Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000
Wolfgang Grotthaus
9473
(C)
(D)
(A)
(B)
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 9475
(C)
(D)
(A)
(B)
Bahr, Ernst SPD 10.05.2000
Dr. Blank, CDU/CSU 10.05.2000
Joseph-Theodor
Bohl, Friedrich CDU/CSU 10.05.2000
Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 10.05.2000
Peter H.
Dr. Dückert, Thea BÜNDNIS 90/ 10.05.2000
DIE GRÜNEN
Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 10.05.2000
DIE GRÜNEN
Eppelmann, Rainer CDU/CSU 10.05.2000
Fischer (Berlin), BÜNDNIS 90/ 10.05.2000
Andrea DIE GRÜNEN
Flach, Ulrike F.D.P. 10.05.2000
Gebhardt, Fred PDS 10.05.2000
Gleicke, Iris SPD 10.05.2000
Dr. Hornhues, CDU/CSU 10.05.2000
Karl-Heinz
Imhof, Barbara SPD 10.05.2000
Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 10.05.2000
Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 10.05.2000*
Kutzmutz, Rolf PDS 10.05.2000
Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 10.05.2000**
Erich
Moosbauer, Christoph SPD 10.05.2000
Neuhäuser, Rosel PDS 10.05.2000
Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ 10.05.2000
DIE GRÜNEN
Ohl, Eckhard SPD 10.05.2000
Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 10.05.2000
Schily, Otto SPD 10.05.2000
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 10.05.2000
Hans Peter
Welt, Jochen SPD 10.05.2000
Wiese (Hannover), SPD 10.05.2000
Heino
Zierer, Benno CDU/CSU 10.05.2000*
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-lung des Europarates
** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Anlage 2
Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes über die politischen Par-
teien (100. Sitzung, Tagesordnungspunkt 22)
Harald Friese (SPD): Die PDS-Fraktion hat einen
Gesetzentwurf vorgelegt, der zum jetzigen Zeitpunkt
überflüssig wie ein Kropf ist. Wir werden die Frage be-
antworten müssen, welche gesetzlichen Konsequenzen
wir aus dem CDU-Parteispendenskandal zu ziehen haben.
Aber dies können wir heute noch nicht. Der vom Par-
lament eingesetzte Untersuchungsausschuss zur Auf-
klärung des CDU-Parteispendenskandals hat seine Arbeit
erst begonnen.
Es ist noch viel zu früh, sich ein abschließendes Urteil
über die offensichtlich verfassungswidrigen, rechtswidri-
gen und auch kriminellen Machenschaften der CDU bil-
den zu können. Seit fast einem halben Jahr erfahren wir
fast täglich Neues über den Spendenskandal. Jetzt hat der
Skandal auch die Ebene der Ortsverbände erreicht. Es
scheint sich hier um ein strukturelles Problem der CDU zu
handeln.
Entscheidungen über gesetzliche Konsequenzen ver-
langen aber ein Klima, das nicht von Aufgeregtheit, Hek-
tik und Empörung über aktuelle Enthüllungen geprägt ist.
Und sie verlangen emotionalen Abstand zum aktuellen
Tagesgeschehen. Und sie verlangen weiter Ergebnisse
und Erkenntnisse aus der Arbeit des Untersuchungsaus-
schusses. Dies gilt schon deshalb, weil wir als Gesetzge-
ber quasi in eigener Sache entscheiden. Dies verlangt ei-
nen besonders sorgfältigen Diskussions- und Entschei-
dungsprozess – ohne Hektik und Aufgeregtheit.
Die PDS-Fraktion spielt immer wieder das gleiche
Lied nach der gleichen Melodie. Sie reitet wie Lucky
Luke durch die Prärie als einzige Hüterin der parlamenta-
rischen Demokratie und kämpft gegen selbst aufgebaute
Pappkameraden: gegen die Monopolstellung der anderen
entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Parteien, deren Macht es zu begrenzen gilt. Und sie for-
dert eine rechtsstaatliche Parteienfinanzierung, die nicht
dem Machterwerb und der Machterhaltung dient. Dieses
Sammelsurium von Behauptungen endet mit der Feststel-
lung, das Parteiengesetz befinde sich in einer schweren
Krise. Nein, Sie haben einen schwer verdaulichen Eintopf
zusammengerührt.
Ich will hier Folgendes feststellen:
Erstens. Wir haben keine Krise der Demokratie. Un-
sere Demokratie funktioniert. Die Wähler ziehen in ihrem
Wahlverhalten Konsequenzen, die Medien leisten einen
wichtigen Beitrag zur Aufklärung des Skandals, und wir
klären mit unserem Untersuchungsausschuss auf.
Zweitens. Wir haben keine Krise des Staates. Alle Ver-
fassungs- und Staatsorgane sind handlungsfähig, und wir
haben eine erfolgreiche Bundesregierung mit Bundes-
kanzler Gerhard Schröder an der Spitze.
Drittens. Wir haben keine Krise der Parteiendemokra-
tie. Die Parteien wirken unverändert an der politischen
Willensbildung mit und erfüllen ihren Auftrag nach
Art. 21 des Grundgesetzes.
Wir haben aber eine ganz andere Krise. Wir haben eine
Krise der CDU. Immer deutlicher wird, welches Ver-
ständnis führende Persönlichkeiten der CDU von Verfas-
sung, Rechtsstaat und Chancengleichheit der Parteien im
politischen Wettbewerb haben. Seit Bestehen der Bundes-
republik sind Hunderte Millionen illegal in die Kassen der
CDU transferiert worden, um den politischen Gegner zu
bekämpfen und zu besiegen. Dahinter steht nicht das Ver-
ständnis von Demokratie als ein System, das Macht auf
Zeit verteilt, sondern das Verständnis, dass eine Regie-
rung ohne CDU ein Betriebsunfall der Geschichte ist.
Welches Verständnis von Verfassung und Rechtsstaat
muss Helmut Kohl haben, der noch am 24. November
1999 in diesem Hohen Hause empört feststellte: „Das
kann in der Art und Weise, wie hier verleumdet wird, nicht
stattfinden“ und der am 28. März 2000, nachdem Abhör-
protokolle der Stasi auftauchen, erklären ließ, jetzt sei der
„Tiefpunkt der Verleumdungskampagne“ erreicht.
Welches Verständnis von Verfassung und Rechtsstaat
muss Helmut Kohl haben, der sein persönliches Ehren-
wort über die Verfassung und seinen Eid mit der religiö-
sen Beteuerungsformel „So wahr mir Gott helfe“ stellt?
Steht seine persönliche Ehre höher als der Schwur auf
Gott?
Welches Verständnis von Verfassung und Rechtsstaat
hat die Hessische Landesregierung, die plötzlich die Ver-
fassungswidrigkeit des Wahlprüfungsgerichtes entdeckt,
weil Konsequenzen aus einem mit schwarzem Geld fi-
nanzierten Wahlkampf drohen.
Welches Verständnis von Verfassung und Rechtsstaat
muss die CDU haben, wenn sie plötzlich die Verfas-
sungswidrigkeit des von ihr mitbeschlossenen Parteien-
gesetzes entdeckt, weil Sanktionen drohen? Dies ist der
Höhepunkt der Heuchelei: Das Parteiengesetz sei verfas-
sungswidrig, das Parteiengesetz sei in sich widersprüch-
lich und unklar.
Nein, die CDU ist nicht Opfer, sondern Täter. Man kann
das Grundgesetz in seinem Art. 21 gar nicht falsch verste-
hen, wenn man es nicht will. Art. 21 bestimmt: „Sie – die
Parteien – müssen über die Herkunft und Verwendung ih-
rer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechen-
schaft geben.“
Das Parteiengesetz konkretisiert diese so leicht ver-
ständliche Verfassungsnorm. Wenn aber eine Partei Bera-
ter wie Herrn Weyrauch beschäftigt, der schon 1978 in ei-
nem Guthaben vermeintliche Lücken im Parteiengesetz
akribisch aufspürt, der mit Stolz davon berichtet, dass die
Einschleusung schwarzer Gelder mit Vermächtnissen im
Ausland lebender ehemaliger jüdischer Mitbürger ver-
schleiert werden kann, der will Verfassung und Gesetz
nicht einhalten. Ich sage es noch einmal: Die CDU ist
nicht Opfer, sondern Täter.
Ich weiß auch nicht, ob ihr Wille zur Aufklärung sehr
ausgeprägt ist. Wer wie ich im Untersuchungsausschuss
sitzt, macht so seine Erfahrungen. Entweder wird die Aus-
sage verweigert oder man kann sich nicht mehr erinnern.
Dieser kollektive Erinnerungsverlust führender ehemali-
ger CDU-Amtsinhaber ist vielleicht nicht überraschend,
aber erstaunlich. Jedenfalls ist das Erinnerungsvermögen
umgekehrt proportional zur Hierarchiestufe in der CDU.
Ich appelliere an die CDU: Leisten Sie Ihren Beitrag
zur Aufklärung des Skandals. Wenn Sie meinen, Sie könn-
ten es wie Aaron, der Bruder Moses, machen, haben Sie
sich getäuscht. Im 16. Kapitel des dritten Buches Mose
steht geschrieben: „Und Aaron soll einen Stier, sein Sünd-
opfer, darbringen, dass er für sich und sein Haus Sühne
schaffe, und danach zwei Böcke nehmen und vor den
Herrn stellen an der Tür der Stiftshütte und soll das Los
werfen über die zwei Böcke: ein Los dem Herrn und das
andere dem Asasel, und soll den Bock, auf welchen das
Los für den Herrn fällt, opfern zum Sündopfer. Aber den
Bock, auf welchen das Los für Asasel fällt, soll er leben-
dig vor den Herrn stellen, dass er über ihn Sühne vollziehe
und ihn zu Asasel in die Wüste schicke.“
Einen Bock haben Sie geopfert, das ist Herr
Dr. Schäuble, und einen Bock haben Sie in die Wüste ge-
schickt, das ist Herr Dr. Kohl. Aber so einfach werden Sie
nicht davonkommen, denn Sie haben mit krimineller
Energie und Phantasie gegen das Parteiengesetz ver-
stoßen. Sogar ihr ehemaliger Partei- und Fraktionsvorsit-
zender sprach in seinem Phoenix-Interview von einer
„ziemlich ordentlichen Intrige ... mit kriminellen Elemen-
ten.“
Dazu passt nahtlos ein Artikel der „Süddeutschen Zei-
tung“ vom 17. Februar 2000, aus dem ich Folgendes zi-
tieren möchte:
Wer im Strafgesetzbuch den Paragrafen 129 liest und
die einschlägige juristische Kommentierung dazu
studiert, der hat staatsanwaltliche Aha-Erlebnisse ...
„Wer eine kriminelle Vereinigung bildet, sich als
Mitglied an einer solchen beteiligt, für sie wirbt
oder sie unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
fünf Jahren bestraft.“ So steht es im Gesetz. Vo-
raussetzung für die Strafbarkeit ist, so schreibt der
Standard-Kommentar von Karl Lackner, „dass die
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 20009476
(C)
(D)
(A)
(B)
Vereinigung zurzeit der Tat nach dem Willen der
führenden Funktionäre, die Begehung einer Mehr-
heit von Straftaten anstrebt oder dass ihre Tätigkeit
in einer Mehrheit solcher Taten besteht. Die Bege-
hung braucht nicht alleiniger Zweck oder aus-
schließliche Tätigkeit zu sein; es genügt, dass sie
Mittel zur Erreichung anderer Zwecke ist.“ Das
heißt: Strafrechtlich einschlägig ist es auch, wenn die
Straftaten höheren Zwecken dienen – der Finanzie-
rung der politischen Arbeit und der Gewinnung poli-
tischer Macht zum Beispiel.
Nun haben Sie aber Glück, weil § 129 Abs. 2 StGB die
Anwendung der genannten Vorschrift ausschließt, „wenn
die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundes-
verfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt
hat.“
Die SPD-Fraktion wird die Ergebnisse des Untersu-
chungsausschusses zum Komplex illegale Parteienfinan-
zierung abwarten und sorgfältig auswerten. Die SPD-
Fraktion wird alle Vorschläge, wie zum Beispiel die der
Herzog-Kommission, der saarländischen Bundesrats-
initiative, der Parteienfinanzierungskommission und alle
öffentlich angestellten Überlegungen, sorgfältig prüfen
und diskutieren. Und wir sind bereit, das Parteiengesetz
zu novellieren, wo es notwendig erscheint. Wir streben
auch mit allen Fraktionen einen Konsens an, da Parteien-
recht den Rang von Verfassungsrecht hat. Ein Konsens in
dieser Frage ist für das Funktionieren in einer Demokra-
tie nicht zwingend, aber wichtig.
Die Novellierung hat sich an der Erkenntnis zu ori-
entieren, dass Demokratie Parteien braucht. In den Par-
teien verkörpert sich die Chance, Interessen zu bündeln,
Dialoge zu führen, Kompromisse zu finden und politi-
sche Verantwortung zu organisieren. In und mit den Par-
teien kann der Staatsbürger mitreden, mitmachen und
mitentscheiden. Dies macht Demokratie aus. Ein novel-
liertes Parteiengesetz muss deshalb zum Ziel haben,
Vertrauen in die Parteien zurückzugewinnen, um unsere
Demokratie zu stärken. Denn Demokratie braucht Par-
teien.
Anlage 3
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die
Fragen des Abgeordneten Hans Michelbach (CDU/CSU)
(Drucksache 14/3276, Fragen 1 und 2):
Wie viele zusätzliche Arbeitsstellen werden in den nächsten
Jahren voraussichtlich bei den Zollbehörden geschaffen werden
müssen, um den erhöhten Arbeitsaufwand durch die Ökosteuer
bewältigen zu können, und welche Kosten werden damit voraus-
sichtlich verbunden sein?
Wie gedenkt die Bundesregierung bei der geplanten Unter-
nehmensteuerreform für Unternehmen aller Rechtsformen eine
steuerliche Gleichbehandlung hinsichtlich der Kapitalanteilsver-
äußerungsgewinne zu erreichen, und wie beurteilt sie die Vor-
schläge der SPD in Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Er-
höhung des Freibetrages bei Betriebsveräußerungen und -aufga-
ben mittelständischer Unternehmen (§ 34 Einkommensteu-
ergesetz)?
Zu Frage 1:
Die ökologische Steuerreform könnte bei der Zollver-
waltung rein rechnerisch zu einem zusätzlichen Arbeits-
aufwand von insgesamt bis zu 600 Arbeitskräften führen.
Dies unterstellt jedoch eine statische Perspektive, die
ständige organisatorische Änderungen nicht berücksich-
tigt. Bisher sind die Aufgaben mit dem vorhandenen Per-
sonal erledigt worden. Die Zollverwaltung wird auch in
Zukunft alle Anstrengungen unternehmen, den durch die
ökologische Steuerreform bedingten Verwaltungsauf-
wand ohne Ausweitung des Stellenplans durch Rationali-
sierungsmaßnahmen zu bewältigen.
Zu Frage 2:
Nach dem Entwurf eines Steuersenkungsgesetzes wer-
den Gewinne, die eine Kapitalgesellschaft aus der Ver-
äußerung von Anteilen erzielt, steuerfrei gestellt, weil die
Veräußerung von Anteilen wirtschaftlich einer Totalaus-
schüttung gleich steht und Beteiligungserträge einer Ka-
pitalgesellschaft zur Vermeidung einer Mehrfachbesteue-
rung steuerfrei sind. Dem entspricht bei Personenunter-
nehmen im Halbeinkünfteverfahren die Besteuerung des
Veräußerungsgewinns zur Hälfte, da auch die Beteili-
gungserträge nur zur Hälfte erfasst werden. Mit der Op-
tion kann das Personenunternehmen, wie bei Kapitalge-
sellschaften, auch die Steuerfreiheit der Veräußerungsge-
winne erreichen. Gewinne aus der Veräußerung von
Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen
werden nach den allgemeinen einkommensteuerlichen
Regeln als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach
§ 16 EStG besteuert. Dabei wird eine Veräußerungsge-
winn nur zur Einkommensteuer herangezogen, soweit er
den Betrag von 60 000 DM übersteigt und der Steuer-
pflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder im sozialver-
sicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist
(§ 16 Abs. 4 EStG). Mit seinem Vorschlag, den Freibetrag
bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen von
60 000 DM auf 120 000 DM zu erhöhen, will der nord-
rhein-westfälische Ministerpräsident Clement die Unter-
nehmensnachfolge steuerlich erleichtern. Über eine Er-
höhung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG wird im
Rahmen der parlamentarischen Beratungen über das Steu-
ersenkungsgesetz zu entscheiden sein.
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Erwin Jordan auf die Fragen der
Abgeordneten Beatrix Philipp (CDU/CSU) (Drucksache
14/3276, Fragen 5 und 6):
Wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse einer Um-
frage der Universität Bremen unter Versicherten der Gmünder Er-
satzkasse (GEK), der zufolge 27,4 % der Versicherten angegeben
haben, dass ihnen im 4. Quartal 1999 Ärzte Leistungen vorent-
hielten – darunter verstärkt Arzneimittel, deren Verordnung ver-
weigert oder ins Jahr 2000 verschoben wurde, und zwar nicht nur
in Ausnahmefällen mit einer medizinischen Begründung, sondern
mehrheitlich mit Verweis auf das enge Arzneimittelbudget?
Hält die Bundesregierung die Auswirkungen der Arzneimittel-
budgetierung vor dem Hintergrund der vorgenannten Umfrage für
gesundheitspolitisch vertretbar, und falls ja, wie wird die Angabe
von 24 % der Befragten bewertet, denen Leistungen verweigert
wurden und die dadurch spürbare gesundheitliche Nachteile auf-
grund der vorenthaltenen Verordnung erleiden?
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 9477
(C)
(D)
(A)
(B)
Zu Frage 5:
Im Zusammenhang mit den Regelungen zu den Arznei-
und Heilmittelbudgets sind insbesondere folgende Ergeb-
nisse der im Auftrag der Gmünder Ersatzkasse (GEK) von
der Universität Bremen durchgeführten Befragung rele-
vant:
– 11 von Hundert der Versicherten gaben an, dass ih-
nen das bislang verordnete Arzneimittel vom Arzt
ohne Alternative verweigert worden sei. In zwei
Dritteln dieser Fälle hat der Arzt die Verweigerung
damit begründet, dass er „diese Leistungen wegen
der Budgetierung aus eigener Tasche bezahlen
müsse“.
– 10,7 von Hundert der Versicherten haben angege-
ben, dass der sie behandelnde Arzt die Weiterver-
ordnung des bisher verordneten Präparates abge-
lehnt und eine Alternative vorgesehen habe. In
rund zwei Dritteln dieser Fälle hat der Arzt hierfür
eine medizinisch-therapeutische Begründung ge-
geben.
Bei der Bewertung dieser Ergebnisse der Versicherten-
befragung weisen die Verfasser dieser Studie darauf hin,
dass es ihnen nicht darum gehe, jede aus welchen Grün-
den auch immer von Arzt oder Patient für sinnvoll gehal-
tene Leistung zu verteidigen. Die Wissenschaftler stellen
fest, es sei „eines der Hauptprobleme des Gesundheitssys-
tems“, dass „zu viele für die Gesundheitssicherung irrele-
vante, unsinnige oder gar gefährliche Leistungen erbracht
(werden), die es im Rahmen einer Orientierung an der
Wirtschaftlichkeit durch Ergebnisqualität einzugrenzen
gilt“. Für die Bewertung der Ergebnisse der Umfrage ist
demnach entscheidend, ob es sich bei den von den Ärzten
abgelehnten Arzneimittel-Verordnungen um medizinisch
notwendige Mittel handelt oder nicht. Versicherte der Ge-
setzlichen Krankenversicherung haben Anspruch auf Ver-
sorgung mit den medizinisch notwendigen Arznei- und
Heilmitteln, und der Vertragsarzt ist verpflichtet, alle not-
wendigen Maßnahmen, die zum Leistungsspektrum der
vertragsärztlichen Versorgung gehören, durchzuführen
oder zu verordnen. Zugleich hat der Arzt das für die Ver-
sorgung im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversiche-
rung geltende Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten, das
heißt die Verordnung muss ausreichend, zweckmäßig und
wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen
nicht überschreiten. Der Arzt muss also entscheiden, ob
eine Verordnung medizinisch notwendig ist, und er ist
verpflichtet, Verordnungswünsche von Patienten abzuleh-
nen, wenn es sich um Präparate handelt, deren Verord-
nung medizinisch nicht geboten ist. Von Experten wird es
deshalb als sehr positiv bewertet, dass der Umfang der
Verordnungen von so genannten umstrittenen Arzneimit-
teln, das heißt von Mitteln, deren Wirksamkeit nicht oder
nicht ausreichend belegt ist, in den vergangenen Jahren
stark zurückgegangen ist. Der Arzneimittelverordnungs-
report 1999 weist aus, dass in den letzten sieben Jahren
bei diesen umstrittenen Arzneimitteln insgesamt Ein-
sparungen von circa 4,2 Milliarden DM erzielt worden
sind. Es ist davon auszugehen, dass ohne die seit 1993
praktizierte Budgetierungspolitik für Arznei- und Heil-
mittel dieser wirtschaftliche, und was noch wichtiger ist,
gesundheitspolitische Erfolg nicht zu realisieren gewesen
wäre.
Da bei der Patientenbefragung nicht unterschieden
werden konnte, ob es sich bei den abgelehnten Verord-
nungen um medizinisch notwendige oder nicht notwen-
dige Arzneimittel gehandelt hat, ist eine pauschale Be-
wertung der Ergebnisse dieser Umfrage in dieser Hinsicht
nicht möglich. Sehr eindeutig muss allerdings die Bewer-
tung des Verhaltens der Ärzte hinsichtlich der von ihnen
gegebenen Begründungen für die Ablehnung der Verord-
nungen ausfallen:
Nicht nur führt die Behauptung eines Arztes, er müsse
„wegen der Budgetierung die Leistungen aus eigener Ta-
sche bezahlen“, zu massiven und unvertretbaren Patien-
tenängsten; sie ist auch in jedem Fall falsch und stellt ei-
nen Verstoß gegen seine vertragsärztlichen Pflichten dar.
Für den einzelnen Arzt gibt es nach geltendem Recht
keine Arznei- und Heilmittelbudgets. Die Arznei- und
Heilmittelbudgets beziehen sich auf die insgesamt von al-
len einer Kassenärztlichen Vereinigung angehörenden
Vertragsärzten veranlassten Ausgaben für Arznei-, Ver-
band- und Heilmittel.
Zu Frage 6:
Das Umfrageergebnis lässt keine gesundheitspoliti-
sche Bewertung der Auswirkungen der Arznei- und Heil-
mittelbudgets zu. Dies trifft im Grunde auch für die Ab-
lehnung von Arzneimittelverordnungen zu. Für eine
eindeutige Aussage wären Informationen darüber erfor-
derlich, ob die den Patienten vorenthaltenen Arzneimittel
medizinisch notwendig waren oder nicht. Eine Antwort
hierauf gibt die Patientenbefragung nicht. Beschwerden
von Versicherten, dass ihnen medizinisch notwendige
Arznei- oder Heilmittel nicht verordnet werden, sollten
von ihrer Krankenkasse zum Anlass genommen werden,
eine Überprüfung des Verhaltens des Arztes durch die
Kassenärztliche Vereinigung, der der Arzt in seiner Ei-
genschaft als Vertragsarzt der Gesetzlichen Krankenver-
sicherung angehört, zu veranlassen. Die Kassenärztlichen
Vereinigungen sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen,
dass die ihnen angehörenden Ärzte ihre vertragsärztlichen
Pflichten gegenüber den Versicherten der Gesetzlichen
Krankenversicherung erfüllen. Sie unterliegen als öffent-
lich-rechtliche Körperschaften der Aufsicht durch die zu-
ständige Aufsichtsbehörde im Lande, das ist in der Regel
das jeweilige Sozial- oder Gesundheitsministerium.
Anlage 5
Antwort
des Staatsministers Dr. Ludger Volmer auf die Frage des
Abgeordneten Benno Zierer (CDU/CSU) (Drucksache
14/3276, Frage 11):
Wie reagiert die Bundesregierung auf die vom Ständigen
Ausschuss der Versammlung der Westeuropäischen Union
(WEU) am 21. März 2000 in Lissabon verabschiedete Empfeh-
lung 664, wonach es dem Rat der WEU aufgegeben ist vorzu-
schlagen, dass die Europäische Union die Umwandlung der
WEU-Versammlung in eine Europäische Sicherheits- und Vertei-
digungsversammlung, die eine genaue parlamentarische Prüfung
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 20009478
(C)
(D)
(A)
(B)
der gemeinsamen Politik auf diesen Gebieten vornimmt, gutheißt,und welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung aufdie Empfehlung 664 folgen lassen?
Die Bundesregierung hat die Empfehlung 664 der
WEU-Versammlung, in der sie ihre Umwandlung in eine
Europäische Sicherheits- und Verteidigungsversammlung
in der EU vorschlägt, zur Kenntnis genommen. Die Posi-
tion der Bundesregierung stellt sich wie folgt dar: Die
Überführung der WEU-Versammlung in eine ESVVwird
nicht befürwortet. Die parlamentarische Kontrolle der
ESVP-Themen obliegt weiter den nationalen Parlamenten
(soweit die Beteiligungsrechte des EP nach Art 21 EUV
nicht berührt sind).Von EPunabhängige parlamentarische
Strukturen auf EU-Ebene für einen einzelnen Politikbe-
reich stehen unserer Position der Stärkung des EP ent-
gegen.
Anlage 6
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage
der Abgeordneten Gudrun Kopp (F.D.P.) (Drucksache
14/3276, Frage 14):
Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, umden von statistischen Ämtern in ihrer „neunten Bevölkerungsvor-ausberechnung“ zu erwartenden drastischen Einwohnerschwundim Osten Deutschlands entgegenzuwirken?
Es zeichnet sich ab, dass die Berechnungen der 9. ko-
ordinierten Bevölkerungsvorausberechnung der Statisti-
schen Ämter des Bundes und der Länder von einem Rück-
gang der ostdeutschen Bevölkerung um circa 1 Million
Menschen bis zum Jahr 2020 ausgehen, wobei es auch zu
einem Rückgang der westdeutschen Bevölkerung kom-
men wird. Die wichtigste Ursache für den Rückgang der
Bevölkerung ist das sehr niedrige Geburtenniveau. Die
Familienpolitik der Bundesregierung will dazu beitragen,
die Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von Kin-
dern so zu gestalten, dass zum einen Eltern entlastet und
unterstützt werden. Zum anderen werden für Kinder Be-
dingungen geschaffen, die sie in ihrer intellektuellen, so-
zialen und emotionalen Entwicklung fördern. Diese Fa-
milienpolitik versteht sich aber nicht als eine Bevölke-
rungspolitik. Zu den Maßnahmen für Kinder und
Familien, welche die Regierung auf den Weg gebracht
hat, gehören folgende:
Mit der Novellierung des Erziehungsgeldes und des
Erziehungsurlaubes, die zum 1. Januar 2001 in Kraft tre-
ten soll, wird für junge Eltern die gemeinsame Kinderbe-
treuung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
deutlich verbessert. Insbesondere die Ausgestaltung des
Erziehungsurlaubes wird zu einem höheren Engagement
von Vätern führen. Im Rahmen der Weiterentwicklung
des Familienlastenausgleichs sind die steuerlichen Frei-
beträge der Kinder und das Kindergeld angehoben und
damit die wirtschaftlichen Verhältnisse von Familien ge-
stärkt worden, derzeit wird ein weiterer Ausbau des Fa-
milienlastenausgleichs vorbereitet. Im Übrigen hat der
Aufbau Ost und damit die Verbesserung der wirtschaftli-
chen und sozialen Rahmenbedingungen in Ostdeutsch-
land für die Bundesregierung hohe Priorität. Zum Aus-
druck kommt dies beispielsweise durch die Bereitstellung
erheblicher Mittel für die aktive Arbeitsförderung, den
Auf- und Ausbau der Infrastruktur, die Investmentförde-
rung sowie die Wohnungs- und Städtebauförderung.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage
des Abgeordneten Wolfgang Zeitlmann (CDU/CSU)
(Drucksache 14/3276, Frage 15):
Mit welchen konkreten Initiativen und wann will die Bundes-
regierung die Verpflichtung aus der dieser Regierung zugrunde
liegenden Koalitionsvereinbarung umsetzen, wonach sie die „na-
tionale und internationale Bekämpfung der organisierten Krimi-
nalität intensiveren und verbessern“ will?
Die Koalitionsvereinbarung sieht vor, „die nationale
und internationale Bekämpfung der organisierten Krimi-
nalität zu intensivieren und zu verbessern; hierbei wird
der Einziehung und dem Verfall kriminell erworbenen
Vermögens besondere Bedeutung beigemessen“. Die Ver-
mögensabschöpfung als Eckpfeiler der Bekämpfung der
organisierten Kriminalität wurde durch die Einrichtung
spezieller Ermittlungsgruppen beim Bundeskriminalamt
und den Polizeien der Länder deutlich verbessert. Im Jahr
1999 wurden von den Finanzermittlern in Niedersachsen
fast 50 Millionen DM und in Baden-Württemberg fast
80 Millionen DM vorläufig sichergestellt. Es spricht viel
dafür, dass in den Vergangenheit im Bereich Einziehung
und Verfall Vollzugsdefizite bestanden. Vor dem Hinter-
grund dieser positiven Erfahrungen prüft die Bundesre-
gierung derzeit, ob weitere Verbesserungen auf der
Grundlage des interfraktionellen Gesetzentwurfs aus der
letzten Legislaturperiode oder durch Änderungen von
Verfahrensvorschriften zu erreichen sind. Zur Förderung
und Erhaltung der Aussagebereitschaft von Zeugen be-
fasst sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit der Über-
arbeitung eines Bundesrats-Gesetzentwurfes, der die
Rechtsgrundlage für wichtige Schutzmaßnahmen, wie die
Ausstattung mit Tarnpapieren und die Einrichtung von
Datenübermittlungssperren, verbessern soll. Ein wesent-
licher Fortschritt bei der Geldwäschebekämpfung ist von
dem Aufbau einer zentralen Geldwäscheverdachtsanzei-
gendatei beim Bundeskriminalamt zu erwarten. In Kürze
beabsichtigt das Bundesministerium des Inneren die Er-
richtungsanordnung für diese bundesweite Verbunddatei
Geldwäsche in Kraft zu setzen, um den Geldwäscheinfor-
mationsaustausch auf nationaler und internationaler
Ebene zu verbessern. Auf europäischer Ebene setzt sich
die Bundesregierung maßgeblich dafür ein, die EU-Geld-
wäscherichtlinie durch eine Erweiterung des Vortatenka-
talogs der Geldwäsche über die Drogendelikte hinaus und
die Einbeziehung neuer Berufsgruppen neben den Kredit-
und Finanzinstituten zu aktualisieren.
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU)
(Drucksache 14/3276, Frage 16):
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 9479
(C)
(D)
(A)
(B)
Warum ist die Bundesregierung auf dem Weg zu ihrem selbst-gestellten „Ziel einer Harmonisierung der Asyl-, Flüchtlings- undMigrationspolitik“ in Europa nicht weitergekommen, und wosieht die Bundesregierung im deutschen Recht die Haupthinder-nisse für eine solche europäische Harmonisierung, für deren Be-seitigung sie auf Beschlüsse europäischer Gremien nicht ange-wiesen wäre?
Die Harmonisierung der Asyl- und Migrationspolitik
ist kein kurzfristig erreichbares Ziel, sondern ein lang-
wieriger Prozess. Die Notwendigkeit einer solchen Har-
monisierung wurde bereits Anfang der Neunzigerjahre er-
kannt. Der am 1. Mai 1999 in Kraft getretene Amster-
damer Vertrag, der diese Politikbereiche in die Zuständig-
keit der Europäischen Gemeinschaft überführt hat, enthält
konkrete Arbeitsaufträge zur Harmonisierung der Asyl-
und Migrationspolitik sowie eine zeitliche Vorgabe von
fünf Jahren für deren Umsetzung. Auf dieser Grundlage
hat der Europäische Rat von Tampere im Oktober 1999
die Komponenten einer gemeinsamen europäischen Asyl-
und Migrationspolitik formuliert. Die Bundesregierung
hatte hierauf zusammen mit ihren französischen und bri-
tischen Partnern durch die Vorlage eines gemeinsamen
Diskussionspapiers Einfluss genommen. Sie wird sich
auch weiterhin aktiv für die zügige Umsetzung der Vor-
gaben des Amsterdamer Vertrages und des Europäischen
Rates von Tampere einsetzen.
Eine schnelle Einigung auf europaweit einheitliche
Rechtsvorschriften wird dabei nicht so sehr durch ein-
zelne nationale Normen, sondern vor allem durch die in
verschiedenen Rechtstraditionen wurzelnden unter-
schiedlichen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten und de-
ren unterschiedliche Erfahrungen mit den Fragen von
Asyl und Migration erschwert. Inwieweit nationale
Rechtsvorschriften geändert werden müssen, um europä-
ische Regelungen zu erlangen, kann nicht abstrakt, son-
dern nur im Laufe der Diskussion um konkrete Rechts-
setzungsvorschläge geklärt werden.
Anlage 9
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Frage des
Abgeordneten Matthäus Strebl (CDU/CSU) (Drucksa-
che 14/3276, Frage 17)
Wann und wie plant die Bundesregierung das Versprechen desdieser Regierung zugrunde liegenden Koalitionsvertrages zu er-füllen, sie werde „Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Be-schäftigungschancen des Dienstleistungssektors besser genutzt,dazu Haushaltsdienstleistungen und private Dienstleistungsagen-turen gefördert werden“?
Gemäß dem Auftrag aus der Koalitionsvereinbarung,
Dienstleistungen und Dienstleistungsagenturen für den
Bereich des privaten Haushalts zu fördern, hat das BMA
bereits im Sommer 1999 eine Arbeitsgruppe gemeinsam
mit den Koalitionsfraktionen eingerichtet. Diese hat ein-
zelne Modelle zur finanziellen Förderung von Dienstleis-
tungsagenturen als Lösungsmöglichkeit geprüft. In den
bisherigen Modellversuchen hat sich nämlich gezeigt,
dass Dienstleistungsagenturen wegen der Konkurrenzsi-
tuation zum schwarzen bzw. grauen Markt ohne die bis-
her erfolgte modellhafte staatliche Förderung auf Dauer
nicht existenzfähig sind. Dies hat auch eine am 11. Fe-
bruar 2000 im BMAdurchgeführte Besprechung mit Ver-
treterinnen und Vertretern von Dienstleistungsagenturen
bestätigt.
Sie fordern daher eine finanzielle Förderung von
Dienstleistungsagenturen aus öffentlichen Mitteln. Ein-
mal wird gefordert, Haushaltsdienstleistungen, die über
eine Dienstleistungsagentur bezogen werden, für den
Privathaushalt von der Steuerschuld abzugsfähig zu ma-
chen. Ziel der Dienstleistungsagenturen dabei ist es, den
Privathaushalten kostendeckende Preise in Rechnung zu
stellen. Bisher besteht eine gesetzliche Regelung über
die Abzugsfähigkeit von der Steuerbemessungsgrund-
lage, wenn der Privathaushalt die Haushaltshilfe selbst
unter Vertrag nimmt (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG). Als Al-
ternative wird gefordert, die einzelnen Dienstleistungs-
stunden einer Dienstleistungsagentur staatlich zu sub-
ventionieren.
Zurzeit befassen sich die Regierungsfraktionen damit,
welcher Lösungsweg zur Existenzfähigkeit von Dienst-
leistungsagenturen und einer besseren Ausschöpfung des
vermuteten Beschäftigungspotenzials im Privathaushalt
eingeschlagen werden kann. Neben den arbeitsmarktpoli-
tischen Überlegungen muss dabei den wirtschafts- und fi-
nanzpolitischen Rahmenbedingungen Rechnung getra-
gen werden. Die Beratungen sind noch nicht abgeschlos-
sen.
Anlage 10
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Fragen des
Abgeordneten Helmut Heiderich (CDU/CSU) (Drucksa-
che 14/3276, Fragen 18 und 19):
Wie verteilen sich nach neuer Rechtslage geringfügige Be-
schäftigungsverhältnisse (630-DM-Verträge) in absoluten Zahlen
auf wirtschaftliche Branchen?
In welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung die ge-
meldeten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse in die Ar-
beitsmarktstatistiken aufzunehmen und mit welchen erkennbaren
Veränderungen für diese statistischen Reihen ist zu rechnen?
Zu Frage 18:
Eine abgeschlossene Statistik einschließlich der Ver-
teilung der geringfügig Beschäftigten nach wirtschafts-
fachlicher Gliederung liegt derzeit noch nicht vor. Bisher
gab es nur erste Auswirkungen, die von den Landesar-
beitsämtern und Arbeitsämtern insbesondere hinsichtlich
der Strukturen noch auf Plausibilität geprüft werden müs-
sen.
Zu Frage 19:
Die statistische Darstellung der ausschließlich gering-
fügig Beschäftigten wird durch die Bundesanstalt für Ar-
beit in Anlehnung an das Schema der Beschäftigtensta-
tistik als eigenständiger Teil im Rahmen der laufenden
Arbeitsmarktstatistiken erfolgen. Umfang und Periodi-
zität der Berichterstattung werden nach Vorliegen der
ersten Ergebnisse festgelegt. Danach kann dann auch
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 20009480
(C)
(D)
(A)
(B)
über die Form der Übernahme dieser, nunmehr statistisch
gewonnenen Zahlen in die Volkswirtschaftlichen Gesamt-
rechnungen entschieden werden.
Anlage 11
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Fra-
gen der Abgeordneten Brunhilde Irber (SPD) (Drucksa-
che 14/3276, Fragen 29 und 30):
Welche Vorgehensweise schlägt die Bundesregierung vor, umden Erhalt und die Pflege der Altwässer an der niederbayerischenDonau zu sichern, nachdem diese aufgrund weitgehend ungeklär-ter Zuständigkeiten zunehmend verlanden und dadurch ihre öko-logische Funktion als Refugialgebiete, insbesondere für die Fisch-fauna, nur mehr unzureichend oder nicht mehr erfüllen können?
Sieht die Bundesregierung eine Zuständigkeit der Bundeswas-ser- und Schifffahrtsverwaltungen zum Erhalt von Altwässernzumindest für jene Bereiche, die eindeutig als Bestandteil derBundeswasserstraße zu sehen sind, und wie beurteilt sie in diesemZusammenhang die Rechtsgültigkeit der „Richtlinien zur Erhal-tung der Binnenschifferei an den Bundeswasserstraßen“ (1955),hier insbesondere Ziffer 5.2 der Richtlinien?
Zu Frage 29:
Auf Veranlassung der Wasser- und Schifffahrtsdirek-
tion Süd in Würzburg wird das Wasser- und Schifffahrts-
amt Regensburg die Verbindung zwischen dem Haupt-
wasser der niederbayerischen Donau und den Altwässern
freihalten, um einen Fischdurchzug zwischen Hauptwas-
ser und Altarm zu ermöglichen. Dies gilt allerdings nur in-
soweit, als der Bund als Ausbauunternehmer eine Verän-
derung des Flussbettes geschaffen hat. Die Verpflichtung
des Bundes besteht auch nur, soweit die Maßnahmen der
Freihaltung der Verbindung technisch möglich, wirt-
schaftlich vertretbar und unter naturschutzrechtlichen Ge-
sichtspunkten zulässig sind. Insoweit sind auch die zu-
ständigen Naturschutzbehörden zu beteiligen. Für eine
darüber hinausgehende Erhaltung und Pflege der Altwäs-
ser hat der Bund keine Zuständigkeit, da er nur verkehrs-
rechtliche Kompetenzen hat. Die Zuständigkeit liegt bei
den Ländern, hier bei dem Freistaat Bayern.
Zu Frage 30:
Der Bund hat keine wasserwegerechtliche Zuständig-
keit zur Erhaltung von Altwässern, auch wenn diese Be-
standteil der Bundeswasserstraße sind, es sei denn, eine
solche Verpflichtung ist ihm im Planfeststellungsbe-
schluss auferlegt worden oder die Erhaltung ist aus ver-
kehrlicher Sicht zum Beispiel für die Bewässerung des
Hauptwassers erforderlich. Nach Artikel 5 Abs. 2 des Fi-
schereigesetzes für Bayern besteht allerdings eine Ver-
pflichtung des Bundes als Ausbauunternehmer bei einer
Veränderung des Gewässerbettes möglichst für eine Ver-
bindung zwischen Altwasser und Hauptwasser zu sorgen,
um einen Durchzug der Fische zu gestatten. Auf dieser
Rechtsgrundlage wird auch das Wasser- und Schifffahrts-
amt Regensburg tätig werden. Die Richtlinie zur Erhal-
tung der Binnenfischerei an den Bundeswasserstraßen aus
dem Jahre 1955 ist noch weiterhin rechtsgültig, dies gilt
auch für die dortige Ziffer 5.2.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. Mai 2000 9481
(C)(A)
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