Rede von
Dr.
Heribert
Hirte
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie-
be Zuhörer oben auf den Tribünen! Das Thema Mana-
gervergütung haben Sie, liebe Kollegen von den Grünen,
zu Recht auf die Tagesordnung gesetzt . Der Fall, der uns
hier beschäftigt, nämlich der Fall der Abfindungszahlung
an die frühere SPD-Politikerin – das muss man schon
einmal sagen – Hohmann-Dennhardt, ist in der Tat skan-
dalös .
Dann darf und muss man natürlich auch einen Blick
zurück werfen, was eigentlich die Vorgeschichte ist . Aus-
gangspunkt waren – das haben Sie gesagt – die Manipu-
lationen bei den Abgaswerten . Was wir jetzt sehen, ist
das, was das Fass zum Überlaufen gebracht hat . Diese
Manipulationen bei den Abgaswerten haben zu Straf-
zahlungen in astronomischer Höhe geführt, sie haben zu
Rückstellungsbedarf in der Bilanz bei Volkswagen ge-
führt . Wir wissen noch gar nicht, ob man da schon am
Ende angekommen ist . Als Folge davon sehen wir natür-
lich auch, dass dies möglicherweise Auswirkungen auf
die Ausschüttungen an die Gesellschafter und auch auf
die Berechnung der Vorstandsvergütung hat . Deshalb ist
das in der Tat ein irre heißes Thema .
Jetzt kommen wir zu der Frage, die gerade einige der
Kollegen vorgebracht haben und die auch in Ihrem An-
trag enthalten ist, ob die richtige Antwort das Steuerrecht
ist . Sie wollen den Betriebsausgabenabzug für Vorstands-
vergütungen ab einer bestimmten Höhe einschränken .
Der Kollegin Wagenknecht stimme ich sonst nur un-
gern zu, aber hier tue ich das sehr gerne . Die Wirtschaft
bestätigt genau das, was die Kollegin Wagenknecht ge-
sagt hat: Steuerliche Beschränkungen dieser Art führen
nicht zu einer Verkürzung, zu einer Reduktion der Vor-
standsvergütung .
Der einzige Effekt ist: Es wird weiter gezahlt, die Steuern
für die Unternehmen steigen, und das bedeutet, dass das,
was den Aktionären und den Arbeitnehmern zur Verfü-
gung steht, sinkt . Das ist der Effekt des Antrags, den Sie
hier bringen .
– Zu den anderen Lösungsansätzen komme ich noch .
Um es kurz zu sagen: Dieser Antrag führt zu einem
Mehr für den Staat, einem Weniger für Unternehmen,
Kleinaktionäre und Arbeitnehmer und einem allenfalls
unklaren Effekt auf die Höhe der Managerbezüge .
Wenn man das steuerlich weiterdenkt – ich habe das
getan, und ich bin sicher, das Finanzministerium tut das
auch –, dann stellt sich die weitere Frage, ob der Teil,
der dann nicht mehr als Betriebsausgabe berücksichtigt
werden kann, möglicherweise als Gewinn ausgeschüttet
werden kann – mit im Übrigen besseren Effekten für die
Vorstandsmitglieder, nämlich mit geringerer Besteue-
rung . Sie haben das nicht zu Ende gedacht . Das ist nicht
die Lösung, die wir uns vorstellen können, weil sie weder
gesellschaftsrechtlich, was die Vergütungshöhe angeht,
noch steuerlich zu dem führt, was Sie eigentlich wollen .
Ich knüpfe an das an, was der Kollege Meister gesagt
hat: Das alles muss in der Tat vor dem Grundgesetz Be-
stand haben, vor dem Artikel 3, der Gleichbehandlung .
Wir müssen uns dann fragen: Gibt es auch andere Fälle,
die ähnlich sind? Ich verweise nur auf die Aufsichtsrats-
vergütungen, die im Augenblick nicht abgezogen bzw .
nicht voll abgezogen werden können . Wenn Sie jetzt
hingehen und eine andere Obergrenze einführen wollen,
dann müssten wir über die Frage nachdenken, ob nicht
vielleicht aus steuersystematischen Gründen auch die
Aufsichtsratsvergütungen bis genau zu dieser Grenze ab-
zugsfähig sind . Auch hier geht der Schuss nach hinten
los, auch hier wurde nicht zu Ende gedacht .
Ich glaube, es war Kollege Kindler, der gesagt hat:
Dann kommen Sie mit eigenen Vorschlägen! – Ja, es
gibt Vorschläge . Natürlich diskutieren wir das . Wenn
Carsten Schneider
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 219 . Sitzung . Berlin, Freitag den 17 . Februar 2017 21961
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man einmal Unternehmensbesteuerung auf der einen
Seite und individuelle Besteuerung bei den Vorstands-
mitgliedern auf der anderen Seite zusammen betrachtet
und berechnet, dann treibt mich der Punkt wirklich um,
dass einige dieser Vorstandsmitglieder ihr persönliches
Einkommen ausschließlich im Ausland versteuern . Da
muss man natürlich einmal über die Frage nachdenken
dürfen, ob nicht die Tätigkeit eine Tätigkeit ist, die dem
Unternehmen zuzuordnen ist und damit als persönliche
Einkommensteuer dann im Inland zu versteuern ist . Es
ist nicht so, dass wir da keine Vorschläge hätten .
Aber Ihre Vorschläge zur steuerlichen Abzugsfähig-
keit führen uns nicht zum Ergebnis . Deshalb ist es ent-
scheidend, dass wir uns das Gesellschaftsrecht ansehen .
Es ist mehrfach gesagt worden: Der Aufsichtsrat ist für
die Bestellung der Vorstandsmitglieder zuständig . Des-
halb müssen wir uns fragen, warum ein Aufsichtsrat sol-
che zu Recht als zu hoch empfundenen Zahlungen erst
einmal bewilligt und anschließend, wenn es zu Schäden
kommt – denn das ist die andere Seite der Medaille –,
es unterlässt, die Vorstandsmitglieder haftbar zu machen .
Dann fragt man sich auch hier, warum das gerade bei
Volkswagen ein solcher Skandal ist . Sie haben eben nur
halb darauf hinweisen und nur halb zuhören wollen, aber
da sind natürlich SPD und Grüne in der Pflicht. Sie könn-
ten in der Hauptversammlung die entsprechenden Mehr-
heiten organisieren und die Haftung realisieren .
Dann kommen wir zu der Frage, die uns allgemein
umtreiben sollte: Warum gibt es – so wie es bei Volkswa-
gen ist, ist es nicht bei allen anderen Gesellschaften – sol-
che überhöhten Vergütungen? Das liegt an der Struktur
börsennotierter Aktiengesellschaften mit einer anony-
men Eigentümerstruktur . Wir müssen uns die Frage stel-
len, wie hier das Problem gelöst werden kann .
Wir haben es schon gehört: Wir sind dieses Problem
angegangen . Der Kollege Schneider – ich bin ihm dank-
bar, dass er das ausdrücklich gesagt hat – hat erklärt: Wir
müssen die Verantwortung für die Festlegung der Vergü-
tungshöhe in die Hände derer legen, die die Zeche bezah-
len . Das sind die Aktionäre, das sind die Gesellschafter .
Genau das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart .
Wir warten seit drei Jahren darauf, dass das SPD-ge-
führte Justizministerium uns hierzu einen Vorschlag
macht . Wir warten nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag .
Schließlich haben wir – auch das möchte ich sagen – eine
solche Regelung am Ende der letzten Legislaturperiode
in diesem Hause schon einmal verabschiedet . Sie ist im
Bundesrat gekippt worden, aber nicht mit den Stimmen
der Union . Wir hätten schon längst eine Regelung zur
Begrenzung der Managervergütung, wenn Sie sie nicht
blockiert hätten .
Ich möchte aus dem Koalitionsvertrag zitieren . Da
heißt es:
Um Transparenz bei der Feststellung von Mana-
gergehältern herzustellen, wird über die Vorstands-
vergütung künftig die Hauptversammlung auf Vor-
schlag des Aufsichtsrats entscheiden .
Es geht nicht darum, ihn nur anzuhören; denn das hilft
nicht . Man muss entscheiden . Am Ende entscheiden die
Eigentümer .
Natürlich folgt die Frage, ob das reicht, weil mög-
licherweise in den Hauptversammlungen die gleichen
Mehrheiten bestehen, die den Aufsichtsrat gewählt ha-
ben . Ich kann Ihnen sagen: Natürlich denken wir auch
darüber nach . Ich kann Ihnen auch die Idee nennen, die
ich schon ein paar Mal in den Raum gestellt habe . Wir
brauchen ein Recht der Minderheitsaktionäre – eine
Zahl X, einen bestimmten Prozentsatz –, das es ihnen er-
möglicht, sich dann, wenn ihnen die Vorstandsvergütung
als zu hoch erscheint, an ein drittes Gremium zu wenden .
Das wäre naheliegenderweise – der Kollege Meister hat
es eben schon angesprochen – wie bei den Kreditinstitu-
ten die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht .
Dort könnte geklärt werden, ob die Höhe angemessen ist .
Angemessenheit orientiert sich an dem, was die or-
dentliche mittelständische Wirtschaft, nämlich die Leis-
tungsträger unserer Gesellschaft, an Vergütung zahlt .
Damit führen wir die Vergütung auf Maß und Mitte
zurück . Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekom-
men – wenn nicht jetzt mit Ihnen, dann in der nächsten
Legislaturperiode .
Vielen Dank .