reihe konkreter Maßnahmen zur Stärkung und Erweite-
rung des Vertrags-Naturschutzes ergriffen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410102400
Zu einer Zusatzfrage
bitte Herr Kollege Girisch.




Norbert Hauser (Bonn)

9442


(C)



(D)



(A)



(B)



Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1410102500
Herr Staatssekretär, in
Ihrer Koalitionsvereinbarung heißt es:

In der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur ... wer-
den der Bereich Vertrags-Naturschutz und Ökologi-
scher Landbau erweitert und Regionale Verarbeitung
und Vermarktung aufgenommen.

Können Sie mir sagen, ob dies alles geschehen ist und wie
sich dies für unsere Landwirtschaft in Zahlen auswirkt?

D
Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1410102600

Was den ökologischen Landbau anbelangt: Hier ist es
Bundesminister Funke auf europäischer Ebene gelungen,
einige wesentliche Verbesserungen zu erreichen. Als Er-
stes sei erwähnt, dass wir endlich eine Verordnung für den
tierischen Bereich haben, durch die dieser insgesamt at-
traktiver gestaltet wird. Zweitens sind die Fördersätze für
eine ganze Reihe von Kulturen und insbesondere Gemü-
sekulturen verbessert worden.

Was den Kernbereich des Naturschutzes anbelangt, ist
festzuhalten, dass hier die Kompetenz bei den Ländern
liegt. Alle in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebe-
nen Bemühungen können natürlich nicht die verfassungs-
mäßige Ordnung der Bundesrepublik außer Kraft setzen.
Naturschutz ist Ländersache. Wir sind hier, wie das auch
aus meiner Antwort hervorging, im Dialog mit den Bun-
desländern, um Fortschritte zu erreichen. Mit der letzten
PLANAK-Runde ist das bereits gelungen. Im Rahmen der
erwähnten Arbeitsgruppe bezüglich der Umsetzung der
Natura-2000-Richtlinie wird es in nächster Zeit zu greif-
baren Ergebnissen kommen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410102700
Kollege Girisch, bitte
Ihre zweite Zusatzfrage.


Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1410102800
In der Koalitionsverein-
barung heißt es weiter, dass das Absatzfondsgesetz refor-
miert und auf regionale und ökologische Produkte ausge-
weitet werden soll. Wie ist der jetzige Stand?

D
Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1410102900

Das Absatzfondsgesetz hat vordergründig nichts mit dem
Naturschutz zu tun. Aber da Sie es ansprechen, möchte ich
feststellen, dass es über den Absatzfonds, durch den die
CMA mitfinanziert wird, gelungen ist, ein Ökolabel, das
heißt ein Ökoprüfzeichen, zu kreieren. Mit diesem wich-
tigen Schritt, der dazu geführt hat, dass die CMAmit den
Verbänden im Bereich des ökologischen Landbaus
zusammengearbeitet hat und in Zukunft weiter intensiv
zusammenarbeiten wird, erreichen wir für den Verbrau-
cher die Verbesserung der Erkennung von ökologisch er-
zeugten Produkten, schaffen wir Vertrauen und gelingt
uns insgesamt ein wesentlicher Fortschritt auf diesem Ge-
biet.

Von dieser Stelle aus kann ich nur an den Handel ap-
pellieren, diese Vorschläge aufzugreifen und von der
Lizenzmöglichkeit im Rahmen des Ökoprüfzeichens Ge-
brauch zu machen, um am Ende dem, was an Vorarbeit er-
bracht worden ist, in der Praxis zur Geltung zu verhelfen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410103000
Es gibt eine weitere
Zusatzfrage des Kollegen Deß.


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1410103100
Herr Staatssekretär, wie Sie
richtig ausgeführt haben, sind für den Vertrags-Natur-
schutz die Bundesländer zuständig. Können Sie mir ein
Bundesland nennen, das, prozentual gesehen, mehr
Flächen im Vertrags-Naturschutz ausweist als Bayern,
und können Sie mir ein Bundesland nennen, das für die-
sen Bereich mehr Mittel aufwendet als Bayern?

D
Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1410103200

Herr Deß, ich will Ihnen gerne den Gefallen tun: Bayern
ist sicher das Bundesland, das an dieser Stelle eine hervor-
ragende Politik macht. Mein Heimatland Sachsen braucht
sich aber nicht dahinter zu verstecken. Auch hier wird in
diesem Bereich sehr viel getan, wobei man die natürlichen
und geographischen Gegebenheiten mit in das Kalkül zie-
hen muss. Es ist ein Unterschied, ob ich in einem Land
wie Sachsen-Anhalt in der Magdeburger Börde wirt-
schafte, wo die natürlichen Voraussetzungen anders sind,
oder zum Beispiel im Allgäu und in anderen Regionen.
Die von der Bayerischen Staatsregierung auf diesem Ge-
biet verfolgte Politik ist sicher verdienstvoll; aber auch
andere Aspekte spielen hier eine wichtige Rolle.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Vielen Dank!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410103300
Dann rufe ich jetzt die
Frage 4 des Abgeordneten Albert Deß auf:

Mit welchen Initiativen will die Bundesregierung dem Ein-druck entgegenwirken, sie nehme die Verpflichtung aus der dieserRegierung zugrunde liegenden Koalitionsvereinbarung nichternst, „bei den anstehenden WTO-Verhandlungen müssen in derinternationalen Agrarpolitik ökologische und soziale Mindest-standards durchgesetzt werden“?

D
Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1410103400

Herr Kollege Deß, die Bundesregierung weist mit Nach-
druck die Unterstellung zurück, sie nehme das in der
Koalitionsvereinbarung formulierte Ziel nicht ernst, im
Rahmen der WTO-Folgeverhandlungen im Agrarbereich
ökologische und soziale Mindeststandards durchzu-
setzen.

Das Gegenteil ist der Fall. Das Thema der Absicherung
von ökologischen und sozialen Mindeststandards in der
internationalen Agrarpolitik wurde bei der Erarbeitung
der europäischen Verhandlungsposition für die WTO-
Verhandlungen maßgeblich von deutscher Seite vorange-
trieben. Klare Formulierungen hierzu haben in den
Schlussfolgerungen des Agrarrates vom 27. September
1999 und des Allgemeinen Rates vom 26. Oktober 1999
ihren Niederschlag gefunden. Danach müssen im Bereich
der nicht handelsbezogenen Themen unter anderem die
multifunktionale Rolle der Landwirtschaft, die Lebens-
mittelsicherheit und -qualität einschließlich des Vorsorge-
prinzips sowie die tiergerechte Nutztierhaltung in den
Vordergrund gerückt werden.

Es war und ist Haltung der Bundesregierung, dass eine
weitere Liberalisierung des Welthandels im Agrarbereich
nur zu fairen Rahmenbedingungen akzeptabel sein kann.
In Umsetzung der Koalitionsvereinbarung verfolgt die






(C)



(D)



(A)



(B)


Bundesregierung eine Strategie, die grundsätzlich zwei
Pfade umfasst, und zwar erstens die Einführung und
Anpassung von Standards für den Verbraucher-, Tier- und
Umweltschutz in Fachübereinkommen außerhalb des
WTO-Vertrages und zweitens die Verbesserung bzw.
Neuregelung der Verknüpfung dieser Standards mit den
Regeln der WTO in den WTO-Verhandlungen.

Gemeinsam mit der Europäischen Kommission und
anderen EU-Mitgliedstaaten setzt sich die Bundesregie-
rung in einer ganzen Reihe internationaler Fachabkom-
men dafür ein, die Arbeiten zur Einführung und Anpas-
sung von Standards voranzubringen. Die WTO-Minister-
konferenz in Seattle hat allerdings gezeigt, dass die
Diskussion über soziale und ökologische Mindeststan-
dards ein schwieriges Unterfangen ist. Ein Großteil der
Entwicklungsländer vermutet dahinter eine neue Form
des Protektionismus und steht dem eher ablehnend ge-
genüber. Hier wird es in Zukunft ganz besonders darauf
ankommen, zusammen mit den europäischen Partnern
sachliche Überzeugungsarbeit zu leisten und für unsere
Position zu werben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410103500
Eine Zusatzfrage? –
Bitte, Herr Kollege Deß.


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1410103600
Herr Staatssekretär, ich
wollte Ihnen mit meiner Frage nichts unterstellen, son-
dern nur die Chance geben, dass Sie dem Eindruck entge-
genwirken, der in diesem Punkt in der Öffentlichkeit vor-
herrscht.

Meine weitere Frage: Wie sehen Sie die Chancen, dass
solche ökologischen und sozialen Mindeststandards
tatsächlich durchgesetzt werden?

D
Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1410103700

Diese Chancen sind in den einzelnen Bereichen sehr un-
terschiedlich. Sie wissen zum Beispiel, dass es mit Ab-
schluss der Verhandlungen zum Bio-Sicherheits-Proto-
koll gelungen ist, deutliche Fortschritte zu erreichen. Im
Bereich des Verbraucherschutzes ist das schon schwieri-
ger. Hier haben wir schon das SBS-Abkommen aus dem
letzten WTO-Vertrag, wodurch die Standards internatio-
nal abgesichert werden. Allerdings ist es notwendig, im
Einzelfall die Belange des Verbraucherschutzes oder –
umgekehrt – die Gefährdungen nachzuweisen. Noch
schwieriger sieht es beim Tierschutz aus, weil ihm auf-
grund kultureller Unterschiede weltweit eine unterschied-
liche Bedeutung beigemessen wird. Ich denke, bei den
Umweltstandards ist wieder eine eher positive Entwick-
lung zu verzeichnen.

Das sind Bemühungen, die Probleme durch internatio-
nale Verträge zu lösen. Intern spielen natürlich der Außen-
schutz und die Beibehaltung der Ausgleichszahlungen –
Stichwort: Green-Box – eine große Rolle. Indem wir den
Außenschutz für die Zukunft sichern, halten wir inner-
europäisch ein bestimmtes Niveau an Preisen und damit
am Ende auch an sozialen Standards aufrecht. Das heißt,
man muss diese Frage immer in zwei Richtungen, nach
außen und nach innen, diskutieren.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410103800
Kollege Deß zu einer
zweiten Frage, bitte.


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1410103900
Herr Staatssekretär, sind Sie
mit mir der Meinung, dass es im Interesse unserer Land-
wirtschaft in Europa eine Zielvorstellung sein müsste, bei
der WTO zu erreichen, dass in das europäische Gebiet nur
solche Nahrungsmittel geliefert werden dürfen, die unse-
ren ökologischen und sozialen Standards entsprechen?

D
Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1410104000

Dieser Aussage kann ich nicht zustimmen. Die Schluss-
folgerung aus Ihrer Forderung wäre doch, dass in der Drit-
ten Welt Löhne wie in Deutschland zu zahlen wären. Da-
mit würden wir letztendlich jeden Export nach Deutsch-
land unmöglich machen. Aber gerade die Ermöglichung
des Exports zum Beispiel von Südfrüchten ist ein ganz
wichtiger Beitrag zur Wirtschaftsförderung dieser Länder.

Wenn man sich die Zahlen der Importe und Exporte an-
sieht, muss man klar festhalten: Trotz der hohen Löhne in
Deutschland ist es uns gelungen, die Exporte von land-
wirtschaftlichen Erzeugnissen in den letzten Jahren deut-
lich auszuweiten. Sie belaufen sich immerhin auf einen
Umfang von über 40 Milliarden DM; dem stehen Importe
von etwas über 70 Milliarden DM gegenüber. Hier muss
man also im Einzelfall abwägen: Was sind unsere Interes-
sen als Exporteure und Importeure und was sind die In-
teressen insbesondere der Entwicklungsländer, die nach
Deutschland liefern wollen?

Diese Aussage bezog sich auf die sozialen Standards.
Bei den ökologischen Standards ist dies etwas anders zu
sehen. Wenn Exporte nach Deutschland erfolgen und da-
mit der Raubbau in den Produktionsländern in Kauf ge-
nommen wird, dann ist es geboten, im Interesse dieser
Länder einzuschreiten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410104100
Die Fragen 5 und 6 der
Kollegin Beatrix Philipp zu dem Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Gesundheit werden schriftlich
beantwortet.

Deshalb rufe ich jetzt den Geschäftsbereich des Bun-
deskanzleramtes auf. Zur Beantwortung steht Herr Staats-
minister Dr. Michael Naumann zur Verfügung. Die Fra-
gen 7 und 8 des Kollegen Hauser wurden zurückgezogen.

Deshalb rufe ich jetzt die Frage 9 des Abgeordneten
Wilhelm Josef Sebastian auf:

Liegt der Bundesregierung mittlerweile der Bericht der rhein-land-pfälzischen Landesregierung zur neuen Konzeption des Arp-Museums in Remagen-Rolandseck vor und – falls ja – wiebewertet die Bundesregierung das neue Konzept?

D
Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410104200
Ich kann direkt antworten, Herr Abgeordneter;
das fällt mir leicht.

Der Bericht der rheinland-pfälzischen Landesregie-
rung zur neuen Konzeption des Arp-Museums ist am
8. Mai dieses Jahres bei uns eingegangen. Die erste Erör-
terung dieser neuen Konzeption in den Gremien der so
genannten Ausgleichsvereinbarung ist für den 22. dieses
Monats vorgesehen.




Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim
9444


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410104300
Kollege Sebastian,
Ihre Zusatzfrage, bitte.


Wilhelm Josef Sebastian (CDU):
Rede ID: ID1410104400
Herr Minis-
ter, glauben Sie, dass es trotzdem irgendwann noch zu ei-
nem Neubau des Museums kommen wird, und wann rech-
nen Sie zeitlich in etwa damit?

D
Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410104500
Erstens mache ich kein Hehl daraus, dass ich den
Entwurf des Architekten Meier außerordentlich schätze
und für sehr überzeugend halte.

Zweitens wissen auch Sie, dass es zu rechtlichen
Auseinandersetzungen zwischen den Arp-Stiftungen –
deren gibt es ja, glaube ich, mindestens drei – und Frank-
reich gekommen ist. Das betrifft auch die Ausstattung des
in Rede stehenden Museums. Diese rechtlichen Ausei-
nandersetzungen zwischen der Stiftung und Frankreich –
das möchte ich an dieser Stelle feststellen – bedauere ich
außerordentlich; ich halte sie auch nicht für angemessen.
Diese Auseinandersetzungen sind übrigens nicht von der
Stiftung initiiert worden, sondern vom französischen Zoll
und von der französischen Kulturbehörde. Näheres
könnte ich Ihnen bei Gelegenheit erläutern.

Es stellt sich also prinzipiell die Frage: Was soll einst-
mals in diesem Museum von Richard Meier stehen? Ei-
nerseits glaube ich, dass die Bestände der Arp-Stiftung
insgesamt groß genug und historisch wertvoll genug sind,
um diese Konstruktion zu rechtfertigen. Andererseits
wird – das sehen wir ja auch bei Museumsbauten hier in
Berlin – sehr viel Zeit mit Projektionsmaßnahmen, Über-
legungen, Diskussionen und Finanzierungsmodellen ver-
schwendet, sodass ich sagen muss: Die Zwischenlösung,
die im Augenblick in Rheinland-Pfalz angedacht wird,
wäre meines Erachtens zumindest für das Publikum, das
die weltberühmten Werke von Arp sehen möchte, akzep-
tabel.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410104600
Eine weitere Frage,
bitte, Herr Kollege Sebastian.


Wilhelm Josef Sebastian (CDU):
Rede ID: ID1410104700
Herr Minis-
ter, ich darf noch einmal nachfragen: Glauben Sie, dass es
irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Mu-
seumsbau kommt?

D
Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410104800
Glaube, Liebe und Hoffnung sind drei Katego-
rien, die Ihrer Partei ganz besonders gut bekannt sind, ge-
rade in dieser Lage jetzt, kurz vor den Wahlen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ansonsten auch!)


Ich bin sicher, dass es zu dem Bau kommen wird.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410104900
Damit kommen wir
zur Frage 10 des Kollegen Sebastian:

Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Aus-sage des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten WolfgangClement im Bonner „General-Anzeiger“ vom 26. April 2000 imZusammenhang mit der Errichtung des Arp-Museums, das LandNordrhein-Westfalen wolle sich an der Verwirklichung des Neu-baus nach Plänen des amerikanischen Architekten gemeinsam mit

dem Land Rheinland-Pfalz beteiligen, und wie beurteilt die Bun-desregierung vor diesem Hintergrund die Notwendigkeit, die Gre-mien der Ausgleichsvereinbarung mit diesem neuen Sachstand zubefassen?

D
Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410105000
Die Antwort lautet sehr pragmatisch: Der über
die Ausgleichsmaßnahmen entscheidende Koordinie-
rungsausschuss setzt sich gleichberechtigt aus Vertretern
des Bundes und der Länder zusammen. Wenn Nordrhein-
Westfalen hier mitmachen und sich auch finanziell enga-
gieren will, so ist das außerordentlich zu begrüßen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410105100
Kollege Sebastian,
bitte, eine Zusatzfrage.


Wilhelm Josef Sebastian (CDU):
Rede ID: ID1410105200
Herr Minis-
ter Naumann, haben Sie keine Bedenken, dass dann, wenn
die Mittel, diese 13 Millionen DM, für eine Renovierung
gebraucht werden und das Gremium dagegen Bedenken
äußert, diese Mittel umgewidmet werden können?

D
Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410105300
Bedenken habe ich immer, was Umwidmungen
von Haushaltsmitteln betrifft. Aber ich appelliere immer
an den Common Sense der Beteiligten.


(Heiterkeit bei der F.D.P.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410105400
Ich rufe jetzt den Ge-
schäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Zur Beant-
wortung steht der Staatsminister Dr. Ludger Volmer zur
Verfügung. Die Frage 11 des Kollegen Zierer wird schrift-
lich beantwortet.

Deshalb kommen wir jetzt zur Frage 12 des Abgeord-
neten Hartmut Koschyk:

Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung überAusführungen eines ehemaligen Beraters des seinerzeitigen tsche-chischen Ministerpräsidenten Klaus auf einem deutsch-tschechi-schen Symposium der Sudetendeutschen Ackermann-Gemeindein Iglau Mitte April 2000, in denen unter anderem die Errichtungeines tschechischen Versöhnungsfonds zur Entschädigung sude-tendeutscher Heimatvertriebener vorgeschlagen wurde, und siehtdie Bundesregierung Möglichkeiten, diesen Vorschlag gegenüberder tschechischen Seite zu unterstützen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410105500
Herr Koschyk, der Bundesregierung sind Aus-
führungen des Politikwissenschaftlers Bohumil Dolezal
in Iglau bekannt geworden, die von Ihnen zitiert worden
sind. Die Bundesregierung sieht in ihnen einen bemer-
kenswerten Beitrag zur andauernden innertschechischen
Debatte um die Vertreibung. Diese Debatte wird von der
Bundesregierung mit Interesse verfolgt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410105600
Kollege Koschyk,
bitte.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1410105700
Ist denn die Bundes-
regierung bereit, diese Idee von Bohumil Dolezal, die Sie,
Herr Staatsminister, soeben als bemerkenswerten Beitrag
zur innertschechischen Diskussion bezeichnet haben, in
den deutsch-tschechischen Dialog mit aufzunehmen, bei-
spielsweise bei den gegenwärtigen Gesprächen von






(C)



(D)



(A)



(B)


Mitgliedern der Bundesregierung mit dem ja in Berlin
weilenden tschechischen StaatspräsidentenVaclavHavel?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410105800
Ich werde heute beim Abendessen des Bundespräsi-
denten merken, ob Vaclav Havel auf dieses Thema ein-
geht. Ich denke, wir sollten eine entsprechende inner-
tschechische Diskussionsentwicklung abwarten. Wenn
die tschechische Regierung diesen Punkt von sich aus of-
fiziell anspricht, sollten wir darauf eingehen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410105900
Eine weitere Zusatz-
frage, Herr Kollege Koschyk? – Bitte.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1410106000
Herr Staatsminister,
halten Sie es nicht im Sinne der sich positiv entwickeln-
den deutsch-tschechischen Beziehungen für geboten, dass
die Bundesregierung ein solches Thema von sich aus im
Verlauf des deutsch-tschechischen Dialoges aufgreift?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410106100
Wie Sie richtig bemerkt haben, sind wir sehr intere-
ssiert daran, dass sich das Verhältnis positiv entwickelt.
Es hatte vieles schwierig begonnen und man soll die
Dinge sich in Ruhe entwickeln lassen, ohne durch beson-
deren Eifer bei einzelnen Fragen zu neuen Irritationen
beizutragen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410106200
Wir kommen nun zur
Frage 13 des Abgeordneten Koschyk:

Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hin-sichtlich der Anliegen der Landesselbstverwaltung der Ungarn-deutschen, die Fragen der deutschen Sprachförderung in Ungarnund der Entsendung von Deutsch-Lehrkräften nach Ungarn be-treffen, die die Vertreter der Landesselbstverwaltung der Ungarn-deutschen zuletzt im Rahmen eines informellen Treffens von elfStaatspräsidenten aus Mittel- und Osteuropa in Ungarn Ende April2000 vorgetragen haben, und in welcher Weise beabsichtigt dieBundesregierung, diesen Anliegen entgegenzukommen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410106300
Herr Koschyk, der Vorsitzende der Landesselbst-
verwaltung der Ungarndeutschen, Otto Heinek, äußerte
sich im Gespräch mit dem Bundespräsidenten am Rande
des informellen Treffens von elf mitteleuropäischen
Staatspräsidenten am 29. April 2000 in Ungarn sehr posi-
tiv über die Maßnahmen der Bundesregierung und der
Länder zur Sprachförderung und Entsendung von Lehr-
kräften nach Ungarn.

Die Bundesregierung und die ungarische Regierung
stimmen sich alle zwei Jahre – zuletzt im Oktober 1999 –
in einer gemischten Kommission, in der auch die Un-
garndeutschen vertreten sind, über die Maßnahmen des
Sonderprogramms zur Förderung der deutschen Minder-
heit und des Deutschunterrichts in der Republik Ungarn
ab. Im Protokoll der letztjährigen Sitzung, dem eine um-
fangreiche Projektliste für das Jahr 2000 beigefügt ist,
wird die „wertvolle Unterstützung, die durch das Sonder-
programm in nun schon lange bewährter Weise geleistet
wird, gewürdigt. Die deutsch-ungarische kulturelle Zu-
sammenarbeit wird darin auch für den Bereich der Min-
derheiten als vorbildlich bezeichnet.

Die Unterstützung im Rahmen dieses Sonderpro-
gramms wird die Bundesregierung weiterführen. Ungarn
wird seine herausgehobene Stellung im Lehrerentsende-
programm – bei deutlich geringerer Bevölkerungszahl als
Polen die zweitmeisten entsandten Lehrkräfte – behalten.
Das Lehrerentsendeprogramm wird sich künftig beson-
ders auf Schulen konzentrieren, die aufgrund der Qualität
ihres Deutschunterrichts das Deutsche Sprachdiplom II
der Kultusministerkonferenz anbieten oder die für die
Versorgung der deutschen Minderheiten von besonderer
Bedeutung sind.

Die große Bedeutung Ungarns für die schulische Zu-
sammenarbeit unterstreicht zusätzlich, dass mit Unter-
stützung des Auswärtigen Amts am Ungarndeutschen Bil-
dungszentrum in Baja ein deutsch-ungarisches Spezial-
gymnasium im Aufbau ist und in Fünfkirchen (Pécs) ein
regionales Lehrerfortbildungszentrum eingerichtet wird.
Beides sind Orte mit stark ungarndeutscher Bevölkerung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410106400
Eine Zusatzfrage,
Herr Kollege Koschyk, bitte.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1410106500
Herr Staatsminister,
ist vonseiten der Landesselbstverwaltung der Ungarn-
deutschen bei den Gesprächen mit dem Herrn Bundesprä-
sidenten nicht auch die Sorge geäußert worden, dass all
die positiven Entwicklungen, die Sie in Ihren Ausführun-
gen dargestellt haben, ein Stück unter den Sparmaßnah-
men im Bereich der Auswärtigen Kulturpolitik leiden
könnten? Ich darf darauf hinweisen, dass beispielsweise
die Zahl von nach Ungarn entsandten Programmlehrkräf-
ten, die sich in den Jahren 1998/99 auf 87 belief, in den
Jahren 2000/01 auf 65 Lehrkräfte reduziert werden soll.
Überlegt man sich, dass wir gerade in Ungarn diese posi-
tive Entwicklung im Hinblick auf eine gemeinsame
deutsch-ungarische Förderpolitik für die deutsche Min-
derheit erst in den letzten Jahren haben erreichen können,
so muss man feststellen, dass festgelegte Schwerpunkte
der Förderung durch die nicht unerhebliche Reduzierung
der Zahl der Programmlehrkräfte leiden könnten.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410106600
Herr Koschyk, Sie haben die Zahlen richtig zitiert.
Dies ist eine Entwicklung, die wir selber bedauern. Aber –
wie Sie wissen – wir haben einen Haushalt mit einer ge-
fährlichen Schieflage übernommen,


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: 150 Milliarden DM zu viel!)


woraufhin wir verpflichtet waren, in allen Bereichen zu
sparen. Das empfinden wir selber in einigen Bereichen als
sehr schmerzhaft. Im Bereich der Auswärtigen Kulturpo-
litik insgesamt würden wir gern mehr investieren.


(Werner Siemann [CDU/CSU]: Immer die gleiche Leier!)


Ich halte es für angebracht, wenn all diejenigen, die der
Auswärtigen Kulturpolitik Bedeutung beimessen, auch in
der Öffentlichkeit darauf hinweisen, dass dies kein kon-
sumtiver Bereich ist, in dem Kulturgenuss zulasten des
deutschen Steuerzahlers finanziert wird. Dies betrifft viel-
mehr investive Bereiche, die sich mittelfristig in jeder Be-
ziehung lohnen. Ich hoffe, dass wir zumindest an dem




Hartmut Koschyk
9446


(C)



(D)



(A)



(B)


Punkt, die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, zusam-
menarbeiten können.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410106700
Zu einer zweiten Zu-
satzfrage bitte, Herr Kollege Koschyk.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1410106800
Herr Staatsminister,
nachdem Sie selbst Ihr Bedauern über die Rückführung
der Mittel für die Auswärtige Kulturpolitik ausgedrückt
haben, frage ich Sie: Kann ich Ihren Worten des Bedau-
erns entnehmen, dass sich das Auswärtige Amt bei den
Haushaltsberatungen für das Jahr 2001 im Hinblick auf
unerwartete Haushaltseinnahmen dafür einsetzen wird,
die Haushaltsmittel für die Auswärtige Kulturpolitik zu
erhöhen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410106900
Wenn es Spielräume im Etat des Auswärtigen Am-
tes gibt, ist die Auswärtige Kulturpolitik mit bei den Poli-
tikfeldern, die am ehesten und als Erste bedient werden.
Den Etatberatungen insgesamt kann ich nicht vorgreifen.
Der Finanzminister hat hinsichtlich der Zusatzeinnahmen
die klare Linie, zunächst einmal die Verschuldung zurück-
zufahren, damit die Spielräume insgesamt wieder wach-
sen. Über den Umweg der dann gewachsenen Spielräume
wird dies dann der Auswärtigen Kulturpolitik zugute
kommen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410107000
Wir kommen nun zum
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern.
Die Frage 14 der Kollegin Gudrun Kopp sowie die Fragen
15 und 16 der Kollegen Wolfgang Zeitlmann und
Dr. Hans-Peter Uhl werden schriftlich beantwortet.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Auch hier
werden die Frage 17 des Kollegen Matthäus Strebl sowie
die Fragen 18 und 19 des Kollegen Helmut Heiderich
schriftlich beantwortet.

Deshalb rufe ich jetzt den Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Verteidigung auf. Zur Beantwortung
steht die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte
Schulte zur Verfügung. Wir kommen zunächst zur Frage
20 des Abgeordneten Erich G. Fritz:

Sind die Informationen in dem Bericht des Hamburger Maga-zins „Stern“ vom 23. März 2000 zutreffend, dass die Bundeswehrgegenwärtig mit der Aufrüstung der „Fuchs“-Spürpanzer befasstist, und wie erklärt sich die Bundesregierung Informationen des-selben Magazins, wonach zwischen der Spürpanzer-Hersteller-firma H. und Bundeswehrexperten vereinbart wurde, dass dieWehrtechnische Dienststelle für Schusstests (WTD 91) der Bun-deswehr die Schießerprobung der „Fuchs“-Spürpanzer über-nimmt?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1410107100
Herr Kollege Fritz, die Bun-
deswehr ist mit der Aufrüstung des Spürpanzers „Fuchs“
nicht befasst. Richtig ist, dass die Vereinigten Arabischen
Emirate seit langem den Wunsch haben, den Spürpanzer
„Fuchs“ von einem deutschen Hersteller zu beschaffen.
Sie wünschen in diesem Fall die amtliche Erprobung
durch wehrtechnische Dienststellen der Bundeswehr. Das
geschieht dann gegen Kostenerstattung. Voraussetzung
für die Umsetzung dahin gehender Planungen ist der Ab-
schluss entsprechender Verträge zwischen den Vereinig-

ten Arabischen Emiraten und dem deutschen Hersteller
bzw. dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410107200
Herr Kollege Fritz zu
einer Nachfrage? – Das ist nicht der Fall.

Dann rufe ich die Frage 21 des Kollegen Erich G. Fritz
auf:

Ist es zutreffend, dass die Waffenanlage des Fahrzeugs einervollständigen Erprobung unterzogen wird, die neben dem Schieß-bereich auch die Feuerleitanlage, die Waffensicherung, den Funk-tions- und Lebensdauerbeschuss, den Treffbildbeschuss sowie dieCo-Messung einschließt, und wie erklärt sich die Bundesregie-rung einen solch beträchtlichen Aufwand für einen Spürpanzer,der nach Aussagen des Bundesministers der Verteidigung, RudolfScharping, unbewaffnet sein soll?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1410107300
Diese Frage befasst sich mit
dem gleichen Thema. Herr Kollege Fritz, die Vereinigten
Arabischen Emirate beabsichtigen, den „Fuchs“-Spür-
panzer zur Selbstverteidigung der Besatzung gegebenen-
falls auch mit der im „Stern“-Artikel vom 23. März 2000
skizzierten Waffenanlage, dem schweren Maschinenge-
wehr, ausrüsten zu lassen, wobei die Waffe selbst nicht
zum gewünschten Lieferumfang des deutschen Herstel-
lers gehört.

Der Erprobungsumfang würde dem bei einer ver-
gleichbaren Anlage erforderlichen Aufwand entsprechen.
Er würde die Wechselbeziehung – das ist nun technisch –
zwischen der Plattform und der Bewaffnung im techni-
schen Systemverbund berücksichtigen müssen und würde
dann auch eine entsprechende Aufgabe haben. Aber auch
hier gilt: Es gibt dazu keine Entscheidung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410107400
Der Kollege Fritz zu
einer Zusatzfrage, bitte.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1410107500
Frau Staatssekretärin, Sie
haben gerade versucht, den Zweck der Bewaffnung des
Panzers auf die Selbstverteidigung der Besatzung zu re-
duzieren. Geben Sie mir Recht, dass es sich bei dem zu er-
probenden Waffensystem durchaus um ein Waffensystem
handelt, das auch als Unterdrückungsmittel in inneren
Konflikten eingesetzt werden kann? Und stimmen Sie mir
insbesondere zu, dass aufgrund dieser Form der Bewaff-
nung die Aussage des Bundesverteidigungsministers, es
handele sich bei dem Gerät sozusagen um fahrende La-
bors, auf keinen Fall zutreffen kann?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1410107600
Nein, da gebe ich Ihnen nicht
Recht. Selbstverständlich ist ein schweres Maschinenge-
wehr eine Waffe. Selbstverständlich kann sie auch gegen
Menschen im Inland eingesetzt werden. Aber ein Spür-
panzer, dessen eigentliche Aufgabe der Schutz vor ABC-
Waffen ist, wird sicherlich von niemandem wegen des
schweren Maschinengewehrs eingesetzt. Das kann man
leichter und billiger haben und zudem kann man das auch
woanders draufsetzen.

Der Minister hat in dieser Diskussion auch ausdrück-
lich gesagt, dass es nicht um die Bewaffnung geht. Die
Vereinigten Arabischen Emirate und andere kaufen dieses
System wegen der ABC-Spürfähigkeit. Diese macht es




Staatsminister Dr. Ludger Vollmer

9447


(C)



(D)



(A)



(B)


interessant auch für andere Staaten. Insofern ist die Ver-
knüpfung meiner Meinung nach falsch. Denn für einen
Kampfpanzer würde natürlich ein ganz anderes Kaliber
und nicht ein schweres Maschinengewehr infrage kom-
men. Aber selbstverständlich ist jedes Maschinengewehr
eine Waffe.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410107700
Eine weitere Zusatz-
frage. Bitte, Herr Kollege Fritz.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1410107800
Stimmen Sie mir zu, Frau
Staatssekretärin, dass jedes gepanzerte Fahrzeug, wie im-
mer es bewaffnet ist und welchem eigentlichen Zweck es
dient, in Situationen massiven Militäraufmarsches – wenn
in einer Stadt oder einer Region öffentlich Präsenz gezeigt
werden soll – der Einschüchterung, der Repression dienen
kann?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1410107900
Diese Aussage halte ich für
sehr gewagt. Wenn es sich um einen schweren militäri-
schen Konflikt handelt, dann wird man gepanzerte Ver-
bände weiß Gott nicht mit einem schweren Maschinenge-
wehr bekämpfen.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Das ist doch nicht die Frage!)


– Entschuldigung! – Den Spürpanzer „Fuchs“ würde man
einsetzen, wenn man damit rechnen muss, dass ABC-
Waffen eingesetzt worden sind oder eingesetzt werden.

Abgesehen davon wiederhole ich – auch Sie werden ja
wahrscheinlich ein bisschen davon verstehen –: Ein
schweres Maschinengewehr kann in vielerlei Formen und
Arten eingesetzt werden. Man kann es sogar auf einen
leichten Jeep stellen. Es stellt immer eine Bedrohung dar.
Aber dies macht das Waffensystem nicht zu einem An-
griffssystem. Darum ging es ja in dieser Sache. Es ging
darum, dass dieses System ein reines Verteidigungssys-
tem ist, was bei der Aufspürung von ABC-Kampfmitteln
hilft. Das hat nichts mit einem Kampfpanzer zu tun. Ein
Kampfpanzer wird in der Tat anders definiert.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410108000
Ich rufe jetzt die
Frage 22 des Abgeordneten Werner Siemann auf:

Welche konkreten Initiativen im Hinblick auf Rüstungskoope-ration als vertrauensbildende Maßnahme mit Osteuropa hat dieBundesregierung bisher ergriffen und was hat die Bundesregie-rung unternommen, bei unseren westeuropäischen Partnern füreine verstärkte Rüstungskooperation mit Osteuropa zu werben?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1410108100
Herr Kollege Siemann, die
Bundesregierung misst der Rüstungskooperation mit Ost-
europa als vertrauensbildende Maßnahme eine besondere
Bedeutung bei. Im Übrigen gehören die meisten dieser
Staaten ja heute zum „partnership for peace“-Programm
der NATO.

Seit 1995 wurden mit neun ost-, mittel- und südosteu-
ropäischen Staaten Rüstungsrahmenabkommen verein-
bart. Dafür wurden bilaterale Rüstungskommissionen
eingesetzt, die einmal jährlich tagen. Mit anderen Staaten
aus diesem Bereich findet mindestens einmal jährlich ein
rüstungswirtschaftliches Gespräch statt. Diese Staaten

werden beim Aufbau einer funktionsfähigen Organisation
des Rüstungsbereichs, bei Fragen der Privatisierung der
staatlichen Industrie und der Konversion beraten. Im Rah-
men der Möglichkeiten werden diese Staaten durch die
unentbehrliche Abgabe ausgesonderten Materials der
Bundeswehr unterstützt.

Multilateral regte die Bundesregierung ein Nutzerstaa-
tenkonzept für das Luftfahrzeug MiG-29 an. Russland,
die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien nahmen
daran teil. Am 28. April 2000 wurde Einvernehmen über
den Entwurf eines Übereinkommens über gemeinsame
Standardisierung, Modernisierung und technisch-logisti-
sche Versorgung des Flugzeuges MiG-29 erzielt. Wenn
ich richtig unterrichtet bin – das steht hier in meiner
schriftlichen Vorlage noch nicht –, kann dieser Vertrag auf
der ILA auch unterschrieben werden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410108200
Kollege Siemann zu
einer Nachfrage, bitte.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1410108300
Frau Staatssekretärin,
auf welche Resonanz ist das, was Sie gerade dargestellt
haben, bei unseren westeuropäischen Partnern gestoßen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1410108400
Es trifft sich gut, dass ich viele
Jahre Vorsitzende der Sozialdemokraten bei der NATO
war und mich intensiv um diese Staaten gekümmert habe.

Es gibt zwei Probleme, die wir als Westeuropäer immer
festgestellt haben. Auf der einen Seite kamen unsere ame-
rikanischen Freunde und haben diesen Staaten – die meis-
ten Empfehlungen betrafen Rumänien, wo das besonders
schlimm war – empfohlen, sie sollten doch alles weg-
schmeißen, was sie als Rüstungsmaterial bis dahin beses-
sen haben, und sollten nach Möglichkeit das neue Mate-
rial aus dem Westen kaufen.

Dann sind auf der anderen Seite unsere klugen Mi-
litärattaches oder Rüstungsattaches hingegangen und ha-
ben gesagt: Mein Gott, ihr habt jetzt genügend andere
Aufgaben zu erfüllen; überlegt doch einmal, welches von
eurem Gerät bei den verkleinerten Streitkräften – sie ha-
ben ja alle die Streitkräfte verkleinert – noch einsatzfähig
ist. Ich glaube, wir haben da eine gute Arbeit geleistet. Ich
denke, dass die Staaten inzwischen auch begriffen haben,
dass wir ihnen helfen wollten.

Zusätzlich hatten wir noch einen Vorteil gegenüber al-
len anderen. Wir kannten ihr Gerät durch die deutsche
Einheit. Wir haben fast alle diese Waffen des Ostblocks
mit der NVAgeerbt und konnten ihnen technisch ein biss-
chen helfen und sie damit von dem Druck der damaligen
Sowjetunion und auch von den Kostenentwicklungen et-
was unabhängiger machen.

Ich glaube, der Westen ist daran nur interessiert, wenn
es um neues Gerät geht – da ist dann die normale Kon-
kurrenz vorhanden –, aber bei der Hilfe für das bestehende
Material – alle diese Staaten haben sehr viel Material ge-
habt – haben wir eine gute Arbeit gemacht. Ich habe nie
gehört, dass das einer kritisiert hat.


(Werner Siemann [CDU/CSU]: Keine weiteren Zusatzfragen dazu!)





Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte
9448


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410108500
Dann rufe ich die
Frage 23 des Kollegen Siemann auf.

Wie bewertet die Bundesregierung die in der „Bild am Sonn-tag“ vom 23. April 2000 abgedruckte Äußerung des Bundesmini-sters für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, JürgenTrittin, die Wehrpflicht solle möglichst bald und ohne viel Aufhe-bens abgeschafft werden, denn sie sei heute nicht mehr bezahlbar?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1410108600
Ach, Herr Kollege Siemann!
Die Äußerungen des Bundesministers Trittin stellen eine
persönliche Meinungsäußerung im Rahmen der öffentli-
chen Debatte über die Beibehaltung der Wehrpflicht dar.

Unser Bundeskanzler Schröder und unser Verteidi-
gungsminister Scharping haben sich deutlich zur Wehr-
pflicht bekannt.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Beide haben nicht gedient!)


Gerhard Schröder hat in seiner unnachahmlichen Art ge-
sagt: Die Gedanken sind frei.

Dennoch wird sich die Bundesregierung erst nach der
Vorlage des Berichts der Kommission „Gemeinsame Si-
cherheit und Zukunft der Bundeswehr“ am 23. Mai 2000
ein abschließendes Urteil bilden und sie hofft dabei auf
die tatkräftige Unterstützung auch Ihrer Partei. Die Bun-
desregierung bewertet in den Medien abgedruckte Äuße-
rungen von Mitgliedern der Bundesregierung nicht.

Ich kann nur sagen: Die Gedanken sind frei.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410108700
Ich erteile Herrn Kol-
legen Siemann zu einer Zusatzfrage das Wort.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1410108800
Nur eine Zusatzfrage:
Frau Staatssekretärin, Sie geben mir aber Recht, dass die
Meinung von Herrn Trittin nicht mit der Meinung unseres
Verteidigungsministers Scharping identisch ist?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1410108900
Nicht nur mit dessen Meinung
ist sie nicht identisch. Ich habe extra deswegen den Bun-
deskanzler erwähnt, der nebenbei auch noch Parteivorsit-
zender der Sozialdemokratischen Partei ist.

Ich halte es für völlig normal, dass es auch in der
CDU/CSU Leute gibt, die sagen, wir brauchen eigentlich
keine Wehrpflicht; da fallen mir einige Namen ein. Ich
habe auch überhaupt keine Probleme, dass Vertreter der
Grünen das sagen. Nur: Wir haben hier eine klare Äuße-
rung des Verteidigungsministers und eine klare Äußerung
des Parteivorsitzenden und Bundeskanzlers. Wir haben
Gott sei Dank auch klare Äußerungen von Ihnen und von
mir und von anderen dazu, sodass ich ganz gelassen bin,
was diese Frage betrifft.


(Werner Siemann [CDU/CSU]: Vom Bundeskanzler haben wir natürlich schon in vielen Dingen viele Äußerungen gehört!)


– Ich bitte Sie, sich sehr genau zu überlegen, was Sie da
sagen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410109000
Wir kommen jetzt
zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Fami-

lie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Beantwortung
der Fragen steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin
Dr. Edith Niehuis zur Verfügung.

Ich rufe Frage 25 des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert auf:
Mit welcher Aufgabenstellung und mit welchen Ergebnissen

wurde am 4. Mai 2000 unter Federführung des Bundesministeri-
ums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eine Ta-
gung des Ausschusses „Zukunft des Zivildienstes“ durchgeführt?

D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1410109100

Herr Kollege Seifert, die Arbeitsgruppe „Zukunft des Zi-
vildienstes“ ist von der Bundesministerin für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend einberufen worden und hat
sich am 4. Mai 2000 konstituiert. Sie soll unter Berück-
sichtigung der Ergebnisse der Kommission „Gemeinsame
Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ und der Be-
schlüsse der Bundesregierung Empfehlungen für die Aus-
gestaltung des Zivildienstes vorlegen.

Der Arbeitsgruppe gehören 16 Vertreterinnen und Ver-
treter von Verbänden und Organisationen an, die Zivil-
dienst durchführen oder die den Zivildienst im Beirat für
den Zivildienst begleiten. Ihre Empfehlungen sollen im
Herbst vorliegen. Die Arbeitsgruppe wird vom Bundes-
beauftragten für den Zivildienst geleitet.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410109200
Kollege Seifert, eine
Zusatzfrage, bitte.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410109300
Vielen Dank, Frau Niehuis. –
Die Situation ist aber so, dass im Zivildienst jetzt, im Mai,
im Juni und Juli bis September, dieses Jahres echte Pro-
bleme auftauchen. Wird sich denn diese Kommission da-
mit überhaupt nicht befassen bzw. spielt das keine Rolle
in den Überlegungen Ihres Ministeriums?

D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1410109400

Frau Präsidentin, der Kollege Seifert hat in seiner Zusatz-
frage schon die nächste Frage angeschnitten. Sie fragen in
Ihrer nächsten Frage, ob sich die Ergebnisse auch mit der
Gegenwart beschäftigen. Insofern bitte ich darum, die
nächste Frage beantworten zu dürfen. Dann reden wir
noch einmal darüber. Können wir es so machen?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410109500
Das können Sie tun,
Frau Parlamentarische Staatssekretärin.

Ich rufe dann auch die Frage 26 auf:
Welche dieser Ergebnisse sind darauf gerichtet zu verhindern,

dass die – aufgrund der im Haushaltssanierungsgesetz 1999 fest-
gelegten Einsparmaßnahmen – beim Zivildienst erfolgten Verän-

(Verkürzung der Dienstzeit von 13 auf 11 Monate ab Mitte 2000, Festlegung von niedrigeren Höchstgrenzen für den Einsatz von Zivildienstleistenden in den Jahren 2000 und 2001, Übernahme von 30 Prozent des Entlassungsgeldes für die Zivildienstleistenden durch die Einsatzstellen)

beiführen, bei denen die bisher erbrachten Leistungen im sozialen
Bereich vor Ort entweder reduziert werden oder aber zu höheren
Kostenbelastungen für die zu betreuenden Menschen – vor allem
Kinder und Jugendliche, alte und pflegebedürftige Menschen so-
wie Menschen mit Behinderungen – führen?






(C)



(D)



(A)



(B)


D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1410109600

Wie bereits ausgeführt, dient die Arbeitsgruppe den Über-
legungen zum Zivildienst, bezogen auf die Empfehlungen
der Kommission „Gemeinsame Sicherheit und Zukunft
der Bundeswehr“ bzw. auf die damit verbundenen Be-
schlüsse der Bundesregierung. Da sich die Arbeitsgruppe
erst am 4. Mai konstituiert hat und die Entscheidungen
hinsichtlich der künftigen Struktur der Bundeswehr noch
nicht gefallen sind, können naturgemäß noch keine Er-
gebnisse vorliegen.

Mit den Wohlfahrtsverbänden sind die Auswirkungen
der Dienstzeitverkürzung und der Einberufungshöchst-
grenzen rechtzeitig erörtert worden. Die Wohlfahrtsver-
bände haben es übernommen, die Einberufung der Zivil-
dienstpflichtigen im Rahmen der vom Bundesamt für den
Zivildienst vorgegebenen Obergrenzen zu steuern. Nach
derzeitigem Kenntnisstand werden in den Sommermona-
ten Juli bis September, das heißt in der Zeit, in der die mei-
sten Entlassungen aufgrund der Dienstzeitverkürzungen
vollzogen werden, gleichwohl zwischen 100 000 und
110 000 Zivildienstleistende im Dienst sein.

Da es die Verbände im Rahmen der Einberufungs-
steuerung, die sie seit Januar dieses Jahres in eigener Ver-
antwortung vornehmen, verstanden haben, Prioritäten im
engeren sozialen Bereich zu setzen, ist weitestgehend si-
chergestellt, dass Plätze in der Betreuung von alten, pfle-
gebedürftigen und behinderten Menschen sowie in der in-
dividuellen Schwerstbehindertenbetreuung und der indi-
viduellen Schwerstbehindertenbetreuung von Kindern
rechtzeitig nachbesetzt werden können.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410109700
Kollege Dr. Seifert,
bitte Ihre Zusatzfragen.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410109800
Frau Kollegin Niehuis, da Sie
jetzt die beiden Fragen gemeinsam beantworten, möchte
ich zwei Dinge etwas detaillierter erklärt haben. Sie sag-
ten, dass es weitgehend gesichert sei, dass über die
Wohlfahrtsverbände in bestimmten sozialen Bereichen,
die Sie genannt haben und die besonders wichtig sind,
hinreichende Nacheinberufungen erfolgen können. Es ist
aber doch bekannt, dass es zwischen Oktober und De-
zember vergangenen Jahres in einigen Bundesländern
sehr viele Einberufungen gegeben hat, sodass es sozusa-
gen innerhalb des Haushaltsjahres des Zivildienstes
tatsächlich zu Lücken kommen wird.

Wie können wir an dieser Stelle sicherstellen, dass kein
einziger schwerbehinderter Mensch, kein einziger alter
Mensch, kein einziges schwerbehindertes Kind – um bei
diesem Beispiel zu bleiben –, das auf individuelle Betreu-
ung angewiesen ist, auch nur einen einzigen Tag ohne die
entsprechende Betreuung ist? Es kann einfach nicht einen
Tag ohne Betreuung sein.

D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1410109900

Wir müssen über die Selbststeuerung sprechen, die die
Wohlfahrtsverbände übernommen haben. Sie haben vom
letzten Jahr geredet. Im Oktober letzten Jahres haben wir
mit den Wohlfahrtsverbänden vereinbart, dass sie im Jahr
2000 ihren Bereich steuern. Das haben die meisten Wohl-
fahrtsverbände sehr geschickt und verantwortungsvoll ge-

macht. Wir sitzen zur Zeit ständig mit den Wohlfahrtsver-
bänden zusammen und werden das noch einmal Ende Mai
tun, um die aktuelle Situation im Sommer abzuklären und
um die Problembereiche, die Sie ansprechen, zu diskutie-
ren.

Es gibt unterschiedliche Bemühungen in den Wohl-
fahrtsverbänden, diese Selbststeuerung zu realisieren. Die
meisten Wohlfahrtsverbände – das sind 90 Prozent – ha-
ben es so gesteuert, dass sie in der Sommerzeit alle zu-
sammen 100 000 bis 110 000 Zivildienstleistende zur Ver-
fügung haben. Im sozialen Bereich standen im letzten Jahr
90 000 Zivildienstleistende zur Verfügung, sodass mit der
Steuerungsleistung der Wohlfahrtsverbände gesichert ist,
dass im Juli/August – das sind die beiden kritischen Mo-
nate – keine Lücke entsteht. Wir werden uns aber noch
einmal Ende Mai zusammensetzen – wir haben auch im
April zusammengesessen –, um zu einer endgültigen Be-
standsaufnahme zu kommen.

Sie haben den Bereich der individuellen Schwerstbe-
hindertenbetreuung gesondert angesprochen. In diesem
Bereich sind nicht so viele tätig. Von 127 000 Zivildienst-
leistenden sind 3 800 in diesem Bereich tätig. Das ist nur
ein kleiner Bereich, aber – hier stimme ich Ihnen zu – ein
sehr wichtiger Bereich, weil die selbstständige Lebens-
führung der Behinderten zu Hause von dem Einsatz der
individuellen Schwerstbehindertenbetreuung mit abhän-
gig ist.

Im Bereich der individuellen Schwerstbehindertenbe-
treuung gibt es seit 1991 ein grundsätzliches Problem, das
mit den Maßnahmen der Bundesregierung für das Jahr
2000 gar nichts zu tun hat: Immer weniger Zivildienstleis-
tende wollen freiwillig im Bereich der individuellen
Schwerstbehindertenbetreuung arbeiten. Die in diesem
Bereich anfallende Arbeit muss freiwillig – das ist zu
Recht so geregelt – von den Zivildienstleistenden über-
nommen werden. Das Problem, dass in diesem Bereich
immer weniger Zivildienstleistende arbeiten wollen, gibt
es, wie gesagt, seit 1991. Vor diesem Problem stehen wir
auch in diesem Jahr. Aber ich möchte Ihnen versichern,
dass wir versuchen werden, die Schwierigkeiten, die es
noch im Bereich der Schwerstbehindertenbetreuung gibt,
bis Ende Mai bzw. bis zum Sommer zu lösen, weil auch
wir die Arbeit in diesem Bereich für eine wichtige Auf-
gabe halten.

Ich möchte Ihnen die aktuellen Zahlen vortragen: Der-
zeit sind von 127 000 Zivildienstleistenden circa 3 800 im
ISB-Erwachsenenbereich bzw. ISB-Kinderbereich einge-
setzt. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass
seit geraumer Zeit die Zahl der belegten ISB-Plätze rück-
läufig ist. Dies lässt sich mit den folgenden Zahlen bele-
gen: 1991 standen 7 843 Zivildienstplätze in den beiden
ISB-Bereichen zur Verfügung, von denen 3 625 mit Zivil-
dienstleistenden belegt waren. Das heißt, es standen auch
1991 sehr viel mehr Plätze zur Verfügung, als tatsächlich
belegt werden konnten. Per 15. April 2000 stehen 7 174
Zivildienstplätze zur Verfügung, von denen 2 790 mit
Zivildienstleistenden belegt sind. Ein wesentlicher
Grund – darauf habe ich bereits hingewiesen –, warum so
viele Betreuungsplätze nicht belegt sind, ist die man-
gelnde Nachfrage geeigneter Bewerber nach solchen Zi-
vildienstplätzen.

Eine gegenläufige Entwicklung ist allerdings im Be-
reich ISB von Kindern zu beobachten. Hier standen 1991






(C)



(D)



(A)



(B)


lediglich 493 Plätze zur Verfügung, von denen 310 mit Zi-
vildienstleistenden besetzt waren. Am 15. April 2000
standen 1 552 Plätze in diesem Bereich zur Verfügung,
von denen 1 003 mit Zivildienstleistenden besetzt waren.
Im Bereich der Betreuung von schwerstbehinderten Kin-
dern steigt also die Zahl der Zivildienstleistenden,
während sie im Bereich der Betreuung von schwerstbe-
hinderten Erwachsenen sinkt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410110000
Zu einer weiteren Zu-
satzfrage Herr Kollege Dr. Seifert, bitte.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410110100
Vielen Dank für die ausführli-
che Darstellung der Zahlen. – Habe ich noch zwei Zu-
satzfragen, Frau Präsidentin?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410110200
Sie haben insgesamt
vier Zusatzfragen, weil die zwei schriftlich von Ihnen ein-
gereichten Fragen zusammen beantwortet wurden.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410110300
Dann möchte ich auf meine
zweite schriftlich eingereichte Frage zurückkommen.
Welche Erkenntnisse liegen dem Ministerium über die
Auswirkung der durch das Haushaltssanierungsgesetz
hervorgerufenen zusätzlichen Belastungen auf die Ein-
satzstellen vor, wenn sie zum Beispiel 30 Prozent des Ent-
lassungsgeldes selbst zahlen müssen? Die Einsatzstellen
haben doch keine andere Möglichkeit, als diese Belastun-
gen auf ihre Klienten umzulegen. Bedeutet dies für die
Betreuungsbedürftigen nicht eine zusätzliche Zuzahlung,
die man ihnen eigentlich nicht mehr zumuten kann?

D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1410110400

Ich glaube, wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Worum
geht es eigentlich? Die Tatsache, dass die Beschäfti-
gungsstellen mit 30 Prozent am Entlassungsgeld beteiligt
wurden und dass sie sich statt wie bisher nicht mehr mit
25 Prozent, sondern mit 30 Prozent am Sold der Zivil-
dienstleistenden beteiligen müssen – das entspricht einer
Erhöhung von 5 Prozentpunkten –, bedeutet für die Wohl-
fahrtsverbände Mehrausgaben in Höhe von 2 DM pro Zi-
vildienstleistenden und Tag.


(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Das ist viel Geld!)

Ich möchte auf die Kalkulationspraxis der Wohlfahrtsver-
bände eingehen. Die Wohlfahrtsverbände führen sehr
häufig Mischkalkulationen durch, in deren Rahmen sie
die Beschäftigung von Zivildienstleistenden nutzen, um
zusätzliche Einnahmen zu erzielen bzw. ihr übriges Per-
sonal mit zu finanzieren. Ich glaube nicht, dass sich die
zusätzliche Belastung in Höhe von 2 DM pro Zivildienst-
leistenden und Tag – Klagen von Wohlfahrtsverbänden
darüber liegen uns auch nicht vor – auf die Beteiligung der
Betroffenen an den Kosten auswirken wird, wenn sie Zi-
vildienstleistende in Anspruch nehmen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410110500
Kollege Dr. Seifert,
Ihre nächste Zusatzfrage.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410110600
Frau Niehuis, Ihr Glaube in al-
len Ehren; ich hoffe, dass er zutrifft.

Ich möchte auf die längerfristig tätige Kommission, die
sich mit der zukünftigen Struktur befasst und auf die ich
in meiner ersten Zusatzfrage eingegangen bin, zurück-
kommen. Können Sie mir nach der Konstituierung dieser
Kommission sagen, mit welchen strukturellen Fragen sich
diese Kommission befassen wird? Gibt es Szenarien für
den so genannten schlimmsten Fall, falls zum Beispiel der
Zivildienst nicht mehr existiert, weil – theoretisch mög-
lich – die Wehrpflicht abgeschafft wird? Welcher Ersatz
für den Zivildienst ist angedacht? Welche Übergangs-
vorschläge – das ist mindestens genauso wichtig – kann
man von dieser Kommission überhaupt erwarten?

D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1410110700

Herr Kollege Dr. Seifert, wir waren beide schon im Raum,
als meine Kollegin Frau Schulte zu diesem Punkt Ant-
worten gegeben hat. Sie hat zum einen nicht in Aussicht
gestellt, dass die Wehrpflicht abgeschafft wird; zum an-
deren hat sie – das beantwortet Ihre Frage – darauf auf-
merksam gemacht, dass das Verteidigungsministerium
zunächst einmal abwartet, bis am 23. Mai das Ergebnis
und in der Folge die Beschlüsse der Bundesregierung vor-
gelegt werden.

Das, was im Moment in den Medien stattfindet – es
wird über etwas diskutiert, was irgendwie dorthin gelangt
ist; ob es vollständig ist, kann ich nicht beurteilen –, ist
kein fairer Umgang mit der Zukunftskommission und
schon gar nicht mit ihrem Vorsitzenden. Ich möchte mich
daran eigentlich nicht beteiligen.

Ich möchte, dass durch die Besetzung dieser Arbeits-
gruppe mit Expertinnen und Experten aus der Praxis des
Zivildienstes und durch die verteidigungspolitischen Be-
schlüsse sichergestellt wird – wie auch immer das Ergeb-
nis sein wird –, dass der soziale Bereich, um den es ins-
besondere geht, auch weiterhin betreut werden kann.
Dennoch muss ich grundsätzlich anmerken, dass der Zi-
vildienst keinen Sicherstellungsauftrag für den sozialen
Bereich hat; vielmehr hat er grundsätzlich einen Sicher-
stellungsauftrag, was Wehrgerechtigkeit anbetrifft.

Es ist wichtig, dass wir uns das vergegenwärtigen, weil
die Zahl der Zivildienstleistenden – ganz unabhängig da-
von, was in Zukunft entschieden werden muss – so vari-
iert, dass es fahrlässig wäre, wenn man den sozialen Be-
reich nur darauf fußen lassen würde. Zu Beginn der
90er-Jahre hatten wir im Durchschnitt etwa 90 000 Zivil-
dienstleistende: 1990 waren es 89 051. 1991 hatten wir
79 091 und im letzten Jahr waren es 138 364. Der Spiel-
raum liegt bei ungefähr 40 000 Zivildienstleistenden.

Jeder Wohlfahrtsverband sollte vorsichtig sein, wenn
er darüber entscheidet, ob er pflegebedürftige Menschen
nur von Zivildienstleistenden betreuen lässt. Ein solches
Vorgehen steht immer auf wackligen Füßen; denn man ist
abhängig von der Geburtenstärke der jeweiligen Jahr-
gänge und von der individuellen Gewissensentscheidung
der jungen Männer. Diese zwei Variablen können weder
die Bundesregierung noch die Wohlfahrtsverbände beein-
flussen. Hierüber wird Jahr für Jahr neu entschieden. In-
sofern ist es schwierig, mit den Zivildienstleistenden den
Personalbedarf im sozialen Bereich abzudecken.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410110800
Die Frage 24 des Ab-
geordneten Klaus Haupt entfällt wegen Abwesenheit des




Parl. Staatsekretärin Dr. Edith Niehuis

9451


(C)



(D)



(A)



(B)


Kollegen. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsord-
nung vorgesehen.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.

Die Fragen 27 und 28 des Kollegen Hans-Michael
Goldmann werden nicht beantwortet, weil der Fragestel-
ler ebenfalls nicht anwesend ist. Es wird verfahren, wie in
der Geschäftsordnung vorgesehen.

Die Fragen 29 und 30 der Kollegin Brunhilde Irber
werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen zur Frage 31 des Kollegen Georg Girisch:
Wie erklärt die Bundesregierung den Unterschied zwischendem im Koalitionsvertrag erklärten Ziel, durch solidarische Hil-fen zur ökonomischen und demokratischen Stabilisierung derMOE-Staaten beitragen zu wollen, und ihrem tatsächlichen poli-tischen Handeln, keine ausreichenden Investitionsmittel für einerasche Fertigstellung der Ost-West-Magistrale A 6, die einenLückenschluss bei einer europäischen Autobahn zwischen derfranzösischen Atlantikküste bis fast zum Schwarzen Meer dar-stellt, einzuplanen – weder im aktuellen Investitionsprogrammdes Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesennoch im so genannten Anti-Stau-Programm?

Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatsse-
kretär Siegfried Scheffler zur Verfügung.

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1410110900
Lie-
ber Kollege Girisch, die Frage ist bekannt, auch wenn sie
recht lang ist, sodass ich mir die Wiederholung erspare.

Die Bundesregierung verfolgt das in der Koalitions-
vereinbarung genannte Ziel, die Europäische Union aktiv
dabei zu unterstützen, durch eine wirksame Heran-
führungsstrategie und solidarische Hilfen zur ökonomi-
schen und demokratischen Stabilisierung der mittel- und
osteuropäischen Länder beizutragen, mit Nachdruck.
Deutlich wird dies zunächst in der konzentrierten und en-
gagierten Mitarbeit in den entsprechenden Arbeitsgrup-
pen der Europäischen Kommission. Darüber hinaus ent-
halten die den MOE-Ländern von der Europäischen
Union zur Verfügung gestellten Finanzmittel wesentliche
deutsche Anteile.

Über dieses europäische Engagement hinaus verfolgt
die Bundesregierung den Ausbau des Bundesautobahn-
netzes, insbesondere auch unter Berücksichtigung trans-
europäischer Verkehrsverbindungen. Dies gilt auch für
die A 6. Diese Aussage hat Minister Klimmt zuletzt in der
Debatte am 14. April dieses Jahres im Deutschen Bun-
destag bestätigt. Im Hinblick auf die parallel laufenden
europäischen und nationalen Aktivitäten gibt es keinen
Unterschied im Verhalten der Bundesregierung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410111000
Herr Kollege
Girisch, bitte Ihre Zusatzfrage.


Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1410111100
Herr Staatssekretär, wel-
che Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, für dieses
Projekt, das eng mit der EU-Osterweiterung zusammen-
hängt, von der EU zusätzliche Mittel zu erhalten, ohne
dass andere EU-Mittel für Deutschland geschmälert wer-
den?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1410111200
Herr
Kollege Girisch, Sie heben auf die Koalitionsvereinba-
rung vom 20. Oktober 1998 ab. Ich darf daraus zitieren.
In dem betreffenden Absatz, der Ihnen vorliegt, heißt es:

Die neue Bundesregierung wird die Europäische
Union aktiv dabei unterstützen ...

Es ist also nicht von einem umgekehrten Verhältnis die
Rede. Wir unterstützen die Europäische Union durch eine
wirksame Heranführungsstrategie und solidarische Hilfen
dabei, zur ökonomischen und demokratischen Stabilisie-
rung der mittel- und osteuropäischen Länder beizutragen.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme von zusätzli-
chen EU-Mitteln zum Bau der Autobahn zwischen den
Anschlussstellen Amberg-Ost und Waidhaus – das haben
sehr viele Gespräche ergeben – ist natürlich die vorhan-
dene Baureife. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass
unsere tschechischen Partner gleichfalls mit europäischen
Mitteln und – ich sagte es bereits – auch deutschen Antei-
len im letzten Bauabschnitt die Verbindung von Pilsen bis
zur tschechisch-deutschen Grenze vorantreiben. Ihnen ist
natürlich auch bekannt, dass bei einzelnen Streckenab-
schnitten – ich denke nur an Amberg-Ost–AK Pfreimd,
Pfreimd–Woppenhof–Kaltenbaum oder Kaltenbaum–
Lohma, während Lohma–Waidhaus bereits unter Verkehr
ist – hier noch erhebliche Probleme zu erwarten sind oder
Gerichtsverfahren anhängig sind.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410111300
Herr Kollege
Girisch, bitte Ihre zweite Frage.


Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1410111400
Herr Staatssekretär, kön-
nen Sie sich vorstellen, dass auch andere Verkehrspro-
jekte, die eng mit der europäischen Einigung zusammen-
hängen, durch eine gemeinsame Finanzierung aus Mitteln
der EU schneller gebaut werden können, und können Sie
mir auch sagen, wer in der Bundesregierung der An-
sprechpartner für die gesamte Thematik EU-Osterweite-
rung ist?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1410111500
Herr
Kollege Girisch, Sie wissen natürlich – das habe ich mit
der Beantwortung der vorherigen Frage deutlich zu ma-
chen versucht –, dass entsprechendes Planungsrecht und
auch die Baureife für die Abschnitte glaubhaft gemacht
werden müssen, bevor EU-Hilfen beantragt werden kön-
nen. Das ist die Voraussetzung für derartige Anträge.

Bei Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen im transeuro-
päischen Verkehrsnetz – im vorliegenden Falle geht es ja,
wenn Sie so wollen, um eine europäische Transversale –
ist das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen federführend. Unabhängig davon können wir
entsprechend Ihrer Fragestellung davon ausgehen, dass
das Auswärtige Amt hier natürlich ebenfalls koordinie-
rend wirken könnte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410111600
Eine Zusatzfrage des
Kollegen Deß, bitte.




Vizepräsidentin Petra Bläss
9452


(C)



(D)



(A)



(B)



Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1410111700
Herr Staatssekretär, die
Bundesregierung sagt, dass das Ökosteueraufkommen zur
Entlastung der Lohnnebenkosten verwendet werden soll.
Es ist aber bekannt, dass ein großer Teil dieses Aufkom-
mens nach Umsetzung der dritten Stufe der Ökosteuer
nicht mehr zur Entlastung der Lohnnebenkosten verwen-
det wird. Wäre es hier nicht angebracht, einen Teil dieser
Mittel zum Ausbau der Verkehrswege zu verwenden?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1410111800
Sie
wissen natürlich, dass der Bundesminister entsprechend
dem Auftrag und in enger Abstimmung mit der
Verkehrsministerkonferenz nach zusätzlichen finanziel-
len Mitteln für den Neu- und Ausbau, aber auch für den
Erhalt unserer Verkehrsinfrastruktur nicht nur Ausschau
hält, sondern er hat auch eine unabhängige Kommission
eingesetzt – das möchte ich betonen –, die dem Bundes-
minister entsprechende Vorschläge unterbreitet. Unab-
hängig davon hat der Bundesminister für Verkehr, Bau-
und Wohnungswesen dem Kabinett und dem Deutschen
Bundestag das Anti-Stau-Programm vorgestellt, gemäß
dem über 7 Milliarden DM sowohl für Straßen- als auch
für Schienen- und Bundeswasserstraßenprojekte einge-
setzt werden.

Sie haben die dritte Stufe der ökologischen Steuerre-
form angesprochen. Wir können natürlich heute noch
nicht über ungelegte Eier und Abschlüsse reden. Insofern
können über konkrete Finanzierungszusagen im Rahmen
der jährlichen Abstimmung der Haushalte keine Abspra-
chen getroffen werden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410111900
Die nächste Zusatz-
frage kommt vom Kollegen Brüderle. Bitte.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1410112000
Herr Staatssekretär, die
Bundesregierung hat ja anders als ihre Vorgängerregie-
rung die Privatfinanzierung zurückgenommen bzw. nicht
fortgeführt. Es sind damals 12 Projekte, wenn ich mich
richtig erinnere, privat finanziert worden. Ist die Bundes-
regierung bereit, angesichts der drängenden Engpässe auf
dem Verkehrssektor ihre negative Haltung gegenüber der
Privatfinanzierung zu überdenken?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1410112100
Kol-
lege Brüderle, ich bitte, hier zu unterscheiden. Wir haben
ja die Möglichkeit, das seit 1994 geltende Fernstraßen-
bauprivatfinanzierungsgesetz in einer größeren Band-
breite, als Sie es hier deutlich gemacht haben, anzuwen-
den. Die damalige Bundesregierung hat insbesondere
Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur
in den neuen Bundesländern, aber auch, um Zeit zu spa-
ren, in den alten Bundesländern nach dem Betreibermo-
dell bzw. durch private Vorfinanzierung vorgezogen.
Nach dem ersten Modell werden die Ihnen bekannte War-
now-Querung und die Trave-Querung bei Lübeck reali-
siert. Wir werden darüber hinaus andere Modelle – ich
verwies bereits auf die nach dem Vorsitzenden benannte
Pällmann-Kommission – in Betracht ziehen.

Die Bundesregierung wird aber vorfinanzierten Pro-
jekten aus den folgenden Gründen nicht zustimmen. Ein-
mal müssen wir schon mit dem Jahr 2000 für zehn Jahre

jährlich Millionen in die Haushalte einstellen; gegen-
wärtig werden sie alleine mit 560 Millionen DM belastet.
Hier werden übrigens nicht nur die Länder, in denen diese
vorfinanzierten Projekte realisiert werden, belastet, son-
dern es sind alle Bundesländer davon betroffen. Die
finanzschwächeren Länder in der Bundesrepublik –


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das sind vor allem die von Rot-Grün regierten Länder!)


das sind nicht nur die neuen Bundesländer, sondern auch
andere – müssen letztendlich zur Refinanzierung von Pro-
jekten mit beitragen. Insofern werden wir das Modell der
privaten Vorfinanzierung von Projekten nicht weiter ver-
folgen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410112200
Ich rufe jetzt die
Frage 32 des Kollegen Klaus Hofbauer auf:

Trifft es zu, dass geplant ist, die Ökopunkte im Lkw-Verkehrzwischen Deutschland und Österreich im laufenden Jahr zusätz-lich zu reduzieren, und – wenn ja – welche Auswirkungen hatdiese Reduzierung im Hinblick auf die EU-Osterweiterung?
Zur Beantwortung der Frage steht der Parlamentari-

sche Staatssekretär Kurt Bodewig zur Verfügung.

K
Kurt Bodewig (SPD):
Rede ID: ID1410112300
Sehr ge-
ehrter Herr Kollege Hofbauer, die EU-Kommission plant
eine zusätzliche Reduzierung der Ökopunkte für alle EU-
Lastkraftwagen über 7,5 Tonnen, ich sage ausdrücklich:
im Transit durch Österreich. Der Kürzungsvorschlag der
EU bezieht sich nicht auf den Lkw-Verkehr zwischen
Deutschland und Österreich, wie es in Ihrer Frage enthal-
ten ist.

Es steht bisher nicht fest, ob und in welchem Ausmaß
die Kürzung erfolgt. Alle Mitgliedstaaten, auch Deutsch-
land, mit Ausnahme Österreichs haben sich bisher gegen
eine zusätzliche Reduzierung der Ökopunkte ausgespro-
chen. Die derzeit vorgesehene Reduzierung der Gesamt-
zahl der Ökopunkte für das Jahr 2000 hat keine Auswir-
kung auf die EU-Osterweiterung und steht damit auch in
keinem zeitlichen Zusammenhang. Das Ökopunktesys-
tem läuft Ende 2003 aus, wie es damals im Protokoll zum
EU-Beitritt Österreichs festgelegt worden ist.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410112400
Herr Kollege
Hofbauer, bitte Ihre Zusatzfrage.


Klaus Hofbauer (CSU):
Rede ID: ID1410112500
Herr Staatssekretär,
Sie teilen sicher meine Auffassung, dass diese Ökopunkte
ein Problem sind, insbesondere für das wirtschaftliche
Zusammenwachsen der Länder. Kann ich Ihrer Antwort
entnehmen, dass für den Durchgangsverkehr zum Bei-
spiel von Deutschland nach Ungarn eine Reduzierung der
Ökopunkte nicht erfolgt? Was wird die Bundesregierung
tun, damit es keine Reduzierung gibt?

KurtBodewig,Parl.StaatssekretärbeimBundesminis-
ter für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Ich komme
zunächst zu Ihrer zweiten Frage. Die Bundesregierung hat
hier eine klare Position und wird sie im Rahmen der Ge-
spräche mit der EU-Kommission, von der ja die Initi-
ative stammt, eindeutig vertreten. Wie Sie sich vorstellen






(C)



(D)



(A)



(B)


können, wird sie natürlich versuchen, hier einen Konsens
mit den anderen Mitgliedstaaten der EU zu erreichen.

Zu Ihrer ersten Frage. Das Ökopunktesystem ist Be-
standteil des Protokolls Nr. 9 zu den Beitrittsverhandlun-
gen mit Österreich. Insofern gilt es bis zum Jahr 2003. Es
ist nicht erfolgversprechend, zu versuchen, einzelne
Transitverkehre herauszunehmen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410112600
Bitte, Herr Kollege,
Ihre zweite Zusatzfrage.


Klaus Hofbauer (CSU):
Rede ID: ID1410112700
Besteht die Möglich-
keit, dass die Liste der Fahrten, die nicht aufgenommen
worden sind, zum Beispiel für den Werkverkehr ausge-
dehnt wird? Kann man davon ausgehen, dass ab 2003
diese Ökopunkte nicht mehr gelten?

K
Kurt Bodewig (SPD):
Rede ID: ID1410112800
Ich schil-
dere einmal kurz die Ausgangslage, weil sie entscheidend
ist. Sie melden jetzt zusätzliche Wünsche an. Ich sage im
Umkehrschluss: Es gibt eine Initiative der EU-Kommis-
sion unter Bezug auf dieses Protokoll, das eben eine Re-
duktion dieser Ökopunkte vorsieht. Insofern ist die
Hauptaufgabe der Bundesregierung zurzeit, dieser Initia-
tive der EU im Interesse der Transitverkehre zu begegnen,
zumal die Bundesregierung sehr deutlich darauf hinweist,
dass der Schienenverkehr in Österreich die zusätzlichen
Volumen, die durch eine Reduzierung der Ökopunkte auf
den Verkehr zukommen würden, überhaupt nicht bewälti-
gen könnte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410112900
Ich rufe jetzt die
Frage 33 des Kollegen Hofbauer auf:

Ist die Bundesregierung bereit, die Einführung eines Flügel-konzeptes bei der Bahnlinie München–Hof mit umsteigefreienVerbindungen in Neufahrn nach Bogen, in Schwandorf nach Furthi. W. und Amberg und weitere Verbindungen im Taktverkehr zumBeispiel über ihre Vertreter im Aufsichtsrat der Deutschen BahnAG voranzutreiben und eine Ausweitung nach Tschechien, zumBeispiel nach Pilsen, unter anderem durch Verhandlungen mit dertschechischen Regierung zu unterstützen?
Diese Frage wird wiederum vom Kollegen Siegfried

Scheffler beantwortet.

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1410113000
Herr
Kollege Hofbauer, seit der Eisenbahnstrukturreform sind
gemäß Entscheidung des Gesetzgebers die Einflussmög-
lichkeiten der Bundesregierung auf das neu entstandene
Wirtschaftsunternehmen Deutsche Bahn AG begrenzt.
Die Einführung eines Flügelkonzeptes für die Bahnlinie
München–Hof – sofern es aus verkehrlichen und betrieb-
lichen Aspekten darstellbar wäre – fällt ausschließlich in
den unternehmerischen Verantwortungsbereich der nach
dem Aktiengesetz arbeitenden Gesellschaft. Nach § 76
Aktiengesetz ist der Vorstand des jeweiligen Unterneh-
mens für die Führung der Geschäfte verantwortlich.

Im Übrigen wird auf die Entscheidung des Ausschus-
ses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
im 13. Deutschen Bundestag zur Zuständigkeitsabgren-
zung zwischen staatlicher und unternehmerischer Verant-

wortung verwiesen, die in der Anlage 1 der Bundestags-
drucksache 13/6149 veröffentlicht wurde.

In Verhandlungen mit der tschechischen Regierung
kann die Bundesregierung bei der dargelegten Zuständig-
keitsabgrenzung auf die Rahmenbedingungen gestaltend
Einfluss nehmen. Sie begrüßt die Anstrengung zur ver-
stärkten Nutzung der Schiene für die Verkehrsleistung
auch von und nach Tschechien.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410113100
Herr Kollege
Hofbauer, bitte Ihre Zusatzfrage.


Klaus Hofbauer (CSU):
Rede ID: ID1410113200
Herr Staatssekretär,
Sie haben vielleicht dafür Verständnis, dass diese Antwort
nicht gerade befriedigend ist, weil für den politischen
Raum die Möglichkeiten, bei der Bahn Einfluss zu neh-
men, sehr geschmälert werden. Ich frage Sie deshalb:
Welche Gespräche hat die Bundesregierung mit der Bahn
geführt, dass hier ein solches Konzept, das vor Ort immer
wieder angekündigt wird, umgesetzt werden kann? Wel-
che Gespräche führt die Bundesregierung mit der
Bahn AG?

Das Zweite: Sind bereits mit der tschechischen Regie-
rung Gespräche geführt worden, hier ein grenzüber-
schreitendes Nahkonzept aufzubauen?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1410113300
Lie-
ber Herr Kollege Hofbauer, ich möchte Ihnen jetzt nicht
das vortragen, was in der entsprechenden Drucksache
steht und was der Deutsche Bundestag – wir waren beide
gemeinsam dabei – dazu festgelegt hat, nämlich die Ab-
grenzung der Zuständigkeiten des Bundes, der Deutschen
Bahn AG und übrigens auch der Länder in Folge der
Bahnreform. Das würde zu weit führen. Soweit das in der
Anlage nicht schriftlich erfolgt ist, würde ich Ihnen das
gerne zur Verfügung stellen. Insofern können die Bundes-
regierung und der zuständige Bundesverkehrsminister
keinen direkten Einfluss auf die Deutsche Bahn AG neh-
men.

Was zum Beispiel den Ausbau und die Elektrifizierung
der Strecke Nürnberg–Prag, Marktredwitz oder die Wei-
terentwicklung der Eisenbahn Berlin–Prag–Wien betrifft
bzw. auch andere Räume, da kann ich gerne über die Akti-
vitäten der alten und der neuen Bundesregierung infor-
mieren. Im Nahverkehrsbereich oder im Verkehrsbereich
Regionalverkehr kommt hinzu, dass die Verantwortlich-
keiten nach der Bahnreform und nach der Grundge-
setzänderung – übrigens aufgrund der Forderung der ein-
zelnen Länder – bei den Ländern liegen. Da kann die
Bundesregierung schlecht Einfluss nehmen. Sie stellt, da-
mit die Länder Verkehre nicht nur entwickeln, sondern bei
der Deutschen Bahn AG auch bestellen, die entsprechen-
den Mittel zur Verfügung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410113400
Es gibt eine weitere
Zusatzfrage. Bitte, Herr Kollege.


Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1410113500
Herr Staatssekretär, Ih-
nen ist sicher bekannt, dass nach dem Grundgesetz die
Bundesregierung im Fernverkehr verantwortlich ist. In




Parl. Staatssekretär Kurt Bodewig
9454


(C)



(D)



(A)



(B)


meinem Wahlkreis werden mit Einführung des
Sommerfahrplans in der kommenden Woche drei Interre-
gio-Strecken stillgelegt. Das heißt, der Zug von Dresden
nach Oberstdorf fährt künftig nicht mehr siebenmal, son-
dern nur mehr viermal. Das ist, wenn ich das recht sehe,
eine Verantwortung der Bundesregierung. Wenn die Bun-
desregierung für den Fernverkehr die Verantwortung trägt
und diese Strecken gestrichen werden, dann sollte sie
zumindest dafür sorgen, dass ein Flügelkonzept, so wie es
der Herr Kollege Hofbauer sich vorstellt, eingeführt wird.

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1410113600
Auch
Ihnen, lieber Herr Kollege Girisch, würde ich gerne eine
Kopie der entsprechenden Drucksache mit der Abgren-
zung der Zuständigkeiten geben. Ich erspare mir das. In
Punkt 2 steht etwas zur unternehmerischen Verantwor-
tung der DB AG und zur staatlichen Verantwortung des
Bundes. Das, was Sie hier eben eingeklagt haben, steht
ganz klar in der unternehmerischen Verantwortung. Die
Deutsche BahnAG ist natürlich für die Ausgestaltung des
Fahrplanes und im Übrigen auch für die Festlegung der
Takte und für die Entscheidung, welche Strecken sie letzt-
endlich fährt oder eine Streckenübernahme durch Dritte,
zuständig. Das ist ganz klar geregelt. Ich selbst war 1993
im zuständigen Verkehrsausschuss. Mit einem breiten,
parteiübergreifenden Konsens – übrigens auch gemein-
sam mit den Gewerkschaften und den Ländern – wurde
hier die Festlegung der Bahnreform getroffen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410113700
Die Fragen 34 und 35
des Kollegen Kolb entfallen wegen Abwesenheit des Ab-
geordneten. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsord-
nung vorgesehen.

Ich rufe als letzten Geschäftsbereich den des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit auf. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentari-
sche Staatssekretärin Gila Altmann zur Verfügung.

Wir kommen zur Frage 36 des Abgeordneten
Dr. Christian Ruck:

Mit welchen Initiativen will die Bundesregierung dem Eindruck
entgegenwirken, sie nehme die Verpflichtung aus der dieser Re-
gierung zugrunde liegenden Koalitionsvereinbarung nicht ernst,
„eine größere Harmonisierung der Umweltvorschriften in der Eu-
ropäischen Union auf hohem Niveau“ anzustreben?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410113800

Die Frage, Herr Kollege Dr. Ruck, der ich einen durchaus
suggestiven Charakter zuordnen würde, möchte ich
folgendermaßen beantworten:

Die Bundesregierung nimmt die Koalitionsvereinba-
rung in Bezug auf eine größere Harmonisierung von Um-
weltvorschriften auf hohem Niveau natürlich sehr ernst.
Sie setzt sich mit Nachdruck und erfolgreich für eine
Harmonisierung des europäischen Umweltrechts auf ho-
hem Niveau ein.

Die deutsche Präsidentschaft konnte 1999 im Umwelt-
bereich viele schwierige Vorhaben voranbringen. Eine ge-
meinschaftsweite Begrenzung des höchstzulässigen Ab-
gasausstoßes, etwa bei Dioxin, war Gegenstand der
politischen Einigung in Form eines gemeinsamen Stand-
punktes zur geplanten Abfallverbrennungsrichtlinie.

Ein gemeinsamer Standpunkt konnte weiterhin bei der
Änderung der Richtlinie über die Freisetzung gentech-
nisch veränderter Organismen erreicht werden. Einheitli-
che Kriterien für die Erreichung eines guten Gewässerzu-
stands konnten mit dem gemeinsamen Standpunkt zur
Wasserrahmenrichtlinie festgelegt werden. Einigung er-
zielte der Rat auch über fünf weitere Vorhaben, darunter
neue Verordnungen zum Umweltmanagement und zur Fi-
nanzierung von Umweltinvestitionen, das LIFE-III-Pro-
jekt. Schließlich ist es gelungen, durch Ratsschlussfolge-
rungen die dringend notwendige Fortentwicklung der
europäischen Chemiepolitik anzustoßen.

Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung zum
Beispiel bei den Verhandlungen über die Änderung der
Richtlinie zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von
Großfeuerungsanlagen in die Luft aus Umwelt- und Wett-
bewerbsgründen gegen den erheblichen Widerstand aus
anderen Mitgliedstaaten für eine effektive Altanlagenre-
gelung ein.

Die Bundesregierung wird auch in Zukunft nachdrück-
lich für die Harmonisierung weiterer Umweltvorschriften
der Europäischen Union auf hohem Niveau eintreten.
Dies entspricht ihrem Ziel einer am Leitbild der nachhal-
tigen Entwicklung ausgerichteten Umweltpolitik.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410113900
Zu einer ersten Zu-
satzfrage Herr Kollege Ruck, bitte.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1410114000
Frau Staatssekretä-
rin, welche konkreten Schritte und Initiativen hat denn die
Bundesregierung unternommen, um auf EU-Ebene die
ökologisch bedingten oder klimaschutzrelevanten Steu-
ern zu harmonisieren?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410114100

Ich denke, ich habe Ihnen eben eine umfassende Über-
sicht gegeben.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Von Steuern war in Ihren Punkten nicht die Rede!)


– Das ist leider auch nicht aus Ihrer Frage hervorgegan-
gen. Insofern würde sich zum Steuerrecht jetzt besser das
Finanzministerium weitergehend äußern. Das wäre ein-
mal eine ganz neue Form der umfassenden Beantwortung.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1410114200
Das ist kein Problem. Die
Fragen werden ja an die Bundesregierung gerichtet. Des-
halb können wir sie auch gemeinschaftlich beantworten.

Die Bundesregierung hat alle Anstrengungen unter-
nommen, um auf der europäischen Ebene zu einer ein-
heitlichen Besteuerung von Energie zu kommen. Insbe-
sondere zur Zeit ihrer Präsidentschaft hat sie alle
Anstrengungen dazu unternommen. Die einheitliche Be-
steuerung ist allerdings an der einzigen konservativen Re-
gierung in Europa, nämlich an der spanischen Regierung,
gescheitert.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410114300
Herr Kollege Ruck zu
einer zweiten Zusatzfrage, bitte.




Georg Girisch

9455


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1410114400
Diese Frage geht in
dieselbe Richtung. Wie groß sehen Sie die Chancen, in
nächster Zeit in Brüssel zu einer weiteren Harmonisie-
rung klimaschutzrelevanter Steuern zu kommen?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1410114500
Diese Chance ist nur dann
vorhanden, wenn die spanische Regierung sich einsichtig
zeigt. Es gibt Anzeichen dafür, dass die spanische Regie-
rung diese Einsicht nach der erfolgten Neuwahl, obwohl
sie in unveränderter Zusammensetzung regiert, vermehrt
gewinnt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410114600
Wir kommen jetzt zur
Frage 37 des Abgeordneten Dr. Paul Laufs:

Wie begründet die Bundesregierung zusätzliche Organdosis-werte zur Begrenzung deterministischer Strahlenrisiken, da nachAbsenkung der Strahlenschutz-Grenzwerte gemäß der neuen Eur-atom-Grundnormen die effektive Dosis bereits so niedrig liegt,dass deterministische Strahlenschäden ausgeschlossen sind (vgl.Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesmi-nisterium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, GilaAltmann, auf meine schriftlichen Fragen 67 und 68 in Drucksache14/3147)?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410114700

Die den Verbänden zugeleitete und in das Internet einge-
stellte Entwurfsfassung zur Novellierung der Strahlen-
schutzverordnung enthält über die Euratom-Grundnor-
men hinausgehend sowohl für den Schutz bei beruflicher
Strahlenexposition als auch für den Schutz der Bevölke-
rung hinsichtlich der Begrenzung von Ableitungen radio-
aktiver Stoffe zusätzliche Organdosisgrenzwerte. Die Or-
gandosisgrenzwerte sind dabei identisch mit denen der
derzeit geltenden Strahlenschutzverordnung in der Fas-
sung vom 30. Juni 1989. Die Änderungsfassung folgt in-
soweit nicht den Euratom-Grundnormen, die, abweichend
von den bisherigen Euratom-Grundnormen, Orgando-
sisbegrenzungen nur noch für die Augenlinse, die Haut,
die Hände, Unterarme, Füße und Knöchel vorsehen.

Ziel ist es, zusätzlich zur Absenkung des Grenzwertes
für die effektive Dosis zu verhindern, dass künftig Einzel-
organe höher belastet werden können, als dies im Augen-
blick zulässig ist. Dies betrifft den beruflichen Strahlen-
schutz. Hinsichtlich des Bevölkerungsschutzes wird
durch die Beibehaltung der Organdosisbegrenzungen bei
Ableitungen verdeutlicht, dass diese Werte auch künftig
maßgebend für die Bestimmung der Rückhaltetechniken
bleiben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410114800
Herr Kollege Laufs,
bitte Ihre erste Zusatzfrage.


Prof. Dr. Paul Laufs (CDU):
Rede ID: ID1410114900
Frau Staatssekretärin,
können Sie bestätigen, dass die effektive Dosis das Maß
für die Eintrittswahrscheinlichkeit von deterministischen
und stochastischen Schäden ist und dass der Strahlen-
schutz durch die zusätzliche Festlegung sehr niedriger
Grenzwerte für Teilkörperdosen nicht wirklich verbessert
werden kann?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410115000


Herr Kollege Laufs, Sie wissen, dass die effektive Strah-
lendosis eine Gesamtschau bzw. einen Querschnitt der
Belastung darstellt. Die Teilkörperdosen beziehen sich
aber auf die einzelnen Organe. Einzelne Organe sind un-
terschiedlich belastbar. Deshalb wird in Art. 9 der Eura-
tom-Grundnormen für die Bereiche, die ich soeben ge-
nannt habe, auch weiterhin die Bestimmung von Organ-
dosen vorgesehen.

Aus diesem Grunde hat sich die Bundesregierung da-
hin verständigt, dass sie auf nationaler Ebene das Konzept
der Einzelbetrachtung weiterhin verfolgen will, was nach
Art. 54 der Euratom-Grundnormen ausdrücklich erlaubt
ist.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410115100
Herr Kollege Laufs,
bitte Ihre zweite Zusatzfrage.


Prof. Dr. Paul Laufs (CDU):
Rede ID: ID1410115200
Habe ich Sie richtig ver-
standen, Frau Staatssekretärin, dass nach wie vor in ganz
Europa im Rahmen der Euratom-Grundnormen Teilkör-
perdosisgrenzwerte für bestimmte Organe gemessen und
festgelegt werden?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410115300
Da
haben Sie mich richtig verstanden. Ich habe Ihnen die ent-
sprechenden Organe genannt: Das betrifft die Augenlinse,
die Haut, die Hände, die Unterarme, die Füße und die
Knöchel. Um hier die Unterschiede deutlich zu machen:
Die Haut zum Beispiel ist unsensibler als andere Organe.
Dass wir die nationale Regelung, was die Organdosen an-
geht, beibehalten, hat auch damit zu tun, dass wir vom
Bundesrat aufgefordert worden sind, im Rahmen der
neuen Konzeption den bisherigen Standard auf alle Fälle
zu garantieren. Das tun wir hiermit.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410115400
Ich rufe jetzt die letzte
Frage, die Frage 38 des Kollegen Dr. Laufs, auf:

Wie vereinbart die Bundesregierung die über die neuen Euratom-Grundnormen hinausgehende Beibehaltung von Teil-körperdosisgrenzwerten mit dem Anspruch einer EU-weiten Harmonisierung von Rechtsvorschriften und dem Abbau vonHandelshemmnissen auch für Serviceleistungen?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410115500

Mit der Beibehaltung der zusätzlichen Teilkörperdosis-
grenzwerte wird von der in Art. 54 der Euratom-Grund-
normen den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit,
strengere Dosisgrenzwerte zu erlassen, Gebrauch ge-
macht. Diese Abweichung ist damit europarechtlich
zulässig. In der Entwurfsfassung wird dadurch vermie-
den, dass künftig sowohl bei den Arbeitskräften als auch
bei der Bevölkerung höhere Strahlenexpositionen, als
nach der geltenden Fassung der Strahlenschutzverord-
nung vorgesehen, zulässig wären. Sie verfolgt damit das
Ziel, das Niveau des Strahlenschutzes im Rahmen der
vorgesehenen Novellierung nicht abzusenken.

Damit habe ich Ihnen noch einmal das vorgetragen,
was ich auf Ihre Nachfragen hin zu verdeutlichen schon
versucht habe.






(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1410115600
Herr Kollege Laufs
hat eine Zusatzfrage. Bitte.


Prof. Dr. Paul Laufs (CDU):
Rede ID: ID1410115700
Frau Staatssekretärin,
bedeutet dies nicht, dass deutsche Unternehmen ange-
sichts dessen, dass die Bundesregierung in diesem Be-
reich auf nationaler Ebene sehr viel weiter gehen will als
andere Länder, ihre Mitarbeiter nicht mehr in solche Län-
der schicken können, in denen die Messung von Teilkör-
perdosen aufgrund der Euratom-Grundnormen nicht mehr
durchgeführt wird?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410115800

Zunächst einmal sollten wir bei diesem Thema daran den-
ken, den Schutz der Bevölkerung – hier geht es in erster
Linie um den Teil der berufstätigen Bevölkerung, der mit
solchen Strahlenexpositionen konfrontiert wird – in den
Vordergrund zu stellen.


(V o r s i t z: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Zum Zweiten aber kann ich Ihnen versichern, dass
nach Angaben der GRS zum Beispiel bei den Atomkraft-
werken keine Probleme zu erwarten sind, die niedrigeren
Grenzwerte zu erreichen; denn sie sind so ausgelegt, dass
sie schon jetzt die Grenzwerte unterschreiten. Das heißt,
eine Wettbewerbsverzerrung, wie Sie sie gerade beschrie-
ben haben, liegt bei den Atomkraftwerken nicht vor.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410115900
Herr Kol-
lege Laufs, Sie haben eine weitere Zusatzfrage? – Bitte
schön.


Prof. Dr. Paul Laufs (CDU):
Rede ID: ID1410116000
Frau Staatssekretärin,
damit bestätigen Sie ja den Hintergrund meiner Fragen,
nämlich dass durch die Absenkung der Dosisgrenzwerte
die Notwendigkeit entfällt, noch im Einzelnen Organ-
dosisgrenzwerte vorzugeben, dies auch zu verfolgen und
dafür zu sorgen, dass sie allgemein durchgesetzt werden,
was im Ausland zu großen Schwierigkeiten führt.

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410116100

Diese Konsequenz kann ich darin nicht sehen. Es ist die
Aufgabe der Politik, mit Blick auf das Sicherheitsbedürf-
nis der Bevölkerung, insbesondere der in diesem Bereich
Berufstätigen, zu verfahren, das Ganze zu dokumentieren
und zu kontrollieren. Deshalb sind solche Grenzwerte die
Voraussetzung. Sie können uns aber nicht in Sicherheit
wiegen und für uns Anlass sein, hier nichts zu tun.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410116200
Die Fra-
gestunde ist beendet, wenn es keine Zusatzfragen mehr
gibt. – Das ist, wie ich sehe, der Fall.

Dann rufe ich den Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
Pläne der Bundesregierung, die Erbschaft-
steuer zu erhöhen

Die Fraktion der CDU/CSU hat diese Aktuelle Stunde
beantragt.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der
Kollege Heinz Seiffert von der CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


Heinz Seiffert (CDU):
Rede ID: ID1410116300
Herr Präsident! Meine
verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Erbschaft- und
Schenkungsteuer war ebenso wie die Vermögensteuer für
die SPD immer ein ideologisches Neidinstrument. Bereits
unserer Reform haben die damals von Lafontaine geführ-
ten Länder kurz vor Weihnachten 1996 nur widerwillig
zugestimmt. Sie haben es letztendlich nur deshalb getan,
weil das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte,
dass, wenn wir keine neue Erbschaft- und Schenkung-
steuer zustande bekämen, es gar keine Steuer mehr geben
solle.

Für die damalige Opposition wie für die heutige Re-
gierung war die Erbschaftsteuer immer ein Instrument,
um Geld abzukassieren. Mit dieser Steuer kann man das
Geld dort abholen, wo es sitzt, und deshalb war sie Ihnen
schon damals zu niedrig. Das ist bis heute so geblieben.
Insofern überrascht uns Ihre Absicht, sie zu erhöhen,
überhaupt nicht.

Immer dann, wenn in der SPD der linke Flügel ruhig
gestellt werden muss, ist es wieder so weit: Dann redet
man von der Wiedereinführung der Vermögensteuer oder
der Einführung einer Vermögensabgabe. Und wenn das
nicht klappt, muss das Neidinstrument Erbschaftsteuer
herhalten. Dabei nehmen Sie in Kauf, dass von einer dras-
tischen Höherbewertung der Ein- und Zweifamilienhäu-
ser, wie sie die Experten vorbereiten, gerade die so ge-
nannte Neue Mitte, die Sie immer verbal umwerben, be-
troffen wird. Sie verkennen auch, dass es sich gerade bei
den Immobilien um Vermögenswerte handelt, die bereits
mehrfach versteuert worden sind. Das alles ignorieren
Sie.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Es geht jetzt auch nicht darum – wie Sie vorgeben –,
das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerechter um-
zusetzen, als wir dies getan hätten. Es geht allein darum,
den Parteitagsbeschluss der SPD vom November 1999 zu
erfüllen. Es gibt nicht den geringsten sachlichen Grund,
die Erbschaftsteuer zu erhöhen, auch nicht den, den Auf-
trag des Verfassungsgerichts besser zu erfüllen. Wir haben
die Bewertung des Grundvermögens 1997 auf eine ver-
fassungsmäßig tragfähige und gerechte Basis gestellt. Das
Verfassungsgericht hat ausdrücklich zugelassen, dass
Grundvermögen aufgrund der mangelnden Fungibilität
nicht zum Verkehrswert veranschlagt werden muss. Wenn
Sie jetzt das Grundvermögen deutlich höher bewerten,
dann geht es nicht um mehr Steuergerechtigkeit, sondern
nur um das Abkassieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Mit den Mehreinnahmen aus der Erbschaftsteuer wol-

len Sie außerdem den Ländern einen Köder hinwerfen
und sie für Ihre misslungene Steuerreform gefügig ma-
chen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Aber auch das wird nicht gelingen.






(C)



(D)



(A)



(B)


Diese rot-grüne Regierung redet, seit sie im Amt ist,
von Steuersenkungen. Aber sie tut genau das Gegenteil.
Bei jeder Ihrer glorreichen Reformen haben Sie sich in
Superlativen selbst gelobt: Das, was Sie anbieten, war im-
mer das Größte und das Beste in der Nachkriegszeit. Tat-
sache ist aber leider, dass Sie die Steuer- und Staatsquote
1999 auf ein Rekordniveau hochgetrieben haben,


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Richtig!)

und diesen Weg wollen Sie nun unbeirrt weiter gehen. Die
Pläne dazu liegen bereits in den Schubladen.

Nach dem kommenden Sonntag – davon sind wir über-
zeugt – werden Sie die Katze aus dem Sack lassen. Neben
den Plänen für die Erbschaft- und Schenkungsteuer berei-
ten Sie die Grundlagen für die Erhöhung der Grundsteu-
ern vor. Auch die Mehrwertsteuer ist vor Ihnen nicht si-
cher. Dazu kommen die regelmäßigen Erhöhungsstufen
der Ökosteuer, die den Grünen, insbesondere Ihnen, Frau
Scheel, noch längst nicht weit genug gehen.

Mit Ihrer Absicht, den Menschen noch mehr Steuern
aufzuerlegen, die Fleißigen und Leistungsbereiten noch
mehr zu bestrafen und bei den Erben der Sparsamen noch
mehr abzukassieren, gefährden Sie die Wirtschafts-
entwicklung und das Vertrauen der Menschen in diesen
Staat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

„Steuererhöhungen passen überhaupt nicht in die

Landschaft“.

(Joachim Poß [SPD]: Da hat er Recht!)


Dieser Feststellung des Koalitionsabgeordneten Oswald
Metzger kann ich nur zustimmen.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Wo ist er? – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Versteckt, weil er die Wahrheit sagt! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Er muss immer dann weg! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist im Haushaltsausschuss!)


Für uns gilt dies allerdings auch nach der Wahl in NRW.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410116400
Herr Kol-
lege Poß, darf ich zu Ihrer Beruhigung sagen: Die Rede-
zeit war noch nicht abgelaufen; vielmehr war die Rede
16 Sekunden vor Ablauf der Zeit zu Ende.


(Joachim Poß [SPD]: Ich dachte, Sie hätten die Rede so gerne gehört!)


– Manchmal kommen einem Reden länger vor, wenn man
sie nicht gern hört.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Herr Kollege Poß hat weder Zeit – noch Politikgefühl! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Der Kollege Poß hat kein Zeitvermögen! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Aber wenn Sie die Rede genervt hat, war sie ja gut!)


Als nächster Redner hat der Kollege Klaus Lennartz
von der SPD-Fraktion das Wort.


Klaus Lennartz (SPD):
Rede ID: ID1410116500
Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Herr Kollege Seiffert, wenn Sie einmal ein
Taschentuch nehmen könnten und sich den Mund rechts
und links abwischen würden: Sie haben etwas Schaum
vor dem Mund.


(Lachen bei der CDU/CSU – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Fällt Ihnen nicht mehr zu dem Thema ein?)


Das ist bei diesem Thema nicht angebracht. Etwas mehr
Wahrheitsgehalt wäre in Ihrer Rede angebracht gewesen.
Sie haben Polemik gebracht, die wirklich keinen Wahr-
heitsgehalt hatte.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Er hat die Wahrheit ausgesprochen! Die könnt ihr nur nicht hören!)


Wenn Sie weiterhin Ihre Zeit damit verschwenden, gut
zwei Wochen nach Ostern über ungelegte Eier nachzu-
denken,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Da entpuppen sich immer die Eier!)


braucht man sich nicht zu wundern, wenn Sie politisch
nichts auf den Weg bringen. Diese Aktuelle – ich kann
auch sagen: unaktuelle – Stunde über eine angebliche Er-
höhung der Erbschaftsteuer ist so überflüssig und so er-
folglos wie die Kandidatur von Herrn Dr. Rüttgers in
Nordrhein-Westfalen, der nämlich versucht, mit diesem
Thema Wahlkampf zu machen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Passen Sie auf: Was Sie jetzt sagen, das halten wir Ihnen noch vor! Das holt Sie ein!)


Schlimm ist, dass Sie bewusst bei den Menschen eine
Verunsicherung herbeiführen, die jeder, aber auch wirk-
lich jeder Grundlage entbehrt. Ohne dass ein konkreter
Vorschlag der Bund-Länder-Kommission oder ein Ge-
setzentwurf hier auf dem Tisch liegen würde, wollen Sie
mit dieser Debatte den Eindruck erwecken, die jetzige
Bundesregierung wolle Omas klein Häuschen enteignen.
Dies ist unredlich, dies ist falsch. Dies ist Hetze, nichts als
pure Hetze.


(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Bleiben wir doch einmal zur Abwechslung bei der
Wahrheit.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wie war das mit der Rente damals?)


Tatsacheist,HerrKollege:DieErbschaftsteuerwurde1996
unter Ihrer Regierung, unter der Regierung Kohl, erhöht.
Dabei haben Sie die Spitzensteuersätze für große Erb-
schaftengesenktunddieSteuersätze fürkleineErbschaften
deutlich erhöht. Eine Erhöhung um 40 Prozent – das war
Ihre Politik unter Kohl. Das scheinen Sie vergessen zu ha-
ben. Deshalb lese ich Ihnen einmal § 138 Abs. 4 des Be-
wertungsgesetzes vor: „Die Werteverhältnisse zum 1. Ja-
nuar 1996 gelten für die Feststellung von Grundbesitz-
werten bis zum 31. Dezember 2001“. Sie haben durch
dieses Gesetz diese Kommission überhaupt erst geschaf-
fen. Dies war kein Neidkomplex der SPD-Bundestags-
fraktion und kein Parteitagsbeschluss.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Lesen Sie mal den nächsten Absatz! – Hans Michelbach Heinz Seiffert 9458 [CDU/CSU]: Lesen Sie Ihren Parteitagsbeschluss!)





(C)


(D)


(A)


(B)


– Das waren Sie. Sie haben es damals ins Gesetz hinein-
geschrieben. Sie müssen das Gesetz lesen. Lesen ist nicht
nur das Aneinanderreihen von Buchstaben, sondern dazu
gehört auch das Verstehen dessen, was Sie beschlossen
haben. Das haben Sie anscheinend nicht.


(Beifall bei der SPD)

Wir wissen, dass in den nächsten Jahren bei mehr als

700 000 mittelständischen Unternehmen in Deutschland
ein Generationswechsel bevorsteht.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Und den wollen Sie nutzen!?)


Der Mittelstand, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft,
kann sich darauf verlassen, dass es mit dieser Regie-
rungskoalition keine Lösungen geben wird – gleichgültig,
wie die Ergebnisse der Expertenkommission auch ausfal-
len werden –, die ihm Schaden zufügen werden. Wir wer-
den nur Lösungen akzeptieren, die die Probleme der mit-
telständischen Wirtschaft auch berücksichtigen. Das ist
unsere Aussage.

Sie dagegen haben in den letzten 16 Jahren keine Poli-
tik für den Mittelstand gemacht. Das Gleiche gilt auch für
den Fall der Vererbung von Omas klein Häuschen. Wir
wollen in diesem Fall Freibeträge von bis zu 1,5 Milli-
onen DM einsetzen, damit in diesem Bereich keine Belas-
tungen entstehen. Für uns bleibt Eigentum die Grundlage
der Freiheit. Die Bundesregierung hat keine Pläne, die
Erbschaftsteuer zu erhöhen.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Im Übrigen erwarten wir von den Ländern, zum Bei-

spiel von Herrn Faltlhauser von der CSU, eine Gesetzge-
bungsinitiative. Sie sind doch die Profiteure dieser Erb-
schaftsteuer. Der Bund müsste doch mit dem Klammer-
beutel gepudert sein, wenn er Ihre Arbeit in den Ländern
erledigen würde. Kommen Sie aus Ihrem Schneckenhaus
heraus und sagen Sie die Wahrheit! Sagen Sie, was Sie
vorhaben und was Sie in den 16 Jahren bis 1996 getan ha-
ben!

Darüber hinaus wäre es doch absurd, wenn wir auf der
einen Seite der privaten Altersvorsorge das Wort redeten,
um dann über die Hintertür Eigentum zu belasten. Solche
Konstruktionen spinnt sich der Kollege Dr. Rüttgers in
seinen Wahlkampfauftritten zurecht. Das offenbart aber
auch, wie es Herr Dr. Rüttgers mit der Wahrheit hält. Wer
so unehrlich und so schamlos mit den Gefühlen und den
Ängsten der Menschen umgeht, hat auf dem Sessel des
Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen nichts ver-
loren. Diese Quittung wird ihm auch am Sonntag erteilt
werden.

Diese Bundesregierung hat mit dem Steuerentlastungs-
gesetz 1999/2000/2002, mit dem Familienförderungsge-
setz und der Unternehmensteuerreform Steuerentlastun-
gen in Höhe von rund 40 Milliarden DM verwirklicht.
Herr Kollege Spiller und Frau Vorsitzende Scheel, wir ha-
ben vor gut einer Stunde im Finanzausschuss das Steuer-
entlastungsgesetz verabschiedet. Dieses sieht bis zum
Jahre 2005 eine Steuerentlastung von mehr als 70 Milli-
arden DM vor, wobei allein 20 Milliarden DM auf den
Mittelstand entfallen. Das ist – im Gegensatz zu den 16
Jahren Ihrer Regierung – eine nachvollziehbare Politik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben – im Gegensatz zu Ihnen – den Wirtschafts-
standort Deutschland wieder attraktiv gemacht.


(Lachen bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Das niedrigste Wirtschaftswachstum!)


Es lohnt sich wieder, bei uns zu investieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sie können hier noch so viele unaktuelle Aktuelle Stunden
beantragen und ändern dennoch nichts an den Fakten.

Mit 37,1 Prozent liegen wir weit unter dem Durch-
schnitt der steuerlichen Belastung innerhalb der EU. Das
ist unsere Arbeit gewesen. Sie haben das in Ihrer Regie-
rungszeit noch nicht einmal ansatzweise geschafft. Wir
werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass diese Politik
konsequent weiter durchgeführt wird. Hinzu kommt die
Entschuldungspolitik, die Herr Kollege Eichel geschafft
hat. Dies ist eine Konzeption, nämlich Wirtschafts- und
Entschuldungspolitik im Interesse unseres Landes, unse-
rer Wirtschaft und nicht zuletzt der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer. Darum geht es.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410116600
Als
nächstem Redner gebe ich dem Kollegen Carl-Ludwig
Thiele von der FDP-Fraktion das Wort.


Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1410116700
Sehr geehrter Herr Prä-
sident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge-
ehrter Herr Kollege Lennartz, nachdem Ihre Wahl-
kampfrede hier verklungen ist, können wir uns vielleicht
doch einmal mit den Fakten beschäftigen, die dazu ge-
führt haben, dass wir heute eine Aktuelle Stunde durch-
führen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Für die F.D.P. erkläre ich vorab: Wir lehnen eine Er-

höhung der Bemessungsgrundlage, die zu einem erhöhten
Erbschaftsteueraufkommen führen wird, rundheraus ab.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zu den Fakten – um bei der Wahrheit zu bleiben, Herr
Lennartz –: Erstens. Bund und Länder haben eine Arbeits-
gruppe eingesetzt, die das Ziel hat, das Erbschaftsteuer-
aufkommen zu erhöhen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wissen Sie das gar nicht?)


Die F.D.P. lehnt diese Erhöhung ab. Sie haben überhaupt
nicht bestritten, dass es diese Arbeitsgruppe gibt.


(Joachim Poß [SPD]: Warum soll das bestritten werden?)


Nach meinem Kenntnisstand sind auch Mitarbeiter des
Bundesfinanzministeriums in der Arbeitsgruppe. Das




Klaus Lennartz

9459


(C)



(D)



(A)



(B)


heißt, es wird momentan daran gearbeitet, die Bemes-
sungsgrundlage zu erhöhen.

Zweitens. 1996 ist die Bewertung des Grundvermö-
gens in Deutschland erheblich geändert worden. Seitdem
besteuern wir Grundvermögen im Erbfall höher. Diese
Regelung ist mit den Stimmen des damals SPD-geführten
Bundesrates Gesetz geworden. Insofern sage ich: Sie soll-
ten ein Gesetz, das gerade beschlossen wurde, dem Sie ge-
rade zugestimmt haben, nicht morgen wieder ändern, nur
weil Sie höhere Steuereinnahmen wollen.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Lennartz [SPD]: Unsinn!)


Diese Änderungen haben unter anderem dazu geführt –
auch das muss man der Bevölkerung deutlich machen –,
dass das Steueraufkommen in diesem Bereich von 4 Mil-
liarden DM in 1996 auf über 6 Milliarden DM in diesem
Jahr, das heißt, um über 50 Prozent, gestiegen ist. Das Ver-
mögen, in diesem Fall das geerbte Vermögen, unterliegt
also weiterhin der Steuerpflicht. Dazu stehen wir auch.
Aber wir lehnen eine Übermaßbesteuerung an dieser
Stelle ab. Wenn Sie das wollen, werden Sie weiterhin mit
unserer Kritik rechnen müssen.


(Joachim Poß [SPD]: Wer redet hier von Übermaß?)


– Sie.

(Joachim Poß [SPD]: Nein, Sie!)


Diese Steuererhöhungspläne werden derzeit zwar
pflichtgemäß dementiert – Herr Lennartz hat auch deut-
lich gemacht, warum, nämlich weil am nächsten Sonntag
die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen stattfindet –,


(Lachen bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: Weil Lügen Ihr politisches Stilmittel ist!)


aber die Fakten, nämlich dass erstens eine Arbeitsgruppe
eingesetzt wurde,


(Joachim Poß [SPD]: Geistiges Untermaß! Das ist Ihr Maß!)


dass zweitens diese Arbeitsgruppe schon entsprechende
Ergebnisse erarbeitet hat und dass drittens diese Ergeb-
nisse zu einer massiven Mehrbelastung insbesondere für
Hausbesitzer in unserem Lande führen, zeigen, dass Rot-
Grün an das sauer erarbeitete und ersparte Geld der Bür-
ger in unserem Land heran will.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Klaus Lennartz [SPD]: Das ist schamlos! Sie sollten sich schämen, so etwas zu sagen!)


Ich möchte kurz zu vier Punkten Stellung nehmen. Ers-
tens zu den Hauseigentümern: Das, was Sie durch eine
Änderung der Bewertungsvorschriften derzeit vorhaben,
stellt eine massive Mehrbelastung der Hauseigentümer in
unserem Lande dar. Die Erhöhung der Erbschaftsteuer
steht auch nicht alleine. Sie haben sich eine Summe von
Belastungen für die Eigentümer von Immobilien sowie
die Bauwirtschaft in unserem Lande ausgedacht: Ein-
schränkung der Verlustverrechnung, Verfünffachung der
Spekulationsfrist, Verschärfung des Mietrechts, Senkung
der Einkommensgrenze für die Eigenheimzulage. Dies al-
les sind Maßnahmen, die nicht zu mehr, sondern zu weni-
ger Wohnungsbau in unserem Lande führen. Das aber ist

die falsche Weichenstellung. Wir brauchen mehr Woh-
nungsbau, wir brauchen mehr Beschäftigung in diesem
Bereich. Das machen Sie kaputt.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Zweitens zum Mittelstand: Der Mittelstand braucht

Kredite. Der Existenzgründer braucht einen Kredit. Wer
mit den Banken Erfahrungen gesammelt hat, weiß, dass
Grundvermögen in der Regel deshalb erforderlich ist, um
einen solchen Kredit überhaupt erhalten zu können. Wenn
dann das Grundvermögen zusätzlich besteuert wird, wird
die Kreditfähigkeit eines Existenzgründers, eines Mittel-
ständlers beeinträchtigt.


(Klaus Lennartz [SPD]: Wer will das denn? Das ist doch Ländersache!)


– Sie wollen es, denn die Arbeitsgruppe ist von den Län-
dern – ohne Baden-Württemberg – eingerichtet worden.
Nach meiner Kenntnis hat die SPD bei den Ländern im-
mer noch die Mehrheit.


(Klaus Lennartz [SPD]: Unsinn, Sie haben doch die Mehrheit bei den Ländern!)


Das kann aber geändert werden. Wenn Sie so weiterreden
und weiterhin dazwischenbrüllen, Herr Lennartz, wird
dies vermutlich auch geändert werden.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir die Mehrheit im Bundesrat?)


Drittens zur Altersvorsorge: Wir diskutieren eine Ver-
besserung der Altersvorsorge auch neben der Rente. Wir
brauchen eine zusätzliche Altersvorsorge. Wir brauchen
mehr Eigentum, um die zusätzliche Altersvorsorge in un-
serem Land finanzieren zu können. Wer zu diesem Zeit-
punkt eine zusätzliche Steuerbelastung auf Eigentum
plant, der will das genaue Gegenteil dessen. Aus diesem
Grunde werden wir dem auch nicht zustimmen.


(Beifall bei der F.D.P.)

Viertens zum Problem der Doppelbesteuerung. Eines

müssen Sie sehen: Das ganze ererbte Vermögen ist schon
einmal versteuert worden, und zwar von denjenigen, die
das Vermögen angesammelt bzw. aufgebaut haben.


(Klaus Lennartz [SPD]: Wer bestreitet das?)

Insofern brauchen wir hier keine stärkere Besteuerung. Im
Gegenteil: Wir brauchen eine erhebliche Erleichterung für
Betriebsnachfolger beim Erbschaftsteuerrecht.


(Klaus Lennartz [SPD]: Ja, klar!)

Die F.D.P. ist der Auffassung, dass für einen Betriebs-

nachfolger die Erbschaftsteuer auf zehn Jahre gestundet
werden soll. Wenn der Betrieb auch noch nach zehn Jah-
ren fortgeführt wird, dann soll die Erbschaftsteuer gänz-
lich entfallen. Denn wir erleben heute, dass die großen
Aktiengesellschaften von der Erbschaftsteuer überhaupt
nicht tangiert sind. Aber wenn ein Handwerker sein mit-
telständisches Unternehmen, wenn ein Anwalt seine
Kanzlei, wenn ein Arzt seine Praxis weitergeben will,
dann wird der Fiskus voll zugreifen. Das kann nicht rich-
tig sein. Denn das Geld liegt nicht einfach parat, sondern
muss aus dem Betrieb herausgenommen werden, mit der
Folge, dass Teile des Betriebes veräußert werden müssen
oder der gesamte Betrieb veräußert werden muss.




Carl-Ludwig Thiele
9460


(C)



(D)



(A)



(B)


Deshalb brauchen wir für eine stärkere Förderung des
Mittelstandes nicht eine Erhöhung der Bemessungs-
grundlage, sondern eine weiter gehende steuerliche Frei-
stellung für diejenigen Unternehmen und Unternehmer,
die bereit sind, ihre Betriebe auch zukünftig weiterzu-
führen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Hier werden wir Sie drängen, hier werden wir Sie treiben.
Es darf nicht dazu kommen, dass alleine die Kapitalge-
sellschaften entlastet werden und der Mittelstand bei Ih-
nen im Regen steht.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Käse!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410116800
Als
nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Christine
Scheel vom Bündnis 90/Die Grünen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die hat nichts zu sagen! Die redet heute hier so und morgen da anders!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1410116900

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr Thiele,
so langsam wird deutlich, was Sie wollen. Sie wollen,
dass am besten überhaupt keine Steuern mehr gezahlt
werden. Zudem wollen Sie, dass alle Vergünstigungen,
die es in den letzten Jahren gab und die wir mühsam ab-
geschafft haben – durch die Verbreiterung der Bemes-
sungsgrundlage, die auch immer F.D.P.-Ziel war –, wie-
derbelebt werden, was unter dem Strich wahrscheinlich
dazu führt, dass der Staat den Bürgerinnen und Bürgern,
am besten wahrscheinlich noch denen mit hohem Ein-
kommen, etwas hinterherschmeißt, ohne dass sie einen
Pfennig Steuern bezahlen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Klassenkampf pur!)


Das ist F.D.P.-Politik pur, die mit solider Finanzpolitik
nichts mehr zu tun hat. Das ist reiner Populismus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Außerdem – da werde ich langsam wirklich sauer –
kann ich mich verdammt gut daran erinnern, dass wir im
Finanzausschuss bereits in der letzten Legislaturperiode
intensiv darüber beraten haben, ob sich bei der Erbschaft-
steuer im Zusammenhang mit Betriebsübergaben nicht
eine Regelung finden lässt, die die Existenz eines solchen
Betriebes nicht gefährdet.


(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)

Wir haben damals gemeinsam beraten und, was die be-
triebliche Seite betrifft, letztendlich gemeinsam entschie-
den, dass dann, wenn es bei Betriebsübergaben zu exis-
tenziellen Gefährdungen kommt, Stundungen möglich
sind. Das, was Sie hier anmahnen, ist also gesetzlich
längst umgesetzt


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Ist doch nicht praktikabel!)


und wird auch von den Finanzämtern so gehandhabt. Ich
bitte Sie auch an dieser Stelle, bei der Wahrheit zu blei-
ben, anstatt die Leute zu verunsichern und zu suggerieren,
bei der Regelung zur Betriebsübergabe finde eine Ver-
schlechterung statt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: Herr Thiele war sein Leben lang unehrlich!)


Wir haben vor einer knappen Stunde – das hat der Kol-
lege Lennartz zu Recht angesprochen – die Steuerreform
im Finanzausschuss beschlossen. Die Gesamtentlastung
durch alle Maßnahmen, die diese Bundesregierung und
die sie tragenden beiden Fraktionen seit 1998 beschlossen
haben, beträgt rund 74 Milliarden DM.


(Klaus Lennartz [SPD]: So ist es!)

Dieses Nettoentlastungsvolumen muss, wie Sie wissen,
anteilig auch von den Ländern getragen werden. Wir wis-
sen, dass die Länder riesige Probleme damit haben. Des-
halb kann man nur an Sie appellieren, dass Sie, was das
weitere Verfahren betrifft – Bundesrat, Vermittlungsver-
fahren –, auf dem Boden bleiben und Bund und Länder
nicht in eine Situation manövrieren, in der die Haushalte
nicht mehr den verfassungsrechtlichen Vorgaben hin-
sichtlich der Verschuldungskriterien entsprechen. Das
würde dem Ansehen der Bundesrepublik insgesamt und
im Übrigen – um auch das an dieser Stelle einmal zu sa-
gen – der Entwicklung des Euro schaden.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das haben Sie doch eh schon geschafft!)


Für uns stehen Steuererhöhungen nicht zur Diskussion.
Es ist richtig, dass eine Expertenkommission von Bund
und Ländern eingesetzt worden ist.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aha!)

– Natürlich, das ist richtig. Es gibt viele Kommissionen,
es gibt viele Arbeitskreise, die sich mit den unterschied-
lichsten Themen beschäftigen. Aber weder der Bundesre-
gierung – dazu wird Frau Hendricks mit Sicherheit noch
etwas sagen – noch uns Abgeordneten oder dem Parla-
ment insgesamt liegt ein Abschlussbericht vor.

Wenn von dem Berliner CDU-Finanzsenator Kurth
Zwischenergebnisse an die Presse gegeben werden, dann
hat dies nicht die Qualität eines Abschlussberichtes und
nicht im weitesten Sinne das zum Inhalt, was hier bei uns
überhaupt erst einmal anberaten wird,


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Was beraten Sie denn?)


geschweige denn, dass wir überhaupt zu irgendwelchen
Entscheidungen in diesem Zusammenhang kommen wol-
len.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Eine Luftnummer oder was?)


Richtig ist auch, dass im Zuge der Erbschaftsteuerre-
form der Regierung Kohl/Waigel


(Zuruf von der CDU/CSU: Der ihr widerwillig zugestimmt habt!)


damals eine Korrektur der Bemessungsgrundlagen für das
Immobilienvermögen vorgenommen worden ist. Wir ha-
ben damals das Ertragswertverfahren beschlossen. Wir




Carl-Ludwig Thiele

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(C)



(D)



(A)



(B)


Grüne haben uns, was dieses Verfahren betrifft, bei der
Abstimmung positiv verhalten und sind auch nach wie vor
der Meinung, dass dies richtig ist.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Deswegen müssen Sie es wieder erhöhen!)


Wir sehen überhaupt keinen Grund – das kann ich Ihnen
offen sagen –, an dieser Stelle irgendetwas ändern zu wol-
len.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Über die Frage, über die die Länder hier diskutieren,

sollen sie sich verständigen. Sie wissen doch ganz genau,
dass die Erbschaftsteuer den Bund, was die Einnahme-
seite betrifft, überhaupt nicht interessiert. Es gibt keinen
Gesetzesvorschlag von einem Land, es gibt keinen Ab-
schlussbericht. Ich möchte Sie daher bitten, endlich auf
eine solide Diskussionsebene zurückzukehren und nicht
immer wieder diesen unsäglichen Versuch zu starten, der
Regierung irgendwelche Steuererhöhungsvorhaben an-
zuhängen, weil Ihnen ansonsten die Argumente ausge-
gangen sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das ist doch der Hintergrund Ihrer gesamten Aktion.
Sie wollen Stimmung machen, Sie wollen der Bevölke-
rung suggerieren, dass wir sie belasten würden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das machen Sie doch auch!)


Sie wissen ganz genau, dass wir durch unsere Steu-
ergesetzgebung eine massive Entlastung vorgenommen
haben.

Sie wissen auch – wenn ich das abschließend als letz-
ten Satz noch sagen darf, Herr Präsident –, dass wir ein
Stiftungsgesetz verabschiedet haben, mit dem wir denje-
nigen, die viel Vermögen zur Verfügung haben, die
Chance geben wollen, sich an gemeinnützigen Stiftungen
zu beteiligen, damit gemeinwohlorientiert Einlagen gege-
ben werden können. Das war das Interesse der Bundesre-
gierung. Ich kann nur sagen: Ich bedauere es sehr, dass
selbst dieses Vorhaben vonseiten der CDU/CSU- und der
F.D.P.-Fraktion damals abgelehnt wurde.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Weil unsere Vorschläge weiter gehend waren! – Zuruf von der CDU/CSU: Wir hätten es besser gemacht!)


Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410117000
Das Wort
hat jetzt Kollegin Dr. Barbara Höll von der PDS-Fraktion.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410117100
Herr Präsident! Meine Da-
men und Herren! Das Anliegen, das die CDU/CSU mit
dieser Aktuellen Stunde verfolgt, kann auch ich relativ
schnell abhaken. Wider besseres Wissen versuchen Sie
aus dem Vorschlag der Bund-Länder-Gruppe, die Bewer-
tung des Grundvermögens von derzeit 53 Prozent auf 80
Prozent des Verkehrswertes anzuheben, billig Wahl-
kampfkapital zu schlagen. Sie wissen, dass sich aus der

Höherbewertung nicht automatisch eine höhere Erb-
schaftsbesteuerung ergibt. Über höhere Freibeträge wäre
das ganz einfach zu regeln.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was denn sonst?)

Allerdings bedaure ich sehr – was jetzt auch noch ein-

mal durch meinen Vorredner von der SPD und meine Vor-
rednerin von den Grünen bestätigt wurde –, dass wir hier
im Parlament nicht endlich zu einer ernsthaften Debatte
kommen; denn auch bei Ihnen ist der Wille nicht vorhan-
den, die Erbschaftsbesteuerung richtig anzufassen. Bisher
stehen ja nur kleine kosmetische Veränderungen an und
die will Herr Eichel durchaus den Ländern überlassen.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Wir brauchen keinen Sozialismus mehr! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie ist wenigstens ehrlich!)


Herr Thiele hat sich schon vor vier Jahren über die Ver-
dopplung bei der Erbschaftsbesteuerung sehr mokiert –
sage und schreibe von 4 Milliarden DM auf 6 Milliarden
DM bei einer jährlich anfallenden Erbmasse von mindes-
tens 400 Milliarden DM! Wo bleibt da denn überhaupt
noch die Verhältnismäßigkeit?

Ich meine, Herr Eichel müsste genau hier ein wesent-
liches Potenzial zur Einnahmeerzielung sehen. Es ist ja
auch gut, dass diese Einnahmen den Ländern zugute kä-
men, denn mit der in der nächsten Woche zu beschließen-
den Unternehmensteuerreform werden ja gerade die Län-
der massiv belastet. Ich meine, in den neuen Bundeslän-
dern wird das tatsächlich zu vielen Problemen führen, das
dadurch entstehende Defizit im Haushalt abzudecken.

Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn man einerseits
nicht nur vor allem für jene, die wirklich viel Geld haben,
eine Steuersenkungspolitik macht, andererseits – wie in
diesem Jahr nun Realität geworden – den Menschen, die
gar keine Steuern zahlen, immer tiefer in die Tasche greift –
siehe Rentnerinnen und Rentner, siehe Arbeitslose und
Studenten. Vielmehr muss man tatsächlich einmal die ge-
samte Gesellschaft betrachten.

Dazu muss man sich selbstverständlich überlegen, wie
man Einnahmen erzielt. Ich sage aber auch klar und deut-
lich: Natürlich ist auch die Partei der demokratischen
Sozialistinnen und Sozialisten, die PDS, nicht dafür, dass
im Erbfall Einfamilienhäuser wegbesteuert werden oder
der Fortbestand von Familienbetrieben gefährdet wird.
Wir sind aber gegen eine weitere Privilegierung von
Reichtum, der ja immer damit verbunden ist, dass soziale
und politische Machtpositionen zementiert werden.

Es kann auch nicht sein, dass über die Erbschafts-
besteuerung die Diskriminierung nichtehelicher Lebens-
gemeinschaften fortbesteht. Noch einmal zur Verdeutli-
chung: Heute ist es so, dass selbst der geschiedene Ehe-
gatte durch die Einstufung in eine günstigere Steuerklasse
im Erbfall immer noch besser behandelt wird als der über-
lebende nichteheliche Lebenspartner. Das kann doch
keine Politik von Rot-Grün sein! Wenn Sie das endlich an-
fassen, werden Sie unsere Unterstützung haben.

Wir meinen, dass es Not tut, auch bei der Gleichbe-
handlung verschiedener Vermögensarten endlich voran-
zukommen. Die bestehende pauschale Privilegierung
von Betriebsvermögen durch einen Freibetrag von
500 000DM und den Bewertungsabschlag von 25 Prozent




Christine Scheel
9462


(C)



(D)



(A)



(B)


wurde bei ihrer Einführung von der SPD noch kritisiert.
Warum fassen Sie das nicht endlich an?

Die PDS hat bereits in der letzten Legislaturperiode ein
umfassendes Konzept zur Reform der Erbschaftsbesteue-
rung vorgelegt. Wir wollen Reichtumsumverteilung –
Reichtum: da, wo wirklich viel Geld ist,


(Zuruf von der CDU/CSU: Bei der PDS!)

keine Einfamilienhäuser –, Entdiskriminierung außerehe-
licher Lebensformen und Gleichbehandlung der verschie-
denen Vermögensarten. Das verkommt bei uns nicht zu
leeren Worthülsen. Wir haben Ihnen einen eigenständigen
Vorschlag vorgelegt, über den es sich nachzudenken lohnt
und den man endlich anfassen muss. In anderen Ländern
wie zum Beispiel in den USA funktioniert es nämlich.
Man sollte eine Nachlasssteuer für große Vermögen ein-
führen. Herr Lennartz, ab 1 Million DM können wir da-
rüber reden, eine Nachlassbesteuerung einzuführen. Le-
sen Sie das noch einmal nach. Es ist in der Drucksache zu
finden.

Vor vier Jahren haben wir einen Freibetrag von
250 000 DM für jeden Erben und weitere 150 000 DM
Freibetrag für Erben im Alter von über 55 Jahren vorge-
schlagen. Man muss klar und deutlich sagen: Mit diesen
Freibeträgen ist die Mehrheit der Erben von der Erb-
schaftsteuer freigestellt, denn 60 Prozent aller Erbschaf-
ten liegen heute bei unter 200 000 DM. Es geht aber um
die Erbschaften, die weit darüber liegen. Hier muss end-
lich angefasst werden.

Wir fordern weiter eine konsequente Individualisie-
rung des Steuerrechts. Es kann nicht mehr sein, dass man
danach geht, ob man blutsverwandt oder verheiratet ist
oder nicht, sondern man muss von den Lebensrealitäten
der Menschen in unserer Gesellschaft ausgehen. Wir for-
dern deshalb eine einheitliche Steuerklasse und ein-
heitliche Freibeträge. Das ist unsere Antwort auf die Plu-
ralisierung der Lebensformen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Einheit!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410117200
Ich bitte
Sie, jetzt zum Schluss zu kommen.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1410117300
Die Gleichbesteuerung der
verschiedenen Vermögensarten habe ich schon angeführt.
Wenn Sie das einmal nachlesen, sehen Sie, dass man mit
unserem Vorschlag jährlich 15 Milliarden DM Mehrein-
nahmen erzielen kann. Herr Eichel hätte dann darauf ver-
zichten können, seine sozial ungerechten Maßnahmen,
die er in diesem Jahr gemacht hat, durchzuführen. Geld ist
da, aber man muss es an der richtigen Stelle abholen.


(Zuruf von der CDU/CSU: „Abholen“ ist das Stichwort!)


Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410117400
Das Wort
hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretärin Barbara
Hendricks.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1410117500
Herr Präsident! Liebe Kol-
leginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat keine
Pläne, die Erbschaftsteuer zu erhöhen. Diese Aussage
sollte eigentlich genügen, um dieses Thema in dieser völ-
lig unaktuellen Stunde erschöpfend zu behandeln.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben keinen Plan! Sie haben keine Idee!)


Offenbar muss man aber mit Ihnen argumentieren, weil
Sie wider besseres Wissen Behauptungen in die Welt set-
zen.

Die Bundesregierung ist sich im Übrigen aber bewusst,
dass das geltende Erbschaftsteuerrecht wegen seiner un-
gleichen Belastungswirkungen je nach Art des erworbe-
nen Vermögens auf durchaus begründete verfassungs-
rechtliche Kritik stößt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

– Das ist gar nicht neu. Wir haben in diesem Hause schon
mehrfach darüber diskutiert und ich habe dazu schon
mehrfach Stellung genommen. Es hat auch nichts damit
zu tun, dass am Sonntag Wahlen in Nordrhein-Westfalen
sind. Schon in der Koalitionsvereinbarung vom 20. Okto-
ber 1998 hat die Koalition vorgesehen, eine Sachverstän-
digenkommission einzuberufen, die die Grundlagen für
eine wirtschafts- und steuerpolitisch sinnvolle Vermö-
gensbesteuerung erarbeiten soll. Sie beschäftigt sich mit
dem Hauptproblem bei der Besteuerung des Vermögens;
das ist die sachgerechte Bewertung des Grundbesitzes.
Dafür ist ein Verfahren notwendig, das möglichst einfach
ist und in dessen Rahmen trotzdem der Grundbesitz nach
gleichen Maßstäben bewertet wird. Diesen Prüfauftrag
hat die vom Bundesministerium der Finanzen eingesetzte
Kommission zu erfüllen, nicht mehr, aber auch nicht we-
niger. Sie setzt sich aus Praktikern der Finanzverwaltun-
gen aller Länder zusammen. Daneben sind auch Bau-
sachverständige und Vertreter des Bundesministeriums
für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen an der Kommis-
sion beteiligt. Die Mitglieder der Kommission kennen
sich also in der zu untersuchenden Materie aus, was nicht
jeder, der sich an der jetzigen Debatte beteiligt, von sich
behaupten kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Jetzt werden Sie persönlich, wenn Sie sich nicht selbst gemeint haben! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die Arroganz lässt grüßen!)


Die Kommission ist dabei, den Abschlussbericht zu
verfassen. Er liegt noch nicht vor. Sie wird ihn, wenn er
fertig gestellt ist, dem auftraggebenden Bundesministe-
rium der Finanzen übergeben, wahrscheinlich am Ende
dieses Monats oder im nächsten Monat.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Nach den Wahlen!)


Wir reden insofern noch immer über ungelegte Eier. Erst
nach Vorlage des Berichts können wir die vorgeschla-
genen Lösungsansätze prüfen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Keine Pläne, aber prüfen!)





Dr. Barbara Höll

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(C)



(D)



(A)



(B)


Wir werden dann – selbstverständlich in Abstimmung mit
den Ländern, denen das Steueraufkommen zusteht – ent-
scheiden, ob und gegebenenfalls welche Initiativen er-
griffen werden sollen, um als richtig erachtete Lösungs-
ansätze umzusetzen. Dabei wird ebenso zu prüfen sein, ob
die bisherige Bewertung den Geboten des Verfassungs-
rechts entspricht. Sollte dies nicht der Fall sein, dann wer-
den wir das ändern müssen und eine verfassungskon-
forme Ausgestaltung der Erbschaftsteuer anstreben. Ein
verfassungswidriges Steuerrecht darf es nicht geben!
Dazu müssten auch Sie sich eigentlich bekennen!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Joachim Poß [SPD]: Wir können nicht immer auf das Verfassungsgericht warten, wie die das gemacht haben!)


Sie müssen im Übrigen berücksichtigen – Herr
Kollege Seiffert, bitte hören Sie gut zu –, dass schon in
§ 138 Abs. 4 des geltenden Bewertungsgesetzes vorgese-
hen ist, die Bewertung des Grundbesitzes zum 1. Januar
2002 einer Überprüfung zu unterziehen. Das Bewer-
tungsgesetz mit dieser Vorschrift hat der Deutsche Bun-
destag – man höre und staune – am 12. Dezember 1996
nach einem langwierigen Vermittlungsverfahren be-
schlossen, übrigens mit den Stimmen der CDU/CSU und
der F.D.P. bei Stimmenthaltung der SPD und gegen die
Stimmen des Bündnisses 90/Die Grünen. Auch der Bun-
desrat hat dem Gesetz am 19. Dezember 1996 mehrheit-
lich zugestimmt.

Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass wir, wenn wir
nur die Gesetze einhalten, die Sie mit Ihrer Mehrheit in
diesem Hause beschlossen haben, die Bewertung des
Grundbesitzes sowieso überprüfen müssen. Diese Über-
prüfung ist ergebnisoffen. Aber sie muss jedenfalls ver-
fassungsrechtlichen Gesichtspunkten genügen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wie halten Sie das im Zusammenhang mit Ihrem Parteitagsbeschluss?)


Ihnen, Herr Kollege Thiele, möchte ich bezüglich der
Verunsicherung, die Sie beim Mittelstand auslösen – es
gibt ja im Moment viele Zuhörerinnen und Zuhörer, also
eine gewisse Öffentlichkeit –, noch sagen: Beim Vererben
von Betriebsvermögen ist grundsätzlich ein Freibetrag
von 500 000 DM vorgesehen. Des Weiteren gilt grund-
sätzlich ein Bewertungsabschlag von 40 Prozent. Es wer-
den also zuerst 500 000 DM und von dem dann noch übrig
gebliebenen Rest 40 Prozent abgezogen. Erst dann wird
das Erbe der Besteuerung unterworfen, natürlich nach den
jeweiligen Steuerklassen. Egal, wer erbt: Es wird immer
die günstigste Steuerklasse herangezogen. Der Verwandt-
schaftsgrad wird nicht berücksichtigt.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Beim Betriebsnachfolger!)


– Beim Betriebsnachfolger, das stimmt. Wenn es um den
Erhalt von Unternehmen geht, dann geht es doch wohl um
die Betriebsnachfolge. In diesem Zusammenhang muss
auch Folgendes berücksichtigt werden, was ich an einem
Beispiel deutlich machen möchte: Ein Betriebsinhaber
hat zwei Kinder. Im Erbschaftsfall muss der- oder dieje-
nige, der oder die den Betrieb nicht fortführt und einen
Ausgleich in Geld erhält, im Durchschnitt zehnmal so viel
Erbschaftsteuer zahlen wie der Bruder oder die Schwes-
ter, der oder die den Betrieb fortführt. Natürlich muss der

Ausgleich in Geld von demjenigen, der auch Erbe ist und
der den Betrieb fortführt, erst einmal erbracht werden.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sie können sich das schenken! Ich kann damit nichts anfangen!)


– Ich mache Sie darauf aufmerksam. Natürlich gibt es sol-
che Fälle. Wieso können Sie damit nichts anfangen?
Wenn ein Betrieb, der einen Wert von 10 Millionen DM
hat, vererbt wird, dann muss derjenige, der einen Aus-
gleich in Geld erhält, mindestens zehnmal so viel Erb-
schaftsteuer zahlen wie sein naher Blutsverwandter –
Bruder oder Schwester –, der den Betrieb fortführt. Wenn
dann tatsächlich noch Erbschaftsteuer anfällt, dann wird
sie zehn Jahre lang zinsfrei gestundet.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Großbritannien macht das!)


Wenn ein Unternehmer, der einen Betrieb erbt, ihn also
steuerfrei erwirbt, nach zehnjähriger zinsfreier Stundung
nicht in der Lage ist, die Erbschaftsteuer zu zahlen, dann
ist er offenbar ein erfolgloser Unternehmer und sollte sei-
nen Betrieb schließen.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das Wort an die Praxis! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Das ist ja unglaublich! – Unerhört! – Sie sollte selber Unternehmerin werden!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410117600
Als
nächster Redner hat der Kollege Jochen-Konrad Fromme
das Wort.


Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1410117700
Herr Kol-
lege Lennartz, wie gut das Steuergesetz, das Sie heute
Morgen verabschiedet haben, bei den Betroffenen an-
kommt, können Sie in der Zeitschrift „Das Handwerk“ le-
sen: „Nur eine kosmetische Korrektur“, die „keine echte
Entlastung des Handwerks“ bedeute.


(Klaus Lennartz [SPD]: Ach du meine Güte! Und was ist mit den vielen anderen Verbänden, Herr Kollege?)


Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Das gilt ganz besonders
für die Diskussion über die Erbschaftsteuer.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


Ihre Beteuerungen, da passiere nichts, sind so viel wert
wie die Aussagen Ihres Kanzlers vom 17. Februar 1999 –
ich darf zitieren –:

Ich stehe dafür, dass die Renten steigen wie die
Nettoeinkommen.

Schauen Sie sich die Tatsachen an: Etwas völlig anderes
ist geschehen.

Eine weitere Aussage des Kanzlers hat denselben Wert:
Wenn die Arbeitnehmer und die Betriebe von Abga-
ben entlastet werden, dann lasse ich mit mir über eine
Erhöhung der Mineralölsteuer um 6 Pfennig reden.
Aber das ist dann auch das Ende der Fahnenstange.




Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
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(C)



(D)



(A)



(B)


Wenn Sie sagen, es gebe keinen aktuellen Anlass zur
Diskussion: Warum hat dann Frau Simonis in ihrer Re-
gierungserklärung heute Morgen exakt dieses Thema an-
gesprochen? Sie sagte, die Erbschaftsteuer müsse anders
gestaltet werden, um ein Stück soziale Gerechtigkeit zu
schaffen. Was heißt denn das? Ein Stück soziale Gerech-
tigkeit zu schaffen heißt doch, dass Sie die Erb-
schaftsteuer erhöhen wollen, und zwar nicht für jeder-
mann, sondern für Einzelne. Das hat auch Ihr Fraktions-
vorsitzender Herr Struck im November gesagt und Sie
haben es auf dem Parteitag beschlossen.

Es ist natürlich peinlich, dass entsprechende Aussagen
14 Tage vor einer wichtigen Landtagswahl das Licht der
Öffentlichkeit erblicken. Aber wenn man etwas auf die
Reise schickt, dann kommt die Wahrheit Gott sei Dank ir-
gendwann – nun ist es so weit – auf den Tisch.

Ihre Partei ist die Partei der Steuererhöhungen – entge-
gen all Ihren Beteuerungen.


(Lachen bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


Ich erinnere an die 630-Mark-Regelung, die Ökosteuer
und die Diskussion über die Grundsteuer. Außerdem dis-
kutieren Sie über die Mehrwertsteuer und Sie spekulieren
über die Vermögensteuer.

Lassen wir doch einmal die Fakten sprechen. Im Jahr
1999 sind das Bruttosozialprodukt um 2,3 Prozent und die
Steuereinnahmen um 6,5 Prozent gestiegen. Die Fakten
sprechen doch ganz klar dafür, dass Sie die Steuern erhöht
haben – nichts anderes ist wahr. Nehme ich das Kinder-
geld, das die Steuereinnahmen vermindert, aus der Be-
rechnung heraus, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass
die Steuereinnahmen nicht nur um 6,5 Prozent, sondern
um 8,7 Prozent stiegen. Das heißt, die Steuereinnahmen
sind fast viermal so schnell wie das Bruttosozialprodukt
gestiegen.Wenn Sie behaupten, dass Sie die Steuern nicht
erhöhen wollen, dann sage ich: Die Fakten sprechen ge-
gen Sie; nichts anderes ist wahr.


(Ludwig Eich [SPD]: Was ist dagegen einzuwenden?)


– Dagegen ist gar nichts einzuwenden, wenn die Steuer-
mehreinnahmen auf Wirtschaftswachstum und nicht auf
Steuererhöhungen beruhen. Wenn die Steuereinnahmen
aber wesentlich schneller als das Bruttosozialprodukt
steigen, dann sind darin Steuererhöhungen versteckt. So
ist Ihre Politik.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Da hat er völlig Recht!)


Wie immer stimmen bei Ihnen Überschriften und In-
halte überhaupt nicht überein. Bei Ihrer viel gerühmten
Steuersenkung haben Sie den Unternehmen versprochen:
Wer nicht von der Körperschaftsteuer entlastet wird, der
darf zukünftig seine Gewerbesteuer mit der Einkommen-
steuer verrechnen. Das haben die Menschen für bare
Münze genommen. Am Montag haben wir im Finanz-
ausschuss gehört, dass nur die gewerblichen Einkünfte
bevorzugt behandelt werden sollen. Damit schließen Sie
weitere Unternehmen von dieser Vergünstigung aus.

Sie machen ein Steuerentlastungsgesetz und belasten
die Wirtschaft. Das hat Herr Eichel selbst am 28. April in
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ eingeräumt.
Eichel gestand ein, dass das Steuerentlastungsgesetz für

große Teile der Wirtschaft ein Steuerbelastungsgesetz ge-
wesen ist. Jetzt wollen Sie den Menschen wieder weis-
machen, es gebe keine Erbschaftsteuererhöhung. Gleich-
zeitig beraten Sie darüber, Sie setzen Kommissionen ein
und Sie wollen eine Erbschaftsteuererhöhung durchset-
zen.

Der größte Sündenfall der Steuererhöhung war die
Ökosteuer. Sie haben damit jedem in die Tasche gegriffen.

Sie wissen überhaupt nicht, was Sie steuerpolitisch ei-
gentlich wollen, oder Sie täuschen die Menschen. Denn
warum mussten wir in dieser Woche ständig Ergänzungen
Ihrer Vorlage hinnehmen? Sie haben monatelang darüber
gebrütet, und über jeder zweiten Vorlage stand „Konkre-
tisierung des Gewollten“.

Meine Damen und Herren, haben Sie denn vor Mona-
ten, als Sie das beraten haben, nicht gewusst, was Sie wol-
len? Ich glaube, es ist so. Wenn ich mir den § 2 b anschaue,
der nicht zu Unrecht als „Fallenstellerparagraph“ be-
schrieben wird, so ist ein Jahr nach seinem In-Kraft-Tre-
ten immer noch nicht klar, wie seine Auslegung ist. Sei-
tenlange BMF-Schreiben zur Interpretation schaffen
überhaupt keine Klarheit. Das ist Ihre Steuerpolitik!

Meine Damen und Herren, nachdem Sie die Richtung
verloren hatten, verdoppelten Sie Ihre Anstrengungen.
Gleichzeitig mit dem Gesetz verfassen Sie Entschließun-
gen, um den Gesetzestext zu interpretieren, weil Sie nicht
in der Lage sind, vernünftige Gesetzestexte zu formulie-
ren.

Meine Damen und Herren, die Überschrift vom Deut-
schen Siedlerbund – das ist ja nicht irgendeine Organisa-
tion, sondern eine Organisation der kleinen Leute – „Ein-
familienhaus vor dem Fiskus retten“ sollte Ihnen zu den-
ken geben, und deswegen sollten Sie endlich zu einer
vernünftigen Steuerpolitik kommen.


(Klaus Lennartz [SPD]: Das ist Ihre Polemik! Ihre Unredlichkeit einer falschen Darstellung!)


Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410117800
Als nächste
Rednerin hat jetzt die Kollegin Franziska Eichstädt-
Bohlig von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das
Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

legen! Ich kann mich den Vorrednern und Vorrednerinnen
von der Koalition nur anschließen: Es ist offenbar Ihr letz-
ter Versuch, im Wahlkampf nicht Sachargumente zu an-
stehenden Themen zu erörtern,


(Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

sondern erst Punkte, die völlig ungelegte Eier sind, in die
Welt zu setzen und dann dazu Aktuelle Stunden zu bean-
tragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn Sie meinen, dass wir unsere Zeit so verbringen sol-
len, dann machen wir das; ich fände es besser, dieses sehr
ernste und einer detaillierten Erörterung würdige Thema




Jochen-Konrad Fromme

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würde nicht in lauter kleinen Fünfminutenbeiträgen, son-
dern intensiv in der parlamentarischen Arbeit behandelt.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Dann sagen Sie doch, was Sie vorhaben!)


– Das haben ja einigeKolleginnen undKollegen schon ge-
sagt. Frau Staatssekretärin Hendricks hat es auch gesagt.
Zunächst gilt das – und ich kann es nur wiederholen –,


(Zuruf von der CDU/CSU: Zunächst!)

was schon von unserer Seite gesagt worden ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)

– Ich will ja noch ein paar Sätze mehr sagen, wenn Sie ge-
statten, Herr Kollege.

Die Erbschaftsteuer – Herr Eichel hat es häufig genug
gesagt, Frau Hendricks hat es eben noch einmal gesagt –
ist eine Steuer, die im Interesse der Länder liegt und von
ihnen vereinnahmt wird, und wenn, dann geht von denen
die Initiative aus und nicht von uns. Lassen Sie also bitte
diese zwei Ebenen so, wie sie sind, und nehmen Sie end-
lich das zur Kenntnis, was Frau Staatssekretärin
Hendricks eben noch einmal deutlich gesagt hat. Wir ha-
ben das auch gesagt, und ich sage es Ihnen ein weiteres
Mal.

Das Zweite aber, und da fängt es an, inhaltlich interes-
sant zu werden: Ich bin etwas irritiert über das, was Sie in
die Zeitungen lanciert haben. Vielleicht kennt sich Ihr
Kronzeuge, der Berliner Finanzsenator, nicht so recht aus
mit dem Bewertungsgesetz, das Sie 1996 für das Jahres-
steuergesetz 1997 auf den Weg gebracht haben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die rot-grünen Länder waren daran beteiligt!)


Damals haben Sie nämlich die 80-Prozent-Formel, die Sie
jetzt dieser Regierung in die Schuhe schieben wollen, ge-
setzlich geregelt. Ich habe wirklich das Gefühl, dass Sie
das Bewertungsgesetz selbst gar nicht so genau kennen.

Ich lese zuerst das, was offenbar auf Initiative von
Herrn Kurth im „Handelsblatt“ gestanden hat. Danach
sollen künftig – also durch Rot-Grün – Immobilien bei der
Veranlagung zur Erbschaftsteuer mit 80 Prozent statt bis-
her mit rund 53 Prozent des Verkehrswertes angesetzt
werden. Ich habe mir aber noch einmal – ich hatte das
schon damals getan – das Bewertungsgesetz vorgenom-
men und kann nur sagen, dass in ihm deutlich steht, dass
der nach dem Ertragswertverfahren ermittelte Wert nicht
niedriger sein darf als der Wert, den das Grundstück hätte,
wenn es unbebaut wäre. Danach wird das Grundstück ge-
nau mit der Formel „20 Prozent unter dem Bodenricht-
wert“ definiert, und der Bodenrichtwert steht als Maßstab
für den Verkehrswert.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wieder etwas anderes!)


Für unbebaute Grundstücke haben Sie per se 80 Pro-
zent des Bodenrichtwertes festgelegt. Von daher weiß ich
überhaupt nicht, was für eine Debatte Sie führen. Stellen
Sie sich vor die nordrhein-westfälischen Wähler und sa-
gen Sie ihnen, dass Sie die 80-Prozent-Formel eingeführt
haben,


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Für unbebaute Grundstücke!)


von der Sie behaupten, die jetzige Regierung wolle sie
einführen.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das ist ja unredlich!)


Also, seien Sie an dieser Stelle endlich einmal redlich mit
den Sachargumenten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Nun will ich Ihnen das Thema nennen, das zu disku-
tieren ich wichtig finde und dem wir uns auch stellen soll-
ten. Unser Problem ist – Frau Hendricks hat es eben schon
angesprochen –, dass wir die Bewertungsregelungen im
Planungsrecht über die Verkehrswertermittlung und über
die Bodenrichtwerte in einer anderen Form definieren, als
wir sie im Bewertungsgesetz einerseits für die Grund-
steuer mit der Einheitsbewertung und andererseits in der
vereinfachten Form des Ertragswertverfahrens haben, wie
Sie es für die Erbschaft- und die Schenkungsteuer festge-
legt haben.

Richtig ist, dass Bedarf besteht, diese unterschiedli-
chen Regelungen zusammenzuführen, um zu einer ange-
messenen Form der Grundstücksbewertung zu kommen.
Ich halte es für vernünftig, wenn sich dieses Haus dieser
Aufgabe stellt, aber das muss ohne Aufregung und ohne
großes Klabastern geschehen.


(Joachim Poß [SPD]: So ist es! Ganz sachlich!)


Da wird es an der einen Stelle vielleicht einmal eine etwas
höhere und an der anderen Stelle vielleicht eine etwas
niedrigere Bewertung geben. Aus meiner Sicht ist die
wichtigste und vordringlichste Aufgabe, dass wir an das
Planungsrecht und die Bodenwertermittlung herangehen
und die Bodenrichtwerte differenzierter erfassen. Diese
sind viel zu pauschal angesetzt. Das gilt für das von Ihnen
vorgelegte Bewertungsgesetz, das gilt aber auch dann,
wenn wir später einmal über eine Neudefinition der
Grundlagen der Grundsteuer diskutieren. Hier besteht
Handlungsbedarf; den sollten wir ruhig und anständig
aufarbeiten.


(Joachim Poß [SPD]: Anständig ist zu viel verlangt!)


Sich aufzuregen und zu behaupten, wir würden einen
Satz von 80 Prozent einführen, nachdem Sie ihn längst
eingeführt haben, ist verfehlt. Ich bitte Sie, endlich einmal
mit Ihren eigenen Gesetzesprodukten korrekt umzugehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Differenzieren Sie doch! Das ist doch unfair und sachlich falsch! – Gegenruf von der SPD: Wer den Schwachsinn verbreitet, sollte nicht von Fairness reden!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410117900
Als
nächster Redner hat der Kollege Hans Michelbach von
der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Zuruf von der SPD: Jetzt kommt der Höhepunkt!)





Franziska Eichstädt-Bohlig
9466


(C)



(D)



(A)



(B)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1410118000
Sehr geehrter Herr
Präsident! Der heutige Abschluss der Finanzausschussbe-
ratungen stellt, wie ich meine, keinen Freudentag für die
mittelständische Wirtschaft dar. Diskriminierungen,
Mehrbelastungen und Komplizierungen finden statt.
Hinzu kommen jetzt weitere Verunsicherungen durch
neue Steuererhöhungsplanungen. Meine Damen und Her-
ren, der Steuerdschungel der rot-grünen Koalition wird
immer dichter.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Eichels Steuerpolitik hat das neue PC-Virus „I love you“.
Von ihr geht zwar der Reiz von Steuerentlastungen aus,
aber letztendlich handelt man sich damit Steuermehrbe-
lastungen ein. Es ist doch Realität, dass die Abgabenquote
unter der rot-grünen Koalition um 0,8 Punkte auf den Re-
kordsatz von 43,7 Prozent gestiegen ist.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das ist die Wahrheit!)


Die jetzt wieder auf 49 Prozent gestiegene Staatsquote
schränkt zusätzlich privatwirtschaftliches Handeln erheb-
lich ein.

Nach den bisherigen massiven Steuererhöhungen für
die Bürger und Betriebe durch das so genannte Steuerent-
lastungsgesetz und die Ökosteuer sollte eigentlich selbst
dieser auf Umverteilung setzenden Regierung einmal der
Gedanke kommen, dass das Ende der Fahnenstange in der
Steuerpolitik und der Steuerbelastung erreicht ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Doch auf diese Erkenntnis, meine Damen und Herren,
werden die durch Steuern und Abgaben geschröpften
Bürger und Unternehmer sicher noch lange warten dür-
fen. Stattdessen werden munter weitere Steuererhöhun-
gen geplant. Ich wiederhole eigentlich nur, was von Ihnen
selbst öffentlich diskutiert wurde und nachzulesen ist.


(Zurufe von der SPD: Wo denn? – Nur in CDUZentralorganen! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sagen Sie einmal, waren Sie im Kino, Herr Michelbach?)


Da wird eine Mehrwertsteuer für die Rente vorge-
schlagen, da wird die Verschlechterung der Abschrei-
bungstabellen der Betriebe zur Erhöhung der Einkom-
men- und Körperschaftsteuer vorgeschlagen, da ist eine
Grundsteuererhöhung vorgesehen, die mit Blick auf eine
eventuelle zusätzliche Vermögensteuer Dauerbewer-
tungsmaßstäbe anlegt. Da werden die mittelständischen
Unternehmen im Rahmen der Unternehmensteuerreform
durch die unzureichende Senkung des Einkommensteuer-
spitzensatzes per saldo durch den Rückgang der Einkom-
mensgrenze mehr belastet. Wissen Sie eigentlich, dass die
Steuerzahler bis zum Jahr 2005 mit 150 Milliarden DM
mehr belastet werden und durch die mutlose rot-grüne
Steuerreform nur 44 Milliarden DM zurückerhalten?
Diese Situation haben wir jetzt.


(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Jetzt soll nun auch noch die Erbschaftsteuer durch die
Veränderung der Bemessungsgrundlage für Immobilien
erhöht werden. Von einer Erhöhung der Freibeträge spre-
chen Sie nicht. Sie wollen weiter Kasse machen. Sie
testen wieder – wie schon einmal – die Belastungsfähig-

keit der Wirtschaft, wobei gerade die mittelständischen
Unternehmen, die immerhin etwa 85 Prozent aller Unter-
nehmen in Deutschland ausmachen und damit das Rück-
grat der deutschen Wirtschaft darstellen, durch diese
Maßnahmen wieder stark belastet werden. 380 000 mit-
telständische Betriebe werden in den nächsten Jahren zur
Übertragung anstehen. Über 57 Prozent von ihnen gelten
als besonders mit Risiken behaftet. 4,8 Millionen Arbeits-
plätze können nur dann gesichert werden, wenn dem Ge-
nerationenwechsel in den nächsten Jahren ein Erfolg be-
schieden ist. Die Erbschaftsteuer als wirtschaftlich schäd-
liche Substanzsteuer darf zur Erhaltung der Arbeitsplätze
in den mittelständischen Betrieben nicht unbekümmert
erhöht werden, sondern muss eher gesenkt werden.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Gleich-
behandlung von Geld- und Immobilienvermögen bei der
Erbschaftsteuer wurde 1996 durch einen gut austarierten
Kompromiss umgesetzt. Zusätzlich wurde die belastende
Vermögensteuer abgeschafft. Diese Tatsache darf man bei
dieser Diskussion nicht unterschlagen.

Jetzt wollen Sie ab 80 Prozent des Verkehrswertes eine
neue Belastungsspirale antreiben. Sie leugnen heute die
Planung, sagen aber, dass Sie das prüfen wollen. Das ist
unglaubwürdig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. CarlLudwig Thiele [F.D.P.])


Darf ich Sie mit Ihren eigenen Parteitagsbeschlüssen kon-
frontieren? Die von Ihnen geplante Erhöhung der Erb-
schaftsteuer ist doch eine Verbeugung vor den Linken in
der SPD und gegen jede Vernunft. Sie haben deutlich ge-
macht, dass Sie das wollen. Sie sollten dieses Thema da-
her hier nicht verniedlichen. Wir werden Ihrer Verniedli-
chungstaktik nicht auf den Leim gehen.


(Zuruf von der SPD: Sie müssen das mal lesen, was wir geschrieben haben, Herr Michelbach!)


Es ist unredlich, die alten Gesetzesentscheidungen von
1996 heranzuziehen. Ich kann Ihnen deutlich sagen, dass
wir damals die unbebauten Grundstücke mit einem Min-
destwert versehen haben. Sie dürfen das aber nicht mit
dem von uns eingeführten Ertragswert verwechseln.

Wir haben die Besteuerung nach der Leistungsfähig-
keit auch im Bereich der Erbschaftsteuer durch die Er-
tragswertbesteuerung eingeführt. Das war ein wesentli-
cher Schritt. Sie wollen aber die alten Steuern revitalisie-
ren und damit die Betriebe stärker belasten, was ihre
Zukunft gefährdet. Damit werden Sie weder Wachstum
noch mehr Beschäftigung erzielen. Sie wollen die Wirt-
schaft immer wieder stärker belasten. Das ist der falsche
Weg.

Ich sage Ihnen deutlich: Lassen Sie die Finger von wei-
teren Steuererhöhungen! Was Sie jetzt vorhaben, ist nicht
der richtige Weg. Zusätzliche Steuererhöhungen werden
weiteren Schaden in unserer Volkswirtschaft anrichten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410118100
Als
nächste Rednerin hat die Kollegin Ingrid Arndt-Brauer
von der SPD-Fraktion das Wort.






(C)



(D)



(A)



(B)



Ingrid Arndt-Brauer (SPD):
Rede ID: ID1410118200
Sehr geehrter Herr Prä-
sident! Meine Damen und Herren! Es hat mich ein
bisschen verwundert, dass heute eine Aktuelle Stunde
über dieses Thema, von der CDU beantragt, stattfindet,
obwohl noch kein Kommissionsbericht vorliegt. Es
scheint Sie aber nicht zu stören. Ich möchte Ihnen nicht
unterstellen, dass dies ein paar Tage vor der Landtagswahl
im Zusammenhang mit dem Wahlkampf in NRW steht.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Anständig von Ihnen!)


– Ich denke immer nur das Beste. Ich hoffe, das tun auch
Sie.

Ich möchte aber doch einer gewissen Verunsicherung
entgegenwirken. Herr Seiffert hat gesagt und Herr
Fromme hat angedeutet, wir würden ständig Steuern er-
höhen.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Die Fakten sind doch so! Die Zahlen sprechen für sich!)


Ich denke, man muss ein bisschen gegen diesen Eindruck
angehen.

Die kleinen Leute und die Mittelständler, die Sie mehr-
fach angesprochen haben, haben in den vergangenen an-
derthalb bis zwei Jahren sehr von unseren neuen Ideen
und von unseren Maßnahmen profitiert.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Von der Ökosteuer profitiert? Das merkt man!)


– Lassen Sie mich bitte ausreden.

(Beifall bei der SPD)


Wie Sie wissen, haben wir am 1. Januar 1999 das Kinder-
geld erhöht. Gerade die kleinen Leute profitieren davon.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Linke Tasche, rechte Tasche!)


Wir haben den steuerlichen Grundfreibetrag erhöht.

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das war das Verfassungsgericht!)

Ich zähle jetzt die weiteren Punkte auf, die ich nicht

näher erläutern muss: Wir haben die Renten gesichert. Wir
haben die volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wie-
der in Kraft gesetzt. Wir haben das Krankenhausnotopfer
wegfallen lassen. Wir haben die Zuzahlungen zu Medika-
menten reduziert. Wir haben bei den Jugendlichen die
Kostenübernahme beim Zahnersatz wieder gesichert. Wir
haben den Kündigungsschutz auch in Kleinbetrieben wie-
der eingeführt. Wir haben das Lohndumping erschwert.
Wir haben ein Zwei-Milliarden-Programm gegen die Ju-
gendarbeitslosigkeit erfolgreich aufgelegt. Wir haben das
Bündnis für Arbeit wieder in Gang gebracht. Wir haben
dank der Ökosteuer, die wir auch anders nennen könnten,
die Lohnnebenkosten gesenkt.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Und noch kräftig dabei einkassiert!)


Wir haben das Steuerentlastungsgesetz durch den Bun-
destag und den Bundesrat gebracht.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Ein Belastungsgesetz ist das!)


Wir haben die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse
sozialversicherungspflichtig gemacht, was wir als Fort-
schritt betrachten.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Und die Leute in die Schwarzarbeit getrieben! Das stimmt!)


Wir haben das BAföG angepasst. Wir haben die Ge-
spräche zum Energiekonsens wieder aufgenommen. Wir
haben erneuerbare Energien gefördert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Des Weiteren haben wir das Schlechtwettergeld für
Bauarbeiter wieder eingeführt. Wir haben das Staatsan-
gehörigkeitsrecht novelliert. Wir haben eine Trendwende
bei der Konsolidierung des Bundeshaushalts eingeleitet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben das Familienförderungsgesetz in Gang ge-
bracht. Wir haben das Wohngeld reformiert. Wir haben
die Eigenheimförderung zuverlässig – ich denke, auch
sicher – in die nächsten Jahre geleitet, sodass der Eigen-
heimbau nicht wegbrechen wird, da bin ich ganz zu-
versichtlich. Wir haben die Übungsleiterpauschale er-
höht. Wir haben das Gesetz zur Beschleunigung fälliger
Zahlungen vor allem für den Mittelstand, der Herrn
Michelbach so am Herzen liegt, in Gang gesetzt.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: In welcher Welt leben Sie eigentlich?)


Alle diese Vorhaben zeigen, dass wir keine Steuerer-
höhungen vorgenommen haben, sondern dass wir gerade
den Menschen, die Ihnen und uns so am Herzen liegen,
das Leben erleichtert haben. Wir werden auch in Zukunft
dafür sorgen, mit all den Dingen, die wir noch vorhaben,
dass es gerade den Beziehern kleinerer und mittlerer Ein-
kommen besser gehen wird.


(Zuruf von der CDU/CSU: Warum sind die Menschen denn so zufrieden mit Ihnen?)


– Zu Ihrer Zwischenfrage: Die Menschen sind in der Tat
sehr zufrieden mit uns. Die Schaffung eines modernen
Unternehmensteuerrechts hat es gezeigt. Sie werden mor-
gen in den Zeitungen die Reaktionen darüber lesen. Ich
denke, die werden positiv sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Die Menschen in den Kapitalgesellschaften sind sicher zufrieden!)


Wir werden die Renten im Laufe des Jahres dauerhaft si-
chern. Wir werden das Bündnis für Arbeit fortsetzen. Wir
werden eine vernünftige Familienpolitik weiterführen.
Auch Qualifikation und Ausbildung werden weiter be-
trieben und wir werden natürlich den Energiekonsens
weiter betreiben. Des Weiteren – ich muss das alles auf-
zählen, es sind so viele Punkte –: Die Entwicklung des so-
zialen Mietrechts, die Reform des Betriebsverfassungsge-
setzes, die Reform der Bundeswehr und natürlich der Auf-
bau Ost werden ebenfalls weiter betrieben.

Ich denke, das alles zeigt, dass wir hier zum Wohle un-
serer Mitmenschen arbeiten und dass wir die Mitmen-
schen nicht verunsichern. Im Gegenteil, sie können ganz
vertrauensvoll mit uns in die Zukunft schauen.

Vielen Dank.






(C)



(D)



(A)



(B)



(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Bravo! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Die würde ich zur Regierungssprecherin machen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410118300
Das Wort
hat jetzt der Kollege Hansjürgen Doss von der
CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Hansjürgen Doss (CDU):
Rede ID: ID1410118400
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich meine,
über diese Themen zu reden hat sicher auch einen gewis-
sen Unterhaltungswert. Aber es hat auch einen sehr erns-
ten Hintergrund,


(Joachim Poß [SPD]: Einen ehrlichen Hintergrund vor allem!)


weil nämlich das, was wir hier beschließen, die Rahmen-
bedingungen sind für Menschen, die in eigener Verant-
wortung als Unternehmer tätig sind.
Wenn man die Mehrheit in einem Parlament wie dem un-
seren hat, ist es auch eine Frage nach dem guten Stil, ob
man die Opposition zu Wort kommen lässt oder ob man
sich lärmend und lachend über das, was aus tiefer Sorge
vorgetragen wird, erhebt.


(Joachim Poß [SPD]: Das hängt immer vom Anlass ab!)


So eine Art von Arroganz, wie man sie hier erkennen
kann, halte ich nicht für besonders weiterführend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zurufe von der SPD)


– Sie sollten einmal zuhören! Vielleicht kriegen Sie dann
die eine oder andere Anregung. Ich halte das für keinen
guten Stil.


(Zuruf von der SPD: Das ist eine Frage der Qualität!)


Wir, die Opposition, sind gut beraten, dass wir auf Sie auf-
passen, Ihre Überlegungen frühzeitig zur Kenntnis neh-
men,


(Joachim Poß [SPD]: Wir haben doch gar keine!)


und uns dagegen wenden, wenn Gefahr im Verzug ist.
Nach dem, was hier vorgetragen worden ist, ist der Ver-
dacht zwingend – Frau Hendricks, Sie konnten ihn nicht
zerstreuen –, dass auf Länderebene zur Zeit überlegt wird,
an der Erbschaftsteuerschraube zu drehen. Zwar ist das
eine Steuer, die den Ländern zugute kommt, aber klar ist:
Wir sind der Bundesgesetzgeber und Entscheidungen die-
ser Art werden bei uns getroffen. Also gehört das Thema
hier in den Deutschen Bundestag, und zwar frühzeitig ge-
nug, damit wir Schaden vermeiden können. Das ist unsere
Aufgabe, dafür sind wir gewählt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wenn ich mir Ihre Politik anschaue – Sie sind ja so

stolz auf das, was Sie alles in den letzten eineinhalb Jah-
ren, so sage ich einmal, angerichtet haben –, dann wird
erkennbar: Wie ein roter Faden durchzieht Skepsis ge-
genüber dem freien, selbst verantwortlichen Unternehmer
all Ihr Handeln.


(Lachen bei der SPD)

Alles, was Sie getan haben, richtet sich am Ende gegen
den Mittelständler. Mein Freund Hans Michelbach ist im
Übrigen einer von denen, die in ihrem Privatberuf das
verantworten, was wir hier beschließen. Das heißt, er re-
det nicht wie der Blinde von der Farbe, wie das eine ganze
Reihe von Leuten aus Ihren Reihen tut.

Was haben Sie in der Zwischenzeit denn alles ge-
macht? Sie haben den mittelständischen Betrieben die
flexiblen Arbeitskräfte in den 630-Mark-Beschäfti-
gungsverhältnissen genommen, das Gesetz zur Bekämp-
fung der Scheinselbstständigkeit hatte große Auswirkun-
gen auf das Selbstständigmachen in unserer Gesellschaft,
und die so genannte Ökosteuer – das ist wohl das Schlam-
pigste, was Sie sich geleistet haben –


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

steht bereits heute vor dem Bundesverfassungsgericht zur
Verhandlung an.

Durch die Erhöhung der durchschnittlichen Bewertung
von Immobilienvermögen und die Veränderung der Be-
rechnungsgrundlagen kommt es zu einer verdeckten, aber
massiven Steuererhöhung. Sie sollten sich keine Illusio-
nen machen: Wir werden aufpassen und uns dagegen
wenden, wenn Sie mit solchen Überlegungen kommen,
weil wir nicht wollen, dass die fleißigen Menschen von
Ihnen wieder einmal abkassiert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dabei geht es uns nicht um eine Schonung der Erben-

generation, sondern es geht uns darum, die Tausende von
mittelständischen Betrieben, deren Vererbung jetzt an-
steht, mit ihren Arbeitsplätzen zu erhalten. Das ist unser
Ziel. Diesen volkswirtschaftlichen Wert wollen und müs-
sen wir erhalten.


(Joachim Poß [SPD]: Wir haben auch kein anderes Ziel!)


Das darf nicht manipulatives Material für ideologische
Spielchen sein, die sich wie ein roter Faden durch Ihre Po-
litik ziehen.

Wir werden die unterschiedliche Behandlung von Un-
ternehmen und Unternehmern auch in der Steuergesetz-
gebung wieder zu diskutieren haben. Was Sie hier vorha-
ben – es liegt auf dem Tisch –, ist eine Veränderung unse-
rer Unternehmenskultur mit weitreichenden Folgen. Das
ist überhaupt nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Die Vererbung von über 700 000 Betrieben steht an.
Die Betriebe sind unterkapitalisiert; das sollten Sie we-
nigstens wissen. Mit 10 Prozent Eigenkapital im Durch-
schnitt kann ich keine großen Sprünge machen.


(Zuruf der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks)


– Frau Hendricks, übernehmen Sie einmal die Verantwor-
tung für einen solchen Betrieb. Sie würden geläutert ent-
lassen wieder in Ihr Amt zurückkehren – oder vielleicht
auch nicht, das kommt auf den Wähler an.

Auf jeden Fall sage ich Ihnen: Es ist dort keine Sub-
stanz mehr vorhanden, die beliehen oder besteuert werden
könnte. Die Betriebe sind mit ihrer Eigenkapitalausstat-
tung wirklich an einem kritischen Punkt angelangt.




Ingrid Arndt-Brauer

9469


(C)



(D)



(A)



(B)



(Joachim Poß [SPD]: Das ist ja kein Wunder bei der Mittelstandspolitik, die Sie betrieben haben!)


Sich darüber so zu äußern, wie Sie das getan haben, ist et-
was unsensibel. Sie müssen wissen, dass bei den Kon-
junkturschwankungen, die wir erleben, eine ganze Reihe
von Betrieben hart um ihre Existenz kämpfen muss. An-
ders als bei Holzmann gibt es dort meistens ein Inhaber-
ehepaar, das alles das verantworten muss, was auf es zu-
kommt. Das hat eine moralisch ganz andere Dimension.

Deswegen lehnen wir jegliche Form der Erhöhung von
Erbschaftsteuern nachdrücklich ab. Wir werden aufpas-
sen, Sie stellen und Ihr Vorhaben verhindern, wo immer
wir das können.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410118500
Nächster
Redner ist der Kollege Dieter Grasedieck von der SPD-
Fraktion.


Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1410118600
Sehr geehrter Herr Präsi-
dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann
wirklich überrascht sein, wenn man hört, was die Op-
position hier vorträgt. Herr Seiffert spricht von Steuerbe-
lastung, Herr Michelbach von Steuererhöhung, Herr
Thiele spricht davon, das sauer erarbeitete Geld der Bür-
ger solle noch zusätzlich besteuert werden. In den letzten
sieben Jahren Ihrer Regierung haben Sie die Steuern um
100 Milliarden DM erhöht.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das macht ihr in einem Jahr!)


Wir werden die Steuern innerhalb von sieben Jahren, also
genau in demselben Zeitraum, um 76 Milliarden DM re-
duzieren. Wie Sie mit dem sauer erarbeiteten Geld der
Bürger umgehen, haben Sie bewiesen.


(Beifall bei der SPD)

Aber eines ist ja klar: Sachkenntnis ist das Letzte, was

die CDU/CSU in dieser Aktuellen Stunde will. Die
CDU/CSU will sich durch Tatsachen nicht verwirren
lassen. Tatsache ist: Es gibt keine Pläne zu den Erb-
schaftsteuern. Das sagte vorhin zum wiederholten Male
unsere Steuerstaatssekretärin.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie wollen aber prüfen!)


Es gibt nur ein Ziel unserer Regierung: Wir wollen Steu-
ern reduzieren.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: In sechs Wochen zitieren wir das, was Sie heute sagen!)


Sie wissen das natürlich; das ist gar keine Frage. Aber sie
wollen diese Phantomdiskussion. Sie streuen Wahl-
kampfgerüchte. Durch Ihre Erbschaftsteuerdebatte wol-
len Sie die Menschen verunsichern. Sie schüren Ängste –
nicht mehr.

Es ist schwierig, entsprechende Themen zu finden,
meine Damen und Herren von der Opposition. Es ist
schwierig, der Koalition Fehler nachzuweisen.


(Lachen des Abg. Heinz Seiffert [CDU/CSU])

Es ist äußerst schwierig, Schwachstellen nachzuweisen.

Was hat diese Bundesregierung – vieles ist bereits von
meinen Kolleginnen und Kollegen genannt worden –
nicht alles verbessert!


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ich würde es wiederholen!)


Eine Familie mit zwei Kindern – Herr Michelbach, das
wissen Sie genauso gut wie wir – wird effektiv rund
4 000 DM netto weniger Steuern zahlen müssen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wann? Wenn er vorher 6 000 DM dazugezahlt hat!)


Für eine Familie ohne Kinder werden wir – Herr
Michelbach, auch das wissen Sie – den Steuerfreibetrag
wesentlich erhöhen, und zwar um 7 000 DM. Wir gehen
von 33 000 DM auf 40 000 DM. Ein verheirateter Unter-
nehmer, der 100 000 DM verdient, zahlt pro Jahr knapp
3 000 DM weniger Steuern.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie müssen die Abschreibungsverschlechterung dagegenrechnen!)


Das entspricht 19 Prozent. In den Genuss dieser Steuer-
senkung kommen insgesamt 78 Prozent der Unternehmer.

Unsere Politik entlastet den Kleinverdiener und den
Mittelstand.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: So, dass er es nicht merkt!)


Neue Arbeitsplätze werden geschaffen, und zwar – das sa-
gen die fünf Weisen – 600 000, nämlich 300 000 in die-
sem und noch einmal 300 000 im nächsten Jahr. Das ist
natürlich eine wesentliche Verbesserung.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ihr macht Steuergeschenke bei Veräußerungsgewinnen von großen Kapitalgesellschaften!)


Über diese erfolgreiche Politik sollten Sie sich eigentlich
freuen. Stattdessen sind Sie maßlos über Ihre eigene Par-
tei enttäuscht. Es gibt keine Alternativen zu unserer Poli-
tik.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Enttäuschungen sollten normalerweise kreative Kräfte

freisetzen. Das ist bei Ihnen offensichtlich nicht der Fall.
So werfen Sie uns zum Beispiel vor, dass wir eine Beam-
tenkommission eingerichtet haben, die alternative Be-
wertungsverfahren im Rahmen der Erhebung der Grund-
steuer erarbeitet.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Mit politischen Vorgaben!)


Sie haben im Jahre 1996 bei der Verabschiedung des ent-
sprechenden Gesetzes eine Befristung bis zum 31. De-
zember 2001 vorgesehen. Wir müssen handeln. Wir haben
keine Alternative. Welch eine Heuchelei!


(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Es gibt keine Befristung!)


– Eine Befristung ist mit eingebaut worden.




Hansjürgen Doss
9470


(C)



(D)



(A)



(B)


Die Beamtenkommission wird also in diesem Jahr al-
ternative Lösungen hinsichtlich der Bewertung vorlegen.
Dann werden wir darüber ausführlich diskutieren.

Sie ärgern sich, weil unsere Steuerpolitik von den Ver-
bänden, von den Kirchen, vom DGB, von der Gesellschaft
und der Industrie mit getragen und gelobt wird.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das haben wir in der Anhörung gesehen!)


– Das haben auch Sie festgestellt. Deshalb waren Sie so
enttäuscht. – Die Bürgerinnen und Bürger merken natür-
lich ganz deutlich, dass sie schon jetzt weniger Steuern
zahlen.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das merkt nicht einmal die PDS!)


Diese erfolgreiche Politik werden wir auch im Rahmen
der Diskussion über die Erbschaftsteuer fortsetzen. Die
Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen halten
an ihrer erfolgreichen Politik fest. Daran wird Ihre
Phantomdiskussion im nordrhein-westfälischen Land-
tagswahlkampf nichts ändern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410118700
Als
nächster Redner hat der Kollege Leo Dautzenberg von der
CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Klaus Lennartz [SPD]: Einer von euch sollte auf der Grundlage der Wahrheit bleiben!)



Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1410118800
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Wenn man den Kollegen
Grasedieck so hört, dann hat man den Eindruck, als ob wir
in paradiesischen Zuständen lebten, in denen es keine Pro-
bleme mehr gibt und die Regierung alle Dinge gut auf den
Weg gebracht hat.


(Widerspruch bei der SPD)

Ein weiterer Punkt: Herr Lennartz, Sie haben wieder-

holt Nordrhein-Westfalen angesprochen. Es wäre gut ge-
wesen, wenn Sie sich mehr der Sache gewidmet und sich
weniger mit Herrn Clement und Herrn Rüttgers auseinan-
der gesetzt hätten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


Zur Sache ist zunächst einmal festzustellen, dass
scheinbar auch bei den Grünen, Frau Scheel und Frau
Eichstädt-Bohlig, keine Einigkeit darüber besteht, was
getan werden soll.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist los?)


Sie, Frau Scheel, haben ausgeführt, Sie würden nichts än-
dern. Frau Eichstädt-Bohlig hat – wenn auch sachlich
falsch – ausgeführt, man arbeite bei diesen und jenen
Punkten an einer Neubewertung, was – neben der Ände-
rung der Erbschaftsteuer – auch noch zu einer Erhöhung
der Grundsteuer führen werde.


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist Planungsrecht! Das sollten Sie wissen!)


Wenn Sie hier ausführen, dass die vorherige Bundesre-
gierung im Bewertungsgesetz bereits 80 Prozent des zu
Bewertenden festgelegt habe, ist das sachlich schlicht
falsch, Frau Eichstädt-Bohlig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Planungsrecht! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Planungsrecht, nicht Erbschaftsteuer!)


Das bezieht sich ausschließlich auf den Grund und Boden
und nicht auf bebaute Grundstücke; da muss der Gesamt-
wert betrachtet werden. Die Vorgabe von 80 Prozent be-
zieht sich ausschließlich auf Bodenrichtwerte und nicht
auf das Gesamtprojekt, das jetzt Diskussionspunkt ist und
wozu die Kommission von Bund und Ländern Vorschläge
erarbeitet hat.

Nun zum Stichtag der Veröffentlichung dieser Vor-
schläge: Dies ist hier heruntergekocht worden, als hätte
das nichts mit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen
zu tun. Die Ergebnisse der Kommission sollen am
15. Mai, also am Montag, veröffentlicht werden.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Zufällig!)

Gott sei Dank sind Eckpunkte dieser Überlegungen vor 14
Tagen öffentlich geworden.


(Klaus Lennartz [SPD]: Die Länder sind doch zuständig!)


So wissen die Bürger wenigstens, was Sie im Grunde wol-
len, nämlich eine Erhöhung der Erbschaftsteuer.

Wenn hier darauf abgestellt wird, dass die Vorgänger-
regierung dies schon 1996/97 vollzogen hat, Herr
Lennartz, so muss deutlich gemacht werden, dass der
Grund dafür – das hat Herr Michelbach schon betont – in
der Abschaffung der Vermögensteuer zu sehen war. Alle
hatten sich damals dafür ausgesprochen, die betriebliche
Vermögensteuer abzuschaffen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: So ist es! – Dr. Barbara Höll [PDS]: Nein!)


– Mit Ausnahme von Ihnen.

(Dr. Barbara Höll [PDS]: Genau!)


Dann ist gesagt worden, der Aufwand, die private Vermö-
gensteuer mit einem Aufkommen von 3,2 bis 4 Milliar-
den DM zu erheben, sei viel zu hoch. Der Ausgleich sollte
durch eine Neubewertung der Grundlage für die Erb-
schaft- und Schenkungsteuer geschaffen werden. Genau
das ist gemacht worden.

Sie haben damals nur deshalb nicht zugestimmt, weil
Ihnen das noch nicht weit genug ging.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Genau so ist es! Das ist die Wahrheit!)


Und daher ist das heute wieder Thema bei Ihnen.

(Joachim Poß [SPD]: Wir hatten ein anderes Bewertungsverfahren!)





Dieter Grasedieck

9471


(C)



(D)



(A)



(B)


Heute müssen Sie das einlösen, was auf dem Parteitag der
SPD im Dezember letzten Jahres beschlossen worden ist.

Auch Herr Clement muss klipp und klar sagen, ob er
als stellvertretender Bundesparteivorsitzender zu dem
steht, was hier erarbeitet worden ist. Die vorauseilenden
Botschaften sind schon da. Es ist vorhin schon zitiert wor-
den, was Frau Simonis heute in ihrer Regierungserklärung
gesagt hat – ich darf zitieren –: Zur teilweisen Gegenfi-
nanzierung für die Landeskassen halte ich außerdem eine
Reform des Erbschaftsteuerrechts für unverzichtbar. Da-
mit wird auch ein weiteres Stück sozialer Gerechtigkeit
geliefert. – Meine Damen und Herren, die Vorarbeiten für
diesen Weg sind in der Tat von der Kommission geleistet
worden. Das wird nachher so umgesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Klaus Lennartz [SPD]: Sie haben doch im Bundesrat die Mehrheit!)


Herr Poß, es ist schon phänomenal, feststellen zu kön-
nen, dass Sie sich in der steuerpolitischen Diskussion, zu-
mindest durch Ihre Anwesenheit, zurückgemeldet haben.
Als letzter Prätorianer Lafontaines haben Sie noch vor et-
was mehr als anderthalb Jahren, was die Unternehmen-
steuerreform anbelangt, etwas anderes vertreten,


(Joachim Poß [SPD]: Was denn?)

nämlich dass es keinen Raum für eine steuerliche Ent-
wicklung gebe.


(Joachim Poß [SPD]: Steuersatzsenkung bei Verbreiterung der Bemessungsgrundlage!)


Wir haben noch in den letzten Tagen in Bonn die Aus-
einandersetzung darüber geführt, als Sie mit getürkten
Zahlen der OECD versucht haben, uns weiszumachen,
dass wir bezüglich der Belastung der Unternehmen im
internationalen Vergleich gar nicht so schlecht lägen.
Nachher hat sich herausgestellt, dass das falsch war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Reden wir über Steuersätze oder über Steuerbelastung?)


Innerhalb eines halben Jahres gab es dann einen Paradig-
menwechsel. Auf einmal will man, ausgehend von einer
anderen Unternehmenskultur, die Entlastung der Unter-
nehmen und nicht der Unternehmer.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Unternehmer übrigens auch!)


Es ist heute schon mehrmals gesagt worden, dass das ein
Abgehen von unserer Unternehmenskultur bedeutet. Aber
Sie werden entlarvt. Es geht nur von der rechten in die
linke Hosentasche: Auf der einen Seite geben Sie, auf der
anderen Seite wiederum nehmen Sie.


(Klaus Lennartz [SPD]: Das ist doch Quatsch! Das ist gar nicht wahr!)


Diesen Weg werden wir nicht mitgehen. Wir wollen
keine schleichende Erhöhung der Steuer; Ihre Vorstellun-
gen zur Erbschaftsteuer lehnen wir ab. Sie wollen im
Grunde nur die linke Ecke beruhigen. Damit gefährden
Sie die Gestaltung der Zukunft unseres Landes. Das wer-
den wir nicht mitmachen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410118900
Als letz-
ter Redner in dieser Aktuellen Stunde hat der Kollege
Wolfgang Grotthaus von der SPD-Fraktion das Wort.


Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1410119000
Herr Präsident! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dautzenberg, wir
wären auch enttäuscht und überrascht, wenn Sie mit-
machten. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Wenn Sie mit-
machten, würde vieles von dem, was wir wollen, ver-
fälscht. Das wollen wir nicht. Von daher sind wir froh,
dass Sie nicht mitmachen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit! – Heinz Seiffert [CDU/ CSU]: Gilt das auch für die Steuerreform?)


Gestatten Sie mir eine Anmerkung zu dem, was Herr
Thiele gesagt hat. Für mich ist es in diesem Haus immer
ein besonderes Erlebnis, wenn ich spätestens im zweiten
Satz höre: „um bei der Wahrheit zu bleiben“. Ich sage Ih-
nen: Seit ich in diesem Hause sitze, habe ich immer be-
wusst zugehört. Das tun auch die Menschen in diesem
Lande. Sie stellen dann fest, dass sie an vielen Stellen für
doof verkauft werden sollen, wenn man immer wieder die
„Wahrheit“ zitiert.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Von euch! Wie wahr! Siehe Schröder!)


Wenn Herr Thiele und Sie bei der Wahrheit geblieben
wären,


(Joachim Poß [SPD]: Die haben ihr Leben lang noch nie die Wahrheit gesagt!)


dann hätten Sie sagen müssen: Jawohl, sie – die neue Re-
gierung – haben zu Recht die Bund-Länder-Kommission
einberufen. Sie verwirklichen konsequent das Gesetz, das
wir 1996 beschlossen haben, nämlich dass eine Überprü-
fung der Grundstückswerte erfolgen soll. – Sie haben das
nicht gesagt. Sie hätten auch noch hinzufügen können,
dass wir das, was die alte Regierung politisch wollte, wei-
terführen. Sie haben das nicht gemacht. Stattdessen ver-
leugnen Sie das von Ihnen 1996 selbst beschlossene Ge-
setz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Was?)


Ich will es einmal so ausdrücken: Der Täter nutzt seine ei-
gene Gesetzgebung aus, um sich als Verteidiger angebli-
cher Opfer darzustellen. Nichts anderes ist es. Das lassen
wir Ihnen nicht durchgehen!


(Joachim Poß [SPD]: Der Brandstifter ruft die Feuerwehr! – Gegenruf von der CDU/CSU: Das müssen ausgerechnet Sie sagen!)


– Genauso sieht das aus.
Wir werden uns von Ihnen auch nicht in eine Ecke

drängen lassen, als würden wir denjenigen etwas weg-
nehmen wollen, die über Jahre oder Jahrzehnte Eigentum
geschaffen haben und dieses im Alter auch genießen wol-
len. Die Menschen in diesem Land spüren, dass seit dem
Regierungswechsel eine andere, eine sozialere Politik
Einzug gehalten hat.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das merken sie bei der Ökosteuer!)





Leo Dautzenberg
9472


(C)



(D)



(A)



(B)


– Ja, Herr Fromme, sie haben mitbekommen – auch Sie
müssten das in Ihrem Portemonnaie merken; denn manch-
mal stelle ich fest, dass Sie schwer zu tragen haben –, dass
wir eine Steuerpolitik mit mehr Gerechtigkeit beschlossen
haben und noch beschließen werden.


(Lachen bei der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Steuergeschenke für Banken und Versicherungen!)


Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie sollten
einmal bedenken, dass wir heute eine Steuerreduzierung
um 55 Milliarden DM für den Normalbürger


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Steuergeschenke für die Großen!)


und um 20 Milliarden DM für den Mittelstand beschlos-
sen haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Denken Sie an die Veräußerungsgewinne!)


– Herr Michelbach lassen Sie sich eines sagen: Im Ruhr-
gebiet heißt es: Wer schreit, hat kein Recht. Sie können ru-
hig weiter schreien; die Bürgerinnen und Bürger werden
feststellen, dass Lautstärke keine Argumente ersetzt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Steuergeschenke!)


Über eine Reduzierung des Eingangsteuersatzes von
25,9 auf 15 und des Spitzensteuersatzes von 53 auf
45 Prozent brauchen wir, glaube ich, nicht zu diskutieren.
Auch dies ist draußen angekommen; denn die Bürgerin-
nen und Bürger stellen fest: Es steht mehr Geld zur Ver-
fügung: Sie stellen ferner fest, dass unsere Steuerpolitik
zu mehr Arbeitsplätzen geführt hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen und Widerspruch bei der CDU/CSU)


Denn zum ersten Mal seit 1996 liegt dieses Jahr die Ar-
beitslosenziffer im April unter 4 Millionen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber ihr habt dafür nichts getan! Demographische Erfolge!)


Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,
stellen mit Frustration – deswegen auch Ihre Überreak-
tion – fest, dass die Wirtschaftsverbände die sozialdemo-
kratische und bündnisgrüne Politik loben; Sie stellen fest,
dass Ihre früheren Verbündeten jetzt auf einmal die SPD
und die Bündnisgrünen dafür loben, welch hervorragende
Steuerpolitik sie machen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Dem Lafontaine wird dies zu denken geben!)


Dass man dann knatschig ist, das ist klar; dafür haben wir
Verständnis.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie stellen mit großer Frustration fest, dass die sechs
Wirtschaftsweisen


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Weitere Steuersenkungen fordern!)


gesagt haben, dass die eingeleiteten Maßnahmen richtig
sind. Sie haben in ihrem hundertsten Gutachten betont,
dass die Maßnahmen zu mehr Wirtschaftswachstum
führen, der Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt und
die Inlandsnachfrage gesteigert wird. All dies haben Sie
während Ihrer Regierungszeit von den Wirtschaftsweisen
nicht attestiert bekommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Was? Haben Sie da noch nicht lesen können?)


Es ist ja ganz klar, dass Sie dann eine solche Reaktion zei-
gen.

Viele Menschen erkennen

(Zuruf von der CDU/CSU: Dass die Erbschaftsteuer erhöht wird!)

die veränderte Situation; nur Sie, die Opposition, stehen
abseits. Statt konstruktiver Oppositionspolitik betreiben
Sie destruktives Herummäkeln und Verunsicherung der
Bevölkerung.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wir haben eine bessere Alternative vorgelegt, heute Morgen zum Beispiel!)


Sie glauben, dass Ihnen das hilft; Sie hoffen, dass Sie
kurzfristig in Nordrhein-Westfalen davon profitieren kön-
nen. Der Sonntag wird zeigen, dass Sie sich täuschen. Al-
ternativen zu unserer Politik wären erwünscht. Sie haben
diese Alternativen nicht. Deswegen sage ich Ihnen: Sie
sind zu Recht in der Opposition und mit Ihrem politischen
Verhalten werden Sie, weiß Gott, noch lange in der Op-
positionsrolle bleiben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1410119100
Die Aktu-
elle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluss unse-
rer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages ein auf morgen, Donnerstag, den 11.Mai, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.