Protokoll:
10254

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 10

  • date_rangeSitzungsnummer: 254

  • date_rangeDatum: 5. Dezember 1986

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 08:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 11:54 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/254 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 254. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 Inhalt: Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 19788 D Aktuelle Stunde betr. Einsatz des Bundesgrenzschutzes bei der verbotenen AntiAtomkraftwerk-Konferenz am 29./30. November 1986 in Regensburg Ströbele GRÜNE 19777 B Fellner CDU/CSU 19778 B Stiegler SPD 19779 C Dr. Hirsch FDP 19780 C Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . 19781 B Reuter SPD 19782 C Broll CDU/CSU 19783 D Catenhusen SPD 19784 D Dr. Olderog CDU/CSU 19785 D Schäfer (Offenburg) SPD 19787 B Weirich CDU/CSU 19788 A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des Terrorismus — Drucksache 10/6286 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/6635 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zu den Grenzkontrollen zur Bekämpfung des Terrorismus — Drucksache 10/6276 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung der von den Abgeordneten Dr. Miltner, Dr. Laufs, Broll, Fellner, Dr. Blank, Dr. Blens, Clemens, Gerlach (Obernau), Dr. Göhner, Kalisch, Krey, Dr. Warrikoff, Dr. Olderog, Regenspurger, Schmidbauer, Weirich, Weiß und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Hirsch, Baum, Kleinert (Hannover), Beckmann, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP und der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, des Verwaltungsverfahrensgesetzes, des Bundesverfassungsschutzgesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes — aus Drucksachen 10/4737, 10/5343 — Erste Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 10/6613 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/6636 — Eylmann CDU/CSU 19789 C Dr. de With SPD 19792 B Kleinert (Hannover) FDP 19794 B Mann GRÜNE 19796 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 19798 C Wartenberg (Berlin) SPD 19799 C Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU . . . 19802 A Dr. Hirsch FDP 19803 B II Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 Engelhard, Bundesminister BMJ . . . . 19804 B Dr. Emmerlich SPD 19805 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes — Drucksache 10/5533 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (21. Ausschuß) — Drucksache 10/6656 — Dr. Wallmann, Bundesminister BMU . 19808 C Kiehm SPD 19809 A Baum FDP 19810 D Frau Hönes GRÜNE 19812A Dr. Göhner CDU/CSU 19814C Namentliche Abstimmung 19816 D Nächste Sitzung 19818 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 19819*A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Punkt 20 der Tagesordnung (Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes) (Bernrath [SPD]) 19819* D Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 19820* A Anlage 4 Innerdeutsche Gespräche über die Bekämpfung des internationalen Terrorismus, insbesondere syrischer Aktivitäten MdlAnfr 5 28.11.86 Drs 10/6593 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Hennig BMB . 19821* B Anlage 5 Besuch des Regierenden Bürgermeisters Diepgen in Ostberlin angesichts des jüngsten Mords an der Berliner Mauer MdlAnfr 6 28.11.86 Drs 10/6593 Dr. Abelein CDU/CSU SchrAntw StSekr Rehlinger BMB . . 19821*C Anlage 6 Anhebung des Kohlepfennigs in der laufenden Wahlperiode; Vorbehalt der Bundesregierung bei der Vereinbarung mit der Ruhrkohle AG und den Saarbergwerken AG über die Kokskohlenexporte MdlAnfr 32, 33 28.11.86 Drs 10/6593 ReuschenbachSPD SchrAntw PStSekr Dr. Sprung BMWi . 19821* D Anlage 7 Transport amerikanischer Kriegswaffen durch die Lufthansa in den Iran MdlAnfr 34 28.11.86 Drs 10/6593 Frau Simonis SPD SchrAntw PStSekr Dr. Sprung BMWi . 19822*A Anlage 8 Agrarimporte 1985 und 1986 aus Polen; Anteil an den Importen aus den RGW-Mitgliedstaaten MdlAnfr 37, 38 28.11.86 Drs 10/6593 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 19822* B Anlage 9 Erhaltung der Miesmuschelfischerei an der Nordseeküste MdlAnfr 41, 42 28.11.86 Drs 10/6593 Tietjen SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 19823*A Anlage 10 Behandlung von dem Wehrdienst fernbleibenden, nicht anerkannten Kriegsdienstverweigerern; Mehrfachbestrafung von Kriegsdienstverweigerern MdlAnfr 43 28.11.86 Drs 10/6593 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . 19823* B Anlage 11 Überprüfung alternativer Standorte für die Erweiterung des Flugplatzes Söllingen; Bau einer Versuchsanlage für die C-Abwehr MdlAnfr 44, 45 28.11.86 Drs 10/6593 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . 19823* D Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 III Anlage 12 Weiterführung und Finanzierung des 1986 auslaufenden Bundesmodells „Aufsuchende Sozialarbeit für betäubungsmittelabhängige Straftäter (ASS)" MdlAnfr 46, 47 28.11.86 Drs 10/6593 Antretter SPD SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMJFFG 19824* B Anlage 13 Zusatz von Traubenmostkonzentrat bei der Herstellung von Wein; Einführung einer Mengenbeschränkung MdlAnfr 48 28.11.86 Drs 10/6593 Dr. Weng (Gerlingen) FDP SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMJFFG 19824* D Anlage 14 Stellenvermehrung im Bundesamt für den Zivildienst MdlAnfr 49 28.11.86 Drs 10/6593 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMJFFG 19825* B Anlage 15 Durchführung des HIV-Antikörpertests bei ausländischen Bürgern, insbesondere aus Zentralafrika, ohne deren Wissen MdlAnfr 51 28.11.86 Drs 10/6593 Rusche GRÜNE SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMJFFG 19825* C Anlage 16 Gründe für das Festhalten an den Untersuchungen von Schlachtgeflügel beim Erzeuger; Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten deutscher Erzeuger MdlAnfr 54 28.11.86 Drs 10/6593 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMJFFG 19825* D Anlage 17 Einrichtung von Parkplätzen für Fahrgemeinschaften an Autobahnauffahrten MdlAnfr 55 28.11.86 Drs 10/6593 Dr. Weng (Gerlingen) FDP SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . 19826* B Anlage 18 Einrichtung weiterer Haltepunkte auf den Schienenstrecken der Bundesbahn, insbesondere in Westfalen und Lippe MdlAnfr 56, 57 28.11.86 Drs 10/6593 Becker (Nienberge) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . 19826* B Anlage 19 Mangel an qualifizierten Lokomotivführern; Abbau des hohen Überstundenbestandes bei dieser Berufssparte MdlAnfr 58, 59 28.11.86 Drs 10/6593 Dr. Jobst CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . 19826* D Anlage 20 Verzicht auf die Zahlung des Intercity-Zuschlags bei Besuchern aus der DDR MdlAnfr 60, 61 28.11.86 Drs 10/6593 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . 19827*A Anlage 21 Belastung der deutschen Transportunternehmen durch die beabsichtigte Erhöhung der Maut-Gebühren für die Autobahnbenutzung in Österreich MdlAnfr 62, 63 28.11.86 Drs 10/6593 Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . 19827* B Anlage 22 Gewalttätigkeiten gegen deutsche LkwFahrer beim mehrtägigen Streik des italienischen Transportgewerbes MdlAnfr 64, 65 28.11.86 Drs 10/6593 Zierer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . 19827* D Anlage 23 Beauftragung der Lufthansa mit der Beförderung von Kriegswaffen durch die USA im Rahmen des geheimen Waffengeschäfts mit dem Iran; Antrag nach § 4 des Kriegswaffenkontrollgesetzes MdlAnfr 66, 67 28.11.86 Drs 10/6593 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . 19828*A IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 Anlage 24 Genehmigung von Kriegswaffen- bzw. Rüstungsgüterlieferungen nach Iran und Irak MdlAnfr 68 28.11.86 Drs 10/6593 Frau Simonis SPD SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . 19828* B Anlage 25 Anforderungen an das Crash-Verhalten von in der Bundesrepublik Deutschland hergestellten Personenkraftwagen; Einführung als Kriterium für die Zulassung zum Straßenverkehr MdlAnfr 69, 70 28.11.86 Drs 10/6593 Heistermann SPD SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . 19828* C Anlage 26 Kosten der Stromerzeugung durch Wasserkraftwerke und Investitionskosten pro Kilowatt installierter Leistung bei Flußkraftwerken MdlAnfr 76 28.11.86 Drs 10/6593 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . 19828* D Anlage 27 Schaffung neuer Forschungseinrichtungen; Berücksichtigung des Saarlandes bei der Standortentscheidung MdlAnfr 79, 80 28.11.86 Drs 10/6593 Brück SPD SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . 19829* A Anlage 28 Versendung von Publikationen der Bundestagsparteien an die deutschen diplomatischen Vertretungen MdlAnfr 81 28.11.86 Drs 10/6593 Rusche GRÜNE SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen AA . 19829* B Anlage 29 Angabe des Datums der „Auswanderung" aus der VR Polen bei Visaanträgen von Deutschen, die in die Volksrepublik Polen reisen wollen; Verwendung der deutschen Bezeichnung der Geburtsorte bei vor 1945 geborenen Antragstellern in ihrem Antrag auf Entlassung aus der polnischen Staatsangehörigkeit MdlAnfr 82, 83 28.11.86 Drs 10/6593 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen AA . 19829* C Anlage 30 Initiativen der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Ermordung von Oberstleutnant Dick an der tschechischen Grenze MdlAnfr 84 28.11.86 Drs 10/6593 Dr. Abelein CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen AA . 19829* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19777 254. Sitzung Bonn, den 5. Dezember 1986 Beginn: 8.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 5. 12. Amling 5. 12. Antretter * 5. 12. Austermann 5. 12. Bahr 5. 12. Dr. Barzel 5. 12. Berger * 5. 12. Böhm (Melsungen) " 5. 12. Büchner (Speyer) * 5. 12. Bueb 5. 12. Buschfort 5. 12. Frau Dr. Däubler-Gmelin 5. 12. Dr. Dollinger 5. 12. Dr. Ehrenberg 5. 12. Eickmeyer 5. 12. Dr. Enders * 5. 12. Engelsberger 5. 12. Ertl 5. 12. Frau Fischer * 5. 12. Francke (Hamburg) 5. 12. Gansel 5. 12. Gerstl (Passau) * 5. 12. Grunenberg 5. 12. Haase (Fürth) * 5. 12. Haar 5. 12. von Hammerstein 5. 12. Haungs 5. 12. Dr. Haussmann 5. 12. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 5. 12. Heyenn 5. 12. Dr. Hornhues 5. 12. Ibrügger 5. 12. Jäger (Wangen) 5. 12. Jansen 5. 12. Jaunich 5. 12. Jungmann 5. 12. Kittelmann * 5. 12. Dr. Klejdzinski * 5. 12. Klose 5. 12. Dr. Köhler (Wolfsburg) 5. 12. Kohn 5. 12. Kroll-Schlüter 5. 12. Kuhlwein 5. 12. Lemmrich * 5. 12. Lenzer * 5. 12. Frau Dr. Lepsius 5. 12. Frau Dr. Martiny-Glotz 5. 12. Dr. Mertens (Bottrop) 5. 12. Dr. Müller * 5. 12. Nagel 5. 12. Neumann (Bramsche) 5. 12. Frau Pack * 5. 12. Paintner 5. 12. Reddemann * 5. 12. Reschke 5. 12. Reuschenbach 5. 12. Frau Roitzsch (Quickborn) 5. 12. Dr. Rumpf * 5. 12. Dr. Scheer * 5. 12. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schlaga 5. 12. Schlatter 5. 12. Frau Schmedt (Lengerich) 5. 12. Dr. Schmidt (Gellersen) 5. 12. Schmidt (Hamburg) 5. 12. Schmidt (Hamburg-Neustadt) 5. 12. Schmidt (München) * 5. 12. Frau Schmidt (Nürnberg) 5. 12. Schulte (Menden) 5. 12. Schulte (Unna) * 5. 12. Frau Dr. Segall 5. 12. Frau Simonis 5. 12. Dr. Soell * 5. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 5. 12. Dr. Spöri 5. 12. Stobbe 5. 12. Dr. Stoltenberg 5. 12. Tischer 5. 12. Voigt (Frankfurt) 5. 12. Voigt (Sonthofen) 5. 12. Vosen 5. 12. Dr. Wieczorek 5. 12. Wieczorek (Duisburg) 5. 12. Wimmer 5. 12. Wissmann 5. 12. Dr. Wulff * 5. 12. Zierer * 5. 12. Zutt * 5. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Punkt 20 der Tagesordnung (Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes) *) Bernrath (SPD): Bei dem Entwurf geht es in erster Linie um die Zuordnung des Amtes für Hochschullehrer usw. Außerdem sind notwendige Regelungen zum Beamtenversorgungsgesetz usw. angefügt worden. Die SPD-Fraktion stimmt diesen Regelungen zu. Sie verweist aber auch darauf, daß sie im Innenausschuß eine Reihe notwendiger weiterer Verbesserungen beantragt hat. Alle Anträge sind von den Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Dieses Vorgehen der Koalition fügt sich nahtlos in die Reihe zahlreicher Täuschungen der Öffentlichkeit durch die Koalition ein. Beispielsweise sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß die Koalitionsabgeordneten sozusagen bis zur letzten Stunde Entlastungen zu § 55 in Aussicht gestellt haben. Tatsächlich aber wurden unsere diesbezüglichen Anträge abgelehnt. Geradezu skandalös erscheint die Weigerung der Bundesregierung, die von allen Fraktionen *) Vgl. 253. Sitzung, Seite 19768 C 19820* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 gewünschte Darstellung der weiteren dienstrechtlichen Entwicklung zum öffentlichen Dienst vorzulegen. Es gibt keine Zweifel daran, daß Versprechungen vielfältiger Art nicht eingelöst, die Beamten getäuscht und hingehalten worden sind. Wir stellen damit fest, daß außer leeren Worten für den öffentlichen Dienst nichts getan worden ist. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 28. November 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für institutionelle Anleger Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Ausprägung von Scheidemünzen Gesetz über die Verlängerung einer vorläufigen Ausbildungsregelung bei den Berufen des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten Erstes Gesetz zur Änderung des Berufsbildungsförderungsgesetzes Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs Erstes Gesetz zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren (Opferschutzgesetz) Zweites Gesetz zur Änderung des Fahrpersonalgesetzes Gesetz zu dem Übereinkommen vom 1. Juni 1972 zur Erhaltung der antarktischen Robben Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 2. November 1984 zum Abkommen vom 30. April 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit und zu der Vereinbarung vom 2. November 1984 zur Durchführung des Abkommens Gesetz zu dem Vertrag vom 14. November 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen Gesetz zu dem Vertrag vom 2. November 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Panama über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz zu dem Vertrag vom 16. März 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und St. Lucia über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz über das Baugesetzbuch Zweites Rechtsbereinigungsgesetz Gesetz zur Einführung eines neuen Marktabschnitts an den Wertpapierbörsen und zur Durchführung der Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 5. März 1979, vom 17. März 1980 und vom 15. Februar 1982 zur Koordinierung börsenrechtlicher Vorschriften (Börsenzulassungs-Gesetz) Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG) Erstes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes Zu den fünf letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: Zum Gesetz über das Baugesetzbuch Der Bundesrat erwartet, daß sich die Bundesregierung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über das Baugesetzbuch zu einer angemessenen Regelung über den Ausgleich der entfallenen Bundesmittel für den Städtebau bereit erklärt. Der Bundesrat nimmt dazu Bezug auf Nummer 4 seines Beschlusses zum Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 vom 26. September 1986 (Drucksache 351/86 [Beschluß]) und auf den Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz vom 1. bis 3. Oktober 1986 zu Punkt 2 a der Tagesordnung und erwartet eine ständige Ausgleichsleistung des Bundes an die Länder, die eine bedarfsgerechte Städtebauförderung durch die Länder mindestens im bisherigen Umfang gewährleistet. 17. Zum Zweiten Rechtsbereinigungsgesetz Der Bundesrat stellt fest, daß eine Anhebung des auf die Länder entfallenden Rahmens für Kassenkredite der Länder dringend geboten ist. Er verweist hierzu auf seine Stellungnahme vom 18. April 1986 zum Entwurf eines Zweiten Rechtsbereinigungsgesetzes (Ziff. 10). Der Bundesrat bedauert, daß der Deutsche Bundestag dem Vorschlag des Bundesrates zu einer Erhöhung des Kassenkreditplafonds nicht gefolgt ist. Er verzichtet jedoch auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses, nachdem der Bundesminister der Finanzen weitere Gespräche zwischen ihm, dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank und den Finanzministern der Länder für das erste Halbjahr 1987 mit dem Ziel einer befriedigenden Lösung vorgeschlagen hat. Der Bundesrat bittet den Bundesminister der Finanzen, rechtzeitig zu diesen Gesprächen einzuladen. 18. Zum Gesetz zur Einführung eines neuen Marktabschnitts an den Wertpapierbörsen und zur Durchführung der Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 5. März 1979, vom 17. März 1980 und vom 15. Februar 1982 zur Koordinierung börsenrechtlicher Vorschriften (Börsenzulassungs-Gesetz) Der Bundesrat weist darauf hin, daß auch nach der Verabschiedung des Börsenzulassungs-Gesetzes der Ordnungsrahmen für das deutsche Börsenwesen dringend überarbeitungsbedürftig ist. Er bittet daher die Bundesregierung um Prüfung, welche zusätzlichen Änderungen des Börsenrechts erforderlich sind, um das deutsche Börsenwesen den aktuellen Anforderungen anzupassen. Die weitere Integration der deutschen Börsen in die internationalen Märkte ist unter dem Gesichtspunkt der wachsenden Konkurrenz ausländischer Börsenplätze eine vordringliche Aufgabe. Zahlreiche börsenpolitische und -strukturelle Probleme müssen in diesem Zusammenhang gelöst werden. Beispielhaft sei verwiesen auf die wettbewerbsverzerrende Börsenumsatzsteuer, das Makler- und Maklergebührenrecht, das Zulassungswesen, das Kassenvereinswesen und den Einsatz der Computertechnik. 19. Zum Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG) Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich das Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG). Der Bundesrat hatte mit Beschluß vom 24. Mai 1985 — Drucksache 140/85 (Beschluß) — vorgeschlagen, auch GmbH-Unternehmensbeteiligungsgesellschaften zuzulassen, die sich auch über die Ausgabe von Genußscheinen refinanzieren können und gleichwertigen Beschränkungen unterliegen wie die im Gesetz vorgesehenen AG-Unternehmensbeteiligungsgesellschaften; außerdem sollte sichergestellt werden, daß auch bereits bestehende Unternehmensbeteiligungsgesellschaften in GmbH-Form in den Geltungsbereich des Gesetzes einbezogen werden. Bundesregierung und Bundestag haben diesem grundlegenden, einstimmig gefaßten Anliegen des Bundesrates jedoch nicht entsprochen. Der Bundesrat möchte zwar aus diesem Grunde seine Zustimmung nicht verweigern, hält jedoch dieses Anliegen für so bedeutsam, daß es in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgegriffen werden soll. Der Bundesrat hat deshalb die Absicht, in der nächsten Legislaturperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf mit der genannten Zielsetzung beim Deutschen Bundestag einzubringen. 20. Zum Ersten Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19821* Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Zusammenhang mit der ohnehin beabsichtigten Novellierung anderer Abschnitte des Bundesnaturschutzgesetzes zu prüfen, ob weitere Verbesserungen des Arten- und Biotopschutzes möglich sind. Dies gilt insbesondere für folgende Bereiche: — Die Bundesregierung wird gebeten, ein dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unterstelltes Bundesamt oder eine vergleichbare selbständige Bundesbehörde für internationalen Artenschutz unverzüglich einzurichten und ihm die Aufgaben der Vollzugsbehörde des Bundes hinsichtlich der Ein- und Ausfuhrgenehmigungen zu übertragen. Dieses Bundesamt soll zugleich die Aufgaben der wissenschaftlichen Bundesbehörde im Sinne des Washingtoner Artenschutzübereinkommens entsprechend dem Vorbild anderer Mitgliedstaaten wahrnehmen; es sollte mit dem erforderlichen wissenschaftlichen Personal ausgestattet werden. Das derzeit mit diesen Aufgaben betraute Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft dürfte nach seiner Personalstruktur kaum in der Lage sein, den laufend gestiegenen Anforderungen des internationalen Artenschutzes gerecht zu werden. — Errichtung einer Stiftung des Bundes zur Förderung des internationalen Arten- und Biotopschutzes, nachdem fast alle Länder leistungsfähige Stiftungen oder ähnliche Einrichtungen auf dem Gebiet des Naturschutzes geschaffen haben. Es dürfte auch dem wohlverstandenen Interesse der exportorientierten Wirtschaft dienen, wenn sich die Bundesrepublik Deutschland an internationalen Arten-und Biotopschutzprogrammen finanziell beteiligt. Eine solche Einrichtung läßt auch raschere Fortschritte bei der Umsetzung des Bonner Übereinkommens vom 23. Juni 1979 erwarten, das speziell auf den staatenübergreifenden Schutz der wandernden Tierarten ausgerichtet ist. Die verstärkten Schutzbemühungen der Länder können bei den wandernden Tierarten auf Dauer nur dann ihre volle Wirksamkeit entfalten, wenn der Aufbau eines interkontinentalen Biotopverbundsystems rascher vorankommt. — Ausschöpfen insbesondere auch aller organisatorischen Möglichkeiten, damit der vielfach international organisierte illegale Handel mit den vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten unterbunden wird. — Verbesserung der Schutzbestimmungen für solche wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, die vorwiegend durch den Rückgang ihrer angestammten Lebensräume gefährdet sind. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hennig auf die Frage des Abgeordneten Voigt (Frankfurt) (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 5): Hat die Bundesregierung mit der DDR auf der Grundlage des Schlußdokuments der KVAE, das gegenseitige Hilfeleistung bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus vorsieht, Gespräche geführt, um sicherzustellen, daß künftig von syrischen Stellen in Ost-Berlin keine terroristischen Aktivitäten auf Westberliner Boden mehr vorbereitet oder durchgeführt werden? Die Bundesregierung hat bereits im Mai d. J. als Reaktion auf verschiedene Anschläge, insbesondere auf das Büro der deutsch-arabischen Gesellschaft in Berlin-Kreuzberg, gegenüber der DDR dieses Thema aufgenommen. Diese Gespräche sind weitergeführt worden — zuletzt vergangene Woche in Bonn. Weitere Gespräche sind vorgesehen. Die Bundesregierung nutzt jede Möglichkeit, um terroristische Aktivitäten wirkungsvoll zu bekämpfen. Sie geht dabei davon aus, daß der Kampf gegen den Terrorismus eine gemeinsame Aufgabe aller Staaten ist, wie dies auch in Punkt 25 des Schlußdokuments der KVAE vom 19. September 1986 zum Ausdruck gekommen ist. Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Rehlinger auf die Frage des Abgeordneten Dr. Abelein (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Frage 6): Hält die Bundesregierung nach dem jüngsten Mord an der Berliner Mauer einen Besuch des Regierenden Bürgermeisters Diepgen in Ost-Berlin für zweckmäßig? Die Bundesregierung hat unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß ein so schrecklicher Vorfall, wie die jüngste kaltblütige Tötung eines wehrlosen Menschen, der nur von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen wollte, die innerdeutschen Beziehungen sehr belastet. Davon können auch Überlegungen über Gespräche mit den Verantwortlichen in der DDR nicht unberührt bleiben. Die Entscheidung über die Annahme von Einladungen zu Veranstaltungen anläßlich der 750-JahrFeier von Berlin werden im Hinblick auf den besonderen Rechtsstatus Berlins der Regierende Bürgermeister und der Senat von Berlin nach Absprache mit den drei alliierten Schutzmächten und der Bundesregierung rechtzeitig treffen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sprung auf die Fragen des Abgeordneten Reuschenbach (SPD) (Drucksache 10/6593 Fragen 32 und 33): Wird die Bundesregierung die nach den Haushaltsgrundsätzen gebotene Korrektur des Kohlepfennigs unverzüglich, d. h. noch in der laufenden Legislaturperiode, vornehmen, oder will sie die Wähler über das notwendige Ausmaß der Anhebung bis nach den Bundestagswahlen am 25. Januar 1987 im unklaren lassen? Warum hat die Bundesregierung es unterlassen darauf hinzuweisen, daß die Vereinbarung mit der Ruhrkohle AG und den Saarbergwerken AG in Tz. 62 des Energieberichts unter dem Vorbehalt steht, „die Exporte abzubauen und ab 1991 keine entsprechenden Anträge mehr auf Kokskohlenbeihilfen zu stellen", soweit dies sozialverträglich und beschäftigungspolitisch möglich ist, und bedeutet das, daß sie sich an diesen Teil der Vereinbarung nicht mehr gebunden fühlt? Zu Frage 32: Wie der Bundesminister für Wirtschaft bereits bei den Haushaltsberatungen erklärt hat, wird die Bundesregierung keine Korrektur des Abgabesatzes noch in dieser Legislaturperiode vorschlagen. Das ungefähre Ausmaß der aufgrund des Fehlbetrages aus 1986 notwendigen Anhebung ist in der Antwort zu Frage 29 des Abgeordneten Stahl (Kempen), beziffert worden. Es kann also keine Rede davon sein, daß die Bundesregierung die Wähler 19822* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 über das Ausmaß der notwendigen Anhebung im unklaren lassen wolle. Zu Frage 33: Die Bundesregierung steht weiterhin zu der mit der Ruhrkohle AG und den Saarbergwerken AG getroffenen Vereinbarung. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sprung auf die Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 34): Hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr Genehmigungen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz bzw. Außenwirtschaftsgesetz für Kriegswaffen bzw. Rüstungsgüter in bezug auf den Iran und Irak erteilt oder bestehende Genehmigungen verlängert? Nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz sind im vergangenen Jahr keine Exportgenehmigungen in bezug auf Iran und Irak erteilt worden. Dem hätte bereits der obligatorische Versagungsgrund nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 des Kriegswaffenkontrollgesetzes, nämlich Gefahr der Verwendung der zu liefernden Kriegswaffen bei einer friedenstörenden Handlung, entgegengestanden. Im Juni 1985 wurde jedoch die Gültigkeit der im Jahre 1978 erteilten Genehmigung zur Herstellung von sechs U-Booten für Iran bis Ende September 1985 verlängert. Eine weitere Verlängerung dieser Herstellgenehmigung hat es nicht gegeben. Für den Bereich des Außenwirtschaftsgesetzes hat das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft als zuständige Genehmigungsbehörde im vergangenen Jahr Genehmigungen für die Ausfuhr von Waren aus dem Abschnitt A der Ausfuhrliste Teil I nach Iran und Irak erteilt und auch bestehende Genehmigungen verlängert. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Fragen 37 und 38): Welchen Umfang hatten die Einfuhren agrarischer Produkte aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1985, aufgegliedert nach den verschiedenen Arten von Erzeugnissen, und wie entwickelten sich demgegenüber die entsprechenden Importe in den abgelaufenen Monaten des Jahres 1986? Welchen Anteil an den Agrarimporten aus den RGW-Mitgliedstaaten in die Bundesrepublik Deutschland hatten im Jahr 1985 und in den abgelaufenen Monaten des Jahres 1986 die Einfuhren aus Polen bei den verschiedenen Arten landwirtschaftlicher Erzeugnisse? Zu Frage 37: Im Jahre 1985 führte die Bundesrepublik Deutschland aus Polen für 670 Millionen DM Güter der Land- und Ernährungswirtschaft ein; das entsprach 2,6 % der gesamten ernährungswirtschaftlichen Einfuhren aus Drittländern. Wichtigste Produktgruppen bei der Einfuhr aus Polen waren: Fleisch und Fleischwaren für 192 Millionen DM, Gemüse- und Obstkonserven für 70 Millionen DM, Ölsaaten für 69 Millionen DM, Gemüse (frisch, gekühlt, gefroren) für 69 Millionen DM, Obst (frisch, gekühlt, gefroren) für 58 Millionen DM, pflanzliche Öle und Fette für 55 Millionen DM, Fisch einschließlich Fischwaren für 34 Millionen DM. Bei Fleisch waren vor allem von Bedeutung Wild-und Kaninchenfleisch für 51 Millionen DM, geschlachtete Gänse für 45 Millionen DM, geschlachtete Enten für 21 Millionen DM, Geflügelteile für 21 Millionen DM und Rindfleischkonserven für 19 Millionen DM. Während der ersten neun Monate 1986 erreichte die deutsche ernährungswirtschaftliche Einfuhr aus Polen 386 Millionen DM oder 2,4 % der gesamten Ernährungsgütereinfuhr aus Drittländern. Im Vergleich zum Vorjahr verringerte sich der Einfuhrwert um 15 %. Bei den wichtigsten Produktgruppen ergaben sich (über die Menge gerechnet) Zunahmen für Fisch einschließlich Zubereitungen, pflanzliche Öle und Fette, Ölsaaten, Geflügelteile und Rindfleischkonserven. Dagegen waren die Importe vor allem von lebenden Schlachtschafen, geschlachteten Gänsen und Enten, Gemüse und Obst sowie Wildfleisch rückläufig. Zu Frage 38: Der Anteil der Ernährungsgütereinfuhr aus Polen an den ernährungswirtschaftlichen Einfuhren aus RGW-Mitgliedstaaten insgesamt (ohne innerdeutschen Handel) betrug 1985 rd. 38 % und im Zeitraum Januar bis September 1986 gut 39%. Bei einzelnen Produktgruppen ergaben sich 1986 im Vergleich zu 1985 z. T. größere Anteilsverschiebungen. So verringerte sich der mengenmäßige Anteil Polens an den deutschen Importen aus RGW-Ländern bei Fleisch und Fleischwaren von 29% in 1985 auf 25% im Zeitraum Januar bis September 1986 und bei Gemüse (frisch, gekühlt, gefroren) von 28% auf 23%. Steigende Anteile Polens waren zu verzeichnen bei Fisch einschließlich Zubereitungen von 78% auf 86 %, Obst (frisch, gekühlt, gefroren) von 37% auf 47 %, Gemüse- und Obstkonserven von 49% auf 53%, Ölsaaten von 57 % auf 79%, pflanzliche Öle und Fette von 48 % auf 80%. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19823' Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Tietjen (SPD) (Drucksache 10/6593 Fragen 41 und 42): In welcher Weise hat die Bundesregierung Einfluß auf die Miesmuschelernte an der Nordseeküste genommen, und welches Ergebnis hatte diese Einflußnahme? Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die Muschelfischerei der Nordseeküste zu erhalten, und ist sie bereit, dafür auch finanzielle Mittel des Bundes einzusetzen? Zu Frage 41: Die Bundesregierung hat Informationen über amtliche Untersuchungsergebnisse, die sie von niederländischer Seite erhalten hat, an die zuständigen Behörden der Länder weitergeleitet. Sie hat darüber hinaus aus gesundheitlichen Gründen in einer Pressemitteilung gewarnt, Muscheln, die aus den toxingefährdeten Gebieten stammen, zu verzehren. Die niedersächsische Landesregierung hat aufgrund dieser Informationen die zuständigen Behörden angewiesen, das Inverkehrbringen und den Export von Miesmuscheln vorübergehend zu untersagen. Zu Frage 42: Der Muschelfischerei kommen ebenso wie der übrigen Kutterfischerei Investitionshilfen der Küstenländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein, des Bundes und der EG zugute. Weitere finanzielle Hilfen, z. B. als Schadenersatz wegen der Umsatzausfälle im Zusammenhang mit dem naturbedingten Auftreten von Dinoflagellaten (eine Art von Meeresplankton), sind nicht vorgesehen. Davon abgesehen werden die befallenden Muscheln durch Ausscheiden der Giftstoffe in Kürze wieder voll verzehrsfähig sein. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage der Abgeordneten Frau Schmidt (Nürnberg) (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 43): Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, ob der Erlaß des Bundesministeriums der Verteidigung zur Behandlung von Wehrpflichtigen, die dem Wehrdienst fernbleiben (P II 7 — Az. 24-09-10 vom 12. Dezember 1983), zwischenzeitlich geändert bzw. außer Kraft gesetzt wurde, da er im Gegensatz zu einem Schreiben des Bundeswehrverwaltungsamtes vom 29. Oktober 1986 (WE 2 Az. 24-111-01/24-11-03/2401-17) an die Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen e. V. steht, und ist beabsichtigt, verweigernde, nicht anerkannte Kriegsdienstverweigerer zukünftig entsprechend der gesetzlichen Regelung nach § 29 Abs. 1 Nummer 6 oder Abs. 4 Nummer 2 Wehrpflichtgesetz zu entlassen und somit die grundgesetzwidrigen Mehrfachbestrafungen von juristisch nicht als solchen anerkannten Kriegsdienstverweigerern zu verhindern? Die Bundesregierung hat den zitierten Erlaß BMVg — P II 7 — Az 24-09-10 vom 12. Dezember 1983 weder geändert noch außer Kraft gesetzt. Dies ist auch in Zukunft nicht beabsichtigt. Entgegen Ihrer Ansicht steht der Erlaß nicht im Gegensatz zu dem von Ihnen zitierten Schreiben des Bundeswehrverwaltungsamtes vom 29. Oktober 1986. Denn darin wird lediglich die dem Erlaß zugrunde liegende gesetzliche Bestimmung des § 29 Abs. 4 Nr. 2 Wehrpflichtgesetz erwähnt. Diese gesetzliche Bestimmung räumt den Entlassungsdienststellen einen Ermessensspielraum ein, der aus Gründen der Wehrgerechtigkeit und einer einheitlichen Rechtshandhabung durch den genannten Erlaß rechtlich zulässig und sachlich zweckmäßig ausgefüllt worden ist. Der Erlaß dient allein der Durchsetzung der allgemeinen Wehrpflicht und bietet die Grundlage für eine einheitliche Rechtshandhabung der Entlassung von Grundwehrdienstleistenden, die Straftaten — insbesondere Wehrstrafentaten — begangen haben. Es wäre verfehlt, wenn sich die Bundeswehr durch vorzeitige Entlassung unbequemer Wehrpflichtiger vorschnell entledigte, bevor mit Sicherheit feststeht, ob sich diese Soldaten nicht doch noch durch strafrechtliche Sanktionen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten anhalten lassen. Das mit einer strafrechtlichen Verurteilung auch bezweckte Ziel der Besserung würde zunichte gemacht, wenn man einem verurteilten Soldaten nicht die Chance gäbe, unter Beweis zu stellen, daß er sich die — meist zur Bewährung ausgesetzte — erste Verurteilung zur Warnung dienen läßt und sich nunmehr rechtstreu verhält. Diesem Ziel wird durch den Umstand Nachdruck verliehen, daß eine Wiederholungstat regelmäßig mit einer Freiheitsstrafe geahndet wird, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wird und deren Dauer zusammen mit der ersten Strafe etwa 1 Jahr beträgt. Dieser langjährigen strafgerichtlichen Praxis entsprechend wurde mit dem Erlaß als Voraussetzung für eine vorzeitige Entlassung nicht zuletzt aus Gründen der Wehrgerechtigkeit eine strafrechtliche Verurteilung von grundsätzlich insgesamt 1 Jahr festgelegt. Dies ist zur Durchsetzung der Rechtsordnung geboten und somit sinnvoll, zumal es die Betroffenen selbst in der Hand haben, strafrechtliche Verurteilungen durch rechtstreues Verhalten abzuwenden. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius (SPD) (Drucksache 10/6593 Fragen 44 und 45): Sind für die projizierte Erweiterung des Flugplatzes Söllingen alternative Standorte, wie z. B. westlich dieses Flugplatzes der Golfplatz oder südlich das Panzerübungsgelände, überprüft worden, um wertvolles Gelände zu schonen, und mit welchem Ergebnis? Treffen Meldungen zu (Kanada-Kurier Nr. 30 vom 24. Juli 1986), wonach auf dem Flugplatz Söllingen eine Versuchsanlage für die C-Abwehr für 7,1 Millionen DM gebaut werden soll, und handelt es sich hierbei um eine DekontaminationsAnlage für Flugzeuge? Zu Frage 44: Um die Verstärkung der kanadischen Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland um 1 200 Solda- 19824* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 ten infrastrukturell realisieren zu können, sind auch die von Ihnen benannten Alternativstandorte im Umfeld des NATO-Flugplatzes Söllingen geprüft worden. Auf dem westlich der Start- und Landebahn gelegenen Golfplatz ist der Bau eines Schießstandes mit Vorsichtsbereich, von Wartungs- und Lagereinrichtungen für Teile von Heereseinheiten, sowie von Tiefflugabwehrstellungen vorgesehen. Das Panzerübungsgelände dient den kanadischen Heereseinheiten die auf dem Flugplatzareal stationiert sind, als Standortübungsplatz. Eine anderweitige Verwendung des Übungsgeländes läßt sich nicht verwirklichen. Zu Frage 45: Unterlagen über den Bau einer Versuchsanlage der von Ihnen beschriebenen Art oder deren Zweckbestimmung liegen dem Bundesminister der Verteidigung nicht vor. Vielmehr sollen Führungseinrichtungen sowie Personalunterstände gegen mögliche C-Waffenangriffe mit entsprechenden Filteranlagen ausgestattet werden. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Fragen des Abgeordneten Antretter (SPD) (Drucksache 10/6593 Fragen 46 und 47): Welche Modellstellen werden 1987 in eine Anschlußfinanzierung durch den Bund für das 1984 durch das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit installierte und am 31. Dezember 1986 auslaufende Bundesmodell ,,Aufsuchende Sozialarbeit für betäubungsmittelabhängige Straftäter (ASS)" (Geschäftszeichen 343-4919-38/0-11) übernommen? Was hat die Bundesregierung unternommen, die verschiedenen Bundesländer dazu zu bewegen, die erfolgreiche Arbeit, die im Rahmen dieses Bundesmodells entwickelt und geleistet wurde, weiterzuführen? Zu Frage 46: Das Modell „Aufsuchende Sozialarbeit für betäubungsmittelabhängige Straftäter" widmet sich zwei Zielgruppen von Abhängigen: der Zielgruppe betäubungsmittelabhängiger Straftäter (Zielgruppe 1), die durch aufsuchende Arbeit in Justizvollzugsanstalten erreicht werden sollen, und der Zielgruppe langjähriger Abhängiger, sogenannter Altfixer (Zielgruppe 2). Grundsätzlich wird die Bundesförderung nur für die Zielgruppe 1 am 31. Dezember 1986 auslaufen. Für die Zielgruppe 2 haben sich, teilweise erst in Ansätzen, alternative Betreuungsformen entwickelt, die noch weiterer Erprobung bedürfen. Die meisten Einrichtungen der Zielgruppe 2 sollen noch drei weitere Jahre gefördert werden. Einrichtungen der Zielgruppe 1 können für das Jahr 1987 unter folgenden Bedingungen eine sogenannte Überbrückungsfinanzierung erhalten: Das jeweilige Bundesland hat einen Einzelantrag für die Einrichtung gestellt. Es bestätigt, daß die Einrichtung sich, gemessen an der durchschnittlich erreichten Zahl von Therapievermittlungen, mit überdurchschnittlichem Erfolg bewährt hat und daß es trotz intensiver Bemühungen des Landes in den letzten drei Jahren nicht gelungen ist, die Einrichtung in eine Regelfinanzierung zu überführen. Auf der 73. Sitzung des Ständigen Arbeitskreises der Drogenbeauftragten des Bundes und der Länder ist dies mit den Ländern abgesprochen und mit Schreiben vom 28. Juli 1986 noch einmal schriftlich mitgeteilt worden. Folgende Einrichtungen werden für das Jahr 1987 eine Überbrückungshilfe erhalten: Ludwigsburg, Bayreuth, Aschaffenburg, Braunschweig, Meppen, Bielefeld, Köln, Herne, Zweibrücken, Landau, Neumünster, Kiel. Zu Frage 47: Es liegt im Wesen von Bundesmodellen, daß sie stets zeitlich befristet sind. Bei jeder Planung eines Bundesmodells werden die Länder darauf auch hingewiesen, die ihrerseits auch mit den Trägern der Einrichtungen diesbezüglich in Verbindung stehen. In dem besonderen Fall der Zielgruppe 1 bemüht sich der Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zusätzlich über den Bundesminister der Justiz, eine Beteiligung der Landesjustizverwaltungen an den Kosten des Modells zu erreichen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Frage des Abgeordneten Dr. Weng (Gerlingen) (FDP) (Drucksache 10/6593 Frage 48): Was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen, daß auf Wunsch interessierter Länder innerhalb der EG zur Verbesserung von Wein Traubenkonzentrat vorgeschrieben und eine Je-Hektar-Mengenbeschränkung eingeführt werden soll? 1. Auf Grund des politischen Kompromisses, den der Europäische Rat von Dublin 1984 geschlossen hat, ist im März 1985 die Kommission durch den in die Grundverordnung Nr. 337/79 der EG-Weinmarktorganisation eingefügten Artikel 33 a beauftragt worden, eine genaue Untersuchung der Möglichkeiten der Verwendung von — rektifiziertem oder nicht rektifiziertem — konzentrierten Traubenmost und von Zucker für die Anreicherung durchzuführen. Diese soll sich hauptsächlich auf „die önologischen Aspekte der verschiedenen zulässigen Methoden, die wirtschaftlichen Aspekte der Verwendung von Saccharose bzw. von — rektifiziertem oder nicht rektifiziertem — konzentrierten Traubenmost sowie die Methoden zur Kontrolle dieser Verwendungen" erstrecken. Im Jahre 1990 soll die EG-Kommission dem Rat einen Bericht über die Ergebnisse dieser Untersuchung und ggf. geeignete Vorschläge über die künf- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19825* tigen Maßnahmen zur Erhöhung des natürlichen Alkoholgehalts vorlegen. Der Rat wird dann darüber beschließen. Ein Verbot der Saccharose als Anreicherungsmittel, das die Kommission anstrebt und das auch das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 14. Februar 1985 gefordert hat, lehnt die Bundesregierung weiterhin ab. 2. Zur Festlegung von Hektarhöchsterträgen für alle Qualitätsweine b. A. sind die EG-Erzeugermitgliedsstaaten schon seit 1971 verpflichtet. Auf Grund des Weingesetzes haben alle weinbautreibenden Bundesländer durch Landesrecht entsprechende Werte festgelegt. Da die geltende deutsche Regelung jedoch auch die diese festgesetzten Werte übersteigenden Mengen von Qualitätswein zum Verkehr zuläßt, drängt die EG-Kommission auf eine Änderung und hat schon 1984 einen Vorschlag vorgelegt, der eine Festsetzung von Hektarhöchsterträgen durch Gemeinschaftsvorschriften vorsah. Die Bundesregierung hat dies abgelehnt, weil sie die nationale Regelungskompetenz für Qualitätsweine b. A. nicht weiter einschränken lassen möchte. Gleichzeitig hat sie im Rahmen der Dubliner Beschlüsse von 1984 zugesagt, bis 1989 wirksame mengenbegrenzende Regelungen national zu treffen. Der Deutsche Weinbauverband hat dieses Ziel in seinen anläßlich des 52. Deutschen Weinbaukongresses am 30. Mai 1986 in Stuttgart beschlossenen „Leitlinien zur Weinbaupolitik" einmütig unterstützt. Die Bundesregierung wird daher im Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes, den sie in der nächsten Legislaturperiode einbringen wird, eine entsprechende Regelung vorsehen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Frage der Abgeordneten Frau Schmidt (Nürnberg) (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 49): Aus welchem Grunde hat die Bundesregierung für das Jahr 1987 nur sechs zusätzliche Stellen beim Bundesamt für den Zivildienst bewilligt, obwohl der Bundesrechnungshof für das Bundesamt für den Zivildienst einen Mehrbedarf von 78 Stellen ermittelt hat, und welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die Arbeitssituation der ca. 700 Mitarbeiter des Bundesamtes für den Zivildienst zu verbessern? Die Bundesregierung sieht die Deckung des Personalmehrbedarfs, der sich für das Bundesamt für den Zivildienst aus dem am 1. Januar 1984 in Kraft getretenen Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetz auf Dauer ergibt, mit den Stellenmehrungen in den Bundeshaushalten 1984 bis 1986 um insgesamt 145 Stellen als im wesentlichen abgeschlossen an. Sie hat daher in ihrem Entwurf des Bundeshaushalts 1987 nur sechs zusätzliche Stellen für zwei neue Aufgaben, nämlich die Erweiterung der Zivildienstschule Ith und die Mikroverfilmung, vorgesehen. Der in den Jahren 1987 und 1988 noch anhaltende vorübergehende weitere Personalmehrbedarf, der sich aus der Heranziehung der anerkannten Kriegsdienstverweigérer aus dem seinerzeitigen Antragsstau von über 100 000 unerledigten Anträgen ergibt, rechtfertigt nicht eine zusätzliche Stellenmehrung. Er muß vielmehr mit Zusatzkräften mit Zeitarbeitsverträgen gedeckt werden. Der Bundeshaushalt sieht die dafür benötigten Mittel vor. Der entsprechende Haushaltsansatz beträgt für die Haushaltsjahre 1986 und 1987 jeweils 2 Millionen DM. Damit können bis zu 60 Aushilfskräfte beschäftigt werden. Die Bundesregierung wird weiterhin sorgfältig beobachten, ob diese Personalausstattung des Bundesamtes für den Zivildienst ausreicht, die gesetzlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen, ohne daß die Mitarbeiter des Bundesamtes überlastet werden. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Frage des Abgeordneten Rusche (GRÜNE) (Drucksache 10/6593 Frage 51): Kann die Bundesregierung ausschließen, daß an ausländischen Bürgern — vor allem zentralafrikanischen Bürgern — bei Regeluntersuchungen in der Bundesrepublik Deutschland ohne deren Wissen ein Test auf Antikörper des HIV vorgenommen wird? Ausländische Bürger werden in der Bundesrepublik im Rahmen des Aufenthaltserlaubnisverfahrens ärztlich untersucht. Nach Artikel 83 GG werden die ausländerrechtlichen Bestimmungen von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Der Umfang dieser Untersuchungen ist nicht in allen Bundesländern einheitlich. Soweit der Bundesregierung bekannt ist, schließt derzeit die Untersuchung jedenfalls nicht allgemein einen Test auf Antikörper des HIV ein. In der Kürze der für die Vorbereitung der Antwort erforderlichen Zeit war es nicht möglich festzustellen, inwieweit der jeweilige Umfang der ärztlichen Untersuchungen den betreffenden Personen vorher mitgeteilt wird. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Frage des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 54): Aus welchen Gründen hält die Bundesregierung an Untersuchungen von Schlachtgeflügel beim Erzeuger fest, obwohl es seit der Einführung dieser Kontrollen ab 1978 zu keinen Beanstandungen Anlaß gegeben hat, in den Schlachtereien 19826* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 umfangreiche Kontrollen durchgeführt werden und die Erstkontrollen in den übrigen EG-Staaten nicht erfolgen, wodurch ein erhebliches Maß an Wettbewerbsverzerrungen verursacht wird zu Lasten der Erzeuger in der Bundesrepublik Deutschland? Nach der EG-Richtlinie „Frisches Geflügelfleisch" (Nr. 71/118/EWG) kann die Schlachtgeflügeluntersuchung im Erzeugerbetrieb oder im Schlachtbetrieb erfolgen. Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes hat der Deutsche Bundestag bei der Verabschiedung des Geflügelfleischhygienegesetzes im Jahre 1973 zur Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht beschlossen, der Untersuchung im Erzeugerbetrieb den Vorzug zu geben. Die zuständige Behörde kann jedoch nach § 7 Abs. 3 des Geflügelfleischhygienegesetzes allgemein oder im Einzelfall auch die Untersuchung im Schlachtbetrieb zulassen. Die Bundesregierung muß weiterhin die Untersuchung in den Herkunftsbeständen zulassen, weil diese Regelung in der vorgenannten Richtlinie vorgesehen ist. Beanstandungen treten praktisch Jahr für Jahr auf. So mußte laut der amtlichen Fleischhygienestatistik im Jahre 1985 für 224 000 Stück Schlachtgeflügel ein Schlachtverbot ausgesprochen und für 1 800 Stück die Tötung angeordnet werden. Wettbewerbsverzerrungen infolge unterschiedlicher, bei der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung entstehenden Kosten — und damit auch der Kosten, die bei Untersuchungen im Erzeugerbetrieb anfallen — sollen künftig durch eine Harmonisierung auf EG-Ebene abgebaut werden. Durch die Harmonisierung soll auch erreicht werden, daß für die aus Gründen des Verbraucherschutzes notwendigen Untersuchungen in den einzelnen EG-Staaten ausreichende Mittel zur Verfügung stehen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Frage des Abgeordneten Dr. Weng (Gerlingen) (FDP) (Drucksache 10/6593 Frage 55): Denkt die Bundesregierung darüber nach, an Autobahnauffahrten künftig Parkplätze derart anzulegen, daß an Fahrgemeinschaften beteiligte Bürger ihre Kraftfahrzeuge dort sinnvoll und ohne Störung für den Straßenverkehr abstellen können? Die Bundesregierung stellt im Besitz des Bundes befindliche geeignete Flächen als Abstellplätze für Pkw von Fahrgemeinschaften zur Verfügung. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Becker (Nienberge) (SPD) (Drucksache 10/6593 Fragen 56 und 57): Befürwortet die Bundesregierung im Rahmen des Ausbaus des Öffentlichen Personennahverkehrs die Einrichtung weiterer Haltepunkte auf den Schienenstrecken der Deutschen Bundesbahn? Wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, daß die Deutsche Bundesbahn, insbesondere in den ländlichen und Vorstadtbereichen von Westfalen und Lippe den Wünschen von Industrie und Pendlern — wie z. B. im Falle MünsterNevinghoff — entgegenkommt und möglichst bald zusätzliche Haltepunkte einrichtet? Zu Frage 56: Die Bundesregierung befürwortet jede nachfragegerechte Verbesserung des Angebots im öffentlichen Personennahverkehr; das gilt auch für zusätzliche, dem Kundeninteresse entsprechende Haltepunkte auf Bundesbahnstrecken. Die Einrichtung von Haltepunkten nimmt die Deutsche Bundesbahn jedoch in eigener Verantwortung vor. Sié hat mitgeteilt, daß sie bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen dazu auch bereit sei. Zu Frage 57: Die grundsätzliche Bereitschaft der Deutschen Bundesbahn gilt auch für die angesprochenen Bereiche von Westfalen und Lippe. Zu dem von Ihnen genannten Fall hat mir die Deutsche Bundesbahn mitgeteilt, daß zur Zeit Untersuchungen durchgeführt werden. Abschließende Ergebnisse liegen allerdings noch nicht vor. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Fragen 58 und 59): Treffen die von Gewerkschaften und Personalräten aufgestellten Behauptungen zu, daß die Deutsche Bundesbahn Schwierigkeiten habe, einen Nachwuchs an qualifizierten Lokführern zu bekommen, und welche sind das? Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um der Deutschen Bundesbahn zu ermöglichen, daß sie ihren Bedarf an qualifizierten Lokführern decken und der hohe Überstundenbestand bei dieser Berufssparte abgebaut werden kann? Zu Frage 58: Nein. Die Deutsche Bundesbahn hat die für 1985 vorgesehenen 560 Zulassungen für die Lokführerlaufbahn in vollem Umfange und die für 1986 vorgesehenen 1 000 Anwärter gegenwärtig mit 922 Zulassungen abdecken können. Daraus ergibt sich, daß der Nachwuchs das Ausbildungsangebot der Deutschen Bundesbahn nahezu vollständig angenommen hat. Zu Frage 59: Die Deutsche Bundesbahn geht davon aus, daß der Bedarf an qualifizierten Lokführern auch künftig gedeckt werden kann. 1987 sind 925 Zulassungen vorgesehen. Die bisherigen Zulassungen zur Lokführerlaufbahn und die durch Verkehrsrückgänge bedingten Personalbedarfsabsenkungen werden im Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19827* Laufe des Jahres 1987 zum Abbau der derzeit überdurchschnittlichen Mehrleistungen führen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Fragen 60 und 61): Ist die Bundesregierung bereit, auf die Deutsche Bundesbahn einzuwirken, daß sie bei Besuchern aus der DDR, die die Intercity-Züge der Deutschen Bundesbahn benutzen, auf die Zahlung des Intercity-Zuschlages verzichtet, falls sie über keine DM oder nur über die 15 DM Zehrgeld verfügen, die die DDR für eine Reise in die Bundesrepublik Deutschland jeweils gewährt? Falls eine solche Regelung bereits besteht, frage ich, ob die Bundesregierung bereit ist, der Deutschen Bundesbahn zu empfehlen, auf ihr Zugbegleiter-, Aufsichts- und Auskunftspersonal nachdrücklich einzuwirken, damit diese Regelung auch tatsächlich praktiziert wird? Das von Ihnen angesprochene Problem beruht darauf, daß die Stellen der Deutschen Reichsbahn der DDR IC-Zuschläge nicht verkaufen, weil sie die Ansicht vertreten, mit den zwischen der DDR und dem Bundesgebiet einschließlich Berlin (West) verkehrenden durchgehenden D-Zügen könnten alle gewünschten Zielpunkte ohne IC-Benutzung erreicht werden. Über die Erhebung der tariflich festgesetzten ICZuschläge befindet die Deutsche Bundesbahn in eigener Zuständigkeit und Verantwortung. Eine Tarifauflage im Sinne Ihrer Fragen würde zu einem gesetzlichen Ausgleichsanspruch der Deutschen Bundesbahn gemäß § 28 a Bundesbahngesetz führen. Die Deutsche Bundesbahn hat ihr Zugbegleitpersonal im Wege einer innerdienstlichen Regelung jedoch ermächtigt, fallweise auf die Erhebung des ICZuschlages zu verzichten, wenn Reisende aus der DDR und Berlin (Ost) nicht über Barmittel in DM (West) verfügen. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Fragen 62 und 63): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die fiskalische Belastung der deutschen Transportunternehmen in Österreich mit der neuerlich beabsichtigten Erhöhung der ohnehin überhöhten Mautgebühren für die Autobahnbenutzung unerträglich wird? Was wird die Bundesregierung gegen die drohende Mauterhöhung und die sonstigen angekündigten gravierenden Erschwernisse in Österreich unternehmen; ist sie insbesondere bereit, gegen Österreich in gleicher Weise wie 1985 gegen die Schweiz vorzugehen, um die Interessen der deutschen Transportunternehmer und ihrer Fahrer zu wahren? Zu Frage 62: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die beabsichtigte Erhöhung der Jahreskarte auf der Brenner-Strecke für LKW über 7,5 t von 17 000 auf 25 000 Schilling (= + 45%) die Abgabenbelastung für die betroffenen Unternehmen erheblich erhöht. Sie ist deswegen sofort nach Bekanntwerden der geplanten Erhöhung bei der österreichischen Regierung vorstellig geworden. Das Ausmaß der Belastung ist für die einzelnen Unternehmen unterschiedlich. Die Mautgebühr ist nur ein Teilbereich der fiskalischen Belastungen und dürfte bei Benutzung der erhöhten Jahreskarte in etwa 1/3 der deutschen Kfz-Steuer oder gut 1 % der Gesamtkosten ausmachen. Zu Frage 63: Bundesminister Dr. Dollinger hat sich sofort nach der Absichtserklärung der österreichischen Regierung zur Erhöhung der Jahreskarte für schwere Lastwagen über 7,5 t auf dem Brenner ab 1. Oktober 1986 mit den österreichischen Ministern für Finanzen, für Verkehr und für öffentliche Bauten in Verbindung gesetzt und am 6. Oktober 1986 folgende Absprachen erreicht: — Die Mauterhöhung wird vorerst auf den 1. Januar 1987 verschoben. — In jedem Fall gilt bis zum Jahresende zur Erneuerung der anstehenden Jahresmautkarten der alte Preis, d. h. praktisch eine Verschiebung der Mauterhöhung für einen Teil der im Italienverkehr beschäftigten LKW um ein Jahr. — Der Verkehr auf den verschiedenen Alpenstraßen soll durch die Einführung von Jahresmautkarten für Ausländer auch auf der Arlberg- und auf der Tauernstrecke verbessert werden. Für den Arlberg soll dies voraussichtlich 1987 geschehen, für die Tauernstrecke voraussichtlich Mitte 1988, nachdem die Umfahrung der Stadt Villach fertiggestellt ist. — Die Mautfrage wird insgesamt weiter überprüft, nachdem die österreichischen Minister ihre Bereitschaft erklärt haben, diese Fragen in einer Paketlösung zu klären. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Zierer (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Fragen 64 und 65): Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Zuge eines mehrtägigen Streiks des italienischen Transportgewerbes u. a. deutsche Lastkraftwagenfahrer brutal zusammengeschlagen sowie auch deutsche Lastzüge schwer beschädigt wurden? Was hat die Bundesregierung unternommen, und was gedenkt sie in Zukunft — z. B. auch im Hinblick auf den angestrebten freien europäischen Binnenmarkt auch im Verkehr — zu tun, um derartige Gewalttätigkeiten auszuschließen? Zu Frage 64: Der Bundesregierung ist bekannt, daß es im Zuge eines Streiks im italienischen Straßengüterver- 19828* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 kehrsgewerbe vom 23. bis 26. November 1986 leider auch zu Ausschreitungen kam. Die Ermittlungen der italienischen Polizei dauern noch an. Zu Frage 65: Bundesminister Dr. Dollinger hat unmittelbar nach Bekanntwerden gesicherter Einzelheiten am 25. November 1986 den italienischen Verkehrsminister Signorile dringend gebeten, alles in seiner Macht stehende zu tun, daß Ausschreitungen gegen deutsche Fuhrunternehmer, die völlig unbeteiligt an diesem Streik waren, unterbleiben und Leib und Leben der im internationalen Güterverkehr Tätigen sowie Fahrzeug und Ladung unter allen Umständen zu schützen. Obwohl derartige Gewalttätigkeiten nie gänzlich auszuschließen sein werden, wird die Bundesregierung sie — nicht zuletzt im Hinblick auf einen freien europäischen Binnenmarkt im Verkehr — auch künftig nicht hinnehmen. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 10/6593 Fragen 66 und 67): Sind Berichte der Zeitung „Express" vom 27. November 1986 zutreffend, daß amerikanische Regierungsstellen die Lufthansa für die Beförderung von Kriegswaffen im Rahmen des geheimen Waffengeschäfts mit dem Iran einspannen wollten? Ist der dafür erforderliche Antrag nach § 4 Kriegswaffenkontrollgesetz bei der Bundesregierung gestellt worden, und wie hat die Bundesregierung entschieden? Zu Frage 66: Nach Auskunft der Deutschen Lufthansa ist sie in dieser Angelegenheit nicht angesprochen worden. Sie hat einen entsprechenden Bericht der Zeitung „Express" als unzutreffend dementiert. Zu Frage 67: Ein Antrag nach § 4 Kriegswaffenkontrollgesetz ist nicht gestellt worden. Im übrigen darf ich auf meine Antwort zu Ihrer vorigen Frage verweisen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 68): Hat die Bundesregierung von dem Ansinnen amerikanischer Regierungsstellen an die Lufthansa, nicht deklarierte Kriegswaffen im Rahmen eines geheimen Waffengeschäftes mit dem Iran zu befördern, Kenntnis gehabt, und wenn ja, welche Stellen waren davon unterrichtet bzw. damit befaßt? Nein, ich verweise auf meine Antwort auf die Frage 66 des Kollegen Gansel. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Heistermann (SPD) (Drucksache 10/6593 Fragen 69 und 70): Welchen Anforderungen müssen die in der Bundesrepublik Deutschland hergestellten Personenkraftwagen bei Crash-Versuchen gerecht werden? Ist die Bundesregierung bereit, das Crash-Verhalten der in- und ausländischen Personenkraftwagen als ein besonderes Kriterium für die Zulassung zum Straßenverkehr einzuführen? Zu Frage 69: Nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ist die Durchführung von Crashversuchen bei Personenkraftwagen nicht vorgeschrieben. Jedoch führen heute alle deutschen Fahrzeughersteller bei der Entwicklung neuer und verbesserter Pkw-Typen Crashversuche durch. Dies trifft in der Regel auch für die ausländischen Hersteller von Personenkraftwagen zu. Zu Frage 70: Die Bundesrepublik Deutschland wird solche Anforderungen auch im Rahmen der Erteilung von Allgemeinen Betriebserlaubnissen einführen, sobald die Europäischen Gemeinschaften Richtlinien über Crashversuche von Personenkraftwagen ausgearbeitet haben werden. Ein Zeitpunkt für die EGweite Einführung entsprechender Vorschriften läßt sich zur Zeit noch nicht absehen. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Frage 76): Kann die Bundesregierung ergänzende Angaben machen zu den vom Bundesminister für Forschung und Technologie am 21. November 1986 veröffentlichten Forschungsergebnissen „Daten und Fakten für die Nutzung regenerativer Energiequellen der Bundesrepublik Deutschland" hinsichtlich der Kosten für die Stromerzeugung durch Wasserkraftwerke, und stehen der Bundesregierung Daten zur Verfügung im Hinblick auf die Investitionskosten pro Kilowatt installierter Leistung bei Flußkraftwerken? Die von Herrn Professor Dr.-Ing. H. Schaefer vom Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Kraftwerkstechnik der TU München gemachten Angaben in der im Auftrag des BMFT angefertigten Zusammenstellung „Daten und Fakten für die Nutzung regenerativer Energiequellen der Bundesrepublik Deutschland" werden hiermit wie folgt ergänzt: Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen weisen die spezifischen Investitionskosten pro Kilowatt installierter Leistung bei Wasserkraftwerken je nach den örtlichen Gegebenheiten und nach der eingesetzten Technologie erhebliche Bandbreiten auf, die sich in einem Bereich von 1 800 bis 8 400 DM/kW bewegen. Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19829* Die daraus sich ergebenden Kosten für die Stromerzeugung aus Laufwasserkraftwerken variieren entsprechend — je nach Standort und zugrundegelegter Anlagenlebensdauer — zwischen 4,5 und 14 Pfg/kWh. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Fragen des Abgeordneten Brück (SPD) (Drucksache 10/6593 Fragen 79 und 80): Gibt es derzeit Überlegungen der Bundesregierung, neue Forschungseinrichtungen bzw. Forschungsinfrastrukturen zu schaffen? Beabsichtigt die Bundesregierung, sofern dies der Fall ist, eine Standortentscheidung zugunsten des Saarlandes zu treffen, wenn nein, warum nicht? Von Seiten der Bundesregierung gibt es derzeit keine Überlegungen zur Neugründung von Instituten bezüglich Schaffung neuer Forschungsinfrastrukturen in der Bundesrepublik. Die Max-Planck-Gesellschaft prüft zur Zeit die Errichtung eines Max-Planck-Instituts auf dem Gebiet der Informatik im Saarland. Die Fraunhofer-Gesellschaft beabsichtigt, gemeinsam mit der Universitätsklinik Saarbrükken/Homburg die Medizintechnik am Institut für zerstörungsfreie Prüfverfahren auszubauen. Die gemeinsam mit der Universität Saarbrücken geführten Berufungsverhandlungen für einen Leiter stehen unmittelbar vor dem Abschluß. Anlage 28 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Frage des Abgeordneten Rusche (GRÜNE) (Drucksache 10/6593 Frage 81): Ist in der Praxis der Versendung von Publikationen der fünf im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien an die deutschen Vertretungen im Ausland mittlerweile eine für alle Parteien befriedigende Lösung gefunden worden, so, wie Staatsminister Möllemann das bei der Beantwortung der mündlichen Anfragen des Abgeordneten Schlaga und mir vom 30. Januar dieses Jahres versprochen hat? In seiner Antwort vom 30. Januar 1986 auf die seinerzeitige Frage des Herrn Abgeordneten Rusche hatte Staatsminister Möllemann die Bereitschaft des Auswärtigen Amts erklärt, Publikationsorgane der im Bundestag vertretenen Parteien den Auslandsvertretungen zur Verfügung zu stellen. Er hatte zugleich angeregt, daß die Obleute der im Bundestag vertretenen Parteien im Auswärtigen Ausschuß die Einzelheiten einer Lösung besprechen, die eine Gleichbehandlung der Parteien sicherstellt. Das angeregte Gespräch der Obleute hat noch nicht stattgefunden. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Fragen 82 und 83): Wie beurteilt die Bundesregierung den Visumantrag, der von Deutschen, die in die Volksrepublik Polen reisen wollen, ausgefüllt werden muß, indem unter Punkt 11 nach dem „Datum der Auswanderung aus der Volksrepublik Polen" gefragt wird, obwohl es sich bei der Mehrzahl der Antragsteller nicht um eine Auswanderung, sondern um die Vertreibung aus der Heimat gehandelt hat? Ist die Bundesregierung bereit, die polnische Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß bei den Anträgen auf Entlassung aus der (aufgezwungenen) polnischen Staatsangehörigkeit die Geburtsorte, soweit jemand vor 1945 geboren ist, entsprechend der deutsch-polnischen Absprache zuerst in deutscher Bezeichnung aufzuführen sind und daß bei Geburtsorten von Jahrgängen nach 1945 die deutsche Bezeichnung in Klammern akzeptiert werden muß, nachdem bekanntgeworden ist, daß die polnischen Dienststellen in der Bundesrepublik Deutschland die Antragsteller dazu zwingen, entgegen der Absprache ausschließlich die polnischen Ortsnamen zu verwenden? Zu Frage 82: Die Formulierung der Fragen im Sichtvermerksantrag obliegt dem Staat, in den die Einreise begehrt wird und der dazu die Erlaubnis erteilen muß. Die Bundesregierung ist sich aber bewußt, welche Gefühle entstehen müssen, wenn die Vertreibung aus der Heimat als „Auswanderung" etikettiert wird. Zu Frage 83: Eine deutsch-polnische Absprache dieser Art existiert nicht. Sie meinen vermutlich die sogenannte Paßabsprache. Sie betrifft die deutschen Reisepässe von Personen mit Geburtsorten jenseits von Oder und Neiße, die in die Volksrepublik Polen reisen wollen. Bei den in Ihrer Frage erwähnten Anträgen auf Entlassung aus der polnischen Staatsangehörigkeit handelt es sich hingegen um Anträge, die in polnischer Sprache gegenüber polnischen Behörden abzugeben sind. Für den Bereich des Schriftverkehrs mit polnischen Behörden gelten die polnischen Vorschriften, die — soweit dem Auswärtigen Amt bekannt ist — ausschließlich die Benutzung polnischer Ortsbezeichnungen vorsehen. Anlage 30 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Frage des Abgeordneten Dr. Abelein (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Frage 84): Was hat die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Ermordung von Oberstleutnant Hans Dick auf deutschem Boden nahe der tschechischen Grenze durch tschechische Staatsorgane in der Zwischenzeit außer verbalen Protesten unternommen? Die Bundesregierung hat nach Bekanntwerden des Vorfalls sofort und nachdrücklich bei der tschechoslowakischen Regierung protestiert. 19830* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 Auf Betreiben von Bundesminister Genscher f anden mehrere außerordentliche Treffen des deutschen und des tschechoslowakischen Grenzbevollmächtigten statt, um an der Grenze vor Ort die Angelegenheit zu untersuchen. Die Grenzbevollmächtigten wurden dabei von Ermittlungsfachleuten (auf deutscher Seite der bayerischen Behörden) unterstützt. Die diplomatischen Bemühungen der Bundesregierung gehen im Fall Dick in drei Richtungen. Wir fordern von der CSSR: 1. Effektive Maßnahmen, mit denen eine Wiederholung eines derartigen Vorfalls zuverlässig ausgeschlossen werden kann. 2. Aufklärung des Sachverhalts und die Bestrafung der für die Erschießung von Herrn Dick Verantwortlichen. Wir gehen davon aus, daß die tschechoslowakische Seite uns unverzüglich und umfassend über das Verfahren gegen die Schuldigen unterrichtet. 3. Eine angemessene Entschädigung für die Witwe von Herrn Dick. Die Bundesregierung hat dies gegenüber der CSSR in vielen diplomatischen Demarchen und bei allen passenden hochrangigen Kontakten deutlich erklärt. Ich nenne die Treffen von Bundesminister Genscher mit Außenminister Chnoupek in New York Ende September dieses Jahres und in Wien Anfang November dieses Jahres sowie von Bundesminister Schäuble mit ZK-Sekretär Jakes am 7. Oktober 1986 in Bonn. Die tschechoslowakische Regierung hat mehrfach ihr Bedauern über den Vorfall ausgesprochen und sich entschuldigt.
Gesamtes Protokol
Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025400000
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 9 auf: Aktuelle Stunde
Einsatz des Bundesgrenzschutzes bei der verbotenen Anti-Atomkraftwerk-Konferenz am 29./30. November 1986 in Regensburg
Die Fraktion DIE GRÜNEN hat diese Aktuelle Stunde gemäß Nr. 1 c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung verlangt.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Ströbele.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1025400100
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen! Verehrte Kollegen! Am letzten Wochenende haben Bundesgrenzschutz und bayerische Polizei die Bundeskonferenz der Anti-AKW-Gruppen in Regensburg zerschlagen.

(Senfft [GRÜNE]: Wie in Polen die Solidarnose!)

Zwei Tage lang wurden Personengruppen, die aus Zügen ausstiegen, beobachtet, gejagt und gruppenweise festgenommen. Gaststätten wurden umzingelt, mit Scheinwerfern angeleuchtet und mit BGSHilfe geräumt.

(Frau Dann [GRÜNE]: Wie in alten Zeiten!)

Ein Musikfest wurde aufgelöst, eine Biologentagung ebenfalls.
Mehrere Hundertschaften des Bundesgrenzschutzes waren dabei, als in der Stadt Schwandorf und in der Umgebung Überwachungsposten aufgebaut wurden. In Regensburg und in Teilen der Oberpfalz war an diesem Wochenende ein Stück Polizeistaat erschreckende Realität geworden.

(Mann [GRÜNE]: Bayerischer Ausnahmezustand!)

War das das Vorspiel zu dem, was uns bevorsteht, wenn die Terrorismusgesetze, die heute verabschiedet werden sollen, in Kraft treten? Das martialische Aufgebot der vereinigten Sicherheitskräfte galt nicht etwa geplantem Aufruhr — es war nicht einmal eine Demonstration vorgesehen —, es galt auch nicht einem konspirativen Treff, sondern einem
Kongreß mit Arbeitsgruppen von erwarteten etwa 1 000 Teilnehmern aus Bürgerinitiativen quer durch die Bundesrepublik. Nicht ein einziger war einer Gewalttat verdächtig. Der einzige Fehler der zu erwartenden Teilnehmer bestand darin, daß sie sich in der Anti-AKW-Bewegung engagiert haben und tabufrei über alles, auch über symbolische Aktionen diskutieren wollten.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß die Gewaltaktionen diese Regierung und die zu erwartende Verabschiedung des neuen Terrorismusgesetzespaketes nicht der Bekämpfung der Gewalt, sondern ganz anderen Zielen dienen, dann war Regensburg ein Beispiel genauso wie Göttingen oder Hamburg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht um die rücksichtslose Durchsetzung einer Atompolitik mit Polizeiknüppeln. Brokdorf, Wakkersdorf sind die Symbole.

(Frau Dann [GRÜNE]: Koste es, was es wolle!)

Der Abgeordnete Fellner hat in einer der letzten Innenausschußsitzungen die Sache auf den Punkt gebracht, als er erklärte, unmittelbar vor dem Bau der WAA seien Firmen aus der Oberpfalz zu ihm gekommen und hätten in flehentlich gebeten, doch bitte schön an Aufträgen bei der WAA beteiligt zu werden.

(Fellner [CDU/CSU]: Nicht flehentlich!)

Dieselben Firmen seien bei ihm jetzt wieder mit dem dringenden Anliegen erschienen, in der Offentlichkeit doch bitte schön klarzumachen, daß sie sich nicht und überhaupt nie an dem Bau der WAA beteiligt haben oder beteiligen wollten.

(Broll [CDU/CSU]: Das ist die Wirkung des Terrors!)

Der Widerstand der Bevölkerung in der Oberpfalz zeitigt Wirkung. Eine Mehrheit um Wackersdorf ist jetzt schon gegen die WAA, und die Zahl der Atomkraftgegner in der Bundesrepublik wächst.
Eine andere demokratische Alternative, etwa Volksentscheid oder Volksbefragung, ihr Verlangen nach Abschaltung dieser Teufelsdinger durchzusetzen, haben die Menschen nicht. Sie haben nur De-
19778 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Ströbele
monstrationen und andere Formen des Widerstands.

(Zuruf von der SPD: Wie sind denn die anderen Formen?)

So hatten sich die Bayerische Staatsregierung und die Bundesregierung den Bau der WAA nicht vorgestellt. Jetzt reagieren sie hilflos mit autoritären polizeitstaatlichen Mitteln, mit Verboten, Polizeiknüppeln und Sondergesetzen. Der offenen Auseinandersetzung darüber, was die Menschen zum Engagement gegen die Atompolitik oder sogar zu Straftaten treibt, gehen Sie aus dem Weg. Offenbar fehlen Ihnen die Argumente. Mit dem Anti-AtomKongreß wollten Sie sogar die Diskussion verbieten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von Ihrer Atompolitik rücken Sie nicht ab. Ein GAU in 1 000 km Entfernung, in Tschernobyl, reicht Ihnen als Lehre nicht aus. So schrecklich es klingt: Sie brauchen wohl erst hunderttausend Tote in der Bundesrepublik, bis Sie zur Vernunft kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und da wundern Sie sich, daß Menschen auf diese mörderische Atompolitik mit Strommast-Ansägen oder mit Bauwagen-Anzünden reagieren.
Aber wir wissen — auch sie müßten es aus der Erfahrung der vergangenen Jahre in der Bundesrepublik wissen —: Verbote, Sondergesetze und Polizeiknüppel haben die Probleme doch nie gelöst und auch den Widerstand nicht gebrochen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die nächste Bundeskonferenz kommt bestimmt, ebenso die nächste Großdemonstration bei Wakkersdorf in Brokdorf und das nächste Widerstandswochenende. Wir wollen dabeisein.
Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025400200
Das Wort hat der Abgeordnete Fellner.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1025400300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht bei dieser Aktuellen Stunde selbstverständlich nicht um den Einsatz des BGS, sondern es geht den GRÜNEN darum, eine Solidaritätsadresse an die Chaoten draußen von diesem Hause aus zu richten.

(Zurufe von den GRÜNEN)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025400400
Herr Abgeordneter Vogel, bitte halten Sie sich zurück!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1025400500
Sie haben in Ihren eigenen Reihen inzwischen Schwierigkeiten, weil die GRÜNEN bei den Veranstaltungen in Regensburg kaum präsent waren. Sie müssen heute hier antreten, um Ihre Pflichtübung zu veranstalten.

(Frau Dann [GRÜNE]: Das ist keine Pflichtübung! So ein Quatsch! Blödsinn!)

Sie wollen den Gewalttätern draußen ein Zeichen der Solidarität geben

(Frau Dann [GRÜNE]: So ein Quatsch!)

und müssen sich deshalb natürlich von uns heute nur das eine fragen lassen, wie Sie es mit der Gewalt halten.
Herr Kollege Ströbele, das, was Sie hinsichtlich meiner Äußerungen im Innenausschuß angedeutet haben, bekräftige ich auch hier: Was Sie und Ihre Helfershelfer in der Oberpfalz veranstalten, ist Terror, und genau in diesem Zusammenhang habe ich dieses Thema angesprochen.
Wenn wir uns über den Einsatz der BGS-Beamten unterhalten sollen, dann müssen wir zugrunde legen, daß Vertreter einer Oberpfälzer Bürgerinitiative, der BIWAK, zur Stadt Regensburg geladen worden sind und eine Genehmigung für einen Bundeskongreß der Anti-AKW-Bewegung beantragt haben und dazu einladen wollten.

(Ströbele [GRÜNE]: Das stimmt überhaupt nicht! Wann haben die eine Genehmigung beantragt? Wann denn? Das stimmt nicht!)

— Sie sind wenige Tage vorher zur Stadt gekommen.

(Ströbele [GRÜNE]: Seit wann muß man einen Kongreß beantragen?)

— Diese Veranstaltung unterlag dem Versammlungsgesetz und muß deshalb genehmigt sein. Thematik sollte die Stillegung von Atomanlagen sein.

(Fritz [GRÜNE]: Bayerisches Landrecht!)

— Wenn Sie es so nennen wollen; ich nenne es gern so. — Die Stadt hat kurz vor dem Kongreß einen sogenannten Reader, eine Sammlung von Schriftstücken, die an alle Teilnehmer ausgegeben wurde, zur Kenntnis genommen. Als die Genehmigungsbehörde, die Stadt Regensburg, diesen Reader zur Kenntnis nahm, las sich dieser sozusagen wie ein Drehbuch für einen Grusel-, Chaos- und Horrorfilm.

(Zuruf von den GRÜNEN: Ja, Sie! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

In diesem Reader sind vielerlei Unterlagen zusammengetragen worden, aus denen sich ergab, daß jedenfalls bei dieser Veranstaltung über Gewalt diskutiert werden sollte und zu Gewalt aufgerufen werden sollte.

(Ströbele [GRÜNE]: Ja und? Ist das verboten?)

Darüber hinaus — das ist das Entscheidende — war der Veranstalter selbst sicherlich nicht in der Lage und hat in keiner Form erkennen lassen, daß er sich von der Gewalt distanzieren würde. Der Reader sollte nach den Erklärungen der BIWAK ausdrücklich auch die Funktion haben — so heißt es in den übersandten Materialien —: „Direkt zum Thema von Arbeitsgruppen gehörende Infos stellten wir meistens der Arbeitsgruppenvorstellung
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19779
Fellner
nachfolgend zusammen, um einen höheren Diskussionsrahmen anzubieten."

(Ströbele [GRÜNE]: Ja, darf man in Bayern nicht mehr diskutieren?)

Die Genehmigungsbehörde stellt dazu fest:
Eine kritische Distanzierung des Veranstalters zu den in Betracht kommenden Äußerungen oder gar eine klare Ablehnung ist dem Reader nicht zu entnehmen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Über diese Verbotsentscheidung der Stadt Regensburg hatte schließlich das Verwaltungsgericht Regensburg zu entscheiden. Dieses bestätigte die Entscheidung der Stadt. Es heißt in der Begründung der Ablehnung eines entsprechenden Antrags eines Ihrer Herren:
Jedoch hat der Erörterungstermin vom 28. November die Kammer nicht davon überzeugt, daß der Antragsteller die Bundesversammlung organisatorisch im Griff hat. So kannte er weder die BIWAK-Sprecher, noch konnte er die Arbeitsgruppe benennen, noch konnte er darlegen, wer die Ordner sein sollen. Der bloße Hinweis auf ein mit einem „BIWAK"-Mitglied geführtes Gespräch, das die Herbeischaffung von Ordnern zum Gegenstand hatte, reicht für die Annahme einer ordnungsgemäßen Organisation nicht aus. Dem steht schon entgegen, daß ...
verschiedene Herren nicht einmal den Versammlungsleiter usw. benennen konnten.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Diese Entscheidung des Regensburger Gerichts ist schließlich durch den Verwaltungsgerichtshof München erneut bestätigt worden. Es ist auch gesagt worden, daß die Polizei schließlich die Möglichkeit habe, wenn die sogenannte Tanzveranstaltung zu einer Ersatzbundeskonferenz umfunktioniert werden sollte, diese Veranstaltung aufzulösen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Aus diesem Grunde war die Polizei bei dieser Ersatztanzveranstaltung anwesend. Den Teilnehmern ist angeblich die Musik zu schlecht gewesen. Jedenfalls aber haben sie die Lust verloren, dort zu bleiben, und sie haben sich dann in der Stadt getummelt und haben alles mögliche in die Wege geleitet,

(Ströbele [GRÜNE]: Was denn?)

um die Bundesversammlung doch noch abzuhalten. Ihr Herr Scheer hat es schließlich als großen Erfolg gewertet, daß entgegen dem Verbot der Polizeibehörden und der Entscheidung der Gerichte diese Bundesversammlung dann doch noch vier Stunden hat stattfinden können. Das kennzeichnet Ihr Verhältnis zum Rechtsstaat. Es kennzeichnet Ihr Verhältnis zur Gewalt.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Damit müssen Sie sich künftig auseinandersetzen.
Wenn Sie in diesem Hause eine Rechtfertigung haben wollen, müssen Sie sich wenigstens zur Gewaltfreiheit bekennen.
Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von den GRÜNEN)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025400600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Stiegler.

Ludwig Stiegler (SPD):
Rede ID: ID1025400700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sollten uns, glaube ich, zunächst den Anlaß dieser Debatte noch einmal in Erinnerung rufen. Dieser besteht einzig und allein darin, daß die CSU keine Mittel scheut, die WAA wie einen Pfahl in das Fleisch der Oberpfalz zu treiben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das ist der Grund der Auseinandersetzung: die Lernunfähigkeit der CSU in Sachen Kernenergie. Während sich andere Parteien, sogar Teile der CDU als lernfähig erwiesen haben, sind die Atomfetischisten in der CSU durch nichts und niemand zu belehren.

(Dr. Olderog [CDU/CSU]: Haben da die Parteigerichte entschieden?)

Das zweite, meine Damen und Herren, liegt darin, daß manche in der politischen Diskussion immer wieder gefragt haben, wie man den Begriff der Sozialverträglichkeit ausfüllen könnte. Was sich hier in der Oberpfalz abspielt, ist exemplarisch für das, was man sagen muß, um darzulegen, was die Kernenergie als sozial unverträglich erweist. Wer, wie ich es letzten Sonntag wieder einmal getan habe, den Bauzaun umwandert, der sieht, wie das mit Wassergräben fast wie eine mittelalterliche Burg zu einem Archipel Wackersdorf ausgebaut wird. Ich habe mich fast an Eppelein von Geilingen in Nürnberg erinnert, als ich diesen hohen Burggraben gesehen habe. Man muß sich das anschauen und miterleben, wie die armen Grenzer aus Niedersachsen dort unten stehen und von 70jährigen Frauen angegangen werden, die sagen: 50 Jahre lang war es hier ruhig — —(Zuruf von der CDU/CSU)

— Ja, das kann ich mir denken, daß Sie früh um 8 Uhr schon an etwas anderes denken als ich.

(Heiterkeit)

Diese Frauen sagen: 50 Jahre war es hier ruhig, und die CSU und der Strauß haben den Frieden aus dem Land rausgetrieben und die Gegend unsicher gemacht.

(Fellner [CDU/CSU]: Jetzt sagen Sie mal was zu den GRÜNEN!)

Das ist das Entscheidende. Wenn wir über all die Folgeerscheinungen reden, müssen wir folgendes sehen: Der Albrecht in Niedersachsen hat kapiert, daß das Ganze nicht machbar ist. August Lang hat für die CSU erklärt: Wenn es in der Oberpfalz nicht geht, geht es nirgends. Darin kommt zum einen die Verachtung der Oberpfalz zum Ausdruck und zum anderen die Unbelehrbarkeit. Andere kapieren im-
19780 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Stiegler
merhin, daß sie nicht können, auch wenn sie gerne möchten.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Man muß also immer die Urheber sehen und ansprechen.
Das Dritte sage ich genauso deutlich: Die Sozialdemokratie ist ohne wenn Wenn und Aber gegen Gewalt, ob gegen Personen oder gegen Sachen.

(Ströbele [GRÜNE]: Von wem ist denn da am Wochenende Gewalt ausgeübt worden?)

Wir sagen ganz deutlich, wo auch immer wir gefragt werden:

(Hinsken [CDU/CSU]: Euch fragt doch niemand!)

Die WAA kann man nicht wegsägen; man kann sie auch nicht mit Anschlägen wegbringen. Man kann sie nur wegwählen.

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Mit 27,5 %?)

Die Schwandorfer haben bei der Landtagswahl einen ersten Schritt getan getan und haben die CSU in Schwandorf ganz deutlich weggewählt.

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Wie war es denn in Weiden? — Fellner [CDU/CSU]: Wie schaut es denn in Amberg aus? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU — Glocke des Präsidenten)

So wird es Ihnen auch bei der Bundestagswahl in Schwandorf gehen. Franz Schindler wird Ihren Freund Jobst, der nicht müde wird, die WAA zu fordern, ablösen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Das ist das Entscheidende.


(Fellner [CDU/CSU]: Du machst dir ja nur selber Mut!)

Die SPD hat das Kernenergieabwicklungsgesetz vorgelegt. Dieses Gesetz sieht ein Verbot der Wiederaufarbeitung im Inland wie auch ein Exportverbot vor. Dieses Gesetz werden wir in der Oberpfalz zur Abstimmung stellen. Das ist die entscheidende Antwort. Wir werden uns dafür aussprechen, nicht 640 Millionen DM Investitionszulage für dieses verrückte Projekt auszugeben, sondern wir sind dafür, die 640 Millionen auszugeben, damit Bölkow in der Oberpfalz eine vernünftige Solaranlage bauen und ähnliche Anlagen hinrichten kann.

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: „Hinrichten" ist das richtige Wort!)

— Wenn Sie oberpfälzisch verstehen, wissen Sie, daß das nichts mit dem zu tun hat, wovor Sie Angst haben.

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Ich kann doch nicht Oberpfälzer werden! Das geht nicht!)

Ein letztes. Man muß den Verwaltungsrichtern und den staatlichen Behörden in Bayern immer wieder empfehlen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Mit Repression wird man die Probleme nicht lösen. Jede Aktion wie Regensburg bringt Zehntausende junger Leute in die Staatsferne.

(Zustimmung bei der SPD — Schäfer [Offenburg] [SPD]: Leider wahr!)

Denjenigen, die am Rechtsstaat verzweifeln, arbeiten die Befürworter von Repressionen, wie es sie in der CSU und in der Verwaltung gibt, in die Hände. Das wollen wir nicht. Das Entscheidende sind die Flexibilität und die Verhältnismäßigkeit. Wir gehören nicht zu denen, die wie der neue bayerische Kultusminister sagen: Die Leute sollen mehr Faust lesen. Die jungen Leute spüren die Faust. Wer einmal in Regensburg die Faust gespürt hat, hat mehr gelernt als der, der den Faust gelesen hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Er läßt sich auch nicht mehr beeinflussen. Das muß man der CSU ins Stammbuch schreiben. Wir Oberpfälzer werden uns diese WAA nicht gefallen lassen und werden mit allen legalen Mitteln dagegen ankämpfen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Miltner [CDU/CSU]: Eine glatte GRÜNEN-Rede war das!)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025400800
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1025400900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden hier über einen Vorgang, der allenfalls in den Bayerischen Landtag gehört.

(Frau Dann [GRÜNE]: Solchen Entwicklungen muß man Einhalt gebieten! — Weiterer Zuruf von den GRÜNEN: Es geht um den Rechtsstaat!)

Nach Art. 35 unserer Verfassung sind Bund und Länder zur gegenseitigen Rechtshilfe verpflichtet. Jedes Land ist berechtigt, zu seiner Unterstützung den Bundesgrenzschutz anzufordern. Die von einem Bundesland angeforderte Polizei eines anderen Landes oder des Bundes unterliegt ausschließlich dem Polizeirecht des Landes, in dem der Einsatz erfolgt. Er steht in der Verantwortung des anfordernden Landes und unter seiner ausschließlichen Disposition.
Ich wollte selbst einmal als Innenminister bestimmte inhaltliche Anforderungen stellen, als ich aufgefordert worden war, nordrhein-westfälische Polizei nach Brokdorf zu senden, obwohl ich erhebliche Zweifel an dem Sinn des dortigen Polizeieinsatzes hatte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Damals habt ihr sie ganz schön hängenlassen!)

Ich habe diese Haltung auf den heftigen Protest der anderen Bundesländer, auch Bayerns, hin aufgegeben, weil die föderale Struktur unseres Staates und die Entscheidungsfreiheit der kleineren Bundesländer in der Tat drastisch beschnitten würde, wenn die notwendige polizeiliche Zusammenarbeit einseitig aufgekündigt werden könnte. Ich sage das insbesondere in Ansehung bestimmter Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19781
Dr. Hirsch
Wir beschäftigen uns hier also mit einem polizeilichen Vorgang, der allein in der Verantwortung der bayerischen Landesregierung stand und dessen Rechtmäßigkeit allein nach dem Versammlungsgesetz und dem bayerischen Polizeirecht zu beurteilen ist. Die dortigen Gerichte haben die Rechtmäßigkeit des Verbotes und der Zulässigkeit der sofortigen Vollziehbarkeit dieses Verbotes des Kongresses mit überzeugender Begründung bestätigt.
Dabei geht es nicht etwa darum, Kernkraftgegner zu kriminalisieren, nur weil sie gegen Kernkraft sind. In der Tat kann man politische Fragen nicht mit der Polizei lösen. Es sollte vielmehr nach der für diesen Kongreß verteilten Schrift zu Straftaten aufgerufen werden, es sollte erneut die empörende und schäbige politische Verleumdung behauptet werden, die Bundesregierung habe Strafgefangene in Stammheim ermorden lassen, und die Veranstalterin des Kongresses war nicht in der Lage, auch nur irgendeinen Verantwortlichen für diesen Kongreß und seine Durchführung zu benennen.
Wenn die Stadt Regensburg unter diesen Umständen den Kongreß nicht verboten hätte, dann hätte sie im Wege der Kommunalaufsicht dazu gezwungen werden müssen.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Das liberale Feigenblättchen!)

Wir sind für eine faire politische Auseinandersetzung. Ich habe meine Zweifel gegenüber der Kernenergie nie verborgen, und ich habe einen Anteil daran, daß sie nicht so ausgebaut werden konnte, wie manche das gewollt haben. Aber ein Innenminister, der eine solche Veranstaltung duldet, wie sie hier geplant war, verletzt die Autorität und die Würde des Staates, er gefährdet den Rechtsfrieden und müßte seinen Platz räumen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir dulden keine private Gewalt, wir dulden keine Aufrufe, die Gesetze zu brechen und die Rechte anderer zu verletzen. Wer diese Grenzen überschreitet, muß die sich daraus für ihn ergebenden Folgen tragen.
Wir fordern die Bürger auf, sich nicht zu solchen Machenschaften mißbrauchen zu lassen und sich ein klares Urteil darüber zu bewahren, wie man in einer Demokratie politische Fragen lösen kann und lösen muß.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025401000
Ich erteile das Wort dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Herrn Spranger.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1025401100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen Fellner und Dr. Hirsch haben mit Fakten eindrucksvoll unter Beweis gestellt, daß die 10. Bundeskonferenz der Bürgerinitiativen gegen Atomenergie nicht einer friedlichen Demonstration,

(Frau Dann [GRÜNE]: Das war keine Demonstration, das war ein Kongreß!)

sondern der Verabredung und Anleitung von Straftaten dienen sollte.

(Ströbele [GRÜNE]: Das stimmt nicht, das steht da nicht drin!)

Daher gab es nur eine richtige Entscheidung: das Verbot dieser Veranstaltung. Der Bundesminister des Innern begrüßt dieses Verbot, dessen Richtigkeit die zuständigen Verwaltungsgerichte in erster und zweiter Instanz bestätigt haben.
Wenn der Rechtsvertreter der Bürgerinitiativen diese Entscheidung als eine Kriminalisierung der Antikernkraftbewegung bezeichnet, dann stellt er nicht nur die Tatsachen auf den Kopf, er diffamiert auch Behörden und Gerichte. Kriminell waren vielmehr die schriftlichen Vorbereitungen der Bundeskonferenz, Anleitung zum Fällen von Strommasten, Verunglimpfungen des Staates, Unterstützung von Terroristen. Es war eine stattliche Anzahl von Straftatbeständen, die der sogenannte Reader als Handlungsanweisung zum Kongreß enthielt.
Unser Rechtsstaat kann solche rechtswidrigen Veranstaltungen in denen zu Gewalt und anderen Straftaten aufgerufen werden soll, nicht hinnehmen. Deshalb tritt die Bundesregierung allen Versuchen, Gewalttätigkeiten zu begehen, zu fördern und zu unterstützen, mit Entschlossenheit entgegen. Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland keinerlei Rechtfertigung für gewalttätige Ausschreitungen, von wem, gegen wen und mit welcher Zielsetzung sie auch erfolgen.

(Ströbele [GRÜNE]: Auch nicht von der Polizei!)

Wer Gewalt sät, Herr Ströbele, wird oder will Terrorismus ernten.

(Ströbele [GRÜNE]: Sie ernten! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

In dieser Situation hat der Bundesminister auf Anforderung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern entsprechend dem Gesamtauftrag des Bundesgrenzschutzes gemäß § 9 des BGS-Gesetzes dem Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz eine Grenzschutzabteilung sowie zwei Einsatzhundertschaften, insgesamt 647 Polizeivollzugsbeamte, zur Verfügung gestellt. Diese Kräfte wurden zum Raum- und Objektschutz sowie zur Unterstützung bei der Auflösung verbotener Veranstaltungen eingesetzt. Sie bildeten im übrigen eine Eingreifreserve. Die Bundesregierung hält es für selbstverständlich und erforderlich, daß sie den Bundesgrenzschutz auf Anforderung einem Land zur Verfügung stellt, wenn dort in Mißachtung eines gerichtlichen Verbots Aktivitäten entfaltet werden.
Die heutige Initiative der GRÜNEN paßt in Ihr Programm, den Bundesgrenzschutz und die Bereitschaftspolizeien abzuschaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und den GRÜNEN)

19782 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Parl. Staatssekretär Spranger
Die Folge wäre, daß von Gerichts wegen bestätigte staatliche Verbote nicht mehr durchgesetzt werden könnten.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Das ist Unsinn!)

— Die Initiative ist ein erneuter unverfrorener Versuch, die rechtsstaatliche Arbeit der Polizei in Frage zu stellen. Sie ist erneut Ausdruck einer Doppelstrategie, bei der Sie sich draußen im Land in verschiedensten Formen an rechtswidrigen Aktionen und Demonstrationen beteiligen und hier im Parlament dann scheinheilig als Schutzpatron demokratischer Rechte auftreten, nachdem die Polizei zum Schutz des Rechtsstaates hatte tätig werden müssen.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Die Polizei baut den Rechtsstaat in diesem Land ab!)

Es ist auch kein Zufall, sondern Strategie der GRÜNEN, sich nicht nur von gewalttätigen Bestrebungen aller Art nicht klar zu distanzieren, sondern sich auch immer wieder an Aktionen zu beteiligen, bei denen Gewalttätigkeiten eingeplant und von den Veranstaltern von vornherein zugelassen werden.

(Ströbele [GRÜNE]: Wo war das?)

Dies ist Ausdruck der Kampfansage der GRÜNEN an unseren Rechtsstaat, den Sie zugunsten von Anarchismus, Linksextremismus und Chaos schwächen. Sie verharmlosen Terrorismus und Extremismus, verleumden und beschimpfen die Polizei und die anderen Sicherheitsorgane. Geradezu unerträglich ist Ihre Verharmlosung von Anleitungen zur Demontage von Hochspannungsmasten und Ihre Verniedlichung anderer offener und versteckter Aufforderungen zu schweren Straftaten. Herr Ströbele, Ihre Darlegungen waren ein erneutes Beispiel und Bestätigung dieser Aussage.
Das beweist, wie wichtig die geplante Wiedereinführung des strafbaren Verbots der Anleitung zu Straftaten im § 130 a StGB ist. Wenn der nordrhein-westfälische Innenminister diese und die anderen hier heute morgen zur Abstimmung gestellten Normen zur Bekämpfung des Terrorismus als Anschlag auf die Vereinigungs- und Meinungsfreiheit bezeichnet und sie zusammen mit seinem hessischen Kollegen Günther ablehnt, dann zeigt dies, daß Sie entweder nicht begriffen haben, worum es geht: mit angemessenen Mitteln zu verhindern, Herr Stiegler, daß sich Gegner der Atomenergie terroristischer Aktionen bedienen, um die Energieversorgung der Bürger zu stören, oder, Herr Stiegler, daß Sie sich mit Rücksicht auf grüne Koalitionspartner schon nicht mehr trauen, das zum Schutz des Rechtsstaates und seiner Bürger Notwendige zu tun.

(Zuruf von der SPD: Die Verfassung hängt nicht vom Koalitionspartner ab!)

Die Aktivitäten der GRÜNEN im Rahmen der Bundeskonferenz in Regensburg bestätigen, wie notwendig es ist, Gewalt und ihrer Vorbereitung nicht nur durch Maßnahmen der Strafandrohung und der Strafverfolgung, sondern, statt mit solchen
Kräften zusammenzuarbeiten, auch mit entschlossener geistig-politischer Auseinandersetzung den Urhebern und Befürwortern der Gewalt entgegenzuwirken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Ströbele [GRÜNE]: Die haben Sie verboten! — Mann [GRÜNE]: Das war fürwahr kein Beitrag zur politischen Auseinandersetzung!)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025401200
Das Wort hat der Abgeordnete Reuter.

Bernd Reuter (SPD):
Rede ID: ID1025401300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem, was uns aus Bayern bekannt wurde, kann ich mich der Kritik meiner bayerischen Parteifreunde nur anschließen. Die Vorkommnisse in Bayern stellen einen massiven Angriff auf die Grundrechte unseres Staates und auf unsere Verfassung dar.

(Zuruf von der CDU/CSU: Die SPD biedert sich wieder bei den GRÜNEN an!)

Die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 unseres Grundgesetzes ist ein Grundrecht und nicht eine besondere Gnade, die die Obrigkeit ihren Untertanen gewähren kann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Sie erfordert nach unserem Verfassungsverständnis auch keine besondere Erlaubnis oder Genehmigung.

(Frau Dann [GRÜNE]: Das ist der Punkt!)

Am 7. November, meine Damen und Herren, vor wenigen Wochen, habe ich an dieser Stelle am Vortage der Demonstration in Hanau an alle eindringlich appelliert, die zu dieser Demonstration aufgerufen haben, sich eindeutig von diesen Gewalttaten zu distanzieren und einen Trennungsstrich zur Gewalt zu ziehen.

(Broll [CDU/CSU]: Hatten Sie Erfolg?)

Damit habe ich mir den Unwillen einiger Abgeordneter der GRÜNEN zugezogen. Die Demonstration verlief relativ friedlich, nur danach haben einige hundert Teilnehmer eine Spur sinnloser Gewalt hinterlassen. Die Aussage des Friedensforschers Robert Jungk bei der Veranstaltung „Macht kaputt, was euch kaputtmacht!" hat ihre unverantwortliche Wirkung nicht verfehlt.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Wer sich so verhält, mißbraucht unser Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Ich füge hinzu: Das Gewaltmonopol muß beim Staat bleiben.
Die GRÜNEN waren in Hanau Mitveranstalter. Sie haben sich im Vorfeld der Demonstration nicht eindeutig von Gewaltanwendung distanziert.

(Senfft [GRÜNE]: Waren Sie nicht im Plenum?)

Man akzeptierte auch andere Formen als die der friedlichen Demonstration. Bei Herrn Ströbele klang das vorhin auch so an.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19783
Reuter
Ich begrüße es ausdrücklich, Frau Kollegin Hönes, daß Sie deutlich gemacht und auch die autonomen Kernkraftgegner dazu aufgerufen haben, die Verfolgung ihrer Ziele mit friedlichen Mitteln durchzusetzen.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Das machen wir doch immer!)

Leider zu spät für Hanau. Aber, Frau Hönes, Sie müssen nicht an Sozialdemokraten appellieren, sich für die Erhaltung der Versammlungsfreiheit einzusetzen; denn wir wissen aus der leidvollen Geschichte unseres Volkes und unserer Partei, wie notwendig es ist, sich für Versammlungsfreiheit einzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Aber dann frage ich auch hier einmal: Wie ist die Aussage von Frau Ditfurth zu verstehen, die zwar laut dpa erklärt hat, daß man alle Aktionen, wo Menschen zu Schaden kommen könnten, mißbillige, aber dann erläutert hat, das gelte für Anschläge auf fahrende Züge, aber nicht für die Blockade von Bahngleisen oder das Absägen von Strommasten.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Frau Hönes [GRÜNE]: Dann müssen Sie sie mal anrufen!)

Meine Damen und Herren, wenn man hier keinen klaren Trennungsstrich zur Gewalt zieht, macht man sich mitschuldig an dem, was sich dann auch bei Demonstrationen wie in Hanau ereignet.
Ich darf hier an dieser Stelle sagen: Wir Sozialdemokraten akzeptieren keine Form der Gewalt. Jede Form der Gewalt, egal ob gegen Sachen oder Menschen, führt dazu, daß dann andere freiheitliche Grundrechte einschränken wollen.

(Broll [CDU/CSU]: Richtig!)

Ich habe hier einen Artikel. Daraus will ich einmal vorlesen, auch weil es hier eine so interessante Koalition zwischen Herrn Spranger und Herrn Hirsch gab:

(Stiegler [SPD]: Hirsch ist auch nicht mehr das, was er war!)

Es läuft jedesmal ab wie gehabt: Terroristen morden, und alle sind betroffen, empört, entsetzt. Aber nach Art tibetanischer Gebetsmühlen kommen von SPD und FDP, den Superdemokraten, in unseren Medien sofort die Beschwichtigungen. „Nur keine Überreaktion", tönt es aus den Reihen der FDP, angeführt von ihren linken Außenseitern Gerhart Baum und Burkhard Hirsch. SPD-Oberlehrer Hans-Jochen Vogel hebt den Zeigefinger: „Die Gesetze reichen aus".
Es heißt weiter:
Eine wie Nomaden von Schlachtfeld zu Schlachtfeld ziehende terroristische kriminelle Bande, die sich uniformartig vermummt, betreibt einen glatten Bürgerkrieg.
Und dann kommt eigentlich das Wichtigste:
Das Wort Demonstration kommt im Grundgesetz gar nicht vor. Und es gilt auch nur für
Deutsche und nicht für Ausländer. Unsere Bürger stört es nicht, wenn unsere Daten in welchen Computern auch immer gesammelt werden. Uns stört kein fälschungssicherer Ausweis, keine Raster- und Ringfahndung und keine Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz. Die alles stört nur Kriminelle und Terroristen.
Ich kann nur feststellen — und ich nenne auch einmal den, der dies geschrieben hat; das ist der Kurt Ziesel, der Herausgeber des „Deutschland-Magazins" —, daß hier diejenigen, die bei Demonstrationen kriminelle Taten begehen, und die Reaktionäre in unserem Lande Arm in Arm arbeiten, um unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung einzuschränken.
Auf einem Gedenkstein in Hanau zur Erinnerung an die Opfer von Faschismus steht zu lesen, ganz eindeutig:
Wo das Recht gebrochen wird, stirbt die Freiheit.
Und wir alle haben einen Auftrag, mitzuwirken, daß das nicht eintritt.
Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Broll [CDU/CSU])


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025401400
Das Wort hat der Abgeordnete Broll.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1025401500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist unübersehbar: In der Versammlung in Regensburg sollten Gewalt und Unrecht gepredigt und vorbereitet werden.

(Ströbele [GRÜNE]: Das ist doch Unsinn!)

Die Saat geht auf, die Leute wie der Österreicher Robert Jungk in unserem Lande mit jenem entsetzlichen Wort streuen, das der Kollege Reuter eben dankenswerterweise zitiert hat.

(Ströbele [GRÜNE]: Das stimmt nicht! Das steht da gar nicht drin!)

Wer solch ein Unrecht predigt, meine Damen und Herren, der will nicht eine schönere Welt, der will nicht ein besseres Leben, der will das Chaos. Und aus diesem Chaos geht in der Regel Diktatur hervor und nicht eine bessere Form von Staat, als wir sie heute haben.

(Stiegler [SPD]: Die bisherigen Diktaturen haben die Konservativen gemacht!)

Es ist schlimm und entsetzlich, daß manchmal alte Männer aus Motiven, die schwer zu durchschauen sind und die doch sehr simpel sind, vielleicht weil sie mit ihrem eigenen Leben unglücklich sind, unglücklich darüber, daß sie nicht den Erfolg hatten, den sie sich einmal erträumt hatten, anfangen, die Generation der Enkel aufzuwiegeln, damit sie das zerstören, was die Söhne aufgebaut haben.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Das sind ja ganz neue Töne!)

19784 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Broll
Die Motive zu untersuchen, meine Damen und Herren, ist interessant, aber es ist nicht unsere Aufgabe.
Wieviel Eitelkeit steht oft dahinter, daß sich Leute im Besitz der Wahrheit wähnen und andere verachten, von denen sie glauben, sie hätten keine Wahrheit.

(Frau Wagner [GRÜNE]: Sprechen Sie über sich?)

Wieviel Frustration von Leuten, die nicht in der Lage waren, ihr eigenes Leben vernünftig zu gestalten, etwas aus sich zu machen, steckt dahinter?

(Vogel [München] [GRÜNE]: Sagen Sie mal was zum BGS und zur Polizei!)

Was für eine unsinnige, verschrobene Gedankenwelt steckt dahinter, wenn Leute glauben, in unserem Staate nicht arbeiten, sich geduldig mühen zu müssen, sondern wie Knaben Disteln köpfen — nach einem berühmten Zitat von Goethe, der Ihnen vielleicht nahesteht, weil Sie in der räumlichen Nähe zu Frankfurt leben — und diesen Staat kaputtschlagen zu können.

(Frau Dann [GRÜNE]: Unmöglich! — Stiegler [SPD]: Das Bildungsbürgertum hat schon immer schöne Zitate gehabt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen die jungen Mädchen und Frauen, die jungen Männer auffordern, sich von diesen Verführern nicht in die Irre führen zu lassen. Es ist ein Weg, von dem es häufig kein Zurück gibt. Er endet manchmal im Terrorismus, häufig aber in entsetzlichem persönlichem Unglück.
Wir möchten wünschen, daß die jungen Leute, die diesen Verführern folgen, ihren eigenen Führern und sich selbst gegenüber auch nur halb so kritisch wären, wie sie uns und unserem Staat gegenüber sind. Durchschauen Sie die Motive derer, die Sie in solche falschen Wege hetzen! Bleiben Sie auf dem Weg des Rechtes! Arbeiten Sie mit uns gemeinsam, daß dieser Staat noch besser wird, als er vielleicht ist,

(Ströbele [GRÜNE]: Was hat das mit der Konferenz zu tun?)

vielleicht besser, als Sie ihn sich vorstellen können. Der Weg der Gewalt und des Unrechts, dieses zynisch und offen verbreiteten Unrechts — das ist nicht einmal geheim wie das Kommen des Diebes in der Nacht, sondern wird offen vertreten —, ist abzulehnen.
Der Staat und die Polizei, die unseren Staat schützt, sind keine psychotherapeutische Anstalt. Wir danken den Polizeiorganen

(Ströbele [GRÜNE]: Wir nicht!)

und den bayerischen Behörden in diesem Fall, daß sie den Rechtsstaat korrekt, frühzeitig und erfolgreich verteidigt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es kann auch nicht die Aufgabe der Polizei sein,
nur dazustehen, zuzusehen und sich selbst zu schützen. Den Rechtsstaat, die Würde des einzelnen,
auch das Eigentum des einzelnen zu schützen, das ist Aufgabe der Polizei. Das ist hier vertreten worden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Da dies, Herr Präsident, wahrscheinlich die letzte Rede ist, die ich nach zehnjähriger Zugehörigkeit zum Bundestag hier gehalten habe, möchte ich die Gelegenheit benutzen, mich für gute Zusammenarbeit bei allen — oder bei fast allen — Kreisen und Gruppen dieses Hauses herzlich zu bedanken. Ich habe hier sehr gern gearbeitet. Ob erfolgreich oder nicht, das mögen die Kollegen entscheiden.

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Es war gut! Es war prima!)

Es ist üblich, beim letzten Auftritt um Entschuldigung zu bitten. Meine Damen und Herren, ich sehe das nicht richtig ein. Ich habe bewußt, ich habe überhaupt nie jemanden beleidigt. Wenn ich jemanden geärgert habe, dann war es bestimmt verdient und beabsichtigt.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)

Da wiederum ist kein Grund, sich zu entschuldigen. Aber heute bin ich milde gestimmt, wie Sie eben gemerkt haben. Darum will ich folgendes sagen:
Sollte mich einmal jemand beleidigt oder geärgert haben — es ist vergeben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025401600
Das Wort hat der Abgeordnete Catenhusen.

Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1025401700
Der Kollege Broll wird mir nachsehen, daß ich nicht mit der ihm heute eigenen Milde die Debatte fortsetzen möchte.
Meine Damen und Herren! Die Vorgänge in Regensburg sind für mich ein weiteres Glied in einer Kette von Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung, die Ablehnung des Ausbaus der Kernenergie durch einen erheblichen Teil der Bevölkerung politisch durch eine Strategie der Konfliktzuspitzung und verstärkter Maßnahmen des Ordnungsstaates in den Griff zu kriegen. Da kann der Bayerischen Staatsregierung, die in dieser Haltung heute auch öffentlich von der Bundesregierung durch Herrn Spranger ermutigt worden ist, nicht oft genug gesagt werden, was Kurt Biedenkopf schon vor Jahren formulierte: daß nämlich eine große Technologie, die von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird, die von einem beachtlichen Teil unserer Bevölkerung bekämpft wird — legal —, unserer Gesellschaft nicht ohne große Konflikte übergestülpt werden kann.
Meine Damen und Herren, es geht um die Auseinandersetzung um ein Projekt, dessen Unsinnigkeit feststeht,

(Fellner [CDU/CSU]: Nachdem ihr es beschlossen habt!)

dessen Unsinnigkeit Sie auch nicht widersprechen. Es geht um eine Wiederaufarbeitungsanlage, die energiepolitisch unnötig ist, die energiewirtschaftlich unsinnig ist und die die Bayerische Staatsregie-
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19785
Catenhusen
rung offensichtlich nur noch deshalb betreibt, um ihre Macht zu demonstrieren und um hier ihre Durchsetzungsfähigkeit gegenüber der Mehrheit der Bevölkerung auch mit Mitteln des Polizeieinsatzes demonstrieren zu können.

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Herbert Wehner hätte gesagt: Schwätzer!)

Diese Strategie der Zuspitzung des gesellschaftlichen Konflikts um die Kernenergie nimmt von Ihrer Seite auch die zunehmende Brutalisierung in Kauf. Maßnahmen des Polizeieinsatzes in Wackersdorf haben bewußt die Einbeziehung bisher Unbeteiligter in gewaltsame Auseinandersetzungen, in Übergriffe in Kauf genommen —

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Ihre Rede werde ich in meinen Versammlungen verteilen! Da freuen sich die Leute!)

ich sage sogar: gefördert.
Eine kriminalisierte Antikernkraftbewegung, meine Damen und Herren, das hoffen Sie doch, könnte der Ablehnung eines solchen Großprojekts endgültig ihre breite Basis in der Bevölkerung entziehen, ja, den Ruf nach Law and order wieder populär machen.
Die GRÜNEN haben diese Aktuelle Stunde beantragt. Sie sehen darin ein Zeichen der Solidarität mit der Antikernkraftbewegung. Aber, meine Damen und Herren, gerade deshalb möchte ich auch heute an die GRÜNEN appellieren: Entziehen Sie sich nicht — wie bisher häufig geschehen — Ihrer Verantwortung in diesem Konflikt und Ihrer Verantwortung gegenüber der Antikernkraftbewegung. Ich begrüße es, daß Frau Hönes nach den Vorfällen um Regensburg die Atomkraftgegner aufgefordert hat, friedliche Mittel bei der Verfolgung ihrer Ziele einzusetzen.
Es entsetzt mich, daß die Sprecherin Ihrer Partei, Jutta Ditfurth, anläßlich der Vorgänge in Regensburg nichts Besseres zu tun hatte, als im Pressedienst Ihrer Fraktion am 1. Dezember 1986 — ich zitiere — nach einer Verbesserung des Widerstands in seinem ganzen Spektrum gegen die Kernenergie zu rufen. Wer lesen kann, weiß, daß das „ganze Spektrum" auch die militanten und die gewaltsamen Formen des Widerstands umgreift.
Wo war die Distanzierung der GRÜNEN von den unsäglichen Worten von Robert Jungk?

(Zurufe von den GRÜNEN)

— Sie waren Veranstalter, meine Damen und Herren. Und wenn ich als Veranstalter mir jemanden einlade und er etwas redet, was gegen meine Überzeugung ist, dann sage ich das öffentlich; hier: daß Herr Jungk nicht für Sie gesprochen hat.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Ich war 1968 Student, wohl ebenso wie Herr Ströbele. Ich habe gelernt, daß das Spielen mit Gewalt, das Filibustern, man könne Gewalt gegen Sachen fein säuberlich von Gewalt gegen Personen trennen, damals dazu beigetragen hat, daß junge Menschen, die an der Reformfähigkeit unserer Gesellschaft zweifelten, auf eine schiefe Ebenen gesetzt wurden, die für einige im Terrorismus geendet ist.

(Dr. Olderog [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Weil ich diese Diskussion vor fast zwanzig Jahren aktiv miterlebt habe, sage ich Ihnen, besonders Herrn Ströbele: Nehmen Sie als GRÜNE endlich auch Ihren Teil der Verantwortung in diesem Konflikt wahr!

(Vogel [München] [GRÜNE]: Wir brauchen keine Belehrung von Ihnen!)

Wenn Sie, Herr Ströbele, heute zu dem Thema Gewalt kein Wort sagen, vielleicht auch, weil die Fraktion Ihnen offensichtlich untersagt hat, zu den Terrorgesetzen für die Fraktion zu reden,

(Vogel [München] [GRÜNE]: So ein Quatsch!)

dann möchte ich den Kollegen Bastian als Mitglied Ihrer Fraktion ausdrücklich ermutigen in seinem Versuch, die Anti-Kernkraft-Bewegung auf die Gewaltfreiheit festzulegen, der die Friedensbewegung bis heute ihre Stärke verdankt.
Wenn Frau Kukielka, Spitzenkandidatin der GAL, Anschläge auf Strommasten nach einem Bericht des Spiegels mit den Worten verteidigt „Solange es bei den Strommasten-Aktionen keine verletzten Menschen gibt, kann ich das nicht schlecht finden", so mag dies in einer bestimmten Szene gut ankommen. Nur, offensichtlich haben zwei Seiten ein Interesse an einer Zuspitzung des Konflikts:

(Beifall bei der SPD)

die Konservativen und die Autonomen, Militanten, die dem bürgerlichen Staat seine liberale Maske vom Gesicht zerren wollen, um endlich die Systemfrage mit Massenunterstützung gewaltsam lösen zu können. Daß Sie dieser Gruppe nicht widersprechen, daß Sie sich in der Vorbereitung von Demonstrationen durch einzelne Personen anbiedern wollen, bestürzt mich.
Wir Sozialdemokraten wollen den gesellschaftlichen Prozeß des Ausstiegs aus der Kernenergie organisieren. Ich fürchte, die GRÜNEN verstehen nicht, daß eine Eskalation von Gewalt selbst diesem Versuch die Zustimmung in der Gesellschaft rauben könnte.
Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025401800
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Olderog.

Dr. Rolf Olderog (CDU):
Rede ID: ID1025401900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein ungeschriebenes Thema dieser Aktuellen Stunde ist das Verhältnis der GRÜNEN zur Gewalt. Der offene Brief des GRÜNEN Abgeordneten Gerd Bastian in der „Frankfurter Rundschau" vom vorigen Montag an die schleswig-holsteinischen GRÜNEN zeigt die Aktualität dieses Themas.

(Ströbele [GRÜNE]: Wir nehmen das eben ernst!)

19786 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Dr. Olderog
Eindringlich fordert er seine Parteifreunde erneut auf, der Gewalt in der Anti-Atom-Bewegung eine klare Absage zu erteilen.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Reden Sie über den Abbau des Rechtsstaats in Bayern!)

Offensichtlich hat er dazu allen Grund.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Reden Sie über das zentrale Thema dieser Aktuellen Stunde!)

Gerade die GRÜNEN in meiner schleswig-holsteinischen Heimat waren es, die gemeinsam mit Hamburger GRÜNEN einen Aufruf zur Brokdorf-Demonstration am 7. Juni 1986 billigten,

(Frau Dann [GRÜNE]: Wir reden von Bayern, von Regensburg!)

in denen zu Blockaden, direkten Aktionen und zivilem Ungehorsam aufgerufen wurde.

(Sehr gut! bei den GRÜNEN)

Und es war nur folgerichtig, daß zwei Tage später der schleswig-holsteinische GRÜNEN-Vertreter Lars Henning sich weigerte, sich von den schweren Gewalttaten

(Vogel [München] [GRÜNE]: Der Polizei! Gewalttaten der Polizei!)

in Brokdorf zu distanzieren.
Ausdrücklich lehnte die neue Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im Niedersächsischen Landtag, Frau Hammerbacher, es ab, sich von Leuten abzusetzen, die — so wörtlich — „da schon mit Stahlkugelschleudern hingehen".
Kann man es noch deutlicher sagen als Lukas Beckmann, der damals formulierte: „Aktionen des aktiven gewaltfreien Widerstands schließen Gewalt gegen Sachen nicht aus"?
Frau Ditfurth ist bereits zitiert worden.
Eindeutig ist jetzt die Entscheidung des Bonner Landgerichts. Jeder darf behaupten: „Die GRÜNEN distanzieren sich nicht von Gewalt."

(Vogel [München] [GRÜNE]: Nein; nur die CDU in Bonn!)

Wir wissen doch von der Eskalation der Gewalt und davon wo das enden kann. Wo hat denn der Weg der heutigen Terroristen begonnen?

(Ströbele [GRÜNE]: Eben! Fragen Sie sich das mal! — Frau Dann [GRÜNE]: Ursache und Wirkung!)

Wir müssen begreifen: Die Gewaltfreiheit und die Verbindlichkeit unseres Rechts sind die tragende Säule unserer politischen Zivilisation. Es gibt keine politische Freiheit ohne den Rechtsstaat, der die demokratischen Gesetze strikt durchsetzt.

(Frau Dann [GRÜNE]: Sie bauen die aber ab, mit Macht!)

Das ist doch Ihr Trick, der Trick der GRÜNEN: Sie erklären Ihre politischen Ziele zu „Überlebensfragen", beanspruchen ein Monopol auf richtige
Antworten und glauben, gegen anderslautende Entscheidungen „Widerstand" mobilisieren zu dürfen.

(Frau Hönes [GRÜNE]: Sie setzen die Vernichtungstechnologie durch!)

Aber das, was Sie gern als „Widerstand" deklarieren möchten, ist nichts weiter als der Bruch von Recht und Gesetz.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: So ist es!)

Meine Damen und Herren, es spricht doch für sich, daß führende Politiker der GRÜNEN eine fast unglaubliche kriminelle Vergangenheit haben. Was ist das für eine Partei, die in das Europäische Parlament und in das deutsche Parlament Abgeordnete schickt, die nicht nur eine extremistische Vergangenheit haben, sondern von denen eine ganze Reihe wegen Unterstützung von Verfassungsfeinden und Terroristen zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind!

(Zuruf des Abg. Stiegler [SPD])

Der Abgeordnete Ströbele erhielt 1982 zehn Monate Gefängnis wegen der Unterstützung von RAFTerroristen. Und ausgerechnet dieser Mann ist sicherheitspolitischer Sprecher der GRÜNEN, meine Damen und Herren!

(Vogel [München] [GRÜNE]: Der kennt sich aus! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Müssen wir nicht der Öffentlichkeit sagen, daß die Europa-Abgeordnete Heinrich wegen des Transports von Waffen, die in einer konspirativen Terroristenwohnung sichergestellt wurden, zu 22 Monaten Gefängnis verurteilt wurde?
Dürfen wir es einfach so hinnehmen, daß die Europa-Abgeordneten Härlin und Klöckner wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten und Werbung für eine terroristische Vereinigung zu je zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurden?

(Zuruf des Abg. Vogel [München] [GRÜNE])

Was soll man eigentlich noch dazu sagen, daß die „Alternative Liste" als Kandidaten für das — —

(Schäfer [Offenburg] [SPD]: Kann mir jemand sagen, wo hier der Bezug zur Tagesordnung ist? — Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025402000
Meine Damen und Herren, ich bitte, mit diesen Zwischenreden etwas zurückhaltender zu sein.

(Schäfer [Offenburg] [SPD]: Kann hier jeder reden, was er will?)

— Ich habe gesagt: Zwischenreden, verehrter Herr Kollege. Es macht keinen guten Eindruck, wenn der Redner unentwegt gestört wird. Wir können uns auch in unserer parlamentarischen Demokratie gegenseitig zuhören. Das gehört auch zur politischen Kultur, verehrter Herr Abgeordneter Schäfer.

(Beifall bei der CDU/CSU — Schäfer [Offenburg] [SPD]: Herr Präsident, der ZuDeutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19787 Präsident Dr. Jenninger sammenhang mit der Tagesordnung ist schwer erkennbar!)

Herr Abgeordneter Olderog, fahren Sie fort, bitte.

Dr. Rolf Olderog (CDU):
Rede ID: ID1025402100
Was soll man eigentlich noch dazu sagen, daß die „Alternative Liste" als Kandidaten für das Berliner Abgeordnetenhaus ausgerechnet Gerold Klöpper präsentierte, der 1980 wegen Beteiligung an der Entführung des CDUPolitikers Lorenz und wegen der Freipressung von Terroristen zu elf Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt wurde?
Das alles ist doch eine unglaubliche Herausforderung für das Rechts- und Demokratieverständnis unserer Bürger! Täuschen wir uns nicht: Längst sind die GRÜNEN nicht mehr eine Okologie-Partei.

Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025402200
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Bitte kommen Sie zum Schluß!

Dr. Rolf Olderog (CDU):
Rede ID: ID1025402300
Längst haben sich bei den GRÜNEN doch jene Kräfte durchgesetzt, die letztlich eine andere Republik wollen. Die GRÜNEN sind heute nicht mehr eine Umweltpartei, sondern im Kern eine radikale linke Bewegung, eine Gefahr für Rechtsstaat und parlamentarische Demokratie.

(Beifall bei der CDU/CSU — Ströbele [GRÜNE]: Schön wärs! Weitere Zurufe von den GRÜNEN)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025402400
Das Wort hat der Abgeordnete Schäfer (Offenburg).

Harald B. Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1025402500
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist offenkundig unvermeidlich, daß die Aktuellen Stunden, je näher der Wahltag rückt, sich zumindest zu Teilen von dem eigentlichen Gegenstand abwenden und zu einer wechselseitigen Bewertung oder Beschimpfung mancher der im Bundestag vertretenen Fraktionen ausarten.
Um was geht es im Grunde? Aus unserer Sicht geht es um zwei Tatbestände. Es gibt unterschiedliche Auffassungen zur Energiepolitik, speziell zur Kernenergiepolitik. Ferner gibt es unterschiedliche Wege, wie man die Zielvorstellungen, die man vertritt, durchsetzt. Deswegen will ich noch einmal die Position der Sozialdemokraten eindeutig klarmachen. Dadurch wird deutlich, in welchen Punkten und wie wir uns von den anderen unterscheiden.
Der erste Punkt: Vor zwei Jahren, lange vor der Katastrophe in Tschernobyl, haben wir Sozialdemokraten beschlossen: Für uns ist die Kernenergie nur für eine Übergangszeit zu verantworten. Wir wollen eine sichere Energieversorgung ohne Kernkraft gewährleisten. Als ersten Schritt haben wir beschlossen: nein zur Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf, nein zum Schnellen Brüter in Kalkar. Beides sind sinnlose Projekte,

(Zurufe von der CDU/CSU)

energieversorgungspolitisch nicht notwendig; industriepolitisch nicht notwendig; sie verschlingen Milliardenvermögen.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Da kann ich nur lachen!)

Hier hat die Union eine andere Meinung, die FDP ebenfalls.
Zweitens. Für uns ist unverzichtbar, daß der Rechtsstaat bei der Verfolgung seiner Ziele sich eindeutig rechtsstaatlicher Mittel bedienen muß. Der Rechtsstaat gibt sich auf, der auch nur einen Zentimeter von diesem Grundsatz abweicht. Man kann den Rechtsstaat nicht schützen, indem man rechtsstaatswidrige Mittel anwendet. Dies gilt bei der Bekämpfung des Terrorismus ebenso wie bei der Durchsetzung politischer Vorstellungen. Auch deswegen ist für uns Sozialdemokraten der Weg, um Mehrheiten zu kämpfen, um beispielsweise die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf nicht in Betrieb gehen zu lassen, ohne Alternative.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: 35% kriegt Ihr! — Fellner [CDU/CSU]: Sagt doch, daß Regensburg in Ordnung war!)

Deswegen, meine Damen und Herren, können wir weder den Weg der CDU, noch den Weg der GRÜNEN in der Verfolgung ihrer Politik mitmachen. Sie, Herr Kollege Fellner, und Sie, Herr Kollege Miltner, geben im Grunde das Bemühung auf, was die Wiederaufarbeitungsanlage angeht, für Ihre Politik die Zustimmung der betroffenen Bevölkerung in und um Wackersdorf zu finden.

(Fellner [CDU/CSU]: Wieviel Prozent habt ihr denn in Bayern gekriegt?)

Sie setzen dort Ihre Politik mit Hilfe der Polizei durch. Sie mißbrauchen die Polizei zu politischen Zwecken. Das ist, was wir Ihnen vorwerfen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Auf dem Rücken der Polizei betreiben Sie Ihre Politik, weil Sie nicht fähig und nicht gewillt sind, eine konsensorientierte Politik herbeizuführen. Sie von den GRÜNEN spielen dabei bewußt oder unbewußt den Konservativen in die Hände.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Das mußte einmal gesagt werden!)

Im Ergebnis, meine Damen und Herren, bewirken Sie beide dasselbe: Wo Konsens, wo Sozialverträglichkeit auch bei der Wahl der Methoden bei der Durchsetzung der eigenen Politik erforderlich ist, fehlt es bei manchen von Ihnen, gottlob nicht bei allen, an der eindeutigen Aussage, daß Gewalt seit Jahrhunderten ein reaktionärer Faktor gewesen ist, wie es Wilhelm Liebknecht einmal formuliert hat.

(Zurufe von den GRÜNEN: Das stimmt nicht! — Fassen Sie sich an Ihre eigene Nase!)

Wer sich in der Bundesrepublik Deutschland nicht eindeutig von Gewalt gegen Personen und Sachen abgrenzt, der darf sich nicht wundern, wenn er auf der konservativen Seite die Reaktionen auslöst, die wir sehen: Die Rechten, Kollege Fellner, Kollege Olderog, und mancher von den GRÜNEN
19788 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Schäfer (Offenburg)

spielen sich objektiv in die Hände und erreichen genau das, was Sie angeblich verhindern wollen, daß das „Weiter so" dieser Koalition in der Energiepolitik anscheinend weiter so möglich sein kann.

(Beifall bei der SPD — Fellner [CDU/CSU]: Ja, das wird so sein!)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025402600
Das Wort hat der Abgeordnete Weirich.

Dieter Weirich (CDU):
Rede ID: ID1025402700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, um einen Glückwunsch an die Antragsteller von den GRÜNEN zu formulieren. Wenn ich die Statistik richtig gelesen habe, ist es die 50. Aktuelle Stunde in dieser Legislaturperiode. Deswegen empfehle ich dem Bundestagspräsidenten, Ihnen das goldene Kampfabzeichen für Frühaufsteher zu verleihen.
Hier sind vorhin bei der Rede des Kollegen Fellner zwei Vorwürfe aufgetaucht. Der erste war, diese Rede sei typisch deutsch gewesen. Ich möchte Ihnen dazu zwei Dinge sagen: Wenn es auch schlechte Volkseigenschaften der Deutschen gibt, dann zeigen sie sich besonders bei Ihnen. Sie sind geradezu urteutonisch. Es gibt kein einziges Parlament in der Welt, in dem im Morgengrauen über eine so unwichtige Sache über eine ganze Legislaturperiode hin geredet wird.

(Frau Dann [GRÜNE]: Da unterschätzen Sie aber den Vorfall!)

Dann erinnere ich mich an die Schriften von Richard Wagner zum Deutschtum. Er hat einmal gesagt, es sei typisch deutsch, eine Sache um ihrer selbst willen zu betreiben

(Roth [SPD]: Hören Sie doch auf, wenn es unwichtig ist!)

So gesehen sind Sie urteutonisch, meine Damen und Herren von den GRÜNEN.
Aber es ist gut, daß wir mit Argumenten streiten; denn Argumente sind immer besser als Gewalt. Gewalt ist die Zwillingsschwester der Primitivität. Deswegen empfehle ich Ihnen bei den GRÜNEN, sich in Zukunft nicht in Realos und Fundamentalos zu trennen, sondern in Parlamentaros und Primitivos. Das wäre die richtige Unterscheidung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte Ihnen aus dem Appell Ihres Bundestagskollegen Gert Bastian für die Gewaltfreiheit zitieren. Er hat dort geschrieben:
Die großen gewaltfreien Bewegungen der Neuzeit waren nach ihren oft jahrzehntelangen Kämpfen nur deshalb erfolgreich, weil sie nach diesen Prinzipien gehandelt, Gewalt nicht geduldet und Gewalttäter als Verbündete nicht akzeptiert hatten.
Was ist nach diesem selbstverständlichen Bekenntnis von Herrn Bastian passiert? Von seinen grünen Gesinnungsgenossen ist ihm vorgeworfen worden, defensiv, anpasserisch und untertänig zu sein. Welch eine Semantik muß man bei Ihnen eigentlich haben und welches Verständnis von Gewalt, wenn man dies als stumpfe Passivität bezeichnet, meine Damen und Herren!
Das erscheint auch ganz logisch, wenn man Ihre Wahlprogramme liest, z. B. das hessische. Dort steht eindeutig drin: Wir wollen Regel- und Gesetzesverletzungen, wenn andere Mittel nicht mehr greifen. Diese können bis zur gezielten Sabotage gehen.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Momentan sabotiert nur die Chemie!)

Ihr grüner Umweltminister, Herr Fischer, der einst gerufen hat: Freunde, werft die Bomben weg, nehmt wieder Steine, hat erklärt: Wir wollen doch nicht ins Parlament, um dort konstruktiv und auf ökologische Interessen ausgerichtet parlamentarische Arbeit für unsere Wähler zu leisten, sondern um diese Herrschaftsinstitution mit ihren eigenen Mitteln ad absurdum zu führen.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Das war 1963 oder so!)

Das wäre im Grunde genommen kein Problem, Herr Schäfer, denn es gibt immer solche Bewegungen an der Peripherie von Demokratien in freiheitlichen Staaten, wenn es nicht gleichzeitig das nützliche Idiotentum der deutschen Sozialdemokratie im rot-grün regierten Hessen geben würde.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD: Wird das nicht gerügt?)

Meine Damen und Herren, Sie haben sich den Lodenmantel angezogen und tauchen im Gewande des asketischen Müsli-Essers auf. Sie können aber von einer Partei, die sich der Toleranz, der Freiheit und der parlamentarischen Demokratie verpflichtet fühlt, nicht verlangen, daß wir sozusagen in einem großen Akt der Selbstverfremdung verschweigen,

(Ströbele [GRÜNE]: Was sagen Sie zu Regensburg?)

welchen Hintergrund an Subversion und Sabotage es gibt. Deswegen fordere ich Sie zum Schluß dieser Aktuellen Stunde auf: Klären Sie Ihre Beziehung zur Gewalt!

(Vogel [München] [GRÜNE]: Hören Sie doch auf! — Ströbele [GRÜNE]: Tun Sie das mal!)

Herr Stiegler, was Goethes „Faust" angeht, so sage ich: Gehirne sind die Bodenschätze der Nation, Fäuste sind der geistige Ausverkauf einer Nation.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025402800
Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist beendet.
Ehe wir in der Tagesordnung fortfahren, darf ich bekanntgegen, daß interfraktionell vereinbart wurde, Punkt 22 der Tagesordnung, zweite und dritte Beratung des Strahlenschutzvorsorgegesetzes abzusetzen. Dieser Punkt soll auf die Tagesordnung der nächsten Sitzungswoche gesetzt werden.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP einge-
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19789
Präsident Dr. Jenninger
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des Terrorismus
— Drucksache 10/6286 —
Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 10/6635 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Eylmann Dr. Stark (Nürtingen) Dr. de With

(Erste Beratung 243. Sitzung)

b) Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung zu den Grenzkontrollen zur Bekämpfung des Terrorismus
— Drucksache 10/6276 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates Innenausschuß (federführend)

Rechtsausschuß
c) Zweite und Dritte Beratung der von den Abgeordneten Dr. Miltner, Dr. Laufs, Broll, Fellner, Dr. Blank, Dr. Blens, Clemens, Gerlach (Obernau), Dr. Göhner, Kalisch, Krey, Dr. Warrikoff, Dr. Olderog, Regenspurger, Schmidbauer, Weirich, Weiß und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Hirsch, Baum, Kleinert (Hannover), Beckmann, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP und der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, des Verwaltungsverfahrensgesetzes, des Bundesverfassungsschutzgesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes
— aus Drucksachen 10/4737, 10/5343 —
aa) Erste Beschlußempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuß)

— Drucksache 10/6613 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Wartenberg (Berlin) Broll
Dr. Hirsch
bb) Bericht des Haushaltsausschusses

(8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung

— Drucksache 10/6636 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Kühbacher Dr. Müller (Bremen) Frau Seiler-Albring
Dr. Riedl (München)


(Erste Beratungen 195./213. Sitzung)

Hierzu liegen ein Änderungsantrag sowie ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf den Drucksachen 10/6614 und 10/6654 vor.
Meine Damen und Herren, nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die gemeinsame Beratung der Tagesordnungspunkte 21 a bis 21 c 90 Minuten vorgesehen. — Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Eylmann.

Horst Eylmann (CDU):
Rede ID: ID1025402900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Terrorwelle in unserem Land ist ungebrochen. Die letzten Mordfälle Beckurts, Groppler und von Braunmühl zeigen eine kaum noch zu überbietende Geringschätzung des menschlichen Lebens. Die RAF knallt nicht nur einzelne Repräsentanten unseres wirtschaftlichen und politischen Lebens wie Hasen ab. Gewalttätige anarchistische Gruppen sprengen auch Strommasten, zerstören Bahneinrichtungen, stecken Baukräne in Brand, alles mit dem Ziel, das verhaßte politische System der Bundesrepublik zu schwächen und die Bürger dieses Landes zu verunsichern. Eine wehrhafte Demokratie — und unsere Republik ist nach den Prinzipien des Grundgesetzes eine solche — kann und darf nicht darauf verzichten, sich in allen Bereichen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen den Terrorismus zur Wehr zu setzen. Dazu gehört die Aufdeckung seiner geistigen und gesellschaftlichen Ursachen ebenso wie die entschlossene Anwendung des Strafrechts. Wo politischer Protest die Ebene der Verweigerung und der Agitation deutlich verlassen hat und zur offenen und brutalen Gewaltanwendung übergegangen ist, ermuntert jedes Zögern, jedes vorsichtige Zurückweichen des Staates diejenigen, die im Begriff sind, in die Gewalt abzugleiten, und vergrößert damit das Gewaltpotential.

(Dr. Olderog [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Dies ist unsere Grundüberlegung, die hinter dem heute zur Beratung anstehenden Gesetzentwurf steht. Wir wollen das Gründen und die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung als Verbrechen einstufen und die Taten, auf deren Begehung terroristische Vereinigungen ausgerichtet sind, erweitern um gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr, in den Betrieb von Versorgungseinrichtungen und um die Zerstörung polizeilicher oder militärischer Kraftfahrzeuge oder von wichtigen technischen Arbeitsmitteln, die der Errichtung von Versorgungseinrichtungen dienen.
Die Einwendungen, die gegen die Erhöhung des Strafrahmens vorgebracht werden, sind mir völlig unverständlich. Ein Verbrechen liegt nach unserem Strafgesetzbuch vor, wenn eine Tat mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht ist. Zur Zeit beträgt die Mindeststrafe für Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sechs Monate. Wenn ein Jugendlicher einer Passantin auf der Straße mit Gewalt eine Handtasche entreißt, begeht er einen Raub und damit ein Verbrechen. Und da soll es von einem wesentlich geringeren Unrechtsgehalt sein, wenn sich jemand einer Organisation anschließt, deren Ziel es ist, Menschen zu
19790 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Eylmann
ermorden? Vermögen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht zu erkennen, daß die Anschläge auf Beckurts und von Braunmühl nur möglich waren, weil sich die Täter auf eine Organisation stützen konnten? Nicht Einzeltäter begründen die terroristische Gefahr, sondern straff organisierte, ausgezeichnet ausgerüstete und raffiniert handelnde Gruppen, die sich nach ihrer Vorstellung mit uns im Kriegszustand befinden.

(Dr. de With [SPD]: Das hat aber nichts mit Baumaschinen zu tun!)

— Darauf komme ich gleich noch.
Es ist in meinen Augen eine schlimme Bagatellisierung, wenn Sie die besondere Gefährlichkeit organisierter politischer Kriminalität nicht wahrhaben wollen.
Eine nicht geringere Verharmlosung terroristischer Erscheinungsformen ist es, wenn eingewandt wird, durch die Erweiterung des Katalogs würden militante Anarchisten, die doch „nur" Sachbeschädigung begingen, zu Terroristen „hochstilisiert". Schon das Vokabular ist verräterisch. Das Adjektiv „militant" ist etwas rücksichtsvoller als das deutliche „gewalttätig", das hier um der Klarheit willen angemessener wäre. Ich empfehle insbesondere den Herren der GRÜNEN, hier einmal zuzuhören.

(Mann [GRÜNE]: Wir hören zu! Wir sind ganz Ohr!)

Schlimmer aber noch ist das Herunterspielen, das Verharmlosen der Gefahren, die von den kriminellen Anschlägen auf Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen ausgehen. Es hat in diesem Jahr bisher etwa 350 Brand- und Sprengstoffanschläge gegeben. In mehr als 80 Fällen sind Strommasten umgelegt worden, genausoviel wie in den letzten fünf Jahren zusammen. In einigen Fällen ist es nur dem Zufall zu verdanken gewesen, daß es nicht zu Todesfällen gekommen ist. Am 5. Oktober dieses Jahres wurde an der Bahnstrecke München—Tutzing ein Oberleitungsmast abgesägt, kurz bevor der letzte vollbesetzte S-Bahn-Zug diese Stelle passierte. Nur weil die Oberleitung wider Erwarten nicht riß und der Mast hängenblieb, kam es nicht zu einer Katastrophe. Wenn Vereinigungen zur planmäßigen Begehung derartig gemeingefährlicher Delikte gegründet werden, sind das doch nicht mehr Kurzschlußhandlungen und Einzelaktionen frustrierter Kernkraftgegner. Das ist vielmehr politisch motivierte, organisierte, gemeingefährliche Kriminalität,

(Beifall bei der CDU/CSU)

deren entschlossene Bekämpfung wir den Hunderttausenden von Bahnbenutzern schulden, die täglich durch diese Gewalttäter gefährdet werden.
Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, in diesem Zusammenhang auch den Vorhalt nicht ersparen, daß Sie sich mit Sicherheit heute nicht gegen die Änderung des § 129 a StGB wehren würden, wenn z. B. am 5. Oktober die S-Bahn München—Tutzing entgleist wäre mit der Folge, daß Menschenleben zu beklagen gewesen wären.
In der Anhörung vor dem Rechtsausschuß ist geäußert worden, die politische Szene der Bundesrepublik sei zur Zeit noch nicht so, daß Antiterrorgesetze des hier vorgelegten Inhalts notwendig wären. Das provoziert die zynische Frage, wie viele die RAF und andere terroristische Vereinigungen denn noch töten müssen, bis es „reicht".

(Ströbele [GRÜNE]: Was hat das Gesetz damit zu tun?)

Es ist ohnehin beklagenswert zu beobachten, daß die Bereitschaft, zu härteren strafrechtlichen Sanktionen zu greifen und die Fahndungsmöglichkeiten der Polizei zu erweitern, augenscheinlich proportional zum Zeitablauf nach dem letzten Mord abnimmt.
Der Gesetzentwurf stellt weiterhin auch die Anleitung zu bestimmten schweren Gewalttaten durch Einführung eines neuen § 130 a in das Strafgesetzbuch unter Strafe. Wir halten das für notwendig, weil es unerträglich ist, daß in alternativen und ähnlichen Publikationen detaillierte Anleitungen zur Begehung schwerer Straftaten verbreitet werden. Anschläge auf Strommasten sind schon genau nach diesen Anleitungen ausgeführt worden. Im Zusammenhang mit der zunächst vorgesehenen Kronzeugenregelung hat man darauf hingewiesen, daß es bedenkliche Folgen für das allgemeine Rechtsgefühl haben könne, wenn man Mörder straffrei lasse. Das war ein sehr ernst zu nehmender Hinweis und Einwand. Ich stehe nicht an, einzuräumen, daß mir aus diesem Grunde eine Zustimmung zur Kronzeugenregelung sehr schwergefallen wäre. Mißt man aber nicht mit zweierlei Maß, wenn man kaum ein Wort darüber verliert, wie denn eine straflose Verbreitung von Verbrechensanleitungen auf das Rechtsgefühl der Bürger in diesem Lande wirkt? Ich weiß aus Gesprächen mit vielen Bürgern, daß sie sich — auch vor dem Hintergrund ihrer geschichtlichen Erfahrung mit Schreibtischtätern — in ihrem elementaren Gefühl für das, was strafwürdig ist, verletzt sehen, wenn der Staat hier nicht einschreitet.

(Dr. Emmerlich [SPD]: Man darf doch Kriminalromanautoren nicht unter Strafe stellen!)

— Ich zitiere gleich einmal etwas, was nicht vom Autor eines Kriminalromans stammt.
Man hört den Einwand — der kommt ja insbesondere aus Ihrer Richtung —, diese Vorschrift würde die geistige Auseinandersetzung mit dem Terrorismus unmöglich machen.

(Ströbele [GRÜNE]: So ist es!)

Der nordrhein-westfälische Innenminister Schnoor hat in ausdrücklich hervorgehobener Übereinstimmung mit Johannes Rau von einem Anschlag auf die Meinungsfreiheit gesprochen.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Toll! — Zurufe von der SPD)

— Er hätte lieber geschwiegen.
Was sind denn das nun für Publikationen, die wir im Auge haben?

(Ströbele [GRÜNE]: Die TAZ z. B.!)

Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19791
Eylmann
Ich habe hier die Ablichtung einer Broschüre die im letzten Jahr im süddeutschen Raum kursierte. Der Titel: Erfahrungsbericht — Sieger im Wettbewerb „Mastsprengung 1985 — Hau weg die Scheiße!". Ich zitiere aus dem Vorwort:
Dieses Papier soll die Leute ansprechen, die mit dem Gedanken spielen, außerhalb der Legalität politisch zu arbeiten, weil sie mit ihrer Wut im Bauch immer nur so weit kommen, wie es der Staatsapparat zuläßt. Alle anderen
— hören Sie bitte zu —
wollen wir auf diese Idee bringen, nicht indem wir politische Überzeugungsarbeit leisten — die müßt ihr schon mitbringen —, sondern indem wir zeigen, was für diesen Weg notwendig ist und was nicht. Ihr werdet sehen, daß Militanz keine Elite oder Spezialisten braucht.

(Dr. Emmerlich [SPD]: Das ist bereits strafbare Anstiftung! Sie müssen einmal ein bißchen Nachhilfeunterricht im geltenden Recht nehmen!)

Da wird gleichsam der Demokratisierung der Gewalt das Wort geredet. Das verkennen Sie. Wer die Verbreitung solcher Schriften als notwendig für die geistige Auseinandersetzung mit dem Terrorismus ansieht, hat eine Vorstellung von geistiger Auseinandersetzung und politischer Kultur, die ich nicht mehr nachvollziehen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025403000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ströbele?

Horst Eylmann (CDU):
Rede ID: ID1025403100
Wenn das nicht angerechnet wird, gerne.

Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025403200
Ich rechne Ihnen das nicht an.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1025403300
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß es einen § 111 des Strafgesetzbuches gibt, der das, was Sie gerade vorgelesen haben, auch heute schon unter Strafe stellt?

(Dr. Emmerlich [SPD]: Das ist ihm bekannt, aber er tut so, als wisse er es nicht!)


Horst Eylmann (CDU):
Rede ID: ID1025403400
Das ist nicht richtig. Dies stammt aus einer Sammlung des Innenministeriums, in der Fälle zusammengestellt sind, in denen zur Zeit ein Einschreiten nicht möglich ist. Sie irren sich.

(Lachen bei der SPD)

Wer sich im Zusammenhang mit der heutigen Gesetzesvorlage

(Dr. Emmerlich [SPD]: Herr Eylmann, Sie müssen einmal zum Repetitor gehen, um Ihre Rechtskenntnisse aufzufrischen!)

als ein Hüter liberaler Freiheitsrechte, so der Vereinigungs- und Meinungsfreiheit, aufspielt, hat die
Lehre der Geschichte vergessen, die sich im Grund-
gesetz niedergeschlagen hat. Er übersieht nämlich, daß eine Liberalität, die die Freiheit des Bürgers meint, gerade in gefährlichen Zeiten auf einen entschlossenen und einen starken Staat angewiesen ist. Er übersieht, daß die Liberalität, die er den Gewalttätern der Stirn und der Faust entgegenbringt, eine höchst illiberale Kehrseite für die anderen vom Terror bedrohten Bürger hat. Diese müssen sich nämlich Schutzmaßnahmen unterwerfen, die ihrer Freiheit durchaus nicht zuträglich sind, und können selbst dadurch ihr Leben und ihre Gesundheit vielfach nicht zuverlässig schützen.

(Dr. Emmerlich [SPD]: Geht es nicht noch etwas primitiver?)

Niemand, meine Damen und Herren, gibt sich der Illusion hin, man könne mit dem Mittel des Strafrechts den Terrorismus ausrotten. Dieses Gesetz ist eine flankierende Maßnahme, die allerdings unsere Entschlossenheit zeigt, diese Republik gegen alle Angriffe von innen zu verteidigen.

(Zuruf von der SPD: Wird es dann leichter, sie zu verteidigen?)

Entscheidender noch ist die Auseinandersetzung über die geistigen, gesellschaftlichen und politischen Wurzeln der Gewalt. Da gibt es nun Stimmen, die sagen: Stoppt Wackersdorf, steigt aus der Atomwirtschaft aus, dann hören die Anschläge auf Strommasten auf.

(Dr. Emmerlich [SPD]: Sie müssen einmal Herrn Strauß zu Grenzblockaden hören!)

Ich antworte: Wenn wir das täten, wäre das Zurückweichen vor der Gewalt; es wäre die Kapitulation vor dem Terror und der Anfang vom Ende dieses Rechtsstaats.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Kapitulation der Mehrheit vor der Minderheit!)

Es gibt in diesem Lande Probleme und Schwierigkeiten, aber nicht ein einziges Problem, das die Anwendung von Gewalt rechtfertigen würde. Darüber wird ja so leichthin verbale Übereinstimmung erzielt, aber diese Übereinstimmung ist trügerisch. Aus dem politischen Raum hat es in den letzten Jahren immer wieder verantwortungslose Verharmlosungen, philosophisch überhöhtes Verständnis bis hin zur klammheimlichen Sympathie für Gewaltanwendung gegeben. Daß die GRÜNEN hier keine eindeutige Grenze zur politischen Gewaltanwendung ziehen, ist ja inzwischen gerichtsnotorisch. Das ist zwar an sich schon schlimm genug, gewinnt aber seine besondere Gefährlichkeit durch den Bündnispartner, den Sie, die GRÜNEN, ja zunehmend in Gestalt der Sozialdemokratie finden. Ihre vollmundigen Resolutionen gegen Terror und
19792 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Eylmann
Gewalt bleiben leeres Gerede, solange Sie mit dieser Bewegung, die sich nicht eindeutig für den Rechtsstaat und gegen Gewalt ausspricht, paktieren und politische Bündnisse schließen, wie Sie es laufend tun.

(Ströbele [GRÜNE]: Reden Sie von der Polizei in Regensburg oder von wem?)

Ihr Problem besteht doch darin, daß Sie in zunehmendem Maße Koalitionen auf der kommunalen Ebene — bis hin zu Hessen — mit den GRÜNEN eingehen,

(Zurufe von der SPD: Sie auch!)

sie dadurch aufwerten und sich dann wundern, daß die Wähler lieber das Original anstelle des Plagiats wählen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Billige Polemik!)

— Das ist keine billige Polemik. In einer Stadt am Rande der Lüneburger Heide ist gerade ein sozialdemokratischer Bürgermeister mit den Stimmen der GRÜNEN und des einzigen Kommunisten im Rat gewählt worden. Das ist die Realität.

(Zuruf von der SPD: Das hat doch mit dem Antiterrorgesetz nichts zu tun!)

Dadurch werten Sie diese Bewegung, diese Partei laufend auf. Sie sind doch eine alte demokratische Partei mit einer alten demokratischen Vergangenheit. Heute, wo es darum geht, diesen Staat, den Sie mit aufgebaut haben, gegen Angriffe von innen zu verteidigen, da verweigern Sie sich, da steigen Sie aus und können sich angesichts Ihrer beklagenswerten Zerrissenheit nur noch darauf einigen, daß Sie nichts tun. Das ist die Situation.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Mann [GRÜNE]: Und Sie machen diesen Staat zum Atomstaat, Herr Eylmann!)

Sie, die Damen und Herren von der Sozialdemokratie, aber auch die Bürger in diesem Lande können sicher sein: Wir entziehen uns dieser Verpflichtung nicht, diesen Staat, den wir aufgebaut haben, zu verteidigen. Wir werden unsere Rechtsordnung, die ja eine Friedensordnung ist, in der das Gesetz an die Stelle des Faustrechts getreten ist, eine Friedensordnung, die den Schwächeren gegenüber dem Stärkeren schützt, mit gelassener Festigkeit, allerdings auch mit entschlossener Konsequenz verteidigen.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID1025403500
Das Wort hat der Abgeordnete de With.

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID1025403600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die RAF der 70er Jahre hatte unseren Staat überrascht. Das Phänomen des Terrorismus war neu. Die Form der Organisation und die internationale Zusammenarbeit bildeten eine neue und schwer erfaßbare Sonderart der Schwerstkriminalität. Ziel waren erste Repräsentanten dieses Staates, die man als Geiseln „vorführen" wollte, um — so sagten sie — „die Demokratie zu entlarven". Es gab ein nicht unerhebliches Umfeld. Strafgesetzbuch und Strafprozeßordnung waren ebensowenig darauf vorbereitet wie die Fahndung und die Offentlichkeit.
Gesetze wurden seinerzeit maßvoll angepaßt, das Bundeskriminalamt zu einem wirksamen Fahndungsinstrument umgestaltet. Die Öffentlichkeit wurde mobilisiert und die geistige Auseinandersetzung mit dem Umfeld aufgenommen. Die Fahndungserfolge blieben nicht aus.
Die Nachfolger der RAF morden weiter. Rücksichtsloser und brutaler als bisher wird geschossen und gebombt, vornehmlich gegen Personen, die nicht im Rampenlicht stehen. Es wird versucht, Schrecken zu verbreiten. Ein Ziel ist schwer erkennbar.
Die Öffentlichkeit ist wenig mobilisiert. Der offene Brief der Brüder des ermordeten Ministerialdirektors von Braunmühl ist der einzige und, wie ich meine, sehr lobenswerte Versuch der öffentlichen Auseinandersetzung mit den Terroristen und ihren Helfershelfern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der GRÜNEN)

Die Fahndungserfolge fehlen, und der Bürger spürt den Unterschied zu damals.
Damals wie heute wird Morden vergeblich sein. Terroristen können diesen Staat nicht zerbomben. Sie bringen nur Leid und ernten Verachtung. Und sie werden wie in den 70er Jahren gefaßt werden, früher oder später. Mord überzeugt freie Menschen nicht. Es macht sie schaudern und eint sie zur Abwehr.
Gesetzgeberischer Aktionismus wird deshalb die Terroristen ebensowenig beeindrucken wie überzogene Straftatbestände die Terroristen und deren Umfeld abschrecken werden. Unsinnige Verschärfungen und in der Hast zusammengeschusterte un-praktikable Bestimmungen arbeiten den Terroristen allenfalls in die Hände. Sie erreichen damit eine Deformation unserer freiheitlichen Gesetzgebung und verspotten unsere angebliche Hilflosigkeit.
Extreme cases make bad laws; so heißt es seit langem in Großbritannien: Extreme Fälle machen schlechte Gesetze.
Es wäre deshalb ein mutiges Zeichen der Besonnenheit gewesen, hätten Sie mit der Aufgabe des Kronzeugen das ganze Vorhaben fallengelassen.

(Beifall bei der SPD)

Sie hätten damit in der Tat unserem freiheitlichen Rechtsstaat einen Dienst erwiesen.
Nun haben die Verantwortlichen der FDP überhaupt keinen Grund, sich mit dem Hinweis in die Brust zu werfen, ihnen sei es zu danken, daß die unselige Kronzeugen-Regelung „gestorben" sei, und daß sich die Liberalen damit gegen den Hardliner Strauß durchgesetzt hätten.

(Zuruf des Abg. Dr. Hirsch [FDP])

Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19793
Dr. de With
Die Entscheidungsträger der Liberalen hatten sich vielmehr nach der Bayern-Wahl — Herr Hirsch, das trifft für Sie nicht zu — angepaßt und damit den Pfad rechtsstaatlicher Tugend — man muß es einmal sagen — verlassen. Erst das Debakel des Anhörungsverfahrens im Rechtsausschuß hatte die FDPBasis aufgeschreckt. Was wäre denn gewesen, wenn es nicht zufällig diesen FDP-Parteitag gegeben hätte? Dabei hätten Sie Gelegenheit gehabt, durch Ablehnung auch des Restes dieses Anti-Terror-Pakets wieder rechtspolitische Statur zu gewinnen,

(Mann [GRÜNE]: Sehr richtig!)

denn dieser steht im Kern — nur, das ist bisher an der Öffentlichkeit vorbeigegangen — der Kronzeugen-Regelung nicht nach.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Mann [GRÜNE])

Die Regierungsfraktionen und die Bundesregierung haben den Straftatbestand der Bildung einer terroristischen Vereinigung, eine Vorfeldbestimmung, zum Verbrechen gemacht und den in diesem Organisationsdelikt enthaltenen Straftatenkatalog ergänzt.

(Vorsitz: Vizepräsident Frau Renger)

Es ist immer gut, sich an Beispielen zu vergegenwärtigen, was das bedeutet. In Zukunft wird deshalb z. B. als Verbrecher mit einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe eingestuft, wer mit zwei anderen plant — es genügt das Planen —: 1. Feuermelder außer Kraft zu setzen oder 2. Steine auf das Zugpersonal zu werfen, wenn die sonstigen Voraussetzungen des Organisationsdeliktes vorliegen.

(Kleinert [Hannover] [FDP]: Ungewöhnlich unseriös!)

Das ist, wie Sie wissen, Herr Kleinert, die geltende Rechtsprechung. Sie müssen das nur nachlesen im Standardkommentar von Dreher Tröndle.
Erst in allerletzter Sekunde haben Sie durch eine Änderung in der letzten Rechtsausschußsitzung verhindert, daß z. B. das bloße Anzünden von kleinen zweirädrigen Betonmischmaschinen zur Katalogtat wird. Aber auch die hier noch rasch vorgenommene Einschränkung ändert nicht viel; denn schon die Zerstörung mittlerer Baugerüste gehört fortan zu den Katalogtaten, denn diese sind nach der Rechtsprechung von bedeutendem Wert und von wesentlicher Bedeutung für die Errichtung einer Anlage.
Durch diese kolossale und wenig durchdachte Ausweitung werden in Zukunft viele zu Terroristen gestempelt werden, die auch Sie eigentlich nicht unter die Terroristen einreihen können. Das Umfeld des Terrorismus wird damit entscheidend ausgeweitet.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie, Herr Eylmann, darauf verweisen, was denn gewesen wäre, wenn der Zug bei Starnberg verunglückt wäre, dann kann ich nur sagen: Wäre dies vorbedacht geschehen und hätte es Tote gegeben, dann wäre dies Mord oder Totschlag, und
schon der Totschlagversuch kann mit Freiheitsstrafe von 15 Jahren geahndet werden, und es bedürfte dieser von Ihnen vorgenommenen Erweiterung des Deliktes nicht. Man übersieht, daß alles, was wirklich relevant ist, schon mit erheblichen Strafen bedroht ist.
Damit — ich will es noch einmal sagen — eines ganz klar ist: Wir Sozialdemokraten mißbilligen jede Gewalt, auch gegen Sachen, erst recht jede vereinte Sachbeschädigung. Aber wir wehren uns mit eben solchem Nachdruck gegen jedes Übermaß.
Gravierender noch ist die Einführung des 1981 gestrichenen Straftatsbestandes der Anleitung zu Straftaten, ebenfalls ein Vorfelddelikt. Diese Vorschrift hat in ihrem Absatz 2 eine völlig unvertretbare Ausweitung erfahren, die es in dieser Form bisher in unserem mehr als hundertjährigen Strafrecht nicht gab. Fortan reicht es zur Bestrafung, wenn eine Schrift verkauft wird, die auch nur „geeignet" ist, als Anleitung zu gewissen rechtswidrigen Straftaten zu dienen, wenn der Richter nur glaubt, daß dies geschehen ist — ich zitiere wörtlich —, „um die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tat zu begehen". Das heißt, die frühere Bremse, daß eine solche Schrift auch ihrem Inhalt nach dazu bestimmt sein muß, ist weggefallen. Das bedeutet folgendes. Wenn ein Buchhändler in Schwandorf z. B. ein detailliertes Chemiebuch in Verbindung mit dem „Reihert" — wer bei der Bundeswehr war, der weiß, was ich meine; es ist dieses Buch hier, es ist das Handbuch für den Soldaten — einen Leutnant der Bundeswehr verkauft, wird ihm nichts passieren. Verkauft er es jedoch an eine Person mit Nickelbrille, Parka und wildem Haar, dann läuft er Gefahr, in ein Ermittlungsverfahren gezogen zu werden.

(Zuruf von der SPD: Unglaublich! — Zurufe von der CDU/CSU)

Diesen „Reibert" kann jeder überall kaufen oder leihen. Ich habe ihn hier aus der Bibliothek des Bundestages geholt.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Auch wir wenden uns mit großem Nachdruck dagegen, daß mit scheinheiligen Flugblättern der Versuch unternommen wird, Emotionen, wenn auch verständliche, in Straftaten umzumünzen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, wir dürfen doch nicht das Kind mit dem Bad ausschütten.
Positiv stehen wir der Ausdehnung der Strafverfolgungskompetenz des Generalbundesanwalts gegenüber, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung, deren Kopf im Ausland sitzt, verfolgen zu können. Nur, CDU/CSU und FDP haben die Beratungen hierzu ohne Not mit einer derartigen Eile duch den Rechtsausschuß gejagt, daß nicht einmal das Außenministerium oder der Auswärtige Ausschuß dazu Stellung nehmen konnten. Es muß doch gefragt werden können, ob ein solches Ermittlungsverfahren nicht etwa außenpolitische Belange berührt, z. B. dann, wenn der Täter sich als Mitglied einer Widerstandsbewegung aus der Dritten Welt fühlt. Die weitere Ausbildung der Strafrechtskom-
19794 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Dr. de With
petenz des Generalbundesanwalts stößt bei uns auf Widerstand. Sie höhlt die Justizhoheit der Länder aus und wirft die Frage auf, ob das Prinzip des gesetzlichen Richters noch gewahrt bleibt. Bei den Beratungen konnte kein einziges Beispiel dafür genannt werden, daß die Landesstaatsanwaltschaften versagt hätten oder die Strafverfolgung durch den Generalbundesanwalt mehr gebracht hätte.

(Mann [GRÜNE]: Sehr wahr!)

Wir werden sehen, wie sich die Länder, die auch dazu nicht gehört wurden, verhalten werden. Bayerische Sachverständige jedenfalls haben in dem Anhörungsverfahren Bedenken angemeldet.
Wir Sozialdemokraten haben in den 70er Jahren, wie ich schon sagte, Strafgesetzbuch und Strafprozeßordnung geändert. Dazu bekennen wir uns.

(Zuruf von der SPD: Wir haben auch die Terroristen geschnappt!)

Es war nötig; aber ich sage auch: Es war ein mittlerer Weg.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch euer Problem!)

Der Mittelweg ist noch lange kein Mittelmaß. Übermaß ist aber mit Sicherheit ein trügerischer Weg.

(Zustimmung bei der SPD) Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen.


(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025403700
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert (Hannover).

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID1025403800
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich möchte zunächst einmal dem Irrtum entgegentreten, daß Freiheit und Sicherheit zueinander in einem antagonistischen Verhältnis stehen. Diese Auffassung ist falsch.

(Dr. Olderog [CDU/CSU]: Richtig! Das hat Herr Maihofer nie begriffen!)

Freiheit und Sicherheit bedingen einander. Ich kann überhaupt nur dann frei leben, wenn ich ein gewisses Maß an Sicherheit habe. Deshalb stellen sich die Liberalen immer wieder neu der Herausforderung des Terrorismus. Es gibt einen gewissen Unterschied insofern, Herr de With, als Sie heute nicht mehr in der Regierungsverantwortung sind und deshalb auf einmal meinen, Sie hätten 1975 gerade noch das Notwendige getan und müßten heute natürlich nichts mehr tun. Der ganze Unterschied liegt darin, daß Sie mit der gewissen Lockerheit, die die Oppositionsrolle mit sich bringt, meinen, Sie könnten sich der Verantwortung entziehen,

(Zustimmung bei der FDP und der CDU/CSU)

die aber in einem ganz extremen Maß besteht. Wir haben neue Formen des Terrorismus; das haben uns nun wirklich alle Sachverständigen bestätigt.

(Ströbele [GRÜNE]: Welche Sachverständigen? — Mann [GRÜNE]: Sie waren nicht da!)

— Herr Mann, es ist wirklich höchste Zeit, daß Sie sich einmal etwas anderes ausdenken, als mir zu sagen, ich sei nicht dagewesen, obwohl ich ständig anwesend war.

(Ströbele [GRÜNE]: Wo waren Sie denn bei der Anhörung? — Mann [GRÜNE]: Was hat Herr Lochte denn gesagt?)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025403900
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Penner?

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID1025404000
Herr Lochte gehört zu den mehreren bedauernswerten Sicherheitsfunktionären dieser Republik, die zuviel reden und zuwenig tun. Davon kann ich noch einige erwähnen.

(Sehr gut! bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025404100
Herr Kollege Kleinert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Penner? — Herr Kollege Kleinert, ich kann nicht sehen, ob Sie ja oder nein sagen.

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID1025404200
Bitte schön, Herr Penner.

Dr. Willfried Penner (SPD):
Rede ID: ID1025404300
Verehrter Herr Kollege Kleinert, ich kann noch begreifen, daß der sehr verehrte Kollege Eylmann einen Handlungsbedarf ausschließlich für den Gesetzgeber gesehen hat; ich möchte Sie aber fragen, lieber Herr Kollege Kleinert, ob Sie tatsächlich der Auffassung sind, daß dies die Stunde der Legislative ist.

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID1025404400
Herr Kollege Penner, diese interessante Frage war mir auch schon aufgefallen, was gar nicht verwundert. Wir beide kommen häufig auf ähnliche Fragestellungen. Ich wollte im weiteren Verlauf meiner Ausführungen darauf eingehen.
Ich kann auch an dieser Stelle darauf eingehen. Ich bin nicht der Meinung, daß hier vorrangig der Gesetzgeber gefragt wäre. Wir haben seit vielen Jahren versucht, die Exekutive zu bitten, das ÄuBerste zu tun, um mit den gegebenen Mitteln die terroristischen Taten wirkungsvoll zu bekämpfen, und wir haben immer wieder gesagt, daß im Bereich der Exekutive hier — leider, kann man nur sagen — die Hauptverantwortung liegt.

(Ströbele [GRÜNE]: Bei Herrn Zimmermann oder bei wem?)

Nun kommt allerdings die interessante Überlegung ins Spiel, ob man sich jahrelang hier an das Podium stellen und die Exekutive zu mehr Tätigkeit ermahnen kann, ohne seinerseits auf die Bitten der Exekutive einzugehen, ihr auch von gesetzgeberischer Seite ein besseres Instrumentarium zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das ist irgendwann einmal eine Frage der Fairneß gegenüber denen, die wir dauernd zu zusätzlichen Anstrengungen ermuntern zu können glauben und die an uns ebenfalls Anforderungen stellen. Herr Penner, das sieht sich mit Sicherheit in Regierungs-
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19795
Kleinert (Hannover)

verantwortung anders als in der Opposition an; ich sprach das Thema vorhin bereits an. Deshalb sind wir der Meinung, daß wir uns nicht versagen können, das, was vielleicht — ich bin da ganz vorsichtig — gesetzgeberisch noch zu erreichen ist, auch von uns aus zu tun, damit wir dann allerdings ein um so besseres Fundament haben, von der Exekutive ihren Anteil noch energischer als bisher einzumahnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Das sind zwei Seiten der gleichen Medaille.


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025404500
Herr Kleinert, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID1025404600
Ich bitte darum.

Dr. Willfried Penner (SPD):
Rede ID: ID1025404700
Würden Sie, lieber Herr Kollege Kleinert, mit mir der Auffassung sein, daß die ganzen diesbezüglichen gesetzgeberischen Betriebsamkeiten eigentlich nur dazu dienen, die Verschleierung der politischen Verantwortung des Bundesinnenministers zu ermöglichen?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)


Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID1025404800
Ich habe eben versucht, in normaler, in fairer Form die beiden Seiten der Münze darzustellen: die Verantwortung des Gesetzgebers und die Verantwortung der Exekutive. Ich gedenke überhaupt nicht, von dieser ausgewogenen Haltung abzugehen, auch nicht, um Ihnen zu ermöglichen, hier einen kleinen Oppositionsgag anzubringen.

(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU — Ströbele [GRÜNE]: Hat er doch schon!)

Tatsache ist, Herr Penner, daß es einige Dinge gibt, die man so, und andere gibt, die man so betrachten kann.

(Zuruf von der SPD: Ach nee! — Ströbele [GRÜNE]: Der Philosoph Kleinert!)

Das heißt, man muß differenzieren. Es ist nicht möglich, die hier vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen einfach über einen Kamm zu scheren. Es gibt da sehr unterschiedliche Dinge.
Es gibt z. B. diesen § 130 a, zu dem sich Herr Eylmann vorhin sehr zutreffend geäußert hat. Ich ärgere mich bei dem § 130a nur darüber, daß wir ihn nach ursprünglicher Einführung — im übrigen in trautem Einvernehmen mit den hier anwesenden Mitgliedern der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands — wieder abgeschafft haben

(Dr. Penner [SPD]: Weil es nichts gebracht hat!)

und ihn jetzt wieder einführen. Das ärgert mich ein wenig, weil das nicht gerade die ganz elegante und zielsichere gesetzgeberische Art ist, mit einem solchen Sachverhalt umzugehen.

(Ströbele [GRÜNE]: War das ein Betriebsunfall?)

— Die Einzelheiten dieses Vorganges behalte ich bis zur Verfassung meiner Memoiren, die nie erscheinen werden, für mich.

(Heiterkeit)

Es war ein betrüblicher Vorgang — ich habe das eben schon deutlich gesagt —: Wenn man so etwas einmal eingeführt hat, soll man es nicht ohne Grund wieder abschaffen, nur weil einzelne Persönlichkeiten dies wollen. Das war unser Fehler, nicht daß wir es jetzt wieder einführen. Abgesehen davon ist es jetzt besser formuliert,

(Dr. de With [SPD]: Es ist erweitert!)

als es in dem alten § 88 a und in dem alten § 130 a formuliert war. Die jetzige Formulierung halte ich für besser.
Damit komme ich übrigens auf einen sehr interessanten Punkt des von mir kochgeschätzten Kollegen de With, der hier wieder so skurrile Beispiele angeführt hat, was alles mit solchen gesetzlichen Vorschriften passieren kann, wenn völlig unfähige Richter sie in die Hand bekommen und dann die skurrilsten Beispiele aus Übungen des ersten Semesters Strafrecht in die Wirklichkeit gedeihen lassen. Dagegen sind wir nicht geschützt.

(Heiterkeit)

Aber unsere Richter sind im großen und ganzen sehr gut. Deshalb glaube ich, daß Ihre skurrilen Beispiele nicht in die Wirklichkeit erwachsen werden, sondern daß z. B. der Grundsatz der Sozialadäquanz da durchschlagen wird, wo Sie befürchten, daß einzelne Dinge mißverstanden werden könnten. Im § 129 a sind nicht Stammtischbrüder gemeint, die volltrunken aufbrechen, um das Auto ihres Chefs zu beschädigen,

(Heiterkeit)

sondern es sind Leute gemeint — und dazu gibt es eine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs —, die sich unter eine gemeinsame Ordnung einfügen, die einem gemeinsamen, längerfristig angelegten Ziel folgen, immer wieder solche Delikte zu begehen.

(Dr. Penner [SPD]: Die haben aber keine Satzung!)

Deshalb schenken Sie sich doch Beispiele, die nur zur Verwirrung des Sachverhaltes beitragen, statt auf den Kern der Sache zu kommen, daß es nämlich um solche Fälle geht, in denen man sich nachhaltig zusammengetan hat, terroristisch tätig zu werden. Ob Sie den Strommast nun auf den Intercity fallen lassen oder ob Sie dem Mann gleich eine Kugel in den Kopf jagen,

(Dr. Penner [SPD]: Das ist strafbar!)

das Ergebnis ist für die Betroffenen ungewöhnlich ähnlich.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es ist ein Ergebnis, das wir nun einmal nicht wollen. Nur darauf geht die Erweiterung im § 129 a hinaus.

(Dr. de With [SPD]: Nein, das ist falsch!)

19796 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Kleinert (Hannover)

Im übrigen haben wir in den Beratungen der Koalition z. B. eine Milderungsvorschrift gleich mit eingefügt, um auch diesem Einwand rechtzeitig entgegentreten zu können.

(Dr. de With [SPD]: Das war vorher schon drin!)

— Nein, das war sie nun einmal leider nicht,

(Dr. de With [SPD]: Natürlich!) aber wir haben sie eingefügt.


(Dr. de With [SPD]: Drin war sie!)

Auf diese Weise ist es ganz uninteressant, hier mit den Höchstzahlen um sich zu werfen, wenn man weiß, daß das Strafmaß normalerweise irgendwo im mittleren Feld von unseren Gerichten gefunden wird und daß wir lediglich eine zusätzliche Möglichkeit schaffen wollten.
Ich sage aber auch in aller Offenheit dazu: Die materiellrechtliche Änderung des § 129a ist nicht das Ziel, sondern die mit der Änderung des § 129 a verbundenen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sind allerdings das Ziel,

(Dr. Emmerlich [SPD]: Untersuchungshaft ohne Haftgrund?)

so wie das Ziel, Herr Emmerlich, der von Herrn Jochen Vogel vorgelegten Einführung des § 129 a gewesen ist, verfahrensrechtlich zusätzliche Möglichkeiten zu erschließen und nicht etwa materiellrechtlich etwas zu tun, was woanders schon geregelt war. Das haben wir diesmal genauso im Auge gehabt, wie Sie es damals mit uns gemeinsam im Auge hatten. Bloß, Sie verdrängen da inzwischen einiges, und wir haben es behalten. Wir haben mühsam, bitter einsehen müssen, daß neue Herausforderungen allerdings auch von uns neue Anstrengungen verlangen. Darum haben wir uns entschlossen, hier noch einiges nachzubessern, was nachzubessern möglich war. Das ist das — wie ich eingangs bereits festgestellt habe —, was wir um der Freiheit willen zu tun gezwungen sind, damit Freiheit kein leeres Wort ist, sondern damit die Bürger in diesem Land das Gefühl haben können, daß wir wenigstens das Äußerste versuchen, sie in ihrer Sicherheit zu erhalten, statt hier Gefährdungen niederzureden, zu bagatellisieren und mit völlig unzutreffenden Argumenten geradezu lächerlich zu machen, die sich schließlich auf unsere Bürger lebensbedrohend auswirken werden. Das ist der Punkt, über den wir heute hier zu reden haben.
Deshalb werden wir diesen Änderungen zustimmen.
Herr de With war so liebenswürdig, auf den FDPParteitag zu sprechen zu kommen, der zufällig stattgefunden hat. Nun finden solche Parteitage tatsächlich zufällig immer vor Bundestagswahlen statt. Es liegt in der Natur der Dinge. Auch Ihrer hat ja stattgefunden.

(Zurufe von der SPD: Der war aber besser!)

Ich hätte mir gewünscht, daß Sie mal über die
Dinge gesprochen, daß Sie sich mal wie wir Gedanken gemacht hätten. Wir haben uns mit den Pro-
blemen auseinandergesetzt. Eine Annehmlichkeit war dies nicht.

(Dr. de With [SPD]: Das glaube ich gerne!) Das war mit Sicherheit nicht der Fall.


(Mann [GRÜNE]: Für Sie persönlich ganz besonders war es keine Annehmlichkeit!)

Aber Sie haben sich ganz elegant darum herumgedrückt.

(Dr. de With [SPD]: Wir haben nicht gewakkelt!)

Sie haben gesagt: Was kümmert es uns? Wir sind in der Opposition. Wir lehnen erst mal alles ab und machen uns keinen Ärger mit unserer Linken in ihren Bemühungen, mit den GRÜNEN Kontakt zu finden,

(Dr. Nöbel [SPD]: Aber, Herr Kleinert!)

die in diesen Fragen allerdings sehr seltsame Einstellungen haben — sehr seltsame Einstellungen. Das macht Ihnen das Problem. Hätten Sie sich mal einen solchen Parteitag wie die FDP in Mainz geleistet, dann stünden Sie heute besser da,

(Grünbeck [FDP]: Oder schlechter!)

und dann könnten Sie heute hier mit einem bedeutend besseren Hintergrund über die Dinge sprechen als mit Herummäkeln, noch dazu mit falschen Argumenten, an einigen Dingen, die so einfach, wie Sie es machen, nun einmal nicht zu sehen sind.
Ich greife zum Schluß noch einmal das Wort von Herrn Penner auf und sage Ihnen: Nach der abschließenden Besprechung der Kommission, die die Koalition eingesetzt hat, um dieses Gesetzgebungsvorhaben zu beraten, habe ich mit einem hochgestellten Beamten unserer Sicherheitsbehörden gesprochen, rein zufällig, aus einem ganz anderen Grunde. Da habe ich ihn gefragt, wie er denn mit unseren Beschlüssen, mit unseren geplanten Vorlagen zufrieden sei. Darauf hat er mir gesagt, er sei sehr zufrieden, aber die Sache sei für ihn insofern unangenehm, als danach feststehe, daß die Verantwortung bei ihm liege und nicht zwischen der Exekutive und der Legislative hin- und hergeschoben werden könne.
Deshalb leisten wir hier unseren Beitrag und werden auf das andere unser waches Auge haben.
Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025404900
Das Wort hat der Abgeordnete Mann.

Norbert Mann (GRÜNE):
Rede ID: ID1025405000
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einem von der Koalition diktierten gesetzgeberischen Eilverfahren stehen an diesem für die Demokratie der Bonner Republik schwarzen Freitag

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

zwei Gesetzentwürfe der Bonner Koalitionsparteien auf der Tagesordnung, die schon vom Titel her die Bevölkerung über die wahren gesetzgeberischen Absichten täuschen sollen. Bei näherer Be-
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19797
Mann
trachtung ist das sogenannte Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus nach Wegfall der Kronzeugen-Regelung ein Gesetz zur Kriminalisierung und Unterdrückung der Anti-Atom-Bewegung.

(Erneuter Widerspruch bei der CDU/CSU)

Es ist ein Sondergesetz zur Durchsetzung des lebensfeindlichen Atomprogramms und insbesondere des Baus der Wiederaufarbeitungsanlage in Wakkersdorf.

(Dr. Olderog [CDU/CSU]: Herr Mann, das glauben Sie doch selbst nicht, was Sie da vorlesen!)

Das aus dem Paket der sogenannten Sicherheitsgesetze herausgelöste Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, von dem bisher noch nicht die Rede war, schafft gesetzliche Grundlagen dafür, daß das an Parlament und Datenschutzbeauftragten vorbei seit Ende der 70er Jahre in Flensburg aufgebaute Zentrale Verkehrsinformationssystem beim Kraftfahrt-Bundesamt, „ZEWIS" abgekürzt, übrigens mit Zustimmung der von der SPD gestellten Länderinnenminister, zu einem zentralen Polizeiinformationssystem ausgebaut wird. Mit ZEIS wird der gläserne Autofahrer auf Deutschlands Straßen zur angeblichen Bekämpfung des Terrorismus Wirklichkeit.

(Fellner [CDU/CSU]: Ihr wollt ja gar keinen!)

Nach Verabschiedung des Gesetzes zur Einführung des maschinenlesbaren Personalausweises und der Schleppnetzfahndung am 28. Februar wird heute mit der Legalisierung von ZEVIS der Bereich von im Ernstfall umfassenden staatlichen Überwachungsmöglichkeiten entscheidend erweitert.

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Grüne Rucksackwanderer werden jedenfalls nicht erfaßt!)

Die sogenannten Sicherheitsgesetze der gegenwärtigen Bonner Koalition, Herr Bötsch, sind in Wirklichkeit Gesetze zur Überwachung der Bürger.
Für Sie ist letztlich jeder kritische und aufmüpfige Bürger ein Sicherheitsrisiko. Den Geist des Grundgesetzes, vor allem hinsichtlich Meinungs- und Versammlungsfreiheit, haben Sie auch nach fast 40 Jahren noch nicht verinnerlicht, Herr Seiters.

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Lesen Sie mal die „Frankfurter Rundschau"! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das müßt ihr gerade sagen!)

Die Sicherheitsgesetze führen zu einer qualitativen Veränderung unseres Staatswesens, wie es die baden-württembergische Datenschutzbeauftragte Ruth Leutze in bezug auf die Einführung des maschinenlesbaren Personalausweises ausgedrückt hat. Die vom Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil aufgestellten Grundsätze zur informationellen Selbstbestimmung jeder Bürgerin und jedes Bürgers werden von der gegenwärtigen Bundesregierung mißachtet. Diese Bundesregierung ist
— ich wiederhole diesen Vorwurf aus der Debatte um den Justizhaushalt in der vergangenen Woche
— ein Sicherheitsrisiko für den demokratischen und freiheitlichen Rechtsstaat. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, verwechseln das berechtigte Bedürfnis der Bürger und Bürgerinnen nach Sicherheit mit Staatsschutz.

(Dr. Penner [SPD]: Sehr richtig!)

Sie verstehen unter innerem Frieden Friedhofsruhe und versuchen diejenigen, die sich entschieden gegen den weiteren Abbau bürgerlicher Freiheitsrechte wehren, als Komplizen von terroristischen Mördern zu diffamieren, wie es Herr Geißler in der Öffentlichkeit bei der Diskussion um die Kronzeugenregelung getan hat.

(Seiters [CDU/CSU]: Die GRÜNEN und die Gewalt!)

Ihre Antwort auf die hinterhältigen und verabscheuungswürdigen Morde an Ernst Zimmermann, Professor Beckurts und seinem Fahrer Groppler und Gerold von Braunmühl sind neue Sondergesetze, mit denen Sie politische Handlungsfähigkeit vortäuschen, während die im herrschenden Sicherheitsdenken tief verstrikte SPD den Ruf nach besserer Fahndung anstimmt.
Wir GRÜNE setzen dem die Forderung nach einer umfassenden Auseinandersetzung mit den Ursachen des Terrorismus entgegen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Abschaffung der Polizei!)

so wie es die Brüder des ermordeten Gerold von Braunmühl in ihrem in der „Tageszeitung" vom 7. November 1986 veröffentlichten Brief an die Rote Armee Fraktion versuchen.

(Seiters [CDU/CSU]: Entwaffnung der Polizei! Abschaffung der Polizei!)

Nun zu Ihrem Sondergesetz zur Bekämpfung der Antiatombewegung. In dem Nebel der aufgeregten Kronzeugendiskussion sind die Auswirkungen der Erweiterung des Terrorismusparagraphen 129a, der Wiedereinführung eines gegenüber der bis 1981 geltenden Fassung ausgeweiteten Straftatbestandes der Anleitung zu Straftaten in § 130a und der Erweiterung der Zuständigkeit des Generalbundesanwaltes und damit gleichzeitig des Bundeskriminalamtes durch eine die Gewährleistung des grundgesetzlich garantierten Richters und die Justizhoheit der Länder verletzende Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes einer größeren Öffentlichkeit verborgen geblieben. Durch die Erweiterung des Straftatenkatalogs im Terrorismusparagraphen erstens auf gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr und zweitens auf die Störung öffentlicher Betriebe und drittens durch den neu ins Strafgesetzbuch eingeführten Tatbestand der Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel und die Heraufstufung von § 129a vom Vergehen zum Verbrechen mit einem Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe lösen Sie den bisherigen strafrechtlichen Terrorismusbegriff auf.
Um Mißverständnissen vorzubeugen: Die erwähnten Verhaltensweisen sind bereits nach geltendem Strafrecht als gemeingefährliche Straftaten als Vergehen mit Strafe bedroht. Durch die Erweiterung des Terrorismusparagraphen soll der Straf-
19798 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Mann
rechtsschutz vorverlagert werden. Das strafrechtlich ohnehin fragwürdige Organisationsdelikt des § 129a wird uferlos ausgeweitet. Das haben verschiedene Sachverständige in der Anhörung des Rechtsausschusses überzeugend dargelegt. Ihr juristisches Flächenbombardement, mit dem Sie gewalttätige Vergehen zu terroristischen Verbrechen hochstilisieren, hat mit einem an Rechtsgüterschutz orientierten Strafrecht, Herr Kollege Kleinert, als letztem Schutzmittel der Gesellschaft gegen sozialschädliches Verhalten aber auch überhaupt nichts zu tun. Dieser Gesetzentwurf stellt einen Mißbrauch von Strafgesetzgebung, die sich an Rationalität, Distanz und Gelassenheit auch gegenüber großer öffentlicher Entrüstung zu orientieren hat, für symbolische Politik dar.
Wir befürchten, daß in einem Klima öffentlicher Hysterie z. B. durch den § 130 a, den ich als einen Zensurparagraphen bezeichnen möchte, jegliche öffentliche Auseinandersetzung um die Anwendung von Gewalt mit strafrechtlichen Mitteln wie z. B. Durchsuchung von Buchhandlungen und Beschlagnahme von Schriften unterdrückt wird. Strafrechtlich sanktioniert werden können nach diesem neuen Paragraphen lediglich vermutete Auswirkungen von Veröffentlichungen und vermeintliche Absichten der Verfasser. Ein solches Gesinnungsstrafrecht ist mit einem freiheitlichen Strafrechtsverständnis und dem Grundrecht auf Meinungsund Pressefreiheit unvereinbar.

(Vogel [München] [GRÜNE]: Richtig!)

Schließlich werden durch die fragwürdige zentrale Verfolgungszuständigkeit des Generalbundesanwaltes zusammen mit der Zuständigkeit des BKA über das Einfallstor des Terrorismusparagraphen in gefährlicher Weise Bundessonderbehörden geschaffen.
Ich will das gesetzgeberische Ziel dieses sogenannten Gesetzes zur Bekämpfung des Terrorismus noch einmal wie folgt zusammenfassen: Sie versuchen, Teile der Anti-Atom-Bewegung, im Jargon der Sicherheitsbehörden die Szene von autonomen und spontanen Gewalttätern, mit terroristischen Verbrechern in einen Topf zu werfen. Das hat Lochte dankenswerterweise in der Anhörung ganz klar ausgeführt. In Wirklichkeit geht es Ihnen gar nicht um Bekämpfung von Terrorismus, sondern um die Einschüchterung und Unterdrückung der gesamten Anti-Atom-Bewegung. Die Jagdszenen in der Oberpfalz mit dem Verbot der Bundeskonferenz der Anti-Atom-Bewegung am vergangenen Wochenende und einem Versammlungsverbot für den gesamten Freistaat Bayern, aber auch Tausende von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen friedlich und gewaltfrei gegen den Bau der WAA in Wakkersdorf demonstrierende Bürger belegen dies.
Der Herbst 1986 mit rechtswidrigen Massenfestnahmen beim Hamburger und beim Mainzer Kessel und vor wenigen Tagen in Göttingen wird ebenso wie der im Frühjahr bekanntgewordene staatsterroristische Sprengstoffanschlag auf die JVA Celle in erschreckender Weise in der breiten Öffentlichkeit gar nicht erst bekannt oder alsbald verdrängt.
Die Unfähigkeit der Politiker zu einer ökologischen Wende geht mit einem dramatischen Verlust innerer Freiheit einher.
Ich komme zum Schluß.

(Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Bravo!)

Mit Ihrer Politik der Verdrängung der Ängste, Sorgen und Ohnmachtsgefühle großer Teile der Bevölkerung, mit dem Ruf nach einem starken Sicherheitsstaat, der auf Abschreckung nach innen und außen aufgebaut ist, handeln Sie weder christlich noch liberal, sondern rückwärts gewandt in den Traditionen des wilhelminischen Obrigkeitsstaates.
Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025405100
Das Wort hat der Bundesminister des Innern, Dr. Zimmermann.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID1025405200
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich ausschließlich mit dem Entschließungsantrag der SPD, und zwar den Ziffern 4, 5 und 6, beschäftigen.
Der Vorwurf an die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern, sie hätten im Gegensatz zu früher keine Fahndungserfolge, ist falsch. Wir haben seit Ende 1982 rund 20 terroristische Festnahmen: von Klar, Schulz, Mohnhaupt Ende 1982 bis HauleFrimpong Mitte 1986. Die Terrorismusbekämpfung der Polizei- und Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern erfolgt auf der Grundlage gemeinsamer Maßnahmenkataloge, die ständig der Lageentwicklung angepaßt sind. Ich kann nur umreißen, weil sich eine Einzeldarstellung selbstverständlich verbietet, was das ist: ständige Abklärung des terroristischen Umfelds, die Umsetzung erzielter Erkenntnisse über terroristische Praktiken und Verhaltensweisen in konkrete Fahndungsmaßnahmen, die ständige Aktualisierung von Struktur- und Gefährdungsanalysen, Präventivmaßnahmen im Hinblick auf gefährdete Personen und Objekte und schwerpunktmäßige Kontrollmaßnahmen. Hinzugekommen ist kürzlich ein gemeinsames, von Bund und Ländern entwickeltes und gemeinsam praktiziertes neues Fahndungskonzept.
Ich habe in die Zusammenarbeit zwischen den EG-Staaten eine Reihe von Vorschlägen zur Verstärkung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus eingebracht, und zwar bereits im September, noch vor dem Anschlag auf von Braunmühl. Der britische Innenminister war deswegen bei mir. Unsere Vorschläge waren die ersten und einzigen. Sie sind dann mit dem französischen Innenminister komplettiert worden. Ich hoffe, daß am Montag und Dienstag in London bei der nächsten TREVI-Konferenz der Hauptteil dieser Vorschläge international beschlossen werden wird, nämlich Erkenntnisaustausch zwischen den Grenzpolizeibehörden, Harmonisierung der Visapolitik zur besonderen Personenkontrolle auch im Terrorismusbereich, die Intensivierung der Fahndung nach grenzüberschreitenden Terroristen durch Austausch von Verbindungsbeamten, verstärkte internationale Fahn-
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19799
Bundesminister Dr. Zimmermann
dungsausschreibung und Öffentlichkeitsfahndung, die Einrichtung verbesserter Nachrichtenverbindungen zwischen zentralen Polizeibehörden, die Einrichtung eines europäischen Lagedienstes Terrorismus, die Einrichtung zentraler kriminaltechnischer Sammlungen und Begutachtungen. Das alles steht in London auf Grund der deutschen Vorschläge seit drei Monaten zur Debatte und ist in den Arbeitsgruppen behandelt worden.

(Dr. de With [SPD]: Schon vier Jahre alt!)

Es ist auch falsch — Ziffer 5 dieses Entschließungsantrags —, daß im Bereich der Terrorismusbekämpfung beim BW und beim BKA gezielte Personalreduzierungen erfolgt seien. So betrug beim BKA der Stand der Abteilung Terrorismus am 1. Januar 1986 217 Personen und am 1. Dezember 1986 216 Personen, also faktisch das Gleiche. Aber 100 weitere Personen sind zur Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamts hinzugekommen, und eine weitere Aufstockung wird jetzt um die Jahreswende vorgenommen.
Im übrigen geschieht das selbstverständlich alles in engster Zusammenarbeit mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamts und seinen Vorschlägen. Der Präsident ist seit vielen Jahren derselbe und Ihnen wohlbekannt. Deswegen gibt es hier nicht die geringste Kritik; denn ein Amt von fast 3 400 Personen muß bei wechselnden Aufgabenschwerpunkten natürlich jederzeit einen flexiblen Personaleinsatz von sich aus gewährleisten. Das geschieht auch.
Zu Punkt 6: Der Öffentlichkeitsfahndung kommt große Bedeutung zu. Ich habe sämtliche Chefredakteure der deutschen Zeitungen bei mir gehabt. In der nächsten und übernächsten Woche kommen noch einmal die Chefredakteure der nord- und der süddeutschen Presse getrennt. Bei diesen Gesprächen wird das eine Hauptrolle spielen.
Ich habe unaufhörliche Besprechungen mit ARD und ZDF und auch mit den anderen Anstalten gehabt. Die Verabschiedung von Grundsätzen, auf die wir uns jetzt ganz konkret geeinigt haben, und zwar außerhalb der redaktionellen Verantwortung der Anstalten, steht unmittelbar vor dem Abschluß. Das heißt, das Notwendige in diesem Bereich ist veranlaßt.

(Broll [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Das Bundeskriminalamt hat auch neue Methoden der Darstellung in den elektronischen Medien entwickelt und mit den Anstalten abgestimmt.
Das heißt, meine Damen und Herren, und jetzt komme ich zur Schlußfolgerung: Die SPD verdreht die Fakten, wenn sie behauptet, unsere Gesetzgebung zur besseren Bekämpfung des Terrorismus würde die Zahl der Terroristen erhöhen. Zum Terroristen wird man nicht durch Gesetze, sondern durch terroristisches Verhalten.

(Beifall bei der [CDU/CSU] — Zuruf des Abg. Dr. de With [SPD])

Terroristische Karrieren entstehen in einem Klima der Gewalt, das durch falsch verstandene Toleranz genährt wird.
Terrorismusbekämpfung eignet sich nicht für tagespolitische Polemik. Sie fordert Entschlossenheit, Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit und den Schulterschluß aller, die es ernst mit der Terrorismusbekämpfung meinen. Da sehe ich Defizite. Es fehlt oft die klare und glaubwürdige Distanzierung gegenüber allen Formen der Gewalt. Erfolgreich werden wir erst sein, wenn es uns gelingt, auch Gewalt im Vorfeld des Terrorismus zu überwinden. Dorthin ist noch ein langer Weg.
Es gilt, meine Damen und Herren, Veränderungen zu bewirken in der Einstellung gegenüber diesem Staat, unserer Gesellschaft und dem Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele. Hier kann auch der Gesetzgeber — das ist der Zweck, über den wir heute sprechen —, indem er noch entschiedener Position gegen Gewalt bezieht, einen notwendigen Beitrag leisten.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025405300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wartenberg.

Gerd Wartenberg (SPD):
Rede ID: ID1025405400
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wissen Sie, Herr Zimmermann, es ist nachgerade schon rührend, wie Sie sich hier bemühen, der Öffentlichkeit weiszumachen, Sie hätten alles im Griff.

(Frau Dr. Timm [SPD]: Augenwischerei!)

Der Fakt ist doch, daß sich Fahndungserfolge nicht einstellen. Das ist bitter.
Aber die Tatsache, daß keine Fahndungserfolge da sind, zwingt Sie doch in Ihrer Hilfslosigkeit, hier und heute Gesetze beschließen zu lassen, die der Fahndung nicht dienen, sondern nur der Desorientierung der Öffentlichkeit.

(Beifall bei der SPD — Dr. Penner [SPD]: So ist es, aber haargenau!)

Wissen Sie, Graf Lambsdorff hat Sie vor einiger Zeit zum erfolglosesten Innenminister der Nachkriegsgeschichte erklärt.

(Dr. Penner [SPD]: Das ist eine milde Vokabel!)

Dies ist eine harmlose Erklärung. Sie sind nicht nur der erfolgloseste Innenminister, Sie sind in der Tat der unfähigste Innenminister der Nachkriegszeit.

(Beifall bei der SPD — Dr. Penner [SPD]: Zimmermann ist das Sicherheitsrisiko der Republik!)

Statt Fahndungserfolge vorzuweisen, lancieren Sie pausenlos Falschmeldungen und Desinformationen. Ich will das einmal an drei Beispielen darstellen.
In der ersten Stellungnahme nach dem wirklich schrecklichen Mord an Herrn von Braunmühl verkündete Herr Zimmermann im Innenausschuß den erstaunten Mitgliedern, die Fahndungsmißerfolge seien u. a. darauf zurückzuführen, daß die Polizei in
19800 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Wartenberg (Berlin)

vielen Kommunen bei der Fahndung nicht an die Melderegister herankomme.

(Ströbele [GRÜNE]: Der Hirsch soll mal zuhören!)

Auf Nachfragen in mehreren Sitzungen des Innenausschusses stellte sich heraus, daß der Innenminister kein einziges Beispiel vorweisen kann. Er hat sich dann darauf zurückgezogen, er habe in Sitzungen derartige Vorwürfe einmal gehört; von wem, wisse er allerdings auch nicht mehr. Was ist das eigentlich für ein Innenminister, der in einer ernsten innenpolitischen Situation Vorwürfe gegenüber Kommunen erhebt und sie dann nicht einmal beweisen kann, um von seinen Mißerfolgen abzulenken?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Weiterhin beklagt der Innenminister in der Sitzung des Innenausschusses, daß er mit den Fernsehanstalten unzufrieden sei, weil diese sich nicht ausreichend an der Fahndung beteiligten. Als vorgestern im Innenausschuß ARD und ZDF anwesend waren und die neue Regelung mit dem Innenministerium besprochen wurde, stellte sich heraus: Sowohl das Innenministerium als auch die Fernsehanstalten sagen: Es hat nicht ein einziges Mal Beschwerden gegeben,

(Zuruf von den GRÜNEN: So war es! Genau! — Stroebele [GRÜNE]: Zimmermann selber war nicht da! — Zurufe von der SPD)

es ist in den letzten Jahren alles mit der Fernsehfahndung vernünftig gelaufen, es gibt kein Problem. Auch hier zeigt sich, daß Sie wieder einen Popanz aufgebaut haben, um zu kaschieren, daß Sie erfolglos sind.
Das wohl Haarsträubendste, was passiert ist, ist im Bereich ZEVIS. Im Innenausschuß erklären Sie uns, ZEVIS hätten Sie nie gefordert, Sie selbst gingen davon aus, wenn das Zentrale Verkehrsinformationssystem beschlossen würde, würde die Fahndung auch nicht verbessert werden. Zwei Tage später erzählen Sie hier im Parlament: Dringend muß ZEVIS beschlossen werden, damit sich endlich Fahndungserfolge einstellen.
Merken Sie eigentlich nicht, Herr Zimmermann, daß Sie unfreiwillig zum Kronzeugen geworden sind, und zwar zum Kronzeugen für eine verfehlte, erfolglose Innenpolitik?

(Beifall bei der SPD)

Bloß Sie sind ein Kronzeuge, der nicht straffrei ausgehen wird. Der eine Teil der Strafe, die Wegnahme des Umweltressorts, ist schon eingetreten; der Rest wird folgen.

(Broll [CDU/CSU]: Die Hauptstrafe ist wohl, daß er Sie anhören muß!)

Bezüglich seiner neuen Identität übt Zimmermann
heute schon, denn einen großen Teil seiner Zeit verbringt er jetzt schon als Großwildjäger in Ostblockstaaten. Offensichtlich will er sich darauf dann zurückziehen.

(Zuruf von der SPD: Lappas, der bekannteste Großwildjäger aller Zeiten — Zurufe von der CDU/CSU: Lappas!)

— Es gibt wohl mehrere dieser Sorte, Vergleiche können Sie gerne anstellen; aber es spricht nicht für den Innenminister.
Meine Damen und Herren, ich will zu einem dieser Gesetze, die hier heute verabschiedet werden und die besonders problematisch und in der Öffentlichkeit wenig bekannt sind, noch einige Ausführungen machen. Das Zentrale Verkehrsinformationssystem ist eigentlich eine sinnvolle Datensammlung von Verkehrs- und Personendaten in Flensburg, die für den Bereich des Straßenverkehrs notwendig sind. Das Problem mit diesem Gesetz ist nur, daß es sich eigentlich nicht mehr um ein Gesetz zur Regelung des Straßenverkehrs handelt, sondern letzten Endes um ein Gesetz, das die Zugriffe der Polizei, des Militärischen Abschirmdienstes und des Verfassungsschutzes auf diese Daten regelt. Das sind 23 Millionen Personendaten und 40 Millionen Kraftfahrzeugdaten.

(Zuruf von der SPD: Der Minister hört gar nicht zu, er liest die Zeitung! — Frau Hönes [GRÜNE]: Ein unmögliches Verhalten! — Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Die neue Technik des zentralen Zugriffs wird durch die Hintertür eine Bundesdatenbank oder ein Bundeszentralmelderegister erbringen. Das ist eigentlich von der Verfassung her nicht zulässig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Noch in den 70er Jahren haben wir bei der Meldegesetzdiskussion die Zentralisierung dieser Daten aus verfassungsrechtlichen Gründen abgelehnt. Das Problem ist, daß mit dem Zugriff aller möglichen Behörden und insbesondere der Sicherheitsbehörden auf diesen Bereich der Name „Straßenverkehrsgesetz" Schlichtweg falsch ist. Es ist ein Gesetz über den Zugriff von Sicherheitsbehörden auf allgemeine Bürgerdaten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Allein dieser Tatbestand zeigt schon, daß dieses Gesetz auch unehrlich in die Öffentlichkeit gegeben wird.

(Zuruf von der CDU/CSU: Vielleicht wäre es j a gut, wenn sie geheim blieben!)

Durch die Regelung, daß Behörden zukünftig online, d. h. direkt vom Polizeiauto oder von der Dienststelle die Daten in Flensburg abfragen können, entsteht auch das Problem der geheimen Kontrolle. Beim maschinenlesbaren Personalausweis ist es für den Bürger immer noch sehr einfach festzustellen, ob und wann er kontrolliert wird; denn er muß den Ausweis zeigen. Bei der Überprüfung der Kraftfahrzeugdaten geschieht dies ohne Wissen des Bürgers. Das Problem ist, daß es sich hier nicht nur um Kraftfahrzeugdaten handelt, sondern daß durch eine Personalanfrage unabhängig von Straßenver-
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19801
Wartenberg (Berlin)

kehrstatbeständen Personendaten abgefragt werden können.

(Kleinert [Hannover] [FDP]: Ja, die Adresse!)

— Nein, sehr viel mehr, da irren Sie sich Herr Kleinert! — Das Problem ist, daß bei dem Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, die Bundesregierung diese Ausweitung der Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden und der Dienste noch einmal vergrößert hat, indem für den Militärischen Abschirmdienst und den Verfassungsschutz ohne gesetzliche Grundlage Zugriffe ermöglicht werden, die nach dem Gesetz über die Volkszählung nicht verfassungskonform sind.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025405500
Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Gerd Wartenberg (SPD):
Rede ID: ID1025405600
Wenn sie nicht angerechnet wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025405700
Nein, auf keinen Fall, Herr Wartenberg.

Norbert Mann (GRÜNE):
Rede ID: ID1025405800
Herr Kollege Wartenberg, stimmen Sie mit mir darin überein, daß das Verhalten des Bundesinnenministers, wenn er bei einer so zentralen Debatte über Bürgerrechte hier Zeitung liest, eine unglaubliche Arroganz und Mißachtung gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber dem Parlament bedeutet?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)


Gerd Wartenberg (SPD):
Rede ID: ID1025405900
Nach der inhaltlichen Arbeit, die der Bundesminister in den vergangenen vier Jahren hier geleistet hat, ist es mir ziemlich egal, was er eigentlich macht. Es kommt ohnehin nichts Gescheites dabei heraus.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in dem Bereich des Zugriffs des Militärischen Abschirmdienstes und des Verfassungsschutzes wird ausdrücklich die ursprüngliche Eingrenzung im Gesetzentwurf herausgenommen. Die ursprüngliche Eingrenzung bestand darin, daß der MAD und der Verfassungsschutz nur bei nachrichtendienstlicher Gefährdung zugreifen dürfen. Nach dem neuen Gesetzentwurf dürfen sie aber zum Zwecke der Observation bei „allgemeiner Extremismus" auf diese Daten zugreifen. Hier zeigt sich, daß dieses Gesetz eben kein Straßenverkehrsgesetz ist, sondern eine ganz andere Bedeutung hat.
Diese Fragestellungen sind deswegen so problematisch, weil wir ja ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Volkszählung haben. In diesem Urteil ist festgelegt, daß bestimmte Daten von bestimmten Behörden nur unter Zweckbindungsgrundsätzen benutzt werden dürfen und weitergegeben werden dürfen. Die gesetzlichen Regelungen für die Polizei, für den Verfassungsschutz, für den MAD, fürs BKA, für den BND gibt es aber nicht. Das heißt, daß dieses Gesetz, jetzt herausgelöst aus den Sicherheitsgesetzen, de facto eine Generalvollmacht für Sicherheitsbehörden bedeutet. Dies kann der Verfassung nicht angemessen sein.

(Beifall bei der SPD)

Besonders problematisch ist, daß man sich dafür jetzt keine Zeit gelassen hat, weil selbst der Innenminister und andere erklärt haben, ZEVIS sei eigentlich für die Terroristenfahndung überhaupt nicht notwendig. Hier wird die Öffentlichkeit noch einmal geleimt, indem ihr etwas vorgemacht wird, was hinter dieser Gesetzesinitiative gar nicht wirklich steht.
Meine Damen und Herren, auch die „Aktion Gitternetz" 1983 in Rheinland-Pfalz zeigte, daß eine großflächige Kontrolle mit diesen Mitteln — damals ja noch nicht rechtlich zulässig — unglaublich viele Bewegungsbilder herstellen konnte. Die technischen Möglichkeiten, die sich aus diesem neuen Instrument ergeben, sind schon problematisch. Da dies meines Erachtens eine neue technische Infrastruktur ist, die irreversibel, also nicht rückgängig zu machen ist, ist dieses Pilotprojekt für den Staat von außerordentlich großer Bedeutung. Deswegen schließen wir uns dem an, was alle Datenschutzbeauftragten gesagt haben, daß dieses Gesetz, was die Datenschutzgesetzgebung für die Zukunft angeht, das problematischste Gesetz ist, das wir im Augenblick verabschieden.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Sozialdemokraten sind trotz alledem bereit, einen schwierigen Tatbestand bei einer Übergangsregelung mit einem eigenen Gesetzentwurf, den wir hier vorlegen und den wir schon dem Innenausschuß vorgelegt haben, zu entkrampfen. Die Hälfte der Republik ist im Augenblick an ZEVIS angeschlossen, die andere nicht. Dieser Zustand ist unhaltbar und kann nur durch ein sauberes Gesetz geregelt werden, das datenschutzfest ist. Deswegen haben wir uns entschlossen, mit den Innenministern der SPD-regierten Länder zu fordern, daß für drei Jahre ausschließlich für die Polizei eine Übergangsregelung geschaffen wird, die sich nur auf deren Datenabfrage im bisherigen Umfang bezieht, und daß in dieser Zeit — das ist auch ein Angebot an die Koalition gewesen — endlich ein verfassungsrechtlich angemessenes ZEVIS-Gesetz geschaffen wird.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zum Abschluß muß ich sagen: Wenn diese Gesetze heute im Eilverfahren durchgezogen werden, dann zeigt das mehr die Hilflosigkeit dieser Regierung als ihre Stärke. Ein Wort zur FDP: Daß sie diese Teile jetzt mitmacht — kaschiert von dem Eindruck, daß sie beim Kronzeugen bisher Widerstand geleistet hat — zeigt, gerade auch am Beispiel der Rede des Herrn Kleinert, daß die FDP nach wie vor die Beliebigkeitspartei geblieben ist.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

19802 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025406000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Stark.

Dr. Anton Stark (CDU):
Rede ID: ID1025406100
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte von dem in der Geschäftsordnung gegebenen Recht Gebrauch machen, frei und ohne Unterlagen zu sprechen. Falls dazu eine Genehmigung notwendig ist, bitte ich, die zu erteilen.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, an und für sich war es mein Part, hier zur Kronzeugenregelung zu sprechen. Ich habe mich damit mehrere Wochen beschäftigt und bedaure es zutiefst, daß ich meine hervorragenden Ausführungen dazu heute nicht machen kann.

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich hätte sicher nach meinen Ausführungen eine Mehrheit dafür bekommen, zumal ich mich vor allem auf Argumente des Herrn Posser von der SPD, des Herrn Maihofer von der FDP, des Herrn Vogel von der SPD hätte beziehen können.

(Ströbele [GRÜNE]: Wir hätten uns auf Herrn Kleinert beziehen können!)

Vorläufig müssen wir aber darauf verzichten.

(Kleinert [Hannover] [FDP]: Dazu habe ich nicht gesprochen! — Ströbele [GRÜNE]: Alte Rede von 1976! — Weitere Zurufe und Gegenrufe)

— Frau Präsidentin, ist es möglich, daß man hier, auch wenn man frei spricht, reden kann?

(Frau Hönes [GRÜNE]: Kokettieren Sie nicht so! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025406200
Ich bitte, freundlicherweise etwas Geduld zu haben und zuzuhören.

Dr. Anton Stark (CDU):
Rede ID: ID1025406300
Ich hoffe, daß es nicht so kommt, wie ein hervorragender Vertreter der Bundesrechtsanwaltskammer in der Anhörung gesagt hat: jetzt sei noch nicht die Zeit der Kronzeugenregelung. Ein Kollege hat dann dazwischengerufen: Wie viele müssen noch ermordet werden, bis die Zeit kommt?
Zu der Anhörung möchte ich noch eines sagen: Da haben Leute als Sachverständige über Dinge diskutiert, sozusagen aus dem Plüschsofa heraus mit Sicht in den schönen Park, und haben hohe Grundsätze des Rechtsstaates hin- und hergewandt — Legalitätsprinzip, Gleichheitsprinzip —, sie haben nur die Toten vergessen, und sie haben die Mörder vergessen, und sie haben die Witwen vergessen. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

(Senfft [GRÜNE]: Eine unglaubliche Unterstellung!)

Meine Damen und Herren, was ist jetzt zu tun? Es besteht kein Zweifel, der Terrorismus ist die größte Herausforderung dieses Rechtsstaates. Wir sind in den letzten vier Jahren — ich muß das einmal sagen — mit allem gut fertiggeworden, nur mit dem Terrorismus sind auch wir nicht fertiggeworden.

(Dr. Nöbel [SPD]: Zimmermann hat eben etwas anderes gesagt!)

— Lassen Sie mich das sagen, ich bin ja Abgeordneter. Es muß doch möglich sein, daß ein Abgeordneter etwas anderes sagt als der Minister.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe gesagt, ich bin mit den Fahndungserfolgen nicht voll zufrieden, und das läßt sich gar nicht bestreiten, sonst brauchten wir diese Gesetze nicht. Wenn ein Rechtsstaat mit dem Instrumentarium, das er im Augenblick hat, an diese Mörderbanden nicht herankommt, muß er sich etwas überlegen, und das tun wir.
Ich komme gleich noch darauf, was die rot-grüne Opposition in diesem Zusammenhang tut. Es ist traurig — Sie sollten nicht so lachen —, wie Sie in dieser entscheidenden Frage versagen. Herr de With, Herr Emmerlich, Herr Schäfer, wenn ich Sie so sehe: sonst anständige Menschen, aber hier versagen Sie total, was die Terrorismusbekämpfung angeht.

(Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Was macht diese Opposition? Wir, die Koalition hat gehandelt. Mein Kollege Eylmann hat das dargelegt. Er hat das sehr gut gemacht, auch mein Kollege Kleinert.
Was macht die Opposition in diesem Saale?

(Zuruf von der SPD: Verteidigt den Rechtsstaat!)

Beginnen wir bei den GRÜNEN. Sie verteidigen den Rechtsstaat, indem Sie alle Terroristengesetze abschaffen wollen. Sie trauen sich nicht mehr, dies heute zu sagen. Herr Mann, Sie hätten hier und heute sagen müssen: Wir haben heute ein Gesetz vorgelegt, um alle Terroristengesetze abzuschaffen. Dann muß man noch in das Hannover-Programm hineinsehen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Ja!)

Danach wollen Sie noch den Bundesgrenzschutz
abschaffen, den Verfassungsschutz abschaffen,

(Frau Hönes [GRÜNE]: Die kasernierte Polizei!)

die kasernierte Polizei abschaffen, die allgemeine Polizei entwaffnen. Ihr seid mir schöne Demokraten! Sie sollten sich schämen, daß Sie in dieser Debatte überhaupt mitreden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

20% von Ihnen kommen aus dem terroristischen Hintergrund. Sie sind die Schutzpatrone der Terroristen und der Chaoten. Das sind Sie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihr Hannover-Programm ist ein Regiebuch nach
dem Motto: Wie zerstöre ich diesen demokratischen
Rechtsstaat schnell uns sicher? Gott sei Dank wer-
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19803
Dr. Stark (Nürtingen)

den wir dafür sorgen, daß Sie nie dazu kommen. Und das sind die zukünftigen Koalitionspartner der SPD!

(Mann [GRÜNE]: Diese Rede spricht für sich selbst!)

Jetzt komme ich zur SPD. Was macht die SPD, die noch im Jahre 1975 den Kronzeugen vorgeschlagen hat — man höre und staune —, die Mogadischu zu verantworten hat und hier Menschenleben gerettet hat? Man liest heute in der Zeitung: „SPD macht Front gegen Terroristengesetze". Mir wäre lieber, es stünde in der Zeitung: SPD macht Front gegen Terroristen anstatt gegen Terroristengesetze.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es ist kläglich: Die tibetanische Gebetsmühle, die Gesetze reichten aus, die Fahndung tauge nichts, kommt jeden Tag. Sie beleidigen alle Polizisten mit Ihrem dummen Geschwätz, die Fahndung tauge nichts.

(Zurufe von der SPD)

— Ja, das hören Sie nicht gerne, aber Sie müssen es halt heute hören.
Sie versagen in dieser Frage, in der Demokraten, staatstragende Parteien, so sage ich einmal — die GRÜNEN rechne ich nicht dazu —, in der Bekämpfung des Terrorismus wenigstens einig sein sollten, mag uns auch sonst vieles trennen. Das waren wir früher in der Großen Koalition und sonstwo. Jetzt — nur weil Sie sich den GRÜNEN anbiedern wollen, diesen Leuten, die unseren demokratischen Rechtsstaat zerstören wollen — sind Sie anderer Meinung.

(Mann [GRÜNE]: Jetzt reichts aber allmählich!)

— Lesen Sie doch das Hannover-Programm. Ich bin überzeugt: Wenn die Bundesregierung das Hannover-Programm der GRÜNEN in jeden Haushalt schicken dürfte, kämen Sie unter 5%. Aber dann hätte die SPD keinen Partner mehr.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025406400
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Dr. Anton Stark (CDU):
Rede ID: ID1025406500
Schlußsatz: Was jetzt zu tun ist, haben wir getan. Wir hoffen nicht, daß noch mehr getan werden muß. Wir hoffen, daß diese Gesetze dazu beitragen, daß wir die Terroristen finden, bestrafen und dort hinbringen, wo sie hingehören.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025406600
Herr Dr. Hirsch, Sie haben das Wort.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1025406700
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann die harte Kritik, die Kollege Stark an der Anhörung und an den Sachverständigen geübt hat, die dort vorgetragen haben, nicht stehen lassen. Ich habe der Anhörung von Anfang bis Ende beigewohnt. Ich muß Ihnen sagen, daß dort mit großem Ernst und großem Sachverstand und nicht ohne Eindruck auf die Öffentlichkeit und auf unsere politischen Entscheidungen vorgetragen worden ist.

(Baum [FDP]: Sehr wahr!)

Ich habe auch als Erinnerung aus dieser Anhörung die mich beeindruckenden Ausführungen des Präsidenten des Hamburger Verfassungsschutzamtes Lochte zu der Frage behalten, ob die Ausdehnung des Tatbestandes des § 129a die Terroristenbekämpfung erleichtert oder nicht. Denn es ist zwar richtig, daß ein Terrorist nicht durch den Gesetzgeber gemacht wird, sondern daß er sich durch seine Handlungen charakterisiert. Aber es ist unsere Entscheidung, Herr Innenminister, welchen Stempel wir dieser Tat aufdrücken und ob wir dadurch die Solidarisierungen auf einer falschen Seite erleichtern oder nicht.
Ich kann nicht verhehlen, daß die Debatte einen zwiespältigen Eindruck hinterläßt. Der Gesetzgeber darf nicht in die Rolle geraten, als ob er hinter der Wirklichkeit herliefe, als ob der Mord an Herrn von Braunmühl die entscheidende Motivation von gesetzgeberischen Entscheidungen insofern wäre, als ob wir die Veränderung unseres Rechtssystems von der verbrecherischen Energie von Terroristen abhängig machten. Darum kann das, was der Kollege Stark angedeutet hat, eben nicht eintreten, daß wir nämlich von Fall zu Fall hergingen, um unsere Gesetze zu verändern. Darum sage ich auch an die Kollegen der SPD, daß Sie sich sehr genau überlegen müssen, welche Positionen Sie einnehmen, denn das, was Sie jetzt sagen, die Entscheidungen, die Sie jetzt treffen, müssen auch in der weiteren Zukunft halten, genauso wie wir davon ausgehen, daß die Entscheidungen, die wir jetzt treffen oder nicht treffen, z. B. zum Kronzeugen in der Art, wie wir ihn akzeptiert hätten, auch in der weiteren Zukunft so stehen, wie wir es jetzt gemeinsam und mehrheitlich für richtig halten.
Herr Kollege Wartenberg hat etwas über ZEVIS gesagt. Ich finde das nicht korrekt, was Sie vorgetragen haben, weil weite Teile dieses Gesetzentwurfes, der seit fast einem Jahr auf dem Tisch des Hauses liegt, eigentlich in völliger Übereinstimmung aller Seiten des Hauses hätten verabschiedet werden können, weil sie überhaupt nichts mit der Terrorismusbekämpfung zu tun haben, sondern damit, in welcher Weise die Daten des Kraftfahrzeug-Bundesamtes in Flensburg für alle möglichen exakt definierten Zwecke verwendet werden dürfen.
Das eigentliche Problem der Datenverarbeitung und der Entwicklung der Datenverarbeitung, Herr Kollege Eylmann, liegt an einer anderen Stelle, und das sehen wir mit großer Sorge. Es ist nämlich die Tatsache, daß weder wir hier im Hause noch die Innenminister des Bundes und der Länder die politische Kraft gefunden haben, aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemeinsam die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, und zwar für das Polizeirecht des Bundes und der Länder, für das Bundeskriminalamtsgesetz, für die Datenschutzgesetze. Es ist kein Luxus, den man sich ersparen könnte, wenn man wachsenden Widerstand gegen
19804 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Dr. Hirsch
die Datenverarbeitung aufhalten will, wenn man diese nutzen will.
Ich sage Ihnen eines: Für die Sicherheit unseres Landes ist die enge Zusammenarbeit der Polizeien des Bundes und der Länder unabdingbare Voraussetzung.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir verfolgen mit großer Sorge, daß die Innenminister in den letzten Jahren nicht mehr die Kraft gehabt haben, die Aufgabe zu erfüllen, der wir uns jahrelang mit großem Ernst und großer Sorgfalt gewidmet haben, nämlich durch immer wiederholte und dauernde Beratungen und Besprechungen Extrempositionen auf allen Seiten abzuschleifen und uns im Bereich der inneren Sicherheit auf etwas Gemeinsames zu verständigen.
Was wir sehen, ist eine fast fröhliche Auseinanderentwicklung in vielen Rechtsbereichen. Dazu trägt auch bei,

(Dr. de With [SPD]: Zimmermann!)

daß wir hier im Bund gemeinsame Entscheidungen nicht haben treffen können. Das bezieht sich auch auf Ihre Haltung zu diesen Gesetzen, meine Kollegen von der Opposition.
Darum lassen Sie mich am Ende dieser Legislaturperiode den dringenden Wunsch äußern, daß wir in dieser Frage wieder zu der Gemeinsamkeit zurückfinden, die notwendig ist, wenn wir den Bürgern dieses Landes in der inneren Sicherheit dienen wollen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Ströbele [GRÜNE]: Das hättet ihr gern! — Frau Hönes [GRÜNE]: Das läuft nicht mehr!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025406800
Das Wort hat der Bundesminister der Justiz, Herr Engelhard.

Hans A. Engelhard (FDP):
Rede ID: ID1025406900
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir hier kurz vor der Weihnachtspause auseinandergehen könnten mit dem Gefühl, daß wir bekennen müssen, wir haben, was die einzelnen Maßnahmen angeht, nicht zusammengefunden — in einer Debatte ist dargelegt worden, warum die einen dies wollen, die anderen aber in einer gewissenhaften, ruhigen Abwägung der Dinge zu anderen Ergebnissen kommen —, dann würde man das vielleicht bedauern können. Aber man könnte dennoch guten Mutes sein, weil in der politischen Auseinandersetzung, auch in der Fachdiskussion natürlich immer vorgegeben ist, daß man zu verschiedenen Ergebnissen kommt.
Was aber ist hier der Fall? Das hier ist schlimmer, denn es zeichnet sich ab, daß über die Grundlagen dessen, was wir zu tun haben, völlige Uneinigkeit besteht. Ich spreche in diesem Zusammenhange die Fraktion der GRÜNEN en détail gar nicht an, weil hier auf meiner Seite nach all meinen gewissenhaften und aufmerksamen Beobachtungen Verwunderung nicht mehr am Platze ist. Es wäre ja die Gelegenheit gewesen, Herr Abgeordneter Mann, wenn Sie hier das Wort nehmen, dies auch einmal dazu zu benutzen, eine klare Linie der Fraktion der GRÜNEN herauszukristallisieren. Wenn Sie die Morde der RAF verurteilen, wäre es dann in einem sehr deutlichen Abstand nicht auch an der Zeit gewesen, ein klares Wort dazu zu sagen, daß Sie diejenigen, die sich durch unsere Landschaft bewegen und Strommasten zum Sturz bringen, als kriminelle Täter ansehen, wenn auch in deutlichem Abstand zu Mördern — selbstverständlich, was die Beurteilung angeht, was das Strafmaß angeht; das ist doch alles völlig klar.

(Abg. Mann [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ich möchte den Gedankengang zu Ende führen. Er wird durch Zusatzfragen derzeit nicht angereichert. —

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Herr Abgeordneter Mann, es wäre schön, hierzu einmal ein klares Wort zu hören.
Was haben wir statt dessen gehört? Wir haben neben der Verurteilung dessen, was die RAF an Morden begangen hat, gehört, diese Bundesregierung sei ein Sicherheitsrisiko; hier werde ein gesetzgeberisches Flächenbomdardement durchgeführt; hier würden Zensurparagraphen eingeführt; hier werde die Meinung zensiert; hier werde die freie Meinungsäußerung behindert.

(Mann [GRÜNE]: Ein Drittel Ihrer Partei sieht das genauso!)

— Herr Abgeordneter Mann, wer dies in diesem Tonfall und in dieser Wortwahl vorträgt, der will etwas ganz Bestimmtes, und es ist offensichtlich, was er will. Er will sich erstens nicht distanzieren von einem breiten Kreis von Menschen, die kriminell geworden sind und die kriminelle Handlungen durchführen. Er will zum zweiten aber ein Signal nach draußen an jenen Personenkreis geben, daß die GRÜNEN es sind, die dies so sehen und es wagen, auch hier im deutschen Parlament ihre Stimme in diesem Sinne zu erheben. Dies festzustellen ist meines Erachtens in einer solchen Stunde notwendig.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Bei dem, was seitens des Sprechers der SPD, Herrn Kollegen de With, gesagt wurde, sind wir an einem Punkt, an dem wir auch feststellen müssen
— in deutlichem Abstand zu dem, was ich soeben an die GRÜNEN gewandt sagte —, daß wir es ungemein schwer haben, uns noch über bestimmte Grundfragen zu verständigen, daß wir nicht nur unterschiedlicher Meinung sind, was die Maßnahmen angeht. Das ist bedauerlich. Können wir uns noch darauf verständigen — dies wäre meine Frage —, daß wir uns mit einer neuen Dimension des Terrorismus konfrontiert sehen,

(Dr. de With [SPD]: Das habe ich doch gesagt!)

die durch folgendes gekennzeichnet ist:
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19805
Bundesminister Engelhard
Erstens. Die Fahndung ist schwieriger geworden. Wo die Fahndung zur Ergreifung von Tätern führt,

(Dr. Nöbel [SPD]: Ihr habt jahrelang geschlafen! Das ist es!)

hat es die Bundesanwaltschaft zunehmend schwerer, einem bestimmten Täter eine bestimmte Tat und die Art seiner Beteiligung in nachweisbarer Form zuzuordnen.
Zum zweiten. Der Kreis der ungeschützt Gefährdeten, der potentiellen Opfer der Mordtaten der RAF hat sich beträchtlich ausgeweitet. Ehedem wußte man nicht, wer der nächste ist. Aber man konnte es, was den Kreis der Gefährdeten angeht, in etwa überblicken und Schutzmaßnahmen ergreifen.
Mit dem, was sich speziell — beginnend in diesem Jahr ereignet hat — die Ermordung von Zimmermann, Professor Beckurts, Dr. von Braunmühl —, zeichnet sich eine Linie ab, wo wir nicht mehr so klar wissen, in welchen Personenkreis und in welche beruflichen Schichten hinein künftige Mordtaten zielen werden. Das ist ein wichtiges Problem.
Ich nenne ein drittes Beispiel für die neue Dimension des Terrorismus. Wir haben seit nunmehr zehn Jahren den Paragraphen 129 a zur terroristischen Vereinigung in unserem Strafgesetzbuch. Wir sind durch die Mordtaten der RAF begreiflicherweise vor allem auf die RAF fixiert. Und in der Tat, ihr gilt es vor allem zu wehren.
Diese Täter zu fassen, dingfest zu machen, zu verurteilen, hinter Gitter zu bringen, daß muß unser Hauptanliegen sein. Aber kann es für politisch Verantwortliche eigentlich richtig sein, über dieser begreiflichen Erregung, und dem Kampf gegen die RAF andere Ereignisse in unserem Lande nicht zu sehen, ja, vielleicht sogar zu verschlafen? Diese Ereignisse sind — wir haben ja ein neues Hauptwort dafür — das Strommastfällen. Ehedem kannte dies niemand. Das ist ja nicht der Zufall, daß mehrere Personen den gleichen Gedanken hatten oder, wenn schon vielleicht einmal einer, wenn er es in der Zeitung liest, etwas nachahmt, was er dort zur Kenntnis bekommt.

(Zuruf von der SPD: Die handeln nach einer Satzung!)

— Nein, dahinter steht Organisation, wenn vielleicht auch keine bundesweite, keine straff organisierte.

(Ströbele [GRÜNE]: Woher wissen Sie das?)

Hier steht Organisation dahinter.
Aber lassen wir das Strommastfällen und wenden wir uns einem anderen Problem zu,

(Dr. Emmerlich [SPD]: Dem 129!)

dem Problem, das die Bevölkerung noch weit mehr interessieren wird: daß man nämlich, nachdem man ehedem Schwellen aus Gleiskörpern entfernt hat, die Verschraubungen der Schienen mit den Schwellen gelockert hat, mittlerweile dazu übergegangen ist — etwa eine Woche ist es erst her —, daß im südbayerischen Raum in drei Fällen Anschläge gegen die Deutsche Bundesbahn durchgeführt wurden, Gott sei Dank noch ohne Personenschaden, obwohl in einem Falle die Frontscheibe der Lokomotive des fahrenden Zuges durchschlagen wurde. Wer sagt uns, was morgen kommt? Und wer will bestreiten — sind wir uns da eigentlich einig? —, daß, wer sich organisiert, mit dem Ziel zusammentut, systematisch über einen längeren Zeitraum in mehreren Fällen solches zu unternehmen, eine terroristische Vereinigung ist? Denn schon vor unserem heutigen Beschluß stehen in § 129a j a nicht nur der Mord und der Totschlag und die Geiselnahme, nein, dort stehen auch die Brandstiftung und eine ganze Reihe anderer Katalogtaten. Was gibt Ihnen im Grunde die Gewißheit, die Überzeugung und das Recht, hier aufzutreten und zu sagen: hier wird das Falsche gemacht, hier wird an die Seite der RAF ein Potential gedrängt? Wer glaubt, wir setzten, wer anders handelt und nicht auf die systematische Ermordung von Menschen ausgeht, sondern zunächst einmal schwerste Sachbeschädigungen verursacht, mit der RAF gleich — —

(Dr. de With [SPD]: Alles schon strafbar!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025407000
Herr Minister, darf ich daran erinnern, daß wir gemeinsam eine Redezeit vereinbart haben.

Hans A. Engelhard (FDP):
Rede ID: ID1025407100
Wir setzen dies nicht gleich. Aber wir müssen sehen, daß hier eine neue Form des Terrorismus entstanden ist, der wir mit den notwendigen Mitteln entgegenzutreten haben. Unsere Überzeugung und Aufgabe ist es, in der Abwehr dieser neuen Form von Gewalttaten nichts, aber auch nichts zu unterlassen, was notwendig und möglich ist. Wir tun dies nicht in der Übersteigerung und schon gar nicht mit einem Flächenbombardement, sondern wir tun es mit jenem Maß an Entschlossenheit, das uns unsere Überzeugung gebietet, das die Bevölkerung in unserem Lande von uns erwarten kann und das den Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit gibt, dort, wo sie fündig werden, wirksamer an die Strafverfolgung und sodann bei der Justiz an die Verurteilung heranzugehen.
Das ist das Kernproblem. Wir stellen uns dem, weil gerade im Rechtsstaat die Entschlossenheit, dieser breitgelagerten, miserablen Schwerkriminalität entgegenzutreten, eine zentrale Aufgabe ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Mann [GRÜNE]: Mit Volldampf in den Atomstaat!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025407200
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Emmerlich.

Dr. Alfred Emmerlich (SPD):
Rede ID: ID1025407300
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetzgebungsvorhaben ist von vornherein unter falscher Flagge gesegelt. Es dient nicht der Bekämpfung des Terrorismus. Der Kampf gegen den Terrorismus wird dadurch nach Ansicht vieler Sachkundiger eher erschwert.

(Zustimmung bei der SPD)

19806 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Dr. Emmerlich
Seine Hauptfunktion ist, davon abzulenken, daß unter der jetzigen Bundesregierung die erforderlichen Fahndungserfolge ausgeblieben sind.

(Zustimmung bei der SPD)

Flaggschiff dieser Ausgeburt eines unheilvollen Gesetzgebungsaktionismus war die sogenannte Kronzeugenregelung, die Straffreiheit für Mord. Der Bundesjustizminister hat diese Kronzeugenregelung im Pressedienst seines Ministeriums als rechtsstaatlich und rechtsethisch vertretbar bezeichnet und als eine Chance zur Verhinderung weiterer Morde durch die RAF. Auf dem Parteitag der FDP dagegen hat er sich, als es um die Kronzeugenregelung ging, kläglich der Stimme enthalten.

(Kleinert [Hannover] [FDP]: Das ist die lautere Unwahrheit!)

Das begründet die grundlegenden Meinungsverschiedenheiten, die in der Tat zwischen uns und Ihnen, Herr Bundesjustizminister, bestehen, daß Sie sich im Zuge der Wendepolitik von einer Rechtspolitik distanzieren, die an der Bewahrung der politischen Freiheitsrechte und an der Sicherung der rechtsstaatlichen Errungenschaften orientiert ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wenn, meine Damen und Herren, die Kronzeugenregelung so wichtig wäre, warum hat die Bundesregierung nicht darum gekämpft? Warum hat der Bundeskanzler von seiner Richtlinienkompetenz keinen Gebrauch gemacht? Warum haben CDU und CSU in so verdächtiger Eile die Segel gestrichen?

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist die lautere Unwahrheit!)

Die Antwort: weil es eben nicht um Terrorismusbekämpfung geht, sondern um puren Wahlkampf.
Das, meine Damen und Herren, worüber heute noch abgestimmt werden soll, hat für die Offentlichkeit bisher weitgehend im Schatten der Kronzeugenregelung gelegen. Es handelt sich dabei aber beileibe nicht um einen Pappenstiel, sondern um Eingriffe in das Strafrecht, die ähnlich tiefgreifend sind wie die Kronzeugenregelung: Die Erweiterung des § 129a und des § 130a richten sich nicht gegen RAF-Terroristen; sie sollen die treffen, die man als „militante Autonome" bezeichnet, diejenigen also, die ihren Protest durch Gewalt gegen Sachen geltend machen.
Damit keine Mißverständnisse und Mißdeutungen möglich sind: Wir Sozialdemokraten sind gegen jede Gewalt.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Alle Sozialdemokraten?)

Auch der Gewalt gegen Sachen muß entgegengetreten, sie darf nicht verharmlost werden, und die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden.

(Zustimmung bei der SPD und der FDP)

Das alles ist nach geltendem Recht möglich, und
zwar auch dann, wenn Organisationen Gewalt gegen Sachen begehen. Gegen solche Delikte von Organisationen gibt es die Strafvorschrift des § 129 StGB, die die Strafbarkeit der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung beinhaltet.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir, Herr Bundesjustizminister, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind entschieden dagegen, daß diejenigen, die Gewalt gegen Sachen anwenden, mit den RAF-Mördern auf eine Stufe gestellt werden, daß durch das Strafgesetzbuch der Kreis der Terroristen verhundertfacht wird und daß auf diese Weise der RAF Tausende von jungen Leuten in die Arme getrieben werden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025407400
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter, des Abgeordneten Eylmann?

Dr. Alfred Emmerlich (SPD):
Rede ID: ID1025407500
Wenn keine Anrechnung erfolgt, sehr gerne.

Horst Eylmann (CDU):
Rede ID: ID1025407600
Herr Kollege Emmerlich, da schon jetzt der Katalog der Straftaten in § 129 a zum Beispiel das Inbrandstecken von Häusern, von Baumaterialien oder landwirtschaftlichen Erntevorräten erfaßt, obwohl dies keine für die RAF typischen Straftaten sind, bitte ich Sie mir zu erklären, warum eine Organisation, deren Ziel es ist, Warenvorräte in Brand zu setzen, auch nach Ihrer Meinung eine terroristische Organisation im Sinne des § 129 a sein soll, eine Organisation, die Oberleitungsmasten der Bundesbahn zerstört, aber nicht?

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Alfred Emmerlich (SPD):
Rede ID: ID1025407700
Es dreht sich darum, daß nach geltendem Recht der Kreis der Katalogtaten die schwere Brandstiftung, die Brandstiftung, die Menschenleben gefährdet, erfaßt, während nach Ihrer Auffassung Sachbeschädigungen, die keine Menschenleben gefährden, in den Kreis der Katalogtaten aufgenommen werden sollen.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Er weiß nicht Bescheid! Auf die Frage war er nicht gewappnet! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Da Sie, Herr Eylmann, gerade eine so hübsche Frage gestellt haben, komme ich auf Ihre Rede gern zurück. Die erste schwarz-grüne Koalition in Niedersachsen ist im Landkreis Holzminden zustande gekommen, und zwar durch den Landrat Bruno Brandes, den damaligen Vorsitzenden der CDULandtagsfraktion in Niedersachsen.

(Dr. de With [SPD]: Hört! Hört! — Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das war keine Koalition! Das ist die Unwahrheit!)

Die Koalition betreibt eine Strafrechtspolitik, bei der, um einzelne Ziele zu erreichen, ein Flächenbrand angelegt wird, der Gerechte wie Ungerechte, große und kleine Fische unterschiedslos ergreift. Wir fordern die Bundesregierung auf, die vorhandenen Kräfte nicht zu verzetteln, sondern sie auf eine erfolgreiche Bekämpfung des mörderischen RAFTerrorismus zu konzentrieren. Brandstifter kann man nicht dadurch bekämpfen, daß man sich nach der Devise: Wer lügt, der stiehlt, und wer stiehlt, der
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19807
Dr. Emmerlich
steckt auch Häuser in Brand, statt die Brandstifter zu verfolgen, auf die Verfolgung der Diebe und der Lügner begibt. Das einzige, was im Kampf gegen den RAF-Terrorismus wirklich hilft, ist, die Mörder und die Mordgehilfen dingfest zu machen.
In den existentiellen politischen Fragen unserer Zeit verfolgt diese Koalition ihre Politik mit der Sturheit und der Radikalität eines Roboters. Sie pocht auf ihre Mehrheit und macht von ihr — auch im Parlament — ohne Rücksicht auf Andersdenkende Gebrauch.

(Mann [GRÜNE]: So ist es! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: So ist es in der Demokratie!)

Gewiß, in der Demokratie entscheidet die Mehrheit, zur Demokratie gehört aber auch die Achtung vor den Rechten der Minderheit,

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

der Respekt vor dem, was diese Minderheit für richtig hält, und der ernsthafte Wille, im demokratischen Entscheidungsprozeß auch die Auffassung der Minderheit zu berücksichtigen. Eine Mehrheit, die sich selbst in existentiellen Fragen, bei Entscheidungen, die als lebensbedrohend empfunden werden, kaltschnäuzig über die Meinung der Minderheit hinwegsetzt, wird nicht damit rechnen können, daß die Minderheit die Mehrheitsmeinung akzeptiert oder wenigstens toleriert.

(Beifall des Abg. Mann [GRÜNE] — Kleinert [Hannover] [FDP]: Verleugnen Sie doch nicht Ihre eigenen Erfolge! — Zuruf von der CDU/CSU: Das sind Äußerungen eines Sozialdemokraten! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Eine Anbiederung! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Die Intoleranz dieser Koalition wird durch die Art und Weise, wie sie auf einen solchen Debattenbeitrag reagiert, sehr deutlich.

(Beifall bei der SPD)

Eine solche Mehrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, provoziert die Minderheit und riskiert es, daß das Gefühl der existentiellen Bedrohung durch die Mehrheitsentscheidung die Bereitschaft zum Widerstand, zum passiven Widerstand und unter Umständen auch zum aktiven Widerstand auslöst.

(Weiß [CDU/CSU]: Stellen Sie doch die Gesetzgebung ein!)

Ein solches innenpolitisches Klima ist der demokratischen Toleranz und der Friedfertigkeit nicht förderlich. Mit ihm wird politische Gewalt heraufbeschworen.
Einer solchen zunehmenden Gewaltbereitschaft kann durch repressive Mittel und durch strafrechtliche Sanktionen nur sehr bedingt entgegengewirkt werden, Herr Justizminister. Wenn in einer solchen Situation nicht maßvoll, sondern durch übermäßigen, das Gebot der Verhältnismäßigkeit außer acht lassenden staatlichen Zwang reagiert wird, dann ist das kein Beitrag zur Befriedung und dazu, daß sich
Friedfertigkeit ausbreiten kann. Dann kommt es leicht zur Eskalation, zur Eskalation des Mißtrauens, der Feindseligkeit und zur Eskalation der Gewalt.
CDU/CSU und FDP sind dabei, diesen verhängnisvollen Weg der Eskalation zu gehen. Wir fordern Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, wir fordern die Bundesregierung auf, im Interesse des Wohles unseres Landes und seiner Bürger, im Interesse unserer jungen Demokratie, im Namen der Vernunft

(Bohl [CDU/CSU]: Aha! — Lachen bei der CDU/CSU)

und der Toleranz, von diesem verhängnisvollen Weg umzukehren.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Mann [GRÜNE])


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025407800
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zuerst zur Einzelberatung und Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 21 a, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 10/6286. Ich rufe die Art. 1 bis 6, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen die Stimmen der SPD und der GRÜNEN ist der Gesetzentwurf in dritter Beratung angenommen.
Wir stimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 10/6654 ab. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen ist der Antrag mit den Stimmen der Regierungsparteien abgelehnt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 21 b. Der Ältestenrat schlägt hierzu Überweisung der Vorlage auf Drucksache 10/6276 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vor. — Kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 21c, den Gesetzentwürfen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP sowie der Bundesregierung. Der Innenausschuß empfiehlt auf Drucksache 10/6613 unter Buchstabe a, den Gesetzentwurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes auf den Drucksachen 10/4737 und 10/5343 in der Ausschußfassung anzunehmen.
Ich rufe Art. 1 auf. Hierzu liegen auf Drucksache 10/6614 unter den Nrn. 1 und 2 Änderungsanträge
19808 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Vizepräsident Frau Renger
der SPD vor. Wer stimmt für diese Änderungsanträge? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen sind die Anträge abgelehnt.
Wer stimmt für Art. 1 in der Ausschußfassung? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Art. 1 in der Ausschußfassung ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 2 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 10/6614 unter Nr. 3 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Antrag ist abgelehnt.
Wer für Art. 2 in der Ausschußfassung stimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Artikel ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 3 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 10/6614 unter Nr. 4 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen! — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Antrag ist abgelehnt.
Wer stimmt dem Art. 3 in der Ausschußfassung zu? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Artikel ist angenommen.
Ich rufe Art. 4 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 10/6614 unter Nr. 5 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! -- Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit abgelehnt.
Ich frage, wer dem Art. 4 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Art. 4 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Es bleibt noch über Einleitung und Überschrift abzustimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieses ist mit Mehrheit angenommen. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Gesetzentwurf ist in der dritten Lesung angenommen.
Es ist noch über eine Entschließung abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 10/6613 unter Buchstabe b die Annahme einer Entschließung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Entschließungsentwurf ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt den Punkt 23 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes
— Drucksache 10/5533 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (21. Ausschuß)

— Drucksache 10/6656 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Dr. Göhner Kiehm
Baum
Frau Hönes
Hierzu liegen ein Änderungsantrag und ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf den Drucksachen 10/6657 und 10/6658 vor.
Im Ältestenrat ist für die Beratung ein Beitrag bis zu zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart worden. — Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Bundesminister Dr. Wallmann.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1025407900
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Im Rahmen der umfassenden Novellierung der Wassergesetze des Bundes liegt Ihnen heute der Entwurf zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes zur abschließenden Beratung vor. Vorangegangen sind die Novellen zum Wasserhaushaltsgesetz und zum Waschmittelgesetz.
Mit der Änderung des Abwasserabgabengesetzes verfolgt die Bundesregierung vor allem das Ziel, den Anreiz für weitere und bessere Reinigungsmaßnahmen durch die Einleiter zu erhöhen. Es geht darum, gefährliche Stoffe im Abwasser mit dem Instrument der Abgabe weiter zu verringern und nach Möglichkeit sogar zu vermeiden. Ich darf mich heute auf wenige Kernpunkte beschränken:
Erstens. Zusätzlich zu den bereits jetzt erfaßten Schwermetallen, nämlich Quecksilber und Cadmium, werden künftig die Metalle Chrom, Nickel, Blei und Kupfer sowie die Schadstoffgruppe der organischen Halogenverbindungen abgabepflichtig sein. Ich bin sicher, daß diese deutliche Ausweitung der gefährlichen Stoffe Wirkungen zeigen und zu einem nachhaltigen Abbau der täglichen Gewässerbelastung führen wird.
Zweitens. Umweltbewußtes Verhalten und die Entwicklung neuer und innovativer Technologien im Gewässerschutz sollen sich auszahlen. Wer z. B. bei den abbaubaren Abwasserinhaltsstoffen mit seinen Reinigungsmaßnahmen über die allgemein anerkannten Regeln der Technik hinausgeht, kann eine Halbierung des Abgabesatzes, gegebenenfalls sogar die völlige Abgabefreiheit, erreichen.
Drittens. Bei der Abgabenerhebung wird künftig auf den ordnungsrechtlichen Überwachungswert abgestellt. Der Einleiter zahlt also nicht mehr wie bisher für Regelwerte, die der tatsächlichen Einleitung nur angenähert sind. Hiermit wird für viele eine fühlbare Erhöhung der Abwasserabgabe verbunden sein; im Durchschnitt rechnet man mit ca. 50% Erhöhung. Die Einleiter werden sich daher in Zukunft bemühen, ihre Ablaufwerte zu verringern, um Abgaben zu sparen.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19809
Bundesminister Dr. Wallmann
Viertens. Investitionen für Gewässerschutzmaßnahmen, die die allgemein anerkannten Regeln der Technik übertreffen oder den Stand der Technik einführen, können bis zu drei Jahre zur Hälfte mit der fälligen Abwasserabgabe verrechnet werden. Ich halte auch dies für einen ganz wesentlichen Anreiz, kurzfristig mehr Umweltschutz zu verwirklichen.
Die Novelle zum Abwasserabgabengesetz wird kein Schlußpunkt in diesem Bereich sein. Ammonium, Stickstoff und Phosphor, um nur Beispiele zu nennen, werden auf diesem Sektor auf der Tagesordnung der nächsten Legislaturperiode stehen; denn der vorsorgende Schutz der Gewässer und damit die Sicherung des Wassers bleibt für die Bundesregierung und die sie tragende Koalition der Mitte auch künftig eine Aufgabe von ganz überragender Bedeutung.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1025408000
Das Wort hat der Abgeordnete Kiehm.

Günter Kiehm (SPD):
Rede ID: ID1025408100
Frau Päsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, es wird kein Schlußpunkt sein. Es darf kein Schlußpunkt sein. Denn dieses Gesetz hält nicht das, was ursprünglich damit erreicht werden sollte.
Meine Damen und Herren, das Abwasserabgabengesetz hat schon in der gestrigen Debatte eine Rolle gespielt. Als einige Kollegen der FDP hier auftraten, gab es bei uns in der Fraktion Hoffnung. Denn das, was hier verabschiedet werden soll, ist offensichtlich nicht mehr FDP-Politik.
Die Diskussion über das Abgabengesetz — das ist deutlich geworden — kann nicht losgelöst von den jüngsten Erfahrungen in der Gewässervergiftung geführt werden. Ich will hier von einer Erfahrung sprechen, die mich betroffen gemacht hat. Der Umweltausschuß hat sich in der vorletzten Sitzung mit zwei Tagesordnungspunkten beschäftigt, einmal mit der Verunreinigung des Rheins durch die deutsche Chemie und dann mit dem Abwasserabgabengesetz. Als wir über die Verunreinigung des Rheins gesprochen haben, waren auch CDU-Abgeordnete der Meinung, daß sichernde und vorsorgende Maßnahmen nicht danach bestimmt werden dürften, was zur Zeit machbar ist. Jeder, der verbesserten Gewässerschutz will, muß personell und sächlich Mittel bereitstellen, um die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Wenige Stunden später, als es um das Abwasserabgabengesetz ging, war das alles nicht mehr wahr. Man orientierte sich wieder an dem, was zur Zeit machbar ist. Das ist eine Politik, die zumindest zwielichtig ist.

(Schäfer [Offenburg] [SPD]: Leider wahr!)

Meine Damen und Herren, wir haben eine Empörung im Lande festzustellen. Wenn es uns nicht gelingt, aus dieser berechtigten Empörung Konsequenzen auch bei der Ausgestaltung technischer
Gesetze zu ziehen, dann ist Empörung, die durchaus eine gesellschaftliche Kraft darstellt, unproduktiv.

(Beifall bei der SPD) Sie zwingen zur Unproduktivität.

Herr Wallmann hat davon gesprochen, daß er nicht verharmlosen will. Ich will Ihnen das so abnehmen. Aber, Herr Wallmann, es wäre besser und für Sie glaubwürdiger gewesen, wenn Sie nicht so ein harmloses Abwasserabgabengesetz zur Abstimmung gestellt hätten.

(Beifall bei der SPD)

Man muß sich in Erinnerung rufen, daß dieses Abwasserabgabengesetz am 1. Januar 1989 in Kraft treten soll. Wie man da noch von einem Zusammen wirken von Wasserhaushaltsgesetz und Abwasserabgabengesetz mit einer Zangenwirkung sprechen kann, ist mir unerfindlich. Hinter dieser weiten Frist von zwei Jahren steckt die Vorstellung, daß erst zu diesem Zeitpunkt die Verwaltungsvorschriften mit den Mindestanforderungen für Einleitungen nach dem Stand der Technik vorliegen werden. Dabei geht es um Stoffe, die sich durch Giftigkeit, Langlebigkeit, Anreicherungsfähigkeit auszeichnen, mit krebserzeugender, fruchtschädigender oder erbgutverändernder Wirkung, also um das Teufelszeug, das die Menschen zwischen Alpen und Nordsee in Schrecken setzt.
Ich weiß nicht, ob der Zeitrahmen von zwei Jahren für die Erarbeitung dieser Verwaltungsvorschriften angemessen ist. Aber eines weiß ich mit Sicherheit: daß er zu einer Zeit kalkuliert worden ist, als angenehme Ruhe im Gewässerschutz herrschte. Mit dieser Ruhe ist es vorbei. Die Angemessenheitskalkulation stimmt nicht mehr, Herr Minister Wallmann. Hier muß schnell gehandelt werden. Fristen von zwei Jahren können wir uns nicht leisten.
Herr Baum, Sie haben gestern die Frage nach der Grundgesetzänderung aufgeworfen.

(Baum [FDP]: Ich werde sie noch einmal aufwerfen!)

Es wäre gut gewesen, wenn Sie die Anregungen, die wir vor zwei Jahren gegeben haben, schon damals angenommen hätten. Dann hätten wir darüber reden können. Nur heute hilft es nichts, über eine Grundgesetzänderung zu meditieren, über verbesserte Zuständigkeitsregelungen, sondern heute muß der Minister handeln. Er muß Mittel bereitstellen. Er muß kontrollieren. Herr Minister, wenn Sie schon von einer Kooperation mit der Chemie auch in diesen Fragen reden wollen: von mir aus ja, aber bitte nicht, um Zeit zu schinden, sondern um mit dem Sachverstand, der dort vorhanden ist, den Ablauf zu beschleunigen.

(Vorsitz: Vizepräsident Stücklen)

An der Frage, in welchem Umfang Sie Beschleunigung herbeiführen, werden wir Sie messen.
Ich meine, daß dann, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind, auch eine andere Ungereimtheit ausgeräumt werden kann. Man muß sich vorstellen, daß eine Firma, die in den Rhein einleitet, heute
19810 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Kiehm
Abwasserabgabe zahlen muß. Eine Nachbarfirma, die in die Kläranlage Bonn einleitet, wird von der Abgabe freigestellt.

(Dr. Göhner [CDU/CSU]: Falsch!)

Nun muß ich Sie fragen: Wie kommt es eigentlich, daß Sie als eingefleischte Marktwirtschaftler überhaupt kein Interesse daran haben, diese Wettbewerbsverzerrung aufzuheben? Das Argument der Praktikabilität kann nicht ständig greifen.
Ich höre auch den Einwand, daß die Kosten, die mit der Heranziehung von Indirekteinleitern verbunden sind, schwer kalkulierbar seien und nicht getragen werden könnten. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich Kommunalpolitiker heute ernstlich darauf berufen wollen, daß ein gesteigerter Verwaltungsaufwand bei ihnen zur Ablehnung einer Abwasserabgabe für Indirekteinleiter führt, wenn das den Sinn hat, den Gewässerschutz zu verbessern.
Wir können uns auch nicht den Streit darüber leisten, ob der Staat oder die Kommune zur Kostenträgerschaft verpflichtet wird. Wie wollen wir eigentlich unseren Bürgern klarmachen, daß wir auf ihre Empörung reagieren, wenn wir mit so formalen verwaltungsmäßigen Gesichtspunkten hier die Debatte bestreiten?
Die Zangenwirkung, von der ich sprach, muß auch bei Phosphor und Ammoniumstickstoff eintreten. Ich leugne j a gar nicht, daß auch ordnungsrechtlich eingegriffen werden muß, und ich gebe dem Kollegen Wolfgramm recht, wenn er sagt, wir hätten uns heute manches sparen können, wenn die Länder bereit gewesen wären, beispielsweise mit den Bewirtschaftungsplänen gerade an dieser Front zu kämpfen. Aber die Mittel stehen immer noch auf dem Papier, und nur auf dem Papier. Ich habe keine Neigung, hier meiner Fraktion zu sagen: Verzichten wir auf die Abwasserabgabe für Phosphor und Ammoniumstickstoff, wenn die Länder selber uns zwar kritisieren, aber nichts unternehmen, um die Möglichkeiten des Wasserhaushaltsgesetzes zu nutzen.
Zur Frage der Abgabenhöhe. Ich nenne dazu kurz zwei Gesichtspunkte.
Das Ziel ist nicht die Einnahmemaximierung, sondern das Ziel ist die Null-Lösung: null Gramm, null Kilo, null Tonne Schadstoff in das Wasser und null DM als Abgabe. Das ist der Idealfall.

(Dr. Laufs [CDU/CSU]: Wir wollen alles, und zwar subito!)

Es muß eine Chance bestehen, daß derjenige, der zur Abgabe herangezogen werden kann, wenigstens eine realistische Wahlmöglichkeit hat, nämlich entweder in die Vermeidung zu investieren oder zu zahlen. Die jetzt vorgesehene Regelung verschlechtert die bisherigen Möglichkeiten sogar noch, weil die Abgabe auf dem Stand von 1986 eingefroren werden soll.
In sich unschlüssig ist auch die Regelung des Gesetzes, die Verrechnungsmöglichkeiten zwischen unternehmerischen Anforderungen und der Abgabe auf den 1. Januar 1987 vorzuverlegen, aber die Abgabe in gleicher Höhe zu belassen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier eher der kleine, sich betriebswirtschaftlich auswirkende Kompromiß gesucht worden ist, nicht aber eine konsequente gewässerschützende Regelung.
Wenn ich die Debatte der letzten Tage richtig sehe, teilt die FDP in dieser Abgabefrage unsere Auffassung. Ich habe das zwar koalitionsdiplomatisch im Ausschuß anders gehört, aber man kann ja hier heute in zweiter und dritter Lesung noch zu neuen Erkenntnissen kommen und so entscheiden. Wir werden es j a sehen. Ich vermute, daß vielleicht auch der Antrag auf namentliche Abstimmung wohl so gedacht ist, daß man gegenüber der FDP ein Disziplinierungsmittel in die Hand bekommen will.

(Dr. Göhner [CDU/CSU]: Da täuschen Sie sich aber!)

Wenn ich von den inhaltlichen Positionen, die hier vorgetragen worden sind, ausgehe, ist eines sicher: Es gibt in diesem Bundestag nur eine Fraktion, die dieses Gesetz inhaltlich voll trägt, nämlich die CDU/CSU. Damit ist sie in der Minderheit. Schon das spricht j a wohl eine deutliche Sprache für die Beurteilung dieses Gesetzes.
Wir werden in der zweiten Lesung vier Änderungsanträge stellen. Sie werden sicherlich niedergestimmt werden. Wir werden das Gesetz ablehnen. Wir werden versuchen, unsere Position hier in einem Entschließungsantrag noch einmal deutlich zu machen.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025408200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Baum.

Gerhart Rudolf Baum (FDP):
Rede ID: ID1025408300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kiehm, eines Disziplinierungsmittels bedarf es wirklich nicht. Ich habe meiner Fraktion empfohlen, diesem Gesetz zuzustimmen, weil es nämlich ein wichtiger Schritt ist. Es ist kein im letzten befriedigender Schritt — ich komme gleich darauf —, aber es ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung eines Gesetzes, das ja sehr heftig umstritten war, als es hier zum erstenmal beraten wurde. Die Konzeption des Abwasserabgabengesetzes hat sich voll bewährt. Es ist ein marktwirtschaftliches Instrument: Derjenige, der etwas tut, wird belohnt, und derjenige, der nichts tut, muß Zahlungen leisten. Am liebsten wäre es uns, wir bekämen durch dieses Gesetz keine einzige Mark, sondern es würde investiert.
Es ist auf Grund des Gesetzes in den letzten Jahren erheblich investiert worden. Die Abgabepflicht hat die Volkswirtschaft nicht überfordert, auch die Vollzugsbehörden nicht. Viele Kläranlagen bei der Industrie und den Gemeinden sind erst durch das Stimulans dieses Gesetzes gebaut worden. Wir bekennen uns zu diesem Instrument.
Es wird heute verbessert, Herr Kollege Kiehm. Das ist ohne Zweifel so. Die Einführung des Überwachungswerts ist eine Verwaltungsvereinfachung. Wir müssen, gerade wenn wir in diesem Hause beklagen, daß es ein Vollzugsdefizit gibt, dafür sorgen,
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19811
Baum
daß die Länderbehörden auch entlastet werden. Das geschieht hiermit.
Wir haben die Palette der Schadstoffparameter erweitert. Wir haben sie auf Stoffe ausgedehnt, die für die Trinkwasserversorgung gefährlich sind. Es handelt sich um die neuen Parameter Chrom, Nikkel, Blei, Kupfer und insbesondere AOX. Durch letzteren Parameter wird die besonders gefährliche Stoffgruppe der organischen Halogenverbindungen erfaßt.
Das sind ganz wichtige Fortschritte. Auch die Frage der Kurzzeitüberwachungswerte muß hier genannt werden.
Daß uns das Gesetz nicht voll befriedigt, haben wir schon bei verschiedenen Gelegenheiten zum Ausdruck gebracht. Auch ich nenne hier wie Sie, Herr Kiehm, die Aufnahme der Parameter Ammoniumstickstoff und Phosphor. Ich weiß zwar, daß wir ordnungsrechtlich noch nicht so weit sind. Aber Gewässerschutzinvestitionen müssen langfristig erfolgen, d. h. es muß geplant werden können. Uns wäre es lieber gewesen, man hätte — auch mit längeren Fristen — Ammoniumstickstoff und Phosphor bereits aufgenommen.
Die Koalitionsfraktionen haben eine gemeinsame Entschließung vorgelegt. Darin fordern wir die Bundesregierung auf, bis Ende 1988 über die weitere Entwicklung der Belastung der Gewässer durch Ammoniumstickstoff und Phosphor zu berichten. Wir erwarten, daß dieser Bericht hinreichende Grundlagen aufzeigt, um eine Entscheidung über die Aufnahme dieser Parameter in das Abwasserabgabengesetz treffen zu können.

(Senfft [GRÜNE]: Das ist die Aufforderung, nicht zu handeln!)

Die Zielvorstellung ist also auch, diese Stoffe, die unsere Gewässer belasten, die zur Eutrophierung unserer Gewässer führen, mit aufzunehmen. Der Stand der Technik wird das binnen kurzem ermöglichen, wenn das nicht schon heute der Fall ist.
Wir haben uns zweitens für eine Erhöhung der Abgabenbelastung auch über die 40 DM hinaus eingesetzt, jedenfalls so lange, bis überall die zu fordernde Gewässergüte erreicht ist. Dies geschieht nicht mit diesem Gesetz. Auf der anderen Seite sagen j a eine Reihe von Experten, daß durch die Einführung des Überwachungswerts und der Schadparameter eine wesentliche Erhöhung der Abgabe bei denen erfolgt, die nichts tun.
Dennoch wäre es uns lieber gewesen, zusätzlich eine Erhöhung der Abgabe vorzusehen. Ich gebe gern zu, Herr Kollege Kiehm, daß die genauen Auswirkungen des Gesetzes von mir nicht übersehen werden. Da gibt es die verschiedensten Berechnungen. Ich wünsche mir, daß wir das Verfahren anwenden, das wir schon einmal angewandt haben, nämlich daß wir etwa in Jahresfrist ein Institut mit der Untersuchung beauftragen, ob und welche Investitionen geplant werden. Wir haben auch schon bei früheren Gelegenheiten diesen Weg gewählt, damit wir die Wirkung des Gesetzes vorausschauend beurteilen konnten. Das muß hier auch geschehen.
Die Frage der Indirekteinleiter ist diskutiert worden. Sicher wäre es grundsätzlich sinnvoll, sie einzubeziehen, aber dem steht derzeit entgegen, daß zunächst die entsprechenden Indirekteinleiterregelungen im Ordnungsrecht umgesetzt werden müssen. Wir haben Kompromisse im Bereich des Niederschlagswassers und im Bereich der Kleineinleiter gefunden. Hier hätte man härtere Regeln vorsehen können. Wir wollen einmal sehen, wie die Länder mit diesen Regelungen umgehen. Sie müssen die Entscheidungen jetzt selber treffen.
Ein Schlüsselproblem dafür, wie das Gesetz funktioniert, ist, wie in den Verwaltungsvorschriften der Stand der Technik festgelegt wird. Das ist ein Schlüsselproblem. Wenn der Stand der Technik nach hohen Anforderungen festgelegt wird, greift das Gesetz stärker, als wenn diese Definition jetzt in den Beratungen zwischen Bund und Ländern schwach ausfällt.
Ich sage hier für meine Fraktion mit großem Nachdruck: Wir wollen die Anreizwirkung dieses Gesetzes aufrechterhalten. Sie muß aufrechterhalten weden. Wenn die Praxis zeigt, daß die Anreizwirkung zurückgeht, müssen wir handeln.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende einer Legislaturperiode, in der wir vieles auf dem Sektor des Umweltschutzes beschlossen und in die Wege geleitet haben. Wir sollten uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß wir als Gesetzgeber gehandelt haben, daß aber viele Gesetze erst wirklich funktionieren, wenn die entsprechenden Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und der Vollzug greifen. Wir sollten uns nicht der Täuschung hingeben, daß es genügt, hier aufzustehen, einem Gesetz zuzustimmen, und daß dann alles in Ordnung sei. Wir müssen auch darauf achten, daß diese Gesetze vollzogen werden. Hier lastet eine Riesenaufgabe auch auf dem Umweltminister und seinem Ministerium. Er muß zum Abfallrecht, zum Wasserhaushaltsrecht, zum Abwasserrecht eine Fülle von Verwaltungsvorschriften mit den Ländern ausarbeiten. Ich wünsche mir, daß Sie auch die personellen und technischen Möglichkeiten dazu haben. Sie müssen Arbeitsgruppen bilden, Sie brauchen das zuständige Personal, Sie brauchen Fachkräfte. Das Umweltbundesamt muß helfen. Hier haben Sie unsere volle Unterstützung.
Wir haben einige Gesetze verabschiedet, von denen wir wissen, daß wir sie erneut beraten müssen. Das haben wir hier gesagt. Ich nenne als Beispiel das Naturschutzgesetz. Wir sind uns in der Koalition auch einig, daß eine wichtige Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, nämlich die Richtlinie zur Prüfung der Umweltverträglichkeit, Wirkungen auf die deutsche Gesetzgebung hat. Das heißt: Wir müssen eine ganze Reihe der Gesetze, die in dieser Legislaturperiode verabschiedet worden sind, z. B. das Baugesetz, noch einmal an der Meßlatte des Umweltschutzes, genauer gesagt: der Umweltverträglichkeit, messen.
Ich möchte sagen, daß diese Koalition auf dem Felde des Umweltschutzes sehr gut zusammengearbeitet hat und am Ende dieser Legislaturperiode beachtliche Erfolge aufweisen kann. Einige Vorstel-
19812 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Baum
Lungen von uns sind nicht verwirklicht worden, darauf werden wir zurückkommen, aber das ändert nichts an dieser Bilanz.
Es muß sich bei Entscheidungen aller staatlichen Instanzen ein neues Wertebewußtsein durchsetzen. Aus unserer Sicht ist dafür die Staatszielbestimmung im Grundgesetz eine Grundlage. Auch darüber werden wir in der nächsten Legislaturperiode reden.
Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit in der Koalition und mit dem Ministerium. Es gab auch mit Ihnen, Herr Kollege Kiehm, gerade auf diesem Felde durchaus eine sachliche Kooperation. Die Koalition kann auf eine gute Bilanz zurückblicken. Das ist eine gute Voraussetzung für die Fortsetzung ihrer Politik nach dem 25. Januar.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025408400
Das Wort hat Frau Abgeordnete Hönes.

Hannegret Hönes (GRÜNE):
Rede ID: ID1025408500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Novellierung des Abwasserabgabengesetzes, die Sie, Herr Baum, so selbstgefällig als den Fortschritt im Gewässerschutz feiern wollen, ist ein weiteres Kapitel der „Unendlichen Geschichte" mit dem Titel: „Wie man vor der chemischen Industrie zu Kreuze kriecht und der Bevölkerung durch Vorenthaltung von Wissen das beruhigende Gefühl gibt, wir hätten die strengsten Umweltgesetze weit und breit".
Nach § 1 a des Wasserhaushaltsgesetzes ist die Verschmutzung von Gewässern verboten, es sei denn, sie ist unter Einhaltung von Mindestanforderungen nach § 7 a erlaubt. Jetzt wird es abenteuerlich: An der Festsetzung der Mindestanforderungen sind ausgerechnet jene maßgeblich beteiligt, vor deren Giften man die Umwelt schützen will. Vertreter der Umweltverbände bleiben selbstverständlich vor der Tür.

(Baum [FDP]: Wer entscheidet denn?)

Das Ergebnis jahrelanger Beratungen über Mindestanforderungen für die chemische Industrie macht unmittelbar klar, daß das Wort Kooperation, Herr Minister Wallmann, wenn es von Vertretern der Regierung und der chemischen Industrie in den Mund genommen wird, nichts anderes bedeutet als eine Verhöhnung der Bevölkerung.
Es findet beileibe keine Zusammenarbeit statt mit dem Ziel, die Umwelt zu schützen. Die gute Zusammenarbeit ist darauf gerichtet, die Profite der Konzerne zu mehren, indem man sie vor lästigen Ausgaben für den Umweltschutz schützt.
Für eine Branche, deren Abwässer laut Herrn Keune vom Verband der Chemischen Industrie 140 000 verschiedene Stoffe enthält, gelten folgende, geradezu lächerliche Mindestanforderungen: Das Abwasser darf nicht mehr als 5 Milligramm pro Liter absetzbare Stoffe enthalten. Der Gehalt an organischen Verbindungen, also der chemische Sauerstoffbedarf, muß in der Kläranlage um 75 % verringert werden. Anders ausgedrückt: 25% der Schadstoffe, die in die Kläranlagen hineinlaufen, dürfen auch wieder herauskommen und in die Gewässer eingeleitet werden. Die Anforderungen anderer Verwaltungsvorschriften sind einzuhalten.
Das ist alles, meine Damen und Herren. Bei 140 000 Stoffen, von denen ein erheblicher Teil in dem Verdacht stehen muß, hochgiftig zu sein, und von denen die allermeisten nicht einmal ansatzweise auf ihr Gefahrenpotential für Mensch und Umwelt untersucht sind! Das sind die Rahmenbedingungen, meine Damen und Herren, innerhalb deren die Länder und Wasserbehörden den Vollzug des Gewässerschutzes zu gewährleisten haben.
Was dabei herauskommt, haben wir tagtäglich vor Augen, Herr Minister Wallmann. Der Rhein ist ökologisch tot. Nord- und Ostsee drohen durch Überdüngung zu ersticken.

(Zuruf von der CDU/CSU: Quatsch!)

Die Elbe ist nach einem Gutachten nicht mehr zu sanieren.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was soll denn dieses Untergangsszenario!)

Die Wupper ist auch ohne eine spektakuläre Katastrophe so giftig für Wasserflöhe wie der Rhein nach Sandoz.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Wassergesetze, die angeblich die Gewässer vor Verschmutzung schützen sollen, werden schon lange mißbraucht. Sie legalisieren die Vergiftung unserer Flüsse durch die chemische Industrie und schützen die Firmen vor strafrechtlichen und haftungsrechtlichen Konsequenzen ihrer Umweltvergiftung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ganz legal, mit behördlichem Segen war es der Bayer AG bis Ende 1985 erlaubt und ist es mutmaßlich auch noch heute erlaubt, in zwei Stunden u. a. 16 t organischer Verbindungen, 3,5 t fischgiftigen Ammoniums und 145 t Sulfat einzuleiten. Erlaubt ist auch die Einleitung ungeklärter Abwässer.

(Abg. Schmidbauer [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025408600
Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Hannegret Hönes (GRÜNE):
Rede ID: ID1025408700
Ebenfalls erlaubt: alle zwei Stunden 550 g Quecksilber und 750 g Kadmium. Mit einem Kilogramm Kadmium kann man bis zu 550 qm Flußsediment bis zum Deponiezwang mit dem Gift anreichern.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025408800
Ich versuche es noch einmal, Frau Kollegin Hönes. Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Hannegret Hönes (GRÜNE):
Rede ID: ID1025408900
Im Moment nicht, später gern.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Die Deponierung eines Kubikmeters kostet dann etwa 55 000 DM. Dies ist beileibe keine ungeahnte Fehlentwicklung und kein Einzelfall. Diese Praxis ist im Wasserhaushaltsgesetz und in der Beteiligung der Industrie bei der Festlegung der Mindest-
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19813
Frau Hönes
anforderungen bewußt angelegt. Nicht anders läßt es sich deuten, daß ein derartiger Mißbrauch auch nach der novellierten Fassung des Wasserhaushaltsgesetzes stattfinden kann und stattfinden wird.
Meine Damen und Herren, dieses untaugliche Konstrukt von Wasserhaushaltsgesetz soll nach dem Willen dieser Regierung abgabenrechtlich flankiert werden durch die Erhebung einer Gebühr für die nach der Klärung vorhandenen Restschmutzmengen. So werden die erlaubten tonnenweisen Gifteinleitungen nämlich verharmlosend genannt; so wird der Bevölkerung eine Sanktionierung der Wasserverschmutzer vorgegaukelt.
Wenn diese Regierung mitteilt, die Abwasserabgabe solle einen ökonomischen Anreiz zu Gewässerschutzaufwendungen über die Mindestanforderungen hinaus schaffen, dann wird ganz bewußt versucht, den Eindruck zu erwecken, daß es z. B. für die Chemie so teuer ist, die Gewässer zu verschmutzen, daß sie lieber Kläranlagen baut und betreibt. Das ist nicht so. Die Abgabensätze entsprechen nicht einmal annähernd den Reinigungskosten und schon gar nicht den Folgekosten der Gewässerverunreinigungen.

(Abg. Schmidbauer [CDU/CSU] und Abg. Dr. Klejdzinski [SPD] melden sich zu Zwischenfragen)

— Langsam stapeln sich die Fragen. Ich möchte Ihnen jetzt Gelegenheit geben, Ihre Fragen zu stellen. — Ich bitte Sie aber, darauf zu achten, daß mir das nicht angerechnet wird; denn ich habe noch Ausführungen zu machen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025409000
Bitte, Herr Schmidbauer.

Bernd Schmidbauer (CDU):
Rede ID: ID1025409100
Frau Kollegin Hönes, es ist in den letzten Tagen öfter darauf hingewiesen worden, und ich möchte Sie heute noch einmal fragen: Wie kommen Sie zu diesen Aussagen, wenn — Sie haben vom Kollegen Kiehm die Äußerung gehört und werden von uns die Äußerung hören; auch der Kollege Baum hat Ihnen dies gesagt — der Schwellenwert von fünf Minuten Anwesenheit im zuständigen Ausschuß von Ihnen und Ihrer Fraktion nicht erreicht wird? Mich wundert dies. Meinen Sie nicht, daß Sie eher dort die Präsenz haben sollten, anstatt hier vorgefertigte Reden gegen die Regierung in reiner Polemik ablaufen zu lassen?

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Hannegret Hönes (GRÜNE):
Rede ID: ID1025409200
Herr Kollege, wenn Sie jetzt versuchen, das Plenum zu nutzen, meiner Fraktion etwas nachzuweisen, nämlich fehlende Präsenz in den Ausschüssen,

(Zurufe von der CDU/CSU)

dann sollten Sie sich erst einmal an Ihren Ausschußvorsitzenden wenden, der Ausschußsitzungen während Debatten hier im Plenum plant, an denen ich als Sprecherin meiner Fraktion teilzunehmen habe.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Sonst waren wir vertreten. Sie wissen auch, daß der Kollege Schulte seit längerem sehr schwer erkrankt ist. Wollen Sie uns das zum Vorwurf machen? Er ist ebenfalls Ausschußmitglied.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025409300
Frau Kollegin Hönes, wir haben noch einen Fragesteller.

Hannegret Hönes (GRÜNE):
Rede ID: ID1025409400
Bitte schön.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025409500
Herr Klejdzinski, bitte sehr.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1025409600
Frau Kollegin, ich bin mit Ihnen durchaus der Meinung, daß jedes Kilogramm oder jedes Gramm Schwermetall im Wasser natürlich letztlich schädlich ist. Sie haben heute aber wieder Tonnen genannt. Kann ich davon ausgehen, daß Sie heute besser recherchiert haben als gestern? Sie sprachen nämlich auch gestern von Tonnen und meinten im Grunde Wassermengen, die bestimmte Schwermetalle als Reststoffe beinhalten. Sind es, wenn Sie heute Tonnen genannt haben, wirklich Tonnen, oder sind es wäßrige Lösungen, in Tonnen ausgedrückt, in denen diese Schwermetalle enthalten sind?

Hannegret Hönes (GRÜNE):
Rede ID: ID1025409700
Herr Klejdzinski, ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mir Gelegenheit geben, mich zu berichtigen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)

Ich habe gestern fälschlicherweise von 50 Tonnen gesprochen. Ich muß mich berichtigen: Es handelte sich um Tonnen schwermetallhaltiger Abwässer. Allerdings muß ich deutlich sagen, ich habe bei den Angaben, die ich jetzt vorgetragen habe, sehr genau recherchiert. Es ist mir hier keine Unrichtigkeit nachzuweisen.

(Schmidtbauer [CDU/CSU]: Also gestern war es falsch?)

— Ja. Ich habe keine Probleme, das von dieser Stelle aus zu berichtigen; ich habe mich ungenau ausgedrückt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Falsch ausgedrückt!)

Aber lenken Sie nicht von den eigentlichen Problemen ab. Um beim Kadmium zu bleiben: Für ein Kilo Kadmium, das Sanierungskosten von ca. 55 000 DM verursacht, hat der Einleiter maximal 400 DM zu zahlen. Dieses Beispiel macht deutlich, wie verlogen es ist, wenn Sie, Herr Wallmann, das Verursacherprinzip als tragende Säule Ihres Umweltschutzes bezeichnen. Die Folgekosten Ihrer Kooperation mit der Industrie hat die Bevölkerung zu tragen, ebenso wie sie die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Umweltgift zu ertragen hat. So lächerlich die Abgabenhöhe ohnehin schon ist, es gibt auch noch Rabatt auf die Gebühr für den Restschmutz, wenn die Mindestanforderungen eingehalten sind, und das, obwohl die Einhaltung der Bestimmung des Wasserhaushaltsgesetzes zwingend vorgeschrieben ist. Diesen Rabatt gibt es sogar für Abwässer mit gefährlichen Inhaltsstoffen, die in ferner Zukunft, wenn die 5. Novelle zum Wasser-
19814 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Frau Hönes
haushaltsgesetz umgesetzt ist, nach dem Stand der Technik zu reinigen sind.
Ein weiterer Punkt. Nach der Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz kann die Entfernung gefährlicher Schadstoffe bereits am Ort des Entstehens verlangt werden. Nach Ihrem Abwasserabgabengesetz, Herr Wallmann, wird die Gebühr allerdings erst an der Einleitungsstelle in ein Gewässer festgelegt. Das ist nichts anderes als eine verdeckte Reduzierung der Abgabe, da so nicht alle Schadstoffe erfaßt werden.
Bei den chlorierten Kohlenwasserstoffen wird so nur 1 % der Einleitungen erfaßt. Dies gilt auch für Schwermetalle, von denen bis zu 80 % im Klärschlamm festgehalten werden, der dann mit hohen Kosten zu deponieren ist.
Ein letzter Einwand: In dem Gesetzentwurf fehlen als wichtige Schadstoffparameter Stickstoff, Phosphor und Abwärme, für die auch im Wasserhaushaltsgesetz keine Mindestanforderungen festgelegt sind. Diese Schadstoffe werden zusammen mit den anderen Giften auch die Nord- und Ostsee zu Kloaken verkommen lassen.
Die GRÜNEN im Bundestag können einem Abwasserabgabengesetz nur dann zustimmen, wenn das zu flankierende Wasserhaushaltsgesetz dazu dient, die Gewässer zu schützen, statt Einleitungen zu legalisieren, wenn die Abgabenhöhe den Reinigungskosten entspricht und wenn das Abwasserabgabengesetz eine lenkende Funktion hat. Auf Produktionswege mit hohem Abwasseranfall und mit schädlichen Abwasserstoffen muß ein Kostendruck ausgeübt werden, um die Entwicklung umweltverträglicher Produktionsweisen zu begünstigen.
Herr Wallmann, Sie sollten endlich eines in Ihren Kopf hineinlassen: Gewässerschutz, der nur auf technischen Lösungen der Abwasserreinigung aufbaut, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn es Ihnen je gelingen sollte, falls Sie es überhaupt vorhaben, Herr Wallmann, die chemische Industrie zu zwingen, auch die tonnenweisen Restschmutzmengen aus ihrem Abwasser zu entfernen, stehen Sie vor einem neuen Problem: Der ganze giftige Dreck, der aus dem Wasser herausgefiltert wird, muß deponiert werden. Technischer Umweltschutz verlagert die Probleme lediglich vom Wasser auf das Land.
Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, Sie sollten endlich erkennen, daß wir zum Schutz des Wassers und der gesamten Umwelt gezwungen sind, bisherige Produktionsweisen und Produkte auf ihre Umweltbelastung hin zu untersuchen und auf ihren Nutzen hin zu überprüfen. Auf umweltgefährdende Stoffe und Herstellungsverfahren muß verzichtet werden. Die massenweise Produktion giftiger und wassergefährdender Stoffe muß verboten werden.
Noch eines: Das Doppelspiel bessere, novellierte pende Umsetzung und schlaffer Gesetzesvollzug für die Industrie muß endlich aufhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025409800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Göhner.

Dr. Reinhard Göhner (CDU):
Rede ID: ID1025409900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Hönes, nachdem Sie jeglichen Fortschritt beim Gewässerschutz so massiv bezweifeln, möchte ich doch anregen, daß Sie künftig an den Ausschußberatungen zu solchen Gesetzen teilnehmen. Als wir das erste Mal intensiv im Umweltausschuß über dieses Gesetz gesprochen haben — Sie waren zu diesem Zeitpunkt odentliches Mitglied Ihrer Fraktion —, fehlte Ihre Fraktion leider genauso wie bei den meisten Obleutebesprechungen, bei denen wir die Sitzungstermine besprechen. Deshalb möchte ich doch die Kritik an der Verfahrensweise des Ausschusses zurückweisen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Kollege Kiehm, Sie haben einen Zusammenhang zwischen der Belastung des Rheins, den aktuellen Vorfällen und dem Abwasserabgabengesetz hergestellt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025410000
Herr Abgeordneter, würden Sie zu den Ausführungen, die Sie gemacht haben, eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Hönes zulassen?

Dr. Reinhard Göhner (CDU):
Rede ID: ID1025410100
Aber selbstverständlich. Vizepräsident Stücklen: Bitte schön.

Hannegret Hönes (GRÜNE):
Rede ID: ID1025410200
Herr Kollege Göhner, Sie geben mir dann indirekt recht, daß meine Anwesenheit und meine guten Argumente selbst Sie dazu geführt hätten, ein besseres Abwasserabgabengesetz zu machen. Lag es daran?

Dr. Reinhard Göhner (CDU):
Rede ID: ID1025410300
Frau Kollegin Hönes, was ich feststelle, ist, daß Sie an einem normalen Ausschußtag, an einem Mittwoch, an den Sachberatungen des Ausschusses nicht teilnehmen. Die meiste Zeit fehlte Ihre Fraktion im Umweltausschuß, um das einmal klipp und klar zu sagen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Im übrigen will ich Ihnen sagen: Es bestätigt sich immer mehr, was ein Landesvorstandsmitglied Ihrer Partei, der GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen, vor wenigen Wochen erklärt hat, daß nämlich der Umweltschutz bei Ihnen mittlerweile auf der Roten Liste stünde. Das war die wörtliche Formulierung eines ehemaligen Vorstandsmitgliedes der GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist interessant!)

Herr Kollege Kiehm, ich möchte zu dem von Ihnen hergestellten Zusammenhang noch erwähnen, daß wir die Gesetze — Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes, Novellierung des Waschmittelgesetzes und des Abwasserabgabengesetzes — je-
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19815
Dr. Göhner
weils eingeleitet haben, weit bevor sich diese Katastrophen im Rhein ereignet haben. Ich möchte darauf hinweisen, daß dieser Gesetzentwurf gerade im Hinblick auf die Schwermetallbelastungen einen entscheidenden Fortschritt enthält, übrigens gegen den Widerstand der betroffenen Wirtschaft, der betroffenen Industrie. Wir haben das gleichwohl für notwendig gehalten und zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran gelassen, daß deshalb die Einbeziehung organischer Halogenverbindungen, von Chrom, Nickel, Blei und Kupfer, im Gesetz erfolgen muß.
Wenn hier eben, Frau Hönes, z. B. von der Quecksilberbelastung die Rede war, dann möchte ich darauf hinweisen: Quecksilber, bisher vom Abwasserabgabengesetz schon erfaßt, ist ein typisches Beispiel für die hervorragende Wirkung dieses Instrumentariums. Denn die Quecksilberbelastung hat sich drastisch vermindert; sie hat sich in den letzten zwölf Jahren auf ein Sechstel vermindert. Es ist deshalb gut, nun zusätzliche, neue Schwermetalle einzubeziehen, um insgesamt ein höheres Maß an Gewässerschutz zu erreichen.
Das zweite, Herr Kollege Kiehm: Sie haben das späte Inkrafttreten beklagt. Zunächst einmal möchte ich Sie darauf hinweisen, daß ein Teil des Gesetzes am 1. Januar 1987 in Kraft tritt. Zweitens. Ein Großteil dieses Gesetzes muß umgesetzt werden, z. B. in die kommunalen Gebührensatzungen der Städte und Gemeinden. Wie wollen Sie am 5. Dezember gewährleisten, daß die Kommunen zum 1. Januar 1987 neue kommunale Satzungen machen? Der Städte- und Gemeindebund und die kommunalen Spitzenverbände haben uns nachdrücklich vor dem gewarnt, was Sie hier vorgeschlagen haben,

(Dr. Laufs [CDU/CSU]: So ist es!)

sowohl, was die neuen Schadstoffparameter als auch, was die Abgabensatzerhöhungen angeht. Es waren auch Ihre Parteifreunde, Ihre Kommunalpolitiker, die uns nachdrücklich davor gewarnt haben, Ihren Weg zu gehen.
Zum dritten Punkt, den Sie angesprochen haben, zu den Indirekteinleitern. Herr Kollege Kiehm, wir haben mit der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes die Einbeziehung der Indirekteinleiter eingeführt. Es war diese Regierung, die gerade auf diesem Gebiet aktiv gewesen ist. Ihre Behauptung, die Indirekteinleiter seien nicht vom Abwasserabgabengesetz erfaßt, ist so natürlich falsch, weil sie selbstverständlich über die Schmutzwasserabgaben im Rahmen der kommunalen Gebührensatzungen in vollem Umfang davon betroffen sind.
Meine Damen und Herren, der Grundsatz dieser Novellierung des Abwasserabgabengesetzes lautet, daß wir denjenigen, der mehr für den Gewässerschutz tut, entlasten wollen, daß wir aber denjenigen, der keine zusätzlichen Gewässerschutzinvestitionen vornimmt, zusätzlich belasten werden. Diese Verschärfung des Bonus- Malus- Prinzips erreichen wir zum einen dadurch, daß wir die Überschreitung zugelassener Grenzwerte mit einer drastisch höheren Abgabenbelastung sanktionieren, und zum anderen dadurch, daß wir aber auch einen Anreiz schaffen, mehr für den Gewässerschutz zu tun, als von den behördlichen Grenzwerten zugelassen ist, und das mit einer erheblichen Verminderung der Abgabe belohnen. Das gleiche gilt auch für die Umstellung unserer Berechnungsgrundlagen für die Abgabe.
Herr Kollege Kiehm, ich bitte Sie doch sehr, das nicht einfach zu ignorieren. Das Umweltbundesamt steht nun wirklich nicht im Verdacht, besonders industriefreundlich zu sein. Das Umweltbundesamt sagt uns voraus: Allein durch die Umstellung dieser Abgabenberechnungsgrundlagen wird eine Erhöhung von 50 bis 65% der Abwasserabgabe erfolgen. Deshalb — ich habe das zufällig hier dabei — hat uns ja auch die Industrie, hat uns die Wirtschaft gesagt: „Kostenlawine durch Umweltschutz, DIHT warnt vor den Belastungen durch die Novelle zum Abwasserabgabengesetz".
Meine Damen und Herren, wir haben das dennoch für notwendig gehalten, weil wir gleichzeitig den verstärkten Anreiz für denjenigen schaffen, der etwas zum Gewässerschutz tut, weil er die Möglichkeit hat, sich von diesen Abgabemehrbelastungen dadurch zu befreien, daß er eine bessere Abwasserreinhaltung gewährleistet.
Ihr Vorschlag, die Abwassergabe drastisch um 25% zu erhöhen, findet nicht nur den Widerstand der kommunalen Spitzenverbände, sondern auch der SPD-regierten Bundesländer. Sie fordern ab 1. Januar 1987 eine höhere Abgabe. Die SPD-regierten Bundesländer haben natürlich gewußt, daß das nicht geht, und haben deshalb auch gesagt: Vor 1989 darf sich in diesem Bereich nichts ändern, denn die Kommunen müssen es umsetzen; das geht nicht innerhalb von drei Wochen. Daß Sie dies ignorieren, ist außerordentlich bemerkenswert.
Das gilt auch für Ammonium und Phosphor. Das Land Niedersachsen fordert mit großem Nachdruck die entsprechenden Neuregelungen im Vollzug des Wasserhaushaltsgesetzes, um vor allem Ammoniumstickstoff und Phosphor aus den kommunalen Kläranlagen zu entfernen. Es sind auch die SPDregierten Bundesländer, die blockieren und dagegen opponieren, mit beachtlichen Argumenten, wie ich zugebe. Nur, stellen Sie sich dann bitte hier nicht so hin, als ob Sie sagen könnten: Wir werden das par ordre du mufti zum 1. Januar 1987 alles abstellen können, wenn auch Ihre Parteifreunde in den Bundesländern, in denen Sie an der Regierung sind, das Gegenteil sagen und erklären, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit der heutigen Novellierung des Abwasserabgabengesetzes wird auch die sogenannte Kleineinleiterabgabe weitgehend abgeschafft. Das ist eine wichtige Neuregelung und Entlastung vor allem für die Bürger im ländlichen Raum.
Die Kleineinleiterabgabe ist ökologisch sinnlos geworden. Welchen Anreiz sollte diese Abgabe auch noch bieten? Ein Hauseigentümer, der seine Hauskläranlage für viel Geld nach neuesten Erfordernissen errichtet — das kostet für ein Einfamilienhaus schnell 20 000 DM — und der all das tut, was das
19816 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Dr. Göhner
Umweltrecht von ihm verlangt, der muß nach altem Recht trotzdem die Kleineinleiterabgabe zahlen. Selbst wenn er noch mehr tut und z. B. eine Wurzelraumentsorgung nachschaltet, wird er anschließend zur Kasse gebeten. Das ärgert die Bürger nicht allein wegen der 20 DM pro Einwohner, sondern weil sinnlos bürokratischer Aufwand getrieben wird.
Künftig fällt die Kleineinleiterabgabe kraft neuen Bundesrechts weg, wenn die Hauskläranlage den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und Schlammentsorgung sichergestellt ist.
Die Länder können weitergehende Regelungen treffen. Baden-Württemberg und Bayern haben bereits signalisiert, daß sie die Kleineinleiterabgabe abschaffen werden. Wir begrüßen das nachdrücklich.
Sie, die SPD, wollten das Gegenteil. Mit der Erhöhung des Abgabesatzes sollte die Kleineinleiterabgabe allein schon 1987 um 25% erhöht werden, danach Jahr für Jahr um den gleichen Betrag. Die Partei, die so gerne vorgibt, für die kleinen Leute sein zu wollen, will hier die kleinen Hauseigentümer im ländlichen Raum immer mehr zur Kasse bitten, obwohl dabei nichts für die Umwelt herauskommt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Typisch!)

Deshalb zeigt die Auseinandersetzung um das Abwasserabgabengesetz ganz deutlich: Ihnen geht es in erster Linie eben doch um höhere Abgaben, unabhängig von der umweltpolitischen Wirkung, wie das Beispiel Kleineinleiterabgabe zeigt. Uns dagegen ist sehr daran gelegen, daß die Abgabe insgesamt, nämlich infolge verbesserten Umweltschutzes, durchaus vermindert wird. Mehr Umweltschutz zu erreichen, nicht unbedingt mehr Abgabe zu kassieren, das ist das Ziel dieses Gesetzentwurfes.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1025410400
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Einzelberatung und Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 10/5533 in der Ausschußfassung.
Ich rufe Art. 1 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 10/6657 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Dieser Änderungsantrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wer für Art. 1 in der Ausschußfassung stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Art. 2 bis 4, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! —
Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Mit Mehrheit angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung.
Meine Damen und Herren, die Fraktionen der CDU/CSU und FDP verlangen hierzu gemäß § 52 unserer Geschäftsordnung namentliche Abstimmung. Ich eröffne die namentliche Abstimmung. —
Meine Damen und Herren, nach einer interfraktionellen Vereinbarung können wir während der namentlichen Abstimmung bereits über den Entschließungsantrag abstimmen. Ich kann das aber nur tun, wenn ich einigermaßen Übersicht habe. —
Meine Damen und Herren, ich lasse also jetzt über den Entschließungsantrag abstimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 10/6656 unter Nr. 2 die Annahme einer Entschließung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! - Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Mit Mehrheit ist diese Entschließung angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 10/6658. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! - Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ist noch ein Mitglied des Hauses da, das die Absicht hat, sich an der namentlichen Abstimmung zu beteiligen? —
Meine Damen und Herren, ich schließe die namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung in der Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 10/5533 und 10/6656 bekannt: Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 337 ihre Stimme abgegeben, davon keine ungültigen Stimmen. Mit Ja haben 212 gestimmt, mit Nein 125; keine Enthaltungen. Alle 16 Berliner Abgeordneten haben ihre Stimme abgegeben. Keine Stimme war ungültig. Mit Ja haben 10, mit Nein haben 6 gestimmt; es gab keine Enthaltung.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 337 und 16 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 212 und 10 Berliner Abgeordnete
nein: 125 und 6 Berliner Abgeordnete
Ja
CDU/CSU
Bayha
Dr. Becker (Frankfurt) Berger
Dr. Berners Biehle
Dr. Blank Dr. Blens
Dr. Bötsch Bohl
Bohlsen
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986 19817
Vizepräsident Stücklen
Borchert Braun
Breuer
Broll
Brunner
Bühler (Bruchsal) Carstens (Emstek) Carstensen (Nordstrand) Clemens
Dr. Czaja Daweke
Frau Dempwolf
Deres
Dörflinger Doss
Dr. Dregger
Echternach
Ehrbar Eigen
Erhard

(Bad Schwalbach) Eylmann

Fellner
Frau Fischer
Dr. Friedmann
Funk
Ganz (St. Wendel)

Frau Geiger
Dr. Geißler
Gerlach (Obernau) Gerstein
Gerster (Mainz)

Glos
Dr. Göhner
Dr. Götz Dr. Götzer Günther
Hauser (Esslingen) Hauser (Krefeld) Hedrich
Frau Dr. Hellwig Helmrich
Dr. Hennig
Herkenrath
Hinrichs Hinsken Höffkes Höpfinger Dr. Hoffacker
Frau Hoffmann (Soltau) Hornung
Horstmeier
Frau Hürland
Dr. Hüsch Dr. Hupka
Graf Huyn
Jagoda
Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst Dr.-Ing. Kansy
Frau Karwatzki
Keller
Kiechle
Klein (München)

Kolb
Kraus
Dr. Kreile Krey
Dr. Kronenberg
Dr. Kunz (Weiden) Lamers
Dr. Lammert
Landré
Dr. Langner
Lattmann Dr. Laufs Lenzer
Link (Diepholz)

Link (Frankfurt) Linsmeier
Lintner Dr. Lippold Löher
Lohmann (Lüdenscheid) Louven
Maaß
Frau Männle Magin
Marschewski Metz
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Mikat
Dr. Miltner Dr. Möller
Müller (Remscheid) Müller (Wadern)
Müller (Wesseling)

Nelle
Frau Dr. Neumeister Niegel
Dr.-Ing. Oldenstädt
Dr. Olderog Pesch
Dr. Pinger
Pöppl
Pohlmann
Dr. Pohlmeier Dr. Probst
Reddemann Repnik
Rode (Wietzen) Frau Rönsch

(Wiesbaden) Rossmanith Rühe

Ruf
Sauer (Salzgitter)

Sauer (Stuttgart)

Saurin
Sauter (Epfendorf) Sauter (Ichenhausen)
Dr. Schäuble Scharrenbroich Schartz (Trier) Schemken
Scheu
Schlottmann Schmidbauer Schmitz (Baesweiler)

von Schmude Schneider (Idar-Oberstein)

Dr. Schneider (Nürnberg) Freiherr von Schorlemer Schreiber
Dr. Schroeder (Freiburg) Schulhoff
Dr. Schulte

(Schwäbisch Gmünd) Schultz (Wörrstadt) Schwarz

Dr. Schwörer Seehofer
Seesing
Seiters
Spilker
Spranger
Dr. Sprung
Dr. Stark (Nürtingen) Dr. Stavenhagen
Dr. Stercken Stockhausen Strube
Stücklen
Stutzer
Susset
Tillmann
Dr. Todenhöfer Uldall
Dr. Unland
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Vogt (Duren)

Dr. Voigt (Northeim) Dr. Voss
Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel
Dr. Warnke
Dr. Warrikoff
Dr. von Wartenberg Weirich
Weiß
Werner (Ulm)

Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms
Wilz
Frau Dr. Wisniewski Dr. Wittmann
Dr. Wulff
Zink
Berliner Abgeordnete
Frau Berger (Berlin) Boroffka
Buschbom
Dolata
Kalisch
Dr. h. c. Lorenz
Dr. Pfennig
Schulze (Berlin) Straßmeir
FDP
Frau Dr. AdamSchwaetzer
Baum
Beckmann Bredehorn
Cronenberg (Arnsberg) Eimer (Fürth)
Engelhard
Dr. Feldmann
Gallus
Gattermann Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Hirsch
Kleinert (Hannover) Dr.-Ing. Laermann Mischnick Möllemann Ronneburger
Dr. Rumpf Schäfer (Mainz)

Frau Seiler-Albring
Dr. Solms
Dr. Weng (Gerlingen) Wolfgramm (Göttingen)
Berliner Abgeordneter Hoppe
Nein
SPD
Bachmaier
Becker (Nienberge) Bernrath
Berschkeit Frau Blunck Brandt
Dr. von Bülow Catenhusen Collet
Delorme
Dr. Ehmke (Bonn)

Dr. Emmerlich
Ewen
Fiebig Fischer (Homburg)

Franke (Hannover)

Frau Fuchs (Köln)

Frau Fuchs (Verl)

Gilges
Glombig
Dr. Haack
Haehser
Hansen (Hamburg)

Frau Dr. Hartenstein
Dr. Hauchler Hauck
Dr. Hauff
Heistermann Herterich
Hettling
Dr. Holtz
Frau Huber Huonker
Immer (Altenkirchen) Jahn (Marburg)
Dr. Jens
Kiehm
Kirschner
Klein (Dieburg) Dr. Klejdzinski Dr. Kübler
Kühbacher Leonhart
Liedtke
Lohmann (Witten)

Lutz
Frau Matthäus-Maier Matthöfer
Meininghaus Menzel
Möhring
Müller (Düsseldorf) Müntefering
Nehm
Dr. Nöbel
Frau Odendahl Oostergetelo Pauli
Porzner
Poß
Ranker
Rapp (Göppingen) Reimann
Frau Renger Reuter
Rohde (Hannover)

Roth
Schäfer (Offenburg) Schanz
Schmidt (Wattenscheid) Schmitt (Wiesbaden)
Dr. Schmude Schreiner
Schröer (Mülheim) Schulte (Unna)
Dr. Schwenk (Stade) Sielaff
Sieler (Amberg)

Frau Dr. Skarpelis-Sperk Dr. Soell
Dr. Sperling Stahl (Kempen) Steiner
Frau Steinhauer
Stiegler
Stockleben Tietjen
Frau Dr. Timm Toetemeyer Frau Traupe Urbaniak
Verheugen Waltemathe Westphal
Frau Weyel Wiefel
19818 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 254. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Dezember 1986
Vizepräsident Stücklen
von der Wiesche Wimmer (Neuötting) Wischnewski
Witek
Dr. de With
Würtz Zander Zeitler
Berliner Abgeordnete
Egert
Löffler
Dr. Mitzscherling Dr. Vogel
Wartenberg (Berlin)

DIE GRÜNEN
Auhagen
Frau Borgmann
Frau Dann
Frau Eid
Fischer (Bad Hersfeld) Fritsch
Frau Hönes Lange
Mann
Dr. Müller (Bremen) Rusche

(HamburgNeustadt)

Suhr
Vogel (München)

Frau Wagner Werner (Dierstorf) Werner (Westerland) Frau Zeitler
Berliner Abgeordneter Ströbele
fraktionslos
Handlos
Damit ist dieses Gesetz mit Mehrheit angenommen.
Meine Damen und Herren, wir sind am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 10. Dezember 1986, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.