Damit schließe ich die Aussprache .
Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetz-
entwurfs auf der Drucksache 18/11161 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen . – Andere Vorschläge dazu gibt es nicht . Dann ist die
Überweisung so beschlossen .
Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 8 sowie den Tagesord-
nungspunkt 5 auf:
ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin
Andreae, Dr . Thomas Gambke, Renate Künast,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN
Mehr für das Gemeinwohl – Steuerabzug für
Managergehälter deckeln
Drucksache 18/11176
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
5 . Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr . Sahra
Wagenknecht, Dr . Dietmar Bartsch, Klaus Ernst,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE
Managergehälter wirksam begrenzen
Drucksache 18/11168
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Federführung strittig
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 60 Minuten vorgesehen . – Widerspruch
gegen die Dauer der Aussprache erhebt sich keiner . Dann
ist das so beschlossen .
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Katrin Göring-Eckardt das Wort .
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ma-
nagergehälter, Boni: Kartell des Schweigens über Jahre .
Geschwiegen haben die Manager natürlich selbst . Ge-
schwiegen hat die Große Koalition . Geschwiegen haben
Aufsichtsräte . Geschwiegen hat ein Ministerpräsident .
Geschwiegen haben sogar Betriebsräte und Gewerk-
schafter . Alle, die immer gern über Gerechtigkeit reden,
wenn es um die anderen geht, schweigen .
Ein Kanzlerkandidat redet – gut so –, schweigt aber,
wenn es plötzlich um VW geht, wenn es plötzlich um das
Stammland geht, wenn es plötzlich um die eigenen Leu-
te geht . Wenn es um Glaubwürdigkeit gehen soll, dann
macht man das anders, meine Damen und Herren .
Also reden wir . Anlass dieses Mal: 12 Millionen
Euro Abfindung für 13 Monate Tätigkeit von Christine
Hohmann-Dennhardt im VW-Vorstand . Sie erinnern
sich? Das war jene Frau, die von Daimler abgeworben
wurde, um im Zuge des Dieselabgasskandals Ordnung
in den Saustall VW zu bringen . Sie war Integritäts- und
Compliance-Chefin – ausgerechnet. 12 Millionen Euro.
Es ist nicht verwunderlich, dass bei VW ausgerech-
net die Frau für Integritätsfragen geht . Es ist auch nicht
verwunderlich, dass es die Abfindungspraktiken immer
noch gibt . Schließlich bezahlte der Konzern – wir erin-
nern uns – auch die Heizung für den Koi-Karpfen-Teich
des früheren VW-Chefs . Seine Betriebsrente von VW üb-
rigens 3 100 Euro pro Tag . Schon klar, dass es dann für
den Koi nicht mehr reicht .
Nun kommt ausgerechnet von VW der Vorschlag, Ma-
nagergehälter auf 10 Millionen Euro zu begrenzen .
Klar, wenn man die Rekordbezüge von 17,5 Millionen
Euro als Maßstab nimmt, die der Ex-Vorstandsvorsitzen-
de Winterkorn eingestrichen hat, sind 10 Millionen Euro
schon weniger . Wenn man sich einmal anschaut, was im
DAX los ist, dann sieht man: Es gibt genau zwei Vorstän-
de, die darüber liegen . Für alle anderen ist das, was VW
vorschlägt, eine Orientierung nach oben . Meine Damen
und Herren, das ist obszön . Das ist alles andere, als ver-
standen zu haben, worum es hier eigentlich geht .
Es ist doch tragisch, dass man heute bei VW nicht an
moderne Autos, an sichere Autos, an umweltbewusste
Autos, gar an Elektroautos denkt, sondern man denkt an
Boni, Dieselskandal . Aber es gibt leider überhaupt nie-
manden, der dafür Verantwortung übernimmt . Das scha-
det dem Gemeinwohl, meine Damen und Herren, und
zwar grundständig .
Es ist doch absurd . Es widerspricht auch allen wirt-
schaftlichen Ideen, wie man nachhaltig wirtschaftet . Und
es widerspricht übrigens auch dem, was die allermeisten
Menschen, die heute in der Wirtschaft Verantwortung
übernehmen, denken und sagen . Die vielen Unterneh-
merinnen und Unternehmer, die redlich handeln, die vie-
len Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich nicht
obszöne Beträge in die eigene Tasche stecken, werden in
Mithaftung genommen . So wird ein ganzer Berufszweig
Dr. Volker Ullrich
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 219 . Sitzung . Berlin, Freitag den 17 . Februar 2017 21953
(C)
(D)
durch solch obszönes Handeln diskreditiert, meine Da-
men und Herren .
Kein Zweifel: Manager in einem großen Konzern zu
sein, ist ein harter Job . Die Verantwortung ist groß . Aber
dass man deswegen 57-mal mehr verdienen muss – das
ist der Durchschnitt bei DAX-Unternehmen – als der Ar-
beiter im eigenen Unternehmen, das geht nicht, das hat
nichts mit Zusammenhalt zu tun . Das ist das Gegenteil
von dem, was Verantwortung bedeutet .
Da will ich gar nicht über die Rettungssanitäterin und
ihre Verantwortung reden; das werden sich viele dazu-
denken . Solche Millionengehälter, meine Damen und
Herren, kann man nicht mit Leistung, Verantwortung,
Weitblick rechtfertigen – all dem, von dem dann immer
die Rede ist . Denn auch in einem DAX-Konzern gilt:
Es sind immer viele Menschen für den Erfolg verant-
wortlich, mit ihrer Leistung, mit ihrer Kreativität, ihrem
Engagement und ihrem Wissen . Ja, wer viel leistet, soll
anständig bezahlt werden – natürlich! Aber was hier ge-
schieht, hat eben nichts mit nachhaltiger Unternehmens-
führung zu tun .
Vor allem – wenn es um Vertrauen geht –: Was ist
denn eigentlich, wenn man sich seiner Verantwortung
als nicht würdig erweist, weil man es etwa in der Auto-
mobilbranche verschläft, zukunftsfähige Entscheidungen
zu treffen, wie beispielsweise in Bezug auf die Elektro-
mobilität, oder wenn durch den Abgasskandal bei VW
23 000 Menschen ihre Jobs verlieren? Was macht dann
der Vorstand? Er streicht immer noch 63,2 Millionen
Euro im Geschäftsjahr 2015 ein . Das geht nicht, meine
Damen und Herren .
Wenn es einen Bonus gibt, dann muss es doch auch ei-
nen Malus geben . Das muss doch selbstverständlich sein .
Wenn man von Verantwortung redet, dann muss dies
auch dann gelten, wenn es schlecht läuft, meine Damen
und Herren .
Es kann nicht sein, dass es, wenn es schlecht läuft, eine
Extraschippe obendrauf gibt .
Sie von der Großen Koalition haben jahrelang nichts
dagegen getan, diese Praxis zu ändern .
Jahrelang waren Sie untätig, und dann beginnt der Wahl-
kampf und es tut sich etwas . Ich bin ja dafür – wenn es
jetzt geht, dann von mir aus gerne .
Selbst Frau Hasselfeldt hat sich inzwischen dafür aus-
gesprochen . Herzlichen Glückwunsch! Ich bin gespannt,
was Sie dazu sagen . Ich habe gehört, bei Ihnen in der
Fraktion gab es deswegen Ärger .
Ich bin gespannt . In Niedersachsen jedenfalls war
Herrn Weil die soziale Gerechtigkeit nicht so wichtig,
und er hat die Bosse gewähren lassen . Im Übrigen haben
auch die IG Metall und die Betriebsräte im Aufsichtsrat
kein gutes Bild abgegeben, sondern sie haben durchge-
winkt . Still war Herr Weil auch, als es um die 12 Millio-
nen Euro für Frau Hohmann-Dennhardt ging . Herr Kahrs
hat ja dann vorgeschlagen, dass Frau Dennhardt das Geld
doch bitte spenden könnte . Ein umfassenderes Einge-
ständnis, dass es eine absurde Praxis ist, ein umfassen-
deres Eingeständnis der eigenen, absurden Untätigkeit
kann es gar nicht geben, meine Damen und Herren .
Das Ganze hat Herr Weil im Fall Hohmann-Dennhardt
gemacht – das kann ich Ihnen nun wirklich nicht erspa-
ren –, obwohl die Mehrheit des Niedersächsischen Land-
tags, mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen und sogar der
CDU, beschlossen hat, dass es anders gehen soll .
Das war im Jahr 2013 . Im Jahr 2015 wurde immer noch
das Gegenteil getan . Und ich möchte wissen, wie Sie
das sehen . Ich möchte auch wissen, warum Sie im Ok-
tober 2016, als wir hier im Bundestag eine Debatte dazu
hatten, nicht zugestimmt haben . Da hätten Sie nämlich
auch schon die Gelegenheit gehabt, meine Damen und
Herren .
Ich fordere Sie auf: Handeln Sie jetzt endlich! Sorgen
Sie dafür, dass man mit dieser Obszönität aufhört! Sor-
gen Sie dafür, dass Zusammenhalt ernst gemeint ist, dass
Glaubwürdigkeit ernst gemeint ist und dass das nicht nur
für die unten gilt, sondern auch für die ganz oben . Dafür
stehen wir jedenfalls, und ich hoffe, Sie auch, meine Da-
men und Herren .