Plenarprotokoll 18/243
Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht
243. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 29. Juni 2017
Inhalt:
Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord-
neten Marieluise Beck (Bremen) . . . . . . . . . . 24875 A
Begrüßung der neuen Abgeordneten Marion
Marga Herdan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24875 B
Erweiterung und Abwicklung der Tagesord-
nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24875 B
Absetzung der Tagesordnungspunkte 21 a,
36 ee, 36 qq, 36 zz, 36 ccc, 36 kkk, 36 mmm
und 36 nnn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24878 C
Begrüßung einer Delegation des irischen
Parlaments unter Vorsitz des Vorsitzenden
der deutsch-irischen Freundschaftsgruppe,
Senator Craughwell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24883 D
Tagesordnungspunkt 7:
Abgabe einer Regierungserklärung durch die
Bundeskanzlerin zum Europäischen Rat am
22. und 23. Juni 2017 in Brüssel und zum
G-20-Gipfel am 7. und 8. Juli 2017 in Ham-
burg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24878 D
Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 24879 A
Dr . Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 24883 D
Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24886 A
Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . 24887 C
Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24889 B
Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24891 A
Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24893 C
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24894 D
Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24895 D
Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24897 B
Dr . Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24898 C
Tagesordnungspunkt 8:
a) Zweite und dritte Beratung des vom
Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines
... Strafrechtsänderungsgesetzes – Straf-
barkeit nicht genehmigter Kraftfahr-
zeugrennen im Straßenverkehr
Drucksachen 18/10145, 18/12936,
18/12964 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24902 C
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Recht und Verbraucher-
schutz zu dem Antrag der Abgeordneten
Hans-Christian Ströbele, Stephan Kühn
(Dresden), Renate Künast, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Verkehrssicherheit er-
höhen – Raserei und illegale Autorennen
wirksam bekämpfen
Drucksachen 18/12558, 18/12936,
18/12964 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24902 C
Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24902 D
Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24903 C
Alexander Dobrindt, Bundesminister
BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24904 D
Renate Künast (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24905 D
Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24906 D
Sebastian Steineke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24908 A
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017II
Tagesordnungspunkt 9:
a) Antrag der Abgeordneten Wolfgang
Gehrcke, Dr . Alexander S . Neu, Inge
Höger, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Abrüstung jetzt
und hier beginnen
Drucksache 18/12799 . . . . . . . . . . . . . . . . 24909 D
b) Antrag der Abgeordneten Dr . Alexander S .
Neu, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE: Keine Orientierung am
Zwei-Prozent-Ziel der NATO
Drucksache 18/12800 . . . . . . . . . . . . . . . . 24909 D
c) Antrag der Abgeordneten Inge Höger,
Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE sowie der Abgeordneten Agnieszka
Brugger, Dr . Gerhard Schick, Katja Keul,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Investitio-
nen in Streumunition und Antipersonen-
minen verbieten
Drucksache 18/12898 . . . . . . . . . . . . . . . . 24909 D
d) Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag
der Abgeordneten Inge Höger, Wolfgang
Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion DIE LINKE so-
wie der Abgeordneten Agnieszka Brugger,
Jürgen Trittin, Katja Keul, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Verhandlungen über
einen Atomwaffenverbotsvertrag aktiv
unterstützen
Drucksachen 18/11609, 18/12419 . . . . . . . 24910 A
e) Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag
der Abgeordneten Inge Höger, Wolfgang
Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE: Atom-
waffen aus Deutschland abziehen und
Neustationierung stoppen
Drucksachen 18/6808, 18/12420 . . . . . . . . 24910 A
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 1:
Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Bericht der Bundesregierung zum Stand
der Bemühungen um Rüstungskontrolle,
Abrüstung und Nichtverbreitung sowie
über die Entwicklung der Streitkräftepo-
tenziale (Jahresabrüstungsbericht 2016)
Drucksache 18/11968 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24910 B
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 2:
Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Bericht der Bundesregierung zum Stand
der Bemühungen um Rüstungskontrolle,
Abrüstung und Nichtverbreitung sowie
über die Entwicklung der Streitkräftepo-
tenziale (Jahresabrüstungsbericht 2015)
Drucksache 18/8065 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24910 B
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 3:
Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Bericht der Bundesregierung zum Stand
der Bemühungen um Rüstungskontrolle,
Abrüstung und Nichtverbreitung sowie
über die Entwicklung der Streitkräftepo-
tenziale (Jahresabrüstungsbericht 2014)
Drucksache 18/4270 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24910 C
Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 24910 C
Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24911 D
Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24913 B
Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 24915 A
Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24916 C
Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . . . 24918 A
Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24918 B
Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 24918 C
Dr . Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 24919 B
Dr . Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24920 A
Dr . Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 24921 B
Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . 24922 B
Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24922 D
Tagesordnungspunkt 10:
– Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem An-
trag der Bundesregierung: Fortsetzung
der Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte an EUNAVFOR MED Ope-
ration SOPHIA
Drucksachen 18/12491, 18/12868 . . . . . . . 24924 D
– Bericht des Haushaltsausschusses gemäß
§ 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/12869 . . . . . . . . . . . . . . . . 24925 A
Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24925 A
Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . . . 24927 A
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 III
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24927 D
Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . . . 24929 B
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24929 C
Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24930 A
Dr . Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24931 B
Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24932 B
Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 24933 A
Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24936 D
Tagesordnungspunkt 11:
Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Un-
tersuchungsausschusses gemäß Artikel 44
des Grundgesetzes
Drucksache 18/12950 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24933 B
Armin Schuster (Weil am Rhein)
(CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24933 C
Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24935 B
Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24939 B
Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24941 B
Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24942 B
Monika Lazar (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24943 A
Susann Rüthrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24943 D
Sylvia Jörrißen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24945 B
Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 24946 B
Zusatztagesordnungspunkt 4:
Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Parlamentari-
sche Kontrolle in Zeiten der Großen Koali-
tion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24948 B
Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24948 C
Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24949 B
Martina Renner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24951 A
Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24952 C
Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24953 C
Dr . André Hahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 24955 B
Susanne Mittag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24956 C
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24958 A
Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24959 A
Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 24960 A
Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 24961 C
Armin Schuster (Weil am Rhein)
(CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24963 A
Tagesordnungspunkt 12:
– Zweite und dritte Beratung des von den
Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge-
brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung des Strafgesetzbuches – Woh-
nungseinbruchdiebstahl
Drucksachen 18/12359, 18/12933,
18/12995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24964 C
– Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurfs eines … Gesetzes zur Änderung
des Strafgesetzbuches – Wohnungsein-
bruchdiebstahl
Drucksachen 18/12729, 18/12933,
18/12995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24964 C
Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 24964 D
Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 24965 D
Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 24967 A
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24968 C
Bettina Bähr-Losse (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 24971 C
Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 24972 C
Tagesordnungspunkt 13:
a) Antrag der Abgeordneten Maria Klein-
Schmeink, Katja Dörner, Elisabeth
Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN: Solidarität und Verlässlichkeit,
Qualität und Wahlfreiheit in unserem
Gesundheitswesen stärken – Einstieg in
die Bürgerversicherung
Drucksache 18/12951 . . . . . . . . . . . . . . . . 24973 D
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Arbeit und Soziales zu
dem Antrag der Abgeordneten Markus
Kurth, Maria Klein-Schmeink, Kerstin
Andreae, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Mit Sicherheit in die Selbständigkeit –
Für eine bessere Absicherung von Selb-
ständigen
Drucksachen 18/10035, 18/12673 . . . . . . . 24973 D
Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24973 D
Thomas Stritzl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24975 B
Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24975 D
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017IV
Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24976 D
Sabine Zimmermann (Zwickau)
(DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24978 C
Dr . Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 24980 A
Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 24980 D
Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24982 C
Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 24984 A
Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24985 B
Tagesordnungspunkt 14:
– Zweite und dritte Beratung des von den
Fraktionen der CDU/CSU und SPD ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Förderung von Mieterstrom und zur Ände-
rung weiterer Vorschriften des Erneuerba-
re-Energien-Gesetzes
Drucksachen 18/12355, 18/12988 . . . . . . . 24986 C
– Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Förderung von Mie-
terstrom und zur Änderung weiterer Vor-
schriften des Erneuerbare-Energien-Geset-
zes
Drucksachen 18/12728, 18/12988 . . . . . . . 24986 C
Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24986 D
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 24987 D
Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 24989 A
Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24990 D
Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 24992 A
Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24993 B
Tagesordnungspunkt 15:
a) Antrag der Abgeordneten Sabine
Zimmermann (Zwickau), Susanna
Karawanskij, Matthias W . Birkwald, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE: Für gleichwertige Lebensver-
hältnisse in allen Regionen in Ost und
West
Drucksache 18/11750 . . . . . . . . . . . . . . . . 24995 A
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Arbeit und Sozia-
les zu dem Antrag der Abgeordneten
Susanna Karawanskij, Cornelia Möhring,
Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE: For-
derung der Vereinten Nationen zu den
in der DDR geschiedenen Frauen sofort
umsetzen
Drucksachen 18/12107, 18/12854 . . . . . . . 24995 A
Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 24995 A
HonD Albert Weiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24996 B
Sabine Zimmermann (Zwickau)
(DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24996 D
Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 24998 D
HonD Albert Weiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 24999 B
Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24999 C
Daniela Kolbe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25001 A
Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 25002 B
Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 25004 A
Tagesordnungspunkt 16:
– Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem An-
trag der Bundesregierung: Fortsetzung
der Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte an der „United Nations In-
terim Force in Lebanon“ (UNIFIL)
Drucksachen 18/12492, 18/12866 . . . . . . . 25005 D
– Bericht des Haushaltsausschusses gemäß
§ 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/12867 . . . . . . . . . . . . . . . . 25005 D
Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25006 A
Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 25007 B
Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 25008 B
Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25009 B
Dr . Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 25010 C
Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 25011 C
Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25013 D
Tagesordnungspunkt 17:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Ab-
geordneten Irene Mihalic, Luise Amtsberg,
Volker Beck (Köln), weiteren Abgeordne-
ten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes über die unabhängige Polizei-
beauftragte oder den unabhängigen Po-
lizeibeauftragten des Bundes (Bundespo-
lizeibeauftragtengesetz – BPolBeauftrG)
Drucksachen 18/7616, 18/12826 . . . . . . . . 25011 C
b) Beschlussempfehlung und Bericht des In-
nenausschusses zu dem Antrag der Abge-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 V
ordneten Irene Mihalic, Luise Amtsberg,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Aufklärung polizeilichen
Fehlverhaltens erleichtern – Ergänzung
zum Entwurf eines Gesetzes über die un-
abhängige Polizeibeauftragte oder den
unabhängigen Polizeibeauftragten des
Bundes (Bundespolizeibeauftragtenge-
setz – BPolBeauftrG)
Drucksachen 18/7617, 18/12826 . . . . . . . . 25011 D
c) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung zu dem Antrag der Ab-
geordneten Irene Mihalic, Luise Amtsberg,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN: Änderung der Geschäftsordnung
des Deutschen Bundestages
hier: Umsetzung des Gesetzes über die
unabhängige Polizeibeauftragte oder
den unabhängigen Polizeibeauftrag-
ten des Bundes (Bundespolizeibeauf-
tragtengesetz – BPolBeauftrG)
Drucksachen 18/7618, 18/12978 . . . . . . . . 25012 A
Günter Baumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 25012 A
Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 25016 B
Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 25017 D
Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25019 B
Tagesordnungspunkt 20:
Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Ernährung und Landwirtschaft zu
der Verordnung des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft: Verordnung
über den Umgang mit Nährstoffen im Be-
trieb und zur Änderung weiterer Vorschrif-
ten
Drucksachen 18/12731, 18/12879 Nr . 2,
18/12921 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25020 D
Waldemar Westermayer (CDU/CSU) . . . . . . . 25021 A
Dr . Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 25021 D
Dr . Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 25022 D
Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25024 B
Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . . 25025 A
Tagesordnungspunkt 35:
a) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig,
Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE LINKE:
Ausstieg und Umstieg bei dem Bahnpro-
jekt Stuttgart 21
Drucksache 18/10060 . . . . . . . . . . . . . . . . 25026 D
b) Antrag der Abgeordneten Sven-Christian
Kindler, Matthias Gastel, Stephan Kühn
(Dresden), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Dialogforum Schiene-Nord ernst neh-
men – Erweiterten Lärmschutz beim
Schienenausbauprojekt „Alpha-E“ vo-
rantreiben
Drucksache 18/12862 . . . . . . . . . . . . . . . . 25026 D
d) Antrag der Abgeordneten Friedrich
Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umbau
der Tierhaltung gestalten und finanzie-
ren
Drucksache 18/12947 . . . . . . . . . . . . . . . . 25027 A
Tagesordnungspunkt 21:
b) Antrag der Abgeordneten Katrin Werner,
Sigrid Hupach, Matthias W . Birkwald, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE: Wahlrecht für alle Menschen
mit Behinderungen garantieren
Drucksache 18/12941 . . . . . . . . . . . . . . . . 25027 B
Tagesordnungspunkt 36:
a) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Wirtschaft und Energie
zu der Verordnung der Bundesregierung:
Achte Verordnung zur Änderung der
Außenwirtschaftsverordnung
Drucksachen 18/12242, 18/12443 Nr . 2 .3,
18/12630 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25027 B
b) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Kultur und Medien zu dem
Antrag der Abgeordneten Sigrid Hupach,
Nicole Gohlke, Dr . Rosemarie Hein, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE: Ausstellungsvergütung gesetz-
lich verankern – Gerechtigkeitslücke für
bildende Künstlerinnen und Künstler
schließen
Drucksachen 18/12094, 18/12910 . . . . . . . 25027 C
c) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Ernährung und Landwirt-
schaft
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Dr . Kirsten Tackmann, Heidrun Bluhm,
Karin Binder, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion DIE LINKE:
Ausverkauf des Bodens an land-
wirtschaftsfremde Investoren stop-
pen – Bodenmarkt im Interesse der
Landwirtschaft strenger regulieren
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch,
Harald Ebner, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017VI
GRÜNEN: Einrichtung eines Bun-
desprogramms „Zugang zu Land –
Chancen für neue Betriebe ermögli-
chen“
Drucksachen 18/12551, 18/11601,
18/12878 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25027 D
d) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Ernährung und Landwirt-
schaft zu dem Antrag der Abgeordneten
Karin Binder, Caren Lay, Herbert Behrens,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE: Lebensmittelretterinnen
und Lebensmittelretter entkriminalisie-
ren
Drucksachen 18/12364, 18/12635 . . . . . . . 25028 A
e) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Ernährung und Landwirt-
schaft zu dem Antrag der Abgeordneten
Birgit Menz, Eva Bulling-Schröter, Caren
Lay, weiterer Abgeordneter und der Frakti-
on DIE LINKE: Tierversuche beenden
Drucksachen 18/11724, 18/12981: . . . . . . 25028 B
f) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Verkehr und digitale In-
frastruktur zu dem Antrag der Abgeordne-
ten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren
Lay, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE: Offenlegung von Gut-
achten zur Deutschen Bahn AG
Drucksachen 18/11011, 18/12528 . . . . . . . 25028 B
g) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Verkehr und digitale Infra-
struktur zu dem Antrag der Abgeordneten
Matthias Gastel, Cem Özdemir, Stephan
Kühn (Dresden), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN: Kostenentwicklung beim Bahn-
hofsprojekt Stuttgart 21 kritisch prüfen
Drucksachen 18/9039, 18/9863 . . . . . . . . . 25028 C
h) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi-
nanzausschusses zu dem Antrag der Ab-
geordneten Kerstin Andreae, Dr . Thomas
Gambke, Renate Künast, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Mehr für das Gemein-
wohl – Steuerabzug für Managergehäl-
ter deckeln
Drucksachen 18/11176, 18/12627 . . . . . . . 25028 C
i) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Recht und Verbraucherschutz
zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus
Ernst, Matthias W . Birkwald, Susanna
Karawanskij, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE: Managergehäl-
ter beschränken
Drucksachen 18/9838, 18/11201 . . . . . . . . 25028 D
j) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Arbeit und Soziales zu dem
Antrag der Abgeordneten Beate Müller-
Gemmeke, Kerstin Andreae, Katja Keul,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unterneh-
mensmitbestimmung stärken – Grauzo-
nen schließen
Drucksachen 18/10253, 18/12861 . . . . . . . 25029 A
k) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Arbeit und Soziales zu
dem Antrag der Abgeordneten Kerstin
Andreae, Dr . Konstantin von Notz, Brigitte
Pothmer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Arbeit 4.0 – Arbeitswelt von morgen ge-
stalten
Drucksachen 18/10254, 18/12991 . . . . . . . 25029 A
l) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Arbeit und Soziales zu dem
Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann,
Klaus Ernst, Sabine Zimmermann
(Zwickau), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Kettenbefristun-
gen abschaffen
Drucksachen 18/4098, 18/8457 . . . . . . . . . 25029 B
m) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi-
nanzausschusses zu dem Antrag der Abge-
ordneten Lisa Paus, Kordula Schulz-Asche,
Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN: Rechtssicherheit für bürgerschaft-
liches Engagement – Gemeinnützigkeit
braucht klare Regeln
Drucksachen 18/12559, 18/12973 . . . . . . . 25029 B
n) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Wirtschaft und Energie
zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin
Andreae, Cem Özdemir, Dr . Thomas
Gambke, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Für eine neue Gründungskultur in
Deutschland
Drucksachen 18/12369, 18/13005 . . . . . . . 25029 C
o) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Arbeit und Soziales zu
dem Antrag der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Kerstin Andreae, Ulle Schauws,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rückkehr-
recht auf Vollzeit einführen
Drucksachen 18/12794, 18/12984 . . . . . . . 25029 D
p) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag
der Abgeordneten Peter Meiwald, Nicole
Maisch, Steffi Lemke, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Umweltverschmutzung
durch Mikroplastikfreisetzung aus Kos-
metika und Waschmitteln beenden
Drucksachen 18/10875, 18/13004 . . . . . . . 25029 D
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 VII
q) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Ernährung und Land-
wirtschaft zu dem Antrag der Abgeord-
neten Harald Ebner, Steffi Lemke, Nicole
Maisch, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Pestizide reduzieren – Mensch und Um-
welt schützen
Drucksachen 18/7240, 18/12980 Buchsta-
be a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25030 A
r) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Ernährung und Landwirt-
schaft zu dem Antrag der Abgeordneten
Harald Ebner, Nicole Maisch, Friedrich
Ostendorff, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN: Wege zur Pestizidreduktion in der
Landwirtschaft
Drucksachen 18/12382, 18/12980 Buch-
stabe b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25030 B
s) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Ernährung und Landwirt-
schaft zu dem Antrag der Abgeordneten
Harald Ebner, Friedrich Ostendorff, Nicole
Maisch, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Bienengiftige Insektizide vollständig
verbieten – Bestäuber, andere Tiere und
Umwelt wirksam schützen
Drucksachen 18/12384, 18/12980 Buch-
stabe c . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25030 B
t) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Verkehr und digitale Infra-
struktur zu dem Antrag der Abgeordneten
Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel,
Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN: Verkehrspolitik auf Klimaschutz-
ziele ausrichten
Drucksachen 18/7887, 18/9819 . . . . . . . . . 25030 C
u) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Verkehr und digitale In-
frastruktur zu dem Antrag der Abgeord-
neten Stephan Kühn (Dresden), Britta
Haßelmann, Matthias Gastel, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Fairen Wettbewerb und
kommunale Gestaltungsmöglichkeiten
im Nahverkehr sicherstellen
Drucksachen 18/10978, 18/12875 . . . . . . . 25030 D
v) Beschlussempfehlung und Bericht des
Innenausschusses zu dem Antrag der Ab-
geordneten Irene Mihalic, Monika Lazar,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Eine bundesweite Präventi-
onsstrategie gegen den gewaltbereiten
Islamismus
Drucksachen 18/10477, 18/12996 . . . . . . . 25030 D
w) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Recht und Verbraucher-
schutz
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Jan Korte, Halina Wawzyniak, Karin
Binder, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Journalistinnen
und Journalisten sowie Hinweisgebe-
rinnen und Hinweisgeber vor Straf-
verfolgung schützen und Unabhän-
gigkeit der Justiz sicherstellen
– zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-
Christian Ströbele, Tabea Rößner, Luise
Amtsberg, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN: Lehren aus den Ermittlungen
hinsichtlich Landesverrats – Pres-
sefreiheit und Journalistinnen und
Journalisten besser schützen
Drucksachen 18/5839, 18/10036,
18/12416 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25031 A
x) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Recht und Verbraucher-
schutz zu dem Antrag der Abgeordneten
Hans-Christian Ströbele, Katja Keul, Luise
Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Lehren aus den Ermittlungen hinsicht-
lich Landesverrats – Stellung des Gene-
ralbundesanwaltes rechtsstaatlich refor-
mieren
Drucksachen 18/10037, 18/12637 . . . . . . . 25031 B
y) Zweite und dritte Beratung des von den
Abgeordneten Katja Keul, Hans-Christian
Ströbele, Luise Amtsberg, weiteren Abge-
ordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Siebten Gesetzes zur Änderung
der Verwaltungsgerichtsordnung zum
besserem Rechtsschutz bei behördlich
geheim gehaltenen Informationen
Drucksachen 18/3921, 18/11791 . . . . . . . . 25031 C
z) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Verkehr und digitale In-
frastruktur
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren
Lay, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Die notwen-
digen Konsequenzen aus dem Be-
trugsskandal um Kfz-Abgase ziehen
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Stephan Kühn (Dresden), Oliver
Krischer, Matthias Gastel, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Zum Schutz
der Verbraucher – Unzutreffende
Angaben beim Spritverbrauch und
Schadstoffausstoß von PKW been-
den
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017VIII
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Oliver Krischer, Kerstin Andreae,
Stephan Kühn (Dresden), weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Aus dem
Pkw-Abgas skandal Konsequenzen
ziehen – Wettbewerbsfähigkeit der
Automobilindustrie sichern
Drucksachen 18/6325, 18/6070, 18/6334,
18/7533 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25031 D
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des
Innenausschusses zu dem Antrag der
Abgeordneten Volker Beck (Köln),
Monika Lazar, Luise Amtsberg, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Antise-
mitismus entschlossen bekämpfen
Drucksachen 18/12784, 18/12982 . . . . 25032 B
bb) Beschlussempfehlung und Bericht des
Innenausschusses zu dem Antrag der
Abgeordneten Kordula Schulz-Asche,
Irene Mihalic, Maria Klein-Schmeink,
weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Das freiwillige und ehrenamtliche
Engagement im Bevölkerungsschutz
und in der Katastrophenhilfe stärken
Drucksachen 18/12802, 18/12985 . . . . 25032 B
cc) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe zu dem Antrag der
Abgeordneten Tom Koenigs, Annalena
Baerbock, Marieluise Beck (Bremen),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für den
Menschenrechtsschutz in Deutsch-
land – Die Nationale Stelle zur Ver-
hütung von Folter reformieren und
stärken
Drucksachen 18/12544, 18/13006 . . . . 25032 C
dd) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe zu dem Antrag der
Abgeordneten Dr . Frithjof Schmidt,
Uwe Kekeritz, Tom Koenigs, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Südsudan –
Hungersnot abwenden, Völkermord
verhindern
Drucksachen 18/11732 (neu), 18/13008 25032 D
ff) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung zu dem
Antrag der Abgeordneten Kai Gehring,
Beate Walter-Rosenheimer, Özcan
Mutlu, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Hochschulpakt fortsetzen und aufsto-
cken
Drucksachen 18/1337, 18/4112 . . . . . . 25032 D
gg) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Özcan Mutlu, Tabea Rößner, Kai
Gehring, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Die digitale Welt ver-
stehen und mitgestalten – Lernen
und Lehren digitalisieren
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Özcan Mutlu, Kai Gehring, Beate
Walter-Rosenheimer, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Bildungs-
einrichtungen fit für die digitale
Gesellschaft und die Zukunft ma-
chen
Drucksachen 18/6203, 18/10474,
18/12926 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25033 A
hh) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung zu dem
Antrag der Abgeordneten Kai Gehring,
Dr . Frithjof Schmidt, Claudia Roth
(Augsburg), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Für eine Internationalisie-
rungsstrategie von Wissenschaft und
Forschung, die Pluralität und Frei-
heit schützt, Grenzen überwindet und
Zusammenhalt stärkt
Drucksachen 18/10359, 18/12935 . . . . 25033 B
ii) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung zu
dem Antrag der Abgeordneten Özcan
Mutlu, Kai Gehring, Beate Walter-
Rosenheimer, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Nationaler Bildungsbe-
richt – Bildungsinstitutionen zu-
kunftsfest machen – Für eine gerechte
und soziale Gesellschaft
Drucksachen 18/10248, 18/12927 . . . . 25033 C
jj) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Nicole Gohlke, Sigrid Hupach,
Dr . Rosemarie Hein, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE
LINKE: BAföG an die Lebens-
wirklichkeit anpassen – Keine
weiteren Nullrunden für die Stu-
dierenden
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Kai Gehring, Özcan Mutlu, Beate
Walter-Rosenheimer, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Attraktivi-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 IX
tätsverlust stoppen – BAföG noch
2017 erhöhen
Drucksachen 18/10012, 18/11178,
18/12925 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25033 D
kk) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Gesundheit
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann
(Zwickau), Matthias W . Birkwald,
weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE: Gute und wohn-
ortnahe Arzneimittelversorgung
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Kathrin Vogler, Pia Zimmermann,
Sabine Zimmermann (Zwickau),
weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE: Patientinnen und
Patienten entlasten – Zuzahlun-
gen bei Arzneimitteln abschaffen
– zu dem Antrag der Abgeordne-
ten Kordula Schulz-Asche, Maria
Klein-Schmeink, Dr . Harald Terpe,
weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Arzneimittelversorgung an Be-
dürfnissen der Patientinnen und
Patienten orientieren – Heute und
in Zukunft
Drucksachen 18/10561, 18/12090,
18/11607, 18/12732 . . . . . . . . . . . . . . . 25034 A
ll) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend zu dem Antrag der
Abgeordneten Kordula Schulz-Asche,
Luise Amtsberg, Monika Lazar, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Heute
für morgen helfen – Engagement für
Geflüchtete stärken
Drucksachen 18/8221, 18/13011 . . . . . 25034 B
mm) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend zu dem Antrag der
Abgeordneten Dr . Franziska Brantner,
Katja Dörner, Ulle Schauws, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Damit Kinder
gut aufwachsen – Kinderschutz und
Prävention ausbauen
Drucksachen 18/9054, 18/11913 . . . . . 25034 C
nn) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend zu dem Antrag der
Abgeordneten Kordula Schulz-Asche,
Dr . Konstantin von Notz, Maria Klein-
Schmeink, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN: Freiwilligendienste ausbauen
und weiterentwickeln, Engagement
anerkennen und attraktiver machen
Drucksachen 18/12804, 18/13012 . . . . 25034 D
oo) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Arbeit und Soziales
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Katja Kipping, Sabine Zimmermann
(Zwickau), Matthias W . Birkwald,
weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE: Programm für
soziale Gerechtigkeit – Konse-
quenzen aus dem Fünften Armuts-
und Reichtumsbericht
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Sabine Zimmermann (Zwickau),
Norbert Müller (Potsdam), Katja
Kipping, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE: Jedes
Kind ist gleich viel wert – Aktions-
plan gegen Kinderarmut
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Kerstin Andreae, Beate Müller-
Gemmeke, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Teilhabe statt Armut –
Alle Menschen am Wohlstand be-
teiligen
Drucksachen 18/11796, 18/9666,
18/12557, 18/12863 . . . . . . . . . . . . . . . 25035 A
pp) Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses zu dem
Antrag der Abgeordneten Wolfgang
Gehrcke, Dr . Alexander S . Neu, Andrej
Hunko, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Weichen für
eine Europäische Union der Abrüs-
tung und des Friedens stellen
Drucksachen 18/10629, 18/11028 . . . . 25035 B
rr) Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem An-
trag der Abgeordneten Dr . Alexander S .
Neu, Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE: US- und NATO-Stütz-
punkt Ramstein unverzüglich schlie-
ßen
Drucksachen 18/10863, 18/11245 . . . . 25035 C
ss) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Wirtschaft und Energie
zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin
Kunert, Wolfgang Gehrcke, Jan van
Aken, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Nationales Kon-
versionsprogramm entwickeln – Um-
wandlung der Militärwirtschaft in
eine Friedenswirtschaft ermöglichen
Drucksachen 18/2883, 18/4115 . . . . . . 25035 D
tt) Beschlussempfehlung und Bericht des
Finanzausschusses zu dem Antrag der
Abgeordneten Susanna Karawanskij,
Dr . Axel Troost, Klaus Ernst, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE: Zulassungspflicht für Finanz-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017X
produkte schaffen – Finanz-TÜV ein-
führen
Drucksachen 18/9709, 18/12823 . . . . . 25035 D
uu) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung zu dem
Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie
Hein, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE: Berufs-
bildungsgesetz novellieren – Ausbil-
dung verbessern
Drucksachen 18/10281, 18/12928 . . . . 25036 A
vv) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung zu
dem Antrag der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Sigrid Hupach, Klaus Ernst,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE: Prekäre Arbeitsbedin-
gungen in der Wissenschaft wirksam
bekämpfen
Drucksachen 18/11597, 18/12934 . . . . 25036 B
ww) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung zu
dem Antrag der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Sigrid Hupach, Dr . Rosemarie
Hein, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Soziale Durch-
lässigkeit bei Zugang und Zulassung
zu Hochschulen durchsetzen
Drucksachen 18/11418, 18/12929 . . . . 25036 B
xx) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Wirtschaft und Energie
zu dem Antrag der Abgeordneten Heike
Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang
Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Globalabkom-
men mit Mexiko aussetzen
Drucksachen 18/12548, 18/12986 . . . . 25036 C
yy) Zweite und dritte Beratung des von den
Abgeordneten Harald Petzold (Havel-
land), Jan Korte, Sabine Zimmermann
(Zwickau), weiteren Abgeordneten und
der Fraktion DIE LINKE eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesse-
rung des Schutzes gegen Diskriminie-
rungen aufgrund des Gesundheitszu-
standes
Drucksachen 18/3315, 18/10665 . . . . . 25036 C
aaa) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit zu dem An-
trag der Abgeordneten Birgit Menz, Eva
Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE: Verbot der Haltung wild le-
bender Tierarten in Zirkussen
Drucksachen 18/12088, 18/12908 . . . . 25036 D
bbb) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Hubertus Zdebel, Eva Bulling-
Schröter, Caren Lay, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE
LINKE: Ausfuhr von Uran-Brenn-
stoffen für den Betrieb störanfäl-
liger Atomkraftwerke im Ausland
stoppen
– zu dem Antrag der Abgeordne-
ten Sylvia Kotting-Uhl, Oliver
Krischer, Britta Haßelmann, wei-
terer Abgeordneter und der Frakti-
on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Grenzregionen vor Atomrisiken
schützen – Export von Brennele-
menten stoppen
Drucksachen 18/11596, 18/12093,
18/12891 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25037 A
eee) Zweite und dritte Beratung des von
den Abgeordneten Katja Keul, Luise
Amtsberg, Renate Künast, weiteren
Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
des Asylgesetzes zur Beschleunigung
von Verfahren
Drucksachen 18/12360, 18/12646 . . . . 25037 B
fff) Zweite und dritte Beratung des von
den Abgeordneten Katja Keul, Luise
Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiteren
Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
der Zivilprozessordnung
Drucksachen 18/7359, 18/8124 . . . . . . 25037 C
ggg) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Arbeit und Soziales
zu dem Antrag der Abgeordneten Beate
Müller-Gemmeke, Kerstin Andreae,
Katja Keul, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN: Schutz vor Mobbing am Ar-
beitsplatz
Drucksachen 18/12097, 18/12990 . . . . 25037 D
hhh) Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem An-
trag der Abgeordneten Tom Koenigs,
Uwe Kekeritz, Kordula Schulz-Asche,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Be-
ziehungen zwischen Deutschland und
Namibia stärken und unserer histori-
schen Verantwortung gerecht werden
Drucksachen 18/5385, 18/6378 . . . . . . 25037 D
iii) Beschlussempfehlung und Bericht des
Finanzausschusses zu dem Antrag der
Abgeordneten Dr . Gerhard Schick,
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 XI
Annalena Baerbock, Kerstin Andreae,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finanz-
wende einleiten – Öffentliche Gelder
nachhaltig anlegen
Drucksachen 18/12381, 18/12843 . . . . 25038 A
jjj) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Steffi Lemke, Dr. Valerie Wilms,
Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Umsetzung des
Nachhaltigkeitsziels 14 – Meeres-
schutz
– zu dem Antrag der Abgeordneten
Steffi Lemke, Dr. Valerie Wilms,
Peter Meiwald, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Todesfalle Geister-
netze – Artenvielfalt im Meer wir-
kungsvoll schützen
Drucksachen 18/12380, 18/12109,
18/12899 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25038 B
lll) Beschlussempfehlung und Bericht des
Finanzausschusses zu dem Antrag der
Abgeordneten Dr . Thomas Gambke,
Kerstin Andreae, Dieter Janecek, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Um-
satzsteuerbetrug auf Online-Han-
delsplattformen wirksam bekämp-
fen – Plattformbetreiber in Haftung
nehmen
Drucksachen 18/12556, 18/12963 . . . . 25038 C
ooo) Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und So-
ziales zu dem Antrag der Abgeord-
neten Dr . Wolfgang Strengmann-
Kuhn, Kerstin Andreae, Dr . Franziska
Brantner, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Gesellschaftliche Teilhabe und gute
Bildung für alle Kinder und Jugendli-
chen sicherstellen
Drucksachen 18/12795, 18/12997 . . . . 25038 C
ppp) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Recht und Verbrau-
cherschutz: Übersicht 10 – über die
dem Deutschen Bundestag zugeleite-
ten Streitsachen vor dem Bundesver-
fassungsgericht
Drucksache 18/12977 . . . . . . . . . . . . . . 25038 D
qqq)–uuu)
Beratung der Beschlussempfehlungen
des Petitionsausschusses: Sammel-
übersicht 449, 450, 451, 452 und 453
zu Petitionen
Drucksachen 18/12806, 18/12807,
18/12808, 18/12809, 18/12810 . . . . . . . . . 25038 D
Tagesordnungspunkt 35:
c) Antrag der Abgeordneten Hans-Christian
Ströbele, Irene Mihalic, Dr . Konstantin
von Notz, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Geheimhaltung eines Sondervotums von
1994 zum 1. Untersuchungsausschuss
der 12. Wahlperiode zur Aufarbeitung
der DDR-Geschichte (MfS/KoKo) des
Bundestages nach über zwei Jahrzehn-
ten aufheben
Drucksache 18/12821 . . . . . . . . . . . . . . . . 25039 B
Zusatztagesordnungspunkt 5:
a) Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Modernisierung des
Rechts der Umweltverträglichkeitsprü-
fung
Drucksachen 18/11499, 18/12994 . . . . . . . 25039 C
b) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD: Schädliche Umweltwirkungen von
Geisternetzen und Dolly Ropes verhin-
dern
Drucksache 18/12944 . . . . . . . . . . . . . . . . 25039 D
c) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD: Bundesfreiwilligendienst inklusiv
ausgestalten und notwendige Assistenz
ermöglichen
Drucksache 18/12945 . . . . . . . . . . . . . . . . 25039 D
d) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Menschenrechte und hu-
manitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch
die Nationale Stelle zur Verhütung von
Folter: Jahresbericht 2016 der Bundes-
stelle und der Länderkommission
Drucksachen 18/12444, 18/12641 Nr . 1 .2,
18/13007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25040 A
e) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit zu der Verord-
nung der Bundesregierung: Verordnung
zur Neuordnung der Klärschlammver-
wertung
Drucksachen 18/12495, 18/12641 Nr . 2,
18/13003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25040 B
f) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Wirtschaft und Energie zu der
Verordnung der Bundesregierung: Verord-
nung zu Ausschreibungen für KWK-An-
lagen und innovative KWK-Systeme,
zu den gemeinsamen Ausschreibungen
für Windenergieanlagen an Land und
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017XII
Solar anlagen sowie zur Änderung weite-
rer Verordnungen
Drucksachen 18/12375, 18/12443 Nr . 2 .4,
18/12987 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25040 B
g) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zu dem Antrag der
Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Jan van
Aken, Matthias W . Birkwald, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE LINKE:
Neustart für eine friedliche und gerechte
Europäische Union
Drucksachen 18/11723, 18/12919 . . . . . . . 25040 C
h) Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zu dem Antrag der
Abgeordneten Andrej Hunko, Azize Tank,
Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE: Neustart
der Europäischen Union auf der Grund-
lage Sozialer Menschenrechte
Drucksachen 18/12089, 18/12918 . . . . . . . 25040 C
i) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der
Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer,
Kai Gehring, Özcan Mutlu, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Wege in die Zukunft –
Berufsausbildung jetzt modernisieren
Drucksachen 18/12361, 18/12931 . . . . . . . 25040 D
j)–q)
Beratung der Beschlussempfehlungen des
Petitionsausschusses: Sammelübersicht 454,
455, 456, 457, 458, 459, 460 und 461 zu
Petitionen
Drucksachen 18/12955, 18/12956,
18/12957, 18/12958, 18/12959, 18/12960,
18/12961, 18/12962 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25041 A
Zusatztagesordnungspunkt 6:
a) Wahlvorschlag der Fraktionen DIE LINKE
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wahl
der vom Deutschen Bundestag zu benen-
nenden Mitglieder des Gemeinsamen
parlamentarischen Kontrollausschusses
von Europol
Drucksache 18/13026 . . . . . . . . . . . . . . . . 25041 D
b) Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD: Wahl der vom Deutschen
Bundestag zu benennenden Mitglieder
des Gemeinsamen parlamentarischen
Kontrollausschusses von Europol
Drucksache 18/13025 . . . . . . . . . . . . . . . . 25041 D
Zusatztagesordnungspunkt 7:
Wahlvorschläge der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Wahl der vom Deutschen Bun-
destag zu benennenden Mitglieder des Wis-
senschaftlichen Beratungsgremiums gemäß
§ 39a des Stasi-Unterlagen-Gesetzes
Drucksache 18/13002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25042 A
Tagesordnungspunkt 19:
Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten
Cornelia Möhring, Katja Kipping, Karin
Binder, weiterer Abgeordneter und der Frakti-
on DIE LINKE: Sexismus die Rote Karte zei-
gen – Für einen bundesweiten Aktionsplan
Drucksachen 18/8723, 18/12893 . . . . . . . . . . 25042 B
Tagesordnungspunkt 34:
Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung
durch die Bundesregierung: Baukulturbe-
richt 2016/17 der Bundesstiftung Baukul-
tur: und Stellungnahme der Bundesregie-
rung
Drucksachen 18/10170, 18/10307 Nr . 9,
18/11384 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25042 B
Tagesordnungspunkt 36:
ddd) Zweite und dritte Beratung des von den
Abgeordneten Brigitte Pothmer, Volker
Beck (Köln), Kerstin Andreae, weiteren
Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
des Aufenthaltsgesetzes
Drucksachen 18/12546, 18/12838 . . . . 25042 C
Tagesordnungspunkt 22:
a) Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufar-
beitung der Verbrechen in der Colonia
Dignidad
Drucksache 18/12943 . . . . . . . . . . . . . . . . 25042 D
b) Antrag der Abgeordneten Renate Künast,
Harald Petzold (Havelland) und weiterer
Abgeordneter: Aufarbeitung der Verbre-
chen in der Colonia Dignidad und Hilfe
für die Opfer
Drucksache 18/11805 . . . . . . . . . . . . . . . . 25042 D
Dr . Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . 25043 A
Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 25043 D
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 XIII
Christian Flisek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25045 A
Renate Künast (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25045 D
Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 25047 A
Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25048 A
Tagesordnungspunkt 23:
Zweite und dritte Beratung des von den Ab-
geordneten Dr . Gesine Lötzsch, Caren Lay,
Herbert Behrens, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent-
wurfs eines ... Gesetzes zur Änderung der
Abgabenordnung
Drucksachen 18/9125, 18/12839 . . . . . . . . . . 25049 B
Tagesordnungspunkt 24:
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU)
2016/97 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 20. Januar 2016 über Ver-
sicherungsvertrieb und zur Änderung des
Außenwirtschaftsgesetzes
Drucksachen 18/11627, 18/13009 . . . . . . . . . . 25049 C
Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 25049 C
Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 25050 D
Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25051 C
Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25052 D
Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . 25054 A
Tagesordnungspunkt 25:
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Ju-
gendlichen (Kinder- und Jugendstärkungs-
gesetz – KJSG)
Drucksachen 18/12330, 18/12730, 18/12879
Nr . 1 .9, 18/12946, 18/12952 . . . . . . . . . . . . . . 25055 C
Tagesordnungspunkt 26:
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Erleichterung unternehme-
rischer Initiativen aus bürgerschaftlichem
Engagement und zum Bürokratieabbau bei
Genossenschaften
Drucksachen 18/11506, 18/11937, 18/12181
Nr . 1 .11, 18/12998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25056 A
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 8:
Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Wirtschaft und Energie zu dem
Antrag der Abgeordneten Dieter Janecek,
Kerstin Andreae, Dr . Thomas Gambke, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Share Economy –
Ökologische Chancen nutzen und Teilen
statt Besitzen unterstützen
Drucksachen 18/11411, 18/12870 . . . . . . . . . . 25056 B
Tagesordnungspunkt 27:
– Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Einführung eines fa-
miliengerichtlichen Genehmigungsvor-
behaltes für freiheitsentziehende Maß-
nahmen bei Kindern
Drucksachen 18/11278, 18/12938 . . . . . . . 25056 D
– Zweite und dritte Beratung des von den
Abgeordneten Corinna Rüffer, Katja Keul,
Katja Dörner, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Bürgerlichen Gesetz-
buchs zur Einführung eines gerichtli-
chen Genehmigungserfordernisses bei
freiheitsbeschränkenden Maßnahmen
gegenüber Kindern
Drucksachen 18/9804, 18/12938 . . . . . . . . 25057 A
Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25057 A
Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 25058 B
Elisabeth Winkelmeier-Becker
(CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25059 C
Katja Keul (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25060 B
Dr . Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 25061 A
Zusatztagesordnungspunkt 9:
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von
Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter
an der Berufsausübung schweigepflichtiger
Personen
Drucksachen 18/11936, 18/12940 . . . . . . . . . . 25062 D
Zusatztagesordnungspunkt 10:
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Durchführung der Verord-
nung (EU) Nr. 1143/2014 über die Präven-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017XIV
tion und das Management der Einbringung
und Ausbreitung invasiver gebietsfremder
Arten
Drucksachen 18/11942, 18/12976 . . . . . . . . . . 25063 A
Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25063 D
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 25065 A
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
Hubertus Zdebel (DIE LINKE) zu der Ab-
stimmung über den von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Mo-
dernisierung des Rechts der Umweltverträg-
lichkeitsprüfung
(Zusatztagesordnungspunkt 5 a) . . . . . . . . . . . 25065 B
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) zu den Abstimmungen über
– Wahlvorschlag der Fraktionen DIE LINKE
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wahl
der vom Deutschen Bundestag zu benen-
nenden Mitglieder des Gemeinsamen par-
lamentarischen Kontrollausschusses von
Europol und
– Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD: Wahl der vom Deutschen
Bundestag zu benennenden Mitglieder des
Gemeinsamen parlamentarischen Kon-
trollausschusses von Europol
(Zusatztagesordnungspunkt 6 a und b) . . . . . . 25066 C
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
der Beschlussempfehlung und des Berichts
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frau-
en und Jugend zu dem Antrag der Abgeordne-
ten Cornelia Möhring, Katja Kipping, Karin
Binder, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE: Sexismus die Rote Karte
zeigen – Für einen bundesweiten Aktionsplan
(Tagesordnungspunkt 19) . . . . . . . . . . . . . . . . 25067 A
Dr. Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 25067 A
Sylvia Pantel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 25068 B
Dr. Dorothee Schlegel (SPD) . . . . . . . . . . . . . 25069 B
Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 25070 C
Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25071 A
Anlage 5
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
der Beschlussempfehlung und des Berichts
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit zu der Unterrich-
tung durch die Bundesregierung: Baukultur-
bericht 2016/17 der Bundesstiftung Baukultur
und Stellungnahme der Bundesregierung
(Tagesordnungspunkt 34) . . . . . . . . . . . . . . . . 25071 D
Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . . 25072 A
Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 25072 D
Claudia Tausend (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 25073 C
Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25074 B
Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 25075 B
Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25076 B
Anlage 6
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des von den Abgeordneten Brigitte Pothmer,
Volker Beck (Köln), Kerstin Andreae, weiteren
Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgeset-
zes
(Tagesordnungspunkt 36 ddd) . . . . . . . . . . . . . 25077 A
Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 25077 A
Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 25078 A
Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 25078 D
Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 25079 C
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25080 B
Anlage 7
Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jan
Korte (DIE LINKE) zu der Abstimmung über
den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufarbei-
tung der Verbrechen in der Colonia Dignidad
(Tagesordnungspunkt 22 a) . . . . . . . . . . . . . . . 25080 D
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des von den Abgeordneten Dr . Gesine Lötzsch,
Caren Lay, Herbert Behrens, weiteren Abge-
ordneten und der Fraktion DIE LINKE einge-
brachten Entwurfs eines . . . Gesetzes zur Ände-
rung der Abgabenordnung
(Tagesordnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . 25081 C
Uwe Feiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 25081 C
Margaret Horb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 25082 C
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 XV
Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 25083 C
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 25084 B
Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 25085 A
Anlage 9
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung von
Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Ju-
gendstärkungsgesetz – KJSG)
(Tagesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . 25085 C
Christina Schwarzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 25085 C
Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . . 25086 C
Ulrike Bahr (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25089 C
Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE) . . . . 25090 A
Katja Dörner (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25090 C
Dr. Katarina Barley, Bundesministerin
BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25091 B
Anlage 10
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung:
– des von der Bundesregierung eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Erleich-
terung unternehmerischer Initiativen aus
bürgerschaftlichem Engagement und zum
Bürokratieabbau bei Genossenschaften
– der Beschlussempfehlung und des Berichts
des Ausschusses für Wirtschaft und Ener-
gie zu dem Antrag der Abgeordneten Dieter
Janecek, Kerstin Andreae, Dr . Thomas
Gambke, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Share Economy – Ökologische Chancen
nutzen und Teilen statt Besitzen unterstüt-
zen
(Tagesordnungspunkt 26 und Zusatztagesord-
nungspunkt 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25092 A
Dr. Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 25092 A
Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 25093 B
Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 25094 B
Svenja Stadler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25095 A
Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 25095 D
Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25096 C
Anlage 11
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des
Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwir-
kung Dritter an der Berufsausübung schweige-
pflichtiger Personen
(Zusatztagesordnungspunkt 9) . . . . . . . . . . . . 25097 D
Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 25097 D
Dr. Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . 25099 A
Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 25099 D
Katja Keul (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25100 B
Anlage 12
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der
Verordnung (EU) Nr . 1143/2014 über die Prä-
vention und das Management der Einbringung
und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Ar-
ten
(Zusatztagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . 25101 A
Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 25101 A
Carsten Träger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25102 A
Birgit Menz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 25102 C
Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25103 B
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretä-
rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25104 A
(A) (C)
(B) (D)
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 24875
243. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 29. Juni 2017
Beginn: 9 .00 Uhr
Vizepräsident Johannes Singhammer
(A) (C)
(B) (D)
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25065
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Aken, Jan van DIE LINKE 29 .06 .2017
Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
29 .06 .2017
Böhmer, Dr . Maria CDU/CSU 29 .06 .2017
Dehm, Dr . Diether DIE LINKE 29 .06 .2017
Ernstberger, Petra SPD 29 .06 .2017
Färber, Hermann CDU/CSU 29 .06 .2017
Gabriel, Sigmar SPD 29 .06 .2017
Ilgen, Matthias SPD 29 .06 .2017
Kunert, Katrin DIE LINKE 29 .06 .2017
Leyen, Dr . Ursula von
der
CDU/CSU 29 .06 .2017
Menz, Birgit DIE LINKE 29 .06 .2017
Mortler, Marlene CDU/CSU 29 .06 .2017
Mosblech, Volker CDU/CSU 29 .06 .2017
Schröder (Wiesbaden),
Dr . Kristina
CDU/CSU 29 .06 .2017
Wawzyniak, Halina DIE LINKE 29 .06 .2017
Zypries, Brigitte SPD 29 .06 .2017
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE)
zu der Abstimmung über den von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Modernisierung des Rechts der Umweltverträg-
lichkeitsprüfung (Zusatztagesordnungspunkt 5 a)
Hiermit erkläre ich zur Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglich-
keitsprüfung – 18/11499 –:
Ich lehne den Gesetzesentwurf ab .
Zentrale Defizite des Rechts über die Umweltverträg-
lichkeitsprüfung (UVP) werden nicht behoben . Neue
Entwicklungen und bisherige Erkenntnisse werden nicht
berücksichtigt .
So stellt das Verfahren zur Überprüfung der Umwelt-
verträglichkeit weiterhin kein eigenständiges Verwal-
tungsverfahren dar . Damit bleibt die UVP wie bisher nur
eine vermeintlich lästige Pflicht der Betreiber und Behör-
den innerhalb eines Trägerverfahrens .
Weiterhin bleibt das UVP-Recht zersplittert . Eigen-
ständige, gegenüber den Anforderungen im UVPG ab-
geschwächte Forderungen, beispielsweise im Bundes-
berggesetz, lehne ich ab . Vielmehr ist ein einheitliches,
harmonisiertes UVP-Gesetz erforderlich, welches alle
Rechtsbereiche umfasst .
Die Kriterien zur Ermittlung und Bewertung der Um-
weltverträglichkeit ergeben sich zudem weiterhin ledig-
lich direkt aus den fachgesetzlichen Vorschriften . Dies
bedeutet, dass eine UVP keine schärferen Anforderungen
stellen kann, als es das Fachrecht bereits vorsieht . Damit
gibt es keinen eigenständigen materiellen Wert der UVP .
Es existiert lediglich die prozedurale Pflicht der Öffent-
lichkeitsbeteiligung. Besonders offensichtlich wird die-
ses Defizit in Fällen, in denen das Fachrecht keine ei-
genständigen Bestimmungen für Schutzgüter aufweist,
Dann geht eine UVP‑Pflicht vollständig ins Leere. Daher
wäre eine Neukonzeption des UVP-Rechts erforderlich
gewesen, die einer UVP eine eigenständige, inhaltliche
Bedeutung gibt .
Zudem fehlt ein konsequenter Begriff der Pläne und
Programme . So fallen bergrechtliche Aufsuchungser-
laubnisse mangels eines Projekts weder unter den Vor-
habenbegriff des UVPG noch finden auf sie die Vor-
schriften der Strategischen Umweltprüfung Anwendung .
Gerade weil Aufsuchungserlaubnisse eine Voraussetzung
für die Zulässigkeit eines bergrechtlichen Vorhabens,
zum Beispiel einer Gas- oder Ölförderung sind, sollten
sie der UVP‑Pflicht unterzogen werden müssen.
§ 48 Satz 2 UVPG privilegiert Raumordnungspläne
für den Abbau von Rohstoffen und entzieht diese der di-
rekten gerichtlichen Prüfung, da die einschlägige Bestim-
mung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes keine Anwen-
dung finden soll. Diese Ausnahmeregelung ist sachlich
nicht begründet und umweltpolitisch kontraproduktiv .
Hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung von
Betrieben, die der Störfall-Verordnung unterliegen, soge-
nannten Betriebsbereichen, hätten strengere Anforderun-
gen festgelegt werden müssen . Gerade weil von diesen
Anlagen ein erhöhtes Risiko ausgeht, hätte für diese eine
obligatorische UVP‑Pflicht sowohl für die Errichtung
wie für wesentliche Änderungen eingeführt werden müs-
sen .
Überschreitet ein Vorhaben durch eine Änderung erst-
mals eine Produktions-, Kapazitäts- oder Flächengröße,
ab der eine UVP durchzuführen ist, muss lediglich eine
UVP für die Änderung erfolgen, nicht jedoch für die be-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725066
(A) (C)
(B) (D)
stehende Anlage . Auch dies verhindert eine umfassende
Erfassung und Bewertung des Vorhabens . Es wäre ge-
boten gewesen, festzulegen, dass das gesamte Vorhaben
einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden
muss .
Eine Prüfung der Nullvariante in UVP-Verfahren ist
weiterhin nicht vorgeschrieben . Diese hätte zum Schutz
der Umwelt im UVPG festgelegt werden müssen . Zudem
hätte eine Pflicht zur Überprüfung, ob das Vorhaben ge-
rechtfertigt ist, festgelegt werden müssen .
Die von CDU/CSU und SPD beantragten und im Ge-
setzespaket eingearbeiteten Änderungen verschlechtern
das Gesetz eher als es zu verbessern . Ein Beispiel dafür
ist die Zielsetzung, § 27a Verwaltungsverfahrensgesetz
auszuhebeln, der eine weitgehende Veröffentlichung von
Antragsunterlagen im Internet vorsieht . Hier hat die Ko-
alition dem Drängen der Industrie nachgegeben, die auf
allen Ebenen gegen den § 27a Verwaltungsverfahrensge-
setz kämpft . Im Sinne der Transparenz wäre eine Klar-
stellung erforderlich gewesen, dass das Fachrecht § 27a
des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht verdrängt .
Die Umsetzung der Anforderungen der „Extractive In-
dustries Transparency Initiative“ (EITI) ist zudem nicht
umfassend genug . So soll sich die Transparenz lediglich
auf Bergbauberechtigungen beziehen . Der EITI-Standard
stellt jedoch klar, dass unter „license“ nicht nur eine Ber-
gbauberechtigung zu verstehen ist, sondern „any license,
lease, title, permit, contract or concession by which the
government confers on a company(ies) or individuals
rights to explore or exploit oil, gas, and/or mineral re-
sources“ . Gerade die Bezugnahme auf „permits“ bedeu-
tet, dass auch Betriebspläne von der Transparenzpflicht
des EITI-Standards umfasst sind . Dies ist aber nicht vor-
gesehen .
Zudem ist lediglich die Offenlegung folgender Daten
vorgesehen: Inhaber, Koordinaten des Gebiets, Antrags-
datum, Erteilungsdatum und Geltungsdauer, geförderter
Rohstoff. Während Nr. 2.4 des EITI‑Standards ausdrück-
lich dazu anregt, den gesamten Text jeglicher Behörden-
entscheidung zur Aufsuchung und Gewinnung von Bo-
denschätzen zu veröffentlichen, bleiben die vollständigen
Texte der Behördenentscheidungen jetzt ein Geheimnis .
Auch die objektiv angebrachte Veröffentlichung der
aufgeführten Daten im Internet ist nicht verpflichtend,
sondern in das Ermessen der zuständigen Behörde ge-
stellt. Stattdessen hat die Öffentlichkeit lediglich ein
Recht auf die „Einsicht in die Unterlagen“ . Dies ist ge-
nauso wenig bürgerfreundlich wie die Vorgabe, dass die
Unterlagen bei den zuständigen Behörden der Bundes-
länder und nicht bei einer bundesweiten Stelle eingese-
hen werden können .
Aus diesen Gründen lehne ich den Gesetzesentwurf
ab .
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN)
zu den Abstimmungen über
– Wahlvorschlag der Fraktionen DIE LINKE
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wahl der
vom Deutschen Bundestag zu benennenden
Mitglieder des Gemeinsamen parlamentari-
schen Kontrollausschusses von Europol und
– Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD
Wahl der vom Deutschen Bundestag zu be-
nennenden Mitglieder des Gemeinsamen par-
lamentarischen Kontrollausschusses von Eu-
ropol
(Zusatztagesordnungspunkt 6 a und b)
Seit fast einem Jahr haben alle Fraktionen im Bundes-
tag gemeinsam an der Einrichtung des Parlamentarischen
Kontrollgremiums Europol gearbeitet . Die gemeinsame
parlamentarische Kontrolle von Europol ist ein Präze-
denzfall und somit von grundsätzlicher Bedeutung für
die künftige Zusammenarbeit zwischen Europäischem
Parlament und nationalen Parlamenten .
Die federführenden Abgeordneten aller Fraktionen
hatten sich in einem gemeinsamen Brief an Bundestags-
präsident Professor Norbert Lammert bei der Besetzung
des Gremiums auf eine angemessene Beteiligung der im
Bundestag vertretenen politischen Gruppen geeinigt . Auf
dieser Grundlage wurde seitens des Bundestagspräsiden-
ten auf europäischer Ebene erfolgreich eine Anhebung
der Zahl der Mitglieder nationaler Parlamente von ur-
sprünglich zwei auf vier erzielt . Damit wurde dem An-
liegen, auch nationale Oppositionsparteien zu beteiligen,
entsprochen .
Der ebenfalls mitberatende Bundesrat reklamierte
ebenfalls eine gleichberechtigte Teilnahme . Obwohl er
als Regierungskammer keine parlamentarische Kontrol-
le ausüben kann und bereits Kontrolle über den Verwal-
tungsrat ausüben kann, wurde ihm seitens des Bundes-
tags ein Kompromiss angeboten: Verhältnis 3 : 1 . Der
Bundesrat verfügt im Gegensatz zum Deutschen Bundes-
tag über weitergehende Kontroll- und Informationsmög-
lichkeiten im Hinblick auf die Tätigkeit von Europol .
Nun beansprucht jedoch der Bundesrat zwei Sitze für
zwei Länderinnenminister, weshalb maximal zwei für
den Bundestag bleiben sollen . Zudem weigern sich die
Vertreter der Koalitionsfraktionen entgegen ihrer bishe-
rigen Position, in einer Abstimmung des Bundestages
am heutigen Donnerstagabend der Opposition auch nur
einen Sitz zu überlassen . Stattdessen will die Regierung
sich jetzt lieber selbst kontrollieren .
Wenn wir Kompetenzen in hochsensiblen Bereichen
auf die europäische Ebene verlagern, dann darf in einem
parlamentarischen Kontrollgremium nicht nur die Regie-
rung sitzen . Es ist nicht hinnehmbar, dass bei einer solch
hochsensiblen Materie die Kontrollrechte unseres Parla-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25067
(A) (C)
(B) (D)
ments so massiv beschränkt werden sollen . Die Oppositi-
on im Bundestag wird damit praktisch mundtot gemacht .
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeord-
neten Cornelia Möhring, Katja Kipping, Karin
Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE: Sexismus die Rote Karte zeigen – Für
einen bundesweiten Aktionsplan (Tagesordnungs-
punkt 19)
Dr. Silke Launert (CDU/CSU): Bei den US-ameri-
kanischen Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr
ließ Donald Trump keine Gelegenheit aus, seine Konkur-
rentin Hillary Clinton als körperlich schwach darzustel-
len. Zudem fiel er auf durch zahlreiche andere verbale
Attacken gegen Frauen, und es wurde auch bekannt, dass
er selbst vor sexueller Belästigung nicht zurückschreckt .
Dass Donald Trump die Wahl dennoch gewonnen
hat, zeigt, wie „normal“ Sexismus inzwischen geworden
ist . Und dafür muss man noch nicht einmal den Blick
nach Amerika richten . Auch hierzulande ist Sexismus
ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und taucht in
allen Bereichen immer wieder auf: im Blondinenwitz,
beim Versuch, die gläserne Decke zu durchbrechen, in
der Werbung und auch auf dem Oktoberfest . Sexismus
ist quasi omnipräsent!
Dass wir tätig werden und den Sexismus bekämpfen
müssen, ist also längst nicht mehr eine Frage des Ob,
sondern nur noch eine Frage des Wie . Wie können wir
vorgehen? Und vor allem: Wie können wir unser Vorge-
hen so gestalten, dass es auch wirklich effektiv ist?
Die Linken wollen uns mit dem vorliegenden Antrag
einen Weg aufzeigen, der in meinen Augen dafür jeden-
falls nicht taugt . Abgesehen davon, dass er in weiten Tei-
len überholt ist, dient er der Partei Die Linke mal wieder
dazu, ein beliebiges Thema für ihre Zwecke zu missbrau-
chen . In frecher und wie immer populistischer Art wird
auch hier wieder die Realität verdreht und die Bundesre-
gierung zum Bösewicht erklärt .
Bedauerlich finde ich, dass dafür das Thema Sexismus
herhalten muss, ein wichtiges und sensibles Thema, das
ernst genommen werden sollte .
Nun aber der Reihe nach . Zunächst zu den zu ergrei-
fenden Maßnahmen:
In dem Antrag wird gefordert, ein Gesetz zur Entgelt-
gleichheit zu schaffen. – Dieses haben wir vor einigen
Monaten verabschiedet .
Es wird gefordert, Frauenquoten in den Führungsebe-
nen einzuführen . – Auch das haben wir bereits vor län-
gerem getan .
Weiter sollen wir den „Nein heißt nein“-Grundsatz im
Sexualstrafrecht umsetzen . – Im vergangenen Sommer
haben wir auch das erledigt .
Und wir sind sogar noch darüber hinausgegangen:
Seit letztem Jahr ist auch das Grapschen unter Strafe ge-
stellt . Wir lassen nicht zu, dass Frauen in der U-Bahn,
auf dem Volksfest, im Schwimmbad oder sonst wo an-
gefasst werden und das Ganze dann als Kavaliersdelikt
abgetan wird . Wir Frauen sind doch kein Freiwild, das
jeder Mann beliebig erlegen darf .
Mit dieser umfassenden Reform haben wir die sexu-
elle Selbstbestimmung gestärkt und ganz klare Grenzen
gesteckt . Dies war und ist auch immer wieder nötig .
Wo ein Grenzen-Stecken allerdings zu weit geht, ist
das Thema Werbung, das in dem Antrag ebenfalls ange-
sprochen wird . Natürlich gibt es Werbung, die ziemlich
weit geht, wo jede Menge Haut und ebenso viel Sex ge-
zeigt wird, wo die Frau regelmäßig auf ihren Körper re-
duziert wird, während der Mann der tolle Hecht ist . „Sex
sells“ – dieses Prinzip durchzieht die Werbung und auch
die Medien, und jeder, der behauptet, dass das auf den
Leser, den TV-Zuschauer und den Konsumenten keinen
Einfluss nimmt, verschließt die Augen vor dem Offen-
sichtlichen .
Doch ist es wirklich unsere Aufgabe, hier einzugrei-
fen? Nein, ist es nicht . Wir haben in Deutschland eine
über den Deutschen Werberat gut funktionierende Selbst-
regulierung . Die reicht vollkommen . Wir sind nicht ge-
willt, eine Zensur einzuführen, und der Staat sollte sich
auch nicht als Moralapostel aufführen.
Auch Ihren Vorschlag, Änderungen am AGG vorzu-
nehmen, möchte ich aufgreifen . Ich würde auch an dieser
Stelle gerne näher darauf eingehen; doch ich habe in Ih-
rem Antrag nicht finden können, was genau Sie ändern
wollen . Ich habe lediglich lesen können, dass Sie Maß-
nahmen zur Stärkung und Ausweitung des allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes fordern . Vielleicht könnten
Sie da etwas konkreter werden und uns an Ihren Gedan-
ken teilhaben lassen, wenn Sie diese Forderung schon
aufstellen .
Wie bereits erklärt, sollten wir unsere Kräfte lieber in
die Maßnahmen stecken, die auch wirklich ankommen .
Und dabei denke ich insbesondere auch an solche Maß-
nahmen, die sich den Opfern von Sexismus widmen . Ich
werde daher auch in dieser Rede nicht müde, erneut von
unserem bundesweiten Hilfetelefon zu berichten, das
wir eingerichtet haben . Dort wird unter der Nummer
08000 116 016 sieben Tage die Woche und 24 Stunden
lang Opfern sexualisierter Gewalt geholfen . Dies ist eine
Maßnahme, die wirklich ankommt . Rund 100 000 Be-
ratungsgespräche wurden in den letzten beiden Jahren
geführt – eine Zahl, die für sich spricht .
Schließlich möchte ich mich aber auch noch dem wid-
men, was mich beim Lesen Ihres Antrags besonders um-
getrieben hat, dem Vorwurf, man habe die Geschehnisse
der Kölner Silvesternacht „dazu genutzt, schutzsuchende
Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen, rassistische
Vorurteile zu schüren und menschenrechtlich umstritte-
ne Gesetzesänderungen zu legitimieren“ . Sie schreiben
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725068
(A) (C)
(B) (D)
weiter: „Eine ernsthafte und umfassende Auseinander-
setzung mit dem gesellschaftlichen Sexismus und seinen
Folgen wurde nicht geführt“, und kommen schließlich zu
dem Ergebnis, die Debatte sei instrumentalisiert worden
für „rassistische Hetze und Stigmatisierung von Flücht-
lingen und Muslimen“ .
Wenn Sie das wirklich denken, kann ich mir das nur so
erklären, dass Sie nach den Geschehnissen auf der Dom-
platte in der Silvesternacht einen Realitätsschock erlitten
haben, der Sie nun zwingt, so zu tun, als sei das Gesche-
hene alltäglichem Sexismus zuzuordnen .
Dass wir in unserem Alltag Sexismus erleben, das
streitet doch gar keiner ab . Dass aber die Vorkommnisse
in dieser Silvesternacht Ausfluss dessen sein sollen, ist
mehr als nur ein Augen-Verschließen . Es ist ein Leugnen
und Verwischen der Realität .
Und ich will sogar noch weitergehen: Wenn Sie ernst-
haft behaupten, dass die zahllosen sexuellen Übergriffe –
nicht nur in Köln, sondern auch in Frankfurt, Hamburg,
Stuttgart und Bielefeld – die Folge des „gesellschaftli-
chen Sexismus“ seien, dann verhöhnen Sie in atemberau-
bender Frechheit die Opfer .
Lassen Sie mich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen,
dass das, was am 31 . Dezember 2015 geschehen ist, ganz
gewiss nicht Teil des alltäglichen Sexismus war, wie wir
ihn kennen . Das war sexualisierte Gewalt von bis dato
ungeahntem Ausmaß .
Bevor ich nun zum Ende komme, möchte ich Ihnen
noch eine Frage mit auf den Weg geben: Wenn Ihnen ein
Mann sagt, dass Sie als Frau nur dann „anständig“ sind,
wenn Sie sich verschleiern, sodass nur das Gesicht, nicht
aber die Haare zu sehen sind; wenn Ihnen ein Mann sagt,
dass es selbst im Hochsommer anstößig ist, Haut zu zei-
gen, an Armen, Beinen oder Füßen, was ist das für Sie?
Für mich ist das Sexismus, über den wir ebenfalls endlich
einmal reden sollten .
Sylvia Pantel (CDU/CSU): Vor fast genau einem
Jahr, am 23 . Juni 2016, habe ich an dieser Stelle erklärt,
warum wir den Antrag eines bundesweiten Aktions-
plans – „Sexismus die Rote Karte zeigen“ ablehnen wer-
den . Und ich bin froh, meinen damaligen Argumenten
nun noch einige hinzufügen zu können .
Die Bundesregierung hat gerade in dieser Legislatur-
periode viel für die Gleichstellung von Frauen und Män-
nern getan . Auch wir halten Maßnahmen zur Bekämp-
fung von Sexismus für sinnvoll und notwendig, und das
heute nicht weniger als vor ein paar Jahren .
Zunächst einmal möchte ich kurz auf den Ausgangs-
punkt des Antrags der Linken eingehen . Sie beklagen,
dass die Debatten anlässlich der Vorfälle in der Kölner
Silvesternacht 2015/2016 für rassistische Hetze und Stig-
matisierung von Flüchtlingen und Muslimen instrumen-
talisiert wurden . Dabei dachte ich, wir reden hier in erster
Linie über die Opfer sexualisierter Gewalt . Dann frage
ich Sie: Warum stellen Sie sich an diesem Punkt auf die
Seite der Täter? Selbstverständlich müssen wir differen-
zieren . Auch ich bin gegen Vorverurteilungen . Aber der
Realität sollten wir schon in die Augen schauen .
Sie sehen sexualisierte Belästigung und Gewalt ge-
gen Frauen als offensichtliche Belege eines tiefergehen-
den gesellschaftlichen Sexismus in Deutschland . In dem
Punkt, dass zahlreiche Bereiche betroffen sind, stimme
ich in der Tat mit Ihnen überein . Genau deshalb haben
wir in dieser Legislaturperiode bereits Fakten geschaf-
fen und eine Vielzahl von Gesetzen verabschiedet, die
nicht in Theorien, sondern in Maßnahmen Geld fließen
lassen . Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet
Betroffenen als erste Anlaufstelle rund um die Uhr und in
verschiedenen Sprachen Beratung an und wird sehr gut
angenommen .
Sie fordern eine Reform des Sexualstrafrechts; dabei
haben wir diese bereits umgesetzt . Es gilt der Grundsatz
„Nein heißt Nein“ .
Mit dem Beschluss des Beitritts zur Istanbul-Kon-
vention, dem Übereinkommen des Europarats zur Ver-
hütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und
häuslicher Gewalt, verpflichten wir uns in 81 Artikeln
gemeinsam mit 23 Staaten, die das Übereinkommen bis-
her ratifiziert haben, Gewalt gegen Frauen zu verhindern
und zu bekämpfen . Wir wollen, dass Täter konsequent
bestraft und Opfer stärker geschützt werden . Ein Grund-
satz, der im Übrigen auch bei der Verabschiedung des
Prostituiertenschutzgesetzes galt . Die Einhaltung der in
der Istanbul-Konvention festgelegten Forderungen wird
zudem von einer Monitoringstelle überprüft .
Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist im
Grundgesetz in Artikel 3 Absatz 2 verankert . Neben die-
ser grundgesetzlichen Verankerung arbeiten wir daran,
dass die Gleichberechtigung auch in den Unternehmen
Wirklichkeit wird . Wir wollen Gerechtigkeit und Chan-
cengleichheit . Und genau dafür haben wir bereits an
zentralen Stellen grundlegende Weichenstellungen vor-
genommen, die die Gleichstellung von Frauen und Män-
nern voranbringen und mehr Verwirklichungschancen
eröffnen.
Um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern
in der Arbeitswelt zu fördern und die Diskriminierung in
diesem so wichtigen Bereich zu bekämpfen, haben wir
auch schon einiges getan: Von der Einführung des allge-
meinen gesetzlichen Mindestlohns beispielsweise profi-
tieren mehrheitlich Frauen in niedrig entlohnten Dienst-
leistungsbereichen und in geringfügiger Beschäftigung .
Wir haben das Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe
von Frauen und Männern in Führungspositionen in der
Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst auf den Weg
gebracht, um eine Steigerung des Anteils von weiblichen
Führungskräften in Spitzenpositionen in der deutschen
Wirtschaft und in der Bundesverwaltung herbeizufüh-
ren – damit Schlüsselstellen künftig öfter von Frauen
besetzt werden . So können sie auf oberster Entschei-
dungsebene selbst den Wandel in der Unternehmenskul-
tur vorantreiben .
Mit dem Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz
zwischen Frauen und Männern wollen wir die Entgelt-
lücke zwischen den Geschlechtern beseitigen . Wir wol-
len gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit . Das Gesetz
räumt Frauen in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftig-
ten einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitge-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25069
(A) (C)
(B) (D)
ber ein . Sie können erfragen, nach welchen Kriterien sie
selbst bezahlt werden und wie hoch der durchschnittliche
Verdienst von Männern für gleiche oder vergleichbare
Tätigkeiten ausfällt . Auf diese Weise bekommen Frauen
ein Instrument an die Hand, um Lohndiskriminierungen
aufzudecken und notfalls dagegen zu klagen .
Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung, dem Eltern-
geld und dem ElterngeldPlus sowie mit der Verbesserung
der Familienpflegezeit wurden neue Möglichkeiten zur
partnerschaftlichen Arbeitsteilung und zur dauerhaften
Existenzsicherung geschaffen.
Eine gender-neutrale Erziehung hingegen, wie sie von
Ihnen gefordert wird, wollen wir nicht . Auch ist dies ein
erheblicher Kostenfaktor, und ich bezweifle, dass sie
dazu geeignet wäre, bestehendes Unrecht aufzulösen und
die Entwicklung unserer Kinder positiv zu befördern .
Genauso bezweifle ich, dass ein Verbot von Werbung, die
spezifische Geschlechterrollen nutzt, ein sinnvoller An-
satz ist . Sie vermuten Sexismus an jeder Ecke in unserer
Gesellschaft und relativieren damit das Leid der tatsäch-
lich Betroffenen. Ihre Forderungen sind ideologisch und
tragen weder dazu bei, Frauen konkret zu stärken, noch,
die Lebenswirklichkeit der Betroffenen zu verbessern.
Wir haben bereits viel für die Gleichstellung von Frau-
en und Männern getan . Wir haben Gesetze verabschiedet
und Maßnahmen auf den Weg gebracht, die Frauen stär-
ken und den Betroffenen helfen. Bei den Zielen liegen
wir nicht weit auseinander, allein der Weg unterscheidet
uns .
Wir haben schon viel erreicht, und auch wenn wir
noch nicht am Ziel sind, so sind wir doch auf einem guten
Weg . Wir brauchen Ihren Aktionsplan nicht; wir arbeiten
die Defizite konsequent ab, und dabei haben wir eine an-
dere Sicht auf die Dinge . Deshalb lehnen wir Ihren An-
trag ab .
Dr. Dorothee Schlegel (SPD): Mit dem vorliegen-
den Antrag „Sexismus die Rote Karte zeigen“ möchte die
Fraktion Die Linke „die vielfältigen Erscheinungsformen
und Folgen des Sexismus“ in unserer Gesellschaft be-
kämpfen . Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion
Die Linke, der Antrag greift ein überaus wichtiges The-
ma auf, das leider nicht an Aktualität verloren hat .
Sexismus und Diskriminierung müssen bekämpft wer-
den . Als SPD-Fraktion sind wir bei diesem Anliegen voll
auf Ihrer Seite . Die Zielsetzung ist absolut richtig . Ihren
vorgeschlagenen Weg, einige dieser Ziele zu erreichen,
sehe ich jedoch kritisch .
Wir haben hier im Parlament dazu gute Debatten ge-
führt . Der Antrag war sogar Gegenstand einer Anhörung .
Die Argumente der Sachverständigen haben uns darin
bestätigt, den Antrag letztlich abzulehnen . Das liegt ins-
besondere an folgenden vier Punkten:
Erstens. Der Begriff „Sexismus“ ist im Antrag nicht
klar definiert. Zudem werden die Begriffe „Sexismus“
und „sexistisch“ vermischt . Das könnte zu Missverständ-
nissen führen. Sehr vieles wird diesem Begriff zugeord-
net . Daher wäre es extrem wichtig, zu wissen, was genau
darunter gefasst wird .
Zweitens . Der Antrag wirft zu viel in einen Topf .
Wenn alle im Antrag genannten Anliegen und alle Ak-
teure in einem einzigen Aktionsplan zusammengeführt
werden sollen, wird das Vorhaben unüberschaubar . Ich
habe die Sorge, dass dann nicht allen Formen von Diskri-
minierung und Sexismus angemessen begegnet werden
kann . Das dient der Sache überhaupt nicht .
Drittens . Sie fordern außerdem die Einrichtung einer
Monitoringstelle . Mir wurde – auch in der Expertenan-
hörung – nicht klar, was es mit dieser Monitoringstelle
auf sich hat .
Deutschland hat die Istanbul-Konvention endlich ra-
tifiziert, also die Konvention des Europarates zur Ver-
hütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und
häuslicher Gewalt . Ein echter Durchbruch! Diese Kon-
vention beinhaltet übrigens ganz klar die Schaffung einer
Kontrollinstanz . Diese überprüft, ob die Regeln der Kon-
vention eingehalten werden .
Zudem haben wir die Antidiskriminierungsstelle des
Bundes . An dieser Stelle vielen Dank für den Einsatz und
die gute Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Antidiskriminierungsstelle . Herzlichen Dank ebenso an
Frau Lüders, die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle,
die uns im Ausschuss auch zu diesem Thema kompetent
beraten hat .
Warum also eine zusätzliche Monitoringstelle? Das
würde nur zu einer unnötigen Doppel- oder sogar Drei-
fachstruktur führen .
Es gibt aber noch einen vierten Punkt – einen beson-
ders wichtigen –, warum wir den Antrag ablehnen . Denn
an mehrere Forderungen im Antrag können wir ein Häk-
chen machen . In dieser Wahlperiode haben wir vieles be-
reits umgesetzt . Diskriminierung wurde weiter abgebaut .
Gerne nenne ich Beispiele:
Vom Mindestlohn, der die klare Handschrift von
Andrea Nahles trägt, profitieren rund 4 Millionen Men-
schen . Zwei Drittel davon sind Frauen .
Dank Entgelttransparenzgesetz haben vor allem Frau-
en Klarheit darüber, ob sie wegen ihres Geschlechts beim
Lohn diskriminiert werden . Denn noch immer erhalten
Frauen durchschnittlich 21 Prozent weniger Lohn als
Männer . Das macht sich dann leider auch bei der Ren-
te negativ bemerkbar . Jeden Versuch, dies schön- oder
kleinzurechnen, halte ich übrigens ebenso für eine Dis-
kriminierung .
Seit 2016 gilt endlich die Frauenquote . Aufsichtsräte,
Vorstände und die oberen Managementebenen werden
weiblicher . Und es gibt keinen leeren Stuhl . Also haben
wir genügend kluge Frauen für diese Aufgaben .
Wir haben den Grundsatz „Nein heißt Nein“ im Sexu-
alstrafrecht verankert . Jede nicht einvernehmliche sexu-
elle Handlung wird damit unter Strafe gestellt .
Den steuerlichen Freibetrag von mehrheitlich weibli-
chen Alleinerziehenden haben wir erhöht, und den Unter-
haltsvorschuss haben wir ausgeweitet . Die Regeln zum
Mutterschutz haben wir verbessert, die Familienpflege-
zeit eingeführt und – ganz wichtig – das ElterngeldPlus
eingeführt . All das gibt Müttern und Vätern mehr Frei-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725070
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heit, um Berufliches und Privates besser unter einen Hut
zu bekommen und um die Aufgaben partnerschaftlicher
zu teilen .
Danke an Manuela Schwesig und Katarina Barley –
zwei engagierte Ministerinnen, Frauen, die vehement,
mit Herz und Verstand für den Abbau von Diskriminie-
rung kämpfen! Ohne diese beiden Frauen wäre die Liste
der Erfolgsschritte nicht so lang!
Diese Liste ist aber leider noch zu kurz . Wir sind noch
lange nicht am Ziel . Das wird mir zum Beispiel deutlich,
wenn im Wahlkreis Handwerksbetriebe über Nachwuchs
klagen . Auf meine Nachfrage bekomme ich dann zu hö-
ren: An eine weibliche Azubi habe ich noch gar nicht
gedacht . – Solche Antworten gibt es . Schön, dass sie sel-
tener werden!
Ich habe inzwischen Schreinerinnen, Schornsteinfe-
gerinnen und Bildhauerinnen kennengelernt . Mit einer
Zimmerfrau – nicht zu verwechseln mit Zimmermäd-
chen, übrigens ein diskriminierender Begriff – habe ich
beim letzten Maibaumaufstellen und bei einem Richtfest
angestoßen .
Es fehlt die Normalität, die Selbstverständlichkeit in
Arbeit und Beruf, aber auch zu Hause im Privaten, dass
Frauen und Männer die gleichen Rechte haben, und zwar
zur gleichen Zeit . Immer dann, wenn Männer ausfallen,
werden sie von Frauen ersetzt, in fast allen Bereichen .
Das wissen wir nicht nur aus Kriegs- und Krisenzeiten .
Ausnahmen sind wohl nur Papst, Männergesangverein
oder millionenschwerer Fußballprofi.
Letzte Woche habe ich übrigens ein Formblatt ausge-
füllt . Darin stand nur die Bezeichnung „Bundestagsab-
geordneter“. Ich hoffe, das Formular wird nicht ungültig,
nur weil ich das „r“ gestrichen habe .
Es gibt weiterhin genug zu tun . Wir haben aber in den
vier Jahren noch mehr erreicht .
Wir haben Lebenspartnerschaften in der Steuerpolitik
und bei der Sukzessivadoption der Ehe gleichgestellt .
Wir haben die rechtliche Rehabilitierung von Homo-
sexuellen auf den Weg gebracht .
Einen sehr wichtigen Schritt zur Bekämpfung von
Diskriminierung gehen wir noch in dieser Woche: Die
Ehe für alle – oder besser gesagt: die Ehe für alle lieben-
den Heiratswilligen – wird endlich möglich . Nicht bei
jeder Abstimmung habe ich so gerne die überraschend
gewonnene Einsicht der Kanzlerin unterstützt .
Ich freue mich, dass es den Kolleginnen und Kolle-
gen der Union dank Brigitte TV gestattet wurde, nach
so vielen Jahren endlich ihrem Gewissen zu folgen . Ich
bin nicht nur im Familien-, sondern auch im Europaaus-
schuss. Und ich bin schon verblüfft darüber, an welchen
Orten die Bundeskanzlerin Politik macht: Außenpolitik
im Bierzelt und Familienpolitik beim BrigitteTalk . In bei-
den Politikbereichen ziehe ich eindeutig den Deutschen
Bundestag vor . Und genau hier, im Bundestag, wollen
wir morgen eine weitere Diskriminierung abbauen .
Gemeinsam mit hoffentlich vielen von Ihnen hier wer-
den wir unseren Kurs konsequent fortsetzen . Wir werden
morgen der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
eine weitere Rote Karte zeigen!
Cornelia Möhring (DIE LINKE): Nach den erschre-
ckenden Vorfällen der Silvesternacht in das Jahr 2016
gab es eine relativ breite gesellschaftliche Debatte über
sexualisierte Gewalt und sexistische Übergriffe. Der Fo-
kus dieser Debatte hat sich leider schnell verschoben:
Statt über Ursachen und Formen von Sexismus zu spre-
chen, wurde plötzlich vor allem über die Herkunft der
vorverurteilten Täter gesprochen, und Forderungen nach
einer noch restriktiveren Flüchtlingspolitik wurden laut .
Als wäre Sexismus ein importiertes Problem, keines un-
serer Gesellschaft .
Von einer Gesellschaft, die frei von Sexismus und frei
von sexualisierter Gewalt ist, sind wir aber noch weit
entfernt . Sexismus ist allgegenwärtig und durchzieht alle
Strukturen . Rollenklischees schränken junge Menschen
in ihrer Entwicklung ein . Stereotype sorgen dafür, dass
die Meinungen von Frauen in Meetings oder politischen
Debatten weniger ernst genommen werden . Werbung re-
duziert Frauen auf Körper und präsentiert sie sexualisiert .
Eine Arbeitsstunde von Frauen ist Arbeitgebern noch im-
mer weniger wert als die von Männern . Arbeit, die vor
allem von Frauen geleistet wird, wie Pflege, Erziehung
und Betreuung, wird gesellschaftlich weniger anerkannt
als die Produktion von Autos und Maschinen . Und diese
Aufzählung ist bei weitem nicht abgeschlossen .
Wie weit wir von einer sexismusfreien Gesellschaft
entfernt sind, zeigt sich nicht zuletzt daran, wie schwer
es fällt, sich vorzustellen, wie eine Gesellschaft aussehen
würde, in der das Geschlecht von Menschen keine Rol-
le mehr spielt . Dass Sexismus so tief in unserer Gesell-
schaft verankert ist, genau das zeigt doch, wie dringend
notwendig ein konzentriertes, koordiniertes Vorgehen
gegen Sexismus ist .
Die breite Zustimmung zu unserem Antrag sowohl
aus der Zivilgesellschaft, von den Sachverständigen in
der Anhörung und – wenngleich sich das leider aus ko-
alitionspolitischen Erwägungen nicht im Abstimmungs-
verhalten niederschlägt – auch aus den anderen Frakti-
onen zeigt, dass eine ernsthafte Debatte über Sexismus
möglich ist . Ernsthaftigkeit heißt hier: anerkennen, dass
wir es hier mit einem strukturellen, mit einem komple-
xen Problem zu tun haben, das einer komplexen Antwort
bedarf .
Mit unserem Aktionsplan machen wir einen Vorschlag
in eine solche Richtung . Wir wollen damit Sexismus
an den Wurzeln packen – die eine gibt es leider nicht .
Deshalb müssen wir uns alle gesellschaftlichen Berei-
che vornehmen, die zentral dafür sind, dass Frauen, aber
auch Inter- und Transsexuelle immer wieder beleidigt,
diskriminiert, abgewertet und auch bedroht und verletzt
werden .
Wir fordern Maßnahmen der geschlechtersensiblen
Pädagogik und Schulungen für die Jugendhilfe . Wir wol-
len eine verbindliche Quote für Führungsetagen und Ent-
scheidungsgremien, eine Geschlechterquotierung bei der
öffentlichen Filmförderung und ein wirksames Entgelt-
gleichheitsgesetz . Das Allgemeine Gleichbehandlungs-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25071
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gesetz muss mit Durchsetzungsinstrumenten gestärkt
und ausgeweitet werden . Es braucht Fortbildungen und
Schulungen für Polizei und Justiz zum Umgang mit Be-
troffenen sexualisierter Gewalt. Und wir brauchen ein
bedarfsgerechtes und entsprechend finanziertes Schutz‑
und Hilfesystem, um die Folgen von Gewalt zu bearbei-
ten .
Auch diese Liste ist nicht abgeschlossen . All die auf-
gezählten Schritte reichen nicht aus und reichen vor al-
lem nicht als einzelne Maßnahmen . Deshalb braucht es
einen Akteur, wir schlagen einen runden Tisch vor, der
koordiniert, evaluiert, entwickelt, begleitet, die Debatte
immer weiter vorantreibt . Und der sich aus Expertinnen
und Experten aus zivilgesellschaftlichen Organisationen,
Gewerkschaften, Beratungs- und Antidiskriminierungs-
stellen zusammensetzt, aber auch alle staatlichen Ebenen
in die Pflicht nimmt.
Die Rote Karte gegen Sexismus zeigen wir so nicht
einmal, sondern dauerhaft . Bis es nicht mehr notwendig
ist . Wir lassen nicht locker und werden in der nächsten
Legislaturperiode genau da weitermachen .
Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sexis-
mus ist in unserer Gesellschaft leider tief verankert: in
den Medien, in den Schulen, am Arbeitsplatz, auf der
Straße. Frauen sind nicht nur die, die es trifft! Viele ha-
ben schlicht auch keinen Nerv mehr . Darum sage ich
Ihnen: Solange alltäglicher Sexismus nicht auf Wider-
spruch stößt, wird sich an der Situation nichts ändern .
Die Experten und Expertinnen in der Ausschussanhörung
haben uns klar bestätigt, dass es Handlungsdruck gibt .
Und das wissen Sie auch .
Es ist nicht nachvollziehbar, warum Sie die Vorschlä-
ge in dem Antrag ablehnen . Klar ist doch: Sie haben kei-
ne Maßnahmen gegen Sexismus vorgelegt . Wie wollen
Sie Ihr Nichtstun in den letzten vier Jahren gegen Sexis-
mus denn erklären? Wie wollen Sie erklären, dass Sie
die notwendigen Maßnahmen gegen Diskriminierungen
nicht umsetzen?
Wie kann es zum Beispiel sein, dass Sie als Bundes-
regierung Gesetze machen, die dem Sexismus und der
Diskriminierung nicht entgegenwirken? Bestes Beispiel:
Prostituiertenschutzgesetz . Hier geben Sie vor, Prostitu-
ierte schützen zu wollen . Das Gesetz schützt aber nicht
die Prostituierten, die weiter stigmatisiert bleiben, son-
dern es macht ihnen Druck, droht mit Strafen, drängt
sie in die Illegalität . Und jetzt, wo das Gesetz am 1 . Juli
in Umsetzung geht, kümmert sich die Regierung nicht
mehr darum, anstatt die flächendeckende Umsetzung zu
unterstützen . Sie lässt die Bundesländer und Kommunen
alleine – und damit letztlich auch die Prostituierten . Das
ist alles andere als glaubwürdig .
Auch bei der Reform des Sexualstrafrechts hat sich ge-
zeigt: Erst der Druck der Öffentlichkeit und der Verbände
musste den Boden dafür bereiten, dass das „Nein heißt
Nein“ umgesetzt wurde . Was Sie von der Bundesregie-
rung aber immer noch nicht umsetzen, ist, geflüchteten
oder migrierten Frauen und Mädchen, die von häuslicher
Gewalt betroffen sind oder als Zeuginnen in Strafver-
fahren aussagen, die Möglichkeit auf ein eigenständiges
Aufenthaltsrecht zu geben . Das verweigern Sie, und das
kritisieren wir aufs Schärfste . Klare Linien gegen Sexis-
mus und für den Schutz aller Frauen sehen anders aus .
Sexismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem,
das jetzt endlich angepackt werden muss, auch bei der
Besetzung wichtiger Positionen . Es ist erfreulich, dass
Katarina Barley neue Frauenministerin wurde . Dazu
habe ich ja schon gratuliert . Doch, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der SPD, dass im Willy-Brandt-Haus jetzt
wieder eine komplette „Männerriege“ das Sagen hat, ist
gleichstellungspolitisch ein ziemliches Desaster . Das
müssen Sie zugeben!
Sexismus ist vor allem auch in der Werbung verbreitet .
Wir alle kennen die Werbung mit weiblichen Körpern, die
auf eine sexualisierte Darstellung reduziert und objekti-
viert werden . Oft fehlt der Bezug zum Produkt . Deshalb
ist ein Monitoring, das den Deutschen Werberat kontrol-
lieren wird, ein richtiger Schritt, den wir begrüßen . Wir
Grüne haben dazu einen weitergehenden Vorschlag und
wollen eine unabhängige Kommission – bestehend aus
Vertretern und Vertreterinnen der Antidiskriminierungs-
arbeit und Fachverbänden –, die Empfehlungen für die
Werbewirtschaft abgeben soll .
Je sichtbarer Frauen in die Öffentlichkeit treten, desto
stärker werden sie Ziel von Angriffen. Laut einem Bericht
aus dem EU-Parlament sind Frauen doppelt so oft Opfer
von Cybergewalt . Der zweite Gleichstellungsbericht der
Bundesregierung betont das Phänomen der Gewalt im
Netz besonders gegen junge Frauen . Der Handlungsbe-
darf für einen breit angelegten und gesamtgesellschaftli-
chen Ansatz liegt nahezu auf der Hand . Auch deswegen
begrüße ich hier ausdrücklich die Initiative der Linken .
Gegen Sexismus Farbe zu bekennen, das gehört für
mich und für uns als Grüne mit unserer feministischen
Politik zu unserem Selbstverständnis . Darum wollen
wir Maßnahmen und Forderungen konkreter fassen und
nicht, wie im Antrag formuliert, allgemein halten . Unsere
Forderungen richten sich konkret auf eine ausgearbeitete
Ausweitung des Antidiskriminierungsgesetzes . Diskri-
minierung soll auch aufgrund der Geschlechtsidentität
erfasst werden . Das Klagerecht soll auf die Betriebsräte
und Gewerkschaften ausgeweitet werden .
Ein letzter Punkt, der noch wichtig ist, ist eine klare
Haltung bei Maßnahmen und zur Unterstützung gegen
Sexismus in der Wissenschaft . Stattdessen greifen einige
von Ihnen gerade von der Union ganz gezielt die Gender-
forschung an. Das öffnet Tür und Tor für rechts. Und das
ist mehr als ein Armutszeugnis . Wer so agiert, handelt
unverantwortlich . Wir müssen als demokratische Kräfte
alles dafür tun, um die Stärkung unserer Demokratie mit
einer freien Wissenschaft mit all ihren Fachbereichen zu
verteidigen . Die Genderforschung gehört dazu . Auch das
ist eine klare Linie gegen Sexismus .
Anlage 5
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Umwelt, Natur-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725072
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schutz, Bau und Reaktorsicherheit zu der Unter-
richtung durch die Bundesregierung: Baukultur-
bericht 2016/17 der Bundesstiftung Baukultur und
Stellungnahme der Bundesregierung (Tagesord-
nungspunkt 34)
Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU): Wir be-
raten heute im Bundestag zum zweiten Mal über einen
Baukulturbericht . Die Stiftung „Baukultur“ hat sich
damit fest als wichtigster Ansprechpartner für die Bau-
kultur etabliert . Mit dem inhaltlich aussagekräftigen,
gut und verständlich formulierten und mit wichtigen
Empfehlungen für Politik und Gesellschaft versehenen
Bericht steht fest: Baukultur ist keine Kunst am Bau!
Baukultur ist auch nicht on top. Baukultur empfiehlt das
Wie des Bauens, ohne dass damit zwingend Mehrkosten
verbunden sind .
Nach dem ersten Baukulturbericht, der sich vor allem
mit unseren Metropolen beschäftigte, war es logisch und
richtig, dass sich der jetzige, zweite Baukulturbericht mit
den vielfältigen Beziehungen zwischen Stadt und Land
sowie den Entwicklungen in mittleren und kleinen Städ-
ten und Dörfern auseinandersetzt .
Bei allen wichtigen strukturellen Beziehungen zwi-
schen den großen Städten und den ländlichen Regionen
halte ich es für richtig, dass die Verantwortlichen in der
Stiftung „Baukultur“ diese Betrachtungen voneinander
getrennt haben . Denn es gibt Unterschiede zwischen
großen Metropolen und kleinen Städten und Dörfern .
Das ist auch richtig und sollte so bleiben . Ebenso rich-
tig und wichtig ist es allerdings auch, dass wir in allen
Siedlungsstrukturen für ein lebenswertes Wohn- und Ar-
beitsumfeld sorgen .
Wir haben die Empfehlungen aus dem ersten Bericht
aufgegriffen. So haben wir zum Beispiel mit der Än-
derung der Baunutzungsverordnung und dem darin ge-
schaffenen „Urbanen Gebiet“ dafür gesorgt, dass Leben
und Arbeiten in den Quartieren wieder besser möglich
ist . Dies ist ein wichtiger Beitrag für durchmischte Quar-
tiere . Zudem haben wir durch bessere Möglichkeiten
der Nachverdichtung und Aufstockung für effektivere
Baulandnutzung gesorgt . Gleichzeitig unterstützen wir
mit unserem Programm „Grün in der Stadt“, mit dem
modifizierten Programm des Stadtumbaus und mit der
Weiterentwicklung des Programms „Soziale Stadt“ ein
lebenswertes Umfeld in der Stadt .
Für unsere kleinen Städte und Dörfer steht diese Auf-
gabe aus meiner Sicht noch bevor . Hier sollten wir uns
für die nächste Legislaturperiode die Aufgabe stellen,
Baunutzungsverordnung und Bauordnung auch diesen
Siedlungsstrukturen anzupassen .
Unsere Dörfer dürfen keine Schlafdörfer sein . Woh-
nen und Arbeiten muss auch in kleinen Gemeinden gut
möglich sein . Junge Leute, die in ihrem Dorf oder in ihrer
Stadt bleiben wollen oder dorthin zurückkehren möch-
ten, müssen Möglichkeiten zum Bauen haben . Die Um-
nutzung von nicht mehr gebrauchten Wirtschaftsgebäu-
den zu Wohnzwecken muss leichter möglich sein . Auch
der sogenannte Außenbereich im Innenbereich darf kein
Tabu mehr für mögliche Bebauung sein .
Gewerbe – und dabei nicht nur Gastronomie und Ein-
zelhandel, sondern auch Handwerk und Produktion –
muss im Ort möglich sein . Heutige Produktionsmetho-
den verursachen weniger Lärm und Luftbelastung .
Der vorliegende Baukulturbericht 2016/17 zeigt gute
Lösungsansätze für solche erstrebenswerten Entwicklun-
gen . Allen daran Beteiligten, insbesondere den Mitarbei-
tern der Stiftung „Baukultur“, möchte ich dafür danken .
Es ist eine richtige Entscheidung, dass wir die Zuwen-
dung der Stiftung im Bundeshaushalt für das laufende
Jahr auf circa 1,5 Millionen Euro aufgestockt haben .
Dies darf als Ansporn gelten für die Förderer und Mit-
glieder der Stiftung, ihr Engagement ebenfalls merklich
zu erhöhen . Angesichts des Berichtes, aber insbesondere
der damit verbundenen Diskussion um Entscheidungs-
prozesse ist dies gut angelegtes Geld für die Baukultur
in unserem Land .
Ich bin gespannt und freue mich bereits jetzt auf den
dritten Baukulturbericht . Themen gibt es reichlich . Die
Verbindung von Baukultur und Energieeffizienz in Ver-
bindung mit nachwachsenden Baustoffen ist ebenso eine
Herausforderung wie die Betrachtung unserer Industrie-
und Gewerbegebiete samt ihrer Industriebauten, die da-
rauf stehen . Auch diese Häuser und Hallen prägen unsere
Siedlungsstrukturen .
Ich hoffe, dass es uns gelingt, in den nächsten Jah-
ren unsere Diskussionen zur Baukultur im Gebäude der
Schinkelschen Bauakademie – deren Wiederaufbau der
Bund wohlgemerkt mit 80 Millionen Euro finanziert –
führen zu können .
Kai Wegner (CDU/CSU): Die Koalition macht sich
stark für lebenswerte Städte und vitale Gemeinden . Wir
wollen, dass die Menschen nicht nebeneinander, sondern
gerne miteinander leben . Hierzu kann die Baukultur ei-
nen wichtigen Beitrag leisten, und deshalb begrüße ich
die heutige Debatte sehr .
Bei Baukultur denken die meisten zunächst an den
ästhetischen Aspekt von Architektur . Baukultur meint
aber noch viel mehr . Baukultur umfasst neben Architek-
tur auch die Ingenieurbaukunst, Stadt- und Regionalpla-
nung, Denkmalschutz und Landschaftsarchitektur . Es
handelt sich also um eine ganz komplexe und anspruchs-
volle Thematik .
Es braucht wissenschaftliche Exzellenz und eine inter-
disziplinäre Herangehensweise, um baukulturelle Fragen
auf der Höhe der Zeit zu diskutieren . Auch vor diesem
Hintergrund war es genau die richtige Entscheidung des
Bundestages, die Bundesstiftung „Baukultur“ einzurich-
ten .
Mit dem aktuellen Baukulturbericht beweist die Stif-
tung einmal mehr, dass sie ein unverzichtbarer Impuls-
geber ist, wenn es darum geht, baukulturelle Fragen ins
Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung zu bringen. Vie-
len Dank für die stets sehr guten Beiträge!
Deutschlands Städte und Gemeinden befinden sich
in einem Wandel . Gerade die Großstädte wachsen . Dort
brauchen wir zusätzlichen Wohnraum und neue Infra-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25073
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strukturen . Wir müssen nachverdichten, oftmals auch
ganz neue Quartiere bauen . Mit dem neuen Bauge-
bietstyp „Urbane Gebiete“ und der Einführung des be-
schleunigten Planungsverfahrens für den Ortsrand haben
wir dafür wichtige Voraussetzungen geschaffen.
Auf der anderen Seite haben wir aber auch Schrump-
fungsregionen, gerade in ländlichen Gebieten . Dort geht
es um Rückbau und darum, Ortskerne zu revitalisieren .
Ich finde es gut, dass der aktuelle Baukulturbericht ein
besonderes Augenmerk auf die Zukunft kleinerer Städte
und Gemeinden legt . Denn bei allen Anstrengungen, das
Wachstum der großen Städte positiv zu gestalten, dürfen
wir auch die ländlichen Regionen nicht aus den Augen
verlieren; denn wir wollen, dass die Menschen in allen
Teilen unseres Landes gut und gerne leben .
Der Wandel in den Städten und Gemeinden ist eine
Herausforderung, die auch und gerade im baukulturellen
Bereich nach guten Lösungen verlangt . Denn das ermög-
licht, die Lebensräume der Menschen gut zu gestalten,
die Lebensqualität in unseren Städten und Gemeinden zu
verbessern, die Identifikation der Bürgerinnen und Bür-
ger mit ihrem Wohnort zu stärken und die Bereitschaft
der Bürger zur Mitgestaltung zu erhöhen .
Diese Koalition kommt ihrer baukulturellen Verant-
wortung nach . Wir fördern die Baukultur auf viele ver-
schiedene Arten: als Bauherr bei Bundesbauten, als Ge-
setzgeber im Bauplanungsrecht und natürlich über die
Städtebauförderung .
Wir haben in dieser Wahlperiode nicht nur die Mittel
für die Städtebauförderung insgesamt nahezu verdoppelt,
sondern auch ein neues Bundesprogramm „Nationale
Projekte des Städtebaus“ aufgelegt .
Hier fördern wir herausragende Projekte mit nationa-
ler oder sogar internationaler Wahrnehmbarkeit . Als Mit-
glied der Expertenjury weiß ich, dass bei der Bewertung
der fachlichen Qualität der Bewerbungen gerade auch die
baukulturelle Güte eine wichtige Rolle spielt .
Dank der Bundesförderung über die „Nationalen
Projekte“ entstehen jetzt in allen Teilen unseres Landes
baukulturelle Leuchttürme . Ich bin mir sicher, dass da-
von wichtige Impulse ausgehen werden und dass das Be-
wusstsein für gutes Planen und Bauen insgesamt weiter
gestärkt wird .
Es versteht sich von selbst, dass die Förderung der
Baukultur eine politische und gesellschaftliche Dauer-
aufgabe ist, die weit über die aktuelle Wahlperiode hi-
nausweist . Deshalb müssen die „Nationalen Projekte“
fortgesetzt werden, und deshalb sollte auch der nächste
Deutsche Bundestag baukulturelle Fragestellungen in-
tensiv beraten und den Dialog mit Experten, Bürgern und
Wirtschaft weiter stärken .
Wir haben in den letzten vier Jahren viel Gutes er-
reicht – übrigens das eine oder andere Mal auch gemein-
sam mit den Oppositionsfraktionen . Es liegen aber natür-
lich auch noch weitere Aufgaben vor uns . Diese werden
wir zum Wohle der Menschen in Deutschland in der neu-
en Wahlperiode anpacken .
Zunächst wünsche ich Ihnen allen eine mehr oder we-
niger entspannte Sommerzeit und danke Ihnen für die
Aufmerksamkeit!
Claudia Tausend (SPD): Ich freue mich, dass uns
der Baukulturbericht die Möglichkeit gibt, heute über
den Zustand der Baukultur in Deutschland zu beraten .
Der Baukulturbericht ist ja bereits der zweite Bericht
dieser Art unter der Federführung der Bundesstiftung
„Baukultur“. Ich finde, es hat sich jetzt schon ausgezahlt,
dass wir die Bundesstiftung im Haushalt 2017 nochmals
besser ausgestattet haben . Baukultur ist – das zeigt dieser
Bericht – eben kein Luxus, den man sich in innenstädti-
schen Großstadtlagen leistet, sondern essenziell für die
Lebensqualität in Stadt und Land .
Ich denke, wir sind uns hier einig, dass den Erstellern
des Berichts Beifall gebührt . Interessant ist insbesondere
die Herangehensweise, Bevölkerungsbefragungen und
Kommunalumfragen zu verknüpfen mit Expertenwissen .
Heraus kommt eine umfassende Bestandsaufnahme der
baukulturellen Situation in Deutschland – diesmal mit
einem Fokus auf die Klein- und Mittelstädte sowie länd-
liche Räume . Diesen Fokus begrüße ich auch als Groß-
stadtabgeordnete außerordentlich . Denn durch die Stabi-
lisierung der ländlichen Räume wird auch Druck von den
Großstädten genommen und das Ungleichgewicht in der
Bevölkerungsentwicklung abgemildert .
Der uns vorliegende Baukulturbericht ist eine wich-
tige Grundlage für die parlamentarische Befassung, und
ich wünsche mir, dass er nicht nur im Umwelt- und Bau-
ausschuss aufmerksam gelesen wird, sondern ressort-
übergreifend Beachtung findet.
Das Thema Vitalität von Ortskernen, das der Bericht
aufgreift, kann nur ressortübergreifend angegangen wer-
den . Ich begrüße es, dass ein Staatssekretärsausschuss
auf eine Bündelung der Maßnahmen über Ressorts hin-
weg hinarbeitet . Denn wir müssen bei diesem Thema
einer Fehlentwicklung entgegenwirken: Es kann nicht
sein, dass Kommunen immer neue Gewerbegebiete an
den Ortsrändern ausweisen und so in den Ortskernen
Leerstände produzieren, was zu einem Funktionsverlust
und zur Verödung der Ortskerne führt . Gleichzeitig ver-
suchen wir dann mit Mitteln aus der Städtebauförderung,
genau diese Ortskerne wiederzubeleben . Hier muss die
eine Hand wissen, was die andere tut!
In diesem Zusammenhang muss ich auch die Vor-
schläge des selbsternannten bayerischen Heimatminis-
ters von der CSU erwähnen, der mit seinen Vorschlägen
zur Novellierung des Landesentwicklungsplans und vor
allem der Aufweichung des Anbindungsgebots für Ge-
werbegebiete genau das Gegenteil dessen erreicht, was
der Baukulturbericht fordert . Er will nämlich die Aus-
weisung von Gewerbegebieten im Außenbereich, also
auf der grünen Wiese, erleichtern und leistet damit dem
Flächenfraß Vorschub . Das ist der völlig falsche Weg!
Der Baukulturbericht kommt in seiner Bestandsauf-
nahme bei den Klein- und Mittelstädten zu teils erschre-
ckenden Befunden: 39 Prozent der Gemeinden geben an,
nennenswerten Gewerbeleerstand zu haben, meist im
Ortskern . Ähnliches gilt für Wohnungsleerstand . Nur die
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725074
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Hälfte der Einwohner geht zum Einkaufen in den Orts-
kern . Obwohl anscheinend eine übergroße Mehrheit den
Ortskern als wichtig für die Identität betrachtet, hat er für
viele bereits die Funktion als zentraler Treffpunkt verlo-
ren . Anstatt Kommunen durch politische Fehlsteuerung,
wie bei der bayerischen Staatsregierung, immer weiter
zu zersiedeln, müssen wir uns um Verdichtung bemühen,
um die Ortskerne wieder zu Orten der Begegnung und
Identität zu machen .
Dies kann natürlich nur funktionieren, wenn auch die
Grundversorgung auf dem Land sichergestellt ist . Der
Baukulturbericht zeigt, dass viele Menschen in Deutsch-
land gerne auf dem Land leben würden . Dazu braucht es
aber grundsätzliche Angebote vor Ort . Ich spreche hier
vom Hausarzt, von der Grundschule, von der Postfiliale,
von der Apotheke, vom Einzelhandel . Aber es müssen
auch die Arbeitsplätze vor Ort gesichert werden, und ein
funktionierender öffentlicher Nahverkehr muss vorhan-
den sein .
Es gibt viele interessante Ansätze, wie man diese
Grundversorgung zurück in die kleinen Kommunen
bringt . Hier müssen wir auch das Experimentieren för-
dern . Ein guter Ansatz ist hier das Bundesprogramm
„Nationale Projekte des Städtebaus“ . Mit dem Programm
fördern wir Projekte, die deutliche Impulse für die jewei-
lige Gemeinde oder Stadt, die Region und die Stadtent-
wicklungspolitik in Deutschland insgesamt ausstrahlen .
Unser größter Hebel auf Bundesebene ist selbstver-
ständlich die Städtebauförderung . Wir haben es in den
letzten Jahren geschafft, die Städtebauförderung von 455
auf 700 Millionen Euro anzuheben . Der Bericht gibt uns
nun Recht, dass wir viel Gutes geleistet haben und auf
diesem Weg weitermachen müssen . Denn gerade die
Städtebauförderung kommt insbesondere den Klein- und
Mittelstädten zugute . Wir haben hier als Fördervoraus-
setzung das „integrierte städtebauliche Entwicklungs-
konzept“ . Aber – worauf uns der Baukulturbericht auf-
merksam macht – nicht immer verläuft die Umsetzung
vor Ort so, wie es ursprünglich geplant war . Wir sollten
hier über eine stärkere Nachkontrolle nachdenken . Denn
hier liegen unsere Möglichkeiten als Parlamentarier:
dafür zu sorgen, dass unsere Orte mehr Lebensqualität,
Identifikation und Attraktivität bieten.
Bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Wohnraum
zu schaffen und zu erhalten, geht nur bei gemeinsamen
Anstrengungen in Stadt und Land . Wenn die Klein- und
Mittelstädte attraktiver werden, hilft das direkt auch
den Metropolen . Trotz des Gebots, das Bauen zügig zu
ermöglichen, darf auch die Baukultur nicht vernachläs-
sigt werden – und zwar nicht nur beim Bund oder den
Kommunen . Vielmehr können auch private Investoren so
langfristig einen höheren Gewinn sichern . Das muss sich
gerade in Zeiten wie diesen, wo überall im Land gebaut
wird wie nie, mehr durchsetzen . Der Baukulturbericht
hilft dabei, und wir wollen und werden unseren Beitrag
leisten .
Michael Groß (SPD): Baukultur ist viel mehr als eine
ästhetische Frage! Es geht um die Zukunft unserer Städ-
te, das Leben in Stadtteilen mit Begegnung, Versorgung
und Erholung . Letztendlich sind die Qualität der Bür-
gerbeteiligung und der planerischen und administrativen
Prozesse von besonderer Relevanz .
Der aktuelle Baukulturbericht „Stadt und Land“ zeigt
die dringende Notwendigkeit, unsere raumplanerischen
und raumordnenden Gestaltungsmöglichkeiten wieder
stärker zu aktivieren . Während unsere Ballungsräume
weiterhin wachsen und der Wanderungsdruck in Bezug
auf einige Städte enorm steigt, schrumpfen in anderen
Regionen die Bevölkerungszahlen . Mit der sinkenden
Einwohnerzahl lässt auch die Qualität und Quantität der
Infrastruktur immer mehr nach, die Fahrwege zu Schu-
len, Kitas, zu Arbeit und Einkauf werden immer länger .
Ärzte oder andere medizinische Versorgungseinrichtun-
gen dünnen aus, obwohl sie bei einer stark alternden Be-
völkerungsstruktur vor Ort dringend gebraucht werden .
Auch die Anschlüsse an regionale ÖPNV-Verbindungen
und Taktungen von Bus und Bahn sinken mit tendenziell
weiter schrumpfender Bevölkerungszahl .
Trotz eines zurückgehenden Bedarfs an Wohnraum
lassen 84 Prozent aller Gemeinden und sogar 93 Pro-
zent der peripher gelegenen Mittelstädte neue Einfami-
lienhausgebiete bebauen . Selbst 65 Prozent der stark
schrumpfenden Gemeinden tun dies . Trotz eines Bedarfs
von mindestens 350 000 neuen Wohnungen in den Bal-
lungszentren sind Eigenheime in den schrumpfenden Ge-
bieten eher im Neubau gefragt, während die Innenstädte
und Ortskerne veröden. Der sogenannte Donut‑Effekt tritt
ein . Die Leerstände von Wohnungen konzentrieren sich
teilweise mit bis zu 60 Prozent auf die Ortskerne . Ge-
werbegebiete im Außenbereich mit Lebensmittelmärk-
ten und anderen Einkaufsmöglichkeiten tragen ebenfalls
zu diesem Effekt bei. Trotz des nachgewiesenen hohen
Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum wird in peripheren
Lagen mit bis zu fast 1 000 Prozent fehlallokiert . Nicht
dort, wo Wohnraum gebraucht wird, wird Wohnraum ge-
schaffen. Der Wertverfall der oft auch als Altersabsiche-
rung gedachten Einfamilienhäuser ist hoch und stellt in
vielen Gemeinden bereits ein gewichtiges Problem dar .
Ebenso ist der zunehmende Flächenverbrauch durch die
Bebauung ein bleibendes Problem .
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die
Feststellung des Berichtes zu den bevorzugten Wohn-
gegenden . Neben der Frage, wie wir leben wollen, stellt
sich hier auch die Frage, wo wir leben . Entgegen den
Binnenwanderungstrends in die sogenannten Schwarm-
städte würden 45 Prozent der 30- bis 60-Jährigen lieber
auf dem Land wohnen, wenn sie es sich unabhängig von
finanzieller Situation und anderen Rahmenbedingungen
frei aussuchen könnten .
Es herrscht offensichtlich eine Diskrepanz zwischen
Wohnwunsch und tatsächlichem Wohnort . Doch was
hindert die Menschen daran, dem Wunsch vom Lebens-
raum Land nachzugehen? Der Baukulturbericht gibt hier
wesentliche Aufschlüsse . Lebenswerte und vitale Innen-
städte und Dorfkerne!
Wir brauchen eine polyzentrische Ausrichtung der
Raum- und Regionalplanung . Ebenso gehört zu einer
qualitätvollen und lebenswerten Gestaltung von Orten
eine Konzentration und Verdichtung eines leistbaren In-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25075
(A) (C)
(B) (D)
frastrukturangebotes auf dem Weg in eine vitale Stadt-
und Dorfkultur . Dazu gehört aber gerade auch die regi-
onale Kooperation . Nicht jeder Ort muss jede Form der
infrastrukturellen Daseinsvorsorge aufweisen, solange
diese erreichbar im Nachbarort oder im engen regionalen
Zusammenhang vorhanden ist oder wechselseitig bedient
werden kann . Hier gilt es, statt der bisherigen Konkur-
renzen den gemeinschaftlichen Wandel zu stärken .
Eine aktive Bodenpolitik gehört jetzt und zukünftig
in die Verantwortung der öffentlichen Hand. Nur diese
macht unsere Städte und Gemeinden handlungsfähig .
Erforderlich sind Vergabe, Beteiligung, revolvierende
Grundstücksfonds durch Bund und Länder, um auch
Kommunen in schwacher Haushaltslage eine aktive Bo-
denpolitik zu ermöglichen .
Baukultur wird oft in ihrer Bedeutung unterschätzt .
Baukultur ist, wie der Bericht erneut zeigt, wesentlich
mehr als Kunst am Bau . Jede Außenwand eines Hauses
ist in ihrer Wirkung gleichzeitig Gestaltung für den öf-
fentlichen Raum und damit Bestandteil von Baukultur .
Wie wir unsere Dörfer und Städte gestalten, unsere Le-
benswelt bauen, ist fester Bestandteil unserer gelebten
Kultur, und wir sollten verantwortungsvoll damit umge-
hen .
Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
der Stiftung für ihre Arbeit und für diesen lesenswerten,
bereichernden und sehr aufschlussreichen Baukulturbe-
richt .
Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Die Verkleinerung
des Unterschieds zwischen Stadt und Land, die Siche-
rung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Regio-
nen wird eine der großen Herausforderungen der Politik
auf allen Ebenen in den nächsten Jahren, auch wenn viele
von uns diese Herausforderung erst langsam wahrneh-
men .
Ich bin froh, dass wir diesen herausragenden Baukul-
turbericht heute debattieren . Ich möchte ausdrücklich
allen Beteiligten der Bundesstiftung „Baukultur“ für die
qualifizierte Arbeit danken, die mit diesem Bericht ge-
leistet wurde . Er ist aus meiner Sicht der umfassendste
und qualifizierteste Lagebericht, den es zu diesem Thema
derzeit gibt .
„Eine Zukunftsperspektive für das Land durch Bau-
kultur“ ist ein Leitgedanke dieses Berichtes . Dieser In-
tention kann ich nur zustimmen . Und diese Forderung,
oder besser: Feststellung belegt: Die Entwicklung des
ländlichen Raumes darf durch die unterschiedlichen
Ressorts nicht isoliert betrachtet werden . Agrarstruktu-
relle Aspekte spielen eine ebenso große Rolle wie sozi-
ale, wirtschaftliche und baukulturelle . Alle Ressorts ste-
hen bei der Entwicklung des ländlichen Raumes in der
Pflicht, vor allem aber das Ressort Landwirtschaft. Aber
ausgerechnet im Landwirtschaftsausschuss ist der Bau-
kulturbericht nicht beraten worden . Ein großes Versäum-
nis, das sich aber in der kommenden Legislatur heilen
lässt .
Wir wollen eine ressortübergreifende Gesamtstrategie
zur Entwicklung des ländlichen Raumes, eine Politik aus
einem Guss und eine Förderarchitektur, die den ländli-
chen Raum gegenüber den Metropolen nicht benachtei-
ligt . Wir brauchen eine solide und verlässliche Förderung
des ländlichen Raumes statt eines Förderdschungels und
vieler Modellprojekte . Der ländliche Raum muss ein ei-
genständiges Politikfeld werden und darf kein Nebenpro-
dukt der Agrarpolitik bleiben .
Wir legen hier heute einen Entschließungsantrag vor,
der viele Aspekte des Baukulturberichtes aufnimmt und
darüber hinaus in einem „A–Z“ darstellt, wie wir uns als
Linke eine gute Politik für den ländlichen Raum vorstel-
len: Stopp des Flächenverbrauchs zugunsten aktiver und
multifunktionaler Ortszentren, interdisziplinäres ressort-
übergreifendes Handeln, eine integrierte Politik für den
ländlichen Raum, auch eine integrierte ländliche Ent-
wicklung vor Ort, interkommunale Zusammenarbeit zur
gemeinsamen Bedarfsabstimmung, aktive Bodenpolitik .
Diese Punkte fordern wir in unserem Entschließungsan-
trag ein . Und der Baukulturbericht belegt und unterstützt
unsere Positionen .
Wir sprechen darin noch viele weitere Punkte an, die
die Koalition in ihren bisherigen eigenen Initiativen nicht
berücksichtigt hat . Denn heute ist auch ein Moment, um
Bilanz zu ziehen . Wir müssen feststellen: Statt realer
Politik, die die Lebensbedingungen der Menschen im
ländlichen Raum verbessern würde: Placebos, Modell-
projekte, Scheininitiativen, Aktionismus und Sonntags-
reden . Es stellt sich die Frage: Was haben Sie in den jetzt
vergangenen vier Jahren Regierungszeit erreicht?
Erstens . Das GAK-Gesetz ist nicht im notwendigen
Umfang reformiert worden . Damit wäre eine moderne
vielseitige Förderung des ländlichen Raumes möglich
gewesen . Eine echte Reform der Gemeinschaftsaufgabe
hin zu einer Gemeinschaftsaufgabe für die ländliche Ent-
wicklung wäre eine wirkliche Chance gewesen .
Zweitens . Auch die Mittelaufstockung der Gemein-
schaftsaufgabe hat nicht im nötigen Umfang stattgefun-
den . Wir fordern mindestens 200 Millionen Euro mehr
für die ländliche Entwicklung, um zumindest die drän-
gendsten Probleme angehen zu können . Auch wenn die
Mittel für einige Programme des Bundes erhöht wurden,
erhält der ländliche Raum noch immer zu wenig Mittel,
wenn wir den Vergleich zur Städtebauförderung ziehen
oder zu dem, was durch andere Förderprogramme in die
Städte fließt.
Drittens . Wir sehen auch keine „Politik aus einem
Guss“, wie es Landwirtschaftsminister Schmidt einmal
angekündigt hat . Es gibt immer noch eine starke sektora-
le Zersplitterung .
Ein kleines Beispiel: Aus allein drei Ministerien wird
der Breitbandausbau im ländlichen Raum gefördert . Es
gibt keine Koordination und Bündelung von Kompe-
tenzen. Schmidt und Hendricks befinden sich mitten im
Kompetenzgerangel . Die ganze Bundesregierung scheint
weitestgehend planlos bei der ländlichen Entwicklung .
Wir wollen ein eigenes Politikfeld für den ländlichen
Raum und eine tragfähige, ressortübergreifende Strate-
gie .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725076
(A) (C)
(B) (D)
An anderen Stellen hat die Bundesregierung sogar
Politik gegen eine positive Entwicklung des ländlichen
Raumes gemacht . Statt den Flächenverbrauch zu stop-
pen, wird dieser mit der letzten BauGB-Novelle sogar
noch befördert und die Ausweisung neuer Wohngebiete
damit erleichtert . Das ist Politik gegen die Ortskerne und
damit gegen attraktive ländliche Orte und auch gegen
den Erhalt wertvoller landwirtschaftlicher Nutzfläche.
Auch die kommunalen Haushalte werden weiter be-
lastet . Wenn Gemeinden besonders in ländlichen Regio-
nen aber nicht handlungsfähig sind, können sie nicht in
die Zukunft investieren und vor allem keine eigenstän-
digen Entscheidungen mehr treffen. Dann wird nur noch
Mangel verwaltet statt Zukunft gestaltet . So wundert
es uns jedenfalls nicht, dass Populisten und Rechte den
ländlichen Raum entern können .
Wir alle müssen Grundprobleme, wie den lahmenden
Breitbandausbau und die schlechte kommunale Finanz-
ausstattung, endlich angehen . Sonst hilft die beste Politik
für den ländlichen Raum nicht .
Nur wir Linken stellen die Eigentumsfrage mit der nö-
tigen Konsequenz: Wem gehört das Land? Diese Frage ist
entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung des länd-
lichen Raumes. Die Privatisierung öffentlicher Flächen
der BVVG und auch kommunaler Liegenschaften muss
gestoppt werden . Nicht die renditeorientierten überregi-
onalen Investoren sollen Zugang zu landwirtschaftlichen
Böden und Betrieben haben . Die Spekulation mit Land-
wirtschaftsflächen muss unterbunden werden. Öffentli-
che Infrastruktur und öffentliche Daseinsvorsorge dürfen
nicht weiter privatisiert werden . Kommunale, gemein-
nützige und genossenschaftliche Unternehmen müssen
stattdessen gefördert und unterstützt werden .
Dieser Hintergrund zeigt: Die ländliche Entwicklung
ist vor allem eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und
eine Verteilungsfrage . Ohne dieses Bewusstsein kann
keine nachhaltige Politik für den ländlichen Raum ge-
lingen .
Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist heute eine der letzten baupolitischen
Rede dieser Wahlperiode . Angesichts dessen ist es Zeit,
Bilanz zu ziehen . Was hat diese Regierung im Bereich
Baukultur eigentlich gemacht?
Zunächst mal hat sie immerhin zwei Berichte vorge-
legt .
Auch die Arbeit der Bundesstiftung „Baukultur“ wird
hier über Fraktionsgrenzen hinweg geschätzt . Da sind
schon auch einige sehr gute Prozesse passiert . Ich denke
dabei zum Beispiel an die Schinkel’sche Bauakademie,
deren Wiederaufbau in Parlament und Öffentlichkeit
auch breit getragen wird . Jetzt komme ich zum Aber:
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Gro-
ßen Koalition, warum setzen Sie denn die Empfehlun-
gen des Baukulturberichts nicht um? Warum handeln Sie
diametral entgegengesetzt? Sie haben diese Legislatur
also zwei Berichte vorgelegt . Sie wurden aber dann par-
lamentarisch nur unzureichend bearbeitet und fast nicht
umgesetzt . Das ist ein typisches Beispiel Ihrer Politik der
warmen Worte .
Sie hätten hier viel mehr tun können . Wir haben in
Deutschland eben nicht nur Probleme in den wachsenden
Großstädten und Ballungszentren, sondern auch in den
schrumpfenden Regionen . Während die eine Gemeinde
aus allen Nähten platzt, lohnt sich andernorts kaum das
Betreiben öffentlicher Verkehrsmittel. Vor kurzem hat
eine Studie des IW Köln ganz klar gezeigt: Wir bauen
eigentlich genug – aber es wird an den falschen Stellen
gebaut . Es gibt ländliche Regionen in Deutschland, wo es
mittlerweile mehr Eigenheime als Einwohner gibt, und in
Berlin oder Stuttgart streitet man mit 50 anderen Interes-
senten um eine Wohnung . Wo bleibt denn nun Ihre Prä-
misse „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“? Die
haben Sie nämlich mit dem Paragraph 13b im Baugesetz-
buch gekillt . Baukultur heißt für diese Bundesregierung
also nicht lebendige Ortskerne, sondern Zersiedelung
und Flächenfraß .
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Großen Koaliti-
on, warum stärken Sie denn nicht den ländlichen Raum?
Warum tun Sie nichts, um den Holzbau in Deutschland
voranzubringen? Wir befinden uns in einer Phase der
Stadterweiterung und Stadtverdichtung . Für uns Grüne
ist der Holzbau da ein zentrales Element . Deswegen ha-
ben wir hier unseren Antrag gestellt . Wir brauchen eine
nationale Holzbaustrategie, denn das ist die Zukunft
nachhaltigen Bauens .
Holzbau ist gelebte Baukultur . Holzbau liefert eine
Antwort auf serielles Bauen, auf Nachverdichtung und
regionale Wertschöpfung . Aber Sie, liebe Kolleginnen
und Kollegen der Union, Sie denken den ländlichen
Raum immer nur in landwirtschaftlichen Strukturen .
Aber wir müssen den ländlichen Raum als Innovations-
ort sehen, nicht als Agrarstruktur . Denn dort, im ländli-
chen Raum, dort sind doch die innovativen Firmen, die
sich mit Holzbau auskennen . Wir haben eine nachhaltige
Forstwirtschaft, lassen Sie uns die nutzen für die Baukul-
tur . Lassen Sie uns den Holzbau nutzen für eine nachhal-
tige Baukultur .
Sie von der Union haben doch ein falsches Verständ-
nis vom Dorf des 21 . Jahrhunderts: Bei Ihnen sind die
Dorfkerne ausgeblutet und die Natur ringsum zersiedelt .
An den Ortsrändern wachsen die Einfamilienhausgebiete
und im Ortskern gähnende Leere . In 85 Prozent der Ge-
meinden gibt es neu entstehende Einfamilienhausgebie-
te . Davon 65 Prozent in schrumpfenden Gebieten . Das
ist doch absurd .
Sie glauben immer noch, dass die Agrarstruktur
entscheidend ist für den ländlichen Raum . Aber ent-
scheidend sind doch ganz andere Fragen: Hat man dort
Breitbandausbau? Gibt es gute Kitas und Betreuungs-
angebote? Gibt es einen funktionierenden öffentlichen
Nahverkehr? Gelingt hier Daseinsvorsorge? Das sind
die Fragen, die wir für den ländlichen Raum beantwor-
ten müssen . Aber da kommt von Ihnen nur Achselzucken
und Stillschweigen .
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Bundesregie-
rung . Uns Grünen ist Baukultur wichtig . Gerade jetzt,
in der Phase der Stadterweiterung und des Stadtum-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25077
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baus, brauchen wir innovative Bauweisen . Wir brauchen
nachhaltige und günstige Baustoffe. Auf beides kann der
Holzbau eine Antwort geben . Und eines kann ich Ihnen
versprechen: Wir Grüne werden da auch in der nächsten
Wahlperiode nicht lockerlassen .
Anlage 6
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des von den Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Volker Beck (Köln), Kerstin Andreae,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgeset-
zes (Tagesordnungspunkt 36 ddd)
Andrea Lindholz (CDU/CSU): Mit dem vorliegenden
Gesetzentwurf wollen die Grünen die von uns beschlos-
sene Ausnahmeregelung in § 60a Absatz 2 Satz 4 Aufent-
haltsgesetz in einen pauschalen Bleiberechtsanspruch für
abgelehnte Asylbewerber umwandeln . Konkret würde
die von den Grünen vorgeschlagene Änderung bedeuten,
dass die Vorlage eines Ausbildungsvertrages regelmäßig
eine aufwendig vorbereitete Abschiebung verhindern
würde . Dieses Vorhaben ist unbedingt abzulehnen .
Der Hauptanwendungsfall der sogenannten 3+2-Re-
gelung sind Asylverfahren, die sich aufgrund der struk-
turellen und personellen Probleme im Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge über Jahre hingezogen haben .
Wenn ein Asylbewerber, der jahrelang auf die Entschei-
dung des BAMF wartet, zwischenzeitlich eine Aus-
bildung aufgenommen hat, soll er sie unabhängig von
seinem Schutzanspruch auch abschließen dürfen . Diese
Rechtsicherheit ist wichtig für die Ausbildungsbetriebe
und die Betroffenen. Die 3+2‑Regelung zielt damit vor
allem auf Altfälle . Für neuere Asylverfahren stellt sich
dieses Problem kaum noch, da die Asylverfahrensdauer
dank der vielen Maßnahmen, die wir auf Bundesebene
umgesetzt haben, von durchschnittlich sieben auf unter
zwei Monate gesunken ist .
Schon 2015 haben wir im Zuge der Bleiberechtsnovel-
lierung in § 60a Absatz 2 eine Regelung geschaffen, die
es den Ausländerbehörden im begründeten Ausnahmefall
ermöglicht, entgegen der grundsätzlichen Ausreisepflicht
von abgelehnten Asylbewerbern eine Duldung zum Zwe-
cke der Ausbildung zu erteilen . Damit haben wir die
strikte und unerlässliche Trennung zwischen Asyl- und
Arbeitsmigration ausnahmsweise und punktuell aufge-
hoben . Es war aber immer klar, dass damit kein neuer Zu-
wanderungskanal für abgelehnte Asylbewerber geschaf-
fen werden soll . Das möchten die Grünen nun ändern .
2016 haben wir auch auf Wunsch der Ausbildungsbe-
triebe bei dieser Regelung nachgebessert und für mehr
Rechtssicherheit gesorgt . Wir haben die Erteilung einer
Duldung bei Aufnahme einer qualifizierten Berufsaus-
bildung als gebundene Entscheidung ausgestaltet . Die
Ausländerbehörde muss eine Ausbildungsduldung ertei-
len, sofern alle dafür nötigen Tatbestandvoraussetzungen
erfüllt sind .
Es muss sich um eine staatlich anerkannte qualifi-
zierte Berufsausbildung handeln . Es dürfen keine Aus-
schlussgründe des Absatz 6 vorliegen, wie zum Beispiel
bewusste Identitätstäuschung, Straftaten oder fehlende
Mitwirkung bei der Passbeschaffung. Asylbewerber aus
sicheren Herkunftsstaaten sind grundsätzlich von dieser
Regelung ausgeschlossen . Außerdem haben wir den Zu-
satz eingefügt, dass keine konkreten aufenthaltsbeenden-
den Maßnahmen bevorstehen dürfen . Diesen entschei-
denden Zusatz wollen die Grünen streichen .
Die Duldungserteilung wird regelmäßig zum Voll-
zugshindernis für Abschiebungen, wenn konkrete Vorbe-
reitungen laufen, das heißt, wenn Passersatzpapiere be-
antragt wurden oder die Abschiebungen terminiert sind
oder ein Verfahren zur Dublin-Überstellung läuft .
Die Ausländerbehörde könnte diese Maßnahmen nicht
mehr durchführen, sobald der abgelehnte Asylbewerber
einen Berufsausbildungsvertrag vorlegt und die Berufs-
ausbildung aufnimmt . Sobald die Abschiebung abseh-
bar ist, muss aber die Ausreisepflicht Vorrang haben.
Andernfalls würde die Ausreisepflicht zur Farce. Kaum
noch eine Ausländerbehörde würde den hohen Aufwand
für eine Abschiebung betreiben, wenn er dann kurzfristig
zunichte gemacht werden kann .
Mit der Eintragung in die Lehrlingsrolle haben wir
einen klaren Zeitpunkt definiert, ab wann ein Rechtsan-
spruch auf eine Ausbildungsduldung besteht . Wörtlich
heißt es in der Begründung unseres Änderungsantrages:
Ein Nachweis über das Vorliegen der Erteilungsvo-
raussetzungen hinsichtlich der Duldung zur Berufs-
ausbildung kann deshalb zuverlässig nur dann ge-
führt werden, wenn ein Nachweis über den Eintrag
in die Lehrlingsrolle vorgelegt wird .
Bei abgelehnten Asylbewerbern, die erst nach der Ab-
lehnung eine Ausbildung beantragen, überwiegt in der
Regel die Ausreisepflicht. Wenn entsprechende Maßnah-
men eingeleitet wurden und die Rückführung in absehba-
rer Zeit durchgeführt werden kann, darf keine Duldung
erteilt werden . Ich bin aber sehr dafür, dass in den Fällen,
in denen der Betroffene ohne eigenes Verschulden nicht
heimreisen kann, zum Beispiel weil sein Herkunftsstaat
keine Reisepapiere ausstellt, von dieser Ausnahmerege-
lung im begründeten Einzelfall Gebrauch gemacht wird .
In jedem Fall müssen wir mit diesem Mittel behutsam
umgehen .
Bund und Länder haben sich am 9 . Februar 2017 da-
rauf geeinigt, die Ausreisepflicht konsequenter durch-
zusetzen . Nach vielen Gesetzesinitiativen zum Abbau
von Fehlanreizen und Abschiebehindernissen haben wir
zuletzt noch das Gesetz zur Durchsetzung der Ausreise-
pflicht verabschiedet. Auch grüne Länder haben diesem
Gesetz und dem MPK-Beschluss zugestimmt .
Der vorliegende Gesetzentwurf soll nun das Gegen-
teil dieser Initiative bewirken, indem er ein massives
neues Abschiebehindernis kreiert . Aktuell sind rund
220 000 Ausreisepflichtige im Ausländerzentralregister
verzeichnet . Bis Ende des Jahres könnte die Zahl laut ei-
ner McKinsey‑Studie auf bis zu 485 000 Ausreisepflich-
tige steigen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725078
(A) (C)
(B) (D)
Deutschland hat aktuell ein massives Problem bei der
Durchsetzung der Ausreisepflicht. Wir müssen daher
Hindernisse abbauen und dürfen keine neuen schaffen.
Der Gesetzentwurf der Grünen ist daher unbedingt ab-
zulehnen .
Nina Warken (CDU/CSU): Als wir Mitte 2016 die
Regelung zur Ausbildungsduldung in das Integrationsge-
setz aufgenommen haben, geschah dies hauptsächlich auf
Wunsch derjenigen Betriebe, die sich für Flüchtlinge en-
gagierten . Dass man diejenigen, die morgens aufstehen,
die sich einbringen und sich Mühe geben, wahrnimmt
und sich für diese auch einsetzt, ist grundsätzlich nach-
vollziehbar . Insoweit handelte es sich bei der Einführung
der Regelung um ein Instrument der Rechtssicherheit
und nicht um eine grundsätzlich neue Idee .
Das herausragende Engagement vieler Ausbildungs-
betriebe wussten und wissen wir nach wie vor zu schät-
zen . Örtliche Betriebe leisten sehr viel für die Integration
vieler junger Menschen . Denn wo kann Integration bes-
ser funktionieren als in einem Betrieb mit deutschspra-
chigen Kollegen, geregelten Abläufen und mit einem so-
zialen „Mikrokosmos“? Das möchte ich gar nicht infrage
stellen .
Und natürlich steht hinter dem Ansinnen der Betrie-
be nach einer großzügigen Umsetzung dieser Regelung
nicht nur das bürgerschaftliche Engagement, sondern
auch die völlig berechtigte Hoffnung auf die Behebung
des Fachkräftemangels .
Aber obwohl wir vor diesem Hintergrund die Sorgen
der Ausbildungsbetriebe nachvollziehen konnten und
können, haben wir uns mit der Einführung einer gebun-
denen Entscheidung schwergetan – aus einem ganz ein-
fachen Grund: Die Integration Ausreisepflichtiger schafft
eine Verbindung zwischen unseren beiden getrennten
Wegen der Migration: dem des Asyls und dem der Ar-
beitsmigration .
Immer dort, wo diese Berührungspunkte geschaffen
werden, wo das Trennungsprinzip durchbrochen wird,
ist auch der Anspruch des Staates betroffen, Migration
zu steuern . Wir müssen eine Ausnahme als eine solche
wahrnehmen und klare Linien ziehen . Nur so können wir
Anreize und auch Missbrauch vermeiden .
Deshalb enthält die jetzige Regelung eine Einschrän-
kung für die Fälle, in denen „konkrete Maßnahmen zur
Aufenthaltsbeendigung“ bevorstehen . Es soll also immer
dann der Durchsetzung der Ausreisepflicht Vorrang ein-
geräumt werden, wenn die Abschiebung, Zurückschie-
bung oder Überstellung absehbar ist . Eine Duldung zum
Zweck der Berufsausbildung darf dann nicht erteilt wer-
den .
Diese klaren Linien müssen auch die Länder ziehen .
Denn ihren Ausländerbehörden obliegt schließlich fak-
tisch die Anwendung der bestehenden Regelungen . Es
ist selbstverständlich auch mein Wunsch, dass hier eine
möglichst einheitliche Handhabung stattfindet. Das ist
grundsätzlich eine Frage der Fairness – gegenüber den
Auszubildenden und auch gegenüber den Betrieben .
Eben weil es an verschiedenen Stellen bei der Ausfüh-
rung immer wieder zu Nachfragen, Problemen und einer
uneinheitlichen Handhabung durch die zuständigen Aus-
länderbehörden kam, wurden in Zusammenarbeit mit den
Ländern Anwendungshinweise erstellt. Ich hoffe, dass
diese in ihrer Umsetzung durch die Länder und durch die
entstehende Kommunikation mit den Ausländerbehörden
für die Bereiche sensibilisieren, in denen Unterschiede
bestehen .
Dass diese Anwendungshinweise hingegen nähere
Angaben zu der Definition „konkrete“ aufenthaltsbeen-
dende Maßnahmen enthalten, ist nicht nötig . Hierzu gibt
es inzwischen ausreichend Rechtsprechung der Verwal-
tungs- und auch Oberverwaltungsgerichte . Und wenn
die Ausländerbehörden einzelner Länder das Gesetz en-
ger auslegen als andere, dann kann dies mitnichten dazu
führen, dass auf Bundesebene ganze Gesetzespassagen
gestrichen werden . Das kann keine Lösung sein!
Eine Sache gibt mir immer wieder zu denken: Es sind
bei der Agentur für Arbeit Hunderttausende anerkannte
Schutzbedürftige arbeitslos oder arbeitssuchend gemel-
det . Täglich erhalten mehr junge Menschen Aufenthalts-
genehmigungen . Eine solche Genehmigung bekommt
man zum Beispiel auch, wenn vom BAMF ein Abschie-
bungsverbot festgestellt wurde . Und das Abschiebungs-
verbot greift ja gerade häufig auch bei denjenigen, die
eben nicht aus Ländern wie Syrien stammen .
Trotzdem gewinne ich immer wieder den Eindruck,
dass vermehrt die aufenthaltsrechtlich „schwierigen“
Fälle in den Betrieben landen . Das kann doch eigentlich
nicht sein . Ich bin mir dessen schon bewusst, dass in Ein-
zelfällen die Entscheidungen des BAMF auf sich warten
lassen . Aber muss angesichts dieser großen Anzahl von
jungen Menschen mit Bleiberecht wirklich die Ausnah-
me zur Regel werden? Das ist eine ganz ernst gemeinte
Frage .
Denn wenn es wirklich so sein sollte, dann sollten wir
genauer hinschauen und klären, warum diejenigen mit
gesichertem Status sich so schwertun mit der Aufnahme
einer Ausbildung . Was können wir da verbessern, wie
können wir da noch mehr helfen und motivieren?
Bevor wir also Regelungen streichen – wie es die Grü-
nen hier möchten –, sollten wir doch erst einmal das an-
gemessen umsetzen, was wir haben .
Sebastian Hartmann (SPD): Beim Beschluss des
Integrationsgesetzes vor einem Jahr war vor allem den
Kollegen der CSU eine Passage in § 60a des Aufent-
haltsgesetzes sehr wichtig: Eine Ausbildungsduldung sei
demnach nur zu erteilen, wenn „konkrete Maßnahmen
zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen“ . Weil in
der Auslegung dieser Formulierung insbesondere durch
bayerische Ausländerbehörden „konkrete Maßnahmen“
zum Beispiel auch dann schon vorliegen, wenn das Amt
den Antragsteller nur auffordert, einen Pass zu beantra-
gen, hat sich der harmlos wirkende Halbsatz zu einem
offenkundigen Problem entwickelt.
Aus Bayern hören wir Befürchtungen, dass Unter-
nehmen aus Skepsis gegenüber einem unsicheren und
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25079
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schwer einschätzbaren Verfahren lieber gar keine auslän-
dischen Auszubildenden nehmen könnten . Vielen scheint
das Risiko zu hoch, jemandem einen Ausbildungsplatz
zu geben, wenn doch während der Ausbildung mit einer
Abschiebung gerechnet werden kann . Wir nehmen die
Klagen der Unternehmen ernst, von denen uns auch die
Industrie- und Handelskammern berichten . Die IHK for-
dert deshalb nicht nur die Einhaltung der 3+2-Regelung
während, sondern auch vor Beginn der Ausbildung .
Problematisch sind dabei Fälle, in denen zur Verhin-
derung einer Abschiebung die Ausbildung begonnen
wird, ohne dass die Ausbildungsvoraussetzungen schon
erfüllt sind . Sinnvoll wäre deshalb, auch die berufsvor-
bereitenden Maßnahmen als geeignet zu betrachten, eine
Abschiebung zu verhindern . Allerdings ist die Praxis hier
schon so, dass bei einem bereits geschlossenen (und von
der Kammer geprüften) Ausbildungsvertrag auch mehre-
re Monate vor Beginn der Ausbildung eine Duldung aus
dringenden persönlichen Gründen erteilt werden kann,
als Überbrückung des Zeitraums bis zum Ausbildungs-
start . Die eigentliche Ausbildungsduldung – die berühm-
ten drei plus zwei – wird dann kurz vor Beginn der Aus-
bildung erteilt .
Wir benötigen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit,
damit Unternehmen planbare Verhältnisse vorfinden.
Es reicht aber nicht aus, nur die Streichung des Halbsat-
zes zu fordern, wie das der Gesetzentwurf der Grünen
tut . Ich will nicht in Abrede stellen, dass dies einen zu-
sätzlichen Nutzen bringen könnte; aber wichtiger wäre
zunächst, die unmissverständlichen Ansprüche auf eine
Duldung in vielen Fällen bekannter zu machen . Die aktu-
elle rechtliche Grundlage, gestärkt vor allem auch durch
die „Anwendungshinweise“ des Bundesinnenministeri-
ums vom 30. Mai 2017, schafft doch bereits die nötige
Rechtssicherheit für Unternehmen, die einem geduldeten
Flüchtling einen Ausbildungsplatz anbieten wollen . Die
Durchsetzung dieser Anwendungshinweise auch in Bay-
ern wird eine entsprechende Klarstellung herbeiführen .
Um den Jugendlichen eine Perspektive zu geben, sind
weitergehende Vorstellungen zu verwirklichen, die die
SPD-Bundestagsfraktion bereits in einer Positionierung
veröffentlicht hat. Wir wollen den Einstieg für junge Ge-
duldete in Ausbildung erleichtern, indem wir bestehende
bürokratische und aufenthaltsrechtliche Hürden abbau-
en . Wir wollen dafür sorgen, dass die Ausbildungsdul-
dung auch eine vorhergehende Einstiegsqualifizierung
umfasst . Für eine Ausbildungsduldung im Rahmen der
3+2-Regelung soll ein gültiger Ausbildungsvertrag rei-
chen . Zusätzliche bürokratische Vorgaben etwa im Hin-
blick auf den zeitlichen Abstand zum Ausbildungsbeginn
lehnen wir ab .
Wir wollen mittelfristig für Geduldete in Ausbildung
einen eigenen Aufenthaltstitel schaffen. Der Begriff der
„guten Bleibeperspektive“ muss rechtlich verbindlich
gefasst werden und dabei individuelle Entwicklungen
einbeziehen, wie zum Beispiel die Aufnahme einer Aus-
bildung .
Wir setzen uns für eine Lockerung der Wohnsitzauf-
lage für junge Geflüchtete in ausbildungsvorbereitenden
Maßnahmen und in Ausbildung ein . Daneben wollen wir
grundsätzlich Maßnahmen der Ausbildungsförderung für
Geflüchtete, bei denen nicht von vornherein klar ist, dass
sie keine Bleibeperspektive haben, dauerhaft öffnen und
ausbauen .
Besonders Maßnahmen, in denen das Erlernen der
deutschen Sprache in Verbindung mit allgemeinbilden-
den und berufsvorbereitenden Inhalten verbunden wird,
wollen wir stärken . Ein Weg hierzu ist die Stärkung des
Förderprogramms KompAS . Das Programm verbindet
die Sprachförderung des Bundesamts für Migration und
Flüchtlinge mit Kompetenzfeststellung und den arbeits-
marktpolitischen Instrumenten der Bundesagentur für
Arbeit . Wir werden Maßnahmen und Programme stär-
ken, die die Kompetenzfeststellung und Anerkennung
von Abschlüssen erleichtern .
Natürlich bleiben Asyl und Arbeitsmigration zwei
voneinander getrennt zu betrachtende Dinge . Aber in
diesem konkreten Fall der 3+2-Regelung haben wir es
mit einer sinnvollen Verbindung beider Sphären zu tun .
Diese gute Regelung bietet nicht nur den Flüchtlingen,
sondern auch der aufnehmenden Gesellschaft eine Chan-
ce . Was wir darüber hinaus aber wirklich benötigen – und
dies fordern wir beharrlich und wiederholt – , ist ein Ein-
wanderungsgesetz .
Ulla Jelpke (DIE LINKE): Wir debattieren hier den
Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur Ände-
rung des Aufenthaltsgesetzes . Konkret geht es um die
Korrektur eines zentralen Missstandes bei der Gesetzge-
bung zur Duldung für Auszubildende .
Als Geduldete werden Menschen bezeichnet, die
rechtlich gesehen zwar als ausreisepflichtig gelten, aber
aus familiären, humanitären oder anderen Gründen nicht
abgeschoben werden dürfen oder können. Sie befinden
sich in einem Status der weitgehenden Rechtlosigkeit .
Sie erhalten häufig Sachleistungen nach dem Asylbe-
werberleistungsgesetz, können einem Arbeitsverbot un-
terliegen und selbst nach vielen Jahren ohne jede Vor-
ankündigung abgeschoben werden . Die Erfahrung zeigt,
dass eine Duldung häufig kein kurzer Übergangsstatus
ist, sondern oft über viele Jahre immer wieder verlängert
wird . Bleiberechtsregelungen der letzten Jahre waren zu
eng gefasst, um allen langjährig Geduldeten ein sicheres
Aufenthaltsrecht zu vermitteln .
Mit dem Integrationsgesetz wurden im letzten Jahr
die Voraussetzungen für die Erteilung einer Duldung zur
Ausbildung geändert . Diese Regelung soll es Menschen
mit Duldungsstatus ermöglichen, trotz Ablehnung ih-
res Asylantrags hier eine Ausbildung zu beginnen bzw .
zu beenden . Die sogenannte 3+2-Regelung sieht einen
Schutz vor Abschiebung während der bis zu dreijähri-
gen Ausbildung vor . Danach sind eine sechsmonatige
Arbeitsplatzsuche und eine reguläre Beschäftigung und
Aufenthaltssicherung möglich .
Obwohl diese Regelung einen Schritt in die richtige
Richtung darstellt, hat sie doch mehr als nur einen Pfer-
defuß . Zum einen haben Verbände, Betriebe und auch die
Linke schon immer gefordert, dass statt einer bloßen Dul-
dung eigentlich eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden
müsste . Nur das böte die erforderliche Rechtssicherung .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725080
(A) (C)
(B) (D)
Zum anderen gilt die Einschränkung, dass eine Ausbil-
dungsduldung nur erteilt werden darf, wenn „konkrete
Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorste-
hen“. Diese schwammige Formulierung öffnet Willkür
Tür und Tor; denn vor allem die Ausländerbehörden de-
finieren in der Praxis, was hierunter konkret zu verstehen
sein soll . Das könnte im Extremfall dann schon die Ter-
minierung einer Vorsprache sein, bei der die Betroffenen
zur Passbeschaffung aufgefordert werden sollen.
Ungeachtet dieser Regelung sind immer wieder Ge-
duldete, die sich bereits in einer Ausbildung befinden,
von Abschiebung bedroht oder betroffen. So werden, wie
neulich erst in Bayern geschehen, immer wieder junge
Menschen aus Berufsschulen oder von ihren Ausbil-
dungsstätten mit teils massiver Polizeigewalt verschleppt
und abgeschoben . Das ist ein himmelschreiendes Un-
recht . Eine umfassende Korrektur dieser Regelung ist
dringend notwendig – weit über die von den Grünen vor-
geschlagene wichtige Detailänderung hinaus .
Einen Hinweis kann ich den Grünen allerdings nicht
ersparen: Selbstverständlich stimmen wir Ihrem Gesetz-
entwurf zu . Allerdings wäre es glaubhafter gewesen,
wenn Sie die Passage, die Sie jetzt wieder aus dem Ge-
setz streichen möchten, zusammen mit der Linken abge-
lehnt hätten, statt dem entsprechenden Änderungsantrag
der Koalition am 6 . Juli 2016 im Innenausschuss auch
noch zuzustimmen .
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch
einmal deutlich darauf hinweisen, dass der Antrag der
Grünen bei Weitem nicht alle Missstände bezüglich der
Ausbildungsduldung aufgreift . Schon allein das Konzept
der Erteilung einer Duldung zur Ausbildung ist doch wi-
dersinnig: Um Planungssicherheit sowohl für die Betrie-
be als auch für die Auszubildenden zu schaffen, ist eine
Aufenthaltserlaubnis notwendig! Auch die Zusage einer
Ausbildung sollte für die Erteilung eines solchen Titels
ausreichend sein, um die Zeit bis zum Beginn der Ausbil-
dung zu überbrücken und nicht vorher abgeschoben zu
werden .
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im
September startet das neue Ausbildungsjahr und Hun-
derte Betriebe wollen diesmal auch geflüchteten Azubis
eine Chance geben . Mit dem Integrationsgesetz und der
3+2-Regelung sollten sie dafür die nötige Rechtssicher-
heit bekommen .
Arbeitsministerin Nahles versprach bei der Einbrin-
gung des Gesetzes – ich zitiere –:
Wir schaffen Planungssicherheit für die Betriebe
und für die Betroffenen, indem wir ihnen eine Dul-
dung geben für die ganze Zeit der Ausbildung . Da-
nach können sie ein halbes Jahr suchen, und dann
bekommen sie für zwei Jahre einen Aufenthaltstitel .
Kurzum: Sie können sich hier auf eine Ausbildung
einlassen; sie und die Betriebe haben Rechtssicher-
heit . Das ist der goldene Weg . . .
Meine Damen und Herren von der Koalition, dieser
goldene Weg ist so leider nie Realität geworden . Das Ge-
setz war gerade erst in Kraft getreten, da wies das bay-
erische Innenministerium schon die dortigen Ausländer-
behörden an, die Regelung faktisch ins Leere laufen zu
lassen . Dass das überhaupt möglich war und immer noch
ist, ist die Schuld der Koalitionsfraktionen . Kurz vor Ab-
schluss des parlamentarischen Verfahrens haben sie ei-
nen Halbsatz in das Gesetz eingefügt . Danach soll die
Duldung nur dann erteilt werden, wenn „konkrete Maß-
nahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen“ .
Und genau dieser Halbsatz eröffnet jetzt den Interpretati-
onsspielraum, den Bayern nutzt, um die Ausbildungsdul-
dung zu unterlaufen .
Ich will es ganz deutlich sagen: Dass es zu dieser
widersprüchlichen Auslegung der Ausbildungsduldung
kommen konnte, ist das Resultat schlechter Gesetzesar-
beit . Innerhalb der Bundesregierung haben sich damals
die Innenpolitiker mit ihrer Abschottungspolitik durch-
gesetzt . Und für diesen Fehler kriegt das Arbeitsministe-
rium jetzt die Quittung .
Dieser Fehler lässt sich auch nicht mit den „Anwen-
dungshinweisen“ des Bundesinnenministeriums korri-
gieren . Sie sind für die Länder nicht rechtsverbindlich,
sondern lediglich Leitlinien . Und was „konkrete Maß-
nahmen“ sind, bleibt weiterhin Interpretationssache . Im
Ergebnis kann die Ausbildungsduldung nach wie vor um-
gangen werden .
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wenn
Sie die Ausbildung von Geduldeten fördern wollen, dann
reicht es nicht, dass das Arbeitsministerium beteuert, mit
den Anwendungshinweisen nicht einverstanden zu sein .
Dann müssen Sie jetzt klare Kante zeigen .
Das ist die letzte Sitzungswoche . Jetzt ist die letzte
Gelegenheit, das Gesetz noch zu ändern .
Die Anwendungshinweise zeigen: Solange der be-
sagte Halbsatz im Gesetz steht, bleibt es bei dem brei-
ten Ermessensspielraum und der Rechtsunsicherheit bei
der Ausbildungsduldung . Will man das ändern, muss der
Halbsatz gestrichen werden . Und genau das machen wir
mit unserem Gesetzentwurf .
Wenn Sie verhindern wollen, dass das bevorstehende
Ausbildungsjahr zum verlorenen Jahr für die Flücht-
lingsintegration wird, dann stimmen Sie unserem Gesetz-
entwurf zu . Stimmen Sie ihm zu, und stellen Sie damit
sicher, dass geflüchtete Azubis nicht mehr abgeschoben
werden – egal in welchem Bundesland sie leben oder
welche Ausländerbehörde für sie zuständig ist .
Anlage 7
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Jan Korte (DIE LINKE) zu
der Abstimmung über den Antrag der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Aufarbeitung der Verbrechen in der Colonia Dig-
nidad
(Tagesordnungspunkt 22 a)
Ich habe, genau wie die ganze Fraktion Die Linke,
dem Antrag von CDU/CSU, SPD und Grünen zuge-
stimmt . Denn es ist gut, dass nun endlich, nach Jahr-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25081
(A) (C)
(B) (D)
zehnten des Wegschauens und des Leugnens jeglicher
Mitverantwortung für die Verbrechen in der deutschen
Sekte Colonia Dignidad in Chile, Union und SPD eine
Kehrtwende im Umgang mit den Verbrechen der Colonia
Dignidad vollziehen .
Die Colonia Dignidad war jahrzehntelang Ort
schwerster Menschenrechtsverletzungen . Hunderte Geg-
ner der Pinochet-Diktatur – 1973 bis 1990 – verschwan-
den dort, wurden gefoltert und ermordet . Deutsche und
chilenische Kinder wurden systematisch jahrzehntelang
sexuell missbraucht . Auch viele Bewohner der Siedlung
wurden Opfer schwerer Misshandlungen .
Die Kehrtwende der Koalition ist ein Erfolg der be-
harrlichen Arbeit der Opfer- und Menschenrechtsgrup-
pen in Chile und Deutschland, die sich niemals haben
entmutigen lassen und seit so vielen Jahren eine umfas-
sende Aufklärung und Hilfe für die Opfer verlangen . Ih-
nen gebührt heute unser Dank . Es ist aber auch ein Erfolg
der Opposition . Denn ohne die Initiative von 91 Abge-
ordneten von Linken und Grünen mit ihrem Namensan-
trag „Aufarbeitung der Verbrechen in der Colonia Dig-
nidad und Hilfe für die Opfer“ – 18/11805 – hätte sich
innerhalb der Koalition von alleine nichts, aber auch gar
nichts bewegt .
Noch Anfang Februar 2017 verweigerte die Bundes-
regierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der
Linken – 18/11114 – jegliche konkrete Hilfe für die Hun-
derten chilenischen und deutschen Opfer . Und auch im
nun vorliegenden Antrag wird jede eindeutige Zusage für
die Förderung der Aufarbeitungs- und Gedenkarbeit so-
wie einer konkreten finanziellen Hilfe für die Opfer ver-
mieden . Selbst nach der Verhaftung von Sektenchef Paul
Schäfer im Jahr 2005 und den anschließenden Prozessen
und Verurteilungen gegen eine Reihe von Tätern aus der
Führung der Sekte wurde niemals ernsthaft an eine Auf-
lösung und Abwicklung der Sekte gedacht . Stattdessen
leistete die Bundesregierung großzügige finanzielle und
logistische Hilfe, damit die Colonia Dignidad weiterbe-
stehen konnte .
Dass nun, so kurz vor Ende der Wahlperiode, der
Bundestag geschlossen die Bundesregierung auffordert,
mit diesem Umgang Schluss zu machen, ist eine wirk-
lich gute Nachricht für alle Opfer der Colonia Dignidad .
Deutschland muss endlich glaubwürdig Verantwortung
übernehmen . Dazu gehört, allen Opfern, also auch den
chilenischen, die Anerkennung und Unterstützung zu-
kommen lassen, die ihnen zustehen . Es ist längst über-
fällig, dass sich die Bundesrepublik neben einer sozialen
und medizinischen Absicherung der Opfer auch mit viel
mehr Nachdruck und Engagement an der Einrichtung
eines Gedenkortes auf dem Siedlungsgelände, weiteren
erinnerungspolitischen Maßnahmen sowie der umfassen-
den Aufklärung der Verbrechen und der Verfolgung der
Täter beteiligt . Ich erwarte, dass die Bundesregierung
nun, anders als nach dem einmütigen Bundestagsbe-
schluss von 2002, das Votum des Parlaments respektiert
und tatsächlich handelt . Dieses dunkle Kapitel deutscher
Außenpolitik muss endlich aufgearbeitet werden .
Einen leicht faden Beigeschmack hat das Ganze al-
lerdings, weil die Union auch in diesem Fall nicht über
ihren ideologischen Schatten springen konnte und auf-
grund ihrer Ausschließeritis verhinderte, dass die Linke
den fraktionsübergreifenden Antrag mitunterzeichnen
konnte . Dass SPD und Grüne bei diesem solch undemo-
kratischen Verhalten jedes Mal wieder mitspielen, ist fast
noch skandalöser .
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des von den Abgeordneten Dr. Gesine
Lötzsch, Caren Lay, Herbert Behrens, weiteren
Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE ein-
gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än-
derung der Abgabenordnung (Tagesordnungs-
punkt 23)
Uwe Feiler (CDU/CSU): Die Kollegen von der
Linkspartei enttäuschen mich auch bei diesem finanz-
politischen Vorhaben nicht und geben mir zum Ende
der Wahlperiode dankenswerterweise bei diesem Punkt
noch einmal die Gelegenheit, die unterschiedlichen po-
litischen Herangehensweisen in steuerpolitischen Fragen
zu skizzieren .
Ich hatte die Ehre, meine Fraktion in der vergange-
nen Wahlperiode als Mitglied des Finanzausschusses als
zuständiger Berichterstatter für die Abgabenordnung bei
mehreren Gesetzesvorhaben zu vertreten . Alle hatten
zum Ziel, Steuerbetrug aufzudecken, zu bekämpfen und
auch härter zu bestrafen, sei es beim internationalen In-
formationsaustausch in Steuersachen, dem Gesetz zum
Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeich-
nungen, das mir in meiner Arbeitsgruppe den Namen
„Kassen-Feiler“ einbrachte, oder der Reform der strafbe-
freienden Selbstanzeige, mit der wir die Möglichkeit der
Selbstanzeige einschränkten und das Strafmaß empfind-
lich anhoben .
Ja, es gibt findige Unternehmer und Arbeitnehmer, die
sich einbilden, sich auf Kosten der Steuerzahlergemein-
schaft ihrer Verpflichtungen entziehen zu können. Aber
bei allem Verbesserungsbedarf im Einzelfall zeichnet es
unsere deutsche Finanzverwaltung gerade dadurch aus,
dass sie im Steuervollzug sehr effektiv arbeitet. Das ist
vor allem den engagierten Beamtinnen und Beamten in
den Finanzverwaltungen zu verdanken . Wo eine nicht
funktionierende Steuerverwaltung hinführt, können wir
uns nach wie vor in Griechenland ansehen .
Die Linksfraktion leitete jedoch bei jedem der von
mir genannten Gesetzesinitiativen ein Grundmisstrauen
gegenüber allen Unternehmern: Alle Einzelhändler, Ta-
xifahrer und Gastronomen sind potenzielle Steuerhin-
terzieher, Bezieher von Kapitaleinkünften verschieben
ihr Geld ins Ausland und mit dem vorliegenden Gesetz-
entwurf der Linksfraktion wird unterstellt, dass Betriebe
größtenteils falsche Steuererklärungen abgeben, die nur
durch das Instrument der flächendeckenden Betriebsprü-
fung aufgedeckt werden können .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725082
(A) (C)
(B) (D)
Ich sage ganz deutlich: Diesem Zerrbild vermag ich
mich nicht anzuschließen . Der weitaus überwiegende
Teil der Unternehmer zahlt pflichtschuldig seine Steuern.
Gleichwohl bin ich auch nicht naiv und weiß als Fi-
nanzbeamter selbst, wie Einzelne mit teilweise dreistem
Vorgehen den Staat betrügen wollen . Genau dafür haben
wir die Steuerfahndung und eine Betriebsprüfung, die
sich derjenigen annimmt, die meinen, das ein oder ande-
re „vergessen“ zu können und dafür sorgt, dass die Steu-
erehrlichen auf dem richtigen Pfad bleiben .
Doch anstatt alle über einen Kamm zu scheren, wie
es die Linksfraktion mal wieder macht, prüft die Steuer-
verwaltung – übrigens unter voller Billigung der Finanz-
gerichte – schon heute nach risikobasierten Faktoren .
14 000 hochqualifizierte Betriebsprüfer kümmern sich
darum, dem Anspruch gerecht zu werden, den Steu-
ervollzug konsequent auch im gewerblichen Bereich
durchzusetzen .
Bei den großen der über 8 Millionen Unternehmen
in Deutschland ist schon heute die Betriebsprüfung ein
ständiger Gast, da diese übrigens mit Unterstützung der
Bundesbetriebsprüfer anschlussgeprüft sind . Die weite-
ren Unternehmen müssen durchschnittlich alle sieben
Jahre mit dem Besuch der Finanzbehörden rechnen .
Auch hier wird natürlich mithilfe eines Risikomanage-
ments vorgegangen .
Von daher trägt auch nicht die in der Begründung an-
geführte Milchmädchenrechnung, dass durchschnittlich
mit einem Mehrertrag von 130 000 Euro pro Prüfung
zu rechnen sei und sich jeder zusätzliche Betriebsprü-
fer selbst rechne . Die Betrachtung unterschlägt nämlich,
dass bei diesen durchgeführten Prüfungen bereits im
Vorfeld gerade durch ein effektives Risikomanagement
die Auswahl erfolgte und man deshalb keinesfalls darauf
schließen kann, bei jedem geprüften Unternehmen in die-
ser Größenordnung fündig zu werden .
Vollkommen unrealistisch ist auch die Festlegung auf
ein verbindliches Prüfungsintervall von drei Jahren . Die
Betriebsprüfung obliegt den Landesfinanzverwaltungen,
die bei dieser Vorgabe vor nicht zu lösende Personalpro-
bleme gestellt würden und, wie der Antragsteller selbst
einräumt sehr schnell mit finanziellen Forderungen auf
den Bund zukämen . Um alle 8 Millionen Unternehmen
vollständig zu prüfen, müsste die Zahl der Betriebsprüfer
von heute 14 000 auf 190 000 steigen . Mal davon abge-
sehen, dass die Fachhochschulen der Länder über Jahre
Finanzbeamte am laufenden Band ausbilden müssten,
bedarf die Tätigkeit als Betriebsprüfer auch einiger be-
ruflicher Erfahrung.
Ferner sind die Länder schon heute überhaupt nicht
gehindert, derartige Prüfintervalle selbst verbindlich ein-
zuführen, wenn sie es denn wollen und für richtig halten .
Auch das Land Brandenburg, das über einen Finanzmi-
nister der Linkspartei verfügt, hat bislang dieses Vorha-
ben im Land nicht umgesetzt . Dabei könnte es ja schon
heute den Beweis liefern, dass die genannten Mehrerträ-
ge zu erzielen sind .
Von daher bitte ich um Verständnis, dass wir diesem
Gesetzentwurf nicht zustimmen können und unsere Kraft
vielmehr darauf setzen, die Kolleginnen und Kollegen
in den Finanzämtern ihre Arbeit machen zu lassen und
dafür zu sorgen, dass sie über die Instrumente verfügen,
die sie benötigen . Die Länder können aber auch ihren
Anteil leisten, indem sie die personellen und sachlichen
Ressourcen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung
bereitstellen . Dazu bedarf es aber nicht dieses Gesetzes .
Margaret Horb (CDU/CSU): Diese Gesetzesvorlage
ist wie das Wollknäuel, das bei meiner Großmutter frü-
her immer in einer Ecke des Wohnzimmers lag – näm-
lich für die Katz! Sie fordern, für Außenprüfungen ein
Mindestintervall von drei Jahren in der Abgabenordnung
zu verankern, und das für alle Unternehmen im Sinne
des § 193 AO und für alle Steuerpflichtigen im Sinne
des § 147a AO. Das ist vollkommen überflüssig, absolut
weltfremd und zudem eine gewaltige Rolle rückwärts auf
dem weiteren Weg in einen zeitgemäßen, effektiven und
effizienten Steuervollzug.
Wenn Sie sich schon mit einem Bundesrechnungs-
hofbericht aus dem Jahr 2006 beschäftigen, dann hätten
Sie klugerweise auch noch den Bericht des Bundesrech-
nungshofes aus dem Vorjahr in Ihr Grundlagenstudium
einbeziehen sollen. Denn darin empfiehlt der Bundes-
rechnungshof ganz eindeutig, die Digitalisierung im
Steuervollzug voranzutreiben (Stichwort: vollelektroni-
sches Veranlagungsverfahren auf Basis bundesweit kom-
patibler Steuersoftware) und die Konzentration der Bear-
beiter auf die Überprüfung risikobehafteter Fälle sowie
die Aufdeckung bislang unbekannter Fälle .
Und genau das haben wir in zahlreichen Gesetzen
bereits getan . Mit dem 2016 verabschiedeten Gesetz zur
Modernisierung des Besteuerungsverfahrens haben wir
beispielsweise durch die Verankerung des Risikoma-
nagementsystems in der Abgabenordnung den Weg der
Steuergerechtigkeit mit Effizienz und Effektivität ge-
stärkt .
Ich verweise auf zahlreiche koalitionsübergreifen-
de Berichterstattergespräche des Finanzausschusses zu
den Berichten des Bundesrechnungshofs unter meiner
Leitung . In diesen Fachgesprächen mit dem Bundes-
rechnungshof, den Vertretern der Bundesländer und dem
Bundesfinanzministerium wurde von Ihrer Seite nicht
ein einziges Mal die Forderung nach einem Mindestprü-
fungsintervall eingebracht .
Bereits heute wird jede einzelne in den Finanzämtern
eingehende Steuererklärung durch ein IT-basiertes Risi-
komanagementsystem geprüft, anhand objektiver Krite-
rien bewertet, sofern notwendig, da risikobehaftet, aus-
gesteuert und einer weiteren manuellen Intensivprüfung
unterzogen . Auch der Betriebsprüfer erhält schwerpunkt-
mäßig prüfungsbedürftige sowie risikobehaftete Fälle .
Zudem scheint Ihnen das Instrument der Anschluss-
prüfung nicht bekannt zu sein . Dieser Einsatz von mo-
derner Technologie, risikobasierter Auswertung und die
Symbiose von menschlichem Know-how ist unser Weg
eines gerechten Steuervollzugs mit der Gewährleistung
der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Das ist effizientes
Vorgehen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25083
(A) (C)
(B) (D)
Daher verwundert mich ihr Gesetzesantrag, liebe Kol-
legen der Linken, doch sehr . Denn er blendet nicht nur
die Realität aus, er verschließt sich zudem einem moder-
nen Steuervollzug .
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion
Die Linke, wollen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung
mittels durchgehender Betriebsprüfungen erreichen . Sie
schauen sich somit im sprichwörtlichen Heuhaufen jeden
einzelnen Grashalm an, ob er nicht doch eine Nadel ist .
Aber das ist überhaupt nicht nötig! In Zeiten der Digi-
talisierung funktionieren moderne Steuer-IT-Programme
wie Magnete, die schnell und effektiv die Nadel finden.
Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion setzen bei
der Betriebsprüfung auf Risikomanagement und moder-
ne IT, und nicht wie Sie auf einen steuerlichen Überwa-
chungsstaat .
Liebe Linke, Sie gehen davon aus, dass mehr Außen-
prüfungen automatisch zu höheren Steuereinnahmen
führen . Aber das ist eine Illusion . Ein Anruf bei Ihrem
linken Parteikollegen und thüringischen Ministerpräsi-
denten hätte uns vielleicht auch diesen Antrag erspart .
Denn im Jahr 2016 beispielsweise hat Thüringen mit
mehr Betriebsprüfern ganze 17,5 Millionen Euro Steuer-
einnahmen weniger bei Betriebsprüfungen erzielt als im
Jahr davor . Weniger, nicht mehr! Aber das passt ja nicht
in Ihre Argumentation .
Ihre Forderung, alle Unternehmen in Deutschland
kontinuierlich einer Betriebsprüfung zu unterziehen, be-
trifft nicht nur mittelständische Betriebe und internatio-
nal agierende Holdings, die mit ihren hauseigenen Steu-
erabteilungen oft gut dafür eingerichtet sind, sondern es
bedeutet auch, dass jeder Rentner, der mit einer Photo-
voltaikanlage auf seinem Haus gewerbliche Einkünfte
erzielt, jede selbständige Hebamme, jeder Physiothera-
peut, jeder pensionierte Lehrer, der Nachhilfeunterricht
gibt, jeder Nebenerwerbslandwirt, der Streuobstwiesen
pflegt und die Früchte auf dem Markt verkauft, mindes-
tens einmal alle drei Jahre geprüft wird . Dass Betriebs-
prüfungen erforderlich und notwendig sind, bestreitet
niemand. Dass aber häufigere Betriebsprüfungen nicht
automatisch zu einem steuerlichen Mehrergebnis führen,
sieht man am Beispiel Thüringen . Ob Sie es glauben oder
nicht – es gibt auch bei Betriebsprüfungen Steuerrücker-
stattungen . Ich empfehle Ihnen hierzu das Studium des
§ 85 AO . Und wenn Sie die „Bibel des Steuerrechts“
schon einmal in der Hand haben, schlagen Sie gleich
noch § 233a AO auf!
Abschließend möchte ich explizit darauf hinweisen,
dass die Zuständigkeit für den Steuervollzug bei den
Ländern liegt .
Ihnen scheint völlig unbekannt zu sein, dass Nach-
wuchsprobleme und Überalterung schon jetzt Herausfor-
derungen sind, denen sich die Länder stellen müssen . Ist
Ihnen bewusst, dass eine Ausbildung vom Finanzanwär-
ter zum Betriebsprüfer vier Jahre dauert?
Zurzeit haben wir bei rund 8 Millionen Unternehmen
in Deutschland circa 14 000 Betriebsprüfer . Die Umset-
zung Ihres Antrages aber würde bedeuten, dass wir rund
190 000 Prüfer bräuchten, um das von Ihnen geforderte
Mindestprüfungsintervall zu halten . Von einem Tag auf
den anderen müsste die Finanzverwaltung um die Anzahl
der Einwohner von Heidelberg anwachsen . Absolut rea-
litätsfern!
„Die Seele jeder Ordnung ist ein großer Papierkorb“,
wusste Kurt Tucholsky – und genau dort gehört dieser
Gesetzentwurf hin!
Ingrid Arndt-Brauer (SPD): Ein funktionierender
Steuervollzug ist ein wichtiger Beitrag zur Steuerge-
rechtigkeit . Nur wenn die Steuerverwaltungen, also vor
allem die Finanzämter in den Ländern, effektiv und ef-
fizient arbeiten, ist sichergestellt, dass die Steuergesetze
in Deutschland einheitlich angewendet werden und Steu-
erhinterziehung wirksam bekämpft wird . Der Gesetzent-
wurf der Linken geht daher in die richtige Richtung . Gut
gemeint ist jedoch nicht immer gut gemacht:
Deutschland ist ein föderal organisierter Staat mit kla-
rer Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern . Die
Gründungsväter und -mütter unserer Republik haben
das – aus guten Gründen – in das Grundgesetz geschrie-
ben . Die in regelmäßigen Abständen zu vernehmende
Kritik am Föderalismus sollte nicht darüber hinwegtäu-
schen, dass eine Bundesregierung diese Kompetenzver-
teilung akzeptieren muss . Änderungen können nur ge-
meinsam mit den Ländern erfolgen . Das gilt auch bei der
Durchsetzung des Steuerrechts .
In Ihrem Gesetzesantrag fordern Sie anstatt der gegen-
wärtigen sieben Jahre ein Mindestprüfungsintervall von
drei Jahren in der Abgabenordnung für Steuerpflichtige
mit besonderem Einkommen, also beispielsweise Selb-
ständige und solche mit Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung oder Kapitalvermögen .
Es ist klar, dass intensivere Kontrollen zu Mehrkos-
ten beim Personal in den Steuerverwaltungen der Länder
führen . Es werden deutlich mehr Betriebs- und Außen-
prüfer benötigt, die dauerhaft finanziert werden müssen.
Ihrer eigenen Einschätzung, dass diese Mehrkosten
durch Mehreinnahmen ausgeglichen werden, trauen Sie
offenbar selbst nicht. Ich zitiere aus der Gesetzesbegrün-
dung:
Es ist jedoch davon auszugehen, dass bei einem
nennenswerten Mehrbedarf an Betriebsprüfern in-
folge der Festschreibung des Betriebsprüfungstur-
nus Forderungen nach einer finanziellen Beteili-
gung des Bundes an den Personalmehrkosten von
den Ländern erhoben werden würden . Dies hat ggf .
der Haushaltsgesetzgeber sicherzustellen bzw . wäre
Gegenstand von Bund-Länder-Verhandlungen .
Die Erfahrungen, die auch Sie bei der vor wenigen
Wochen verabschiedeten Neuordnung der Bund-Län-
der-Finanzen gemacht haben, müssten Ihnen eigentlich
Anlass zum Nachdenken geben . Sie wissen, wie viel
Anstrengungen nötig waren, um ein erweitertes Wei-
sungsrecht für den Bund beim IT-Einsatz in der Steuer-
verwaltung und ein stärkeres fachliches Weisungsrecht
gesetzlich zu verankern .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725084
(A) (C)
(B) (D)
Daher ist es mir absolut schleierhaft, woher Sie den
Optimismus nehmen, dass der von Ihnen beabsichtigte
Eingriff in die hoheitliche Länderaufgabe des Steuer-
vollzugs erfolgreich verhandelt werden könnte . Ich kann
mir nicht vorstellen, dass der Bund derzeit über den
Bund-Länder-Finanzausgleich hinaus bereit ist, mehr
Geld bereitzustellen . Ebenso ist zu nicht erwarten, dass
sich die Länder in die Steuerverwaltung hineinreden las-
sen .
Wie meine Partei wünsche ich mir eine stärkere Rolle
des Bundes bei der Erhebung der Steuern . Aber mit der
Brechstange kommen wir da nicht vorwärts . Wie Sie wis-
sen, befindet sich die Bundesregierung in ständigem Di-
alog mit den Ländern . In dieser Wahlperiode haben zwei
fraktionsübergreifende Gespräche mit Ländervertretern
zum Steuervollzug stattgefunden . Dort wurde über eine
Vereinheitlichung der Software, Stichwort KONSENS,
und über Zielvereinbarungen gesprochen .
Der Erfolg von Steuerprüfungen hängt nicht nur von
der Zahl von Prüfern bzw . Prüfungen ab, sondern von
den Methoden, sprich: dem Risikomanagement .
Wir haben die Möglichkeit, zwischen Bund und Län-
dern individuell Steuervollzugsziele zu vereinbaren, die
dem Zielkonflikt, nämlich fachliche Anforderungen ver-
sus begrenzte personelle Ressourcen, Rechnung tragen .
Ergänzend sind ein gemeinsam abgestimmtes Kenn-
zahlensystem und ein Berichtswesen zur regelmäßigen
Zielüberprüfung für ein Bund-Länder-Verwaltungscont-
rolling im Bereich der Steuerverwaltung gesetzlich fest-
geschrieben worden .
In unserem aktuellen Regierungsprogramm bekennen
wir uns als SPD zu einem gerechten Steuervollzug – von
der Steuererhebung bis zur Steuerprüfung . Wir wollen,
dass alle Bundesländer ihre Steuerverwaltungen, Steuer-
fahndungen und Betriebsprüfungen personell vernünftig
aufstellen, um ihren gesetzlichen Auftrag effektiv wahr-
nehmen zu können .
Im Interesse der ehrlichen Steuerzahler und -zahlerin-
nen gilt es Steuerbetrug, Steuervermeidung und Geldwä-
sche hart zu bekämpfen . Wir sind aber gut beraten, für
die Erreichung dieser wichtigen Ziele unsere vorhande-
nen Instrumente klug zu nutzen und gemeinsam mit den
Ländern geeignete Lösungen zu finden.
Im Föderalismus ist der Fortschritt oft eine Schnecke .
Ungeduld hilft uns aber nicht weiter . Ihr Gesetzentwurf
schießt leider über das Ziel hinaus . Die Chancen für die
Umsetzung sind gleich Null . Ich empfehle daher, Ihren
Antrag abzulehnen!
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Die SPD möch-
te einen Gerechtigkeitswahlkampf führen. Das finde ich
gut . Da gibt es sehr viele Baustellen in unserem Land,
Baustellen, um die sich in dieser Legislaturperiode die
Bundesregierung nicht gekümmert hat .
Ich nenne das Stichwort Steuergerechtigkeit . Hier ha-
ben Bundesregierungen in den vergangenen 20 Jahren
komplett versagt . Das Deutsche Institut für Wirtschafts-
forschung (DIW) stellt fest, dass seit 1999 das reale
verfügbare Einkommen der 40 Prozent, die am unteren
Ende der Einkommenspyramide stehen, zurückgegangen
ist . Für die obersten 10 Prozent stiegen die Einkommen
um knapp 27 Prozent . Analysen des neoliberalen Wirt-
schaftsforums, das sich jährlich in Davos trifft, stellte
fest, dass es der Bundesregierung nicht gelingt, Wachs-
tum und Gerechtigkeit zu verbinden . Bei Steuern und
Sozialabgaben, einem für Zusammenhalt und Chancen-
gleichheit in der Gesellschaft ganz entscheidenden Feld,
kommt die BRD nur auf Platz 27 von 30 untersuchten
Staaten .
Immer wieder hören wir Klagen von Millionären, die
ihrer Meinung nach zu viel Steuern zahlen . Worüber nur
selten gesprochen wird, ist die Tatsache, dass kaum ein
Millionär wirklich die Steuern zahlt, die er zahlen müss-
te .
Einkunftsmillionäre werden nur selten von den Fi-
nanzämtern geprüft, ob sie auch wirklich ihrer Steuer-
pflicht nachkommen. Sie tun es in der Regel nicht.
Die Zahl der Einkommensmillionäre nimmt seit Jah-
ren zu . Das belegt das Statistische Bundesamt . Gleichzei-
tig nehmen die Prüfungen von Einkunftsmillionären ab .
Es gibt einen regelrechten Wettbewerb unter den Bun-
desländern, wer seine Millionäre besonders selten prüft .
Gab es 2010 noch 1 838 Prüfungen, sank die Zahl 2014
auf 1 391 Prüfungen . Bereits 2006 hat der Bundesrech-
nungshof festgestellt, dass Einkunftsmillionäre in eini-
gen Bundesländern nur alle 30 Jahre geprüft werden . Da-
bei erbringt eine Prüfung im Durchschnitt 225 000 Euro .
2014 gab es bei 1 391 Außenprüfungen nur 281 Prü-
fungen (20,2 Prozent) ohne Beanstandungen . Es mussten
313 Millionen Euro Mehrsteuern nachgezahlt werden .
Das sind beeindruckende Erfolge der Steuerbehörden .
Wenn man bedenkt, dass jährlich nur 11 bis 16 Pro-
zent der Einkunftsmillionäre geprüft werden, dann kann
man sich vorstellen, wie viel Geld der Gesellschaft an
Steuern vorenthalten wird .
Doch mehr Erfolg wollen die Landesregierungen, die
besonders viele Millionäre beherbergen, nicht .
Ich habe vorgeschlagen, die Prüfquote zu erhöhen .
Der Bundesfinanzminister zeigte wenig Interesse an dem
Problem und verwies auf die Zuständigkeit der Bundes-
länder . Dass die Bundesregierung hier tatenlos zusieht,
wie Steuereinnahmen vorenthalten werden, zeigt, dass
sie sich offensichtlich als Vermögensverwalter einer klei-
nen Schicht von Millionären versteht .
Ein von mir in Auftrag gegebenes Gutachten der Wis-
senschaftlichen Dienste des Bundestages hat geklärt,
dass der Bundesfinanzminister sehr wohl die Prüfquote
über die Abgabenordung festlegen kann . In unserem vor-
liegenden Antrag fordert meine Fraktion eine verbindli-
che Quote . Mindestens alle drei Jahre sollen danach Ein-
kunftsmillionäre geprüft werden .
Wer also mehr Gerechtigkeit will, in diesem Fall mehr
Steuergerechtigkeit, der muss unserem Antrag heute zu-
stimmen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25085
(A) (C)
(B) (D)
Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was wis-
sen wir über die Einkommensmillionäre und deren Steu-
ermoral in diesem Land? Herzlich wenig . Das bisschen,
das wir wissen, kommt meistens aus der Zeitung, wenn
wieder ein Skandal durch die Republik geistert . Dank
Statistischem Bundesamt wissen wir seit gestern, dass es
17 400 im Jahr 2013 waren und dass ihr durchschnittli-
ches Jahreseinkommen bei 2,6 Millionen Euro lag . Die
allermeisten sind sehr wahrscheinlich ehrliche Steuer-
zahler; aber es gibt, wie wir wissen, auch immer wieder
eine erschreckende Zahl von schwarzen Scharfen unter
ihnen .
Gleichzeitig gehen seit Jahren die Prüfquoten insbe-
sondere bei den sogenannten besonderen Einkommen
zurück . Während es 2010 noch rund 1 800 Prüfungen ge-
wesen waren, waren es 2014 nur noch etwa 1 400 . Durch
die geringen Prüfquoten entgehen dem Staat Millionen
an Steuereinnahmen, die wir dringend für Zukunftsin-
vestitionen in Schulen, bezahlbaren Wohnraum und die
digitale Infrastruktur brauchen könnten .
Es ist auch unter dem Gesichtspunkt der Steuergerech-
tigkeit nicht hinnehmbar, dass sich Einzelne über kom-
plizierte Steuerschlupflöcher ihrer Steuerverantwortung
entziehen und, dass es keine Nachprüfungen gibt . Gerade
bei Konzernen und Einzelpersonen mit hohen Einkom-
men, denen ganz andere finanzielle und personelle Mög-
lichkeiten zur Steuergestaltung zur Verfügung stehen,
müssen wir ganz genau hinschauen .
Wir Grüne kritisieren seit Jahren, dass der Bund kei-
ne verbindlichen, wirksamen Prüfungsquoten in die
Zielvereinbarungen mit den Ländern aufgenommen hat .
Wir finden aber für kleine oder Kleinstunternehmen
würde ein Prüfungsintervall von fünf bis sieben Jahren
genügen . Außerdem fordern wir Grüne seit Jahren, eine
Spezialeinheit auf Bundesebene auf Augenhöhe mit den
Konzernen mit Zuständigkeit sowohl für die Veranla-
gung als auch für die Prüfung zu schaffen. So eine Steu-
ereinheit wäre eine zielgerichtete und effektive Variante,
um Steuerbetrug zu stoppen. Deshalb finden wir die Idee,
Einkommensmillionäre und Unternehmen regelmäßig zu
überprüfen, prinzipiell richtig .
Die Linke schlägt dafür jetzt eine Mindestintervall-
prüfung von drei Jahren vor – und das für alle Unterneh-
men . Ich befürchte aber, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Linken, damit schießen Sie über das Ziel hinaus .
Denn der Vorschlag, 3,7 Millionen Unternehmen regel-
mäßig zu prüfen, ist schlicht nicht realistisch . Die Um-
setzung wäre mit einem erheblichen personellen Mehr-
aufwand für die Finanzämter verbunden . Ihr Vorschlag
liefert keinen Anhaltspunkt, wie dies alles kurzfristig
umgesetzt werden soll . Auch vor diesem Hintergrund
scheint ein sofortiges Inkrafttreten, wie gefordert, nicht
möglich . Grundsätzlich unterstützen wir die Idee einer
Festschreibung von Mindestprüfintervallen in der Abga-
benordnung aber ausdrücklich .
Es ist kein Zufall, dass in der Zeit unter Schwarz-Gelb
besonders wenig geprüft wurde und sich seitdem auch
nicht viel getan hat . Der Prüfungsrückgang hat mit der
Verschonungs- und Klientelpolitik der Regierung in den
letzten Jahren zu tun . Denn Vorschläge, den Steuervoll-
zug zu verbessern, gibt es reichlich; allein der politische
Wille fehlte in der letzten Zeit . Das muss sich ändern .
Wir teilen Ihr Ziel, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Linken . Aber da wir das Prüfungsintervall von
drei Jahren für alle für unverhältnismäßig halten, werden
wir uns heute enthalten . Lassen Sie uns das Thema mit
zielgerichteten Prüfintervallen in der nächsten Legislatur
aber gerne weiter diskutieren .
Anlage 9
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des von der Bundesregierung einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung
von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Ju-
gendstärkungsgesetz – KJSG) (Tagesordnungs-
punkt 25)
Christina Schwarzer (CDU/CSU): Morgen endet die
voraussichtlich letzte Sitzungswoche dieser Legislatur .
Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz beschließen
wir heute eines der letzten Gesetze, über die wir in dieser
Periode verhandelt haben . Und ich muss auch sagen: Der
Weg, wie es zu dieser Entscheidung kam, war einer der
denkwürdigsten, die ich in meiner ersten Legislatur hier
im Haus erlebt habe .
Zum Verfahren und zur Erarbeitung des Gesetzes hat
es massenhaft Kritik gegeben, die ich in vielen Punk-
ten teile . Ich hatte das in meiner Rede zur Einbringung
des Entwurfs vor ein paar Wochen schon gesagt: Es gibt
kaum ein Thema, das so sehr von der Mitarbeit und der
Expertise derer abhängt, die tagtäglich an der Basis ar-
beiten, wie die Kinder- und Jugendhilfe . Man muss sehr
genau hinschauen . Einfache, pauschale Lösungen gibt
es nicht . Die Arbeit an der Basis ist höchst individuell .
Ohne die umfassende Expertise dort ist keine große Re-
form zu machen; davon bin ich überzeugt .
Entsprechend intensiv haben wir den Gesetzentwurf
geprüft, der schließlich das Parlament erreicht hat . Und
natürlich haben wir mit den Experten gesprochen, nicht
zuletzt im Rahmen der Anhörung im Ausschuss . Von un-
serer Fraktion, aber auch von den Fachleuten gab es zu
einigen Punkten Kritik .
Beispiel Pflegekinderwesen: Von Anfang an haben
wir gesagt, dass wir beim Kinder- und Jugendstärkungs-
gesetz keine halbgaren Lösungen im Eilverfahren ab-
stimmen werden . Die Opposition hat am Mittwoch im
Ausschuss betont, dass sie die Regelungen zu den Pfle-
gekindern im Wesentlichen für gut und richtig hält . Die
Experten in der Anhörung – übrigens nahezu alle – sahen
das ganz anders . Besonders die frühzeitige Perspektiv-
klärung stieß auf massive Kritik . Das teilen wir . Daher
ist es nur folgerichtig, dass wir die Regelungen zu den
Pflegekindern aus dem Entwurf herausnehmen wollen.
Wir müssen diese Frage umfassend mit der Fachöffent-
lichkeit diskutieren, in einem angemessenen Verfahren
mit umfassender Beteiligung . Dabei muss es auch um die
Arbeit mit den Herkunftseltern gehen, die wir dringend
stärken sollten .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725086
(A) (C)
(B) (D)
Also ja: Einige Punkte am Gesetzentwurf von März
sind zu kritisieren . Dennoch wäre es falsch, die guten
und richtigen Dinge, die der Entwurf eben auch bein-
haltet, nicht umzusetzen . Als Beispiele seien die Heim-
aufsicht, die unabhängigen Ombudsstellen sowie der
bessere Schutz von Frauen und Kindern in Flüchtlings-
unterkünften genannt .
Ich möchte hier noch auf zwei Punkte hinweisen, die
mir persönlich besonders am Herzen liegen: Wir schla-
gen unter anderem eine bessere Kooperation der Heilbe-
rufe mit dem Jugendamt vor . Man muss mit dieser Frage
sensibel umgehen . Kinderärzte sind in erster Linie An-
sprechpartner der Eltern . Sie sind vor allem zuständig für
die Kindergesundheit . Sie sind aber auch Vertrauensper-
sonen . Da ist es gut, dass Eltern sich auch mit kleineren
und größeren Erziehungsproblemen an die Ärzte wenden
und um Unterstützung bitten . Dieses Vertrauensverhält-
nis muss bestehen bleiben .
Bei Fragen, die das Kindeswohl oder den Kinder-
schutz betreffen, kennen wir allerdings Fälle, in denen
eine bessere Kommunikation zwischen Kinderarzt und
Jugendamt Schlimmes hätte verhindern können, ja sogar
Kinderleben hätten retten können . Daher ist es richtig
und wichtig, hier bessere Kommunikation zu ermögli-
chen . Die Jugendämter müssen damit allerdings sehr be-
hutsam umgehen .
Mein zweites Herzensanliegen: Sie wissen ja, dass ich
mich sehr um das Thema erweitertes Führungszeugnis
bemüht habe . Gemeinsam mit den Kolleginnen Gudrun
Zollner und Ingrid Pahlmann kämpfe ich seit langem
um eine Entbürokratisierung des Verfahrens . Stichwort:
Nein – Auskunft . Im Gegenzug würden wir gern den
Kreis derer, die in der Kinder- und Jugendarbeit die Aus-
kunft vorlegen müssen, erweitern . Dass wir uns hiermit
bei BMJ und BMFSFJ nicht durchsetzen können, steht
auf einem anderen Blatt .
Ich finde aber, es ist ein guter Schritt, dass wir mit
dem KJSG nun den § 184j StGB mit in den Katalog der
Straftaten aufnehmen, die die Arbeit mit Kindern und Ju-
gendlichen nach § 72a SGB VIII ausschließen . Hier geht
es um die Straftaten aus Gruppen mit eindeutig sexuel-
lem Bezug . Diese Neuregelung ist genau richtig . Wer
solche Straftaten ausübt oder durch sein Verhalten dazu
beiträgt, dass andere sie ausüben können, hat in der Nähe
von Kindern und Jugendlichen nichts zu suchen . Wo wir
das verhindern können, sollten wir es tun . Insofern ist
es umso bedauerlicher, dass wir uns mit dem Vorschlag,
ein Führungszeugnis auch für Vormünder einzufordern,
nicht durchsetzen konnten .
Zum Abschluss dieses parlamentarischen Verfahrens
lässt sich also Folgendes festhalten:
Erstens . Wir haben ein gutes Kinder- und Jugendhil-
fegesetz – heute schon . Nicht nur, dass es dem Thema
nicht angemessen ist, wichtige Punkte im Eilverfahren zu
diskutieren, es ist auch nicht nötig . Wir können uns die
nötige Zeit lassen .
Daher haben wir – zweitens – den Entwurf an vielen
Punkten verbessert . Ich habe dazu schon einiges gesagt .
Drittens . Das Verfahren ist hiermit noch lange nicht
abgeschlossen . Ja, wir wollen heute einige gute Punkte
zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen umsetzen .
Aber damit ist noch lange nicht alles umgesetzt, was wir
in der Kinder- und Jugendhilfe verbessern sollten . Mir
liegt vor allem die umfassendere Arbeit mit den Her-
kunftseltern am Herzen . Dazu ist heute noch wenig gere-
gelt . Der Staat und die Gesellschaft müssen die Familien
unterstützen, in denen die Eltern dieser Fürsorgepflicht
nicht oder nicht ausreichend nachkommen können bzw .
wollen . Dabei geht es zunächst um Arbeit in der Familie .
Eltern zu befähigen, muss an erster Stelle stehen . Dieses
Prinzip, das sich aus unserem Grundgesetz ableitet, müs-
sen wir vor Augen behalten. Auch das Thema Pflege und
Heimerziehung müssen wir in diesem Zusammenhang
noch einmal genauer ansehen .
Das alles sind große Themen . Das geht nicht im Hau-
ruckverfahren in wenigen Wochen vor Ende einer Legis-
latur . Daher wünsche ich mir für die kommende Legisla-
tur ein besseres Verfahren mit umfassender Beteiligung
und Debatte .
Ich würde mich freuen, wenn wir heute zusammen
einen ersten Schritt gehen und gemeinsam die wirklich
guten Änderungen und schließlich auch den geänderten
Gesetzentwurf beschließen .
Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): Mit
dem vor 26 Jahren in Kraft getretenen Gesetz zur Neu-
ordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (KJHG) ist
es den damals Verantwortlichen gelungen, ein sehr gutes
Gesetz zu verabschieden .
Das bestehende KJHG wurde seinerzeit, im Gegensatz
zu dem hier in Rede stehenden Reformentwurf, sehr breit
und umfassend in der Fachöffentlichkeit diskutiert. Nur
so gelang es damals, ein Gesetz auf den Weg zu bringen,
das durchdacht war und von allen mitgetragen wurde .
Nach 26 Jahren ist es unbestritten, dass es in der
Kinder- und Jugendhilfe und im familienrechtlichen
Bereich Verbesserungen bedarf . Die aktuellen Zahlen
von Inobhutnahmen (77 645 im Jahr 2015) und von
Verdachtsfällen hinsichtlich Kindeswohlgefährdungen
(129 000 Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung
des Kindeswohls im Jahr 2015) sind erschreckend hoch .
Die Anzahl an Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung, an
Inobhutnahmen und an langfristigen stationären Unter-
bringungen ist in den letzten Jahren massiv gestiegen .
Es gab schreckliche Fälle, bei denen Kinder durch ihre
Eltern zu Tode kamen, missbraucht oder vernachlässigt
wurden, obwohl die Behörden bereits informiert waren
und die Familien kannten .
Es wurden an uns Politikerinnen und Politiker der
Union aber auch Fälle herangetragen, in denen Kinder
sehr schnell und bei geringfügigen Anlässen aus ihren
Familien genommen wurden . In Berlin wurde mir ein
Fall zugetragen, bei der einer alleinerziehenden Dril-
lingsmutter, die liebevoll mit ihren Kindern und erzie-
hungsfähig war – was auch niemand anzweifelte –, die
Fremdunterbringung ihrer Säuglinge angedroht wurde,
weil das Jugendamt keine Entlastung und Unterstützung
der Mutter beim Einkaufen und Versorgen der Familie
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25087
(A) (C)
(B) (D)
organisieren konnte . Wenn sie sich weiter beklagen und
Unterstützung einfordern würde, wären die Kinder weg,
sagte man ihr .
Vorschnelle Herausnahmen werden nicht nur von be-
troffenen Eltern und Großeltern, sondern auch von Insi-
dern, wie Sozialarbeiterinnen, Gutachterinnen, Anwälten
und Jugendamtsmitarbeitern, hinter vorgehaltener Hand
bestätigt .
Problematisch sind auch die enormen Kostenauf-
wüchse im Bereich der Hilfen zur Erziehung . Innerhalb
von fünf Jahren stiegen diese von 7,5 Milliarden auf
10,2 Milliarden in 2015 .
Dass es eine Reform in der Kinder- und Jugendhilfe
geben muss, ist klar . Entscheidend ist aber, welche . Viele
Probleme ergeben sich aus der Umsetzung der Gesetze
in der Praxis . Dass in den letzten Jahren Kinder getötet
und misshandelt wurden, obwohl die Ämter bereits ein-
geschaltet waren und die Familien kannten, lag nicht an
der Gesetzeslage, sondern an der falschen Anwendung
der Gesetze, auch an der Überforderung und Überlastung
der Zuständigen . In diesen Fällen wären die Behörden
und Gerichte gesetzlich verpflichtet gewesen, die Kinder
aus den katastrophalen Zuständen herauszunehmen bzw .
nicht in diese zu geben .
Kern- und Angelpunkt ist daher die Verbesserung der
Situation in vielen Jugendämtern, angefangen damit,
dass das Jugendamt kein unattraktiver, schlecht bezah-
lender Arbeitgeber sein darf, sondern motivierte, kennt-
nisreiche und erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
braucht . Die Realität sieht aber so aus: Die Jugendämter
in Berlin zum Beispiel haben das Problem, Stellen zu
besetzen, weil die Bezahlung so schlecht ist, dass sich
nur Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger dazu bereit
erklären und diese dann bald wieder wechseln .
Vieles kann nicht vom Bundesgesetzgeber entschie-
den werden . Die Länder und Kommunen müssen dafür
Sorge tragen, dass Mitarbeiter besser bezahlt, Famili-
enrichter und Jugendamtsmitarbeiter besser qualifiziert
werden und – vor allem – deren Arbeitsbelastung redu-
ziert wird .
Auch die Einführung des Kammerprinzips im Famili-
enrecht wäre vor allem Angelegenheit der Länder . Leider
scheuen diese die Kosten . Aber nach Rücksprache mit
Experten würde es einen großen Qualitätssprung in der
familiengerichtlichen Praxis geben, wenn Gerichtsver-
fahren, in denen es um Kindeswohlgefährdung oder Sor-
gerecht geht und damit um Eingriffe in die Grundrechte,
von drei Richtern einer Kammer statt von Einzelrichtern
geführt werden, so wie es jetzt bereits bei Verfahren, die
einen hohen Streitwert haben, der Fall ist .
Auch wenn viele Änderungsnotwendigkeiten in der
Verantwortung der Länder liegen, müssen einzelne Re-
gelungsbereiche im SGB VIII überarbeitet werden . Ge-
rade weil die Problemlage aber so vielfältig ist und es
mit dem Ziel, die Kinder- und Jugendhilfe und das Fami-
lienrecht zielgenau zu verbessern, so viele „Baustellen“
gibt, hatten wir im Koalitionsvertrag vereinbart, die Kin-
der- und Jugendhilfe auf einer fundierten empirischen
Grundlage und in einem sorgfältig strukturierten Prozess
weiterzuentwickeln . Genau daran mangelte es aber in
dem Gesetzgebungsverfahren zu dem hier vorgelegten
Gesetzentwurf in weiten Teilen . Bei dem vom Bundes-
familienministerium durchgezogenen Hauruckverfahren
wurde weder den Fachleuten, den Verbänden und Län-
dern Gelegenheit gegeben, die geplanten Regelungen
ausreichend zu bewerten, noch wurden die Parlamentari-
er frühzeitig und angemessen einbezogen . Das übereilte
und intransparente Verfahren des Bundesfamilienminis-
teriums zum KJSG wurde auch von den Sachverständi-
gen in der öffentlichen Anhörung im Familienausschuss
am 19 . Juni 2017 massiv kritisiert .
Die Kinder- und Jugendhilfe ist das Königsthema der
Familienpolitik. Eingriffe und Veränderungen betreffen
direkt die Lebenssituation von Kindern und ihren Eltern
und greifen tief in deren Grundrechte ein . Gerade des-
wegen müssen Änderungen im Rahmen eines sorgfältig
strukturierten Prozesses und auf Basis einer fundierten
empirischen Grundlage erfolgen .
Eine schnelle Verabschiedung des gesamten Gesetzes
war daher für CDU und CSU nicht machbar . Schnell-
schüsse im Kinder- und Jugendhilferecht sind unverant-
wortlich und gehen mit uns als Union nicht .
Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz wird von uns
daher nur in den Teilen mitgetragen, die in der Fachwelt
weitgehend positiv gesehen werden . Das sind: die en-
gere Kooperation zwischen Ärzten und Jugendamt bei
Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, die verbesserte
Heimaufsicht, die Einrichtung von unabhängigen Om-
budsstellen und die Einrichtung von Schutzkonzepten
für Flüchtlingsunterkünfte gegen Gewalt und sexuellen
Missbrauch von Frauen und Kindern .
Andere Regelungsbereiche des vom Bundesfamilien-
ministerium vorgelegten Gesetzentwurfs waren hingegen
inhaltlich so umstritten und die Folgen so unabsehbar,
dass wir sie nicht verabschieden konnten .
So wurde auf Drängen der Union der gesamte Kom-
plex zu Heim‑ und Pflegekindern herausgenommen, da
dieser Teil des Gesetzentwurfes zu einseitig angelegt
war . Die Perspektive der Herkunftseltern war unzurei-
chend berücksichtigt .
Der Gesetzentwurf des Bundesfamilienministeriums
hatte vor allem die Untergruppe derjenigen Kinder im
Blick, deren Herkunftseltern die Kinder misshandelten,
missbrauchten oder massiv vernachlässigten . Bei dieser
Art der Kindeswohlgefährdungen sind gerichtliche Ver-
bleibensanordnungen in der Pflegefamilie oder Heim
richtig, aber jetzt schon möglich . Die Gesetzesänderung
hätte diese Anordnung des dauerhaften Verbleibs bei den
Pflegeeltern weiter erleichtert. Das wäre auch seitens der
Union der richtige Ansatz gewesen .
Aber der Gesetzentwurf hätte eben nicht nur für die-
se Gruppe der schwer misshandelten Kinder gegolten,
sondern auch für solche Fälle, die viel weniger eindeutig
sind und daher nicht schnell entschieden werden können,
sondern eine genaue Betrachtung der individuellen Situ-
ation und der Bedürfnisse des Kindes brauchen .
Der Gesetzentwurf in seiner ursprünglichen Fassung
sah – statt einer Beobachtung von Entwicklungen und
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725088
(A) (C)
(B) (D)
Verläufen – bei jeder Fremdunterbringung eines Kindes
eine Perspektivklärung bereits zum Anfang einer Maß-
nahme vor . Bei dieser Perspektivklärung sollte festgelegt
werden, ob das Kind befristet oder auf Dauer fremdun-
tergebracht wird . Eine Abänderung soll dann nur noch
unter besonderen Umständen möglich sein . Damit soll-
te nicht lange nach der Herausnahme des Kindes, also
zum Höhepunkt einer Krise, eine kaum abzuändernde
Entscheidung getroffen werden, die in der Regel zu die-
sem Zeitpunkt noch gar nicht zu treffen ist. Noch proble-
matischer war, dass die prognostische Einschätzung der
Entwicklung des Kindes und des Familiensystems von
Mitarbeitern des Jugendamtes und nicht im Rahmen ei-
ner ausführlichen psychologischen Begutachtung vorge-
nommen werden sollte . Ein Ansinnen, das im Strafrecht
undenkbar wäre .
Kinder werden auch aus anderen Gründen als Miss-
handlung und Verwahrlosung fremduntergebracht . Im-
merhin willigen 68 Prozent der leiblichen Eltern frei-
willig in die Fremdunterbringung ihrer Kinder ein oder
suchen von sich aus Hilfe . Nicht alle Herkunftseltern
misshandeln und vernachlässigen ihre Kinder, nicht alle
sind vollständig erziehungsunfähig . Es gibt Herkunfts-
eltern, die liebevoll sind, aber aufgrund einer Krankheit
ausfallen oder in einer vorübergehenden Lebenskrise ste-
cken .
In der Praxis bekommen aber heute schon in vielen
Fällen auch solche Eltern, die wieder erziehungsfähig
sind, ihr Kind nicht mehr zurück . Die hohe Anzahl an
Fremdunterbringungen und die sehr niedrigen Rück-
kehrraten von circa 5 Prozent sind nicht allein damit zu
erklären, dass Eltern in Deutschland immer weniger er-
ziehungsfähig sind . Die Entscheidung für die dauerhaf-
te Fremdunterbringung ist bei realistischer Betrachtung
der risikoärmere, einfachere und ressourcenschonendere
Weg für die Behörde . Insofern wäre es unverantwort-
lich – wie es dieser Teil der SGB-VIII-Reform seitens
des Bundesministeriums vorsah –, die bereits jetzt zu be-
obachtende Neigung von Behörden, ein Kind auf Dauer
fremdunterzubringen, obwohl mithilfe von Elternarbeit
eine Rückführung möglich wäre, weiter zu befördern .
Darüber hinaus war der gesetzgeberische Handlungs-
bedarf zu den Pflegekindern im Bürgerlichen Gesetzbuch
nicht erkennbar . Zum einen gibt es bereits die rechtliche
Möglichkeit, einen dauerhaften Verbleib des Kindes in
der Pflegefamilie gerichtlich anzuordnen, wenn das Wohl
des Kindes bei der Rückführung zu den Eltern gefährdet
wäre . Zum anderen verbietet sich schablonenhaftes Den-
ken im Kinderschutz . Es kommt im Familienrecht immer
auf den Einzelfall an . Familiengerichte müssen prüfen,
was für das jeweilige Kind in der jeweiligen Situation
und in der jeweiligen Beziehungsstruktur das Beste ist .
Wenn laut ursprünglichem Gesetzentwurf dagegen vor
allem Formeln wie „Kontinuität“ und „Stabilität“ darüber
entscheiden sollten, ob ein Kind weiter im Heim oder in
der Pflegefamilie untergebracht wird, auch wenn Eltern
wieder erziehungsfähig sind, wird das der Vielschichtig-
keit der Bedürfnisse und Umstände nicht gerecht .
Kontinuität und Stabilität sind für Kinder zwar wich-
tig, aber nicht die zentralen Kriterien des Kindeswohls .
Insbesondere darf nicht unkritisch angenommen wer-
den, dass in Pflegefamilien oder in Heimen die Bezie-
hungen immer stabil sind . Auch dort gibt es Bezugs-
personenwechsel, Trennungen, Umzüge, Schulwechsel,
Vereinswechsel und neue Freundschaften oder (Pflege‑)
Geschwister. Es gibt auch Kinder, die mit ihren Pflege-
eltern nicht zurechtkommen, und Pflegeeltern, die keine
gute Bindung aufbauen . Die Deutsche Gesellschaft für
Systemische Therapie schreibt in ihrer Stellungnahme:
Auch Pflegeeltern können aus unterschiedlichen
Gründen, die in dem Bedarf des Kindes oder der
eigenen Familiensituation liegen, an ihre Grenzen
kommen, sodass Pflegeverhältnisse nicht fortgesetzt
werden können und Kinder in mehreren Pflegefami-
lien und Heimen leben müssen .
Viele Pflegeeltern machen einen tollen Job und haben
meine aufrichtige Bewunderung für diese wertvolle Ar-
beit mit oft sehr schwierigen Kindern . Die besonderen
Herausforderungen, auch die Herkunftseltern als Teil des
Familiensystems des Kindes mit einzubeziehen, meis-
tern viele Pflegeeltern hervorragend. Im Unterschied zu
Adoptionen haben aber Kinder in Pflegefamilien immer
zwei Familien . Die Sachverständigen des Bundestages
haben betont, dass es für eine gesunde Entwicklung
wichtig ist, keine Seite zu verdrängen, sondern – soweit
möglich – im Interesse des Kindes das ganze System zu
sehen .
Der Gesetzentwurf in der Fassung des Bundesfami-
lienministeriums hätte in der Praxis dazu geführt, dass
Herkunftseltern kaum noch eine realistische Chance ge-
habt hätten, ihre fremduntergebrachten Kinder wieder
zurückzubekommen, auch dann nicht, wenn die Eltern
wieder erziehungsfähig geworden wären . Aus diesen
Gründen konnten wir diese einseitige Reform des Pflege-
kinderwesens nicht einfach durch das parlamentarische
Verfahren durchwinken .
Wir haben uns auch gegen weitere Inhalte des Kin-
der- und Jugendstärkungsgesetzes gesperrt, die nicht
ausreichend diskutiert waren . Ich werde hier nicht alle
aufzählen können, da es zu viele sind . Angepackt haben
wir die Verbesserung der Heimaufsicht, damit Zustände
wie in der Haasenburg und im Friesenhof zukünftig nicht
mehr vorkommen .
In Bezug auf die Regelungen der offenen Jugend-
arbeit konnten wir uns durchsetzen . Der Paragraf zu
Einrichtungen der offenen Jugendarbeit wurde nun auf
unser Drängen hin gestrichen, weil er unverhältnismä-
ßige bürokratische Auflagen vorsah, die die offene Ju-
gendarbeit erdrückt hätte . Dazu gehörten beispielswei-
se Meldepflichten über die Betriebsaufnahme oder eine
Änderung des Konzepts und die Pflicht, Konzepte zum
Kinderschutz zu entwickeln . Natürlich ist der Schutz von
Kindern und Jugendlichen wichtig . Aber dieser ist für
Träger, bei denen ausschließlich neben- oder ehrenamt-
liches Personal tätig ist und die keine öffentliche Förde-
rung erhalten, auch anders sicherzustellen . Die geplanten
Regelungen waren unangemessen und nicht praxistaug-
lich und hätten ehrenamtliches Engagement erschwert,
selbstorganisierte Jugendarbeit verhindert und so Frei-
räume von jungen Menschen zerstört .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25089
(A) (C)
(B) (D)
Der SPD-Forderung, Heilberufe bei einer Kindes-
wohlgefährdungseinschätzung stärker einzubeziehen,
haben wir uns – trotz Bedenken – angeschlossen, um
zu erreichen, dass die Ärzteschaft zukünftig besser mit
dem Jugendamt kooperiert . Allerdings sollte diese Ge-
setzesänderung in der nächsten Zeit kritisch beobachtet
werden, da die Gegner dieser Gesetzesänderung in nach-
vollziehbarer Weise datenschutzrechtliche Bedenken
vorgebracht haben . Sollte sich herausstellen, dass sich
die Kooperation der Ärzteschaft auch mit dieser Novel-
le nicht verbessert, müsste dieser Punkt nochmals auf-
gemacht und die datenschutzrechtliche Abwägung neu
geprüft werden .
Zudem konnte die Union erreichen, dass die Rege-
lungen zum Jugendwohnen für junge Menschen, die an
einer schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahme
teilnehmen, unverändert bleiben . Auch dies ist ein Er-
folg für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die mit die-
ser Maßnahme den vielen Jugendlichen und jungen Er-
wachsenen weiterhin eine Perspektive gibt und ihnen die
Möglichkeit bietet, ihre Ausbildung und den Berufsalltag
erfolgreich zu absolvieren .
Die Union konnte leider weitere Forderungen zum
Kinderschutz, zur Stärkung von leiblichen Eltern und zur
Qualitätsverbesserung von Sachverständigengutachten
nicht erreichen .
Unverantwortlich ist, dass die SPD die CDU/
CSU-Forderung ablehnt, auch für Vormünder ein erwei-
tertes Führungszeugnis zum Schutz vor sexuellem Kin-
desmissbrauch zu verlangen . Hier wäre eine Chance ge-
wesen, wirklich etwas für den Kinderschutz zu erreichen .
Unverständlich ist auch die Weigerung der SPD-Bun-
destagsfraktion, einen gesetzlichen Anspruch für leibli-
che Eltern, deren Kinder fremduntergebracht sind, einzu-
führen, indem sie darin unterstützt werden, wieder selbst
erziehungsfähig zu werden . Dieser war im Gesetzent-
wurf der Bundesregierung noch enthalten, wurde aber
auf Druck der SPD gestrichen .
Auch der Vorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfrakti-
on, neben Ombudsstellen auch Anlaufstellen einzurich-
ten, die unabhängig und neutral zur Qualität von fami-
lienrechtlichen Sachverständigengutachten beraten, hat
die SPD-Fraktion aus nicht nachvollziehbaren Gründen
abgelehnt . Die Gelegenheit, den Gesetzentwurf mit die-
sen guten neuen Vorschlägen aufzuwerten, wurden sei-
tens der SPD nicht genutzt .
Gerade vor dem Hintergrund der vielen offenen und
strittigen Punkte müssen wir die Reform der Kinder- und
Jugendhilfe in der nächsten Legislaturperiode in einem
breiten Beteiligungsprozess erneut angehen . Wir fordern
darum, eine Enquete-Kommission „Fortentwicklung der
Kinder- und Jugendhilfe“ beim Deutschen Bundestag
einzurichten, damit die Fachleute einen Gesetzentwurf
in Bezug auf alle strittigen Punkte gründlich vorbereiten
können .
Ich möchte mich in den kommenden vier Jahren für
eine gut abgestimmte Reform der Kinder- und Jugend-
hilfe und des Familienrechts einsetzen, die im Interesse
der Gruppe der belasteten Kinder und der ressourcenar-
men Eltern in dieser Gesellschaft einen wirklichen Un-
terschied zum Besseren macht .
Ulrike Bahr (SPD): Wenn wir hier heute das Kin-
der- und Jugendstärkungsgesetz beschließen, dann ist
uns allen klar: Wir sind noch nicht fertig . Der Diskus-
sionsprozess um die SGB-VIII-Reform wird und muss
weitergehen .
In den letzten drei Jahren habe ich viel Zeit damit ver-
bracht, in Verbänden, im Wahlkreis und in meiner Lan-
desgruppe für die große, die inklusive Lösung zu wer-
ben . Auch wenn wir sie heute nicht beschließen, steht
die inklusive Lösung gleichwohl weiter auf der Agenda .
Nach der Reform ist vor der Reform – und wir haben mit
den neuen Regelungen zur Kindertagesbetreuung einen
wichtigen Fuß in der Tür .
Im Regierungsentwurf hatten mich besonders die
Neuerungen zum Pflegekinderwesen überzeugt: ein An-
spruch auf Beratung für Herkunftseltern, auch wenn die
Kinder dauerhaft in Pflegefamilien untergebracht sind,
mehr Unterstützung für Pflegeeltern und schließlich die
Möglichkeit, Pflegekindern jahrelange Unsicherheit zu
ersparen und den Verbleib in der Pflegefamilie dauerhaft
anzuordnen, wenn eine Rückkehr in die Herkunftsfamilie
sehr unwahrscheinlich geworden ist .
Aber leider ist diese Reform an der kategorischen
Ablehnung der Union gescheitert, die offenbar meint,
man müsse in jedem Fall und immer die Rechte der Her-
kunftseltern stärken . Ich denke, Kinder sind weder das
Eigentum noch das Therapiemittel ihrer Eltern . Eltern-
rechte haben in unserer Verfassung deshalb einen so ho-
hen Rang, weil unsere Verfassungsmütter und -väter zu
Recht davon ausgingen, dass in den allermeisten Fällen
die Eltern die besten und entschiedensten Anwälte ihrer
Kinder sind und deren Interessen mit Nachdruck vertre-
ten . Aber es gibt Ausnahmen wie Misshandlung, Ver-
nachlässigung oder sexuellen Missbrauch . Und da ist die
staatliche Gemeinschaft gefragt .
Eine problematische Regelung kommt dagegen: Mit
dem § 78f können die Länder künftig Leistungen für un-
begleitete minderjährige Flüchtlinge stärker steuern . Ja,
gut, aber ich appelliere an die Verantwortlichen, auch
bei mir zu Hause in Bayern, nicht am falschen Ende zu
sparen! Wir können nicht Integration fordern, Radikali-
sierungsprävention predigen und gleichzeitig geflüchtete
Jugendliche und junge Erwachsene nur im Sparmodus
versorgen, anstatt sie zu unterstützen und zu erziehen .
Dennoch meine ich: Diese Reform lohnt sich! Es gibt
klare Verbesserungen für Kinder, Jugendliche und ihre
Familien:
– Erst einmal mehr Kinderschutz durch bessere Heim-
aufsicht und eine verbindlichere Kommunikation in
Kinderschutzfällen, wie es die Ministerin schon aus-
geführt hat .
– Dann den uneingeschränkten Beratungsanspruch für
Kinder und Jugendliche, der zeigt, dass wir junge
Menschen als Subjekte mit eigenen Rechten, Wün-
schen und Bedürfnissen ernst nehmen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725090
(A) (C)
(B) (D)
– Außerdem die Ombudsstellen – eine Kannregelung;
aber es ist erstmals eine gesetzliche Grundlage, mit
der Verwaltungen arbeiten können und die auch vor-
schreibt, dass Ombudsstellen unabhängig und nicht
weisungsgebunden arbeiten . Als Vorstandsmitglied
in einem bayerischen Ombudsstellenverein weiß ich,
dass damit unsere Finanzierungsprobleme noch nicht
gelöst sind . Aber es wird einfacher, die Idee auch in
die Praxis zu tragen .
– Schließlich freue ich mich besonders darüber, dass sich
junge Menschen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe
leben, künftig in geringerem Umfang an den Kosten
beteiligen müssen, wenn sie mit einem Ferienjob oder
als Auszubildende Geld verdienen . Das wird die Moti-
vation erhöhen, überhaupt eine Ausbildung oder einen
kleinen Job anzunehmen . Das ist ein richtiges Signal .
In der nächsten Wahlperiode werden wir dann mit
neuem Schwung an den noch offenen Themen weiterar-
beiten .
Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE): „Die Kin-
der- und Jugendhilfe soll auf einer fundierten empirischen
Grundlage in einem sorgfältig strukturierten Prozess zu
einem inklusiven, effizienten und dauerhaft tragfähigen
und belastbaren Hilfesystem weiterentwickelt werden .“
Dieses Versprechen aus dem Koalitionsvertrag wirkt
fast schon zynisch angesichts dessen, was wir und die
gesammelte Fachwelt in den letzten Monaten und Jahren
rund um das SGB VIII erlebt haben . Da kursierten Ge-
heimpapiere, offizielle und inoffizielle Entwürfe, die die
über 900 000 Beschäftigten der öffentlichen und freien
Jugendhilfe in Angst und Schrecken versetzten . Selbst
die Kinderkommission hier im Hause kam in ihrer Sit-
zung vom Mittwoch überparteilich und einstimmig zu
dem Schluss, dass von einer angemessenen Beteiligung
der Fachwelt kaum die Rede sein kann .
Einige werden sagen, dass das Schlimmste nicht zu-
letzt durch die Nacht- und Nebelverhandlungen in der
letzten Woche vom Tisch ist, und das mag stimmen .
Dennoch: Nur weil der jetzige Entwurf im Angesicht
seiner katastrophalen Vorgänger nicht mehr so schlimm
erscheint, macht es ihn noch nicht zu einem guten .
Exemplarisch werde ich drei Dinge nennen, die wir
als Linke auch am aktuellen Entwurf nicht mittragen
können:
Erstens. Ihre Länderöffnungsklausel im § 78f schafft
de facto eine Zwei-Klassen-Jugendhilfe: eine für deut-
sche und eine für ausländische Jugendliche . Denn wozu
sonst die Freigabe an die Länder, die Leistungen für
ausländische Kinder und Jugendliche in gesonderten
Rahmenverträgen zu vereinbaren als für eines: Standard-
absenkungen? Inwieweit diese Ausklammerung einer der
am schwersten belasteten Gruppen im Hilfesystem gegen
den Gleichheitsgrundsatz verstößt, wird überdies zu prü-
fen sein .
Die Verankerung von Schutzkonzepten in den ohnehin
unwürdigen Massenunterkünften für Geflüchtete tragen
Sie gerne vor sich her . Dass Sie im selben Atemzug eben-
so unwürdigen Unterbringungsformen für Jugendliche
den Weg bereiten, verschweigen Sie leider .
Zweitens das Übergangsmanagement: Anstatt junge
Volljährige mit verlässlichen Rechtsansprüchen auszu-
statten, wie es alle Experten und Expertinnen empfehlen,
ermöglichen Sie die koordinierte Abschiebung ins Hartz-
IV-System von Druck, Kontrolle und Sanktion .
Drittens die Heimaufsicht: Nicht die Heimaufsicht hat
die letzten Skandale in Jugendhilfeeinrichtungen, wie der
Haasenburg oder dem Friesenhof, aufgedeckt; es waren
die Jugendlichen selbst! Statt daraus zu lernen und die
Selbstorganisation und Mitbestimmungsmöglichkeiten
von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Ju-
gendhilfe zu stärken, stärken Sie nun die Kompetenzen
der ohnehin unterausgestatten Strukturen der Heimauf-
sicht . Was laut Gesetzestitel Kinder und Jugendliche stär-
ken soll, stärkt am Ende also nur die Bürokratie .
Eines haben Sie mit Ihren Reformbemühungen aller-
dings geschafft: Die Fachöffentlichkeit, vom Kindergärt-
ner bis zur Hochschulprofessorin, sind im Widerstand
gegen diese Reform geeint . Wir jedenfalls werden diese
Stimmen ernst nehmen und lehnen den Gesetzentwurf
ab .
Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist
ein schlechter Abend für die Kinder und Jugendlichen in
Deutschland . Ein Rumpfgesetz soll verabschiedet wer-
den mit dem Titel „Gesetz zur Stärkung von Kindern
und Jugendlichen“ . Dieser Titel hält nicht nur in keinster
Weise, was er verspricht; er ist eher ein Hohn für das,
was am Ende eines eigentlich großen und von uns allen
inhaltlich unterstützten Anliegens übrig geblieben ist .
Wir müssen konstatieren, dass das große Vorhaben
einer inklusiven Lösung komplett gescheitert ist . Eine
inklusive Lösung ist nicht einmal mehr in homöopathi-
schen Dosen im Gesetzentwurf vorhanden . Dabei sind
die derzeitigen Verschiebebahnhöfe auf dem Rücken von
Kindern mit Behinderung und ihren Familien aufgrund
der unterschiedlichen Zuständigkeiten verschiedener So-
zialgesetzbücher ein nicht hinnehmbarer Zustand . Was
als Tiger gestartet war, ist nun als Bettvorleger gelandet:
eine umfangreiche Reform der Kinder- und Jugendhil-
fe mit dem Ziel, konsequent vom Kind aus zu denken,
liegt nun als Scherbenhaufen vor uns – leider, müssen
wir konstatieren .
Dass der Reformprozess auf ganzer Linie gescheitert
ist, zeigen auch die großen Leerstellen im Gesetzentwurf:
Der Bereich der Careleaver hatte bereits keinen Eingang
in den Gesetzentwurf zur ersten Lesung im Bundestag
gefunden, obwohl noch im Referentenentwurf gute Vor-
schläge vorlagen . Dabei hatten die Careleaver selbst ihre
berechtigten Anliegen pointiert und sehr sachgerecht in
den Reformprozess eingebracht . Auch in Fachkreisen
sind die Veränderungsnotwendigkeiten unumstritten .
Umso unverständlicher ist es, dass die Frage des Leis-
tungsbezugs über das 18 . Lebensjahr hinaus jetzt gar kei-
ne Rolle mehr spielt . Gerade junge Menschen, die ohne
elterlichen Rückhalt ins Leben starten müssen, brauchen
oft mehr Hilfe und Unterstützung, und das eben über das
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25091
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18 . Lebensjahr hinaus, wie wir es in unserem Entschlie-
ßungsantrag zum Gesetzentwurf auch fordern .
Scharfe Kritik möchte ich hier nochmals an der Öff-
nungsklausel für die Bundesländer im Hinblick auf die
Leistungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
üben. Durch diese Öffnungsklausel besteht die große Ge-
fahr, dass es zu einer Absenkung der Leistungsstandards
für diese jungen Menschen kommt . Dies haben auch die
Experten in der öffentlichen Anhörung zum Gesetzent-
wurf bestätigt . Insoweit ist es bedauerlich, dass die Koa-
lition bei der Auswertung der Anhörung offenbar nur das
zur Kenntnis genommen hat, was die eigene Position be-
stätigt hat . Wir lehnen jede Art einer Zweiklassenkinder-
und -jugendhilfe ab . Ich will auch anmerken, dass wir die
große Sorge haben, dass mit dieser Öffnungsklausel auch
Tür und Tor geöffnet wird für weitere Standardabsenkun-
gen in anderen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe .
Was wir brauchen, ist eine qualitative Weiterentwicklung
des SGB VIII, keine Rückschritte .
Wir bedauern es sehr, dass die guten und ausgewo-
genen Vorschläge zur Verbesserung des Pflegekinderwe-
sens sowohl im SGB VIII als auch im BGB zwischen der
ersten und zweiten Lesung komplett gestrichen wurden .
Wer ernsthaft meint, dass die Pflegekinderhilfe keiner
Reform und die vorgeschlagenen Änderungen eines län-
geren Diskurses bedürften, verkennt die Arbeit des wis-
senschaftlichen Beirats des Familienministeriums . Gera-
de in der Frage der Pflegekinder gab es einen langen und
intensiven Prozess, um der besonders vulnerablen Grup-
pe der Pflegekinder für ihre Entwicklung mehr Stabilität
und Kontinuität zu ermöglichen .
Die Vorwürfe der Union, mit den Vorschlägen wür-
den die Herkunftseltern in ihren Rechten geschwächt,
entbehren jeder Grundlage . Es ist mehr als bedauerlich,
dass es nicht gelungen ist, im Bereich der Pflegekinder
endlich die Bedürfnisse und Rechte dieser Kinder und
Jugendlichen in den Mittelpunkt zu stellen .
Die Bundesregierung und auch die Regierungsfrakti-
onen haben mit diesem Gesetzentwurf einen Scherben-
haufen hinterlassen, sowohl inhaltlich wie auch mit Blick
auf ihr Agieren im gesamten Prozess – von Power Point-
Präsentationen über die unzureichende Einbeziehung der
Fachwelt bis zur Vorlage umfangreicher Änderungen auf
den allerletzten Drücker . Dieses Rumpfgesetz müsste
man nun wirklich nicht beschließen . Vielleicht – und da-
rauf hoffe ich – macht der Bundesrat dem Spuk ja noch
ein Ende, und wir können mit neuem Elan und fortbeste-
hendem Druck einen Neustart in der nächsten Legislatur-
periode angehen .
Dr. Katarina Barley, Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend: Wir beraten heute ab-
schließend den Gesetzentwurf zur Stärkung von Kindern
und Jugendlichen . Wir sorgen heute dafür, dass sie vor
Gewalt besser geschützt werden, und wir sorgen für mehr
Rechtssicherheit für Pflegekinder mit Behinderung.
Ein Schwerpunkt des Entwurfes ist die bessere Zu-
sammenarbeit von Kinder- und Jugendhilfe und Gesund-
heitswesen . Ärztinnen und Ärzte haben uns gesagt, dass
sie nicht genau verstehen, wann sie von ihrer Schweige-
pflicht entbunden sind und sich zum Beispiel bei einem
Missbrauchsverdacht an das Jugendamt wenden dürfen .
Deshalb formulieren wir diese Vorschrift nun klarer . Und
Ärztinnen und Ärzte haben wiederholt betont, dass sie
wissen möchten, wie es mit einem Kind und der Fami-
lie weitergeht, wenn sie einen Hinweis gegeben haben .
Daher erhalten sie künftig immer eine Rückmeldung, ob
sich ihr Verdacht bestätigt hat oder nicht . Zudem können
die Jugendämter sie zukünftig bei der Gefährdungsein-
schätzung stärker einbeziehen .
Um Schutz geht es auch bei der Heimaufsicht . Kinder
und Jugendliche, die in Einrichtungen leben, sind beson-
ders schutzbedürftig . Wir stärken sie, indem wir dafür
sorgen, dass sie sich bei Beschwerden an Ansprechper-
sonen außerhalb der Einrichtung wenden können, und in-
dem wir den Schutz in den Einrichtungen voranbringen,
zum Beispiel durch bessere Kontrollmöglichkeiten der
Aufsichtsbehörden und erweiterte Voraussetzungen für
die Betriebserlaubnis . Wir stärken Kinder und Jugend-
liche durch einen uneingeschränkten Beratungsanspruch
und durch gemeinsame Förderung von Kindern mit und
ohne Behinderung in Kitas .
Ein weiterer Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, ist
der Schutz von Frauen und Minderjährigen in Erstauf-
nahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften .
Wir erfahren immer wieder von sexuellen Übergriffen
in Flüchtlingseinrichtungen auf Kinder, Jugendliche und
Frauen . Derzeit hängt es vom Zufall ab, in welche Ein-
richtung ein Kind oder eine alleinreisende Frau kommt
und ob es dort ein Schutzkonzept gibt . Das ändern wir
heute, indem wir Mindeststandards für diese Unterkünfte
gesetzlich festschreiben .
Mit dem Gesetzentwurf helfen wir auch Pflegekindern
mit Behinderung. Pflegefamilien, die Kindern Geborgen-
heit und Stabilität geben, haben meinen höchsten Res-
pekt . Mit vielen hatte ich persönlich Kontakt . Und ich
bin kürzlich Pflegeeltern begegnet, die sich liebevoll um
diese Pflegekinder kümmern, die besonders viel Liebe
und Zeit brauchen . Sie geben den Kindern Familie, oft
zum ersten Mal in ihrem Leben . Aber gerade diese Fa-
milien sind verunsichert. Pflegefamilien mit Kindern mit
Behinderung hatten die Sorge, im Jahr 2019 alleingelas-
sen zu werden, weil ihre Rechtsgrundlage ausläuft . Diese
Regelungslücke schließen wir mit dem vorliegenden Ge-
setzentwurf. Wir geben Pflegefamilien mit Kindern mit
Behinderung Rechtssicherheit .
Es ist kein Geheimnis: Wir hätten mit diesem Gesetz
für Pflegekinder gerne noch mehr erreicht. Ich werde
mich daher weiter dafür einsetzen, die Situation von
Pflegekindern, Herkunftseltern und Pflegeeltern zu ver-
bessern . Auch die Diskussion um die Reform der Kinder-
und Jugendhilfe – das wissen wir alle – wird und muss
weitergehen . Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass
wir heute den Schutz von Kindern und Jugendlichen ein
gutes Stück voranbringen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725092
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Anlage 10
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung
unternehmerischer Initiativen aus bürger-
schaftlichem Engagement und zum Bürokra-
tieabbau bei Genossenschaften
– der Beschlussempfehlung und des Berichts
des Ausschusses für Wirtschaft und Ener-
gie zu dem Antrag der Abgeordneten Dieter
Janecek, Kerstin Andreae, Dr. Thomas
Gambke, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Share
Economy – Ökologische Chancen nutzen und
Teilen statt Besitzen unterstützen
(Tagesordnungspunkt 26 und Zusatztagesord-
nungspunkt 8)
Dr. Silke Launert (CDU/CSU): Die Erkenntnis, dass
Menschen gemeinsam stärker sind als alleine, ist so alt
wie der Mensch selbst . Es ist diese Erkenntnis, die uns
seit jeher aneinander bindet, uns zusammenwachsen lässt
und Ziele erreichbar macht, die sonst nicht zu erreichen
wären . Und dabei spreche ich nicht nur von den Famili-
enbanden und den Verwandtschaftsbeziehungen, die ei-
nen mehr oder weniger zwangsläufig zusammenführen.
Nein, es hat sich schon immer auch darüber hinaus ge-
lohnt, sich zusammenzutun und die Kräfte zu bündeln .
Mit der Genossenschaft stellt uns das Recht eine
Rechtsform zur Seite, die geradezu ideal ist für ein Zu-
sammenwirken . Wahrscheinlich ist sie nicht zuletzt
deshalb so ideal, weil das persönliche Engagement der
Gründer und damit verbunden Eigennutz und Solidari-
tät der Beteiligten der Antrieb des genossenschaftlichen
Denkens sind . Was einst als Selbsthilfeorganisationen
von Bauern und Handwerkern begann, hat sich in der
Zwischenzeit zu großen Konsum- und Warengenossen-
schaften entwickelt, zu Volksbanken und Raiffeisenban-
ken, die heute nicht mehr wegzudenken sind .
Gleichermaßen haben wir in Deutschland daneben
auch viele kleine Genossenschaften, die als lokal ver-
wurzelte Unternehmen die Wirtschaftskreisläufe vor Ort
fördern .
Und schließlich gibt es noch kleinere Einheiten der
Genossenschaft, vielfach solche, die aus bürgerschaftli-
chem Engagement heraus entstehen .
Allein in Deutschland sind heute rund 20 Millionen
Menschen Mitglied einer Genossenschaft . Diese Zahl
beweist die ungebrochene Kraft der Idee der Genossen-
schaft auch im 21 . Jahrhundert .
Mit dem vorliegenden Gesetz wollen wir es all diesen
Genossenschaften leichter machen . Wir wollen sie ent-
lasten und sie von Bürokratiehürden befreien . Und wir
wollen auch die Gründung der Genossenschaft erleich-
tern und dadurch fördern .
Auf dem Weg dorthin haben wir das Genossenschafts-
recht an vielen Stellen entschlackt und modernisiert .
Selbst vor den Pflichtprüfungen haben wir nicht Halt
gemacht, denn für sehr kleine Genossenschaften stel-
len gerade diese häufig eine besonders bürokratische
Belastung dar . Wir haben also auch hier angesetzt und
festgelegt, dass diese Genossenschaften sich nicht mehr
jährlich einer umfassenden Prüfung unterziehen müssen,
sondern dass es reicht, wenn jede zweite Pflichtprüfung
nur in vereinfachter Form stattfindet.
Doch, so wichtig Bürokratievermeidung ist – eine zu
weitgehende Aufweichung des Prüfsystems durch die zu-
ständigen Verbände könnte den Genossenschaften auch
schaden . Schließlich dienen diese Prüfungen auch dem
Schutz der Mitglieder und der Gläubiger und halten die
Insolvenzrate unter den Genossenschaften niedrig . Da-
her haben wir die Schwellenwerte für Genossenschaf-
ten, die sich einer Jahresabschlussprüfung unterziehen
müssen, zwar erhöht, sodass mehr Befreiungen möglich
sind und die Genossenschaften Prüfungskosten einsparen
können . Wir haben aber die ursprünglich einmal etwas
höher angedachten Schwellenwerte noch im Rahmen
der Ressortabstimmung bezüglich der Bilanzsumme auf
1,5 Millionen Euro und bezüglich der Umsatzerlöse auf
3 Millionen Euro wieder nach unten korrigiert .
Besonders attraktiv ist die Rechtsform der Genos-
senschaft aber auch für Initiativen aus bürgerschaftli-
chem Engagement . Anders als andere Rechtsformen hat
sie Vorzüge, die es den konkurrierenden Rechtsformen
schwer machen:
So haften die Mitglieder nur begrenzt auf ihre Antei-
le, die Genossenschaft ist ausgelegt auf eine steigende
Mitgliederzahl, und ein Mitgliederwechsel läuft völlig
flexibel und unproblematisch ab. Noch dazu ist sie de-
mokratisch aufgebaut und damit geprägt durch die Mit-
bestimmung ihrer Mitglieder .
Die Rechtsänderungen, die wir heute beschließen, sol-
len insbesondere auch diesen Initiativen zugutekommen .
Es wäre vom Gesetzgeber äußerst fahrlässig, wenn er
hier nicht ansetzt und damit die Chance auf noch mehr
bürgerschaftliches Engagement vergibt .
Unser Gemeinwesen ist auf die Zivilgesellschaft und
das Engagement der Bürgerinnen und Bürger angewie-
sen . Wir brauchen Menschen, die dort zur Stelle sind,
wo der Staat nicht leisten kann und wo der Markt nichts
hergibt .
Was wären wir ohne die Kitas unter elterlicher Träger-
schaft? Was wären wir ohne die Dorfläden, die Einkaufs-
möglichkeiten dort schaffen, wo der Einzelhandel schon
lange nicht mehr zu finden ist? Gerade in den ländlichen
Regionen hätten wir ohne dieses Bürgerengagement ein
großes Problem .
Es ist daher die Aufgabe der Politik, genau solche Pro-
jekte zu unterstützen und sie nicht durch Bürokratiehür-
den schon im Keim zu ersticken .
Im Gesetzentwurf war daher ursprünglich vorgesehen,
auch die Vorschriften zum Vereinsrecht anzupassen und
die Regelungen zum wirtschaftlichen Verein entspre-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25093
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chend zu öffnen. Damit wollten wir auch diejenigen bür-
gerschaftlichen Initiativen unterstützen, die sich als Ver-
ein organisiert haben oder einen solchen gründen wollen .
Mit einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom
16 . Mai wurden diese geplanten Änderungen allerdings
obsolet . Er hat klargestellt, dass auch ein Idealverein sich
wirtschaftlich betätigen kann und deswegen nicht direkt
aus dem Vereinsregister zu löschen ist; entscheidend sei,
ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dem ideellen
Hauptzweck des Vereins zuzuordnen ist; dafür spreche
insbesondere die Anerkennung des Vereins als gemein-
nützig im Sinne des Steuerrechts .
In diesem Zusammenhang erinnerte der Bundesge-
richtshof an den in der Abgabenordnung bekundeten
Willen des Gesetzgebers, durch die dort genannten Auf-
gaben die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder
sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern .
Mit dieser höchstrichterlichen Klarstellung haben
wir nun unser Ziel bereits auf der geltenden Rechtslage
erreicht, und die Bürgerinnen und Bürger, die sich eh-
renamtlich engagieren, brauchen nicht mehr zu fürchten,
dass ihr Verein gelöscht wird . Nun haben sie Rechtssi-
cherheit .
Zudem ist aus unserer Sicht die nun praktizierte Aus-
dehnung der „wirtschaftlichen“ Tätigkeit des Idealver-
eins dem Modell des Gesetzentwurfs, der zu Lasten des
Idealvereins auf eine Förderung des wirtschaftlichen Ver-
eins abzielte, vorzuziehen . Ebenso sieht es inzwischen
auch das Bundesjustizministerium und ist von den vor-
gesehenen Sonderregelungen letztlich wieder abgerückt .
Zum Abschluss dieser Wahlperiode haben wir schließ-
lich ein Gesetz gezimmert, mit dem wir mehr als zufrie-
den sein können . Wir senden klare Signale im Interesse
der Vereine und der Genossenschaften und können nun
entspannt dem Internationalen Genossenschaftstag am
1 . Juli entgegenblicken .
Marco Wanderwitz (CDU/CSU): Mit dem heute zu
verabschiedenden Regierungsentwurf zur Erleichterung
unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem
Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossen-
schaften lösen wir ein wichtiges Versprechen des Koaliti-
onsvertrages ein: Wir bestärken unzählige aktive Ehren-
amtliche in bürgerschaftlichem Engagement, indem wir
ihre Arbeit von bürokratischen Hindernissen befreien .
Bürgerschaftliches Engagement ist fester Bestandteil
und tragende Säule unseres heutigen gesellschaftlichen
Lebens . Ohne den ehrenamtlichen Einsatz beispielswei-
se in altersgerechtem Wohnen, in Nachbarschaftsinitia-
tiven, in Sportvereinen oder den sogenannten Dorfläden
wären viele Bereiche des öffentlichen und sozialen Le-
bens heute kaum denkbar .
Viele dieser Initiativen nutzen den Idealverein oder
die Genossenschaft als Rechtsform . Letztgenannte ist
aber für kleinste und kleinere ehrenamtlich geführte Ini-
tiativen aufgrund ihres kosten-, aber vor allem aufwands-
intensiven Prüfungsregimes häufig nicht mehr wirt-
schaftlich und damit weniger attraktiv geworden .
Der Schwerpunkt des vorliegenden Gesetzentwurfes
liegt daher auf dem Abbau von Bürokratie im Genos-
senschaftsrecht und damit einhergehend auf der Verrin-
gerung von Kosten . In diesem Sinne entschlacken und
modernisieren wir mit unserem Reformvorhaben gezielt,
aber mit feiner Nadel das ansonsten gut funktionierende
Genossenschaftsgesetz .
Zum einen müssen sich sehr kleine Genossenschaften
in Zukunft nicht mehr in jedem Jahr umfassend prüfen
lassen . Mit einer hierzu eingeführten, vereinfachten Prü-
fung verringern wir Aufwand und Bürokratie für ehren-
amtliche Initiativen und fördern somit die Mitglieder in
ihrem Engagement .
Zum anderen erhöhen wir für Genossenschaften, die
sich einer Jahresabschlussprüfung unterziehen müssen,
die entsprechenden Schwellenwerte . Künftig können
sich alle Genossenschaften mit einer Bilanzsumme von
unter 1,5 Millionen Euro und einem Umsatzerlös von
unter 3 Millionen Euro von der Jahresabschlussprüfung
befreien lassen . Hierdurch können sie Prüfungskosten in
erheblichem Umfang, aber vor allem auch Zeit einspa-
ren, die sie in ihre Initiative investieren können . Zusätz-
lich ermöglichen wir die Finanzierung von Investitionen
per Mitgliederdarlehen .
Nicht zuletzt durch die im Vergleich zum ursprüng-
lichen Referentenentwurf nur moderate Erhöhung der
Schwellenwerte haben wir damit insgesamt maßvolle
Neuerungen im Genossenschaftsrecht beschlossen . Die-
se kommen vielen bürgerschaftlichen Initiativen zugute,
führen aber gleichzeitig zu keinen tiefgreifenden Verän-
derungen am Kern des Genossenschaftsrechts . Wir stel-
len damit sicher, dass die Rechtsform der eingetragenen
Genossenschaft aufgrund ihrer Insolvenzfestigkeit auch
weiterhin hohes Vertrauen bei Mitgliedern, Kunden und
Gläubigern genießen wird .
Wir stärken darüber hinaus auch all diejenigen bürger-
schaftlichen Initiativen, die sich als Verein organisiert ha-
ben oder in Zukunft organisieren wollen . Nur beispielhaft
seien Dorfläden oder Elterninitiativ‑Kindertagesstätten
genannt . Für diese Projekte hat der Bundesgerichtshof
in seinem Beschluss vom 16 . Mai 2017 mit erfreulicher
Deutlichkeit festgestellt, dass vor allem Letztgenannte
als sogenannter Idealverein eingetragen werden können .
Es gibt damit keine Grundlage mehr für Zwangslöschun-
gen, von denen etwa Kita-Vereine in Berlin in letzter Zeit
bedroht waren .
Der BGH hat mit diesem Beschluss das sogenannte
Nebenzweckprivileg von Idealvereinen gestärkt, indem
eine wirtschaftliche Betätigung unabhängig vom Umfang
des Geschäftsbetriebes als dem Hauptzweck zu- oder un-
tergeordnet angesehen wird . Unternehmerische Initiati-
ven aus bürgerschaftlichem Engagement können fortan
als Verein im Sinne von § 21 BGB eingetragen werden,
sofern bei ihnen der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ei-
nem ideellen Hauptzweck zu- oder untergeordnet ist .
Dies gilt künftig auch für die Gruppe der Dorfläden.
Diese betätigen sich zwangsläufig wirtschaftlich, gelten
zudem nicht als gemeinnützig im Sinne der Abgabenord-
nung . Allerdings ist die steuerrechtliche Anerkennung
als gemeinnützig nach Auffassung des BGH eben nur ein
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725094
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wichtiges Indiz für die Eintragungsfähigkeit . Auch sie
können künftig als Idealverein eingetragen werden, so-
weit sie einen ideellen Hauptzweck verfolgen und nicht
gewinnorientiert und auf Ausschüttung von Gewinnen
gerichtet sind .
Damit gibt es für all diese unternehmerischen Initia-
tiven bürgerschaftlichen Engagements künftig eine ein-
heitliche Rechtsform mit klarem Zugangsweg und Re-
gisterpublizität . Das gibt vielen insbesondere in Vereinen
ehrenamtlich Tätigen die nötige Sicherheit und befreit sie
von überflüssigen Unklarheiten und Sorgen um die rich-
tige Rechtsform für ihre Unternehmung .
Damit ist aber vor allem ein wesentliches Ziel des
Koalitionsvertrages, nämlich die Gründung unternehme-
rischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement
zu erleichtern, in diesem Fall schon auf der Grundlage
der geltenden Rechtslage erreicht . Daher konnte auch
die von der Bundesregierung im ursprünglichen Regie-
rungsentwurf angedachte Öffnung des wirtschaftlichen
Vereins per Verordnungsermächtigung entfallen, bei dem
die Rechtsfähigkeit nur aufgrund einer behördlichen
Konzession erlangt werden kann . Ein Festhalten an der
im Gesetzesentwurf vorgesehenen Regelung hätte das
vom BGH gesendete klare Signal im Interesse der Verei-
ne verwässert und die gerade geschaffenen Perspektiven
für Vereine wieder infrage gestellt .
Das hat letztlich auch das federführende Bundesmi-
nisterium der Justiz und für Verbraucherschutz eingese-
hen, das bis zum Schluss an seiner Verordnungsermäch-
tigung festhalten wollte, die dem Haus unter Ausschluss
des Bundestages weitreichende Möglichkeiten gegeben
hätte, das Vereinsrecht auszugestalten .
Es war auf der Zielgeraden der 18 . Wahlperiode ein
beschwerlicher parlamentarischer Weg . Umso erfreuli-
cher ist es im Sinne des bürgerschaftlichen Engagements,
dass wir ihn erfolgreich geschafft haben.
Dr. Matthias Bartke (SPD): Jagsthausen ist eine
kleine ländliche Gemeinde 80 Kilometer nördlich von
Stuttgart . Vor sechs Jahren haben dort die letzte Metzge-
rei und Bäckerei ihre Türen für immer geschlossen . Ihre
Besitzer waren zu alt, um die Läden fortzuführen . Eine
Nachfolge gab es nicht . Die großen Lebensmittelketten
erteilten Jagsthausen eine Absage nach der anderen . In
einem Ort mit weniger als 4 000 Einwohnern wollten sie
keine Filiale eröffnen.
Der Bürgermeister hat sich letztendlich ein Herz ge-
fasst und die Bürger gefragt, ob man nicht einfach zu-
sammen etwas auf die Beine stellen wolle . Das Echo
war groß! Sie sind dann zusammen losmarschiert, haben
Räumlichkeiten gesucht und schließlich einen Dorfladen
eröffnet.
Die Jagsthausener haben sich dabei für die Genos-
senschaft entschieden und mit viel ehrenamtlichem En-
gagement den Laden nun schon viele Jahre erfolgreich
geführt . Der Laden ist nicht nur zum Einkaufen da . Er ist
auch Treffpunkt für den Ort und lässt soziale Kontakte
und Gespräche wieder aufleben. Damit bleibt Jagsthau-
sen erspart, was in vielen Dörfern schon Wirklichkeit ist:
die verbliebene Bushaltestelle oder der Friedhof als letz-
ter gemeinsamer Treffpunkt.
Das Motto des Dorfladens ist: „Wir für uns“. Das trifft
den Genossenschaftsgedanken ziemlich genau auf den
Punkt . Das Besondere an Genossenschaften ist: Sie die-
nen nicht der Erwirtschaftung von Gewinnen . Sie dienen
den wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Zwecken
ihrer Mitglieder .
Diese verschiedenen Zwecke geben eine Idee davon,
wie vielfältig die Genossenschaftslandschaft ist . Es sind
bei Weitem nicht nur die Dorfläden, die Genossenschaf-
ten sind . In meinem Wahlkreis Hamburg-Altona gibt es
zum Beispiel die fux e .G . – ein gemeinschaftlicher Pro-
duktionsort für Kunst, Kultur, Gewerbe und Bildung . Die
letzte große Neugründungswelle hatte ihren Ursprung im
Energiebereich . Inzwischen erlebt der Dienstleistungs-
sektor neuen genossenschaftlichen Aufwind .
Bei Genossenschaften gilt: Ein Mitglied – eine
Stimme . Genossenschaften sind in ihrem Bestand vom
Wechsel der Mitglieder unabhängig . Aufnahme und Aus-
scheiden von Mitgliedern sind unkompliziert möglich .
Genossenschaften bieten also beste Voraussetzungen, um
gemeinschaftlich etwas zu unternehmen .
Es ist daher kein Wunder, dass die vom Bundesmi-
nisterium für Wirtschaft in Auftrag gegebene Genossen-
schaftsstudie zu einem positiven Ergebnis kam: Insge-
samt herrscht große Zufriedenheit mit der Rechtsform
der Genossenschaft . Es wurde aber auch deutlich: Die
Belastungen für kleine Initiativen sind zu hoch .
In der SPD fordern wir deshalb schon lange, kleine
Genossenschaften von überzogenen Prüfpflichten zu be-
freien . Wir wollen eine prüfungsbefreite Mini-Genossen-
schaft .
Mit dem Gesetzentwurf machen wir einen ersten
Schritt in diese Richtung . Dazu gehört insbesondere die
Einführung einer vereinfachten Prüfung bei sehr kleinen
Genossenschaften . Für kleine Genossenschaften bedeu-
tet das eine große Entlastung . Ihr Vorstand und Auf-
sichtsrat sind oft ehrenamtlich tätig . Für die Dauer einer
Prüfung müssen sie meistens Urlaub nehmen . Wenn die
Genossenschaft keine eigenen Geschäftsräume hat, müs-
sen die Mitglieder außerdem ihre privaten Räume zur
Verfügung stellen . Mit der vereinfachten Prüfung sparen
die kleinen Genossenschaften zukünftig endlich Kosten
und Aufwand .
Wir heben außerdem die Schwellenwerte für die Be-
freiung von der Jahresabschlussprüfung an . Durch diese
Anhebung der Beträge kann ein größerer Teil der Genos-
senschaften die Befreiung und damit die Kostenentlas-
tung in Anspruch nehmen . Ich will keinen Hehl daraus
machen, dass wir die Schwellenwerte gerne noch weiter
anheben wollen . Die neuen Werte entsprechen nur einem
Viertel der aktuellen Größenmerkmale für kleine Kapi-
talgesellschaften . Das ist langfristig nicht gerechtfertigt .
Da muss mehr kommen .
Im Koalitionsvertrag hatten wir außerdem verein-
bart, die Möglichkeit der Finanzierung von Investitio-
nen durch Mitgliederdarlehen wieder zu eröffnen. In der
Praxis besteht bei Genossenschaften große Unsicherheit
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25095
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bei Einlagengeschäften. Mit dem Gesetzentwurf schaffen
wir klare Voraussetzungen, wann Genossenschaften Mit-
gliederdarlehen aufnehmen dürfen .
Mit dem Gesetzentwurf regeln wir noch eine ganze
Reihe von weiteren Erleichterungen, um die Gründung
von Genossenschaften zu fördern .
Eine weitere Regelung im Vereinsrecht, die der Ge-
setzentwurf ursprünglich vorsah, haben wir hingegen
gestrichen . Für unternehmerische Initiativen aus bür-
gerschaftlichem Engagement wollten wir eine geeignete
Unternehmensform schaffen. Dafür sah der Gesetzent-
wurf die Öffnung des wirtschaftlichen Vereins vor. Mit-
ten in die Beratung fiel dann aber der BGH‑Beschluss
zur Löschung eines Kita-Vereins . Dieser Beschluss hat
vieles verändert, indem er das Nebenzweckprivileg von
Idealvereinen immens gestärkt hat . Wir sehen daher
keine Notwendigkeit mehr für die Öffnung des wirt-
schaftlichen Vereins. Im Gegenteil: Die Öffnung würde
Rechtsunsicherheit schaffen und im schlimmsten Fall
bürgerschaftliches Engagement kaputt machen . Das kann
nicht unser Ziel sein .
Ich freue mich, dass wir mit dem Gesetzentwurf das
erfolgreiche Modell der Genossenschaften weiter vo-
ranbringen . Damit stärken wir bürgerschaftliches En-
gagement. Was einer allein nicht schafft, schaffen viele
gemeinsam!
Svenja Stadler (SPD): Drei Deutsche – ein Verein,
bekennen wir selbstironisch . Unsere Vereinslandschaft
ist groß und bunt . Sie stellt – das kann man mit Fug und
Recht sagen – ein hohes Kulturgut dar .
Und da es dieses Gut zu schützen gilt, möchte ich uns
dafür rühmen, dass wir in dem von der Bundesregierung
eingebrachten Gesetz zur Erleichterung unternehmeri-
scher Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement et-
was, was zunächst vorgesehen war, nicht regeln, nämlich
die Öffnung des wirtschaftlichen Vereins.
Überrascht? Nun, ich halte es für eine gesetzgeberi-
sche Tugend, so viel zu regeln wie nötig, aber so wenig
wie möglich .
Erst hü dann hott? Warum sollte der wirtschaftliche
Verein geöffnet werden – etwa für Kita‑Vereine? Lief
doch gut, so wie es war?
Eltern machen aus einer Not – dass es nicht genügend
Angebote qualifizierter Kinderbetreuung gibt – eine Tu-
gend, indem sie die Sache selbst in die Hand nehmen:
eine Kindertagesstätte selbst gründen mit viel Idealismus
und Herzblut . Sie tun das alles unter dem Dach eines ein-
getragenen Vereins und natürlich ohne jegliche – finanzi-
elle – Gewinnabsicht . Erziehung ist doch kein Geschäft!
Obgleich gute Betreuung und gute Bildung sehr wohl ein
Gewinn sind, ein ideeller – für die ganze Gesellschaft .
Das ist bürgerschaftliches Engagement par Excellence .
Und das wollen wir fördern und nicht behindern .
Und: Ja, es lief lange gut, bis vor einigen Jahren erst
einzelne und dann immer mehr Vereine durch verschie-
dene Amtsgerichte in Bedrängnis gebracht wurden . Mit
der Begründung, ihre wirtschaftliche Tätigkeit sei nicht
mit dem Vereinsrecht vereinbar, wurden sie aus dem
Vereinsregister gelöscht . Fortan sollten sich Vereine also
nicht mehr auf das sogenannte Nebenzweckprivileg be-
rufen können? Die zur Zweckumsetzung notwendige
Mittelbeschaffung eines Vereins durch wirtschaftliche
Betätigung sollte nicht mehr toleriert werden? Keine
Teilnahmegebühr für eine Sportveranstaltung? Keine
Gebührenerhebung für Betreuungsleistungen? Und wie
lange würde der Förderverein der Schule noch seinen
Kuchen anbieten dürfen?
Vor diesem Hintergrund sahen wir Handlungsbedarf .
Die Idee im Gesetzesentwurf war, den Initiativen, die
nicht mehr Idealverein sein durften, den Weg zum wirt-
schaftlichen Verein zu öffnen. Für die Erlangung der
Rechtsfähigkeit sollten Standards gesetzt werden, um
mehr Verlässlichkeit zu schaffen.
Doch wir mussten erkennen, die betroffenen Vereine
waren nicht beglückt . Die Anerkennung als rechtsfähiger
wirtschaftlicher Verein erschien ihnen weder sicher noch
erstrebenswert . Renommee und Motivation zum ehren-
amtlichen Engagement hängen eben stark mit dem Sta-
tus als Idealverein zusammen . „Wollt ihr wirklich eine
jahrhundertalte, bewährte Tradition aufgeben?“, war ihre
Sorge .
Wir haben die Einwände der Idealvereine sehr ernst
genommen und um eine alternative Lösung gerungen .
Doch in diese Phase der Beratungen platzte dann ein jah-
relang erwartetes Urteil des Bundesgerichtshofes . Und
alles war wieder anders . Die Beschwerde eines Berliner
Vereins, der mehrere Kitas betreibt, war erfolgreich: Das
Urteil des Kammergerichts wurde aufgehoben und das
Löschungsverfahren eingestellt: Die wirtschaftliche Tä-
tigkeit durch Betreiben mehrerer Kitas sei dem ideellen
und gemeinnützigen Zweck „theoretische und praktische
Arbeit auf dem Gebiet der Erziehung und Jugendbera-
tung“ zuzuordnen. Bei der Differenzierung zwischen
ideellem Hauptzweck und wirtschaftlichem Nebenzweck
habe selbst der Umfang dieser wirtschaftlichen Tätigkeit
keine Aussagekraft .
Mit dieser starken Wiederbelebung des Nebenzweck-
privilegs hat sich die Ausgangslage verändert . Eine bes-
sere Absicherung können die Idealvereine kaum haben .
Es besteht nicht nur kein Handlungsbedarf mehr, sondern
jedwede Aufwertung des wirtschaftlichen Vereins würde
für Verunsicherung sorgen und das Nebenzweckprivileg
schwächen . Deshalb halten wir uns hier zurück .
Caren Lay (DIE LINKE): Eine der stärksten Wurzeln
der Genossenschaftsbewegung liegt in der Arbeiterbewe-
gung . Menschen schlossen sich auf der Basis des Prin-
zips der Selbsthilfe zu Genossenschaften zusammen, um
durch freiwillige Kooperation die eigenen Mitglieder zu
unterstützen und vor dem Abrutschen ins soziale Elend
zu bewahren . Nach der Verabschiedung des preußischen
Genossenschaftsgesetzes vor 150 Jahren bis zur Nazizeit
gründeten sich zahlreiche Wohnungs-, Konsum-, Land-
wirtschafts- und andere Genossenschaften, die oft bis
heute bestehen . Namen von Genossenschaften wie „Freie
Scholle“ in Bielefeld zeugen von dieser Zeit . Das Genos-
senschaftsgesetz wurde seither immer wieder verändert
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725096
(A) (C)
(B) (D)
und angepasst, grundlegend zuletzt 2006 . Eine erneute
Anpassung soll heute beschlossen werden .
Kleinere Initiativen wie Nachbarschafts‑ und Dorflä-
den, Wohn- und Kulturprojekte fordern seit längerer Zeit
die Einführung einer niedrigschwelligen, unbürokrati-
schen Kooperationsgesellschaft . Mit ihr soll eine neue
genossenschaftliche Rechtsform geschaffen werden, die
ohne Pflichtmitgliedschaft, Pflichtprüfung und Grün-
dungsprüfung auskommt und sich an der haftungsbe-
schränkten Unternehmergesellschaft orientiert .
Während viele kleinere Initiativen einen entsprechen-
den Entwurf aus dem BMJV am Ende der letzten Legis-
laturperiode ausdrücklich begrüßten, wandten sich die
großen Genossenschaftsverbände, Genossenschaftsban-
ken, Verbände der Wohnungswirtschaft und andere mehr
vehement gegen diese Pläne . Damit verschwand dieser
Entwurf wieder in der Schublade, und erst am Ende letz-
ten Jahres wurde ein neuer Anlauf gestartet, weil nun eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Vereinsrecht
erwartet wurde .
Nach dem neuen Gesetzesvorschlag sollten unterneh-
merische Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement,
wie zum Beispiel Dorfläden, Kitas etc., künftig vor allem
in der Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins nach § 22
BGB agieren . Dies wiederum führte zu massiven Ein-
wänden zahlreicher Vereine und Verbände von der Freien
Wohlfahrtspflege bis hin zu Kindergartenträgern.
Erfreulicherweise hat nur einen Tag nach der Aus-
schussanhörung am 16 . Mai der Bundesgerichtshof mit
einem Urteil die sogenannten Idealvereine gestärkt und
die größten Bedenken im Zusammenhang mit einer wirt-
schaftlichen Betätigung ausgeräumt . Daraufhin und we-
gen der zahlreichen Kritik streicht die Koalition auf den
letzten Metern die Neuregelung zum Vereinsrecht nun
wieder . Die eigentlich beabsichtigte „Erleichterung un-
ternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem En-
gagement“ ist damit jedoch auch passé .
Wir Linken halten die Rechtsform der haftungsbe-
schränkten Kooperationsgesellschaft für deutlich geeig-
neter für zum Beispiel kooperative oder altersgerechte
Wohn- und Kulturprojekte und werden weiterhin auf ihre
Einführung drängen . Sie könnte die vielen Initiativen aus
dem Kreis des bürgerschaftlichen Engagements einfach
und unbürokratisch in die genossenschaftliche Familie
einbeziehen .
Frühere Reformen des Genossenschaftsgesetzes führ-
ten leider zu Angleichungen von Genossenschaften an
Kapitalgesellschaften und beschnitten die Mitsprache-
rechte der Genossenschaftsmitglieder . Das alleinige Ent-
scheidungsrecht der Vorstände hat zu einer Machtstellung
geführt, die kaum mehr Mitsprache oder Entscheidung
der Mitglieder zulässt . So können zum Beispiel die Vor-
stände von Wohnungsgenossenschaften Mieterhöhungen
oder den Abriss von preiswerten Wohnraum gegen die
Interessen ihrer Genossenschaftsmitglieder durchsetzen .
Die Linke möchte die Rechte der Mitglieder wie-
der stärken und die Genossenschaften demokratisieren .
Konkret wollen wir mit unserem Änderungsantrag errei-
chen, dass die Generalversammlung durch Satzung und
Beschlüsse das Entscheidungsrecht des Vorstandes be-
schränken kann . Bei Fragen von grundsätzlicher Bedeu-
tung, wie beispielsweise die Änderung des Geschäfts-
zwecks oder Investitionen von größerer Bedeutung im
Verhältnis zur Bilanzsumme der Genossenschaft, muss
die Generalversammlung gefragt werden .
Auch in Zukunft wollen wir Linken die Gründung und
den Erhalt von Genossenschaften fördern, Benachteili-
gungen beseitigen und die Demokratie in Genossenschaf-
ten stärken . Wir brauchen eine neue Genossenschafts-
bewegung . Genossenschaften können einen wichtigen
Beitrag dazu leisten, Stadtteile sozial und nachhaltig zu
entwickeln und zu beleben .
Das bewegt zum Beispiel die Genossenschaft am
Holzmarkt in Berlin . Nachdem die Bar 25 vor vielen Jah-
ren leider schließen musste, entsteht hier nun ein neues
Stadtquartier mit Wohnungen für fast 500 Studierende,
Ateliers, Läden, Restaurants, einer Bäckerei, einer Kita
und einem Club .
Lassen Sie uns die Genossenschaften stärken, damit
wir auch an anderer Stelle sagen können: Die Bar ist tot –
es lebe die Bar!
Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie
ich dieser Tage der Presse entnommen habe, ist das Jus-
tizministerium von Bundesminister Maas verantwortlich
für die meisten eingebrachten Gesetzentwürfe in dieser
Legislaturperiode . Das ist vordergründig löblich, den-
noch gilt der Grundsatz „Qualität geht vor Quantität“
auch im Gesetzeshandwerk . Von dem ursprünglichen
Entwurf dieses Gesetzes, welches wir heute beschlie-
ßen, ist nur noch ein Restkorpus verblieben . Denn im
ursprünglichen Entwurf fanden sich noch umfassende
Neuregelungen zu den Bestimmungen des Vereinsrechts
des Bürgerlichen Gesetzbuches . Obwohl absehbar war,
dass höchstrichterliche Rechtsprechungen des Bundes-
gerichtshofes in der Sache zu erwarten waren, hatte man
sich regierungsseitig vorgenommen, die gesetzlichen
Grundlagen nach eigenen Vorstellungen zu verändern .
Dies war sicherlich gut gemeint, aber keinesfalls gut
gemacht . So zog dieser Teil des Gesetzentwurfes auch
den Unmut vieler als Idealverein organisierter Initiativen
auf sich, und auch Sachverständige in der Anhörung zum
Gesetzgebungsverfahren äußerten Kritik am Vorgehen
des Justizministeriums . Genau einen Tag nach der An-
hörung im Rechtsausschuss erging dann eine richtungs-
weisende Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Sa-
chen Idealverein und Bestimmungen zum sogenannten
Nebenzweckprivileg .
Damit wurde den Plänen der Bundesregierung der
Boden unter den Füßen weggezogen . Trotzdem brauchte
man dann vonseiten der Koalitionsfraktionen noch zwei
Anläufe, um sich zu besinnen und um die Pläne zu einer
Neustrukturierung des § 22 BGB in Verbindung mit ei-
ner Verordnung über die Verleihung der Rechtsfähigkeit
an wirtschaftliche Vereine nach § 22 BGB zu streichen .
Diese Regelungen hätten für viele bestehende Idealver-
eine zu Rechtsunsicherheiten, zu mehr Bürokratie und
zu neuen Doppelstrukturen zwischen den Registerge-
richten und Landesverwaltungsbehörden geführt . Durch
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25097
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die Streichungen von Artikel 1 und 2 des ursprünglichen
Gesetzentwurfes bleibt das Bürgerliche Gesetzbuch nun
unangetastet, und viele Initiativen des bürgerschaftlichen
Engagements, die die Rechtsform des Idealvereins für
sich wählen, werden verschont vor neuen bürokratischen
Hürden . Das ist gut so .
Das bürgerschaftliche Engagement ist vielfältig und
erstreckt sich hierbei von Sport- und Kulturvereinen über
freiwillige Feuerwehren, den Katastrophenschutz, Nicht-
regierungsorganisationen, direktdemokratische Bürger-
beteiligung, den Umwelt- und Naturschutz, die Entwick-
lungshilfe, den Tierschutz, das Engagement für Kinder,
Jugendliche, alte Menschen und Menschen mit Behinde-
rungen, Nachbarschaftshilfen bis hin zu gemeinwohlori-
entierten Aktivitäten von Unternehmen in Bereichen wie
zum Beispiel der Energie- und Wohnraumversorgung .
Die jetzt aktuell vorliegende Fassung des Gesetzes,
welche heute verabschiedet wird, umfasst noch den Ar-
tikel 3 des Erstentwurfes . Diese Restbestimmungen re-
geln Neuerungen im Genossenschaftsrecht . Im Grund-
satz begrüßen wir diese Neuregelungen . Die Rechtsform
der Genossenschaft erlebt gerade eine Renaissance und
stellt für uns eine ideale Rechtsform für Initiativen bür-
gerschaftlichen Engagements dar, die auch einer wirt-
schaftlichen Betätigung nachgehen wollen . Gerade auch
im Bereich der sogenannten Collaborative Economy
sucht man nach demokratischen Organisationsformen, in
denen das Verhältnis zwischen Produzenten und Konsu-
menten neu gedacht werden kann . Die Genossenschaft
ist in diesen Netzwerken vom Grundsatz her eine belieb-
te Organisations- und Rechtsform . Allerdings werden
kleine und mittlere Genossenschaften auch gegenwärtig
noch mit viel Bürokratie und den damit verbundenen
Kosten belastet .
Hier will das Gesetz Erleichterungen schaffen, was
wir auch im Bereich der Kleinstgenossenschaften an-
erkennen. Dennoch gehen uns die Modifizierungen des
Genossenschaftsgesetzes gerade mit Blick auf kleine und
mittlere Genossenschaften nicht weit genug, weshalb wir
uns bei der Abstimmung zum vorliegenden Gesetz ent-
halten werden .
Mit unserem eigenen Entschließungsantrag, den wir
hier im Plenum zur Abstimmung stellen, zeigen wir Lö-
sungen auf, wie auch kleine und mittlere Genossenschaf-
ten entbürokratisiert und von unnötigen Kosten befreit
werden könnten. Wir wollen, was die Berichtspflichten
angeht, endlich eine faire und annähernd gleiche Be-
handlung zu den kleinen Kapitalgesellschaften erreichen .
Dazu fordern wir die Schwellenwerte der kleinen Ge-
nossenschaften nach § 53 Absatz 2 GenG, deren Pflicht-
prüfung nicht den Jahresabschluss beinhalten muss, den
Schwellenwerten nach § 267 Absatz 1 HGB für kleine
Kapitalgesellschaften anzugleichen, um die ungleiche
Behandlung zwischen kleinen Genossenschaften und
kleinen Kapitalgesellschaften aufzuheben . Bereits bei
den Beratungen zur Reform des Genossenschaftsrechts
im Jahr 2006 war der Rechtsausschuss des Deutschen
Bundestages der Ansicht, dass langfristig die für Kapi-
talgesellschaften geltenden Schwellenwerte des § 267
Absatz 1 HGB auch für die Genossenschaften gelten
sollten (Bundestagsdrucksache 16/1524) . Eine Anglei-
chung über die Jahre ist nicht geschehen . Mit dem Gesetz
würden die damals schon im Verhältnis eins zu vier ste-
henden Schwellenwerte zwischen Genossenschaften und
Kapitalgesellschaften zementiert, und kein Fortschritt
wäre erreicht . Wir meinen, jetzt ist Zeit, endlich enga-
giert zu handeln .
Darüber hinaus fordern wir eine Neustrukturierung
der Fördermöglichkeiten für Genossenschaften . Die
staatliche Gründungsförderung für Genossenschaften
ist im Vergleich zu anderen Rechtsformen derzeit völlig
unzureichend . Fördermittel (zum Beispiel Gründercoa-
ching, Gründungszuschuss, Gründerkredite) werden in
der Regel vergeben, um einzelne Unternehmer zu unter-
stützen . Das können Einzelunternehmer sein, persönlich
haftende Gesellschafter von Personengesellschaften oder
Geschäftsführer einer GmbH . Für Genossenschaften ist
diese Förderung in der Regel uninteressant, da die Vor-
standsmitglieder nicht selbst mit erheblichem Kapital
an der Finanzierung des Unternehmens beteiligt sind .
Andere Länder, wie beispielsweise Schweden, betrei-
ben öffentlich finanzierte Gründungsagenturen für neue
Genossenschaften . Auch Deutschland wäre gut beraten,
eine gerechte Förderstruktur für Genossenschaften zu
schaffen. Vorbilder können die Förderprogramme der
KfW‑Bankengruppe zu Energieeffizienz und Umwelt-
schutz im Unternehmen, erneuerbaren Energien oder zur
kommunalen und sozialen Infrastruktur sein . Die Förder-
programme sollten so eingerichtet werden, dass damit
die Kosten der Gründungsprüfung aufgefangen werden
bzw . zu einem Großteil kompensiert werden .
In unseren Augen wären diese beiden Ergänzungen
notwendig, um ein modernes und attraktives Genossen-
schaftsrecht für kleinere und mittlere Initiativen zu schaf-
fen .
Anlage 11
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des von der Bundesregierung einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung
des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung
Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger
Personen (Zusatztagesordnungspunkt 9)
Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Wir möchten heute
das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheim-
nissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung
schweigepflichtiger Personen beschließen. Es ist gut,
dass wir in dieser letzten Sitzungswoche zum Abschluss
kommen . Es besteht dringender gesetzgeberischer Rege-
lungs- und Handlungsbedarf .
Mit diesem Gesetz möchten wir den Wandel in der
Arbeitswelt nachvollziehen . Viele unterstützende Tätig-
keiten der Berufsgeheimnisträger werden von eigenem
Personal nicht mehr erledigt und auf externe Dienst-
leister übertragen . Als Beispiele seien die IT-System-
wartung, Systeme zur externen Speicherung von Daten,
Schreibar beiten oder die Annahme von Telefonanrufen
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725098
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(B) (D)
genannt. Insbesondere bei kleinen beruflichen Einheiten
wie Anwaltskanzleien oder Arztpraxen wäre die Einstel-
lung von informationstechnisch spezialisiertem Personal
nicht wirtschaftlich .
Diese Änderung der tatsächlichen Gegebenheiten fin-
det sich jedoch in der Rechtsordnung nicht wieder, und
eine analoge Anwendung der bestehenden Vorschriften
ist nicht möglich .
Mit diesem Gesetz möchten wir die Rechtsunsi-
cherheiten beseitigen und Rechtsklarheit schaffen. Die
Strafbarkeit der unbefugten Offenbarung fremder Ge-
heimnisse wird auf externes Personal ausgeweitet, und
gleichzeitig wird ein Erlaubnistatbestand geschaffen,
nach dem sich Berufsgeheimnisträger externen Perso-
nals bedienen dürfen . Diese erweiterten Befugnisnormen
spiegeln sich schließlich auch im Berufsrecht .
Der Gesetzentwurf steht im Spannungsverhältnis zwi-
schen dem Schutzniveau der Geheimnisse und gleichzei-
tig praktikabler Lösungen für die Praxis . Wenngleich die
Grundausrichtung dieses Gesetzes unstrittig ist, stellten
Detailfragen in den weiteren Beratungen eine große He-
rausforderung dar . Im Folgenden möchte ich nochmals
das Problem der Auslandssachverhalte aufgreifen .
Die Infrastruktur von IT-Dienstleistungen und ins-
besondere Cloud‑Diensten findet sich oftmals nicht in
Deutschland, sodass sich der Schutz der Geheimnisse
nach dem Recht des jeweiligen Standorts richtet . Bei
Serverstandorten außerhalb Europas erschließt sich dies
ohne Weiteres . Allerdings bestehen selbst innerhalb der
Europäischen Union nicht für alle Berufsgeheimnis-
träger einheitliche Rechtsvorschriften . Im Bereich der
Wirtschaftsprüfer ist in anderen europäischen Rechtsord-
nungen ein nicht ähnlich umfassendes Beschlagnahme-
verbot wie in Deutschland gegeben . Diese Problematik
verstärkt sich noch dadurch, dass Wirtschaftsprüfer in
großem Maß internationale Mandate wahrnehmen und
länderübergreifende Kooperationen eingehen .
Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass Berufsgeheim-
nisträger in einer globalisierten Arbeitswelt weiterhin
Dienstleistungen ins Ausland vergeben können, sodass
eine der Praxis gerecht werdende Lösung gefunden wer-
den musste .
Zunächst haben wir eine Positivliste gefordert, die
sogenannte Whitelist, die verbindlich festlegt, in wel-
chen Ländern ein dem deutschen Recht vergleichbares
Schutzniveau besteht . Ich erachte das für die beste Lö-
sung . Dieser Prüfungsaufwand ist aber im Regelfall nicht
zumutbar .
Nach den Vorschriften im jeweiligen Berufsrecht
muss der Geheimnisträger bei der Inanspruchnahme von
Dienstleistungen im Ausland prüfen, ob ein vergleich-
bares Schutzniveau in diesem Land besteht . Diese Prüf-
pflicht steht natürlich unter der Voraussetzung, dass dem
Dienstleister auch ein Zugang zu fremden Geheimnissen
eröffnet wird. Zur Entlastung insbesondere kleinerer
Kanzleien oder Praxen erscheint es mir sinnvoll, wenn
die berufsständischen Kammern nun solche Länderlisten
den Berufsgeheimnisträgern als Hilfe zur Verfügung stel-
len können und werden .
Gleichwohl wird auch diese Lösung nicht alle Rechts-
unsicherheiten beseitigen können . Die Praxis wird künf-
tig von der Einholung einer Einwilligung geprägt sein .
Dem Mandanten als Herr des Geheimnisses ist die al-
leinige Befugnis gegeben, der Übermittlung der Daten
und damit des Geheimnisses ins Ausland zuzustimmen .
Es lässt sich prognostizieren, dass diese sachgerechte Lö-
sung künftig den Regelfall darstellen wird .
In manchen Fällen wird die Einholung einer Einwil-
ligung nicht möglich oder die Einwilligung nicht erteilt
sein .
Im Änderungsantrag wurde eine weitere Erleichte-
rung bei der Prüfpflicht des Berufsgeheimnisträgers ge-
schaffen. Wenn die übermittelten Daten aus sich selbst
heraus nicht verständlich sind oder aus anderen Grün-
den ein geringeres Schutzbedürfnis besteht, kann dem
Dienstleister im Ausland dennoch der Zugang zum Ge-
heimnis gewährt werden . Ich denke hier insbesondere an
die Fernwartung von Geräten vom Ausland aus . Durch
entsprechende Verschlüsselungstechniken ist ein Zugriff
ausländischer staatlicher Stellen bei einer Beschlagnah-
me nicht zu befürchten .
Mit dieser zusätzlichen Regelung wird dem Berufs-
geheimnisträger eine weitere Hilfestellung im Abwä-
gungsprozess gegeben, ob im konkreten Einzelfall das
Geheimnis ins Ausland übermitteln werden darf .
Mit dieser Vielzahl von Möglichkeiten sollte das
Spannungsverhältnis aufgelöst sein, dass Dienstleis-
tungen ins Ausland vergeben werden können, ohne das
Schutzniveau über die Geheimhaltung von Geheimnis-
sen abzusenken .
Es ist mir wichtig, noch auf den Punkt hinzuweisen,
dass die straf- und berufsrechtlichen Regelungen ge-
trennt zu betrachten sind . Ein berufsrechtswidriges Ver-
halten führt nicht zwingend zu einer Strafbarkeit . Ein be-
rufsrechtlich erlaubtes Verhalten stellt jedoch niemals ein
unbefugtes Offenbaren von Geheimnissen dar. Bei einer
Einwilligung zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen
im Ausland ist die Befugnis in jedem Fall sichergestellt .
Das Gesetz wird erst zu einem stimmigen Regelungs-
werk, wenn sich zu den Änderungen im Strafgesetzbuch
und dem jeweiligen Berufsrecht korrespondierende
Vorschriften im Verfahrensrecht finden lassen. Mit dem
Änderungsantrag wurde auch diese Lücke geschlossen .
Eine Erweiterung der Strafbarkeit auf mitwirkende Per-
sonen und eine Ausweitung der berufsrechtlichen Be-
fugnisse ergibt nur Sinn, wenn für diese Personengruppe
ein Zeugnisverweigerungsrecht und ein Beschlagnah-
meverbot geschaffen werden. Um Widersprüche in der
Rechtsordnung zu vermeiden, müssen die bestehenden
prozessualen Schutznormen auf die mitwirkenden Per-
sonen ausgeweitet werden . In diesem Zusammenhang
sei auch erwähnt, dass in der Strafprozessordnung eine
Definition der mitwirkenden Person geschaffen wird, um
eine einheitliche Terminologie mit dem Strafgesetzbuch
zu erreichen .
Dieses Gesetz stand nie im Fokus der breiten Medien-
öffentlichkeit. Dennoch ist die Neuregelung von hoher
praktischer Bedeutung . Diese zeigte sich an der Vielzahl
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25099
(A) (C)
(B) (D)
von Gesprächen mit Vertretern der betroffenen Berufs-
verbände und dem großen Interesse an der Sachverstän-
digenanhörung .
Wir haben im parlamentarischen Verfahren sehr aus-
führlich und intensiv über Änderungen und Verbesserun-
gen beraten. Ich hoffe, dass mit dem heute vorliegenden
Gesetzentwurf in der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses nun ein gerechter Interessenausgleich gelungen
ist und alle Positionen hinreichend berücksichtigt wur-
den .
Ich bitte um Zustimmung!
Dr. Johannes Fechner (SPD): Das geltende Recht
bringt unsere sogenannten Berufsgeheimnisträger regel-
mäßig in eine heikle Situation . Denn nach § 203 StGB
macht sich strafbar, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis
offenbart, das ihm in bestimmter beruflicher Eigenschaft
anvertraut oder bekannt geworden ist . Rechtsanwälte,
Wirtschaftsprüfer, Ärzte und andere in § 203 StGB aus-
drücklich genannte Berufsgruppen sind bei ihrer Tätig-
keit jedoch auf die Hilfeleistung anderer Personen ange-
wiesen, sei es bei Schreibarbeiten, der Archivierung von
Akten oder der Wartung der EDV .
Die mit der Erledigung solcher Aufgaben verbundene
Weitergabe von Geheimnissen an Angestellte des Be-
rufsgeheimnisträgers ist nach ständiger Rechtsprechung
legitim . Innerhalb des Organisationskreises des Berufs-
geheimnisträgers wertet die Rechtsprechung die Weiter-
gabe von Informationen nicht als „offenbaren“.
Anders sieht es aus, wenn der Betreffende Informa-
tionen an Personen außerhalb seiner Sphäre, also an
sonstige mitwirkende Personen, weitergibt . Hier besteht
nach geltendem Recht die Gefahr, dass sich der Berufs-
geheimnisträger strafbar macht . Die zunehmende Digita-
lisierung macht die Inanspruchnahme von Dienstleistun-
gen außerhalb des eigenen Organisationskreises jedoch
erforderlich – mit zunehmender Tendenz .
Aus diesem Grunde haben wir die Weitergabe von
Geheimnissen an mitwirkende Personen gesetzlich neu
geregelt . § 203 Absatz 3 StGB-E unterscheidet weiter-
hin zwischen Hilfspersonen aus dem Organisationskreis
des Berufsgeheimnisträgers und sonstigen Hilfsperso-
nen . Mitwirkenden Personen aus dem inneren Kreis, also
Lehrlingen und Angestellten, darf der Berufsgeheimnis-
träger wie bisher alle Geheimnisse weitergeben . Dies ha-
ben wir jetzt ausdrücklich im Gesetz geregelt . Sonstigen
mitwirkenden Personen, sei es der externe Schreibdienst
oder das Inkasso-Unternehmen, darf der Berufsgeheim-
nisträger in Zukunft so viel offenbaren, wie es für deren
Tätigkeit erforderlich ist . Diese Regelung ist neu und ei-
ner veränderten Arbeitswelt geschuldet .
Innerhalb der Beratungen zu dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung wurde insbesondere ein Problem the-
matisiert: die in den Berufsordnungen enthaltene Rege-
lung zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen aus dem
Ausland . Ein schwieriges Thema: Unsere Rechtsordnung
bietet ein fein austariertes System an strafbewehrter
Schweigepflicht mit Ausnahmen Personen betreffend, die
wiederum einer strafbewehrten Schweigepflicht unter-
liegen. Zudem korrespondieren Schweigepflichten und
strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrechte und Be-
schlagnahmeverbote . Verlässt das Geheimnis deutschen
Boden, ist nicht garantiert, dass der Geheimnisschutz in
vergleichbarer Weise gewahrt ist . Deshalb sah der Re-
gierungsentwurf vor, dass die Weitergabe in das Ausland
nur dann zulässig ist, wenn dort ein uns entsprechender
Geheimnisschutz besteht .
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass ein Verstoß ge-
gen diese Regelung keine strafrechtlichen, sondern ledig-
lich gegebenenfalls berufsrechtliche Konsequenzen hat .
Von den Berufsverbänden wurde uns signalisiert, dass
die im Berufsrecht vorgesehene Einschränkung, Dienst-
leistungen nur aus Ländern mit adäquatem Geheimnis-
schutzniveau in Anspruch zu nehmen, den Berufsge-
heimnisträger vor das nur schwer lösbare Problem stellt,
die Situation im Ausland einzuschätzen . Die Forderung,
eine staatliche Stelle mit der Erstellung einer Liste „si-
cherer“ Länder zu betrauen, wurde regierungsseitig als
unpraktikabel bewertet .
Um die Regelung handhabbarer zu gestalten, haben
wir dem Berufsgeheimnisträger in unserem Änderungs-
antrag die Möglichkeit gegeben, in Fällen, in denen der
Geheimnisschutz es nicht gebietet, von einer Eruierung
des Schutzniveaus im Ausland abzusehen . Sind die über-
mittelten Daten aus sich selbst heraus kaum verständlich,
weil vielleicht nur ein Teil eines Vorgangs übermittelt
werden soll, ist das Schutzbedürfnis natürlich geringer
als bei einem vollständigen Vorgang .
Der Berufsgeheimnisträger tut trotz der beschriebe-
nen Regelungen gut daran, sich die Einwilligung seines
Mandanten oder Patienten in die Weitergabe des Ge-
heimnisses einzuholen . Liegt diese vor, kommt weder
ein Verstoß gegen Berufsrecht in Betracht, noch ist das
Verhalten strafrechtlich relevant .
Deshalb: Stimmen wir diesem guten Gesetz heute
zu, damit wir den Geheimnisschutz im Bereich Berufs-
geheimnisträger an die Gegebenheiten der heutigen Ar-
beitswelt anpassen und die erforderliche Rechtssicher-
heit schaffen.
Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Wie schon in der
ersten Beratung zu diesem Gesetzentwurf festgestellt,
bleibt zu konstatieren, dass dieser Gesetzentwurf über-
fällig ist .
Deutschland hat, wie bereits ausgeführt, auch hier
mal wieder die technische Entwicklung verschlafen und
alle Berufsgeheimnisträger seit Jahren der Gefahr straf-
rechtlicher Verfolgung ausgesetzt, wenn sie zum Beispiel
IT-Systeme verwenden, die von Dritten betreut werden .
Dies ist jedoch zwischenzeitlich bei jeder noch so klei-
nen Anwaltskanzlei oder Arztpraxis der Standard . Denn
diese Helfer waren bisher nicht ausreichend in § 203
StGB berücksichtigt, und der im Rahmen ihrer vertrag-
lichen Tätigkeit notwendige Zugriff durch sie auf Daten
der entsprechenden Berufsgeheimnisträger war de lege
lata strafbar . Das betraf auch andere Dienstleistungen
wie Aktenvernichtung, Aktenarchivierung etc .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725100
(A) (C)
(B) (D)
Inhaltlich kann ich mich insoweit voll auf meine erste
Rede vom 27 . April 2017 beziehen und wiederhole diese
ausdrücklich .
Allerdings hat sich meine Hoffnung, in den Beratungen
noch etwas retten zu können, wider Erwarten diesmal be-
stätigt. Die von meiner Fraktion geforderten flankieren-
den Maßnahmen, die ich in der ersten Lesung aufgezeigt
habe, sind durch den entsprechenden Änderungsantrag
ins Gesetz eingeflossen, sodass jetzt auch Personen, die
im Rahmen eines Vertragsverhältnisses, einer berufsvor-
bereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit
an der beruflichen Tätigkeit der Berufsgeheimnisträger
mitwirken, ein Zeugnisverweigerungsrecht haben . Inso-
weit bestehen keine Bedenken mehr .
Auch das Problem mit den unterschiedlichen Schutz-
niveaus im Ausland bei der Inanspruchnahme ausländi-
scher Dienstleister wurde angegangen, jedoch aus Sicht
der Linken zu unbestimmt . Bezüglich des Schutzniveaus
im Ausland sind die geänderten Regelungen nicht das
Nonplusultra; allerdings ist es momentan wohl nicht an-
ders regelbar . Auch eine sogenannte deutsche Cloud wür-
de das Problem nicht lösen, da diese angesichts der erst
in dieser Woche staatlich verordneten Sicherheitslücken
(Stichwort Staatstrojaner) auch wiederum zu unsicher
wäre . Gleichwohl sehe auch ich momentan keine andere
Lösung im Hinblick auf ein entsprechendes Schutzni-
veau im Ausland .
Von daher kann die Linke alles in allem diesem Gesetz
in der geänderten Fassung zustimmen .
Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem
heutigen Gesetz soll endlich Klarheit geschaffen werden,
dass Rechtsanwälte sich nicht per se wegen Geheimnis-
verrat strafbar machen, wenn sie zur Datensicherung
externe Dienstleister heranziehen . Das ist schon deswe-
gen ein lobenswertes Ziel, weil inzwischen sogar Einzel-
anwälte gesetzlich verpflichtet sind, am elektronischen
Rechtsverkehr teilzunehmen . Dadurch sind die Anfor-
derungen an die Datensicherung weiter angestiegen und
können kaum noch kanzleiintern sichergestellt werden .
Durch eine Beschränkung der Strafbarkeit beim Ge-
heimnisverrat soll der Berufsgeheimnisträger künftig
externe Dienstleister als mitwirkende Personen einbezie-
hen können, wenn er die Zuverlässigkeit des Vertrags-
partners vorher geprüft und diesen zur Verschwiegenheit
verpflichtet hat.
Mit Ihrem Änderungsantrag haben Sie nunmehr fol-
gerichtig auch die Zeugnisverweigerungsrechte im § 53a
StPO auf diese Personen erstreckt . Das ist deswegen
zwingend erforderlich, da sonst die Verschwiegenheits-
pflicht ja ins Leere laufen würde.
Trotz aller Bemühungen ist aber auch Ihnen die Qua-
dratur des Kreises mit diesem Gesetz nicht gelungen .
Es ist Ihnen zugutezuhalten, dass es vielleicht gar
nicht möglich ist, den hohen Stellenwert des Berufsge-
heimnisses mit der externen Datenverarbeitung in Ein-
klang zu bringen. Hier verweise ich auf die zutreffenden
Bedenken des Bundesrates, der in seiner Stellungnahme
darauf hinweist, dass die Geheimschutzbelange der Be-
troffenen durch dieses Gesetz bedenklich weit hintange-
stellt werden .
Aber auch den Geheimnisträgern selbst werden nach
wie vor strafbewehrte Pflichten auferlegt, die sie kaum
erfüllen können . So weist der Deutsche Anwaltverein in
seiner Stellungnahme zu Recht darauf hin, dass Rechts-
anwälte nur begrenzt die Möglichkeit haben, die Zuver-
lässigkeit von Angestellten ihrer Vertragspartner zu über-
prüfen. Wenn sie bei der Verschwiegenheitsverpflichtung
ihre Sorgfaltspflichten verletzen, werden sie dafür eben-
so bestraft wie bei einem vorsätzlichen Geheimnisverrat .
Auch Strafrechtsexperte Professor Dr . Arndt Sinn vertrat
in der Anhörung die Auffassung, dass dies eher als Ord-
nungswidrigkeit geahndet werden müsste .
Besonders deutlich wird das Dilemma, wenn die
Dienstleister dann noch ihren Sitz im Ausland haben oder
Subunternehmen beauftragen, die ihren Sitz im Ausland
haben . Da die Einschätzung des Schutzniveaus für Be-
rufsgeheimnisse in dem entsprechenden Ausland ganz
offensichtlich nicht den Geheimnisträgern zugemutet
werden kann, haben Sie sich mit Ihrem Änderungsantrag
für eine eingeschränkte Einwilligungslösung entschie-
den . Wann allerdings der Schutz des Geheimnisses die
Einwilligung nicht gebietet, bleibt das große Rätsel . Un-
klar bleibt auch, wie Cloud-Lösungen zu behandeln sind
und ob die Cloud eigentlich im Ausland liegt .
Die Anwaltschaft ist zweifelsohne gut beraten, in Zu-
kunft generell und ausnahmslos eine Einwilligung zur
externen Datenverarbeitung einzuholen, um kein Risiko
einzugehen . Ob unter diesen Umständen der Mandant
allerdings noch „Herr des Geheimnisses“ ist, wie Sie in
Ihrer Begründung schreiben, wage ich zu bezweifeln .
Die Mandanten werden schließlich keine Rechtsbera-
ter mehr finden, die diese Einwilligung nicht anfordern
und anfordern müssen, weil sie selbst im Zeitalter des
elektronischen Rechtsverkehrs die Geheimhaltung nicht
mehr garantieren können .
Und damit sind wir wieder bei der Quadratur des Krei-
ses . Es ehrt Sie das Bemühen darum, aber es bleibt eine
halbgare Lösung .
Die Mandanten blieben nur dann „Herr des Geheim-
nisses“, wenn sie wirklich die Auswahl hätten, ob ihre
intimsten Daten in den Tiefen des Netzes unterwegs sein
sollen oder nicht . Die Einwilligungslösung wäre dann
eine echte Lösung, wenn sie sich auch auf die Teilnah-
me am elektronischen Rechtsverkehr generell erstrecken
würde . Eine breite Mehrheit hat sich nun aber für die
gesetzliche Teilnahmepflicht ab dem 1. Januar 2018 ent-
schieden .
Vor diesem Hintergrund ist Ihr heutiger Gesetzentwurf
zumindest folgerichtig . Weil er aber die grundlegenden
Fragen nicht beantwortet und neue Grauzonen schafft,
werden wir uns heute dazu enthalten .
Und eine letzte Anmerkung kann ich Ihnen nicht er-
sparen: Mit den Regelungen zur Onlinedurchsuchung
und zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung, die
Sie in der letzten Woche verabschiedet haben, haben
Sie den Berufsgeheimnisschutz, den Sie hier heute stär-
ken wollen, völlig konterkariert . Mit dem neuen § 100d
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25101
(A) (C)
(B) (D)
Absatz 5 StPO haben Sie festgeschrieben, dass das Be-
weiserhebungsverbot für die Berufshelfer bei den neuen
Überwachungsmaßnahmen nur ein relatives sein soll .
Bei einer entsprechenden Abwägung soll sich der Staat
darüber hinwegsetzen können .
Dieses neue Einfallstor steht im unmittelbaren Wider-
spruch zu § 53a StPO, wonach Berufshelfer und mitwir-
kende Personen den Geheimnisträger gleichgestellt sind .
Um diesen Widerspruch zu beseitigen, braucht es defi-
nitiv keine Quadratur des Kreises, sondern lediglich die
Streichung der Norm .
Wenn Sie das nicht selbst erledigen, bin ich zuver-
sichtlich, dass sich das Bundesverfassungsgericht einmal
mehr des Problems annehmen wird .
Anlage 12
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des von der Bundesregierung einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchfüh-
rung der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 über die
Prävention und das Management der Einbringung
und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten
(Zusatzordnungspunkt 10)
Josef Göppel (CDU/CSU): Mit diesem Gesetz
kommt Deutschland der Verpflichtung nach, die EU‑Ver-
ordnung (EU) Nr . 1143/2014 über die Prävention und das
Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver
gebietsfremder Arten in nationales Recht umzusetzen .
Welche Tier‑ und Pflanzenarten als invasiv gelten,
wird in der europaweit gültigen sogenannten „Unions-
liste“ festgelegt . Aktuell wurde die Liste auf insgesamt
49 Arten erweitert. Die dort genannten Tier‑ und Pflan-
zenarten dürfen EU-weit nicht eingeführt, gehalten, ge-
züchtet, verwendet, in Verkehr gebracht oder freigesetzt
werden . Zudem ist deren Vermehrung untersagt .
Ausnahmegenehmigungen können aber vom Bun-
desamt für Naturschutz erteilt werden . Künftig braucht
jeder Halter von Exemplaren invasiver Tierarten eine
Berechtigung . Diese kann vorliegen, wenn eine Person
diese Tiere vor ihrer Einstufung als „invasiv“ bereits in
Besitz hatte . Auch für Forschungszwecke kann der Be-
sitz zugelassen werden . Deutschland muss nun ein Ge-
nehmigungssystem für die Haltung von invasiven Arten
einrichten .
Auch für die zoologischen Gärten ist es wichtig, dass
die bereits gehaltenen, als invasiv geltenden Arten keiner
Ausnahmegenehmigung bedürfen . Die Formulierung:
„Eine Genehmigung ist für Bestände invasiver Tierarten
nicht erforderlich, die vor dem 3 . August 2016 gehalten
wurden, sich unter Verschluss befinden und in denen kei-
ne Vermehrung stattfindet“, ist eine Änderung, die in den
parlamentarischen Beratungen erzielt wurde . Sie bietet
Rechtssicherheit für die Altbestände in Zoos . Unstrittig
bleibt aber, dass auch Zoos eine Genehmigung benöti-
gen, wenn sie die Fortpflanzung von Exemplaren einer
invasiven Art zulassen .
Weiterhin sind Verfahren zur Erstellung der Aktions-
pläne und der Festlegung von Managementmaßnahmen
festzulegen . Es muss in erster Linie darum gehen, prä-
ventiv gegen die Ausbreitung von invasiv gebietsfrem-
den Arten vorzugehen . Daher sind die Kontroll- und
Managementmaßnahmen je nach Ausbreitungsgebiet
länderspezifisch auszugestalten. Die konkrete Umset-
zung von Managementmaßnahmen kann nur artspezi-
fisch erfolgen und muss auf die regionalen Unterschiede
eingehen .
Daher werden weitere Ermächtigungsgrundlagen für
das Bundesumweltministerium geschaffen. Der bereits
geltende § 54 BNatSchG bleibt im Absatz 9 unverändert:
Rechtsverordnungen zu natürlich vorkommenden Arten
brauchen das Einvernehmen mit dem Bundesministeri-
um für Ernährung und Landwirtschaft, mit dem Bundes-
ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie
mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie .
Zur jetzt erweiterten Beseitigungs- und Management-
pflicht, zu der Überwachung und zu den neuen Kon‑
trollen gebietsfremder invasiver Arten soll es im Natur-
schutzgesetz weiter heißen:
Rechtsverordnungen für invasive Tier‑ und Pflan-
zenarten bedürfen des Einvernehmens mit dem
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infra-
struktur . Rechtsverordnungen zur Durchführung der
amtlichen Kontrollen bedürfen des Einvernehmens
mit dem Bundesministerium der Finanzen sowie
dem Bundesministerium für Ernährung und Land-
wirtschaft .
Es gilt aber weiterhin, dass der Anbau von Pflanzen
in der Land- und Forstwirtschaft auch für gebietsfrem-
de, invasive Arten genehmigungsfrei bleibt . Dort muss
aber die sogenannte „gute fachliche Praxis“ eingehalten
werden .
Was bei Neupflanzungen im Rahmen von Ausgleichs-
maßnahmen als gebietseigene Herkunft gilt, wird nun
ebenfalls geregelt . Als gebietseigen gelten einheimische
Sippen, die sich in einem bestimmten Naturraum über
einen langen Zeitraum an die lokalen Bedingungen an-
gepasst haben . Sie unterscheiden sich genetisch von Po-
pulationen der gleichen Art in anderen Naturräumen . Um
die Produktion, den Handel und die Verwendung von ge-
bietseigenen Gehölzen zu erleichtern, sind Regelungen
zur Anerkennung von Erntevorkommen vorgesehen .
Bereits auf Ebene der Länder eingeführte, regional
kleinteiligere Regelungen als im gemeinsamen Leitfaden
zur Gebietsabgrenzung von Gehölzen des BMUB und
BMEL werden aufgehoben . Das Forstvermehrungsgut-
gesetz und Rechtsverordnungen für die Anpflanzung von
Gehölzen in der Forstwirtschaft bleiben unberührt .
Nicht so einfach ist die Regelung für Tiere . Bis zuletzt
gab es besonderen Gesprächsbedarf, was die Änderung
des Jagdrechts betrifft. Zweifelsohne können Jagdpächter
zu Verbündeten beim Management unerwünschter Ein-
dringlinge werden . Mit der Möglichkeit einer Entschä-
digung von Naturschutzmaßnahmen – also einer Kosten-
erstattung über die Ländergesetzgebung – können Jäger
gezielter zu Gemeinwohlleistungen animiert werden .
Sollte ein Bundesland stärker auf nicht tödliche Maßnah-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725102
(A) (C)
(B) (D)
men setzen, wie Hessen bei der Kastration von Waschbä-
ren, bleiben die Rechte der Jagdausübungsberechtigten
unbeschnitten . Auch ohne den Einsatz jagdlicher Mittel
ist Rücksicht auf die berechtigten Interessen der Jäger zu
nehmen . Ebenso werden dem Fischereirecht unterliegen-
de Maßnahmen im Einvernehmen mit den nach Landes-
recht für Fischerei zuständigen Behörden festgelegt . Das
Einvernehmen mit jedem Jagd- und Fischereiberechtig-
ten dürfte für die Behörden schwierig werden . Ich habe
die Einbeziehung der Hegegemeinschaften und Teichge-
nossenschaften für sinnvoller gehalten .
Carsten Träger (SPD): Mit dem Durchführungsge-
setz setzen wir die EU-Verordnung über die Prävention
und das Management gegen Einbringung und Ausbrei-
tung invasiver gebietsfremder Arten in deutsches Recht
um .
Invasive Arten sind eine Bedrohung für unsere heimi-
schen Tiere und Pflanzen und damit für unsere Ökosyste-
me . Sie machen nicht an Landesgrenzen halt und deshalb
können wir nur europaweit eine sinnvolle Lösung finden.
Es gibt dafür die sogenannte Unionsliste, auf der Ar-
ten gelistet sind, gegen die am dringendsten vorgegangen
werden muss . Bisher waren dies 37 Arten; aktuell sind
zwölf weitere Tier‑ und Pflanzenarten dazugekommen.
Diese 49 Arten dürfen nicht in die EU eingeführt, dort
gehalten oder gezüchtet werden . Auch die Vermehrung
ist bis auf wenige Ausnahmen verboten .
Ich bin nicht ganz glücklich mit der Liste . Es ist ja kein
Geheimnis, dass zum Beispiel der Waschbär in Deutsch-
land schon weit verbreitet ist . Deshalb war Deutschland
dagegen, den Waschbären zu listen . Denn grundsätzlich
ist es sehr viel sinnvoller, präventiv vorzugehen und die
Ausbreitung noch nicht so weit verbreiteter Arten einzu-
dämmen, statt gegen etablierte Arten vorzugehen . Aber
es ist eben eine EU-Liste, die in Zusammenarbeit der
Mitgliedstaaten entsteht, und ich stehe zu dem Vorgehen .
Die Bundesländer bekommen mit dem Durchfüh-
rungsgesetz nun die rechtliche Grundlage für ihre Ma-
nagementmaßnahmen an die Hand . Ich bin zuversicht-
lich, dass die Länder hier mit Bedacht und Sachverstand
vorgehen werden .
Wir haben im parlamentarischen Verfahren noch Ver-
besserungen im Hinblick auf die Rechtssicherheit für
Zoos erreicht . Es wird klargestellt, dass die Zoos ihre
jetzigen Bestände an invasiven Tieren natürlich nicht tö-
ten müssen, sondern die Tiere bis an deren Lebensende
halten dürfen .
Auch die Sorgen der Tierheime und Auffangstatio-
nen nehme ich sehr ernst . Die Tierheime platzen aus
allen Nähten, zum Beispiel mit Schmuckschildkröten .
Ich halte es für angemessen, dass es – auch bei strengen
Regelungen, was die invasiven Arten angeht – möglich
sein muss, die Tiere an Privathalter abzugeben, insofern
eine Fortpflanzung und natürlich das Entkommen ausge-
schlossen ist . Die Länder haben bereits signalisiert, dass
sie im Rahmen ihrer Managementmaßnahmen die Wei-
tergabe an Privathalter weiter ermöglichen wollen . Das
begrüße ich sehr .
Im Sinne des Tierschutzes bin ich auch sehr offen für
das Ausweiten nicht tödlicher Maßnahmen, etwa Kas-
trationsmaßnahmen . Dies muss natürlich alles verhält-
nismäßig sein und in Abstimmung der Verantwortlichen
vor Ort erfolgen .
Es ist gut, dass wir das Durchführungsgesetz beschlie-
ßen und damit die Zuständigkeiten in Deutschland für
unser europaweites Vorgehen gegen invasive Arten klar
festlegen . Jetzt sind die Länder am Zug .
Birgit Menz (DIE LINKE): Bei gebietsfremden Ar-
ten – egal ob Tier oder Pflanze – besteht die Gefahr, dass
diese negative Auswirkungen auf die heimische Tier- und
Pflanzenwelt haben können bzw. diese im schlimmsten
Fall verdrängen .
Wie das Bundesamt für Naturschutz in seinem Hand-
buch für invasive Arten bekannt gibt, existieren in
Deutschland derzeit etwa 168 Tier‑ und Pflanzenarten,
die nachweislich negative Auswirkungen auf die hiesige
Flora und Fauna haben . Innerhalb der gesamten EU geht
man von etwa 12 000 gebietsfremden Arten aus, von de-
nen etwa 15 Prozent als invasiv eingestuft werden . Allein
aus Gründen des Natur- und Artenschutzes ist es daher zu
begrüßen, dass es zukünftig einen einheitlichen Rahmen
zum Umgang mit als invasiv eingestuften Tieren und
Pflanzen geben soll.
Auf der vor kurzem aktualisierten Unionsliste be-
finden sich derzeit 49 Arten, gegen deren Ausbreitung
verstärkt Maßnahmen getroffen werden sollen. Darunter
sind auch 26 Tierarten, wobei 12 davon in Deutschland
als etabliert gelten . Grund genug also, um sich auch in
der Gesetzgebung verstärkt mit tierschutzpolitischen As-
pekten auseinanderzusetzen .
Doch wie so oft vernachlässigt bzw . übergeht die
Bundesregierung auch im vorliegenden Entwurf diesen
wichtigen Punkt . Um das zu verdeutlichen: Tierschutz
ist seit mittlerweile 15 Jahren im Grundgesetz als Staats-
ziel verankert, und die Bundesregierung schafft es immer
noch nicht, diesen Bereich in der Gesetzgebung adäquat
zu berücksichtigen .
Im Zusammenhang mit der Eindämmung invasiver
Arten wird im Gesetz das Wort „beseitigen“ bzw . „be-
seitigen lassen“ verwendet, ohne zu differenzieren, ob es
hier um Pflanzen oder Tiere geht. Damit werden tödli-
che Maßnahmen nicht ausgeschlossen . In einem Land,
in dem der Tierschutz „angeblich“ Verfassungsrang ge-
nießt, darf dies jedoch nur das äußerste Mittel sein .
Die Linke fordert daher – wie wir es in unserem An-
trag auch deutlich gemacht haben –, im Gesetz klarzu-
stellen, dass der Fokus bei der Eindämmung einer inva-
siven Tierart auf tierschutzgerechten und nicht tödlichen
Maßnahmen liegen muss .
Bei vielen bereits etablierten Arten – wie beispiels-
weise dem Waschbär – sind Eindämmungsmaßnahmen
zudem völlig sinnlos, und die Aussicht auf Erfolg ist eher
gering . Ressourcen und Mittel sollten daher eher für prä-
ventive Maßnahmen eingesetzt werden, die eine weitere
Ausbreitung invasiver Arten bzw . die Neueinschleppung
verhindern .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 2017 25103
(A) (C)
(B) (D)
Ein weiterer Beleg für die bisher unzureichenden tier-
schutzpolitischen Ambitionen der Bundesregierung ist,
dass es keinerlei Hinweise darauf gibt, ob und inwieweit
Tierheime oder private Tierauffangstationen Tierarten
der Unionsliste wie beispielsweise Waschbären oder
Schmuckschildkröten weiterhin aufnehmen, vermitteln
oder versorgen dürfen . Dieser Aspekt fehlt im Gesetzent-
wurf vollkommen, und das, obwohl Tierheime und Tie-
rauffangstationen einen Großteil der gesellschaftlichen
Aufgabe im Bereich Tierschutz übernehmen . Immer
mehr und insbesondere „exotische“ Tierarten werden ab-
gegeben, wobei deren Verweildauer steigt . Hinzu kom-
men nötig werdende Sanierungs- und Ausbaumaßnah-
men, um eine möglichst art- und tiergerechte Betreuung
garantieren zu können und bautechnischen Vorschriften
zu genügen . Um all das zu gewährleisten, ist ein hoher
finanzieller Aufwand nötig, der viele Tierheime – finan-
ziell alleingelassen – bis an den Rand der Existenz treibt .
Mit der Umsetzung der EU-Verordnung hätte die Bun-
desregierung die Chance gehabt, den Tierheimen nicht
nur ein vernünftiges Regelwerk in Bezug auf den Um-
gang mit invasiven Arten zu geben, sondern dafür auch
entsprechende Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, da-
mit diese zukünftig eine tierschutzgerechte Versorgung
garantieren können .
Die Linke sieht Bund, Länder und Kommunen – un-
abhängig vom hier debattierten Gesetzentwurf – gemein-
sam in der Pflicht, Finanzmittel für notwendige Investiti-
onen für Tieraufnahmeeinrichtungen bereitzustellen und
Wege zu ebnen, um eine tierschutzgerechte Versorgung
zu ermöglichen sowie die außerordentliche Arbeit der
Tierheime hinreichend zu unterstützen .
Lassen Sie mich abschließend noch einen Satz zur Be-
teiligung der Öffentlichkeit verlieren. Die derzeitige Re-
gelung, wonach bei der Vorbereitung von Aktionsplänen
oder Managementmaßnahmen lediglich Naturschutzver-
bände einbezogen werden, ist aus unserer Sicht nicht zu
akzeptieren . Da von den Maßnahmen insbesondere auch
verschiedene Tierarten betroffen sind, ist eine Auswei-
tung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf anerkannte Tier-
schutzorganisationen unbedingt nötig, die wir hiermit
nachdrücklich fordern .
Nach vier Jahren tappt die Bundesregierung tier-
schutzpolitisch weiter im Dunkeln . Eines wurde mit dem
Entwurf und in vielen anderen Initiativen der Bundesre-
gierung deutlich: Tierschutz genießt in der Bundesregie-
rung trotz Verfassungsrang keine besonders hohe Prio-
rität. Hoffen wir, dass sich dies in Zukunft ändern wird.
Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit
dem vorliegenden Durchführungsgesetz kommt die Bun-
desregierung der Verpflichtung nach, die EU‑Verordnung
über die Prävention und das Management der Einbrin-
gung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten in
deutsches Recht umzusetzen . Das ist richtig und wichtig,
da gebietsfremde invasive Arten eine zunehmende Be-
drohung für die biologische Vielfalt darstellen . Es soll
aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die existenziel-
len Bedrohungen für die Artenvielfalt insbesondere von
der Klimakrise und der industriellen Landwirtschaft aus-
gehen .
Aber auch die gebietsfremden invasiven Arten sind
eine zunehmende Bedrohung . Doch nicht nur das, auch
schädliche Effekte auf die menschliche Gesundheit gehen
mit deren Ausbreitung einher . Der sogenannte Bärenklau
ist sicherlich allen hier bekannt; aber auch Krankheitser-
reger, die durch invasive Tierarten zu uns gelangen und
in unseren Breitengraden bisher nicht verbreitet waren,
werden zunehmend zum Problem .
Im Zuge der Klimakrise wird sich diese Bedrohungs-
lage sowohl für die heimische Flora und Fauna als auch
für die menschliche Gesundheit weiter verschärfen, sei es
durch die Ausbreitung der Malariamücke in Süddeutsch-
land oder die Verdrängung heimischer Muschelarten im
Wattenmeer durch die Pazifische Auster.
Dass die Bundesregierung in der letzten Sitzungswo-
che der Legislaturperiode endlich einen Gesetzentwurf
vorgelegt hat, liegt jedoch nicht daran, dass sie die drän-
genden Probleme für die biologische Vielfalt erkannt hat,
sondern vielmehr an einem drohenden Vertragsverlet-
zungsverfahren durch die Europäische Union . Es wäre ja
auch nicht das erste Vertragsverletzungsverfahren, wel-
ches gegen diese Bundesregierung im Bereich des Natur-
schutzes anhängig wäre .
Der nun vorliegende Gesetzentwurf hat solche gravie-
renden handwerklichen Fehler, dass es besser gewesen
wäre, heute nicht darüber abzustimmen .
Und dann setzen die Fraktionen von CDU/CSU und
SPD mit ihrem Änderungsantrag noch eins drauf und
konterkarieren mit einem Vetorecht für Nutzer den Ur-
sprungsgedanken der Verordnung . In der letzten Woche
haben Sie sich hier allesamt gegenseitig dafür gratuliert,
wie Sie als Parlamentarier den Meeresschutz vor dem
Angriff der Nutzerinteressen und gegen den Entwurf
der Bundesregierung verteidigt haben, indem Sie – wie
von Grünen und Umweltverbänden seit Monaten einge-
fordert – die Einvernehmensregelung für Nutzerressorts
zurückgezogen und die Benehmensregelung beibehalten
haben .
Eine Woche später scheint dies jedoch vergessen,
und durch eine ähnliche Regelung im vorliegenden Ge-
setzentwurf führen Sie den Naturschutzgedanken ad
absurdum . Jagdliche und Fischereimaßnahmen gegen
invasive Tierarten sollen nur mit Zustimmung der Jagd-
ausübenden und Fischereiausübungsberechtigten durch-
führbar sein . Das bedeutet, dass Einzelpersonen eine
effektive Bejagung invasiver Arten dauerhaft blockieren
und damit den Schutz der heimischen Tierwelt gefährden
könnten . Sie führen hier allen Ernstes bei der Anordnung
von hoheitlichen Ausführungsbestimmungen eine Ein-
vernehmensregelung für private Nutzer ein?! Das ist ein
haarsträubendes Verständnis unseres Rechtssystems . Das
sieht übrigens nicht nur die grüne Bundestagsfraktion
sehr kritisch, sondern auch das Bundesjustizministerium .
Es ist unbestritten sinnvoll, bei der Umsetzung eines
erfolgreichen Wildtiermanagements auf eine Einigung
mit allen wichtigen Akteuren wie Naturschutzfachleuten,
Tierschutzorganisationen und Jagd- oder Fischereiaus-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 243 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 29 . Juni 201725104
(A) (C)
(B) (D)
übenden hinzuwirken . Falls dies nicht gelingt, muss die
Jagdbehörde aber am Ende ein wirksames Anordnungs-
recht für nötige Maßnahmen haben, um handlungsfähig
zu bleiben und das Gemeinwohl zu wahren . Die Große
Koalition will durch ihren Änderungsantrag genau das
verhindern .
Darüber hinaus schaffen Sie mit dem Gesetzentwurf
Rechtsunsicherheiten für Tierschutzorganisationen, Tier-
heime, Auffangstationen, zoologische Gärten und Privat-
halter . Es ist unklar, inwiefern und unter welchen kon-
kreten Bedingungen sie diese als invasiv gelisteten Tiere
weiterhin aufnehmen, pflegen oder weitervermitteln kön-
nen . Hier ist es dringend nötig, nachzubessern und für
rechtliche Sicherheit und Klarheit zu sorgen .
Gleiches gilt im Übrigen auch für die fehlenden Vor-
gaben bei Managementmethoden . Insgesamt muss es
darum gehen, präventiv die Ein- und Ausbringung von
invasiven Arten einzudämmen bzw . zu verhindern und
nicht erst anzusetzen, wenn sich die Tiere oder Pflanzen
bereits ausgebreitet haben . Tierschutzgerechte und nicht
tödliche Maßnahmen müssen dabei immer Priorität ha-
ben .
Aufgrund all dieser Mängel wird meine Fraktion die-
sen eigentlich dringend nötigen, aber in seiner Ausfüh-
rung absolut inakzeptablen Gesetzentwurf ablehnen .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin
bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit: Weltweit gelten invasive Arten,
also Arten, die durch den Einfluss des Menschen in ein
neues Verbreitungsgebiet gelangt sind und in ihrer neu-
en Umgebung negative Auswirkungen auf andere Arten
oder Biotope haben, als zweitgrößte Gefährdung für die
biologische Vielfalt, übertroffen nur durch die Gefahr
durch die Zerstörung der natürlichen Lebensräume .
Auf internationaler Ebene ist die Bekämpfung inva-
siver Arten daher Gegenstand vielfältiger Bemühungen .
Insbesondere haben sich die Vertragsparteien im Rah-
men des Übereinkommens über die biologische Vielfalt
(CBD) verpflichtet, die Einbringung nichtheimischer
Arten, welche Ökosysteme, Lebensräume oder andere
Arten gefährden, nach Möglichkeit zu verhindern bzw .
diese Arten zu kontrollieren oder zu beseitigen .
Die europäischen Naturschutzrichtlinien enthalten nur
Verpflichtungen zum Schutz der Tier‑ und Pflanzenwelt
vor der Ansiedlung nichtheimischer Arten .
Mit der Verabschiedung der EU-Verordnung über in-
vasive gebietsfremde Arten hat die Europäische Union
auf der Basis der CBD-Empfehlungen umfangreiche
Regelungen zur Prävention, Minimierung und Abschwä-
chung der nachteiligen Auswirkungen dieser Arten erlas-
sen . Viele der auf der zugehörigen sogenannten Unions-
liste aufgeführten invasiven Tier‑ und Pflanzenarten, etwa
der Waschbär, sind auch in Deutschland weit verbreitet .
Dass sich die Einbringung ursprünglich aus Nordame-
rika stammender Krebse in unseren Gewässern als äu-
ßerst problematisch erwiesen hat, da sie Überträger der
für einheimische Flusskrebsarten tödlichen „Krebspest“
sind, dürfte hingegen eher nur Fachleuten bekannt sein .
Deutschland ist verpflichtet, Maßnahmen zum Ma-
nagement invasiver Arten der Unionsliste zu erlassen
und die in der EU-Verordnung enthaltenen Verbote, etwa
in Bezug auf den Handel, die Haltung und Zucht oder die
Freisetzung in die Umwelt, durchzusetzen .
Der Ihnen vorliegende Entwurf für ein Durchfüh-
rungsgesetz enthält die notwendigen gesetzlichen Rege-
lungen, um den Vollzug der EU-Verordnung über inva-
sive gebietsfremde Arten in Deutschland einzurichten .
Die Änderungen betreffen die artenschutzrechtlichen
Vorschriften in Kapitel 5 des Bundesnaturschutzgeset-
zes . Zudem wird eine ergänzende Regelung im Jagdrecht
vorgenommen .
Insbesondere werden die Zuständigkeiten geregelt so-
wie die erforderlichen Eingriffsbefugnisse für die zustän-
digen Behörden zur Verfügung gestellt . Außerdem wird
das Verfahren zur Erstellung der durch die EU-Verord-
nung geforderten Aktionspläne und zur Festlegung von
Managementmaßnahmen geregelt .
Weiterhin wird unter anderem ein Genehmigungssys-
tem für die Zulassung von Forschung an invasiven Arten
und die Ex-situ-Erhaltung eingerichtet . Einer Anregung
des Bundesrates folgend hat der Umweltausschuss emp-
fohlen, eine Regelung aufzunehmen, die klarstellt, dass
vor Inkrafttreten der Unionsliste in Zoos gehaltene Tiere
bis zu ihrem Ableben dort auch weiterhin ohne Genehmi-
gung gehalten werden dürfen .
Die bestehenden Regelungen des Bundesnaturschutz-
gesetzes zu invasiven Arten werden mit dem Gesetzent-
wurf an das neue System der EU-Verordnung angepasst .
Schließlich wird auch im Jagdrecht eine ergänzende
Regelung zur Mitwirkung der Jagdbehörden und Jäger
beim Management von dem Jagdrecht unterliegenden in-
vasiven Arten aufgenommen .
Wir brauchen dieses Gesetz dringend, um die unmit-
telbar geltenden Regeln der EU-Verordnung vollziehen
zu können . Ich bitte um Ihre Zustimmung zu dem Ent-
wurf .
Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
243. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 7 Regierungserklärung: Europäischer Rat und G20-Gipfel
TOP 8 Strafrecht – nicht genehmigte Kraftfahrzeugrennen
TOP 9, ZP 1-3 Abrüstungspolitik
TOP 10 Bundeswehreinsatz im Mittelmeer (EUNAVFORMED)
TOP 11 Bericht des 3. Untersuchungsausschusses (NSU)
ZP 4 Aktuelle Stunde zur parlamentarischen Kontrolle in Zeiten der großen Koalition
TOP 12 Änderung des StGB - Wohnungseinbruchdiebstahl
TOP 13 Bürgerversicherung, Absicherung von Selbständigen
TOP 14 Gesetz zur Förderung von Mieterstrom
TOP 15 Gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West
TOP 16 Bundeswehreinsatz im Libanon (UNIFIL)
TOP 17 Bundespolizeibeauftragtengesetz
TOP 20 Verordnung über den Umgang mit Nährstoffen
TOP 35, 21b Überweisungen im vereinfachten Verfahren
TOP 36, 35c, ZP 5 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
ZP 6 Wahl ParlamentarischerKontrollausschuss Europol
ZP 7 Wahl BeratungsgremiumStasi-Unterlagengesetz
TOP 19 Bundesweiter Aktionsplan gegen Sexismus
TOP 34 Baukulturbericht 2016/17
TOP 36 ddd Änderung des Aufenthaltsgesetzes
TOP 22 Aufarbeitung der Verbrechen der Colonia Dignidad
TOP 23 Änderung der Abgabenordnung
TOP 24 Gesetz zur EU-Richtlinie über Versicherungsvertrieb
TOP 25 Kinder- und Jugendstärkungsgesetz
TOP 26, ZP 8 Unternehmen aus bürgerschaftlichem Engagement
TOP 27 Freiheitsbeschränkende Maßnahmen gegenüber Kindern
ZP 9 Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen
ZP 10 Management invasiver gebietsfremder Arten
Anlagen
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10
Anlage 11
Anlage 12