Maik Beermann
(A) (C)
(B) (D)
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25211
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Beyer, Peter CDU/CSU 30 .06 .2017
Dehm, Dr . Diether DIE LINKE 30 .06 .2017
Ernstberger, Petra SPD 30 .06 .2017
Färber, Hermann CDU/CSU 30 .06 .2017
Gunkel, Wolfgang SPD 30 .06 .2017
Kunert, Katrin DIE LINKE 30 .06 .2017
Mortler, Marlene CDU/CSU 30 .06 .2017
Mosblech, Volker CDU/CSU 30 .06 .2017
Motschmann, Elisabeth CDU/CSU 30 .06 .2017
Post, Florian SPD 30 .06 .2017
Rode-Bosse, Petra SPD 30 .06 .2017
Veith, Oswin CDU/CSU 30 .06 .2017
Wawzyniak, Halina DIE LINKE 30 .06 .2017
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Klaus Brähmig und Arnold
Vaatz (beide CDU/CSU) zu der namentlichen Ab-
stimmung über den vom Bundesrat eingebrach-
ten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des
Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen
Geschlechts (Zusatztagesordnungspunkt 11)
Homosexualität ist ein Teil menschlicher Normalität
und eine natürliche Gegebenheit, die Respekt verdient .
Die sexuelle Orientierung eines Menschen bedarf keiner
Bewertung und duldet keine Diskriminierung . Die da-
raus erwachsenden Lebensformen haben ein Recht auf
Akzeptanz, soweit sie nicht Grenzen überschreiten, die
das Recht auf Schutz oder auf Selbstbestimmung anderer
tangieren . Dies alles ist, soweit der Staat gefordert ist,
mit der bis heute geltenden Rechtslage vollumfänglich
gewährleistet .
Indem der Deutsche Bundestag nun jedoch die „Ehe
für alle“ einführt, stellt er nun auch begrifflich auf eine
Ebene, was – bis auf Gleichheit im Adoptionsrecht –
auch bisher schon rechtlich faktisch gleichgestellt ist .
Damit stellt er auch Beziehungen zwischen Sexualpart-
nern, die von vornherein darauf angelegt sind, sich der
Weitergaben des Lebens für die nächste Generation zu
entziehen, auch begrifflich auf eine Ebene mit Beziehun-
gen, die genau dies leisten können und wollen . Wenn es
sich bei Letzterem um einen grundsätzlich verzichtbaren
Beitrag für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft han-
delte, wäre dies akzeptabel .
Wir hielten es bis jetzt für selbstverständlich, dass
gleichgeschlechtliche Paare, deren soziale Einbettung
in den Generationenvertrag und deren Unterstützung
oder Pflege bei irgendwann eintretender Hilfsbedürftig-
keit – zum Beispiel im Alter – ausschließlich deshalb ge-
währleistet werden kann, weil sich genügend Menschen
gerade nicht für die von ihnen praktizierten Lebensent-
würfe – und damit nicht gegen, sondern für die Zeugung
und Erziehung neuen Lebens – entschieden haben, dieser
Lebensleistung wenigstens die Anerkennung des solitä-
ren Begriffes „Ehe“ gönnen .
Die heutige Entscheidung verschafft gleichgeschlecht-
lichen Partnerschaften keinen zusätzlichen Respekt .
Sie entwertet die Beziehung zwischen Mann und Frau .
Nachdem andere Beziehungen als die zwischen Mann
und Frau auch „Ehe“ heißen dürfen, kann dem Ehebe-
griff nicht mehr zwingend die Fähigkeit zugeordnet wer-
den, Keimzelle neuen Lebens zu sein . Darauf angelegten
Beziehungen wird vielmehr jeder Alleinstellungsbegriff
entzogen . Das Bestreben, Leben zu zeugen und weiter-
zugeben, wird seiner besonderen Würde beraubt, seine
einzigartige Funktion wird negiert . Wir erleben die par-
lamentarische Abbildung des diskriminierenden und
herabwürdigenden Tons, in dem in der Bundesrepublik
Deutschland seit Jahrzehnten die traditionelle Beziehung
zwischen Mann und Frau medial und politisch behan-
delt wird und der sich in Begriffen wie „Herdprämie“,
„Heimchen am Herd“ „die drei ‚K‘ für die Frau“ wider-
spiegelt . Solche Worte sind Anschläge auf Lebensleis-
tungen, mit denen Generationen von Frauen, denen wir
die Existenz unseres Lebens verdanken, posthum als hilf-
lose Opfer einer patriarchalischen Ordnung bevormundet
werden, von denen ausgeschlossen werden könne, dass
sie mit ihrer Lebenslage zufrieden gewesen sein könnten .
Wir schämen uns fremd für den Umgang dieser Gesell-
schaft mit den Lebensauffassungen unserer Vorfahren,
die sich nicht mehr verteidigen können und zu deren Mit-
menschen auch die Mütter und Väter des Grundgesetzes
zählten .
Mit der heutigen Entscheidung wird nicht die Ehe für
alle eingeführt, sondern die Ehe für Mann und Frau ab-
geschafft . Wir lehnen diese Maßnahme ab, weil wir nie-
mals Nein sagen werden zu der Kraft zum Ja für Kinder,
die unsere Vorfahren hatten und denen wir unser Leben
verdanken .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725212
(A) (C)
(B) (D)
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Christian Hirte und Matern von
Marschall (beide CDU/CSU) zu der namentlichen
Abstimmung über den vom Bundesrat eingebrach-
ten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des
Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen
Geschlechts (Zusatztagesordnungspunkt 11)
Den Gesetzentwurf zur Änderung des §1353 BGB
lehne ich ab .
Eines der Grundprobleme dieser Debatte ist, dass nun
innerhalb von Stunden und wenigen Tagen verzweifelte
Wahlkämpfer einiger Parteien versuchen, politisch Land
zu gewinnen. Ich zumindest zweifle daran, dass es den
Initiatoren dieses jetzigen Gesetzgebungsverfahrens
ernsthaft darum geht, einen Rechtsstatus zu verändern .
Es geht darum, mit möglichst großem Pomp diejenigen
vorzuführen, die eine andere Haltung zu einem Thema
haben . Das allein halte ich innerhalb einer Koalition für
scheinheilig. Ich finde aber vor allem, dass dieses Proze-
dere dem eigentlichen Anliegen nicht gerecht wird, das
Ernsthaftigkeit und Sachlichkeit verdient hat .
Eingetragene Partnerschaften sind in nahezu allen
Bereichen der Ehe rechtlich gleichgestellt . Unterschiede
bestehen derzeit noch beim Personenstands- und beim
Adop tionsrecht . Aber selbst dies ist bei näherer Betrach-
tung eine Scheindebatte: Wer Schwierigkeiten hat, seine
Partnerschaft Partnerschaft zu nennen, wird auch Schwie-
rigkeiten haben, offen zu seinem gleichgeschlechtlichen
Partner zu stehen . Auch die bereits bestehende Sukzes-
sivadoption bietet bereits umfangreiche Möglichkeiten .
Dennoch: Eine völlige Gleichstellung auch in dieser Fra-
ge halte ich für diskutabel .
Wenn man nun also Gleichbehandlung möchte und
„Diskriminierungen“ beseitigen möchte, müsste man
sich schlicht auf diese Punkte konzentrieren . Doch genau
dies wird durch die Schrillheit des jetzigen Verfahrens
verhindert, das im Grunde ein brutaler Vertrauensbruch
durch die SPD im Rahmen des bestehenden Koalitions-
vertrages ist . Das alles hat jedoch nichts zu tun mit ei-
ner „Ehe für alle“ . Rechtliche Fragen und die kulturelle,
soziale, historische und religiöse Prägung eines Begriffs
sind zwei völlig verschiedene Dinge . Genau deshalb ist
die Ehe etwas anderes als eine Partnerschaft .
Ehe ist die ideale Voraussetzung für das Entstehen ei-
ner Familie mit Kindern und deshalb eben etwas Einzig-
artiges und damit besonders Schutzwürdiges . Die Gesell-
schaft heute ist gewiss eine andere, als sie es zu Zeiten
der Entstehung des Grundgesetzes war . Dennoch bin ich
der festen Überzeugung, dass der besondere Schutz von
Ehe und Familie, wie es 1949 formuliert wurde, auch
noch 2017 seine Gültigkeit nicht verloren hat . Ehe und
Familie haben nicht allein deshalb einen besonderen Ver-
fassungsrang erhalten, weil zwei Menschen zueinander
Ja sagen, sondern weil es die damals noch viel selbstver-
ständlichere Voraussetzung für die Erziehung von Kin-
dern war . Heute mögen Ehe und Kinder nicht mehr so
unmittelbar zusammenhängen .
Die Ehe genießt aber nach unserer Verfassung auch
unabhängig von Kindern deren Schutz . Die Ehe war und
ist eine kulturelle Institution, nach meinem Verständnis
von Wortsinn und Tradition her genau und ausschließlich
die bei uns praktizierte, religiös-kulturell-sozial definier-
te dauerhafte Verbindung von Mann und Frau . Alle ande-
ren Partnerschaftsmodelle sind damit nicht Ehe .
Und genau dieses Verständnis und diese Prägung wird
nicht einfach per Parlamentsbeschluss ausgehebelt . Das
sollten wir Parlamentarier uns auch nicht anmaßen . Mein
Eindruck ist, dass es auch denjenigen, die nun nicht laut
genug nach „Gleichstellung“ rufen, im Kern gar nicht
um diesen kulturellen Ehebegriff geht, sondern um An-
erkennung für „Familienmodelle“ . Dies ist mehr als eine
semantische Spielerei . Denn Ehe ist mehr als die Über-
nahme von Verantwortung füreinander oder ein weiterer
Schritt eines Liebesbeweises . Die Ehe zwischen Mann
und Frau ist – so zumindest bisher auch das Verfassungs-
gericht – das Rechtsinstitut, das im Wesentlichen die
Grundlage für das Heranwachsen von Kindern ist . Das
heißt nicht, dass Kinder nicht auch in gleichgeschlechtli-
chen Partnerschaften leben und liebevoll umsorgt werden
können . Aber jede gleichgeschlechtliche Partnerschaft
braucht für den Kinderwunsch eben einen „Dritten“ . In-
sofern kann eben auch Familie entstehen; aber es bleibt
doch etwas anderes als die Ehe .
Genau deshalb stellt sich schon die Frage, wer eigent-
lich „alle“ ist . In anderen Kulturkreisen ist die Ehe nicht
auf nur eine Frau des Mannes beschränkt . Würde unser
„Respekt vor anderen Kulturen“ irgendwann verlangen,
dass auch dies Ehe sein und in Deutschland eingeführt
werden kann? Wer dies mit Verweis auf eine eigene kul-
turelle Tradition verneint, muss doch auch die bisherige
jahrtausendealte Tradition der Ehe zwischen Mann und
Frau als einzigartig anerkennen . Anders formuliert: Fa-
milienmodelle sind gewiss vielfältiger, als sie es vor 30,
40 oder 50 Jahren waren . Aber die Ehe bleibt aus meiner
Sicht etwas Einzigartiges, das genau deshalb auch unter
dem besonderen Schutz des Staates steht . Wer dies öff-
nen will, müsste zumindest auch über Konsequenzen für
unsere Verfassungsartikel nachdenken . Diese gesamte
Komplexität kann natürlich nicht in einem Wahlkampf-
manöver von wenigen Tagen abgebildet werden .
Was mich massiv irritiert, ist die Schärfe der Angriffe
gegen diejenigen, die eine Debatte über die rechtlichen
Bewertungen nicht in einer Showveranstaltung von Rot-
Rot-Grün abhandeln wollen . Die Ernsthaftigkeit des
Suchens nach weiterer Gleichstellung wird denen abge-
sprochen, die andere Argumente vortragen . Genau das
ist eine unmittelbare Konsequenz dieses jetzigen Verfah-
rens . Auch in aufgeregten Zeiten muss Raum für Diffe-
renzierung bleiben . Und Ehe ist und bleibt etwas anderes
als eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft . Politiker,
die meinen, per Dekret eine kulturelle Prägung „abschaf-
fen“ zu können, sind für mich nicht Vertreter einer Mo-
dernitätsidee, sondern sie zeigen, dass sie nicht fähig und
willens sind, unsere gesellschaftlichen und kulturellen
Grundlagen zu verstehen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25213
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Anlage 4
Erklärungen nach § 31 GO
zu der namentlichen Abstimmung über den vom
Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für
Personen gleichen Geschlechts (Zusatztagesord-
nungspunkt 11)
Peter Altmaier (CDU/CSU): Über die Öffnung der
Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wird seit Jahren ge-
sellschaftlich debattiert, kontrovers und mit beachtlichen
Argumenten . Ich möchte, dass diese Debatte nun zu ei-
nem versöhnlichen Abschluss kommt .
Ich stimme dem Gesetzentwurf zu, weil ich überzeugt
bin, dass das so wichtige Institut der Ehe dadurch ge-
stärkt und unser gesellschaftlicher Zusammenhalt gefes-
tigt wird .
Maik Beermann (CDU/CSU): Dem Gesetzentwurf
werde ich zustimmen und möchte nachfolgend meine
Position zur Sache wie folgt erklären:
Als Abgeordnete des Deutschen Bundestages sind
wir mit einem freien Mandat ausgestattet und unserem
Gewissen verpflichtet. Die heutige Abstimmung ist aus
meiner demokratischen Sicht eben auch eine besondere
Gewissensentscheidung .
Die Verfahrensweise bei diesem emotionalen The-
ma, für die sich unser Koalitionspartner gemeinsam mit
Linken und Grünen entschieden hat, ist aus meiner Sicht
sehr unglücklich und der Sache sowie der Debatte un-
würdig . Innerhalb weniger Stunden eine Gesetzesände-
rung durchzuboxen, ist nicht das Vorgehen, welches ich
mir gewünscht hätte . Unser Koalitionspartner, mit dem
wir in den vergangenen 3,5 Jahren weitestgehend erfolg-
reich zusammengearbeitet und das Land regiert haben,
versucht nun, mit diesem Thema Wahlkampf zu betrei-
ben, aber vor allem, diese erfolgreiche Arbeit mit einem
Vertrauensbruch zu beenden . Rot-Rot-Grün hat in dieser
Debatte gezeigt, dass sie ihre verborgene Mehrheit aus-
spielen .
Dieses Vorgehen ist weder des Themas noch des Deut-
schen Bundestages würdig . Die Betroffenheit Einzelner
wurde hier zum Spielball im parteipolitischen Kalkül .
Anstatt sich die notwendige Zeit zu nehmen, um alle
Punkte der Gesetzesänderung zur Genüge zu erörtern,
sollen kurz vor der Bundestagswahl auf dem Rücken der
Gesellschaft noch schnell Fakten geschaffen werden . Ich
hätte mir hier einen breiten Dialog gewünscht . Es ist gut,
zu wissen, dass Rot-Rot-Grün in der Lage ist, Gesetze im
Eilverfahren beschließen zu wollen . Vielleicht zeigen Sie
diese Fähigkeit in Zukunft auch im Angesicht globaler
Herausforderungen, anstatt wichtige Gesetze unnötig zu
verzögern .
Für mich zeigt dieses Vorgehen unseres Koalitions-
partners aber auch, dass Rot-Rot-Grün im Bund nach der
Bundestagswahl Realität werden kann – auch entgegen
den Lippenbekenntnissen mancher Sozialdemokraten .
Dieses gilt es aus meiner Sicht zu verhindern .
Nach der heutigen Abstimmung gilt es aber auch, sich
schnell den großen Herausforderungen der Digitalisie-
rung, der Gestaltung der Rente, den Sorgen für die Si-
cherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger und der
Stärkung unserer Familien zu widmen . Zudem müssen
wir dafür sorgen, dass unsere Wirtschaft so stabil bleibt,
damit der Wohlstand in unserem Land weiter gesichert
ist .
Nun aber zu der Gewissensentscheidung über das
Recht auf Eheschließung für Personen gleichen Ge-
schlechts .
Ich bin mir der vielen Konflikte des Für und Wider
im Bereich des Rechts auf Eheschließung für Personen
gleichen Geschlechts durchaus bewusst . Die heutige
Gewissensentscheidung, in der ich ganz persönlich mit
Ja stimmen werde, birgt die Möglichkeit, eine moderne
und ebenso an unseren christlichen Werten orientierte
Politik mitzugestalten . Dass zwei Menschen in der Ehe
verbindlich füreinander einstehen, ist ein Grundwert
meiner Union . Solche Werte bieten Orientierung . Ein Le-
ben lang – in guten wie in schlechten Zeiten – finanziell
und fürsorglich füreinander einstehen: Dies sind genau
die bürgerlichen Werte von Verlässlichkeit, von Freiheit,
Verantwortung und von Zusammenhalt, wegen derer ich
einmal in die CDU eingetreten bin . Diese Werte haben
bei meiner Gewissensentscheidung ebenfalls eine Rolle
gespielt . Diese müssen wir wieder offensiver vertreten .
Zu diesen Werten gehört für mich neben dem Schutz von
Ehe und Familie auch die Gleichberechtigung von ande-
ren Formen des Zusammenlebens .
Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht das erste
Land, welches sich für die Öffnung der Ehe ausspricht .
Ein Blick in die Rechtsordnungen unserer internationa-
len Partner zeigt, dass Belgien, Niederlande, Frankreich,
Luxemburg, Finnland, Kanada, Südafrika, Spanien, Nor-
wegen, Schweden, Portugal, Island, Dänemark, Argenti-
nien, Brasilien, Uruguay, Neuseeland sowie Schottland,
England und Wales, 41 Bundesstaaten der USA und der
District of Columbia sowie die Hauptstadt Mexikos die
Zivilehe für Personen gleichen Geschlechts bereits ein-
geführt haben . Darüber hinaus werden gleichgeschlecht-
liche Ehen in Israel anerkannt .
In meinem Abwägungsprozess zu dieser heutigen
Entscheidung ist mir deutlich geworden, dass ich mich
glücklich schätzen kann, mit meiner Frau Sonja eine
Frau und Partnerin fürs Leben gefunden zu haben . Die-
se Beziehung wird inhaltlich, rechtlich und emotional
in keiner Art und Weise infrage gestellt; uns wird durch
die Anerkennung der Ehe Gleichgeschlechtlicher auch
nichts weggenommen .
Anders sieht es bei gleichgeschlechtlichen Partnern
aus, die derzeit zwar „eingetragene Lebenspartnerschaf-
ten“ eingehen dürfen, aber nicht dieselben Rechte genie-
ßen wie meine Frau und ich und damit häufig ein Ge-
fühl der Diskriminierung empfinden. Als Familienvater
möchte ich, dass meine Töchter in einem Land aufwach-
sen, in dem sie dieselben Rechte und Pflichten genießen
wie jeder und jede andere, egal ob sie irgendwann Män-
ner oder Frauen lieben .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725214
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Das Grundgesetz garantiert diese Gleichberechtigung
schon seit 1949 in Artikel 3, indem es allen Menschen die
Gleichheit vor dem Gesetz garantiert . In vielen Debatten
der vergangenen Tage wurde immer wieder auf Artikel 6
des Grundgesetzes verwiesen und den daraus resultieren-
den Schutz der Ehe . Richtig ist aus meiner Sicht in die-
sem Zusammenhang, dass das Grundgesetz die Ehe als
Beistands- und Verantwortungsgemeinschaft unabhängig
von der Familie versteht . Als Familienvater und Famili-
enpolitiker wünsche ich mir für kommende Debatten und
Entscheidungen, dass wir die Familie als Anker für Zu-
sammenhalt und bereichernde Gemeinschaft für die Zu-
kunftsfähigkeit unseres Landes wieder viel stärker in den
Fokus rücken . Familie ist für mich da, wo auch Kinder
sind . Hier können wir mit unserem Werteverständnis und
unserer politischen Verantwortung deutlich machen, wo
wir Förderschwerpunkte setzen .
Kinder haben ein Recht auf Vater und Mutter . Diesem
stimme ich uneingeschränkt zu . Ist es aber richtig oder
wissenschaftlich belegbar, dass zwei Mütter oder zwei
Väter grundsätzlich schlechtere Eltern sind als Vater
und Mutter? Ich kenne keine wissenschaftlich begleitete
Studie, die darüber eine verlässliche Aussage trifft . Dass
auch ich mich beim Adoptionsrecht für gleichgeschlecht-
liche Paare etwas schwertue, will ich nicht verhehlen .
Aufgrund der Einzelfallprüfung des Jugendamtes bin ich
mir jedoch sicher, dass das Wohl des Kindes immer an
erster Stelle steht .
Als Christdemokrat bin ich überzeugt: Dort, wo wir
eine Familie haben, dort, wo Kinder erzogen werden,
wird für die Zukunft unseres Landes gesorgt, egal welche
sexuelle Orientierung die Eltern haben . Deshalb freue ich
mich, dass wir heute diese Entscheidung treffen und nicht
Gerichte uns den Weg vorgeben .
Abschließend ist mir jedoch eines sehr wichtig: Ich
persönlich habe großen Respekt jenen Kolleginnen und
Kollegen gegenüber, die bei der heutigen Abstimmung
gegen die gleichgeschlechtliche Ehe stimmen . Das gilt
ebenso für jene, die eine andere Meinung vertreten als
ich, und diese sollten nicht gleich als „homophob“ oder
„ewig gestrig“ beschimpft werden; hier gilt es verbal ab-
zurüsten . Ebenso erwarte ich aber auch, dass man mir
den selben Respekt für meine Gewissensentscheidung
entgegenbringt .
Veronika Bellmann (CDU/CSU): Ich werde gegen
das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung
für Personen gleichen Geschlechts – der Ehe für alle
(EfA) – stimmen .
Erstens ging es im Koalitionsvertrag lediglich um
„die Beseitigung rechtlicher Regelungen, die gleichge-
schlechtliche Lebenspartnerschaften schlechterstellen“ .
Insofern wäre nur eine einfachgesetzliche Regelung zur
Volladoption durch Lebenspartnerschaften vom Koa-
litionsvertrag gedeckt gewesen, denn in allen anderen
Rechtsbereichen sind Lebenspartner Ehepartnern recht-
lich gleichgestellt . Insofern stellt schon das Einbringen
des Gesetzes durch die SPD mithilfe der Stimmen der
Opposition einen eindeutigen Koalitionsbruch dar, der
meines Erachtens nach ein Ende der schwarz-roten Re-
gierung und einen zum bisherigen Termin 24 . September
2017 möglicherweise vorgezogenen Wahltermin zur Fol-
ge haben müsste .
Im Übrigen beweist hier die SPD das, was sie seit den
verlorenen Landtagswahlen immer zu verschweigen ver-
suchte: Es gibt eine gewollte Zusammenarbeit mit den
Kommunisten, also Rot-Rot-Grün, nicht nur als Mehr-
heitsbeschaffer .
Zweitens kann ich nicht erkennen, wieso die Struk-
turprinzipien des Instituts der Ehe, einer auf Dauer ange-
legten Lebensgemeinschaft zwischen den verschiedenen
Geschlechtern von Mann und Frau, die im Grundgesetz
festgeschrieben, in der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts fortgeschrieben und erst
jüngst in einem Urteil des Europäischen Menschen-
rechtsgerichtshofes (EMRG, 09 .06 .2016) bestätigt wur-
den, in der Gesetzesbegründung von Rot-Rot-Grün als
„überkommene Lebensform“ bezeichnet werden . Auch
kann ich keinen „grundlegenden Wandel des traditionel-
len Eheverständnisses “ und einen „Bedeutungswandel
in der Gesamtentwicklung“ entdecken . Denn schließ-
lich werden jährlich über 400 000 Ehen zwischen Mann
und Frau geschlossen (Tendenz steigend) aber ledig-
lich 7 500 Lebenspartnerschaften zwischen Gleichge-
schlechtlichen – wobei es das Lebenspartnerschaftsge-
setz als eigenes Rechtsinstitut immerhin schon seit 2001
gibt . Mit der Lebenswirklichkeit der allermeisten hat EfA
also nichts zu tun .
Drittens ist in diesem Lebenspartnerschaftsgesetz der
Schutz einer vertrauens-, verantwortungs- und liebevol-
len Verbindung gleichgeschlechtlicher Partner vorbild-
haft geregelt . Eine Diskriminierung vor dem Gesetz gibt
es nicht mehr . Die eingetragene Lebenspartnerschaft für
Gleichgeschlechtliche ist daher ein voll- und gleichwer-
tiges Rechtsinstitut neben der Ehe für Mann und Frau .
Das entspricht auch dem Rechtsgrundsatz, Gleiches
gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln – Ehe für
Verschiedengeschlechtliche und Lebenspartnerschaft für
Gleichgeschlechtliche .
Viertens, Ehe und Familie stehen unter besonderem
Schutz des Grundgesetzes . Artikel 6 umfasst nach stän-
diger Auslegung des Bundesverfassungsgerichts die Ehe
zwischen Mann und Frau . Die Rechtsauffassung kann
nicht durch ein einfaches Gesetz außer Kraft gesetzt
werden, sondern bedarf einer Grundgesetzänderung . Die
vorgelegte Gesetzesänderung zur EfA verletzt daher das
Ehegrundrecht . Es ist mehr als unseriös, einen so weitrei-
chenden Beschluss auf einer so unsicheren Verfassungs-
grundlage in einer derartigen Eile ohne einen vorherigen
gesellschaftlichen Dialog zu treffen . Das bestätigen mir
auch die Schreiber von über 1 000 Mails, die seit Mitt-
wochnachmittag bei mir eingetroffen sind .
Das merkwürdige Zusammenspiel von möglichen
strategischen Überlegungen der Kanzlerin und kurz-
zeitigen Bodengewinnen und Triumphgeheul der SPD
werden der Bedeutung der Sache, nämlich einem we-
sentlichen Teil der Verfasstheit unseres Landes – Grund-
gesetz genannt –, nicht gerecht und werden uns allen
noch ziemlich auf die Füße fallen . Gleichmacherei und
Gerechtigkeit sind zwei verschiedene Paar Schuhe . Die
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25215
(A) (C)
(B) (D)
Menschen haben das Gefühl, dass Beliebigkeit und
grenzenlose Toleranz offenbar den letzten verbindlichen
Wert darstellten . Diese Toleranz wird mit einer solchen
Vehemenz und Inttoleranz eingefordert, dass es den Ver-
fechtern traditioneller Wertvorstellungen nur noch angst
werden kann . Auch das wird aus den vielen, vielen Zu-
schriften und meinen Gesprächen mit den Bürgern deut-
lich . Weniger die wirtschaftlichen Verhältnisse bereiten
den Menschen Zukunftsängste, sondern die gesellschaft-
liche Verfasstheit und die Auflösung von Strukturen, die
bisher Halt und Identität gaben . Die Kanzlerin muss sich
vorwerfen lassen, das Tor dazu wieder ein Stück mehr
aufgestoßen zu haben . EfA ist, wie Jürgen Habermas
sagt, „das endgültige Moment der Fundamental-Liberali-
sierung der Union“, was konservative Politiker wie mich
besonders schmerzt .
Sybille Benning (CDU/CSU): Ich bin dankbar, dass
die Entscheidung ausdrücklich als Gewissensentschei-
dung anerkannt ist, und ich möchte meinen Respekt
denjenigen zuteilwerden lassen, die anders entscheiden
als ich . Gleichzeitig bitte ich um denselben Respekt für
meine Entscheidung . Mich haben dazu viele Bürgerbrie-
fe aus Münster und aus ganz Deutschland erreicht, mit
sehr unterschiedlichen und weit auseinandergehenden
Ansichten und Argumenten . Sie alle habe ich wahrge-
nommen . Mein Abstimmungsverhalten möchte ich Ihnen
wie folgt erklären:
Für mich als Katholikin ist die christliche Ehe ein Sak-
rament, das Frau und Mann miteinander verbindet . Daran
habe ich auch nach dieser Entscheidung keinen Zweifel .
Die Frage ist jedoch, ob ich dieses katholische Ver-
ständnis von Ehe gesetzlich für alle vorschreiben kann .
Kann der Gesetzgeber von Menschen verlangen, sich al-
lein nach dem katholischen Verständnis von Ehe gesetz-
lich trauen zu lassen? Davon bin ich nicht überzeugt . Be-
reits mit dem Scheidungsrecht hat der Gesetzgeber in der
Vergangenheit anders entschieden – nämlich unabhängig
von der religiösen Maxime .
Unser Eherecht stellt die auf Dauer eingegangene
Verbindung zweier Menschen und ihre gegenseitige Ver-
antwortung füreinander in den Mittelpunkt . Auch wenn
nach herkömmlichem Verständnis dies eine Verbindung
zwischen Mann und Frau ist, lässt sich dieser Grundge-
danke dauerhafter Verantwortung füreinander auch auf
gleichgeschlechtliche Paare anwenden . Wenn Menschen
sich dazu entscheiden, eine auf Dauer angelegte Partner-
schaft einzugehen und Verantwortung füreinander zu tra-
gen, dann ist das für mich ein zutiefst konservativer Wert,
den es meiner Überzeugung nach zu fördern gilt . Diese
Werte bieten Orientierung und geben Halt . Ehen, Famili-
en und Lebenspartnerschaften sind aus meiner Sicht tra-
gende Säulen unserer Gesellschaft .
Die Rechte und Pflichten für eingetragene Lebenspart-
nerschaften wurden in den vergangenen 15 Jahren kon-
tinuierlich erweitert und an das Institut der Ehe angegli-
chen, sodass sich Ehe und Lebenspartnerschaft in der
gesetzlichen Ausgestaltung praktisch nicht mehr unter-
scheiden . Das Zustandekommen der rechtlichen Bin-
dung, der gemeinsame Name, die gegenseitigen Rechte
und Pflichten, die gemeinsame Wohnung, das Erbrecht,
der Unterhalt, Getrenntleben und Auflösung – in all die-
sen Fragen sind die rechtlichen Regelungen von Ehe und
Lebenspartnerschaft aneinander bereits angeglichen . Nur
das Recht auf eine gemeinsame Adoption durch Perso-
nen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft le-
ben, ist nicht gegeben .
Da über Adoptionen das Vormundschaftsgericht in je-
dem Einzelfall nach Maßgabe des Kindeswohls entschei-
det, habe ich keine Bedenken, auch gleichgeschlechtli-
chen Paaren die Adoption von Kindern aufgrund einer
entsprechenden Entscheidung des Vormundschaftsge-
richts zu gestatten . Auch heute schon leben Kinder und
Jugendliche mit Eltern, die eine eingetragene Lebenspart-
nerschaft eingegangen sind, als Familie zusammen .
Wenn also in der materiellen Ausgestaltung der bis-
herigen eingetragenen Lebenspartnerschaft keinerlei Un-
terschied zur zivilen (!) Ehe mehr besteht, gibt es keinen
Grund, diese Beziehung anders zu nennen – auch wenn
das für manche zunächst ungewöhnlich klingt . Der be-
sondere Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des
Grundgesetzes bleibt davon unberührt . Ehen von Mann
und Frau sind von dieser Erweiterung in keiner Weise
betroffen .
Prämisse meiner Politik war und ist das Gespräch,
die Diskussion mit unseren Mitmenschen . Gesetze ent-
stehen aus den Bedürfnissen der Gesellschaft heraus und
nehmen diese zukunftsorientiert und verantwortungsvoll
auf . In Fällen, in denen es unterschiedliche Überzeugun-
gen gibt, kann nur im Dialog Akzeptanz entstehen . Ich
bin dazu bereit, auch diesen Dialog mit den Bürgerinnen
und Bürgern in Münster fortzuführen .
Nichtsdestotrotz möchte ich auch an dieser Stelle ver-
deutlichen, dass ich der Vorgehensweise unseres Koaliti-
onspartners in dieser Thematik vehement widerspreche .
Die Behandlung dieses Themas entspricht nicht dem von
der CDU, CSU und SPD unterzeichneten Koalitionsver-
trag .
Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU): Die eingetra-
gene Partnerschaft Homosexueller ist der Ehe inzwischen
in fast allen Punkten gleichgestellt, sogar im Steuerrecht .
Deshalb sehe ich das Erfordernis für eine weitergehen-
de Gesetzgebung nicht . – Die Möglichkeit, füreinander
Verantwortung zu übernehmen, ist bereits jetzt gewähr-
leistet .
Neben der Grenze, die die Natur bei der Zeugung ge-
meinsamer leiblicher Kinder setzt, unterscheiden sich
beide Institutionen lediglich durch die Bezeichnung
„Ehe“ und das Adoptionsrecht .
Solange jedes Kind (biologisch) einen Vater und eine
Mutter hat, verdient die Ehe als Gemeinschaft von Mann
und Frau, aus der Kinder hervorgehen können, einen ei-
genen Status . Ich weiß, dass die Adoption nicht für alle,
aber für eine Gruppe der Homosexuellen als sehr wichtig
empfunden wird und habe bereits öfter die Gelegenheit
gehabt, mit Betroffenen zu diskutieren . Die mir dabei
engagiert vorgetragene Argumentation nehme ich sehr
wohl ernst, mache sie mir aber nicht zu eigen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725216
(A) (C)
(B) (D)
Ich bin der Auffassung, dass wir eine Entscheidung,
die strikt nach dem Kindeswohl ausgerichtet wird, nicht
zu einer Frage der Gleichberechtigung von Homosexu-
ellen oder gar einer Frage der Selbstverwirklichung ma-
chen sollten . Das ist keine Frage von Diskriminierung,
sondern von Differenzierung .
Ich werde den vorgelegten Antrag daher ablehnen .
Ute Bertram (CDU/CSU): Zur aktuellen Diskussion
und bevorstehenden Abstimmung zur sogenannten „Ho-
mo-Ehe“ erkläre ich:
Die Ehe ist für mich die Verbindung von Mann und
Frau und zugleich auf eine Familiengründung hin ange-
legt . Sie ist damit die Keimzelle einer jeden menschli-
chen Gemeinschaft . Dies ist für mich eine unverrückbare
Tatsache, an der auch der Zeitgeist nicht rütteln kann .
Damit schließe ich nicht aus, dass Menschen auch in
gleichgeschlechtlichen Beziehungsformen füreinander
einstehen können . Die eingetragene Lebenspartnerschaft
gewährt in rechtlicher Hinsicht, speziell auch im Steu-
errecht sowie im Unterhalts- und Erbrecht, weitgehend
die gleichen Rechte wie die Ehe . Deshalb kann ich auch
darin keine Diskriminierung erkennen .
Mich besorgen aber Aussagen aus der SPD, wo-
nach im Adoptionsrecht sichergestellt werden soll, dass
gleichgeschlechtliche Paare bei der „Vergabe“ anteilmä-
ßig berücksichtigt werden sollen . Ich warne die SPD:
Eine Adoption hat ausschließlich dem Wohl des Kindes
zu dienen . Ein „Recht auf ein Kind“ kann und darf es
nicht geben .
Deshalb bleibe ich bei meiner Meinung, eine gleich-
geschlechtliche Partnerschaft kann keine Ehe sein .
Dr. Helge Braun (CDU/CSU): Ich befürworte, dass
die Partnerschaft von zwei Menschen gleichen Ge-
schlechts der Ehe von Mann und Frau rechtlich gleich-
gestellt wird . Jede Diskriminierung aufgrund sexueller
Orientierung hat in einem modernen Rechtsstaat und ei-
ner offenen Gesellschaft keinen Platz . Es ist aber falsch,
der Ehe, die als christliches Sakrament und in unserem
Grundrecht sowie sprachlich bis heute eindeutig als Ver-
bindung zwischen Mann und Frau definiert ist, gesetzlich
eine andere Bedeutung geben zu wollen .
Weil auch ich die „eingetragene Lebenspartnerschaft“
nicht als geglücktes Konstrukt für eine verbindliche,
lebenslange und auf Liebe basierende Verbindung zwi-
schen zwei Menschen empfinde, wäre es nach meiner
Auffassung vorzugswürdig, ein Institut zu definieren,
welches die Unterschiedlichkeit und die Gleichwertig-
keit gleichgeschlechtlicher Partnerschaften gegenüber
der Ehe angemessen zum Ausdruck gebracht hätte .
Die politische Instrumentalisierung und die kurzfris-
tige Erzwingung der Entscheidung über dieses Thema
durch SPD, Grüne und Linke im Bundestag ist der gesell-
schaftlichen Bedeutung des Themas völlig unangemes-
sen . Deshalb stimme ich heute mit „Nein“, in der Hoff-
nung, damit eine erneute, angemessene parlamentarische
Befassung und eine bessere Lösung zu ermöglichen .
Gitta Connemann (CDU/CSU): Vor Jahren hätte
ich die Öffnung der Ehe noch abgelehnt . Denn ich bin
aufgewachsen mit dem Bild der Ehe zwischen Frau und
Mann . Aber heute ist für mich klar: Wenn Menschen sich
lieben und beständig füreinander Verantwortung über-
nehmen, wenn sie einander Stabilität und Halt geben,
verdienen sie Wertschätzung . Sie sollten gleiche Rechte
haben – unabhängig vom Geschlecht . Dies ist für mich
eine christliche und wertkonservative Entscheidung .
Dieses Umdenken hat in einem längeren Prozess statt-
gefunden . Ich habe deshalb auch größten Respekt vor
den Abgeordneten, Bürgerinnen und Bürgern, die zu ei-
ner anderen Entscheidung kommen . Es gibt nach wie vor
intensiven Gesprächsbedarf . Dies gilt beispielsweise für
die Frage, ob mit der Entscheidung eine Grundgesetzän-
derung verbunden ist . Dieser Bedarf wird mit der jetzt er-
zwungenen Abstimmung im Galoppverfahren überrannt .
Gleichgeschlechtlichen Paaren stand bisher das In-
stitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft zur Verfü-
gung. Dessen Rechte und Pflichten wurden in den ver-
gangenen 15 Jahren kontinuierlich erweitert und an das
Institut der Ehe angeglichen .
Auch in dieser Legislaturperiode haben wir als Ge-
setzgeber diesen Weg weiter beschritten . So wurde die
sogenannte Sukzessivadoption für Lebenspartner gesetz-
lich geregelt . Der Bundestag hat das Gesetz zur Berei-
nigung des Rechts der Lebenspartner verabschiedet, mit
dem Unterschiede in der Behandlung von Ehe und Le-
benspartnerschaft in zahlreichen Einzelgesetzen beseitigt
wurden . Ich selbst habe mich für die Anwendung des
steuerlichen Splittings bei eingetragenen Lebenspartner-
schaften eingesetzt .
Lange Zeit habe ich bei gleicher rechtlicher Behand-
lung, die ich für notwendig halte, für eine unterschiedli-
che Benennung gestritten . Dies habe ich auch deswegen
getan, weil viele Menschen in meinem Umfeld den Weg
zu einer völligen Gleichsetzung nicht nachvollziehen
können . Diesen hätte ich gerne mehr Zeit dafür gegeben .
In zahlreichen Gesprächen mit gleichgeschlechtlichen
Paaren habe ich aber auch festgestellt, welchen hohen
Stellenwert der Begriff „Ehe“ auch für diese hat .
Das Sakrament der Ehe spenden die Kirchen . Diese
können selbst entscheiden, an wen sie es vergeben . Und
das ist richtig so . Die Ehe im staatlichen Sinne ist dem-
gegenüber ein Verwaltungsakt . Ich kann heute keinen
Grund mehr sehen, diese gleichgeschlechtlichen Paaren
zu verwehren .
Dies gilt auch nicht mehr im Hinblick auf das Recht
auf Adoption, mit dem ich lange Zeit größte Schwierig-
keiten hatte . Um nicht missverstanden zu werden: Ich
glaube nicht, dass gleichgeschlechtliche Paare keine gu-
ten Eltern sein können . Die Frage, ob Eltern Problem-
eltern sind, ist keine Frage der sexuellen Orientierung .
Die persönlichen Anforderungen an potenzielle Adoptiv-
eltern und die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ad-
option sind streng geregelt . Gleichgeschlechtliche Paare
können bereits Betreuer von Pflegekindern werden und
erfüllen diese Aufgabe überzeugend . Meine Sorge gilt
vielmehr dem Kind . Unbestritten gibt es weiterhin sehr
heftige Debatten über gleichgeschlechtliche Elternpaare .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25217
(A) (C)
(B) (D)
Ich möchte nicht, dass diese emotionalen Debatten auf
dem Rücken der Kinder ausgetragen werden .
Deshalb hätte ich mir für die Abgeordneten, die Bür-
gerinnen und Bürger, denen gegenüber ich diese Position
seit geraumer Zeit vertrete, mehr Zeit für ausgiebige Ge-
spräche gewünscht . Eine offene Diskussion im Respekt
vor den unterschiedlichen Meinungen wäre aus meiner
Sicht wichtig gewesen, um einen breiten gesellschaftli-
chen Konsens herbeizuführen .
Diesem Kurs hatte auch die SPD bis vor einigen Ta-
gen zugestimmt . Denn wir hatten uns als Koalitionspart-
ner darauf verständigt, die Diskussion nicht mehr in die-
ser Legislaturperiode abzuschließen, und zwar aus dem
einfachen Grund, dass die Diskussion in der Gesellschaft
noch nicht am Ende ist . Diese Chance wird heute durch
eine Abstimmung im Hauruckverfahren vergeben .
Ich gehöre zu denen, die die Debatte für sich selber
abschließen konnten . Deshalb werde ich im Falle einer
Abstimmung für die Öffnung der Ehe stimmen .
Thomas Dörflinger (CDU/CSU): Ich werde heu-
te dem Gesetzentwurf des Bundesrates nach reiflicher
Überlegung, aber aus voller Überzeugung nicht zustim-
men . Dabei lasse ich mich von folgenden Überlegungen
leiten:
Erstens . Nach herrschender Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts ist die Ehe „eine auf Dauer ange-
legte, auf freiem Entschluss beruhende, gleichberechtigte
Lebensgemeinschaft von Mann und Frau, deren Überein-
stimmung durch staatlichen Mitwirkungsakt festgestellt
wird“ (BVerfGE 105, 313 [345]) . Der Europäische Ge-
richtshof für Menschenrechte (EGhMR) stellt in seiner
Entscheidung in der Rechtssache Chapin und Charpen-
tier gegen Frankreich (Beschwerde Nr . 40183/07) klar,
dass in der Europäischen Menschenrechtskonvention
unter dem Begriff „Ehe“ ausschließlich die Verbindung
zwischen einem Mann und einer Frau gemeint ist .
Daraus folgt für mich in verfahrensrechtlicher Hin-
sicht zwingend, dass eine Öffnung der Ehe für gleich-
geschlechtliche Partnerschaften eine Änderung des
Artikels 6 des Grundgesetzes bedingt . Eine einfachge-
setzliche Regelung durch eine Ergänzung des Bürgerli-
chen Gesetzbuchs (BGB) ist hierfür nicht ausreichend .
Zweitens . Die von den Eltern des Grundgesetzes ge-
wählte Formulierung „besonderer Schutz von Ehe und
Familie“ ist mit Bedacht erfolgt . Mit dem besonde-
ren Schutz würdigt der Verfassungsgeber nicht nur die
Verantwortungsgemeinschaft der Eheleute füreinander,
sondern insbesondere die Verantwortungs- und Schutz-
gemeinschaft der Eheleute für ihre Kinder . Es ist richtig,
dass es auch Ehen gibt, die aus verschiedensten Gründen
kinderlos bleiben . Das ändert aber nichts daran, dass die
Ehe zwischen Mann und Frau bei der ganz überwiegen-
den Mehrheit der Eheleute die Basis für die Weitergabe
des Lebens ist .
Drittens . Es ist unstreitig, dass auch in anderen Le-
bensgemeinschaften als der Ehe Werte gelebt werden .
Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen,
dass die eingetragene Lebenspartnerschaft im Sinne
des Artikels 17 b) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen
Gesetzbuch (EGBGB) der Ehe in rechtlicher Hinsicht
gleichgestellt ist . Eine Subsummierung der eingetrage-
nen Lebenspartnerschaft unter die Begrifflichkeit der
Ehe ist daher nicht erforderlich und aus dem folgenden
Grund auch nicht wünschenswert: Wenn unter „Ehe“
nicht nur die Gemeinschaft von Mann und Frau zur Wei-
tergabe des Lebens, sondern auch die Verantwortungs-
gemeinschaft von zwei gleichgeschlechtlichen Partnern
verstanden werden soll, fehlt die Begründung, weshalb
die „Ehe“ überhaupt auf zwei Personen beschränkt ist .
Es ist daher nicht nur folgerichtig, sondern auch wahr-
scheinlich, dass der Gesetzgeber spätestens dann, wenn
aus dem politischen Bereich Forderungen dahin gehend
laut werden, die bisher auf zwei Personen beschränkte
Einrichtung Ehe auf mehrere Personen ausdehnen muss .
Dies bedeutet dann faktisch das Ende der bisher gelten-
den Ehe-Begrifflichkeit.
Viertens . Die Politik begeht einen folgenschweren
Fehler, wenn sie sich auf den verschiedensten Gebieten
weiterhin von den völlig falsch verstandenen Begriffen
„Gleichheit“ und „Diskriminierung“ leiten lässt . Jede
Form der staatlichen Förderung hat zwangsläufig eine
Ungleichbehandlung zur Folge . Wer Gleichheit im Er-
gebnis postuliert, riskiert, dass jede Gruppe, die nicht in
den Genuss einer staatlichen Förderung kommt, sich zu-
künftig gegenüber der geförderten Gruppe darauf berufen
kann, vom Staat aus politischen Gründen diskriminiert
zu werden . Der Philosoph Christoph Menke formuliert
daher treffend: „Gleichheit heißt, dass jeder gleich viel
zählen soll, nicht, dass jeder gleich viel bekommen soll .“
Fünftens . Für mich persönlich ist die Ehe nicht nur ein
Rechtsinstitut mit Verfassungsrang, sondern aus christ-
licher Sicht auch ein Sakrament . Es ist mit meinem Ge-
wissen nicht vereinbar, dass ich das staatliche Rechtsin-
stitut, das aus gutem Grund vom kirchlichen Sakrament
abgeleitet ist, durch meine Zustimmung irreparabel be-
schädige .
Sechstens . Die Gewissensfreiheit der Abgeordneten
des Deutschen Bundestages ist in Artikel 38 Absatz 1
Satz 2 des Grundgesetzes eindeutig bestimmt . Einer In-
terpretation durch Regierungsmitglieder, wann diese gel-
te und wann nicht, bedarf es daher nicht .
Jutta Eckenbach (CDU/CSU): Ich stimme gegen
den Beschluss des Ausschusses für Recht und Verbrau-
cherschutz, den vorgelegten Gesetzentwurf in dieser Fas-
sung anzunehmen .
Meine Ablehnung gegen diesen Gesetzentwurf rich-
tet sich nicht gegen eine Gleichsetzung von Ehe und
Lebenspartnerschaften . Meine Ablehnung hat etwas mit
dem derzeitigen parlamentarischen Verfahren und ver-
fassungsrechtlichen Bedenken gegenüber dem vorgeleg-
ten Gesetzentwurf zu tun .
Der Gesetzentwurf des Bundesrates wurde im No-
vember 2015 gefertigt und ein Jahr später in erster Le-
sung in den Deutschen Bundestag eingebracht . Seitdem
fand keine Debatte über den vorgelegten Gesetzentwurf
statt . Den Vorwurf, dass keine Debatte stattgefunden hat,
mache ich nicht nur meiner eigenen Fraktion . Er richtet
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725218
(A) (C)
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sich auch gegen die SPD-Bundestagsfraktion, die ebenso
einer jeden Vertagung der Debatte im Rechtsausschuss
zugestimmt hat und sich jetzt in der Öffentlichkeit jeder
Verantwortung entzieht .
Ich bin überzeugtes Mitglied der Christlich Demo-
kratischen Union . 2007 verabschiedet die CDU ihr
Grundsatzprogramm, in dem es heißt: „Die Ehe ist un-
ser Leitbild der Gemeinschaft von Mann und Frau .“
Dass die CDU-geführte Bundesregierung sich bereits
für eine Angleichung von Lebenspartnerschaften und
Ehe eingesetzt hat, darf dabei nicht verschwiegen wer-
den . So führen Ehegatten eine Ehe oder eine eheliche
Lebensgemeinschaft, Lebenspartner führen eine einge-
tragene Lebenspartnerschaft oder eine partnerschaftli-
che Lebensgemeinschaft . Ehen werden ins Eheregister,
Lebenspartnerschaften ins Lebenspartnerschaftsregis-
ter eingetragen . Ehegatten schließen Eheverträge, Le-
benspartner Lebenspartnerschaftsverträge . Ehegatten er-
halten nachehelichen Ehegattenunterhalt, Lebenspartner
nachpartnerschaftlichen Unterhalt . Ehegatten lassen sich
scheiden, Lebenspartner betreiben die Aufhebung ihrer
Lebenspartnerschaft . Das Verlöbnis unter künftigen Ehe-
gatten ist in der Lebenspartnerschaft das Versprechen,
eine Lebenspartnerschaft begründen zu wollen . Keine
Unterschiede gibt es begrifflich bei Heirat und Trauung.
Auch wenn die Rechtsstellung der eingetragenen Le-
benspartnerschaft in den vergangenen 15 Jahren an die
Rechtsstellung der Ehe weitgehend angeglichen wor-
den ist, bleibt die Unterscheidung der beiden Institute
bedeutsam . Ehe im Sinne des Artikel 6 Absatz 1 GG
ist danach das „auf Dauer angelegte Zusammenleben
von Mann und Frau“, so das Bundesverfassungsgericht
in seiner konstanten Rechtsprechung . Der verfassungs-
rechtliche Schutzgedanke des Grundgesetzes im Sinne
von Artikel 6 Absatz 1 GG umfasst auch den Schutz zur
Entstehung neuen Lebens . So stellte das Bundesverfas-
sungsgericht fest, dass die Ehe auch deswegen verfas-
sungsrechtlich dem besonderen Schutz der staatlichen
Ordnung unterstellt wurde, „weil sie eine rechtliche Ab-
sicherung der Partner bei einer Gründung einer Familie
mit gemeinsamen Kindern ermöglichen soll“ . Während
zwei Menschen des gleichen Geschlechts in lobenswer-
ter Weise Verantwortung füreinander übernehmen kön-
nen, fehlt es ihrer Partnerschaft an dem zweiten Merk-
mal, der natürlichen Offenheit für Nachwuchs, auf den
die Gesellschaft aber stets angewiesen ist .
In der Diskussion wurde oft formuliert, dass es ledig-
lich um eine sprachliche Gleichsetzung gehe . Für mich
persönlich ist eine Gleichsetzung von Partnerschaften
gleichen und ungleichen Geschlechts jedoch mehr als
eine reine sprachliche Ausgestaltung und eine Ergänzung
im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) . Der vorgelegte
Gesetzentwurf zielt auf eine meines Erachtens nach un-
zulässige einfachgesetzliche Änderung des Bedeutungs-
gehalts verfassungsrechtlicher Begrifflichkeiten ab; das
halte ich für verfassungswidrig .
Im persönlichen Austausch mit den verschiedensten
Gesprächspartnern habe ich erfahren, dass es den gleich-
geschlechtlichen Paaren gerade auch auf ein vom Grund-
gesetz geschütztes Rechtsgut ankommt . Diesem Wunsch
wäre mit einer BGB-Änderung nicht Genüge getan; es
bedürfte vielmehr einer Grundgesetzänderung .
Dass eine ausführliche Diskussion notwendig ist,
zeigt auch, dass in wenigen Tagen über 500 Personen
ihre Meinung zu meinem Abstimmungsverhalten per
Mail und Telefon mitgeteilt haben .
Erst mit einer ausführlichen Meinungsbildung kann
nach meinem Dafürhalten eine fundierte Entscheidung
getroffen werden . Auch wenn in der Öffentlichkeit von
einer Gewissensentscheidung gesprochen wird, so darf
die Abstimmung kein Ausdruck von Bauchgefühl sein,
sondern bedarf einer umfassenden Analyse über verfas-
sungsrechtliche Fragen und Auswirkungen und gegebe-
nenfalls weiterer Änderungen .
Dr. Thomas Feist (CDU/CSU): Als Mitglied der
Fraktion der CDU/CSU habe ich auf das im Koalitions-
vertrag von CDU, CSU und SPD vereinbarte Verfahren
zum Thema „Öffnung der Ehe“ vertraut . Das Verhalten
der SPD widerspricht dieser Vereinbarung und ist aus
meiner Sicht ein klarer Vertrauensbruch, der die Ver-
trauenswürdigkeit und Abredefähigkeit der SPD infrage
stellt . Den einseitigen Bruch der Koalition seitens der
SPD, die diese für viele Menschen im Land aus ethischen
und religiösen Gründen so bedeutende Frage zum rein
taktischen Wahlkampfthema reduziert, verurteile ich .
Seit 2011 sind sukzessive bis auf das Adoptionsrecht
und die Benennung der Institutionen sämtliche Un-
gleichbehandlungen zwischen Ehe und eingetragener
Lebenspartnerschaft beseitigt worden .
Die jetzige Diskussion um eine „Liebe erster oder
zweiter Klasse“ führt in die Irre – weil der Argumenta-
tionsrahmen moralischer und nicht rechtlicher Natur ist .
Zwischen der Ehe und der Lebenspartnerschaft gibt es
Unterschiede, die nicht wegzudiskutieren sind . Ein We-
sensmerkmal der Ehe ist die Verschiedengeschlechtlich-
keit der Ehegatten . Das Bundesverfassungsgericht hat
in seiner Entscheidung zur Einführung des Lebenspart-
nerschaftsgesetzes dieses Strukturmerkmal der Ehe aus-
drücklich bestätigt:
Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des
gesellschaftlichen Wandels und der damit einher-
gehenden Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung
bewahrt und durch das Grundgesetz seine Prägung
bekommen hat, gehört, dass sie die Vereinigung ei-
nes Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer ange-
legten Lebensgemeinschaft ist .
In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsge-
richt die Einführung des Rechtsinstituts der eingetrage-
nen Lebenspartnerschaft gerade deshalb nicht als Verstoß
gegen Artikel 6 Absatz 1 GG angesehen, weil die ein-
getragene Lebenspartnerschaft keine Ehe im Sinne von
Artikel 6 Absatz 1 GG sei . Sie sei vielmehr ein „aliud
zur Ehe“, wobei ihre Andersartigkeit in der Gleichge-
schlechtlichkeit der Lebenspartner begründet sei . Die
Gleichgeschlechtlichkeit der Partner unterscheide das In-
stitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft von der Ehe
und konstituiere es zugleich .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25219
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(B) (D)
Erhellend in diesem Zusammenhang ist auch die Ent-
scheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-
rechte (EGhMR) in der Rechtssache Chapin und Char-
pentier gegen Frankreich (Beschwerde Nr . 40183/07),
mit der klargestellt wird, dass in der Europäischen Men-
schenrechtskonvention unter dem Begriff „Ehe“ aus-
schließlich die Verbindung zwischen einem Mann und
einer Frau gemeint ist . In diesem Urteil hat der Gerichts-
hof klargestellt, dass der Begriff „Ehe“ in der Europä-
ischen Menschenrechtskonvention heute keine andere
Bedeutung hat als 1950, dem Jahr, in dem die Konven-
tion verabschiedet wurde . Die sogenannte „Ehe für alle“
ist nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung kein
Menschenrecht .
Es ist deutlich erkennbar, dass die von SPD, Lin-
ken und Bündnis 90/Grünen vorgeschlagene Änderung
des § 1353 Absatz 1 S . 1 BGB dahin gehend, dass auch
zwei Personen gleichen Geschlechts die Ehe eingehen
können, dem anstehenden Wahlkampf geschuldet sind .
Schließlich verstoßen die Regelungsvorschläge eindeu-
tig gegen Artikel 6 Absatz 1 GG . Die politische Instru-
mentalisierung dieses Themas zeigt aber auch, dass die
SPD jenseits aller Beteuerungen die Chance rot-rot-grü-
ner Bündnisse im Bund ergreifen wird, sollte sich diese
Gelegenheit ergeben .
Daher stimme ich bei der zweiten und dritten Lesung
zum Gesetzentwurf des Bundesrates zur Einführung ei-
nes Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Ge-
schlechts am Freitag, den 30 . Juni 2017, mit Nein .
Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Wo zwischen
zwei erwachsenen Menschen gleiche Werte gelebt, Rech-
te und Pflichten gegenseitig gewährt und übernommen
werden und wo das Füreinander-Einstehen zum verbind-
lichen Lebensziel erklärt wird, sollten auch gleichwertige
rechtliche Maßstäbe angelegt werden . Aus diesem Grund
befürworte ich die volle rechtliche Gleichstellung der
eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe und setze
mich dafür ein, dass neben der Ehe auch die eingetragene
Lebenspartnerschaft unter den besonderen Schutz unse-
rer Verfassung in Artikel 6 Grundgesetz gestellt wird .
Ich erkenne darüber hinaus an, dass Kinder auch in Le-
benspartnerschaften eine fürsorgliche sowie vertrauens-
und liebevolle Umgebung erfahren können . Angesichts
der seit langem geübten Rechtspraxis von Jugendämtern,
Kinder aus dem Kindeswohl abträglichen Familien-
verhältnissen auch in die Obhut gleichgeschlechtlicher
Paare zu geben, und der bereits jetzt möglichen sukzes-
siven Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtli-
che Partner setze ich mich dafür ein, dass eingetragene
Lebenspartnerschaften die Möglichkeit zur Volladoption
in einem Akt nach einer am Kindeswohl orientierten in-
dividuellen Einzelfallprüfung erhalten .
Dennoch lehne ich den zur Abstimmung stehenden
Gesetzentwurf des Bundesrates zur Einführung des
Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Ge-
schlechts (Drucksache 18/6665) ab .
Unbestreitbar ist der Wesensgehalt des traditionel-
len Eheverständnisses, der sich aus der Verbindung von
Mann und Frau ergibt . Der explizite Schutz dieser Ver-
bindung, die seit biblischen Zeiten durch gesellschaftli-
che und religiöse Regeln gesichert wurde, diente dazu,
den in der Ehe geborenen Kindern ein Aufwachsen in
stabilem Lebensumfeld zu ermöglichen . Denn nur in der
Paarkonstellation von Mann und Frau können gemein-
same Kinder gezeugt und Leben weitergegeben werden .
Dieser Umstand unterscheidet unabänderbar die Ehe von
der eingetragenen Lebenspartnerschaft . Daher ist meiner
Meinung nach die Bezeichnung „Ehe“ der auf Dauer an-
gelegten, vor Staat und/oder Kirche eingegangenen Ver-
bindung von Frau und Mann vorzubehalten, ohne dass
damit eine Diskriminierung homosexueller Paarbezie-
hungen erfolgen würde .
Darüber hinaus geht nach ständiger, auch jüngster
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der
Ehebegriff des Grundgesetzes von einer Verschieden-
geschlechtlichkeit der Partner als Wesensmerkmal der
Ehe aus. Eine Umdefinition des Begriffs „Ehe“, der eben
nicht nur rechtlich, sondern auch historisch, kulturell und
religiös geprägt ist, kann nach meinem Rechtsverständnis
nicht einfach-gesetzlich ohne eine Verfassungsänderung
erfolgen . Die Grundgesetzänderung würde eine Zwei-
drittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat erfordern .
Ich bedaure außerdem, dass die SPD aus wahltakti-
schen Gründen zum Ende der Legislaturperiode in einem
konfrontativen Verfahren eine Abstimmung über dieses
viele Menschen existenziell berührende Thema im Hau-
ruckverfahren erzwingt . Dieser bewusst kalkulierte Ver-
trauensbruch und die daraus resultierenden parlamentari-
schen Abläufe werden der gesellschaftlichen, normativen
und auch emotionalen Tragweite der Thematik nicht ge-
recht und verhindern so einen möglichen breiteren Kon-
sens .
Ingo Gädechens (CDU/CSU): Menschen, die sich
lieben und dauerhaft Verantwortung füreinander über-
nehmen, die einander Stabilität und Halt geben wollen,
verdienen Anerkennung und Wertschätzung . Ausdruck
dieser Hochachtung war und ist neben der Ehe als Ge-
meinschaft von Mann und Frau die Einführung des In-
stituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft . Dessen
Rechte und Pflichten wurden in den vergangenen 15 Jah-
ren kontinuierlich erweitert und an die Ehe angeglichen .
Somit sind Ehe und Lebenspartnerschaft heutzutage in
der gesetzlichen Ausgestaltung – bis auf die gemein-
schaftliche Adoption und den Begriff selbst – gleichge-
stellt .
Gleichwohl besteht die Forderung, diese letzten Un-
terschiede zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft auf-
zuheben . So sehr ich anerkenne, dass diese Frage vom
Deutschen Bundestag diskutiert und beantwortet werden
muss, bin ich gleichzeitig in keiner Weise mit dem über-
fallartigen Durchpeitschen dieser Entscheidung auf Be-
treiben der SPD, der Linkspartei sowie von Bündnis 90/
Die Grünen durch den Deutschen Bundestag einverstan-
den . Daher werde ich dem Gesetzentwurf nicht zustim-
men .
Aufgrund der Tragweite der Entscheidung und der
großen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen halte
ich es nicht für vertretbar, mit größtmöglicher Eile die-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725220
(A) (C)
(B) (D)
se bedeutende Entscheidung in einer kurzen Debatte am
frühen Morgen des letzten regulären Sitzungstages vor
der Bundestagswahl zu treffen . Es war zwischen den
Partnern der Großen Koalition ausgemacht, dass die Ent-
scheidung erst in der kommenden Legislaturperiode fal-
len wird . Mit der Missachtung dieser Vereinbarung hat
die SPD einen schwerwiegenden Vertrauensbruch began-
gen und trotzdem der Sache selbst nicht gedient . Dies gilt
insbesondere auch deswegen, weil bis heute nicht geklärt
ist, ob eine einfachgesetzliche Regelung ausreicht oder –
was für mich persönlich plausibler ist – das Grundgesetz
geändert werden müsste . Denn es ist offensichtlich, dass
der Ehebegriff des Grundgesetzes auf einer Verbindung
von Mann und Frau beruht. Diese Definition gilt vor al-
len Dingen deshalb, weil aus dieser Beziehung Kinder
hervorgehen können und das auf Dauer angelegte Zu-
sammenleben der Eltern als bestmöglicher Hort zum
Aufwuchs für Kinder erkannt wurde . Wenn nun der Ehe-
begriff auch auf gleichgeschlechtliche Paare ausgedehnt
werden soll, bedarf es also offensichtlich einer Änderung
des Grundgesetzes, die mit dem zur Abstimmung stehen-
den Gesetzentwurf aber eben nicht erfolgt . Damit besteht
die große Gefahr, dass der Deutsche Bundestag sehenden
Auges ein verfassungswidriges Gesetz beschließt .
Auch in Zeiten des herannahenden Wahlkampfes müs-
sen solch wichtige Entscheidungen durch den Deutschen
Bundestag in einer würdigen Form herbeigeführt wer-
den . Dies ist – unabhängig von allen Pro- und Kontraar-
gumenten – nicht gegeben .
Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU): Ich habe mir
die Entscheidung für die Einführung des Rechts auf
Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts nicht
leicht gemacht . Ich treffe diese Entscheidung auf Grund-
lage meines christlichen Menschenbildes und meiner
christlichen Überzeugung: Jeder Mensch hat die gleiche
von Gott gegebene Würde . In den letzten Tagen habe ich
die Argumente und Positionen sorgfältig abgewogen . Ich
betone ausdrücklich, dass ich Respekt vor anderen Mei-
nungen und Schlussfolgerungen habe .
Es entspricht meiner Überzeugung, dass Diskrimi-
nierungen dort, wo sie noch bestehen, beendet werden
müssen . Ich bin davon überzeugt, dass auch in homose-
xuellen Beziehungen Werte gelebt werden, die für unsere
Gesellschaft grundlegend sind . Wenn zwei Frauen oder
zwei Männer rechtlich verbindlich erklären, dass sie ein
Leben lang füreinander einstehen, dann ist dies auch
Ausdruck von bürgerlichen Werten wie Zusammenhalt,
Verantwortung, Verbindlichkeit und Vertrauen .
Um was geht es bei dem vorliegenden Gesetzentwurf?
Rechtlich unterscheiden sich eingetragene Lebenspart-
nerschaften und die Ehe schon heute nur noch beim Na-
men – also in der Begrifflichkeit – und einem kleinen
Teilaspekt des Adoptionsrechts .
Bereits heute können Partner einer eingetragenen Le-
benspartnerschaft fremde Kinder adoptieren . Bisher hat
zunächst ein Lebenspartner das Kind allein adoptiert, der
zweite Partner konnte das Kind erst in einem weiteren
Schritt adoptieren (sukzessive-Adoption) . Die gemein-
same Adoption in einem Akt ist bislang nur bei Ehegat-
ten vorgesehen . Diesen verbliebenen Verfahrensunter-
schied jetzt aufzuheben, ist ein vergleichsweise kleiner
Schritt . Für mich ist entscheidend: Bei einer Adoption
muss auch künftig ausschließlich das Wohl des Kindes
im Mittelpunkt stehen . Dies gilt für gleich- wie für ver-
schiedengeschlechtliche Beziehungen . Dies muss in je-
dem Einzelfall gewährleistet sein . Die Erfordernisse des
Kindeswohls müssen immer im Vordergrund stehen .
Um was geht es beim vorliegenden Gesetzentwurf
nicht? Es geht nicht um eine „Ehe für alle“, wie in irre-
führender Weise immer wieder ins Feld geführt wird . Es
geht nicht um Polygamie, nicht um Ehe mit Kindern oder
Verwandten und nicht um ein Recht auf Kinder . Es geht
bei diesem Gesetz auch nicht um die Rechte der Kirchen-
und Religionsgemeinschaften . Diese Rechte bleiben von
einer Neuregelung unberührt . Sondern es geht um eine
Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare .
Die SPD hat sich in dieser Frage bewusst nicht an den
Koalitionsvertrag gehalten und eine Vereinbarung gebro-
chen . So geht man in einer Koalition nicht miteinander
um . Das trägt nicht zu einer Versachlichung der Debatte
bei und ist für die Sache eher schädlich .
Hermann Gröhe (CDU/CSU): Unter der gemäß Arti-
kel 6 unseres Grundgesetzes zu schützenden Ehe ist, mit
den Worten des Bundesverfassungsgerichts, die „Verei-
nigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer
angelegten Lebensgemeinschaft“ zu verstehen . Zugleich
verbietet unsere Verfassung jede Diskriminierung auf-
grund der sexuellen Orientierung .
Zu Recht steht daher homosexuellen Paaren mit der
eingetragenen Lebenspartnerschaft eine Institution zum
Schutz der wechselseitigen, dauerhaften Verantwor-
tungsübernahme zur Verfügung, die inzwischen der Ehe
weitgehend gleichgestellt ist . Aus meiner Sicht wäre es
daher folgerichtig, auch eingetragene Lebenspartner-
schaften in Artikel 6 Grundgesetz unter den besonderen
Schutz des Staates zu stellen .
Bei der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche
Beziehungen geht es dagegen um weit mehr als um den
gleichberechtigten Zugang zur Ehe, nämlich um eine
Neudefinition der Ehe selbst. Eine solche Neudefinition
lehne ich ab . Dabei gründet meine Haltung wesentlich
in meinem Glauben und der christlichen Tradition . Der
orientierende, eine Beziehung schützende Charakter der
Institution Ehe hat aus meiner Sicht nicht zuletzt darin
sein Fundament, dass diese Institution in ihrem tradierten
Verständnis weit vor unserer Rechtsordnung entstanden
ist und unseren Kulturraum seit Jahrhunderten prägt .
Selbstverständlich kann es gute Gründe geben, ein
solches tradiertes Verständnis zu ändern . Eine solche
Neudefinition der Ehe müsste aber im Grundgesetz selbst
erfolgen, erfordere mithin eine Zweidrittelmehrheit in
Bundestag und Bundesrat .
Daher lehne ich den vorliegenden Gesetzentwurf des
Bundesrates, der auf eine Neudefinition der Ehe im Rah-
men des Zivilrechts abzielt, ab .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25221
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Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Meiner An-
sicht nach ist eine Ehe die enge Verbindung zwischen
Mann und Frau, wie es auch das Bundesverfassungsge-
richt festgestellt hat .
Ich bin gleichzeitig der Überzeugung, dass auch in
gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Werte gelebt
werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind .
Dazu zählen Liebe, Fürsorge sowie Verantwortung für-
einander . Jede Diskriminierung von gleichgeschlechtli-
chen Beziehungen lehne ich ab .
Neben der Einführung des Lebenspartnerschaftsge-
setzes wurden in den vergangenen Jahren auch zahlrei-
che weitere Regelungen getroffen, um noch bestehende
Benachteiligungen von gleichgeschlechtlichen Part-
nerschaften zu beenden, so im Erbschafts- und Grund-
erwerbsteuer-, Beamten- und Adoptionsrecht . Diese
Gleichstellungsschritte habe ich stets unterstützt, um
schrittweise noch vorhandene Diskriminierungen von
gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und von
Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität zu beenden .
Zu dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf sind aller-
dings noch zahlreiche Fragen offen, die in Ruhe geklärt
werden müssen . So geht aus der ständigen Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts hervor, dass für
eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
eine Änderung des Grundgesetzes (Artikel 6 Absatz 1)
erforderlich ist . Diese Ansicht hat auch das Bundesmi-
nisterium der Justiz vertreten . Geklärt werden müssen
auch Fragen des Adoptionsrechts, die eine solche Öff-
nung aufwirft .
Es ist in mehrfacher Hinsicht verantwortungslos, dass
SPD, Linke und Grüne zu diesem Thema jetzt eine Ent-
scheidung erzwingen . Den von diesen Fraktionen über-
stürzt zur Abstimmung gestellten Gesetzentwurf lehne
ich deshalb ab .
Monika Grütters (CDU/CSU): In meiner mittler-
weile mehr als 20-jährigen Parlamentszeit ist mir eine
Entscheidung zu einer Abstimmung noch nie so schwer
gefallen wie diese . Abgesehen von den bedauerlichen
Umständen der Abstimmung – aus einem so hochsensib-
len Thema sollte niemand ein schäbiges Wahlkampfma-
növer machen – und abgesehen von sehr wohl begrün-
deten verfassungsrechtlichen Zweifeln, abgesehen auch
von dem Zeitdruck und der damit verbundenen Zuspit-
zung in der Debatte um ein Pro und Kontra einer „Ehe für
alle“ fällt es mir als gläubiger Katholikin in dieser sehr
weltoffenen und für ihre vielfältigen Lebensstile bekann-
ten Stadt Berlin schwer, mich ohne Zweifel eindeutig zu
positionieren .
Einerseits gehört der Eigensinn der sakramentalen
Ehe zu den zentralen Werten kirchlich gebundener Le-
bens- und Gesellschaftseinstellungen . Ihr gilt ein beson-
derer Schutz, weil eben in der Verbindung von Mann und
Frau auch leibliche Kinder geboren werden können und
Familien eine umfassende Fürsorge der Gesellschaft ver-
dienen . Andererseits sehen auf Dauer angelegte, in Liebe
zueinander und in Sorge füreinander angelegte Bezie-
hungen in einer diskriminierungsfreien Gesellschaft wie
unserer heutigen inzwischen sehr vielfältig aus .
Diese Vielfalt empfinde ich als große Bereicherung
unseres Zusammenlebens . Deshalb ist es bedauerlich,
dass Betroffene die geltende Rechtslage als Diskrimi-
nierung empfinden und auf der anderen Seite traditio-
nell Verheiratete und kirchliche Kreise befürchten, der
Begriff der Ehe und ihr Gehalt könnten zum beliebigen
In strument werden. Gerade auch diese Empfindungen
nehme ich sehr ernst .
In einem Land wie unserem heutigen Deutschland,
das in den vergangenen Jahrzehnten so viel offener, viel-
fältiger und gelassener geworden ist, muss es möglich
sein, Unterschiede diskriminierungsfrei festzustellen .
Und aus meiner Sicht bleiben die Ehe zwischen Mann
und Frau und eine Familie mit leiblichen Kindern im-
mer noch etwas anderes als eine gleichgeschlechtliche
Lebensgemeinschaft .
Nach reiflicher Überlegung habe ich mich dennoch
entschieden, für die Öffnung der staatlichen Eheschlie-
ßung für gleichgeschlechtliche Paare zu stimmen, nicht
obwohl, sondern weil ich katholisch bin . Es ist die christ-
liche Botschaft der Nächstenliebe, die uns dazu auffor-
dert, im menschlichen Miteinander das Verbindende über
das Trennende zu stellen – die Ebenbildlichkeit Gottes
über unterschiedliche Lebensweisen – und aus dieser
Haltung heraus nicht nur das Eigene, sondern gleicher-
maßen auch das andere anzuerkennen und zu achten .
Was heterosexuelle von homosexuellen Menschen
unterscheidet, ist die sexuelle Orientierung und damit
verbunden die Option, in ihrer Partnerschaft miteinan-
der leibliche Kinder bekommen zu können . Was hetero-
sexuelle und homosexuelle Menschen verbindet, ist der
Wunsch, für einen geliebten Menschen einzustehen, sich
dauerhaft zu binden und damit nicht nur Verantwortung
füreinander zu übernehmen, sondern auch ein sichtbares
Zeichen der Liebe und des Bekenntnisses zueinander zu
setzen .
Ich wünsche mir, dass der gegenseitige Respekt ge-
genüber unterschiedlichen Lebensentwürfen wächst und
dass die Ehe zwischen Mann und Frau und dass Familien
weiterhin im Zentrum staatlicher Fürsorge stehen .
Fritz Güntzler (CDU/CSU): Der Deutsche Bundes-
tag beschließt heute in nur 38-minütiger Plenardebatte
über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paa-
re . Ich bedaure, dass wir dieses äußerst wichtige Thema
aufgrund von wahlkampftaktischen Überlegungen der
SPD jetzt einfach so im Vorbeigehen behandeln . Es hät-
te eine breitere parlamentarische Befassung und gesell-
schaftliche Debatte verdient .
Nichtsdestotrotz stimme ich für die Öffnung der Ehe
für Personen gleichen Geschlechts . Menschen, die sich
lieben und dauerhaft Verantwortung füreinander über-
nehmen, verdienen Anerkennung und Wertschätzung,
unabhängig davon, ob sie gleichen oder verschiedenen
Geschlechts sind .
Gleichgeschlechtliche Paare können seit 15 Jahren
eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen . Mitt-
lerweile haben eingetragene Lebenspartner beinahe voll-
ständig die gleichen Rechte und Pflichten wie Eheleu-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725222
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te. Ich finde, es war an der Zeit, die hundertprozentige
Gleichbehandlung herzustellen .
Mit der Öffnung der Ehe für Personen gleichen Ge-
schlechts bekommen gleichgeschlechtliche Paare die
Möglichkeit, ein Kind ohne Umwege gemeinschaftlich
zu adoptieren . Schon bisher konnten sie im Wege der so-
genannten Sukzessivadoption ein Kind gemeinsam adop-
tieren, und zwar indem zunächst die eine Partnerin oder
der eine Partner das Kind adoptiert hat und dann auch
noch die andere Partnerin oder der andere Partner dieses
Kind adoptiert hat . Rein faktisch ändert sich an dieser
Stelle also nichts . Voraussetzung der Adoption ist nach
wie vor auch in diesen Fällen, dass die Adoption dem
Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen
den Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Ver-
hältnis entsteht . Die Adoptionsvermittlungsstellen und
die Familiengerichte haben dafür in jedem Einzelfall
Sorge zu tragen .
Teilweise wird die Auffassung vertreten, das Grund-
gesetz lasse es nicht zu, die Ehe für gleichgeschlechtliche
Paare zu öffnen . Es bedürfe hierfür einer Änderung des
Grundgesetzes . Der Begriff der Ehe in Artikel 6 Absatz 1
Grundgesetz, wonach Ehe und Familie unter dem beson-
deren Schutze der staatlichen Ordnung stehen, erfasse
gleichgeschlechtliche Paare nämlich nicht . Das Grund-
gesetz ist nicht statisch, sondern dynamisch auszulegen .
Es atmet also gewissermaßen mit dem gesellschaftlichen
Wandel . Am Ende wird das Bundesverfassungsgericht
darüber zu entscheiden haben . Ich bin mir aber sicher,
dass wir mittlerweile so weit sind, dass unter dem Begriff
der Ehe im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 Grundgesetz
auch gleichgeschlechtliche Paare zu verstehen sind .
Christian Haase (CDU/CSU): Für mich ist das We-
sensmerkmal der Ehe eine lebenslange Vereinigung von
Mann und Frau . Diese Vereinigung, aus der neues Le-
ben hervorgehen kann, schützt auch das Grundgesetz
Artikel 6 Absatz 1 GG . Denn die Ehe ist die Keimzelle
der Familie . Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner
Entscheidung zur Einführung des Lebenspartnerschafts-
gesetzes 2002 herausgearbeitet, dass die Gleichge-
schlechtlichkeit den Unterschied zwischen Ehe und Le-
benspartnerschaft begründe und konstituiere . Gibt man
in der Definition der Ehe die Verschiedengeschlechtlich-
keit als Wesensmerkmal auf, so geht man de facto von ei-
nem in seinem Kern veränderten verfassungsrechtlichen
Ehebegriff aus und überschreitet meines Erachtens nach
somit die Grenzen der zulässigen Verfassungsauslegung .
Für mich ist jeder Mensch gleich viel wert, gleich von
Gott geliebt und geschätzt, gleichgültig welche sexuelle
Neigung er hat . Es geht in dieser Diskussion um die För-
derung einer bestimmten Lebensform und ausdrücklich
nicht um die Diskriminierung einer anderen .
Die Ehe, in der Mann und Frau füreinander Verant-
wortung übernehmen und offen für die Weitergabe des
Lebens an leibliche Kinder sind, hat nicht nur eine be-
sondere Bedeutung für den Einzelnen, sondern auch für
die ganze Gesellschaft und das Gemeinwesen . Man darf
an dieser Stelle auch den Aspekt der Staatserhaltung er-
wähnen, der nochmals den von der Verfassung gewähr-
ten Schutz der Ehe und Familie begründet .
Ich erkenne die große Vielfalt der familiären Situatio-
nen in unserem Land und in der Welt an . Trotzdem stehe
ich für eine Unterscheidung und Abgrenzung verschiede-
ner Lebensmodelle . Gleichgeschlechtliche Partnerschaf-
ten sind ein Lebensmodell, in dem Menschen sicherlich
genauso Verantwortung füreinander übernehmen kön-
nen . Ihnen bleibt aber die Weitergabe des Lebens an
leibliche Kinder verschlossen . Nichtsdestotrotz haben
wir in den vergangenen Jahren das Institut der eingetra-
genen Lebenspartnerschaft sukzessiv an das Institut der
Ehe angeglichen . In allen rechtlichen Regelungen – sei
es hinsichtlich des Zustandekommens der rechtlichen
Bindung, des gemeinsamen Namens, der gegenseitigen
Rechte und Pflichten, der gemeinsamen Wohnung, des
Erbrechts, des Unterhalts oder der Sukzessivadoption –
gibt es heute in der rechtlichen Ausgestaltung praktisch
keine Unterschiede mehr zwischen diesen beiden Insti-
tutionen .
Zudem störe ich mich an dem Kampfbegriff „Ehe
für alle“ . Dieser ist meines Erachtens nach bewusst of-
fen und weit gewählt . Man kann bei der Forderung nach
einer „Ehe für alle“ niemanden mehr ausschließen . Ich
habe das Gefühl, dass es hier nicht mehr nur um die Ehe
für gleichgeschlechtliche Paare geht, sondern sehe die
Gefahr, dass damit auch schleichend der Vielehe Tür und
Tor geöffnet wird .
Ich möchte nicht, dass die mit einer Ehe verbunden
Werte und Normen aufgeweicht und zur Disposition ge-
stellt werden . Dieser Wunsch spiegelt sich auch in der
überwiegenden Mehrheit der Zuschriften wider, die mich
im Vorfeld der Abstimmung erreicht haben . Deshalb
stimme ich gegen den Gesetzentwurf des Bundesrates .
Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): Für die parla-
mentarische Behandlung des Gesetzentwurfes ist von
entscheidender Bedeutung, ob das Institut der Ehe im
Sinne des Artikels 6 Absatz 1 Grundgesetz eine Öffnung
für Personen gleichen Geschlechts zulässt oder ob der
verfassungsrechtliche Begriff „Ehe“ dem entgegensteht,
mithin eine einfachgesetzliche Änderung des Ehebegriffs
eine Änderung des Grundgesetzes voraussetzt .
Bereits in seinem ersten Urteil zur eingetragenen Le-
benspartnerschaft vom 17. Juli 2002 definierte das Bun-
desverfassungsgericht die Ehe im Sinne des Grundgeset-
zes als „die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu
einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft“ . Es ist
seither von dieser Definition nicht abgegangen und hat in
den nachfolgenden Urteilen die Ehe als Institut bezeich-
net, in dem Mann und Frau eine lebenslange Verbindung
eingehen, die der Mitwirkung des Staates bedarf . Die
Verabschiedung des vorgelegten Gesetzentwurfs, der
lediglich eine Änderung des einfachen Rechts, nicht je-
doch des Grundgesetzes vorsieht, stellt folglich eine Ab-
kehr von der ständigen Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts dar .
Dieser Befund gebietet es – jedenfalls aus Gründen
der Rechtssicherheit –, das verfolgte Anliegen im Wege
einer Grundgesetzänderung umzusetzen . Diese Auffas-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25223
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sung hat auch das SPD-geführte Bundesministerium
der Justiz und für Verbraucherschutz bis in die jüngere
Vergangenheit vertreten – vergleiche auch Drucksa-
che 18/4862 vom 8 . Mai 2015 .
Unter diesen Umständen bleibt mir nur die Möglich-
keit, den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/6665 abzu-
lehnen .
Die mit dem vorliegenden Entwurf intendierte ge-
setzliche Gleichstellung Homosexueller im Bereich der
sogenannten Volladoption erscheint mir in der Sache ge-
rechtfertigt .
Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): Menschen, die
sich lieben und dauerhaft Verantwortung füreinander
übernehmen, verdienen Anerkennung und Wertschät-
zung .
Das gilt für mich unabhängig davon, ob sie gleich-
oder verschiedengeschlechtlich sind . Ihnen gebührt die
Unterstützung der Gesellschaft und des Staates . Des-
halb haben wir die eingetragene Lebenspartnerschaft
geschaffen. Die damit verbundenen Rechte und Pflich-
ten wurden in den vergangenen 15 Jahren kontinuier-
lich erweitert und an die Ehe angeglichen . Ehe und Le-
benspartnerschaft unterscheiden sich in der gesetzlichen
Ausgestaltung praktisch nicht mehr . Das Zustandekom-
men der rechtlichen Bindung, der gemeinsame Name,
die gegenseitigen Rechte und Pflichten, die gemeinsame
Wohnung, das Erbrecht, der Unterhalt, Getrenntleben
und Auflösung – in all diesen Fragen sind die rechtlichen
Regelungen von Ehe und Lebenspartnerschaft aneinan-
der angeglichen . Von einer rechtlichen Diskriminierung
von Lebenspartnern kann man deshalb nach meiner Auf-
fassung nicht mehr sprechen .
Zu den Wesensmerkmalen der Ehe, die Artikel 6 Ab-
satz 1 GG als Institutsgarantie schützt, zählt, dass sie die
Vereinigung von einer Frau mit einem Mann ist . Dies
hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entschei-
dung zur Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes
im Jahr 2002 bestätigt, in der es die eingetragene Le-
benspartnerschaft als „aliud“ zur Ehe ansieht und fest-
stellt, dass die Gleichgeschlechtlichkeit der Partner das
Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft von der
Ehe unterscheide und es zugleich konstituiere . Dass die
Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten ein We-
sensmerkmal der Ehe ist, hat das Bundesverfassungsge-
richt auch in seinen nachfolgenden Entscheidungen zur
Rechtstellung der eingetragenen Lebenspartner nicht
infrage gestellt . Die einfachgesetzliche Öffnung der Ehe
für gleichgeschlechtliche Paare steht für mich daher mit
einem verfassungsrechtlichen Wesensmerkmal der Ehe
nicht im Einklang .
Die Ehe ist für mich ein Institut, das verschiedenge-
schlechtlichen Paaren vorbehalten bleiben sollte . Nur aus
dieser Verbindung können Kinder hervorgehen . Diese
Verbindung hat daher sowohl für den Einzelnen als auch
für die Gesellschaft und ihren Fortbestand eine erhebli-
che Bedeutung . Deshalb war es in der Vergangenheit so,
dass der Staat der Ehe eine besondere Rolle zugestanden
hat . Ich möchte, dass die Ehe diese Rolle weiter behält .
Deshalb genießt sie besonderen verfassungsrechtlichen
Schutz . Ich werde daher für eine Beibehaltung des Ehe-
begriffs stimmen, der allein eine Verbindung von Frau
und Mann umfasst .
Ich respektiere – auch ohne eine Änderung des Grund-
gesetzes – die Entscheidung von Bürgerinnen und Bür-
gern, in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit
gleichen Rechten und Pflichten zusammenzuleben.
Mechthild Heil (CDU/CSU): In der heutigen Abstim-
mung über den Antrag des Bundesrats zur Öffnung der
Ehe stimme ich aus folgenden Gründen zu:
Ich stimme heute nicht über eine religiöse Frage ab .
Unseren Kirchen bleibt vorbehalten, für sich zu klären,
was die kirchliche Ehe oder das Sakrament der Ehe aus-
macht . Als katholische Christin bringe ich mich gerne in
diese Diskussion ein . Ich stimme heute über die Frage ab,
ob der Staat dafür sorgen soll, dass alle Partnerschaften,
die vor dem Gesetz besiegelt werden, dieselbe rechtliche
Stellung und Anerkennung erhalten .
Kinder wachsen heute in den unterschiedlichsten Fa-
milienkonstellationen auf . Insbesondere aus Sicht der
Kinder verdient jede Familienform Anerkennung, Zu-
spruch und rechtliche Absicherung . Dies spiegelt sich
auch im aktuellen Adoptionsrecht wider . Für das allein
maßgebliche Kindeswohl sind die wenigen verbliebenen
Verfahrensunterschiede ohne Bedeutung . Die vielen Zu-
schriften, die ich im Vorfeld dieser Abstimmung erhalten
habe, zeigen mir, wie wenig bekannt ist, dass bereits heu-
te Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft auch
fremde Kinder adoptieren können, mit dem einzigen Un-
terschied, dass sie das nur nacheinander, in einer zeitli-
chen Abfolge tun können . Die gleichzeitige gemeinsame
Adoption, die das Gesetz nur für Ehegatten vorsieht, soll
vor allem sicherstellen, dass beide Eheleute das Adoptiv-
kind annehmen und nicht einer der Partner einen Vorbe-
halt gegenüber dem Kind hat. Ich finde, diese Sicherheit
für das Kind muss auch in einer gleichgeschlechtlichen
Partnerschaft gelten .
Die Verfolgung homosexueller Menschen hat in
Deutschland über viele Jahre großes Unrecht und Leid
verursacht – in der Weimarer Republik, in der Zeit des
Nationalsozialismus, aber auch in der neu gegründeten
Bundesrepublik und in der Deutschen Demokratischen
Republik . In der aktuellen Diskussion über die Rehabi-
litierung wegen einvernehmlicher sexueller Handlungen
verurteilter Menschen wurde dies nochmals deutlich .
Diese Verfolgung wirkt bis heute nach und trägt zu der
Grundhaltung bei, sich – berechtigt oder unberechtigt –
als ausgegrenzt und weniger anerkannt zu empfinden.
Erhöhte Selbstmordzahlen bei homosexuell orientierten
Jugendlichen sind dafür ein bestürzendes Zeichen .
Der heutige Beschluss kann hier eine positive Wir-
kung entfalten .
Ich bedaure allerdings, dass die SPD entgegen der Ab-
sprache nun ein konfrontatives Verfahren forciert . Dies
verstellt die Chance, in einer Diskussion mit den Men-
schen in Deutschland und den Kirchen in einem großen
gesellschaftlichen Konsens die Öffnung des Ehebegriffs
voranzubringen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725224
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Auch verfassungsrechtliche Bedenken hätten dann
mit breiter parlamentarischer Mehrheit ausgeräumt wer-
den können .
Trotz dieser Bedenken habe ich mich entschieden,
dem Antrag des Bundesrates zuzustimmen .
Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU): Heute fäl-
len wir eine Gewissensentscheidung: Der Deutsche Bun-
destag stimmt in namentlicher Abstimmung über den
Entwurf zur Einführung des Rechts auf Eheschließung
für Personen gleichen Geschlechts ab .
Zunächst möchte ich feststellen: Das Gewissen macht
nicht an Fraktionsgrenzen halt . Eine Gewissensfrage nö-
tigt uns Parlamentariern höchsten Respekt für die Ent-
scheidung der anderen ab . Polemisierungen und Diffa-
mierungen sollten in dieser Debatte keinen Raum haben .
Unsere Entscheidung hat Auswirkungen auf einzelne
Menschen, auf das gesellschaftliche Klima und reicht bis
in das Verständnis unserer Grundwerte, die im Grundge-
setz formuliert sind, hinein . Eine solche grundsätzliche
Überlegung muss viele Facetten berücksichtigen: Wie
hat das Bundesverfassungsgericht bisher geurteilt? Was
sind die möglichen juristischen Folgen? Werden Werte
oder Rechte verletzt? Und viele andere Aspekte mehr .
Innerparteilich setzen wir uns seit Jahren mit dem
Thema auseinander . Unsere Parteitagsbeschlüsse,
Grundsatzprogramme und Leitlinien sowie der geltende
Koalitionsvertrag lehnen eine Öffnung der Ehe ab .
Eine neue Abwägung braucht Zeit, sie braucht Debat-
ten, sie braucht Expertisen . Daher bedaure ich es, dass
der Deutsche Bundestag heute darüber abstimmt . Die
Koalitionspartner hatten sich geeinigt, das nicht mehr
in der laufenden Legislaturperiode zu tun . Eine Grund-
satzentscheidung politisch durchzupeitschen, kann zu ei-
nem starken Vertrauensverlust bei den Bürgerinnen und
Bürgern führen .
Ich stimme gegen diesen Gesetzentwurf . Da ich, vor
allem in den vergangenen Tagen, viele Anfragen erhielt,
möchte ich mein Abstimmungsverhalten gerne begrün-
den .
Erstens die Rechtshistorie: Das Bundesverfassungsge-
richt stellte mehrfach fest, zuletzt 2013, dass Verschie-
dengeschlechtlichkeit das Wesensmerkmal des Instituts
Ehe ist .
Zweitens . Wir beschließen nicht nur über eine Ände-
rung im BGB, sondern greifen damit in das Grundgesetz
ein: Auf eine Kleine Anfrage der Grünen hat das Justiz-
ministerium 2015 angegeben, dass „eine Öffnung der
Ehe für Paare gleichen Geschlechts eine Änderung des
Grundgesetzes (Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes)
voraussetzen“ würde .
Drittens . Dass diese Tatsache selbst für Justizminis-
ter Heiko Maas (SPD), aus dessen Haus diese Antwort
stammt, heute keine Rolle mehr spielt, lässt aufhorchen .
Mir scheint hier eine Gewissensfrage für Wahlkampf-
zwecke missbraucht zu werden .
Viertens . Dieser Eingriff ins Grundgesetz wird Kla-
gen vor dem Bundesverfassungsgericht nach sich ziehen .
Eine genauere Prüfung der Sachlage im Vorherein wäre
nötig gewesen .
Fünftens . In dem Gesetzentwurf heißt es: „Gleich-
geschlechtlichen Paaren ist bis heute die Ehe verwehrt,
was eine konkrete und symbolische Diskriminierung von
Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität darstellt .“
Was unter einer „symbolischen Diskriminierung“ ver-
standen wird, ist in dem Entwurf nicht weiter ausgeführt .
Sechstens . Zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft
wird nach dem juristischen Grundsatz differenziert, dass
„Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln“
ist . So können auch keine heterosexuellen Paare eine
Lebenspartnerschaft eingehen . Der Vorwurf einer einsei-
tigen Diskriminierung durch die Ehe ist daher faktisch
nicht nachweisbar .
Siebtens . Wo konkrete Diskriminierungen von Men-
schen in Lebenspartnerschaften vorliegen, müssen diese
beseitigt werden . Dafür reicht das vorliegende Rechtsin-
stitut aber vollkommen aus, wie die vergangenen Jahren
gezeigt haben . Gesetzliche Regelungen, wie beispiels-
weise beim Ehegattensplitting, wurden auf den Weg ge-
bracht, um Diskriminierungen und Schlechterstellungen
entgegen zu wirken .
Achtens . Ein Wesensmerkmal der Ehe ist die prin-
zipielle Generativität . In einer gleichgeschlechtlichen
Beziehung können auf natürlichem Wege keine Kinder
entstehen . Das ist keine Diskriminierung, sondern eine
Tatsache . Die Öffnung der Ehe kommt damit einer Auf-
lösung des Wesens der Ehe gleich . Insofern handelt es
sich heute um eine Werteentscheidung: Soll die beson-
dere Privilegierung der Ehe der Generativität Rechnung
tragen oder aber auf die Rechte und Pflichten der Partner
reduziert werden?
Neuntens . Unsere Entscheidung könnte zur Folge ha-
ben, dass künftig weitere normative Veränderungen des
Ehebegriffs vorgenommen werden . Dies könnte in der
Folge zur Legalisierung von Polygamie oder Geschwis-
terehen führen .
Ich kann aus diesen genannten Gründen einer
Neuinterpretation der Ehe und damit des Grundgesetzes
nicht zustimmen .
Mark Helfrich (CDU/CSU): Menschen, die sich
lieben und dauerhaft Verantwortung füreinander über-
nehmen, die einander Stabilität und Halt geben wollen,
verdienen Anerkennung und Wertschätzung, unabhän-
gig davon, ob sie gleich- oder verschiedengeschlechtlich
sind . Ihnen gebührt die Unterstützung der Gesellschaft
und des Staates . Ausdruck dieses Verständnisses war die
Einführung des Instituts der eingetragenen Lebenspart-
nerschaft. Dessen Rechte und Pflichten wurden in den
vergangenen 15 Jahren kontinuierlich erweitert und an
das Institut der Ehe angeglichen . Auch in dieser Legis-
laturperiode hat der Gesetzgeber diesen Weg weiter be-
schritten . So wurde zu Beginn der Legislaturperiode die
sogenannte Sukzessivadoption für Lebenspartner gesetz-
lich geregelt sowie Unterschiede in der Behandlung von
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25225
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Ehe- und Lebenspartnern in zahlreichen Einzelgesetzen
beseitigt . Somit sind Ehe und Lebenspartnerschaft heut-
zutage in der gesetzlichen Ausgestaltung – bis auf die
gemeinschaftliche Adoption und den Begriff des Insti-
tuts – gleichgestellt .
Mit den Gesetzentwürfen wird § 1353 des Bürgerli-
chen Gesetzbuches um eine Definition der Ehe ergänzt,
die vorsieht, dass auch gleichgeschlechtliche Paare eine
Ehe eingehen können . Persönlich würde ich eine Grund-
gesetzänderung befürworten . Sowohl im Rechtsaus-
schuss als auch in der Wissenschaft ist die Frage nicht
abschließend einhellig beantwortet, ob die „Eheöffnung“
eine Änderung des Artikels 6 Absatz 1 Grundgesetz vor-
aussetzt . Die öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss,
die sich in dieser Legislaturperiode ebenfalls mit der
Notwendigkeit einer Verfassungsänderung bezüglich
der „Eheöffnung“ intensiv beschäftigt hat, ergab keine
eindeutige Stellungnahme der sachverständigen Verfas-
sungsrechtler .
Vor dem Hintergrund der geschilderten Uneinigkeit
der verfassungsrechtlichen Bewertungen und der ge-
sellschaftspolitischen Bedeutung würde ich ein Gesetz
bevorzugen, das zweifellos einer verfassungsrechtlichen
Überprüfung standhält .
Durch meine Zustimmung zum Gesetzentwurf des
Bundesrates erkenne ich den gesellschaftlichen Wandel
in dieser Frage sowie den persönlichen Wunsch gleich-
geschlechtlicher Paare nach einer formalen rechtlichen
Gleichstellung an .
Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche
Paare geht die Gleichstellung Homosexueller bei der
Adoption einher . Das einzig entscheidende Kriterium ist
hier das Kindeswohl . Wichtig ist, dass im Einzelfall aus
der allein entscheidenden Perspektive des Kindeswohls
das Jugendamt bei seiner Auswahlentscheidung darauf
Rücksicht nimmt, ob dem Kind Mutter und Vater ver-
mittelt werden oder zwei Personen gleichen Geschlechts .
Hier gilt der Grundsatz: Der zweite Vater ersetzt nicht
die Mutter, die zweite Mutter nicht den Vater . Andere As-
pekte wie vor allem eine Vorbeziehung (zum Beispiel als
langjähriges Pflegekind oder aufgrund Verwandtschaft)
können aber im Einzelfall auch aus der Kindeswohlpers-
pektive ein anderes Ergebnis begründen .
Uda Heller (CDU/CSU): Am Freitag, 30 . Juni 2017
stimmt der Deutsche Bundestag in namentlicher Abstim-
mung über den oben genannten Gesetzentwurf ab . Kern-
stück des Gesetzentwurfes ist die Ergänzung des § 1353
des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch die Klar-
stellung, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine
Ehe eingehen können .
Ich werde bei dieser Abstimmung über den Gesetzent-
wurf auf Drucksache 18/6665 mit Enthaltung stimmen,
weil ich es ablehne, eine Entscheidung über dieses wich-
tige gesellschaftliche Thema unter Zeitdruck innerhalb
weniger Tagen treffen zu müssen .
Ich erwarte im Vorfeld der Abstimmungen umfassende
Informationen über die verfassungsrechtliche Relevanz,
über den Geltungsbereich des Gesetzes, über die Kon-
sequenzen für unsere Sozialsysteme und gegebenenfalls
auch über handwerkliche Mängel . Diese Informationen
liegen mir nicht vor . Vielmehr bewerte ich diese über-
stürzte und erzwungene Abstimmung als Wahlkampfpo-
pulismus .
Da ich nicht wieder für den Deutschen Bundestag kan-
didiere, möchte ich der Entscheidung der Bundestagsab-
geordneten der 19 . Wahlperiode nicht vorgreifen .
Thomas Jarzombek (CDU/CSU): „Ehe und Fami-
lie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen
Ordnung .“ So steht es in Artikel 6 des Grundgesetzes .
An diesem Artikel habe ich mich nie gestoßen . Dieser
spricht keine Diskriminierung aus, sondern stellt Ehe und
Familie unter besonderen Schutz . Sie werden oft als die
„Keimzelle unserer Gesellschaft“ bezeichnet .
Wenn man eine Ehe eingeht, übernimmt man auch
Verantwortung für den anderen . Das ist ein Prinzip, das
meinen Wertevorstellungen entspricht. Ich finde es gut,
wenn Menschen Verantwortung füreinander übernehmen
und damit einen Beitrag für die Gesellschaft leisten .
Deshalb begrüße ich es auch sehr, wenn gleichge-
schlechtliche Paare Verantwortung übernehmen und sich
zu einer festen Verbindung verpflichten. Ist dies aber
auch eine Ehe? Eine Ehe ist für mich und viele Men-
schen, mit denen ich in letzter Zeit gesprochen habe, eine
Gemeinschaft von Mann und Frau und darauf angelegt,
Kinder zu zeugen .
Darf dies dazu führen, dass gleichgeschlechtliche Paa-
re diskriminiert werden? Nein . Ich habe mich in der Ver-
gangenheit bei vielen Diskussionen in unserer Partei für
die Rechte von gleichgeschlechtlichen Paaren eingesetzt .
Meine klare Haltung: Gleiche Rechte für alle .
Deshalb spreche ich mich ausdrücklich für eine voll-
ständige rechtliche Gleichstellung von eingetragenen
gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit der Ehe aus .
Schwierigkeiten habe ich mit dem Begriff „Ehe für
alle“ . Auch wenn die Initiatoren das sicher nicht meinen,
so ist es doch wichtig, klarzustellen: Ich will keine Ehe
mit Kindern erlauben und finde es richtig, dass wir dies
gerade noch einmal strenger als bisher ausgeschlossen
haben . Ich will keine Ehe von Eltern und Kindern . Ich
sehe auch keine Verbindung von mehreren als eine Ehe .
Dann gibt es den Fall, wo Menschen im Alter eine
Verbindung eingehen, um füreinander zu sorgen, ohne
dass es in dieser Form der Beziehung eine sexuelle Ver-
bindung gibt oder diese angestrebt wird . Ist auch das eine
Ehe? Nein . Es ist aber inzwischen gelebte Praxis und
eine begrüßenswerte Verbindung . Auch hier spreche ich
mich für gleich Rechte aus, ohne es aber „Ehe“ nennen
zu wollen .
Daher meine ich: Gleiche Rechte Ja, gleiche Bezeich-
nung Nein .
Ich werde heute aber auch deshalb mit Nein stimmen,
weil ich das Verfahren für unwürdig halte . Bei anderen
ethischen Entscheidungen im Bundestag ohne Fraktions-
voten – dem, was im Allgemeinen „Gewissensentschei-
dung“ genannt wird – haben wir uns umfangreich Zeit
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725226
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genommen für ausführliche Richtungsdebatten im Ple-
num, für umfangreiche Gutachten, Zeit, um die Zuschrif-
ten ausführlich zu lesen und auszuwerten, und Zeit, um
ausführlich mit den Wählern vor Ort zu diskutieren .
Diese Sorgfalt fehlt uns heute . Natürlich gibt es Kol-
legen, die bei der heutigen Frage sehr firm sind. Doch es
gibt auch viele, die ihr Wissensbedürfnis von Dienstag
bis heute – also in nicht einmal drei Tagen – nicht stillen
konnten .
So vermag ich auch deshalb heute nicht zuzustimmen,
weil ich eine Neuregelung ohne Grundgesetzänderung
als zweifelhaft ansehe . Noch im Jahr 2015 vertrat die
Bundesregierung die Auffassung, dass mit Blick auf die
einschlägige ständige Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts (BVerfGE 10, 59 [66]; 53, 224 [245];
62, 323 [330]; 105, 313 [345]; 128, 109 [125]; 131, 239
[259]; 133, 377 [409]) eine Öffnung der Ehe für Paare
gleichen Geschlechts eine Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes) voraussetze . Ge-
rade das sieht der Gesetzentwurf, über den heute abge-
stimmt werden soll, ausdrücklich nicht vor .
Ein späteres Gezerre vor dem Verfassungsgericht hilft
nicht, sondern schadet der Sache .
Und diese Sache ist gut: Unabhängig davon, ob die
Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare künftig
„Ehe“ heißen oder nicht: Es ist gut, wenn Menschen Ver-
antwortung füreinander übernehmen . Das ist eine zutiefst
konservative Haltung .
Xaver Jung (CDU/CSU): Dem heute vorliegenden
Antrag „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des
Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Ge-
schlechts“ werde ich in der vorliegenden Form zustim-
men . Meine Position in der Sache erkläre ich wie folgt:
Grundsätzlich wurde ich von der freien Abstim-
mung über die Eheschließung für Personen gleichen
Geschlechts noch in dieser Legislaturperiode sehr über-
rascht . Ich muss deutlich sagen, dass ich den Vertrauens-
bruch unseres Koalitionspartners missbillige, vor allem
da er einer Partei, die gerne den Bundeskanzler stellen
würde, nicht würdig ist und wie ein verzweifelter Ver-
such von Martin Schulz wirkt, nun auch mit solchen The-
men Wahlkampf zu machen .
Dennoch bin ich nach reiflicher Überlegung zu dem
Entschluss gekommen, dass ich dem heutigen Antrag zur
Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen
gleichen Geschlechts zustimmen werde .
Grundsätzlich ist für mich die Ehe die Verbindung
zwischen Mann und Frau, und ich glaube, dass dies
auch die Väter unseres Grundgesetzes so gesehen haben .
Dennoch sehe ich es als meine Pflicht an, mich mit der
Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts kri-
tisch auseinanderzusetzen, da sie von einer Mehrheit der
Bevölkerung bereits gesellschaftlich anerkannt ist und
ebenfalls befürwortet wird . Zudem ist das Eintreten für
konservative Werte nicht zwangsweise mit dem Festhal-
ten an bisher immer dagewesenen Regelungen verbun-
den . Denn ich bin mir bewusst, dass auch zwei gleich-
geschlechtliche Menschen wie ein Ehepaar verbindlich
füreinander einstehen können . Wenn zwei Menschen
füreinander Verantwortung übernehmen und damit auch
traditionelle konservative Werte vertreten, dann sollten
sie auch einen rechtlichen Schutz genießen können .
Mein zweiter Standpunkt hat für mich überwogen,
auch wenn ich glaube, dass eine andere Herangehens-
weise zielführender gewesen wäre . Hier hätte in einer
umfangreichen Debatte möglicherweise eine gleiche
rechtliche Lösung für gleichgeschlechtliche Lebenspart-
nerschaften gefunden werden können, ohne diese in den
Begriff „Ehe“ einzubetten .
Mit der Abstimmung über die Einführung des Rechts
auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts
haben wir zu Recht für einen entsprechenden Schutz für
gleichgeschlechtliche Paare gesorgt . Jetzt muss es aber
auch unser klares Ziel sein, die Förderung junger Fami-
lien und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wieder
mehr in den Vordergrund zu rücken .
Hans-Werner Kammer (CDU/CSU): Der vorlie-
gende Gesetzentwurf des Bundesrates betrifft – ebenso
wie die nicht debattierten Gesetzentwürfe der Oppositi-
on zur selben Fragestellung – die Grundfesten unserer
Gesellschaft . Ich halte daher eine breite Diskussion in
Parlament und Öffentlichkeit unter Beteiligung der Kir-
chen für dringend geboten . Dieses war jedoch aufgrund
der kurzfristigen Aufsetzung des Tagesordnungspunktes
nicht möglich .
Zudem bin ich überzeugt, dass auch verfassungs-
rechtliche Fragen noch unzureichend geklärt sind und
womöglich eine Anpassung des Grundgesetzes mit den
einfachgesetzlichen Änderungen einhergehen muss .
Die kurzfristige Behandlung dieses Gesetzentwurfes
widerspricht daher in mehreren Punkten einer guten Ge-
setzgebung . Folgerichtig habe ich diesem Vorhaben heu-
te nicht zugestimmt .
Alois Karl (CDU/CSU): Zunächst möchte ich beto-
nen, dass ich die Entscheidung von Menschen, die ihren
Lebensentwurf in anderen Formen der Partnerschaft als
der Ehe verwirklichen möchten, selbstverständlich res-
pektiere . Auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen
werden grundlegende Werte unserer Gesellschaft gelebt .
Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partner-
schaft zusammenleben, toleriere ich selbstverständlich
und werde ihr Zusammenleben niemals diskriminieren .
Nach meiner Überzeugung ist dem Bedürfnis gleich-
geschlechtlicher Lebenspartner nach Anerkennung
und rechtlicher Absicherung mit dem Lebenspartner-
schaftsgesetz bereits umfassend Rechnung getragen .
Lebenspartnerschaften werden bereits in vielfacher Hin-
sicht den Verhältnissen, die sich aus der gesetzlichen Ehe
ergeben, gleichgesetzt .
Keine Gleichstellung kann es beim Adoptionsrecht
geben . In Fragen des Adoptionsrechts gilt nicht nur der
Blickwinkel der Bezugspersonen, sondern ausschließlich
der des Kindes . Die gesetzliche Gleichsetzung von Ehe
und Nicht-Ehe im Bereich der Volladoption berücksich-
tigt aus meiner Sicht das Wohl des Kindes gerade nicht .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25227
(A) (C)
(B) (D)
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Grund-
satzurteil zur eingetragenen Lebenspartnerschaft vom
17 . Juli 2002 herausgestellt, dass die eingetragene Le-
benspartnerschaft eine andere Form zur Ehe ist, aber kei-
ne Ehe mit falschem Etikett . Darüber hinaus ist es dem
Gesetzgeber wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes
der Ehe in Artikel 6 Grundgesetzes grundsätzlich ver-
wehrt, die grundgesetzlich geschützte Ehe mit anderen
Lebensformen gleichzusetzen .
Ich lehne daher eine vollständige Gleichsetzung aller
Lebenspartnerschaften mit der Ehe zwischen Mann und
Frau ab .
Ronja Kemmer (CDU/CSU): Ich werde den zur Ab-
stimmung stehenden Gesetzentwurf des Bundesrates zur
Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen
gleichen Geschlechts – Drucksache 18/6665 – ablehnen .
Die rechtliche Gleichstellung zwischen der eingetra-
genen Partnerschaft und der Ehe halte ich für richtig . Wer
aus staatlicher Sicht Verantwortung füreinander über-
nimmt und Werte lebt, der soll auch gleiche Rechte und
Pflichten erhalten.
Das Verfahren in dieser Woche lässt jedoch viele Fra-
gen ungeklärt, so zum Beispiel hinsichtlich des Volladop-
tionsrechtes sowie der Rolle und Definition der Begriffe
von „Mutter“, „Vater“ und „Eltern“ und der bereits heute
erhobenen Forderung, diese Begriffe geschlechtsneutral
zu formulieren . Dies alles muss offen diskutiert werden,
sowohl in der Gesellschaft als auch im Parlament, darf
aber nicht ohne verfassungsrechtliche Sicherheit in ei-
nem Hauruckverfahren beschlossen werden .
Deswegen kann ich dem Antrag in dieser Form nicht
zustimmen .
Markus Koob (CDU/CSU): In den vergangenen
Jahren wurden zunehmend eingetragene Lebenspartner-
schaften von Personen gleichen Geschlechts mit der Ehe
von Mann und Frau gleichgestellt . So wurden unter ande-
rem Auskunftsrechte, steuerliche und beamtenrechtliche
Regelungen sowie Hinterbliebenenansprüche angepasst .
Diese Angleichungen begrüße ich ausdrücklich . Viele
dieser Angleichungen gingen auf Urteile des Bundesver-
fassungsgerichtes zurück, das eine entsprechende Anglei-
chung für rechtlich geboten erachtet hat . Gleichzeitig hat
das Bundesverfassungsgericht in seiner ständigen Recht-
sprechung regelmäßig darauf verwiesen, dass die in Ar-
tikel 6 des Grundgesetzes besonders geschützte Ehe die
Verbindung von Mann und Frau bedeutet . Die Ehe von
Mann und Frau unterscheidet sich von der eingetrage-
nen Lebenspartnerschaft in dem Punkt, dass aus der Ver-
bindung von Mann und Frau Kinder entstehen können,
was für mich einen wesentlichen Aspekt des besonderen
Schutzgebotes darstellt . Die Ehe von Mann und Frau
und die eingetragene Lebenspartnerschaft haben gemein,
dass in beiden Beziehungen verbindliche Verantwortung
füreinander übernommen wird . Ich habe in meinem per-
sönlichen Umfeld mehrere beeindruckende Beispiele
dafür, wie in eingetragenen Lebenspartnerschaften Werte
wie Liebe, Verantwortung, Verlässlichkeit und Vertrauen
gelebt werden – unter auch heute oftmals immer noch
schwierigeren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen,
als dies bei heterosexuellen Paaren der Fall ist .
Diesen Umstand erkenne ich ausdrücklich an und
hätte mir daher als Lösung gut vorstellen können, die
Aufzählung des Artikel 6 des Grundgesetzes, in dem Ehe
und Familie geschützt werden, um die eingetragenen Le-
benspartnerschaften zu erweitern . Damit wären diese auf
das gleiche Schutzniveau gestellt worden, ohne dabei die
Unterschiedlichkeit beider Verbindungen zu negieren .
Da diese Option aber nicht zur Abstimmung steht, be-
gründe ich mein Abstimmungsverhalten zur Einführung
des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Ge-
schlechts wie folgt:
Erstens . Das Bundesverfassungsgericht hat in stän-
diger Rechtsprechung die Ehe als die Verbindung von
Mann und Frau definiert. Eine Öffnung dieses Begrif-
fes setzt daher nach meiner rechtlichen Überzeugung
entweder eine Änderung der ständigen Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts oder eine Änderung des
Grundgesetzes voraus . Eine einfachrechtliche Gesetzes-
regelung halte ich hingegen nicht für ausreichend . Auch
das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher-
schutz und das Bundesministerium des Innern sind in
ihrer rechtlichen Einschätzung zu dem Ergebnis gekom-
men, dass eine Erweiterung des Begriffs der Ehe eine
Grundgesetzänderung erforderlich macht .
Zweitens . Mit der Öffnung des Ehebegriffs auf ein-
fachgesetzlicher Grundlage wird die oben erwähnte
Verschiedenartigkeit der Beziehung von Mann und Frau
einerseits und eingetragener Lebenspartnerschaften an-
dererseits nicht hinreichend rechtlich gewürdigt .
Aus diesen beiden Gründen werde ich dem Gesetz-
entwurf des Bundesrates zur Einführung des Rechts auf
Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts nicht
zustimmen .
Ich bedaure, dass die Frage – in der man aus guten
Gründen unterschiedliche Meinungen vertreten kann –
auf diese in meinen Augen würdelose Art und Weise im
Parlament noch vor der Sommerpause durchgedrückt
wird . Der schnelle politische Erfolg, dem politischen
Gegner noch schnell eins auszuwischen, wird seitens der
SPD-Fraktion über die auch in der Unionsfraktion statt-
findende breite und konstruktive Diskussion gestellt.
Ich habe hohen Respekt für die Kolleginnen und Kol-
legen, die in dieser Frage anders abstimmen . Niemand
macht sich diese Abstimmung leicht, auch ich nicht . Den
gleichen Respekt erwarte ich aber auch für die Positio-
nierung derjenigen Kolleginnen und Kollegen, die diesen
Schritt nicht gehen wollen oder können .
Uwe Lagosky (CDU/CSU): Dem Gesetzentwurf
des Bundesrates „Gesetz zur Einführung des Rechts auf
Eheschließung für Personen des gleichen Geschlechts“
(Drucksache 18/6665) werde ich nicht zustimmen .
Als Christdemokrat erkenne ich an, dass in gleich-
geschlechtlichen Lebenspartnerschaften familiäre Wer-
te gelebt werden und Menschen gemeinsam ihren Le-
bensentwurf verwirklichen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725228
(A) (C)
(B) (D)
Ehe und Lebenspartnerschaft unterscheiden sich in
der gesetzlichen Ausgestaltung nur noch geringfügig .
Das Zustandekommen der rechtlichen Bindung, die ge-
genseitigen Rechte und Pflichten, die gemeinsame Woh-
nung, der gemeinsame Name, Erbrecht, Sozialrecht, Un-
terhalt und sogar die Regelungen zur Scheidung wurden
angeglichen . Im Hinblick auf Adoptionen gibt es jedoch
Unterschiede .
Eine Gleichstellung bei der Adoption fremder Kinder
sehe ich kritisch . Aus meiner Sicht ist es erstrebenswert,
einem Kind das Aufwachsen mit Elternteilen beider Ge-
schlechter zu ermöglichen . Dies kann dank der zahlrei-
chen adoptionswilligen Ehepaare gewährleistet werden .
Für mein Abstimmungsverhalten ist das Kindes-
wohl maßgeblich . Aus meiner Sicht ist die rechtliche
Angleichung der Ehe und der gleichgeschlechtlichen Le-
benspartnerschaft ausreichend, weshalb ich keinen An-
lass für eine Änderung sehe .
Die Art und Weise, wie diese Abstimmung herbeige-
führt wurde, halte ich für misslungen . Zudem bin ich der
Überzeugung, dass eine Änderung des Grundgesetzes
notwendig ist .
Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Homosexualität
ist ein Teil menschlicher Normalität und eine natürliche
Gegebenheit, die Respekt verdient . Die sexuelle Orien-
tierung eines Menschen bedarf keiner Bewertung und
duldet keine Diskriminierung . Die daraus erwachsenden
Lebensformen haben ein Recht auf Akzeptanz, soweit sie
nicht Grenzen überschreiten, die das Recht auf Schutz
oder auf Selbstbestimmung anderer tangieren . Dies alles
ist, soweit der Staat gefordert ist, mit der bis heute gelten-
den Rechtslage vollumfänglich gewährleistet .
Indem der Deutsche Bundestag nun jedoch die „Ehe
für alle“ einführt, stellt er auch begrifflich auf eine Ebe-
ne, was – bis auf Gleichheit im Adoptionsrecht – bisher
schon rechtlich faktisch gleichgestellt ist .
Die heutige Entscheidung verschafft gleichgeschlecht-
lichen Partnerschaften keinen zusätzlichen Respekt, ent-
wertet aber die Beziehung zwischen Mann und Frau .
Nachdem andere Beziehungen als die zwischen Mann
und Frau auch „Ehe“ heißen dürfen, kann dem Ehebe-
griff nicht mehr zwingend die Fähigkeit zugeordnet wer-
den, Keimzelle neuen Lebens zu sein . Darauf angelegten
Beziehungen wird vielmehr jeder Alleinstellungsbegriff
entzogen . Das Bestreben, Leben zu zeugen und weiter-
zugeben, wird seiner besonderen Würde beraubt, seine
einzigartige Funktion wird negiert .
Wir erleben die parlamentarische Abbildung des dis-
kriminierenden und herabwürdigenden Tons, in dem in
der Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten die
traditionelle Beziehung zwischen Mann und Frau medi-
al und politisch behandelt wird . Dieser Ton spiegelt sich
in Begriffen wie „Herdprämie“, „Heimchen am Herd“
„die drei ‚K‘ für die Frau“ wider . Solche Worte sind An-
schläge auf Lebensleistungen, mit denen Generationen
von Frauen posthum als hilflose Opfer einer patriarchali-
schen Ordnung bevormundet werden . Diesen Frauen ver-
danken wir aber die Existenz unseres Lebens . Außerdem
wird suggeriert, dass bei diesen Frauen ausgeschlossen
werden könne, dass sie mit ihrer Lebenslage zufrieden
gewesen sein könnten . Dieser Umgang der Gesellschaft
mit den Lebensauffassungen meiner Vorfahren ist zu ver-
urteilen, auch deshalb, weil diese sich nicht mehr ver-
teidigen können . Zu diesen Vorfahren gehören auch die
Mütter und Väter des Grundgesetzes .
Mit der heutigen Entscheidung wird nicht die Ehe für
alle eingeführt, sondern die Ehe für Mann und Frau ab-
geschafft . Ich lehne diese Maßnahme ab, da damit eine
Grundlage unserer Gesellschaft in Gefahr gebracht wird .
Dr. Dr. h. c. Karl A. Lamers (CDU/CSU): Seit
23 Jahren bin ich Mitglied des Deutschen Bundestages .
In dieser langen Zeit habe ich vieles erlebt – Höhen und
Tiefen .
Der rüde Umgang mit den Gepflogenheiten des
Deutschen Bundestages, nämlich den Abgeordneten die
Chance zu einer umfassenden und vertieften Diskus-
sion zum Thema „Ehe für alle“ zu nehmen, erschüttert
mich . Aus reinen Wahlkampfgründen scheut sich Martin
Schulz nicht, quasi über Nacht diese hochsensible Ent-
scheidung am Freitag auf die Tagesordnung des Par-
laments zu stemmen . Ein so wichtiges Thema hätte es
verdient, in der nächsten Legislaturperiode offen, ehrlich
und tiefschürfend besprochen und dann entschieden zu
werden . Jetzt wird es durchgeprügelt . Das geht mir gegen
den Kamm .
Genauso empört mich die perfide Attacke des
SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz auf die Bundes-
kanzlerin, bei der er von einem „Anschlag auf die De-
mokratie“ sprach . Das ist so ungeheuerlich, dass ich sie
nicht weiter kommentieren möchte . Reden Sie bitte nicht
mehr von Fairness und Würde, Herr Schulz! Ihr Verhal-
ten ist stillos und eines Kanzlerkandidaten unwürdig .
Meine heutige Entscheidung über die „Öffnung der
Ehe für gleichgeschlechtliche Paare“ habe ich mir nicht
leicht gemacht. Ich habe sie nach reiflicher Überlegung
und gewissenhafter Abwägung getroffen .
Auch zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren gibt es
natürlich Werte, die beispielhaft gelebt werden, Verbun-
denheit und Treue . Letztlich geht es um eine Verbindung,
in der sich zwei Menschen lieben und Verantwortung für-
einander übernehmen .
Bereits heute gibt es in der gesetzlichen Ausgestaltung
kaum noch Unterschiede zwischen einer Ehe und einer
Lebenspartnerschaft . Mit dem Gesetz zur Bereinigung
des Rechts der Lebenspartner hat der Bundestag Unter-
schiede in der Behandlung von Ehe und Lebenspartner-
schaft in zahlreichen Einzelgesetzen beseitigt und die
rechtlichen Regelungen aneinander angeglichen .
Mittlerweile gibt es auch bereits verschiedene Mög-
lichkeiten für gleichgeschlechtliche Paare, Kinder zu
adoptieren: Ich nenne die Sukzessivadoption, die Stief-
kindadoption und die Möglichkeit, im Ausland Adoptio-
nen vorzunehmen .
In Deutschland entscheiden Jugendämter und Fami-
liengerichte darüber, in welche Obhut Kinder gegeben
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25229
(A) (C)
(B) (D)
werden . In jedem konkreten Einzelfall wird geprüft, ob
die Adoption dem Kindeswohl dient – auch wenn ein
Mann und eine Frau gemeinsam ein Kind adoptieren
möchten .
Ich bin überzeugt, dass keiner in unserer Gesellschaft
die Zurücksetzung oder Missachtung von gleichge-
schlechtlichen Paaren wünscht . Ich jedenfalls nicht .
Innerhalb von drei Tagen soll jetzt aber ein Gesetzes-
vorhaben beschlossen werden, dessen Verfassungsmä-
ßigkeit von vielen Seiten bezweifelt wird . Nach Artikel 6
unseres Grundgesetzes stehen Ehe und Familie „unter
dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“ . Das
Bundesverfassungsgericht hat mehrfach deutlich ge-
macht, dass mit Ehe ausschließlich eine auf Dauer ange-
legte, auf freiem Entschluss und Gleichberechtigung be-
ruhende und förmlich geschlossene Lebensgemeinschaft
zwischen Frau und Mann gemeint ist .
Als Jurist hätte ich mir gewünscht, im Rahmen eines
geordneten Gesetzgebungsverfahrens die Frage zu klä-
ren, ob für eine vollständige Gleichstellung eine Grund-
gesetzänderung nötig ist .
Die Bundeskanzlerin wollte mit ihrer Initiative gewiss
den Weg dazu ebnen, nach der Bundestagswahl und einer
ausführlichen parlamentarischen Beratung ein entspre-
chendes Gesetz auf breiter Grundlage zu verabschieden,
das alle Aspekte berücksichtigt . Diese Chance hat die
SPD vertan – aus Machtstreben . Schade .
All das hat mich letztlich bewogen, heute mit Nein zu
stimmen .
Mein Respekt gilt allen Kolleginnen und Kollegen für
ihre individuelle Gewissensentscheidung .
Antje Lezius (CDU/CSU): Wo gleiche Werte gelebt,
Rechte und Pflichten gegenseitig gewährt und übernom-
men werden und wo das Füreinander-Einstehen zum ver-
bindlichen Lebensziel erklärt wird, sollten deshalb auch
gleichwertige rechtliche Maßstäbe angelegt werden . Aus
diesem Grund befürworte ich die volle rechtliche Gleich-
stellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft und setze
mich dafür ein, dass neben der Ehe auch die eingetragene
Lebenspartnerschaft unter den besonderen Schutz unse-
rer Verfassung in Artikel 6 Grundgesetz gestellt wird .
Ich erkenne an, dass Kinder auch in Lebenspartner-
schaften eine fürsorgliche sowie vertrauens- und liebe-
volle Umgebung erfahren können . Angesichts der seit
langem geübten Rechtspraxis von Jugendämtern, Kinder
aus dem Kindeswohl abträglichen Familienverhältnis-
sen auch in die Obhut gleichgeschlechtlicher Paare zu
geben, und der bereits jetzt möglichen sukzessiven Ad-
option von Kindern durch gleichgeschlechtliche Partner
setze ich mich dafür ein, dass eingetragene Lebenspart-
nerschaften die Möglichkeit zur Volladoption in einem
Akt nach einer am Kindeswohl orientierten individuellen
Einzelfallprüfung erhalten .
Dennoch werde ich den zur Abstimmung stehen-
den Gesetzentwurf des Bundesrates zur Einführung des
Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Ge-
schlechts nach reiflicher Überlegung ablehnen:
Nach ständiger, auch jüngster Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts geht der Ehebegriff des
Grundgesetzes von einer Verschiedengeschlechtlichkeit
der Partner als Wesensmerkmal der Ehe aus . Eine Um-
definition des Begriffs „Ehe“, der in erster Linie histo-
risch, kulturell und religiös besetzt ist, kann nach mei-
nem Rechtsverständnis nicht einfachgesetzlich ohne eine
Verfassungsänderung erfolgen .
Die nach Artikel 1 des Grundgesetzes geschützte Wür-
de der Person ist unumstritten nicht abhängig von ihrer
sexuellen Orientierung . Ebenso unbestreitbar ist der We-
sensgehalt des traditionellen Eheverständnisses, der sich
aus der expliziten Verbindung von Mann und Frau ergibt .
Dazu gehört auch die Tatsache, dass nur in der Paar-
konstellation von Mann und Frau Kinder gezeugt und
Leben weitergegeben werden kann . Deshalb kann eine
„eheliche“ Verbindung nicht für „alles“ stehen und unter-
scheidet sich von der eingetragenen Lebenspartnerschaft .
Allein diese sprachliche Differenzierung von „Ehe“ und
„eingetragener Lebenspartnerschaft“ begründet für sich
genommen keine Diskriminierung, die zu gesetzlichem
Handeln zwingt .
Die „Ehe für alle“ ist explizit nicht Bestandteil des
aktuellen Koalitionsvertrages zwischen Union und SPD .
Ich bedaure, dass die SPD aus wahltaktischen Gründen
zum Ende der Legislaturperiode in einem konfrontativen
Verfahren eine Abstimmung erzwingt . Dieser bewusst
kalkulierte Vertrauensbruch und die daraus resultieren-
den parlamentarischen Abläufe werden der gesellschaft-
lichen, normativen und auch emotionalen Tragweite der
Thematik nicht gerecht und verhindern so einen mögli-
chen breiteren Konsens .
Andrea Lindholz (CDU/CSU): Die Vorgehenswei-
se der SPD-Bundestagsfraktion in dieser Frage verstößt
gegen den Koalitionsvertrag, gegen das Prinzip der Ko-
alitionstreue und gegen die parlamentarischen Gepflo-
genheiten . Es ist offensichtlich, dass der nun erfolgte
Vertrauensmissbrauch der SPD nicht der Sache, sondern
allein dem beginnenden Wahlkampf geschuldet ist . Die
plumpe Forderung nach einer „Ehe für alle“ erachte ich
als eine unwürdige Verkürzung einer sehr sensiblen The-
matik . Die SPD-Bundestagsfraktion hat mit ihrem oppor-
tunistischen Vorgehen ihrem Ansehen als Regierungspar-
tei und verlässlicher Koalitionspartner enorm geschadet .
Die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft ist
der Ehe rechtlich bereits weitgehend gleichgestellt . Ich
begrüße diesen gesellschaftlichen Wandel, da auch in
gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Werte gelebt
werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind .
Das verdient Anerkennung . Es ist richtig, dass der Staat
mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft eine eigene
Institution dafür vorhält . Jegliche Form von Diskrimi-
nierung gegenüber diesen Partnerschaften lehne ich ent-
schieden ab .
Dem vorliegenden Gesetzentwurf kann ich aus mehr-
facher Hinsicht nicht zustimmen:
Erstens . Änderungen des Grundgesetzes dürfen nicht
durch einfachgesetzliche Regelungen erfolgen . Die
Bundesregierung schrieb 2015 unter Federführung des
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725230
(A) (C)
(B) (D)
Bundesjustizministers in ihrer Antwort auf Drucksa-
che 18/4862 auf Seite 5: „Mit Blick auf die einschlägi-
ge ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts (BVerfGE 10, 59 [66]; 53, 224 [245]; 62, 323
[330]; 105, 313 [345]; 128, 109 [125]; 131, 239 [259];
133, 377 [409]) würde eine Öffnung der Ehe für Paare
gleichen Geschlechts eine Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes) voraussetzen .“
Im Gegensatz zur SPD und ihrem Bundesjustizminister
teile ich weiterhin diese Rechtsauffassung . Die Väter und
Mütter des Grundgesetzes interpretierten das Rechtsin-
stitut der Ehe zweifelsfrei als eine auf Dauer angelegte
Verbindung von Mann und Frau . Bis heute folgen alle
gängigen Rechtskommentare dieser Interpretation . Für
eine Änderung des Rechtsbegriffes der Ehe wäre eine
Grundgesetzänderung und dementsprechend eine Zwei-
drittelmehrheit in Bundesrat und Bundestag erforderlich .
Eine eindeutige verfassungsändernde Mehrheit könnte
maßgeblich zur Befriedung dieses umstrittenen Themas
beitragen .
Zweitens . Mir geht es um eine wertfreie Differenzie-
rung . Die Privilegierung der Ehe zwischen Mann und
Frau ist sachlich begründet und basiert auf ihrer natür-
lichen Veranlagung, Kinder hervorbringen zu können .
Aus diesem Grund bezeichnet das Bundesverfassungs-
gericht in seinem Urteil von 2002 die gleichgeschlecht-
liche Lebenspartnerschaft als ein aliud zur Ehe mit der
Begründung: „Nicht ihre Bezeichnung begründet ihre
Andersartigkeit, sondern der Umstand, dass sich in der
eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht Mann und Frau,
sondern zwei gleichgeschlechtliche Partner binden kön-
nen . In ihrer Gesamtheit geben die Strukturprinzipien,
die die Ehe kennzeichnen, dieser die Gestalt und Ex-
klusivität, in der sie als Institut verfassungsrechtlichen
Schutz erfährt .“ (1 BvF 1/01) Im Ergebnis beschränkt
der vorliegende Gesetzentwurf die Begründung für die
Privilegierung der Ehe auf eine dauerhafte Verbindung
zwischen zwei Menschen . Diese Verkürzung wirft zahl-
reiche Fragen auf . Eine Grundgesetzänderung würde die
Möglichkeit eröffnen, den Schutz von Ehe und gleich-
geschlechtlicher Lebenspartnerschaft verfassungsrecht-
lich anzugleichen, ohne dabei offensichtlich Ungleiches
gleich zu machen .
Drittens . Der Antrag sieht das Recht auf Volladoption
vor. Im Gegensatz zur Pflegeelternschaft begründet der
Staat bei der Adoption ein neues Verwandtschaftsver-
hältnis mit allen dazugehörigen Rechten und Pflichten.
Damit besteht zwischen Adoption und Pflege ein funda-
mentaler Unterschied . Als Fachanwältin für Familien-
recht halte ich es für unabdingbar, dass das Kindeswohl
ausschließliches Entscheidungskriterium bleibt und der
Kinderwunsch nachrangig behandelt wird . Vater und
Mutter sind als Bezugspersonen für das Kindeswohl
von elementarer Bedeutung . Ebenso sind ein adäquates
Einkommen und ein angemessenes Alter der Adoptivel-
tern unerlässliche Voraussetzungen . Diese Vorgaben sind
nicht als Diskriminierung gegenüber einkommensschwä-
cheren, älteren oder gleichgeschlechtlichen Adoptivel-
tern zu werten, sondern dienen allein dem alles überra-
genden Kindeswohl . Auch in diesem Punkt würde eine
Grundgesetzänderung die Möglichkeit zur Differenzie-
rung eröffnen . Der vorliegende Gesetzentwurf verhindert
aber, dass über diesen Punkt überhaupt debattiert und
verhandelt werden kann .
Ich bedaure sehr, dass sich SPD, Bündnis 90/Die Grü-
nen und die Linke für dieses unwürdige Verfahren ent-
schieden haben, das dem Thema nicht ansatzweise ge-
recht wird .
Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU): Erstens
zur Sache: Ich wertschätze alle auf Dauer, Verbindlich-
keit und wechselseitige Verantwortung angelegten Part-
nerschaften . In besonderer Weise werden diese Werte in
der Ehe und in der eingetragenen Lebenspartnerschaft
verwirklicht . Sie sind gut für das Zusammenleben in un-
serer Gesellschaft und entscheidend für deren Zukunft .
Wo gleiche Werte gelebt, Rechte und Pflichten gegensei-
tig gewährt und übernommen werden und wo das Fürei-
nander-Einstehen zum verbindlichen Lebensziel erklärt
wird, sollen auch gleiche rechtliche Maßstäbe angelegt
werden .
Deshalb befürworte ich die volle rechtliche Gleich-
stellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft und setze
mich dafür ein, dass neben der Ehe auch die eingetragene
Lebenspartnerschaft unter den besonderen Schutz unse-
rer Verfassung in Artikel 6 des Grundgesetzes gestellt
wird
Diese rechtliche Gleichstellung ist insbesondere beim
Adoptionsrecht noch nicht vollzogen . Die bestehenden
Unterschiede sollten ebenso angeglichen werden .
Trotz rechtlicher Gleichstellung und hoher Wertschät-
zung, die ich beiden Rechtsinstituten zukommen las-
se, sind sie für mich aber nicht identisch . „Ehe“ ist ein
zentraler historischer, kultureller, religiöser und gesell-
schaftlich geprägter Begriff . Zum Wesensmerkmal einer
Ehe gehört danach, dass sie eine auf Lebenszeit angeleg-
te Verbindung von Mann und Frau ist .
Die Frage ist nun, ob „gleiches Recht“ auch den An-
spruch meint, diesen Begriff umzudeuten – und das selbst
dann, wenn davon keine weiteren substanziellen Rechte
abhängen . Für mich ist es dagegen wichtig und legitim,
weiter eine begriffliche Unterscheidung zu machen. Un-
terschiedliches darf und muss man auch unterschiedlich
benennen können . Jede faktische Diskriminierung muss
unterbunden werden . Ich bin allerdings auch der Mei-
nung, dass Differenzierungen allein nicht schon Diskri-
minierung sind .
Zweitens zum Verfahren: Ich halte es für eine richtige
Entscheidung der Fraktionsspitze, bei diesem Thema den
Fraktionszwang aufzuheben und damit der persönlichen
Gewissensfreiheit jedes einzelnen Bundestagsabgeord-
neten, die immer besteht, ausdrücklich mehr Raum zu
geben .
Nach ständiger auch jüngster Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts geht der Ehebegriff des
Grundgesetztes in Artikel 6 von einer Verschiedenge-
schlechtlichkeit der Partner als Wesensmerkmal der Ehe
aus. Eine Neudefinition des Begriffs Ehe kann nach mei-
nem Rechtsverständnis deshalb auf keinen Fall einfach-
gesetzlich ohne eine Verfassungsänderung erfolgen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25231
(A) (C)
(B) (D)
„Ehe für alle“ ist explizit nicht Bestandteil des ak-
tuellen Koalitionsvertrages . Das Verhalten der SPD in
dieser Frage verstößt gegen die vertraglich vereinbarten
Kooperationsbedingungen dieser Koalition . Das nenne
ich einen kalkulierten Vertrauensbruch . Es ist unseriös,
das Thema gegen alle getroffenen Vereinbarungen in der
letzten Sitzungswoche auf die Tagesordnung des Deut-
schen Bundestages zu setzen . Das wird der gesellschaft-
lichen, normativen und auch emotionalen Tragweite die-
ser Entscheidung in keiner Weise gerecht .
Stattdessen wäre ein seriöses parlamentarisches Ver-
fahren dringend geboten, wie das auch bei anderen The-
ma, bei denen der Fraktionszwang aufgehoben wurde,
selbstverständlich war .
Drittens zu meinem Votum: Es geht im Gesetz allein
um die Zivilehe, die sich von dem kirchlichen Ehever-
ständnis, das mich als überzeugte Katholikin prägt, schon
heute sehr unterscheidet . Meine eigene religiöse Über-
zeugung kann und will ich niemandem überstülpen . Ich
persönlich habe außerdem durch viele Gespräche und
vor allem durch persönliche Begegnungen mit gleichge-
schlechtlichen Paaren viel dazugelernt .
Nach reiflicher Überlegung und Abwägung aller Ar-
gumente werde ich aber den Gesetzentwurf des Bundes-
rats zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für
Personen gleichen Geschlechts (Drucksache 18/6665)
aus den genannten Gründen ablehnen .
Weitere Anmerkungen:
Nicht nur angesichts der schon längst geübten Rechts-
praxis bei uns im Land setze ich mich dafür ein, dass
eingetragene Lebenspartnerschaften die Möglichkeit zur
Volladoption in einem Akt nach einer am Kindeswohl
orientierten Einzelfallprüfung (wie bei anderen Paaren
auch üblich) erhalten . Wir erlauben in Deutschland die
Eigenkindadoption und ermöglichen die Sukzessivadop-
tion . Wir geben nach sorgfältiger Prüfung, die bei allen
übrigen Verfahren auch nötig ist, Pflegekinder auch in
gleichgeschlechtliche Paarhaushalte . So bleibt „ledig-
lich“ eine Unterscheidung bei der Fremdkindadoption .
Es gibt keine überzeugenden Argumente, in dieser Situ-
ation eine Fremdkindadoption weiterhin grundsätzlich
abzulehnen . Wir haben in Deutschland hervorragende
Fachdienste, die die Adoptionsverfahren durchführen
und nach ausführlicher Prüfung nach bewährten Kriteri-
en im Sinne des Kindeswohles Einzelfallentscheidungen
treffen . Diese sollten zukünftig auch bei Fremdkindad-
optionen bei gleichgeschlechtlichen Paaren Anwendung
finden.
Die Rechte der Kirchen und Religionsgemeinschaften
bleiben von einer gesetzlichen Neuregelung natürlich un-
berührt . Schon jetzt unterscheiden sich das Konzept der
Zivilehe und das katholische sakramentale Eheverständ-
nis in Blick auf die Voraussetzungen für eine mögliche
Eheschließung und die Definition von Ehe. Die Kirche
definiert für sich, was das Sakrament der Ehe ausmacht.
Und gleichzeitig gilt: Welche Christin und welcher
Christ könnte Liebe, Treue, lebenslange Verantwortung
und Sorge zwischen zwei Frauen oder zwei Männern ab-
werten wollen?
Es wird der besondere Schutz von Ehe und Familie
nicht ausgehöhlt, wenn eingetragene Lebenspartner glei-
che Rechte erhalten . Es wird deshalb keine Ehe weniger
geschlossen und kein Kind weniger geboren .
Besonders bemerkenswert an der aktuellen Debatte ist
für mich die parteiübergreifende Selbstverständlichkeit,
mit der die Ehe nun zur entscheidenden Säule der deut-
schen Gesellschaft erklärt wird . Das ist im guten Sinne
konservative Politik, die hier die Agenda bestimmt . Ehe
und Familie stark zu machen und zu fördern, ist nicht nur
ureigenes CDU-, sondern ganz besonders auch kirchli-
ches Anliegen . Hier sehe ich noch große Aufgaben und
eine besondere Verantwortung für den Gesetzgeber, aber
auch für die Kirchen, um für unterstützende Rahmen-
bedingungen zu sorgen . Ich gehe davon aus, dass das
CDU-Wahlprogramm 2017 dafür klare Zeichen setzen
wird .
Karin Maag (CDU/CSU): Die baden-württembergi-
sche Landeshauptstadt, die ich vertrete, ist eine weltoffe-
ne und tolerante Stadt, eine Stadt, in der man tagtäglich
erleben kann, dass Menschen gleichen Geschlechts für-
einander Verantwortung übernehmen mit dem Ziel, den
Lebensweg gemeinsam zu gehen . Als die gesetzliche Le-
benspartnerschaft vor 14 Jahren eingeführt wurde, war
es mir in meiner damaligen Funktion als Büroleiterin des
Stuttgarter Oberbürgermeisters wichtig, dass diese nicht
irgendwo in einem Hinterhof geschlossen wird, sondern
ein würdiger Rahmen gegeben ist . Denn diese eingetra-
genen Lebensgemeinschaften sollen eine gleiche Würdi-
gung wie die Ehe erfahren . Darauf haben in der Folgezeit
viele gesetzliche Regelungen abgezielt .
Trotzdem lehne ich den zur Abstimmung stehen-
den Gesetzentwurf des Bundesrates zur Einführung des
Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Ge-
schlechts (Drucksache 18/6665) ab; denn für mich sind
noch zu viele Fragen offen:
Erstens . Bisher zielt der in der Verfassung veran-
kerte Ehebegriff auf die Verschiedengeschlechtlichkeit
der Ehepartner ab . Um die Ehe überhaupt für gleichge-
schlechtliche Paare zu öffnen, bedürfte es nach meinem
Rechtsverständnis einer entsprechenden Verfassungsän-
derung .
Zweitens . Ein ganz zentrales Thema, das mich ganz
besonders beschäftigt, ist das Thema Kinder . Selbstver-
ständlich können Kinder in Lebenspartnerschaften beste
Lebens- und Entwicklungschancen vorfinden. Fakt ist
aber, dass bei gleichgeschlechtlichen Verbindungen mit
Blick auf Familiengründung das Adoptionsrecht die zen-
trale Rolle schlechthin spielt . Deshalb bedarf es gerade
in diesem Bereich einer entsprechend ausführlichen und
angemessenen abschließenden Diskussion im Vorfeld . In
diesem sensiblen Bereich nachzujustieren, ginge gege-
benenfalls zulasten der Kinder – was aus meiner Sicht
unvertretbar wäre .
Drittens . Die Bürgerinnen und Bürger, die wir ver-
treten, erwarten zu Recht, dass wir uns für Themen, die
eine große gesellschaftliche Tragweite haben – und dazu
gehört für mich zweifelsohne dieser Gesetzentwurf –, ge-
nügend Zeit nehmen . Natürlich kann man dagegenhalten,
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725232
(A) (C)
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dass wir in der Vergangenheit immer wieder über dieses
Thema gesprochen haben . Für mich macht es aber einen
großen Unterschied, ob man einfach darüber nur spricht
oder ob man darüber spricht mit dem Ziel, das Ganze in
eine Form zu gießen . Da gilt es, Voraussetzungen und
Fakten genau zu prüfen . 72 Stunden – das wiederhole ich
gerne – sind für mich nicht angemessen . Für das wahltak-
tische Vorpreschen des Koalitionspartners SPD entgegen
allen Absprachen habe ich kein Verständnis .
Yvonne Magwas (CDU/CSU): Ich werde dem Ge-
setzentwurf zur Öffnung der Ehe nicht zustimmen . Ich
hatte dazu in den vergangenen Tagen sehr viele Gesprä-
che und einen regen Austausch mit Bürgerinnen und Bür-
gern . Diese waren stets geprägt von hohem Respekt und
Toleranz gegenüber den verschiedenen Lebensformen .
Meine Meinung ist ausdrücklich kein Votum gegen
homosexuelle Frauen und Männer, deren Verantwortung
füreinander und Liebe zueinander ich vollumfänglich
sehe, sondern es ist erstens ein Votum für die Ehe, so wie
wir sie auch als CDU in unserem Grundsatzprogramm
beschlossen haben .
Viele Menschen verstehen die Ehe als Verbindung
zwischen Mann und Frau, vor allem deshalb, weil daraus
neues Leben, gemeinsame Kinder, entstehen können . Im
Übrigen hat dies auch die Kanzlerin in ihrem Interview
der Zeitschrift Brigitte deutlich herausgestellt . Sowohl in
der Ehe als auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaf-
ten werden oft die gleichen Werte vermittelt . Für viele
Menschen sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften
weder besser noch schlechter, sie sind nur anders .
Gleiches ist nach dem allgemeinen Gleichheitssatz
unseres Grundgesetzes gleich zu behandeln . Ungleiches
aber eben nicht . Es gibt hier aktuell keine Diskriminie-
rung . Die Ehe und die gleichgeschlechtliche Partner-
schaft haben gleiche Rechte und Pflichten. Einzig das
volle Adoptionsrecht begründet nur die Ehe . Hier geht es
aber nicht um Rechte der Erwachsenen, sondern der Kin-
der . Um das Kindeswohl . Darüber, ob dem in gleichge-
schlechtlichen Partnerschaften gleichermaßen Rechnung
getragen wird, sprechen wir bereits länger . Diese Debatte
muss weitergeführt werden .
Aus diesen Gründen, damit komme ich zum zweiten
Punkt meiner Stellungnahme, wäre eine intensivere und
verantwortliche Debatte nötig und wichtig gewesen .
Viele Fragen, die mir die Bürgerinnen und Bürger in
den vergangenen Tagen stellten, sind auch für mich noch
nicht beantwortet, beispielsweise ob es einer Grundge-
setzänderung bedarf oder nicht, ob es wirklich der Be-
griff der „Ehe“ für gleichgeschlechtliche Partnerschaften
sein sollte . Diese Fragen sind tiefgreifend und nicht bin-
nen dreier Tage zu beantworten . Auch das hat die Bun-
deskanzlerin in ihrem oben genannten Interview deutlich
gesagt . Jetzt im Wahlkampf ist es eine populistische Hau-
ruckaktion . In meinen Augen versucht die SPD, wenige
Wochen vor der Bundestagswahl die Union auf Kosten
des Zusammenhalts der Gesellschaft vor sich herzutrei-
ben, was ich nicht mitmache .
Die SPD hat mit ihrem Verhalten einen Vertrauens-
bruch in der Koalition begangen . Es ist ein weiteres Zei-
chen, dass die rot-rot-grüne Mehrheit steht . CDU und
CSU haben ihre Position in diesen Tagen nicht geändert .
Wir haben alle uns im Verfahren stehenden Möglichkei-
ten, diese Abstimmung zu verhindern, genutzt . Leider
letztlich erfolglos . Die Mehrheit entscheidet in der De-
mokratie . Das ist zu akzeptieren . Inakzeptabel ist aber
die Art und Weise, die an das ein oder andere Verhal-
ten von US-Präsident Trump erinnert . Herr Schulz sollte
besser das nächste Mal in den Spiegel schauen, bevor er
US-Präsident Trump kritisiert .
Dr. Thomas de Maizière (CDU/CSU): Bei der Ab-
stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Einfüh-
rung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen
Geschlechts habe ich mit Nein gestimmt . Ich begründe
mein Abstimmungsverhalten wie folgt:
Erstens . Das Gesetzgebungsverfahren weist Mängel
auf; es hat keine Anhörung zu diesem Gesetz gegeben .
Die Aufsetzung erfolgt nur aus wahlkampftaktischen
Gründen .
Zweitens . Nach meiner Auffassung hätte die Verab-
schiedung dieses Gesetzes einer vorherigen Änderung
des Grundgesetzes bedurft . Die Annahme, das Bundes-
verfassungsgericht werde dem Gesetzgeber schon folgen
und seine bisherige Rechtsprechung ändern, ist mit er-
heblichen verfassungsrechtlichen Bedenken verbunden
und wird von der dieses Gesetz unterstützenden Gruppie-
rung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Linkspartei
bei anderen Gesetzesvorhaben – etwa zum Sicherheits-
bereich – strikt abgelehnt .
Drittens . Das Gesetz ist so gar nicht vollziehbar . Es
bedarf umfangreicher begleitender Regelungen im Per-
sonenstandsrecht, um die praktische Umsetzung in den
Standesämtern zu gewährleisten und Unklarheiten zu
beseitigen . Dass diese begleitenden Regelungen nicht
erfolgt sind, spricht für die nur politisch zu erklärende
Hektik dieses Gesetzgebungsverfahrens .
Unklar nach diesem Gesetz sind zum Beispiel die Mo-
dalitäten des Verfahrens bei der Eheschließung als Um-
wandlungserklärung und deren Beurkundung im Ehere-
gister, die Modalitäten der Beurkundung der Auflösung
einer Lebenspartnerschaft im Lebenspartnerschaftsre-
gister durch Umwandlung in eine Ehe – wobei zudem
unklar ist, ob die bisherige Lebenspartnerschaft aufge-
löst oder nur gegenstandslos wird –, die Anpassung der
elektronischen Registerführung und der elektronischen
Datenübermittlung der Standesämter an andere Standes-
ämter und Behörden sowie die Tatsache, dass aus dem
Gesetzentwurf nicht klar hervorgeht, welches Datum als
Eheschließungsdatum zu beurkunden ist . Möglich wäre
der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft oder
der Tag der Eheschließung . Würde der Tag der Eheschlie-
ßung beurkundet, ohne dass die Lebenspartnerschaft auf
der Urkunde vermerkt wird, könnten die in der Zeit der
Lebenspartnerschaft erworbenen Ansprüche etwa famili-
en- oder erbrechtlicher Art verloren gehen .
Viertens . Für mich als Christ ist die Ehe die auf
Dauer angelegte Verbindung von Mann und Frau . Eine
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25233
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Diskriminierung anderer auf Dauer angelegter, verant-
wortlicher Zweierbeziehungen soll damit nicht verbun-
den sein . Entscheidend ist, dass die Rechtsfolgen einer
Lebenspartnerschaft keine Diskriminierungen gegen-
über einer Ehe bedeuten . Insoweit ist das Anliegen des
Gesetzentwurfs berechtigt. Allein auf die Begrifflichkeit
der Ehe abzustellen zeigt, dass es hier in Wahrheit um
Symbolpolitik geht .
Gisela Manderla (CDU/CSU): Ich stimme dem Ge-
setz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Per-
sonen des gleichen Geschlechts (Drucksache 18/6665)
aus Verfahrensgründen nicht zu . Eine Entscheidung, die
erhebliche Implikationen für das Grundgesetz mit sich
bringt und gegen die substanzielle verfassungsrechtli-
che Bedenken vorliegen, darf nicht leichtfertig „über das
Knie gebrochen“ werden . Das gilt insbesondere für die
bedenkliche Art und Weise der Herbeiführung dieser Ab-
stimmung, die in meinen Augen nichts anderes als einen
durchsichtigen Versuch darstellt, mittels wahlkampftak-
tischer Manöver aus der Regierungsverantwortung aus-
zuscheren .
Die Sitzung des Rechtsausschusses am Mittwoch, in
der die SPD ihr wahres Gesicht gezeigt und gemeinsa-
me Sache mit den Grünen und Linken gemacht hat, hat
klar gezeigt, wie wenig sich die Sozialdemokraten um
den Wählerauftrag und die darauf ausgerichtete Koali-
tionsvereinbarung scherten . Das ist unverantwortlich,
gefährdet das Vertrauen in politisches Handeln und wirft
zugleich ein bedenkliches Licht darauf, was unser Land
unter einer möglichen rot-rot-grünen Koalition zu erwar-
ten hätte .
Ich wünsche mir, dass wir diese Debatte in einem
breitangelegten öffentlichen Diskurs führen, der alle
relevanten Positionen angemessen einbezieht und die
verfassungsrechtlichen Bedenken im Vorfeld so gut es
geht ausräumt . Dies ist aber beim heute vorliegenden
Gesetzentwurf und mit Blick auf den absurden und letzt-
lich gefährlichen Aktionismus des rot-rot-grünen Bünd-
nisses nicht passiert . Deshalb kann ich dem Gesetz nicht
zustimmen .
Jan Metzler (CDU/CSU): Mir ist bewusst, dass die
Öffnung der Ehe kontrovers diskutiert wird und es auf
beiden Seiten nachvollziehbare Argumente gibt . Gera-
de weil meine Heimat christlich und traditionell geprägt
ist, habe ich mir die Entscheidung keineswegs leicht
gemacht . Dabei bin ich sehr dankbar für die unzähligen
Briefe, Anrufe und E-Mails, die mich erreicht haben .
Nach vielen sehr persönlichen Gesprächen mit Befür-
wortern und Gegnern überwiegen für mich am Ende aber
die Argumente für eine Öffnung . Um es deutlich zu ma-
chen: Es geht um die Öffnung der Zivilehe, nicht um eine
Öffnung der kirchlichen .
Ich halte es gerade bei einer solch emotionalen Debat-
te für geboten, Befürwortern und Gegnern, sei es in der
Politik oder in der Bevölkerung, mit Respekt vor ihrer
Haltung und Meinung zu begegnen . Menschen, denen es
aus welchen Gründen auch immer schwerfällt, eine Öff-
nung der Ehe zum jetzigen Zeitpunkt oder auch generell
zu unterstützen, als rückständig oder gar homophob zu
diffamieren, entspricht nicht meiner Vorstellung einer
sachlichen Debatte . Wer Verständnis für die eigene Posi-
tion erwartet, sollte auch der anderen ein Mindestmaß an
Respekt entgegenbringen .
In der Sache ist die Öffnung der Ehe für Paare glei-
chen Geschlechts der letzte logische Schritt einer etap-
penweisen Angleichung der Rechte von verschieden- und
gleichgeschlechtlichen Paaren . Dass dabei in den vergan-
genen fast 20 Jahren die rechtliche Gleichstellung nach
und nach umgesetzt wurde und eine Entwicklung durch-
lief, halte ich für grundlegend und entscheidend für die
heutige Debatte . Denn nur so konnten mit jedem Schritt
die Akzeptanz und die Selbstverständlichkeit in der Ge-
sellschaft und auch in den politischen Parteien mehr und
mehr wachsen . Der Deutsche Bundestag kommt dieser
gesellschaftlichen Entwicklung mit der heutigen Abstim-
mung nach .
Meine Zustimmung zur Öffnung der Zivilehe ent-
spricht dabei Werten, die mich in meinem Leben und
meiner Politik prägen und leiten: Entscheidend ist für
mich nämlich der Wille und das Bekenntnis, verbindlich
und mit allen Konsequenzen füreinander einzustehen .
Wenn zwei Menschen diese gegenseitige Verantwor-
tung für Zusammenhalt und Verlässlichkeit übernehmen
wollen und dies vor dem Staat vertraglich erklären und
besiegeln, dann sind dies für mein Verständnis zutiefst
bürgerliche Grundwerte, für die auch – und vielleicht so-
gar zuallererst – die CDU steht .
Ehe bedeutet Rechte, aber auch finanzielle und für-
sorgliche Pflichten und darüber hinausgehende Verbind-
lichkeiten für beide Partner . Deshalb widerspreche ich
vehement dem Argument, dass sich aus der rechtlichen
Öffnung eine Beliebigkeit des Begriffs Ehe ableiten lässt .
Das greift zu kurz und wird der Institution Ehe per De-
finition nicht gerecht. Denn den Wert der Ehe danach
zu bemessen, ob gleichgeschlechtliche Paare ebenfalls
heiraten dürfen oder nicht, halte ich für falsch . Eine
Ehe zwischen Mann und Frau steht in keiner Weise in
Konkurrenz zu einer Ehe gleichgeschlechtlicher Partner .
Auch wird der Schutz von Ehe und Familie weder auf-
geweicht noch aufgehoben . Familien und Kinder bleiben
Fundament unserer Gesellschaft . Das Verständnis von
Ehe hat sich im Laufe der Zeit stets gewandelt und war
beispielsweise im 19 . Jahrhundert und sogar bis weit in
das 20 . völlig anders geprägt, als wir dies heute sehen .
In den letzten Jahrzehnten hat sich ein weiterer Wan-
del in der Wahrnehmung von Partnerschaft und Ehe voll-
zogen . Dem sollten wir nun auch rechtlich nachkommen .
Darum bin ich für die Öffnung der Ehe und stimme heute
dem vorliegenden Gesetz zu, das eine Änderung des Bür-
gerlichen Gesetzbuches (BGB) vorsieht .
Allerdings ist die Art und Weise, wie wir uns nun
parlamentarisch mit der Öffnung der Ehe im Deutschen
Bundestag befassen, mehr als unwürdig: Eine 38-Minu-
ten-Debatte, anberaumt in aller Kurzfristigkeit und in die
laufende Tagesordnung des letzten Sitzungstages dieser
Legislaturperiode gepresst, halte ich keineswegs für ei-
nen ernsthaften und angemessenen Umgang mit diesem
gesellschaftspolitisch so wichtigen Thema . Darüber hi-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725234
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naus ist das Ausschlachten dessen für Wahlkampfzwecke
mehr als beschämend .
Ich persönlich hätte eine Vereinbarung darüber, sich
zu Beginn der nächsten Legislatur in aller Sorgfalt und
Ausführlichkeit mit dieser Gewissensfrage zu befassen,
für würdiger und auch für symbolträchtiger erachtet . Erst
dann wäre die Debatte zu einer Sternstunde des Parla-
mentarismus geworden statt zu einer Ad-hoc-Abstim-
mung im Hauruckverfahren .
Maria Michalk (CDU/CSU): Dem vorliegenden Ge-
setzentwurf werde ich nicht zustimmen .
In Deutschland ist mit dem Lebenspartnerschaftsge-
setz der Schutz von Familien auch für die Lebenspart-
nerschaften von Personen gleichen Geschlechts geregelt .
Bis auf die Möglichkeit der Volladoption sind alle Unter-
schiede beseitigt worden .
Die wertvolle Verbindung zwischen zwei Frauen oder
zwei Männern, die sich zu einer rechtlich geordneten Le-
bensgemeinschaft finden, in der sie eine die gegenseitige
Verantwortung bejahende Haltung zeigen, ist geschützt .
Der Schutz ist auch zum Wohle vorhandener Kinder an-
gelegt . Aus meiner Sicht ist faktisch keine Diskriminie-
rung vorhanden .
Artikel 6 Absatz 1 des deutschen Grundgesetzes ge-
währt der Ehe einen besonderen Schutz der staatlichen
Ordnung . Der Staat hat alles zu unterlassen, was die Ehe
schädigt oder ihr abträglich ist . Dem Begriff der Ehe liegt
dabei von alters her die selbstbestimmte, auf Dauer an-
gelegte Beziehung zwischen Mann und Frau zugrunde .
Das Bundesverfassungsgericht ist in seiner ständi-
gen Rechtsprechung – zuletzt in seiner Entscheidung
vom 7 . Mai 2013 (2 BvR 909/06 – Rn 81) über das Ehe-
gattensplitting – von dieser grundsätzlichen Differen-
zierung nicht abgewichen: In allen seinen Urteilen zur
Schutzweite des Grundrechts postuliert das Gericht stets
die Verschiedengeschlechtlichkeit der Beziehung als We-
sensmerkmal des Instituts der Ehe .
Das unterstreicht nach meiner Auffassung die Ein-
zigartigkeit der Ehe, der zugrunde liegt, dass allein die
Beziehung zwischen Mann und Frau prinzipiell die Wei-
tergabe von Leben ermöglicht . Es steht dem Staat offen,
in einer Werteentscheidung die besondere Privilegierung
des Eheinstituts zu regeln, um diesem Umstand der po-
tenziellen Elternschaft Rechnung zu tragen . Das ist für
die Zukunft unserer Gesellschaft weiterhin unverzicht-
bar .
Die bisherige rechtliche Angleichung der eingetrage-
nen Lebenspartnerschaft an das Institut der Ehe durch
das Lebenspartnerschaftsgesetz berührt den Wesensge-
halt dieses besonderen eherechtlichen Schutzgedankens
des Artikels 6 I GG deshalb nicht, weil die Lebenspart-
nerschaft sich von der Ehe durch die Gleichgeschlecht-
lichkeit der Partner unterscheidet . Schon wegen dieses
Unterschiedes mit der Ehe konkurrieren beide Institute
nicht miteinander, und die Lebenspartnerschaft kann
dem Institut der Ehe daher auch nicht abträglich sein .
Es erschließt sich mir nicht, warum die Unterschiedlich-
keit – im Wortsinne – aufgegeben werden sollte .
In Anbetracht der tiefgreifenden gesellschaftspoliti-
schen Bedeutung dieser familienrechtlichen Gesetzesän-
derung wäre es gut, die Debatte nicht einem kurzfristigen
Kalkül und schon gar nicht der Emotionalität des Wahl-
kampfes zu opfern, sondern sie mit Klugheit, mit Weit-
blick und mit dem Ziel eines großen gesellschaftlichen
Konsenses zu führen .
Deshalb stimme ich dem Gesetz nicht zu .
Karsten Möring (CDU/CSU): Grundlegende Werte
wie Liebe, Treue, Geborgenheit und Verlässlichkeit in
einer auf lebenslange Dauer angelegten Beziehung wird
auch von gleichgeschlechtlichen Paaren gelebt . Dort, wo
gleiche Werte, Rechte und Pflichten beiderseits gelten
und Menschen füreinander einstehen, sollen auch gleiche
rechtliche Maßstäbe gelten . Die rechtliche Gleichstel-
lung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften ist
durch das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft
weitestgehend gegeben . Offen ist hier allein noch das un-
eingeschränkte Adoptionsrecht . Nach den vorliegenden
Erfahrungen und der Praxis der Adoptionsbehörden, die
am Kindeswohl orientiert sind, würde ich einem unein-
geschränkten Adoptionsrecht zustimmen . Dies jedoch
steht nicht zur Abstimmung .
Die Vorstellung eines Rechts auf Eheschließung für
Personen des gleichen Geschlechts verkennt die Bedeu-
tung der „Ehe“ . Ehe ist aus kulturellen, religiösen und
verfassungsrechtlichen Gründen eindeutig als Verbin-
dung von Mann und Frau bestimmt . Nur in der Verbin-
dung von Mann und Frau können auf natürliche Weise
Kinder geboren werden . Das ist das Einmalige und Be-
sondere dieser Verbindung . Und deshalb bestimmt das
Grundgesetz an prominenter Stelle im Artikel 6: „Ehe
und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der
staatlichen Ordnung .“
Und deshalb auch hat das Bundesverfassungsgericht
zuletzt im Urteil zum Ehegattensplitting 2013 diese Auf-
fassung mit dem Satz bestätigt, die Ehe sei ein „allein
der Verbindung zwischen Mann und Frau vorbehaltenes
Institut“ .
Das SPD-geführte Bundesjustizministerium hat noch
am 8 . Mai 2015 in einer Antwort auf eine Kleine Anfra-
ge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ausgeführt: „Mit
Blick auf die einschlägige ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 10, 59 [66]; 53,
224 [245]; 62, 323 [330]; 105, 313 [345]; 128, 109 [125];
131, 239 [259]; 133, 377 [409]) würde eine Öffnung der
Ehe für Paare gleichen Geschlechts eine Änderung des
Grundgesetzes (Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes)
voraussetzen .“ (Drucksache 18/4862, Seite 5) .
Die vom Verfassungsgeber gewollte Bevorzugung
von Ehe und Familie durch die besondere Unterschutz-
stellung steht dem Gleichheitsgebot nach Artikel 3 des
Grundgesetzes auch nicht entgegen . Denn offensichtlich
ist diese Unterscheidung verschiedener Lebensmodelle
vom Verfassungsgeber so gewollt . Deshalb kann sein
Wille auch nur mit verfassungsändernder Mehrheit ver-
ändert werden .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25235
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Es ist für mich deshalb klar, dass ich der Vorlage nicht
zustimmen kann. Ich befinde mich dabei in Übereinstim-
mung mit Grundsatzbeschlüssen meiner Partei, die nach
wie vor richtig sind und im Übrigen auch die Auffassung
eines großen Teils unserer Gesellschaft widerspiegeln .
Ich möchte jedoch eines ganz deutlich machen: Ich re-
spektiere und akzeptiere Lebensgemeinschaften gleich-
geschlechtlicher Paare uneingeschränkt . Aber ebenso
erwarte ich umgekehrt auch den Respekt vor meiner Auf-
fassung .
Die SPD als bisheriger Koalitionspartner der CDU/
CSU-Fraktion hat einen schweren Vertrauensbruch be-
gangen, indem sie in Kenntnis der unterschiedlichen Po-
sitionen und der innerparteilichen Diskussion in meiner
Fraktion gemeinsam mit den Linken und Grünen erzwin-
gen will, einen Antrag des Bundesrates zur Einführung
eines Rechts „auf Eheschließung für Personen des glei-
chen Geschlechts“ auf die Tagesordnung des Bundesta-
ges zu setzen, um eine Abstimmung herbeizuführen .
Noch in einer Aktuellen Stunde zum Thema „Ehe für
alle“ am 8 . März 2017 hat für die SPD der Abgeordnete
Dr . Brunner ausgeführt: „Wir … haben nicht die Absicht,
zuzulassen, dass der Koalitionsvertrag gebrochen wird .“
(Plenarprotokoll 18/220, Seite 22040) Die SPD wird völ-
lig unglaubwürdig, wenn sie jetzt solche früheren Stel-
lungnahmen einfach über den Haufen wirft . Der Grund
dafür ist aber offensichtlich der lahmende SPD-Wahl-
kampf . Deshalb missbraucht die SPD das Parlament und
die demokratischen Spielregeln in einer Koalition um
eines kleinen vermeintlichen Vorteils willen . Das ist un-
würdig und dem Problem nicht angemessen .
Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Die
Entscheidung über mein Abstimmungsverhalten ist mir
nicht leicht gefallen; vielen Kolleginnen und Kollegen
von mir wird es ähnlich gegangen sein . Gerade deswegen
hinterlässt die offensichtlich von wahlkampftaktischen
Erwägungen der SPD motivierte Entscheidung zur Her-
beiführung einer außerordentlich kurzfristig anberaum-
ten Abstimmung ein ungutes Gefühl .
Nicht gänzlich unberechtigte verfassungsrechtliche
Bedenken werden hierdurch bei der Beratung abgekürzt;
bemerkenswert hierbei ist, dass solche Bedenken noch in
dieser Legislaturperiode durch das SPD-geführte Justiz-
ministerium vorgebracht worden sind .
Bei meiner Entscheidungsfindung konnte ich folgende
Umstände nicht übergehen: In den vergangenen Jahren
wurden die eingetragene Lebenspartnerschaft und das
Rechtsinstitut der Ehe materiellrechtlich immer weiter
aneinander angeglichen . Auch die Bewertung in der Ge-
sellschaft hat diese Entwicklung begleitet . Für mich steht
außer Frage: Menschen, die sich lieben und dauerhaft
Verantwortung füreinander übernehmen, die einander
Stabilität und Halt geben wollen, verdienen Anerken-
nung, Wertschätzung und Unterstützung .
Deswegen stimme ich dem Gesetzentwurf zu .
Nicht vollkommen außer Betracht lassen möchte ich
hierbei, dass auch politische Vermächtnisnehmer der
sogenannten seinerzeitigen „Kommune 1“ und auch sol-
che Vertreter insbesondere bei Bündnis 90/Die Grünen
und der Linkspartei nunmehr ihre Begeisterung für das
Rechtsinstitut der Ehe entdeckt haben . Bei diesem Weg
der Einsicht in zutiefst bürgerliche Werte möchte ich
nicht im Wege stehen .
Mit Blick auf die SPD ist auffällig, welche offensicht-
liche Führungs- und Meinungsstärke von Bundeskanzle-
rin Dr . Angela Merkel auf die Bundestagsabgeordneten
der Sozialdemokratie ausgeht: Erst in dem Moment, in
dem die Kanzlerin die heute zur Abstimmung stehende
Frage für sich selbst zu einer Gewissensentscheidung er-
klärte, traute man sich auch bei der Sozialdemokratie zu
einer solchen Bewertung .
Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): Der Begriff der
Ehe hat eigentlich einen kirchlich-religiösen Ursprung .
Erst im Jahre 1875 unter dem Kanzler Otto von Bismarck
wurde der zivile Ehebegriff im Deutschen Reich einge-
führt, um das Institut der Ehe auch rechtlich zu veran-
kern .
Inzwischen hat sich unsere Gesellschaft weiterent-
wickelt . Neben der klassischen Ehe von Mann und Frau
haben auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften, die
auf Dauer angelegt sind und gegenseitig ebenso Verant-
wortung übernehmen, die gleichen Rechte erworben und
sind auch vor dem Gesetz gleichgestellt . Das ist in unse-
rer Zeit auch gut und angemessen .
Allein bei der Adoption gibt es noch rechtliche Unter-
schiede, die heute wahrscheinlich nicht mehr angemes-
sen sind . Hier soll, wie auch sonst, allein das Kindeswohl
im jeweiligen individuellen Fall für eine Adoptionsent-
scheidung zählen .
Die über viele Generationen getragene Vorstellung,
dass die klassische Familie bestehend aus Vater und
Mutter mit ihren leiblichen Kindern der Kern unserer
gesellschaftlichen Mitte ist, leitet auch meine politische
und gesellschaftliche Arbeit . Aber ich erkenne an, dass es
heute auch andere Varianten des Zusammenlebens gibt,
denen ebenso Respekt und Anerkennung gebührt .
Aus meiner Sicht gibt es für beide Sichtweisen – Bei-
behaltung des bisherigen christlich kulturell geprägten
Ehebegriffs oder auch Erweiterung des zivilrechtlichen
Ehebegriffs – gute Argumente . Ich kann verstehen, dass
sich viele konservativ geprägte Menschen mit der Erwei-
terung schwertun .
Ich habe mich aber entschlossen, dem vorliegenden
Antrag, der auf eine Erweiterung des Ehebegriffs abzielt,
zuzustimmen, insbesondere für diejenigen, von denen ich
weiß, dass ihnen diese Erweiterung sehr viel bedeutet .
Andrea Nahles (SPD): Ich werde heute im Bundes-
tag für den Gesetzentwurf einer „Ehe für alle“ stimmen .
Gerade als Katholikin habe ich mir die Entscheidung
nicht leicht gemacht . Ich nehme sehr ernst, dass die
katholische Kirche in der Öffnung der Ehe für gleich-
geschlechtliche Paare einen deutlichen Widerspruch zu
ihrer Auffassung sieht, dass eine Ehe ein Lebens- und
Liebesbund zwischen Mann und Frau ist . Umgekehrt
sehe ich aber den weltanschaulich neutralen Staat der
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725236
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Bundesrepublik in der Pflicht, gleichgeschlechtlichen
Paaren die gleichen Rechte auf Schutz und Förderung
ihrer verbindlichen Lebensgemeinschaft zu gewähren
wie heterosexuellen Ehepartnern . Das ist für mich eine
Frage der Gerechtigkeit . Die Öffnung der Ehe für homo-
sexuelle Paare stellt für mich keine Missachtung oder
Herabwürdigung der Ehe zwischen Mann und Frau dar .
Ich betrachte sie vielmehr als Ausdruck des politischen
Willens, verbindliche Lebensgemeinschaften in unserer
Gesellschaft zu stärken . In dem Ziel, verlässliche Part-
nerschaften bestmöglich zu unterstützen, weiß ich mich
mit meiner Kirche verbunden .
Dr. Andreas Nick (CDU/CSU): Dass Menschen un-
terschiedlicher sexueller Orientierung bei uns – anders
als zu anderen Zeiten und in vielen anderen Ländern –
heute grundsätzlich offen und unbefangen leben können,
ist ein wirklicher gesellschaftlicher Fortschritt, auf den
wir gemeinsam stolz sein können .
Wir haben in dieser Wahlperiode das Instrument der
eingetragenen Lebenspartnerschaft in praktisch allen
rechtlichen Einzelregelungen mit der Ehe gleichgestellt .
Es war auch ein wichtiger und mehr als notwendiger
Schritt, die Rehabilitierung der nach dem früheren § 175
strafrechtlich Verurteilten gesetzlich zu regeln . Auch dies
haben wir in dieser Wahlperiode erreicht .
Damit verbleiben im Wesentlichen zwei offene Punk-
te, die in Teilen der Gesellschaft weiter umstritten sind:
zum einen die eher symbolische Begrifflichkeit der Ehe,
zum anderen die konkrete Frage der Volladoption .
In vielen engagierten Diskussionen habe ich erfah-
ren, dass diese Fragen für viele unmittelbar Betroffene
nicht nur den Kern ihrer persönlichen Lebensgestaltung
betreffen, sondern in ihrer persönlichen Wahrnehmung
auch die gesellschaftliche Anerkennung ihrer Würde und
Gleichwertigkeit als Mensch berühren . Andere fühlen
sich durch diese Diskussion in ihrem eigenen Grundver-
ständnis von Ehe und Familie herausgefordert, selbst in
ihrer wiederum ganz persönlichen Lebensgestaltung in-
frage gestellt oder gar in ihren religiösen Gefühlen und
Überzeugungen verletzt .
Ich habe daher immer dafür plädiert, diese sensible
Diskussion mit Toleranz und gegenseitigem Respekt so
miteinander zu führen, dass es gelingt, die Gesellschaft
am Ende zusammenzuführen und im Ergebnis zur Ver-
söhnung beizutragen . Daher halte ich es für gut und rich-
tig, diese Fragen dem vordergründigen parteipolitischen
Streit zu entziehen, und begrüße daher auch den Vorstoß
der Bundeskanzlerin ausdrücklich .
Aus meiner Sicht wäre es sachgerecht und zielführend
gewesen, diese Fragen in der kommenden Wahlperiode
des Deutschen Bundestages in einem geordneten und
offenen Beratungsverfahren auf Basis einer individuel-
len Gewissensentscheidung der Abgeordneten so zu ent-
scheiden, wie wir dies in dieser Wahlperiode etwa mit
dem ebenfalls hochsensiblen Thema der Sterbehilfe in
vorbildlicher Weise getan haben .
Ich bedaure sehr, dass uns dieser gangbare Weg nun-
mehr aus offenbar rein parteitaktischen Erwägungen ver-
wehrt werden soll . Stattdessen soll in einem geradezu
handstreichartigen Verfahren am letzten Sitzungstag der
Wahlperiode und unter Vertrauensbruch in einer beste-
henden Koalition eine Abstimmung in dieser wichtigen
Frage ohne angemessene Beratung herbeigeführt werden .
Dieses Vorgehen trägt gerade nicht zur notwendigen
Befriedung einer in jeder Hinsicht hochsensiblen gesell-
schaftlichen Debatte bei . Deshalb habe ich zunächst in
der Geschäftsordnungsdebatte gegen die Aufsetzung des
Tagesordnungspunktes gestimmt .
Wenn aber nunmehr der Zeitpunkt für eine Entschei-
dung in der Sache gekommen ist, halte ich es im Sinne
der Befriedung und Versöhnung der Gesellschaft für ge-
boten, diese quälende Debatte mit einer möglichst breit
getragenen Entscheidung des Gesetzgebers zu beenden .
Damit wird auch die Möglichkeit für eine etwaige ver-
fassungsrechtliche Überprüfung durch das Bundesver-
fassungsgericht eröffnet .
In der Gesamtabwägung komme ich trotz aller vor-
getragenen Bedenken zu dem Ergebnis, dass es letzt-
endlich keine ausreichende Rechtfertigung dafür geben
kann, seitens des Gesetzgebers die Freiheit und Würde
derjenigen einzuschränken, die im Rahmen ihrer ganz
persönlichen sexuellen Orientierung für sich und ihre Le-
benspartnerschaft ausdrücklich die Rechte und Pflichten
der staatlichen Institution der Zivilehe anstreben .
Im Urteil des U .S . Supreme Court von 2015 hat es der
noch von Präsident Reagan nominierte Richter Anthony
Kennedy so formuliert:
Anzunehmen, dass diese Männer und Frauen die
Idee der Ehe nicht respektieren, würde ihnen nicht
gerecht . Sie respektieren sie, sie respektieren sie so
sehr, dass sie diese Erfüllung für sich selbst wün-
schen . . . Sie erbitten sich die gleiche Würde vor
dem Gesetz . Die Verfassung garantiert ihnen dieses
Recht .
Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass dies für das
Grundgesetz in gleicher Weise gilt . Deshalb werde ich
dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen .
Ulrich Petzold (CDU/CSU): Die Ehe ist nach dem
Grundgesetz definiert als Verbindung zwischen Frau und
Mann mit dem Ziel der Hervorbringung einer nachfol-
genden Generation zum Erhalt der menschlichen Ge-
meinschaft . Das haben sowohl das Bundesverfassungs-
gericht als auch der Europäische Gerichtshof in Urteilen
festgestellt, in denen sie die Verbindung von Mann und
Frau bestätigt und als auf Fortpflanzung ausgerichtete
Gemeinschaft definiert haben.
Die Regelung, die jetzt von den Grünen, Linken und
der SPD vorgelegt wurde, steht dieser Definition entge-
gen, indem sie die Ehe als reine Beistandsgemeinschaft
sieht . Eine Beistandsgemeinschaft ist jedoch wesentlich
weiter zu sehen als eine Gemeinschaft, die auf Fortpflan-
zung ausgerichtet ist .
Natürlich ist eine gleichgeschlechtliche Lebensge-
meinschaft auf einen gegenseitigen Beistand ausgerich-
tet . Das ist in unterschiedlichen Gesetzen geregelt und
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25237
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auch geschützt; aber sie ist nicht explizit auf eine Fort-
pflanzung der Gesellschaft ausgerichtet.
Eine Gesellschaft ist aber gerade davon abhängig,
dass nachwachsende Generationen entstehen und Ver-
pflichtungen auch gerade gegenüber der Elterngeneration
übernehmen . Unser Sozialsystem ist ohne diesen Gene-
rationenvertrag nicht aufrecht zu erhalten und daher von
einer Gemeinschaft abhängig, die auf die natürliche Er-
zielung von Nachwuchs ausgerichtet ist . Diese Gemein-
schaft ist die Ehe . Diese wird daher im Grundgesetz und
in vielen anderen Verfassungen der Welt zu Recht unter
einen besonderen Schutz gestellt .
Die Fortpflanzung in einer gleichgeschlechtlichen Ge-
meinschaft ist nicht auf natürliche Art und Weise möglich .
Sie bedarf zum Beispiel der künstlichen Befruchtung, ei-
ner Leihmutterschaft oder anderer schwerwiegender me-
dizinischer Eingriffe . Sie ist dadurch gerade in der Regel
nicht auf die Erzielung von Nachwuchs ausgerichtet,
sondern ist selbst nach allen Statistiken nur in Ausnah-
mefällen Keimzelle einer nachfolgenden Generation . Sie
bleibt daher fast immer eine Beistandsgemeinschaft, die
durchaus wertvoll ist, aber nicht den Rang einer hetero-
sexuellen Gemeinschaft erreicht .
Eine Beistandsgemeinschaft besteht zum Beispiel
auch, wenn eine Mutter ihr behindertes Kind bis zum
Lebensende pflegt. Doch niemand würde auf die Idee
kommen, dieses als Ehe zu bezeichnen . Eine Beistands-
gemeinschaft besteht auch zwischen einem Blindenhund
und dem Hilfsbedürftigen . Selbstverständlich besteht
eine Beistandsgemeinschaft auch zwischen einem nach
Deutschland eingereisten Muslim mit einer Hauptfrau
und mehreren Nebenfrauen .
Mit der Erweiterung des Ehebegriffs auf eine Bei-
standsgemeinschaft muss sofort die Frage gestellt wer-
den: Wo ist hier die Grenze? Diese Grenze ist dann nicht
mehr natürlich vorgegeben und wäre immer wieder ju-
ristisch angreifbar . Weswegen genehmigen wir dann die
gleichgeschlechtliche Ehe und verbieten die Vielehe?
Die Erweiterung des Ehebegriffs ist so gravierend,
dass sie nicht in einem einfachen Gesetzgebungsverfah-
ren neu geordnet werden kann, sondern sie hat für mich
in jedem Fall Verfassungsrang . Deswegen kann ich eine
einfachgesetzliche Regelung nur ablehnen, da dies mei-
nes Erachtens nur durch eine grundgesetzliche Änderung
geregelt werden kann .
Thomas Rachel (CDU/CSU): In Deutschland kann
jeder nach seiner Fasson glücklich werden . Das ist gut
so .
Würde und Wertschätzung einer Person sind unabhän-
gig von sexueller Orientierung oder anderen Unterschei-
dungsmerkmalen .
In einer offenen, freiheitlichen und demokratischen
Gesellschaft gibt es vielfältige Formen von Familien und
Partnerschaftsmodellen . Grundlegende Werte wie Liebe,
Treue, Geborgenheit und Verlässlichkeit in einer auf le-
benslange Dauer angelegten Beziehung werden auch von
gleichgeschlechtlichen Paaren gelebt . Dort, wo gleiche
Werte gelebt, Rechte und Pflichten beidseitig ausgeübt
werden und Menschen füreinander einstehen, sollten
auch gleichwertige rechtliche Maßstäbe ermöglicht wer-
den .
Der Begriff der „Ehe“ hat eine lange kulturelle und
religiöse, christliche Tradition als eine auf Lebenszeit
angelegte verbindliche Verbindung von Mann und Frau .
Ausschließlich Paare von Frau und Mann können Kinder
zeugen und Leben schenken . Jedes Kind hat einen Vater
und eine Mutter .
Dies zeigt, dass die „eingetragene Lebenspartner-
schaft“ und die „Ehe“ trotz ihrer rechtlichen Gleichstel-
lung dennoch in einem zentralen Wesensmerkmal unter-
schiedlich sind . Der Begriff der „Ehe“ sollte deshalb aus
meiner Sicht nicht umdefiniert werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Ehe als allein
der Verbindung zwischen Mann und Frau vorbehaltenes
Institut definiert und gesteht ihr einen eigenständigen
verfassungsrechtlichen Schutz durch Artikel 6 Absatz 1
Grundgesetz zu. Eine Umdefinition des verfassungs-
rechtlich geschützten und vom Bundesverfassungsge-
richt klar bestimmten Ehebegriffs kann nach meinem
Rechtsverständnis nicht einfachgesetzlich ohne eine Ver-
fassungsänderung erfolgen .
Auf Basis dieser Überlegungen befürworte ich eine
rechtliche Gleichstellung von Ehe und gleichgeschlecht-
lichen Lebenspartnerschaften . Den vorliegenden Gesetz-
entwurf „Einführung des Rechts auf Eheschließung für
Personen gleichen Geschlechts“ lehne ich aber ab, da er
den Begriff der Ehe umdefiniert.
Kerstin Radomski (CDU/CSU): Ich werde gegen
den Antrag zur Einführung des Rechts auf Eheschlie-
ßung für Personen gleichen Geschlechts stimmen . Die-
ses Thema ist zu vielschichtig, um es zur Wahlkampfzeit
im Hauruckverfahren zu beschließen . Stattdessen hätte
ich mir gewünscht, dass es in den kommenden Mona-
ten eine offene und differenzierte Debatte dazu gegeben
hätte . Dazu gehört für mich die Diskussion verschieden
ausgestalteter Gruppenanträge, die auch den Aspekt Ad-
optionsmöglichkeiten in seiner Gänze beleuchten .
Erwin Rüddel (CDU/CSU): Die Ehe zwischen Mann
und Frau als die historisch, kulturell und religiös hervor-
gehobene und durch das Grundgesetz geschützte Institu-
tion hat ihren besonderen Status auch deshalb, weil nur
aus dieser Verbindung Kinder hervorgehen und die Zu-
kunft unseres Landes sichern können .
Wurde die Ehe lange Jahre in Teilen unserer Gesell-
schaft als überholt abgelehnt und bekämpft, so wird sie
nunmehr von ebendiesen Kräften geradezu propagiert –
zumindest insoweit, als es um ihre Ausweitung auf
gleichgeschlechtliche Partnerschaften geht . Das ist ein
bemerkenswerter Sinneswandel .
Ich bekenne mich ausdrücklich zu Toleranz und Res-
pekt gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften,
in denen gegenseitige Verantwortung für ein gemein-
sames Leben übernommen wird . Deshalb kann ich die
hervorgehobene Rechtsstellung der Ehe und ihren blei-
benden besonderen Schutz nicht als Diskriminierung
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725238
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gleichgeschlechtlicher Männer und Frauen verstehen . Es
stellt sich vielmehr die Frage, ob die Gleichstellung von
Ungleichem nicht ihrerseits Diskriminierung zur Folge
hat .
Dazu kommen aus meiner Sicht erhebliche verfas-
sungsrechtliche Bedenken . Die Frage, ob die Eheöffnung
überhaupt durch ein einfaches Gesetz umgesetzt werden
kann oder ob damit die Grenzen der Rechtsfortbildung
des Artikels 6 unseres Grundgesetzes überschritten wer-
den, ist ungeklärt . Mit Rechtsunsicherheit ist indes nie-
mandem gedient .
Zur Frage von Adoptionen bleibt festzuhalten: Ein
„Recht“ auf eine Adoption gibt es auch nicht für hetero-
sexuelle Paare; ganz gleich, wer ein Kind adoptiert, es
bleibt immer eine Einzelfallentscheidung, bei der das
Kindeswohl im Mittelpunkt steht . Dieser Tatsache wird
nach meiner Beobachtung in der aktuellen Diskussion
nicht hinreichend Rechnung getragen .
Alle diese Fragen hätten eine vertiefende – und der
Tragweite dieser gesellschaftspolitisch wichtigen Ent-
scheidung angemessene – Beratung im Deutschen Bun-
destag verdient . Demgegenüber sind 38 Minuten Debatte
freitagmorgens um 8 .00 Uhr am letzten Tag der letzten
Sitzungswoche der Legislaturperiode einfach nur unwür-
dig und schaden dem Ansehen unseres Parlaments .
Dem vorliegenden Gesetzentwurf werde ich aus den
genannten Gründen nicht zustimmen .
Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU): Bei der heu-
tigen Abstimmung über den Antrag des Bundesrates zur
Öffnung der Ehe stimme ich aus folgenden Gründen zu:
Heute wird keine religiöse Entscheidung getroffen .
Das Recht unserer Kirchen, selbst zu bestimmen, wie sie
die Ehe definieren, bleibt erhalten. Das war ein Punkt,
der mir als Katholikin wichtig war .
Worüber heute abgestimmt wird, ist, dass der Staat
die Partnerschaft von gleichgeschlechtlichen Menschen
anerkennt und sie in der Zivilehe auf die gleiche Ebene
hebt, rechtlich und symbolisch .
Die Gleichberechtigung homosexueller Paare und der
Schutz der Familie schließen sich nicht aus . Die Familie
als Keimzelle der Gesellschaft genießt noch immer einen
besonderen Schutz, an dem nicht gerüttelt wird und für
den ich mich auch weiterhin einsetzen werde .
Allerdings bedaure ich, dass die SPD entgegen der
Absprache nun ein konfrontatives Verfahren forciert .
Dies verstellt die Chance, in einer Diskussion mit den
Menschen in Deutschland und den Kirchen in einem gro-
ßen gesellschaftlichen Konsens die Öffnung des Ehebe-
griffs voranzubringen .
Auch verfassungsrechtliche Bedenken hätten dann
mit breiter parlamentarischer Mehrheit ausgeräumt wer-
den können .
Trotz dieser Bedenken habe ich mich entschieden,
dem Antrag des Bundesrates zuzustimmen .
Jana Schimke (CDU/CSU): Gleichgeschlechtli-
che Partnerschaften erfahren heute bereits eine hohe
gesellschaftliche und rechtliche Toleranz . Dazu zählt
vor allem die steuerliche Gleichstellung oder auch die
Erweiterung auf die Sukzessivadoption . Die Bundesre-
gierung hat in den vergangenen Jahren damit bestehen-
de Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen von
gleichgeschlechtlichen Partnerschaften abgebaut . Die
Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau ist
jedoch einzigartig, weil aus ihr neues Leben entstehen
kann . Diese Einzigartigkeit sollte sich auch weiterhin in
unserem Rechtssystem abbilden .
Was unter einer Ehe im Sinne des Artikel 6 Absatz 1
unseres Grundgesetzes zu verstehen ist, hat das Bundes-
verfassungsgericht in seinem Urteil vom 17 . Juli 2002
noch einmal klargestellt . Demnach geht auch das Bun-
desverfassungsgericht als Hüterin der Verfassung von
einem Begriff der Ehe aus, die aus einem Mann und einer
Frau besteht . Ohne die Verbindung von Mann und Frau
wäre Leben nicht möglich . Sie ist die Keimzelle unserer
Gesellschaft und genießt daher einen besonderen verfas-
sungsrechtlichen Rang . Diesen möchte ich gewahrt wis-
sen .
Aus meiner Sicht ist es daher mehr als bedenklich,
wenn der Gesetzgeber durch die schlichte Änderung
des Bürgerlichen Gesetzbuches ein anderes Rechtsver-
ständnis implementiert, als es unser Grundgesetz kennt .
Bestätigt werden meine Zweifel auch durch eine Ant-
wort des SPD-geführten Bundesjustizministeriums vom
8 . Mai 2015 (Drucksache 18/4862) auf eine Kleine An-
frage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen . Darin wird
unterstrichen, dass eine Öffnung der Ehe auch für gleich-
geschlechtliche Personen zwingend eine Änderung des
Grundgesetzes erfordert . Deshalb habe ich auch an der
Verfassungsmäßigkeit des vorliegenden Gesetzentwurfes
meine erheblichen Zweifel .
Aus diesen Gründen kann ich dem Gesetzentwurf des
Bundesrates zur Einführung des Rechts auf Eheschlie-
ßung für Personen gleichen Geschlechts nicht zustimmen
und stimme daher mit Nein .
Tankred Schipanski (CDU/CSU): Die SPD hat ge-
meinsam mit Linken und Grünen in dieser Woche eine
kurzfristige Abstimmung im Deutschen Bundestag über
die „Ehe für alle“ erzwungen .
Für mich ist die Ehe ein kulturell und religiös ge-
prägter Begriff, der die Verbindung von Mann und Frau
meint, aus der auch Kinder hervorgehen können . Als sol-
che ist sie durch Artikel 6 des Grundgesetzes geschützt .
Daher habe ich bei der Abstimmung gegen eine „Ehe für
alle“ gestimmt .
Zugleich respektiere ich es, wenn Menschen in gleich-
geschlechtlichen Partnerschaften glücklich sind und für-
einander einstehen . Deshalb haben wir auch in den letz-
ten Jahren die eingetragenen Lebenspartnerschaften der
Ehe in vielen rechtlichen Belangen gleichgestellt sowie
eine steuerliche Gleichbehandlung festgelegt .
Dass die SPD unter dem Druck ihrer schlechten Um-
fragewerte Vertrauensbruch begeht, den rot-rot-grünen
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25239
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Schulterschluss sucht und das Thema durch das Parla-
ment peitscht, ist unwürdig . Schließlich sprechen wir
hier nicht nur von irgendeiner Fußnote, sondern über eine
sehr sensible verfassungsrechtliche und gesellschaftliche
Frage . Umso mehr spaltet dieses taktische Wahlkampf-
manöver der SPD jetzt die Menschen .
Nicht zuletzt habe ich große Zweifel an der Verfas-
sungskonformität des Gesetzentwurfes, der zur Abstim-
mung stand . Denn Artikel 6 Grundgesetz umfasst nach
Auslegung des Bundesverfassungsgerichtes die Ehe
zwischen Mann und Frau . Diese Rechtsauffassung kann
nur durch eine Änderung des Grundgesetzes außer Kraft
gesetzt werden, wofür eine Zweidrittelmehrheit im Bun-
destag und im Bundesrat notwendig ist .
Ich hätte mir gewünscht, dass die Diskussion über die
„Ehe für alle“ mit Ruhe und Respekt geführt wird vor
denen, die dafür offen sind, ebenso wie vor denen, die
sich damit schwertun . Dies war auch das Anliegen von
Bundeskanzlerin Dr . Angela Merkel – und nicht etwa
innerhalb weniger Tage im Bundestag eine Abstimmung
herbeizuführen .
Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Ich stim-
me dem Gesetzesantrag nicht zu und begründe dies wie
folgt:
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind der zu
achtende Ausdruck persönlicher menschlicher Beziehun-
gen und Lebensentwürfe . Wenn Menschen sich lieben
und dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen,
einander Stabilität und Halt geben wollen, verdient dies
Anerkennung und Wertschätzung, unabhängig davon, ob
sie gleich- oder verschiedengeschlechtlich sind . Ihnen ge-
bührt die Unterstützung der Gesellschaft und des Staates
und seiner Rechtsordnung . Dieses gilt auch für gleichge-
schlechtliche Paare . Mit dem Institut der eingetragenen
Lebenspartnerschaft haben wir diesem Verständnis Aus-
druck verliehen . In den vergangenen 15 Jahren haben wir
dabei kontinuierlich die Rechte und Pflichten erweitert
und dieses Institut dem Institut der Ehe bis auf sehr be-
grenzte Ausnahmen rechtlich und faktisch gleichgestellt .
Auch in dieser Legislaturperiode hat der Gesetzge-
ber diesen Weg weiter beschritten . Dementsprechend
wurde zu Beginn der Legislaturperiode die sogenannte
Sukzessivadoption für Lebenspartner gesetzlich gere-
gelt, das heißt, ein Lebenspartner kann seither das von
seinem Partner adoptierte Kind als zweiter Elternteil
adoptieren . Überdies hat der Bundestag das Gesetz zur
Bereinigung des Rechts der Lebenspartner verabschie-
det, mit dem Unterschiede in der Behandlung von Ehe
und Lebenspartnerschaft in zahlreichen Einzelgesetzen
beseitigt wurden . In der Praxis unterscheiden sich Ehe
und Lebenspartnerschaft heutzutage in der gesetzlichen
Ausgestaltung somit nicht mehr .
In umfassender Weise wurden die rechtlichen Rege-
lungen von Ehe und Lebenspartnerschaft aneinander an-
geglichen – sei es beim Zustandekommen der rechtlichen
Bindung, beim gemeinsamen Namen, den gegenseitigen
Rechten und Pflichten, der gemeinsamen Wohnung, dem
Erbrecht, dem Unterhalt, dem Getrenntleben und der
Auflösung. Von einer rechtlichen Diskriminierung von
Lebenspartnern kann man deshalb nach meiner Auffas-
sung nicht mehr sprechen .
Ehe und Familie stehen bei der Christlich-Sozialen
Union im Mittelpunkt . Ehe bezeichnet seit Jahrhunderten
die auf Dauer angelegte Verbindung von Mann und Frau,
Lebenspartnerschaft die Verbindung von zwei Personen
gleichen Geschlechts . Das Verständnis von Ehe als der
Gemeinschaft von Mann und Frau liegt unzweifelhaft
unserer Verfassung zugrunde, welche Ehe und Familie in
Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes unter den „beson-
deren Schutze der staatlichen Ordnung“ stellt . Das Bun-
desverfassungsgericht urteilt dazu in ständiger Recht-
sprechung, dass die Ehe im Sinne des Grundgesetzes
„allein der Verbindung zwischen Mann und Frau“ vor-
behalten ist (vgl . BVerfGE 105, 313, [345]) . Nach dem
Bundesverfassungsgericht handelt es sich bei der Ver-
schiedengeschlechtlichkeit der Partner um ein wesent-
liches Strukturmerkmal des Ehebegriffs . Dazu kommt,
dass die klassische Ehe grundsätzlich auf Generationen-
folge ausgerichtet ist . Sie ist gemeinsam mit der Fami-
lie deswegen in Artikel 6 GG grundrechtlich besonders
geschützt, weil sie nicht nur eine kulturell und ethisch
begründete Form des Zusammenlebens darstellt, son-
dern weil sie grundsätzlich auf Kinder angelegt ist, ohne
die wir nicht weiterleben können . Sie wird deswegen zu
Recht auch als die „Keimzelle der Gesellschaft“ bezeich-
net . Ich wende mich daher gegen jegliche Relativierung
durch eine Überdehnung des Ehebegriffs .
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften von zwei Män-
nern oder zwei Frauen sind in rechtlichen Rahmenbedin-
gungen gleichzustellen, sind aber nicht dasselbe wie eine
Ehe .
Unter Zugrundelegung der diesbezüglichen klaren
Rechtsprechung wäre zudem ein einfaches Gesetz, mit
dem die Ehe auf gleichgeschlechtliche Verbindungen
ausgedehnt wird, verfassungswidrig . Vielmehr bedürfte
es eines verfassungsändernden Gesetzes im Sinne von
Artikel 79 Absatz 2 des Grundgesetzes, um den Ehebe-
griff in Artikel 6 GG zu ändern . Solch ein Gesetzesantrag
liegt nicht vor . Selbst wenn er vorläge, würde ich aus den
oben genannten Gründen bei allem Respekt vor gleichge-
schlechtlichen Lebenspartnerschaften solch einer Verfas-
sungsänderung nicht zustimmen .
Nach meiner Auffassung sollte es beim traditionellen
Eheverständnis bleiben . Ich sehe darin keine Zurückset-
zung oder Missachtung von gleichgeschlechtlichen Paa-
ren . Sie übernehmen genauso wie Ehepaare dauerhaft
die Verantwortung für den Partner, schenken einander
Fürsorge und Unterstützung und bereichern somit unsere
Gesellschaft – ganz unabhängig von der Bezeichnung .
Zu Recht hält der Staat mit der eingetragenen Le-
benspartnerschaft eine eigene Institution vor . Jegliche
Form von Diskriminierung gegenüber diesen Partner-
schaften lehne ich entschieden ab . Dies rechtfertigt aber
nicht die Öffnung der Ehe „für alle“ und eine dafür not-
wendige Grundgesetzänderung .
Ich bedaure sehr, dass die SPD diese ethisch und
rechtlich so schwierige Frage zu einer Demonstration
einer rot-rot-grünen Mehrheit instrumentalisiert . Das ist
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725240
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einer respektvollen Behandlung des Themas nicht ange-
messen .
Ich erwarte, dass die Rechtslage beim BVerG geklärt
wird .
Ich werde dem Gesetzentwurf daher nicht zustimmen .
Gleichwohl habe ich Respekt und Verständnis, wenn an-
dere Bundestagsabgeordnete auch in meiner Partei bei
einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine andere
Entscheidung treffen .
Tino Sorge (CDU/CSU): Ich kann verstehen, dass es
bei der Diskussion zur Öffnung der Ehe (oder missglückt
als „Ehe für alle“ tituliert) unterschiedliche Auffassungen
gibt . Aber ich werde der Öffnung der Ehe im Bundestag
zustimmen, nicht obwohl, sondern weil ich Konservati-
ver bin . Vor Jahren hätte ich dies noch abgelehnt .
Ich bin aufgewachsen mit dem Bild der Ehe zwischen
Mann und Frau . Auch wenn ich dies weiterhin für den Re-
gelfall und die weitaus überwiegende Realität in unserem
Land halte, werden in vielen gleichgeschlechtlichen Part-
nerschaften wie in heterosexuellen Partnerschaften Wer-
te gelebt, für die die CDU steht . Als Volkspartei spiegelt
die CDU das gesamte Spektrum der gesellschaftlichen
Diskussion wider . Unabhängig davon, dass nach meinem
Eindruck die Menschen andere Themen brennender in-
teressieren, erwarten sie aber auch, dass wir das Thema
aufgreifen und zu einer Entscheidung darüber kommen .
Dass diese Entscheidung aber in der bereits laufenden
letzten Sitzungswoche im „Schnellverfahren“ im Deut-
schen Bundestag – als durchschaubares Wahlkampfma-
növer der SPD – herbeigeführt wird, halte ich für wenig
gelungen . Denn eine Debatte über die Ehe als Kernin-
stitution unserer Gesellschaft und eine Diskussion der
unterschiedlichen Auffassungen hätte einer tiefergrei-
fenden gesellschaftlichen und parlamentarischen Ausei-
nandersetzung bedurft als einer lediglich 38-minütigen
Debatte freitagmorgens um 8 Uhr im Plenum . Dies wird
dem Thema und den unterschiedlichen Standpunkten, die
es zu diskutieren und zu respektieren gilt, nicht gerecht .
Und ich finde es schäbig, dass die SPD damit ihren Wahl-
kampf einläuten will .
Mir ist wichtig, klarzustellen, dass niemand die Quali-
tät der Institution Ehe infrage stellen will . Durch die Öff-
nung wird keinem etwas weggenommen . Und schon gar
nicht wird das kirchliche Ehesakrament geschwächt . Die
Kirchen können auch in Zukunft selbständig entschei-
den, an wen sie es vergeben .
Wenn der Staat neutral gegenüber Überzeugungen ist,
dann können sich Gläubige allein nach ihren religiösen
Überzeugungen richten . Der Staat aber behandelt alle
gleich . Dies ist wichtig, um eine breite Zustimmung zu
erlangen, die konstitutiv für unser Zusammenleben ist .
Ich kann die Bedenken gegen die Öffnung der Ehe
verstehen und bin mir der vielen Konflikte des Für und
Wider bewusst . In der Gewissensentscheidung, die ich
als Parlamentarier treffen muss und bei der ich ganz per-
sönlich mit Ja stimmen werde, sehe ich aber die Möglich-
keit, eine moderne und ebenso an unseren christlichen
Werten orientierte Politik mitzugestalten .
Grundwert für mich als Christdemokrat und die CDU
ist, dass, wenn zwei Menschen sich lieben, dauerhaft
füreinander einstehen und Verantwortung übernehmen,
wir dies respektieren und wertschätzen . Es geht darum,
ein Leben lang – in guten wie in schlechten Zeiten –
fürsorglich füreinander da zu sein . Dies sind genau die
bürgerlichen Werte von Verlässlichkeit, von Freiheit,
Verantwortung und von Zusammenhalt, die für mich aus-
schlaggebend waren, einmal in die CDU einzutreten .
Unabhängig davon ist Deutschland nicht das erste
Land, welches sich für die Öffnung der Ehe ausspricht .
Ein Blick in die Rechtsordnungen unserer internationa-
len Partner zeigt, dass Belgien, Niederlande, Frankreich,
Luxemburg, Finnland, Kanada, Südafrika, Spanien, Nor-
wegen, Schweden, Portugal, Island, Dänemark, Argenti-
nien, Brasilien, Uruguay, Neuseeland sowie Schottland,
England und Wales, 41 Bundesstaaten der USA und der
District of Columbia sowie in der Hauptstadt Mexikos
die Zivilehe für Personen gleichen Geschlechts bereits
eingeführt haben . Darüber hinaus werden gleichge-
schlechtliche Ehen in Israel anerkannt .
Ich habe mir meine Entscheidung nicht leicht ge-
macht, gerade im Hinblick darauf, dass Kinder ein Recht
auf Vater und Mutter haben, was ich ausdrücklich befür-
worte . Ist es aber richtig oder wissenschaftlich belegbar,
dass zwei Mütter oder zwei Väter grundsätzlich schlech-
tere Eltern sind als Vater und Mutter? Dies ist bisher we-
der wissenschaftlich belegt, noch ist dies gesellschaftli-
che Realität . Auch wenn ich mich beim Adoptionsrecht
für gleichgeschlechtliche Paare lange Zeit schwertat, bin
ich überzeugt, dass die Frage, wer gute Eltern sein kann,
nicht von der sexuellen Orientierung abhängig ist . Auf-
grund der Einzelfallprüfung des Jugendamtes bin ich mir
zudem sicher, dass das Wohl des Kindes immer an erster
Stelle steht .
Als Christdemokrat bin ich überzeugt, dass in Fami-
lien, dort, wo Kinder erzogen werden, für die Zukunft
unseres Landes gesorgt wird . Deshalb ist es richtig, dass
wir im Parlament diese Entscheidung treffen und nicht
Gerichte uns den Weg vorgeben .
Ich habe persönlich großen Respekt jenen Kollegin-
nen und Kollegen gegenüber, die bei der Abstimmung
gegen die gleichgeschlechtliche Ehe stimmen und eine
andere Meinung vertreten als ich . Wir sollten davon ab-
sehen, andere Meinungen als „falsch“ oder „homophob“
oder „ewig gestrig“ zu diffamieren, und jedem Einzelnen
Respekt für diese nicht einfache Gewissensentscheidung
entgegenbringen .
Johannes Steiniger (CDU/CSU): Die Öffnung der
Ehe auch für Paare gleichen Geschlechts ist der letzte
Teil der schrittweisen Angleichung der Rechte von ver-
schieden- und gleichgeschlechtlichen Paaren . Mit dieser
kommt der Deutsche Bundestag der gesellschaftlichen
Entwicklung zunehmender Akzeptanz gleichgeschlecht-
licher Partnerschaften nach .
Meine heutige Zustimmung zur Öffnung der Ehe ent-
spricht Werten, die mich in meiner Politik leiten . Für
mich ist nicht entscheidend, ob eine Frau und ein Mann
oder zwei Frauen oder zwei Männer eine Ehe miteinan-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25241
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der eingehen . Entscheidend ist der Wille, in einer solchen
Partnerschaft verbindlich füreinander einzustehen . Wenn
zwei Menschen füreinander nachhaltig Verantwortung
übernehmen wollen, dann spiegeln sich hierin Werte wi-
der, für die die CDU steht .
Mit dem neuen Gesetz stellen wir die gleichge-
schlechtlichen Ehen jetzt auch in Bezug auf das Adopti-
onsrecht gleich . Verheiratete Schwule und Lesben erhal-
ten das volle Adoptionsrecht . Es wird beiden Eltern zu
gleichen Teilen anerkannt werden . Genau wie bei jeder
anderen Adoption besteht aber auch hier kein Recht auf
ein Kind . Es wird auch in Zukunft in jedem Einzelfall
einzig und allein nach dem Kindeswohl entschieden .
Mit den Rechten stellen wir also auch die Pflichten
gleich . Das gilt genauso für Unterhaltszahlungen wie
weitere Eheverbindlichkeiten . Für diejenigen, die eine
Ehe durch das neue Recht fortan eingehen, ergeben sich
somit entsprechende Verpflichtungen, die die Institution
Ehe hochhalten .
Die politische Debatte in der CDU/CSU-Bundestags-
fraktion war durch den großen Respekt vor der Haltung
und der Meinung jedes einzelnen Abgeordneten ge-
prägt – sei sie religiös oder weltanschaulich begründet .
Insofern begrüße ich, dass nunmehr jedes Mitglied des
Bundestages in freier Abstimmung entscheidet .
In der Sache stimme ich dem Gesetz ausdrücklich zu .
Das Vorgehen des Koalitionspartners SPD allerdings,
gemeinsam mit der Opposition am heutigen letzten Sit-
zungstag der Legislaturperiode die Plenarberatungen
kurzfristig aufzusetzen und in letzter Minute die Koaliti-
on infrage zu stellen, kritisiere ich deutlich .
Thomas Stritzl (CDU/CSU): Die Fähigkeit von
Mann und Frau, gemeinsam neues Leben schenken zu
können, ist etwas ganz Besonderes . Diesem in unserem
Grundgesetz durch das Institut der Ehe entsprechend
Rechnung zu tragen, halte ich für bedeutsam .
Gleichwohl ist mir wichtig, dem Anspruch gleichge-
schlechtlicher Paare auf einen „sicheren Hafen“ ihrer Le-
bensbeziehung Rechnung zu tragen . Eine entsprechende
verfassungsrechtliche Anerkennung liegt ebenfalls im
wohlverstandenen Eigeninteresse unserer Gesellschaft .
Hierzu ein eigenes Institut in unserem Grundgesetz zu
verankern, welches auch heterosexuellen Paaren als
Wahlmöglichkeit offen gestanden hätte, wäre für mich
deshalb die vorzugswürdige Entscheidung gewesen .
Angesichts der durch das bewusst koalitionswidrige
Verhalten der SPD herbeigeführten „politischen Druck-
situation“, innerhalb von 72 Stunden eine abschließende
Regelung vorlegen zu müssen, war der Raum für eine
vertiefende Betrachtung jedoch nicht mehr eröffnet . Die
jetzt vorgelegte „einfache Änderung“ des Bürgerlichen
Gesetzbuches halte ich weder verfassungsrechtlich noch
aber verfassungspolitisch für ausreichend .
Ich habe deshalb der beabsichtigten Ad-hoc-Abstim-
mung und als auch dem Antrag selbst nicht zustimmen
können .
Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU/CSU): Men-
schen, die sich lieben und dauerhaft Verantwortung für-
einander übernehmen, die einander Stabilität und Halt
geben wollen, verdienen Anerkennung und Wertschät-
zung, unabhängig davon, ob sie gleich- oder verschie-
dengeschlechtlich sind . Ihnen gebührt die Unterstützung
der Gesellschaft und des Staates .
Ausdruck dieses Verständnisses war die Einführung
des Instituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft .
Dessen Rechte und Pflichten wurden in den vergangenen
15 Jahren kontinuierlich erweitert und an das Institut der
Ehe angeglichen . Auch in dieser Legislaturperiode hat
der Gesetzgeber diesen Weg weiter beschritten, den ich
als Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
für das Familienrecht begleiten durfte . Dementsprechend
wurde zu Beginn der Legislaturperiode die sogenannte
Sukzessivadoption für Lebenspartner gesetzlich geregelt,
und Unterschiede in der Behandlung von Ehe- und Le-
benspartnern wurden in zahlreichen Einzelgesetzen be-
seitigt .
Somit sind Ehe und Lebenspartnerschaft heutzutage
in der gesetzlichen Ausgestaltung – bis auf die gemein-
schaftliche Adoption und den Begriff des Instituts –
gleichgestellt .
In meiner Funktion als Berichterstatterin für das Fami-
lienrecht habe ich mich für die Abschaffung der verblie-
benen Unterschiede zwischen dem Institut der Ehe und
der eingetragenen Lebenspartnerschaft nachdrücklich
eingesetzt . Ich habe gleichgeschlechtliche Paare getrof-
fen, die mir von großen Schwierigkeiten und gefühlten
Ungerechtigkeiten, insbesondere im Adoptionsrecht, be-
richtet haben . Meine eigene Erfahrung sowie die wissen-
schaftliche Studienlage zeigen, dass homosexuelle Eltern
in ihrer elterlichen Kompetenz heterosexuellen Paaren in
nichts nachstehen . Innerhalb meiner Fraktion habe ich
mich daher für eine gleiche rechtliche Ausgestaltung des
Adoptionsrechts ausgesprochen . Ich habe dabei auch im-
mer betont: Es gibt kein Recht auf ein Kind . Alleiniges
Kriterium ist und bleibt das Kindeswohl .
Darüber hinaus habe ich in meiner parlamentarischen
Arbeit versucht, einen breiteren Konsens herbeizuführen,
insbesondere durch meinen Vorschlag, die eingetrage-
ne Lebenspartnerschaft neben dem Institut der Ehe im
Grundgesetz zu statuieren . Dieser Kompromiss fand je-
doch weder in der eigenen Fraktion noch in den anderen
Fraktionen eine Zustimmung .
In dieser Legislaturperiode haben wir innerhalb der
Fraktionsgremien sowie im Rechtsausschuss ebenfalls
eine intensive Diskussion zur „Eheöffnung“ geführt .
Mit dem Gesetzentwurf des Bundesrates wird § 1353
des Bürgerlichen Gesetzbuches um eine Definition der
Ehe ergänzt, die vorsieht, dass auch gleichgeschlechtli-
che Paare eine Ehe eingehen können .
Persönlich würde ich eine Grundgesetzänderung be-
fürworten . Sowohl im Rechtsausschuss als auch in der
Wissenschaft ist die Frage nicht abschließend einhellig
erörtert, ob die „Eheöffnung“ eine Änderung des Arti-
kels 6 Absatz 1 des Grundgesetzes voraussetzt . Die öf-
fentliche Anhörung im Rechtsausschuss in dieser Legis-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725242
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laturperiode, die sich ebenfalls mit der Notwendigkeit
einer Verfassungsänderung bezüglich der „Eheöffnung“
intensiv beschäftigt hatte, ergab keine eindeutige Ein-
schätzung der sachverständigen Verfassungsrechtler .
Vor dem Hintergrund der geschilderten Uneinigkeit
der verfassungsrechtlichen Bewertungen und der gesell-
schaftspolitischen Bedeutung würde ich ein Gesetz be-
fürworten, das zweifellos einer verfassungsrechtlichen
Überprüfung standhält .
Durch meine Zustimmung zum Gesetzentwurf des
Bundesrates erkenne ich den gesellschaftlichen Wandel
in dieser Frage sowie den persönlichen Wunsch gleich-
geschlechtlicher Paare nach einer vollumfänglichen
rechtlichen Gleichstellung an . Sie übernehmen genauso
wie Ehepaare dauerhaft die Verantwortung für den Part-
ner, schenken einander Fürsorge und Unterstützung und
verdienen daher die staatliche Anerkennung in Form des
Instituts der Ehe . Als christliche und konservative Politi-
kerin freue ich mich über den neu artikulierten Zuspruch
für ein bereits als antiquiert und verstaubt abgetanes
Konstrukt .
Antje Tillmann (CDU/CSU): Menschen, die sich lie-
ben und beständig Verantwortung füreinander überneh-
men, die einander Stabilität und Halt geben, verdienen
Anerkennung und Wertschätzung . Ihnen gebührt die Un-
terstützung der Gesellschaft und des Staates .
Gleichgeschlechtlichen Paaren stand bisher das In-
stitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft zur Verfü-
gung, um diese Verabredung zu festigen . Dessen Rechte
und Pflichten wurden in den vergangenen 15 Jahren kon-
tinuierlich erweitert und an das Institut der Ehe angegli-
chen . Auch in dieser Legislaturperiode hat der Gesetz-
geber diesen Weg weiter beschritten . Dementsprechend
wurde die sogenannte Sukzessivadoption für Lebenspart-
ner gesetzlich geregelt . Überdies hat der Bundestag das
Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner
verabschiedet, mit dem Unterschiede in der Behandlung
von Ehe und Lebenspartnerschaft in zahlreichen Einzel-
gesetzen beseitigt wurden .
Ich selbst habe mich sehr früh für die Anwendung des
steuerlichen Splittings und eine Gleichstellung in den So-
zialgesetzen bei den eingetragenen Lebenspartnerschaf-
ten eingesetzt .
Lange Zeit habe ich bei gleicher rechtlicher Behand-
lung, die ich für notwendig halte, für eine unterschiedli-
che Benennung der klassischen „Ehe“ und der gleichge-
schlechtlichen Partnerschaft gestritten, auch deswegen,
weil viele Menschen in meinem Umfeld den Weg zu
einer völligen Gleichsetzung noch nicht nachvollziehen
können . Diesen hätte ich gern Zeit für ein Umdenken ge-
geben .
In zahlreichen Gesprächen mit gleichgeschlechtlichen
Partnern musste ich aber feststellen, dass hier der Begriff
„Ehe“ einen hohen Stellenwert hat .
Mit dem Recht auf Adoption hatte ich lange sehr viel
größere Schwierigkeiten – keineswegs weil ich glaube,
dass gleichgeschlechtliche Paare keine guten Eltern sein
können . Meine Sorge gilt hier vielmehr dem Kind . Unbe-
stritten gibt es weiterhin sehr heftige, manchmal auch un-
erfreuliche Debatten über gleichgeschlechtliche Eltern-
paare . Ich möchte nicht, dass diese emotionale Debatte
auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird .
Gerade diese Überlegungen führen dazu, dass ich für
mich und die Bürgerinnen und Bürger, denen gegenüber
ich diese Position seit Jahren vertrete, mehr Zeit für aus-
giebige Gespräche gewünscht hätte, um ein Umdenken,
das in einem längeren Prozess zweifellos auch bei mir
stattgefunden hat, zu erklären . Eine offene Diskussion im
Respekt vor den unterschiedlichen Meinungen wäre aus
meiner Sicht wichtig gewesen, um einen breiten gesell-
schaftlichen Konsens herbeizuführen .
Die persönlichen Anforderungen an potenzielle Adop-
tiveltern und die rechtlichen Voraussetzungen für eine
Adoption sind streng geregelt . So ist die Annahme als
Kind nur zulässig, „wenn sie dem Wohl des Kindes dient
und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden
und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht“ . Hier
erfolgt in jedem Fall eine am kKindeswohl orientierte
individuelle Einzelfallprüfung, und das bleibt auch so,
wenn künftig die Adoption gleichgeschlechtlichen Paa-
ren offensteht .
Gleichgeschlechtlichen Paaren ist eine Sukzessiv-
adoption bereits möglich; sie können außerdem bereits
Betreuer von Pflegekindern werden und erfüllen diese
Aufgaben überzeugend . Das erkenne ich an und sehe, am
Kindeswohlinteresse orientiert, durch die Möglichkeit
der Adoption die Rechtsstellung des Kindes zusätzlich
gestärkt .
Unabhängig von meiner Kritik am Verfahren ist in
der Sache für mich ausschlaggebend, dass Menschen,
die sich lieben, füreinander dauerhaft Verantwortung
übernehmen . In Zeiten, wo Belanglosigkeit, Werteverfall
und Bindungslosigkeit um sich greifen, ist gerade der
Wunsch, sich in einer Ehe verbindlich festzulegen, eine
wertkonservative Entscheidung .
Daher stimme ich dem Antrag zu .
Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Der Bundestag ent-
scheidet über einen Gesetzentwurf des Bundesrates zur
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) . Ich
kann diesem Gesetz nicht zustimmen und begründe dies
wie folgt:
Es entspricht der parlamentarischen Kultur in Deutsch-
land, Verabredungen über Koalitionen einzuhalten, um
stabile Verhältnisse zu garantieren und politische Verläss-
lichkeit zu schaffen . Wenn die SPD beim vorliegenden
Gesetzentwurf mit der Opposition stimmt, so stellt dies
einen eklatanten Verstoß gegen die im Koalitionsvertrag
getroffenen Vereinbarung einer einheitlichen Abstim-
mung dar . Nicht wenige sprechen daher auch offen von
einem Koalitionsbruch . Dass eine erfolgreiche Koalition
zum Ende der Wahlperiode einseitig von einem Koaliti-
onspartner aufgekündigt wird, ist in der Geschichte der
Bundesrepublik eine bislang einmalige Angelegenheit
und fügt dem Vertrauen in die Politik großen Schaden zu .
Der Bundestag hat sich in seiner Geschichte beson-
ders dann ausgezeichnet, wenn er sensible Entscheidun-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25243
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gen von großem Gewicht durch die nur ihrem Gewissen
unterworfenen Abgeordneten getroffen hat . Oftmals
wurden diese Debatten – wie zuletzt jene über den assis-
tierten Suizid – berechtigterweise als „Sternstunden“ des
Parlaments bezeichnet . Jenen Abstimmungen ging stets
ein langer und intensiver Arbeits- und Diskussionspro-
zess voraus, in welchem alle Aspekte abgewogen und be-
wertet werden konnten . Das ist beim heute zu beratenden
Gesetz anders .
Vielen Menschen in unserem Land ist die Frage der
Öffnung der Ehe persönlich sehr wichtig, und sie be-
schäftigen sich sehr intensiv damit, ganz gleich ob sie
dieses Gesetz vehement herbeisehnen oder entschieden
ablehnen. Ähnliches empfinden wir als die zur Entschei-
dung berufenen Abgeordneten . Ich meine, dass beide
Standpunkte hohen Respekt verdienen und daher eine
intensive inhaltliche Befassung im Bundestag erfahren
müssten . Genau das verweigert die Fraktion der SPD ge-
meinsam mit den Fraktionen der Grünen und der Linken
dem Parlament und seinen Abgeordneten .
Die heutige Abstimmung ist eine nicht hinnehmbare
unwürdige Hauruckaktion, die sich wohl nur im Zusam-
menhang mit dem nahenden Wahlkampf erklären lässt .
Es ist ein Testlauf für eine mögliche rot-rot-grüne Ko-
alition nach der Bundestagswahl . Ich bin nicht bereit,
diese Art der parlamentarischen Meinungsbildung aus
rein wahltaktischen Gründen hinzunehmen und zu unter-
stützen .
Der Gesetzentwurf des Bundesrates kann auch keine
Zustimmung finden, weil wesentliche Fragen nicht ge-
klärt sind und er somit nicht entscheidungsreif ist .
Nicht hinreichend beantwortet wird die Frage, ob die
„Öffnung“ der Ehe nicht einer Grundgesetzänderung be-
darf . Sowohl die Entstehungsgeschichte des Artikels 6
des Grundgesetzes im Kontext der Beratungen im Parla-
mentarischen Rat als auch die ständige, bis ins Jahr 2013
reichende Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
richts zum Ehebegriff lassen die Notwendigkeit einer
Verfassungsänderung als zumindest nicht ausgeschlos-
sen erscheinen . Die vom Bundesverfassungsgericht ge-
prägte verfassungsrechtliche Definition sieht die Ehe als
ein der „Verbindung von Mann und Frau vorbehaltenes
Institut“ an . Dies bedeutet nicht, dass sich der Ehebegriff
durch den kulturellen und sozialen Wandel nicht ändern
kann, ganz im Gegenteil. Eine solche Neudefinition steht
dem Gesetzgeber sogar ausdrücklich zu . Allerdings ist
möglich, dass dazu eine verfassungsändernde Mehrheit
notwendig ist .
Diese Überlegungen mögen für manche übertrieben
oder spitzfindig erscheinen. Ich erachte eine gewisse
Sorgsamkeit bei Gesetzesänderungen im Kernbereich
unseres Grundgesetzes jedoch für eine angemessene He-
rangehensweise . Das benötigt Zeit und eine sorgfältige
verfassungsrechtlich ergebnisoffene Prüfung, welche
durch Form und Umstände dieses Verfahrens eben nicht
gewährleistet werden kann .
Auch werden durch diesen Gesetzentwurf weitere
aufgeworfene Fragen nicht beantwortet. So finden sich
keine Ausführungen zum Adoptionsrecht . Im Perso-
nenstandrecht führt der Gesetzentwurf sogar zu einem
möglichen neuen Ansatzpunkt für eine personenstands-
rechtliche Diskriminierung, weil bisherige Lebenspart-
ner sich ohne Umwandlung in eine Ehe weiterhin nicht
als „verheiratet“, sondern im amtlichen Gebrauch eben
nur als „verpartnert“ bezeichnen dürfen . Das ist vor dem
Hintergrund des notwendigen Diskriminierungsschutzes
nicht hinnehmbar . Der Gesetzentwurf ist an dieser Stelle
handwerklich schwach .
Ich bin überzeugt und möchte das explizit betonen,
dass in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften
wie in verschiedengeschlechtlichen Partnerschaften Wer-
te wie Fürsorge und gegenseitige Verantwortung gelebt
werden, die der Gesellschaft Sinn und Halt geben . Daher
ist eine rechtliche Gleichstellung der eingetragenen Le-
benspartnerschaft mit der Ehe unerlässlich und aus dem
Gleichheitsgrundsatz heraus auch geboten . Dafür habe
ich mich stets eingesetzt .
Ich rufe dazu auf, dass wir uns bei der Beratung über
diesen Gesetzentwurf und im öffentlichen Diskurs über
die „Ehe für alle“ stets mit großer Wertschätzung und
Achtung voreinander begegnen . Diejenigen, die aus
guten Gründen gegen eine Öffnung der Ehe plädieren,
haben ebenso Respekt und Anerkennung ihrer Meinung
verdient wie diejenigen, die dies aus nachvollziehbaren
Gründen fordern . Diese Haltung der gegenseitigen Tole-
ranz und Achtung muss stets Grundlage der politischen
Debatte sein und bleiben .
Michael Vietz (CDU/CSU): Ich habe dem Entwurf
eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschlie-
ßung für Personen gleichen Geschlechts trotz eines kri-
tikwürdigen Verfahrens und aus meiner Sicht noch offe-
ner rechtlicher Fragen zugestimmt .
Das völlig überstürzte Verfahren ist einer tiefgehenden
Gewissensprüfung nicht würdig und wird der Sache auch
inhaltlich nicht gerecht . Dieses Thema hätte eine große
und mehrstufige parlamentarische Debatte verdient – so
wie wir es in der Vergangenheit bei großen ethischen, un-
sere Bevölkerung tief bewegenden Sachverhalten getan
haben .
Es geht dabei zunächst um die endgültige begriffliche
und rechtliche Gleichstellung der bisherigen eingetrage-
nen Lebenspartnerschaft mit der staatlichen Zivilehe .
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundes-
verfassungsgerichtes umfasst der Schutzbereich nach
Artikel 6 Absatz 1 GG die „auf Dauer angelegte, in der
rechtlich vorgesehenen Form geschlossene, grundsätz-
lich unauflösliche Lebensgemeinschaft von Mann und
Frau“ . Es stellte darüber hinaus auch fest: „Der beson-
dere Schutz der Ehe in Artikel 6 Absatz 1 GG hindert
den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtliche Le-
benspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die
denen der Ehe gleich oder nahe kommen .“
Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften kom-
men also nach Auffassung des Bundesverfassungsge-
richts der Ehe maximal gleich, sind also nach der Mei-
nung unserer höchsten Richter keine Ehe . Deshalb wäre
es meines Erachtens geboten gewesen, das Grundgesetz
den Intentionen dieses Gesetzes anzupassen .
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Die Ausdehnung des zivilrechtlichen Instituts und
Begriffs der Ehe auf gleichgeschlechtliche Paare ist aus
staatlicher Sicht ohne Bedenken . Die kirchliche Trauung
und die sakrale Ehe sind hiervon nicht betroffen . Diese
unterliegen selbstverständlich weiterhin dem jeweiligen
Kirchenrecht . Die Trennung von Staat und Kirche bedeu-
tet auch, dies weiterhin zu respektieren .
Durch die Ausdehnung des Instituts der Ehe auf Per-
sonen gleichen Geschlechts wird keine bestehende oder
zukünftige Ehe rechtlich oder moralisch schlechterge-
stellt . Sie werden weder infrage gestellt noch entwertet .
Familien mit Kindern – und hier gibt es eine Vielzahl von
Modellen – werden auch weiterhin als Kern unserer Ge-
sellschaft besonders geschützt und gefördert . Dafür ste-
hen sowohl ich als auch meine Partei .
Die größte inhaltliche Konsequenz dieses Gesetz-
entwurfs ist die Gleichstellung von Ehen von Personen
gleichen Geschlechts mit solchen von Personen unter-
schiedlichen Geschlechts im Adoptionsrecht . Durch die-
se Angleichung des Adoptionsrechts wird die Rechtspo-
sition heterosexueller Paare nicht beeinträchtigt, sondern
zusätzlich eine neue Rechtsposition für homosexuelle
Paare aufgebaut .
Entscheidender Aspekt im Adoptionsrecht ist und
bleibt das Wohl des Kindes . Auch weiterhin wird in je-
dem einzelnen Fall das zuständige Jugendamt entschei-
den, ob die Adoption eines Kindes durch ein Paar im
Wohl des Kindes liegt oder nicht .
Es wird die Auffassung vertreten, dass eine Adopti-
on durch gleichgeschlechtliche Paare per se nicht dem
Kindeswohl diene . Dies ist bisher wissenschaftlich noch
nicht fundiert belegt oder widerlegt worden . Stattdessen
sagt die praktische Erfahrung, dass heterosexuelle Paare
bei der Erziehung ebenso versagen, wie homosexuelle
Paare brillieren können – und umgekehrt .
Die Entscheidung für eine Ehe ist immer eine Ent-
scheidung für ein zutiefst wertkonservatives Lebens-
modell . Die Ehepartner versprechen einander, „in guten
und in schlechten Zeiten“ Verantwortung füreinander zu
übernehmen . Dem gebührt Respekt und Zustimmung .
Demokratie bedeutet den Wettstreit von Ideen, Kon-
zepten und Argumenten . Das bedingt auch den Respekt
vor abweichenden Positionen und Meinungen . Dement-
sprechend respektiere ich sowohl diejenigen, die aus re-
ligiösen oder anderen Gründen gegen eine Öffnung der
Zivilehe stimmen, ebenso wie diejenigen, die dies anders
sehen .
Klare Meinungen dürfen nicht dazu führen, den Res-
pekt unter Demokraten vor unterschiedlichen Überzeu-
gungen zu verlieren . Nicht nur verbale Abrüstung, auch
mehr entspanntes Selbstbewusstsein sind gefordert .
Missionare mit einem einfachen Schwarz-Weiß-Denken
nutzen keiner Diskussion und schon gar nicht einer auf
Interessenausgleich angelegten freiheitlichen und viel-
fältigen Demokratie .
Schon Friedrich der Große sagte, dass jeder nach sei-
ner Fasson selig werden solle . Dies bedingt gerade auch,
dass man diejenigen akzeptiert und respektiert, die sich
für eine andere Fasson entscheiden als man selbst .
Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU): Gleiche
Rechten und Pflichten für alle ist für mich ein Grund-
prinzip meines politischen Handelns . Dafür spielt auch
die sexuelle Orientierung eines Menschen keine Rolle .
Gleichbehandlung ist für mich selbstverständlich .
Es ist zutiefst menschlich, wenn zwei Partner ihre Zu-
neigung zueinander, ihre Verantwortung zueinander, ihr
Leben miteinander durch einen lebenslangen Bund aus-
drücken wollen und dafür auch die besondere Fürsorge
und den Schutz des Staates in Anspruch nehmen wollen .
Das ist das gute Recht aller .
Aber die Ehe, so wie sie mich meine Eltern und meine
Familie gelehrt und mir vorgelebt haben und so wie ich
sie mit meiner Ehefrau lebe und weitergeben möchte, ist
anders als eine gleichgeschlechtliche . Sie ist weder bes-
ser noch schlechter, sie ist anders! Aus ihr heraus kann
neues Leben entstehen und prägt die Entwicklung ge-
meinsamer Kinder .
Wegen dieses Unterschiedes kann ich dem Gesetzent-
wurf in der vorliegenden Fassung nicht zustimmen .
Sven Volmering (CDU/CSU): Nach reiflicher Über-
legung werde ich heute gegen die sogenannte „Ehe für
alle“ stimmen, auch im Bewusstsein, dass mir diese Po-
sition von nicht wenigen Menschen negativ ausgelegt
wird, als „falsch“, „hinterwäldlerisch“, „spießig“, „ho-
mophob“, „reaktionär“, „enttäuschend“ . Ich sei wegen
meiner Position „nicht mehr wählbar .“ Dies habe ich von
Menschen gehört, die ich persönlich kenne, aber auch
von Bürgern . Mit dieser Kritik muss und werde ich natür-
lich leben . Unterschiedliche Positionen gehören zur Po-
litik . Nachdenklich macht mich, dass es viele Menschen
gibt, für die Toleranz und eine „Gewissensentscheidung“
immer nur gelten, solange diese ihre eigenen Positionen
und Haltungen stärken . Toleranz ist keine Einbahnstraße .
Ich respektiere die Argumente der Befürworter der „Ehe
für alle“ und ich werde selbstverständlich den Bundes-
tagsbeschluss anerkennen . Und ja, es freut mich, dass
sich nun homosexuelle Menschen, die ich kenne, ihren
Traum einer Ehe erfüllen können . Aber ich erwarte eben-
falls den gleichen Respekt für meine Entscheidung .
In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt es viele Be-
fürworter der „Ehe für alle“, aber eben auch sehr viele
Befürworter der „klassischen Ehe“ . Eine „Gewissens-
entscheidung“ im Deutschen Bundestag bedeutet, dass
man den Menschen, die eine andere Meinung vertreten,
Respekt zollt und ihre Meinung akzeptiert . Hochmut
in die eine oder andere Richtung, belehrende Aussagen
mit erhobenen Fingern sind bei dieser schwierigen Fra-
ge verfehlt . Ich bin sehr stolz, wie einfühlsam die CDU/
CSU-Bundestagsfraktion diese Debatte am Dienstag ge-
führt hat . Jeder Abgeordnete meiner Fraktion, den ich
kenne, hat sich darüber Gedanken gemacht, sich ausge-
tauscht, diskutiert . Die Häme, die von manchem politi-
schen Wettbewerber nun ausgeschüttet wird, verwundert
mich . Ich stehe an keiner Stelle dem Rechtsinstitut der
eingetragenen Lebenspartnerschaft mit all seinen Rech-
ten und Pflichten kritisch gegenüber.
Zum parlamentarischen Verfahren möchte ich Folgen-
des anmerken: Es ist sicherlich richtig, dass die Kanzle-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25245
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rin die Frage der „Ehe für alle“ mit Blick auf die nächste
Legislaturperiode zu einer Gewissenentscheidung erklärt
hat . Einen Vertrauensbruch – manche sprechen sogar von
einem Koalitionsbruch –, hat die SPD dennoch begangen .
Im Koalitionsvertrag war die „Ehe für alle“ nicht verein-
bart . Nun gemeinsam mit Linken und Grünen Abstim-
mungen innerhalb von wenigen Tagen durchzusetzen,
die zu einer Gewissensentscheidung erklärt worden sind,
erscheint mir gegenüber den Abgeordneten des Deut-
schen Bundestages nicht angemessen . Bei der Debatte
über die Sterbehilfe hat sich der Deutsche Bundestag in
seiner Gesamtheit und nicht nur in einem federführenden
Ausschuss und einigen mitberatenden Ausschüssen über
diese Thematik ausgetauscht .
Es stellen sich mir eine Reihe von Fragen, die teilwei-
se bis heute unbeantwortet geblieben sind . Als Beispiel
nenne ich die Frage, ob das Grundgesetz nicht geändert
werden muss. Ich bin als Abgeordneter verpflichtet, bei
meinen Entscheidungen zu berücksichtigen, was das
Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts sagen – auch wenn manche dies verges-
sen . Dafür wurde ich gewählt . Die Mütter und Väter des
Grundgesetzes haben die Ehe zwischen Mann und Frau
und daraus resultierend die Familie unter den besonde-
ren Schutz des Grundgesetzes gestellt . Entscheidend
hierfür war die Tatsache, dass aus einer solchen Ver-
bindung Kinder hervorgehen können . Bis heute wurde
diese Position, der ich uneingeschränkt zustimme, vom
Bundesverfassungsgericht immer wieder bestätigt . Mein
Kenntnisstand ist der, dass die Bundesregierung bislang
immer den Standpunkt vertreten hat, dass für eine Ände-
rung des Ehebegriffes das Grundgesetz geändert werden
muss . Die Änderung des BGB reicht meiner Meinung
nach nicht aus .
Ich weise auf einen anderen Aspekt der Diskussion
hin . Der Begriff „Ehe für alle“ erweckt einen falschen
Eindruck und eröffnet den Interpretations- und Hand-
lungsspielraum für eine weitere Öffnung der Ehe . Ich
mache darauf aufmerksam, dass aus gutem Grund in
Deutschland Kinderehen und Polygamie verboten sind .
Eine „Ehe für alle“ kann es daher gar nicht geben .
Verbunden mit der Öffnung der Ehe ist auch das un-
eingeschränkte Adoptionsrecht . Ich unterstütze nach wie
vor das strenge Verfahren, das bei einer Adoption anzu-
wenden ist . Ich stehe dabei auf dem Standpunkt, dass
zum Beispiel ein heterosexuelles Ehepaar von Mann und
Frau, welches die rechtlichen Voraussetzungen einer Ad-
option erfüllt, jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht
in der Lage ist, Kinder zu zeugen, und oftmals einen sehr
leidvollen Weg auf dem Weg zu einer Adoption auf sich
nehmen muss, einem homosexuellem Paar, welches the-
oretisch nie in der Lage sein kann, Kinder zu zeugen, bei
der Entscheidung über die Adoption vorzuziehen ist . Und
um weiteren Diskussionen vorzubeugen, sage ich ganz
deutlich, dass ich das Instrument der Leihmutterschaft
ablehne .
Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU): Grundsätz-
lich trete ich für die rechtliche Gleichstellung von homo-
und heterosexuellen Paaren ein . Für diese Form der Part-
nerschaft haben wir bereits viel bewirkt .
Dem vorliegenden Gesetzentwurf stimme ich jedoch
nicht zu . Dabei leiten mich folgende Gründe:
Als Abgeordnete eines ländlichen und christlich/reli-
giös geprägten Wahlkreises vertrete ich in der Mehrzahl
Bürgerinnen und Bürger, die unter Ehe die Verbindung
von Mann und Frau verstehen . Dies zeigen mir die zahl-
reichen Gespräche vor Ort und auch die Vielzahl von ak-
tuellen Zuschriften und Telefonaten .
Das sensible Thema „Ehe für gleichgeschlechtliche
Paare“ verdient – wie andere Gewissensentscheidungen
auch – eine breite gesellschaftspolitische Diskussion . Die
Ergebnisse dieser Diskussion sollten – wie sonst auch im
parlamentarischen Verfahren – in Form von verschiede-
nen fraktionsübergreifenden Anträgen zur Abstimmung
gestellt werden . Dies geschah dieses Mal nicht .
Zudem habe ich große Bedenken hinsichtlich einer
notwendigen Grundgesetzänderung und deren Auswir-
kungen auf komplementäre Gesetze . Wir müssen beson-
ders bei diesem sensiblen Thema mit größter Sorgfalt
vorgehen .
HonD Albert Weiler (CDU/CSU): Menschen, die
sich lieben und beständig Verantwortung füreinander
übernehmen, die einander Stabilität und Halt geben, ver-
dienen Anerkennung und Wertschätzung . Ihnen gebührt
die Unterstützung der Gesellschaft und des Staates .
Gleichgeschlechtlichen Paaren stand bisher das In-
stitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft zur Verfü-
gung, um diese Verabredung zu festigen . Dessen Rechte
und Pflichten wurden in den vergangenen 15 Jahren kon-
tinuierlich erweitert und an das Institut der Ehe angegli-
chen . Auch in dieser Legislaturperiode hat der Gesetz-
geber diesen Weg weiter beschritten . Dementsprechend
wurde die sogenannte Sukzessivadoption für Lebenspart-
ner gesetzlich geregelt . Überdies hat der Bundestag das
Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner
verabschiedet, mit dem Unterschiede in der Behandlung
von Ehe und Lebenspartnerschaft in zahlreichen Einzel-
gesetzen beseitigt wurden .
Ich selbst habe mich sehr früh für die Anwendung des
steuerlichen Splittings und eine Gleichstellung in den So-
zialgesetzen bei den eingetragenen Lebenspartnerschaf-
ten eingesetzt .
Lange Zeit habe ich bei gleicher rechtlicher Behand-
lung, die ich für notwendig halte, für eine unterschiedli-
che Benennung der klassischen „Ehe“ und der gleichge-
schlechtlichen Partnerschaft gestritten, auch deswegen,
weil viele Menschen in meinem Umfeld den Weg zu
einer völligen Gleichsetzung noch nicht nachvollziehen
können . Diesen hätte ich gern Zeit für ein Umdenken ge-
geben .
In zahlreichen Gesprächen mit gleichgeschlechtlichen
Partnern musste ich aber feststellen, dass hier der Begriff
„Ehe“ einen hohen Stellenwert hat .
Mit dem Recht auf Adoption hatte ich lange sehr viel
größere Schwierigkeiten – keineswegs weil ich glaube,
dass gleichgeschlechtliche Paare keine guten Eltern sein
können . Meine Sorge gilt hier vielmehr dem Kind . Unbe-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725246
(A) (C)
(B) (D)
stritten gibt es weiterhin sehr heftige, manchmal auch un-
erfreuliche Debatten über gleichgeschlechtliche Eltern-
paare . Ich möchte nicht, dass diese emotionale Debatte
auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird .
Gerade diese Überlegungen führen dazu, dass ich für
mich und die Bürgerinnen und Bürger, denen gegenüber
ich diese Position seit Jahren vertrete, mehr Zeit für aus-
giebige Gespräche gewünscht hätte, um ein Umdenken,
das in einem längeren Prozess zweifellos auch bei mir
stattgefunden hat, zu erklären . Eine offene Diskussion im
Respekt vor den unterschiedlichen Meinungen wäre aus
meiner Sicht wichtig gewesen und ist es auch nach wie
vor, um einen breiten gesellschaftlichen Konsens herbei-
zuführen und Homophobie und Ausgrenzung den Boden
zu entziehen .
Die persönlichen Anforderungen an potenzielle Adop-
tiveltern und die rechtlichen Voraussetzungen für eine
Adoption sind streng geregelt . So ist die Annahme als
Kind nur zulässig, „wenn sie dem Wohl des Kindes dient
und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden
und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht“ . Hier
erfolgt in jedem Fall eine am Kindeswohl orientierte,
individuelle Einzelfallprüfung, und das bleibt auch so,
wenn künftig die Adoption gleichgeschlechtlichen Paa-
ren offenstehen würde .
Gleichgeschlechtlichen Paaren ist eine Sukzessiv-
adoption bereits möglich; sie können außerdem bereits
Betreuer von Pflegekindern werden und erfüllen diese
Aufgaben überzeugend . Das erkenne ich an und sehe, am
Kindeswohlinteresse orientiert, durch die Möglichkeit
der Adoption die Rechtsstellung des Kindes zusätzlich
gestärkt .
Dennoch überwiegt meine Kritik am Verfahren . Dass
Menschen, die sich lieben, füreinander dauerhaft Verant-
wortung übernehmen, verdient von mir als überzeugtem
Christen vollsten Respekt . In Zeiten, wo Belanglosigkeit,
Werteverfall und Bindungslosigkeit um sich greifen, ist
gerade der Wunsch, sich in einer Ehe verbindlich fest-
zulegen, eine wertkonservative Entscheidung . Dennoch
kann ich aufgrund der Umstände, mit denen über dieses
wichtige und für viele Menschen bedeutsame Thema nun
entschieden werden soll, dem eingebrachten Gesetzent-
wurf weder zustimmen; noch kann ich ihn ablehnen .
Daher enthalte ich mich aus Respekt allen Beteiligten
gegenüber dem Antrag .
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Ich werde dem
Gesetzentwurf nicht zustimmen . Die Ehe von Mann und
Frau steht unter dem besonderen Schutz des Staates .
Grund hierfür ist, dass aus einer Ehe zwischen Mann und
Frau Kinder hervorgehen können .
In einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft werden
grundlegende Werte unserer Gesellschaft gelebt, und
die Partner stehen füreinander ein . Das verdient unseren
Respekt . Deshalb haben wir als Gesetzgeber die Gleich-
stellung in fast allen Bereichen bereits vollzogen (zum
Beispiel der gemeinsame Name, das Erbrecht, das Steu-
ersplitting, der Unterhalt, Getrenntleben und Auflösung,
die Ermöglichung von Sukzessivadoptionen, die beam-
tenrechtliche Versorgung) . Jegliche Diskriminierung von
gleichgeschlechtlichen Paaren lehne ich ab . Aber eine
Gleichstellung in der Sache wird durch die Bezeichnung
„Ehe“ nicht erreicht .
Unter Juristen ist es zudem strittig, ob für die so-
genannte „Ehe für alle“ nicht auch eine Änderung des
Grundgesetzes und somit eine Zweidrittelmehrheit im
Deutschen Bundestag erforderlich wäre . Auch diese Fra-
ge hätte meiner Meinung nach zunächst geklärt werden
müssen, bevor die Abstimmung ohne ausführliche Dis-
kussion im Deutschen Bundestag in einer Hauruckaktion
auf die Tagesordnung gesetzt wurde . Bei allen Themen,
die als Gewissensentscheidungen eingestuft wurden, wie
zum Beispiel dem Thema Sterbehilfe, sind lange Debat-
ten im Plenum und in den Fraktionsgremien vorausge-
gangen, bei denen sich die Abgeordneten ihre Meinung
bilden und einbringen konnten .
Außerdem wende ich mich gegen den Begriff „Ehe für
alle“, weil weder Geschwister heiraten dürfen noch bei-
spielsweise Ehen von einem Mann und mehreren Frauen
erlaubt sind .
Aus all diesen Gründen werde ich dem Gesetzentwurf
zur „Ehe für alle“ nicht zustimmen .
Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU): Ich stimme
heute für die rechtliche Gleichstellung homosexueller
Lebenspartnerschaften . Meine Entscheidung beruht auf
meiner tiefen eigenen Überzeugung, dass zwei Men-
schen, die sich lieben, die füreinander einstehen und
sorgen, in keiner Weise rechtlich benachteiligt werden
dürfen .
Rechtlich gibt es derzeit insbesondere noch eine Un-
gleichbehandlung im Falle der Volladoption . Hier bin ich
der Überzeugung, dass auch gleichgeschlechtliche Paare
gute Eltern sein können . Zudem wird in jedem Einzelfall
durch Jugendämter und Gerichte immer das Wohl des
Kindes bei der Entscheidung für die Adoption maßge-
bend sein .
Aufs Schärfste verurteile ich die Vorgehensweise ins-
besondere der SPD: Die erzwungene Abstimmung ist
eine Verletzung des Koalitionsvertrages und ein Vertrau-
ensbruch .
Zudem hätte ich mir für dieses wichtige Thema, wie
bisher auch bei Gewissensentscheidungen üblich, eine
breitere gesellschaftspolitische Diskussion gewünscht .
Die Ergebnisse dieser Diskussion hätten dann in frakti-
onsübergreifende Anträge einfließen und letztlich mit der
gebührenden Sorgfalt zu einer Mehrheitsentscheidung
führen können .
Meine rechtlichen Bedenken hinsichtlich einer not-
wendigen Grundgesetzänderung mit der erforderlichen
Zweidrittelmehrheit halte ich aufrecht .
Ingo Wellenreuther (CDU/CSU): Ich werde im Rah-
men der Abstimmung am 30 . Juni 2017 dem Gesetz zur
Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen
gleichen Geschlechts nicht zustimmen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25247
(A) (C)
(B) (D)
Menschen die sich lieben und Verantwortung fürei-
nander übernehmen, die einander auf Dauer Stabilität
und Halt geben, verdienen Respekt und Wertschätzung
unabhängig davon, ob sie in einer gleich- oder verschie-
dengeschlechtlichen Partnerschaft bzw . Ehe leben . Ihnen
gebührt die Unterstützung der Gesellschaft und des Staa-
tes . Deshalb halte ich die in den letzten Jahren vom Bun-
desverfassungsgericht entschiedene einfachgesetzliche
Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartner-
schaften gegenüber Ehen für angemessen und berechtigt .
Die geplante Gesetzesänderung verstößt meiner Auf-
fassung nach gegen unsere Verfassung . Deshalb stimme
ich mit Nein und damit gegen dieses Gesetz .
Durch dieses Gesetz sehe ich Artikel 6 Absatz 1 des
Grundgesetzes verletzt, wonach Ehe und Familie unter
dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen .
Nach meiner persönlichen Auffassung umfasst der
Begriff der Ehe nur die Verbindung zwischen Frau und
Mann . Dies sieht auch das Bundesverfassungsgericht in
ständiger Rechtsprechung so, wonach die Verschiedenge-
schlechtlichkeit der Ehepartner zu den Strukturelementen
des grundgesetzlichen Ehebegriffs gehört . Daraus ergibt
sich die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung, wenn
die Ehe für Paare gleichen Geschlechts geöffnet werden
soll bzw . die gleichgeschlechtliche Verpartnerung sich
als Ehe bezeichnen will . Die zur Abstimmung vorgelegte
einfachgesetzliche Regelung reicht dafür nicht aus .
Mit dieser Rechtsauffassung befinde ich mich auch in
Übereinstimmung mit der juristischen Bewertung durch
das Bundesjustizministerium, das auf die Kleine Anfrage
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Bundestagsdruck-
sache 18/4724) am 8 . Mai 2015 im Namen der Bundesre-
gierung erklärt hat, dass eine Öffnung der Ehe für Paare
gleichen Geschlechts eine Änderung des Grundgesetzes
voraussetze .
Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU): Wo gleiche
Werte gelebt, Rechte und Pflichten gegenseitig gewährt
und übernommen werden und wo das Füreinander-Ein-
stehen zum verbindlichen Lebensziel erklärt wird, sollten
deshalb auch gleichwertige rechtliche Maßstäbe ange-
legt werden . Aus diesem Grund befürworte ich die volle
rechtliche Gleichstellung der eingetragenen Lebenspart-
nerschaft mit der Ehe und setze mich dafür ein, dass ne-
ben der Ehe auch die eingetragene Lebenspartnerschaft
unter den besonderen Schutz unserer Verfassung in Arti-
kel 6 Grundgesetz gestellt wird .
Ich erkenne darüber hinaus an, dass Kinder auch in Le-
benspartnerschaften eine fürsorgliche sowie vertrauens-
und liebevolle Umgebung erfahren können . Angesichts
der seit langem geübten Rechtspraxis von Jugendämtern,
Kinder aus dem Kindeswohl abträglichen Familien-
verhältnissen auch in die Obhut gleichgeschlechtlicher
Paare zu geben, und der bereits jetzt möglichen sukzes-
siven Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtli-
che Partner setze ich mich dafür ein, dass eingetragene
Lebenspartnerschaften die Möglichkeit zur Volladoption
in einem Akt nach einer am Kindeswohl orientierten in-
dividuellen Einzelfallprüfung erhalten .
Nach reiflicher Überlegung lehne ich den zur Abstim-
mung stehenden Gesetzentwurf des Bundesrates zur Ein-
führung des Rechts auf Eheschließung für Personen glei-
chen Geschlechts (Drucksache 18/6665) dennoch ab .:
Nach ständiger, auch jüngster Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts geht der Ehebegriff des
Grundgesetzes von einer Verschiedengeschlechtlichkeit
der Partner als Wesensmerkmal der Ehe aus . Eine Umde-
finition des Begriffs „Ehe“, der in erster Linie historisch,
kulturell und religiös besetzt ist, kann nach meinem
Rechtsverständnis nicht einfach-gesetzlich ohne eine
Verfassungsänderung erfolgen .
Die nach Artikel 1 des Grundgesetzes geschützte Wür-
de des Menschen ist unumstritten nicht abhängig von sei-
ner sexuellen Orientierung . Ebenso unbestreitbar ist der
Wesensgehalt des traditionellen Eheverständnisses, der
sich aus der expliziten Verbindung von Mann und Frau
ergibt . Dazu gehört auch die Tatsache, dass nur in der
Paarkonstellation von Mann und Frau Kinder gezeugt
und Leben weitergegeben werden kann . Deshalb kann
eine „eheliche“ Verbindung nicht für „alles“ stehen und
unterscheidet sich von der eingetragenen Lebenspart-
nerschaft . Allein diese sprachliche Differenzierung von
„Ehe“ und „eingetragener Lebenspartnerschaft“ begrün-
det für sich genommen keine Diskriminierung, die zu ge-
setzlichem Handeln zwingt .
Die „Ehe für alle“ ist explizit nicht Bestandteil des
aktuellen Koalitionsvertrages zwischen Union und SPD .
Ich bedaure, dass die SPD aus wahltaktischen Gründen
zum Ende der Legislaturperiode in einem konfrontativen
Verfahren eine Abstimmung erzwingt . Dieser bewusst
kalkulierte Vertrauensbruch und die daraus resultieren-
den parlamentarischen Abläufe werden der gesellschaft-
lichen, normativen und auch emotionalen Tragweite der
Thematik nicht gerecht und verhindern so einen mögli-
chen breiteren Konsens .
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Bei
der heutigen Abstimmung zur Öffnung der Ehe habe ich
mich enthalten . Meine Gründe:
Erstens . In Lebenspartnerschaften werden wie in einer
Ehe gleiche Werte gelebt, Rechte und Pflichten gegensei-
tig gewährt und übernommen und zum verbindlichen Le-
bensziel erklärt . Dort sollten deshalb auch gleichwertige
rechtliche Maßstäbe angelegt werden . Aus diesem Grund
befürworte ich die volle rechtliche Gleichstellung der
eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe.
Dazu gehört auch die rechtliche Gleichstellung beim
Thema Adoption . Ich erkenne an, dass Kinder auch in
Lebenspartnerschaften eine fürsorgliche sowie vertrau-
ens- und liebevolle Umgebung erfahren können . Bereits
heute können Partner einer eingetragenen Lebenspart-
nerschaft auch fremde Kinder adoptieren; das entspricht
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts . Allerdings –
das ist der einzige verbliebene Unterschied – kann dies
in einem komplizierteren Verfahren nur nacheinander er-
folgen (Sukzessivadoption) . Die gemeinsame Adoption
in einem Akt, die das Gesetz nur Ehegatten vorschreibt,
war aber nicht als Privileg von Ehegatten gegenüber Le-
benspartnern gedacht (auch wenn es heute oft so interpre-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725248
(A) (C)
(B) (D)
tiert wird); sondern sie sollte vor allem sicherstellen, dass
beide Eheleute das Kind als das Ihre annehmen und nicht
einer der Partner einen Vorbehalt gegenüber dem Kind
des anderen hat . Dieser Gedanke ist auf Lebenspartner
ebenso übertragbar . Unverändert muss gelten, dass jedes
Elternpaar nicht nach seinen eigenen Wünschen, son-
dern allein nach den Erfordernissen des Kindeswohls
ausgewählt wird, wobei nach meiner Überzeugung die
Auswahl eines Elternpaars mit Vater und Mutter auch
weiterhin ein entscheidendes, positives Kriterium dar-
stellen muss. Andere Aspekte, vor allem ein Pflegever-
hältnis, Verwandtschaft oder Gewalterfahrungen in der
Herkunftsfamilie, können aber wichtiger sein und die
Adoptionsentscheidung zugunsten einer eingetragenen
Lebenspartnerschaft begründen . Das muss im Einzelfall
das Jugendamt entscheiden .
Weitere relevante rechtliche Unterschiede zwischen
Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft bestehen
nicht mehr . Für die Abschaffung der früher bestehenden
steuerlichen Ungleichbehandlung – die eine klare Dis-
kriminierung beinhaltete – habe ich bereits vor einigen
Jahren mit Überzeugung auch öffentlich in der Fraktion
und auf dem Bundesparteitag gegen die damalige Mehr-
heitsmeinung gestritten .
Erst in dieser Wahlperiode ist außerdem ein langer
Katalog verschiedenster Gesetzesänderungen durch das
Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner
umgesetzt worden .
Zweitens . Ich habe andererseits aber Bedenken gegen-
über einer Öffnung der Ehe auf dem Weg eines einfachen
Gesetzes . Zum einen halte ich hierfür eine Verfassungs-
änderung für erforderlich . Nach ständiger, auch jüngerer
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geht der
Ehebegriff des Grundgesetzes von einer Verschieden-
geschlechtlichkeit der Partner als Wesensmerkmal der
Ehe in Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes aus . Dies
hat auch der Bundesjustizminister im Mai 2015 in der
Antwort auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 18/4862)
bekräftigt .
Zum anderen halte ich es für den falschen Ansatz, die
Gleichstellung herbeizuführen, indem der Begriff der
Ehe umdefiniert wird. Die bloße Verwendung von ver-
schiedenen Begriffen kann keine Diskriminierung „vor
dem Gesetz“ darstellen . „Ehe“ (bzw . entsprechende Be-
griffe anderer Sprachen) ist ein historisch, kulturell und
religiös besetzter Begriff, der als auf Lebenszeit angeleg-
te und gesetzlich geschützte Verbindung einer Frau mit
einem Mann zu verstehen ist . Er ist nicht durch staatliche
Definition geprägt, sondern durch dieses Vorverständnis
und wird in diesem Sinn weiterhin zum Beispiel von der
katholischen Kirche verwendet . Diese Bedeutung ist in
meinem Umfeld weiterhin maßgeblich, auch wenn sich
hier Änderungen abzeichnen mögen .
Mit der Lebenspartnerschaft steht ein Begriff bzw .
ein Institut zur Verfügung, das der Ehe (mit der geschil-
derten Änderung im Adoptionsrecht) gleichgestellt ist .
Auch wenn manche die Verschiedenheit der Begriffe als
Diskriminierung empfinden, was ich sehr bedaure, kann
das meines Erachtens kein Grund sein, einen zentralen
Begriff wie die Ehe inhaltlich zu verändern . Stattdessen
habe ich die Aufnahme des Begriffs der Lebenspartner-
schaft in das Grundgesetz vorgeschlagen, um so zu einem
gleichen Schutz beider Institute zu kommen und auch die
gleiche Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen .
Klar ist: Man kann diese Argumentation teilen oder
auch zu einem anderen Ergebnis kommen . Die zum Teil
sehr überzogenen Reaktionen auf meine Position mit den
üblichen Unterstellungen und Vorwürfen sind für mich
aber gerade kein Anlass, meine Haltung zu ändern .
Die Verfolgung homosexueller Menschen hat in
Deutschland über viele Jahre großes Unrecht und Leid
verursacht – in der Weimarer Republik, in der Zeit des
Nationalsozialismus, aber auch in der neu gegründeten
Bundesrepublik und in der Deutschen Demokratischen
Republik . In der Diskussion über die Rehabilitierung we-
gen einvernehmlicher sexueller Handlungen verurteilter
Menschen wurde dies nochmals deutlich . Aus Gesprä-
chen und Begegnungen mit Homosexuellen weiß ich,
dass diese Verfolgung weiterhin selbst bei jungen Men-
schen nachwirkt und zu der Grundhaltung beiträgt, sich
als ausgegrenzt und weniger anerkannt zu empfinden.
Erhöhte Selbstmordzahlen bei homosexuellen Jugendli-
chen sind dafür ein bestürzendes Zeichen . Hier erkenne
ich die positive Signalwirkung des heutigen Beschlusses
ausdrücklich an und habe mich deshalb entschieden, ihn
nicht abzulehnen .
Ich bedaure aber, dass die SPD aus wahltaktischen
Gründen entgegen dem geltenden Koalitionsvertrag der
18 . WP nun ein konfrontatives Verfahren gewählt hat,
sodass eine breitere Diskussion (wie von der Kanzlerin
vorausgesetzt), die in einen neuen Koalitionsvertrag der
19 . WP münden könnte, nicht mehr möglich ist . In die-
sem Fall hätte die Möglichkeit bestanden, eine deutlich
größere politische und damit letztlich auch gesellschaft-
liche Mehrheit für die Gleichstellung herbeizuführen .
Verfassungsrechtliche Bedenken hätten dann mit breiter
parlamentarischer Mehrheit ausgeräumt werden können .
In Abwägung dieser verschiedenen Aspekte habe ich
mich entschieden, mich bei der Abstimmung über den
Antrag des Bundesrates zu enthalten .
Barbara Woltmann (CDU/CSU): Ich stimme dem
Gesetz nicht zu .
Begründung: Der Artikel 6 Absatz 1 GG schützt die
Ehe und Familie . Mit dem Begriff Ehe ist die auf Dauer
angelegte, auf freiem Entschluss und Gleichberechtigung
beruhende und förmlich geschlossene Lebensgemein-
schaft zwischen Frau und Mann gemeint . Das ist durch
Urteile des Bundesverfassungsgerichts mehrfach bestä-
tigt . Nicht erfasst werden nichteheliche oder eheähnli-
che Lebensgemeinschaften . Auch gleichgeschlechtliche
Verbindungen wie die eingetragene Lebenspartnerschaft
sind nach der Meinung des Bundesverfassungsgerichts
keine Ehe, da der Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes
allein heterosexuelle Lebensgemeinschaften meint . Ge-
schützt sind diese Partnerschaften durch Artikel 3 Ab-
satz 1 GG . Ob verschieden- oder gleichgeschlechtlich,
der Staat unterstützt alle Lebensformen, die von Verant-
wortung füreinander getragen sind .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25249
(A) (C)
(B) (D)
Die Beeinträchtigung des Artikels 3 GG (Gleichheit
vor dem Gesetz) setzt eine Ungleichbehandlung voraus,
das heißt eine unterschiedliche Behandlung zweier ver-
gleichbarer Sachverhalte . Die heterosexuelle Ehe ist aber
nicht vergleichbar mit der gleichgeschlechtlichen Ehe, da
zwei Männer oder zwei Frauen miteinander keine Kinder
haben/zeugen und gebären können . Das heißt also, dass
es kein gleicher Sachverhalt ist . Der Artikel 3 Absatz 1
GG verbietet allerdings nicht nur die Ungleichbehand-
lung von wesentlich Gleichem, sondern auch die Gleich-
behandlung von wesentlich Ungleichem . Insofern sehe
ich rechtlich keine Nachteile und keine Verletzung der
Artikel 3 Absatz 1 oder Artikel 6 Absatz 1 GG . Wenn da-
her von Benachteiligung gesprochen wird, kann ich das
nicht nachvollziehen .
Die Öffnung des Rechtsinstituts Ehe für gleichge-
schlechtliche Partnerschaften ist der Wertentscheidung
des Verfassungsgebers vorbehalten . Ohne eine Verfas-
sungsänderung des Artikels 6 Absatz 1 GG ist daher eine
Erweiterung des Ehebegriffs auch auf gleichgeschlechtli-
che Paare nach meiner Rechtsauffassung nicht möglich .
Dies bedeutet aber nicht, dass die Union Menschen,
die sich lieben, die dauerhaft Verantwortung füreinander
übernehmen und die sich Stabilität geben wollen, keine
Anerkennung oder Wertschätzung zuteil werden lassen
möchte, ganz im Gegenteil . Die Nachteile hat der Ge-
setzgeber in den vergangenen 15 Jahren immer weiter
abgebaut . Besonders die steuerliche Gleichstellung zwi-
schen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft ist eine
große Errungenschaft gewesen . Dazu zählt auch die Er-
weiterung der Sukzessivadoption für gleichgeschlechtli-
che Paare .
Emmi Zeulner (CDU/CSU): Ich werde dem Antrag
„Ehe für alle“ nicht zustimmen .
Vorab: Dieses Thema derart für den Wahlkampf und
politische Zwecke zu missbrauchen, wie es die SPD ge-
tan hat, ist unwürdig .
Ich bin entschieden gegen jegliche Diskriminierung
von gleichgeschlechtlichen Paaren, und sollte ich eine
solche Ungerechtigkeit in meinem Umfeld erleben, habe
ich mich in Vergangenheit und werde ich mich auch zu-
künftig couragiert gegen eine solche stellen . Ich habe
selbst in meinem engen Freundeskreis gleichgeschlecht-
liche Paare und respektiere selbstverständlich ihre Mei-
nung zur „Ehe für alle“ . Im Gegenzug hoffe ich auch,
dass meine Meinung respektiert wird . Die hier geforder-
te Toleranz muss für beide Seiten gelten . Denn letztlich
geht es darum, dass wir die Werte des anderen hören,
respektieren und im besten Fall nachvollziehen können .
Ich stehe hinter dem Grundsatzprogramm der CSU .
Dies stellt die Ehe von Mann und Frau unter staatlichen
Schutz und erkennt zugleich an, dass die Werte, die in
gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gelebt werden,
grundlegend für unsere Gesellschaft sind .
Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass alle Paare,
gleichgeschlechtlich oder nicht, offiziell als „verheiratet“
bezeichnet werden und die noch bestehenden Ungleich-
behandlungen bei der Adoption ausgeräumt werden . So-
mit wäre der Begriff der Ehe, die als Wesensmerkmal die
Verschiedengeschlechtlichkeit innehat, nicht betroffen .
Letztlich ist es für mich aber keine reine Gewissen-
sentscheidung . Denn ich habe als direkt gewählte Ab-
geordnete einen Auftrag von meinen Wählern erhalten,
sie auch in Berlin zu vertreten . Diese haben mich in dem
Vertrauen gewählt, dass bestimmte Grundsätze nicht an-
getastet werden .
Letztlich haben sich die gesellschaftlichen Werte und
Anschauungen gewandelt; aber das christliche Wertebild
ist in den Grundzügen dasselbe geblieben . Diese Bestän-
digkeit hat nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern ist
Ausdruck einer Verlässlichkeit .
Deswegen werde ich dem Antrag „Ehe für alle“ nicht
zustimmen .
Anlage 5
Erklärungen nach § 31 GO
zu der Abstimmung über den von den Fraktionen
der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf
eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurch-
setzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurch-
setzungsgesetz – NetzDG) (Zusatztagesordnungs-
punkt 12)
Klaus Brähmig (CDU/CSU): Dem sogenannten
Netzwerkdurchsetzungsgesetz kann ich nicht zustim-
men . In meiner Haltung bestätigt fühle ich mich durch
das Ergebnis der öffentlichen Anhörung vor dem Rechts-
ausschuss des Bundestags, bei der sich acht von zehn
Experten explizit gegen den bisherigen Entwurf ausge-
sprochen haben . Einige Gründe möchte ich im Folgen-
den anführen .
Grundsätzlich begrüße ich das Ziel der Bundes-
regierung, dass illegalen Inhalten oder sogenannten
„Hass-Postings“ in den sozialen Netzwerken ein Riegel
vorgeschoben wird . Facebook, Twitter und andere haben
sich in der Vergangenheit zu wenig kooperativ gezeigt,
wenn es um die Bekämpfung von Hetze und Belästigung
ging .
Nicht einverstanden bin ich allerdings, dass beispiels-
weise die Prüfung von Inhalten an die Betreiber der so-
zialen Netzwerke delegiert wird . Sie wird beispielsweise
nicht von unabhängigen Gerichten durchgeführt . Außer-
dem könnte die kurze Frist für die Löschung bzw . Sper-
rung ungewünschter Inhalte und die hohen Strafen für
die Betreiber zu einer Überregulierung der sozialen Netz-
werke und damit zu einer Unterdrückung legitimer Mei-
nungsäußerungen führen . Konkret steht dazu im Gesetz,
dass „offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte innerhalb ei-
nes Tages gelöscht und „rechtswidrige Inhalte“ binnen
einer Woche gelöscht werden müssen . Insbesondere die-
se kurzen Löschfristen bedeuteten aus meiner Sicht einen
schweren Eingriff in die Meinungsfreiheit, denn das Ri-
siko eines Bußgeldes führt in der Praxis sicherlich dazu,
dass die Entscheidungs- und Abwägungsregeln ignoriert
werden müssen . Außerdem stellt sich mir die Frage, in
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725250
(A) (C)
(B) (D)
welchem Fall man von einer „Hassrede“ spricht oder von
„Fake News“? Wie grenzt man sie ab?
Treffend zusammengefasst hat es der Vizepräsident
der Europäischen Kommission und Kommissar für den
digitalen Binnenmarkt, Andrus Ansip, im Handelsblatt:
„Fake News sind schlimm, aber ein ,Wahrheitsministeri-
um‘ ist schlimmer .“
Aus meiner Sicht haben die in der Tat stattfindenden
und schwer zu ertragenden Hetzen und Beleidigungen
einen gesellschaftlichen Ursprung . Diesem Phänomen
kann meines Erachtens nicht allein mit Gesetzen begeg-
net werden . Das Grundproblem ist nämlich mangelnder
Respekt und mangelnder Anstand im Umgang mit dem
Nächsten . Vielleicht sollten wir mehr auf den Zustand der
Familien als Erziehungsort und den Zustand der Schulen
als Lehranstalten einer Nation achten . Denn schon unsere
Vorväter wussten: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans
nimmermehr .“ Wir beschäftigen uns hier also nicht mit
dem Ursprung des Problems, sondern wir versuchen, die
Auswirkungen von Fehlern mit juristischem Flickwerk
abzumildern .
Als gelernter DDR-Bürger habe ich erlebt, wie es ist,
wenn der Staat eine weitgehende Kontrolle der Gedan-
ken und Worte der Menschen anstrebt, um jede Form von
Opposition bzw . Kritik notfalls im Keim zu ersticken .
Wo dieser Verfolgungswahn hinführt, haben wir Deut-
sche in zwei totalitären Diktaturen erleben müssen . Jetzt
übergeben wir die Verantwortung für die Kontrolle über
einen menschlich fairen Umgang im Internet der privaten
Wirtschaft und sorgen mit sehr kurzfristigen Löschfristen
dafür, dass die Unternehmen schon aus wirtschaftlichen
Gründen Massenlöschungen vornehmen werden . Auf-
gabe des Staates ist es, das richtige Augenmaß bei einer
Gesetzgebung zu finden, die empfindliche Auswirkungen
auf die Meinungsfreiheit hat . Und, mit Verlaub, das rech-
te Maß wurde trotz Namensähnlichkeit vom derzeitigen
Bundesjustizminister sicherlich nicht gefunden . Als Par-
lamentarier verweigere ich deshalb auch meine Geburts-
hilfe bei diesem juristischen Stück- und Flickwerk .
Iris Eberl (CDU/CSU): Hiermit zeige ich an, dass
ich am Freitag, 30 . Juni 2017, gegen den Entwurf des
Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, Drucksache 18/12356
sowie Drucksache 18/12727, stimmen werde .
Das Gesetz enthält einen unangemessenen und ver-
fassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriff in das
Grundrecht der Meinungsfreiheit, den ich in einem
Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland nicht
mitverantworten will .
Weitere Begründung:
Ich habe den Entwurf des Netzwerkdurchsetzungsge-
setzes in seiner ursprünglichen Fassung zur Begutach-
tung an den Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen
Bundestages gegeben, um die Frage seiner Vereinbarkeit
mit dem Grundgesetz und dem Europäischen Recht zu
klären . Das Ergebnis ist eine Unvereinbarkeit mit dem
Grundgesetz . Auch bezüglich des Europarechts wurden
große Probleme gesehen .
Da die Einzelpunkte, die zum Schluss der Unverein-
barkeit führten, in der vorliegenden neuen Fassung des
Netzwerkdurchsetzungsgesetzes noch enthalten sind,
folgere ich, dass auch dieses verfassungswidrig und wohl
auch europarechtswidrig ist .
Anlage 6
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Erika Steinbach (fraktions-
los) zu den Abstimmungen über den von den
Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrach-
ten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken
(Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) und
die Beschlussempfehlung des Ausschusses für
Recht und Verbraucherschutz zu dem Antrag der
Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Renate
Künast, Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Transparenz und Recht im Netz – Maßnahmen
gegen Hasskommentare, „Fake News“ und Miss-
brauch von „Social Bots“ (Zusatztagesordnungs-
punkt 12 a und b)
Wenn einfachgesetzliche Normen wie Beleidigungen,
Volksverhetzungen oder Gewaltdarstellungen, im eröff-
neten Schutzbereich der grundgesetzlich geschützten
Meinungsfreiheit im Netz durchgesetzt werden sollen,
dann bewegen wir uns auf sehr glattem Eis . Die verein-
barten Änderungen stellen die Netzkonzerne besser, weil
ihr Bußgeldrisiko sinkt . Das mildert den Protest ab .
Mir geht es jedoch darum, das Grundrecht der Mei-
nungsfreiheit nicht zu beschädigen, indem man einen
Überwachungs- und Tilgungsdienst einrichtet, der sich
am Ende nicht wird verantworten müssen . Wie wird die
Zentrale aussehen, die über die Löschungen befindet?
Wird am Ende nicht gelöscht, was rechtswidrig ist, son-
dern am Ende all das, was missliebig sein könnte? Dem
Unternehmen ist der Gewinn oder die Freiheit von sich
aufaddierenden Strafzahlungen wichtiger als die neu-
trale, kostenintensive Prüfung, ob tatsächlich komplexe
Rechtsnormen verletzt sind . Der UN-Sonderbeauftragte
für die Meinungsfreiheit, David Kaye, benennt genau
diese Gefahr der „Überregulierung“ . Überregulierung
über Verschlagwortung, Sprache als Gegensatz von herr-
schendem „Mainstream“ und dann ausgemerzter Minder-
meinung? Sich den Ärger vom Hals halten, wie die FAZ
schrieb . Das schafft auf Dauer sogar eine Gesellschafts-
lenkung, kreiert eine neue Gesellschaftsrealität . Das vor
allem, wenn die „vertrauenswürdigen Partner“ der Netz-
überwacher, die Gut und Böse definieren, Genossen um-
fasst wie „ausgerechnet die Amadeu Antonio Stiftung der
ehemaligen Stasi-Mitarbeiterin Anetta Kahane, die nicht
nur an den Task-Force-Gesprächen von Bundesjustiz-
minister Heiko Maas (SPD) mit Facebook und Twitter
teilnahm, sondern sich auch sonst schon als ideologische
Kehrmachine im Netz betätigt hat“ . Die FAZ berichtete
am 27 . Juni 2017 . Ist dann „Beat the fascist insect“ wie-
der aktuell?
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25251
(A) (C)
(B) (D)
Birgt das nicht die Gefahr, dass die Meinung der
Mehrheit – oder der vermuteten Mehrheit – alle anderen
mundtot macht? Hier droht die „Tyrannei der Mehrheit“,
die schon der französische Publizist und Politiker Alexis
de Toqueville als Gefahr der Demokratie beschrieb . Die
aktive Teilnahme der Bürger wird so unverhältnismäßig
eingeschränkt . Diese Überkorrektur beraubt die betroffe-
nen Bürger und jene·Bürger, die befürchten, Betroffene
zu werden, der politischen Eigeninitiative . Sie werden
in die innere Emigration getrieben, in eine fremdver-
schuldete Unmündigkeit, in der sie sich nur um ihre
wirtschaftliche Existenz kümmern und das Politische bei
Wahlen und der Steuerzahlung erfüllen sollen .
Das Netzdurchsetzungsgesetz dient dann – wie es der
Name schon zu sagen scheint – ganz offensichtlich dazu,
sich mit einer genehmen Meinung im Netz durchzuset-
zen . Gut gemeint ist also nicht gut gelungen, insbesonde-
re nicht beim Netzdurchsetzungsgesetz .
Aus diesen Gründen stimme ich dem Antrag nicht zu .
Anlage 7
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker
und Dr. Stefan Heck (beide CDU/CSU) zu der
Abstimmung über den von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur
Änderung des Telemediengesetzes (Zusatztages-
ordnungspunkt 15)
Wir unterstützen das Ziel, die Verbreitung von
WLAN-Netzen in Deutschland zu fördern . Zugleich ha-
ben wir erhebliche politische und rechtliche Bedenken
gegen den vorliegenden Entwurf eines Dritten Gesetzes
zur Änderung des Telemediengesetzes .
Der Wunsch gerade von Hoteliers und Einzelhänd-
lern, ihren Kunden einen WLAN-Internetzugang mög-
lichst ohne eigene Haftungsrisiken anbieten zu können,
ist zwar nachvollziehbar . Doch dürfen dabei weder die
Konsequenzen für diejenigen, deren Rechte über einen
solchen Internetzugang verletzt werden, zum Beispiel
Künstler, Kreative, Verlage etc ., aber auch die Opfer von
Mobbing oder Verleumdung, noch für die Kriminalitäts-
bekämpfung vergessen werden .
Im vergangenen Jahr wurde bereits mit dem
2 . TMG-Änderungsgesetz klargestellt, dass WLAN-Be-
treiber in gleicher Weise wie sonstige Accessprovider
von den Haftungsprivilegien des Telemediengesetzes
profitieren. Diese gesetzlichen Änderungen waren aus
unserer Sicht richtig und ausreichend .
Unserer Auffassung nach begegnet der Gesetzentwurf
in der vorliegenden Form aus zwei Gründen besonderen
europarechtlichen Bedenken: Zum einen bezieht sich die
in § 8 Absatz 1 Satz 2 TMG-E vorgesehene Regelung
nicht nur auf die Betreiber von WLAN-Netzen, sondern
auf sämtliche Internetzugangsprovider, ohne dass Rech-
teinhaber diesen gegenüber noch irgendeinen Rechtsbe-
helf in der Hand haben . Die Regelung des § 7 Absatz 4
TMG-E, die Urhebern und anderen Inhabern geistiger
Eigentumsrechte einen Anspruch auf „Sperrung der
Nutzung von Informationen“ gibt, kann ausschließlich
gegenüber WLAN-Betreibern geltend gemacht werden,
nicht aber gegenüber sonstigen Diensteanbietern im Sin-
ne des § 8 TMG . Das ist unserer Auffassung nach nicht
mit Artikel 8 Absatz 3 der RL 2001/29/EG und Artikel 11
RL 2004/48/EG in Einklang zu bringen . Die Richtlini-
en schreiben vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen
müssen, dass die Rechteinhaber gerichtliche Anordnun-
gen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste
von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts
oder verwandter Schutzrechte genutzt werden . Diese
Vorgabe wird mit dem 3 . TMGÄndG nicht mehr erfüllt .
Zweitens ist die in § 7 Absatz 4 Satz 4 und § 8 Absatz 1
Satz 2, 2 . Halbsatz TMG-E normierte Kostenregelung
nach unserer Auffassung nicht mit europarechtlichen
Vorgaben vereinbar . Zukünftig sollen Kostenerstattungs-
ansprüche der Rechteinhaber gegenüber den Accesspro-
vidern ausgeschlossen sein . Artikel 14 der RL 2004/48
besagt aber, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müs-
sen, dass die Prozesskosten und sonstigen Kosten der ob-
siegenden Partei in der Regel, soweit sie zumutbar und
angemessen sind, von der unterlegenen Partei getragen
werden, sofern Billigkeitsgründe dem nicht entgegen-
stehen. Diesen Grundsatz finden wir auch im deutschen
Recht, wo es üblich ist, dass die unterlegene Partei die
Prozesskosten zu tragen hat .
Schließlich sprechen sicherheitspolitische Bedenken
gegen den Gesetzentwurf . Der gesetzliche Ausschluss ei-
ner Passwortpflicht und das Verbot der Auferlegung einer
Registrierungspflicht führen zu einer völlig anonymen
und unbeschränkten Nutzung der WLAN-Netze . Diese
erweiterte Anonymisierung der Internetnutzer kann die
Ermittlung und Verfolgung von Straftaten im Internet
erheblich erschweren . Gleichzeitig steht sie im Wider-
spruch zu den jüngsten gesetzlichen Maßnahmen zur
verbesserten Aufklärung von Straftaten unter Nutzung
von Telekommunikationsmitteln . So wird beispielsweise
die Datenverifizierungspflicht bei der Registrierung von
Prepaid-Mobiltelefonen wirkungslos, wenn sich Straftä-
ter oder Gefährder in offene WLAN-Netze nach Belieben
anonym einwählen können .
Anlage 8
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Tankred Schipanski (CDU/
CSU) zu der Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten
Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes
(Zusatztagesordnungspunkt 15)
In der vorgeschlagenen erneuten Änderung des Tele-
mediengesetzes sehe ich keine Verbesserung gegenüber
der aktuellen Rechtslage . Gleichwohl stimme ich diesem
Gesetz aus Koalitionsdisziplin zu . Die Union beweist
sich hier als verlässlicher Koalitionspartner .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725252
(A) (C)
(B) (D)
Anlage 9
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie
gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von
einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen
absehen:
Haushaltsausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2015
Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Ver-
pflichtungsermächtigungen im ersten Vierteljahr
des Haushaltsjahres 2015
Drucksachen 18/5065, 18/5162 Nr. 12
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2015
Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Ver-
pflichtungsermächtigungen im zweiten Vierteljahr
des Haushaltsjahres 2015
Drucksachen 18/5767, 18/5976 Nr. 1.9
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2015
Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Ver-
pflichtungsermächtigungen im dritten Vierteljahr
des Haushaltsjahres 2015
Drucksachen 18/6952, 18/7116 Nr. 3
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2015
Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Ver-
pflichtungsermächtigungen im vierten Vierteljahr
des Haushaltsjahres 2015
Drucksachen 18/8346, 18/8461 Nr. 1.7
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushaltsführung 2017
Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaus-
haltsordnung über die Einwilligung in eine über-
planmäßige Ausgabe bei Kapitel 1408 Titel 821 03 –
Beschaffung von Liegenschaften für militärische
Zwecke und Werterstattungen nach § 61 Absatz 1
der Bundeshaushaltsordnung für bundeseigene
Grundstücke sowie Restwertentschädigungen – bis
zur Höhe von 48 Mio. Euro
Drucksachen 18/11864, 18/12181 Nr. 1.4
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen
des Bundes zur Unterstützung von Ländern und
Kommunen im Bereich der Flüchtlings- und Inte-
grationskosten und die Mittelverwendung durch
die Länder im Jahr 2016
Drucksachen 18/12688, 18/12879 Nr. 1.4
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Struktur-, Rechts- und Finanzie-
rungselemente der substantiellen Intensivierung
des KfW-Engagement im Bereich der Wagniskapi-
tal- und Beteiligungsfinanzierung
Drucksachen 18/12748, 18/12879 Nr. 1.10
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht über die Programme zur Innovations- und
Technologieförderung im Mittelstand, in der lau-
fenden Legislaturperiode, insbesondere über die
Entwicklung des Zentralen Innovationsprogramms
Mittelstand (ZIM) für das Jahr 2016
Drucksache 18/12442
Ausschuss für Gesundheit
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über den Fortgang
der eingeleiteten Reformprozesse, mögliche Miss-
stände und sonstige aktuelle Entwicklungen in der
Transplantationsmedizin
Drucksache 18/3566
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Zweiter Bericht der Bundesregierung über den
Fortgang der eingeleiteten Reformprozesse, mögli-
che Missstände und sonstige aktuelle Entwicklun-
gen in der Transplantationsmedizin
Drucksache 18/7269
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Dritter Bericht der Bundesregierung über den
Fortgang der eingeleiteten Reformprozesse, mögli-
che Missstände und sonstige aktuelle Entwicklun-
gen in der Transplantationsmedizin
Drucksache 18/10854
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Ressortübergreifende Strategie Soziale Stadt –
Nachbarschaften stärken, Miteinander im Quartier
Drucksachen 18/9588, 18/9733 Nr. 1.1
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung zum Stickstoffeintrag
in die Biosphäre
Drucksachen 18/12690, 18/12879 Nr. 1.6
– Unterrichtung durch den Parlamentarischen Beirat für
nachhaltige Entwicklung
Stellungnahme des Parlamentarischen Beirates für
nachhaltige Entwicklung zur Deutschen Nachhal-
tigkeitsstrategie 2016
Drucksachen 18/12742, 18/12879 Nr. 1.11
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 2017 25253
(A) (C)
(B) (D)
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung
– Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (18 . Ausschuss) gemäß
§ 56a der Geschäftsordnung
Technikfolgenabschätzung (TA)
Synthetische Biologie – Die nächste Stufe der Bio-
und Gentechnologie
Drucksache 18/7216
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Aktionsplan Nanotechnologie 2020 der Bundesre-
gierung
Drucksache 18/9670
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
16. Bericht des Ausschusses für die Hochschulsta-
tistik für den Zeitraum 1. Juni 2012 bis 31. Mai
2016
Drucksache 18/10851
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Strategie der Bundesregierung zur Internationali-
sierung von Bildung, Wissenschaft und Forschung
Drucksache 18/11100
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Gutachten zu Forschung, Innovation und technolo-
gischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2017
Drucksache 18/11270
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht zur Umsetzung der Hightech-Strategie –
Fortschritt durch Forschung und Innovation
Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutach-
ten zu Forschung, Innovation und technologischer
Leistungsfähigkeit Deutschlands 2017
Drucksache 18/11810
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Berufsbildungsbericht 2017
Drucksache 18/11969
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017
Drucksache 18/12310
Ausschuss Digitale Agenda
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Digitale Agenda 2014 bis 2017
Drucksache 18/2390
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Legislaturbericht Digitale Agenda 2014 bis 2017
Drucksache 18/12130
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Uni-
onsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer
Beratung abgesehen hat .
Innenausschuss
Drucksache 18/9605 Nr . A .17
Ratsdokument 11316/16
Drucksache 18/9605 Nr . A .18
Ratsdokument 11317/16
Drucksache 18/9605 Nr . A .19
Ratsdokument 11318/16
Drucksache 18/12184 Nr . A .3
Ratsdokument 6914/17
Drucksache 18/12184 Nr . A .4
Ratsdokument 6925/17
Drucksache 18/12184 Nr . A .5
Ratsdokument 6941/17
Drucksache 18/12184 Nr . A .6
Ratsdokument 6943/17
Drucksache 18/12184 Nr . A .7
Ratsdokument 6949/17
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Drucksache 18/419 Nr . A .53
Ratsdokument 17635/13
Finanzausschuss
Drucksache 18/6607 Nr . A .12
Ratsdokument 12601/15
Drucksache 18/11693 Nr . A .7
EP P8_TA-PROV(2017)0041
Drucksache 18/12456 Nr . A .5
EU-Dok 119/2017
Drucksache 18/12654 Nr . A .4
Ratsdokument 8873/17
Haushaltsausschuss
Drucksache 18/12456 Nr . A .6
Ratsdokument 8257/17
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Drucksache 18/10932 Nr . A .13
Ratsdokument 15090/16
Drucksache 18/10932 Nr . A .14
Ratsdokument 15091/16
Drucksache 18/10932 Nr . A .15
Ratsdokument 15108/16
Drucksache 18/10932 Nr . A .16
Ratsdokument 15151/16
Drucksache 18/11229 Nr . A .14
Ratsdokument 5358/17
Drucksache 18/11229 Nr . A .15
Ratsdokument 15120/16
Drucksache 18/11229 Nr . A .16
Ratsdokument 15135/16
Drucksache 18/11229 Nr . A .17
Ratsdokument 15149/16
Drucksache 18/11229 Nr . A .18
Ratsdokument 15150/16
Drucksache 18/11484 Nr . A .12
Ratsdokument 5868/17
Drucksache 18/11484 Nr . A .13
Ratsdokument 5890/17
Drucksache 18/11484 Nr . A .14
Ratsdokument 5902/17
Drucksache 18/12654 Nr . A .5
Ratsdokument 8765/17
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 244 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 30 . Juni 201725254
(A) (C)
(B) (D)
Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Drucksache 18/12456 Nr . A .9
Ratsdokument 7998/17
Verteidigungsausschuss
Drucksache 18/12892 Nr . A .10
KOM(2017)294 endg .
Drucksache 18/12892 Nr . A .11
Ratsdokument 10164/17
Drucksache 18/12892 Nr . A .12
Ratsdokument 10165/17
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Drucksache 18/12184 Nr . A .15
Ratsdokument 7119/17
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Drucksache 18/12456 Nr . A .14
Ratsdokument 7873/17
Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union
Drucksache 18/6855 Nr . A .11
Ratsdokument 13330/15
Drucksache 18/6855 Nr . A .12
Ratsdokument 13352/15
Drucksache 18/7127 Nr . A .7
EP P8_TA-PROV(2015)0395
Drucksache 18/7127 Nr . A .8
Ratsdokument 13348/15
Drucksache 18/7286 Nr . A .28
Ratsdokument 14790/15
Drucksache 18/8140 Nr . A .28
Ratsdokument 6803/16
Drucksache 18/10116 Nr . A .38
Ratsdokument 12185/16
Drucksache 18/10116 Nr . A .39
Ratsdokument 12192/16
Drucksache 18/10706 Nr . A .14
Ratsdokument 14357/16
Drucksache 18/10706 Nr . A .16
Ratsdokument 14359/16
Drucksache 18/10706 Nr . A .17
Ratsdokument 14630/16
Drucksache 18/10932 Nr . A .31
Ratsdokument 15073/16
Drucksache 18/11693 Nr . A .16
Ratsdokument 6619/17
Drucksache 18/11883 Nr . A .1
Ratsdokument XT20001/17
Drucksache 18/12299 Nr . A .1
Ratsdokument XT21009/17
Drucksache 18/12456 Nr . A .16
EP P8_TA-PROV(2017)0102
244. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
ZP 11 Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts
ZP 12 Netzwerkdurchsetzungsgesetz
ZP 13 Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz
ZP 14 Netzentgeltmodernisierungsgesetz
ZP 15 Änderung des Telemediengesetzes
TOP 29 Emissionsfreie Mobilität, Bahnpolitik, Radverkehr
TOP 30 Leitlinien zur Krisenprävention, Friedensförderung
TOP 31 Bericht des 5. Untersuchungsausschusses (Abgas)
TOP 32 Spitzensportförderung
TOP 33 Förderung des sozialen Wohnungsbaus
TOP 28 Zweiter Engagementbericht: Demografischer Wandel
Anlagen
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9