Rede von
Stephan
Mayer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolle-
ginnen! Sehr geehrte Kollegen! Herr Kollege von Notz,
die ersten drei Sätze Ihrer Rede waren durchaus überra-
schend für mich . Sie waren sehr staatstragend . Ich war
dann aber doch beruhigt, als Sie ab dem vierten Satz wie-
der in Ihre Klischees und Ihre althergebrachten Muster
zurückgefallen sind . Insoweit haben Sie also tatsächlich
leider nichts dazugelernt, insbesondere was die aktuelle
Bedrohungssituation unseres Landes anbelangt .
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, be-
vor ich auf den konkreten Gesetzentwurf eingehe, er-
lauben Sie mir ein paar Sätze zum Bundeskriminalamt
im Generellen . Das Bundeskriminalamt ist seit seiner
Gründung 1951 untrennbar und eng mit der Geschich-
te der inneren Sicherheit unseres Landes verbunden . Es
hat eine sehr vielschichtige, eine sehr wechselvolle Ge-
schichte hinter sich . Nicht ohne Grund lautet der Titel
des Gesetzes, das als Grundlage für das Bundeskriminal-
amt dient, „Gesetz über das Bundeskriminalamt und die
Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in krimi-
nalpolizeilichen Angelegenheiten“ . Über die Jahrzehnte
hinweg sind die Befugnisse und die Kompetenzen des
Bundeskriminalamtes deutlich erweitert worden . Es sind
Möglichkeiten geschaffen worden wie die, dass der Ge-
neralbundesanwalt das Bundeskriminalamt mit Ermitt-
lungen beauftragt . Es sind originäre Ermittlungskompe-
tenzen für das Bundeskriminalamt geschaffen worden .
Das Bundeskriminalamt hat die Aufgabe zugesprochen
bekommen, insbesondere im Bereich der kriminaltechni-
schen Forschung tätig zu sein . Zuletzt hat das Bundeskri-
minalamt richtigerweise Befugnisse zur Gefahrenabwehr
im Bereich des islamistischen Terrorismus bekommen .
Der Grund für die vielen Änderungen des BKA-Geset-
zes in den letzten Jahrzehnten war nicht nur der Zuwachs
an Aufgaben und die gestiegenen Herausforderungen,
die sich unserem Land im Bereich der inneren Sicherheit
stellen, sondern insbesondere auch die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichtes, beginnend mit dem
Volkszählungsurteil, das völlig neue Anforderungen an
die polizeilichen Informationsbefugnisse gestellt hat . Ich
möchte aber, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kol-
legen, behaupten: Das Bundeskriminalamt steht jetzt vor
der größten Herausforderung seiner Geschichte, insbe-
sondere angesichts der eminenten Bedrohung durch den
islamistischen Terrorismus . Natürlich ist es hier nicht
alleine gefordert, sondern zusammen mit den anderen
Bundessicherheitsbehörden, zusammen mit den Sicher-
heitsbehörden der Länder . Aber ich glaube, man kann
schon behaupten, dass dem Bundeskriminalamt hier eine
zentrale Rolle zukommt .
Nicht ohne Grund haben wir als Haushaltsgesetzge-
ber, insbesondere auf Betreiben der CDU/CSU, die Zahl
der Stellen für das Bundeskriminalamt für die Jahre 2016
bis 2020 um 1 300 erhöht . Das bedeutet: Innerhalb von
nur fünf Jahren wird die Belegschaft des Bundeskrimi-
nalamtes um 25 Prozent erhöht . Das ist richtig . Das ist
aber auch den gestiegenen Herausforderungen geschul-
det .
Der Anlass für die jetzt vorliegende Novellierung des
BKA-Gesetzes ist insbesondere das Urteil des Bundes-
verfassungsgerichtes vom 20 . April letzten Jahres und die
EU-Datenschutzrichtlinie, die den öffentlichen Bereich
regelt . Diese Novellierung hat vor allem drei Ziele zum
Inhalt . Zum einen geht es darum, den Datenschutz zu
erhöhen . Zum anderen geht es darum, eine Harmonisie-
rung und eine Verbesserung des Informationsaustausches
mit den Polizeibehörden anderer EU-Länder vorzuneh-
men; gerade hochaktuell angesichts der Erfahrungen des
schrecklichen Anschlags vom Breitscheidplatz . Das drit-
te Ziel ist, dass das BKA modernisiert wird, vor allem
die Informationstechnologie verbessert wird, und dem
Bundeskriminalamt in Zukunft eine stärkere Zentralstel-
lenfunktion in der Sicherheitsarchitektur in Deutschland
zukommt . Das sind drei wichtige Ziele .
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, zum
Datenschutz . Das Bundesverfassungsgericht – ich bin
dem Kollegen Grötsch sehr dankbar, dass er dies deut-
lich gemacht hat – hat nicht in Gänze geurteilt, dass die
Befugnisse, insbesondere die verdeckten Ermittlungsbe-
Dr. Konstantin von Notz
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 219 . Sitzung . Berlin, Freitag den 17 . Februar 2017 21981
(C)
(D)
fugnisse, im Bereich des islamistischen Terrorismus ver-
fassungswidrig sind,
sondern es hat geurteilt, dass es an der einen oder ande-
ren Stelle Nachbesserungsbedarf im Lichte des Verhält-
nismäßigkeitsgrundsatzes gibt bezüglich Benachrichti-
gungspflichten oder Löschungspflichten.
Sehr geehrter Herr Kollege von Notz, ich wehre mich
massiv gegen Ihren Vorwurf und vor allem den Vorwurf
gegenüber dem Bundesinnenminister, dass das Bundes-
innenministerium mit diesem Gesetzentwurf das Bun-
desverfassungsgericht herausfordert oder provoziert .
Ganz im Gegenteil . Ich sage ganz offen: Ich erwarte von
einem Bundesinnenminister, dass er, wenn wir ein der-
artiges Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wie das
vom 20 . April letzten Jahres bekommen, nicht wartet, bis
die Umsetzungsfrist abläuft – sie läuft nämlich erst am
30 . Juni 2018 ab –, sondern dass er angesichts der jetzi-
gen Bedrohung schnell und effektiv reagiert .
Deshalb ist dieser Gesetzentwurf keine Provokation und
keine Herausforderung des Verfassungsgerichtes, son-
dern eine sachgerechte Umsetzung des Urteils .
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der
Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung wird
besser ausgestaltet . Es gibt Verbesserungen bei den Lö-
schungs- und Benachrichtigungspflichten, insbesondere
wird dem Transparenzgebot stärker Rechnung getragen .
Der Schutz von Berufsgeheimnisträgern wird verbessert .
Die Stellung der Bundesdatenschutzbeauftragten beim
polizeilichen Informationsaustausch wird gestärkt .
Ich glaube, man kann mit Fug und Recht behaupten, das
Urteil des Verfassungsgerichtes, das durchaus ein Grund-
satzurteil bezüglich des polizeilichen Datenschutzes ist,
wird entsprechend umgesetzt .
Der zweite wichtige Punkt ist die Modernisierung der
Informationstechnologie in der Sicherheitsarchitektur .
Ich sage ganz offen, meine sehr verehrten Kolleginnen
und Kollegen, es ist anachronistisch, dass wir in 16 Län-
dern und im Bund 17 verschiedene ITs im Bereich der
Polizeien haben . Das ist nicht mehr sachgerecht, das ist
nicht mehr zeitgemäß . Das stammt aus einer Zeit vor
den 70er-Jahren unter dem damaligen BKA-Präsiden-
ten Horst Herold . Das muss entsprechend modernisiert
werden . Dem BKA muss insbesondere im Bereich der
Informationstechnologie, auch gegenüber den Ländern,
eine stärkere Rolle zugeschrieben werden .
Letztens, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kol-
legen, wird mit dieser neuen Befugnisnahme für das An-
bringen der elektronischen Fußfessel auch ein Beispiel
für die Länder gegeben . Wir haben die klare Erwartungs-
haltung, dass die Länder in ihren Polizeiaufgabengeset-
zen dem Beispiel des Bundes folgen und entsprechend
auch Befugnisnahmen schaffen, um Gefährder und damit
hochgefährliche Personen, für deren Rund-um-die-Uhr-
Observierung 24 bis 30 Beamte benötigt werden, zur Not
auch mit der elektronischen Fußfessel zu überwachen .
Ich glaube, dass ist ein erheblicher und wesentlicher
Schritt nach vorne . Deswegen sollten wir, meine Kol-
leginnen und Kollegen, diesen Gesetzentwurf im parla-
mentarischen Verfahren in der gebotenen Sorgfalt und
gebotenen Seriosität, aber auch in der gebotenen Eile
angesichts der erheblichen Bedrohungssituation beraten .
Darum bitte ich .