Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
— Drucksache 10/2110 —
Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rawe zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Conradi auf:
Wie sind die Bestrebungen der Deutschen Bundespost, beispielsweise der Oberpostdirektion Freiburg, Beamte ohne die Prüfung und Entscheidung im Einzelfall in einem ordnungsgemäßen Disziplinarverfahren allein unter Berufung auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu entlassen, mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar?
Bitte.
Herr Präsident, wenn der Herr Kollege Conradi einverstanden ist, würde ich beide Fragen wegen des Sachzusammenhangs gern gemeinsam beantworten.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, der Fragesteller ist nicht einverstanden.
Rawe, Parl. Staatssekretär: Ich habe es zur Kenntnis genommen, Herr Präsident.
Bitte sehr.
Rawe, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Conradi, es gibt keine Bestrebungen der Deutschen Bundespost und damit auch keine im Bereich der Oberpostdirektion Freiburg im Breisgau, Beamte oder Beamte auf Probe ohne ein förmliches Disziplinarverfahren bzw. ohne eingehende Prüfung des Einzelfalls aus dem Amt zu entlassen.
Aber die Deutsche Bundespost ist — wie jede andere öffentliche Verwaltung — an das geltende
Recht und die höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden. Die von Ihnen beispielhaft genannte Maßnahme beruht auf einem Untersuchungsverfahren nach § 126 der Bundesdisziplinarordnung und gründet sich auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts. Ich darf hier die Urteile des Verwaltungsgerichts vom 29. Oktober 1981 und vom 10. Mai 1984 sowie den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 zitieren.
Eine Zusatzfrage? — Bitte.
Herr Staatssekretär, nach der Bundesdisziplinarordnung ist die Entlassung des Beamten nur in einem förmlichen Disziplinarverfahren zulässig. Ist Ihnen bekannt, daß der Präsident der Oberpostdirektion Freiburg in einer Pressekonferenz am 7. August 1984 erklärt hat, der Beamte werde ohne Disziplinarverfahren sofort entlassen, wenn der Bezirkspersonalrat zustimme?
Rawe, Parl. Staatssekretär: Diese Erklärung ist mir nicht bekannt. Aber Sie wissen, daß hier ein Unterschied zwischen einem Beamten auf Lebenszeit und einem Beamten auf Probe gemacht wird.
Wenn es sich um einen Beamten auf Lebenszeit handelt, ist ein förmliches Disziplinarverfahren einzuleiten. Bei Beamten auf Probe erfolgt eine entsprechende Maßnahme nach § 126 der Bundesdisziplinarordnung. Beides schließt Einzelfallprüfungen ausdrücklich ein.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, halten Sie als Jurist, als ehemaliger Rechtsanwalt und Notar es für Rechtens, daß sich Verwaltungen Entscheidungen anmaßen, die nach Verfassung und Gesetz ausdrücklich Gerichten vorbehalten sind?Rawe, Parl. Staatssekretär: Die Auffassung, die Sie hier vertreten, Herr Kollege, und die Frage nach meiner Auffassung haben, glaube ich, mit der Antwort der Bundesregierung nichts zu tun. Die Bundesregierung — das habe ich vorgetragen — richtet
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Parl. Staatssekretär Rawesich nach dem geltenden Recht und nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, und die habe ich Ihnen vorgetragen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Paterna.
Herr Staatssekretär, welche Reaktionen aus dem Kreis der Kunden, der Kollegen in den jeweiligen Ämtern und der Gewerkschaft sind Ihnen in den Fällen Repp und Bastian zur Kenntnis gekommen, und wie vereinbaren sich diese Reaktionen mit der Begründung der vorläufigen Dienstenthebung — ich darf einmal wörtlich zitieren —:
„Die Anordnung bezweckt, den geordneten Dienstbetrieb sicherzustellen und das Ansehen der Behörde zu wahren"?
Rawe, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Paterna, wie Ihnen sind auch der Bundesregierung vielfältige Meinungsbekundungen zu diesem Thema zugegangen.
Die Begründung stützt sich darauf, daß das Bundesverfassungsgericht in seinem Grundsatzbeschluß, den ich zitiert habe und der durch die beiden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt worden ist, eindeutig festgestellt hat, daß ein Beamter, der sich in einer verfassungsfeindlichen Organisation betätigt, seine Treupflicht damit in einem so hohen Maße verletzt hat, daß er aus dem Dienst zu entlassen ist — natürlich im Wege eines ordentlichen Disziplinarverfahrens.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Conradi auf:
Ist die Bundesregierung bereit, Beamten, denen in Disziplinarverfahren ihre Zugehörigkeit zur DKP vorgeworfen wurde, weiterhin eine Beschäftigung im Angestelltenverhältnis anzubieten, oder will die Bundesregierung diese Beamten nach jahrelanger, zum Teil jahrzehntelanger treuer Arbeit für den Staat ohne jegliche soziale Sicherung vor die Tür setzen?
Rawe, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Conradi, der Bundesregierung sind keine konkreten Anträge von Betroffenen im Bereich der Deutschen Bundespost auf Übernahme als Angestellte oder Arbeiter bekannt. Ich will allerdings nicht versäumen, hinzuzufügen, daß die Bundesregierung auch nicht beabsichtigt, Beamten, denen im Disziplinarverfahren eine Verletzung der Treuepflicht vorgeworfen wurde, eine Beschäftigung im Angestelltenverhältnis anzubieten.
Was nun Ihre Frage nach der sozialen Absicherung angeht, so will ich deutlich machen, daß in der sozialen Absicherung kein Unterschied zu anderen Fällen der Beendigung des Beamtenverhältnisses im Rahmen eines Disziplinarverfahrens besteht. Das heißt, es erfolgt eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, und es kann auch Arbeitslosenhilfe beantragt werden.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, da es sich um einen anderen Fall als den in der Frage 1 angesprochenen handelt, hatte ich um getrennte Beantwortung gebeten, nicht etwa, um Sie hier zu schikanieren.
— Danke schön.
Halten Sie es für mit den Pflichten der Bundesregierung als Arbeitgeber vereinbar, daß einem Beamten nach 30jähriger tadelsfreier Dienstzeit, der entlassen worden ist und damit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, zusätzlich noch die Rückzahlung eines früher erlassenen Restdarlehens im Wohnungsbau abgefordert, d. h. gezielt auf die Vernichtung der materiellen Existenz dieses Beamten hingearbeitet wird?
Rawe, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann diesen letzten von Ihnen angesprochenen Fall so nicht beurteilen, weil ich ihn nicht kenne. Ich will ihn aber gerne nachprüfen lassen. Ich möchte Ihnen aber grundsätzlich sagen, daß ich den Eindruck habe, daß Sie von einer falschen Fragestellung ausgehen. Hier geht es nicht darum, daß die Bundesregierung etwas tut, sondern hier haben Beamte die ihnen obliegende Treuepflicht verletzt. Danach haben sie dieses Verfahren gegen sich selbst eingeleitet. Ich glaube, wir sollten die Dinge nicht verwischen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, auf Grund des letzten Satzes möchte ich fragen: Ihnen ist klar, daß nicht die Beamten die Verfahren gegen sich eingeleitet haben, sondern daß der Bundesdisziplinaranwalt und die Bundesregierung Verfahren auf Entfernung aus dem Dienst eingeleitet haben und daß es die Bundesregierung — d. h. das Bundespostministerium — ist, die nun weitere Schritte bis hin zur Vernichtung der materiellen Existenz dieser ehemaligen Beamten betreibt?
Rawe, Parl. Staatssekretär: Aber, Herr Kollege Conradi, wir beide kennen uns lange genug und wollen keine Wortklauberei betreiben: Der Grund, daß hier Disziplinarverfahren eingeleitet werden, liegt in der Pflichtverletzung dieser Beamten. Und das habe ich zum Ausdruck gebracht.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Paterna.
Herr Staatssekretär, können Sie mir angesichts der Tatsache, daß im Fernmeldewesen praktisch alle Bereiche als sicherheitsempfindlich eingestuft werden, schildern, wie dieses Kriterium Sicherheitsempfindlichkeit berücksichtigt wird, wenn private Auftragnehmer tätig werden, z. B. im Rahmen von Kooperationsverträgen im Bereich von Modellversuchen für Glasfasernetze?Rawe, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Paterna, ich denke, wir werden uns sicherlich im Ausschuß, wo diese Frage gleich noch einmal ansteht, ausführlich darüber unterhalten können. Ich sehe nur kei-
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Parl. Staatssekretär Rawenen Zusammenhang zu dieser Frage. Hier geht es schlicht und einfach darum, ob Disziplinarverfahren durchgeführt worden sind, weil sich Beamte einer bestimmten Pflichtverletzung schuldig gemacht haben oder nicht. Und das habe ich genügend nachgewiesen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Pfeifer zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Büchner auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Es wird wie in der Geschäftsordnung vorgesehen verfahren, entsprechend auch bei Frage 4 des Herrn Abgeordneten Büchner (Speyer).
Damit sind die Fragen aus diesem Geschäftsbereich bereits erledigt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Erhard zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Broll auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Es wird wie in der Geschäftsordnung vorgesehen verfahren.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Hennig zur Verfügung. Ich rufe die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Menzel auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Ost-Berlin im Sommer dieses Jahres ein Ehepaar von der Volkspolizei verhaftet und nunmehr in der DDR rechtskräftig verurteilt wurde, nachdem die amerikanische Botschaft in Ost-Berlin das Ehepaar, das dort um Asyl nachsuchte, des Hauses verwiesen hatte?
Herr Kollege Menzel, der Bundesregierung ist der geschilderte Sachverhalt bekannt. Bei dem erwähnten Ehepaar handelt es sich um die Eheleute Marie-Magdalena Schnappauf, geboren am 12. Februar 1949, und Dr. Bernd Schnappauf, geboren am 11. Mai 1946. Beide wurden am 27. Juni 1984 in Ost-Berlin verhaftet und durch Urteil des Kreisgerichts Frankfurt/Oder vom 19. September 1984 gemäß § 214 des Strafgesetzbuchs der DDR, also wegen Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit, zu einer Freiheitsstrafe von je einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Eheleute sind in unsere Bemühungen um politische Häftlinge in der DDR einbezogen. Wir stehen wegen dieses Falles im übrigen mit der amerikanischen Regierung in Verbindung. Ich bitte Sie um Verständnis, wenn ich angesichts der Empfindlichkeit dieser Materie hier weitere Angaben nicht machen möchte.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Bei allem Verständnis, Herr Staatssekretär, darf ich die Frage stellen, ob denn die Bundesregierung mit anderen befreundeten Regierungen in Kontakt steht, um solche Vorfälle künftig möglichst zu verhindern?
Dr. Hennig, Parl. Staatssekretär: Mit diesen wie mit Abgeordneten wie mit anderen, Herr Kollege. Ich selbst habe Gelegenheit gehabt, in der vergangenen Woche an Ort und Stelle in Washington über Einzelheiten dieses Falles zu sprechen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Staatssekretär Chory zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 7 der Frau Abgeordnten Weyel auf. — Mir wurde gesagt, sie war eben noch hier. Wenn sie noch rechtzeitig in der Tür erscheint, bleibt der Aufruf aufrechterhalten.
Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Dr. Diederich auf:
Teilt die Bundesregierung die in der „Wirtschaftswoche" vom 17. August 1984 gemachten Äußerungen des Präsidenten des Verbandes der Chemischen Industrie, Heinz-Gerhard Franck, daß „die bisherigen Erfahrungen mit dem Chemikaliengesetz ... zu dem Ergebnis geführt" hätten, „daß entgegen den ursprünglichen Erwartungen der bürokratische Aufwand zu hoch und die Durchführung zu teuer" sei und daß die Aufwendungen für die Prüfung von Stoffen als „Innovationsbremse" wirkten und daher Konsequenzen gezogen werden müßten und „Bestimmungen, die den Erfordernissen der Praxis gerecht werden und die Innovationen in der Bundesrepublik Deutschland nicht hemmen", notwendig seien, und was gedenkt die Bundesrepublik gegebenenfalls zu tun?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die mit dem Chemikaliengesetz gemachten Erfahrungen — es ist stufenweise in den Jahren 1980 bis 1982 in Kraft getreten — reichen noch nicht aus, um die angesprochenen Fragen abschließend beurteilen zu können. Nach den bisherigen Erfahrungen vermag die Bundesregierung der vom VCI geäußerten Kritik jedoch nur insoweit beizutreten, als es gilt, den bürokratischen Aufwand bei der Durchführung des Chemikaliengesetzes auf das notwendige Maß zu reduzieren. Entsprechende Gespräche mit dem VCI sind im Gange. Es zeichnet sich ab, daß die Anmeldeunterlagen wesentlich vereinfacht werden können. Zudem prüft die Bundesregierung, ob das Bewertungsverfahren effektiver gestaltet werden kann.
Die Bundesregierung wird im nächsten Jahr dem Deutschen Bundestag ausführlich über die mit dem Chemikaliengesetz gemachten Erfahrungen berichten. Sie wird sich dabei auch mit der Kritik, wie sie der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie an dem Chemikaliengesetz und dem darauf gestützten Verwaltungsverfahren geübt hat, eingehend auseinandersetzen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
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Herr Staatssekretär, ich danke für die Auskunft. Aber ich möchte doch gern noch wissen — dazu haben Sie jetzt in Ihrer Antwort nichts gesagt —: Hat der Herr Präsident Franck gegenüber dem Ministerium konkretisiert, was er denn unter „bürokratischem Aufwand" und „zu teurer Durchführung" versteht und welche Art von Bestimmungen er gerne verändert haben will, oder ist es bei dieser allgemeinen Äußerung geblieben?
Chory, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Kritik, die geübt worden ist — nicht erst jetzt, sondern schon früher —, bezog sich auf die Komplizierung des Anmeldeverfahrens. Sie ist auch im Hinblick auf das Prüfungsverfahren geäußert worden, dort jedoch nur in allgemeiner Form. Die Gespräche, die schon seit einiger Zeit im Gange sind, konzentrieren sich auf das Anmeldeverfahren, wie ich schon gesagt habe. Hier zeichnet sich auch ab, daß Vereinfachungen möglich sein werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wir sind uns einig, daß dies ein sehr empfindlicher Bereich ist. Würden Sie mir angesichts der Vorgänge, z. B. um das Stichwort Formaldehyd, angesichts der Vorgänge um Haushaltschemikalien wie Domestos oder Ledersprays und angesichts der zunehmenden Angebote von Haushaltschemikalien zustimmen, daß Forschung und Kontrolle auf diesem Gebiet personell und materiell eher verstärkt als abgebaut und die Gesetze insoweit verschärft werden müssen und daß man die Kontrollen nicht unter dem Vorwand des Bürokratismus abbauen darf?
Chory, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, es darf selbstverständlich nicht dazu kommen, daß etwa das gesundheits- und umweltpolitisch Gebotene vernachlässigt wird. Darauf achten wir selbstverständlich. Deswegen gibt es auch keine Bemühungen und Bestrebungen der Bundesregierung, etwa die in dem Chemikaliengesetz vorgesehenen Prüfverfahren in irgendeiner Weise zu ändern. Diese beruhen im übrigen auch auf einer EG-Richtlinie, an der damals der VCI mitgearbeitet hat.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Klejdzinski.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir in der Auffassung überein, daß, wenn in den Vereinigten Staaten für bestimmte Haushaltschemikalien verschärfte Prüfbedingungen gelten und diese Chemikalien möglicherweise dort gar nicht eingesetzt werden, die Kritik, soweit sich das Mittel hier in der Prüfung befindet — die Kritik geht dahin, die Prüfung sei zu bürokratisch und müsse auf das notwendige Maß reduziert werden — vom Grundsatz her mit der Vorsorge und dem Schutz des Menschen nicht vereinbar ist?
Chory, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich habe mich auf das Chemikaliengesetz bezogen und habe dazu gesagt, daß wir nichts unternehmen wollen, was dem gesundheitspolitisch gebotenen Schutz der Bevölkerung entgegensteht. Soweit es sich um Bedarfsgegenstände handelt, die unter das Lebensmittelgesetz fallen, so sieht dies ohnehin vor, daß Gegenstände, die die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen können, ohne besonderes Verfahren nicht in Verkehr gebracht werden dürfen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 7 der Frau Abgeordneten Weyel auf:
Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um die Anerkennung des önologischen Doppelsalzentsäuerungsverfahrens an Stelle der Naßverbesserung bei der Europäischen Gemeinschaft durchzusetzen, und welche Empfehlungen gibt die Bundesregierung für den Herbst 1984?
Sie waren ja vorher da. Dann trifft auf Sie die Ausnahmegenehmigung zu.
Chory, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, die Bundesregierung hat bereits 1981 bei der EG-Kommission den Antrag gestellt, das Doppelsalzentsäuerungsverfahren unter Zusatz von Weinsäure in der Gemeinschaft zuzulassen. Nach längerem Zögern hat die Kommission das Verfahren sodann in ihren im Februar 1984 vorgelegten Verordnungsvorschlag zur Änderung der EWG-Verordnung Nr. 337/ 79 aufgenommen. Wegen der langwierigen Verhandlungen über die Marktordnungsprobleme hat der Rat jedoch die Vorschläge zu önologischen Fragen zunächst zurückgestellt.
Die Bundesregierung hat seither wiederholt und auf allen Ebenen der Gemeinschaftsorgane die Verabschiedung dieser Regelung angemahnt. Am 10. Oktober hat Bundesminister Dr. Geißler nochmals den Präsidenten der EG-Kommission, Gaston Thorn, in einem Fernschreiben im Hinblick auf die wegen der ungünstigen Witterung dieses Jahres besonders hohe Säure der Trauben zur Wiederaufnahme des dem Rat vorliegenden Vorschlags aufgefordert, der die Zulassung des Entsäuerungsverfahrens vorsieht.
Die Bundesregierung wird darauf drängen, daß der Rat in seiner nächsten Sitzung am 22. Oktober 1984 über diesen Antrag entscheidet. Ich hoffe sehr, daß es zu einer positiven Entscheidung kommt. Dann stünde dieses Entsäuerungsverfahren zusätzlich neben den schon bisher zulässigen drei Verfahren zur Verfügung.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Hat die Bundesregierung bei diesem Verfahren bedacht, daß zwar beantragt ist, die Zulassung des Verfahrens der Naßverbesserung zu verlängern, daß aber, da ja noch keine definitive Entscheidung gefallen ist, das andere Verfahren noch nicht zugelassen ist und daß ja schließlich die Lese jetzt beginnt und die Winzer eigentlich wissen
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Frau Weyelmüßten, was sie mit ihrem Wein machen sollen, zumal die Öchslegrade in diesem Jahr nach bisherigem Ermessen recht tief liegen?Chory, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, die Bundesregierung hat nicht nur mit besonderem Nachdruck und mit der großen Hoffnung auf ein positives Ergebnis jetzt in aller Kürze, nämlich am 22. Oktober dieses Jahres, noch einmal an die Entscheidung über das Doppelsalzentsäuerungsverfahren unter Zusatz von Weinsäure erinnert, sondern sie hat auch in dem von mir schon erwähnten Fernschreiben von Bundesminister Dr. Geißler noch einmal angemahnt, über den Vorschlag der Kommission an den Rat zu entscheiden, die Naßverbesserung entsprechend dem Antrag der Bundesregierung vom 30. Juli 1984 weiter zuzulassen. Wir sind also auch auf diesem Felde seit einiger Zeit mit großem Nachdruck bestrebt, zu einer positiven Entscheidung zu kommen.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Hält es die Bundesregierung unter den obwaltenden Umständen nicht für notwendig, den beteiligten Winzern und Weinverarbeitern zu diesem Zeitpunkt definitiv eine Richtlinie zu geben, wie sie sich verhalten sollen, zumal mir Herr Gallus in der letzten Woche gesagt hat, daß auch die Papiere betreffend die veränderten Anmeldeanforderungen für die verschiedenen Weinsorten noch nicht fertig sind? Können die Leute denn jetzt in irgendeiner Weise arbeiten?
Chory, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, glücklicherweise hat sich die Witterung in den letzten 14 Tagen so entwickelt, daß es etwas besser geworden ist, was aber keineswegs bedeutet, daß die Probleme, die Sie aufgezeigt haben, etwa beseitigt worden wären. Die Bundesregierung hat selbstverständlich die Öffentlichkeit und insbesondere auch die Winzer über ihren Schritt bei der EG-Kommission unterrichtet. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß ja die Entscheidung für den 22. Oktober — das ist Anfang nächster Woche — angestrebt wird und daß wir auch damit rechnen, daß dann eine Entscheidung getroffen wird. Zur Unterstützung von Bundesminister Geißler hat sich auch Herr Bundesminister Kiechle an die Kommission gewandt. Morgen wird in einer Besprechung der Marktdirektoren auch noch einmal mit Nachdruck darauf gedrängt werden, daß in der nächsten Woche, am 22. Oktober, auf jeden Fall entschieden werden wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, wenn aber an diesem 22. Oktober, den Sie ja angesprochen haben, im Rat keine Entscheidung fällt: Was wird die Bundesregierung den Winzern dann — in dem Sinne, wie Frau Weyel hier gefragt hat — empfehlen?
Chory, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung kann den Winzern natürlich nicht empfehlen oder vorschreiben, wie sie sich verhalten sollen. Sie kann nur darauf hinwirken, daß die Instrumente, die die Winzer benötigen, zur Verfügung stehen. Sie kann im übrigen daran erinnern — das habe ich soeben auch getan —, daß es bisher neben diesem jetzt zur Zulassung beantragten Entsäuerungsverfahren drei Entsäuerungsverfahren gibt, die zwar angewendet werden können, die aber — deshalb beantragen wir ja die Zulassung dieses neuen Verfahrens — nicht dieselben Vorteile bieten wie das neue.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Probst zur Verfügung.
Die Fragen 9 und 10 des Abgeordneten Haungs sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe Frage 11 des Herrn Abgeordneten Dr. Klejdzinski auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß es Pläne gibt, hochaktiven Atommüll mit Hilfe sogenannter „Penetratoren" in den Meeresboden zu versenken, und wenn ja, hält die Bundesregierung die Beseitigung von Atommüll auf diesem Weg für ausreichend sicher, obwohl man nicht weiß, in welchem Zustand sich die Penetratoren nach dem Eindringen in die Sedimentschicht befinden?
Herr Abgeordneter, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Thematik ist der Bundesregierung aus der Seabed-Working-Group der OECD, in der acht westliche Industrienationen — darunter die Bundesrepublik Deutschland und ferner die Europäische Gemeinschaft — vertreten sind, bekannt. In der sogenannten Seabed-Working-Group werden in einem Forschungs- und Entwicklungsprogramm alle technischen und radiologischen Fragen untersucht, die mit einer Einbringung konditionierter hochradioaktiver Abfälle in Tonsedimente in etwa 5000 m tiefe Ozeanbereiche zusammenhängen.Eine der zur Zeit untersuchten Lösungen ist das Einbringen von Penetratoren, die die radioaktiven Abfälle enthalten, in die Sedimente. Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm der SeabedWorking-Group läßt eine erste qualifizierte Beurteilung, ob das Einbringen radioaktiver Abfälle in den Meeresboden eine sichere Beseitigungsmethode ist, für Ende dieses Jahrzehnts erwarten. Derzeit sind nach Meinung aller am Programm Beteiligten keine hinreichenden Grundlagen erarbeitet, um eine Beurteilung dieser Methode zu ermöglichen. Keiner der am Programm beteiligten Staaten spricht wegen der noch offenen Fragen deshalb zur Zeit von Plänen zur Beseitigung auf diesem Weg.Zur deutschen Haltung zur Beseitigung radioaktiver Abfälle im Meer wiederholt die Bundesregierung an dieser Stelle: Eine Meeresversenkung radioaktiver Abfälle oder eine Einlagerung radioakti-
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Parl. Staatssekretär Dr. Probstver Abfälle im Meeresboden ist von der Bundesrepublik Deutschland nicht vorgesehen und wird auch für die Zukunft nicht in Betracht gezogen. Die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sich daher an dem Forschungsprogramm der Seabed-WorkingGroup der OECD ausschließlich, um eine eigenständige qualifizierte Beurteilung zu ermöglichen, falls die Einlagerung radioaktiver Abfälle im Meeresboden von anderen Staaten zukünftig vorgesehen werden sollte.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung nicht die Möglichkeit, über eine Beteiligung an dem Forschungsvorhaben des europäischen Forschungsinstituts Ispra Einfluß auf diese Art der Atommüllbeseitigung zu nehmen, und wenn ja, in welcher Weise nimmt die Bundesregierung Einfluß?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Die Arbeitsgruppe, d. h. die Seabed-Working-Group, hat lange vor Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland diese Untersuchungen durchgeführt. Auch wenn sich die Bundesrepublik Deutschland zurückzöge, würden diese Untersuchungen weitergeführt. Die Bundesregierung, wie gesagt, orientiert sich ausschließlich an den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die hieraus gewonnen werden.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn Sie auf der einen Seite sagen, man könne es nicht beurteilen, andererseits mir kundtun, daß es auf diesem Gebiet schon sehr viele Forschungsergebnisse gebe, und Sie wiederum sagen, wir wollten uns beteiligen, weil wir wissen wollen, was möglicherweise dabei herauskommt: Ist es denn nicht möglich, daß man vorab eine generelle Einschätzung dieser Frage hat, oder muß man sich da so verstecken, wie Sie das jetzt tun?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Ich kann nicht sehen, daß ich mich verstecke, denn ich habe Ihnen gesagt, in welchem Umfang die Bundesregierung daran teilnimmt, und ich habe Ihnen auch gesagt, unter welchen Voraussetzungen und mit welcher Zielrichtung: eben nicht mit der Zielrichtung, die Ablagerung radioaktiver Abfälle im Meeresboden für die Bundesrepublik Deutschland vorzusehen.
Vizepräsiden Stücklen: Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Bard.
Verstehe ich Sie richtig, daß dieses Forschungsprogramm unter Beteiligung der Bundesregierung nur darin besteht, platonisch eine kritische Begleitforschung zu betreiben?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Wenn Sie diese Begleitforschung platonisch zu nennen belieben, so sei Ihnen das vorbehalten: die Bundesregierung möchte sich selbst Sachkunde über die Möglichkeiten und die wissenschaftlichen Zusammenhänge verschaffen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Heistermann.
Herr Staatssekretär, können Sie einmal quantifizieren, in welchem Umfange sich die Bundesregierung an diesem Forschungsprogramm beteiligt und wie lange sie sich daran beteiligen will, und können Sie erklären, ob entsprechende Anträge von betroffenen Unternehmungen vorliegen, diesen Weg der Atommüllbeseitigung zu gehen?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Ich kann Ihnen im Augenblick keine Zahlen nennen, bin aber gerne bereit, Ihnen solche Zahlen nachzureichen, wenn Sie die Summen gerne haben wollen. Der BMFT finanziert und unterstützt die Teilnahme deutscher Experten an den wissenschaftlichen Arbeitsgruppen der OECD zur Verbesserung des Wissens in dieser Frage der Beseitigung radioaktiver Stoffe im Meer. Der BMFT fördert auch ausgewählte Projekte, die die radiologische und radioökologische Beurteilung der Beseitigung radioaktiver Abfälle im Meer oder im Meeresboden ermöglichen. Zur Zeit läuft diesbezüglich ein Projekt beim Deutschen Hydrographischen Institut, in dem die Simulation der radiologischen Belastung im Wasser des Nordatlantiks durch die Versenkung radioaktiver Abfälle in die Tiefe durchgeführt wird. Und der BMFT fördert ozeanographische Grundlagenarbeiten, die u. a. Ergebnisse zur Beurteilung der Meeresbeseitigung radioaktiver Abfälle liefern. Zur Zeit laufen diesbezüglich zwei Projekte beim Deutschen Hydrographischen Institut. In einem wird die Verbesserung der Kenntnis der Dynamik in der iberischen Tiefsee untersucht, im anderen werden Fragen der Bodentopographie und der Sedimenteigenschaften, ferner Fragen der Instabilität des Meeresbodens im Bereich der iberischen Tiefsee untersucht.
Eine weitere Zusatzfrage. Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, da diese Forschung schon seit einigen Jahren läuft, frage ich Sie: Welche Ergebnisse liegen bisher vor, und wann wird sich die Bundesregierung zu der Entscheidung durchringen, daß eine derartige Beseitigung nicht er richtige Weg ist, und zwar nicht nur bezogen auf die Deklaration, die Sie jetzt oder im Vorfeld abgegeben haben?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: die Entscheidung, ob für die Bundesregierung die Beseitigung radioaktiver Abfallstoffe auf diesem Weg geschehen soll, ist gefallen. Das kommt für die Bundesrepublik, wie ich erklärt habe, nicht in Frage. Die Untersuchungen laufen. Die vorliegenden Ergebnisse weisen nicht darauf hin, daß die Beseitigung hochradioaktiver Abfallstoffe im Meeresboden heute möglich wäre.
Weitere Zusatzfrage. Herr Abgeordneter Schäfer .
Herr Staatssekretär, angesichts der einstimmigen Beschlußlage des Deutschen Bundestages zur Vorbereitung einer
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6625
Schäfer
Nordseekonferenz, wo die Bundesregierung aufgefordert wird, darauf hinzuwirken, daß jede Einleitung radioaktiver Abwässer, insonderheit ins Meer, unterbleiben sollte, frage ich: Wäre es nicht besser, ganz auf die Beteiligung an solchen Forschungsvorhaben von seiten der Bundesregierung zu verzichten?Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung ist der Auffassung, bei diesen Forschungen dabei sein zu sollen, um konkret und umfassend über die Ergebnisse und die Absichten informiert zu sein.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 12 der Frau Abgeordneten Nikkels auf:
Hat die Bundesregierung den Bericht der Tageszeitung „Die Welt" vom 21. Mai 1983 zur Kenntnis genommen, in dem es heißt: „bei Natal, im Norden des Landes gelegen, entstand ein Versuchsgelände für Raketenwaffen", und kann die Bundesregierung bestätigen, daß damit das Versuchsgelände der CTA gemeint ist, die ihrerseits Kooperationspartner der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V. ist?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Nickels, das äquatornahe Raketenversuchsgelände Brasiliens bei Natal ist der Bundesregierung aus der Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt und dem brasilianischen Centro Technico Aerospatial bekannt, und zwar seit Jahren. Diese Zusammenarbeit hat sich nicht auf Raketenwaffen bezogen. Im übrigen verweise ich auf meine Antworten vom 17. August 1984 — BT-Drs. 10/1888 — auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN in gleicher Sache — BT-Drs. 10/1829 —.
Zusatzfrage. Bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung die Aussage des Direktors des brasilianischen Raumforschungsinstituts, Nelson de Jesus Parada, gegenüber „New Scientist": „Das Institut arbeitet an Feststoffraketen vornehmlich für den Transport von Sprengköpfen" — nachzulesen in „New Statesment" vom 5. August 1983 — bekannt und, wenn ja, wie bewerten Sie diese Aussagen?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Die brasilianische Regierung unterhält ein solches Luft- und Raumfahrtzentrum. Sowohl friedliche als auch militärische Entwicklungen werden dort durchgeführt. Die Bundesregierung beteiligt sich an der friedlichen Nutzung und Entwicklung insbesondere im Bereich von Forschungsraketen.
Zusatzfrage. Bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung der Bericht der brasilianischen Zeitschrift „Aviacao em Revista" vom April 1983 bekannt, in dem davon die Rede ist, daß jede SONDA-Rakete ihre militärische Version hat?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Diese Auffassung ist mir nicht bekannt. Jedenfalls mit deutscher Unterstützung werden militärische Raketen in keiner Weise entwickelt. Es ist so, daß Nachforschungen der Bundesregierung immer wieder auch ergeben haben, daß, obwohl diese Frage seit Jahren immer wieder gestellt wird, bis heute keinerlei Anhaltspunkt besteht, daß deutsche Aktivitäten zur Entwicklung militärischer Raketen führen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schoppe, bitte schön.
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung mit Sicherheit ausschließen, daß Brasilien seine in der Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik gewonnenen raketentechnischen Erkenntnisse anderen Staaten zur Verfügung stellt? Ich denke hierbei an den jüngsten Besuch einer saudiarabischen Militärdelegation in Brasilien.
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, Sie gehen immer davon aus, daß es sich um militärische Raketen handelt. Die Bundesregierung übt keinerlei gemeinsame Aktivitäten auf diesem Gebiet mit Brasilien aus.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jannsen.
Herr Staatssekretär, wie steht die Bundesregierung zu der Aussage, daß es sich bei dem technischen Zentrum der CTA um eine militärische Einrichtung handelt?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Das habe ich bereits ausgeführt. Es gibt in Brasilien ein einziges Zentrum, das sich mit diesem Gebiet befaßt. Das ist dieses Zentrum CTA.
Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Bard.
Herr Staatssekretär, Sie machen diese feine Unterscheidung zwischen militärischer und friedlicher Nutzung bei einem technischen Grundgerüst, das einander so ähnlich ist, daß das eine leicht in das andere überführt werden kann. Wie wollen Sie das bei einem Staat wie Brasilien kontrollieren?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, die Entwicklung militärischer Raketen erfordert einen wesentlich stärkeren Aufwand, eine wesentliche größere Präzision. Ich werde in den Antworten auf die anderen Fragen, die gestellt worden sind und den gleichen Inhalt haben, darauf noch eingehen.
Keine weitere Zusatzfrage.Ich rufe die Frage 13 der Frau Abgeordneten Nickels auf:Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß Reichweite, Nutzlastgewicht und Größe der SONDA-Raketen durchaus vergleichbar sind mit denen anderer Raketen, die für militärischen Gebrauch vorgesehen sind, sobald die SONDA-Rake-
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Vizepräsident Stücklenten mit einer Schubvektorkontrolle ausgestattet sind, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus für die Zusammenarbeit mit Brasilien?Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Die Tatsache, Frau Kollegin, daß Nutzlast- und Forschungsraketen für friedliche Zwecke in einigen Dimensionen und technischen Spezifikationen wie Größe, Nutzlast, Gewicht und Reichweite Ähnlichkeit mit militärischen Raketen haben können, läßt nicht den Schluß zu, daß es sich um solche handelt oder daß sie ohne weiteres in solche umgerüstet werden können. Die Bundesregierung leistet jedenfalls in ihrer Zusammenarbeit mit Brasilien de facto und auf Grund der bestehenden bilateralen Vereinbarungen keinen Beitrag zur Entwicklung oder zum Bau von Raketenwaffen. Sie sieht darum auch in diesem Zusammenhang keinen Anlaß, irgendwelche Folgerungen zu ziehen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, trifft die Darstellung des „Spiegels" Nr. 33/1982 zu, daß — ich zitiere — „die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt in KölnPorz ... Offizieren des CTA Treibstofftechnik, Raketenbau und die Marschroutenberechnung für Flugkörper" beibrachte?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Ich kann diese Äußerung des „Spiegels" im Augenblick nicht beurteilen. Das wäre einer besonderen Recherche unterworfen. Ich möchte Ihnen das gerne nachreichen, wenn Sie das wünschen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Herterich.
Herr Staatssekretär, wie ist in den vertraglichen Bestimmungen sichergestellt, daß die zivile Zusammenarbeit mit diesem Institut durch die brasilianische Seite nicht militärisch umgesetzt wird?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Einfach durch die Praxis der Zusammenarbeit; denn der ständige Kontakt und auch die vertragliche Voraussetzung, deren Einhaltung ja durch den Kontakt kontrolliert werden kann, geben die Gewähr, daß die Entwicklung militärischer Raketen nicht stattfindet.
Herr Abgeordneter Herterich, es ist üblich, daß der Fragesteller so lange am Mikrophon bleibt, bis die Frage beantwortet ist. Aber Sie haben jetzt leider keine Zusatzfrage mehr.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schoppe, bitte sehr.
Herr Staatsskretär, welche Firmen und Institute außer der DFVLR sind in oder für Brasilien auf dem von Ihnen als friedlich bezeichneten Raketensektor tätig?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, staatlicherseits ist die DFVLR für diese Kontakte zuständig, und sie unterhält diese Kontakte.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jannsen.
Herr Staatssekretär, über welche Möglichkeiten verfügt die Bundesregierung, um eine eventuelle militärische Nutzung von seiten der Brasilianer im Zweifelsfall zu unterbinden?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Über technische Möglichkeiten. Denn Höhenforschungsraketen können nicht militärisch eingesetzt werden; da gibt es andere Voraussetzungen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 14 der Abgeordneten Frau Dr. Bard auf:
Weiß die Bundesregierung von einer Zusammenarbeit zwischen bundesdeutschen Firmen und Instituten und brasilianischen Firmen, Instituten und Behörden der Luft- und Raumfahrt über eine Umrüstung der Höhenforschungsrakete Typ SONDA IV zu ballistischen Raketen, und wie sieht diese Zusammenarbeit gegebenenfalls aus?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Bard, nein, die Bundesregierung weiß von keiner Zusammenarbeit der gefragten Art.
Zusatzfrage, bitte.
Trifft es zu, daß die Firma MBB für die SONDA IV Ventile für Sekundäreinspritzung gefertigt und darüber hinaus Tests in Ingenieurtätigkeiten auf dem Regelungssektor durchgeführt hat?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Ich kann nur meine bereits gegebene Antwort wiederholen: Nein, die Bundesregierung weiß nicht von einer Zusammenarbeit der gefragten Art.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
Wie kommt es dann, daß in „MBB aktuell" 5/82 ein Bild abgedruckt ist, wo es um die SONDA IV, um das Heckteil der Höhenforschungsrakete geht, und darunter im Text ausführlich erläutert wird, daß da Vibrations- und andere Systemuntersuchungen gemacht worden sind?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Das hat nichts mit militärischer Forschung zu tun.
Keine weiteren Zusatzfragen.Ich rufe die Frage 15 der Abgeordenten Frau Dr. Bard auf:Ist es richtig, daß auch bei der DFVLR aus einer militärischen NIKE-Rakete eine „Höhenforschungsrakete" Typ ORION entwickelt wurde, und kann die Bundesregierung ausschließen, daß umgekehrt aus Höhenforschungsraketen militärische Raketen entwickelt werden?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6627
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, es trifft nicht zu, daß bei der DFVLR aus einer militärischen NIKE-Rakete eine Höhenforschungsrakete Typ ORION entwickelt worden sei. Die DFVLR verwendet aber in derselben Konfiguration wie die NASA für ihre Höhenforschungsraketen ausgemusterte militärische Triebwerke, z. B. den NIKE-Motor in der ersten Stufe, den ORION-Motor in der zweiten Stufe ihrer Höhenforschungsraketen. Sie kauft die Teile preisgünstig und führt sie so einem friedlichen Zweck zu. Im übrigen kann weder die Bundesregierung noch sonst jemand ausschließen, daß irgendwo und irgendwann friedliche Raketenentwicklungen für militärische Zwecke weiterentwickelt werden. Auszuschließen ist aber, daß dies mit Wissen der Bundesregierung oder gar mit ihrer Förderung geschähe. Motoren von speziell entwikkelten Höhenforschungsraketen sind für die Verwendung als Triebwerke für militärische Raketen nicht geeignet.
Zusatzfrage, bitte.
Zu dem letzten Punkt frage ich: Trifft es zu, daß es, sowohl was die Reichweite als auch was die Zielgenauigkeit angeht, ein leichtes ist, den Prozeß, den Sie gerade beschrieben haben — Übergang von militärischer zu ziviler Nutzung —, umzukehren, d. h. die Raketen über die einfachen Lenkzusatzsysteme in militärische Nutzung zurückzuführen? Wenn eine Lenkung bereits eingebaut ist, dann ist das ungemein ungewöhnlich für Höhenforschungsraketen. Wozu braucht man die Lenkung, die da eingebaut wurde?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, es trifft nicht zu. Eine Höhenforschungsrakete hat zwar eine bestimmte Reichweite, aber sie ist in der Zielgenauigkeit für militärische Zwecke völlig ungeeignet.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wie stellen Sie sich dann zu Berichten, die besagen, daß es ein leichtes ist, über einfache Initiallenkung oder durch Schubvektorsystemumstellungen die Zielgenauigkeit, die jetzt vielleicht nicht besteht, herzustellen? Und dann ist es auch noch so, daß Sie das Know-how über diese Schubvektorkontrollsysteme in Vorträgen nach Brasilien ausliefern.
Frau Kollegin, Sie sehen, wie sehr aufmerksam und duldsam ich zuhöre. Aber Sie müssen zu einer Frage kommen.
— Das ist eine Frage? — Herr Staatssekretär, haben Sie das als Frage verstanden?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Ich habe eine Fülle von Fragen verstanden, die alle auf das gleiche abzielen, nämlich den Beweis zu liefern, daß hier militärische Raketen entwickelt werden können. Was hier an leichter Weiterentwicklung geschehen kann, darüber wird zwar spekuliert, ist aber außerordentlich unterschiedlich zu bewerten.
Es ist außerordentlich schwer und nicht ohne weiteres möglich, diese Weiterentwicklung technologisch voranzutreiben.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schoppe.
Herr Staatssekretär, können Sie ausschließen, daß beispielsweise auch Mitarbeiter der OTRAG in Brasilien oder für Brasilien tätig sind und an der Entwicklung von Mittelstreckenraketen bzw. Marschflugkörpern arbeiten?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat über solche Zusammenarbeitsabsichten, -tatsachen oder -behauptungen keinerlei Kenntnis.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Klejdzinski.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir in der Auffassung überein, daß beispielsweise eine militärische und eine zivile Rakete jeweils mindestens zwei wirksame Komponenten haben, nämlich den Schubteil und den Lenkungsteil, und sind Sie insofern mit mir der Auffassung, daß der Schubteil im Grunde genommen austauschbar ist?
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Der Schubteil ist nicht beliebig austauschbar. Sie können den Schubteil aus dem militärischen Bereich zwar für eine Höhenforschungsrakete nehmen, aber nicht ohne weiteres den umgekehrten Weg gehen.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Nickels.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, woher Sie Ihren Glauben daran nehmen, daß das alles nur rein zivile Zwecke hat, trotz aller Zitate, auch aus brasilianischen Regierungskreisen, die hier genannt worden sind, die Sie aber alle leider nicht kennen.
Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Ich werde hier keine Auskunft über meinen Glauben, sondern nur die Antwort der Bundesregierung geben.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jannsen.
Herr Staatssekretär, für wie glaubwürdig erachtet die Bundesregierung eigentlich nahezu gleichlautende Presseberichte in Brasilien und hier, die davon sprechen, daß sehr wohl militärische Kooperation und militärische Raketen in Brasilien im Zusammenhang damit hergestellt und erarbeitet werden können, und wieweit ist die Bundesregierung derartigen Berichten nachgegangen?Dr. Probst, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung geht seit Jahren derartigen Berichten immer aufs neue nach, ohne Anhaltspunkte zu bekommen.
Metadaten/Kopzeile:
6628 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Parl. Staatssekretär Dr. ProbstAuch noch so viele neue Fragen ändern an diesem Sachverhalt nichts.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Köhler zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Herterich auf:
Wie will die Bundesregierung sicherstellen, daß der Deutsche Entwicklungsdienst durch die entsprechende Ausgestaltung seines Planungsrahmens auch künftig flexibel auf Wünsche von Trägern in den Gastländern eingehen kann, auch wenn diese durch organisatorische Probleme dieser Träger nicht immer ausreichend und zeitgerecht artikuliert werden können?
Bitte sehr.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Herterich, die Ihrer Frage offenbar zugrunde liegende Vermutung, die Bundesregierung habe den Planungsrahmen für den DED verändert, trifft nicht zu. Den Gesamtrahmen bildet nach wie vor die im Wirtschaftsplan des DED vorgegebene Zahl der sogenannten Entwicklungshelfer-Mannjahre. Diese Zahl ist gegenüber 1984 mit 804 Entwicklungshelfer-Mannjahren im Haushaltsentwurf für 1985 auf 825 gesteigert worden. Das Verfahren wurde 1982 im Verwaltungsrat des DED mit dem Ergebnis beraten, daß der DED jährlich mit dem Entwurf des Wirtschaftsplans eine Jahresplanung vorlegt, in der die Entwicklungshelferzahl pro Land von der Geschäftsleitung ausgewiesen ist.
Auf die Wünsche der Träger in den Gastländern kann der DED unter voller Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Leistungsfähigkeit jederzeit eingehen, indem er die an ihn herangetragenen Projektplatzanforderungen vor Ort unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Geschäftsleitung und dem Vorbehalt der parlamentarischen Zustimmung zum Wirtschaftsplan auf Eignung prüft. Die Flexibilität der Erfüllung von Partnerwünschen kann er, wenn sie von der Jahresplanung abweichen, in begründeten Fällen und im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat durch Austausch zu Lasten anderer Länder selbst sicherstellen.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 17 der Frau Abgeordneten Luuk auf:
Teilt die Stellungnahme des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik die Auffassung der Bundesregierung, im Deutschen Entwicklungsdienst herrsche ein „linkskonformistischer Meinungsdruck", und wie kann die Bundesregierung diesen Vorwurf belegen?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, ich bitte um Nachsicht, daß auch diese Frage nicht mit einem Satz beantwortet werden kann.
Die gutachterliche Stellungnahme, Frau Luuk, des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik äußert sich zu dieser Frage nicht ausdrücklich. Der Gutachter hat jedoch das zugrunde liegende Problem insbesondere bei der Auswahl gesehen und fordert daher, um künftig Vorwürfen vorzubeugen, ein offenes und nachprüfbares Auswahlverfahren. Diese Offenheit und Nachprüfbarkeit war bisher in allen bekanntgewordenen Beschwerdefällen, in denen nach Meinung der Bundesregierung glaubhaft der Vorwurf der politischen Benachteiligung erhoben wurde, nicht gegeben.
Das Vorhandensein von konformistischem Meinungsdruck läßt sich, streng formal gesehen, selten belegen, denn diejenigen, die Druck ausüben, bekennen sich nicht dazu, und diejenigen, die dem Druck ausgesetzt sind, machen das nicht öffentlich, weil sie davon persönliche Nachteile befürchten.
Gleichwohl ist der Bundesregierung eine Vielzahl von Fällen — in den letzten Tagen zunehmend mehr Fällen — bekannt, in denen neben den bereits erwähnten Bewerbern im Auswahlverfahren auch Vorbereitungsteilnehmer und hauptamtliche Mitarbeiter sich unter einseitigem Gruppendruck gefühlt haben. Diese Fälle beziehen sich vornehmlich auf Aufforderungen, an Demonstrationen teilzunehmen oder Unterschriften bei Resolutionen zu leisten.
Ich glaube, es spricht auch für sich, daß selbst die Geschäftsleitung gegen eine große Anzahl von solchen Verlautbarungen — die ich im einzelnen nennen könnte —, nicht öffentlich Stellung genommen hat.
Meinungsdruck entsteht auch, wenn Mitarbeiter einer Institution nicht dagegen geschützt werden, daß Minderheiten die Institution und damit auch sie, diese Mitarbeiter, für ihre Meinungen in Anspruch nehmen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, dies haben Sie bezogen auf die angenommenen Bewerber. Sie haben aber in Ihrer Pressekonferenz — dahin geht meine Frage — und bei anderen Äußerungen gesagt, daß der Meinungsdruck dahin geführt hat, daß Bewerber bereits abgelehnt worden sind. Da möchte ich Sie fragen: Wie viele Bewerber sind Ihrer Kenntnis nach abgelehnt worden — es gibt ja eine Beschwerdestelle —, welchen Prozentsatz macht das aus, und wo ist da der Anhaltspunkt, daß sie wegen ihrer Gesinnung oder ihrer politischen Einstellung nicht angenommen worden sind, nachgewiesen?Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, die von Ihnen erwähnte Beschwerdestelle ist erst vor relativ kurzer Zeit eingeführt worden, und zwar auf unser Drängen; es gab sie geraume Zeit überhaupt nicht. Sie kann in diesem Moment zur Beantwortung Ihrer Frage noch nicht herangezogen werden, weil sie nach unserer Auffassung ihre Aufgabe als Beschwerdestelle noch nicht erfüllt. Dies zu dem einen Teil Ihrer Doppelfrage.Zum anderen Teil ist zu sagen, daß ich im Moment außerstande bin, Ihnen eine präzise Zahl zu
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6629
Parl. Staatssekretär Dr. Köhlernennen. Mir sind persönlich über die Jahre eine ganze Reihe von Schreiben bekannt, in denen im einzelnen belegt die Behauptung aufgestellt wurde, daß jemand auf Grund seiner politischen Überzeugung als Bewerber nicht ausgewählt worden ist, und die Nachprüfung im Einzelfall ergab jedesmal eine Situation, die völlig undurchsichtig war.
Vizepräsident Stücklen: Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie des weiteren fragen, ob die Ansprache von einem Kollegen — wenn sie denn stattgefunden hat
— von Ihnen gleichgesetzt wird mit einem Meinungsdruck, für den Sie dann möglicherweise — das haben Sie auch getan — die Geschäftsleitung verantwortlich machen, und ob Ihnen bekannt ist, daß Anzeigen, Resolutionen und was es immer ist
— zumindest die, von denen Sie bislang öffentlich gesprochen haben — sich in den Jahren 1980 und 1981 bewegt haben und seither dies nicht mehr passiert ist?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich habe den ersten Teil Ihrer Frage offengestanden nicht verstehen können. „Die Ansprache eines Kollegen" — mir ist nicht klar, was Sie damit meinen.
Das kann ich dahin präzisieren, daß, wenn in einem privaten Gespräch irgendein Kollege einen Kollegen auffordert, sich an einer politischen Maßnahme zu beteiligen, man das nicht als einen „Meinungsdruck", der einer Institution immanent ist, charakterisieren kann; das müßte man doch wohl unterscheiden.
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Wenn Bewerber uns schriftlich darlegen, daß sie bei der Verweigerung von Unterschriften gefürchtet haben, persönliche Nachteile zu haben, so ist das zunächst einmal ein Sachverhalt, den der einzelne von sich selbst aus beurteilen muß.
— Natürlich ist das subjektiv, genauso wie die Gegenbehauptung. — Das habe ich in der ersten Beantwortung der Frage von Frau Luuk auch klar zum Ausdruck gebracht.
Das andere, was Sie gefragt haben, trifft in dieser Form nicht zu. Die Erklärungen und offenen Briefe, die ich hier heranziehe, die jeweils im Namen des DED oder für den DED ohne Widerspruch der Geschäftsführung abgegeben wurden, reichen bis in das Spätjahr 1983 hinein.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bindig.
Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort auf die Frage dargelegt, diejenigen, die einen konformistischen Meinungsdruck ausübten, würden dies meistens nicht freimütig bekennen. Darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung bereit ist, hier einmal eine Ausnahme zu machen, nämlich bereit ist, zu bekennen, daß sie sich nun darum bemüht, einen konformistischen Rechtsmeinungsdruck auf den DED auszuüben?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Bindig, die Erklärungen der Bundesregierung sowohl vor der Mitarbeiterkonferenz als auch gegenüber den Ausschüssen des Parlaments sind in dieser Frage vollkommen klar. Wir haben uns für Pluralität ausgesprochen und haben jeden konformistischen Meinungsdruck — in welcher Richtung auch immer — eindeutig zurückgewiesen. Sie kennen die Unterlagen und können nicht im Ernst behaupten, das, was Sie erwähnten, sei unser Wille.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brück.
Herr Staatssekretär, um es noch einmal ganz klar zu machen: Ihre Antwort auf die Frage der Kollegin Luuk besagt, daß Ihre persönliche öffentliche Äußerung über den „linkskonformistischen Meinungsdruck" durch das Gutachten des Berliner Instituts nicht belegt werden kann?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Es ist von mir nie behauptet worden, daß diese Äußerung auf dem Gutachten des Berliner Instituts fußt, sondern ich habe stets behauptet, daß der erwähnte Eindruck durch eine Fülle von Äußerungen entstanden ist und daß die Bundesregierung die Pflicht hat, die Tatsachen in dieser Hinsicht zu überprüfen.
Bei dieser Gelegenheit darf ich noch eine weitere Teilfrage der Frau Kollegin Luuk beantworten, was ich eben übersehen habe. Herr Kollege Brück, das Verfahren war ja so geregelt, daß auch die Geschäftsführung des DED keinen Überblick über die Kriterien und Entscheidungsgründe hatte und uns deswegen bei der Aufklärung der Situation auch nicht helfen konnte.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Repnik.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir in der Auffassung zu, daß es sich bei der Haltung der Bundesregierung nicht, wie der Herr Kollege Bindig es soeben darzustellen versucht hat, um einen Rechtsdruck handelt, sondern daß sich in vielen Punkten die jetzige Bundesregierung und der jetzige Bundesminister ähnlich verhalten, wie es der frühere Bundesminister Offergeld bereits vor zwei Jahren auf der Mitarbeiterkonferenz des DED getan hat?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Erhebliche Passagen der Rede von Herrn Minister Offergeld im Mai 1982 vor der Mitarbeiterkonferenz und meiner Rede vor der Mitarbeiterkonferenz vor wenigen Tagen sind ohne weiteres gegeneinander austauschbar.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Duve.
Metadaten/Kopzeile:
6630 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Herr Staatssekretär, aus Ihren Antworten ist hier doch sehr deutlich geworden, auf wie schwachen Füßen die ganze Argumentation steht. Sie haben dieser wichtigen Institution gegenüber doch eine Fürsorgepflicht. Nachdem Sie nun in dieser Weise
— die Frage kommt, Herr Kollege — einen öffentlichen Meinungsdruck gegen die ganze Institution hergestellt haben, was gedenken Sie zu tun, um den DED aus dieser Verdachtszone, die Sie selber erzeugt haben, wieder herauszuholen?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Duve, die Bundesregierung hat durch meine Person den DED nicht einer Negativkritik unterworfen, sondern hat der Öffentlichkeit ihr Neuordnungskonzept, das bis dahin schon zahlreichen beteiligten Stellen bekannt war, vorgelegt. Es sind in einer Pressekonferenz einige Fragen beantwortet worden, was dann von der Presse entsprechend verwertet worden ist, zum Teil durchaus in tendenzieller Absicht; das muß man hinnehmen.
Unsere Fürsorge für den DED besteht darin, daß wir uns seit Monaten in aller Form immer wieder haben verdächtigen lassen, ohne die Sache öffentlich zu machen. Wir sind erst in dem Moment in die Öffentlichkeit gegangen, als wir ein geschlossenes, mit dem anderen Gesellschafter abgestimmtes Neuordnungskonzept vorlegen konnten, das zu diesem Zeitpunkt nachrichtlich auch schon dem Fachausschuß des Bundestages bekanntgemacht worden war.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe Frage 18 der Frau Abgeordneten Luuk auf:
Wie läßt sich die unbestritten hervorragende Arbeit des Deutschen Entwicklungsdienstes im Ausland vereinbaren mit der heftigen Kritik an der Effizienz der Zentrale des DED?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Frau Luuk, anerkannt wird die Leistung der einzelnen Entwicklungshelfer, die sich in ihrer Mehrheit nach dem Eintreffen im Gastland an ihrer praktischen Aufgabe und den Vorgaben ihrer Partner vor Ort orientieren. Das wird dadurch gefördert, daß der DED selbst keine Projekte hat, sondern nur Projektplätze in den Strukturen seiner Partner besetzt. Mit Ausnahme der sogenannten Mitbestimmung führt der DED draußen kein organisatorisches Eigenleben, d. h. die Mehrheit der Entwicklungshelfer löst sich sehr bald von dem Selbstverständnis der Zentrale in Berlin ab.
Beim DED besteht — wie bei anderen Entsenderorganisationen — die für Auslandstätigkeit typische Spannung zwischen drinnen und draußen. Dabei wird besonders beim DED die Arbeit der Zentrale im Bereich Verwaltung und Personalwesen nicht als vorbildlich empfunden. Ganz entscheidend trägt dazu die mangelhafte und nicht immer korrekte Information aus der Zentrale bei. In den Rundschreiben der Geschäftsleitung fällt im übrigen auf, daß bei Schwierigkeiten und Unzulänglichkeiten die Verantwortung nicht beim DED selbst, sondern stets bei der Bundesregierung gesucht wird. Eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Zentrale und eine objektivere Information würden unnötige Spannungen abbauen und die Arbeit der Entwicklungshelfer erleichtern. Wenn sie unter den gegebenen Umständen bereits Vorzügliches leisten, spricht das für die Helfer, aber nicht für die Qualität der Vorbereitung.
Zusatzfrage? — Bitte.
Im Anschluß an das, was Sie soeben und in Beantwortung der vorangegangenen Frage gesagt haben, Herr Staatssekretär, möchte ich von Ihnen wissen, ob die von Ihnen geäußerten Vorwürfe gegenüber dem DED auch von dem privaten Gesellschafter geteilt werden.
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Luuk, wir haben ja in eineinhalb Stunden die seit geraumer Zeit voraussehbare Gelegenheit, dies im Fachausschuß in Ruhe und Sachlichkeit zu besprechen. Ich werde Ihnen einleitend mitteilen, daß wir hinsichtlich der Neuordnung in voller Übereinstimmung mit dem privaten Gesellschafter sind. Das Neuordnungskonzept wird von beiden Seiten getragen.
Eine Zusatzfrage von Herrn Duve.
Herr Staatssekretär, in Ihrer Antwort auf die Frage der Kollegin Luuk haben Sie soeben wieder in erstaunlicher Weise die Institution und die Geschäftsführung sehr scharf, sehr radikal kritisiert. Wir haben die verschiedensten Formen der Umschaltung
und der Wendepolitik bei Institutionen erlebt. Können wir davon ausgehen — das ist meine Frage —, daß diese Form, die Ihr Haus den untergeordneten, nachgeordneten Institutionen gegenüber anwendet, einmalig ist?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Duve, ich kann das nur hoffen. Den Anlaß gibt die Situation der Institution, für die die Bundesregierung die Verantwortung trägt.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Toetemeyer.
Herr Staatssekretär, da wir im Ausschuß — anders als hier im Plenum — unter Ausschluß der Öffentlichkeit diskutieren, muß ich jetzt, da Sie hier ja Übereinstimmung zwischen dem privaten Gesellschafter und der Bundesregierung behauptet haben, die dezidierte Frage stellen, ob Ihnen die Stellungnahme des privaten Gesellschafters von Anfang Oktober wirklich unbekannt ist, der in den Fragen Verwaltungsrat und Mitbestimmung ausdrücklich anderer Auffassung als die Bundesregierung ist. Ich werde Ihnen das heute nachmittag vortragen.
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6631
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Toetemeyer, Sie dürfen voraussetzen, daß mir bei einem monatelangen Diskussionsprozeß zwischen den beteiligten Gesellschaftern die verschiedenen Tatsachen bekannt sind. Die von Ihnen mitgeteilte Verlautbarung war mir bekannt, bevor sie in die Öffentlichkeit gegeben wurde, und enthält — in der zweiten Hälfte — den entscheidenden Satz, daß der private Gesellschafter das Konzept der Neuordnung zusammen mit der Bundesregierung zu tragen bereit ist. Daraufhin hat ein mehrstündiges Gespräch — darüber werde ich Ihnen nachher im einzelnen berichten — mit dem privaten Gesellschafter stattgefunden. In diesem Gespräch haben wir die strittigen Fragen Punkt für Punkt geklärt und Übereinstimmung erzielt. Einige Sätze in dem Ihnen vorliegenden Papier, bei denen man eine Interpretationsnotwendigkeit sah, sind interpretiert worden; ich werde Ihnen die Interpretation nachher vortragen. Zwischen den beiden Gesellschaftern besteht Einmütigkeit.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brück.
Herr Staatssekretär, da Sie soeben davon gesprochen haben, daß das Neuordnungskonzept im Bundestagsausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit ruhig und sachlich beraten werden wird: Was hat Sie veranlaßt, in der Form in die Öffentlichkeit zu gehen, in der Sie dies getan haben?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Brück, nachdem ich das Neuordnungskonzept dem Fachausschuß in Form einer aktuellen Unterrichtung am 19. September vorgetragen hatte — Sie werden sich daran erinnern, Sie haben dazu Fragen gestellt —, habe ich dieses Neuordnungskonzept der Mitarbeiterkonferenz des Deutschen Entwicklungsdienstes in Berlin vier Stunden vorgetragen. Bereits während der Mitarbeiterkonferenz — es war keine öffentliche Veranstaltung — wurde der Inhalt meiner Ausführungen an weitere Interessenten fernschriftlich verbreitet. Das möchte ich hier nicht ausdrücklich tadeln; das ist ein Zeichen von Interesse. Am Ende der Mitarbeiterkonferenz stand eine Pressekonferenz des DED-Verwaltungsrats und der Mitarbeiterkonferenz zu erwarten.
Die Frage, ob sich die Bundesregierung unter diesen Umständen, nachdem bereits ein solches Maß an öffentlicher Erörterung hergestellt worden war, weiterhin Woche für Woche den Vorwurf einer Gängelung, einer kleinlichen Unterkuratelstellung,
finsterer politischer Umtriebe machen lassen sollte oder ob sie in diesem Moment, in dem die Dinge so weit reif waren, nicht die Pflicht hatte, der interessierten Öffentlichkeit ihre Absichten authentisch bekanntzugeben, haben wir mit Ja beantwortet.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Brück auf:
An welcher Stelle hat der Bundesrechnungshof in seinem Gutachten über den Deutschen Entwicklungsdienst diesem vorgeworfen, er habe in den letzten Jahren zunehmend die eigenen „Grundsätze und Kriterien" höher gesetzt als die entwicklungspolitischen Grundlinien der Bundesregierung?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Brück, der Bundesrechnungshof hat die Personalausstattung des DED, die Organisationsstruktur, die Verfahren der Programmplanung und -steuerung sowie die Vorbereitung der Entwicklungshelfer geprüft. Es lag nicht in seinem Auftrag, sich zum Verhältnis der DED-eigenen „Grundsätze und Kriterien" zu den „Entwicklungspolitischen Grundlinien der Bundesregierung" zu äußern. Erwähnung findet der in der Frage angesprochene Vorwurf in den Vorbemerkungen zu der gutachtlichen Stellungnahme des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik bei der Wiedergabe der dem Gutachter gegenüber auf politischer Ebene geäußerten Kritik am DED. Das Gutachten macht den Vorschlag, die Grundsätze und Kriterien durch ein Statut zu ersetzen, das alle vier Jahre aktualisiert werden soll.
Den Vorwurf, daß der DED seine „Grundsätze und Kriterien" höherstelle als die Vorgabe des Gesellschaftsvertrages, nach dem der DED seine Arbeit im Rahmen der Entwicklungspolitik der Bundesregierung durchzuführen hat, erhebt auch die Bundesregierung selbst. Schon Bundesminister Offergeld hat sich im März 1982 veranlaßt gesehen — Entschuldigung, ich bin im Moment nicht ganz sicher, ob im März oder im Mai 1982 —, bei der Mitarbeiterkonferenz darauf hinzuweisen, daß die „Grundsätze und Kriterien" den Gesellschaftsvertrag des DED weder ersetzen noch erweitern könnten. Auch Interpretationen fänden ihre Grenze im Gesellschaftsvertrag. Die selektive Interpretation der „Grundsätze und Kriterien" durch die DED-Zentrale ist in der Folgezeit vom privaten Gesellschafter mehrfach beanstandet worden. Anlaß zu dieser Klarstellung war nicht nur die Auseinandersetzung um ein vom DED beanspruchtes eigenständiges gesellschaftspolitisches Mandat für die Inlandsarbeit, sondern auch Verlautbarungen von Mitarbeitern zur Entwicklungspolitik, die ich hier jetzt nicht im einzelnen aufzählen möchte.
Interessant ist dabei vor allem ein Artikel des Sprechers der Entwicklungshelfer im Mitbestimmungsausschuß Nicaragua — das ist im „DED-Brief" 4/83 abgedruckt —, in dem in einem Organ, für das der Geschäftsführer die Verantwortung trägt, sehr deutlich klargelegt wurde, daß der DED seine „Grundsätze und Kriterien" als Gegenposition zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung begriffen hat.
Dies ist dort eindeutig belegt worden. Ich kann Ihnen die Zitate zur Verfügung stellen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, um auch hier Ihre Antwort ganz klarzumachen: Sie haben eben gesagt, der Bundesrechnungshof habe nicht festge-
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6632 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Brückstellt, daß der Deutsche Entwicklungsdienst seine „Grundsätze und Kriterien" über die entwicklungspolitischen Grundlinien der Bundesregierung stelle?Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Ich habe gesagt, daß der Prüfungsauftrag des Rechnungshofes diese Frage gar nicht beinhaltete und infolgedessen der Rechnungshof dies auch nicht festgestellt hat, und ich habe Ihnen gesagt, woher diese Feststellung kommt und daß sie zu erhärten ist.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß die „Grundsätze und Kriterien" in Übereinstimmung mit der Bundesregierung erarbeitet worden sind?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Sie sind nicht nur in Übereinstimmung mit und unter Beteiligung der Bundesregierung und des Verwaltungsrates erarbeitet worden — wie Sie wissen, war ich in dieser Phase selbst Mitglied des Verwaltungsrates und auch daran beteiligt —, sondern sie sind in aller Form durch Gesellschafterbeschluß beider Gesellschafter in Kraft gesetzt worden.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Brück auf:
Inwieweit konnte der Deutsche Entwicklungsdienst seit dem Amtsantritt der Regierung Kohl davon ausgehen, daß die „Entwicklungspolitischen Grundlinien der Bundesregierung" vom Juli 1980 noch den Rahmen für seine „Grundsätze und Kriterien" darstellen?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Den Rahmen für die Arbeit des DED, Herr Kollege Brück, stellt seit seiner Gründung 1963 der Gesellschaftsvertrag dar. Das gilt auch für die „Grundsätze und Kriterien" vom Oktober 1980, die, da von den Gesellschaftern beschlossen, nicht dem Gesellschaftsvertrag über- geordnet werden können. Daran hat sich seit dem Amtsantritt der Bundesregierung unter Helmut Kohl nichts geändert. Der Gesellschaftsvertrag bindet den Auftrag des DED an die Entwicklungspolitik der Bundesregierung, die sich in den Grundfragen, wie Sie wissen, auf eine breite parlamentarische Übereinstimmung stützt, wie sie z. B. in der gemeinsamen Entschließung des Bundestages vom 5. März 1982 zum Ausdruck gekommen ist.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben jetzt formuliert „bindet den Deutschen Entwicklungsdienst an die Entwicklungspolitik der Bundesregierung". Meine Frage war aber nach den Grundlinien der Bundesregierung, die noch gelten.
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Und die damit nach wie vor Orientierungspunkt der Regierungspolitik sind, Herr Kollege.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
Das heißt, Sie sagen: Die entwicklungspolitischen Grundlinien sind nach wie vor Grundlinien dieser Bundesregierung?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Wenn, Herr Kollege Brück, dies anders wird und werden soll, wird die Bundesregierung andere Grundlinien vorzulegen haben, und darüber wird zu diskutieren sein. Die Grundlinien, auf die Sie sich beziehen — darüber haben wir oft diskutiert —, sind so weit gefaßt und so wenig operationalisiert, daß man mit ihnen leben kann. Das haben doch auch Sie sehr gut gekonnt.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Duve.
Herr Staatssekretär, Sie haben vor einigen Minuten in einem anderen Zusammenhang von der selektiven Handhabung solcher Kriterien gesprochen. Könnte es nicht sein, daß auch Sie jetzt diesen bindenden Richtlinien gegenüber eine außerordentlich selektive Handhabung gelten lassen?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Duve, ich habe — das weist meine ganze Tätigkeit in diesem Hause aus — den entwicklungspolitischen Grundkonsens in diesem Parlament immer sehr ernst genommen. Ich werde mich deswegen auch bei der praktischen Tätigkeit davon leiten lassen, mit solchen Grundlagen nicht so umzugehen, daß dieser Grundkonsens dadurch zerstört werden kann.
Keine weiteren Zusatzfragen.Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Wartenberg auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Das heißt, daß bei den Fragen 21 und 22 entsprechend den Richtlinien für die Fragestunde verfahren wird.Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Oostergetelo auf:Hat sich das bisherige Auswahlverfahren für Entwicklungshelfer des Deutschen Entwicklungsdienstes als ineffizient in dem Sinne erwiesen, daß in unzumutbar großem Maße persönlich und fachlich ungeeignete Mitarbeiter ins Ausland entsandt worden sind?Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Oostergetelo, die Abbrecherquote — ich darf vielleicht dieses Wort verwenden — bei den Entwicklungshelfern des Deutschen Entwicklungsdienstes liegt nach Angaben der Geschäftsleitung zwischen 8% und 10%.
Für diese vorzeitigen Vertragsbeendigungen lagen überwiegend Gründe in der Person der betreffenden Mitarbeiter vor, und das, obwohl das Auswahlverfahren besonders die persönliche Eignung immer mit hoher Aufmerksamkeit betrachtet hat. Die Kritik der Bundesregierung am Auswahlverfahren
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6633
Parl. Staatssekretär Dr. Köhlerrichtet sich aber nicht gegen die Zahl der vorzeitigen Vertragsbeendigungen, sondern darauf, daß Bewerbern Anlaß zu der Annahme geboten wird, sie seien nicht angenommen worden, weil sie nach ihren politischen Einstellungen gefragt worden sind und darin mit denen der Mitglieder des Auswahlteams nicht übereinstimmten. Die Beschwerden, von denen die Bundesregierung Kenntnis hat, behaupten übereinstimmend eine linke oder alternative Einseitigkeit bei den Auswahlteams. Dabei ist besonders unbefriedigend, daß sich Auswahlentscheidungen beim DED einer Überprüfung entziehen, weil der wesentliche Teil des Verfahrens in Händen von — bisher auch externen — Psychologen liegt, die keine Akteneinsicht gewähren, sondern sich ausdrücklich, aber wohl zu Unrecht, auf ihre vermeintliche Verschwiegenheitspflicht berufen. Auch die auf Drängen des BMZ eingerichtete Beschwerdestelle erfüllt ihre Aufgabe noch nicht in vollem Umfang. Deshalb hält es die Bundesregierung für unerläßlich, daß künftig über die Auswahlgespräche aussagefähige Aufzeichnungen und schriftliche, nachprüfbare Annahme- und Ablehnungsbeschlüsse gefertigt werden. Außerdem muß gegen die Entscheidung des Auswahlteams eine Berufung zugelassen werden.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß bei derartigen globalen Anschuldigungen am Ende die Arbeit dieses Dienstes draußen zu unser aller Nachteil leidet?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Oostergetelo, die deutsche Entwicklungspolitik ist weltweit nicht diskreditiert worden, als 1980 ein Mitglied der Bundesregierung mit dem Rufe auftrat, daß anstelle der Prestigeprojekte nun lauter kleine Projekte gemacht werden sollten, obwohl dieses Mitglied der Bundesregierung damals einem anderen Ressort angehörte und gar nicht in der Lage war, seine Kritik zu implementieren und umzusetzen.
Im übrigen bin ich der Auffassung, daß Institutionen, die selbst außerordentlichen Wert auf Kritikfähigkeit legen, das sozusagen landesübliche Minimum an Kritik ertragen müssen, das heute z. B. jedem wirtschaftlichen Unternehmen gegenüber vorgebracht wird, in der nächsten Woche auch z. B. von Mitgliedern Ihrer Fraktion der Deutschen Entwicklungsgesellschaft gegenüber. Dann müßte das gleiche gelten. Ich sehe mich aber außerstande, anzunehmen, daß der Durchführungsbereich der deutschen Entwicklungshilfe von öffentlicher Kritik völlig freigestellt werden kann.
Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Duve.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß das landesübliche Maß an Kritik, wenn dies von der Bundesregierung kommt, auf junge Menschen völlig andere Wirkungen erzeugen muß, als wenn diese Kritik von der Öffentlichkeit geäußert wird?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Duve, wir haben diese Kritik ja nicht leichten Herzens und plötzlich geübt, sondern haben vor allem die DED-Zentrale in Berlin in einem Prozeß von über zwei Jahren immer wieder aufgefordert, aus eigener Einsicht ohne Öffentlichkeitswirkung die Klagepunkte abzustellen.
Erst als dies nicht geschah und auch der Verwaltungsrat in seinen Entscheidungen mehrfach unterlaufen wurde, hat sich die Bundesregierung zum Eingreifen genötigt gesehen.
Ich lege außerdem Wert darauf, Herr Kollege Duve — entschuldigen Sie, wenn ich Sie noch festhalte —, festzustellen, daß die Initiative für die Neuordnungsvorschläge für den Bereich Auswahl und Vorbereitung vom Haushaltsausschuß dieses Hauses stammt.
Weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Repnik.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es nicht die Bundesregierung war, die den Grund für die öffentliche Diskussion über den DED gelegt hat, sondern daß ausschließlich die Mängel, die beim DED vorzufinden waren, zu dieser öffentlichen Diskussion geführt haben?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Dies ist zutreffend, Herr Kollege Repnik. Ich wollte, daß der DED, der auch eine Verantwortung gegenüber diesem Lande hat, bei seiner Kritik der Politik der Bundesregierung — und zwar ganz gleich, welche im Amt war — sich ähnlich skrupulöse Überlegungen gemacht hätte, wie sie im Moment angestellt werden.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Toetemeyer.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, würden Sie Ihren Vorwurf, den Sie uns in Ihrem Konzept übergeben haben, daß in der Verangenheit fachliche Eignung zu wenig berücksichtigt worden sei, wirklich aufrechterhalten wollen, angesichts Ihrer Feststellung vor dem Hohen Hause, daß die Entwicklungshelfer draußen außerordentlich effizient gearbeitet haben?Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Toetemeyer, Ihre Frage liegt, ohne Schärfe gesagt, einer Verwechslung von zwei Aspekten zugrunde. Wenn der einzelne Helfer draußen in der Situation das Menschenmögliche tut, wenn er da, wo er nach einem sorgfältigen sogenannten Einleseverfahren hingeschickt wird, gar kein Projekt vorfindet, sondern sich freiwillig 100 km weiter in einem Projekt einer anderen Durchführungsorganisation betätigt, statt dort herumzulungern, dann findet das meine höchste Anerkennung und meinen Respekt.Aber die Frage, um die es hier geht, ist folgende: Der DED hat sich zu einem Fachdienst entwickelt, der an seine Mitarbeiter immer höhere fachliche Qualifikationsanforderungen aus Gründen gestellt hat, die vertreten werden können. Es ist aber längst
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6634 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Parl. Staatssekretär Dr. Köhlernicht mehr der Freiwilligendienst, wie es z. B. das amerikanische Peace Corps einmal war. Wenn sich unter diesen Umständen das Auswahlverfahren zu einem überwiegenden, der Grenze von 90 % sich nähernden Satz mit Fragen gesellschaftlicher Sensibilität, Sozialisationsfähigkeit, entwicklungspolitischer und entwicklungstheoretischer Urteilsfähigkeit beschäftigt, dann ist dabei die Komponente Fachmannschaft und Übermittlungsfähigkeit für Fachwissen vernachlässigt. Es gilt, diese beiden in ein rechtes Verhältnis zueinander zu bringen. Ich habe klar und deutlich gesagt, daß wir den Entwicklungshelfer nicht als — mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident — Fachidioten wünschen, sondern als Fachmann mit hohem sozialen Verantwortungsbewußtsein.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Überzeugung, daß durch die jetzt in Gang gekommene öffentliche Kritik und die Verwaltungsänderung im DED selber dieser Dienst gerade für diejenigen Jugendlichen interessanter werden wird, die bisher auf Grund der bisher recht einseitig praktizierten Aufnahmebedingungen keinen Zugang hatten, obwohl sie beste menschliche und berufliche Qualifikation mitgebracht haben?
Dr. Köhler, Parl. Staatsseketär: Entsprechende Zuschriften liegen dem Ministerium vor.
— Genau die wollen wir aufheben, Herr Duve.
Letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brück.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie soeben gesagt haben, das Auswahlverfahren richte sich zu 90 % nach dem gesellschaftlichen, nach dem entwicklungspolitischen Engagement der Entwicklungshelfer und nur zu 10% nach seinen Fachkenntnissen:
Hat dies dazu geführt, daß die Entwicklungshelfer fachlich wenig qualifiziert sind, und wollen Sie damit sagen, daß die Entwicklungshelfer, die jetzt draußen arbeiten, fachlich nicht ausreichend qualifiziert sind?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Brück, genau diesen Umkehrschluß habe ich in meinen Antworten hier mehrfach ausgeschlossen. Ich glaube, das läuft auf eine Unterstellung hinaus, von der Sie wissen, daß sie nicht zutrifft.
Es ist das entscheidende Thema, daß bei der Auswahl in der Vergangenheit durch externe Kräfte nicht einmal die Erfahrungen, die der DED selbst vor Ort für das Lebensumfeld und die Einsatzcharakteristik hatte, zum Tragen kommen konnten, sondern nur ganz allgemeine psychologische, soziologische und politologische Überlegungen, die nicht abgestimmt waren auf die künftige Aufgabe. Wenn die Helfer unter diesen Umständen doch Erhebliches geleistet haben, dann ist das in gar keiner Weise eine Begründung für dieses Auswahlverfahren, sondern eine hohe Anerkennung an die Helfer selbst.
Keine weiteren Zusatzfragen.Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Oostergetelo auf:Inwieweit haben die Mitbestimmungsorgane des Deutschen Entwicklungsdienstes seine Planung und Arbeit bisher mitgeprägt, und haben sich daraus Effizienzprobleme ergeben, die seiner Arbeit und seinem Ansehen im Ausland abträglich waren?Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Oostergetelo, die im DED so bezeichnete „Mitbestimmung" ist keine Mitbestimmung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes oder des Personalvertretungsgesetzes — es sei denn, wir unterhielten uns über die normale Personalvertretungssituation im Rahmen der Zentrale; aber das ist nicht das Thema, über das wir hier sprechen —, sondern es handelt sich hier um die von den Organen des DED verabschiedete Form des Angebots des DED an die Entwicklungshelfer, im Gastland an der Programmgestaltung mitzuwirken.Die Organe dieser sogenannten Mitbestimmung prägen in hohem Maße weniger im Ergebnis als in der Vielschichtigkeit des Verfahrens die Planung und Arbeit des DED. Folgende Organe wirken bei dieser Art der Mitbestimmung mit: der gewählte Mitbestimmungsausschuß im Gastland, der etwa achtmal jährlich tagt; die Fachgruppen im Gastland, die etwa dreimal jährlich tagen; die Vollversammlung im Gastland, die einmal jährlich tagt; die Regionalkonferenzen mit gewählten Vertretern aus den Gastländern, die jährlich tagen; der Gewählte des Ausschusses der Mitarbeiterkonferenz in der Zentrale und die — alle zwei Jahre stattfindende — zentrale Mitarbeiterkonferenz.Nach der Mitbestimmungsordnung des DED richtet die Mitarbeiterkonferenz ihre Beschlüsse nicht an die Geschäftsleitung, sondern an den Verwaltungsrat, der sie in seiner zweijährigen Amtszeit bis zur nächsten zentralen Mitarbeiterkonferenz behandeln muß; hier vermischen sich die Funktionen des Aufsichtsorgans mit denen der Exekutive.Aus dem Arbeits- und Zeitaufwand — Vorbereitung, Sitzungsdauer, An- und Abreisewege und Umsetzung — ergeben sich nicht nur Effizienzprobleme. Berücksichtigt man, daß dieses Verfahren nur eine Mitwirkung im Programmbereich ist, die in dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen — § 19 des Gesellschaftsvertrages: „Führung der Geschäfte" durch die Geschäftsleitung — keine die Geschäfts-
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6635
Parl. Staatssekretär Dr. Köhlerleitung bindenden Vorgaben machen kann, dann steht der Aufwand, den ich Ihnen hier soeben leider in dieser Breite schildern mußte, nicht mehr in einem vertretbaren Verhältnis zum Ertrag. Das ist um so weniger vertretbar, als der Umgang mit dem Begriff im DED das Mißverständnis gefördert hat, daß diese Organe entscheidungsrelevante Befugnisse hätten. Das hat bei einigen Entwicklungshelfern dazu geführt, daß sie Zeit und Kraft für eine auf Selbstbestimmung zielende Mitbestimmung investieren, und bei anderen hat es dazu geführt, daß sie sich getäuscht fühlen. Auch die Kosten stehen in einem Mißverhältnis zum Ertrag, wenn man sich vergegenwärtigt, daß jährlich über 600 000 DM für diese Aktivitäten aufgewendet werden. Auf die Entwicklungshelfer-Mannj ahre gerechnet, könnte man damit zehn zusätzliche Helfer entsenden.Besonders problematisch ist diese Praxis aber im Hinblick auf das Ansehen bei den Partnern in den Gastländern. In einer vom DED selbst ausgeführten Studie wird deutlich, daß die Partner im Entwicklungsland weitgehend von der Mitbestimmung ausgeschlossen sind, daß ihnen in erheblichem Maße vertraglich zugesicherte Arbeitszeit entzogen wird und daß sie das Ganze nicht in ihre arbeitsrechtlichen und gesellschaftspolitischen Vorstellungen einordnen können. Dies ist eine Studie des DED. Das hat uns dazu bewogen, zu diskutieren, wie dieses Verfahren gestrafft werden kann, ohne die Programmitwirkung der Helfer in Frage zu stellen.
Keine weiteren Zusatzfragen? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Toetemeyer.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, würden Sie, damit das ganz klar ist, die Auffassung des privaten Mitgesellschafters, die mir gestern abend noch einmal ausdrücklich bestätigt worden ist, daß die Mitwirkung sich im ganzen bewährt habe, daß man allerdings über Modalitäten miteinander diskutieren könne, teilen, und wie vereinbaren Sie dies mit Ihrem Vorschlag, die Zahl der Entwicklungshelfer im Verwaltungsrat, die ausdrücklich dazu gedacht war, Mitwirkung zu vollziehen, zu verringern?
Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär: Herr Toetemeyer, zum zweiten Teil Ihrer Frage: Es gibt in diesem Moment kein Modell und keine Zusammensetzung des Verwaltungsrates, über die wir hier sprechen könnten. Darüber ist überhaupt noch nicht diskutiert, auch vor allem zwischen den beiden Gesellschaftern nicht. Im Gegenteil, wir haben das Mandat des Verwaltungsrates in der gegenwärtigen Zusammensetzung bis zum Jahresende verlängert, um diese Fragen in Ruhe und sachlich zu besprechen. Wir haben in dem Gespräch mit dem privaten Gesellschafter klar gesagt, daß wir in der programmbezogenen Mitwirkung einen hohen Wert sehen. Ich habe deswegen vor der Mitarbeiterkonferenz erklärt, daß wir die Fachgruppenarbeit sogar zu verstärken wünschen. Sie haben in Ihren Unterlagen vermutlich gefunden, daß wir der Auffassung des Rechnungshofes, die Regionalkonferenzen ganz abzuschaffen, widersprechen. Hier geht es ausschließlich um eine sachbezogene Klärung von Aufwand und Nutzen zueinander. Ich glaube, daß wir hier mit dem privaten Gesellschafter nicht im Streit sind.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereiches.
Ich möchte nur sehr bitten, daß sich mit Rücksicht auf die vielen Fragen und vor allen Dingen Fragesteller beide Teile, Fragesteller und Beantworter von seiten der Bundesregierung, viel, viel kürzer fassen. Ich möchte also bitten, daß das überlegt wird.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Wir haben noch zweieinhalb oder drei Minuten Zeit, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Spranger, der Sie uns für die Beantwortung zur Verfügung stehen.
Die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Dr. Schöfberger wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Bayern beheimatete Energie- und Wasserversorgungsunternehmen braun- und steinkohlenbefeuerte Heizkraftwerke mit sogenannten Simultananlagen zur gleichzeitigen Ausschöpfung von Schwefeldioxyd und Stickstoffoxyden aus dem Rauchgas ausrüsten wollen und daß es sich insgesamt um ein neues Verfahren zur gleichzeitigen Reduzierung von Schwefeldioxyd- und Stickstoffoxydemissionen mit neuartigen integrierten Verfahrensgängen, die auch teilweise nicht mit bereits erprobten Verfahren technisch vergleichbar sind, handelt?
Bitte.
Herr Präsident, wenn der Herr Kollege Riedl damit einverstanden ist, würde ich seine Fragen gerne im Zusammenhang beantworten.
Dann rufe ich auch noch die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl auf:Wird die Bundesregierung im Bundeshaushalt für diese Demonstrationsanlagen angemessene Mittel bereitstellen, weil durch die von den in Frage 32 genannten Elektrizitätsversorgungsunternehmen in Angriff genommenen Maßnahmen die Schwefeldioxydemissionen aus Kraft- und Heizwerken in Bayern insgesamt bis 1988/89 sogar auf unter 50000 Tonnen pro Jahr gesenkt werden können, während im Gegensatz dazu z. B. beim Kraftwerk Buschhaus die Emissionen erst bis 1986 auf 113000 Tonnen Schwefeldioxyd jährlich reduziert werden sollen, dieses Kraftwerk also mehr Schwefeldioxyd produziert als alle bayerischen Kraftwerke zusammen, und wird die Bundesregierung ähnlich wie im Fall Buschhaus einen Teil der den bayerischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen entstehenden Kosten und Gewährleistungsrisiken übernehmen?Spranger, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung ist bekannt, daß aus dem Bereich des Freistaates Bayern die Energieversorgung Oberfranken AG beabsichtigt, im Kraftwerk Arzberg eine Abgasrei-
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6636 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Parl. Staatssekretär Sprangernigungsanlage zur simultanen Abscheidung von Schwefel- und Stickstoffoxiden nach dem Bergbauforschungs-Uhde-Verfahren zu errichten. Nach Angaben des Umweltbundesamtes sollen die Emissionen an SO2 um mehr als 95% und die an NO. um mehr als 60 % vermindert werden. Im Kraftwerk Arzberg wird Braunkohle aus der Tschechoslowakei verfeuert. Über die Anwendung dieses Verfahrens bei mit Steinkohle befeuerten Kraftwerken in Bayern ist mir nichts bekannt, obgleich dieses Verfahren dafür geeignet ist.Das in der Antwort auf die Frage 32 genannte Verfahren ist mit Mitteln des BMI bis zur Betriebsreife entwickelt worden. Die Bundesregierung stellt für Demonstrationsprojekte zur Verminderung von Umweltbelastungen erhebliche Mittel aus dem Altanlagensanierungsprogramm bereit. Die jeweiligen Maßnahmen müssen einen innovativen Demonstrationscharakter haben. Im allgemeinen wird eine solche Demonstration für ähnliche oder vergleichbare Anwendungsbereiche durch die Förderung eines Modellvorhabens erbracht. Mit dem Programm können keine Vorhaben gefördert werden, zu deren Durchführung das Unternehmen auf Grund rechtlicher und behördlicher Auflagen verpflichtet ist oder deren Durchführung auch ohne Zuschußgewährung beabsichtigt ist.
Daneben stehen Finanzierungshilfen aus Mitteln des ERP-Sondervermögens für zinsgünstige Darlehen im Rahmen des Programms zur Förderung von Luftreinhaltungsanlagen zur Verfügung.
Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Riedl.
Herr Staatssekretär, stehen für die von Ihnen genannten bayerischen Kraftwerke Mittel zur Verfügung, wenn entsprechende Anträge eingereicht werden, und ist Ihnen bekannt, ob solche Anträge bereits vorliegen?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Im Rahmen dieses Programms stehen selbstverständlich auch für bayerische Kraftwerke solche Mittel zur Verfügung. Die Voraussetzung ist, daß solche Anträge eingereicht werden. Mir ist bisher nicht bekannt, daß solche Anträge vorliegen.
Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Riedl.
Ich habe noch eine Frage, Herr Präsident. — Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, im Fall des Eingangs solcher Anträge diese bayerischen Kraftwerke genauso zu behandeln, wie die Bundesregierung großzügigerweise Anträge des Landes Niedersachsen für das Kraftwerk Buschhaus behandelt hat?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Riedl, die Bundesregierung wird solche Anträge genau nach den Kriterien prüfen, die diesem Programm zugrunde liegen, und dabei auch andere
Entscheidungen in der von Ihnen genannten Form sicher in die Überlegungen einzubeziehen haben.
Sie haben weitere Zusatzfragen? — Nein. Dann lasse ich noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Kunz zu.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hohen Haus Auskunft darüber geben, ob nach Inbetriebnahme der Pilotanlage Arzberg die Abgase dort so weit zurückgeführt werden, daß sie für den deutschen Wald keine Gefahr mehr darstellen?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Kunz, ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß nach Angaben des Umweltbundesamts nach diesem Verfahren, das hier zur Anwendung kommen soll, die Emissionen von SO2 sich um 95% und von NOX um mehr als 60 % vermindert werden. Das ist eine ganz erhebliche Reduzierung der Schadstoffemissionen. Das ist mit Sicherheit auch günstig für die gesamte Luftreinhaltesituation in dem Raum und damit natürlich auch für den Wald.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde, und zwar wegen Zeitablaufs. Herr Staatssekretär, Sie müssen morgen wiederkommen. Die Fragen aus dem Bereich des Bundesministers des Innern sind noch nicht beendet. Ich bitte um Verständnis.
Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt. Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Aktuelle Stunde Waldnotstand
Die Fraktion der GRÜNEN hat gemäß Nr. i c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema Waldnotstand verlangt.
— Ist das eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung?
— Bitte. Zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage nach § 42 der Geschäftsordnung wegen der Wichtigkeit des gestern vorgelegten Waldschadenberichts die Anwesenheit eines Mitglieds der Bundesregierung, vorzugsweise des Herrn Ministers Zimmermann, weil wir wegen der Daten, die da gestern vorgelegt worden sind und die wir für wirklich epochemachend erschreckend halten, die Anwesenheit des Ministers, der dafür zuständig ist, für unbedingt erforderlich halten. Ich spreche für die Fraktion der GRÜNEN.
Wird das Wort zu einer Äußerung zur Geschäftsordnung von anderer Seite verlangt? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Seiters.
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6637
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben die Einrichtung der Parlamentarischen Staatssekretäre, die die Minister vertreten, und wir sollten diese Einrichtung nicht selber durch solche Anträge abwerten. Deswegen beantrage ich, den Antrag der GRÜNEN abzulehnen. Der Parlamentarische Staatssekretär Spranger ist anwesend und wird in der Debatte dieser Aktuellen Stunde Stellung nehmen.
Der Antrag ist begründet worden, und es ist dagegen gesprochen worden. Wir müssen darüber durch eine Abstimmung entscheiden. Die Herbeirufung des Ministers kann durch eine Mehrheit erfolgen.
Wer dafür ist, dem Antrag der Fraktion der GRÜNEN zur Geschäftsordnung zuzustimmen, den bitte ich um das Handzeichen. —
Wer stimmt dagegen? —
Ich habe noch nicht danach gefragt, ob es Enthaltungen gibt. —
Da es im Präsidium unterschiedliche Auffassungen über die Mehrheit gibt, bitte ich, die Abstimmung zu wiederholen. Ich wäre dankbar, wenn die, die für den Antrag stimmen, sich erheben würden. — Danke schön. — Wer stimmt dagegen? —
Wer enthält sich? — Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Ich bitte, das Entsprechende zu veranlassen.
Wir beginnen trotzdem mit der Aktuellen Stunde. Ich habe Wortmeldungen von den Antragstellern vorliegen. Zuerst hat das Wort der Abgeordnete Dr. Ehmke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin unsicher, ob ich jetzt überhaupt mit der Rede anfangen soll, d. h. bevor der Herr Minister eingetroffen ist. Aber es ist, glaube ich, in Anbetracht der vielen Dinge, die wir heute noch vor uns haben, wohl doch besser, wenn ich jetzt beginne.Sie alle haben die Zahlen gehört, die Herr Minister Kiechle gestern der Öffentlichkeit vorgelegt hat. Das sind in der Tat erschreckende Zahlen. 50 % des Waldes sind erkrankt. Insbesondere die Laubbäume sind sehr stark vom Waldsterben betroffen. Eichen und Buchen sterben dahin.Ich möchte nur einen Satz aus dem Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen zitieren. Dort heißt es auf Seite 72:Von der Gesundheit der Laubwälder, insbesondere der Buchenwälder, hängt die Erhaltung des deutschen Waldes schlechthin ab ...Was tut die Bundesregierung angesichts dieser offensichtlichen Notsituation? Ich möchte nur kurz aus der „Frankfurter Allgemeinen" von heute zitieren. Dort heißt es:... sehen die beiden Minister— gemeint sind Herr Kiechle und Herr Zimmermann —keinen Grund zur Panik. Aktionismus müsse jetzt vermieden werden .. Zimmermann sprach von seiner „absoluten Hoffnung", daß die Maßnahmen greifen.Ich frage mich: Woher nimmt er diese Hoffnung?Wir stehen vor der größten Waldvernichtung seit der Eiszeit, und es besteht kaum Aussicht auf Gesundung der Bäume, die jetzt krank sind. Ich jedenfalls habe noch keinen Baum gesehen, der von selbst wieder gesund geworden wäre. Mit ihren gestrigen Äußerungen hat die Bundesregierung in der Tat 50% des Waldes zum Tode verurteilt. Dabei pflegt sich gerade Herr Minister Zimmermann öfter seiner Herkunft aus der Holzwirtschaft zu rühmen. Ich müßte ihm eigentlich sagen, wenn er jetzt hier wäre: Er sägt nicht nur am eigenen Ast, sondern er ist inzwischen auch wirklich der größte Holzfäller der Nation.
Was muß in diesem unseren Lande denn eigentlich noch geschehen, bis die Regierung merkt, was die Stunde geschlagen hat?
Ihre Worte werden den Leuten im Ohr klingen, vor allem der Mehrheit, die ein sofortiges Tempolimit will, weil es dem Wald hilft. Auch die wahrlich nicht zur Panikmache neigenden Forstleute und Waldbesitzer haben gestern in einer Pressemeldung den fehlenden Mut der verantwortlichen Politiker zu konsequenten Gegenmaßnahmen als ein Trauerspiel — völlig zu Recht, wie ich meine — bezeichnet.Das beschämende Verhalten der Koalition und der Bundesregierung bei den Vorgängen um das Kraftwerk Buschhaus, bei der Einführung des Katalysatorautos und bei der Diskussion über das Tempolimit hat vielen vorsichtigen, bedächtigen, vielleicht auch unpolitischen Mitbürgern, die meilenweit von den GRÜNEN entfernt stehen, die Augen hinsichtlich Ihrer Verhandlungs- und Vernebelungstaktik geöffnet. Sie haben diesen Leuten gezeigt, daß Sie selbst in Notsituationen wie dieser trotz aller Sonntagsreden, trotz aller Lippenbekenntnisse, trotz aller Umweltanträge — „Unsere Verantwortung für die Umwelt" —, im entscheidenden Augenblick wie jetzt nicht bereit sind, im guten Sinne des Wortes radikale, d. h. an die Ursachen gehende Notmaßnahmen anzupacken.Angesichts der katastrophalen Zahlen kann es jetzt doch nur um eines gehen: den nationalen
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6638 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Dr. Ehmke
Waldnotstand auszurufen und die Luftverschmutzung einzudämmen, koste es, was es wolle.
Doch statt daß Sie versuchen, dem Problem des Waldsterbens mit radikalen Notmaßnahmen zu Leibe zu rücken, verlegen Sie sich immer noch auf überflüssige Messungen, Gutachten und Großversuche wie beim Tempolimit. Sie vergessen, daß Sie sich in einem permanenten politischen Großversuch befinden, der für Sie spätestens 1987 wohl äußerst negativ ausgehen wird,
wenn Sie weiterhin kein Fettnäpfchen auslassen, das für Sie von irgendwelchen Leuten aufgestellt wird.Meine Damen und Herren von der Koalition, wann begreifen Sie endlich, daß man dem Problem nicht mit Tüten voll Fichtensamen oder mit Wohltätigkeitsveranstaltungen à la Stiftung „Wald in Not" beikommen kann?
Übrigens noch ein Wort zur Stiftung „Wald in Not". Deren Präsident, Bernhard Vogel, ist ja paradoxerweise oder, ich sollte vielleicht sagen: konsequenterweise einer der größten Waldvernichter in Rheinland-Pfalz, wenn man an den Autobahnbau und an die Stromleitungstrassen durch den Pfälzer Wald und durch den Hunsrück denkt. Herr Kollege Vogel, ich will hier jetzt keine Familiengeschichten aufbringen. Ich weiß nicht, ob Sie ihn als schwarzes oder weißes Schaf in Ihrer Familie bezeichnen würden.
— Jedenfalls ist er kein grünes Schaf, Herr Kollege.
Meine Damen und Herren, die Rechnung für Ihre Unterlassungssünden wird Ihnen vom Wald und vom Wähler präsentiert, hoffentlich noch rechtzeitig vor dem endgültigen Absterben des Waldes. Denn das Schicksal unseres Waldes muß uns wichtiger sein als das Schicksal dieser Regierung.Danke schön.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Freiherr von Schorlemer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es besteht überhaupt kein Zweifel: Die neuesten Zahlen, die hier vorgelegt worden sind, alarmieren uns alle. Das wird überhaupt nicht bestritten. Nur bin ich der Meinung, daß blanker Aktionismus oder Geschäftsordnungsdebatten hier überhaupt nicht weiterhelfen. Weiter hilft hier nur, an die Dinge vernünftig heranzugehen.
Die Sozialdemokraten haben überhaupt keinen Grund, sich hier aufzuplustern. Ich habe mir einmal die Regierungserklärung des Herrn Schmidt aus dem Jahr 1980 durchgelesen. Das Waldsterben wird dort überhaupt nicht erwähnt. Auch dem damaligen, für die Autobahnen und die Bundesstraßen zuständigen Verkehrsminister Hauff war es nicht gelungen, den Kanzler von der Notwendigkeit zu überzeugen, dies in die Regierungserklärung mit hineinzuschreiben.Meine Damen und Herren, in dem Bericht wird auch deutlich, daß die exakten Schadensursachen nicht bekannt sind. Gleichwohl wissen wir, daß die Luftverunreinigung dabei eine erhebliche Rolle spielt.Deshalb fährt die Bundesregierung auch praktisch zweigleisig: Auf der einen Seite ergreift sie Maßnahmen zur Luftreinhaltung und auf der anderen Seite forstpolitische Maßnahmen. Über die Maßnahmen der Luftreinhaltung wird Herr Kollege Schmidbauer hier noch einiges sagen. Deshalb möchte ich mehr den Bereich der Forstpolitik ansprechen.Ich glaube, bezüglich der Forstpolitik ist erstens schon Wichtiges beschlossen, und zweitens wird Wichtiges beraten. Ich erinnere an die Waldinventur, die inzwischen sicherstellt, daß wir exakte Daten, mit denen im ganzen Bundesgebiet gearbeitet werden kann, haben. Ich erinnere daran, daß wir im Bundeshaushalt im Bereich der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz durch die Zuverfügungstellung von weiteren Mitteln in Höhe von 20 Millionen DM, die durch die Länder noch um 13 Millionen DM komplettiert werden, Maßnahmen vorsehen, die der waldbaulichen Förderung und damit der Stärkung und Kräftigung des Waldes dienen sollen. Es ist vorgesehen, daß hier auch die Düngung den Schadensverlauf stoppen soll.Meine sehr verehrten Damen und Herren, bezüglich der Zahl von 50 % Schäden bitte ich auch einmal nachzulesen, daß davon 33 % im Bereich der schwach geschädigten, 16% im Bereich der mittelgeschädigten und nur 1,5 % im Bereich der stark geschädigten bzw. abgestorbenen Wälder liegen.
Wir beraten zur Zeit das Forstschädenausgleichsgesetz. Dieses Gesetz soll sicherstellen, daß der Markt und auch der Preis stabilisiert wird, damit nicht ein Preisverfall im Bereich des Holzmarktes eintritt. Ab 1985 werden die Lagerung von Holz, die Polderung und die Berieselung vorgesehen, und zwar mit dem Effekt, daß Holz vom Markt genommen und gelagert wird, damit der Preis nicht zusammenbricht. Ich glaube, daß hier gerade die Bundesländer als große Waldbesitzer eine besondere Verantwortung haben, hier gleichsam voranzugehen; denn der normale Privatwaldbesitz, der in der Bundesrepublik durchschnittlich nur 5 Hektar beträgt, kann das nicht leisten.
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6639
Freiherr von SchorlemerWir müssen bei zunehmenden Einschlägen aus den Waldschadensgebieten die steuerlichen Fragen beachten. Es kann doch nicht angehen, daß der, der durch Waldschäden geschädigt wird, durch die Steuerprogression dann auch noch verstärkt zur Kasse gebeten wird.Diese Erhebung hat auch deutlich gemacht, daß sich die viel beschriebene und viel bescholtene Monokultur als widerstandsfähiger erwiesen hat als z. B. der vielschichtige Mischwald.
— Entschuldigen Sie, wenn Sie mal durch den Wald gehen, dann schauen Sie sich das an! Dann werden Sie das sehen. Brüllen Sie hier nicht immer dazwischen!
Meine Damen und Herren, wir werden alles unterstützen und fordern auch alle auf, wieder aufzuforsten. Denn dieses Gutachten beinhaltet auch die Erkenntnis, daß die Erkankung in jüngeren Beständen geringer ist als in Beständen, die über 60 Jahre alt sind.
Deshalb sollten wir auch in der Unterstützung alle Chancen nutzen, um hier wieder Wald aufzuforsten; denn ich bin der festen Überzeugung, daß die Maßnahmen, die von der Bundesregierung vorgesehen sind, greifen und wir auch im Jahre 2000 in der Bundesrepublik noch einen hervorragenden Wald haben werden.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schäfer .
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schorlemer, ich will zunächst etwas an Ihre, nein, an unsere gemeinsame Adresse sagen, was in die Abteilung Versäumnisse gehört.
Ich denke, niemand in diesem Haus — ich schließe die Fraktion der GRÜNEN mit ein — hat Anlaß zur Selbstgerechtigkeit, wenn es darum geht, über Waldschäden zu reden.
Ich sage dies in aller Deutlichkeit, weil es auch nicht zulässig sein kann, Herr Kollege, wenn wir gemeinsam Versäumnisse eingestehen müssen, dies zum Anlaß zu nehmen, weniger zu tun, als notwendig wäre.
Das Gegenteil ist richtig: Gerade weil wir alle die Folgen des Waldsterbens zu spät erkannt haben, müssen wir mit doppelter Energie das tun, was notwendig ist.Ich will noch etwas an die Adresse der Kollegen der CDU/CSU-Fraktion und auch an die Kollegen der FDP sagen. Wir bleiben dabei: Bis 1977 war die Umweltpolitik der sozialliberalen Koalition nach dem damaligen Erkenntnisstand vorbildlich. Suchen Sie mal nach, ob Sie eine Initiative eines CDUregierten Bundeslandes oder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion von 1969 bis 1982 finden, die mehr Umweltschutz verlangt hätte, als die sozialliberale Koalition vorgeschlagen hat!
Das Gegenteil ist richtig: Sie haben gebremst, verzögert, verhindert.
Meine Damen und Herren, seit gestern ist es regierungsamtlich: Der Wald stirbt galoppierend; 50 % des Waldes, 3,7 Millionen Hektar, sind krank. Im Vorjahr waren es 34 %, gleich 2,5 Millionen. Hektar. 1982 betrug die Schadensfläche 8 %. Dies alles ist ein schrilles Alarmsignal, und wer so beschwichtigt, wie Sie es soeben getan haben, Herr von Schorlemer,
wie es die CDU/CSU, wie es die Regierung tut, hat nicht begriffen, daß aus dem Alarmsignal eine Totenglocke für den Wald, für den Boden, für das Wasser, für die Umwelt insgesamt mit großen Gefahren für die Gesundheit der Menschen werden kann, wenn es bei dem Stillstand bleibt, die Ihre Umweltpolitik kennzeichnet.
Herr Kollege, der Herr Bundesinnenminister, der immer noch nicht da ist, hat vor eineinhalb Jahren einen guten Satz geprägt: Wir können nicht warten, bis wir die letzte wissenschaftliche Klarheit haben; wir müssen handeln, weil die Erkenntnisse, die verliegen, zum Handeln ausreichen. Wir können nicht warten, bis der letzte Baum verreckt. — Dies ist richtig, und heute verhalten Sie sich genau entgegengesetzt zu dieser Ankündigung. Das werfen wir Ihnen vor.
— Da Sie den Kopf schütteln, nenne ich ein Beispiel. Alle wissenschaftlichen Untersuchungen, einschließlich der von Daimler-Benz, Automobilindustrie, sagen uns, daß wir die Umwelt mit einem Tempolimit von 80 km/h auf außerörtlichen Straßen und 100 km/h auf Bundesautobahnen schnell und sofort wirksam entlasten können.
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6640 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Schäfer
Was tun Sie? Sie machen einen neuen Großversuch: Alibi zum Nichtstun. Jeden Monat gehen 15 000 Tonnen Stickoxid mehr in unsere Umwelt.
Die sozialdemokratische Fraktion hat am 28. April 1983 ein Notprogramm gegen das Waldsterben vorgelegt. Die wichtigsten Forderungen sind heute aktueller denn je. Sie haben bislang mit Neinsagen ausweichend reagiert. Wenn wir Sozialdemokraten sagen: Energiepolitik muß als Umweltpolitik verstanden werden, weil 90 % aller vom Menschen verursachten Luftverunreinigungen auf Energieumwandlungsprozesse zurückzuführen sind, so lehnen Sie noch heute im Ausschuß ein staatliches Förderprogramm zur umweltfreundlichen Kohleverbrennung ab, das wir heute zur Altanlagensanierung-Mitfinanzierung vorgelegt haben.
Meine Damen und Herren, ich schließe mit einem Appell an Sie: Reden Sie nicht nur, handeln Sie endlich! Der Wald, die Gesundheit der Menschen gebieten Handeln; geredet, Herr Kollege Dregger, haben Sie wahrhaftig genug.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Rumpf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich versuchen, als Forstmann in diesem Hohen Hause die Diskussion etwas zu versachlichen.
— Ich weiß nicht, Herr Immer, ob das möglich ist.Die neuen Untersuchungen geben glatte Zahlen an; daran läßt sich nicht diskutieren. Aber die Zahlen sagen, daß jeder zweite Baum im Streß steht. Warum er im Streß steht, sagen die Zahlen natürlich nicht.
Uns liegen Untersuchungen vor, daß langfristige Klimaschwankungen eine sehr starke Streßwirkung auf Bäume ausüben, insbesondere auf Nadelbäume, und
die Trockenperioden in großen Schwankungen etwa 30 Jahre lang wirksam sind. Wir haben die letzten Trockenperiode Ende der 40er Jahre gehabt.
— Hören Sie doch einmal zu! —
Wer von Ihnen kann sich nicht an das Ende der 40er Jahre erinnern, als es sehr viele Eicheln, Bucheckern und Zapfen gab. Ich erinnere mich daran noch genau. Jetzt haben wir eine Zeit, in der dieBäume ebenfalls — wenn Sie sie einmal anschauen würden — stark fruktifizieren. Jeder kann das sehen. Es gibt sehr viele Eicheln, es gibt sehr viele Bucheckern und auch sehr viele Zapfen an den Bäumen. Das ist ein Zeichen dafür, daß diese Bäume von den Vorjahren 1982 und 1983 unter Streß stehen, auch durch die Trockenheit — ich sage: auch durch die Trockenheit.Wir als Forstleute sagen immer: Gute Weinjahre sind schlechte Tannenjahre, und das hat sich nun bewahrheitet. Daß diese Bäume natürlich um so empfindlicher auf Luftschadstoffe reagieren, weil sie schon geschwächt sind, ist klar. Deswegen ist auch Gefahr im Verzug, und deswegen muß etwas geschehen.Aber ich glaube nicht, daß durch das abgasarme Auto und durch ein Tempolimit hier etwas Entscheidendes geschehen kann. Ich habe mich gerade der Mühe unterzogen, mir in Kanada in den Rocky Mountains die sehr schönen Nadelwälder anzuschauen. Sie sind ebenfalls geschädigt, sie haben die gleichen Symptome wie in Deutschland, Herr Ehmke,
obwohl in Kanada und Amerika seit Jahrzehnten ein Tempolimit besteht und obwohl die Katalysatoren dort schon längst eingeführt sind. Dies kann also höchstens ein ganz kleiner Mosaikstein der Wahrheit sein, es kann jedenfalls nicht ausreichen, um hier eine große Turbulenz in diesem Hohen Hause herbeizuführen.
Es darf in dieser Situation nicht hektisch reagiert werden. Ich glaube, die Bundesregierung ist auf dem richtigen Weg
— jetzt können Sie sich selbst bald nicht mehr verstehen —, wenn sie durch steuerliche Erleichterungen und durch marktwirtschaftliche Anreize versucht, möglichst schnell in die Richtung zu kommen, die sie haben will. Ich kann Ihnen sagen: Es geht nichts schneller als über das Portemonnaie des einzelnen. Aber es gilt auch nicht nur für den Autofahrer, sondern für alle, die Energie verbrauchen. Ich kann Ihnen nur sagen: Solche steuerlichen Maßnahmen oder praktikable marktwirtschaftliche Anreize sind der einzig mögliche Weg. Die Bundesregierung hat sie — wenn Sie zugehört hätten — vorige Woche vorgestellt. Der Erlaß der Kraftfahrzeugsteuer für schadstoffarme Autos beispielsweise wird einen enormen Boom beim Kauf dieser Autos auslösen.
Ebenso wird es einen Boom durch die Bevorzugung des bleifreien Benzins geben, und zwar durch spürbare Steuersenkung für bleifreies Benzin. Ich glaube in diesem Zusammenhang allerdings nicht, daß zwei Pfennige ausreichen.
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6641
Dr. RumpfDas jedenfalls, was Sie, Herr Schäfer, gesagt haben, nämlich daß hier ein Stillstand wäre, kann man ja wohl nicht mit Fug und Recht sagen.
Es hat sich 1982 -um 8 % gehandelt. Da haben die Unterlagen noch nicht gestimmt. Deswegen sind die Zahlen 1983 emporgeschnellt. Von dann an, von 1983 auf 1984, hat sich die Schadenskurve abgeflacht.
Wer von Biologie eine Ahnung hat, der weiß, daß die Knospen der Bäume jeweils schon im Vorjahr angelegt werden. Das heißt, das Ausschlagen der Blätter in diesem Jahr ist noch von der Trockenheit des vorigen Jahres beeinflußt. Nach diesem feuchten oder nassen Sommer wird sich herausstellen, wie sich die Bäume im nächsten Jahr auf die Umgebung einstellen.
Jedenfalls, meine Damen und Herren, kann man durch Maßnahmen wie Abschaffung der Autos — wie ich es aus den grünen Reihen schon einmal gehört habe — oder Abschaltung aller Atomkraftwerke — das kommt von den gleichen Leuten;
diejenigen, die die Kohlekraftwerke nicht wollen, wollen auch die Atomkraftwerke nicht — oder etwa Enteignung den Wald nicht retten.
Meine Damen und Herren, wir haben einen Geschäftsordnungsantrag angenommen, der zur Zeit nicht erfüllbar ist. Die mir vorliegenden Informationen besagen, daß der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten noch nicht gefunden worden ist.
Das Bundeskanzleramt ist damit befaßt.
— Ich bitte um Aufmerksamkeit! — Der Bundesminister des Innern, der sich mit den Sportlern und dem Bundespräsidenten auf einem Schiff befindet, wird zur Zeit geholt.
Wenn das Anliegen des Antrages, den wir mit Mehrheit angenommen haben, erfüllt werden soll, muß ich jetzt unterbrechen. Ich werde die Sitzung unterbrechen und über Lautsprecher erneut einberufen lassen.
Eine Zeit dafür kann ich im Augenblick leider nicht nennen.
Ich unterbreche die Sitzung und berufe sie über die Lautsprecher des Hauses erneut ein, wenn einer der Herren Minister hier zur Verfügung steht.
Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Dem Antrag, den das Plenum mit Mehrheit angenommen hat, ist entsprochen. Der Herr Bundesminister des Innern ist hier auf der Regierungsbank.
Wir haben in der Aktuellen Stunde eine Runde hinter uns. Wir setzen fort. Der nächste Redner ist der Abgeordnete Kiehm.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich sehe, daß mit einer halbstündigen Unterbrechung die Regierungsbank nahezu 50 % voll ist, könne wir uns nach mathematischen Regeln ausrechnen, wie lange wir unterbrechen müssen, um wirklich einmal eine volle Regierungsbank auch bei einer Umweltdebatte zu haben.
— Gucken Sie sich einmal um, Herr Kansy.
Sehr unterschiedliche Vokabeln haben wir aus den Reihen der CDU/CSU gehört. Gestern noch hat der Herr Landwirtschaftsminister erklärt, er sei felsenfest überzeugt, daß der Wald nicht sterben müsse. Wenn ich mir die Rede des Abgeordneten Schorlemer anhöre, dann muß ich sagen: Er hat sich mit dem Tod des Waldes bereits abgefunden.
Inventur, Reparatur, Forstschädenausgleich, steuerliche Ersatzregelungen, Aufforstung, das war das Vokabular. Wo war in dieser Rede ein Wort von Schadensminderung oder Vorsorge? Haben Sie Ihren Zielen abgeschworen?
Meine Damen und Herren, als wir im Frühjahr 1983 das Notprogramm gegen das Waldsterben vorgelegt haben, hatten wir folgende Ausgangslage:
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6642 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Kiehm560 000 Hektar geschädigte Waldfläche insgesamt. Heute haben wir das Schicksal, daß allein 600 000 Hektar Buchenfläche abgestorben ist.
Wen das nicht betroffen macht — da können Sieschreien, was Sie wollen; ich habe das Mikrophon —,
wer die daraus entstehende Ungeduld nicht versteht, der muß schon ein besonders strukturierter Mensch mit einem merkwürdigen Politikverständnis sein.
Und dabei, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU, sind die Umstände außergewöhnlich günstig, unter denen Sie handeln könnten, wenn Sie handeln wollten.
Es besteht heute ein krasses Mißverhältnis zwischen dem Schaden, den wir draußen feststellen, der Empfindsamkeit der Menschen gegenüber diesen Schäden, der Bereitschaft, selbst persönlich zu handeln oder Handlungen hinzunehmen, und Ihrem Regierungswillen, etwas zu tun.
Von Ihnen erwarten wir das an Sensibilität, was draußen in der Öffentlichkeit vorhanden ist.
Im Innenausschuß haben wir heute von der Regierung erfahren müssen, daß die Umsetzung im Umweltschutz nicht, wie wir meinten und wie zu beweisen ist, in Interviews und Publikationen besteht, sondern hier wurde vom Staatssekretär gesagt, Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, das wäre das, was die CDU-Regierung zu bieten hätte. Dann frage ich Sie, meine Damen und Herren: Wo ist nach dem Kabinettsbeschluß die Entscheidung, eine Novellierung der Straßenverkehrs-ZulassungsOrdnung mit neuen Grenzwerten für Abgas vorzulegen?
Wenn schon das zeitliche Hinausschieben dazu führt, daß man sagen muß: eine falsche Entscheidung!, dann nehmen Sie sich doch wenigstens ein Herz und bekennen Sie sich zu dieser falschen Entscheidung und legen Sie einen Verordnungsentwurf vor, damit jetzt die Öffentlichkeit weiß, daß Sie zwar zu spät, aber immerhin handeln wollen.
Unglaubwürdig ist auch das, was Sie in den letzten Tagen vorgeführt haben: sich immerzu flüchten in neue Versuche und neue Untersuchungen.
Wir werden uns nicht ablenken lassen durch Ihre methodischen Erwägungen. Wir lassen uns nicht abbringen von unseren Anträgen, das Tempolimit im Innenausschuß zur Sprache zu bringen und in diesem Parlament möglichst bald eine Entscheidung herbeizuführen.
Wenn Sie sich den Luxus leisten wollen, darüber zu streiten, ob 120 000 t verminderter Schadstoffausstoß für Sie ein Anlaß zum Handeln ist, dann kann ich nur bedauern und sagen: Sie haben die Zeichen der Zeit nicht verstanden.
Nennen Sie uns entweder Ihren Schwellenwert, oder handeln Sie! Was muß eigentlich noch passieren, damit Sie etwas tun?
Nach all den Erfahrungen gehört nicht viel Phantasie dazu, zu wissen, was mit unseren Anträgen geschieht. Sie werden verschleppt. Wenn Sie diese Verschleppungstaktik nicht mehr ertragen können, werden wir hier abgeschmiert, egal was aus dem Wald wird.
— Herr Broll, wir reden noch darüber, wer der bessere Schmierer ist.
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Dann will ich schließen mit dem Wort: Ändern Sie sich!
Meine Damen und Herren, es ist j a verständlich, daß in einer solch außergewöhnlichen Situation ein bißchen mehr Erregung da ist als sonst. Nun haben wir uns alle genügend erregt und kommen zur normalen Debatte zurück.
Das Wort hat der Abgeordneter Schmidbauer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Opposition heute die Bundesregierung für Waldschäden verantwortlich machen will, dann gehört dazu sehr viel Phantasie.
Der Kollege Schäfer und der Kollege Kiehm wissensehr wohl, wovon sie reden. Ich darf einmal zitieren,Herr Kollege Schäfer, aus einer Großen Anfrage
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6643
Schmidbauerder CDU/CSU, die Sie am 7. September 1982 beantwortet haben.
— Hören Sie doch zu, wenn es Ihnen um den Wald geht, und reden Sie nicht immer so intelligent dazwischen.
Die Frage der CDU/CSU lautete:Binnen welcher Zeit erwartet die Bundesregierung welche Minderung der Schäden durch sauren Regen, insbesondere an Nadelhölzern, bei der Durchführung der von ihr erwogenen Maßnahmen?Die Antwort der SPD-Regierung am 7. September 1982:Die Bundesregierung erwartet, daß die von ihr ergriffenen und vorgesehenen Maßnahmen zur Minderung der Schäden führen werden.
Zeitpunkt und Umfang der Schadensminderung ist nicht abzusehen.Das war 1982.Es wird besser: Am 25. Mai 1981 beantworten Sie eine Anfrage der CDU/CSU. Die Frage lautet:Plant die Bundesregierung, die immer wieder lebhaft beklagten Umweltbelastungen durch Schadstoffe in Autoabgasen in dieser Wahlperiode konkret zu verringern?Ihre Antwort damals:In der Regierungserklärung vom 24. November 1980 hat die Bundesregierung deutlich gemacht, daß es zu ihren Zielen einer wirksamen Umweltpolitik gehört, die Grenzwerte für die Schadstoffe aus Kraftfahrzeugen herabzusetzen. Die notwendigen Vorarbeiten sind im Rahmen der ECE und EG eingeleitet.Fehlanzeige, meine Damen und Herren von der SPD.
Sie nehmen die Backen zu voll und haben nicht das Recht, darauf hinzuweisen, was hier nicht erreicht wurde.
Hätten Sie es getan, würden wir heute gerne auf Ihren Leistungen aufbauen.
Noch nie hat eine Bundesregierung so entschlossen gehandelt wie die jetzige
und Umweltschutz betrieben und in kurzer Zeit erfolgreich Maßnahmen auf den Weg gebracht.
— Ich will Ihnen das sagen. Erste Maßnahme: Großfeuerungsanlagen -Verordnung.
— Borken in Hessen. — Ergebnis: Bis 1988 eine Reduzierung der Schwefeldioxidemissionen um 1 Million t. Das ist das erste Ergebnis.Zweite Maßnahme: Verringerung des Schwefelgehalts im Heizöl. Ergebnis: Reduzierung des Schwefeldioxids um 140 000 t pro Jahr.Dritte Maßnahme: Immissions- und Emissionsgrenzwerte wurden und werden neu festgesetzt.
Ergebnis: Reduzierung der Schadstoffe. — Sie müssen nur einmal die Technische Anleitung Luft lesen.
Vierte Maßnahme: Einführung bleifreien Benzins.
Ergebnis: Bereits heute können Sie bleifreies Benzin tanken. Das flächendeckende Netz wird immer dichter.
— Bei mir zu Hause um die Ecke.
Fünfte Maßnahme: Einführung des schadstoffarmen Kraftfahrzeuges ab 1. Juli 1985.
— Sie haben es doch 13 Jahre lang nicht geschafft. Verlangen Sie doch nicht, daß wir es morgen schon schaffen!
Sechste Maßnahme: Koordination der Ursachen- und Wirkungsforschung im Hinblick auf das Waldsterben.
— Ich kann Ihnen noch etwas zitieren; dann werden Sie sehen, was Sie gemacht haben: null. Sie haben ja überhaupt nicht erkannt, um was es dabei geht.
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6644 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
SchmidbauerSiebte Maßnahme: Schadstoffminderung im internationalen Bereich. Ergebnis: Der Umweltminister hat in München ein Ergebnis erzielt, von dem Sie nicht zu träumen gewagt haben.
Länder um uns herum sind bereit, Maßnahmen zu ergreifen, die dazu führen, daß der Ausstoß von SO2 um 30 % gemindert wird. Wo waren eigentlich Ihre Initiativen im internationalen Bereich? Was haben Sie getan, um im Bereich der EG zu erreichen, daß wir hier zu Ergebnissen kommen? Sie haben nichts getan!
Einzelmaßnahmen — das habe ich Ihnen schon einmal gesagt — auf Grund von Emotionen sind untauglich. Das ist nicht nur blinder Aktionismus, sondern hier handelt es sich um eine gezielte Strategie der Verunsicherung und Angstmacherei nach dem Motto — —
— Gnädige Frau, Ihre ABC-Strategie ist j a durchschaubar: A wie gegen Atomstrom; B wie gegen Buschhaus; C wie gegen chemische Industrie;
D wie gegen Dioxin; E wie gegen Endrin. Zur Zeit sind Sie bei F wie Formaldehyd.
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Vergessen Sie nicht: Der letzte Buchstabe ist Z, und das ist der Zusammenbruch Ihrer Strategie.
Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Abgeordnete Kißlinger.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der letzten Woche war eine Delegation von Kollegen aus dem Bundeshaus bei mir im Bayerischen Wald. Ich bedaure, daß keine Leute von Ihnen dabei waren, weil Sie alles so schön nach rückwärts kehren. Die Förster dort haben glaubhaft versichert, daß sie sich selbst erst 1982 ernsthaft Sorgen um ihren Wald gemacht haben.
Und in der Zeit war ja von unserer Seite aus weiß Gott nicht mehr so viel zu machen.
Was wir dort von Förstern, Bauern und den Menschen, die diesen Wald und ihre Heimat lieben, hörten, entsprach dem, was auf einer Veranstaltung — ausgerichtet vom Deutschen Forstverein — von 1 500 Waldbesitzern, Förstern und Wissenschaftlern in Ulm am 4. Oktober zu hören war. Als Fazit wurde das apokalyptische Bild der Verwandlung unserer Kulturlandschaft in eine armselige Steppe an die Wand gemalt. Meine Damen und Herren, diejenigen, die dieses Bild entworfen haben, das waren die Leute, die Ihnen politisch sehr viel näher stehen als uns.
Die schallenden Ohrfeigen, die dort an die Umweltpolitiker Ihrer Partei ausgeteilt worden sind, haben Sie auch bis hierher hören können. Und wenn wir Sozialdemokraten dann versuchen, dafür zu kämpfen, was die Leute draußen von uns verlangen, dann sagen Sie, wir seien Panikmacher und wir machten das Geschäft mit der Angst.
Die Forstleute sagen ganz deutlich: Wir kämpfen mit der Zeit.
Das sagte Präsident Scheifele dort auch. Die Forstleute werden der sich in unseren Wäldern anbahnenden Katastrophe machtlos gegenüberstehen, wenn nicht sofort und radikal die Schadstoffe in der Luft verringert werden. Die Regierung handelt hier nicht nur grob fahrlässig; Herr Kollege, ihr Verhalten ist verantwortungslos.
Spätestens bei Buschhaus sind den Leuten draußen im Lande die Augen aufgegangen.
Wir haben nach der Abstimmung darüber alles Mögliche um die Ohren geschlagen bekommen; das ging hin bis zu dem Vorwurf, das sei eine Schmierenkomödie gewesen. Ich konnte den Leuten auch nicht sagen, ob es die Kraftwerkslobby war oder ob es eine göttliche Eingebung war, die Sie zu einer Wende um 180 Grad veranlaßt hat.
Mit Ihren Vorstellungen zum schadstoffarmen Auto und zum Tempolimit marschieren Sie in die gleiche Richtung.
Für die Menschen aus meiner Heimatregion, Herr Kollege, war der Wald lange Zeit einer der wenigen Arbeitgeber, j a, der Hauptarbeitgeber. Die Menschen dort wollen und können nicht begreifen, daß die Politiker nicht wissen, daß man mit dem Wald und der ganzen Natur keinen Kompromiß ma-
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6645
Kißlingerchen kann. Die Natur lebt nicht weiter wie ein schlecht behandelter Tarifpartner, sie stirbt, wenn man ihr nicht gibt, was sie zum Leben braucht.
Nicht einmal in einer Gegend, meine Herren von der CSU, wo jeder Holzbaum noch CSU wählen würde, kann es Ihre Partei erreichen, die Bäume allein zu retten „aus Liebe zu Bayern".Das Waldsterben führt bei uns aber nicht nur zu einer Katastrophe ökologischer Art, sondern auch zu einer ökonomischen. Die Bauern in unserem Raum, die ohnehin schon durch die Agrarbeschlüsse dieser Regierung in Existenzangst geraten sind, werden mit dem Wald die letzte Sparbüchse, verlieren, die sie haben.
Die vielen Menschen, die mittelbar und unmittelbar --
— Die kriegen die Großen, aber nicht unsere Kleinen. Die schreiben Ihnen darüber viele Briefe.
Die Menschen, die dort mittelbar oder unmittelbar vom Wald leben, sind ohne Arbeitsalternativen, wenn die Wälder ihre bisherige Funktion nicht weiter behalten. Der Fremdenverkehr wird mit dem Sterben der Wälder zur Bedeutungslosigkeit verurteilt, und das spielt im Bayerischen Wald und in vielen Waldgebieten Deutschlands eine erhebliche Rolle.
Aus Liebe zu meiner Heimat und aus Sorge um die Menschen dort fordere ich diese Regierung auf, sofort die notwendigen Maßnahmen zur Rettung der Wälder einzuleiten.
Gehen Sie doch nicht immer vor jeder Lobby in die Knie!
Vertreten Sie endlich die Interessen derer, die durch das Waldsterben bedroht sind!
Sie werden sonst einen Sturm in diesem Landeerleben, gegen den die Friedensdemonstrationenein müder Hauch waren. Das versichere ich Ihnen.
Sie sind angetreten, meine Damen und Herren, mit dem hohen Anspruch, für die Zukunftssicherung der Menschen in unserem Lande zu sorgen,
aber Sie sichern nicht, Sie verunsichern alle, und das schadet uns und der Demokratie.
Das Wort hat der Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war mit der deutschen Olympiamannschaft, mit der ich einmal im Jahr zusammentreffe — sie war fast geschlossen da — auf einem Rheindampfer, um die Gelegenheit wahrzunehmen und das erstemal nach der Olympiade mit Dutzenden von Sportlern über die Sportpolitik der Bundesregierung ein Gespräch zu führen. Ich halte es für unfair, daß eine Zufallsmehrheit den Bundesminister des Innern als den Sportminister der Bundesrepublik Deutschland daran hindert, seine Gespräche dort erst wirklich zu beginnen.
— Ich habe von den GRÜNEN nichts anderes erwartet, aber daß die SPD hier mitmacht, darüber kann ich nur den Kopf schütteln.
Im übrigen, was Sie dieser Sache für eine Bedeutung zumessen — Sie Schreihals in der zweiten Reihe an erster Stelle —, das sieht man an der Anwesenheit der SPD-Fraktion im Plenum. Da kann man auch nur den Kopf schütteln.
Der Vorsitzende eines der bedeutendsten Ausschüsse des Deutschen Bundestages hat mir gestern gesagt, daß er 98 Vorlagen in seinem Ausschuß hat und ständig Klage geführt wird, daß Ausschußberatungen nicht stattfinden können — das ist das Ergebnis —, weil man hier Possenspiele veranstaltet.
Meine Damen und Herren, die Waldschäden sind in Jahren und Jahrzehnten entstanden. Niemand kann über Nacht die heile Welt schaffen. Das ist ein mühsamer und langwieriger Prozeß. Aber jeder objektive Beobachter wird der Bundesregierung zugestehen, daß sie diese Probleme erkannt hat, dagegen entschlossen vorgeht und in Europa im Umweltschutz weit an der Spitze steht.
Daß der Bundesinnenminister in den letzten 18 Monaten nicht nur die Zielscheibe von Angriffen aus der deutschen chemischen Industrie, der Kraftwerksindustrie, der Automobilindustrie, sondern
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6646 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Bundesminister Dr. Zimmermannauch von allen europäischen Nachbarn gewesen ist, sollte eigentlich zeigen, wo die Bundesregierung im Umweltschutz steht, nämlich ganz vorne. Ganz vorne!
Das erste war die Großfeuerungsanlagen-Verordnung. Sie greift. Von 200 Kraftwerken werden 75% umgerüstet, 25% stillgelegt. In wenigen Jahren wird eine Halbierung des Schadstoffanteils auf Grund der Großfeuerungsanlagen-Verordnung erreicht sein. Besonders beispielgebend gehen Länder wie Bayern und Baden-Württemberg voran. Ich fordere alle Länder auf, sich diesen Beispielen anzuschließen.
Auch beim NOX leistet die GroßfeuerungsanlagenVerordnung ihren Beitrag. Eine drastische Verringerung der NOX-Emissionen wird zu einer Drittelung des Ausstoßes von bisher 1 Million t auf 300 000 t führen.Der zweite Schritt: Emissionsvorschrift TA Luft. Alle Anlagen werden erfaßt, auch unter 50 MW thermisch. Die NOX-Emissionswerte werden halbiert, die Schwermetallwerte auf ein Hundertstel herabgesetzt. Der Entwurf ist fertig. Es wird zur Zeit mit den beteiligten Kreisen intensivst erörtert. Ich wage anzunehmen, daß die Neufassung im Frühjahr 1985 in Kraft treten kann.Drittens. SO2-Emissionen aus privaten Haushalten. Halbierung des Schwefelgehalts im leichten Heizöl von 0,3 Gewichtsprozenten auf 0,15 ist beschlossen. Das Verfahren zur Änderung der entsprechenden EG-Richtlinie ist eingeleitet.Viertens. Von der Münchener Konferenz war die Rede. Es waren immerhin alle vier skandinavischen Staaten, im Osten die DDR, die Sowjetunion und Bulgarien, im Süden Österreich, Schweiz und Italien, im Westen die Benelux-Staaten und Frankreich, die sich das erste Mal auf einer solchen Umweltkonferenz unter deutschem Vorsitz zu den erreichten Reduzierungen bekannt haben. Ein großer Schritt! Nichts Vergleichbares gab es vorher.Fünftens. Kraftfahrzeug. Unsere Beschlüsse sind bekannt. Herr Abgeordneter Kiehm, sollen wir vielleicht eine Verordnung erlassen, ohne den beteiligten Bundesrat vorher gehört zu haben? Die Länder urteilen in dieser Woche. Wir haben den Fahrplan mit ihnen verabredet, damit es noch schneller geht, als wenn wir die formalen Termine zwischen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat einhalten müßten. Deswegen gehen wir Anfang November ins Kabinett. Schneller ist es wirklich unmöglich. In der nächsten Woche bin ich in Paris, in London und in Rom, um meinen zuständigen Kollegen klarzumachen, mit welchem Ernst die Bundesregierung
ihre eigenen Vorgaben, die Sie kennen, einzuhalten gedenkt.
Wir glauben, daß die Chancen durch die Termine, die wir gesetzt haben, für eine gemeinsame Aktion der europäischen Staaten wesentlich gestiegen sind.Ein Wort zum Tempolimit. Viele Berechnungen, viel Statistik, viele Hochrechnungen, unterschiedliche Ergebnisse. Verantwortliches Handeln auf diesem Gebiet, wo 30 Millionen Fahrzeuge und 50 Millionen Menschen betroffen sind.
Ein solches Vorgehen stimmt man auf Grund eindeutiger Daten ab . Hier ist jeder umweltpolititsche Aktionismus von Schaden.
Deswegen können nur mit einem Großtest gesicherte Entscheidungsgrundlagen gewonnen werden.
Die gesicherten Erkenntnisse müssen dann dazu führen, daß mit kühlem Kopf die notwendigen politischen Entscheidungen getroffen werden. Das wird Mitte 1985 möglich sein. Und es wird zu einem zweifelsfreien Ergebnis führen.Eines bleibt festzuhalten. Nur alle Luftreinhaltemaßnahmen und alle forstlichen Maßnahmen zusammen können eine Änderung der gegenwärtigen Situation bewirken. Mit Panikmache und Hysterie wird kein einziger Baum gerettet.
Das geht nicht von heute auf morgen. Ich habe gestern vor der Bundespressekonferenz meine Zuversicht ausgedrückt, daß der deutsche Wald gerettet werden wird,
daß zur Panik kein Anlaß ist. Bei Ihrer Hektik, bei Ihrem Aktionismus wäre das Gegenteil dessen der Fall, was notwendig ist.
Und was fahre- und jahrzehntelang versäumt worden ist,
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6647
Bundesminister Dr. Zimmermannkann niemand kurzfristig beseitigen. Und Sie wissen es auch. Sie wollen j a nur verunsichern. Sie wollen Panik machen zum Schaden des Ganzen.
Das Wort hat der Abgeordnete Drabiniok.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Zimmermann! Also das, was Sie jetzt gerade hier vollführt haben, ist natürlich schon der absolute Hammer.
Sie reden davon, daß wir hier Panik machen, daß wir hier blinden Aktionismus vollführen.
Und Ihnen sind die Goldmedaillengewinner der Bundesrepublik wichtiger als der deutsche Wald.
Ich möchte feststellen, Herr Minister, daß, wo immer Sie gehen und stehen, das Waldsterben Sie überall einholt, und sei es durch den Ruf des Parlaments. Wer angesichts des Waldschadensberichts davon spricht, die GRÜNEN wollten keine Verantwortung übernehmen und verharrten in einer Verweigerungshaltung, der muß schon blind, taub oder Mitglied der Bundesregierung sein.
Wir haben mit unseren Forderungen die Verantwortung für den Wald übernommen, während sich die Bundesregierung auf eine radikalkapitalistische Fundamentalopposition zurückzieht und mit ihrer konsequenten Verweigerungshaltung gegen Waldschutzmaßnahmen die letzte Tachonadel in den Sarg des Waldes einschlägt.
Die Tachonadel wird bei ihr zum Freiheitsbegriff. Herr Minister, wir wollen die Freiheit haben, zu entscheiden, ob wir durch einen Wald spazierengehen oder inmitten abgestorbener Bäume. Wir wollen die Freiheit haben, zu entscheiden, ob wir Kinder wollen. Wenn wir sie wollen, fordern wir, das Recht, daß sie gesund aufwachsen und alt werden können, nicht aber von Pseudo-Krupp hingerafft werden.
Was nützt uns das Wirtschaftswachstum, wenn dabei das gesunde Wachstum von Mensch und Natur zerstört wird?
Mit unserem Einsatz versuchen wir, die 400 000 Arbeitsplätze in der Forstwirtschaft und der holzverarbeitenden Industrie, die durch Ihre Unfähigkeit in Sachen Waldsterben bedroht sind, zu retten. Mit unserem Einsatz für die Strecken der Deutschen Bundesbahn und deren Ausbesserungswerke versuchen wir, dort 80 000 Arbeitsplätze zu sichern, die Sie bis 1990 vernichten wollen.
Nicht das Tempolimit beseitigt Arbeitsplätze, sondern Sie mit Ihren Finanzhilfen für Rationalisierungsmaßnahmen zum Erhalt der Konkurrenzfähigkeit. Dieses Konkurrenztrauma beseitigt neben den Arbeitsplätzen nun auch noch den Wald. Darüber hinaus sorgen Sie dafür, daß die Kabarettisten brotlos werden, weil Sie besser sind.
Von der Regierungskoalition gab es bisher in Sachen Umweltschutz viel Gebälk, aber wenig Wolle. Das beste Beispiel haben wir gerade erlebt. Lösen Sie sich von Ihrer heißen Liebe zur heiligen Blechkuh, und brechen Sie den Großversuch Waldsterben ab, Herr Zimmermann.
Verordnen Sie dem sterbenskranken Patienten Wald die Medizin, die ihn retten könnte: Tempolimit sofort. Die Fakten liegen auf dem Tisch. Wenn Sie nicht lesen können oder lieber die VDA-Papiere als fundierte Grundlage anerkennen, muß ich wieder den Vorwurf der Automobilfreundlichkeit erheben.
Einführung bleifreien Benzins flächendeckend und des Katalysators ab 1. Januar 1986.
— Es gibt noch keine Tankstellen mit bleifreiem Benzin, Herr Pfeffermann. — Verminderung der Lkw-Abgase auf US-Grenzwerte ab dem 1. Januar 1986 — das ist möglich, Herr Zimmermann, auch wenn Sie sich davor drücken —, Verschärfung des Bundesimmissionsschutzgesetzes mit verbindlicher Einführung von Luftreinhalteplänen und Smogverordnungen bundesweit. Die Verordnungen, die Sie veranlaßt haben, können Sie in den Papierkorb werfen, wenn man sie mit den amerikanischen und japanischen Grenzwerten vergleicht, Herr Minister. Das vergessen Sie immer wieder zu erwähnen.
Ich fordere Sie nochmals nachdrücklich auf, Ihre radikalkapitalistische Fundamentalopposition in Sachen Umweltschutzpolitik aufzugeben.
Danke.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sauter .
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bun-
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6648 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984
Sauter
desminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat gestern besorgniserregende Zahlen über das Waldsterben bekanntgegeben. Bevor ich darauf kurz eingehe, möchte ich — ich meine, das gebietet einfach die Fairneß — dem Bundesinnenminister Dr. Zimmermann ein Wort des Dankes und der Anerkennung sagen, weil er das Menschenmögliche getan hat, um die Umweltprobleme in den Griff zu bekommen.
Bevor diese Zahlen bekanntgegeben worden sind, hat es eine Protestveranstaltung der Waldbauern im Schwarzwald gegeben; übrigens eine sehr disziplinierte Veranstaltung.
— So ist es. — Dort wurden die Sorgen der Waldbauern — auch über diese sollten wir reden — genauso wie die Probleme des Umweltschutzes artikuliert. Hier geht es letzten Endes um die Existenz Zigtausender bäuerlicher Familienbetriebe. Ich möchte mich auch ernsthaft mit den Diskussionsbeiträgen auseinandersetzen, die dort gebracht worden sind, weil sie sehr viel sachlicher gewesen sind als das, was wir hier von der Opposition gehört haben.Aber ich möchte gleichzeitig hinzufügen, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland 500 000 Privatwaldbesitzer haben, daß 45% der Wälder in Privathand sind und daß es sich hier überwiegend um klein- und mittelbäuerliche Betriebe handelt und darüber hinaus die 24 % Körperschaftswald vielfach auch eine Sparkasse für die kleinen und mittleren Gemeinden und Städte in unserem Land sind.
Trotz dieser Hinweise möchte ich doch noch ein Wort an die Adresse des Kollegen Ehmke sagen. Ausrufung des Waldnotstands, Herr Ehmke, rettet keinen einzigen Baum.
Am schnellsten hilft dem kranken Wald ein geschlossenes und wirksames Konzept. Auch der Parteienstreit, den wir noch lange weiterführen können, hilft dem kranken Wald nicht weiter.
Das, was dort bei den Waldbauern im Gutachtal gesagt worden ist, war — ich will das selbstkritisch einmal nachfragen —: Sind die Maßnahmen, die eingeleitet worden sind, hinreichend? Sind alle Möglichkeiten genutzt worden? Dauern die Maßnahmen nicht zu lange?Die Frage ist: Was kann kurz- und mittelfristig geschehen? Ich sage dazu für meine Fraktion: Hier darf es keine Tabus geben.
Ich möchte aber hinzufügen: Es gibt kein Land in Europa, das in den letzten zwei Jahren so viel für den Umweltschutz getan hat wie die Bundesrepublik Deutschland.
Die eingeleiteten Maßnahmen greifen schneller, als viele Pessimisten befürchtet haben.Allerdings haben Alleingänge — wir versuchen einen solchen Alleingang ja beim abgasentgifteten Auto — schon ihre Probleme. Wenn sie mit unseren europäischen Nachbarn nicht abgestimmt sind, dann sind das alles halbe Sachen. Bei dem schlimmsten Schadensbild, das es in der Bundesrepublik Deutschland gibt, nämlich bei dem Schadensbild im Schwarzwald, stellen wir fest, daß an den Westhängen die Schäden am schlimmsten sind.
Wenn wir die Schäden wirksam bekämpfen wollen, müssen wir also versuchen, unsere europäischen Partner für die Maßnahmen zu gewinnen. Dazu hat, meine ich, der Bundesinnenminister in den letzten Monaten und Jahren einiges beigetragen; ich füge hinzu: auch der Bundeskanzler. Er war es, der zum erstenmal auf dem europäischen Gipfel das Problem des Waldschadens überhaupt angesprochen hat.
Früher wurde auf diesem Gipfel überhaupt nicht darüber geredet.Danken möchte ich auch an die Adresse unserer Kollegen im Europäischen Parlament, die dieses Thema ebenfalls angesprochen haben. Wir brauchen nicht nur eine europäische Initiative auf der Ebene der Regierungen, sondern auch eine Initiative auf der Ebene der Bürger. Wir müssen das Umweltbewußtsein in den anderen Ländern stärken. Sonst bleibt alles Stückwerk, was wir hier in der Bundesrepublik Deutschland leisten.Lassen Sie mich zum Schluß eines hinzufügen. Ich danke auch dem Bundesminister Kiechle, daß er in der jetzigen Situation trotz der, wie ich zugebe, begrenzten Mittel versucht, den Waldbauern zu helfen. Wir müssen auch in der jetzigen, äußerst prekären Situation — —
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
— Ich bin gleich fertig — versuchen, erste Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Fatalismus hilft uns in dieser Situation überhaupt nicht weiter.
Ich bedanke mich.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Müntefering.
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Oktober 1984 6649
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Verfassungsminister, in Art. 43 des Grundgesetzes steht:
Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit jedes Mitglieds der Bundesregierung verlangen.
Dies ist kein Possenspiel, das hier veranstaltet wird, sondern es ist das legitime Recht der Abgeordneten dieses Hauses, Sie hierher zu bitten.
Ich stelle klar: Wir haben nichts gegen Gespräche mit Sportlern.
Aber wenn das so wichtig ist, dann kann man das in sitzungsfreien Wochen machen. Das müssen wir als Abgeordnete auch tun; wir sprechen auch mit Sportlern.
Jetzt zum Thema: Das Waldsterben geht weiter. Es gibt Mittel gegen das Waldsterben, aber es wird nicht das getan, was getan werden könnte.
Herr Abgeordneter, ich muß Sie einen Moment unterbrechen. Ich muß den Abgeordneten Pfeffermann für seinen Ruf „saudummes Geschwätz" rügen.
Das Waldsterben geht weiter, es gibt Mittel gegen das Waldsterben, aber es wird nicht getan, was getan werden könnte. Das ist die Situation im Oktober 1984. Wir werden aber, Kolleginnen und Kollegen, das Waldsterben nur dann erfolgreich bekämpfen können, wenn alle Fraktionen dieses Hauses gemeinsam daran arbeiten.
1983 schien es fast so, daß wir in dieser Frage zu einem gemeinsamen Handeln kommen könnten. 1983 haben wir alle kapiert, daß sich da etwas Dramatisches entwickelt und sehr schnell etwas geschehen muß. Deshalb haben die Sozialdemokraten im April 1983 ihr Notprogramm gegen das Waldsterben vorgelegt. Im April 1983 legte die Fraktion DIE GRÜNEN das Programm gegen Luftbelastung und Waldsterben vor. Im September 1983 legten CDU/ CSU und FDP einen Entschließungsantrag „Unsere Verantwortung gegenüber der Umwelt" vor.
Die Koalitionsfraktionen forderten im September1983 die Bundesregierung auf, unverzüglich dafürzu sorgen, daß auch kleine Anlagen umweltfreundlich saniert werden,
unverzüglich dafür zu sorgen, daß Großfeuerungsanlagen schneller und weitgehender saniert werden, als es nach der Großfeuerungsanlagen-Verordnung der Fall ist. Sie forderten die Bundesregierung auf, unverzüglich Maßnahmen zur Verringerung der Stickoxydemissionen zu ergreifen,
z. B. durch Katalysatoren in unseren Autos, und insbesondere dafür zu sorgen, daß bleifreies Benzin Ende 1985 hinreichend zur Verfügung steht.
Das wurde alles gesagt.Das Ergebnis wurde dann in einer Debatte im Deutschen Bundestag zusammengefaßt. In der Debatte sagte der Bundesinnenminister Dr. Zimmermann: „Der Patient Wald ist krank. Wir müssen mit der Behandlung beginnen, ohne schon alle Ursachen der Krankheit genau zu kennen. Forschen kann Handeln nicht ersetzen."
Das war vor einem Jahr, Herr Minister. War das alles heiße Luft?Seitdem ist der Wald kränker geworden und die Regierung lahmer. Die forcierte Sanierung der Feuerungsanlagen ist von der CDU/CSU und der FDP nicht durchgesetzt worden, aber Buschhaus ist von CDU/CSU und FDP möglich gemacht worden.
Die Katalysatoren sind von CDU/CSU und FDP ins nächste Jahrzehnt verschoben worden, aber zu Geschwindigkeitsbeschränkungen sind CDU/CSU und FDP nicht bereit.
Das ist die Entwicklung seit 1983. Ich erinnere Sie an Ihr Wort, Herr Minister: „Forschen kann aber das Handeln nicht ersetzen."Im Oktober 1984 scheint es so, daß der Wald verloren hat. Er muß kaputtgehen, weil andere Interessen dagegenstehen. Eine kleine Hoffnung, die man hier heute haben kann, ist, daß die Gutwilligen in Ihren Reihen — in manchen Beiträgen klingt das an — aufstehen und sagen: Wir müssen schneller machen, als es bisher geplant ist. Lassen Sie uns deshalb noch in diesem Herbst gemeinsam dafür sorgen, daß in einer neuen Kraftanstrengung alles
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Münteferingunternommen wird, was zugunsten und zum Nutzen des Waldes möglich ist!
Wenn Sie das aber nicht wollen, dann stellen Sie sich hierhin und sagen klipp und klar: Wir sehen ein, wir können das nicht, der Wald muß sterben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Baum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es nützt dem Wald überhaupt nichts, wenn wir uns gegenseitig zurechnen, die eine oder andere Gruppe sei daran schuld, daß der Wald stirbt.
Das ist ein völlig verfehlter Ansatzpunkt. Wir haben in der alten Koalition, oft mit Unterstützung der Opposition, energisch Umweltschutz betrieben. Meine Partei hat vor 13 Jahren beschlossen, und wir stehen heute noch dazu: „Hemmungsloser technischer Fortschritt und wachsender Wohlstand führen zu einer Übernutzung und zu einer Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen." Dies hat einen Umdenkungsprozeß in unserem Lande eingeleitet, den wir alle spüren, demgemäß wir uns verhalten. Wir sagen selbstkritisch — das sage ich jedenfalls für mich —: Wir haben nicht alles gemacht, was notwendig war, wir haben aber sehr viel gemacht. Es geht nicht an, alles wegzudrücken, was in der Luftreinhaltung geschehen ist,
was bei Schwefeldioxyd geschehen ist, was beim Auto geschehen ist.
Wir haben auch vieles nicht gewußt, muß ich, an die Wissenschaft gerichtet, sagen, und wir wissen auch heute noch keineswegs alles. Wir wissen noch nicht einmal, ob die Mittel, die wir jetzt ansetzen, wirklich zum Erfolg führen. Wir wissen nicht einmal, ob die Null-Emission, wenn wir sie jetzt durchführen könnten, zum Erfolg führt.
Wo ist denn diese Selbstgerechtigkeit begründet, die manche in dieser Diskussion haben?
Ich wehre mich auch dagegen, die Maßnahmen so auseinanderzuziehen. Da muß ein Konzept sein.
Da muß man auch wissen, wie die eine Maßnahme auf die andere wirkt.
— Das Konzept ist doch da, meine Damen und Herren.
Sie haben es doch gehört. Woran kritteln Sie denn herum? —
Es ist ein Bündel von Maßnahmen in die Wege geleitet worden, wie es vorher nicht möglich war, weil der Wald eben nicht gestorben ist und weil leider erst der kranke Wald mobilisiert hat und nicht die Krankheit von Menschen.Aber jetzt kommt es doch in Bewegung. Noch nie haben die internationalen Verhandlungen eine solche Bewegung, nach Ost und West, gezeigt wie jetzt. Das muß man doch sehen.Was schlagen Sie denn seriöserweise zusätzlich vor? Wir wollen uns doch über das Tempolimit unterhalten.
Sie tun jetzt so, als würde die Entscheidung der Tempolimitfrage das Problem des Waldsterbens lösen. Das ist doch falsch. Das kann möglicherweise einen Beitrag leisten, und das werden wir feststellen. Aber daran hängt die ganze Sache doch nicht.
Die Bundesregierung hat eine ganze Latte von Maßnahmen mit unserer Unterstützung, mit der Unterstützung meiner Partei, in die Wege geleitet.
Wir begrüßen das, und wir sind der Meinung, daß das alles jetzt auch durchgeführt werden muß. Es ist doch gar nicht so einfach, dieses umweltfreundliche Auto in Europa einzuführen. Im Kabinett beschließt sich das leicht. Das muß jetzt aber in Europa und auf dem Markt durchgesetzt werden. Da gibt es sicherlich das eine oder andere noch zu tun. Ich frage mich zum Beispiel: Warum kann man die 30 Millionen der jetzt fahrenden Autos nicht nachrüsten? Gibt es denn nicht soviel Kreativität und Sachverstand, einmal an diesen Autos anzusetzen? Wir werden das prüfen, und wenn es geht, werden wir auch das machen.
Nehmen wir bitte auch einmal die internationale Dimension. Es gibt 200 Millionen Tonnen Schwefeldioxid im Jahr, die auf der ganzen Welt emittiert werden, davon drei Millionen in der Bundesrepublik Deutschland; viel zuviel, sage ich. Aber wir haben in den letzten Jahren reduziert, und wir werden weiter reduzieren. Ziehen wir doch nicht die ganze Verantwortung auf uns. Es ist ein weltweites Problem, an dem wir mitwirken. Wir tun inzwischen das unsere. Ich kenne kein anderes europäisches Land, das in dieser Frage ähnlich nach vorne gegangen ist wie die Bundesrepublik Deutschland. Das muß hier festgestellt werden.
Der Umdenkungsprozeß ist noch nicht zu Ende. Wir zerstören noch viel zuviel, wir verbrauchen noch viel zuviel, wir werfen noch viel zuviel weg, wir verbrauchen viel zuviel Energie — aber wir sind
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Baumauf einem Wege, der seriös ist im Rahmen unserer Wirtschaftsordnung, und das ist die beste für die Lösung dieser Probleme; die anderen Wirtschaftsordnungen haben überhaupt nicht die Ressourcen. Wir werden diesen Weg fortsetzen. Wir unterstützen die Bundesregierung.
— Natürlich tun wir das. — Wir tun das mit gutem Gewissen, und wir tun das aus ganzer Überzeugung.
Das Wort hat der Abgeordnete Fellner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, das Feixen der Kollegen der SPD paßt gar nicht so sehr zu der Dramatik, mit der Sie hier ein Problem darstellen und mit der Sie hier so tun, als hinge das Wohl des Waldes von dieser Aktuellen Stunde ab. Ich sage Ihnen: Wenn es davon abhängt, dann können wir „Aktuelle Tage" veranstalten, da mache ich gerne mit; aber Sie selber zeigen ja und wissen, daß damit natürlich nichts bewegt ist. Sie sollten uns arbeiten lassen und darauf verzichten, hier solchen Klamauk zu veranstalten.
Herr Kollege Schäfer, insbesondere frage ich Sie: Der Vorsitzende Vogel war vorhin da, als es um den ersten Teil der Veranstaltung ging, der umweltpolitische Sprecher Hauff ist auch jetzt nicht da. Ich frage nur, wo bei Ihnen eigentlich der Ernst ist, diese Themen anzugehen.
Lassen Sie mich noch etwas ergänzen, weil Herr Minister Zimmermann noch einmal angesprochen worden ist. Minister Zimmermann hat lediglich gesagt: Das war unfair. Ich finde, er hat nicht nur gemeint, unfair ihm gegenüber, sondern natürlich auch unfair gegenüber den deutschen Sportlern, die sehr gerne einmal mit dem Minister gesprochen hätten.
Ich vermisse in der jetzigen Zeit genau diejenigen, die hier immer große Reden halten und etwas fordern und dort, wo sie selber vorangehen könnten, eigentlich nichts tun. Wo sind denn die — viel zuvielen — Wähler der GRÜNEN, die auf der Autobahn langsamer fahren? Wo sind denn die Wähler der GRÜNEN, die bleifrei tanken und bleifrei fahren. Wo sind sie denn eigentlich?
Wenn Sie bleifrei fahren würden, dann hätte der Handel die Tankstellen längst entsprechend umgerüstet, weil er dann auch das bleifreie Benzin verkaufen könnte. Allein Sie könnten das Ganze in Schwung bringen, aber Sie beschränken sich aufs Reden und tun nichts.Ich muß Ihnen sagen, meine Herren Kollegen, nachdem Sie in letzter Zeit hier nur noch abgedroschene Gags veranstalten: Vielleicht verzichten Sie jetzt einmal ganz aktuell — Sie sprechen ja von Notstand und da ist wohl kein Thema zu gering — darauf, den Fahrdienst zu benutzen! Aber dann bitte nicht nur solange, bis die Filmspots abgedreht sind, um dann hinterher den Fahrdienstleuten in den Hintern zu treten, damit sie aufs Gaspedal treten. Das ist doch die Realität, wie Sie hier arbeiten.
Noch etwas einfach zur Versachlichung der Diskussion. Wir stellen fest, daß die Bäume weiterhin sterben, obwohl die Luft sauberer geworden ist. Das ist doch ganz eindeutig festzustellen, und das bedeutet schließlich auch, daß die Schädigungen und die Schadursachen in einer früheren Zeit gesetzt worden sein müssen. Ich sage Ihnen: Wir können selbstverständlich und leider nicht von heute auf morgen eine heile Welt einrichten, vor allen Dingen nicht durch Ihren Aktionismus, mit dem Sie sich ja nur selber demaskieren.Ich frage Sie auch: Wo sind Sie dort, wo Sie vor Ort entweder schon etwas zu sagen haben oder zumindest so tun? Ich möchte sehen, wohin Sie in Hessen gehen und wie dort die konkreten Entscheidungen ausfallen. Ich bitte Sie, doch auch dazu einmal etwas zu sagen.Eine Frage noch. Wenn ich die Ergebnisse der Waldschadenserhebung werte, so erklären Sie mir doch bitte, wie es zustande kommt, daß in verschiedenen Schadensgebieten Bayerns, z. B. im Fichtelgebirge, im Oberpfälzer Wald, die Schadflächen um über 20 000 Hektar geringer geworden sind. Liegt das vielleicht daran, daß wir nichts tun, oder daran, daß Bayern nichts tut?
Ist es nicht so, daß wir in dieser Frage von einer Vielzahl von Einflüssen abhängig sind, wozu letztlich auch die Witterung gehört?In diesem Zusammenhang sage ich Ihnen eines: Mich haben die Förster in der Tschechoslowakei beeindruckt, die das Problem emotionslos dargestellt haben. Aber sie haben mich auch ernüchtert, weil sie das Problem als hoffnungslos dargestellt haben. Sie haben gesagt: Wir müssen einen neuen Wald pflanzen. Das müssen die machen, weil ihr Gesellschaftssystem es nicht hergibt, einzugreifen und der Wirtschaft Belastungen zuzumuten.Und noch eins: Sie von den GRÜNEN dramatisieren das Problem, über das wir hier reden, und nehmen es zum Anlaß, diese Gesellschaftsordnung auszuhebeln und das zu tun, was die GRÜNEN in ihrer Mehrheit wollen. Sie haben ja längst nichts mehr mit Umweltschutz zu tun. Sie wollen das Thema Umweltschutz zum Anlaß nehmen — darum auch der Begriff „Notstand" —, um hier eine andere Gesellschaftsordnung zu installieren. Das muß man dem Wähler einmal sagen.
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FellnerDanke schön.
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Blunck.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie hätten jetzt endlich einmal die Chance, liebe Regierungsparteien, liebe Regierungskoalition, etwas mit der Opposition zusammen zu tun.
Das Tempolimit wäre geeignet, damit anzufangen. Ganz offensichtlich wagt es aber der Oberspielleiter der Bonner Laienspielgruppe, Kohl, nicht, von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen, weil sich der Generalintendant in Bayern höchstselbst als Tempolimit-Tester versucht hat.
Mit der ihm eigenen allwissenden Sachkenntnis
ist der gelernte Historiker dann zu der Erkenntnis gelangt, daß das Gesabbel vom Tempolimit absurd sei. Eine Amateurgruppe vermag zwar dann und wann ein beachtliches Schauspiel zu bringen; aber die Situation in unseren Wäldern ist dazu viel zu ernst. Sie sollten jetzt endlich einmal Taten folgen lassen!
Das Wort hat der Abgeordnete Hornung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist mit die wichtigste Voraussetzung für unsere Zukunft. Wenn wir heute feststellen, daß der Wald auf Belastungen reagiert, deren Ursachen wir nicht endgültig und nicht im Detail kennen, dann müssen wir auch davon ausgehen, daß diese Belastungen unseren Boden, unsere landwirtschaftlichen Flächen, unsere Seen, unsere Flüsse und nicht zuletzt auch den Menschen schädigen. Dies ist eine so ernste Angelegenheit,
daß es sicherlich nicht richtig ist, wenn man hier versucht, dies ins Lächerliche zu ziehen. Ich möchte sagen: Dies ist eine der größten politischen Herausforderungen, vor die wir, die wir in der Verantwortung stehen, aber auch die Opposition, wenn sie nicht destruktiv sein will, gestellt sind.Leider müssen wir feststellen, daß erst seit 1982 echte Voraussetzungen geschaffen worden sind, diese Fragen in der Zukunft zu klären.
Es hat überhaupt keinen Sinn, hier in Hysterie auszubrechen.
Und, Herr Ehmke, Ihnen sage ich, mit Schlagworten können wir unseren Wald nicht retten. Es tut mir leid, daß gerade auch die SPD auf dieses Boot steigt. Ich sage Ihnen: Sie leben draußen nur von der Angst, nicht nur in diesem Bereich, sondern auch in allen anderen Bereichen. Sie können nämlich nichts anderes bieten.
Es ist schlimm, wenn 50 % unseres Waldes krank sind. Aber jetzt muß ich auch einmal eine Frage an die Bevölkerung draußen stellen. Wenn im Herbst 80 % unserer Bevölkerung Grippe haben, dann ist auch sie krank, aber doch noch nicht tot.
Wenn wir auch das Sterben nicht abschaffen können, so werden wir sie doch mit den eingeleiteten Maßnahmen retten können.Wenn Sie hier fragen, wer den Wald kaputt mache, möchte ich einmal die Anfrage stellen, wieviel Wald inzwischen für die Papiere, die Sie allein im Deutschen Bundestag produzieren, abgeholzt worden ist.
Gerade für die bäuerlichen Waldbesitzer kommen diese neuartigen Waldschäden einem Eingriff in das Eigentum gleich. Zuerst kommt der Schaden. Dann kommt eine erhebliche Mehrarbeit für diese bäuerlichen Familien, und zum Schluß gibt es weniger Lohn. Im besonderen haben wir das im vergangenen Jahr gemerkt, als der Buchdrucker, insbesondere der Kupferstecher 20jährige Bestände so geschädigt haben, daß sie abgeholzt werden mußten. Sehen Sie: Dort ist bereits die Natur zur Katastrophe geworden.
— Da muß ich einfach ansetzen. Mit der Plakette „No Future", die Sie so gerne tragen, ist in der Tat keine Zukunft zu gestalten, und mit der Politik, wie Sie sie vertreten, sowieso nicht.
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HornungIch frage Sie — ich bin nämlich einer derjenigen, die betroffen sind —: Wo waren denn im vergangenen Jahr die vielen Menschen, die mit Autos angereist sind und sich dann zu langen Ketten die Hände gegeben haben, als es darum ging, den Wald zu retten, uns als Bauern, als Waldbesitzern, zu helfen?
Wir stehen draußen allein. Nun wird sogar von der Frau Dr. Vollmer verlangt, nicht einmal mehr die Motorsäge einzusetzen. Wir sollen nach ihren Vorstellungen keine Pflanzenschutzmittel mehr einsetzen. Ja, wie wollen Sie es denn machen? Wollen Sie es den Menschen, die draußen stehen, zumuten, diese Arbeiten allein und ohne Hilfsmittel zu tun? — Ich erwarte, daß Sie hier aktiv mitarbeiten.
Nun zu einem anderen Schnellschuß: Da heißt es, mit dem Geschwindigkeitslimit für das Auto sei alles zu klären. Ich sage Ihnen dazu einmal ein Beispiel: Wenn ich jetzt mit 80 km/h, von der Polizei kontrolliert, den Berg hinauffahre, dann ist das alles in Ordnung. Ich fahre aber auch mit 80 km/h, kontrolliert, den Berg hinunter. Und jetzt sage mir mal einer, ob da nicht ein gewaltiger Unterschied vom Energieverbrauch her, vom Schadstoffausstoß her usw. ist. Das sind kleine Dinge, die aber in der Wirklichkeit draußen zählen.
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte Sie, zum Schluß zu kommen.
Ich möchte zum Schluß sagen: Es gibt auch andere Gebiete in unserer Welt, wo der Wald stirbt, dort, wo Hunger herrscht und der Wald abgeholzt und verbrannt wird, weil die Menschen die Flächen brauchen, um sich zu ernähren. Sie sollten auch dies einmal sehen. Das ist eine weltweite Angelegenheit.
Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 18. Oktober 1984, 8 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.