Protokoll:
11205

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 11

  • date_rangeSitzungsnummer: 205

  • date_rangeDatum: 30. März 1990

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:32 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/205 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 205. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. März 1990 Inhalt: Änderung einer Überweisung 16039 A Tagesordnungspunkt 20: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 11/6542 [neu], 11/6835, 11/6841) Kühbacher SPD 16039 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 16040 D Dr. Penner SPD 16042 B Lutz SPD 16042 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 16043 C Frau Unruh fraktionslos 16044 B Richter FDP 16044 D Such GRÜNE 16045 D Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 16046 C Kühbacher SPD 16048 C Namentliche Abstimmung 16049 B Tagesordnungspunkt 21: a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1990 (Nachtragshaushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/6400, 11/6775) b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1990 (ERP-Nachtragsplangesetz 1990) (Drucksachen 11/6592, 11/6780) Borchert CDU/CSU 16051A, 16055 D Frau Matthäus-Maier SPD 16051 B Uldall CDU/CSU 16052 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 16054 B Frau Vennegerts GRÜNE 16059 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 16062 C Carstens, Parl. Staatssekretär BMF . . . 16065 B Kühbacher SPD 16070A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 16071 D Wieczorek (Duisburg) SPD 16072 B Müller (Wadern) CDU/CSU 16073 C Gattermann FDP 16074 B Dr. Rose CDU/CSU 16075 A Frau Beer GRÜNE . . . . 16077 D Frau Seiler-Albring FDP 16079 B Weiss (München) GRÜNE 16081 A Beckmann, Parl. Staatssekretär BMWi . 16081 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 Namentliche Abstimmungen 16085 B Nächste Sitzung 16090 C Berichtigung 16090 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . .16091* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 21 der Tagesordnung (Nachtragshaushaltsgesetz 1990 und ERP-Nachtragsplangesetz 1990) 16091* D Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 16099* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 16039 205. Sitzung Bonn, den 30. März 1990 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 203. Sitzung, Seite 15840 C, 1. Absatz, letzte Zeile: Statt 1,3 % ist 3,1 % zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 30. 03. 90 Dr. Ahrens SPD 30. 03. 90 ** Andres SPD 30. 03. 90 Dr. Apel SPD 30. 03. 90 Dr. Biedenkopf CDU/CSU 30. 03. 90 Büchner (Speyer) SPD 30. 03. 90 * Dr. von Bülow SPD 30. 03. 90 Frau Bulmahn SPD 30. 03. 90 Buschbom CDU/CSU 30. 03. 90 Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 30. 03. 90 Frau Conrad SPD 30. 03. 90 Dr. Dollinger CDU/CSU 30. 03. 90 Duve SPD 30. 03. 90 Egert SPD 30. 03. 90 Dr. Ehmke (Bonn) SPD 30. 03. 90 Eich GRÜNE 30. 03. 90 Engelsberger CDU/CSU 30. 03. 90 Eylmann CDU/CSU 30. 03. 90 Fischer (Homburg) SPD 30. 03. 90 Frau Fuchs (Köln) SPD 30. 03. 90 Gansel SPD 30. 03. 90 Frau Garbe GRÜNE 30. 03. 90 Frau Geiger CDU/CSU 30. 03. 90 Dr. Geißler CDU/CSU 30. 03. 90 Genscher FDP 30. 03. 90 Glos CDU/CSU 30. 03. 90 Dr. Götz CDU/CSU 30. 03. 90 Graf SPD 30. 03. 90 Dr. Grünewald CDU/CSU 30. 03. 90 Dr. Haack SPD 30. 03. 90 Haack (Extertal) SPD 30. 03. 90 Frau Hasselfeldt CDU/CSU 30. 03. 90 Hauser (Esslingen) CDU/CSU 30. 03. 90 Hedrich CDU/CSU 30. 03. 90 Heimann SPD 30. 03. 90 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 30. 03. 90 Frau Hensel GRÜNE 30. 03. 90 Herkenrath CDU/CSU 30. 03. 90 Höffkes CDU/CSU 30. 03. 90 Dr. Holtz SPD 30. 03. 90 * Horn SPD 30. 03. 90 Dr. Hoyer FDP 30. 03. 90 Kastning SPD 30. 03. 90 Klein (München) CDU/CSU 30. 03. 90 Kleinert (Marburg) GRÜNE 30. 03. 90 Dr. Klejdzinski SPD 30. 03. 90 * Dr. Knabe GRÜNE 30. 03. 90 Dr. Kohl CDU/CSU 30. 03. 90 Kolbow SPD 30. 03. 90 Kuhlwein SPD 30. 03. 90 Lennartz SPD 30. 03. 90 Lenzer CDU/CSU 30. 03. 90 * Frau Limbach CDU/CSU 30. 03. 90 Linsmeier CDU/CSU 30. 03. 90 Lintner CDU/CSU 30. 03. 90 für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Lowack CDU/CSU 30. 03. 90 Lüder FDP 30. 03. 90 Frau Luuk SPD 30. 03. 90 * Dr. Mechtersheimer GRÜNE 30. 03. 90 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 30. 03. 90 Meyer SPD 30. 03. 90 Möllemann FDP 30. 03. 90 Müller (Wesseling) CDU/CSU 30. 03. 90 Frau Odendahl SPD 30. 03. 90 Opel SPD 30. 03. 90 Peter (Kassel) SPD 30. 03. 90 Petersen CDU/CSU 30. 03. 90 Pfeifer CDU/CSU 30. 03. 90 Poß SPD 30. 03. 90 Reuschenbach SPD 30. 03. 90 Richter FDP 30. 03. 90 Frau Roitzsch CDU/CSU 30. 03. 90 (Quickborn) Rossmanith CDU/CSU 30. 03. 90 Roth SPD 30. 03. 90 Schäfer (Mainz) FDP 30. 03. 90 Schanz SPD 30. 03. 90 Frau Schilling GRÜNE 30. 03. 90 Schmidt (München) SPD 30. 03. 90 ** Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 30. 03. 90 Schmidt (Salzgitter) SPD 30. 03. 90 Dr. Schmude SPD 30. 03. 90 Schröer (Mülheim) SPD 30. 03. 90 Schütz SPD 30. 03. 90 Seidenthal SPD 30. 03. 90 Spilker CDU/CSU 30. 03. 90 Dr. Stercken CDU/CSU 30. 03. 90 Stobbe SPD 30. 03. 90 Dr. Stoltenberg CDU/CSU 30. 03. 90 Stratmann GRÜNE 30. 03. 90 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 30. 03. 90 Dr. Unland CDU/CSU 30. 03. 90 * Dr. Vondran CDU/CSU 30. 03. 90 Vosen SPD 30. 03. 90 Dr. Waigel CDU/CSU 30. 03. 90 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 30. 03. 90 Weisskirchen (Wiesloch) SPD 30. 03. 90 Dr. Wieczorek SPD 30. 03. 90 Wiefelspütz SPD 30. 03. 90 Wischnewski SPD 30. 03. 90 Wissmann CDU/CSU 30. 03. 90 Wüppesahl fraktionslos 30. 03. 90 Würtz SPD 30. 03. 90 Zierer CDU/CSU 30. 03. 90 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 21 der Tagesordnung (Nachtragshaushaltsgesetz 1990 und ERP-Nachtragsplangesetz 1990) * ) Deres (CDU/CSU): Als wir heute vor vier Monaten an dieser Stelle den Haushalt 1990 abschließend dis- *) Vgl. Seite 16082 D 16092 * Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 kutieren wollten, wurden wir mit der tödlichen Realität des heimtückischen Mordanschlags auf Alfred Herrhausen konfrontiert. Ich will deshalb, auch wenn das Zahlenwerk des Nachtragshaushalts dazu nichts enthält, mit zwei Feststellungen beginnen: Erstens. Andere Themen beherrschen die tagespolitischen Schlagzeilen. Aber die Bombenanschläge der letzten Wochen und der abgebrochene Terroranschlag der RAF gegen Minister Kiechle mahnen zu höchster Wachsamkeit. Bei der Bekämpfung des Terrorismus sind langer Atem, zugleich aber Flexibilität und Erfindungsreichtum gefragt. Wir wissen, daß es keinen perfekten Schutz gegen skrupellose, zum äußersten entschlossene Verbrecher gibt. Zweitens. Dennoch sind wir optimistisch; unser Rechtsstaat ist stärker als die terroristischen Mörderbanden. Das Bundeskriminalamt, seine Mitarbeiter und seine ab übermorgen neu amtierende Spitze kann der konstruktiven Unterstützung durch meine Fraktion und meine Kollegen im Haushaltsausschuß sicher sein. — Ob das allerdings in erster Linie mit Panzerwagen geschehen soll, das ist zwischen dem BKA und uns strittig. — Das gilt nicht nur für die Terrorismusbekämpfung, sondern ebenso für das Krebsgeschwür der organisierten Kriminalität und Rauschgiftkriminalität. Dem scheidenden BKA-Präsidenten, Herrn Dr. Boge, möchte ich von hieraus für seine Arbeit herzlich danken. Meine Damen und Herren, die Haushaltsansätze beim Innenbereich dieses Nachtragshaushalts spiegeln die ganze Vielfalt der Probleme wider, vor welche uns der atemberaubende Prozeß der deutschen Einheit stellt. Bevor ich auf einige dieser Fragen eingehe, möchte ich — gerade mit Blick auf den Innenbereich — drei Gesichtspunkte hervorheben: Wer heute die Forderung erhebt, wie sie aus der Opposition laut wird, man müsse fertige Lösungen für die Verhältnisse in der DDR und den Zeitpunkt nach der Vereinigung beider deutscher Staaten vorlegen und die damit verbundenen finanziellen Kosten auf Heller und Pfennig auflisten, verlangt Unmögliches oder will in Wahrheit die deutsche Einheit nicht. Der Prozeß der deutschen Einheit ist — wie vom Bundesfinanzminister und der Bundesregierung dargestellt — finanzierbar. Das bedeutet auch für den Innenbereich nicht nur äußerste Sparsamkeit. Vielmehr müssen alle Umschichtungsmöglichkeiten genutzt werden. Wo die veränderte Situation in Mitteleuropa Aufwendungen nicht mehr erfordert, darf es keine Besitzstände geben. Schließlich: Weil wir unser Wirtschaftswachstum und unsere Kreditwürdigkeit zur Finanzierung der deutschen Einheit nutzen wollen, können voraussichtlich manche Zuwachsmöglichkeiten für die übrigen, vom Prozeß der deutschen Einheit nicht betroffenen Haushaltsansätze nicht mehr realisiert werden. Um es konkret zu sagen: Es ist wie bei dem neuverheirateten Ehepaar, das seine Wohnung einrichtet. Damit eine vernünftige Küche angeschafft werden kann, muß das Auto eben ein Jahr länger gefahren werden und muß die Skiausrüstung mehr als eine Saison halten. Ich meine, daß diese Tatbestände ebenso einfach wie klar sind. Ich appelliere deshalb an die Kollegen der Opposition, mit der unsoliden Polemik zu den Kosten der deutschen Einheit aufzuhören. Die Einwohner der DDR und unsere Bürger wollen von uns kein Hellsehen, keine Panikmache, sondern nüchterne und realistische Haushaltspolitik. Um bei meinem Beispiel der Familiengründung zu bleiben: Kein junges Ehepaar bildet sich vor der Hochzeit ein, genau vorher berechnen zu können, was denn diese Ehe im Laufe der Jahre kosten wird; die beiden trauen sich aber sehr wohl zu, das zu schaffen. Bei uns und der DDR ist es genau so! Ich komme jetzt zu einigen wichtigen Punkten aus dem Nachtragshaushalt. Mit zusätzlich 4,6 Millionen DM wollen wir ein Zeichen geben, daß sich das Zusammenwachsen beider deutscher Staaten nicht in der Regelung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse erschöpfen darf, daß vielmehr die Jahrzehnte der Teilung nicht zuletzt durch kulturelle Begegnungen schneller aufgearbeitet werden können. Z. B. sollen bei den Einrichtungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß die Nachfrage durch Besucher und Benutzer aus der DDR erfüllt werden kann. Wir unterstreichen weiter durch ein vom Aufbaustab für das Deutsche Historische Museum betreutes Ausstellungsprojekt, daß diesem Museumsvorhaben unverändert hohe Priorität zukommt. Wenn es das Projekt eines Deutschen Historischen Museums in Berlin noch nicht gegeben hätte, nach dem 9. November vergangenen Jahres hätte es erfunden werden müssen! Was die künftige Kulturförderung des Bundes angeht, möchte ich aber schon jetzt deutlich machen, daß für uns eine Kultur im Staatssold — wie bislang in der DDR — nicht in Betracht kommt. Kultur in einem pluralistischen Staatswesen ist zuallererst Sache der Bürger, in einem föderalistischen Staatswesen zudem primär Sache der Länder. Die zuletzt genannten Grundsätze gelten ebenso für den Bereich des Sports. Wir haben in den letzten Wochen erfahren, welche Schattenseiten mit der Medaillenflut des DDR-Sports verbunden waren, wie Doping unter Mißachtung der Gesundheit der Sportler betrieben wurde. Ich sehe deshalb den prinzipiellen Ansatz unserer Bundessportförderung, nämlich die Beschränkung auf den Spitzen- und Leistungssport, bestätigt. Ich bin zuversichtlich, daß sich auch in der DDR sehr schnell ein staatsfreier Breitensport lebensfähig entwickeln wird. Unsere Vereine und ihre Aktiven haben die Zeichen der Zeit erkannt und helfen mit Begegnungen und Partnerschaften sehr viel effektiver, als es hiesige staatliche Einrichtungen tun könnten. In den letzten Monaten hat sich der Wert der beiden Rundfunkanstalten des Bundes zur Information der Bevölkerung in der DDR sowie in unseren Nachbarstaaten gezeigt. Mit dem Nachtragshaushalt tragen wir dieser intensivierten Berichterstattung Rechnung. Der Prozeß der deutschen Einheit legt allerdings für die Zukunft eine Überprüfung der gewachsenen Strukturen von Deutscher Welle und Deutschlandfunk nahe. Ich meine, es sollte möglich sein, bis Anfang nächsten Jahres eine mit den Ländern abgestimmte Neukonzeption vorzulegen. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 16093* Aus den verschiedensten Behörden hört man von Kontakten mit vergleichbaren Stellen in der DDR, verbunden mit dem Wunsch nach zusätzlichen Haushaltsmitteln, um den Partnern in der DDR aus den ärgsten Klemmen zu helfen. Wir haben derartige Wünsche bewußt nicht in den Nachtragshaushalt aufgenommen. So gut solche Aktivitäten sind: Wer helfen will, mag zunächst in die eigene Tasche und nicht in die Tasche des Steuerzahlers greifen, d. h. soll sich von noch gut Brauchbarem, aber Entbehrlichem trennen. Der Finanzminister sollte prüfen, ob er nicht für eine solche „Behördenhilfe" eine generelle Ausnahme nach § 63 Abs. 4 der Bundeshaushaltsordnung zuläßt. Bei der Beratung des BMI-Haushalts hat die Opposition Stellenstreichungen bzw. Verlagerungen weg vom Bundesamt für Verfassungsschutz bzw. Bundesgrenzschutz und hin zu anderen Aufgaben gefordert. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt solche unüberlegten Schnellschüsse ab. Eine — in verschiedenen Bereichen infolge der innerdeutschen Entwicklung durchaus absehbare — Umstrukturierung bestehender Behörden erfordert, damit das ganze sachgerecht und unter Berücksichtigung der neuen sich aus dem Einigungsprozeß ergebenden Bedürfnisse erfolgt, einen planerischen Vorlauf. Im übrigen ist davon eine Vielzahl von Bediensteten persönlich betroffen; der Gesichtspunkt der Fürsorge darf nicht außer acht gelassen werden. Mit dem Wegfall der innerdeutschen Grenze und den Veränderungen in der CSSR werden die bisherigen Grenzsicherungsaufgaben der BGS-Verbände entfallen. Dies heißt aber nicht, daß künftig auf eine verbandsmäßig organisierte Polizei des Bundes verzichtet werden könnte. Die Polizeiverbände des BGS sind unverzichtbarer Bestandteil der zwischen Bund und Ländern abgestimmten Konzeption für die innere Sicherheit. Für die Bewältigung schwieriger Sicherheitslagen — ich nenne nur die Stichworte Brokdorf und Wackersdorf — brauchen wir eine Verbandspolizei des Bundes, auch in einem künftigen deutschen Gesamtstaat. Ebenso brauchen wir an den Außengrenzen und Flughäfen die Beamten des Grenzschutzeinzeldienstes. Vergessen wir in diesem Zusammenhang nicht, daß die reibungslose Aufnahme der Übersiedler aus Ungarn und der CSSR im Herbst vorigen Jahres u. a. nur deshalb möglich war, weil auf den Bundesgrenzschutz und seine Infrastruktur zurückgegriffen werden konnte. Ich sehe im übrigen weitere Daueraufgaben auf den BGS im Rahmen der Kompetenzordnung des Bundes zukommen, nämlich Bahnpolizei mit Fahndungsdienst sowie Gewährleistung der Luftsicherheit. Zum Bundesamt für den Verfassungsschutz hat es — so habe ich mir sagen lassen — bereits eingehende Beratungen im zuständigen Haushaltsgremium dieses Hohen Hauses gegeben. Die möglichen und verantwortbaren Konsequenzen in diesem Jahr sind gezogen worden. Ich gehe davon aus, daß die weiteren Auswirkungen bei der Haushaltsaufstellung 1991 berücksichtigt werden. Ich füge aber ausdrücklich hinzu: Der Auftrag des Verfassungsschutzes, nämlich Beobachtung von Bestrebungen, welche die freiheitliche Ordnung unseres Landes beschädigen oder zerstören, besteht unverändert und nach den schlimmen Erfahrungen mit dem Staatssicherheitsdienst erst recht in einem künftigen Gesamtstaat. Die Entscheidung unseres Grundgesetzes für eine wehrhafte Demokratie ist eine der wesentlichen Garantien für die politische und private Freiheit. Selbst wenn die kommunistischen Parteien und ihre Nachfolgeorganisationen ihren Absolutheitsanspruch aufgeben, bleiben die Abwehr anderer intoleranter Ideologien, von Ausländerextremismus und Terrorismus sowie die Abwehr von Ausspähungsversuchen im öffentlichen und privaten Bereich. Vor dem Hintergrund steigender Aussiedlerzahlen und der beabsichtigten Umstellung des Registrierverfahrens haben wir eine maßvolle Ausweitung des Personals beim Bundesverwaltungsamt vorgenommen. Wir begrüßen die Absicht des Innenministers, die Aufnahme als Aussiedler von einem vorausgegangenen schriftlichen Verfahren mit sorgfältiger, mit den Ländern abgestimmter Prüfung der deutschen Staatsangehörigkeit bzw. der deutschen Volkszugehörigkeit abhängig zu machen. Wir lehnen den menschenverachtenden Gesetzentwurf des saarländischen Ministerpräsidenten, der Aussiedlern aus der UdSSR und Rumänien die Aufnahme verwehren will, ab. Wir halten es aber für zumutbar, daß die Deutschen bzw. deutschen Volkszugehörigen, die sich zur Aussiedlung entschließen, von ihren Herkunftsländern her das Aufnahmeverfahren betreiben. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung werden die Bundesaufnahmestellen für Übersiedler in Gießen und Berlin-Marienfelde nebst ihren Außenstellen vom Sommer dieses Jahres an in ihrer eigentlichen Funktion entbehrlich. Wir haben, soweit in diesem Jahr möglich, bereits dort entbehrliches Personal umgesetzt und gehen davon aus, daß im Haushalt 1991 dort nur noch das für Auskünfte benötigte Personal arbeitet. Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Der Prozeß der deutschen Einheit wird im Innenbereich zu Umstrukturierungen, Umorganisation und auch Minderbedarf in einigen Bereichen führen; in anderen zeichnet sich Mehrbedarf ab. Wir werden darauf achten, daß hier soweit möglich Umsetzungen und kein Aufwuchs stattfindet. In der gegenwärtigen Phase haben wir uns der Notwendigkeit einer Verstärkung des Ministeriums selbst nicht verschließen können. Der Abgleich und die darauf folgende Angleichung der Staatsstrukturen der DDR an die Prinzipien des föderalistischen Rechtsstaats ist ohne qualifiziertes neues Personal nicht zu bewältigen. Hinzu kommt die Federführung für die schrittweise Anpassung der beiden Rechtssysteme, d. h. Überleitungsgesetzgebung. Ich erwarte auch, daß die verschiedenen Schulungseinrichtungen im BMI-Bereich, wie z. B. Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, Fachhochschule des Bundes, alle Anstrengungen unternehmen, um Personal aus der DDR mit den Prinzipien und Regeln einer rechtsstaatlichen, die Freiheitsrechte der Bürger respektierenden Verwaltung vertraut zu machen. Umgekehrt halte ich es für notwendig, daß sich aus allen Bereichen unseres öffentlichen Dienstes, angefangen bei den Kommunen bis hin zu den Bundesministerien, qualifizierte Mitarbeiter für eine Beratungstätigkeit in der DDR zur Verfügung stellen. Wir stellen durch An- 16094* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 derung des Haushaltsgesetzes die erforderlichen Leerstellen und durch einen neuen Titel im Einzelplan 60 dafür Mittel bereit. Meine Damen und Herren, bei der Schlußberatung des Haushalts 1990 Ende vergangenen Jahres hat der Bundeskanzler mit seiner zehn-Punkte-Konzeption die Richtung angegeben. In diesen Tagen heißt der wichtigste Wegweiser zur deutschen Einheit „Artikel 23". 100 Staatsrechtsprofessoren deutscher Universitäten haben sich in dieser Woche mit überzeugenden Gründen für diesen Weg ausgesprochen. Das Grundgesetz ist die erfolgreichste Verfassung der deutschen Geschichte, sie hat uns 40 Jahre einer freiheitlichen und stabilen Demokratie mit Wohlstand und sozialer Sicherheit gebracht. Der Weg des Art. 23 des Grundgesetzes gibt unseren Bürgern die Sicherheit, daß wir diese tragfähige Grundlage nicht verlassen, gibt den Bürgern in der DDR die einzig überzeugende Alternative und läßt schließlich Spielraum für gerechten Ausgleich der Interessen. In dieser Phase kommt dem Bundesinnenminister und seinem Geschäftsbereich besondere Bedeutung zu. Die Koalitionsfraktionen werden dafür auch weiterhin die haushaltsmäßigen Voraussetzungen schaffen. Esters (SPD): Der Bundeskanzler und die Sprecher der CDU/CSU-Fraktion versuchen, den Eindruck zu erwecken, als verliefen die politischen Trennungslinien bei Regierung und Opposition zwischen Vorkämpfern und Zauderern auf dem Weg zur deutschen Einheit. Dieser Nachtragshaushalt 1990 demonstriert — dürftig, wie er ist — den wirklichen Grundwiderspruch. Er liegt beim Bundeskanzler selbst und besteht ausschließlich darin, daß dieser mit oft bombastischer Rhetorik die schnelle Einheit fordert, daß er sich aber bei den dazu notwendigen Schritten unvorbereitet und ohne Konzept zeigt. Der Erwartungshorizont bei den Mitbürgern in der DDR auf ein Wirtschaftswunder wie durch Zauberkraft ist hochgesteckt und droht, wenn die Versäumnisse in der Sacharbeit andauern, schwer enttäuscht zu werden. Wir spekulieren nicht auf Baisse. Wir haben vom Beginn der Entwicklungen in Deutschland an keinen Zweifel daran gelassen, daß wir das Zusammenwachsen Deutschlands mit aller Kraft anstreben und daß wir die sozial verpflichtete Marktwirtschaft und eine Währungsunion für die notwendigen Mittel halten, um gerecht verteilte Existenzverbesserungen für die Bürger in der DDR zu erreichen. Ich sage ganz bewußt gegen einige elitäre Fastenprediger: Wir halten das Streben nach Wohlstand und sozialer Sicherheit für völlig legitim, weil dies die materielle Grundlage für die freie Entfaltung der Persönlichkeit ist. Wir Sozialdemokraten befürchten aber, daß die überbordenden Hoffnungen in der DDR zunächst im Zeitmaß enttäuscht werden und daß daraus eine Resignation entsteht, die bei der labilen Stimmung den Einheitsprozeß belastet. Sie haben durch eine Reihe von Wahlkampfauftritten in der DDR ungeheure Erwartungen geweckt. Sie dürfen sich nun nicht wundern, wenn dort und hier bei uns gefragt wird, wie diese Erwartungen umgesetzt werden. Man glaubte, Sie hätten fertige Konzepte. Das erweist sich als irrig. Statt dessen gibt es vielstimmige Auseinandersetzungen in den Medien, in Wirtschaft und Wissenschaft bis hinunter zu den Stammtischen, die über Lösungen und Scheinlösungen stattfinden, während die politische Führung im Nebel stochert. Ein Beispiel ist die Währungsunion: Der mit großem Feldgeschrei verkündete Sommertermin ist nicht zu halten, deutet der Bundesfinanzminister an. Er warnt sogar im Haushaltsausschuß davor, Zeithorizonte zu erstellen, die unrealistisch seien. Als zuständiger Fachminister hat er offenbar erkannt, welche Problemberge vor uns liegen, und wir wären in dieser Einschätzung der sachlichen und zeitlichen Möglichkeiten mit ihm einig, wenn er nicht selbst zuvor unhaltbare Versprechen gemacht hätte. Sie müssen sich nicht wundern, daß draußen zu der Verwirrung noch ein Gefühl der Ohnmacht vor den Schwierigkeiten hinzukommt. Wir spüren dies in den Wahlkreisen. Sie sind offenbar auf dem Rückzug. Sie sammeln Ihre Versprechen vor der DDR-Wahl wieder ein, nachdem der Mohr seine Schuldigkeit getan hat. Eine vorausschauende Politik aber muß nüchtern sein und sich auch darauf konzentrieren, die sozialen Ängste, die die Kehrseite der erwarteten wirtschaftlichen Dynamik sind, zu nehmen. Demgegenüber ist dieser Nachtragshaushalt selbst für unumgängliche Maßnahmen, die unstreitig nur durch Finanzhilfen aus dem Bundeshaushalt bewirkt werden können, ohne Gestaltungskraft: Das Volumen für die Umweltschutzinvestitionen, die schon aus den egoistischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland geboten sind, ist ebenso kläglich wie das für Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen oder die Umstellung der Energiewirtschaft, ohne die überhaupt keine wirtschaftliche Entwicklung stattfinden kann. Wenn dieser Nachtragshaushalt zum Juni in Kraft tritt, wird die Bundesregierung fast ein halbes Jahr vertan haben, ohne die Voraussetzungen zur Bewältigung des Notwendigsten geschaffen zu haben. Sie gestehen dies selbst ein, indem Sie über einen zweiten Nachtragshaushalt sprechen, noch bevor dieser erste abschließend beraten ist. Wir Sozialdemokraten wissen, daß die Detailarbeit für die inhaltlichen Ziele der deutschen Einheit schwierig ist und daß erhebliche Belastungen für die Bürger hüben wie drüben unvermeidlich sind. Gerade deshalb ist es irreführend, so zu tun, als erforderte die Einheit keine Opfer. Dies ist neben der Planlosigkeit in der Sacharbeit der zweite Vorwurf, den wir an die Adresse der Bundesregierung richten. Ein weiterer Vorwurf schließt sich an: Er resultiert aus der Art und Weise, mit der der Bundeskanzler in einer Mischung aus Sendungsgefühl und berechnender Parteitaktik den Alleinvertretungsanspruch in Fragen der deutschen Einheit usurpiert. Wir sind uns einig, daß der Kern der Umwälzungen in der DDR die Begründung der parlamentarischen Demokratie als Voraussetzung persönlicher Freiheit Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 16095* ist. Darin liegt die Größe des Ereignisses. Gerade diese Errungenschaft diskreditiert der Bundeskanzler, wenn er die soeben frei gewählten Repräsentanten der DDR als Statisten und Befehlsempfänger behandelt und wenn er bei uns einen Regierungsstil praktiziert, den man in der wilhelminischen Ära als „persönliches Regiment" bezeichnet hat. Es gibt offenbar keine Sprechverbote, aber doch Denkverbote in den eigenen Reihen, z. B. zur Frage von Steuertariferhöhungen oder zum Geltungsbereich des propagierten 1 : 1-Umtauschkurses. Es gibt ferner eine regelrechte Ausgrenzung der Freien Demokraten, die in der Koalition neuerdings auf die Rolle des antiken Chors — auf Warnungen und Wehklagen — reduziert sind. Und es gibt schließlich eine beispiellose Mißachtung des Deutschen Bundestages, der spärlich unterrichtet wird und sich einer Informationspolitik ausgeliefert sieht, die offenbar gezielt einige wohlgesinnte Presseerzeugnisse mit Nachrichtenbrocken versieht, um Stimmungsmache zu betreiben. Dem Deutschen Bundestag ist zur Zeit lediglich die Rolle zugedacht, das persönliche Regiment des Bundeskanzlers durch Bewilligung weiterer Aufwüchse der Mittel für Öffentlichkeitsarbeit zu stärken, die von 222 Millionen DM im Jahre 1982 auf einschließlich Nachtragshaushalt 427,5 Millionen DM im Jahre 1990, also um sage und schreibe 92,5 v. H., bei einer sonstigen Steigerungsrate des Haushalts von 27,6 v. H. angestiegen sind. Die SPD-Fraktion ist dabei, die Verfassungsmäßigkeit dieser Ausgaben im Wahljahr 1990 zu überprüfen, und bittet auch den Bundesrechnungshof, sein Augenmerk darauf zu richten. Der Deutsche Bundestag führt in diesem Plenarsaal regelmäßig Debatten zum parlamentarischen Selbstverständnis. Alle Bekenntnisse, die hierzu abgegeben wurden, erweisen sich jedenfalls bei der Gestaltung der deutschen Einheit als Makulatur. Auf der Tagesordnung des Haushaltsausschusses steht zwar seit einigen Wochen als ständiger Beratungspunkt eine Unterrichtung durch die Bundesregierung über den Stand und die Entwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion. Wir erfahren jedoch inhaltlich wenig, weil die Bundesregierung entweder zögert, Aussagen zu treffen, oder weil sie das Parlament vor vollendete Tatsachen stellen und ihm eine bloße Notarfunktion zuweisen will. Wie kann man es bewerten, wenn z. B. der Kollege Nehm auf seine Anfrage, wie der Übergang der DDR auf eine Haushalts- und Steuerpolitik nach bundesrepublikanischem Vorbild gestaltet werden soll, von der Bundesregierung die Antwort erhält, daß die Vorbereitungen dazu nachdrücklich vorangetrieben würden und daß die Experten-Kommission wesentliche Fortschritte erzielt hätte, die allerdings vertraulich seien? Ich nenne das Desinformationspolitik und Parlamentsmißachtung. Es wird beklagt, daß unser Grundgesetz seinerzeit ohne umfassende Mitwirkung des Volkes zustande gekommen sei. Die deutsche Einheit soll nun offenbar zustande kommen, indem die beiden freigewählten Parlamente auf eine Chargenrolle beschränkt werden. Erst zuletzt scheint der Bundesregierung klargeworden zu sein, daß die Wirtschaftsänderungen in der DDR nicht einfach statuiert werden können, sondern eine Fülle von Entscheidungen der nunmehr freien Volkskammer voraussetzen. Die Frau Präsidentin Süssmuth hat den Deutschen Bundestag als „Werkstatt der Demokratie" bezeichnet. In der Frage der deutschen Einheit ist er eher der „Wartesaal der Demokratie" geworden, in welchem wir nur Gäste sind. Selbst zu Angelegenheiten, die zuallererst dieses Parlament betreffen, nämlich zur Frage gesamtdeutscher Wahlen, äußert sich der Bundeskanzler nicht hier im Plenum, sondern legt sich darauf während einer Pressekonferenz mit dem irischen Ministerpräsidenten fest. Ich appelliere an die Mehrheitsfraktionen: So wie es dem Bundesrat und den Ländern gelungen ist, ihre Rolle im Einigungsprozeß durchzusetzen, so muß auch der Deutsche Bundestag seinen Anspruch energisch geltend machen. Ich richte in dieser Hinsicht auch einen Appell an die Präsidentin. Wir Sozialdemokraten fordern den Bundeskanzler auf, einen Beitrag zum nationalen Konsens nicht nur von den demokratischen Parteien in der DDR, namentlich der SPD, zu verlangen, sondern ihn auch hier in der Bundesrepublik wenigstens so zu praktizieren, daß die Parlamentsrechte geachtet werden. Die jetzige Beratung des Nachtragshaushalts 1990 ist der gegebene Zeitpunkt, wenigstens die Eckwerte zu nennen, mit denen der Übergang der DDR in die neue Wirtschaftsordnung aus dem Bundeshaushalt flankiert werden soll. Wir bitten Sie hier im Plenum um Auskunft, was wenigstens in groben Zügen der Inhalt des angekündigten Leitsätze-Gesetzes zur Schaffung einer Wirtschaftsgemeinschaft und zur Errichtung einer Währungs- und Sozialunion ist und welche Belastungen sich daraus oder aus den Folgegesetzen für die Haushalte von Bund und Ländern ergeben. Wie wollen Sie die Anschubfinanzierung bei den Sozialversicherungssystemen erbringen, die für September angekündigt ist? Woher sollen die Mittel genommen werden? Schon jetzt bewegen Sie sich bei der Kreditfinanzierung in der Nähe des Art. 115 GG und werden die Leitsätze der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung bei Überschreitung zu berücksichtigen haben. Für welche Bereiche soll bei der Währungsunion ein Umtausch 1 : 1 gelten, um eine beliebte Streitfrage zu nennen, die bei Ihnen beliebig beantwortet wird? Wann soll der zweite Nachtragshaushalt kommen, und welchen Inhalt und Umfang soll er haben? Teilen Sie die Auffassung des Sachverständigenrats, dem wir zustimmen, daß es nach historischem Vorbild dem ERP-Sondervermögen oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau ermöglicht werden soll, der DDR für bestimmte Verwendungen Kredite zu besonders günstigen Konditionen einzuräumen? In etwas abgewandeltem Zuschnitt halten wir unser SPD-Sonderprogramm „Arbeit und Umwelt", das 16096* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 nach diesem Muster angelegt ist, für geeignet, von seinen Schwerpunkten her die dringlichste Problematik beim Aufbau einer freien Wirtschaft in der DDR mit lösen zu helfen. Es geht nicht an, daß sich die deutsche Einheit nach Art der geheimen Kabinettspolitik des vorigen Jahrhunderts vollzieht. Sagen Sie den Bürgern in beiden Staaten Deutschlands, was sie von der deutschen Einheit erwarten können und was sie dafür zu leisten haben. Hören Sie auf besonnene Stimmen, die vor zu kurz gegriffenen zeitlichen Horizonten und vor Problemunterschätzungen warnen. Roth (Gießen) (CDU/CSU): Erlauben Sie mir bitte, in der Schlußrunde dieser verbundenen Debatte einige Bemerkungen zum Nachtrag für den Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens. Es kann jetzt in der DDR nicht um den Umbau des zusammengebrochenen Sozialismus gehen; im Vordergrund stehen muß der Aufbau einer offenen marktwirtschaftlichen Ordnung mit sozialer Absicherung. Diese Herausforderung werden wir nur bewältigen, wenn es gelingt, einen breiten wirtschaftlichen Mittelstand zu entwickeln bzw. zu reaktivieren. Dies ist die wirtschaftspolitische Schlüsselfrage. Ludwig Erhard hat schon im September 1953 energisch darauf gedrängt, für den Fall der Wiedervereinbarung den Prozeß der Leistungsangleichung zeitlich so kurz wie möglich zu bemessen. Dieser Prozeß werde um so rascher und erfolgreicher vor sich gehen, je mehr private Initiative und Tatkraft zur Entfaltung kommt. Weil das von uns auch heute noch so gesehen wird, leisten wir die Starthilfe für den wirtschaftlichen Aufholprozeß. Die Aufstockung des ERP-Sondervermögens um insgesamt 2 Milliarden DM hat dabei zentrale Bedeutung. Zusammen mit den Kreditaufnahmen am Kapitalmarkt stehen 6 Milliarden DM in den nächsten Jahren als Aufbaukredite für einen leistungsfähigen Mittelstand in der DDR zur Verfügung. Deshalb muß die ERP-Förderung innerhalb der Bundesrepublik aber keineswegs eingeschränkt werden. Überhaupt denke ich, daß wir auf diesem Felde gesamtdeutsch handeln müssen. Die Kammern, Verbände und Organisationen unserer Wirtschaft einschließlich des Handwerks verdienen unseren Dank für die bereits ergriffenen Initiativen. Nach unserem Verständnis müssen die Kräfte der privaten Wirtschaft zur Entfaltung gebracht werden. Dies gilt auch für die Finanzierung des gewaltigen Investitionsbedarfs. Die Schaffung marktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen und die Herstellung von Rechtssicherheit sind die politische Bringschuld. Wir müssen die verheerenden Strukturen der sozialistischen Kommandowirtschaft aufbrechen und den Mittelschichten Entwicklungsmöglichkeiten geben. Die SED-Politik hat den industriellen und gewerblichen Mittelstand zerschlagen. Jetzt geht es um die Entflechtung der Kombinate und die Privatisierung des sogenannten „Volkseigentums". Mittelfristig werden rund 500 000 selbständige Betriebe im Handwerk, im Handel, im Dienstleistungssektor und im gewerblichindustriellen Bereich gebraucht. Eine Strukturierung wie in der Bundesrepublik würde bedeuten, daß in diesem für die Wirtschaftsdynamik wichtigsten Bereich rund 4 Millionen zukunftsorientierter Arbeitsplätze geschaffen werden. Deshalb ist die Hilfe bei der Existenzgründung erforderlich, auch die Erbringung von haftenden Mitteln über ein Eigenkapitalprogramm und natürlich die Bereitstellung längerfristiger, zinsgünstiger Kredite, wie sie durch das ERP-Kreditprogramm vorgehalten werden. Gefördert werden Existenzgründungen im gewerblichen Bereich, aber auch bei den freien Berufen. Allenthalben fehlt es an Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern, Architekten, Ärzten und Zahnärzten. Hier gibt es einen beträchtlichen Investitionsbedarf, der über das ERP-Programm finanziert werden kann. Die Konditionen hierfür sind angemessen. Sie entsprechen denen für unsere strukturschwachen Gebiete: zur Zeit 6,5 % Zins, jedoch mit längerer tilgungsfreier Zeit bis zu 5 Jahren und längerer Gesamtlaufzeit bis zu 15 Jahren, bei Bauten bis zu 20 Jahren. Es geht aber nicht nur um Existenzgründungen. Im Zuge der Entflechtung und Privatisierung der DDR-Betriebe müssen bestehende Anlagen modernisiert und erweitert werden. Der Maschinenpark ist völlig überaltert und verschlissen. Die dringend erforderliche Verbesserung der Produktivität und die Förderung der Wachstumsdynamik sind ohne nachhaltige Verstärkung der Investitionstätigkeit nicht zu schaffen. Die seitherige staatliche Investitionspolitik der DDR hat den industriellen Teil der Wirtschaft einseitig bevorzugt, ohne daß es technologisch oder in der Effizienz der Produktionsverfahren zu wettbewerbsfähigen Standards gekommen wäre. Auch hier wird es darum gehen, auf die Kreativität und Dynamik des Mittelstandes zu setzen, der auch bei uns immer Motor der Sozialen Marktwirtschaft geblieben ist. Darüber hinaus sollen Investitionen in der Gastronomie und im Tourismus gefördert werden, wo der Bedarf besonders augenfällig ist. Im Bereich des Umweltschutzes geht es um die Förderung von Maßnahmen der Abwasserreinigung, der Abfallverwertung und Beseitigung, der Luftreinhaltung sowie der rationelleren Energieverwendung. Die besorgniserregende Umweltsituation der DDR zwingt zu entschlossenem Handeln, auch in unserem eigenen Interesse. CDU/CSU, FDP und SPD haben den Gesetzentwurf des ERP-Nachtragswirtschaftsplans 1990 gemeinsam als Initiativantrag eingebracht, damit die Förderungsmaßnahmen schnell anlaufen können. Wie zu hören ist, liegen bereits jetzt 2 200 Anträge über 1,4 Milliarden DM vor. Die größere Zahl der Anträge kommt dabei direkt aus der DDR. Dies zeigt, daß unser Förderangebot greift und auf einen erheblichen Bedarf stößt. Allerdings ist das Volumen der aus der Bundesrepublik für Investitionen und Gemeinschaftsunternehmen in der DDR gestellten Anträge einstweilen noch größer. Ich bin davon überzeugt, daß sich dies ändern wird, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 16097* in der DDR vorliegen. Vor allem müssen die Möglichkeiten für bankübliche Sicherungen der Investitionskredite geschaffen werden. Ohne die Gestellung von Sicherheiten in Form von z. B. Grundpfandrechten gerät der Prozeß der Kreditvergabe ins Stocken. Hier muß es bald Fortschritte geben. Interessant ist übrigens, daß die Anträge vornehmlich über Sparkassen und Genossenschaftskassen eingehen, was für die Entwicklung eines funktionsfähigen konkurrierenden Bankensystems von großer Bedeutung ist, auch in regionaler Hinsicht. Es könnte sich herausstellen, daß über die Herausgabe von ERP-Krediten auf diesem Gebiet ein belebender Anstoß erfolgt, der nur zu begrüßen wäre. Die Volksbanken und Sparkassen der Bundesrepublik haben in jüngster Zeit ihren jeweiligen Partnern in der DDR Hilfe und Unterstützung gegeben, die nicht weniger wichtig ist als die Hilfe, die wir jetzt beim Aufbau einer funktionsfähigen Verwaltung, insbesondere auch im Bereich des Haushalts- und Finanzwesens geben müssen. Alle Anstrengungen, auch die 90 Millionen DM, die wir im Nachtragshaushalt des Bundes für zusätzliche mittelstandspolitische Maßnahmen im Bereich des Technologietransfers, der Forschung und Entwicklung sowie Information, Schulung und Ausbildung bereitstellen, sind darauf gerichtet, den Menschen in der DDR eine wirtschaftliche und berufliche Entwicklungsperspektive zu geben. Wir fordern sie damit auf, am Aufbau einer Sozialen Marktwirtschaft aktiv mitzuwirken. Der Erfolg des ERP-Programms in der Bundesrepublik stützt unsere begründete Erwartung, daß diese Gelder auch für den Erneuerungsprozeß in der DDR bestens angelegt sind. Wieczorek (Duisburg) (SPD): Nach der Öffnung der Mauer hat die Bundesregierung und haben alle Parteien im Bundestag der DDR unsere großzügige solidarische Hilfe zugesagt. Das war im November und Dezember letzten Jahres. Großzügige und vor allem schnelle Hilfe — da waren wir uns alle einig — sollte den Menschen, die mit ihrer mutigen Revolution die Grenzen in Deutschland und in Europa aufgebrochen haben, zeigen: Wir stehen euch bei. Wir helfen euch, nach dem politischen Durchbruch auch wirtschaftlich auf die eigenen Beine zu kommen. Die Wahlkampfstrategie des Bundeskanzlers hat diesen Konsens zerstört. Während er selbst den Menschen in der DDR großzügige Solidarität versprach, verbürgte sich sein Finanzminister gegenüber den Menschen hier für eine Deutschlandpolitik zum Nulltarif. Solidarität, die nichts kostet, gibt es jedoch nicht. Solidarität heißt Zusammenstehen, Lasten teilen; sie bedeutet auch, daß der Stärkere dem Schwächeren hilft. Diesen Gedanken der Solidarität haben Sie mit ihrer unehrlichen Strategie beschädigt. Die Möglichkeiten der Haushaltspolitik zu schneller Hilfe wurden bewußt nicht genutzt. Im Haushalt läßt sich nicht verschleiern, daß Hilfe selbstverständlich nicht umsonst ist. Deshalb haben Sie sich gegen allen Sachverstand auf die Währungspolitik verlegt. Mit der Einführung der D-Mark würde der Wohlstand über die DDR hereinbrechen — so haben Sie drüben glauben gemacht —; es komme nur auf die richtige Wahlentscheidung an: Kohl für Kohle. Ich unterstelle, daß zumindest die Fachleute in Ihren Reihen wußten, daß der Tausch Ostmark gegen D-Mark sich zwar einfach anhört, aber in Wahrheit der schwierigste Weg ist. Die Einführung der D-Mark in der DDR bedarf, wenn dieser Schritt gelingen soll, umfangreicher Vorarbeiten, zahlreicher Voraussetzungen. Sie birgt, wenn sie überhastet geschieht, große Risiken — nicht nur in der DDR, sondern auch für Preisstabilität und Zinsen in der Bundesrepublik. Hierin stimmen alle namhaften Sachverständigen überein, vom Sachverständigenrat bis zur Deutschen Bundesbank. Das war auch die Meinung im Bundesfinanzministerium, bis die Beamten sich der wahltaktisch bestimmten Vorgabe aus den Parteizentralen beugen mußten. Einen Vorgeschmack auf das, was eine überstürzte Währungsunion, die ökonomisch nicht vorbereitet und in flankierende Maßnahmen eingebettet ist, bedeutet, hat die scharfe Reaktion der Kapitalmärkte gegeben. Nie zuvor sind in der Bundesrepublik die Zinsen derart rasant angestiegen. Die ersten Auswirkungen sehen wir in der neuerlichen Krise des Wohnungsbaus. Teure Programme werden durch den Zinsanstieg Makulatur. Die Reaktion des Kapitalmarktes zeigt: Auch der Bundeskanzler kann die Gesetze der Ökonomie nicht außer Kraft setzen. Der niedrige Wohlstand der DDR liegt nicht an der falschen oder richtigen Mark im Portemonnaie. Die Ursachen sind vielmehr in jahrzehntelanger Mißwirtschaft eines zentralistischen Planungssystems zu finden, in dem die volkswirtschaftliche Infrastruktur verkommen ist und die Arbeitsproduktivität sich nicht entwickeln konnte. Die realen Probleme der DDR heute haben also reale Ursachen. Eine Währung, die von den Bürgern als Spielgeld empfunden wird, ist lediglich Symptom. Wir müssen an den Ursachen ansetzen, und das heißt harte Arbeit in der DDR, und das heißt reale Hilfe und eine gewisse Opferbereitschaft bei uns. Wer die Währungsfrage in den Vordergrund stellt, kuriert nur an den Symptomen. Deswegen haben wir die Währungsunion immer nur im Zusammenhang mit ordnungspolitischen, finanziellen und wirtschaftlichen Maßnahmen befürwortet. Und selbstverständlich gehört dazu eine umfassende sozialpolitische Flankierung, um soziale Härten, die zwangsläufig mit dem notwendigen Strukturwandel verbunden sind, zu mildern. Wir reden nach der Wahl so wie vor der Wahl. Die Bundesregierung, zumal der Bundeskanzler, ist dagegen mit dem Füllhorn durch die DDR gereist und nimmt jetzt Stück für Stück die gemachten Versprechungen zurück. Nach der Wahl wurde als erstes die Sozialunion von der Währungsunion abgekoppelt. Dann wurden die versprochenen Umtauschkurse für Renten von 1 : 1 in Frage gestellt. Minister Blüm, der letzte Woche eine großzügige Rentenanhebung zusagte, wurde am 16098* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 nächsten Tag zurückgepfiffen, und nun stellen die zuständigen Minister Waigel und Haussmann den 1. Juli als Einführungstermin für die Währungsunion in Frage, während der Kanzler ihn vage bekräftigt. Auch die schnelle Vereinigung noch in diesem Jahr ist auf 1992 vertagt. Was gilt denn nun? Sie muten den Menschen in der DDR, denen ein halbes Jahrhundert in Unfreiheit und die drückenden Probleme ihres Landes im Magen liegen, eine wirklich abenteuerliche Achterbahnfahrt zu. Sie haben das Blaue vom Himmel herunter versprochen; Ihre Hausaufgaben haben Sie nicht gemacht. Wertvolle Zeit ist vergeudet, die für die Erarbeitung eines wirksamen und solide finanzierten Nachtragshaushalts notwendig gewesen wäre. Der Nachtragshaushalt, wie er dem Parlament jetzt zur Abstimmung vorliegt, läßt weder die versprochene Großzügigkeit und Solidarität noch ein in sich schlüssiges Konzept erkennen. Aus den 2 Milliarden DM, die vor der Wahl für Sofortmaßnahmen in der DDR reserviert wurden, sind in den zwei Wochen nach der Wahl gerade 100 Millionen DM in konkrete Maßnahmen umgesetzt worden. 20 Millionen DM des Nachtragshaushalts sind für Beamte des Bundes vorgesehen, die an die DDR ausgeliehen werden, für 30 Millionen DM sollen neue Schulbücher für die DDR angeschafft werden, und mit 50 Millionen DM sollen regionalpolitische Modellvorhaben im Grenzgebiet gefördert werden. Das ist schon fast alles, was der Koalition bei den Ausschußberatungen noch eingefallen ist. Das ist nicht großzügig, das ist kleinkariert und kleinherzig. Vergleicht man die 30 Millionen DM für Schulbücher mit den 13 Millionen DM für Modellmaßnahmen zur sozialen Sicherung in der DDR und den 4 Millionen DM für Modellvorhaben der Stadt- und Dorferneuerung, stellt sich die Frage: In welcher Beziehung stehen diese Beträge zu der Bedeutung der Probleme, die in der DDR bewältigt werden müssen? Was sollen überhaupt Modellvorhaben? Wir wissen doch längst, was getan werden muß. Die DDR braucht keine schönen kleinen Modelle, sondern reale wirtschaftliche Hilfe. Wie sehr man diesen Haushalt dreht und wendet: Er bietet weder den Menschen in der DDR noch den Menschen bei uns eine Orientierung. Er ist im großen und ganzen, bei einigen Details, denen wir durchaus zustimmen können, konzeptionslos und halbherzig. Wenn wir in diesem Parlament die deutsche Einheit gemeinsam und mit den Bürgern wollen, dann müssen die notwendigen Schritte ohne Verzögerung, aber auch nicht überstürzt eingeleitet werden. Dann muß den Bürgern jetzt ein Fahrplan vorgelegt werden, ein Konzept, wie es weitergeht. Deshalb ist die Bundesregierung gefordert, Konzepte und Kosten auf den Tisch zu legen. Es darf nicht sein, daß hier weiter herumgeeiert wird und wir nach dem ersten Nachtragshaushalt noch auf den zweiten Nachtragshaushalt warten müssen, bis endlich Klarheit herrscht. Daß die Bundesregierung die deutsche Vereinigung seit Monaten als ihre Privatveranstaltung betrachtet, ist skandalös und verträgt sich in keiner Weise mit dem Informationsrecht und Selbstverständnis dieses Parlaments. Deshalb fordern wir die stärkere Mitwirkung und Einbeziehung des Deutschen Bundestages und des neu gewählten Parlaments der DDR. Wir müssen dafür sorgen und wir sind mit in der Verantwortung, daß die Menschen in der DDR möglichst bald in der Lage sind, sich ihren Wohlstand selbst zu erarbeiten. Vieles, vor allem die Errichtung neuer produktiver Arbeitsplätze, muß privatem Kapital vorbehalten bleiben. Aber bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen ist staatliche Hilfe erforderlich. Zu den Rahmenbedingungen, die originäre Aufgabe des Staates sind und die vordringlich angegangen werden müssen, gehören vor allem die Sanierung und der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur in der DDR. Der Zustand der Bausubstanz in der DDR, die Umweltsituation und die Energieversorgung sind katastrophal. Die Infrastruktur im Verkehrsbereich und die Kommunikationssysteme sind völlig veraltet. All das behindert die wirtschaftliche Entfaltung und schmälert den Wohlstand der Menschen. Hier muß schnell gehandelt werden, damit sich Investitionen lohnen und mit der Produktivität auch der Lebensstandard steigt. Das Abebben des Übersiedlerstroms nach der Wahl geht sicher nicht nur auf den Abbau von Vergünstigungen zurück, die die Sozialdemokraten schon lange vor der Wahl gefordert haben, bis sich die Bundesregierung — nach der Wahl — endlich bewegt hat. Hierin zeigt sich auch ein erheblicher Vertrauensvorschuß an unsere Adresse. Dieses Vertrauen muß jetzt stabilisiert werden. Dazu gehört, wenn schon nicht alle Details, so doch die Grundzüge und Eckdaten der Sozialunion festzulegen und sie verbindlich mit der Einführung der Währungsunion zu verkoppeln. Rentner und Arbeitslose in der DDR müssen wissen, daß sie nicht ins Bodenlose fallen, sondern daß es sich auch bei vorübergehenden Strukturkrisen lohnt, in der DDR zu bleiben und am Aufbau teilzunehmen. Ich möchte Finanzminister Waigel deshalb an das erinnern, was er in der ersten Lesung des Nachtragshaushalts am 8. März hier im Deutschen Bundestag ausgeführt hat: Wir geben . . ., was die Bürger im anderen Teil Deutschlands brauchen: Solidarität, Orientierung und einen festen Rahmen für die wirtschaftliche und für die politische Wiedervereinigung. Herr Waigel, Sie haben sich leider nicht von ihren eigenen Worten leiten lassen. Der Nachtragshaushalt läßt nicht nur bei den Maßnahmen zugunsten der DDR jegliche Orientierung vermissen; er ist auch angesichts der grundlegend gewandelten sicherheitspolitischen Lage in Europa falsch strukturiert. Die bescheidenen Kürzungen, die die Koalition im Verteidigungshaushalt vorgenommen hat, sind unzureichend und werden weder der sicherheitspolitischen noch der haushaltspolitischen Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 16099* Lage gerecht. Der Verteidigungshaushalt ist immer noch über 400 Millionen DM höher als letztes Jahr, und für nächstes Jahr fordert Verteidigungsminister Stoltenberg 55,6 Milliarden DM, also noch einmal zwei Milliarden DM mehr als in diesem Jahr. Wie so oft ist die FDP hier politisch weggetaucht. Die vereinbarte globale Minderausgabe umkurvt jede auch nur halbwegs verbindliche Festlegung, wie sie es mit dem Jäger 90 und den militärischen Tiefflügen hält. Es ist der bekannte Spagat der FDP. Die Parteigremien fassen populäre Beschlüsse fürs Plakat, die Bundestagsfraktion sorgt dafür, daß nichts davon in die Tat umgesetzt wird. Das sind Spitzenleistungen von politischen Geisterfliegern. Wir waren dem Ziel durchgreifender Abrüstungsschritte niemals näher. Niemals waren die Umstände günstiger. Wir haben in unseren Anträgen konkret nachgewiesen, daß noch in diesem Jahr Kürzungen von insgesamt vier Milliarden DM möglich sind: durch den Ausstieg aus dem Jäger 90, durch sofortigen Stopp aller Tiefflüge, durch Verzicht auf neue großtechnische Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben und Rekordeinkäufe von Kriegsmunition und durch die Verkürzung der Grundwehrdienstzeit noch in diesem Jahr auf zwölf Monate. Nach den Abstimmungen zur zweiten Lesung steht fest: Die Koalition verspricht Abrüstung, löst sie aber nicht ein. Abrüstung und Strukturwandel an den Standorten und in den Rüstungsfabriken werden ein zentrales Thema der nächsten Jahre sein. Die Mehrheit der Menschen in unserem Land will Abrüstung. Wenn sie nicht mit der Koalition gemacht werden kann, dann werden wir sie bald gegen sie machen. Kürzungen im Verteidigungshaushalt sind nicht nur sicherheitspolitisch richtig und geboten; sie erleichtern uns auch die Bereitstellung der Mittel, die wir für die deutsche Einheit brauchen. Der innere Zusammenhang zwischen Vereinigung und Abrüstung zwingt doch dazu, die vorübergehenden Mehrausgaben durch den Fall der Blockgrenze in Deutschland aus der Friedensdividende, wie die Amerikaner es nennen, zu finanzieren. Hier bietet sich einer der seltenen Königswege, die es in der Finanzpolitik gibt: Die Ausgabenkürzungen sind politisch geboten. Wir bräuchten uns weniger zu verschulden, und der Haushalt würde damit auch aus konjunkturpolitischer Sicht besser in die Landschaft passen. Doch die Bundesregierung läßt diese Chance verstreichen. Die Neuverschuldung steigt 1990 auf 33 Milliarden DM gegenüber 19 Milliarden DM im letzten Jahr. Dieser scharfe Zuwachs hat zusammen mit dem Wirrwarr um die Währungsunion erheblich zur Verunsicherung der Kapitalmärkte beigetragen. Hauptleidtragender der Zinsentwicklung ist der Wohnungsbau. Noch bevor die Programme der Bundesregierung zur Belebung des Wohnungsbaus greifen konnten, werden sie durch die hohen Zinsen unterlaufen und auf Null gebracht. Heute fehlen schon 1,7 Millionen Wohnungen. Jetzt wird der Wohnungsnotstand, der nicht auf die Übersiedler, sondern auf die jahrelange Kahlschlagpolitik und scheinheilige Gesundbetereivon Stoltenberg und Schneider zurückgeht, zum Dauerzustand zementiert. Im Nachtragshaushalt wird dieses soziale Problem Nummer 1 für viele Menschen nicht einmal zur Kenntnis genommen. Zusammen mit den Wohnungssuchenden stehen auch die Langzeitarbeitslosen im Schatten der angekündigten Unternehmenssteuersenkung. 25 Milliarden DM für die Reichen — die Armen müssen den Gürtel enger schnallen. Für diesen sozialpolitischen Skandal hat sich Finanzminister Waigel verbürgt, ohne daß Herr Finck, das personifizierte schlechte Gewissen der CDU in der Sozialpolitik, aufmuckt. Wir Sozialdemokraten lehnen diesen Nachtragshaushalt ab. Er ist kein Haushalt der Solidarität mit der DDR. Er ist kein Haushalt vernünftiger und verantwortlicher Orientierung in Zeiten des Umbruchs. Er ist ein Haushalt der sozialen Ungerechtigkeiten. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. März 1990 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Zweites Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes Gesetz zu dem Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung und zu dem Europäischen Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses Gesetz zur Ausführung von Sorgerechtsübereinkommen und zur Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie anderer Gesetze Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (Gesetz zu Artikel 45 b des Grundgesetzes — WBeauftrG) Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 11. August 1989 zum Abkommen vom 7. April 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Liechtenstein über Soziale Sicherheit und zu der Vereinbarung vom 11. August 1989 zur Durchführung des Abkommens Gesetz zu der Verwaltungsvereinbarung vom 26. November 1987 zur Durchführung des Übereinkommens vom 30. November 1979 über die Soziale Sicherheit der Rheinschiff er Gesetz zu dem Vertrag vom 31. Mai 1988 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen Gesetz zu dem VN-Übereinkommen vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe Gesetz zu dem Übereinkommen vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschiffahrt und zum Protokoll vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden Gesetz zu dem Vertrag vom 13. Juni 1989 der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen 16100* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 Gesetz zu dem Vertrag vom 10. Juli 1989 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über den gegenseitigen Schutz und die Förderung von Kapitalanlagen Gesetz zur Verbesserung der Struktur der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (KOV-Strukturgesetz 1990) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Mit dem jetzt vorliegenden KOV-Strukturgesetz 1990 ist ein wesentlicher Schritt hin zur sozialpolitisch gebotenen Verbesserung der Versorgungslage der Kriegsopfer gemacht worden. Besonders zu begrüßen sind die erheblichen nachträglichen Verbesserungen im Rahmen des Berufsschadensausgleichs, der Pflegezulage sowie der Versorgung der Witwen von Pflegezulageempfängern, die während der Beratungen des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag zusätzlich in das Gesetz aufgenommen wurden. Damit sind wesentliche Teile der Forderungen des Bundesrates erfüllt. Einige sozialpolitisch wichtige Verbesserungen sind allerdings nicht oder nur halbherzig aufgegriffen worden. Der Bundesrat sieht daher die jetzige Gesetzesfassung lediglich als ersten wesentlichen Schritt zu nachhaltigen Verbesserungen in der Kriegsopferversorgung an und bittet die Bundesregierung, die folgenden sozialpolitisch notwendigen Verbesserungen in einem weiteren KOV-Strukturgesetz aufzugreifen: — den maßgebenden Zeitraum für die Gewährung einer Badekur für alle Pflegepersonen unter den bisherigen rechtlichen Voraussetzungen von 5 auf 10 Jahre auszudehnen, — die erforderliche Mindestpflegezeit für die Gewährung des Pflegeausgleichs auf 10 Jahre zu verkürzen und die Bewertung der einzelnen Pflegejahre von 0,5 auf 1 v. H. zu verdoppeln, — die Ausgleichsrente der Waisen in gleichem Umfang wie die der Witwen zu erhöhen und — den Mindesbetrag der Elternrente von 5 auf 20 DM zu erhöhen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/6226 Drucksache 11/6301 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/5450 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 11/973 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/6324 Nr. 2.2-2.9 Drucksache 11/6423 Nr. 2.4 —2.7 Drucksache 11/6502 Nr. 1-6, 8 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/6423 Nr. 2.11, 2.13 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/929 Nr. 2.27 Drucksache 11/3117 Nr. 2.12 Drucksache 11/4238 Nr. 2.14 Drucksache 11/4534 Nr. 2.19 Drucksache 11/4758 Nr. 2.31 Drucksache 11/5051 Nr. 42 Drucksache 11/5145 Nr. 3.33 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/5642 Nr. 3.21 Drucksache 11/6423 Nr. 2.17
Gesamtes Protokol
Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120500000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/6345 — „Sofortiger Abzug der US-Truppen aus Panama" — , der in der 202. Sitzung des Bundestages dem Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit zur federführenden Beratung überwiesen wurde, soll nunmehr an den Auswärtigen Ausschuß — zur federführenden Beratung — und an den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit — zur Mitberatung — überwiesen werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften
— Drucksache 11/6542 (neu)
a) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuß)

— Drucksache 11/6835 —
Berichterstatter: Abgeordnete Lutz Regenspurger
Dr. Hirsch
Such
b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 11/6841 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Borchert Kühbacher
Frau Seiler-Albring Frau Vennegerts

(Erste Beratung 200. Sitzung)

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Adler, Amling, Bernrath und weiterer Abgeordneter auf Drucksache 11/6826 vor. Ich mache darauf aufmerksam, daß nach der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt gegen 9.30 Uhr eine namentliche Abstimmung stattfindet.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind für die Beratung 30 Minuten vorgesehen. Ist das Haus auch damit einverstanden? — Ich sehe, dem wird zugestimmt. Es ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kühbacher.

(Jahn [Marburg] [SPD]: Als Berichterstatter!)

— Er hat das Wort in seiner Eigenschaft als Berichterstatter.

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120500100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Mitberichterstatter des Haushaltsausschusses möchte ich auf die Seite 74 des Berichts des federführenden Innenausschusses eingehen. Es heißt dort, daß die Stellungnahme des Haushaltsausschusses den Beschlüssen des Innenausschusses nicht zuwidergelaufen sei. Eine Stellungnahme des Haushaltsausschusses konnte es jedoch gar nicht geben, weil dieses umfangreiche Gesetz bei uns erst am Mittwoch nachmittag um 16 Uhr zur Mitberatung anstand,

(Jahn [Marburg] [SPD]: Hört! Hört!)

der Innenausschuß seine Beratungen aber bereits abgeschlossen hatte

(Zurufe von der CDU/CSU)

— es ist doch völlig in Ordnung — , ohne den Haushaltsausschuß vorher zu hören, obwohl das Parlament beschlossen hatte, daß der Haushaltsausschuß mitberaten sollte. Ich denke, das hat etwas mit dem Arbeitsumfang zu tun, den wir alle uns hier zumuten.
Die Tatsache, daß uns erst am Montag eine Synopse zu diesem Gesetz mit über 100 Seiten, in die man sich als Berichterstatter einarbeiten mußte, vorgelegt wurde, führt dazu, daß manche Fragen nicht gestellt werden konnten, die ich gerne — deshalb tue ich das hier noch einmal ausdrücklich — zu Protokoll des Haushaltsausschusses an die Regierung gerichtet hätte.
Ich hätte die Regierung im Rahmen der Mitberatung im Haushaltsausschuß gerne gefragt, insbesondere den verantwortlichen Staatssekretär — er ist heute morgen nicht hier; Herr Spranger, dann müssen Sie diese Frage beantworten — , warum Sie unter der Überschrift „Einbau der Tarifvertragsabschlüsse ins-



Kühbacher
besondere für den einfachen und mittleren Dienst"
ganz versteckt in der Anlage IX Nr. 27 Buchstabe e
— Sie kennen das nun schon — ohne Not die Gehälter für die Mitglieder der Bundesregierung, für die Staatssekretäre, für Ministerialdirektoren, -dirigenten, Ministerialräte nun auch noch um 60 DM erhöhen.

(Dr. Penner [SPD]: Das war Ottos Werk! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Muß das sein?)

— Das ist meine Frage, Herr Kollege Weng. Diese Frage hätte ich im Haushaltsausschuß gerne beantwortet bekommen. — Dies ist zwar keine finanzielle Großtat, aber sie hat mit Gerechtigkeit zu tun. Die Regierung konnte sich der Beantwortung dieser Frage entziehen, weil, wie gesagt, eine Diskussion darüber nicht stattfinden konnte.
Ich habe eine zweite Frage unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit zu stellen, auf die man erst kommt, wenn man das Gesetz ganz präzise liest.

(Jahn [Marburg] [SPD]: An wen?)

— An die Bundesregierung, Herr Kollege Jahn. — Warum bringt die Bundesregierung einen Gesetzentwurf mit dem Ziel der Erhöhung der Zulagen für Polizeibeamte, was sehr richtig ist — und der Ruhegehaltsfähigkeit der Zulagen für Polizeibeamte — was richtig ist, wenn wir uns das finanziell leisten können — , wenn sie dabei folgende Ungerechtigkeit einbaut: Nun nehme ich einmal als Synonyme zwei Hauptkommissare, die dem Fernsehpublikum bekannt sind: Der eine Hauptkommissar, Tanner aus Duisburg, ist im November geboren, hat 40 Dienstjahre auf dem Buckel gehabt und ist inzwischen ausgeschieden; der andere Hauptkommissar, Schimanski, ist im Februar geboren und ist im Februar dieses Jahres aus dem Dienst ausgeschieden. Beide haben — wie gesagt — 40 Jahre Polizeidienst auf dem Buckel. Nach Ihrer Vorlage und nach den Beschlüssen, wie sie nunmehr im Ausschuß gefaßt worden sind, wird der Hauptkommissar Tanner keine erhöhte Pension bekommen, nur weil er im November pensioniert worden ist, während der andere bei gleicher Dienstzeit eine erhöhte Pension bekommt. Dies halte ich für ungerecht.
Zweitens glaube ich nicht, daß diese Regelung in Anbetracht der Gleichheitsgrundsätze vor dem Bundesverfassungsgericht überhaupt Bestand haben kann. Die Polizeibeamten werden sich zu Recht fragen, warum sie nach 40 Jahren Dienstzeit wegen einer logischen Sekunde, die in diesem Gesetz versteckt ist, so unterschiedlich behandelt werden. Sie werden auf Gleichbehandlung klagen, und das Verfassungsgericht wird — davon bin ich überzeugt — diesen Pensionären recht geben. Und dann kostet dieses Gesetz nicht 2,4 Milliarden DM, Herr Staatssekretär Spranger, sondern wahrscheinlich 4 Milliarden DM, nur in diesem Bereich.
Warum weisen Sie das Parlament auf diese Differenzen nicht hin, und warum haben Sie nicht den Mut, dies auch gleich in das Gesetz einzubauen?
Dies hätte ich gern im Rahmen der Mitberatung gefragt; die Bundesregierung hätte zu Protokoll Antwort geben müssen. Dem hat wegen des Zeitdrucks nicht entsprochen werden können, und ich hoffe, daß ich dazu wenigstens heute morgen hier im Plenum eine Auskunft von Ihnen bekommen kann.
Herr Präsident, ich hoffe, ich habe meine Ausführungen nicht überdehnt. Wenn dieser Zeitdruck anhält, unter dem die „Haushälter" ihre Pflicht nach meiner Meinung nicht mehr wahrnehmen können, dann überlege ich mir — und das meine ich jetzt ein bißchen spaßhaft — , ob ich nicht meine Versetzung in den Auswärtigen Ausschuß beantragen und mich dort der Ländergruppe „M" zuwenden sollte, wie Malaysia, Madagaskar, Monaco, Malta.

(Heiterkeit)

Dann arbeitet man vielleicht ruhiger. Schönen Dank!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120500200
Meine Damen und Herren, es gibt keinen Zweifel, daß diese Ausführungen des Herrn Mitberichterstatters für die Bewertung dieses Gesetzes in zweiter und dritter Lesung von besonderer Bedeutung sein können. Aber die Aufgabe eines Mitberichterstatters besteht darin — wenn ein Bericht vorliegt — , konkrete Änderungen des Berichts vorzuschlagen.

(Jahn [Marburg] [SPD]: Wenn er das aber nicht kann?)

— Gut, wenn er das nicht kann, Herr Abgeordneter Jahn, ist das etwas anderes. Wenn dies jetzt aber nicht geschehen ist, dann ist das eben eine Mischung aus Berichterstattung und ergänzenden Ausführungen für eine materielle Diskussion dieses Komplexes gewesen. Darauf wollen wir uns einigen und damit auch die Möglichkeit geben, daß auch die anderen Mitberichterstatter dazu Stellung nehmen, wenn sie der Auffassung sind, daß die Darstellung des Kollegen Kühbachers als Mitberichterstatter nicht in Ordnung gewesen sei. — Dies ist nicht der Fall.
Dann können wir in die Aussprache eintreten. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gerster (Mainz).

Dr. Johannes Gerster (CDU):
Rede ID: ID1120500300
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gesetz, das heute hier verabschiedet werden wird, wurde im Dezember 1989 vom Kabinett beraten und in den Bundestag eingebracht. Die Opposition hatte gut drei Monate Zeit, es zu beraten. Wenn sie die Zeit nicht genutzt hat, ist das ihr Problem. Herr Kollege Kühbacher, ich finde es schlicht und ergreifend unanständig, daß Sie uns heute diesen Zeitdruck vorwerfen, nachdem wir auf Ihren Berichterstatter Lutz, der erkrankt war, Rücksicht genommen und die Beratungen um 14 Tage verschoben haben, was dann eben am Schluß zu der zeitlichen Enge geführt hat.

(Widerspruch bei der SPD)

So kann man nicht miteinander umgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eine zweite Bemerkung zu dem, was Sie inhaltlich gesagt haben. Wir haben — wie ja bekannt ist — den



Gerster (Mainz)

Tarifabschluß für Arbeiter und Angestellte auf die Beamten übertragen; das ist die Begründung für den Mehrbetrag von 60 DM für die Beamten, die Sie genannt haben. Sie hätten ja den Antrag stellen können, daß wir den Tarifabschluß nur für Teile der Beamtenschaft übernehmen und im übrigen kappen. Das haben Sie nicht gemacht, nein, Sie haben dem Gesetz zugestimmt.

(Jahn [Marburg] [SPD]: Finger weg!)

Also ist es auch unanständig, hier so zu tun, als gebe es einen Dissens zwischen uns und Ihnen. Sie haben dem Gesetz in diesem Punkt zugestimmt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich wenige Bemerkungen zu diesem Gesetz machen. Es ist keine Frage, daß der deutsche öffentliche Dienst im internationalen Vergleich eine Spitzenstellung einnimmt, was manche bei uns erst erkennen, wenn sie den öffentlichen Dienst mit Behörden im Ausland vergleichen. Die in Einzelfällen natürlich durchaus berechtigte Behördenkritik verstellt dann oft den Blick dafür, daß die Erfolge unserer Volkswirtschaft auch das Ergebnis einer effizienten Verwaltung sind, d. h. das Ergebnis der Arbeit qualifizierter und motivierter Beamter, Angestellter und Arbeiter im öffentlichen Dienst.
Wir wollen, daß das auch in Zukunft so bleibt. Dabei werden Riesenherausforderungen auch auf den öffentlichen Dienst zukommen. Stichworte wie die Vereinigung Deutschlands, der Europäische Binnenmarkt werden die öffentliche Verwaltung vor neue schwierige Herausforderungen stellen. Derzeit läuft bereits in Teilbereichen ein „Kampf" um qualifizierten Nachwuchs. Jeder weiß, daß Wirtschaft, Handel und Industrie bereit sind, für gute Leute gutes Geld zu zahlen. Wir dürfen nicht hinnehmen, daß sich Wirtschaft und Industrie die besten Nachwuchskräfte sichern und der öffentliche Dienst nur noch den Rest abbekommt.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Die steigende Zahl nicht besetzbarer Stellen vor allem in technischen Verwaltungen, beginnende Vollzugsdefizite in Teilen der Verwaltung, etwa im Umweltschutz, verlangen, daß wir drohenden Fehlentwicklungen rasch und wirksam begegnen.
Deshalb haben Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP mit dem vorliegenden Gesetzentwurf den bereits 1988 begonnenen Kurs fortgesetzt, auf der Basis des Strukturberichtes der Bundesregierung eben die Verwaltung besser zu befähigen, im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft besseren Nachwuchs zu bekommen.
Darüber hinaus haben wir die Besoldung vor allem im Zulagenbereich der Tarifentwicklung für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst sowie geänderten Funktionen, gestiegenen Anforderungen in vielen Verwaltungen angepaßt.
Ich kann hier nicht alle Maßnahmen nennen. Ich will nur darauf hinweisen, daß wir zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit den Bundesinnenminister ermächtigen, Sonderzuschläge für die Laufbahnen zu zahlen, wo Personalmangel dies verlangt.
Wir haben für die Techniker im einfachen und mittleren Dienst das Eingangsamt jeweils um eine Besoldungsgruppe angehoben. Die Polizeizulage wird auf 200 DM erhöht und unter bestimmten Voraussetzungen ruhegehaltsfähig.
Wir haben Beförderungschancen in vielen, vielen Teilbereichen eröffnet, etwa auch bei dem gehobenen technischen Dienst. Dort wurde eine neue Position A 13 + Z eingeführt.
Ich kann nicht alles nennen, aber ich glaube, daß hier insgesamt ein sehr ausgewogenes Paket geschnürt wurde, das nach den Gesichtspunkten Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gegenüber der Privatwirtschaft, keine Schlechterbehandlung der Beamten gegenüber den Arbeitern und Angestellten und Auffüllung derartiger Lücken, die in früheren Jahren in der Besoldung entstanden sind, gemacht worden ist.
Wir halten es auch für gerecht, daß Frauen, die ihren Dienst wegen der Erziehung ihrer Kinder unterbrechen, nicht schlechtergestellt werden als Frauen, die im Dienst verbleiben. Die bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Kindererziehung ist ein erklärtes politisches Ziel der CDU/CSU-Fraktion, aber auch der Bundesregierung. Wir haben deshalb vorgesehen, daß beim Besoldungsdienstalter je Kind bis zu drei Jahre der Kinderbetreuung wie Dienstzeit behandelt werden, und lassen den 1984 eingeführten Versorgungsabschlag im Rahmen des Übergangsrechtes wegfallen.
Meine Damen, meine Herren, wir haben, wie bekannt ist, eine Prämie für Ballungsgebiete eingeführt, wo sich vor allen Dingen für den einfachen und mittleren Dienst eine Reihe von Staus einfach deshalb ergeben, weil es bei hohen Wohnungskosten schwer ist, Nachwuchs aus dem einzelnen Bereich zu bekommen.
Lassen Sie mich zu all diesen Maßnahmen nur noch einen Zahlenblock nennen: Ihnen liegt ein Paket struktureller Besoldungsverbesserungen mit einem Gesamtvolumen von 3 Milliarden DM vor, wovon rund 2,4 Milliarden DM allein auf die Übernahme des Zulagentarifvertrages entfallen. Wen diese Zahlen erschrecken, der mag bedenken, daß nach dem Gutachten der Sachverständigen in diesem Jahr das Lohn- und Gehaltsniveau außerhalb des öffentlichen Dienstes immerhin um rund 37 Milliarden DM steigt. Es war daher gerecht und notwendig, auch die Einkommen der Beamten der allgemeinen Einkommensentwicklung anzupassen. Damit haben wir zugleich das Berufsbeamtentum, das sich nachweisbar bewährt hat, gestärkt.
Meine Damen, meine Herren, eine letzte Berner-kung: Die Sozialdemokraten wollen eine namentliche Abstimmung, weil sie mit dem Wegfall des Versorgungsabschlages nicht einverstanden sind. Ich darf Ihnen hier Ihren Antrag vom Arbeitskreis 8 aus dem letzten Jahr vorlesen. Da heißt es schlicht und ergreifend:
Es wird beantragt: Bei der Vergleichsberechnung wird für Beamte, die in der Zeit zwischen 1984 und 1992 aus Gründen der Kindererziehung vorn Dienst freigestellt worden sind oder Teilzeitarbeit



Gerster (Mainz)

geleistet haben, auf einen Versorgungsabschlag verzichtet.
Sie waren selbst vor einem halben Jahr noch der Meinung, dies tun zu müssen. Jetzt wird es abgelehnt.

(Fellner [CDU/CSU]: Die sind auch jetzt noch der Meinung! Die trauen sich nicht!)

Sogar durch eine namentliche Abstimmung soll das geschehen. Die Frauen werden es Ihnen danken.

(Widerspruch bei der SPD — Such [GRÜNE]: Das ist doch unsachlich!)

Lafontaine läßt grüßen. Hier soll eine neue Neiddiskussion in Gang gesetzt werden.

(Such [GRÜNE]: Sie schaffen mit Ihren Zulagen Neid!)

Weil Ihnen das Futter in der Politik ausgeht, werden mit derartigen Mätzchen Streitpunkte künstlich geschürt. Ich sage Ihnen, die Frauen werden es Ihnen danken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120500400
Herr Abgeordneter Gerster, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Johannes Gerster (CDU):
Rede ID: ID1120500500
Ja.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120500600
Herr Abgeordneter Penner, bitte!

Dr. Willfried Penner (SPD):
Rede ID: ID1120500700
Ganz abgesehen davon, daß unser Antrag damals unter ganz anderen tatsächlichen Voraussetzungen gestellt worden ist,

(Fellner [CDU/CSU]: Nein, nein, die haben sich nicht geändert!)

stelle ich an Sie die Frage: Trifft es zu, daß die Bundesregierung die CDU/CSU-Fraktion dringend gebeten hat, von einem solchen zusätzlichen Artikel Abstand zu nehmen?

Dr. Johannes Gerster (CDU):
Rede ID: ID1120500800
Kollege Penner, erstens war es natürlich derselbe Zusammenhang, als dieser Antrag von Ihnen vorgelegt wurde. Im Rahmen der Beamtenversorgungsrechtreform und der Rentenreform ist dies von Ihnen eingebracht worden. Es war also dieselbe Situation.
Zweitens. Unserem Selbstverständnis als Innenpolitiker entspricht es,

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben etwas zu sagen — im Gegensatz zu euch!)

daß nicht die Bundesregierung uns dringend rät, sondern daß wir der Bundesregierung raten und daß letztlich das beschlossen wird, was wir für richtig halten, und nicht das, was die Bundesregierung für richtig hält.
Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120500900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lutz.

Egon Lutz (SPD):
Rede ID: ID1120501000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es ja ganz rührend, daß Sie meinen Krankenhausaufenthalt hier als Entschuldigungsgrund nehmen.

(Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ich habe Rücksicht genommen!)

Tatsache aber ist, daß Sie erst in der letzten Woche Ihre Änderungsvorschläge vorgelegt haben.

(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

— Natürlich! Die Berechnungen sogar erst Anfang dieser Woche. Das ist die Wahrheit.

(Fellner [CDU/CSU]: Das ist falsch! Das ist schlicht und ergreifend falsch!)

Wenn sich der Haushaltsausschuß überfahren fühlt, wenn sich die Länder überfahren fühlen, wenn sich die Gewerkschaften überfahren fühlen, dann haben Sie das zu verantworten.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [fraktionslos] — Fellner [CDU/CSU]: Darf der einfach so lügen, Herr Präsident?)

— Herr Fellner, ich könnte es — —

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120501100
Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter Lutz.
Herr Abgeordneter Fellner, es gibt im Saal Mikrofone, die dafür errichtet worden sind, daß Zwischenfragen gestellt werden können. Es ist aber keine Zwischenfrage gestellt worden.
Bitte fahren Sie fort, Herr Abgeordneter Lutz.

Egon Lutz (SPD):
Rede ID: ID1120501200
Der Herr Abgeordnete Fellner hat Sie gefragt, ob ich so lügen darf. Ich weiß nicht, ich glaube, Sie rügen ihn jetzt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120501300
Herr Abgeordneter, ich bin nicht die Instanz, die unterscheiden muß, ob hier die volle, die reine, die lautere Wahrheit oder ob die geborene Wahrheit vorgetragen wird.

(Heiterkeit)

Das habe ich nicht zu entscheiden. Ich unterstelle, daß Sie nach bestem Gewissen Ihre Auffassung vortragen.

Egon Lutz (SPD):
Rede ID: ID1120501400
Herr Präsident, ich danke Ihnen. Ich mache das immer nach bestem Wissen und Gewissen.

(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich könnte es verstehen, wenn nicht wenige Kolleginnen und Kollegen nur mit Bauchschmerzen diesem Gesetzentwurf zustimmen werden.
Der Gesetzentwurf ist tatsächlich der vorläufige Schlußstrich unter das Bemühen, zu einer sinnvolleren Besoldungsstruktur zu gelangen. Der Versuch ist gescheitert. Mit diesem Gesetzentwurf werden eine Reihe offenkundiger Mißstände beseitigt, aber gleichzeitig wird der Strukturwirrwarr im öffentlichen Dienst vergrößert.
Warum das so ist, haben wir schon mehrmals dargelegt. Die Bundesregierung ist erst nach mehrjähriger Verzögerung und nach förmlicher Abmahnung



Lutz
durch den Gesetzgeber der Verpflichtung nachgekommen, einen Strukturbericht vorzulegen. Der Bericht blieb nach der Zensur durch den Finanzminister ein Torso und ist somit das, was die Regierung gerade noch für machbar hielt.
Der heute zur Abstimmung vorliegende Gesetzentwurf zieht nicht etwa die Folgerungen aus diesem Bericht, sondern er enthält eine Addition unabweisbarer Notwendigkeiten und des Befürfnisses, sich vor wichtigen Wahlen der Beamtenklientel in angenehme Erinnerung zu bringen

(Beifall bei der SPD — Beifall des Abg. Such [GRÜNE])

und des Versuchs, sich in Teilbereichen aus dem Renten- und Versorgungskompromiß herauszumogeln.

(Such [GRÜNE]: Ganz genau!)

Schließlich unternehmen Sie noch den untauglichen Versuch, die von Ihnen herbeigeführte katastrophale Lage auf dem Wohnungsmarkt durch eine Ballungsprämie zu heilen. Eine vernünftigere Lösung, die Ballungsraumzulage, haben Sie abgelehnt. Zur vernünftigsten Lösung einer den Anforderungen gerecht werdenden Wohnungs- und Mietenpolitik sind Sie nicht fähig.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sag das mal dem Kronawitter!)

Notwendig war es, die Besoldung der unteren und mittleren Einkommensgruppen anzuheben. Das ist teilweise gelungen, aber eben nur teilweise. Von den Anhebungen der Grundgehaltssätze im einfachen Dienst werden alle die Beamten nicht erreicht, die bereits ihr Endgehalt erreicht haben.
Notwendig war die Übertragung des Tarifkompromisses in Sachen Zulagen auf die Beamtenschaft. Doch wieder sind es die einfachen Beamten, die mit Recht beanstanden, daß ihre Stellenzulage nur um 60 DM steigt, die der vergleichbaren Arbeiter und Angestellten aber um 83 DM.
Notwendig waren die Verbesserungen für Polizei und Feuerwehr, Grenzschutz und Zoll, für Soldaten und Beamte des Justizvollzugs, für Techniker und Ingenieure und für eine Reihe weiterer Gruppen mehr. Aber täuschen wir uns nicht: Die Begeisterung darüber wird sich im einfachen und mittleren Dienst in Grenzen halten.
Notwendig war zweifellos auch, daß dieses Gesetz arbeitsmarktpolitischen Erfordernissen des öffentlichen Dienstes Rechnung trägt, also Konsequenzen aus der Tatsache zieht, daß der öffentliche Dienst längst nicht so attraktiv ist, wie man in den Zeitungen grob verallgemeinernd lesen kann. Hier geht man immer von den komfortablen Ecken aus und sieht nicht das Heer der Beamtinnen und Beamten, die, gemessen, an ihrer Aufgabe, oft mehr schlecht als recht besoldet werden, die allerdings von den Ministerialbeamten dann oft vorgeschoben werden, wenn für sie etwas zu holen beabsichtigt wird.

(Beifall bei der SPD)

Nicht alle der heute zu beschließenden Verbesserungen allerdings atmen den Geist des Unabweisbaren. Hier sind Sie angesichts der bevorstehenden
Landtagswahlen ganz offensichtlich nach dem Prinzip verfahren: Wer jetzt am lautesten schreit, bekommt noch einen Zuschlag.

(Regenspurger [CDU/CSU]: Das stimmt gar nicht! Sonst müßte die SPD den Zuschlag bekommen!)

Ich weiß nicht, ob das sehr klug ist. Der Gesetzgeber ist Treuhänder des Geldes der Steuerzahler. Wann immer er in die Rolle des Weihnachtsmannes oder des politischen Osterhasen schlüpft, merkt man die Absicht, und man ist verstimmt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120501500
Herr Abgeordneter, Sie gestatten eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Gerster?

Egon Lutz (SPD):
Rede ID: ID1120501600
Aber bitte, Herr Gerster. Vizepräsident Stücklen: Bitte schön.

Dr. Johannes Gerster (CDU):
Rede ID: ID1120501700
Kollege Lutz, sagen Sie doch einmal, warum Sie dem Gesetz zustimmen.

Egon Lutz (SPD):
Rede ID: ID1120501800
Das werde ich Ihnen schon noch sagen.
Ihre Sorgfaltspflicht — das muß ich leider sagen — wird auch in diesem Gesetz immer ausgeprägter, je höher sie in den Besoldungsstufen steigen. Schon von der Optik her erhält der Entwurf damit eine Schieflage, die man besser vermieden hätte. Deshalb haben wir uns entschlossen, zumindest an einer Ecke die Zustimmung zu verweigern, nämlich im B-Bereich, bei der im Ministerium selbst spöttisch so genannten Armenliste der Direktoren und Präsidenten. In zwei Fällen hätten wir uns mit Ihrer Vorstellung einverstanden erklären können.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Ihr seid vielleicht Helden! Mein Gott, wie mutig!)

Die Gesamtheit macht's, die uns zornig stimmt. Unser Verdacht ist sicher nicht von der Hand zu weisen, daß die Höherstufungen von heute zwangsläufig einen Rattenschwanz weiterer Begehren demnächst nach sich ziehen werden.
Geradezu skandalös aber ist die von Ihnen beabsichtigte nachträgliche Korrektur der Reform der Beamtenversorgung, die wir im vorigen Jahr im Konsens verabschiedet haben. Jetzt wollen Sie wieder eine Gruppe von Beamtinnen, die sich wegen der Kindererziehung vom Dienst beurlauben ließen, zusätzlich gegenüber den Arbeitnehmerinnen bevorzugen, die in der Rentenversicherung versichert sind

(Regenspurger [CDU/CSU]: Wir beseitigen einen Nachteil!)

und dort nur 28,79 DM je Kind und Monat erhalten.

(Heyenn [SPD]: Genauso ist das! Ein Skandal!)

Man hätte mit uns darüber reden können, Herr Regenspurger, wenn gleichzeitig und gleichwertig die Lage der rentenversicherten Arbeitnehmerinnen verbessert worden wäre.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [fraktionslos])




Lutz
Aber da verweigern Sie sich ja hartnäckig, schon damals, vor einem Jahr — deswegen kam der Kompromiß nicht zustande — , und heute wieder.

(Fellner [CDU/CSU]: Wie war das mit dem Antrag von Ihrem Arbeitskreis VIII?)

Mit diesem Betrugsmanöver verabschieden Sie sich vom Rentenkonsens und entfachen — —

(Fellner [CDU/CSU]: Wie war das mit dem Antrag vom Arbeitskreis VIII?)

— Das sage ich Ihnen doch, Herr Fellner. Wenn Sie nur einmal zuhören könnten.

(Fellner [CDU/CSU]: Es interessiert besonders, wie das war!)

Schalten Sie einmal Ihren Mund aus und Ihr Gehirn ein und hören Sie zu.

(Beifall bei der SPD)

Damals hätten wir diesen Kompromiß gemacht, für die Arbeiterinnen und für die Beamtinnen. Das haben Sie abgelehnt.

(Fellner [CDU/CSU]: Wie war das mit dem Antrag?)

Deswegen ist die Geschäftsgrundlage entfallen. — Er hat immer noch seinen Mund ein- und das Gehirn ausgeschaltet.
Sie entfachen erneut die öffentliche Auseinandersetzung um Fragen der Kindererziehungsjahre in der Rentenversicherung, um einen eigenen Altersversorgungsbeitrag der Beamten, um die Rentenversicherungsbeiträge für Arbeitslose, um den Bundeszuschuß und um die Lebensarbeitszeit. Sie zahlen einen hohen Preis dafür, daß Sie sich Lobbyisteninteressen gebeugt haben, und zerstören die sorgfältig austarierte Situation der langfristigen Sicherung von Rente und Versorgung.

(Beifall bei der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/ CSU]: Ach du lieber Gott! Warum stimmen Sie dann zu?)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120501900
Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Unruh?

Egon Lutz (SPD):
Rede ID: ID1120502000
Ich muß wohl, Herr Präsident.

(Heiterkeit bei der SPD)


Gertrud Unruh (GRÜNE):
Rede ID: ID1120502100
Sie werden es überleben.

(Lutz [SPD]: Aber sicher, Frau Unruh!)

Die Renten sind ja um 3,1 % erhöht worden; das deckt den Lebensstandard überhaupt nicht ab. Meine Frage ist: Meinen Sie nicht, daß die Lobby hier im Deutschen Bundestag für die Beamten deshalb so gut ist, weil viel zuviel Beamte im Deutschen Bundestag sitzen?

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Egon Lutz (SPD):
Rede ID: ID1120502200
Frau Unruh, ich kann Ihnen die Frage nicht beantworten. Ich unterstelle aber, daß fast jeder Beamte, der hier sitzt, verantwortungsvoll entscheidet.
Zurück zum Thema. Sie setzen mit diesem Gesetz noch etwas drauf und schaffen höchst komfortable Versorgungssonderregelungen für kommunale Wahlbeamte und für Hochschullehrer. War es wirklich nötig, daß Sie mit solchen Beschlüssen die Akzeptanz der Beamtenversorgung durch die nichtverbeamteten Steuerzahler erneut gefährden? Bedenken Sie das. Noch können Sie sich korrigieren.
Mit unserem Antrag auf namentliche Abstimmung und damit Ablehnung des Art. 3 a Nr. 16 in der Ausschußfassung bieten wir Ihnen hierzu die letzte Chance.
Wir werden dem Gesetz in dritter Lesung — Herr Gerster, um Ihre Frage zu beantworten — zustimmen, weil sehr viele Verbesserungen für kleine Beamte enthalten sind.
Unsere Forderung nach einer Besoldungsstruktur, die dem Aufgabenwandel in weiten Bereichen des öffentlichen Dienstes gerecht wird, die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes gegenüber der privaten Wirtschaft sichert, die Grundsätze einer funktionsgerechten Bezahlung beachtet und die Entwicklung im Verhältnis zur DDR und zur Europäischen Gemeinschaft im Auge behält, ist mit diesem Gesetz wieder einmal nicht erfüllt worden. Um eine solche gründliche Überarbeitung von Dienstrecht und Besoldungsstruktur wird der Gesetzgeber in der nächsten Legislaturperiode nicht herumkommen. Wenn er sich an die Reform wagt, wird er sehr schnell feststellen, daß eine Strukturreform nicht auf dem Wege der wundersamen Besoldungsvermehrung zu bewältigen ist, sondern in einer sorgfältig abgewogenen, austarierten, leistungsfähigen und leistungsorientierten Besoldungsstruktur.
Es wäre viel gewonnen, wenn wir es schafften, ein Dienstrecht zu entwickeln, das mehr Bewegungsspielraum böte und zu einer leistungs- und verantwortungsgerechteren Dienstpostenbewertung führte. Alle elf Parlamente seit 1949 haben es nicht geschafft. Ich kann dem nächsten, dem zwölften, dazu nur Glück wünschen und hoffen, daß dann eine Regierung besteht, die den Willen und den Mut zur Reform aufbringt; die jetzige hat ihn nicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120502300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Richter.

Manfred Richter (FDP):
Rede ID: ID1120502400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die abschließende Beratung des Strukturgesetzes 1990 stehen uns leider nur 30 Minuten zur Verfügung.

(Koschnick [SPD]: Allerdings! Aber nicht so schnell!)

— Hans, das habe ich von dir.
Diese Zeit wird keineswegs der Bedeutung dessen, was wir heute an weiteren strukturverbessernden Maßnahmen für den öffentlichen Dienst beschließen, gerecht. Nach Jahren des Stillstands und der Spareingriffe zu Lasten der Einkommen im öffentlichen Dienst, in denen nicht immer eine volle Anpassung der Beamtenbesoldung an die wirtschaftliche Entwicklung oder eine nahtlose Übertragung von Tarif-



Richter
verträgen für den öffentlichen Dienst auf die Beamtenschaft gelungen war, kann das Ergebnis der Politik der Koalitionsfraktionen für den öffentlichen Dienst in der elften Legislaturperiode bereits jetzt als nachhaltiger Erfolg gewertet werden. Neben der Rücknahme von Spareingriffen in entscheidenden Punkten — erwähnt sei hier nur § 55 des Beamtenversorgungsgesetzes — und neben der vollen Übertragung von Tarifergebnissen auf die Beamtenschaft sind zusätzliche Schritte zur Verbesserung der Besoldungsstruktur gemacht worden.
Gerade zu Beginn der Legislaturperiode hat es allerdings immer wieder des dringenden Appells des Parlaments bedurft. Erst nach mehrfacher Anmahnung wurde vom damaligen Innenminister der Strukturbericht vorgelegt. Das Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988 wurde auf Initiative des Parlaments mit weiteren Besoldungsstruktur-maßnahmen, insbesondere für den einfachen und mittleren Dienst, angereichert.
Auch das Strukturgesetz ist durch weitere Verbesserungen ergänzt worden. Ich will wegen der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit nur einige herausgreifen.
Die FDP hat sich bei den Beratungen im Innenausschuß nachhaltig dafür eingesetzt, daß schwerpunktmäßig für die unteren und mittleren Einkommensgruppen und für die Erhaltung und Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter in den Bereichen Maßnahmen ergriffen werden, in denen der öffentliche Dienst einen schwierigen Wettbewerb zur freien Wirtschaft zu bestehen hat. Ich will nicht leugnen, daß sich die FDP gerade in diesem Bereich mehr vorgestellt hatte, da z. B. wegen der Festschreibung der Bundesbankzulage die Diskrepanz bei der Gehaltsentwicklung zwischen Bundesbank und Kreditinstituten besonders gravierend ist. Die Gründe, woran das gescheitert ist, sind bekannt.
Auch die Verbesserung der Technikerbesoldung war für die FDP immer ein besonderes Anliegen, da qualifizierter Ingenieurnachwuchs im öffentlichen Dienst ausbleibt. Wir werden darauf achten, daß die vorgesehene Verordnung materiell den besonderen Gegebenheiten Rechnung trägt.
Das heutige Ergebnis ist in diesem Punkt unbefriedigend. Stellenbesetzungsprobleme bei Post und Bahn sind bereits heute unübersehbar. Auch die zunehmenden Umweltprobleme erfordern gerade im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich höchstqualifiziertes Personal.
Die FDP begrüßt ausdrücklich, daß die Stellenzulage für Polizeibeamte angehoben wird. Bereits im Juni des vergangenen Jahres haben die Kollegen Hirsch, Lüder und ich darauf hingewiesen, daß die Aufgaben der Polizei in den letzten Jahren außerordentlich gewachsen sind und Überstunden sowie Wechselschichtdienst die Gesundheit der Polizeibeamten und ihr familiäres Leben erheblich belasten. Bereits damals haben wir gefordert, die Polizeizulage zu erhöhen. Es hat lange gedauert, bis die Innenminister der Länder sich unserer Forderung zur notwendigen Verbesserung der Einkommen der Polizeibeamten angeschlossen haben.
Auch die Verbesserung für bestimmte Laufbahnen des Justizdienstes war nicht länger auf die lange Bank zu schieben. Nach Auffassung der FDP war es aus Gründen der Gleichbehandlung geboten, nicht nur für Rechtspfleger ein neues Spitzenamt A 13 Z zu schaffen, sondern auch vergleichbare Verbesserungen den Amtsanwälten zukommen zu lassen, die neben einer abgeschlossenen Ausbildung als Rechtspfleger auch eine weitere Ausbildung im Straf- und Strafprozeßrecht nachweisen müssen.
Strukturverbesserungen greifen nur bei Besoldungsempfängern. Versorgungsempfänger sind davon ausgeschlossen. Ich wiederhole deshalb meine dringliche Bitte an den Bundesinnenminister, bei zukünftigen Strukturverbesserungen Vorschläge für Ausgleichsmaßnahmen für diesen Personenkreis zu machen. Bereits die von den Gewerkschaften und Arbeitgebern vereinbarte Arbeitszeitverkürzung und die daraus resultierende geringe Einkommensteigerung im öffentlichen Dienst in den Jahren 1989 und 1990 ging vor allen zu Lasten der Versorgungsempfänger.
Die Bundestagsfraktionen der FDP und der CDU/ CSU sowie die Bundesregierung zeigen mit diesen Verbesserungen erneut, daß sie sich ihrer Verantwortung für einen funktionsfähigen öffentlichen Dienst bewußt sind und auch gemeinsam danach handeln.
Erfreulich ist, daß der Bundesfinanzminister dem Vorschlag des Bundesinnenministers gefolgt ist, unter Vorbehalt Abschlagszahlungen zu ermöglichen, da die Angestellten schon im März für die durch Tarifvertrag erhöhten Zulagen rückwirkende Zahlungen erhalten haben. Die Überlegungen von SPD-Abgeordneten zur Einführung einer örtlichen Zulage lehnen wir ab, weil der Vorschlag auf die Wiedereinführung des alten Ortszuschlages S hinausläuft und insofern einen Rückschritt in der Struktur der Besoldung bedeutet.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120502500
Darf ich um Aufmerksamkeit bitten; es reden jetzt noch der Abgeordnete Such und der Parlamentarische Staatssekretär Spranger. Dann kommen eine ganze Reihe von Abstimmungen, bevor die namentliche Abstimmung erfolgt. Deshalb bitte ich die Kolleginnen und Kollegen, sich hier rechtzeitig einen Platz zu sichern.
Das Wort hat nun der Abgeordnete Such. Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Manfred Such (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1120502600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einmal mehr muß das Parlament per Gesetz Gehaltserhöhungen festlegen, während die Betroffenen, weil sie Beamte oder Beamtinnen sind, tarifpolitisch entmündigt sind. Ich kann hierzu nur den bekannten Grundsatzeinwand der GRÜNEN wiederholen. Es muß endlich eine schrittweise Umwandlung von Beamten- und Angestelltenverhältnissen in Gang kommen, damit Tarifpartner und Tarifpartnerinnen diese Fragen direkt miteinander regeln können und Beamtengruppen von der Fessel, nicht streiken zu dürfen, befreit werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)




Such
Wie dringend eine tarifpolitische Neuregelung ist, zeigt auch das zurückliegende Beratungsverfahren einmal mehr. Die Parlamentarier sind offensichtlich überfordert, binnen kürzester Zeit eine Fülle von Regelungsvorschlägen und Änderungen zu erfassen und in Sitzungen kurzfristig zu beurteilen. Seien wir da ganz ehrlich: Die Entscheidungen sind unter solchen Bedingungen maßgeblich von Regierungsbeamten beeinflußt, die sich ausschließlich auf ein Thema konzentrieren können. Weitere Beispiele zu dieser Problematik sind momentan im Ausländerrecht oder in der Datenschutznovelle erkennbar.
Manche Kollegen und Kolleginnen, die hier offen kapitulieren, z. B. Herr Hirsch, sind allerdings auch selber verantwortlich für diese Selbstentmachtung des Parlaments, wenn nämlich die Koalitionsfraktionen, z. B. im Innenausschuß, es ablehnen, die neue Geschäftsordnungsbefugnis anzuwenden, wonach Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an Ausschußsitzungen teilnehmen können. Diese hier beschlossene Geschäftsordnungsänderung wird so hintertrieben, werte Kolleginnen und Kollegen. Das ist ein Dilemma

(Beifall des Abg. Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE])

in diesem Gesetz, das nicht mehr überblickt werden kann. Aber das nur am Rande.
Wir halten in der Sache Einkommensverbesserungen für Beamtinnen und Beamte bzw. Anpassungen an die Teuerungen und allgemeinen Gehaltsverhältnisse selbstverständlich für notwendig. Der Skandal ist, daß es sich hier nicht nur um Verbesserungen bei den unteren Gehaltsgruppen handelt, sondern daß die höchsten Gehaltsgruppen an diesen Verbesserungen teilnehmen. Das ist im Grunde unerträglich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Allerdings kritisieren wir darüber hinaus, was für ein Stückwerk hier mit einem kaum noch überschaubaren System von Zulagen für einzelne Gruppen betrieben wird. Es wäre wirklich an der Zeit, eine Aufstellung über das Zulagenunwesen zu fordern. Gerade in diesen Bereichen ist es dringend vonnöten, die Zulagen insbesondere in den unteren Gruppen den Gehältern zuzuschlagen und so grundsätzlich ruhegehaltfähig zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Flickschusterei und das Ausgleichen von Schwierigkeiten auf anderen Gebieten durch Zulagen werden besonders in der sogenannten Ballungsraumzulage deutlich. Obwohl wir die Belastung der Betroffenen genau kennen, ist dies ein ungeeignetes Mittel zum notdürftigen Lindern von Problemen auf dem Wohnungsmarkt und von regionalen Ungleichgewichten. Hier wären ganz andere Maßnahmen nötig, insbesondere Mietpreisbindungen und andere Initiativen auf diesem Sektor. Mit dieser Ballungsraumzulage unterläuft die Bundesregierung die jahrelangen Kämpfe der Gewerkschaften, z. B. der ÖTV, die es 1973 endlich erreicht haben, das Ortsklassenrecht abzuschaffen. Mit dieser Ballungsraumzulage lenken Sie von der verfehlten Wohnungspolitik ab, schaffen neue Klassen innerhalb der Beamtinnen und Beamten und durchkreuzen gewerkschaftliche Errungenschaften.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zusammenfassend kann ich für meine Fraktion erklären, daß wir das Ergebnis der Gehaltserhöhung, allerdings nur in den unteren Beamtengruppen, mittragen, die Wege hierzu aber mißbilligen müssen. Insofern werden wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120502700
Meine Damen und Herren, darf ich noch einmal bitten, die Plätze einzunehmen, soweit noch Sitzmöglichkeiten vorhanden sind. Wir haben eine ganze Reihe von wichtigen Abstimmungen durchzuführen, bevor wir zur namentlichen Abstimmung kommen.
Ich erteile das Wort dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Spranger. Bitte sehr.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1120502800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst die drei Fragen des Kollegen Kühbacher beantworten.
Zuerst zu der Frage nach der Harmonisierungszulage. Herr Kollege Kühbacher, nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung und auch nach dem Ziel des Tarifvertrags, einen allgemeinen Ausgleich zu schaffen, waren die Tarifergebnisse auf alle Beamten zu übertragen. Die Bundesregierung lehnt Überlegungen zu einer Kappung oberhalb bestimmter Einkommensgrenzen, wie sie von Ihnen und auch sonst in der Diskussion von der Opposition vorgetragen wurden, als leistungsfeindlich und nivellierend ab. Ich meine, eine kleinkarierte Neidhammelpolitik nützt uns auch hier nichts.
Zu der Schimanski-Regelung, wie Sie sie bezeichnet haben: Sie wissen sehr gut, daß es Stichtagregelungen immer schon gegeben hat und daß es eine allgemeine strukturelle Anpassung der Versorgung nicht gibt und auch hier in dem Gesetz nicht geben sollte.
Zu der dritten Frage, zu den Kosten. Diese 2,4 Milliarden DM enthalten die Kosten für jene Versorgungsempfänger, die ab dem Stichtag in den Ruhestand treten. 4 Milliarden DM wären die Kosten bei einer allgemeinen Übertragung und Rückwirkung auf alle Versorgungsempfänger. Sie wissen, daß das nicht gewollt und auch verfassungsrechtlich nicht geboten war. Daß Ihre Bedenken und auch die Bedenken der übrigen hier nicht so gravierend sind, ergibt sich daraus, daß Ihre Fraktion dem Gesetz letztlich zustimmen wird.
Meine Damen und Herren, im Mittelpunkt der Dienstrechtspolitik der Bundesregierung steht die Notwendigkeit, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu erhalten. Der öffentliche Dienst muß im Wettbewerb um qualifiziertes Personal bestehen können. Im Hinblick auf den Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt, der wegen der demographischen Entwicklung eher noch steigen dürfte, gewinnt dieses



Parl. Staatssekretär Spranger
Anliegen auch zunehmend an Bedeutung. Den öffentlichen Dienst für leistungsbereite, leistungsfähige Bewerber attraktiv zu machen und zu erhalten, aber auch die vorhandenen Mitarbeiter für ein Verbleiben im öffentlichen Dienst zu motivieren, setzt mehr denn je angemessene Arbeitsbedingungen voraus.
Hier kommt es entscheidend auf ein bewertungs-
und leistungsgerecht gestaltetes Bezahlungssystem an. Es wäre realitätsfern, anzunehmen, gute Bewerber könnten gewonnen werden, ohne daß das Verhältnis zwischen den gestellten Anforderungen und den finanziellen Gegenleistungen stimmt. Insoweit besteht zwischen dem öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft kein gravierender Unterschied.
Die Bundesregierung hat nach dieser Prämisse gehandelt, mit dem dienstrechtlichen Strukturbericht 1988 eine längerfristige Gesamtperspektive eröffnet. Durch das Besoldungsanpassungsgesetz in demselben Jahr konnten bereits wichtige Punkte des Konzeptes verwirklicht werden. Der heute hier zur Beschlußfassung vorliegende Entwurf des Fünften Besoldungsrechtsänderungsgesetzes setzt auf der Linie des Strukturberichtes den Weg einer sachgerechten Weiterentwicklung des Dienstrechtes konsequent fort.
Aufgaben und Anforderungsstrukturen des öffentlichen Dienstes sind einem steten Wandel unterworfen. Der Dienstrechtspolitik obliegt es als Daueraufgabe, diesen Veränderungen Rechnung zu tragen. Die Bundesländer teilen diese Erkenntnis; sie stimmen mit der Bundesregierung darin überein, daß ein Besoldungsstrukturgesetz 1990 zur Lösung dringender Strukturprobleme erforderlich ist. Es war daher nur folgerichtig, daß der Bundesrat im ersten Durchgang gegen das Gesetzesvorhaben keine grundsätzlichen Einwände erhoben hat. Den Änderungswünschen der Länderkammer hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung weitgehend zugestimmt.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält maßvolle, aber deutliche Verbesserungen. Auch der Innenausschuß hat zusätzliche Strukturregelungen vorgeschlagen. Ich kann hier auf Einzelheiten verzichten. Regierungsvorlage und Ausschußempfehlungen ergeben jedenfalls ein Strukturpaket, das sich sehen lassen kann. Wir sind in der Besoldungsstruktur ein weiteres, wesentliches Stück vorangekommen. Das ist ein Erfolg der Dienstrechtspolitik der Bundesregierung, der Beachtung und Anerkennung verdient.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120502900
Ich darf die allgemeine Aussprache damit für beendet erklären.
Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften in der Ausschußfassung, Drucksachen 11/6542 (neu) und 11/6835. Die Fraktion der SPD hat getrennte Abstimmung verlangt; es wird so verfahren.
Ich rufe auf Art. 1 Nr. 1 bis 9b. Wer stimmt zu? — Wer ist dagegen? —

(Jahn [Marburg] [SPD]: Die spielen nicht mehr mit! — Dr. Vogel [SPD]: Die stimmen überhaupt nicht! — Weitere Zurufe)

— Einen Moment! Bin ich akustisch nicht verstanden worden? — Gestatten Sie mir, daß ich mich selbst mit der Akustik in Zweifel ziehe und die Abstimmung wiederhole, damit ich ein klares Bild bekomme.
Wer ist dafür?

(Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Herr Präsident, sagen Sie uns, über was Sie abstimmen! Wir haben nichts verstanden! — Weitere Zurufe — Abg. Kraus [CDU/CSU] meldet sich zu Wort)

— Sie haben mir was zu sagen, Herr Abgeordneter Kraus.

Rudolf Kraus (CSU):
Rede ID: ID1120503000
Ich bitte, Herr Präsident, den Antrag noch einmal mit klarer Bezeichnung zu verlesen. Wir haben das hier nicht verstanden.

(Zurufe von der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120503100
Herr Abgeordneter, diese Bemerkung war nicht erforderlich.
Ich frage: Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? —

(Beifall bei der SPD — Heiterkeit — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wir wissen nicht, was das für ein Antrag ist! — Dr. Schäuble [CDU/ CSU]: Worüber stimmen wir denn ab? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU — Abg. Eimer [Fürth] [FDP] meldet sich zu Wort)

— Herr Abgeordneter Eimer, wir sind in der Abstimmung. Nur wenn Ihr Beitrag zur Abstimmung beitragen könnte, kann ich ihn zulassen.

Norbert Eimer (FDP):
Rede ID: ID1120503200
Herr Präsident! Wenn wir abstimmen sollen, müssen wir doch wissen, über was wir abstimmen. Wenn Sie nur fragen: „Wer ist dafür, wer ist dagegen?", können wir es nicht wissen. Es wurde hier der Wunsch geäußert, daß Sie wiederholen, über was wir abstimmen sollen, für oder gegen welchen Antrag wir sein sollen.

(Dr. Vogel [SPD]: Zweimal abstimmen reicht!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120503300
Meine Damen und Herren, ich habe Art. 1 Nr. 01 bis 9b aufgerufen,

(Dr. Vogel [SPD]: Zum dritten Mal!) und darüber habe ich abstimmen lassen.


(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: In der Ausschußfassung?)

Darüber ist abgestimmt worden.

(Zurufe von der CDU/CSU: Nein!) Damit ist dieser Artikel angenommen.


(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)




Vizepräsident Stücklen
Meine Damen und Herren, ich bitte, sich bei der Abstimmung zu konzentrieren.

(Beifall bei der SPD)

Die einzige Entschuldigung wäre, daß es akustisch nicht ankommt.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Das ist etwas anderes. Ich versuche, die Lautstärke noch einmal etwas zu erhöhen. — Ist es jetzt besser geworden?

(Zurufe: Ja!)

Es ist der Nachteil in diesem Plenarsaal,

(Dr. Vogel [SPD]: Die schlafen doch!)

Herr Abgeordneter Vogel, daß die hinteren Reihen, die ihre Plätze unter der Tribüne haben, es akustisch tatsächlich nur schwer mitbekommen.

(Such [GRÜNE]: Auch hier vorne!) Ich rufe Art. 1 Nr. 10 auf:


(Dr. Schäuble [CDU/CSU]: In welcher Fassung?)

— Alles in der Ausschußfassung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Darum geht es!)

Ich wiederhole, daß ich den Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften in der Ausschußfassung aufgerufen habe. Ich bitte darum, daß Sie sich selbst gut überlegen, wie Sie abstimmen.
Wer stimmt dafür? — Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Na endlich klappt es wieder.

(Heiterkeit)

Art. 1 Nr. 10 ist mit Mehrheit angenommen.

(Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Völlig klar!)

— Die nicht vorhandene Klarheit ist also nicht fraktionsgebunden, sondern allgemein.
Herr Abgeordneter Jahn, ist es verstanden worden? Das ist wichtig.

Gerhard Jahn (SPD):
Rede ID: ID1120503400
Herr Präsident! Dies war ein Gruppenantrag, und diejenigen, die ihn eingebracht haben, haben dafür gestimmt. Es ist überhaupt kein Grund, hier Verwirrung zu sehen. Es ist ein einfacher und völlig klarer Vorgang.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120503500
Ich lasse also über diese Einfügung abstimmen. Wer für diesen Änderungsantrag stimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Der Änderungsantrag, der hier eingebracht worden ist, ist damit abgelehnt.
Herr Abgeordneter Kühbacher, jetzt sind Sie an der Reihe zu einer Erklärung zu Art. i Nr. 11 Buchstabe k zu Vorbemerkung Nummer 27, Abs. 1 e.

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120503600
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um den Ausschußbericht, hier konkret um die Seite 18. Ich hatte vorhin die Regierung gefragt, welche Begründung sie denn habe in Vorbemerkung Nr. 27 Absatz 1 den Buchstaben e einzufügen. Der Parlamentarische Staatssekretär Spranger hat für das Plenum laut und deutlich gesagt, es handle sich um die Übernahme des im Frühjahr abgeschlossenen Tarifvertrages für Angestellte und Arbeiter auf die Beamten.

(Jahn [Marburg] [SPD]: Für den Bundeskanzler!)

Dies ist für die Vorbemerkung Nr. 27 Abs. 1 Buchstaben a, b, c und d korrekt. Aber für Buchstabe e, Herr Staatssekretär, ist das nicht korrekt; denn die Tarifverhandlungen der ÖTV und DAG haben für die Arbeiterinnen und Arbeiter im öffentlichen Dienst und nicht für Mitglieder der Bundesregierung stattgefunden. Es geht also bei dem Buchstaben e allein um die Ministerialbeamten in der B-Gruppe, um die Generale in der B-Gruppe, um die Obristen in der B-Gruppe und um die Mitglieder der Bundesregierung, um die Staatssekretäre. Der Kollege Gerster hatte mich aufgefordert, ich solle doch Mut beweisen und die Streichung beantragen. Ich beantrage hiermit die Streichung des Buchstabens e.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120503700
Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag zu Art. 1 Nr. 11, Buchstabe k zu Vorbemerkung Nummer 27 Abs. 1 e. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenstimmen? — Enthaltungen? — Bei einzelnen Enthaltungen aus den Fraktionen der CDU/CSU und FDP ist dieser Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe Art. 1 Nr. 11 und Nr. 12 auf. Ich sage noch einmal: Gemeint ist immer die Ausschußfassung. Wer stimmt dafür? — Gegenprobe! — Enthaltungen? —Ohne Gegenstimmen und bei Enthaltung der Fraktion DIE GRÜNEN ist Art. 1 Nr. 11 und 12 in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Art. 1 Nr. 13 auf. Wer stimmt dafür? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen überwiegend aus der Fraktion DIE GRÜNEN ist Art. 1 Nr. 13 angenommen.
Ich rufe Art. 1 Nr. 14 auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Damit ist Art. 1 Nr. 14 angenommen.
Ich rufe Art. 1 Nr. 15 bis 18 auf. Wer stimmt dafür? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ohne Gegenstimmen und bei Enthaltungen aus der Fraktion DIE GRÜNEN ist Art. Nr. 15 bis 18 mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die Art. 1 a bis 3. Wer stimmt dafür? — Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Enthaltungen aus



Vizepräsident Stücklen
der Fraktion DIE GRÜNEN. Damit sind die Art. 1 a bis 3 mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 3 a Nr. 1 bis 11 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Keine Gegenstimme. Enthaltungen? — Enthaltungen aus der Fraktion DIE GRÜNEN. Mit großer Mehrheit ist Art. 3 a Nr. 1 bis 11 angenommen.
Ich rufe Art. 3 a Nr. 12 auf. Wer dafür stimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen aus der Fraktion DIE GRÜNEN ist Art. 3 a Nr. 12 mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 3 a Nr. 13 auf. Wer stimmt dafür? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen aus der Fraktion DIE GRÜNEN ist Art. 3 a Nr. 13 mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 3 a Nr. 14 und 15 auf. Wer stimmt dafür? — Gegenprobe! — Keine Gegenstimme. Enthaltungen? — Enthaltungen aus der Fraktion DIE GRÜNEN. Damit ist Art. 3 a Nr. 14 und 15 mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 3 a Nr. 16 in der Ausschußfassung auf. Zu dieser Einzelvorschrift, deren Annahme der Ausschuß mehrheitlich empfiehlt, verlangt die SPD eine namentliche Abstimmung. Es wird so verfahren.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung. — Meine Damen und Herren, ist noch ein Mitglied des Hauses da, das die Absicht hat, sich an der Abstimmung zu beteiligen? — Das scheint nicht der Fall zu sein. Ich schließe die namentliche Abstimmung und bitte um rasche Auszählung. —
Ich teile das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Art. 3 a Nr. 16 der Ausschußfassung mit: abgegebene Stimmen 366, davon ungültige Stimmen keine. Mit Ja haben gestimmt 216, mit Nein haben gestimmt 149, 1 Enthaltung.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 365; davon
ja: 215
nein: 149
enthalten: 1
Nein
SPD
Frau Adler
Amling
Bachmaier
Bahr
Becker (Nienberge) Frau Becker-Inglau Bernrath
Bindig
Dr. Böhme (Unna) Brandt
Brück
Büchler (Hof) Büchner (Speyer)
Dr. von Bülow Buschfort
Conradi Daubertshäuser
Dr. Diederich (Berlin) Diller
Dr. Ehrenberg Dr. Emmerlich Erler
Esters
Ewen
Frau Faße
Frau Ganseforth Dr. Gautier
Gilges
Frau Dr. Götte Großmann
Haack (Extertal)

Frau Hämmerle
Frau Dr. Hartenstein Hasenfratz
Dr. Hauchler Häuser
Heistermann Heyenn
Hiller (Lübeck) Huonker
Ibrügger
Jahn (Marburg)

Jaunich
Dr. Jens
Jung (Düsseldorf) Jungmann (Wittmoldt) Frau Kastner
Kiehm
Kirschner
Kißlinger
Klose
Koltzsch
Koschnick Kretkowski Dr. Kübler Kühbacher Lambinus
Leonhart
Lohmann (Witten)

Lutz
Frau Matthäus-Maier Menzel
Müller (Düsseldorf) Müller (Pleisweiler) Müntefering
Nagel
Nehm
Frau Dr. Niehuis
Dr. Niese
Niggemeier Oesinghaus Oostergetelo Dr. Osswald Paterna
Pauli
Dr. Penner Porzner
Purps
Reimann
Frau Renger Reschke
Reuter
Rixe
Schäfer (Offenburg)

Dr. Scheer Scherrer
Schluckebier Schmidt (Salzgitter)

Dr. Schöfberger
Schreiner
Frau Schulte (Hameln) Sielaff
Sieler (Amberg)

Singer
Dr. Soell
Frau Dr. Sonntag-Wolgast Dr. Sperling
Stahl (Kempen)

Steiner
Dr. Struck
Frau Terborg Frau Dr. Timm Toetemeyer Urbaniak
Vahlberg
Dr. Vogel
Voigt (Frankfurt) Waltemathe Wartenberg (Berlin)
Frau Dr. Wegner Weiermann
Frau Weiler
Westphal
Frau Weyel Wieczorek (Duisburg)

Frau Wieczorek-Zeul
von der Wiesche
Wimmer (Neuötting)

Dr. de With Wittich
Zander
Zeitler
Zumkley
DIE GRÜNEN
Frau Beer
Brauer
Frau Eid
Frau Flinner Häfner
Frau Hillerich Hoss
Hüser
Frau Kottwitz Kreuzeder
Dr. Lippelt (Hannover) Meneses Vogl
Frau Nickels
Frau Oesterle-Schwerin
Frau Rock
Frau Rust
Frau Saibold
Frau Schmidt (Hamburg) Frau Schoppe
Such
Frau Teubner Frau Vennegerts Frau Dr. Vollmer
Weiss (München) Frau Wilms-Kegel
Frau Wollny
Ja
CDU/CSU
Frau Augustin
Austermann
Bauer Bayha Dr. Becker (Frankfurt)

Biehle
Dr. Blank
Dr. Blens
Börnsen (Bönstrup)

Dr. Bötsch
Bohl
Bohlsen Borchert
Breuer
Bühler (Bruchsal)

Carstens (Emstek)

Clemens
Dr. Czaja
Dr. Daniels (Bonn)

Daweke
Frau Dempwolf
Deres Dewitz Dörflinger
Doss
Dr. Dregger
Echternach
Ehrbar Eigen Dr. Faltlhauser
Feilcke Dr. Fell Fellner Fischer (Hamburg)

Francke (Hamburg)




Vizepräsident Stücklen
Dr. Friedrich
Fuchtel
Ganz (St. Wendel)

Geis
Dr. von Geldern
Gerstein Gerster (Mainz)

Dr. Göhner
Gröbl
Günther Dr. Häfele
Harries
Hauser (Esslingen) Helmrich
Dr. Hennig
Hinrichs Hinsken Höffkes Höpfinger
Hörster
Dr. Hoffacker
Dr. Hornhues
Hornung
Frau Hürland-Büning
Dr. Hüsch
Jäger
Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Jung (Limburg)

Jung (Lörrach)

Kalb
Kalisch Dr.-Ing. Kansy
Dr. Kappes
Frau Karwatzki
Keller
Kiechle Kittelmann
Dr. Köhler (Wolfsburg) Kolb
Kossendey
Kraus
Krey
Kroll-Schlüter
Dr. Kronenberg
Dr. Kunz (Weiden) Lamers
Dr. Lammert
Lattmann
Dr. Laufs
Link (Diepholz)

Link (Frankfurt)

Dr. Lippold (Offenbach) Louven
Maaß
Frau Männle
Magin Marschewski
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Möller
Dr. Müller
Müller (Wadern)

Nelle
Dr. Neuling
Neumann (Bremen)

Dr. Olderog
Oswald Pesch
Pfeffermann
Dr. Pfennig
Dr. Pinger
Dr. Pohlmeier
Dr. Probst
Rauen Rawe
Reddemann Regenspurger
Repnik
Dr. Riesenhuber
Frau Rönsch (Wiesbaden)

Dr. Rose
Roth (Gießen) Dr. Rüttgers Ruf
Sauer (Salzgitter)

Sauer (Stuttgart) Sauter (Epfendorf)
Frau Schätzle Dr. Schäuble Scharrenbroich Schartz (Trier) Schemken
Schmidbauer
Frau Schmidt (Spiesen) Schmitz (Baesweiler)
von Schmude Schneider (I.-Oberstein)

Freiherr von Schorlemer Schreiber
Dr. Schroeder (Freiburg) Schulhoff
Dr. Schulte

(Schwäbisch Gmünd) Schulze (Berlin) Schwarz

Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer Seehofer
Seesing
Spranger
Dr. Sprung
Dr. Stark (Nürtingen)

Dr. Stavenhagen Straßmeir
Strube
Stücklen
Frau Dr. Süssmuth
Susset
Tillmann
Dr. Uelhoff
Uldall
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Dr. Voigt (Northeim)

Dr. Waffenschmidt
Graf von Waldburg-Zeil Dr. Warnke
Dr. Warrikoff Werner (Ulm) Frau Dr. Wilms Wimmer (Neuss) Windelen
Frau Dr. Wisniewski
Dr. Wittmann Würzbach
Dr. Wulff
Zeitlmann
Dr. Zimmermann Zink
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Baum
Beckmann
Cronenberg (Arnsberg) Eimer (Fürth) Engelhard
Dr. Feldmann
Frau Folz-Steinacker Funke
Gallus
Gattermann Gries
Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher Heinrich
Dr. Hirsch
Dr. Hitschler Hoppe
Dr. Hoyer
Irmer
Kleinert (Hannover) Kohn
Dr.-Ing. Laermann Dr. Graf Lambsdorff Neuhausen
Nolting
Paintner
Richter
Rind
Ronneburger
Frau Dr. Segall Frau Seiler-Albring Dr. Solms
Dr. Thomae
Timm
Frau Walz
Dr. Weng (Gerlingen) Wolfgramm (Göttingen) Frau Würfel
Zywietz
Enthalten
Fraktionslos Frau Unruh
Damit ist Art. 3 a Nr. 16 in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Art. 3 a Nr. 17 auf. Wer stimmt dafür? —Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Enthaltungen aus der Fraktion der GRÜNEN. Damit ist Art. 3 a Nr. 17 mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 3 b bis 6, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer stimmt dafür? — Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Enthaltungen aus der Fraktion der GRÜNEN. Damit sind Art. 3 b bis 6, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung mit großer Mehrheit angenommen.
Damit ist die zweite Lesung abgeschlossen. Meine Damen und Herren, wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Eine Gegenstimme aus der Fraktion der SPD. Enthaltungen? — Enthaltungen aus der Fraktion der GRÜNEN und eine Enthaltung aus der Fraktion der SPD. Damit ist in dritter Lesung dieser Gesetzentwurf mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1990 (Nachtragshaushaltsgesetz 1990)

— Drucksache 11/6400 —
Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß)

— Drucksache 11/6775 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Borchert Roth (Gießen)

Dr. Weng (Gerlingen) Wieczorek (Duisburg) Esters
Frau Vennegerts

(Erste Beratung 200. Sitzung)

b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Wirtschafts-



Vizepräsident Stücklen
plan des ERP-Sondervermögens für das Jahr
1990 (ERP-Nachtragsplangesetz 1990)

— Drucksache 11/6592 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß)

— Drucksache 11/6780 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Niegel Müller (Pleisweiler)


(Erste Beratung 200. Sitzung)

Hierzu liegen Änderungs- und Entschließungsanträge der Fraktion der SPD sowie der Fraktion DIE GRÜNEN auf den Drucksachen 11/6811 und 11/6843 bis 11/6850 vor.
Ich mache darauf aufmerksam, daß um ca. 13.45 Uhr vier namentliche Abstimmungen stattfinden.
Im Ältestenrat ist für die Beratung des Nachtragshaushalts eine Aussprachezeit von vier Stunden vereinbart worden. Ist das Haus mit diesem Vorschlag einverstanden? — Ich höre keine gegenteilige Meinung. Es ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als Berichterstatter der Abgeordnete Borchert.

Jochen Borchert (CDU):
Rede ID: ID1120503800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zum Nachtragshaushaltsgesetz auf Drucksache 11/6775 sind auf Seite 2 a — das ist die Gegenüberstellung des Gesetzestextes — in der Spalte „Beschlüsse des 8. Ausschusses" die geänderten Zahlen der Abschlußsumme und der Nettokreditaufnahme in Tausend DM dargestellt, obwohl sie hier in vollen DM darzustellen wären. Die beiden Zahlen in Art. 1 Nr. 1 und Nr. 2 sind um je drei Nullen zu ergänzen. Damit werden aus Millionen Milliarden.
Ich bitte, diese Berichtigung zu Protokoll zu nehmen.

(Dr. Rose [CDU/CSU]: So macht man aus Millionen Milliarden! So schnell geht es nicht einmal beim Lotto!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120503900
Sind die anderen Berichterstatter, obwohl es sich nur um Nullen handelt, mit dieser Ergänzung einverstanden? — Es wird so zu Protokoll genommen. Der Beschluß des Haushaltsausschusses ist entsprechend geändert.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Matthäus-Maier.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Wo ist denn Herr Waigel?)


Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1120504000
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Nachtragshaushalt erheben wir Sozialdemokraten folgende Forderungen.
Erstens. Als entscheidender Schritt zur deutschen Einheit muß so rasch wie möglich die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion eingeführt werden.
Zweitens. Die Bundesregierung muß endlich die Karten auf den Tisch legen und sagen: Was kostet die deutsche Einheit, und wie soll sie solide finanziert werden?

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Der Verteidigungshaushalt muß kräftig gekürzt werden. Dazu gehören: Stopp des Jäger 90 und sofortige Einstellung aller Tiefflüge.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Viertens. Die Bundesregierung darf die deutsche Einheit nicht mißbrauchen für eine unsoziale Umverteilungspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb lehnen wir alle Pläne ab, für Spitzenverdiener und Unternehmen die Steuern zu senken und gleichzeitig die Verbraucher durch eine Mehrwertsteueranhebung die Zeche zahlen zu lassen.
Fünftens. Bei der deutschen Einigung darf die soziale Gerechtigkeit nicht unter die Räder kommen. Deshalb brauchen wir hier bei uns wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von Wohnungsnot und Langzeitarbeitslosigkeit.

(Beifall bei der SPD — Zustimmung der Abg. Frau Vennegerts [GRÜNE])

Die DDR-Wirtschaft befindet sich seit Monaten in einem dramatischen Verfallsprozeß. Dieser beschleunigt sich immer weiter. Das zeigt: Alles, was sachverständige Pessimisten für den Fall der Währungsunion prognostiziert haben, tritt in kürzester Zeit ein, wenn die Währungsunion nicht kommt.

(Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Auch Oskar will sie doch später haben!)

Ich teile die Auffassung von Bundesbankpräsident Pöhl, die Währungsunion müsse so rasch wie möglich kommen, da die Lage in der DDR mit jedem Tag, den man mit der Umstellung wartet, schlechter wird.
Die theoretische Alternative einer mehrjährigen Übergangsfrist mit einem gestützten oder floatenden Wechselkurs gibt es in der Praxis nicht, weil vorher die DDR-Wirtschaft zusammenbrechen würde. Wenn der Verfall der DDR-Wirtschaft gestoppt und die DDR zügig aufgebaut werden soll, dann braucht sie eine stabile und verläßliche Grundlage, und das ist die D-Mark.
Es besteht allerdings die Gefahr, daß die Bundesregierung die Chance der Währungsunion verspielt. Daß sich die Mitglieder der Bundesregierung in aller Öffentlichkeit über Umtauschkurse streiten, schadet der Sache.

(Beifall bei der SPD)

Daß sie dabei von Versprechungen abrücken, die sie im DDR-Wahlkampf gemacht haben, untergräbt zugleich die Glaubwürdigkeit von Politik und Politikern. Und das ist noch schlimmer.

(Zustimmung bei der SPD — Dr. Uelhoff [CDU/CSU]: Das sagen Sie doch bitte Herrn Lafontaine!)




Frau Matthäus-Maier
— Der hat aber nichts versprochen, Herr Kollege, im Unterschied zu Ihrem Bundeskanzler.

(Dr. Rose [CDU/CSU]: Er hat ja auch nichts! — Dr. Uelhoff [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal, wer hier von Versprechungen abgerückt ist!)

Nach Ihren Versprechungen vor der Wahl konnten die Menschen in der DDR davon ausgehen, daß Löhne und Renten zum Kurs von 1 : 1 in D-Mark umgestellt werden.

(Uldall [CDU/CSU]: Wer hat das bei den Löhnen versprochen? Sagen Sie das mal! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich frage: Was sollen die Arbeitnehmer und Rentner in der DDR von der Glaubwürdigkeit des Bundeskanzlers und des Bundesarbeitsministers Blüm halten, wenn die Bundesregierung jetzt, nach der Wahl, die Löhne und Renten möglicherweise nicht mehr im Verhältnis von 1 : 1,

(Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Struck [SPD]: Herr Präsident! Bringen Sie Herrn Uldall mal zur Ruhe!)

sondern zu einem schlechteren Kurs umstellen will?

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120504100
Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Bitte sehr.

Gunnar Uldall (CDU):
Rede ID: ID1120504200
Frau Kollegin, erinnere ich mich richtig, daß das Versprechen, Löhne im Verhältnis von 1 : 1 umzustellen, vom Deutschen Gewerkschaftsbund gegeben worden ist, und könnten Sie mir bitte sagen, wann von seiten der Regierung versprochen worden ist, die Löhne im Verhältnis von 1 : 1 umzustellen?

(Dr. Vogel [SPD]: Der Rückzug wird immer rascher! — Weitere Zurufe von der SPD)


Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1120504300
Herr Kollege Uldall, der Deutsche Gewerkschaftsbund kann im Wahlkampf der DDR nun wirklich nichts versprechen; das hat er auch nicht getan. Aber Ihr Bundeskanzler hat drüben Versprechungen dieser Art abgegeben.

(Uldall [CDU/CSU]: Nein, nicht bezüglich der Löhne! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Wenn Sie das nicht glauben, dann fragen Sie doch die Bürgerinnen und Bürger in der DDR. Die haben das so verstanden.

(Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120504400
Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine weitere Frage des Abgeordneten Uldall?

Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1120504500
Nein, danke.

(Uldall [CDU/CSU]: Sagen Sie bitte, wann dieses Versprechen abgegeben worden ist! Unerhört! — Gegenrufe von der SPD: Setzen!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120504600
Frau Abgeordnete Matthäus-Maier, einen Augenblick bitte.
Lassen Sie mich noch einmal folgendes sagen — wir sind doch jetzt lange genug beisammen — : Es ist das Recht des Redners, eine Zwischenfrage zuzulassen oder nicht. Ich bitte, nicht dagegen zu opponieren, wenn der Redner von seinem Recht Gebrauch macht.

(Dr. Rose [CDU/CSU]: Es ist auch das Recht des Redners, die Unwahrheit zu sagen!)


Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1120504700
Herr Kollege, Sie wissen, ich bin wirklich großzügig bei der Beantwortung von Zwischenfragen. Aber daß Ihr Bundeskanzler in der DDR das Blaue vom Himmel herunter versprochen hat, ist doch offensichtlich, und das empfinden die Menschen auch so.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU: Nein! — Unerhört!)

Schon bei einem Umtauschkurs von 1 : 1 bekäme ein Automobilarbeiter in Zwickau nur rund 1 000 DM im Monat. Bei einem Kurs für die Löhne von 2 : 1 wären das nur noch 500 DM. Die Arbeitsproduktivität in der DDR liegt bei etwa 40 bis 50 % unserer Produktivität. Es ist klar: Die Löhne in der DDR können nicht höher sein, als die Produktivität es erlaubt. Sie müssen aber auch nicht niedriger sein, als die Produktivität es zuläßt. Wir dürfen nicht zulassen, daß die DDR zu einem Billiglohnland gemacht wird und daß auf diesem Umweg auch die Löhne in der Bundesrepublik gedrückt werden.

(Zustimmung bei der SPD — Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Ach, so etwas ist doch Demagogie!)

Die DDR-Altersrenten in Höhe von durchschnittlich 437 Mark im Monat sind schon heute unzureichend. Eine Umstellung im Verhältnis von 2 : 1 wäre eine Kürzung auf kaum mehr als 200 DM. Ich frage mich wirklich, wie man überhaupt auf eine solche Idee kommen kann.
Die Ankündigung des Bundeswirtschaftsministers, den Zeitpunkt für die Einführung der Währungsunion über den 1. Juli 1990 hinaus zu verschieben, hat in der DDR-Wirtschaft helles Entsetzen ausgelöst. Die DDR-Unternehmen haben sich auf die Versprechungen der Bundesregierung verlassen, daß die D-Mark spätestens zum 1. Juli 1990 eingeführt wird. Auch die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers vom heutigen Tage in der Presse trägt leider nicht zur Klarheit bei.

(Sehr wahr! bei der SPD)

Wenn die Bundesregierung die von ihr geweckten Erwartungen jetzt nicht erfüllt, ist sie dafür verantwortlich, daß sich der Verfall der DDR-Wirtschaft weiter beschleunigt und daß die enttäuschten Arbeitnehmer und Rentner morgen als Übersiedler ihr Land verlassen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf: Bleiben Sie bei dem, was Sie vor der Wahl zur Währungsunion versprochen haben. Beantworten Sie die erste freie Wahl in der DDR nicht mit einem Wortbruch.

(Beifall bei der SPD — Dr. Uelhoff [CDU/ CSU]: Unglaubliche Unterstellung!)




Frau Matthäus-Maier
Jeder weiß: Die deutsche Einheit ist ohne bundesdeutsche Unterstützung für die DDR nicht zu schaffen. Dabei muß die große Masse des Kapitals selbstverständlich von der privaten Wirtschaft und nicht vom Staat kommen. Die Wirtschaft ist dazu auch bereit. Allerdings muß darauf geachtet werden, daß die Privatisierung der Unternehmen in der DDR nicht in einer Weise geschieht, die den Großen und Größten in der jeweiligen Branche aus der Bundesrepublik Deutschland Startvorteile verschafft, die die kleinen und mittleren Unternehmen nie mehr aufholen können. Man kann nicht am Sonntag von Mittelstand und Wettbewerb reden und sie von Montag bis Samstag über die Wupper gehen lassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Dennoch kommen auch auf den Staatshaushalt spürbare Belastungen zu. Über die Größenordnung schafft der Nachtragshaushalt keine Klarheit.

(Frau Vennegarts [GRÜNE]: Sehr richtig!)

Noch bevor dieser Nachtragshaushalt verabschiedet worden ist, kündigt die Bundesregierung bereits den nächsten Nachtragshaushalt an. Das ist an sich schon ein ganz ungewöhnliches Verfahren, daher angesichts der besonderen Umstände hinnehmbar. Daß Sie aber der Öffentlichkeit bis heute nicht einmal die Größenordnungen nennen wollen,

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Eben!)

um die es hier geht, kann nicht hingenommen werden,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Selbstverständlich geht es hier nicht um Stellen hinter dem Komma. Aber sagen Sie nicht, Sie würden die Größenordnungen nicht kennen. Schließlich hat doch der Herr Bundeskanzler bei seinen Auftritten in der DDR vollmundige Versprechungen gemacht. Wollen Sie etwa behaupten, der Herr Bundeskanzler habe nicht gewußt, wovon er spricht?

(Uldall [CDU/CSU]: Sie verbreiten hier nur Dunst! Nennen Sie mal ein Beispiel! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Das ist ein polemisches Feuerwerk!)

Die Bundesregierung verhandelt zudem seit geraumer Zeit unter Einschaltung ganzer Expertenstäbe mit der DDR. Wollen Sie behaupten, diese Experten hätten bisher nicht über Zahlen und Größenordnungen gesprochen?

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Natürlich!)

Das kann schon deshalb nicht stimmen, weil jeden Tag aus der Regierung scheibchenweise neue Informationen an die Öffentlichkeit dringen. In der letzten Woche wurde von 10 Milliarden DM jährlich für die Renten- und Arbeitslosenversicherung gesprochen; jetzt sind daraus bereits 15 Milliarden DM geworden.
Herr Geißler spricht von 10 Milliarden DM für das Gesundheitswesen. Der Bundesfinanzminister hat erklärt, daß die Auslandsschulden der DDR auf den Bund zukommen; das sind über 30 Milliarden DM. Die Bundesregierung hat auch die Verpflichtung übernommen, im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion für das Defizit im Staatshaushalt der DDR einzustehen. Das schätzt sie allein für dieses Jahr auf mindestens 40 Milliarden Mark (Ost). Und für eine Entschuldung der Betriebe im Zuge der Währungsumstellung rechnet die Bundesregierung zusätzlich noch mit 50 Milliarden DM Ausgleichsforderungen, die ja wohl verzinst werden müssen.
Es ist klar, daß alles dies nicht in diesem Jahr haushaltswirksam wird. Aber angesichts der Größenordnungen, die sich da insgesamt abzeichnen, ist es nicht zu verantworten, daß sich die Bundesregierung über die Kosten der deutschen Einheit weiterhin ausschweigt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Menschen in unserem Land sind zu solidarischer Hilfe bereit. Sie haben aber kein Verständnis dafür, wenn die Bundesregierung aus wahltaktischen Gründen die Kosten der DDR-Hilfen verschweigen oder nur scheibchenweise offenlegen will. Deshalb fordere ich die Bundesegierung auf: Sagen Sie, was die deutsche Einheit die öffentliche Hand kostet, und legen Sie endlich ein solides Finanzierungskonzept vor.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer soliden Politik gehört auch, meine Damen und Herren, daß man die notwendigen Maßnahmen rechtzeitig ergreift und nicht durch Zeitverlust die Kosten erhöht. Hätten Sie die Vorschläge von Oskar Lafontaine zur Streichung aller finanziellen Anreize für Übersiedler nicht verteufelt, sondern schon vor Monaten aufgegriffen,

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Und dann?)

dann hätten Sie den Übersiedlerstrom früher bremsen können und damit dem bundesdeutschen Steuerzahler Milliardenbeträge erspart.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Widerspruch bei der CDU/CSU)

Die Finanzierung Ihres Nachtragshaushalts ist nicht solide. Statt einzusparen, umzuschichten und an die Subventionen heranzugehen, machen Sie einfach neue Schulden. Angesichts unserer Hochkonjunktur ist dieser Anstieg der Neuverschuldung auf 33 Milliarden DM in diesem Jahr — das sind 70 % mehr als im vergangenen Jahr — wirtschaftspolitisch verfehlt.

(Dr. Uelhoff [CDU/CSU]: Das müssen gerade Sie uns sagen!)

Diese unsolide Schuldenpolitik führt dazu, daß die Zinsbelastung im Bundeshaushalt immer weiter ansteigt — allein in diesem Jahr auf über 33 Milliarden DM — , die der Bund zahlen muß, bevor er überhaupt eine Mark übrig hat für Umweltschutz, Wohnungsbau oder Gesundheitspolitik. Im Interesse der Handlungsfähigkeit unseres Staates fordere ich Sie auf: Gehen Sie nicht weiter den einfachen Weg des Schuldenmachens, sorgen Sie endlich für eine solide Finanzierung.

(Roth [Gießen]: Sagt die SPD! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Sie haben doch den Einstieg gemacht!)

Dazu gehört, daß der Bundeshaushalt, der ja immerhin 307 Milliarden DM beträgt, endlich durchforstet



Frau Matthäus-Maier
wird auf Haushaltseinsparungen und Haushaltsumschichtungen. Dazu gehören vor allem Einsparungen im Verteidigungshaushalt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zu den Einzelheiten wird mein Kollege Klaus-Dieter Kühbacher gleich mehr sagen. Lassen Sie mich es auf drei Bemerkungen beschränken.
Erstens. Wir fordern eine Einsparung von 4 Milliarden DM in diesem Jahr und in den kommenden Jahren mehr. Die Einsparung, die sich die Regierungskoalition vorgestern im Haushaltsausschuß hat abringen lassen, ist völlig unzureichend.

(Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: „Hat abringen lassen", unerhört! — Dr. Uelhoff [CDU/ CSU] : Den Ringkampf hätten wir gern mal gesehen!)

Die 540 Millionen DM reichen nicht einmal aus, um die zusätzlichen Zinsen zu bezahlen, die durch Ihre zusätzlichen Schulden beim Nachtragshaushalt entstehen.
Warum die Regierung trotz der Entspannung in Mittel- und Osteuropa auf einem Rekordverteidigungsetat von 53,7 Milliarden DM beharrt, versteht mittlerweile kein Mensch mehr in dieser Republik.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120504800
Frau Abgeordnete Matthäus-Maier, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Weng?

Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1120504900
Ja.

Dr. Wolfgang Weng (FDP):
Rede ID: ID1120505000
Frau Kollegin, wären Sie so freundlich und würden mir sagen, wer Sie über den Ablauf der Beratungen im Haushaltsausschuß, an denen Sie ja selber nicht teilgenommen haben, informiert hat, damit man weiß, wer diese unwahre Erklärung, die Opposition habe uns das abgerungen, Ihnen ins Konzept geschrieben hat?

(Dr. Struck [SPD]: Wir übernehmen die Verantwortung!)


Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1120505100
Erstens. Damit nicht bei den Zuhörern der Eindruck entsteht, ich hätte gefehlt, obwohl ich Mitglied im Haushaltsausschuß wäre, stelle ich klar, daß ich nicht Mitglied bin. Aber selbstverständlich haben alle Mitglieder der SPD im Haushaltsausschuß übereinstimmend von den Beratungen berichtet. Das entspricht auch dem, was Sie jeden Tag zeigen. Sie wollen im Verteidigungshaushalt nicht sparen, im Gegenteil.

(Kühbacher [SPD]: Leider wahr!)

Zweitens. Wenn Sie sich so schwer tun, aus 54 Milliarden mehr als 540 Millionen herauszuholen, dann drängt sich mir die Frage auf: Wie eng sind Sie eigentlich mit der Rüstungslobby verbunden, daß Ihnen das solche Schwierigkeiten macht?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zu unseren Kürzungsvorschlägen gehört — ich sagte es — der Stopp der Tiefflüge und der Stopp des Jäger 90. Dazu haben wir namentliche Abstimmungen beantragt. Dann muß, Herr Kollege Weng, die FDP nun endlich Farbe bekennen.

(Dr. Struck [SPD]: Das hat keinen Sinn! Das machen die nie!)

Dann wird die Öffentlichkeit sehen, ob die FDP immer nur draußen gegen den Jäger 90 redet oder ob sie auch im Bundestag gegen den Jäger 90 abstimmt. Dazu haben Sie gleich Gelegenheit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Uelhoff [CDU/CSU]: Der reine Populismus, was Sie da sagen!)

Drittens. Ich bitte Sie, fassen Sie doch Vorschläge zu Einsparungen im Verteidigungshaushalt nicht immer als Zumutung auf. Abrüstung ist doch nicht etwas Schreckliches. Weltweit werden jährlich Hunderte von Milliarden für Rüstung ausgegeben. Die Menschen, die jetzt in der DDR, in der Tschechoslowakei, in Polen, in Ungarn und in Rumänien auf die Straße gegangen sind, haben doch auch für uns die Chance erkämpft, endlich den Rüstungswahnsinn zu beenden. Zögern wir doch nicht länger. Ergreifen wir doch die Chance. Kürzen wir die Militärausgaben, und machen wir damit Gelder frei für sinnvolle Aufgaben, für die Bekämpfung des Hungers in der Welt, für soziale Gerechtigkeit und auch für die deutsche Einheit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bei der Finanzierung der deutschen Einheit darf die soziale Gerechtigkeit nicht unter die Räder kommen. Es ist unverständlich, daß die Koalition in der nächsten Legislaturperiode für Unternehmen und Spitzenverdiener die Steuern um 25 Milliarden DM senken will. Bundesfinanzminister Waigel hat sich noch vor wenigen Tagen persönlich ausdrücklich dafür verbürgt, daß diese Steuersenkung, wie angekündigt, tatsächlich verwirklicht wird. Gleichzeitig werden Pläne bekannt, die DDR-Hilfe aus der bundesdeutschen Renten- und Arbeitslosenversicherung zu bezahlen. Das allerdings wäre ein starkes Stück. Die bundesdeutschen Unternehmen verdienen sich eine goldene Nase, und unsere Rentner und Arbeitnehmer müssen dafür zahlen. Das lehnen wir entschieden ab.

(Beifall bei der SPD — Dr. Uelhoff [CDU/ CSU]: Das ist unglaublich!)

Seit Monaten verstummen bei CDU/CSU und FDP auch nicht die Forderungen, die Mehrwertsteuer anzuheben. Ich nenne Bundeswirtschaftsminister Haussmann und das CDU-Vorstandsmitglied Graf Schwerin, die eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Punkte von 14 auf 16 % gefordert haben. Die Südwest-FDP hat auch eine Mehrwertsteueranhebung beschlossen.

(Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Was Sie da sagen, ist nicht richtig!)

Auch Bundesarbeitsminister Blüm hat von Steuererhöhungen gesprochen. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzminister hat dargelegt, daß eine Unternehmensteuersenkung nur machbar ist, wenn die Mehrwertsteuer erhöht wird.
Die SPD hat der Bundesregierung eine klare parlamentarische Frage gestellt. Wir haben gefragt:



Frau Matthäus-Maier
Schließt die Bundesregierung verbindlich aus, daß es im Zuge des Einigungsprozesses Steuererhöhungen — z. B. eine Anhebung der Mehrwertsteuer — geben wird?
Auf diese klare Frage hat der Bundesfinanzminister in der letzten Woche nicht mit einem ebenso klaren Nein geantwortet. Er hat geantwortet, Steuererhöhungen wären abträglich.
Meine Damen und Herren, „abträglich" reicht nicht. Im Gegenteil, die Antwort spricht doch Bände. Nach den Erfahrungen, die unsere Bürger mit der Steuerpolitik dieser Bundesregierung gemacht haben, können die jüngsten Beteuerungen, es werde keine Steuererhöhung geben, niemanden überzeugen.

(Zuruf von der SPD: Das ist richtig!)

Auch bei der Steuerreform haben Sie vor der Wahl behauptet, es sei alles solide finanziert. Nach der Wahl haben Sie dann die Verbrauchsteuern um 10 Milliarden DM angehoben.

(Zurufe von der SPD: Das ist typisch! Steuererhöhungspartei! Schuldenmacherpartei!)

Vor der Wahl hatten Sie versprochen, der Weihnachtsfreibetrag für Arbeitnehmer bleibe erhalten. Nach der Wahl haben Sie dann den Weihnachtsfreibetrag abgeschafft.

(Zuruf von der SPD: Ja, ja, eiskalt! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Er wurde nicht abgeschafft!)

Denken Sie bitte nicht, die Ungerechtigkeiten Ihrer Steuerreform seien vergessen! Wir werden nicht zulassen, daß die deutsche Einheit die soziale Gerechtigkeit von der Tagesordnung der bundesdeutschen Politik verdrängt.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Die Abschaffung des Weihnachtsfreibetrages für Arbeitnehmer, um damit die Senkung des Spitzensteuersatzes zu finanzieren, war grobes Unrecht. Der Weihnachtsfreibetrag muß noch in diesem Jahr wieder eingeführt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Behaupten Sie bitte auch nicht, eine Mehrwertsteuererhöhung hätte etwas mit der EG-Integration, etwas mit dem Binnenmarkt zu tun. Die EG-Kommission hat einen Vorschlag gemacht, der für die Mehrwertsteuer eine Spanne von 14 bis 20 % vorsieht. Bei unserer Mehrwertsteuer von 14 % gibt es durch Brüssel also überhaupt keinen Handlungsbedarf.

(Sehr wahr! bei der SPD)

Eine Mehrwertsteuererhöhung bei gleichzeitiger Senkung der Steuer für Spitzenverdiener und Unternehmen — diese Kombination wäre die Fortsetzung Ihrer Umverteilungspolitik.

(Zuruf von den GRÜNEN: Und es trifft die Kleinen!)

Unter dem Deckmantel der deutschen Einheit müßte dann die breite Masse der Bevölkerung dafür zahlen, daß die Bundesregierung Spitzenverdienern und Unternehmen ein Steuergeschenk in Milliardenhöhe
macht. Nach der Gesundheitsreform, nach der Steuerreform,

(Zuruf von der SPD: Nach der sogenannten Steuerreform!)

nach dem Flugbenzinsteuerskandal, nach dem Dienstmädchenprivileg wäre das ein neuer Höhepunkt sozialer Ungerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir Sozialdemokraten fordern: Hände weg von der bundesdeutschen Rentenkasse, weg mit allen Plänen, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, und Verzicht auf neue Steuergeschenke für Spitzenverdiener und Unternehmen!
Solange Sie sich nicht dazu durchringen,

(Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Aber schnell 15 Milliarden an das SED-Regime!)

bei den Militärausgaben ernsthaft einzusparen und auf ihre Steuersenkung für Unternehmen und Spitzenverdiener zu verzichten, solange müssen wir befürchten, daß die Bundesregierung eine Wählertäuschung vorbereitet und trotz ihrer Beteuerungen vor der Wahl die Bürger nach der Wahl zur Kasse bitten wird.
Es gibt das böse Wort „Wahltag ist Zahltag". Lassen Sie dies nicht Wirklichkeit werden! Für uns Sozialdemokraten ist klar: Ja zur deutschen Einheit,

(Zuruf von der CDU/CSU: Na, na! War das immer so?)

ja zur solidarischen Hilfe für die Menschen in der DDR, aber nein zu einer unsozialen Umverteilungspolitik unter dem Deckmantel der deutschen Einheit!
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120505200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Borchert.

Jochen Borchert (CDU):
Rede ID: ID1120505300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Nachtragshaushalt 1990, über den wir heute abschließend beraten, schafft die notwendigen und zur Zeit möglichen finanziellen Voraussetzungen für die Gestaltung der deutschen Einheit. Ich hätte hier gerne kontroverse Sachbeiträge von der Opposition gehört. Aber außer der üblichen Polemik war eigentlich nichts Neues zu hören.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

Frau Kollegin, früher waren Ihre Debattenbeiträge in der Sache interessant und kontrovers. Seitdem Sie einen neuen Kanzlerkandidaten haben, sind sie eigentlich nur noch polemisch.

(Beifall des Abg. Uldall [CDU/CSU])

Ich habe schon in der ersten Debatte gesagt, Sie müssen jetzt Ihren Sachverstand an der Garderobe abgeben. Ich glaube, daß Ihnen das noch viel Schwierigkeiten bereiten wird.



Borchert
Von den rund 6,8 Milliarden DM stehen rund 6 Milliarden DM im Zusammenhang mit der DDR. Durch diesen Nachtragshaushalt erhöht sich die Ausgabensteigerung auf rund 5,9 %, und die Nettokreditaufnahme steigt um knapp 6 Milliarden DM auf rund 32,9 Milliarden DM.

(Zander [SPD]: Das heißt auf deutsch: die Schulden!)

— Die wir zum größten Teil von Ihnen übernommen haben, Herr Kollege.

(Beifall des Abg. Dr. Faltlhauser [CDU/CSU] — Lachen bei der SPD)

Es ist schon unverfroren, hier über Zinsbelastungen zu sprechen, wenn das die Zinsen sind, die wir auf die Schulden zu leisten haben, die wir von Ihnen übernommen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie uns einen ausgeglichenen Haushalt hinterlassen hätten, bräuchten wir hier über die Kosten der deutschen Einheit nicht zu streiten.

(Huonker [SPD]: Sie müssen einmal die Versatzstücke Ihrer Reden austauschen!)

Die im Vergleich zu früheren Jahren höhere Ausgabensteigerung ist vertretbar. Dabei schlagen sich auf der Ausgabenseite sowohl die Kosten der deutschen Vereinigung als auch zur Zeit noch die Kosten der Teilung nieder. Wenn wir den Vorschlägen der Opposition in den vergangenen Haushaltsjahren gefolgt wären — Milliardenprogramme zur Arbeitsförderung und ähnliche Programme — , wären wir heute sicher in der verzweifelten Lage, daß wir überhaupt keine Möglichkeiten zur Finanzierung der neu auf uns zukommenden Aufgaben hätten.
Meine Damen und Herren, das Wahlergebnis in der DDR war ein Sieg für die Demokratie. Mit der Wahl am 18. März haben die Wähler der SPD eine deutliche Absage erteilt, als Antwort auf die Widersprüchlichkeiten der Deutschlandpolitik der SPD. Es ist noch gar nicht lange her, daß die SPD an der Zweistaatlichkeit in Deutschland festhalten wollte. Den Spagat innerhalb der SPD, hier Willy Brandt, dort Oskar Lafontaine als Bremser der deutschen Einheit, haben die Wählerinnen und Wähler in der DDR erkannt und Ihnen eine klare Absage erteilt. Willy Brandt für die Nationalerhebung in der DDR und Lafontaine und Schröder für die Neid- und Angstkampagne in der Bundesrepublik, diese Doppelstrategie haben die Bürger der DDR durchschaut. Das Wahlergebnis ist eine deutliche Willenserklärung der Bevölkerung zum gemeinsamen Weg mit der Bundesrepublik Deutschland und zugleich ein großer Vertrauensbeweis für die Regierung und die Koalition.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Verhandlungen zur Währungs- und zur Wirtschaftsreform und zur Sozialunion können nun zügig fortgeführt werden. Wir bieten den Menschen in der DDR einen klaren Kurs für Einheit und für eine wirtschaftliche Gesundung. Wir halten, was wir versprechen, und wir werden die von uns zugesagten Umtauschkurse für kleine Sparguthaben auch einhalten.

(Zander [SPD]: Bis zu welcher Höhe denn? — Dr. Vogel [SPD]: Wann denn?)

— Wir halten natürlich die Zusagen, die wir gemacht haben. Wir werden auch die zeitlichen Zusagen genau einhalten.

(Zuruf von der SPD: Das ist völlig neu!)

— Das ist nicht völlig neu. Im Gegensatz zu Ihnen halten wir Zusagen immer ein.

(Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD — Dr. Vogel [SPD]: Gestern bei Biehle! Zusagen!)

Wenn man die Aussagen der Opposition in der Vergangenheit betrachtet, angefangen von den Äußerungen der Frau Kollegin Matthäus-Maier Anfang Januar zur Währungsunion

(Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wehrbeauftragter!)

bis zu den Äußerungen von Herrn Lafontaine, auf die Währungsunion überhaupt zu verzichten, sie gar nicht schnell einzuführen, dann wird dieser Schlingerkurs für alle klar genug.
Die neue Regierung und das erste frei gewählte Parlament der DDR werden nun für die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion die notwendigen Voraussetzungen schaffen. Sie müssen die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehören Preisreform, Gewerbefreiheit, Lohnreform, leistungsorientiertes Steuer- und Finanzsystem, funktionsfähige Geld- und Kapitalmärkte, Privatisierung, Entflechtung der Großkombinate, Ausbau des Verkehrswesens und vor allem Öffnung für Investitionen von außen. Die Währungsunion und die Soziale Marktwirtschaft werden in der DDR bald zu einer dynamischen Aufwärtsbewegung führen.

(Zander [SPD]: Wollen Sie in der DDR auch die Quellensteuer einführen?)

Der von uns vorgeschlagene Weg der Währungsunion mit Wirtschaftsreformen ist ein kurzer und anspruchsvoller, aber erfolgreicher Weg. Man kann ihn durchaus mit dem Weg vergleichen, den Ludwig Erhard damals für die Bundesrepublik Deutschland durchsetzte, und auch damals, genau wie wir jetzt, gegen die SPD.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

— Herr Kollege, ich weiß, daß Sie immer gegen den Weg Ludwig Erhards waren.

(Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wir haben ihn doch nicht abgesägt!)

Ich werde gleich noch Lafontaine vom Berliner Parteitag zitieren.
Die Diskussion über die Währungsunion wird bei uns derzeit allzusehr von den möglichen Risiken überlastet; die Chancen werden zuwenig gewürdigt. Man kann doch nicht von der Hand weisen, daß interessante Investitionsmöglichkeiten in Deutschland eine Umlenkung der Kapitalströme von ausländischen auf



Borchert
inländische Investitionen Verwendungen ermöglichen. Besser als jedes andere Wirtschaftssystem ist die Soziale Marktwirtschaft in der Lage, die soziale Sicherung der Bürger zu gewährleisten.
Daß wir die Einheit nicht zum Nulltarif haben werden, ist jedem klar. Wer aber ständig in der Haltung eines kleinlichen Krämers nur von den Kosten der deutschen Einheit redet, wie es Herr Lafontaine tut, der will aus wahltaktischen Überlegungen heraus Angst und Neid schüren, um darauf sein politisches Süppchen für die Bundestagswahl zu kochen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wer heute die Kosten der deutschen Einheit genau beziffern will, der muß entweder ein Hellseher oder ein Scharlatan sein.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Das hat Herr Waigel gesagt!)

Die Wirtschaftskraft der Bundesrepublik Deutschland ist heute stark genug, um die Herausforderungen der Vereinigung solide finanzieren zu können. Vor einigen Jahren, als noch die Sozialdemokraten die Regierungsverantwortung trugen, wäre dies nicht möglich gewesen.

(Lachen der Abg. Frau Vennegerts [GRÜNE])

Wenige Zahlenvergleiche, damals zu heute, zeigen dies. 1982 war das reale Bruttosozialprodukt der Bundesrepublik um 14 Milliarden DM niedriger als 1980. Damals hieß dies beschönigt umschrieben: Minuswachstum. Demgegenüber steigt es in den Jahren 1989 und 1990 zusammen um rund 130 Milliarden DM.
1981 und 1982 wurden über 600 000 Arbeitsplätze vernichtet. Allein in den Jahren 1989 und 1990 wächst die Zahl der Beschäftigten um rund 700 000. Seit dem Herbst 1983 haben wir eine Zunahme der Arbeitsplätze um rund 1,7 Millionen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies ist die höchste Zahl der Beschäftigten in der Bundesrepublik.
1982 lagen die volkswirtschaftlich bedeutsamen realen Bruttoanlageinvestitionen um 10 % unter denen von 1980, 1989 sind sie demgegenüber um 10 % und damit kräftig gewachsen. Dieser Aufwärtstrend setzt sich 1990 fort.
1981. hatte die Bundesrepublik ein Leistungsbilanzdefizit von 8 Milliarden DM, heute hat sie einen Überschuß von 100 Milliarden DM.

(Huonker [SPD]: Und das ist alles Verdienst der Bundesregierung? Gratulation!)

Ich könnte diese Negativliste der Sozialdemokraten und die Positivliste der Regierungskoalition fortsetzen.
Wichtig ist: Dank unserer angebotsorientierten Wirtschafts- und Finanzpolitik sind heute die Voraussetzungen für weiteres Wachstum, für steigende Beschäftigung, für mehr soziale Sicherheit und für weitere Realeinkommenszuwächse gut.
Die SPD hat diese angebotsorientierte Politik immer bekämpft.

(Zuruf von der CDU/CSU: Pfui Teufel!)

Angesichts früherer Schulden, die die SPD zu verantworten hat, meine ich, ist es unverfroren, heute auf die Zinsbelastungen des Haushalts hinzuweisen.
Unsere Politik der Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft hat sich bewährt. Wir werden sie konsequent fortsetzen, damit wir die Herausforderungen der kommenden Jahre bewältigen können. Wir müssen und werden die finanz- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen weiter verbessern.
Wie aber sehen heute die Konzepte der SPD zur Lösung dieser Probleme aus? An erster Stelle steht ungebrochen der Ruf nach mehr Staat und Steuererhöhungen. Dabei denke ich beispielsweise an die vorgetragenen Steuererhöhungen z. B. im Bereich der Mineralölsteuer. Nach den negativen Erfahrungen früherer Konjunktur- und Sonderprogramme müßte Lafontaines Programm „Fortschritt '90" eigentlich besser „Rückschritt '90" heißen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben aus den alten Fehlern nichts gelernt.
Wir lehnen Steuererhöhungen entschieden ab, weil sie ökonomisch falsch sind und die wirtschaftliche Dynamik in der Bundesrepublik Deutschland bremsen würden.

(Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Sagen Sie doch einmal etwas zu den Schulden!)

Gerade mit Blick auf die gewaltigen Aufgaben der Sanierung der DDR-Wirtschaft müssen wir die Wirtschaftskraft in der Bundesrepublik weiter stärken. Eine wachsende Wirtschaft ist die erste Voraussetzung dafür, daß wir die Herausforderungen meistern können. Nur eine wachsende Wirtschaft kann die notwendigen Mittel für Umweltschutz und soziale Leistungen erbringen.
Den engen Zusammenhang zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik haben jedoch Sozialdemokraten noch nie erkannt. Wie sagte doch der Kanzlerkandidat der SPD, Herr Lafontaine, auf dem Berliner Parteitag zu unserem Wirtschaftssystem — ich zitiere — :
Wer unser System preist, hat überhaupt nicht die Zeichen der Zeit verstanden.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Ich gebe gerne zu, daß Herr Lafontaine offensichtlich die Zeichen der Zeit nicht verstanden hat.
Die Wähler in der DDR haben die Zeichen der Zeit klar verstanden und sich für unser Wirtschaftssystem und die Soziale Marktwirtschaft entschieden und genau aus den gleichen Gründen der SPD eine deutliche Abfuhr erteilt.
Lafontaine aber betreibt seine opportunistische Angststrategie weiter. Einerseits polemisiert er gegen die Politik der Bundesregierung, andererseits fordert er für das Saarland dauernd mehr Geld und einen begrenzten Schuldenerlaß mit der Begründung, der



Borchert
Bund sei seinen Verpflichtungen gegenüber der Montanindustrie nicht nachgekommen.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

In seiner Regierungserklärung vom 14. März hat er polemisiert:
Es kann nicht angehen, daß man dem Saarland den Ausgleich seiner Montanlasten verweigert.
Der Kanzlerkandidat der SPD hat das Saarland an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gewirtschaftet,

(Widerspruch bei der SPD)

wie es ihm sein eigener Landesrechnungshof attestiert. Das Saarland hat die höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Flächenländer; Bayern hat die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Saarland hatte 1988 eine Kreditfinanzierungsquote von 17,4 %; alle Länder hatten im Durchschnitt eine von 7,9 %. Das Saarland hat die höchste Staatsquote aller Flächenländer. Dazu schreibt der Landesrechnungshof — ich zitiere — :
Der Haushalt des Landes ist mit der Verfassung nicht mehr vereinbar.

(Zuruf von der CDU/CSU: Schlimme Zustände!)

Der Haushalt des Saarlandes ist in besonderem Maße notleidend. Dies wird besonders deutlich durch die schlechtesten Ergebnisse aller Flächenländer bei den für eine Haushaltssituation signifikanten finanzstatistischen Kennzahlen, namentlich hinsichtlich der letzten fünf Jahre.

(Zuruf von der SPD)

— Ich verstehe ja, daß Ihnen das nicht paßt. — Wer hat in den letzten fünf Jahren, die der Rechnungshof besonders rügt, das Saarland regiert? — Herr Lafontaine; es war die SPD mit Herrn Lafontaine an der Spitze.
Ich biete Herrn Lafontaine gern finanzpolitischen Nachhilfeunterricht an.

(Lachen bei der SPD)

Er könnte aber auch den bayerischen Finanzminister oder noch besser den Vorsitzenden der CSU um ein finanzpolitisches Kolloquium bitten. Ich halte es aber für unverfroren, dem Bund mangelnde Solidarität vorzuwerfen. Die Fakten zeigen ein völlig anderes Bild.
Ich stelle fest: Herr Lafontaine ist mit seinen Rezepten in der Wirtschafts- und Finanzpolitik im Saarland gescheitert und mit seinen Rezepten in der Deutschlandpolitik von den Wählern der DDR nach Hause geschickt worden.
Das Wahlergebnis in der DDR ist ein Zeichen für die politische Reife der Wähler in der DDR. Wenn aber Lafontaine am Wahlabend erklärt: „Die Menschen haben den Eindruck gehabt, wenn sie Kohl wählen, dann fließt das Geld", dann spricht aus dieser Einstellung eine nicht mehr zu überbietende Arroganz gegenüber den Wählern in der DDR.

(Beifall bei der CDU/CSU) Dazu schreibt die FAZ — ich zitiere — :

Lafontaine erklärt sie (die Wähler) zu politischen Analphabeten, die auf einen faulen Zauber hereingefallen sind. Das ist eine Art kolonialer Überlegenheitsmentalität auf westdeutsch-sozialdemokratisch.
— Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Rose [CDU/ CSU]: Der kleine Napoleon!)

Der entscheidende Beitrag zur Sanierung der Wirtschaft in der DDR kann nicht die Bereitstellung öffentlicher Gelder sein. Der entscheidende Beitrag muß vielmehr von dem Fluß privaten Kapitals in die DDR kommen. Hierzu ist nach meiner festen Überzeugung unsere Wirtschaft bereit. Die vom Volk frei gewählte neue Regierung wird schnellstens die beschriebenen Wege hierfür ebnen.
Wir sind bereit, mit öffentlichen Mitteln bei der Lösung der Probleme mitzuhelfen. Der Nachtragshaushalt 1990 ist hierzu ein erster Schritt.

(Zander [SPD]: Der nächste Nachtrag kommt bestimmt!)

Ich füge hinzu: Wir sind bereit, den Reformprozeß in der DDR sozial abzufedern und weitere Mittel für konkrete Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Wir werden vor allem die Rentner in der DDR sozial absichern.
Es kann aber nicht Aufgabe der Haushälter sein, bei den Ausgaben immer nur draufzusatteln. Die deutschdeutsche Entwicklung verpflichtet gerade die Haushälter, die Staatsaufgaben und -ausgaben einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.

(Zander [SPD]: Vor allem bei der Rüstung!)

Ich weiß, diese notwendigen Umschichtungen erfordern politisches Stehvermögen.
Wie ich in meiner Rede zur Einbringung des Haushalts angekündigt hatte, haben wir den Verteidigungsetat unter die Lupe genommen und gekürzt.

(Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Viel zuwenig!)

Der Verteidigungsminister muß 544 Millionen DM einsparen — was bei dem Volumen dieses Haushalts durchaus möglich sein müßte.

(Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Viel zuwenig!)

— Wir kennen ja Ihre Vorschläge. —
Völlig unrealistisch allerdings sind die Vorschläge der SPD, im Haushalt 1990 4 Milliarden DM zu kürzen. Sie weiß das — wenn ich dies mit den Vorschlägen noch bei den Haushaltsberatungen im Herbst 1989 vergleiche. Dies ist ebenso Augenwischerei wie der ständige Hinweis auf den „Jäger 90" als Finanzierungsquelle, den wir mittlerweile, wenn es nach der SPD ginge, zum fünften Mal verplant hätten.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: FDP!)

Der Verteidigungshaushalt ist kein Steinbruch, sondern Kürzungen müssen auf der Basis abgestimmter konzeptioneller Änderungen des Auftrags der Bundeswehr erfolgen.

(Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Da soll Herr Stoltenberg in sich gehen!)




Borchert
Trotz des Nachtragshaushalts bleibt die Ausgabensteigerung 1990 im Rahmen des Zuwachses der gesamtwirtschaftlichen Leistung. Dies ist gerade angesichts der großen Herausforderungen der deutschen Vereinigung Ausdruck unserer finanzpolitischen Solidität.
Die höhere Ausgabensteigerung und auch die höhere Nettokreditaufnahme sind für eine gewisse Zeit hinnehmbar. Im Unterschied zur Schuldenpolitik der SPD wird unsere Ausweitung der Nettokreditaufnahme nicht für konsumptive Zwecke hier, sondern für investive Zwecke in der DDR und für Kosten, die wir für die Finanzierung der Vereinigung benötigen, verwendet.

(Zander [SPD]: Beamtengehälter! — Diller [SPD]: Spitzenverdiener!)

Wir finanzieren Investitionen für die deutsche Einheit und für künftige Generationen.
Trotz der moderaten Ausweitung der Nettokreditaufnahme auf Grund der deutschen Vereinigung liegt sie weiter unter den Investitionsausgaben.
Der Sachverständigenrat schrieb in seinem Sondergutachten vom Januar 1990:
Um die Unterstützung (an die DDR) rasch auszuweiten, kann es dann angezeigt erscheinen, die Nettokreditaufnahme der öffentlichen Hand in der Bundesrepublik vorübergehend zu erhöhen.
Der Bundeshaushalt ist verfassungskonform, ganz im Gegensatz zum Haushalt des saarländischen Kanzlerkandidaten.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Mit dem Nachtragshaushalt 1990 setzt die Koalition ihren bewährten Weg der erfolgreichen und gestalterischen Finanzpolitik fort. Für uns besteht kein Anlaß, den finanzpolitischen Kurs zu korrigieren. Restriktive Ausgabenpolitik und weitere Steuerentlastungen sind und bleiben die Eckpfeiler der Finanzpolitik auch eines vereinten Deutschlands. Unsere Wirtschafts- und Finanzpolitik hat die Angebotsbedingungen der Volkswirtschaft verbessert und die Selbstfinanzierungskräfte der Sozialen Marktwirtschaft gestärkt. Sie ist Modell für ganz Deutschland.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stimmt dem Nachtragshaushalt 1990 zu.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zander [SPD]: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1120505400
Das Wort hat Frau Abgeordnete Vennegerts.

Christa Vennegerts (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1120505500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie wichtig diese Regierung ihren Nachtragshaushalt nimmt, sieht man daran, daß nicht ein Minister hier bei der Debatte über diesen Nachtragshaushalt anwesend ist.

(Such [GRÜNE]: Sehr gut! — Zander [SPD]: Die schämen sich!)

Das ist für mich ein Hammer. Dieser Nachtragshaushalt ist in dieser Form überflüssig und schon jetzt
überholt. Wenn er nicht nur die ca. 3 Milliarden DM
für die DDR enthalten würde, sondern mindestens die vom Runden Tisch geforderten 15 Milliarden DM, dann hätte dieser Nachtragshaushalt seine Berechtigung. Sie sind die Krämer, Herr Borchert!
Bereits im November 1989, zu Zeiten der Verabschiedung des ordentlichen Etats 1990, war mit hinreichender Deutlichkeit klar, daß zusätzliche Haushaltsmittel für die DDR bewilligt werden müßten. Insbesondere ließ sich bereits im November 1989 absehen, für welche Aufgabenbereiche ein dringender Bedarf bestand, z. B. Erhöhung der Berlin-Hilfe, Verbesserung der Infrastruktur in der DDR und Bekämpfung der ökologischen Zerstörung. Jetzt ist die Bundesregierung exakt so weit wie vor drei Monaten, Herr Staatssekretär Carstens.
Belastend für die Menschen in der DDR erweist sich die von politischer Erpressung geprägte Hilfeverweigerungspolitik der Bundesregierung.

(Such [GRÜNE]: Ungeheuer!)

Die Empfehlung der Bundesregierung an die übersiedlungsbereiten Bürgerinnen und Bürger in der DDR, doch weiter auszuharren, mußte diesen wie Hohn erscheinen. Ein solcher Appell wäre doch nur ernst zu nehmen, wenn die Menschen konkret und kurzfristig mit einer Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse in der DDR rechnen könnten. Dies wiederum hätte erfordert, daß die Bundesregierung seit Öffnung der Mauer ohne Zögern und Herumtaktieren umfassende und großzügige Unterstützungsmaßnahmen ergriffen hätte, spätestens jetzt in diesem Nachtragshaushalt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viele der im neuen Jahr in die Bundesrepublik übersiedelten Menschen hätten dies als Signal verstanden.
Noch kurz nach der Maueröffnung hat Bundeswirtschaftsminister Haussmann — der ist heute entschuldigt, aber ohne Grund — der DDR schnelle und unbürokratische Aufbauhilfe versprochen. Zitat:
Je früher wir mit einer Verbesserung bei Straßen, Telefon, Umweltbereich beginnen, um so besser. Da braucht man nicht zu warten.

(Such [GRÜNE]: Wo sind die Versprechungen? Absichtliche Irreführung war das! — Zander [SPD]: Das war heiße Luft!)

Was ist aus dieser Ankündigung geworden? In keinem der von Minister Haussmann bezeichneten Infrastrukturbereiche ist es zu ernst zu nehmenden Initiativen durch die Bundesregierung gekommen. Im Nachtragshaushalt sind dafür ca. 350 Millionen DM vorgesehen. Mit Trostpflästerchen und Sprücheklopferei wird der berechtigte Wunsch der Bürgerinnen und Bürger der DDR nach einer Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse abgespeist.

(Dr. Faltlhauser [CDU/CSU]: Vom Sprücheklopfen verstehen Sie gar nichts, was?)

Finanzminister Waigel macht umfassende finanzielle Hilfen, die in einem zweiten Nachtragshaushalt enthalten sein sollen, von der Einführung der D-Mark



Frau Vennegerts
und der sogenannten Sozialen Marktwirtschaft in der DDR abhängig.

(Dr. Rose [CDU/CSU]: Was denn sonst?)

Selbst nach dem von der Bundesregierung begrüßten Wahlergebnis in der DDR können die Bürgerinnen und Bürger dort von umfassenden Soforthilfen nur träumen.

(Dr. Faltlhauser [CDU/CSU]: Gehen jetzt die GRÜNEN in der DDR mit der PDS in eine Koalition? Gehen Sie mit den Stasi-Leuten zusammen?)

Dabei sind umfassende Soforthilfen auch ohne zusätzliche Neuverschuldung finanzierbar. Drastische Kürzungen im Verteidigungshaushalt, wie die GRÜNEN fordern, nämlich 10 Milliarden DM, wären die logische Antwort auf die dramatischen Änderungen der politischen Großwetterlage.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Statt dessen kürzen die Koalitionsfraktionen lediglich 500 Millionen DM, wobei der Jäger 90 trotz der FDP nicht darunter fällt, und dies bei Verteidigungsausgaben von nach NATO-Kriterien über 64 Milliarden DM allein für 1990. Das ist doch ein Hammer!
Diese Bundesregierung lebt abrüstungspolitisch immer noch im Kalten Krieg. Statt umfassender Hilfen hat die Bundesregierung das Projekt „schnelle Währungsunion" lanciert und zum Zaubermittel hochstilisiert, wobei die SPD die propagandistische Vorreiterrolle übernommen hat.

(Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das darf doch nicht wahr sein!)

Fast ausnahmslos haben alle Experten vor übereilten Schritten gewarnt.

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Dummes Zeug!)

Wirtschaftsforschungsinstitute, DIW, EG-Kommission, Frau Matthäus-Maier, Unternehmerverbände und selbst die Banken haben davon abgeraten. Bis heute sind diese Sachargumente nicht widerlegt worden. Von Tag zu Tag wird deutlicher, daß die überstürzte Währungsunion für die Bürgerinnen und Bürger in der DDR,

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Nicht überstürzt, aber zügig!)

aber auch für die Bürgerinnen und Bürger in der Bundesrepublik zu einem unkalkulierbaren Risiko wird. Der Bundesfinanzminister, als Fachminister nach den Kosten der Währungsunion gefragt, kann darauf nur hilflos erwidern, daß man Hellseher, Genie oder Hochstapler sein müsse, um dies beantworten zu können.
Warum, so fragt man sich dann, wird ein Projekt mit solcher Hast und Eile vorangetrieben, von dem man auch nicht in Ansätzen weiß, was es kosten wird? Das ist die Praxis des politischen Hasardeurs. Wenn Risiken nicht bekannt sind oder sich schwer abschätzen lassen, wäre es doch normal, zu versuchen, möglichst viel Zeit zu gewinnen, um sie berechenbarer und damit auch eingrenzbarer zu machen.
Die Bundesregierung geht den genau entgegengesetzten Weg. Zuerst hat sie das Tempo der Währungsunion beschleunigt, und jetzt plötzlich zögert Minister Waigel

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Gar nicht!)

und mahnt, daß sich die Bundesregierung bei der Bildung der Währungs- und Wirtschaftsunion nicht unter Druck setzen lassen solle.

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Wir haben uns nie unter Druck setzen lassen!)

Hier werden die Tatsachen doch auf den Kopf gestellt. Den angeblichen Druck hat er doch selber erzeugt.

(Huonker [SPD]: Jawohl!)

Von Tag zu Tag werden die Äußerungen von Regierungsmitgliedern zum Umtauschkurs bei einer Währungsunion verwirrender und widersprüchlicher —

(Such [GRÜNE]: Ja! Richtig!)

ich verweise nur auf die gestrigen Äußerungen von Minister Haussmann — und tragen zur Verunsicherung der DDR-Bevölkerung bei. Auch die SPD ist sich über den Umtauschkurs uneins.
Die Finanzierung der schnellen Währungsunion und der geplanten öffentlichen Investitionen ist nach wie vor Geheimsache der Bundesregierung. Es gibt von Finanzminister Waigel dezente Hinweise nicht nur darauf, daß die DDR durch unsere Regierungspolitik erpreßt werden soll, sondern auch darauf, daß unsere Bundesländer und Gemeinden die Einheit à la Kohl finanzieren sollen.

(Such [GRÜNE]: So machen die das!)

Eine neue Umsatzsteuerverteilung zu Lasten der Länder wird angedroht, da sonst die Gemeinschaftsaufgaben nicht mehr im bisherigen Rahmen möglich seien.

(Strube [CDU/CSU]: Von der SPD angedroht!)

Das ist Ihre „Solidarität" mit den Ländern und Kommunen!
Eines scheint schon jetzt festzustehen: Die schnelle Einheit soll auf dem Buckel der Länder stattfinden. Uns würde es nicht wundern, wenn trotz gegenteiliger Äußerungen auch die Mehrwertsteuer erhöht wird, und das trifft dann besonders die sozial Schwachen.

(Zander [SPD]: Leider wahr!)

Auch über die sozialen Folgen der sofortigen Währungsunion schweigt sich die Bundesregierung aus. Was bedeutet eine schnelle Währungsunion für die Rentner und Rentnerinnen, für die Lohnempfänger und Lohnempfängerinnen in der DDR? Selbst bei dem innerhalb der Regierung umstrittenen Umtauschkurs von 1 : 1 werden in Verbindung mit einer Preisreform mit z. B. höheren Mieten die Menschen verarmen. Die durch die rasante Währungsunion entstehende Massenarbeitslosigkeit wird zu einem großen Problem werden. Der Aufbau einer Arbeitslosenversicherung, meine Damen und Herren, kann nicht die Lösung des



Frau Vennegerts
Problems sein; vielmehr muß eine arbeitsplatzsichernde und -schaffende Politik betrieben werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

In welche sozialdarwinistische Richtung das Ganze treibt, offenbaren Äußerungen von Professor Scholz, dem möglichen Nachfolger von Ministerin Wilms.

(Frau Beer [GRÜNE]: Auch das noch!)

Pofessor Scholz meint, daß der Wunsch nach Anerkennung sogenannter sozialer Grundrechte — des Rechts auf Arbeit, Wohnung und Bildung — zwar verständlich sei, diese jedoch mit einem freiheitlichsozialen Rechtsstaat nicht vereinbar seien. Was für ein Verständnis von Freiheit!

(Such [GRÜNE]: Richtig!)

Viele der in der DDR existierenden Wirtschaftsproblem sind durch die zentrale Kommandowirtschaft der vergangenen Jahrzehnte verursacht. Die Bürger und Bürgerinnen der DDR erwarten sich vom Übergang zu einer marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung eine Verbesserung ihrer Lebenssituation. Freilich wird ein solcher Transformationsprozeß die vorhandenen Probleme nicht gleichsam wie von selbst lösen. Auch eine marktorientierte Ökonomie, meine Damen und Herren, wird mit den Folgen der Umweltzerstörung konfrontiert sein und zur Behebung der schlimmsten Belastungen erhebliche Finanzmittel und Arbeitskräfte aufwenden müssen.
Der Übergang zur Marktwirtschaft wird nicht nur alte Probleme lösen, sondern gleichzeitig auch neue hervorrufen. Die ersten Vorboten dessen, was freier Arbeitsmarkt bedeutet, kündigen sich bereits an. 50 000 Menschen in der DDR sind arbeitslos gemeldet, und Expertenschätzungen gehen davon aus, daß diese Zahl 1990 auf 2 Millionen bis 3,5 Millionen anwachsen kann. Mit der schnellen Realisierung der Währungsunion ist diese verheerende Entwicklung schon vorprogrammiert.

(V o r sitz : Vizepräsident Westphal)

Auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet beginnen immer mehr Menschen in der DDR zu spüren, daß die Herausbildung unternehmerischer Freiheit nicht unbedingt zu größeren individuellen Gestaltungsmöglichkeiten führen muß. Viele beginnen zu erahnen, daß wirtschaftliche Freiheit auch die Freiheit beinhaltet, den Ellenbogen zu gebrauchen. Es zeichnet sich eine wirtschaftliche Entwicklung ab, in der die DDR nur als Beute bundesdeutscher Großkonzerne fungiert. Einige Beispiele: Deutschlands größter Lebensmittelkonzern, die Aldi GmbH, verlangt von den künftigen Partnern in der DDR,

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Datenschutz!)

daß alle Frauen unter 25 und über 50 Jahren entlassen werden. Soll das die vielgepriesene sogenannte soziale Seite der Marktwirtschaft sein?

(Frau Teubner [GRÜNE]: Unerhört!)

Die vier größten Verlage der Bundesrepublik — Bauer, Gruner & Jahr, Burda und Springer —

(Such [GRÜNE]: Die Namen noch einmal langsam!)

haben kürzlich bekanntgegeben, daß sie das Gebiet der DDR unter sich aufgeteilt haben. Man beachte die Wortwahl! Europas größter Versicherungskonzern, die Allianz Holding AG, will gleich die gesamte staatliche Versicherung der DDR übernehmen.

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Und Sie wollen mit der PDS zusammengehen!)

Dieses geradezu perverse Monopoly-Spiel von zumeist ehemaligen SED-Managern (Ost) und Großkonzernmanagern (West) hat sogar den Wirtschaftsminister, der leider nicht da ist, aus dem ordnungspolitischen Tiefschlaf gerissen.

(Zander [SPD]: Der freut sich noch über seine Gehaltserhöhung von heute früh!)

Minister Haussmann fordert das Bundeskartellamt auf, seinen Spielraum voll auszuschöpfen. Mit besorgter Miene kommentiert er — ich zitiere — : „Ein exklusiver Zugriff des jeweiligen Marktführers oder des Marktbeherrschers in der Bundesrepublik auf die Monopolbetriebe in der DDR erweckt größte Bedenken. " Wieso denn, Herr Haussmann? Nachdem Sie dem Bundeskartellamt im Daimler/MBB-Fall in den Rükken gefallen sind, lassen sich denn nicht auch in diesem Falle irgendwelche gesamtdeutschen Vorteile zusammendichten? Warum hier so zimperlich?
Die genannten Beispiele stehen für viele. Im Handel, im Tourismusgewerbe, bei der Energieerzeugung, überall stehen bundesdeutsche Großkonzerne nicht nur mehr Gewehr bei Fuß, sie haben sich längst in Marsch gesetzt. Soziale Markwirtschaft heißt das Etikett, und brutale Machtwirtschaft ist die Realität. Haben die Bürgerinnen und Bürger der DDR dafür gekämpft, daß die zentrale Kommandowirtschaft durch die Kommandowirtschaft der Großkonzerne abgelöst wird? Mit Sicherheit nicht!
Das Bundeswirtschaftsministerium verkauft sich gerne als Vertreter des Mittelstandes. Wenn man sich den ERP-Nachtragshaushalt anguckt, stellt man fest: Von 1,2 Milliarden DM gehen nur 10 % an die Existenzgründer in der DDR, der Rest geht an die bundesdeutschen. Das sind die Tatsachen. Wir werfen der Bundesregierung nicht die eine oder andere kleine Unvollkommenheit ihrer Vorschläge und Maßnahmen vor, sondern das Unterlassen konkreter und großzügiger Unterstützung der DDR.
Aus den Reihen der CDU/CSU ist der Wunsch geäußert worden, einmal unser Konzept zu sehen. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU und auch von der FDP, Ihrem Wunsch haben wir entsprochen: Unser Konzept liegt auf dem Tisch, nämlich das 30-Milliarden-DM-Soforthilfeprogramm für die DDR. Die GRÜNEN haben für zentrale, die Lebensbedingungen der Menschen betreffende Bereiche pragmatische, sofort umsetzbare, wirksame und voll durchfinanzierte Maßnahmen vorgeschlagen, und zwar in den Bereichen ökonomische und ökologische Stabilisierung und soziale Sicherheit.

(Zuruf von der CDU/CSU: Können wir das Papier einmal haben?)

Es ist doch nicht von der Hand zu weisen, daß gerade in der DDR umfassende ökologische Investitionen notwendig sind. Vom Deutschen Institut für Wirt-



Frau Vennegerts
schaft wird von 130 Milliarden DM allein im Energie- und Wasserbereich in den nächsten 10 Jahren gesprochen. Wir erfinden hier doch nichts! Das sind die Tatsachen, denen wir uns stellen und vor denen Sie kneifen und die Augen verschließen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Zusammenhang mit dem Wahlkampf in der DDR während der vergangenen drei Monate hat sich das innerdeutsche Ministerium ein unglaubliches Ding geleistet.

(Dr. Rose [CDU/CSU]: Na, so etwas!)

Ohne hinreichende haushaltsrechtliche Grundlage sind an die parteinahen Stiftungen der Altparteien bis jetzt 9,5 Millionen DM geflossen; weitere 10,5 Millionen DM sind vorgesehen. Wenn ich Bundesfinanzminister Waigel vorgestern im Haushaltsausschuß richtig verstanden habe, dann sind diese Gelder für, wie er sagte, Sachmittel, deren die Parteien in der DDR bedürfen, verwendet worden. Also ein krasser Fall von illegaler Parteienfinanzierung in der DDR durch die parteinahen Stiftungen!
An keiner Stelle des ordentlichen Haushaltes 1990 oder des Nachtragshaushaltes findet sich ein Hinweis auf diesen Ausgabenzweck. Die Verausgabung von Mitteln des Bundes für Demokratiehilfemaßnahmen in der DDR ist weder durch das Haushaltsgesetz 1990 noch durch den Entwurf des Nachtragshaushalts 1990 gedeckt. Es handelt sich um zweckentfremdete Finanzmittel. Wir haben uns deshalb entschlossen, gegen Ministerin Wilms und Minister Waigel Strafanzeige wegen Untreue zu stellen.
Wir gehen davon aus, daß die Zuweisung der Gelder an die parteinahen Stiftungen auf Weisung von Ministerin Wilms in Abstimmung mit dem Bundesfinanzminister geschehen ist. Wir kommen zu dieser Annahme, meine Damen und Herren, weil wir nicht davon ausgehen, daß nachgeordnete Beamte im Ministerium Gelder in beträchtlicher Höhe ohne Wissen der Leitung des Ministeriums verausgaben.
Der Haushaltsausschuß hat vorgestern unseren Antrag, die restlichen 10,5 Millionen DM unter dem Titel „Demokratiehilfe in der DDR für die parteinahen Stiftungen" korrekt auszuweisen, abgelehnt.
Dieser Nachtragshaushalt wird der politischen Situation in der DDR nicht gerecht. Die Menschen in der DDR, die die Wahlversprechen der Bundesregierung für bare Münze gehalten haben, müssen sich betrogen fühlen. Die von der Regierung als Wundermittel gepriesene schnelle Währungsunion wird sich als Schocktherapie mit unsozialen Folgen erweisen. Dieser Nachtragshaushalt hat die große Chance vertan,

(Zander [SPD]: Nicht der Haushalt, sondern die Regierung hat die Chance vertan!)

die Lebenssituation der Menschen in der DDR durch konkrete, umfassende Soforthilfen schnell zu verbessern.
Wir lehnen diesen Nachtragshaushalt ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120505600
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Weng.

Dr. Wolfgang Weng (FDP):
Rede ID: ID1120505700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Matthäus-Maier, Sie haben vorhin auf meine Zwischenfrage, wer Ihnen aus dem Ausschuß berichtet habe, klarstellend geantwortet, Sie seien nicht Mitglied des Ausschusses und seien deshalb nicht da gewesen. Es ist natürlich richtig, daß Sie nicht da waren. Aber Sie haben den Eindruck erweckt, Sie hätten nicht da sein können, und das ist falsch. Sie sind stellvertretendes Mitglied im Ausschuß, und wenn Sie hier zum Haushalt reden, hätten Sie die Beratungen im Ausschuß als stellvertretendes Mitglied selbstverständlich auch mitmachen können.

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Quatsch, dummes Zeug! — Frau Beer [GRÜNE]: Sie sollen zur Sache Stellung nehmen! Sie wollen sich doch nur wieder herausreden!)

Ich sage das nur der guten Ordnung halber; denn der Eindruck, den Sie erweckt haben, ist falsch gewesen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Zander [SPD]: Jetzt hören wir einmal etwas zum Jäger 90!)

Meine Damen und Herren, während die SPD die Forderung des SED-Regimes nach 15 Milliarden DM Soforthilfe noch für realistisch hielt, hat die Bundesregierung, gestützt auf die Koalitionsfraktionen, einen Nachtragshaushalt vorbereitet, der den tatsächlichen Erfordernissen Rechnung trägt und den wir nach der Ausschußberatung hier heute in zweiter Lesung beraten. Meine Fraktion begrüßt den nach der Ausschußberatung hier jetzt vorliegenden Nachtragshaushalt als politisch am Notwendigen und finanzpolitisch am Möglichen orientiert.
Frau Matthäus-Maier, Sie hatten — das will ich gleich zu Beginn meiner Ausführungen sagen — in Ihrer Rede als roten Faden durchgehend den Satz: Was kostet die deutsche Einheit die Bürger?

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Ohne Antwort!)

Ich sage Ihnen: Dieser Satz ist nach meiner Überzeugung üble Polemik und Stimmungsmache,

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Vor allen Dingen, wenn man selbst keine Antwort hat!)

weil er bei den Bürgern hier in der Bundesrepublik den Eindruck erwecken soll, als ob sie zur Kasse gebeten würden. Die deutsche Einheit bringt den Menschen in der DDR zunächst einmal persönliche Freiheit und Freizügigkeit, etwas, bei dem wir doch hoffentlich alle dafür sind, daß es voranschreitet.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das zweite ist aber: Sie bringt — auch nach Auffassung aller Experten — für die wirtschaftliche Entwicklung enorme Chancen und — nach einer Anschubfinanzierung — wirtschaftliche Wohlfahrt für die Bürger in unserem Land.

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Aber was ist denn mit der Anschubfinanzierung?)




Dr. Weng (Gerlingen)

Die Äußerung „Was kostet uns das?" bedeutet, immer den Versuch zu machen,

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Billige Masche!)

dem Bürger draußen zu suggerieren, ihm werde in die Tasche gegriffen. Sie ist weiter der Versuch, die ernstgemeinten Bemühungen der Koalition zu relativieren, bei dieser Anschubfinanzierung ohne Steuererhöhungen auszukommen, damit es eben in diesem Sinne nichts kostet. Ich will darauf ausdrücklich hinweisen, weil uns das den Rest des Jahres ja noch erheblich beschäftigen wird.

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Ganz sicher!)

Ich bin davon überzeugt, daß hier von der SPD eine üble Strategie praktiziert wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Ausschußberatungen ist bekannt. Mit zusätzlichen Ausgaben von ca. 6,8 Milliarden DM steigt das Haushaltssoll 1990 um 5,9 % auf ca. 307 Milliarden DM an; die Nettokreditaufnahme wird sich auf ca. 32,9 Milliarden DM belaufen. Damit hat der Haushaltsausschuß — die Koalitionsmehrheit im Haushaltsausschuß — die Regierungsvorlage im Sinne sparsamen Haushaltens deutlich verbessert. Wir haben dies insbesondere durch Kürzungen im Verteidigungsetat getan. Dieses gewollte politische Signal wird zu Minderausgaben von ca. 800 Millionen DM führen. Die Kollegin SeilerAlbring wird in ihrem Redebeitrag detailliert darauf eingehen.
Die Besonderheit im Nachtragshaushalt, eine globale Mehrausgabe von rund 2 Milliarden DM zu beschließen, halte ich weiterhin für eine sehr gute Idee, die der im Moment bewegten Situation Rechnung trägt. Die Bundesregierung wird auf Grund unserer Beschlußlage im Laufe des Jahres in der Lage sein, förderungswürdige Projekte im Blick auf das deutschdeutsche Zusammenwachsen mit Zustimmung des Haushaltsausschusses zu unterstützen, zu finanzieren oder mitzufinanzieren.
Die FDP-Fraktion läßt keinen Zweifel daran, daß sie über ihre Mitsprache im Haushaltsausschuß Prioritäten und Schwerpunkte bei der künftigen Verwendung dieser Mittel setzen wird. Ich denke natürlich vor allem an besonders dringend notwendige Umweltschutzprojekte, die den Menschen dienen und für die Zukunft des gemeinsamen Landes notwendig sind.
Ich denke auch an wichtige schnelle Fortschritte im Zusammenhang mit den Verkehrswegen. Hierbei ist natürlich ein besonderes Augenmerk auf die Anbindung derjenigen Verkehrswege zu lenken, die bisher durch die innerdeutsche Grenze zerschnitten waren. Dies betrifft die Straße, und es betrifft noch mehr den Schienenverkehr.
Ich will für mich und auch für meine Fraktion keinen Zweifel daran lassen, daß wir die umgehenden Kooperationsbemühungen der Deutschen Bundesbahn und der Reichsbahn der DDR, die das Ziel haben, den Schienenverkehr schnellstmöglich zu verbessern und die unterbrochenen Strecken umgehend wieder zusammenzuführen, ausdrücklich begrüßen.

(Frau Teubner [GRÜNE]: Sagen Sie das einmal Herrn Zimmermann! Der sieht das ein bißchen anders!)

— Gnädige Frau, ich habe gesagt, was ich hierzu sagen wollte. Ihr Zwischenruf steht ja im Protokoll.
Wir haben auch jetzt schon einigen Erfordernissen direkt Rechnung getragen. Es steht z. B. Geld zur Verfügung, mit dessen Hilfe Fachleute aus den Bundesverwaltungen in der DDR den Aufbau einer modernen Verwaltung im demokratischen Staat flankieren und unterstützen sollen. Ich kann mir ohne weiteres vorstellen, daß es für einen engagierten und aufstrebenden öffentlich Bediensteten eine sehr interessante Aufgabe ist, seine Erfahrungen in die Entwicklung eines gemeinsamen freien Deutschland in solcher Weise einzubringen. Es ist gut, daß hierfür dann auch eine zusätzliche Vergütung möglich ist.

(Beifall bei der FDP — Dr. Feldmann [FDP]: Das ist ein guter Vorschlag!)

Wir haben des weiteren beschlossen, daß für die DDR ein größerer Posten geeigneter Schulbücher umgehend zur Verfügung gestellt wird.

(Frau Seiler-Albring [FDP]: Richtig!)

Dies muß sein, denn die durch Zensur und parteipolitische Vorgaben deformierten Lernmittel des totalitären Staates müssen ja mit Blick auf die junge Generation schnellstens abgeräumt werden. Nach über 50 Jahren praktisch durchgehender Diktatur wird sicher auch bei den zukunftsorientierten Lehrkräften eine große Bereitschaft vorhanden sein, sich an Hand eines breiten Angebotes ideologisch unverdächtiger Schulbücher ein neues Bild ihrer Erziehungsaufgaben zu machen.

(Dr. Feldmann [FDP]: Hoffentlich!)

Die Erziehung freiheitlich orientierter Menschen in einem friedlichen und freien Deutschland ist ja eine der ganz großen Aufgaben, die vor uns liegen.
Ich sage auch — sicher ist gerade hier ein großer Nachholbedarf in der DDR vorhanden — , daß die europäische Orientierung drüben schnellstmöglich Raum finden muß. Die FDP wird sich in ihrem Bemühen, die europäische Integration unbeschadet der deutschen Einigung voranzutreiben, nicht übertreffen lassen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, durchaus warnend den Finger heben, weil mich einige Töne, die in letzter Zeit im politischen Raum aufkommen, nachdenklich machen. Wer im Zuge des Zusammenwachsens der beiden deutschen Staaten einen „Neuen Patriotismus" zu kreieren bemüht ist, wer den Begriff „Wir Deutsche" ständig im Munde führt, der läuft Gefahr, auch einen neuen Nationalismus zu wecken. Ich finde, wir dürfen die Wirkung einfacher Parolen in den Dunstkreis mancher Stammtische hinein nicht unterschätzen. Gerade mit Blick auf unsere Bemühungen für das freie



Dr. Weng (Gerlingen)

Gesamtdeutschland müssen wir dringend jedem falschen Eindruck vorbeugen.

(Dr. Vogel [SPD]: Das klingt ja ganz vernünftig!)

Ich finde es in diesem Zusammenhang erfreulich — ich will das hier ausdrücklich festhalten — , daß sich das Protestpotential unter den Wählern Gott sei Dank in dieser Situation von den sogenannten Republikanern wieder absetzt. Auch nur der Eindruck eines Anwachsens von Rechtsradikalismus in unserem Land wäre schädlich für die Zukunft, die wir für unsere Bürger liberal gestalten wollen.
Eine gemeinsame Initiative der Koalitionsfraktionen zusammen mit der SPD, der auch die Kollegin Vennegerts für die GRÜNEN im Ausschuß, glaube ich, zugestimmt hat, betrifft den Bereich des Umweltministeriums. Bei allem Erschrecken über die schlimme Umweltsituation in der DDR gibt es doch einige Bereiche, in denen eine schnelle Kooperation Dinge bewahren kann, die es bei uns nicht oder fast nicht mehr gibt. Ich denke nur an die Chance, z. B. im Bereich der Grenzstreifen ökologische Zonen zu erhalten. Das ist eine einmalige Chance, die wir nicht ungenutzt verstreichen lassen dürfen. Ich weiß, daß der Umweltminister für den bestmöglichen Erhalt dieser Räume große Sympathien hat, und ich bedauere, daß ich höre, daß man in Bundesländern ein wenig zögerlich an die Angelegenheit herangeht.
Uns im Ausschuß erschien es jedenfalls notwendig, Umweltverbände darin zu unterstützen, auf dem Gebiet von Natur- und Umweltschutz eine innerdeutsche Zusammenarbeit zu suchen. Dies wird nicht nur dafür sorgen, daß mögliche gemeinsame Projekte schnell in Angriff genommen werden und daß nicht kurzfristiges Gewinnstreben ökologisch Wertvolles vernichten kann; es wird auch für schnelle zwischenmenschliche Kontakte zwischen den in diesen wichtigen Bereichen des Natur- und Umweltschutzes engagierten Bürgern auf beiden Seiten der im Moment ja noch bestehenden Grenze sorgen.
Meine Damen und Herren, wir haben zusätzlich 1,5 Millionen DM als Zuschuß zum Aufbau eines Luftmeßnetzes in Budapest bewilligt. Dort sollen im Rahmen der Früherkennung von grenzüberschreitenden Smoglagen acht Meßstationen und ein Meßwagen eingerichtet werden. Dies hilft auch der Früherkennung bei uns und dient insofern unseren Bürgern. Aber wesentlich ging es uns darum, mit dieser Bewilligung auch ein kleines Signal nach Ungarn zu geben. Sie wissen, daß wir der ungarischen Regierung für ihre aufrechte Haltung überaus verbunden sein müssen, die in der Konsequenz den Menschen in der DDR ihre Freiheit gegeben hat. Diese Zusage, die ja insbesondere Hans-Dietrich Genscher gemacht hat, gilt fort. Wir sind dem ungarischen Volk zu großem Dank verpflichtet.
Meine Damen und Herren, daß wir all diese Mehrausgaben als Haushälter mit Einsparungen an anderer Stelle gedeckt haben, will ich ergänzen. Auch in schwierigen Zeiten bleibt es bei unserer Zusage, die Verschuldungssituation bessern zu wollen. Die Gesamtschuldensituation ist weiterhin ernst; sie wird durch die unabweisbaren Ausgaben, die jetzt vor uns liegen, nicht leichter. Mit Blick auf die ja noch anstehende Beratung des Haushalts 1991 sage ich voraus, daß es gerade in der Finanzplanung ein hartes Ringen geben wird. Eine sichere Prognose ist heute nicht möglich; dafür fehlen noch zu viele Fakten, und zu viele Entwicklungen, die sich aus dem Fortgang ergeben, kennen wir noch nicht und können wir noch nicht kennen. Aber der Appell an den Herrn Finanzminister, der heute hier ja so gut durch den Kollegen Carstens vertreten ist, schnellstmöglich zur Finanzplanung zurückzukehren, soll an dieser Stelle ausgesprochen werden.
An einer Stelle hat der Haushaltsausschuß ein Zeichen gesetzt, wie man momentanen Erfordernissen Rechnung tragen kann, ohne die künftige Entwicklung aus dem Auge zu verlieren: Das zusätzliche Personal in allen Ministerien, das für Aufgaben im Zusammenhang mit der deutsch-deutschen Einigung dringend und schnell gebraucht wird, darf nur zeitlich begrenzt zu einer Erhöhung des Personalbestands führen. Wir haben die Stellenvermehrung deswegen zeitlich bis Ende 1993 begrenzt.

(Deres [CDU/CSU]: Und teilweise schon umgesetzt!)

— Sie haben recht, Herr Kollege Deres: auch teilweise schon umgesetzt.
Dieses Signal ist auch eine erneute Aufforderung an die Bundesregierung, in den Bereichen Vorsorge zu treffen, in denen künftig weniger Personal benötigt werden wird. Das betrifft nicht nur die Bundeswehr, bei der abschließende Zahlen ja auch von internationalen Vereinbarungen abhängig sein werden, sondern auch den Bundesgrenzschutz, vielleicht den Zoll und ganz sicher auch die verschiedenen Nachrichtendienste. Ich weiß, daß hier auf viele öffentlich Bedienstete persönliche Lasten und Härten zukommen können, und ich sichere zu, daß wir diese bestmöglich mildern wollen. Aber wir können und dürfen in unserer Gesamtverantwortung natürlich nicht Einrichtungen ungeschmälert erhalten, nur weil deren Abbau schwierig ist. Wenn die Aufgaben erfüllt sind, muß auch eine andere Verwendung auf den im Grundsatz ja gesicherten Arbeitsplätzen möglich sein.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die finanzielle Gesamtsituation des Bundes stellt sich geordnet dar und hebt sich damit besonders wohltuend von der Situation z. B. des Saarlandes ab — Herr Kollege Borchert hat hier darauf hingewiesen —,

(Dr. Vogel [SPD]: War da nicht mal was?)

das nach den Erklärungen seines eigenen Rechnungshofes mit einem verfassungswidrigen Haushalt Schlagzeilen gemacht hat. Man braucht sich die politischen Entschuldigungen, die da angeführt werden, im einzelnen gar nicht anzuhören. Schuld sind ja immer nicht die Verantwortlichen, sondern ihre Vorgänger oder unabweisbare Umstände. Unbestreitbar bleibt jedenfalls die Feststellung, daß unter der politischen Verantwortung des saarländischen Ministerpräsidenten Lafontaine die Kasse ruiniert ist. Ob man gut beraten ist, jemandem die große Kasse anzuver-



Dr. Weng (Gerlingen)

trauen, bei dem die kleine Kasse gerade ruiniert ist, darüber wird man ja wohl nachdenken dürfen.

(Becker [Nienberge] [SPD]: Aber was habt ihr denn in den letzten Jahren gemacht? Ihr habt doch auch alles ruiniert!)

— Herr Kollege, ich hatte schon gesagt, daß man in der Kürze der Zeit hier über diese Dinge nicht diskutieren kann. Schuld haben immer andere; Ihr Zwischenruf besagt ja auch, daß Sie die Schuld anderen zuweisen wollen. Tatsache ist im Moment jedoch, daß die politische Verantwortung für die Entwicklung im Saarland ab Regierungsübernahme die saarländische Regierung trägt, die allein von der SPD gestellt wird.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Beratungen des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags, das die Mehrheit der Koalitionsgruppe in manchmal schwieriger gemeinsamer Arbeit erreicht hat, ist ein gutes Ergebnis. Ich danke allen Kollegen für die Zusammenarbeit, vor allem dem Obmann der CDU/CSU-Fraktion, Jochen Borchert, dem auch wir es nicht immer ganz leicht machen. Wir wollen die gute Zusammenarbeit auch bei weiteren möglichen Nachtragshaushalten fortsetzen und sind von seiten der FDP bereit und entschlossen, mit einem abgeschlossenen Haushalt 1991 in den Bundestagswahlkampf für die Wahl am 2. Dezember zu ziehen. Solche Beratungen werden im Vorfeld einer Wahl nicht einfach sein. Die Neigung zu Gefälligkeiten wächst, der Druck von den Kollegen wächst natürlich auch. Wir kennen das aus jahrelanger Erfahrung. Ich weiß auch, daß Gruppeninteressen einerseits und daß die veröffentlichte Meinung andererseits eher solche Gefälligkeiten honorieren als Standhaftigkeit beim Sparen.
Da die Freien Demokraten und ihre Bundestagsfraktion sich aber am politischen Gesamtergebnis messen lassen wollen, werden wir unseren Haushaltskurs unbeirrt fortsetzen und glauben an unseren Erfolg auch bei den Wählern. Diesem heute debattierten ersten Nachtrag zum Haushalt 1990 stimmt die FDP-Fraktion in der Sicherheit zu, politisch notwendiges Handeln finanztechnisch bestmöglich abzuwickeln.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120505800
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Herr Carstens.

Manfred Carstens (CDU):
Rede ID: ID1120505900
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist eben schon zum Ausdruck gebracht worden, daß sich der Bundesfinanzminister heute gemeinsam mit dem Bundeskanzler und einer Regierungsdelegation in London befindet. Er ist bei den deutsch-britischen Konsultationen anwesend,

(Dr. Vogel [SPD]: Er studiert die Poll-Tax!)

so daß Sie mit mir vorlieb nehmen müssen. Es ist eben schon angedeutet worden, daß man das gern tut.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bevor ich auf den Nachtragshaushalt eingehe, möchte ich vier Punkte ansprechen, die die Rednerinnen der Opposition hier vorgetragen haben. Es geht zunächst einmal um die Frage nach den Steuererhöhungen. Die Aussagen seitens der Opposition hierüber wollen kein Ende nehmen. Wir haben gesagt und bleiben dabei,

(Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Wie lange?)

daß wir keine Steuererhöhungen wollen, daß wir sie für falsch halten, allemal die Mehrwertsteuererhöhung, aber auch andere Steuererhöhungen. Was wir für falsch halten und was wir nicht wollen, das machen wir auch nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Dann schließen Sie es doch aus!)

Dann möchte ich noch auf das Stichwort Abrüstung zu sprechen kommen. Das ist natürlich eine sehr wesentliche und wichtige Frage; ganz klar. Wer möchte nicht abrüsten? Wir möchten es allemal. Aber wenn man sich die letzten zehn oder zwanzig Jahre anschaut, stellt man fest, daß es in der Vergangenheit zwar viele Abrüstungsverhandlungen gegeben hat; aber eine wirkliche Abschaffung von Waffensystemen, einen wirklichen Abbau von Waffen hat es erstmals mit der Regierung Kohl/Genscher gegeben. Das darf auch einmal gesagt werden!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir kommen drittens zum Thema Verschuldung der öffentlichen Hände. Herr Kollege Borchert hat schon zu Recht darauf hingewiesen, daß diese Bundesregierung seit 1982 Kredite immer nur etwa in Höhe der zu zahlenden Zinsen aufnimmt, meistens sogar eher weniger als das, was an Zinsen zu zahlen war. Das ist so seit 1982.

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: So ist es!)

Das heißt im Klartext: Wenn die gewaltige Schuldenlast von damals nicht zu übernehmen gewesen wäre, hätten wir in den Jahren nach 1982 im Bundeshaushalt gar keine Neuverschuldung gehabt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Nicht eine Mark!)

Viertens gehe ich auf die Vorwürfe der Kollegin Vennegerts ein. Die GRÜNEN haben ja Frau Minister Wilms und dem Bundesfinanzminister vorgeworfen, es seien Haushaltsmittel mißbräuchlich verwendet worden.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Richtig!)

Ich möchte hier feststellen, daß das jeder Grundlage entbehrt,

(Dr. Rose [CDU/CSU]: Wie immer!)

und darf dazu drei Bemerkungen machen. Erstens. Die Zahlungen an vier parteinahe Stiftungen halten sich an die Zweckbestimmung des Titels „Förderung besonderer Hilfsmaßnahmen gesamtdeutschen Charakters". In der Vergangenheit erfolgten solche Zahlungen nur deshalb nicht, weil die politischen Verhältnisse in der DDR ein entsprechendes Tätigwerden der



Parl. Staatssekretär Carstens
Stiftungen nicht zuließen. Das ist der eigentliche Grund dafür, daß das jetzt erstmals so passiert ist.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Da steht „nur für medizinische und karitative Maßnahmen" !)

Zweitens. Die Zahlen haben mit dem Nachtragshaushalt 1990 nichts zu tun, denn der Titelansatz steht schon im Haushalt 1990.
Drittens. Die Mittelvergabe steht eindeutig im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Bevölkerung unseres Landes muß noch eines wissen: Die vier anderen parteinahen Stiftungen hatten Anträge gestellt. Die GRÜNEN hatten gar keine Anträge gestellt.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Aus gutem Grund!)

Ist das darauf zurückzuführen, daß Sie etwas gegen die Einheit unseres Volkes haben? Wenn das der Fall wäre, dann ist das Ihr Problem und nicht unser Problem.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, jetzt zum Nachtragshaushalt 1990. Dieser Nachtragshaushalt ist ein wichtiger Teil unserer Konzeption für den Weg in die Einheit Deutschlands. Er setzt erste Akzente für den schnellen und wirkungsvollen Aufbau einer modernen und leistungsfähigen ökonomischen Struktur nach den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft. Zugleich setzt er ein deutliches Signal für die Bereitschaft der Bundesregierung, den Mitbürgern in der DDR bei der gewaltigen Aufgabe der grundlegenden Umgestaltung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse tatkräftig zur Seite zu stehen, sie dabei aktiv zu unterstützen.
Bei der Wahl am 18. März haben unsere Landsleute in der DDR deutlich gemacht, daß sie diese Zeichen verstanden haben und daß sie, wie die vergangenen Tage und Wochen gezeigt haben, darüber hinaus bereit und willens sind, ihre wirtschaftliche und politische Zukunft selbst zu gestalten. Die riesige Nachfrage nach Beratungsangeboten bei den Handelskammern und bei Unternehmertreffen beweist es jeden Tag aufs neue. Wir hören — die Zahl ist kaum zu glauben, so hoch ist sie — , daß es bereits 6 000 Kooperationswünsche, 6 000 Wünsche auf Zusammenarbeit im Rahmen von Joint-ventures geben soll. Das spricht eine deutliche Sprache. Wir werden helfen müssen, wir wollen auch helfen,

(Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Und wir können es!)

und wir werden es auch tun. Aber die eigentliche Initiative muß von unseren Landsleuten in der DDR ausgehen.
Der Optimismus im Hinblick auf einen raschen und steilen Wirtschaftsaufschwung in der DDR ist berechtigt. Die vorliegenden ökonomischen Daten und alle Experten bestätigen diese Einschätzung. Die Voraussetzungen für die DDR sind bedeutend besser, als sie für die Bundesrepublik nach der Währungsreform waren. Die DDR ist kein Entwicklungsland, sondern sie ist ein Industrieland, allerdings wenig modern ausgebaut, teilweise sogar marode. Aber die DDR gehört zu den Industrieländern.
In diesem Zusammenhang darf ich einmal sagen, daß man bei Aufenthalten in der DDR oftmals festgestellt hat, daß die Wirtschaftsfachleute in der DDR wegen dieser maroden Situation und des Rückstands ihrer Wirtschaft oftmals geradezu Komplexe haben. Aber man muß doch auch einmal sagen, daß sie die Situation in der DDR bitte nicht mit der Situation jener Länder vergleichen sollten, die in der Sozialen Marktwirtschaft arbeiten konnten. Sie sollten die Situation der DDR eher mit der Situation der Länder vergleichen, die auch unter dem Sozialismus gelitten haben. Dann haben unsere Landsleute recht gut abgeschnitten. Ich darf einmal sagen: Wenn selbst die Deutschen in der DDR mit dem Sozialismus nicht fertiggeworden sind, dann ist das der endgültige Beweis dafür, daß der Sozialismus überall auf der Welt nicht erfolgreich praktiziert werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU — Frau Vennegerts [GRÜNE]: Eine bestechende Logik!)

Die größten Behinderungen für eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung in der DDR werden durch Einführung der Währungsunion in Verbindung mit einer Wirtschaftsgemeinschaft beseitigt. Dazu zählen vor allem das ineffektive, zentral gesteuerte Planwirtschaftssystem, das Staatseigentum an Produktionsmitteln sowie das Außenhandelsmonopol. Das entscheidende Problem des Produktivitätsdefizits der DDR-Betriebe gegenüber westlichen Unternehmen wird seiner Lösung ein gutes Stück nähergekommen sein, wenn mit dem Übergang zur Marktwirtschaft pünktliche und qualitativ einwandfreie Zulieferungen sichergestellt sind.
Der deutsche Kapitalmarkt steht für einen Kapitalfluß in die DDR bereit. Die dafür notwendigen Mittel sind vorhanden. Allein durch eine Umorientierung unseres Nettokapitalexports von rund 117 Milliarden DM im Jahre 1989 wäre es möglich, der DDR große Beträge zur Verfügung zu stellen, ohne daß Investitionen und Konsum bei uns deswegen beeinträchtigt würden. Deshalb ist es wichtig, daß in der DDR die Hemmnisse für den Zustrom privaten Kapitals schnellstmöglich abgebaut werden. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung für die Aufwärtsentwicklung in der DDR.
Dabei muß es nicht zu Zinserhöhungen auf unseren Kapitalmärkten kommen. Ein dauerhafter Zinsanstieg in der Bundesrepublik über den Weltmarktzins hinaus wäre nur dann begründet, wenn sich die Risiken oder Kapitalrenditen in den beiden deutschen Staaten durch die Wirtschaftsgemeinschaft und die Währungsunion verschlechtern würden, und das ist nicht erkennbar. Die gute Gläubigerposition der Bundesrepublik an den Finanzmärkten spricht dafür, daß sich der Finanzbedarf zur Modernisierung einer marktwirtschaftlich orientierten DDR-Wirtschaft zu günstigeren Bedingungen finanzieren lassen wird, als viele andere Länder sie am Weltmarkt für Finanzkapital vorfinden. Werden die marktwirtschaftlichen Kräfte im Innern freigesetzt und das Kapital von außen



Parl. Staatssekretär Carstens
mobilisiert, wird es in der DDR schnell zu dynamischen Veränderungen kommen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und viele der scheinbar verlustreichen Betriebe müssen und werden dann Gewinne machen.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Und wie viele Arbeitslose gibt es?)

Sicherlich nicht alle; manche alten Kapazitäten werden abgebaut oder verschwinden, und neue werden entstehen. Vor allem der künstlich zurückgedrängte Handwerks- und Dienstleistungsbereich wird neue Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Ein rascher Produktivitätsschub, neue Arbeitsplätze und steigende Einkommen werden dynamische Zuwächse der Steuereinnahmen und der Einnahmen der Sozialversicherungssysteme zur Folge haben. Damit wird sich das Gebiet der DDR bald zunehmend selbst finanzieren können.
Auch auf die Bundesrepublik Deutschland kommen durch den Nachholbedarf der DDR kräftige Wachstumsimpulse zu, Ich freue mich darüber, daß die EG-Kommission vor kurzem festgestellt hat, daß sie annimmt, diese Impulse würden uns in der Bundesrepublik Deutschland jährlich mindestens 1 % zusätzliches Wirtschaftswachstum bringen. Das scheint zunächst nicht viel zu sein. Ich darf aber hinzufügen, daß das aufs Jahr gerechnet bei unserer Wirtschaftskraft 23 Milliarden DM wären; aber dies erbringt — kumuliert bis einschließlich 1995 — ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von 380 Milliarden DM. Die öffentlichen Haushalte erhalten hiervon 22 bis 23 % Steuern; d. h. bei nur 1 % zusätzlichem Wachstum bei uns in der Bundesrepublik hätten die öffentlichen Haushalte rund 85 Milliarden DM mehr Steuereinnahmen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, daß unsere Volkswirtschaft durch die Hilfen an die DDR im Ergebnis nicht geschwächt, sondern gestärkt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Sozialistischen Miesmachern zum Trotz!)

Meine Damen und Herren, die DDR ist aus eigener Kraft zu der dringend notwendigen schnellen und konsequenten Umstellung der DDR-Wirtschaft auf marktwirtschaftliche Strukturen nicht in der Lage. Unsere schnelle und durchgreifende Hilfe ist gefordert. Dazu wird der als Soforthilfe konzipierte Nachtragshaushalt eine erste Anschubwirkung haben. Es ist hier schon zum Ausdruck gebracht worden, daß aus diesen Mitteln 6 Milliarden DM in ein Kreditprogramm des ERP-Sondervermögens fließen werden. Der Kollege Beckmann wird hierzu nähere Ausführungen machen.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Jämmerlich, dieser Haushalt!)

Wir werden aber auch zinsverbilligte, vom Bund verbürgte Darlehen an Existenzgründer über die Deutsche Ausgleichsbank gewähren. Damit werden Neugründungen von Unternehmen und einer Neugründung gleichstehende Weiterführungen von Unternehmen unterstützt. Außerdem soll für das Grenzgebiet der DDR ein regionalpolitisches Infrastrukturprogramm nach dem Vorbild der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" aufgelegt werden. Es kommt darüber hinaus zu ganz konkreten Hilfsmaßnahmen im Verkehrs- und Umweltbereich. Als entscheidend verweise ich auf den Anstoß für private Unternehmerinitiativen und die Katalysatorwirkung für die dynamische Entwicklung einer breit gefächerten Privatwirtschaft, denn darauf kommt es an.
Für die von uns angekündigte Umschichtung von Haushaltsmitteln zur Deckung von Mehrbelastungen ist ein erster Schritt getan worden, und zwar durch den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages, der im Einzelplan 14 — Verteidigung — um 500 Millionen DM gekürzt hat. Ich darf an dieser Stelle sagen: Ich denke, daß es möglich sein dürfte, Mittel in dieser Größenordnung im Jahre 1990 ohne nachhaltige Probleme freizumachen.

(Dr. Struck [SPD]: Noch mehr!)

Insofern scheint mir auch vertretbar zu sein, was hier beschlossen wurde.
Eine darüber hinausgehende nachhaltigere Absenkung hängt allerdings entscheidend von der weiteren Entwicklung der politischen Verhältnisse und dem erhofften positiven Ergebnis der Wiener Verhandlungen über konventionelle Abrüstung in Europa ab; das muß ebenfalls einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, der Nachtragshaushalt ist seiner Konzeption nach ein erster Anstoß.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Ein Stößchen!)

Für eine dauerhafte Lösung der tiefgreifenden wirtschaftlichen Probleme in der DDR haben wir uns in Würdigung der historischen Situation zu einem unkonventionellen Schritt fernab von lehrbuchhaften Dogmen entschlossen. Unser Angebot zur Schaffung eines gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsgebietes ist kühn und in seiner Dimension ohne Beispiel.

(Frau Teubner [GRÜNE]: Tollkühn!)

Aber es ist politisch und ökonomisch wohl überlegt, was wir tun. Die weit überwiegende Mehrheit der Fachleute in Wirtschaft und Wissenschaft, national wie international, hält unser Angebot einer Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft für den richtigen Weg.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Ist nicht wahr! DIW ist dagegen! Geiger ist dagegen!)

Allein mit der Einführung der D-Mark lassen sich aber die wirtschaftlichen Probleme in der DDR nicht lösen. Nur durch Einführung der Sozialen Marktwirtschaft werden sich Leistungskraft und Güterangebot und damit die Lebensverhältnisse der Bürger in der DDR nachhaltig verbessern — nur durch die gleich-



Parl. Staatssekretär Carstens
zeitige Einführung der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Vennegerts [GRÜNE]: Macht ruhig eure Bauchlandung!)

Für die Landsleute in der DDR ist es wichtig zu wissen, daß dann ihre gute Arbeit auch durch gutes Geld entlohnt wird. Das ist auch eine wichtige Triebfeder für entsprechende Privatinitiative.
Nur der Übergang zur Marktwirtschaft schafft die Basis für einen kräftigen Zufluß privaten Kapitals, der für die weitere Entwicklung der DDR von zentraler Bedeutung ist. Hier sind die bisher erlassenen Gesetze in der DDR und die vorliegenden Entwürfe noch völlig unzureichend. Mit der neuen politischen Konstellation in der DDR wird es jetzt sicher ganz anders vorangehen. Das ist auch nötig im Sinne der Bevölkerung in der DDR.

(Zuruf von der CDU/CSU: Es kann nur besser werden!)

Wie Sie wissen, hat eine auf unsere Anregung hin gebildete gemeinsame Expertenkommission zur Vorbereitung einer Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft am 13. März 1990 einen Zwischenbericht für die Regierung verabschiedet. Konkrete Vereinbarungen und Entscheidungen können selbstverständlich erst getroffen werden, wenn sich in der DDR die neue, demokratisch legitimierte Regierung gebildet hat. Mit ihr müssen wir die Bestandsaufnahme vervollständigen, die in der Expertenkommission mit gutem Erfolg begonnen wurde.
Die Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft können erst kommen, wenn alle fachlichen Fragen geklärt sind, dann allerdings, meine Damen und Herren, quasi über Nacht, sehr schnell.
Befürchtungen, dies könnte unsere ökonomische Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, sind nicht gerechtfertigt. Die Bundesbank wird ihre Geldpolitik auch nach der D-Mark-Einführung in der DDR in völliger Unabhängigkeit und orientiert an der Geldwertstabilität weiterführen. Deswegen habe ich auch keine Inflationsbedenken. Ich möchte das hier einmal in dieser deutlichen Form zum Ausdruck bringen.
Dem zusätzlichen Umlauf an D-Mark stehen Millionen arbeitswilliger DDR-Bürger und ein nicht unerhebliches Produktionspotential gegenüber. Ein sich vereinigendes Deutschland, das an die erfolgreiche Finanz- und Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik anknüpft, wird das Vertrauen der internationalen Anleger ebenso erhalten wie bisher die Bundesrepublik alleine. Da bin ich ganz sicher.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auch die Deutschen in der DDR brauchen keine Angst zu haben, daß ihr Erspartes nach einer Währungsumstellung nichts mehr wert sein könnte. Man wird die Sparer nicht um den Lohn ihrer Arbeit bringen, schon gar nicht die Normalsparer.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Wieviel wird denn im Verhältnis von 1 : 1 entschädigt, 2 000 bis 3 000?)

Für die DDR-Unternehmen werden wir eine differenzierte Lösung finden, damit diese Unternehmen nach der Währungsumstellung Luft zum Atmen haben. Gleichwohl kann ein gewisser Schuldenbestand, der in einem angemessenen Verhältnis zur Ertragslage des Unternehmens steht, auch nach einer Umstellung bestehenbleiben.

(Zuruf von der SPD: Was heißt das denn?)

Natürlich wird es mit der Umstellung Strukturanpassungen in der DDR-Wirtschaft und einen beachtlichen Finanzierungsbedarf des künftigen DDR-Haushalts geben. Einnahmen werden bei der Umstellung auf ein modernes Steuersystem im Unternehmenssektor zunächst nur begrenzt zu erzielen sein. In den Ausgaben schlagen sich die wirtschaftlichen Probleme der noch nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen und die Kosten der sozialen Flankierung des Anpassungsprozesses nieder. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Rentenfrage und die Arbeitslosenproblematik. Quantifizierungen hängen allerdings von zahlreichen Annahmen ab, und für sie ist es jetzt noch zu früh, zumal im jetzigen Stadium noch große Unsicherheitsfaktoren und Gestaltungsmöglichkeiten auch im DDR-Haushalt bestehen.
Bei der Finanzierung wird zu überlegen sein, in welchem Ausmaß Finanztransfers aus den öffentlichen Haushalten der Bundesrepublik möglich und nötig sind. Die auf die Bundesrepublik zukommende Belastung kann nicht vom Bund allein getragen werden. Sie muß auf alle öffentlichen Haushalte verteilt werden. Unser oberster Grundsatz bleibt dabei die Fortführung der erfolgreichen Stabilitätspolitik.
Ziel für den kommenden Bundeshaushalt muß es deshalb sein, notwendige Mehrausgaben zugunsten der DDR soweit wie möglich durch Einsparungen an anderer Stelle auszugleichen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich sage noch einmal: Steuererhöhungen wollen wir nicht. Wir halten sie für falsch. Was wir nicht wollen und was wir für falsch halten, das machen wir nicht. Das ist eine Zusage unsererseits.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Wie lange hält die denn?)

Auch Länder und Gemeinden werden ihren Beitrag leisten müssen. Im Verhältnis unserer Gebietskörperschaften zueinander ist der gerechteste Verteilungsmaßstab für den Finanzbedarf die steuerliche Finanzkraft der einzelnen Ebenen. Nur so ist gewährleistet, daß keine der Ebenen überfordert wird. Deswegen müssen sich auch alle angemessen an einer so wichtigen nationalen Aufgabe beteiligen. Je eher in der DDR eine vernünftige Einnahmebasis geschaffen wird, desto eher werden unsere öffentlichen Haushalte entlastet. Ich halte es daher für dringend erforderlich, der DDR beim Aufbau einer leistungsfähigen Steuer- und Finanzverwaltung zu helfen.
In den nächsten Wochen wird es darum gehen, in der DDR auch im Bereich der Steuern ein marktorientiertes System zu errichten, damit auch von dieser Seite die notwendigen Voraussetzungen für eine Währungsunion geschaffen werden.



Parl. Staatssekretär Carstens
In dem Gebiet der DDR muß ein leistungsgerechtes und investitionsförderndes Steuersystem eingeführt werden. Wir bieten der DDR hierzu unsere Hilfe an.
Um die überfällige Modernisierung der DDR-Wirtschaft zu erreichen, sind primär private Investitionen erforderlich. Private Unternehmen investieren jedoch nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Das gilt für die DDR ebenso wie für jedes andere Land.
In der Übergangsphase bis zur Vollendung der deutschen Einheit sind steuerliche Hemmnisse, die einem Engagement bundesdeutscher Unternehmen in der DDR entgegenstehen, abzubauen. Der in den letzten Tagen von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zum Abbau von Hemmnissen bei Investitionen in der DDR sieht bei Investitionen in Kapitalgesellschaften folgende Maßnahmen vor.
Erstens. Bei Überführung von Wirtschaftsgütern aus einem inländischen Betrieb in eine Kapitalgesellschaft in der DDR brauchen stille Reserven nicht bereits zum Zeitpunkt der Überführung steuerlich aufgedeckt zu werden.
Zweitens. Anlaufverluste von Tochtergesellschaften in der DDR können bei der inländischen Besteuerung zum Zeitpunkt ihrer Entstehung durch Bildung einer steuerfreien Rücklage berücksichtigt werden.
Drittens. Bei Investitionen in Betriebsstätten in der DDR können Verluste bei der Besteuerung berücksichtigt werden. Die Besteuerung wird damit an die Rechtslage bei Verlusten aus Betriebsstätten in Staaten, mit denen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bestehen, angeglichen.
Mit diesen Maßnahmen gehen wir in Richtung auf ein einheitliches Steuersystem in beiden Teilen Deutschlands, das geeignet ist, den Wirtschaftsstandort Deutschland auch international weiterhin attraktiv zu halten.

(Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Hoffentlich ist es ein bißchen einfacher als unseres!)

— Ja, das sollte man hoffen, Herr Kollege Weng.
Bei allem Gewicht, das die Bundesregierung in diesen Tagen zwangsläufig der deutsch-deutschen Entwicklung beimessen muß, übersehen wir nicht die Einbindung der Bundesrepublik in die politischen Umwälzungen in ganz Europa und ihre Rolle als verläßlicher Partner der internationalen Solidargemeinschaft.

(Zuruf von der SPD)

Wir werden gerade die Nachbarnationen nicht vergessen, die mit ihren mutigen Schritten zu einer politischen Umgestaltung das Tor zur deutschen Einheit mit geöffnet haben, meine Damen und Herren. Deshalb leisten wir auch aus dem Nachtragshaushalt Nahrungsmittelhilfe und humanitäre Hilfen für die Sowjetunion, für Rumänien. Wir unterstützen in Zusammenarbeit mit anderen Industrieländern die Reformbestrebungen in Polen. Teile dieser Mittel sind insbesondere für die Förderung der deutschen Sprache und Kultur in Polen bestimmt und kommen so der
in dieser Heimat verbliebenen deutschen Minderheit zugute.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das war aber schwach! Das muß geübt werden!)

Darüber hinaus werden wir die Initiative des Europäischen Rates vom Dezember 1989 in Straßburg unterstützen. Hier geht es nämlich darum, eine europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zu gründen — eine sehr wesentliche Aufgabenstellung der Europäischen Gemeinschaft, der wir uns gern anschließen. Sie soll private Initiativen im kleingewerblichen und mittelständischen Bereich fördern und auch Maßnahmen der Infrastruktur und im Umweltbereich. Es wird wahrscheinlich möglich sein, diese Bank schon Anfang nächsten Jahres ihre Arbeit aufnehmen zu lassen.
Der Weg in die Einheit Deutschlands ist kein isolierter Prozeß. Er ist eingebettet und abhängig von den Entwicklungen und Integrationsprozessen in ganz Europa. Auf dem Rat der Wirtschafts- und Finanzminister in Brüssel am 12. Februar sind die irische Präsidentschaft, die anderen EG-Mitgliedstaaten und die EG-Kommission über die deutschlandpolitischen Entwicklungen informiert worden. Die Haltung der Bundesregierung, der DDR Gespräche über die Einbeziehung der DDR in das Wirtschafts- und Währungsgebiet der D-Mark anzubieten, wurde mit großem Verständnis und mit Zustimmung aufgenommen. Die EG-Kommission hat eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Vizepräsident Bangemann eingesetzt, die sich mit den verschiedenen Aspekten und Szenarien der deutschlandpolitischen Entwicklung befassen soll. An diesen Erörterungen werden auch Sachverständige der Bundesregierung teilnehmen. Ich meine, wir sollten solche Gesprächsmöglichkeiten intensiv nutzen, nicht nur mit der EG-Kommission, sondern auch mit anderen EG-Mitgliedstaaten. Die deutschlandpolitische Entwicklung muß in den europäischen Rahmen eingebettet sein.
Die Währungsunion mit der DDR kann aber nicht ein Modell für die europäische Wirtschafts- und Währungsunion sein. Auch das ist sicherlich jedermann klar. Die Verhandlungen mit der DDR werden zu keiner Änderung in Inhalt oder Tempo der Verwirklichung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion führen. Das hat auch der Bundeskanzler dieser Tage erneut bekräftigt.
Meine Damen und Herren, die deutsche Einheit ist zum Greifen nahe. Beide Großmächte haben grünes Licht gegeben. Jetzt liegt es an uns Deutschen selbst, mit Augenmaß, aber entschlossen unseren Weg zu gehen. Die Herausforderungen, die uns bevorstehen, können von uns gemeistert werden. Die Politik der Bundesregierung hat dazu seit Jahren ein festes Fundament gelegt. Wir werden an unserem Kurs konsequent festhalten. Meine Damen und Herren, man sollte sich einmal vorstellen, was es bedeutet hätte, wenn wir diesen Herausforderungen bei einer Wirtschafts- und Finanzlage hätten gerecht werden müssen, wie sie uns die damalige Bundesregierung 1982 hinterlassen hatte. Wie ständen wir dann wohl da, und



Parl. Staatssekretär Carstens
wie sollten wir dann mit diesen Herausforderungen fertigwerden?

(Dr. Rose [CDU/CSU]: Dann hätten wir gewollt, aber nicht gekonnt! — Frau Vennegerts [GRÜNE]: Und heute können Sie und wollen nicht! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Und Frau Matthäus-Maier könnte nicht einmal opponieren!)

Das Fundament ist in Ordnung, und dieser finanzpolitische Kurs wird fortgesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Unser Angebot einer Wirtschaftsgemeinschaft und einer Währungsunion ist eine Investition in die Zukunft Deutschlands. Wenn wir, meine Damen und Herren, später eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung über die Kosten und Erträge unseres finanziellen Engagements für die deutsche Einheit aufmachen, werden viele sehen: Es hat sich gelohnt, in die Zukunft Deutschlands zu investieren.
Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120506000
Das Wort hat der Abgeordnete Kühbacher.

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Der hat uns heute morgen schon aufgehalten!)


Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120506100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das mit dem Aufhalten hat gelegentlich seinen Sinn. Im übrigen muß man Ihnen Ihre Sünden ständig vorhalten, die Sie hier im Plenum begehen.

(Beifall der Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD] — Dr. Rose [CDU/CSU]: Aufhalten, nicht vorhalten!)

Als wir im November letzten Jahres den Haushalt verabschiedet haben, hat uns Staatssekretär Carstens gesagt, wenn je ein Nachtragshaushalt 1990 wegen der deutsch-deutschen Einheit erforderlich werden sollte, dann bedürften die kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen einer ganz gründlichen Vorbereitung. Das haben wir Staatssekretär Carstens damals abgenommen. Aber die Wirklichkeit hat uns eines Besseren belehrt.

(Beifall der Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD])

Der vorliegende Nachtragshaushalt enthält nur ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen ohne gründliche Vorbereitung, ohne mittel- und langfristige Perspektiven und ohne Ansätze für die Lösung der im Moment, also unmittelbar vor uns liegenden Aufgaben.

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Klaus-Dieter, das weißt du doch besser!)

— Das ist so. Es ist ein Sammelsurium, zusammengestottert und zusammengeschrieben, das die wesentlichen Probleme wie z. B. die Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion völlig ausklammert.

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Leider, leider! — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Hört mal gut zu da drüben!)

Der Nachtrag enthält keine Ansätze zum Aufbau einer Arbeitsverwaltung in der DDR.

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Leider!)

Der Nachtrag sieht keine Mittel vor, mit denen eine Anschubfinanzierung für die Systeme der sozialen Sicherung in der DDR möglich wäre: Rentenversicherung, Krankenversicherung, Berufsgenossenschaften und alles, was erforderlich wäre. Für den gesamten sozialen Bereich gibt es nichts. Er berücksichtigt nicht, daß die DDR sofort eine Offensive zur Qualifizierung der vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dringend braucht, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Wir können doch nicht die Menschen vergessen, wenn wir über große Projekte reden.

(Diller [SPD]: Das machen die immer!)

Und hier geht es um 6 Milliarden DM im Haushalt.

(Beifall bei der SPD)

Es wird auch keine Vorsorge für den Tag X, nämlich für die Umstellung der Währung, getroffen. Ich führe dies deshalb hier an, weil ich an eine größere Zahl von Kolleginnen und Kollegen hier appellieren möchte, an dieses Problem doch mit mehr Nachdenklichkeit heranzugehen,

(Dr. Struck [SPD]: Das ist aber zuviel erwartet, Herr Kollege Kühbacher!)

Nachdenklichkeit auch darüber, daß im Laufe des vor uns liegenden Jahres und der nachfolgenden Jahre auf den Bund Finanzbelastungen in einer Größenordnung zukommen, im Vergleich zu der das jetzige Volumen des Nachtragshaushalts mit 6 Milliarden DM geradezu zu vernachlässigen ist. Das wissen wir alle. Die Finanzexperten wissen es, aber auch die übrigen wollte ich hier zur Nachdenklichkeit veranlassen.
Diese Bundesregierung gibt — obwohl sie diese Summen auch kennt und ahnt — keine Antworten darauf, wie wir denn mit diesen finanziellen Auswirkungen der Währungs- und Wirtschaftsunion fertig werden wollen. Zum Beispiel haben wir im Haushaltsausschuß gefragt — der Finanzminister konnte nur ausweichend antworten — , welche Belastungen wir zu tragen haben, die sich auf Grund der Außenschulden der DDR ergeben werden. Wir wollten wissen, was der Aufbau eines funktionierenden Sozialversicherungssystems den Bundeshaushalt kosten wird. Wir wollten weiter wissen, welche Mittel erforderlich sind, um den Sparern die Umstellung ihrer Guthaben im Verhältnis 1 : 1 zu garantieren, wie das ja seitens der Bundesregierung vorgeschlagen wurde. Wie soll dies denn überhaupt garantiert werden?
Weiter ist ein Thema, das uns alle bewegen muß — wir haben ja heute morgen über Besoldung geredet — , wie nach dem Tag X die Bezüge der Staatsbediensteten der DDR gezahlt werden können.

(Dr. Struck [SPD]: Sehr wahr!)

Soll das kreditiert werden? Sollen die Länder und die Kommunen in der DDR Kredite aufnehmen, um die Staatsbeschäftigten, die Lehrer und die Polizeibeamten usw., zu bezahlen? Oder steigen wir dort als Staat für dieses Staatswesen ein und bringen die Mittel
Deutscher Bundestag — 1 i. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1990 16071
Kühbacher
dann in unseren Haushalt ein? Wollen wir das dann mit Schulden bezahlen?
Ich hätte erwartet, daß dazu einige Perspektiven aufgezeigt worden wären. Nein, dazu hörten wir kein Wort — außer den Wahlversprechungen vor der Wahl in der DDR.
Die Tatsache, daß sich die Bundesregierung weigert, die mit der Währungs- und Wirtschaftsunion verbundenen Kosten heute zu quantifizieren, heißt doch nicht, daß diese Kosten nicht anfallen werden.
So wie wir Sozialdemokraten schon im letzten Jahr gesagt haben: Wir brauchen einen Nachtrag, so sagen wir Ihnen heute: Wir brauchen auch noch einen zweiten Nachtrag. Der Bundesfinanzminister hat das ja im Ausschuß schon angedeutet.
Spätestens dann wird es — anders als bei diesem Haushalt — nicht mehr möglich sein, einen zweiten Nachtragshaushalt oder die Erweiterung des Haushalts 1991 nur noch über eine Neuaufnahme von Schulden zu finanzieren.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Richtig!)

Dann muß man an Einsparungen herangehen, denn mit 33 Milliarden DM Neuverschuldung — die höchste, die überhaupt nach Art. 115 des Grundgesetzes möglich ist — sind Sie jetzt genau an der Grenze.

(Dr. Rose [CDU/CSU]: Das ist doch Luft!) — Ja, so ist die Situation, Herr Kollege Rose.


(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Und das bei einer boomenden Wirtschaft!)

Sie sind genau an dem Punkt, bei dem Sie sich zuvor an das Bundesverfassungsgericht gewandt haben.

(Dr. Struck [SPD]: Das tut weh!)

Schulden machen Sie im Moment für laufende Ausgaben, u. a. für Besoldung. Dies ist nicht in Ordnung. Dies ist nicht seriös.
Ich verstehe ja, daß der Kollege Carstens eben und überhaupt die Union vor den Bundestagswahlen am 2. Dezember überhaupt kein Wort zum Thema Steuererhöhungen sagen wollen. Sie meiden dieses Wort wie der Teufel das Weihwasser. Der vorwitzige Minister Blüm ist zurückgepfiffen worden. Aber ich sage Ihnen: Sie werden an der Wahrheit nicht vorbeikommen. Die Zahlen bringen es an den Tag. Sie müssen einsparen, und Sie müssen sehen, wie Sie zu zusätzlichen Einnahmen kommen, um die Belastungen, die auf die Bevölkerung zukommen, wirklich auch glaubwürdig darzustellen.
Aber wer sparen muß, darf nicht bis nach der Wahl warten.

(Beifall bei der SPD)

Wer sparen muß, muß damit jetzt anfangen. Der Bundeshaushalt 1990 bietet doch noch Chancen. Sie können doch nicht bis zum Sommer oder bis zum Herbst warten, bis der zweite Nachtragshaushalt kommt. All das Geld, das Sie im Bundeshaushalt bereitstellen, ist bis dahin ausgegeben. Ich habe selten erlebt, daß die Ministerialbürokratie, insbesondere die des Verteidigungsressorts, einmal zur Verfügung gestellte Gelder nicht ausgegeben hat.
Das ist der entscheidende Punkt, den wir kritisieren. Wir haben Ihnen schon im November letzten Jahres gesagt: Folgen Sie uns auf dem Weg der Einsparungen im Verteidigungshaushalt, wobei der Verteidigungsauftrag überhaupt nicht in Frage gestellt wird.
Damals, Ende November, haben Sie gesagt, das sei gänzlich unmöglich — nach dem Motto, daß morgen die Sowjetunion bei uns einfiele. Es klang damals etwa so: Wir brauchen neue Munition.
Nunmehr kommen Sie mit ganz vorsichtigen Vorschlägen, nachdem wir Kürzungen in Höhe von 4 Milliarden DM beantragt haben.

(Dr. Rose [CDU/CSU]: Die Sowjetunion fällt nicht ein, sie fällt zusammen!)

Sie wußten, daß Sie sich damit auseinandersetzen müßten. Ihnen, Kollege Rose, fällt aber nicht mehr als 544 Millionen DM ein. Dies halte ich Ihnen hier vor. Diese 544 Millionen DM sind überhaupt nichts im Verhältnis zu dem, was Sie sparen könnten.
Sie sagen kein Wort — das finde ich für Haushälter, überhaupt für Parlamentarier unverantwortlich — zu den Kürzungsmöglichkeiten bei den Verpflichtungsermächtigungen. Sie erlauben dieser Bundesregierung, dem früheren Finanzminister und jetzigen Verteidigungsminister Stoltenberg, neue Rüstungsaufträge, neue Munitionsaufträge in Milliardenhöhe zu Lasten der Haushalte 1991, 1992, 1993, 1994 und 1995 schon jetzt zu vergeben. Sie erlauben es. Wir haben Ihnen gesagt: Lassen Sie uns um 5 Milliarden DM kürzen, damit nicht bestellt werden kann. Dazu kam von Ihnen kein Wort, keine Äußerung.
Ich habe das Gefühl, daß die dahinterstehenden Auftragserwartungen der deutschen Rüstungsindustrie, der Munitionsindustrie, der Luft- und Raumfahrtindustrie vor der Wahl nicht tangiert werden dürfen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Widerspruch bei der FDP)

Das ist der Punkt: Sie wollen keine negativen Signale in diese Richtung aussenden. Die Damen und Herren aus dem Rüstungsbereich könnten ja ungnädig werden.

(Frau Seiler-Albring [FDP]: Unsinn!)

— Mit dem Wort „Unsinn", Frau Kollegin Seiler-Albring, kaschieren Sie nur Ihr schlechtes Gewissen.

(Beifall bei der SPD — Frau Seiler-Albring [FDP]: Ich werde gleich etwas dazu sagen!)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120506200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Weng?

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120506300
Aber gerne, Herr Präsident.

Dr. Wolfgang Weng (FDP):
Rede ID: ID1120506400
Herr Kollege Kühbacher, Ihr Hinweis auf die Verpflichtungsermächtigungen wird dadurch relativiert, daß Sie nicht gesagt haben — darf ich Sie fragen, ob Sie die Sache vergessen haben? — , daß ein Gremium des Haushaltsausschusses jede Beschaffung des Verteidigungsministeriums über 50 Millionen DM abzuhaken hat und daß, wenn



Dr. Weng (Gerlingen)

sich das Gremium nicht einig ist, der Haushaltsausschuß selber quasi im Sinne einer qualifizierten Sperre hierüber bestimmt, daß also der Verteidigungsminister die von Ihnen genannten Bestellungen überhaupt nicht durchführen kann, ohne das Parlament gefragt zu haben.

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120506500
Die Beratungen finden in diesem Bewilligungsausschuß statt, Herr Kollege Weng. Ich wollte aber, daß der Deutsche Bundestag eine Bremse einlegt. Dann können Sie mit Ihrer kleinen 4-Stimmen-Mehrheit in diesem Gremium dieses nicht anschließend durchsetzen. Das ist doch der Punkt; Sie haben doch die Mehrheit. Sie tun immer so, als seien Sie nicht in der Verantwortung. Wir können ja über die einzelnen Beträge, die durch den Haushaltsausschuß laufen, noch einmal diskutieren, z. B. — wie zuletzt — über weitere 700 Millionen DM Entwicklungskosten für den Jäger 90. Es ist doch nur Zeitschinderei, wenn Sie sagen: Die Entwicklung soll fortgesetzt werden; wir wollen sie erst dann richtig überprüft haben, wenn 7 Milliarden DM ausgegeben sind. Sie überstimmen doch uns als Opposition dort.
Wir stellen deshalb hier den Antrag, daß das ganze Parlament diesen Verteidigungshaushalt bremst; aber Sie machen da nicht mit.

(Zustimmung bei der SPD)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120506600
Herr Abgeordneter, es gibt noch jemanden, der eine Zwischenfrage stellen will, und zwar von einer völlig anderen Seite, nämlich Herr Wieczorek. — Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, daß ich nicht die Zeit stoppen werde; dazu sind wir hier heute mittag zu lange zusammen. Das geht von Ihrer Zeit ab. — Bitte schön.

Helmut Wieczorek (SPD):
Rede ID: ID1120506700
Können Sie bestätigen, daß der Bewilligungsausschuß, solange er besteht, noch nie mit der Mehrheit, die dort naturgegeben ist, eine Vorlage der Regierung abgelehnt hat?

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120506800
Daß nichts abgelehnt worden ist, ist richtig. Wir haben mit der Mehrheit Vorlagen gelegentlich zurückgestellt, wie gestern z. B. die Entwicklung eines Militärpatrouilleflugzeugs — um es einmal so auszudrücken — zur U-Boot-Jagd. Im Zurückstellen ist man sich dort einig, aber wenn es um das Ablehnen geht, sind wir leider in der Minderheit; so ist das nun einmal.

(Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Müller [Wadern] [CDU/CSU])

— Aber, Kollege Müller, wollen wir hier über Fregatten reden, wollen wir über Flugzeuge reden, über den Tornado und über Munitionsbeschaffung? Wir können die Protokolle einmal herausziehen, wann immer Sie mich überstimmt haben; dabei sehen Sie dann alt aus.

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Aber im Bewilligungsausschuß nicht!)

— Ich bleibe dabei, und das müssen Sie zugeben: Dieser Verteidigungshaushalt ist auch in der gekürzten Form des Nachtragshaushalts der Verteidigungshaushalt mit den höchsten Ausgaben in der Geschichte der
Bundesrepublik; es ist der höchste Verteidigungshaushalt.
Sie haben die Zeichen der Zeit im Abrüstungsbereich, in den Wiener Abrüstungs- und Kontrollverhandlungen, in den Truppenreduzierungen der Sowjetunion innerhalb des Warschauer Paktes, nicht erkannt, weil Sie anderweitige Verpflichtungen haben.

(Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Strube [CDU/CSU])

— Kollege Strube, mit Zwischenrufen verdecken Sie doch nur Ihr schlechtes Gewissen. Sie sind doch einer derjenigen, der die Majoritäten in diesem Bereich führt. Sie haben doch die Verantwortung für den Haushalt.
Deshalb frage ich Sie, warum Sie bei unseren maßvollen Anträgen, den Personalumfang jetzt schon herunterzufahren, nicht mitstimmen, warum Sie das nicht mitmachen. Gleichzeitig müssen Sie aber zugeben, daß 17 % der Stellen für Zeitsoldaten nicht besetzt sind. Wenn es aber so ist, daß 34 000 Stellen für Zeitsoldaten nicht besetzt sind, warum bleiben Sie dann, obwohl wir es anders beantragt haben, bei der gleichen Umfangstärke?

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Wir haben etwas für die Feldwebel getan!)

Wir wollen davon 10 000 Stellen streichen und nicht wiederbesetzen. Das lehnen Sie ab. Warum denn eigentlich? Sollen die Soldaten nun nachverpflichtet werden? — Das ist der Punkt.
Warum lehnen Sie es denn ab, daß in dieser erkennbaren Situation der Grundwehrdienst auf zwölf Monate verringert wird? Sie haben es schon einmal abgelehnt. Das ist doch das falsche Signal: den Grundwehrdienst nicht zu verkürzen. Das ist auch das falsche Signal an die vielen jungen Leute, die sagen: Es ändert sich etwas in Europa; es gibt keine Notwendigkeit mehr für diesen überlangen Dienst bei der Bundeswehr. Nein; Sie können sich hier nicht bewegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen: Die Personalstärke der Bundeswehr kommt jetzt schon ins Rutschen. Der Verteidigungsminister sagt, er sehe eine Stärke erheblich unter 400 000 Mann. Sie werden irgendwann auf unsere realistischen Vorstellungen von einem deutschen Anteil in einer europäischen Friedensarmee von 240 000 Soldaten kommen. Sie werden uns folgen. Ich prophezeie Ihnen das.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen es nur jetzt vor der Wahl nicht zugeben, weil Sie um jede Stimme aus dem Bereich der Soldaten fürchten, als hätten die Soldaten nicht selber begriffen — wenn man in die Standorte geht, führt man doch eine positive Diskussion mit den Soldatenfamilien — , daß natürlich auch bei der Bundeswehr reduziert werden muß.

(Strube [CDU/CSU]: Sie reden doch bei der Bundeswehr anders als im Deutschen Bundestag!)




Kühbacher
— Also, lieber Kollege Strube, das ist ein harter Vorwurf. Den müßten Sie beweisen. Es ist kein Wort von dem wahr, was Sie hier sagen. Das ist wirklich wieder Ihr schlechtes Gewissen.

(Dr. Struck [SPD]: Unglaublich!)

Kollege Strube, nun fragen Sie doch mal wirklich die Ihnen nahestehenden Wähler in der wehrwissenschaftlichen Diensteinrichtung in Ihrem Wahlkreis.

(Borchert [CDU/CSU]: Da sind viele in seinem Wahlkreis!)

Wer hat sich denn dort für die Interessen der Soldaten eingesetzt?

(Strube [CDU/CSU]: Ich! — Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

— Ja; nachdem ich es beantragt hatte. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Strube, ich finde Ihren Zwischenruf derb unredlich. Derb unredlich! Lassen Sie sich doch mal aus Faßberg berichten, was ich dort bei meinem letzten Truppenbesuch den Soldaten sehr einvernehmlich gesagt habe.

(Dr. Struck [SPD]: Genau!)

Ich denke, Sie müßten sich sehr schnell korrigieren.

(Dr. Struck [SPD]: Sagen Sie mal, daß ich dabei war!)

— Ja; das würde ich ja gerne sagen, Kollege Struck.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich will also noch einmal einige Finger in die Wunden legen, die Sie dort haben.
Ich komme zur Munitionsbeschaffung. Warum beschaffen wir auch in diesem Haushalt, unmerklich gekürzt durch eine globale Minderausgabe, für 2,8 Milliarden DM

(Borchert [CDU/CSU]: Sie wissen doch noch gar nicht, wieviel da gekürzt wird!)

plus zusätzliche Verpflichtungsermächtigungen — — Das weiß ja eben keiner. Sie haben doch nicht den Mut, zu kürzen. — Warum schaffen Sie neue Kriegsvorräte an?

(Borchert [CDU/CSU]: Die schaffen wir doch nicht an!)

— Natürlich schaffen Sie die an. 2,8 Milliarden DM enthält der Haushalt. Das ist der eine Punkt.

(Borchert [CDU/CSU]: Sagen Sie doch nicht, daß wir Kriegsvorräte anschaffen!)

Warum reden Sie über die Reduzierung der Tiefflüge und lassen prüfen, prüfen, prüfen? Um dann nach dem Sommer, wenn genug geflogen worden ist, vielleicht kurz vor der Wahl zu der Einschätzung zu kommen, es soll nicht mehr tiefgeflogen werden? Warum lassen Sie die Mittel für die Betriebsstoffe im Haushalt? Wir beantragen — wir ersparen Ihnen das nicht — , hier 23 Millionen DM für Flugbetriebsstoffe herauszunehmen, damit schon jetzt nicht mehr tiefgeflogen wird.

(Beifall bei der SPD)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120506900
Herr Abgeordneter, da gibt es den Wunsch nach einer Zwischenfrage von dem Abgeordneten Müller (Wadern).

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120507000
Ja; aber gern. Das Saarland hat das nötig.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120507100
Bitte schön.

Hans-Werner Müller (CDU):
Rede ID: ID1120507200
Herr Kollege Kühbacher, in Anerkennung Ihrer großen Sachkenntnis in diesen Dingen darf ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, hier zu würdigen, daß wir gerade bei den von Ihnen erwähnten Personalkosten rund 45 Millionen DM zurücknehmen und trotzdem eine erhebliche Besserstellung für die Unteroffiziere in diesem Nachtragshaushalt hingekriegt haben.

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120507300
Also, Herr Müller, ich will Sie an der Ecke ja loben, daß Sie auf unseren Antrag vom letzten Jahr reagiert haben, durch den wir die Beförderung und die Hebung für die Unteroffiziere in einer Größenordnung von 2 500 gefordert hatten, damit sie mit den Offizieren gleichbehandelt werden. Nachdem Sie das im November abgelehnt hatten, haben wir beide in einer öffentlichen Versammlung gesagt, wir wollen uns dafür einsetzen. Ich habe hinzugefügt: Ich werde Sie und die Kollegin Seiler-Albring aus diesem Versprechen nicht entlassen; wir werden es für den Nachtragshaushalt erneut beantragen. Wir haben das beantragt. Ich beglückwünsche Sie ausdrücklich dazu, daß Sie nun ein Drittel dieses Schrittes, den wir vorgeschlagen haben, bei Ihren eigenen Kollegen und gegenüber dem Finanzminister haben durchsetzen können.

(Beifall bei der SPD)

Also insoweit: Lob. Aber es ist eben nur ein Drittel dessen, was wir vorgeschlagen haben.
Ich will zum Verteidigungsbereich noch einen Punkt behandeln, den ich der FDP nicht ersparen kann. Noch im November letzten Jahres hat die Frau Kollegin Seiler-Albring gesagt: Wir müssen weiter entwickeln, weil wir erst nach der vollständigen Entwicklung feststellen können, wann wir aussteigen. Am 6. Januar, am Dreikönigstag, beschließt dann die FDP in Baden-Württemberg vollmundig: Wir steigen aus dem Jäger 90 aus. Die Gazetten waren voll davon. Nunmehr kommt die Stunde der Wahrheit. Ich denke, wir hören nicht richtig im Haushaltsausschuß: Als wir sagen, da können wir doch die Entwicklungskosten herausnehmen, versucht die FDP plötzlich, Zeit zu schinden, regelrecht Zeit zu schinden, indem sie noch einmal Zahlen, die uns allen vorliegen — ich könnte Ihnen die Akten darüber bringen — noch einmal überprüfen lassen will. Warum denn? Sie müssen bis zur Bundestagswahl kommen.

(Borchert [CDU/CSU]: Wir kommen bis zu der Wahl im Jahre 1994!)

Sie mögen hier keine Abstimmung über den Ausstieg aus dem Jäger 90, dieser unsinnigen Entwicklung, haben, die nicht nur 7 Milliarden DM für die Entwicklung kosten wird, sondern Lebenswegkosten von über



Kühbacher
100 Milliarden DM verursachen wird. Sie mögen diese Abstimmung hier im Bundestag nicht.

(Borchert [CDU/CSU]: Das ist doch eine klare Milchmädchenrechnung!)

— Herr Kollege Borchert, dies ist der Punkt. Die „life cycle costs" liegen uns ja auch vor. Wir haben die Unterlagen doch auch.

(Borchert [CDU/CSU]: Sie haben das auch mit einer illusorischen Inflationsrate hochgerechnet!)

— Kollege Borchert, Ihr Problem ist, daß Sie nicht zugeben wollen, daß im Rüstungsbereich, wenn im allgemeinen Bereich Preissteigerungsraten von 2 % zu verzeichnen sind, die Preissteigerungsraten 6 betragen.

(Borchert [CDU/CSU]: Bei Ihnen wären es 12 %!)

Das wollen Sie nicht zugeben, und Sie möchten an diese Zahlen nicht erinnert werden.

(Borchert [CDU/CSU]: Doch gern!)

100 Milliarden DM würde der Steuerzahler für 200 neue Flugzeuge aufbringen müssen. Wir halten eine solche Vorstellung für abstrus.

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Nach dieser Rechnung kostet ein Automobil 100 000 DM statt 20 000 DM!)

Wir wollen, daß sofort aufgehört wird. Die FDP möchte ja gerne — einige tönen immer vollmundig, an der Spitze Herr Möllemann — , und wenn es zum Schwur kommt — wir können das beweisen, wir haben einen Antrag zur namentlichen Abstimmung — , dann kneifen einige bei der FDP den Schwanz ein. — Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung, ich meine das nicht so derb. — So ist die Situation; das ist die Wahrheit. Sie machen immer den Mund spitz, und wenn gepfiffen werden soll, pfeifen Sie nicht.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120507400
Gestatten sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gattermann? Sie wissen, daß Sie nur noch zwei Minuten Redezeit haben?

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120507500
Ja.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120507600
Bitte schön, Herr Gattermann.

Hans H. Gattermann (FDP):
Rede ID: ID1120507700
Herr Kollege Kühbacher, würden Sie mir zustimmen, daß es vertragspolitisch Schwachsinn ist, sich mittels eines offiziellen Haushaltsbeschlusses des Deutschen Bundestages alle Möglichkeiten zu verbauen, schadensersatzfrei aus gemeinsam vereinbarten Entwicklungskosten herauszukommen?

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120507800
Herr Kollege Gattermann, wenn wir dieses Flugzeug nicht wollen und wenn die Bundesregierung gegen den Rat der Opposition die Entwicklungsaufträge in einer Größenordnung von 6,5 Milliarden DM bereits vergeben hat, wovon an Geldmitteln rund 3 Milliarden DM geflossen sind — aber der Gesamtauftrag ist raus, das hat die Bundesregierung gegen unseren Rat beschlossen — ,dann müssen Sie doch zugeben, daß wir nach wie vor sagen: Hört auf mit dieser Entwicklung,

(Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Mit diesem Schwachsinn!)

verhandelt darüber — denn das steht im Vertrag —, wie viele Kosten noch anfallen müssen! Dann werden sich die Ingenieure in den entsprechenden Firmen friedlicheren Dingen zuwenden müssen, z. B. der innovativen Entwicklung in der DDR. Das macht doch alles sehr viel mehr Sinn, als an diesem merkwürdigen Flugzeug rumzubauen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Gattermann, ich habe das Gefühl, Sie sind dort in sehr engen Umklammerungen und Umarmungen, die alle etwas mit dieser Riesenfusion von MBB und Mercedes zu tun haben. Da mögen Sie nicht rauskommen, das ist Ihr Problem. Deshalb immer wieder diese Kurve und Ihre hinhaltenden Hinweise.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Beer [GRÜNE] Meine Damen und Herren, ich will ein letztes Wort zum Thema NATO-Infrastruktur sagen. Auch hier sind Sie zu Kürzungen bislang nicht bereit. Wir bauen hier innerhalb der Bundesrepublik und in der NATO riesige Kriegsbunker, wir bauen neue Munitionsbunker. Alles wird aus diesem Haushalt anteilig bezahlt, mit rund 26 % aus dem bundesrepublikanischen Haushalt. Wir müssen endlich lernen — insbesondere müssen Sie das lernen —, daß sich in Europa die Landschaft geändert hat. Wir brauchen die Munitionsbevorratungsbunker nicht mehr, wir brauchen auch einige Flugplätze nicht mehr. Deshalb ist es meine Bitte, daß auch hier sofort Geld gesperrt wird, daß das aus dem Haushalt herauskommt. Meine Kollegin Matthäus-Maier hat es sehr viel besser formuliert: Freiheit und Demokratie in den Ländern des Ostblocks tragen mehr zur Sicherheit bei als der von Ihnen zu bestellende Jäger 90, Flugzeuge, Munition und Großwaffensysteme jeder Art. (Borchert [CDU/CSU]: Wir wollen erst mal prüfen!)


(Beifall bei der SPD)

— Daß Sie das alles nur prüfen wollen, zeigt, Herr Kollege Borchert, wie ernst Sie es mit Ihrem damaligen Wahlversprechen vor vier Jahren meinten: „Frieden schaffen mit immer weniger Waffen". Sie schaffen mehr Waffen an. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der SPD — Borchert [CDU/CSU]: Wir schaffen es auch mit weniger Waffen!)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120507900
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist um.

Klaus-Dieter Kühbacher (SPD):
Rede ID: ID1120508000
Ich will einen letzten Satz sagen. Sie haben keinen Mut zu neuem Denken, Sie finanzieren den Nachtragshaushalt mit 6 Milliarden DM neuen Schulden, Sie verantworten heute hier zum zweitenmal den höchsten Verteidigungshaushalt der Bundesrepublik, den es je gegeben hat, und dafür wird Ihnen der Wähler die Quittung erteilen.

(Beifall bei der SPD)





Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120508100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Rose.

Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1120508200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Opposition hat heute wieder viel zu allem gesagt, aber wenig zum Nachtragshaushalt. Ich möchte aber trotzdem mit einem Kompliment an die Kolleginnen und Kollegen des Haushaltsausschusses beginnen. Wir haben ein parlamentarisches Kunststück fertiggebracht, weil wir innerhalb kürzester Zeit sehr intensive Beratungen abgeschlossen haben und damit auch einen wichtigen Beitrag zur Zukunft Deutschlands gesetzt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mit dem Nachtragshaushalt 1990 läuft nämlich der Countdown für die Vereinigung Deutschlands. Die Koalition hat Zeichen gesetzt, und die Menschen werden sie erkennen. In der DDR haben sie diese Zeichen bei den Wahlen sowieso schon erkannt.
Unser Ziel, meine Damen und Herren, ist ein friedliches Leben der Deutschen in einem freien Europa. Ohne Neidkomplexe anzustacheln, gehen wir den Weg, daß alle Deutschen das Recht haben, in Frieden, Freiheit und Wohlstand zu leben. Das nachbarliche Freundsein bleibt unser Grundsatz. Wir wollen dies ausdrücklich betonen, indem eine Summe von 317 Millionen DM der Pflege auswärtiger Beziehungen zugute kommt. Mit der Nahrungsmittelhilfe für die Sowjetunion, mit den humanitären Hilfsmaßnahmen für Rumänien, mit der Landwirtschaftshilfe für Polen, mit der Ausweitung der pädagogischen Verbindungsarbeit und mit dem im Haushaltsausschuß neu hinzugekommen Beitrag zum Hilfsfonds des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Höhe von 8 Millionen DM

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Das war mein Antrag!)

hoffen wir den guten Willen der Deutschen dokumentieren zu können. Da es sich um einen verhältnismäßig kleinen Nachtragshaushalt handelt, sind diese Mittel ein eher bescheidener Beitrag im Sturm der Wünsche.
Trotz der nur knappen Beratungszeit haben wir im Haushaltsausschuß Überlegungen angestellt, wie die erforderlichen Ausgabenzuwächse durch Einsparungen aufgefangen werden können. Kurzfristig war das nicht ohne weiteres möglich. Als entscheidend bleibt aber festzuhalten: Wir brauchen keine Steuererhöhungen. Wir werden auch in der mittelfristigen Finanzplanung primär über das künftige Wachstum finanzieren. Was der Parlamentarische Staatssekretär Carstens vorhin gesagt hat, zeigt geradezu, daß Wachstum das richtige ist und das frühere Minuswachstum verkehrt ist. Deshalb brauchen wir auch in den 90er Jahren eine Regierung der CDU/CSU plus FDP. Wir müssen bei allen öffentlichen Ausgabenbereichen, z. B. bei Leistungsgesetzen und konsumtiven Staatsausgaben, sparsam bleiben. Wir hoffen auf Einsparungsmöglichkeiten bei geringeren Truppenstärken, und wir sehen die Chancen des Wegfalls von Kosten der Teilung Deutschlands.
Die Finanzierung des Nachtragshaushalts wird durch eine vorübergehende Erhöhung der Nettokreditaufnahme abgefangen. Das neue Soll in Höhe von 32,8 Milliarden DM ist konjunkturpolitisch und finanziell verkraftbar.
Meine Damen und Herren, viel wurde in den letzten Wochen zur angeblichen Belastung der Bundesrepublik durch die DDR geäußert. Hauptsächlich wird das immer von der Opposition geäußert, als wären Ihnen die DDR und die Menschen dort ein Klotz am Bein.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich meine, Lafontaines Polemik geht ins Leere. Erstens kostet auch die Teilung Deutschlands viele Milliarden; denken Sie an die Berlin-Hilfe, an die Transitpauschale oder den Häftlingsfreikauf. Das alles ist entweder schon weggefallen oder wird in Zukunft nicht mehr nötig sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Zweitens ist in der DDR zwar vieles heruntergewirtschaftet, aber das Menschenkapital ist vorhanden. Oft vorzüglich ausgebildete Spezialisten

(Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Beim Stasi!)

werden gemeinsam mit Fachleuten aus der Bundesrepublik sehr bald für einen Aufschwung sorgen. — Auch dieser Zwischenruf, Kollege Wieczorek, zeugt nicht davon, daß Sie eine hohe Meinung von den DDR-Bürgern haben.

(Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Sehr richtig!)

Nicht umsonst schwant manchen Kokurrenten auf dem Weltmarkt, daß sie besondere Anstrengungen zum Erfolg unternehmen müssen, weil das Gespenst der Supermacht Deutschlands von Ihnen allen heraufbeschworen wird.
Meine Damen und Herren, es wird aber alles viel normaler ablaufen. So wie das ominöse Jahr 2000 bei manchen für eine Untergangsprophezeiung herhalten muß, so wird auch Deutschland als Drohkulisse aufgebaut. Ich bin aber überzeugt, lieber Kollege Zander und alle Kolleginnen und Kollegen, daß am Neujahrstag 2000 zwar viele wie gewohnt ihren Silvesterkater haben werden, daß aber von einem grundgesetzlich verankerten Gesamtdeutschland bestimmt keine Kopfschmerzen zu befürchten sind. So werden wir Deutsche diesen Einigungsprozeß auch überstehen.
Im Rahmen dieses Nachtragshaushalts wurde wieder viel über die Verteidigungspolitik gesprochen. Ich habe so das Gefühl, daß die SPD und die GRÜNEN das Wort „Verteidigung" immer mehr vergessen.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Wogegen sollen wir uns denn verteidigen?)

In Ihren Spar- und Kürzungsforderungen kommt kein Satz über die Leistungen unserer Soldaten vor. Im Gegenteil, die Verteidigungsaufgaben und damit auch die Soldaten, also die Menschen, werden fast als Belastung, als unerwünscht angesehen.

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Blödsinn!)




Dr. Rose
Winston Churchill wird der Satz zugeschrieben: Jedes Land hat eine Armee, entweder die eigene oder eine fremde.

(Frau Teubner [GRÜNE]: Wir haben beide!)

Angesichts der Lage in Litauen ist dieser Satz eine knallharte Aussage. Für mich gilt deshalb weiterhin der Leitgedanke: Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit.
Ich schließe mich auch der Beurteilung unseres Staatsoberhauptes an, das im Herbst 1989 formulierte:
Wir dürfen nicht unter dem visionären Einfluß einer erhofften Friedensordnung die unbequemen Anstrengungen unterlassen, die wir brauchen, um gewaltsame Übergriffe oder erpresserische Einflüsse heute und morgen zu verhindern.
Die Fortschritte bei der Entspannungspolitik werden von mir schon gesehen. Sie sollen auch Konsequenzen haben, besonders ab dem dann sorgfältig zu planenden Haushalt 1991.

(Borchert [CDU/CSU]: Richtig!)

Dieser Nachtragshaushalt ist eine eindeutige Antwort auf die momentanen drängenden Herausforderungen wegen der Einigung Deutschlands. Aber er ist keine Antwort in dem Sinne, daß man nachträglich das zu heilen versucht, was man im eigentlichen Haushalt 1990 von Ihrer Seite nicht durchgebracht hat.

(Borchert [CDU/CSU]: So ist es!)

Beim Nachtragshaushalt dieses Jahres geht es also darum, daß Notwendige zu tun, um die Entwicklung in der DDR zu unterstützen, aber keinen Milliardengriff zu tun. Das wäre unseriös.

(Frau Beer [GRÜNE]: Der Haushalt ist voller Unterlassungssünden!)

Wir haben als Koalition machbare Einsparungen durchgesetzt. Die schon erwähnten 500 Millionen DM, also eine halbe Milliarde DM, sind im Rahmen eines Nachtragshaushalts doch auch etwas.

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Besser als nichts, aber zuwenig!)

Die SPD ist mit ihrer Einlassung, im Haushalt 1990 über 4 Milliarden DM zu streichen, weit über das Ziel hinausgeschossen. Das ist überzogen, das ist unrealistisch, und es ist auch unseriös.

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Das ist viel zuwenig!)

Aus der Sicht der Opposition mag das hingenommen werden, weil sie ja doch weiß, daß ihre Vorschläge nicht in die Tat umgesetzt werden.
Leider war aber auch nicht sonderlich seriös, verehrte Frau Kollegin von der FDP im Haushaltsausschuß, was Sie in Ihrer Presseerklärung abgespult haben.

(Hört! Hört! bei der SPD)

Sie wollen sich als Symbol einer Trendwende hinstellen und haben da von Zahlen in der Größenordnung
von 800 Millionen DM gesprochen. Das haben wir
nicht gemacht. Es sind 500 Millionen DM global und 44,8 Millionen DM personal.

(Zywietz [FDP]: 500 plus!)

Es ist auch ein bißchen unseriös, zu sagen, daß nur auf Drängen der FDP etwas geschehen ist. Nein, nein, wir haben das schon selber gewollt. Wir haben es dann auch gemeinsam gemacht. Da bin ich dankbar und zufrieden. Wir sollten den Koalitionsfrieden wegen verschiedener kleinerer Überlegungen nicht gefährdet sehen.

(Beifall des Abg. Roth [Gießen] [CDU/CSU] — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: „Gemeinsam gemacht" ist richtig!)

Das gilt ebenso für den Jäger 90. Der Jäger 90 ist von Ihrer Seite schon oft für abgestürzt erklärt worden.

(Frau Dr. Götte [SPD]: Möllemann!) Dabei ist er noch gar nicht in der Luft.


(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Wetten, daß er runterfällt! — Zander [SPD]: Er kommt wahrscheinlich auch nie in die Luft!)

Er ist in der genau terminierten Entwicklungsphase. Diese Entwicklungsphase hatten wir 1988 gemeinsam mit Großbritannien, Italien und Spanien beschlossen. Vorausgegangen war ein harter Preiskampf, der die ursprünglich befürchteten 10 Milliarden DM deutlich nach unten drückte. Die Opposition hatte damals sogar befürchtet: Wenn der Jäger 90 kommt, gibt es keine Soldaten mehr; dann muß man überall sparen. Aber das heißt umgekehrt: Wenn wir jetzt keine Soldaten hätten, müßte eigentlich das Geld dafür da sein. Das wäre der logische Umkehrschluß.
Im Haushaltsausschuß hatten wir eine Prüfung beantragt;

(Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Ihr prüft dauernd und kommt nie zum Ergebnis!)

denn wir wollen nicht, daß einfach nach dem berühmten Märchen „Des Kaisers neue Kleider" ständig neue Forderungen kommen.

(Zander [SPD]: Ist das von Grimm oder von Hauff?)

Am Schluß steht man nämlich nackt da. Das ist bei dem einen oder anderen vielleicht eine sehr angenehme Entscheidung; aber wir wollen genau überlegen und nicht jeden Tag ein neues Märchen erfinden. Deshalb haben wir seriös gehandelt, einen Antrag eingebracht und den Verteidigungsminister aufgefordert,

(Zander [SPD]: Zurückzutreten!)

bis zur Sommerpause über Entwicklungsstand, Voraussetzungen, Folgen und Kosten eines Abbruchs der Entwicklung des Jäger 90 zu berichten. Dazu liegt ein Entschließungsantrag vor; darüber können wir nachher abstimmen.

(Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Mit Vernunft und Gelassenheit!)




Dr. Rose
Diesen Bericht werden wir in Ruhe abwarten und uns dann entscheiden.

(Borchert [CDU/CSU]: Richtig!)

Wir gehen auf jeden Fall von dem Bewußtsein aus, daß die Bundesluftwaffe auch Mitte der 90er Jahre und ins nächste Jahrtausend hinein irgendein Flugzeug, vielleicht sogar ein Jagdflugzeug braucht; denn wenn die Phantom ausfällt, kann man ja nicht mit Papierschnitzeln weiterfliegen.
Meine Damen und Herren, ein zweites Reizwort sind die Tiefflüge. Wir begrüßen es, daß der Bundesverteidigungsminister angesichts der sich verändernden sicherheitspolitischen Lage neue Untersuchungen zum Tiefflug angestellt hat.

(Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Schon wieder ein Prüfauftrag!)

Auch wir kennen die Klagen aus der Bevölkerung, und wir nehmen diese ernst.

(Frau Schulte [Hameln] [SPD]: Ach, ist das wahr? Das habe ich noch gar nicht feststellen können!)

— Das können Sie nicht feststellen, Frau Kollegin Schulte. Früher waren Sie ein geschätztes Mitglied des Haushaltsausschusses, und jetzt sind Sie nicht mehr da. Sie können das also nicht mehr so nachempfinden. Aber ich sage Ihnen: Auch ohne Sie werden dort gute Beschlüsse getroffen. —

(Frau Schulte [Hameln] [SPD]: Hervorragend!)

Seit 1987 gibt es unsere Bemühungen um eine Reduzierung. Im Oktober 1988 haben wir — auf Betreiben der Koalition — im Haushaltsausschuß eine Treibstoffsperre erwirkt, um eine Konzeption zur Verminderung des Tieffluglärms zu bekommen.

(Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das war vernünftig!)

— Danke, Herr Kollege Wieczorek, für Ihren Zuruf „Das war vernünftig! ". Die Koalition hat also vernünftig gehandelt.

(Dr. Struck [SPD]: Ausnahmsweise! — Borchert [CDU/CSU]: Das dauert etwas lange, bis sie das merken, aber gelegentlich merken sie es ja!)

Dank an die Opposition für diese Anerkennung. — Wir sind also auf dem richtigen Weg. Nur brauchen wir eben auch in dieser Frage eine sachliche Prüfung und nicht oppositionelles Indianergeheul.
Ziel muß es unserer Auffassung nach sein, weitere substantielle Lärmentlastungen unserer Bevölkerung zu erreichen. Das gilt besonders für die sieben „Area" genannten Gebiete. Wenn wir alle Flüge unter 300 m abschaffen könnten, wäre ein wichtiger Schritt getan. Einem Düsenjäger — ich sage es einmal für mich persönlich — alle paar Wochen aus der Ferne zuzuschauen mag ja akzeptabel sein. Aber ein ganzes Geschwader ständig um die Ohren zu haben und Fensterscheiben bersten zu sehen ist miserabel.

(Dr. Struck [SPD]: Sehr gut!)

Wir sind beim Thema „Tiefflüge" für Toleranz und Akzeptanz bei der Bevölkerung und nicht für Ignoranz und Arroganz der Oberen.

(Borchert [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Keiner hat das allgemeingültige Rezept, aber das Koordinatensystem muß stimmen: so viel Sicherheit wie nötig und so viel Lärmreduzierung wie möglich.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, zur weiteren Finanzierung bzw. zum weiteren Verfahren beim Haushalt sei gesagt: Die Koalition plant keinen weiteren Nachtragshaushalt.

(Hört! Hört! bei der SPD) Dazu besteht auch kein Anlaß,


(Dr. Struck [SPD]: Na, na, na!)

auch wenn unterstellt wird, die Finanzierung der bisherigen Ausgaben sei unsicher. Nur wenn die deutsche Einigung noch schneller als geplant verläuft, wenn also neben der anvisierten Währungs- und Wirtschaftsunion auch die Sozial- und Rechtsunion kommt,

(Frau Matthäus-Maier [SPD]: Haben Sie doch versprochen!)

wenn eben die Entwicklung in diesem Jahr noch schneller vonstatten geht, dann wird man in diesem Jahr einen Nachtragshaushalt brauchen. Sonst könnte man das ja auch ordnungsgemäß in die weiteren Haushalte einplanen. Für die Lösung der deutschen Frage sollten wir aber auch Opfer als Beitrag aller Deutschen verlangen können.
Meine Damen und Herren, wegen der anstehenden Mittagspause und vor allen Dingen auch wegen der notwendigen Heimflüge

(Zander [SPD]: Als Tiefflug!) bin ich der Meinung,


(Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Weniger Abstimmungen müßte es geben!)

daß wir dieses Thema, da wir uns mit ihm lange genug beschäftigt haben, nun abschließen können.
Ich möchte deshalb zum Schluß betonen: Wir lehnen den Antrag der Opposition zum Jäger 90 ab,

(Borchert [CDU/CSU]: Der ist auch unsolide!)

weil wir unseren eigenen Antrag haben.

(Dr. Struck [SPD]: Der schlechter ist!)

Wir lehnen den Antrag auf totale Streichung von Betriebsmitteln für Tiefflüge ab, weil er unseriös ist. Wir stimmen dem Nachtragshaushalt zu und bitten um Zustimmung der Mehrheit.

(Beifall bei der CDU/CSU und des Abg. Dr. Weng [Gerlingen] [FDP])


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120508300
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Beer.

Angelika Beer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1120508400
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wiederhole mich in solchen Debatten eigentlich ungern. Aber ich denke,



Frau Beer
manchmal verdient die Wahrheit es, auch zweimal gesagt zu werden: „Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. " Wenn der Autor Francis Picabia damit recht hat, dann muß ich daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß auf der Regierungsbank keine Eierköpfe sitzen. Denn erstens wechselt die Regierung das Denken über den Rüstungshaushalt nicht, und zweitens sind noch nicht einmal jene Geräusche zu hören, die eigentlich zu erwarten wären, wenn diese unbeweglichen Gedanken der Bundesregierung anfingen, wenigstens anzuecken. Mit anderen Worten: Im Kabinett hat das Denken einem Befehl, der von der Hardthöhe kommt, zu gehorchen, und dieser heißt: Stillgestanden!
Anders kann ich mir nicht mehr erklären, wie Sie uns diesen Nachtragshaushalt heute noch einmal vorlegen können. Der Rüstungshaushalt 1990 wird um genau 545 schlappe Millionen DM reduziert. Das heißt in Wahrheit: Seine Steigerung gegenüber dem Vorjahr fällt mit 2 To um 1 % geringer aus als ursprünglich vorgesehen. Im Jahr 1 nach der Grenzöffnung der höchste Rüstungshaushalt seit Bestehen der Bundesrepublik! Und im Jahr 2 wird wieder kräftig zugelegt: 55,6 Milliarden DM, so haben wir gehört, fordert die Bundesregierung, noch einmal 4 % drauf. Und wieder ein Rüstungsrekordhaushalt!

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Woher ist denn die Zahl?)

Meine Damen und Herren, so haben Sie zwar Aussicht, in das Guinness-Buch der NATO-Rekorde zu kommen, aber Friedenspolitik stellt andere Ansprüche.

(Beifall der Abg. Frau Teubner [GRÜNE] und des Abg. Bindig [SPD])

Ich erlaube mir trotzdem, hier festzuhalten, das ist geistiger Stillstand, was Sie praktizieren. Bloß kein neues Denken; die Gedanken könnten sich beim Richtungswechsel ja stoßen.
Es mag sein, daß Herr Stoltenberg zur Zeit mit dem U-Boot-Skandal andere Sorgen hat. Aber trotzdem muß sich die Bundesregierung fragen, ob denn im Kabinett sonst niemand ist, der unter diesen Widersinn endlich einen Schlußstrich zieht und diese unmögliche Politik beendet.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD — Frau Unruh [fraktionslos]: Der Stoltenberg soll zurücktreten!)

Warum kommt der Bundeskanzler nicht wenigstens dieses eine Mal dazu, seine Richtlinienkompetenz richtig anzuwenden und hinter diesen Widersinn einen Schlußpunkt zu setzen?

(Beifall der Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD])

Meine Damen und Herren, diese Bundesregierung wird nicht müde zu betonen, daß sie alles gleichzeitig kann: Wirtschafts- und Sozialunion mit der DDR und natürlich keine höheren Steuern, deutsche Wiedervereinigung und europäische Integration.
Der Kanzler ist ein gewichtiger Mann; aber Gewichtheber ist er nicht. Ich sehe schon den Augenblick kommen, an dem er sich in zweifacher Form, einen politischen Bruch gehoben haben wird, und zwar einmal finanzpolitisch, weil er nach den Wahlen eingestehen muß, daß das alles einen Preis hat. Wir wissen heute, wer ihn zu bezahlen hat, und wir wissen auch, wem die Verantwortung für diesen Preis, den wir, vor allen Dingen die Kleinen, zu zahlen haben, zugeschoben wird. Einer Mehrwertsteuererhöhung durch den EG-Binnenmarkt braucht die Bundesregierung nicht direkt verantwortlich gegenüberzustehen, und wieder ist sie fein heraus.
Aber auch sicherheitspolitisch ist dieser Bruch zu erwarten, wenn klar wird, daß wir dank des Bundeskanzlers auf dem besten Wege sind, die Deutschen in beiden deutschen Staaten einmal mehr in eine kräftige Konfrontation mit unseren europäischen Nachbarn zu bringen. Es ist doch nun wirklich überdeutlich geworden: Ein wiedervereinigtes Deutschland ist für unsere Nachbarn schon heute wirtschaftlich eine Bedrohung, die eingebunden werden muß. Deshalb doch all die Forderungen nach einer Beschleunigung des europäischen Integrationsprozesses Richtung Binnenmarkt. Wenn dieser wirtschaftliche Machtfaktor aber auch noch ein militärisches Bollwerk werden soll — bloß keine Abstriche bei der Rüstung — , dann muß doch allerorten Mißtrauen entstehen.
Machen wir uns eines klar: Eine weiter aufrüstende Bundesrepublik ist für alle Nachbarn fast ebenso eine Gefahr wie die vielbeschworene Gefahr vor einem neutralen Deutschland. Das deutsche „Weiter so" bei der Rüstung zwingt unsere Nachbarn, in der NATO auch künftig das Instrument zur Schaffung europäischer Sicherheit zu sehen und nicht im vielbeschworenen KSZE-Prozeß. Nein, das ist nicht primär, wie so oft gesagt, eine Zeitfrage; das ist eine Frage der deutschen Stärke. Wir, die Bundesrepublik, sind mit unserer Rüstungspolitik letztlich schuldig, wenn sich die Hoffnung auf ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem wegen angeblichen Zeitmangels nicht erfüllt und mittelfristig-perspektivisch Modelle die Oberhand gewinnen, die die NATO an die sowjetische Westgrenze vorrücken lassen, damit Deutschland eingebunden bleibt.
Wer so kalkuliert, plant nicht, die sowjetischen Sicherheitsinteressen wirklich zu berücksichtigen. Wer so kalkuliert, redet nur so, bis die sowjetischen Truppen aus der DDR abgezogen sind. Das kann nur zu sich verhärtenden Positionen führen.
Wir GRÜNEN sind der Auffassung, daß es aber die historische Schuldigkeit der Deutschen ist, in einer Politik der Selbstbeschränkung durch einseitige Vorleistungen in der Rüstung, nämlich durch aktive Abrüstung und Entmilitarisierung, Signale für ein kollektives System der Sicherheit in Europa zu setzen,

(Beifall bei den GRÜNEN)

d. h. eine gesamteuropäische Sicherheit und eine Vorreiterrolle für die Bundesrepublik glaubwürdig zu vertreten.
Was bedeutet eine Politik einseitiger Vorleistungen und freiwilliger Selbstbeschränkung praktisch? Unsere dementsprechenden Anträge, um diese Signale zu setzen, liegen Ihnen heute vor. Als Ansatz dafür möchte ich kurz noch einmal auf die 10 Milliarden DM Sofortkürzungen im Rüstungshaushalt hinweisen.



Frau Beer
Symbolträchtige Großwaffenprojekte, wie z. B. die Dinosaurier des alten Denkens, der Jäger 90, müssen sofort beseitigt werden. Konversion irreversibel und als real dauerhaften Strukturwandel einzuleiten bedeutet auch, vertrauensbildende Maßnahmen in eine tatsächlich vertrauenswürdige Politik umzusetzen.
Sie haben die Verantwortung für jahrelange Aufrüstung und für die Rüstungsspirale und die Verantwortung für die Arbeitnehmer, die heute in Rheinland-Pfalz, in Schleswig-Holstein und woanders an dieses militärische Machtpotential gebunden sind, zu tragen. Sie haben auch die Verantwortung dafür zu tragen, daß Sie für die Konversion keinen Titel eingebracht haben. Das heißt, daß Sie eine Unterlassungssünde begehen und die Industrie und natürlich die Arbeitnehmer zwingen, weiter für ein waffenstarrendes Deutschland zu arbeiten, das wir im Grunde alle nicht mehr wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So könnten wir ernsthafte Absichten in bezug auf Abrüstung deutlich machen, und so könnten wir klarmachen, daß von diesem deutschen Boden tatsächlich nie wieder eine Gefahr für das zukünftige Europa, für die Nachbarn, ausgehen wird.
Ich möchte noch einmal sagen: Worte genügen nicht. Der KSZE-Prozeß ist jetzt im Moment zu beschleunigen und zu institutionalisieren. Die Gremien müssen errichtet werden. Es ist eine Schande, daß die Wirtschaftskonferenz hier in Bonn nicht über Konversion spricht. Der KSZE-Gipfel im Herbst muß jetzt angegangen werden. Sonst ist auch das nur bloße demagogische Politik der Bundesregierung, die spätestens im Dezember abgewählt wird.
Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120508500
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Seiler-Albring.

Ursula Seiler-Albring (FDP):
Rede ID: ID1120508600
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einmal wieder versucht die SPD heute, die Koalition vorzuführen, indem sie — ich weiß nicht, zum wievielten Male — einen Antrag zum Jäger 90 einbringt. Es wird ihr, wie immer, nicht gelingen. Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht, dem wir anschließend zustimmen werden. Der Antrag der SPD ist wieder einmal ein Ausweis der beklagenswerten und bedauerlichen Phantasielosigkeit der Opposition,

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

wenn es um seriöse Reduzierungsvorschläge geht. Darüber hinaus versucht sie einmal wieder, die Öffentlichkeit zu täuschen.

(Frau Beer [GRÜNE]: Die Öffentlichkeit unterstützt unsere Anträge!)

Sie von der Opposition wissen ganz genau, daß die FDP eine sehr eindeutige Beschlußlage zum Jäger 90 hat, daß aber eine ebenso eindeutige und logische Beschlußlage vorsieht, daß vor einem Abbruch oder einer Beendigung des Projekts Jäger 90, wie es von ordentlichen Parlamentariern auch erwartet werden kann und muß, die Bedingungen und Folgekosten
eines solchen Abbruches dargelegt werden müssen. Der Rechnungshof hat den Auftrag übernommen, dies zu prüfen, und wir erwarten von ihm als kompetenter und neutraler Instanz ein Ergebnis, das wir dann in der Tat nach bestem Wissen und Gewissen werten werden.
Meine Damen und Herren, trotz aller Herausforderungen durch die Entwicklungen in der DDR und in den anderen Staaten Mittel- und Osteuropas werden wir auch künftig an unserer erfolgreichen Finanzpolitik festhalten, wie es meine Kollegen aus der Koalition vor mir dargestellt haben, an einer Finanzpolitik, die durch Konsolidierung, Verringerung des Staatsanteils und eine deutliche Steuersenkung für Bürger und Wirtschaft zu der hervorragenden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wesentlich beigetragen hat. Deswegen wird es Aufgabe der Bundesregierung und des Parlaments sein, bei den Beratungen zum Bundeshaushalt 1991 und in den Folgejahren sorgfältig zu prüfen, wo Einsparungen und Umschichtungen als Ausgleich für die neuen Belastungen vorgenommen werden können.
Daß wir hierzu entgegen den Aussagen der Oppositionsfraktionen fest entschlossen sind, belegen nicht zuletzt auch die Kürzungen im Verteidigungshaushalt, die hier bereits Gegenstand der Debatte waren. Mit der auf unser Drängen hin beschlossenen globalen Minderausgabe in Höhe von immerhin einer halben Milliarde DM sowie der — —

(Dr. Struck [SPD]: Herr Rose hat was anderes gesagt!)

— Wenn Sie bitte zuhören würden, Herr Dr. Struck, dann können Sie vielleicht auch nachvollziehen, daß wir hier ein sehr respektables Ergebnis vorlegen werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es geht also immerhin um eine halbe Milliarde DM sowie um die bei gleichzeitiger Verbesserung der Beförderungssituation für die Unteroffiziere erzielten Einsparungen bei den Soldatenstellen von weiteren 44,8 Millionen DM. Das sind natürlich sehr wohl mehr als 1 % des bisherigen Ansatzes, obwohl dies der Kollege Kühbacher in seiner Presseerklärung bestritten hat. Der Wehretat wird also im laufenden Haushaltsvollzug deutlich abgesenkt. Darüber hinaus erwarten wir noch für dieses Jahr zusätzliche Einsparungen bei nicht anfallenden Personalkosten und der NATO-Infrastruktur in Höhe von ca. 300 Millionen DM.
Daß diese so sein wird und daß wir davon ausgehen können, Herr Kollege Dr. Rose, wissen Sie natürlich aus unserer gemeinsamen Beratung in der Gruppe. Nicht zuletzt deshalb haben wir ja zwei Kapitel von der globalen Minderausgabe ausgenommen, um eben diesen Kürzungseffekt, wenn er eintritt, wovon wir ausgehen, zusätzlich zu haben. Deshalb akzeptiere ich natürlich den Vorwurf überhaupt nicht, erspare es mir aber im Sinne des Klimas in der Koalition an dieser Stelle, ihn zurückzugeben.

(Dr. Struck [SPD]: Das ist der nächste Koalitionsstreit!)

Meine Damen und Herren, wir werden es uns natürlich auch in Zukunft nicht nehmen lassen, zunächst



Frau Seiler-Albring
einmal zu definieren, wie wir persönlich die Dinge sehen. Daß wir dann im Koalitionskompromiß ein anderes Ergebnis vorlegen, liegt doch in der Natur der Sache. Ich möchte gern von (zur SPD) Ihnen wissen, ob Sie, als Sie in der Koalition mit uns waren, Ihre Vorschläge hundertprozentig durchbekommen haben. Ich hatte damals noch nicht die Ehre, diesem Hohen Hause anzugehören. Aber aus Erzählungen von Kollegen weiß ich, daß es öfter für Sie sehr schmerzhafte Kompromisse gegeben hat. Insofern wissen Sie im Prinzip sehr wohl, wovon Sie reden.
Wir meinen, daß durch gezielte Kürzungen, insbesondere bei den Betriebsstoffen, noch nicht eingeleiteten Baumaßnahmen, Truppenübungen, Infrastrukturinvestitionen und den Beschaffungsmitteln, möglicherweise und ohne Schaden ein höheres Sparpotential möglich gewesen wäre. Aber gemessen an der Ausgangslage, daß die Regierung überhaupt keine Kürzungen vorgesehen hatte, hat, so meine ich, die Koalitionsarbeitsgruppe mit dem Haushalt ein sehr respektables Ergebnis vorgelegt.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die SPD hat lediglich ihre alten Anträge noch einmal aufgewärmt. Sie sind dadurch jedoch keineswegs, wie das bei manchen Eintöpfen der Fall ist, besser geworden. Wieder einmal hat sie der Versuchung nicht widerstehen können, den Bürgern Phantomzahlen vorzurechnen und ihnen damit Sand in die Augen zu streuen.
Wenn die SPD allerdings, meine Kollegen, die Bundeswehr als auslaufendes Modell bezeichnet und deklassiert, wie sie das in der letzten Zeit getan hat, mag dieses Vorgehen nur konsequent sein.
Im Vergleich dazu stellt der Koalitionskompromiß einen vorzeigbaren Beitrag zur Finanzierung des Nachtragshaushalts dar. Er ist vor allem eine deutliche Antwort auf den anhaltenden positiven Wandel der sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen und den fortschreitenden Demokratisierungsprozeß in Mittel- und Osteuropa.

(Beifall bei der FDP)

Erstmals wird der Trend wachsender Verteidigungsausgaben gestoppt und damit in Erwartung positiver Verhandlungsergebnisse in Wien ein wichtiges politisches Signal zum richtigen Zeitpunkt gesetzt.

(Beifall bei der FDP — Frau Schulte [Hameln] [SPD]: Gestoppt? Ein bißchen gekratzt!)

Im nächsten Haushalt werden wir die Verteidigungsausgaben weiter senken. Der Wehretat 1991 wird unterhalb der Summe liegen, die dem Verteidigungsminister nach der Kürzung in diesem Jahr zur Verfügung steht. Ich freue mich, heute der „Süddeutschen Zeitung" entnehmen zu können, daß die Signale, die auch aus den Kreisen der Kollegen hier gekommen sind, vom Generalsekretär der Union aufgenommen worden sind, der genau dieses sagt, nämlich daß man für das kommende Jahr im Verteidigungshaushalt deutliche Kürzungen erwarten kann.

(Dr. Hoyer [FDP]: Sehr gut!)

Zum anderen muß der Finanzminister beim Haushalt 1991 und beim laufenden Vollzug auf eine möglichst restriktive Handhabung der Verpflichtungsermächtigungen hinwirken, um ausreichenden Spielraum für weitere Einsparungen zu gewährleisten.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die eingeleitete Trendumkehr bei den Verteidigungsausgaben ist ein Erfolg, den wir uns auch von der Opposition nicht zerreden lassen werden; denn wir Freien Demokraten müssen uns von niemandem mangelnden Eifer vorwerfen lassen, wenn es um die existentielle Frage geht, wie der Frieden durch Vertrauen und Zusammenarbeit in einer Welt bewahrt werden kann, die von weniger Waffen und bewaffneten Einheiten gekennzeichnet ist.
Wir werden aber auch nicht nachlassen, darauf hinzuweisen, daß es ohne eine eigene gesicherte Verteidigung diese überwältigenden Fortschritte im WestOst-Verhältnis nicht gegeben hätte. Verteidigung und Entspannung als untrennbare Bestandteile unserer Sicherheitspolitik bildeten die Voraussetzungen dafür, daß die Vision eines gemeinsamen europäischen Hauses nunmehr konkrete Gestalt annimmt. Streitkräfte stellen dabei auch künftig die Voraussetzung und die Garantie für den Erhalt eines stabilen Systems gegenseitiger Sicherheit dar.

(Zustimmung bei der FDP)

Sie müssen, wie es der Bundespräsident so treffend formuliert hat, als Versicherung gegen Rückfälle in die Unvernunft begriffen werden. Anders als für die Opposition wird der Verteidigungshaushalt für uns deshalb auch künftig nicht der Steinbruch der Nation sein, in dem es Spaß macht, mit der populistischen Spitzhacke dicke Brocken herauszuschlagen.

(Sehr gut! bei der FDP)

Wir werden vielmehr darauf hinwirken, daß Umfang, Struktur und Dislozierung unserer Streitkräfte dem sich wandelnden sicherheitspolitischen Umfeld in verantwortlicher Weise angepaßt werden.
Dies heißt für uns bei einem erfolgreichen Ausgang der Wiener Verhandlungen ganz konkret: erstens Begrenzung der Zahl präsenter Soldaten der Bundeswehr auf etwa 350 000; zweitens Reduzierung des Grundwehrdienstes auf zwölf Monate bei gleichzeitiger Begrenzung des Zivildienstes auf 15 Monate; drittens schließlich eine deutliche Reduzierung der atomaren Komponente auf das absolut notwendige Minimum, d. h. Beseitigung der atomaren Gefechtsfeldwaffen und grundsätzlicher Verzicht auf die atomaren Kurzstreckenraketen;

(Zustimmung bei der FDP)

viertens die kritische Überprüfung der noch nicht abgeschlossenen Entwicklungs- und Beschaffungsprogramme und Suche nach kostengünstigeren Alternativen.
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120508700
Das Wort hat der Abgeordnete Weiss.




Michael Weiss (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1120508800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch zu den verkehrspolitischen Weichenstellungen Stellung nehmen, die mit diesem Nachtragshaushalt vorgenommen werden. Natürlich steht dieser Nachtragshaushalt unter der Überschrift Entwicklung der Verkehrsbeziehung zur DDR, aber es werden — ganz im Gegensatz zu Ihren öffentlichen Äußerungen — in bestimmten Bereichen Gelder veranschlagt, die zeigen, wo es langgehen soll.
Es heißt zwar immer: Wir dürfen die Fehler, die in der Vergangenheit in der Verkehrspolitik der Bundesrepublik gemacht worden sind, nicht wiederholen, und wir dürfen das Land — wie bei uns geschehen — nicht zu einer Autobahnrepublik umbauen und uns hinterher wundern, wenn die Schiene schlechte Chancen hat, aber wenn man sich diesen Nachtragshaushalt anschaut, dann stellt man fest, daß alle Sofortmaßnahmen dennoch nur für den Verkehrsträger Straße und nicht für den Verkehrsträger Schiene gedacht sind. In der Beschlußempfehlung bzw. im Bericht des Haushaltsausschusses ist ja auch wörtlich zu lesen: „Die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der SPD vertraten demgegenüber die Auffassung, die Bereitstellung der Straßenbaumittel sei zumindest derzeit vordringlich. " — Ich will darauf besonders hinweisen, weil es gerade die Kolleginnen und Kollegen der SPD sind, die bei Veranstaltungen draußen immer wieder darauf hinweisen, man müsse jetzt die Chance nutzen und der Schiene den Vorrang geben. Aber das steht offensichtlich in eklatantem Widerspruch zu der Art und Weise, wie sich gerade die SPD im Haushaltsausschuß verhalten hat.
Gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen. Wenn es heute darum geht, die Verkehrsbeziehungen zur DDR zu entwickeln, dann stehen wir heute vor der grundsätzlichen Entscheidung, ob wir primär auf die Straße oder auf die Schiene setzen sollen. In der Bundesrepublik beträgt der Marktanteil der Schiene wenig mehr als 20 %; in der DDR hingegen beträgt der Marktanteil des Schienenverkehrs mehr als 75 %. Sie haben die Wahl, entweder bei uns die Bahn auszubauen oder die Straßen in der DDR auszubauen. Sie haben heute schon die Entscheidung getroffen, daß es offensichtlich in Richtung Straße gehen soll.
Es ist ja nicht so, daß Engpässe allein im Schienennetz der DDR oder in der technischen Ausstattung der Reichsbahn begründet wären. Sicher, die Anlagen sind veraltet, und es besteht erheblicher Modernisierungsbedarf. Aber die wahren Engpässe liegen doch im Bereich der Deutschen Bundesbahn. Wir alle erinnern uns an den Herbst letzten Jahres. Damals ist es auf Grund des Niedrigwassers im Rhein zu Wettbewerbsnachteilen der Binnenschiffahrt gekommen, woraufhin die Verkehrsnachfrage auch wegen der guten Stahlkonjunktur geringfügig anstieg. Folge davon war ein Anstieg des Verkehrsaufkommens im Schienennetz der Bundesbahn. Allein dieser geringfügige Anstieg hatte Zustände zur Folge, die der Vorstand der Deutschen Bundesbahn mit dem Wort „Krise" beschrieben hat. Es gab Zugverspätungen von ein bis zwei Tagen. Es war einfach nicht mehr möglich, den ordnungsgemäßen Betrieb aufrechtzuerhalten.
Ich frage mich: Wenn wir nun im Bereich des OstWest-Verkehrs weiterhin auf den Verkehrsträger „Schiene" setzen sollen und wenn wir davon ausgehen, daß der Ost-West-Verkehr zunimmt, dann müssen wir doch endlich auch dafür sorgen, daß der Verkehrsträger aufnahmefähig ist!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann sollten Sie eben nicht immer mit dem Finger auf die DDR zeigen und sagen: Die Reichsbahn ist schuld, die kann nicht mehr! So herum ist das falsch. Die Bundesbahn kann nicht mehr, und Sie versäumen es, rechtzeitig Finanzmittel bereitzustellen, um andere verkehrspolitische Entscheidungen möglich zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denn in der Tat ist doch die Reichsbahn ein schuldenfreies Unternehmen, das 1 Milliarde Mark — zwar Ost-Mark — in der Kasse und 9 Milliarden Mark nicht hereinholbare Außenstände bei den Braunkohlekraftwerken hat, während die Bundesbahn ein mit 43 Milliarden DM überschuldetes Unternehmen ist. So schaut es aus! Wenn man bei der Bundesbahn die Pensionsrückstellungen hinzurechnet, dann sind es fast 100 Milliarden DM, die im Endeffekt zu Buche stehen.
Deshalb müßte eigentlich eine vernünftige Verkehrspolitik, die eben darauf abzielt, im gesamten Ost-West-Verkehr andere Schwerpunkt zu setzen, jetzt verstärkt auf die Schiene setzen, verstärkt Versäumnisse nachholen, die bei uns im Schienenverkehr eingetreten sind. Aussagen wie die, daß es jetzt vornehmlich darauf ankomme, zuerst auf die Straße zu setzen, zeigen eindeutig, wohin es gehen soll. Das zeigt auch der Rüffel, den der Bundesverkehrsminister in der vergangenen Woche der Bundesbahn erteilt hat.
Schon aus diesem Grunde — wegen seiner falschen verkehrspolitischen Weichenstellung — ist dieser Haushalt abzulehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120508900
Das Wort hat als letzter Redner in dieser Debatte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft, Herr Beckmann.

Klaus Beckmann (FDP):
Rede ID: ID1120509000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich denke, wir müssen jetzt dazu beitragen, daß die notwendigen Vereinbarungen über das einheitliche Wirtschafts- und Währungsgebiet getroffen und die flankierend erforderlichen sozialpolitischen Schritte zügig unternommen werden; zumindest zeitgleich müssen auch die angekündigten, bislang aber nicht erfüllten rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung der sozialen Marktwirtschaft in der DDR geschaffen werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Durchgreifende marktwirtschaftliche Reformen sind unabdingbare Voraussetzungen für eine rasche Aufwärtsentwicklung der Produktivität der DDR-Wirtschaft, für eine erhebliche Ausweitung der Produktion



Parl. Staatssekretär Beckmann
und für die Aufrechterhaltung eines hohen Beschäftigungsniveaus.
Mit dem Nachtragshaushalt, der uns vorliegt, stellen wir insbesondere auch Mittel zur Verfügung, die einen kräftigen Schub von mittelständischen Existenz- und Unternehmensgründungen möglich machen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Roth [Gießen] [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, was die DDR braucht, ist Marktwirtschaft „von unten" ; nur ein breites Fundament an mittelständischen Betrieben kann ausreichend im Wettbewerb bewährte, neue und moderne Arbeitsplätze mit hoher Produktivität für die Menschen in der DDR schaffen. Die Bereitschaft zu Firmengründungen in der DDR und damit die Chance, den wirtschaftlichen Aufholprozeß durch Aufbau einer leistungsfähigen modernen Unternehmensstruktur zu beschleunigen, sind immens. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband z. B. geht davon aus, daß in der DDR bis zu 1 Million selbständige Unternehmen neu gegründet werden. Diese Gründerwelle darf auch nicht, Frau Vennegerts, durch Aufkäufe und Einverleibungen der bisherigen staatlichen Strukturen

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Eben!)

durch marktstarke Großunternehmer aus dem Bundesgebiet zu einer Monostruktur veröden;

(Frau Vennegerts [GRÜNE]: Genau!) da haben Sie völlig recht.

Wir haben deshalb der DDR-Regierung vorgeschlagen, eine gemeinsame Arbeitsgruppe für Wettbewerbsfragen unter Beteiligung des Bundeskartellamtes einzurichten. Ich begrüße es, daß die DDR jetzt möglichst rasch ein eigenes Wettbewerbsamt analog zum Kartellamt schaffen will.
Meine Damen und Herren, die unternehmerischen Aktivitäten in der DDR dürfen sich nicht auf bundesdeutsche und ausländische Unternehmen beschränken. Die Soziale Marktwirtschaft wird um so eher eine dauerhafte Akzeptanz in der DDR-Bevölkerung finden, je umfangreicher die Chancen eigenverantwortlicher wirtschaftlicher Betätigung für Arbeitnehmer und Unternehmer in der DDR persönlich erfahrbar sind. Gerade weil es in der Übergangsphase nicht zu vermeiden ist, daß Menschen in der DDR durch die Einführung der Marktwirtschaft auch vorübergehend ungünstige Veränderungen erfahren werden, ist es psychologisch von großer Bedeutung, daß viele mittelständische DDR-Unternehmer erfolgreich am wirtschaftlichen Aufholprozeß teilhaben.
Wir bieten dazu Hilfe an:
Erstens. Das ERP-Sonderprogramm für Existenzgründungen und Investitionen in der DDR mit seinem Gesamtvolumen von 6 Milliarden DM ist inzwischen gut angelaufen und bei kleinen und mittleren Unternehmen sowie den Angehörigen freier Berufe auf große Resonanz gestoßen.
Zweitens. Unser Eigenkapitalhilfeprogramm kann nun auch von der DDR genutzt werden.
Drittens. Kapital allein ist nicht ausreichend. Nötig sind auch, meine Damen und Herren, marktwirtschaftliches Denken und marktwirtschaftliches Handeln, ist auch die psychologische Umstellung der Akteure auf die neuen Bedingungen des Wettbewerbs: Leistungsbereitschaft, Risikodenken, Initiative, Eigenverantwortung und Erwerbsstreben. Deshalb haben wir im Nachtragshaushalt 90 Millionen DM für umfassende Beratungshilfen zur Verfügung gestellt. Das geht von der überbetrieblichen beruflichen Bildung bis zur individuellen Beratung von Unternehmen und bei Existenzgründungen. Auch Beratungsleistungen für Kombinate sind vorgesehen.
Viertens. Für den dringend notwendigen Zufluß privaten Kapitals ist die gleichzeitige Entwicklung der wirtschaftsnahen Infrastruktur erforderlich. Vieles wird sich nach einem Anfangsimpuls weitgehend aus dem Wachstumsprozeß heraus finanzieren. Auch hier sind wir zu konkreten Starthilfen bereit.
Mit den angrenzenden Ländern, Frau Vennegerts, haben wir uns auf ein regionalpolitisches Förderungsprogramm für die Entwicklung wirtschaftsnaher Infrastruktur in den grenznahen Gebieten der DDR einschließlich des Umlandes von Berlin verständigt. Wir wollen ein möglichst rasches Zusammenwachsen der Wirtschaftsräume beiderseits der Grenze fördern. Wir sind auch bereit, den Kommunen und Regionen mit regionalpolitischen Beraterteams zur Seite zu stehen, damit wir auch auf diesem Feld unsere Erfahrungen zur Verfügung stellen können.
Meine Damen und Herren, nach Schaffung der Voraussetzungen für ein einheitliches Wirtschafts- und Währungsgebiet und nach Einführung der sozialen Marktwirtschaft in der DDR wird das Volumen unserer Start- und Flankierungshilfen in den nächsten Jahren sicherlich über die Ansätze des Nachtragshaushaltes hinausgehen müssen, um den wirtschaftlichen Aufholprozeß in der DDR realisierbar und auch sozialverträglich zu machen. Dieser Ressourcentransfer ist mit der Wiederherstellung der deutschen Einheit auch voll gerechtfertigt. Er sollte nun so gestaltet sein, daß das Gebiet der DDR auf Dauer eine sich selbst tragende und wirtschaftliche Dynamik erreicht, die die Angleichung der Lebensverhältnisse an diejenigen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zügig ermöglicht.
Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120509100
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.
Ich möchte zunächst sagen, daß wir interfraktionell vereinbart haben, die Redebeiträge, die zu Tagesordnungspunkt 21 noch vorhanden sind, zu Protokoll zu geben. Sind Sie mit dieser Abweichung von der Gschäftsordnung einverstanden? — Ich sehe, das ist der Fall. Die erforderliche Mehrheit dafür ist vorhanden, und es ist so beschlossen. * )
Ich will Ihnen noch sagen, daß als Redner in der zweiten Lesung des Haushaltes Herr Karl Deres und Herr Helmut Esters und als Redner in der dritten Le-
*) Anlage 2



Vizepräsident Westphal
sung Herr Adolf Roth und Herr Helmut Wieczorek ihre Reden zu Protokoll gegeben haben.
Ich möchte Ihnen, bevor wir zu den Abstimmungen kommen, zunächst mitteilen, daß es dabei bleibt, daß Rückflüge zur Verfügung stehen. Die Busse werden an der bekannten Stelle eine halbe Stunde nach Ende des Plenums abfahren.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über das Nachtragshaushaltsgesetz 1990 auf den Drucksachen 11/6400 und 11/6775, zunächst zu den Nachträgen bei den Einzelplänen.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 02 — Deutscher Bundestag — auf. Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dann ist dieser Nachtrag zum Einzelplan 02 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE GRÜNEN angenommen.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 04 auf, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Wer stimmt dafür? Ich bitte um das Handzeichen. — Dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Nachtrag zum Einzelplan 04 ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen.
Jetzt kommt der Nachtrag zum Einzelplan 05, Auswärtiges Amt. — Wer stimmt dafür? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Der Nachtrag zum Einzelplan 05 ist — wenn ich das richtig gesehen habe — mit der Mehrheit der Fraktion der Koalition und der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE GRÜNEN angenommen worden.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 06 auf, Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Wer stimmt für diesen Nachtrag? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Damit ist dieser Nachtrag zum Einzelplan 06 mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen worden.
Jetzt kommt der Nachtrag zum Einzelplan 07, Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Das war eine Annahme des Nachtrags zum Einzelplan 07 mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen und der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE GRÜNEN.
Jetzt kommt der Nachtrag zum Einzelplan 08, Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Wer stimmt für diesen Nachtrag? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Nachtrag zum Einzelplan 08 ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen worden.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 09, Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Der Nachtrag zum Einzelplan 09 ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen worden.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 10 auf, Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Wer stimmt dafür? Ich bitte um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Das war die gleiche Mehrheit, die den Nachtrag zum Einzelplan 10 angenommen hat.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 11 auf, Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Wer stimmt dafür? —

(Kühbacher [SPD]: Viel zuwenig!)

Gegenstimmen? — Enthaltungen? — Das war auch die gleiche Mehrheit der Koalitionsfraktionen, die diesem Nachtrag zum Einzelplan 11 zugestimmt hat.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 12 auf, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Wer stimmt dafür? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Das war ebenfalls die Mehrheit der Koalitionsfraktionen, die diesen Nachtrag zum Einzelplan 12 angenommen hat.
Jetzt kommt der Einzelplan 14, Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Hierzu liegen Änderungsanträge der Fraktion der SPD sowie der Fraktion DIE GRÜNEN vor.
Ich rufe die Änderungsanträge in der Reihenfolge der Drucksachennummern auf.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/6843? Ich bitte um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Änderungsantrag ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion abgelehnt worden.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/6844. Hierfür hat die Fraktion DIE GRÜNEN namentliche Abstimmung verlangt. Ich eröffne die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß es danach weitere namentliche Abstimmungen gibt und daß wir in der Beratung fortfahren.
Meine Damen und Herren, ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das an der Abstimmung teilnehmen möchte, es aber noch nicht getan hat? Der möge das jetzt bitte tun. — Kann ich jetzt schließen? — Was sagen die Schriftführer? — Ich schließe die Abstimmung.
Ich gehe davon aus, daß wir die Beratung fortsetzen und das Ergebnis der namentlichen Abstimmung nachher bekanntgeben können.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD — ohne namentliche Abstimmung — auf Drucksache 11/6847. Wer für diesen Änderungsantrag stimmt, bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dann ist dieser Änderungsantrag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt worden.
Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 11/6848. Dazu hat die SPD-Fraktion die namentliche Abstimmung beantragt. Ich eröffne die Abstimmung.
Gibt es noch ein Mitglied des Hauses, das an der Abstimmung teilnehmen möchte und es noch nicht getan hat? — Befindet sich außerhalb des Saales noch jemand, der an der Abstimmung teilnehmen möchte?



Vizepräsident Westphal
— Ich denke, ich kann jetzt abschließen. — Die Abstimmung ist geschlossen.
Meine Damen und Herren, ich bitte die Schriftführer mit der Auszählung zu beginnen, damit wir mit der Beratung fortfahren können.
Wir kommen zur nächsten namentlichen Abstimmung, und zwar über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 11/6849 (neu). Ich eröffne die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das an der Abstimmung teilnehmen möchte und dies noch nicht getan hat? — Dann schließe ich die Abstimmung. Ich gehe davon aus, daß wir die Beratung fortsetzen können. Über den Nachtrag zum Einzelplan 14 werden wir erst nach Bekanntgabe des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung beschlußfassen können.
Wir kommen zu dem Nachtrag zum Einzelplan 15, Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Wer für diesen Nachtrag stimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Nachtrag zum Einzelplan 15 ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen und der SPD — bei Stimmenthaltung der GRÜNEN — angenommen worden.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 16 auf. Das ist der Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Wer diesem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Einzelplannachtrag ist — bei Gegenstimmen der GRÜNEN — angenommen.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 20 des Bundesrechnungshofes auf. Wer stimmt für diesen Nachtrag? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Nachtrag ist einstimmig angenommen worden.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 25 auf. Das ist der Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Einzelplannachtrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen worden.
Jetzt kommt Einzelplan 27, Nachtrag für den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Einzelplannachtrag ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen worden.
Jetzt kommt der Nachtrag zum Einzelplan 30, Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie. Wer stimmt dafür? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Einzelplannachtrag ist gegen die Stimmen der GRÜNEN angenommen worden.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 31 auf, Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Wer stimmt dafür? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Einzelplannachtrag ist mit der gleichen Mehrheit angenommen worden.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 32 auf — das betrifft die Bundesschuld. Wer stimmt dafür? —

(Kühbacher [SPD]: Diese Schuldenmacher! — Gegenruf von der CDU/CSU: Das sind eure Altschulden!)

Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dieser Nachtrag ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen worden.
Ich rufe den Nachtrag zum Einzelplan 36 — Zivile Verteidigung — auf. Wer stimmt dafür? —

(Kühbacher [SPD]: Ihr seid für Bunkerbau!)

Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen ist auch dieser Nachtrag angenommen worden.
Jetzt kommt der Nachtrag zum Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/6845 vor. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? — Wer stimmt dagegen? — Wer enthält sich? — Dann ist dieser Änderungsantrag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen bei Stimmenthaltungen der SPD abgelehnt worden.
Wir stimmen jetzt über den Nachtrag zum Einzelplan 60 in der Ausschußfassung ab. Wer stimmt dafür? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dann ist dieser Nachtrag zum Einzelplan 60 mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen worden.
Wir können über den Einzelplan 14, den Nachtrag zum Gesamtplan und den Gesetzentwurf erst dann abstimmen, wenn uns die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen über die Änderungsanträge vorliegen. Da sie nicht vorliegen, muß ich einen Moment unterbrechen; ich hoffe, es dauert nicht lange.

(Zuruf von der CDU/CSU: Können wir nicht die Entschließungsanträge schon machen?)

Meine Damen und Herren, wir haben Entschließungsanträge zur dritten Lesung vorliegen, die sich alle auf den Einzelplan 14 — Verteidigung — beziehen. Sind Sie einverstanden, wenn wir darüber jetzt abstimmen? — Gibt es gegenteilige Meinungen? — Dann kann ich das so machen.
Wir setzen die Beratungen fort und kommen zur Abstimmung über die Entschließungsanträge, die ich nach der Reihenfolge der Drucksachennummern aufrufe.
Ich komme zuerst zum Entschließungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/6811. Wer stimmt dafür? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dann ist dieser Entschließungsantrag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion abgelehnt worden.
Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/6846. Wer stimmt dafür? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Mit der gleichen Mehrheit wie eben ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt worden.
Jetzt kommt der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 11/6850. Wer stimmt dafür? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Er ist mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen bei Stimment-



Vizepräsident Westphal
haltung der Fraktion DIE GRÜNEN abgelehnt worden.
Wir haben noch einen neuen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 11/6863; er ist vorhin verteilt worden. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dann ist dieser Entschließungsantrag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen worden.
Wir haben noch eine Einzelberatung und Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurf eines ERP-
Nachtragsplangesetzes 1990 auf der Tagesordnung. Sind Sie damit einverstanden, daß ich auch das vorziehe? Das sind die Drucksachen 11/6592 und 11/6780.
Ich rufe Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf: Änderung des ERP-Wirtschaftsplans nach Maßgabe des Nachtrags zum Gesamtplan des ERP-Sondervermögens 1990. Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen worden. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Wer stimmt dagegen? — Wer enthält sich? — Dieser Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen worden.
Jetzt müssen wir abwarten. Ich unterbreche die Sitzung.

(Unterbrechung von 13.21 bis 13.26 Uhr)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1120509200
Meine Damen und Herren, ich kann die unterbrochene Sitzung wieder eröffnen. Ich danke den Schriftführern für schnelles Arbeiten.

(Beifall)

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Änderungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/6844 bekannt. Es sind 332 Stimmen abgeben worden. Keine war ungültig. Mit Ja haben 135, mit Nein 197 gestimmt. Es hat keine Enthaltungen gegeben.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 330; davon
ja: 134
nein: 196
Ja
SPD
Amling
Antretter Bachmaier
Becker (Nienberge)

Frau Becker-Inglau
Bernrath
Bindig
Dr. Böhme (Unna)

Brandt Büchler (Hof)

Büchner (Speyer)

Dr. von Bülow
Buschfort
Frau Conrad
Frau Dr. Däubler-Gmelin Dr. Diederich (Berlin) Diller
Dreßler
Dr. Emmerlich Erler
Esters
Ewen
Frau Faße
Frau Fuchs (Verl)

Frau Ganseforth
Dr. Gautier Gilges
Frau Dr. Götte Großmann
Haack (Extertal) Frau Hämmerle Frau Dr. Hartenstein Hasenfratz
Häuser
Heistermann Heyenn
Hiller (Lübeck) Huonker
Jahn (Marburg) Jaunich
Jung (Düsseldorf) Jungmann (Wittmoldt) Frau Kastner
Kiehm
Kirschner
Kißlinger
Koltzsch
Koschnick
Dr. Kübler
Kühbacher
Leonhart
Lohmann (Witten)

Lutz
Frau Matthäus-Maier Menzel
Müller (Düsseldorf) Müller (Pleisweiler) Müntefering
Nagel
Nehm
Frau Dr. Niehuis
Dr. Niese
Oesinghaus Oostergetelo Dr. Osswald Dr. Penner
Porzner
Purps
Reimann
Frau Renger Reuter
Rixe
Schäfer (Offenburg)

Dr. Scheer
Scherrer
Schluckebier
Dr. Schöfberger
Frau Schulte (Hameln) Frau Seuster
Sielaff
Sieler (Amberg) Singer
Dr. Soell
Frau Dr. Sonntag-Wolgast Dr. Sperling
Stahl (Kempen) Frau Steinhauer Dr. Struck
Frau Terborg Tietjen
Frau Dr. Timm Vahlberg
Voigt (Frankfurt) Waltemathe
Wartenberg (Berlin)

Frau Dr. Wegner Weiermann
Frau Weiler Westphal
Frau Weyel Wieczorek (Duisburg)

Frau Wieczorek-Zeul
von der Wiesche
Wimmer (Neuötting)

Dr. de With Zander
Zeitler
Zumkley
DIE GRÜNEN
Frau Beer
Brauer
Dr. Briefs
Dr. Daniels (Regensburg) Frau Eid
Frau Flinner Frau Hillerich Hüser
Frau Kelly Kreuzeder Dr. Lippelt (Hannover)

Frau Nickels
Frau Oesterle-Schwerin
Frau Rock Frau Rust
Frau Saibold Frau Schilling
Frau Schmidt (Hamburg) Frau Schoppe
Frau Teubner Frau Vennegerts
Frau Dr. Vollmer
Weiss (München)

Frau Wilms-Kegel
Frau Wollny
Fraktionslos Frau Unruh
Nein
CDU/CSU
Frau Augustin
Bauer
Bayha
Dr. Becker (Frankfurt)

Dr. Blank Dr. Blens Dr. Blüm Börnsen (Bönstrup)

Bohl
Borchert
Carstens (Emstek)

Clemens Dr. Czaja Dr. Daniels (Bonn)

Frau Dempwolf
Deres
Dewitz
Dörflinger Doss
Dr. Dregger
Echternach Ehrbar
Feilcke
Dr. Fell
Fellner



Vizepräsident Westphal Fischer (Hamburg) Francke (Hamburg)
Dr. Friedrich Fuchtel
Ganz (St. Wendel)

Geis
Dr. von Geldern
Gerstein
Gerster (Mainz)

Dr. Göhner Gröbl
Günther
Harries
Hauser (Esslingen) Helmrich
Dr. Hennig Hinrichs
Hinsken
Höffkes
Höpfinger Hörster
Dr. Hoffacker
Dr. Hornhues Hornung
Frau Hürland-Büning
Dr. Hüsch Jäger
Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Jung (Lörrach)

Kalb
Kalisch
Dr.-Ing. Kansy
Dr. Kappes Frau Karwatzki
Kiechle
Kittelmann
Dr. Köhler (Wolfsburg) Kolb
Kossendey Kraus
Krey
Kroll-Schlüter
Dr. Kronenberg
Dr. Kunz (Weiden) Lamers
Dr. Lammert Dr. Langner Lattmann
Dr. Laufs
Link (Diepholz)

Link (Frankfurt)

Dr. Lippold (Offenbach) Louven
Lummer
Maaß
Frau Männle Magin
Dr. Mahlo Marschewski
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Möller Dr. Müller Müller (Wadern)

Nelle
Dr. Neuling Neumann (Bremen) Oswald
Pesch
Dr. Pfennig Dr. Pinger Dr. Pohlmeier
Dr. Probst Rauen
Rawe
Reddemann Regenspurger
Repnik
Dr. Riesenhuber
Frau Rönsch (Wiesbaden) Dr. Rose
Roth (Gießen) Dr. Rüttgers Ruf
Sauer (Salzgitter)

Sauer (Stuttgart)

Sauter (Epfendorf)

Dr. Schäuble Scharrenbroich Schartz (Trier) Schemken
Scheu
Schmidbauer
Frau Schmidt (Spiesen) Schmitz (Baesweiler)
von Schmude Schneider (I.-Oberstein)

Freiherr von Schorlemer Schreiber
Dr. Schroeder (Freiburg) Schulhoff
Dr. Schulte

(Schwäbisch Gmünd) Schulze (Berlin) Schwarz

Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer Seehofer
Dr. Sprung
Dr. Stark (Nürtingen)

Dr. Stavenhagen Straßmeir
Strube
Frau Dr. Süssmuth
Susset
Tillmann
Dr. Uelhoff Uldall
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Vogt (Düren)

Dr. Voigt (Northeim)

Dr. Waffenschmidt
Graf von Waldburg-Zeil Dr. Warrikoff
Werner (Ulm) Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wilz
Wimmer (Neuss)

Windelen
Frau Dr. Wisniewski
Dr. Wittmann Würzbach
Dr. Wulff
Zeitlmann
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Baum
Beckmann
Bredehorn
Cronenberg (Arnsberg) Eimer (Fürth) Engelhard
Dr. Feldmann
Frau Folz-Steinacker Gallus
Gattermann Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher Heinrich
Dr. Hirsch
Dr. Hitschler Dr. Hoyer
Kleinert (Hannover)

Dr. Graf Lambsdorff Mischnick
Neuhausen Nolting
Paintner
Richter
Rind
Frau Dr. Segall Frau Seiler-Albring Dr. Solms
Dr. Thomae Frau Walz
Dr. Weng (Gerlingen) Wolfgramm (Göttingen) Frau Würfel
Zywietz
Der Antrag ist damit abgelehnt.
Dann kommt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 11/6848. 331 Kollegen haben an der Abstimmung teilgenommen. Keine Stimme war ungültig. Mit Ja haben 136, mit Nein haben 195 gestimmt. Es hat keine Enthaltung gegeben.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 330; davon
ja: 135
nein: 195
Ja
SPD
Amling
Antretter
Bachmaier
Becker (Nienberge)

Frau Becker-Inglau Bernrath
Bindig
Dr. Böhme (Unna)

Brandt
Büchler (Hof) Büchner (Speyer)
Dr. von Bülow
Buschfort Frau Conrad
Frau Dr. Däubler-Gmelin Dr. Diederich (Berlin) Diller
Dreßler
Dr. Emmerlich
Erler
Esters
Ewen
Frau Faße
Frau Fuchs (Verl)

Frau Ganseforth
Dr. Gautier Gilges
Frau Dr. Götte
Großmann Haack (Extertal)

Frau Hämmerle
Frau Dr. Hartenstein Hasenfratz
Häuser
Heistermann Heyenn
Hiller (Lübeck)

Huonker
Jahn (Marburg)

Jaunich
Jung (Düsseldorf) Jungmann (Wittmoldt) Frau Kastner
Kiehm
Kirschner Kißlinger Koltzsch
Koschnick Dr. Kübler Kühbacher
Leonhart
Lohmann (Witten)

Lutz
Frau Matthäus-Maier Menzel
Müller (Düsseldorf)

Müller (Pleisweiler) Müntefering
Nagel
Nehm
Frau Dr. Niehuis
Dr. Niese
Oesinghaus Oostergetelo Dr. Osswald Pauli
Dr. Penner Porzner
Purps
Reimann
Frau Renger Reuter
Rixe
Schäfer (Offenburg)

Dr. Scheer Scherrer
Schluckebier
Dr. Schöfberger
Frau Schulte (Hameln) Frau Seuster
Sielaff
Sieler (Amberg)

Singer
Dr. Soell
Frau Dr. Sonntag-Wolgast Dr. Sperling
Stahl (Kempen)

Frau Steinhauer
Dr. Struck Frau Terborg Tietjen
Frau Dr. Timm Vahlberg
Voigt (Frankfurt) Waltemathe Wartenberg (Berlin)
Frau Dr. Wegner Weiermann
Frau Weiler Westphal
Frau Weyel Wieczorek (Duisburg)

Frau Wieczorek-Zeul
von der Wiesche



Vizepräsident Westphal
Wimmer (Neuötting) Dr. de With
Zander
Zeitler
Zumkley
DIE GRÜNEN
Frau Beer
Brauer
Dr. Briefs
Dr. Daniels (Regensburg) Frau Eid
Frau Flinner Frau Hillerich Hüser
Frau Kelly
Kreuzeder
Dr. Lippelt (Hannover) Frau Nickels
Frau Oesterle-Schwerin Frau Rock
Frau Rust
Frau Saibold Frau Schilling
Frau Schmidt (Hamburg) Frau Schoppe
Frau Teubner Frau Vennegerts Frau Dr. Vollmer
Weiss (München) Frau Wilms-Kegel
Frau Wollny
Fraktionslos Frau Unruh
Nein
CDU/CSU
Frau Augustin
Bauer
Bayha
Dr. Becker (Frankfurt)

Dr. Blank
Dr. Blens
Dr. Blüm
Börnsen (Bönstrup)

Bohl
Borchert
Carstens (Emstek) Clemens
Dr. Czaja
Dr. Daniels (Bonn)

Frau Dempwolf
Deres
Dewitz
Dörflinger Doss
Dr. Dregger Echternach Ehrbar
Feilcke
Dr. Fell
Fellner
Fischer (Hamburg) Francke (Hamburg)
Dr. Friedrich Fuchtel
Ganz (St. Wendel)

Geis
Dr. von Geldern
Gerstein
Gerster (Mainz)

Dr. Göhner Gröbl Günther
Harries
Hauser (Esslingen) Helmrich
Dr. Hennig
Hinrichs
Hinsken
Höffkes
Höpfinger
Hörster
Dr. Hoffacker
Dr. Hornhues
Hornung
Frau Hürland-Büning
Dr. Hüsch
Jäger
Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Jung (Lörrach)

Kalb
Kalisch
Dr.-Ing. Kansy
Dr. Kappes
Frau Karwatzki
Kiechle
Kittelmann
Dr. Köhler (Wolfsburg) Kolb
Kossendey
Kraus Krey
Kroll-Schlüter
Dr. Kronenberg
Dr. Kunz (Weiden) Lamers
Dr. Lammert
Dr. Langner
Lattmann
Dr. Laufs
Link (Diepholz)

Link (Frankfurt)

Dr. Lippold (Offenbach) Louven
Lummer
Maaß
Frau Männle
Magin Marschewski
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Möller
Dr. Müller
Müller (Wadern)

Nelle
Dr. Neuling
Neumann (Bremen) Oswald
Pesch
Dr. Pfennig
Dr. Pohlmeier
Dr. Probst
Rauen Rawe Reddemann
Regenspurger
Repnik
Dr. Riesenhuber
Frau Rönsch (Wiesbaden) Dr. Rose
Roth (Gießen)

Dr. Rüttgers
Ruf
Sauer (Salzgitter)

Sauer (Stuttgart)

Sauter (Epfendorf)

Dr. Schäuble Scharrenbroich
Schartz (Trier)

Schemken
Scheu Schmidbauer
Frau Schmidt (Spiesen) Schmitz (Baesweiler)
von Schmude Schneider (I.-Oberstein)

Freiherr von Schorlemer Schreiber
Dr. Schroeder (Freiburg) Schulhoff
Dr. Schulte

(Schwäbisch Gmünd) Schulze (Berlin) Schwarz

Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer Seehofer
Dr. Sprung
Dr. Stark (Nürtingen)

Dr. Stavenhagen Straßmeir
Strube
Frau Dr. Süssmuth
Susset
Tillmann
Dr. Uelhoff Uldall
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Vogt (Düren)

Dr. Voigt (Northeim)

Dr. Waffenschmidt
Graf von Waldburg-Zeil Dr. Warrikoff
Werner (Ulm) Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wilz
Wimmer (Neuss) Windelen
Frau Dr. Wisniewski
Dr. Wittmann
Würzbach Dr. Wulff Zeitlmann
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Baum
Beckmann Bredehorn
Cronenberg (Arnsberg) Eimer (Fürth)
Engelhard
Dr. Feldmann
Frau Folz-Steinacker Gallus
Gattermann Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher Heinrich
Dr. Hirsch Dr. Hitschler Dr. Hoyer
Kleinert (Hannover)

Dr. Graf Lambsdorff Mischnick Neuhausen
Nolting
Paintner
Richter
Rind
Ronneburger
Frau Dr. Segall
Frau Seiler-Albring
Dr. Solms Dr. Thomae Frau Walz
Dr. Weng (Gerlingen) Wolfgramm (Göttingen) Frau Würfel
Zywietz
Auch dieser Antrag ist abgelehnt.
Schließlich komme ich zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 11/6849 (neu). Da haben 335 Abgeordnete ihre Stimme abgegeben. Keine Stimme war ungültig. Mit Ja haben 139, mit Nein 194 gestimmt. Es hat zwei Enthaltungen gegeben.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 333; davon
ja: 138
nein: 193
enthalten: 2
Ja
SPD
Amling
Antretter
Bachmaier
Becker (Nienberge) Frau Becker-Inglau Bernrath
Bindig
Dr. Böhme (Unna) Brandt
Büchler (Hof)

Büchner (Speyer) Dr. von Bülow
Buschfort
Frau Conrad
Frau Dr. Däubler-Gmelin Dr. Diederich (Berlin) Diller
Dreßler
Dr. Emmerlich
Erler
Esters Ewen Frau Faße
Frau Fuchs (Verl)

Frau Ganseforth
Dr. Gautier
Gilges
Frau Dr. Götte



Vizepräsident Westphal
Großmann
Haack (Extertal) Frau Hämmerle Frau Dr. Hartenstein Hasenfratz
Häuser
Heistermann Heyenn
Hiller (Lübeck) Huonker
Jahn (Marburg) Jaunich
Jung (Düsseldorf) Jungmann (Wittmoldt) Frau Kastner
Kiehm
Kirschner
Kißlinger
Koltzsch
Koschnick
Dr. Kübler
Kühbacher Leonhart
Lohmann (Witten)

Lutz
Frau Matthäus-Maier Menzel
Müller (Düsseldorf)

Müller (Pleisweiler) Müntefering
Nagel
Nehm
Frau Dr. Niehuis
Dr. Niese
Oesinghaus Oostergetelo Dr. Osswald Pauli
Dr. Penner Porzner
Purps
Reimann
Frau Renger Reuter
Rixe
Schäfer (Offenburg)

Dr. Scheer Scherrer
Schluckebier
Dr. Schöfberger
Frau Schulte (Hameln) Frau Seuster
Sielaff
Sieler (Amberg)

Singer
Dr. Soell
Frau Dr. Sonntag-Wolgast Dr. Sperling
Stahl (Kempen)

Frau Steinhauer
Dr. Struck Frau Terborg Tietjen
Frau Dr. Timm Vahlberg
Voigt (Frankfurt) Waltemathe Wartenberg (Berlin)
Frau Dr. Wegner Weiermann
Frau Weiler Westphal
Frau Weyel Wieczorek (Duisburg) Frau Wieczorek-Zeul
von der Wiesche
Wimmer (Neuötting)

Dr. de With Zander
Zeitler
Zumkley
FDP
Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Hirsch
Frau Walz
DIE GRÜNEN
Frau Beer
Brauer
Dr. Briefs
Frau Eid
Frau Flinner Frau Hillerich Hüser
Frau Kelly
Kreuzeder
Dr. Lippelt (Hannover) Meneses Vogl
Frau Nickels
Frau Oesterle-Schwerin Frau Rock
Frau Rust
Frau Saibold Frau Schilling
Frau Schmidt (Hamburg) Frau Schoppe
Frau Teubner Frau Vennegerts Frau Dr. Vollmer Weiss (München) Frau Wilms-Kegel
Frau Wollny
Fraktionslos Frau Unruh
Nein
CDU/CSU
Frau Augustin
Bauer
Bayha
Dr. Becker (Frankfurt) Dr. Blank
Dr. Blens
Dr. Blüm
Börnsen (Bönstrup)

Bohl
Borchert
Carstens (Emstek) Clemens
Dr. Czaja
Dr. Daniels (Bonn)

Frau Dempwolf
Deres
Dewitz Dörflinger
Doss
Dr. Dregger
Echternach
Ehrbar Feilcke Dr. Fell Fellner
Fischer (Hamburg) Francke (Hamburg)
Dr. Friedrich
Fuchtel
Ganz (St. Wendel)

Geis
Dr. von Geldern Gerstein
Gerster (Mainz)

Dr. Göhner
Gröbl
Günther Harries Hauser (Esslingen)

Helmrich
Dr. Hennig Hinrichs
Hinsken
Höffkes
Höpfinger Hörster
Dr. Hoffacker Dr. Hornhues Hornung
Frau Hürland-Büning
Dr. Hüsch Jäger
Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger Dr. Jobst
Jung (Limburg)

Jung (Lörrach)

Kalb
Kalisch
Dr.-Ing. Kansy
Dr. Kappes Frau Karwatzki
Kiechle
Kittelmann
Dr. Köhler (Wolfsburg) Kolb
Kossendey Kraus
Krey
Kroll-Schlüter
Dr. Kronenberg
Dr. Kunz (Weiden) Lamers
Dr. Lammert Dr. Langner Lattmann
Dr. Laufs
Link (Diepholz)

Link (Frankfurt)

Dr. Lippold (Offenbach) Louven
Lummer
Maaß
Frau Männle Magin
Dr. Mahlo Marschewski
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Möller Dr. Müller Müller (Wadern)

Nelle
Dr. Neuling Neumann (Bremen) Oswald
Pesch
Dr. Pfennig Dr. Pinger Dr. Pohlmeier
Dr. Probst Rauen
Rawe
Reddemann Regenspurger
Repnik
Dr. Riesenhuber
Frau Rönsch (Wiesbaden) Dr. Rose
Roth (Gießen)

Dr. Rüttgers Ruf
Sauer (Salzgitter)

Sauer (Stuttgart)

Sauter (Epfendorf)

Dr. Schäuble Scharrenbroich
Schartz (Trier)

Schemken Scheu
Schmidbauer
Frau Schmidt (Spiesen) Schmitz (Baesweiler)
von Schmude Schneider (I.-Oberstein)

Freiherr von Schorlemer Schreiber
Dr. Schroeder (Freiburg) Schulhoff
Dr. Schulte

(Schwäbisch Gmünd) Schulze (Berlin)

Schwarz
Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer Seehofer
Dr. Sprung
Dr. Stark (Nürtingen)

Dr. Stavenhagen
Straßmeir Strube
Frau Dr. Süssmuth
Susset
Tillmann
Dr. Uelhoff Uldall
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Vogt (Düren)

Dr. Voigt (Northeim)

Dr. Waffenschmidt
Graf von Waldburg-Zeil
Dr. Warrikoff
Werner (Ulm)

Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms
Wilz
Wimmer (Neuss)

Windelen
Frau Dr. Wisniewski
Dr. Wittmann
Würzbach Dr. Wulff Zeitlmann
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Beckmann
Bredehorn
Cronenberg (Arnsberg) Eimer (Fürth)
Engelhard
Frau Folz-Steinacker Gallus
Gattermann Grüner
Heinrich
Dr. Hitschler Dr. Hoyer
Kleinert (Hannover)

Dr. Graf Lambsdorff Mischnick Neuhausen
Nolting
Paintner
Richter
Rind
Ronneburger
Frau Dr. Segall
Frau Seiler-Albring
Dr. Solms Dr. Thomae
Dr. Weng (Gerlingen) Wolfgramm (Göttingen) Frau Würfel
Zywietz
Enthalten
FDP
Baum
Dr. Feldmann



Vizepräsident Westphal
Auch dieser Antrag ist abgelehnt.
Nachdem wir nun die namentlichen Abstimmungen über die Änderungsanträge bekanntgeben konnten, können wir die Beratungen fortsetzen.
Wer stimmt nun für den Nachtrag zum Einzelplan 14, Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung, in der Ausschußfassung? Ich bitte um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dann ist dieser Nachtrag zum Einzelplan 14 mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen bei einer Stimmenthaltung und Gegenstimmen aus den Fraktionen der SPD und der GRÜNEN angenommen worden.
Ich rufe jetzt den Nachtrag zum Gesamtplan des Bundeshaushaltsplans 1990 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Dann ist der Nachtrag zum Gesamtplan mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen.
Ich rufe nunmehr den Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes 1990 mit den Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung und mit der vom Berichterstatter vorgetragenen Berichtigung auf. Wir hatten das am Anfang der Debatte gemacht. Die Abstimmung hierüber wird mit der Schlußabstimmung verbunden.
Meine Damen und Herren, die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP haben hierzu namentliche Abstimmung verlangt. Ich eröffne die Abstimmung.
Da ich sehe, daß Kollegen schon den Saal verlassen. Deshalb möchte ich Ihnen vorschlagen, daß wir nicht auf das Ergebnis dieser namentlichen Abstimmung warten, sondern daß Sie das Ergebnis aus dem Stenographischen Bericht entnehmen, der so schnell wie möglich vorliegen wird. — Ich stelle Einverständnis dazu fest.
Gibt es noch einen Kollegen, der an der Abstimmung teilnehmen möchte und es noch nicht getan hat? — Dann kann ich die Abstimmung schließen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 319 und 13 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 188 und 10 Berliner Abgeordnete
nein: 131 und 3 Berliner Abgeordnete
Ja
CDU/CSU
Frau Augustin
Bauer
Bayha
Dr. Becker (Frankfurt) Dr. Blank
Dr. Blens Dr. Blüm
Börnsen (Bönstrup) Bohl
Borchert
Carstens (Emstek) Clemens
Dr. Czaja
Dr. Daniels (Bonn) Frau Dempwolf Deres
Dörflinger
Doss
Dr. Dregger Echternach
Ehrbar
Dr. Fell
Fellner
Fischer (Hamburg) Francke (Hamburg) Dr. Friedrich Fuchtel
Ganz (St. Wendel)

Geis
Dr. von Geldern
Gerstein Gerster (Mainz)

Dr. Göhner
Gröbl
Günther Harries
Hauser (Esslingen) Helmrich
Dr. Hennig
Hinrichs Hinsken Höffkes Höpfinger Hörster Dr. Hoffacker
Dr. Hornhues
Hornung
Frau Hürland-Büning
Dr. Hüsch Jäger
Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Jung (Limburg)

Jung (Lörrach)

Dr.-Ing. Kansy
Dr. Kappes
Frau Karwatzki
Keller
Kiechle
Dr. Köhler (Wolfsburg) Kolb
Kossendey
Kraus
Krey
Kroll-Schlüter
Dr. Kronenberg
Dr. Kunz (Weiden) Lamers
Dr. Lammert
Dr. Langner
Lattmann Dr. Laufs Link (Diepholz)

Link (Frankfurt)

Dr. Lippold (Offenbach) Louven
Maaß
Frau Männle
Magin
Marschewski
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Möller
Dr. Müller
Müller (Wadern)

Nelle
Neumann (Bremen) Oswald
Pesch
Dr. Pinger
Dr. Pohlmeier
Dr. Probst
Rauen
Rawe
Reddemann Regenspurger
Repnik
Dr. Riesenhuber
Frau Rönsch (Wiesbaden) Dr. Rose
Roth (Gießen)

Dr. Rüttgers
Ruf
Sauer (Salzgitter)

Sauer (Stuttgart)

Sauter (Epfendorf)

Dr. Schäuble Scharrenbroich
Schartz (Trier)

Schemken
Scheu
Schmidbauer
Frau Schmidt (Spiesen) Schmitz (Baesweiler)
von Schmude
Schneider (I.-Oberstein) Freiherr von Schorlemer Schreiber
Dr. Schroeder (Freiburg) Schulhoff
Dr. Schulte

(Schwäbisch Gmünd) Schwarz

Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer
Seehofer Dr. Sprung Dr. Stark (Nürtingen)

Dr. Stavenhagen
Strube
Frau Dr. Süssmuth
Susset
Tillmann Dr. Uelhoff Uldall
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Vogt (Düren)

Dr. Voigt (Northeim)

Dr. Waffenschmidt
Graf von Waldburg-Zeil
Dr. Warrikoff
Werner (Ulm)

Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms
Wilz
Wimmer (Neuss)

Windelen
Frau Dr. Wisniewski
Dr. Wittmann
Würzbach Dr. Wulff Zeitlmann
Berliner Abgeordnete
Dewitz
Feilcke
Kalisch
Kittelmann Lummer
Dr. Mahlo Dr. Neuling Dr. Pfennig Schulze (Berlin)

Straßmeir
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Baum
Beckmann Bredehorn
Cronenberg (Arnsberg) Eimer (Fürth)
Engelhard
Dr. Feldmann
Frau Folz-Steinacker
Gallus
Gattermann Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher Heinrich
Dr. Hirsch Dr. Hitschler Dr. Hoyer
Kleinert (Hannover)

Dr. Graf Lambsdorff Mischnick Neuhausen



Vizepräsident Westphal
Nolting
Paintner
Richter
Rind
Ronneburger Frau Dr. Segall
Frau Seiler-Albring
Dr. Solms
Dr. Thomae Frau Walz
Dr. Weng (Gerlingen) Wolfgramm (Göttingen) Frau Würfel
Zywietz
Nein
SPD
Amling
Antretter
Bachmaier
Becker (Nienberge)

Frau Becker-Inglau Bernrath
Bindig
Dr. Böhme (Unna) Brandt
Büchler (Hof) Büchner (Speyer) Dr. von Bülow Buschfort
Frau Conrad
Frau Dr. Däubler-Gmelin Diller
Dreßler
Dr. Emmerlich Erler
Esters
Ewen
Frau Faße
Frau Fuchs (Verl) Frau Ganseforth Dr. Gautier
Gilges
Frau Dr. Götte Großmann
Haack (Extertal) Frau Hämmerle Frau Dr. Hartenstein Hasenfratz
Häuser
Heistermann Heyenn
Hiller (Lübeck) Huonker
Jahn (Marburg) Jaunich
Jung (Düsseldorf) Jungmann (Wittmoldt) Frau Kastner
Kiehm
Kirschner
Kißlinger
Koltzsch
Koschnick
Dr. Kübler Kühbacher Leonhart
Lohmann (Witten)

Lutz
Frau Matthäus-Maier Menzel
Müller (Düsseldorf) Müller (Pleisweiler) Müntefering
Nagel
Nehm
Frau Dr. Niehuis
Dr. Niese
Oesinghaus Oostergetelo Dr. Osswald Pauli
Dr. Penner Porzner
Purps
Reimann
Frau Renger Reuter
Rixe
Schäfer (Offenburg)

Dr. Scheer Scherrer
Schluckebier
Frau Schulte (Hameln) Frau Seuster
Sielaff
Sieler (Amberg)

Singer
Dr. Soell
Frau Dr. Sonntag-Wolgast
Dr. Sperling Stahl (Kempen)

Frau Steinhauer
Dr. Struck Frau Terborg Tietjen
Frau Dr. Timm Vahlberg
Voigt (Frankfurt) Waltemathe
Frau Dr. Wegner Weiermann Westphal
Frau Weyel Wieczorek (Duisburg) Frau Wieczorek-Zeul von der Wiesche
Dr. de With Zander
Zeitler
Zumkley
Berliner Abgeordnete
Dr. Diederich (Berlin) Wartenberg (Berlin)
DIE GRÜNEN
Frau Beer Brauer
Dr. Briefs
Dr. Daniels (Regensburg) Frau Eid
Frau Flinner Frau Hillerich Hüser
Frau Kelly
Dr. Knabe
Kreuzeder
Dr. Lippelt (Hannover) Frau Nickels
Frau Oesterle-Schwerin Frau Rock
Frau Rust
Frau Saibold Frau Schilling
Frau Schmidt (Hamburg) Frau Schoppe
Frau Teubner Frau Vennegerts Frau Dr. Vollmer Weiss (München) Frau Wilms-Kegel
Frau Wollny
Berliner Abgeordneter Meneses Vogl Fraktionslos
Frau Unruh
Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 25. April 1990, 13 Uhr ein.
Allen denen, die es noch hören können, wünsche ich eine schöne Osterpause.
Die Sitzung ist geschlossen.