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    Plenarprotokoll 18/215 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 215. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2017 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Rainer Hajek, Jutta Eckenbach, Sieg­ mund Ehrmann und Barbara Woltmann . . . . 21459 A Wahl des Abgeordneten Matthias Gastel als Schriftführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21459 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21459 B Die Tagesordnungspunkte 10, 13 und 17 wer- den abgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21460 A Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister für Wirtschaft und Energie: Für inklusives Wachstum in Deutschland und Europa b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 2017 der Bun­ desregierung Drucksache 18/10990 . . . . . . . . . . . . . . . . 21460 B c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresgutachten 2016/2017 des Sachver­ ständigenrates zur Begutachtung der ge­ samtwirtschaftlichen Entwicklung Drucksache 18/10230 . . . . . . . . . . . . . . . . 21460 C d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Oliver Krischer, Katharina Drö- ge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jahres­ wohlstandsbericht einführen Drucksachen 18/7368, 18/7599 . . . . . . . . . 21460 D Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . 21461 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 21465 C Dr . Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 21466 D Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21468 D Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 21470 C Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 21472 B Andreas G . Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 21474 A Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 21475 D Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21476 C Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21477 D Dr . Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 21478 D Gabriele Katzmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 21480 B Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . 21481 A Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 21482 A Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsauf­ sichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsys­ tems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Finanz­ aufsichtsrechtergänzungsgesetz) Drucksache 18/10935 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21483 C Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21483 D Dr . Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 21485 B Ulrich Kelber, Parl . Staatssekretär BMJV . . . 21486 C Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21487 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017II Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21488 C Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21490 A Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21490 D Matthias Hauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21492 A Sarah Ryglewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21493 B Alexander Radwan (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 21494 C Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21495 A Tagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Re- nate Künast, Uwe Kekeritz, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zukunftsfähige Unter­ nehmensverantwortung – Wirksame Sanktionen bei Rechtsverstößen von Unternehmen Drucksache 18/10038 . . . . . . . . . . . . . . . . 21496 B b) Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Katja Keul, Renate Künast, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zukunftsfähige Unter­ nehmensverantwortung – Menschen­ rechtliche Sorgfaltspflichten im deut­ schen Recht verankern Drucksache 18/10255 . . . . . . . . . . . . . . . . 21496 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 21496 C Dr . Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . 21497 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 21499 D Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 21501 C Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21503 A Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21504 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21505 D Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 21506 D Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 21508 B Tagesordnungspunkt 33: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset­ zes zur weiteren Verbesserung des Hoch­ wasserschutzes und zur Vereinfachung von Verfahren des Hochwasserschutzes (Hochwasserschutzgesetz II) Drucksache 18/10879 . . . . . . . . . . . . . . . . 21509 C b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset­ zes zur Änderung raumordnungsrechtli­ cher Vorschriften Drucksache 18/10883 . . . . . . . . . . . . . . . . 21509 C c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge­ setzes zur Neuregelung des Rechts zur Sicherstellung der Ernährung in einer Versorgungskrise Drucksache 18/10943 . . . . . . . . . . . . . . . . 21509 D d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zehn­ ten Gesetzes zur Änderung des Weinge­ setzes Drucksache 18/10944 . . . . . . . . . . . . . . . . 21509 D e) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Halina Wawzyniak, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LIN- KE: Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein – Polizei und Justiz entlasten Drucksache 18/7374 . . . . . . . . . . . . . . . . . 21509 D f) Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Matthias W . Birkwald, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verordnung gegen Stress in der Arbeitswelt erlassen Drucksache 18/10892 . . . . . . . . . . . . . . . . 21510 A g) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Tätigkeit der Verkehrs­ infrastrukturfinanzierungsgesellschaft im Jahr 2015 Drucksache 18/9545 . . . . . . . . . . . . . . . . . 21510 A h) Antrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie: Anpas­ sungsvertrag ERP­Förderrücklage Einholung eines zustimmenden Be­ schlusses des Deutschen Bundestages ge­ mäß § 6 Absatz 3 des ERP­Verwaltungs­ gesetzes Drucksache 18/10825 . . . . . . . . . . . . . . . . 21510 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Annalena Baerbock, Stephan Kühn (Dresden), Bärbel Höhn, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Klare CO2­Redukti­ onen im Flugverkehr schaffen Drucksache 18/9801 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21510 B Tagesordnungspunkt 34: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Ver­ waltungsrecht des Bundes Drucksachen 18/10183, 18/11007 . . . . . . . 21510 C b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Energiestatistikgesetzes (EnStatG) Drucksachen 18/10350, 18/10999 . . . . . . . 21510 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 III c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vorschlag für ei­ nen Beschluss des Rates über die Unter­ zeichnung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Regierung von Kanada über die Anwendung ihres Wettbewerbsrechts im Namen der Eu­ ropäischen Union und zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Regierung von Kanada über die Anwendung ihres Wettbewerbsrechts Drucksachen 18/10808, 18/11002 . . . . . . . 21511 A d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu der Verord- nung der Bundesregierung: Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2014/99/ EU und zur Änderung und Anpassung weiterer immissionsschutzrechtlicher Verordnungen Drucksachen 18/10756, 18/10924 Nr . 2 .1, 18/10998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21511 C e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu der Verord- nung der Bundesregierung: Verordnung zur Änderung der Chemikalien­Klima­ schutzverordnung Drucksachen 18/10837, 18/10924 Nr . 2 .3, 18/10997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21511 C f)–j) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 400, 401, 402, 403 und 404 zu Petitionen Drucksachen 18/10885, 18/10886, 18/10887, 18/10888, 18/10889 . . . . . . . . . 21511 D Tagesordnungspunkt 21: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs ei- nes Fünften Gesetzes zur Änderung des Sprengstoffgesetzes Drucksachen 18/10455, 18/10821, 18/10924 Nr . 1 .18, 18/11005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21512 B Tagesordnungspunkt 7: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung bewaffne­ ter deutscher Streitkräfte an der Mul­ tidimensionalen Integrierten Stabilisie­ rungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) auf Grundlage der Resolutionen 2100 (2013), 2164 (2014), 2227 (2015) und 2295 (2016) des Sicher­ heitsrates der Vereinten Nationen vom 25. April 2013, 25. Juni 2014, 29. Juni 2015 und 29. Juni 2016 Drucksachen 18/10819, 18/10967 . . . . . . . 21512 C – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung: Drucksache 18/10988 . . . . . . . . . . . . . . . . 21512 C Petra Ernstberger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21512 D Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 21513 C Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 21514 D Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21516 A Elisabeth Motschmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 21517 A Dirk Vöpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21518 A Dr . Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 21518 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 21519 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21523 C Tagesordnungspunkt 6: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Ausbildungsunterstüt­ zung der Sicherheitskräfte der Regie­ rung der Region Kurdistan­Irak und der irakischen Streitkräfte Drucksachen 18/10820, 18/10968 . . . . . . . 21520 A – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10989 . . . . . . . . . . . . . . . . 21520 A Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21520 B Vizepräsidentin Dr . h . c . Edelgard Bulmahn . . . 21522 C Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . 21522 D Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 21526 A Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 21527 A Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21528 A Wilfried Lorenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 21529 A Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 21530 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 21530 D Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 21531 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 21531 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21533 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017IV Tagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Ralph Lenkert, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bun­ deseinheitliche Netzentgelte für Strom Drucksachen 18/3050, 18/3749 . . . . . . . . . . . 21531 C Florian Post (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21531 D Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 21532 C Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21536 A Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 21537 B Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21538 C Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21539 C Dr . Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 21540 C Ulrich Freese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21541 B Tagesordnungspunkt 9: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu der Verord- nung der Bundesregierung: Zweite Ver­ ordnung zur Änderung der Sportanla­ genlärmschutzverordnung Drucksachen 18/10483, 18/10696 Nr . 2, 18/11006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21542 A b) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Peter Meiwald, Monika Lazar, Dr . Franziska Brantner, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Bundes­Immissionsschutzgesetzes Drucksachen 18/10859, 18/11006 . . . . . . . 21542 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald, Monika Lazar, Christian Kühn (Tübingen), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Sport und All­ tag verbinden – Lärmschutzregeln für Sportanlagen den heutigen Anforderun­ gen anpassen Drucksachen 18/4329, 18/11006 . . . . . . . . 21542 B Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21542 C Birgit Menz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 21543 B Karsten Möring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 21544 A Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21545 D Ulli Nissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21546 D Johannes Steiniger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 21547 D Michaela Engelmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 21549 A Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Harald Ebner, Ni- cole Maisch, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: zu den Entwürfen für eine Durchführungsverordnung und zwei Durchführungsbeschlüsse der Europäi­ schen Kommission über das Inverkehrbrin­ gen von Saatgut zum Anbau der gentech­ nisch veränderten Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 (Dokumente SANTE/10702/2016, SANTE/10704/2016, SANTE/10703/2016) hier: Stellungnahme gegenüber der Bun­ desregierung gemäß Artikel 23 Ab­ satz 3 des Grundgesetzes Keine Zulassung der gentechnisch verän­ derten Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 für den Anbau in der EU Drucksache 18/10976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21550 B Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21550 B Kees de Vries (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 21551 C Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 21552 B Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21553 B Rita Stockhofe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21554 B Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21554 D Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . 21556 B Zur Geschäftsordnung Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21557 A Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21558 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 21559 A Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nach­ trags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2016 (Nachtragshaushalts­ gesetz 2016) Drucksachen 18/10500, 18/10807, 18/10924 Nr . 1 .16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21560 A Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 21560 B Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 21561 B Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21562 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 V Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21563 C Alois Rainer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 21564 D Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Erfahrungen aus 14 Jahren „Krieg gegen den Terror“ – Eine Bilanz in Irak, Af­ ghanistan, Pakistan Drucksachen 18/7991, 18/10364 . . . . . . . . . . 21565 C Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 21565 C Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 21566 C Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 21566 D Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21568 B Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21569 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 21570 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21571 A Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 21571 C Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21572 A Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Ge­ setzes zur Novellierung von Finanzmarkt­ vorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellie­ rungsgesetz – 2. FiMaNoG) Drucksache 18/10936 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21573 C Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21573 C Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 21574 C Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21575 B Matthias Hauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21576 B Sarah Ryglewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21577 B Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Dr . Wolfgang Streng- mann-Kuhn, Christian Kühn (Tübingen), Corinna Rüffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wohnungslosigkeit wirkungsvoll angehen – Bundesweite Statistik einführen Drucksachen 18/7547, 18/11000 . . . . . . . . . . . 21578 A Daniela Kolbe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21578 B Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21579 C Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU) . . . . . . 21580 B Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21581 A Dr . Martin Pätzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 21582 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und SPD eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz – SoKaSiG) Drucksache 18/10631, 18/11001 . . . . . . . . . . . 21583 B Bernd Rützel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21583 B Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 21584 B Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 21585 B Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21586 A Wilfried Oellers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 21587 A Tagesordnungspunkt 16: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Patientenberatung unabhängig und gemeinnützig ausgestalten Drucksachen 18/7042, 18/9979 . . . . . . . . . . . 21588 B Reiner Meier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 21588 B Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 21589 A Helga Kühn-Mengel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 21590 A Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21591 A Dr . Georg Kippels (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 21592 B Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21593 A Tagesordnungspunkt 19: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Selbstverwal­ tung der Spitzenorganisationen in der gesetzlichen Krankenversicherung so­ wie zur Stärkung der über sie geführten Aufsicht (GKV­Selbstverwaltungsstär­ kungsgesetz) Drucksachen 18/10605, 18/10817, 18/10924 Nr . 1 .17, 18/11009 . . . . . . . . . . . 21594 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017VI b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Ha- rald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W . Birkwald, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Patientenvertretung in der Gesundheitsversorgung stärken – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Dr . Harald Terpe, Maria Klein- Schmeink, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Frakti- on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit Beitragsgeldern der gesetzlich Ver­ sicherten sorgsam umgehen – Mehr Transparenz und bessere Aufsicht über die Selbstverwaltung im Ge­ sundheitswesen Drucksachen 18/10630, 18/8394, 18/11009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21594 C Tagesordnungspunkt 18: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gute Ausbildung – Gute Arbeit – Gute Pflege Drucksachen 18/7414, 18/11003 . . . . . . . . 21595 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Elisabeth Scharfen- berg, Kordula Schulz-Asche, Maria Klein- Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Integrative Pflegeausbildung – Pflegebe­ ruf aufwerten, Fachkenntnisse erhalten Drucksachen 18/7880, 18/11004 . . . . . . . . 21595 A Erich Irlstorfer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21595 A Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 21596 B Bettina Müller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21597 B Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21598 D Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 21599 C Heike Baehrens (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 21600 B Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21601 C Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Vorschlägen der Europä­ ischen Kommission vom 7. März 2016 für Beschlüsse des Rates zur Festlegung von Standpunkten der Union in den Stabili­ täts­ und Assoziationsräten EU – Republik Albanien sowie EU – Republik Serbien im Hinblick auf die Beteiligung der Republik Albanien sowie der Republik Serbien als Beobachter an den Arbeiten der Agentur der Europäischen Union für Grundrech­ te und die entsprechenden Modalitäten im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 168/2007 des Rates Drucksachen 18/9990, 18/10966 . . . . . . . . . . 21602 D Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Dr . André Hahn, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Anglei­ chung der Entschädigungsleistungen für NS­Opfer Drucksache 18/10969 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21603 A Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Biodiversität schützen – Taxonomi­ sche Forschung ausbauen Drucksache 18/10971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21603 B Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Pharmazeutische Forschung gegen Infektionskrankheiten stärken – Nationale Wirkstoffoffensive starten Drucksache 18/10972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21603 C Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Fahrlehrerwesen und zur Änderung anderer straßenverkehrsrechtlicher Vor­ schriften Drucksache 18/10937 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21603 D Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt­Bundesamtes Drucksache 18/10882 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21604 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 VII Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten Drucksache 18/10938 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21604 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Wirtschafts­ partnerschaftsabkommen vom 15. Oktober 2008 zwischen den CARIFORUM­Staaten einerseits und der Europäischen Gemein­ schaft und ihren Mitgliedstaaten anderer­ seits Drucksachen 18/8297, 18/10950 . . . . . . . . . . 21604 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21604 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 21605 A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentli- chen Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräf- te zur Ausbildungsunterstützung der Sicher- heitskräfte der Regierung der Region Kurdis- tan-Irak und der irakischen Streitkräfte (Tagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21606 A Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21606 A Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU) . . . . . . 21606 C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Novellie- rung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanz- marktnovellierungsgesetz – 2 . FiMaNoG) (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . 21607 B Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21607 B Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Geset- zes zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (Sozialkassenverfahrensiche- rungsgesetz – SoKaSiG) (Zusatztagesordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . . . 21608 B Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 21608 B Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21609 A Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 21609 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Selbstverwal- tung der Spitzenorganisationen in der ge- setzlichen Krankenversicherung sowie zur Stärkung der über sie geführten Aufsicht (GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz) – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit: – zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Pati- entenvertretung in der Gesundheitsversor- gung stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Harald Terpe, Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit Beitragsgeldern der gesetz- lich Versicherten sorgsam umgehen – Mehr Transparenz und bessere Aufsicht über die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen (Tagesordnungspunkt 19 a und b) . . . . . . . . . . 21609 D Reiner Meier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 21610 A Dietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 21610 C Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21611 C Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 21612 C Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21613 B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission vom 7 . März 2016 für Beschlüsse des Rates zur Festlegung von Standpunkten der Union in den Stabilitäts- und Assoziationsräten EU-Republik Albanien sowie EU-Republik Serbien im Hinblick auf die Beteiligung der Republik Albanien sowie der Republik Serbien als Beobachter an den Arbeiten der Agentur der Europäischen Uni- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017VIII on für Grundrechte und die entsprechenden Modalitäten im Rahmen der Verordnung (EG) Nr . 168/2007 des Rates (Tagesordnungspunkt 22) . . . . . . . . . . . . . . . . 21614 A Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 21614 B Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU) . . . . . . . 21615 B Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21616 A Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 21616 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21617 B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Dr . André Hahn, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Angleichung der Entschädigungsleistungen für NS-Opfer (Tagesordnungspunkt 20) . . . . . . . . . . . . . . . . 21617 D Dr. André Berghegger (CDU/CSU) . . . . . . . . 21618 A Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 21618 D Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . . 21619 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 21620 C Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21621 C Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Biodiversität schützen – Taxonomische Forschung ausbauen (Tagesordnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . 21622 C Sybille Benning (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21622 C Dr. Philipp Lengsfeld (CDU/CSU) . . . . . . . . . 21623 B René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21624 A Birgit Menz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 21625 B Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21626 A Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Pharmazeutische Forschung gegen In- fektionskrankheiten stärken – Nationale Wirk- stoffoffensive starten (Tagesordnungspunkt 24) . . . . . . . . . . . . . . . . 21627 A Stephan Albani (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 21627 A Patricia Lips (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 21628 B René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21629 B Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 21630 B Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21631 A Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Fahrlehrer- wesen und zur Änderung anderer straßenver- kehrsrechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . 21631 D Patrick Schnieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 21631 D Stefan Zierke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21633 D Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 21634 C Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21635 B Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21636 A Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrperso- nalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundes- amtes (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 21636 C Oliver Wittke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 21636 C Udo Schiefner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21637 A Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 21638 B Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21639 A Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21639 D Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung über- tragbarer Krankheiten (Tagesordnungspunkt 27) . . . . . . . . . . . . . . . . 21640 C Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 21640 C Sabine Dittmar (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21641 C Birgit Wöllert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 21642 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 IX Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21643 B Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretä- rin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21644 A Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Wirtschafts- partnerschaftsabkommen vom 15 . Oktober 2008 zwischen den CARIFORUM-Staaten einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (Zusatztagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . 21644 D Dr. Georg Kippels (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 21644 D Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 21645 C Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 21647 A Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21648 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21459 215. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2017 Beginn: 9 .02 Uhr
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    4) Anlage 13 Vizepräsidentin Ulla Schmidt (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21605 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Barthle, Norbert CDU/CSU 26 .01 .2017 Binder, Karin DIE LINKE 26 .01 .2017 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 26 .01 .2017 Brinkhaus, Ralph CDU/CSU 26 .01 .2017 Bülow, Marco SPD 26 .01 .2017 Burkert, Martin SPD 26 .01 .2017 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 26 .01 .2017 Dröge, Katharina * BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26 .01 .2017 Eberl, Iris CDU/CSU 26 .01 .2017 Feiler, Uwe CDU/CSU 26 .01 .2017 Fischer (Karlsru- he-Land), Axel E . CDU/CSU 26 .01 .2017 Gambke, Dr . Thomas BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26 .01 .2017 Gohlke, Nicole DIE LINKE 26 .01 .2017 Gröhe, Hermann CDU/CSU 26 .01 .2017 Groth, Annette DIE LINKE 26 .01 .2017 Gunkel, Wolfgang SPD 26 .01 .2017 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 26 .01 .2017 Henn, Heidtrud SPD 26 .01 .2017 Hochbaum, Robert CDU/CSU 26 .01 .2017 Hübinger, Anette CDU/CSU 26 .01 .2017 Korte, Jan DIE LINKE 26 .01 .2017 Krellmann, Jutta DIE LINKE 26 .01 .2017 Kudla, Bettina CDU/CSU 26 .01 .2017 Launert, Dr . Silke CDU/CSU 26 .01 .2017 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 26 .01 .2017 Maizière, Dr . Thomas de CDU/CSU 26 .01 .2017 Murmann, Dr . Philipp CDU/CSU 26 .01 .2017 Petzold (Havelland), Harald DIE LINKE 26 .01 .2017 Pfeiffer, Dr . Joachim CDU/CSU 26 .01 .2017 Pronold, Florian SPD 26 .01 .2017 Rüthrich, Susann * SPD 26 .01 .2017 Saathoff, Johann SPD 26 .01 .2017 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26 .01 .2017 Schäuble, Dr . Wolfgang CDU/CSU 26 .01 .2017 Schlecht, Michael DIE LINKE 26 .01 .2017 Schwartze, Stefan SPD 26 .01 .2017 Steineke, Sebastian CDU/CSU 26 .01 .2017 Storjohann, Gero CDU/CSU 26 .01 .2017 Strothmann, Lena CDU/CSU 26 .01 .2017 Timmermann-Fechter, Astrid CDU/CSU 26 .01 .2017 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26 .01 .2017 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26 .01 .2017 Wawzyniak, Halina DIE LINKE 26 .01 .2017 Zdebel, Hubertus DIE LINKE 26 .01 .2017 Zeulner, Emmi * CDU/CSU 26 .01 .2017 Zollner, Gudrun CDU/CSU 26 .01 .2017 *aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721606 (A) (C) (B) (D) Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentlichen Abstimmung über die Be­ schlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräf­ te zur Ausbildungsunterstützung der Sicherheits­ kräfte der Regierung der Region Kurdistan­Irak und der irakischen Streitkräfte (Tagesordnungs­ punkt 6) Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Bedrohung durch ISIS im Irak und Syrien ist unvermindert gegeben . Sie ist dank internationaler Be- mühungen 2016 zwar regional zurückgedrängt worden, aber nach wie vor in vielen Regionen äußerst massiv . Die abscheulichen Gräueltaten von ISIS an der Bevölkerung in Irak und Syrien finden weiterhin statt. Das Ende der Schreckensherrschaft von ISIS ist ein unverändertes Ziel aller Akteure in der Region . Dies muss auch mit militäri- schen Mitteln geschehen . Der Schlüssel im Kampf gegen ISIS sind die kurdi- schen Streitkräfte . Irakisch-kurdische Kräfte müssen wei- terhin unterstützt werden, dem ISIS entgegenzutreten . Dies gilt umso mehr, als die Türkei als Partner im Kampf gegen den ISIS-Terrorismus auch immer wieder eigene, gegen die Kurden gerichtete Ziele verfolgt . Unabhängig von der Luftunterstützung der USA bleibt der Kampf am Boden eine zentrale Aufgabe, zu der bislang überwiegend irakisch-kurdische Streitkräfte bereit und in der Lage sind . Eine internationale Unterstützung ist dafür auch durch Ausbildung der Streitkräfte dringend notwendig . Die einschlägigen UN-Entschließungen und die Er- klärungen der Regierung des Irak geben einen völker- rechtlichen Rahmen für die Ausbildungsunterstützung . Ich respektiere die Rechtsauffassung der Experten mei- ner Fraktion, die den Einsatz der Bundeswehr als völ- kerrechtlich nicht ausreichend abgesichert bewerten und deshalb kritisch beurteilen . In die Gesamtbewertung müssen aber auch weitere Argumente einbezogen und abgewogen werden . Die Notwendigkeit der beantragten Ausbildungsunter- stützung der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Sicherheitskräfte ist durch die Erfolge im letzten Jahr bestätigt worden . Das deutsche Engagement ist in seiner Bedeutung aufgrund der veränderten Position der Türkei gegenüber den Kur- den noch wichtiger geworden . Deutschland muss aus meiner Sicht in einer weltweit veränderten Situation entsprechend den in der UN vereinbarten Prinzipien und Vereinbarungen mehr Verantwortung übernehmen . Diese persönliche Bewertung hat zu meiner Entschei- dung geführt, anders als im vorigen Jahr, in dem ich bei dem entsprechenden Antrag der Bundesregierung mich der Stimme enthalten habe, dem vorliegenden Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der Beteiligung bewaff- neter deutscher Streitkräfte zur Ausbildungsunterstützung der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdis- tan-Irak und der irakischen Streitkräfte zuzustimmen . Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU): Der inter- nationale Kampf gegen die Terrororganisation IS zeigt auch dank der Lieferung militärischer Ausrüstung an die Peschmerga und dem Einsatz deutscher Soldatinnen und Soldaten zur Ausbildungsunterstützung der Sicher- heitskräfte der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte Erfolge . Es ist gelungen, Flüchtlinge zu schützen, den IS zurückzuschlagen und Territorium zu- rückzugewinnen . Damit die erreichten Erfolge abgesichert werden und ein Wiedererstarken des IS verhindert wird sowie um eine nachhaltige Stabilisierung des Irak zu ermöglichen, ist weiterhin internationales Engagement erforderlich . Die fortgesetzte Entsendung von bis zu 150 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zur Ausbildungsunterstüt- zung soll längstens bis zum 31 . Januar 2018 in diesem Sinne weiterhin einen Beitrag leisten zum nachhaltigen Fähigkeitsaufbau der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte . Ich halte die geplante Fortsetzung des Bundeswehr- einsatzes aufgrund humanitärer Verantwortung für die in der Region lebenden Menschen und Flüchtlinge, aber auch aus sicherheitspolitischen Gründen für sinnvoll und notwendig . Nachdem der irakische Außenminister alle Mitglied- staaten der Vereinten Nationen um Unterstützung im Kampf gegen die Terrororganisation IS auch im Wege militärischer Ausbildung gebeten hat, ist der Einsatz als sogenannte Intervention auf Einladung völkerrechtlich zulässig . Gemäß Artikel 87a Absatz 2 GG dürfen die Streitkräf- te außer zur Verteidigung nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt . Ein Fall, in dem das GG den Einsatz zulässt, ist Artikel 24 Absatz 2 GG, auf den die Bundesregierung ihren Antrag erneut stützt . Diese verfassungsrechtliche Begründung ist aber nicht überzeugend . Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge- richts kann sich die Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 24 Absatz 2 GG zur Friedenswahrung an Ent- scheidungen einer internationalen Organisation binden . Das umfasst auch die Übernahme der mit der Zugehörig- keit zu einem kollektiven Sicherheitssystem typischer- weise verbundenen Aufgaben und damit auch für eine Verwendung der Bundeswehr zu Einsätzen, die „im Rah- men und nach den Regeln“ dieses Systems stattfinden. Unzweifelhaft liegt kein spezielles Mandat des VN-Si- cherheitsrates vor, das ausdrücklich die Entsendung von Soldaten zur Friedenssicherung vorsieht und das den Rahmen und die Regeln des Einsatzes bestimmt . Aus diesem Grund bezieht sich die Bundesregierung in ihrem Antrag auf die beiden Sicherheitsratsresolutio- nen 2170 (2014) vom 15 . August 2014 und 2249 (2015) vom 20 . November 2015 sowie auf die Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrates vom 19 . September 2014 . In der Resolution 2170 (2014) wird die Terrororgani- sation IS als Bedrohung für die internationale Sicherheit bezeichnet . Zudem werden darin die durch IS begange- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21607 (A) (C) (B) (D) nen Menschenrechtsverletzungen verurteilt sowie Sank- tionen gegen einzelne Mitglieder dieser Organisation be- schlossen . Ein Mandat für den Einsatz von Streitkräften enthält diese Resolution nicht . Gleiches gilt für die Reso- lution 2249 (2015) . Auch die Erklärung des Präsidenten des Sicherheits- rates vom 19 . September 2014 reicht meines Erachtens nicht aus, weil sie im Kern lediglich den Aufruf enthält, den Irak zu unterstützen, und es sich dabei zudem im Er- gebnis um eine politische Erklärung handelt . Schließlich sind Ad-hoc-Koalitionen kein „System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“ im Sinne von Ar- tikel 24 Absatz 2 GG . Selbst wenn man anerkennt, dass sie kollektiv vorgehen, fehlt es ihnen an der erforderli- chen institutionellen und vertraglich begründeten Struk- tur . Daher halte ich Artikel 24 Absatz 2 GG nicht für die richtige Rechtsgrundlage . Nach meiner Überzeugung findet der Einsatz der Bun- deswehr aber eine verfassungsmäßig tragfähige Rechts- grundlage in Artikel 87a Absatz 2 1 . Alternative GG . Der Begriff der „Verteidigung“ umfasst nach überwiegender Auffassung nicht nur die reine Landesverteidigung, son- dern auch die sogenannte Drittstaaten-Nothilfe im Sinne von Artikel 51 der VN-Charta . Der Bundeswehreinsatz ist daher als solcher verfassungsgemäß . Weil ich den Einsatz der Bundeswehr in dieser Aus- bildungsmission unabhängig von der seitens der Bundes- regierung gewählten verfassungsrechtlichen Begründung für verfassungsgemäß und politisch geboten halte, stim- me ich der Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes zu . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des von der Bundesregierung ein­ gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanz­ marktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG) (Tages­ ordnungspunkt 15) Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zunächst will ich auf die europäische Richtlinie Mi- FID II eingehen, um deren Umsetzung es mit vorliegen- dem Gesetzentwurf geht: Wir Grünen sind sehr zufrie- den, dass es nach jahrelangen Bemühungen von vielen Bürgerinnen und Bürgern, NGOs und uns gelungen ist, dass Nahrungsmittel- und Rohstoffspekulationen in der MiFID-II-Richtlinie durch strenge Positionslimits klare Grenzen gezogen wurden, die über die ursprünglichen Vorschläge von EU-Kommission und Europäischem Par- lament hinausgehen . Außerdem gelang es, Maßnahmen gegen den aus- ufernden Hochfrequenzhandel ohne realwirtschaftlichen Mehrwert auf den Weg zu bringen . Für Preissprünge im Handel ist ein „minimum tick size regime” eingeführt worden . Es handelt sich dabei um eine Mindestgröße, welche die Rendite des Hochfrequenzhandels deutlich verringert und ihn so unattraktiver macht . Ferner müs- sen alle benutzten Algorithmen getestet werden, und bei den Handelsplattformen wurden große Teile des intrans- parenten Over-the-counter-Handels durch neue, nach der MiFID regulierte OTF – Organized Trading Facilities – ersetzt . Trotzdem bleibt insbesondere auf dem Gebiet des Ver- braucherschutzes bereits in der Richtlinie manches zu wünschen übrig . Hinzu kommt: Manche in der Richtlinie verankerte Verbesserung ist von der Bundesregierung im Rahmen des Umsetzungsgesetzes durch die Hintertür zu- rückgenommen worden . Das Anlageverhalten von Verbrauchern in Deutsch- land ist gekennzeichnet von geringer Kosteneffizienz und geringer Rendite . Fast 80 Prozent des Geldvermö- gens privater Haushalte bestehen aus Bargeld, Einlagen oder Versicherungs- und Alterssicherungsansprüchen . Anlageprodukte passen nach Erhebungen des Projekts „Marktwächter Finanzen“ häufig nicht zum Bedarf der Anleger . Damit korrespondierend ist die Qualität der Anlage- beratung in Deutschland laut Stiftung Warentest auf kon- stant schlechtem Niveau . Nur drei Banken berieten im Rahmen des jüngsten Tests im vergangenen Jahr „gut“, dreizehn „befriedigend“, fünf „ausreichend“ und zwei „mangelhaft“ . Auch die Gründe für das schlechte Abschneiden hat Stiftung Warentest untersucht und festgestellt: „Grobe Beratungsfehler im Test sind vermutlich nur selten auf das Unvermögen der Berater zurückzuführen, sondern eher auf provisionsgetriebene Verkaufsvorgaben der In- stitute . Obwohl der Kundenstatus und die Risikoeinstu- fung des Kunden fast durchweg gut gelangen, führte das nicht automatisch zu passenden Produktvorschlägen .“ Und damit sind wir in media res des Zweiten Finanz- marktnovellierungsgesetzes: Das Wohl des Verbrauchers muss bei der Anlageberatung an oberster Stelle stehen . Es müssen Wettbewerbsnachteile für unabhängige Ho- norarberater abgebaut und die Kosten einer nichtunab- hängigen Provisionsberatung offengelegt werden, damit Verbraucher alle Informationen parat haben, um eine mündige Anlageentscheidung treffen zu können . Die Vergleichbarkeit von Beratungskosten noch vor Ver- tragsschluss ist dafür essenziell . Hier verschlechtert die Bundesregierung die Ver- braucherposition in eklatanter Weise, wenn sie die auf EU-Ebene bereits verschlossene Umgehungsmöglichkeit der Festpreisgeschäfte im Regierungsentwurf wieder er- öffnet . Bei Festpreisgeschäften tritt ein Institut gegenüber dem Verbraucher nicht als durch eine Provision vergüte- ter Kommissionär auf, sondern als „Zwischenhändler“ des Produktes, der seinen Gewinn durch die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis erzielt . Der po- tenzielle Interessenkonflikt ist genauso offensichtlich wie bei Provisionsgeschäften, doch ist diese Gestaltung wegen der „auf Zuwendungen von Dritten“ eingeengten Formulierung des § 70 Absatz 1 Seite 1 WpHG-E nicht offenlegungspflichtig. Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721608 (A) (C) (B) (D) Auch scheinbare Petitessen wie eine nicht wettbe- werbsneutrale Bezeichnung der beiden Beratungsfor- men können die Etablierung unabhängiger Honorarbe- ratung erschweren . Daher sollte im Gesetzentwurf das Gegensatzpaar von unabhängiger Honorarberatung und nichtunabhängiger Provisionsberatung verankert wer- den . Für effizienten Verbraucherschutz ist es ferner wich- tig, dass die Kundeninformation über die Beratungsform sowie die Geeignetheitserklärung standardisiert werden . Hier muss das Bundesministerium der Finanzen von seinen Verordnungsermächtigungen Gebrauch machen und verbraucherfreundliche und wettbewerbsneutrale Standards setzen, auch damit der Kunde im Falle einer Schlecht- oder Falschberatung über eine Haftungsgrund- lage verfügt . Im Rahmen der bereits entworfenen Novellierung der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienst- leistungsunternehmen (WpDVerOV) ist bereits jetzt dringender Nachholbedarf gegeben . Die Verordnung soll regeln, wann eine Zuwendung, also auch eine Pro- vision, die Qualität der Dienstleistung für den Kunden verbessert und daher zulässig ist . Die darin aufgeführten Fallgruppen sind so butterweich, dass kein Institut in der Realität darum fürchten muss, dass Provisionsgeschäfte nicht de lege lata für den Kunden vorteilhaft wären . Das verkehrt die Untersuchungsergebnisse von Stiftung Wa- rentest in das Gegenteil . Der aufgeblähte Finanzvertrieb rechtfertigt sich aus Sicht der Institute durch die konstanten Einnahmen in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld . Aus Sicht der Verbraucher führt er aber zu einer hohen Kostenquo- te und in seiner jetzigen provisionsgetriebenen Form zur konstanten Gefahr von Schlecht- und Falschberatung . Wir müssen daher jetzt das Berufsbild des unabhängi- gen Beraters stärken, indem wir Wettbewerbsnachteile abbauen, damit eine Alternative geschaffen wird sowohl für Verbraucher, die gut beraten anlegen wollen, als auch für die Arbeitnehmer, die im ständig schrumpfenden Fi- nanzvertrieb tätig sind . Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Sozialkassen­ verfahren im Baugewerbe (Sozialkassenverfah­ rensicherungsgesetz – SoKaSiG) (Zusatztagesord­ nungspunkt 3) Veronika Bellmann (CDU/CSU): Am heutigen Don- nerstag stimmen wir in zweiter und dritter Lesung über das Gesetz zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe ab . Ich muss leider nach reiflicher Überlegung und insbe- sondere nach den beiden aktuellsten Richtersprüchen die- ser Woche des Bundesarbeitsgerichts zur Nichtigkeit von AVE bezüglich Soka-Bau auch im Plenum bei meinem Abstimmverhalten – Ablehnung – in der Fraktion blei- ben . Einer offensichtlich nachträglichen Legalisierung rechtswidrigen Verhaltens kann ich nicht zustimmen . Die Entscheidung des Deutschen Bundestages, das Sozialkassenverfahrenssicherungsgesetz (SokaSiG) im Eilverfahren in unveränderter Fassung zu beschließen, kann ich nicht unterstützen . Es kann nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, für die Soka-Bau unliebsame Ent- scheidungen eines Bundesgerichts wieder aufzuheben und rückwirkend Ansprüche von erfolgreichen Klägern per Gesetz zu revidieren . Wenn dieses Modell Schule macht, kann bald jedes Gerichtsurteil per Gesetz aufge- hoben werden, sind die Gewaltenteilung und die Unab- hängigkeit der Justiz in Gefahr . Hintergrund der Problematik sind Urteile des Bun- desarbeitsgerichts vom 21 . September 2016 sowie vom 25 . Januar 2017 zur Unwirksamkeit von Allgemeinver- bindlichkeitserklärungen (AVE) von Tarifverträgen im Baugewerbe, die für viele Unternehmen des Bauneben- gewerbes eine Beitragspflicht an die Soka‑Bau nach sich ziehen . Einige Unternehmer und Verbände hatten gegen das Zustandekommen einiger AVEs geklagt und recht bekommen . Die Tarifvertragsparteien haben seinerzeit Vereinba- rungen zulasten Dritter getroffen, die durch das Minis- terium auf unterster Ebene durchgewunken wurden . Dies führt zu strafrechtlicher Verfolgung . Es ist äußerst frag- würdig, dass Tarifvertragsparteien neuerdings entschei- den, was in unserem Land strafbar ist . Die sich aus den Gerichtsurteilen ergebenden mögli- chen Rückforderungsansprüche von zu Unrecht geleis- teten Zahlungen sollen nun durch das Gesetz gekippt werden . Die Sozialkasse des Baugewerbes, welche nicht mit gesetzlichen Kassen wie der Rentenkasse verwech- selt werden darf, ist schon seit einiger Zeit durch frag- würdige Geschäftspraktiken in der Diskussion . Die Sta- tistik des Bundesarbeitsministeriums weist jährlich bis zu 40 000 Soka-Streitverfahren vor den Arbeitsgerichten Wiesbaden und Berlin auf . Unternehmer aus dem Baune- bengewerbe werden damit konfrontiert, für angeblich er- brachte Leistungen des Bauhauptgewerbes rückwirkend für vier Jahre etwa 20 Prozent der Lohnsumme für einen Mitarbeiter an die Soka-Bau abzuführen . Diese Rück- forderungen werden mit einem Zinssatz in Summe von 48 Prozent, was einem Prozent pro Monat entspricht, be- legt . Dass diese Praktiken in vielen Betrieben, vor allen kleinen oder Solounternehmen des Baunebengewerbes, zu Recht nicht nur Unmut hervorrufen, sondern existenz- bedrohend sind, verwundert nicht . Darum wäre jetzt die jetzt die geeignete Gelegenheit zu einer Neuregelung gewesen , keine vier Jahre rückwir- kend, keine 12 Prozent Zinsen auf den höchstmöglichen Betrag, keine Inanspruchnahme von Soloselbstständi- gen, die knapp über dem Existenzminimum leben und auch noch Beitrag bezahlen sollen, keine Inanspruchnah- men von Betrieben, die andere Tarifverträge haben, und eine klare Definition, was Bau ist. Mit dem vorliegenden Gesetz zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Bau- gewerbe hat der Deutsche Bundestag die Gelegenheit zu Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21609 (A) (C) (B) (D) einer sinnvollen, rechtlich einwandfreien Regelung nicht genutzt . Klaus Brähmig (CDU/CSU): Im Rahmen der Ab- stimmung am 26 . Januar 2017 werde ich den oben ge- nannten von den Fraktionen CDU/CSU und SPD ein- gebrachten Gesetzen nicht zustimmen . Lassen Sie mich kurz erklären, warum ich nicht zustimmen kann: Unternehmer aus den Baunebengewerken werden damit konfrontiert, für angeblich erbrachte Leistungen des Bauhauptgewerkes rückwirkend für vier Jahre etwa 20 Prozent der Lohnsumme für einen Mitarbeiter an die Soka-Bau abzuführen . Diese Rückforderungen werden mit einem Zinssatz in Summe von 48 Prozent, was einem Prozent pro Monat entspricht, belegt . Dass diese Prakti- ken in vielen Betrieben des Baunebengewerkes zu Recht Unmut hervorrufen, verwundert nicht . Nachdem das Bundesarbeitsgericht diese Praxis als unwirksam erklärt hat, soll jetzt im Eilverfahren der Richterspruch ausgehe- belt werden . Es handelt sich hier um ein Eilgesetz angeblich zur Sicherung der Sozialkassen des Baugewerbes . Eilgesetze haben ganz selbstverständlich schon den Mangel, dass sie in Eile entstehen und häufig nicht klug durchdacht sind . Wenn die Rechtsansprüche von 50 000 Streitver- fahren nicht Anlass genug sind, sich vertieft mit dem Thema zu beschäftigen, dann wird meine Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit konterkariert . Eine Ausschussanhörung, die nur auf Drängen des Wirt- schaftsflügels der CDU/CSU‑Fraktion zustande kam, war aufgrund ihrer Zusammensetzung und zeitlichen Be- grenzung nicht geeignet, dem Thema auch nur annähernd gerecht zu werden . Zusätzlich ist es meiner Auffassung nach nicht die Aufgabe des Deutschen Bundestages, unliebsame Ent- scheidungen eines Bundesgerichts wieder aufzuheben und auf diese Weise rückwirkende Ansprüche von er- folgreichen Klägern zunichte zu machen . Ich stimme hier ausdrücklich meinem Kollegen Andreas Lämmel MdB zu, der sagt: ,,Wenn dieses Modell Schule macht, kann bald jedes Gerichtsurteil per Gesetz aufgehoben werden .“ Als Handwerksmeister lasse ich mich auch nicht täu- schen . Es geht hier um Macht und Geld und nicht um Arbeitnehmerrechte . Die linksliberale Süddeutsche Zeitung, die nicht als willenlose Vollstreckerin von Un- ternehmerinteressen bekannt ist, schreibt: ,,Die große Koalition hilft einer Institution, die in der Öffentlich- keit unbekannt, in der Fachöffentlichkeit indes gerade- zu berühmt ist . An den Arbeitsgerichten Wiesbaden und Berlin führt sie jedes Jahr mehr als 50 000 Verfahren . In Wiesbaden wenden alle 13 Kammern des Arbeitsgerichts die Hälfte ihrer Zeit für Soka-Bau-Verfahren auf, und die Meinungen gehen auseinander, wer an dieser Unmen- ge schuld ist: die Tarifparteien, weil sie bisher nur sehr ungenau festgelegt haben, was ein „Baubetrieb“ ist und was nicht? All die Handwerksmeister, die sich stets da- rauf verlassen haben, dass ihr Laden entweder nicht als Baubetrieb gilt, oder dass die Soka‑Bau ihn nicht findet, und die sich dann wundem, wenn sie eine Rechnung über 360 000 Euro bekommen? Die Soka-Bau selbst, der Anwälte eine unbarmherzige Inkassopolitik vorwerfen? Sie verlangt von ihren Schuldnern ein Prozent Zinsen – pro Monat . Und verfügt selbst über 3,7 Milliarden Euro liquide Mittel .“ Spätestens jetzt müsste bei kritischen Abgeordneten doch ein verstärktes Interesse vorhanden sein, dieses Thema tiefer zu durchleuchten und einer ge- rechten langfristigen Lösung zuzuführen . Die nachträgli- che Aushebelung eines Beschlusses auf höchstrichterli- cher Ebene durch den Bundestag ist mir zumindest nicht vermittelbar . Jens Koeppen (CDU/CSU): Ich habe heute gegen den Gesetzentwurf gestimmt, da er die rückwirkende Aufhebung bestehenden Rechts vorsieht . Es kann nicht und darf auch nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, Er- gebnisse von Gerichtsurteilen durch Gesetzesänderun- gen rückwirkend abzuändern . Die Gesetzesinitiative geht nicht nur einseitig zulas- ten des Baunebengewerbes, sondern die rückwirkende Schaffung von veränderten Rechtsgrundlagen erschüttert das Vertrauen in unseren Rechtstaat . Das Gesetz hilft zudem nicht, die notwendige Abgren- zung zwischen Bauhaupt- und Baunebengewerbe weiter voranzubringen . Die einseitige Gesetzesregelung zulas- ten der klagenden und auch der beklagten Handwerker des Baunebengewerbes hinterlässt einen bitteren Beige- schmack . Bei 40 000 anhängigen Verfahren werden wir in ganz Deutschland negative Arbeitsplatzeffekte zu ver- zeichnen haben . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltung der Spitzenorganisationen in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur Stärkung der über sie geführten Aufsicht (GKV­Selbstver­ waltungsstärkungsgesetz) – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit: – zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeord­ neter und der Fraktion DIE LINKE: Pati­ entenvertretung in der Gesundheitsversor­ gung stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Maria Klein­Schmeink, Kordula Schulz­Asche, weiterer Abgeord­ neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit Beitragsgeldern der gesetz­ lich Versicherten sorgsam umgehen – Mehr Transparenz und bessere Aufsicht über die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721610 (A) (C) (B) (D) (Tagesordnungspunkt 19 a und b) Reiner Meier (CDU/CSU): Mark Twain hat einmal gesagt: „Die Nachricht von meinem Tod ist stark über- trieben .“ Dieser Satz ist heute Abend gleich im doppelten Sinne wahr: Zum einen ist die Selbstverwaltung – allen Unkenrufen zum Trotz – quicklebendig – und das, ob- wohl sie in ihren Strukturen teils auf die Lebenszeit Mark Twains zurückgeht . Zum anderen hat sich einmal mehr gezeigt, dass mancher Pressebericht vom Ende unseres Gesetzentwurfs vielleicht doch ein wenig verfrüht war . Mit dem Selbstverwaltungsstärkungsgesetz betonen wir tragende demokratische Grundsätze in der Selbstver- waltung: Transparenz und Verantwortung . Entsprechend haben wir die Informations- und Kontrollrechte der Ver- treterversammlungen und der Verwaltungsräte im Sinne der „checks and balances“ deutlich gestärkt . Das ist auch richtig so . Denn nach unserem Ver- ständnis ist es in erster Linie die Aufgabe der Selbst- verwaltung, im eigenen Haus für ordnungsgemäße und rechtstreue Abläufe zu sorgen . Zur Verantwortung gehört aber auch, dass man zu ge- troffenen Entscheidungen steht . Es wird deshalb klare und eindeutige Regelungen geben, wann es notwendig ist, namentlich abzustimmen . Die Entscheidungen wer- den damit transparent und jederzeit nachvollziehbar do- kumentiert . Subsidiär und nur für den Fall, dass diese interne Selbstkontrolle scheitert, stärken wir an den notwendi- gen Stellen die Aufsichtsinstrumente des Bundesministe- riums für Gesundheit . Dabei muss eines immer klar sein: Eine Selbstverwaltung, die ihren Namen verdient, muss Spielräume für ihre Entscheidungen haben . Wir haben uns deshalb in den parlamentarischen Beratungen eben- so gegen eine Fachaufsicht wie gegen allzu restriktive Vorgaben bei den Betriebsmittelreserven ausgesprochen . Auch haben wir die Tatbestandsvoraussetzungen für den „kleinen Staatskommissar“ klarer und konkreter ge- fasst . Damit bleibt der Selbstverwaltung auch in Zukunft ein substanzieller Spielraum, wie sie die Vorgaben des Gesetzgebers umsetzt . Der Maßstab bleibt auch weiter- hin allein die juristische Vertretbarkeit der Umsetzung . Wenn wir im Gesetz von Transparenz sprechen, dann muss sie erst recht auch im Verhältnis zum Parlament gel- ten . Ich freue mich deshalb ganz besonders, dass wir uns auf eine regelmäßige Berichtspflicht des Bundesminis- teriums an den Ausschuss für Gesundheit verständigen konnten . Damit erhält der Bundestag einen regelmäßigen Bericht über eingeleitete und laufende Aufsichtsverfah- ren in der Selbstverwaltung und kann daraus die gebote- nen Schlussfolgerungen ziehen . Es ist in den letzten Tagen viel davon gesprochen wor- den, dass man mit dem Gesetz die „Richtigen“ treffen müsse . Ich meine, unser Ziel sollte nicht sein, jemanden zu treffen oder zu bestrafen, sondern die Selbstverwal- tung als Ganzes zukunftsfest zu machen . Die Selbstverwaltung ist ein einzigartiges und bewähr- tes System, das umsichtig und mit großem Sachverstand zu einer hervorragenden Versorgung unserer Patientin- nen und Patienten beiträgt . Fehlverhalten – gleich von wem es ausgeht – untergräbt das Vertrauen in die Selbst- verwaltung als Ganzes und muss deshalb konsequent abgestellt und aufgearbeitet werden . Mit dem heutigen Gesetz wird die Selbstverwaltung transparenter, demo- kratischer und effektiver, und das ist eine gute Nachricht . Abschließend möchte ich es nicht versäumen, mich bei den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die konstruktiven Beratungen zu bedanken und auch dafür, dass das Gesetz gestern den Ausschuss ohne Neinstim- men passiert hat . Ich hoffe, dass diese breite Einmütigkeit heute auch im Plenum spürbar ist, und darf Sie deshalb um Ihre Zu- stimmung bitten . Dietrich Monstadt (CDU/CSU): Die Stärke der Selbstverwaltung ist eine tragende Säule des deutschen Sozialsystems . Die Sicherstellung einer qualitativ hoch- wertigen, flächendeckenden und bedarfsgerechten medi- zinischen Versorgung der Bevölkerung ist in besonderem Maße auf das Engagement und die Verantwortung der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen zurückzuführen . An diesem erfolgreichen und bewährten System halten wir weiter fest . Dennoch haben Abläufe in der Vergan- genheit gezeigt, dass sich Partikularinteressen Einzelner gegenüber den Interessen des Gemeinwohls durchsetzen können . Vor dem Hintergrund der demnächst stattfindenden Gremienwahlen in Selbstverwaltungskörperschaften ist es wichtig, dass wir jetzt ein Gesetz auf den Weg bringen, das auf diese Sachverhalte reagiert . Mit dem GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz re- agieren wir aber nicht nur auf Fehlverhalten, sondern wir setzen die notwendigen Rahmenbedingungen und schaf- fen klare Regelungen für zukünftiges Handeln. Effizienz, mehr Kontrolle, stärkere Transparenz sowie schlüssige Vorgaben staatlicher Rechtsaufsicht sollen die Selbstver- waltung an den erkennbaren Schwachstellen weiterent- wickeln und stärken . Es liegt in der Natur der Sache, dass Gesetze generell abstrakt und nicht als Lex specialis verabschiedet wer- den . Deshalb regeln wir das aufsichtsrechtliche Handeln und die internen Strukturen der Selbstverwaltung nicht nur für einzelne Selbstverwaltungsbereiche, sondern vielmehr für den allgemeinen Bereich der Selbstverwal- tung, dies in einer uns möglichst einheitlichen Art und Weise, ohne dabei unverhältnismäßig in die internen Ge- staltungskompetenzen einzugreifen, wohl wissend, dass fast überall hervorragende Arbeit geleistet wurde und wird . Wir wollen die Funktionsfähigkeit der Selbstverwal- tung weiter stärken . Dafür bedarf es insbesondere stär- kerer Kontroll- und Informationsrechte der Mitglieder der Körperschaften sowie mehr Transparenz im Verwal- tungshandeln . Nur so können frühzeitig Fehlentwicklun- gen erkannt, gestoppt oder gar vermieden werden . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21611 (A) (C) (B) (D) Wir wollen stärkere Einsichts- und Prüfrechte des Verwaltungsrates und der Vertreterversammlungen . Wir wollen präzisere Vorgaben zu Informations-, Dokumen- tations‑ und Berichtspflichten über die Beratungen in den Ausschüssen . Wir wollen eine funktionsfähige Hand- lungsweise durch Wahlen oder auch Abwahlen der oder des Vorsitzenden umsetzen und sie umgesetzt wissen . Auch wenn immer behauptet wird, das Gesetz greife zu sehr in den Verantwortungsbereich und schränke da- mit die nötige Handlungsfreiheit der Organe der Selbst- verwaltung massiv ein: Das Gegenteil ist richtig . Die kontrollierenden Organe der Selbstverwaltung werden entscheidend, bezogen auf jedes einzelne Mitglied, ge- stärkt . Alle Entscheidungen werden transparent . Größere Transparenz stärkt wiederum auch das Han- deln der einzelnen Mitglieder . Nur wer ausreichend und sachgerecht informiert ist, kann die richtigen Entschei- dungen treffen . Dies stärkt letztlich die Selbstverwaltung und ihre internen Strukturen . Die Frage, ob in bestimmten Fällen eine namentliche Abstimmung erforderlich ist, wird durchaus strittig dis- kutiert . Die Vergangenheit hat uns aber gezeigt, dass in bestimmten Fällen die Entscheidungen auch nachvoll- ziehbar sein müssen . Aber auch hier greifen wir nicht ein . Wir vertrauen auf die Strukturen der Selbstverwaltung in diesen ganz besonderen Verantwortungssituationen . Das heißt, die Körperschaften bestimmen in ihrer Satzung selbst, wann eine namentliche Abstimmung vorzusehen ist . Damit setzen wir auch hier ein klares Zeichen für mehr Eigen- verantwortung und Selbstkontrolle, da diese Regelung ausschließlich interne Vorgänge der Selbstverwaltungs- körperschaften betrifft . Uns ist auch wichtig, mögliches Fehlverhalten früh- zeitig aufzudecken . Auch hier lassen wir die Zuständig- keit in den jeweiligen Körperschaften . Zukünftig wird die Innenrevision den Selbstverwal- tungsgremien der Körperschaften über ggf . festgestellte Handlungsverstöße berichten . Dies trägt zu mehr Trans- parenz und Kontrolle in der hausinternen Aufarbeitung bei . Auch werden dadurch die Strukturen innerhalb der Selbstverwaltung weiter gestärkt . Kompetente, sachge- rechte Entscheidungsabläufe und Entscheidungen sind immer noch der beste Weg, hier jegliches aufsichtsrecht- liches Tätigwerden zu vermeiden . Als Ultima Ratio besteht aber nunmehr die Mög- lichkeit, gegebenenfalls aufsichtsrechtlich einzugreifen . Damit vertrauen wir grundsätzlich auf die Selbstreini- gungskräfte der Selbstverwaltungsinstitutionen . Klar muss aber sein: Sofern diese nicht funktionieren sollten, werden wir als Politik auch zukünftig eingreifen . Sollten konkrete Anhaltspunkte für Fehlverhalten vor- liegen, kann darüber hinaus eine Person entsandt werden, die beratend den Institutionen zur Seite steht, um wei- tere, eingreifende Maßnahmen zu verhindern . Auch mit dieser Regelung stärken wir gleichzeitig jedes einzelne Mitglied der Selbstverwaltung . Darüber hinaus kann das Bundesministerium für Ge- sundheit weitere Maßnahmen im Rahmen seiner Rechts- aufsicht ergreifen . Denn wir stärken auch die Rechts- aufsichtsstrukturen . Durch konkrete Vorgaben werden Rechtsverletzungen zukünftig eindeutig und konsequent geahndet . Diese Regelung gilt insbesondere für Betriebs- mittel und Rücklagen sowie für die Pflicht zur Ausschüt- tung von Vermögen bzw . der Senkung der Umlage, wenn dies nicht zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben not- wendig ist . Wir sichern damit einen verantwortungsvol- len Umgang mit Beitragsgeldern . Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mit dem Ge- setz sowohl die verwaltungsinterne Selbstkontrolle als auch die staatliche Aufsicht als externe Kontrolle ange- passt und weiterentwickelt werden . Befürchtungen, die Politik werde die Selbstverwal- tung eher schwächen als stärken, kann ich nicht teilen . Sogar von Entmündigung war hier teilweise die Rede . Im Gegenteil: Mit dem GKV-Selbstverwaltungsstär- kungsgesetz setzen wir ein klares Zeichen in Richtung einer stärkeren Selbstverwaltung und einer Aufsicht mit Augenmaß im Sinne der Rechtsprechung des Bundesver- fassungsgerichts . Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für die Sta- bilität unseres Gesundheitswesens für die Zukunft . Ich werbe deshalb um Ihre Zustimmung . Bärbel Bas (SPD): Wir reden derzeit viel über die kommende Bundestagswahl . Doch bevor wir am 24. September den 19. Deutschen Bundestag wählen, fin- det noch eine andere Wahl statt . Zu Unrecht wird sie oft unterschätzt oder nicht richtig wahrgenommen . Gemessen an der Zahl der Wahlberechtigten ist es so- gar die wichtigste Wahl in Deutschland nach den Bun- destags- und Europawahlen . Es geht um die am 31 . Mai 2017 stattfindenden Sozialwahlen. Bei den Sozialwahlen werden für Renten-, Unfall-, Pflege‑ und Krankenversicherung die ehrenamtlichen Vertreterversammlungen bzw . Verwaltungsräte gewählt . Die sogenannte Selbstverwaltung . Diese vermeintlich „trockene“ Selbstverwaltung birgt ein gewaltiges Potenzial: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sowie Arbeitgeber finanzieren mit ihren Beiträgen die Solidargemeinschaft und damit die Leis- tungen für Rentnerinnen, Rentner und Kranke . Deshalb sitzen sie auch am Tisch der Entscheider . Die gelebte Mitbestimmung der Sozialpartner an der Sozialversicherung hat für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine sehr hohe Bedeutung und ist für den Erfolg der Sozialversicherung unverzichtbar . Weil die SPD auch in Zukunft für eine starke Selbst- verwaltung steht, haben wir dieses Selbstverwaltungs- stärkungsgesetz immer kritisch begleitet . Der Titel des Gesetzes klingt erst einmal gut . Die Stär- kung der Selbstverwaltung ist auch immer eine gute Idee . Was Sie uns, Herr Minister, allerdings als Referen- tenentwurf vorlegt hatten, war das genaue Gegenteil und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721612 (A) (C) (B) (D) ein Angriff auf die gesamte Selbstverwaltung in diesem Land . Mit diesem Entwurf wäre es nicht bei einer Rechtsauf- sicht des Ministeriums geblieben, sondern auch zu einer Fachaufsicht geworden . Damit wären die Entscheidungs- kompetenzen der Spitzenorganisationen der GKV erheb- lich geschwächt geworden . Ich danke Ihnen heute, Herr Minister, dass Sie auf un- sere Kritik eingegangen sind . In guter Zusammenarbeit mit unserem Koalitionspart- ner konnten wir Sie davon überzeugen, Ihren ersten Vor- schlag bereits im Zuge der Erarbeitung eines Kabinetts- entwurfs zu entschärfen . Ich kann schon verstehen, warum Sie einen Gesetzent- wurf in dieser Schärfe formuliert haben . Sie haben damit auf die Verfehlungen der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung reagiert . Diese hat mit einem Mix aus Korruption, Intrigen und Selbstbereicherung nicht nur ihren Auftrag zur Steuerung der ambulanten ärztlichen Versorgung in ganz Deutschland vergessen lassen, sondern auch das öffentliche Vertrauen in die Selbstverwaltung insgesamt erschüttert . Ganz klar: Die Verfehlungen innerhalb der KBV müs- sen restlos aufgeklärt werden . Es ist für die SPD völlig unstrittig, dass wir eine vollständige Transparenz und bessere Aufsicht über die Vorgänge in der KBV brau- chen . Allerdings darf man dabei nicht die gesamte Selbst- verwaltung beschädigen . Ich persönlich hätte mir daher auch eine sogenannte „Lex KBV“ vorstellen können . Nach intensiven Verhandlungen hat die SPD-Fraktion sich mit umfangreichen Änderungen beim Selbstverwal- tungsstärkungsgesetz durchgesetzt . Ich will hier nur exemplarisch die nennen, die in mei- nen Augen für eine starke und autonome Selbstverwal- tung am wichtigsten sind: Der Gesetzentwurf sah in § 81 Absatz 1 und § 217e sogenannte „Pflichtinhalte“ für die Satzungen der Kör- perschaften vor . Diese sind ersatzlos gestrichen worden . Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir diesen Ein- griff in die Satzungsautonomie der Selbstverwaltungs- institutionen nicht mittragen . Es ist ein wesentliches Element der Selbstverwaltung, über die Satzungsinhalte selbst bestimmen zu können und auch die Verantwortung dafür zu übernehmen . Wir haben Präzisierungen bei der sogenannten ent- sandten Person erreicht, die das Ministerium bei Gefah- ren für die ordnungsgemäße Verwaltung entsenden kann . Dieser „kleine Staatskommissar“ dient jetzt ausschließ- lich der Beratung und Unterstützung der jeweiligen In- stitution . Wir hatten massive Bedenken, dass sich bei der Entsendung eines weisungsbefugten Kontrolleurs eine relevante Haftungsfrage ergeben kann, wenn sich dessen Entscheidungen als falsch herausstellen . Uns war darum wichtig, dass die Entscheidungen weiterhin vom Vor- stand getroffen und auch verantwortet werden . Darüber hinaus haben wir die Regelungen über die Prüfung der Körperschaften durch externe Wirtschafts- prüfungsgesellschaften gestrichen . Es bleibt damit für die Selbstverwaltung bei der turnusmäßigen Prüfung durch das Bundesversicherungsamt . Wir haben im parlamentarischen Verfahren immer wieder Zweifel daran vernommen, ob eine effiziente Rechtsaufsicht nicht auch auf Grundlage der bestehen- den gesetzlichen Regelungen hätte ausgeübt werden kön- nen . Darum haben wir jetzt durch einen Änderungsantrag dafür gesorgt, dass das Bundesgesundheitsministerium zukünftig jährlich zum 1 . März – erstmals 2018 – dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages über laufende Aufsichtsverfahren berichtet . Diese Berichts- pflicht wird uns Abgeordneten in Zukunft eine bessere Kontrolle ermöglichen, ob das Bundesgesundheitsminis- terium seinen aufsichtsrechtlichen Pflichten gegenüber den Spitzenorganisationen ordnungsgemäß nachgekom- men ist . Wir haben lange und intensiv beraten und auch in die- ser Woche noch hart verhandelt . Das ist nicht nur unser Recht als Parlamentarierinnen und Parlamentarier, das ist sogar unsere Pflicht. Am Ende ist für uns als SPD-Bundestagsfraktion klar: Dieses Gesetz trifft jetzt die Richtigen – ohne das Prinzip der Selbstverwaltung zu beschädigen . Die SPD steht für eine starke Selbstverwaltung auch in der Zukunft . Harald Weinberg (DIE LINKE): Die Organisatio- nen der Selbstverwaltung kritisierten den ersten Gesetz- entwurf scharf . Sie sah in der Bezeichnung „Selbstver- waltungsstärkungsgesetz“ keine Stärkung, sondern eine Schwächung, die Beschneidung ihrer Selbstständigkeit . Nun sind ihm einige der dahin gehenden „Zähne“ gezo- gen worden . Eigentlich spricht auch einiges dafür, dass die Bun- desregierung mit ihrem bisherigen aufsichtsrechtlichen Instrumentarium einige Auswüchse der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die ja Anlass für das Gesetz waren, hätte verhindern oder zumindest abmildern kön- nen, aber bewusst weggeschaut hat . Das wäre zugleich eine Begründung für den danach demonstrativen Hand- lungswillen von CDU/CSU und SPD . Aus unserer Sicht ist es durchaus sinnvoll, mehr Trans- parenz und auch mehr Kontrolle über die Selbstverwal- tung einzuführen . Für uns ist klar: Mehr Transparenz ist das A und O für das Vertrauen in die Selbstverwaltung . Die nun geschaffenen Eingriffsmöglichkeiten müssen ja auch nur genutzt werden, wenn es wirklich einen Anlass gibt . Sie können aber dadurch, dass sie grundsätzlich je- derzeit eingesetzt werden können, auch disziplinierende Effekte auf die Gremien haben, zu politisch tragfähigen Lösungen zu gelangen . Insofern sind viele der im Gesetzentwurf getroffenen Maßnahmen nicht falsch . Sie sollen ja auch nicht Verfeh- lungen der Vergangenheit bestrafen, sondern Verfehlun- gen in der Zukunft verhindern . Das Gesetz ist aber keine Lösung für das Grundpro- blem der Selbstverwaltung in einem sich immer stärker in Richtung Wettbewerb bewegenden Gesundheitssys- tem . Letztendlich versucht hier die Bundesregierung die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21613 (A) (C) (B) (D) Folgen ihrer eigenen Politik einzudämmen: Wer Wettbe- werb einfordert – und das machen in unterschiedlichem Maße leider alle Fraktionen außer der Linken – darf sich nicht wundern, dass jede und jeder vorrangig den eigenen Nutzen sieht und das Gemeinwohl aus dem Auge ver- liert . Der eigentliche Zweck der Selbstverwaltung ist, die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern und das Gemeinwohl zu stärken . Die Selbstverwaltung und unser Gesundheitssystem sind kein Selbstzweck . Sie sind da, um eine gute Versorgung der Patientinnen und Patienten zu organisieren . Diese Idee wird durch Wettbe- werb konterkariert . Deshalb trifft die Selbstverwaltung nicht wenige Ver- einbarungen, die dem Gemeinwohl nicht entsprechen . Die zweifelhaften Geschäfte der KBV sind nur die Spitze des Eisbergs . Und diese Spitze, der Fall Köhler, der an- dauernde Streit der Haus- und Fachärzteschaft und die Immobiliengeschäfte offenbarten eine offensichtliche Fehlfunktion der Selbstverwaltung, sodass die Bundesre- gierung hier einfach nicht mehr wegschauen konnte . Wir wollen aber grundsätzlich an das Problem he- ran . Es bedarf in einem wettbewerblich ausgerichteten System aus unserer Sicht zumindest einer Stärkung der Patientenvertretung als Korrektiv . Wenn man die Selbst- verwaltung in einem Gesetzentwurf anpackt, ohne die Patientinnen und Patienten oder die Patientenvertretung auch nur in einem Wort zu erwähnen, dann fehlt hier ein ganz wesentlicher Punkt . Wir wollen die Rechte der Patientenvertretung stärken . Das wird mit dem jetzigen Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD überhaupt nicht angegangen . Deshalb werden wir uns enthalten . Wir schlagen vor, dass die Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter an entscheidender Stelle mitbe- stimmen können . Sie sollen im Gemeinsamen Bundes- ausschuss das Zünglein an der Waage sein, wenn sich Kassen, Ärzte- und Zahnärzteschaft sowie Krankenhäu- ser nicht einigen können . Die Patientenorganisationen erhalten im Gemeinsamen Bundesausschuss das Recht, zwei der drei unparteiischen Mitglieder zu benennen . Es muss weitgehend ausgeschlossen werden, dass auf die Entscheidungen der Patientenvertretung Einfluss genom- men wird . Durch geeignete Verfahren muss ihre Unab- hängigkeit von anderen Interessengruppen sichergestellt werden . Gerade unter den Bedingungen des Kassenwettbe- werbs bedarf es zudem einer bundeseinheitlichen und wirksamen Aufsicht über alle Krankenkassen . Und wir schlagen vor, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung bei Begutachtungen, die Ent- scheidungen über die Leistungsgewährung vorausgehen, schrittweise als von den Kranken‑ und Pflegekassen per- sonell und organisatorisch unabhängige Organisation ausgestaltet wird . Diese Vorschläge gehen deutlich über den vorliegen- den Gesetzentwurf hinaus . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Selbstverwaltung ist ein wesentlicher Eckpfeiler des alles in allem gut funktionierenden Gesundheitssystems in Deutschland . Sie stellt sicher, dass fachliches Wissen und praktische Erfahrungen derjenigen, die im Gesund- heitswesen tätig sind, unmittelbar in dessen Regulierung einfließen. Umso wichtiger ist es allerdings, dass die Selbstver- waltung transparent und an der Sache orientiert agiert . Selbstverwaltung muss jedes Verdachtsmoment der Selbstbedienung vermeiden . Das war leider in der Ver- gangenheit nicht immer so klar . Die Unregelmäßigkei- ten um das Geschäftsgebaren bei Immobiliengeschäf- ten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben der Legitimation der Selbstverwaltung einen Bärendienst erwiesen . Jahrelang hatte deren früherer Vorstand Gel- der in eine defizitäre Immobiliengesellschaft investiert, sich selbst und anderen überhöhte Versorgungsbezüge gewährt und Rücklagen in wertlosen Finanzanlagen ver- senkt . Dass diese Vorgänge öffentlich publik wurden, ebenso wie die jahrelange Untätigkeit Ihres Ministeriums als Aufsichtsbehörde, verdanken Sie nicht zuletzt auch der Beharrlichkeit unserer Fraktion . Es muss also zukünftig dafür Sorge getragen werden, dass die internen Kontrollmechanismen innerhalb der Spitzenverbände wie auch die aufsichtsrechtlichen Be- fugnisse des Bundesministeriums für Gesundheit gegen- über diesen Akteuren konsequent angewendet werden . Das ist keine Gefährdung des Prinzips der Selbstverwal- tung, wie oft zu hören war . Im Gegenteil: Es erhöht die Legitimation der Selbstverwaltung . Wir begrüßen, dass Sie den noch im Referentenent- wurf geplanten massiven Eingriff in die Richtlinienkom- petenz des Gemeinsamen Bundesausschusses wieder ge- strichen haben . Dass Sie die Geschäftsprüfungen bei den Spitzenverbänden nun nicht mehr an private Wirtschafts- prüfungsgesellschaften outsourcen, sondern beim Bun- desversicherungsamt belassen wollen, unterstützen wir ebenfalls . Allerdings erwarten wir auch, dass Sie diese Behörde zukünftig mit genügend Ressourcen ausstatten, damit sie diese Prüfungen auch sachgerecht wahrnehmen kann . Ob Ihr Gesetzentwurf allerdings einen stringenten Beitrag zur Stärkung der Selbstverwaltung darstellt, darf bezweifelt werden . Ein Beispiel: Nach Ihrem Vorschlag sollen Beteiligungen an Gesellschaften des Privatrechts zukünftig lediglich vom Lenkungsgremium der Körper- schaft selbst abgenickt werden . Das ist nach den Erfah- rungen mit der Übernahme einer faktisch insolventen Immobiliengesellschaft durch die Kassenärztliche Bun- desvereinigung nicht nachvollziehbar . Es muss für solche Entscheidungen mit teilweise erheblichen finanziellen Auswirkungen zukünftig auch eine aufsichtsrechtliche Kontrollmöglichkeit geben, um einer erneuten Rufschä- digung der Selbstverwaltung im Wiederholungsfalle weitgehend vorzubeugen . Es soll nach Ihrer Vorstellung ja keine Rahmenvorga- ben für Geldanlagen oder Darlehen geben, obwohl die KBV gerade durch solche Finanzgeschäfte erhebliche Beträge verloren hat . Man darf auch gespannt sein, in- wieweit gesetzlicher Korrekturbedarf infolge der Aus- einandersetzung um persönliche Haftung von Funkti- onsträgern vor Gericht entsteht . Unsere Forderung nach Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721614 (A) (C) (B) (D) einem besseren Schutz von Whistleblowern wurde nicht aufgegriffen . Aus den genannten Gründen wird sich meine Fraktion bei diesem Gesetzentwurf enthalten . Und machen wir uns nichts vor: Ein wie auch im- mer geartetes Selbstverwaltungsstärkungsgesetz wird wenig Veränderung bringen, wenn nicht auch in den In- stitutionen und im Ministerium selbst ein Kulturwandel stattfindet. Beide haben in der Vergangenheit ihre Kon‑ trollfunktionen und ihre Aufsichtsrechte zum Teil unter- lassen beziehungsweise – vorsichtig formuliert – sehr dezent wahrgenommen und tragen damit einen Teil der Verantwortung für das Ausmaß der Missstände . Ein Ge- setz ändert nichts, solange nicht die Bereitschaft besteht, Aufsichtsrechte im Ernstfall auch wahrzunehmen . Und genau das erwarten wir von Ihnen in Zukunft als Beitrag zur Stärkung der Selbstverwaltung . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge­ brachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Vorschlä­ gen der Europäischen Kommission vom 7. März 2016 für Beschlüsse des Rates zur Festlegung von Standpunkten der Union in den Stabilitäts­ und Assoziationsräten EU – Republik Albanien sowie EU – Republik Serbien im Hinblick auf die Betei­ ligung der Republik Albanien sowie der Republik Serbien als Beobachter an den Arbeiten der Agen­ tur der Europäischen Union für Grundrechte und die entsprechenden Modalitäten im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 168/2007 des Rates (Tages­ ordnungspunkt 22) Thorsten Frei (CDU/CSU): Albanien als Beitritts- kandidat der Europäischen Union und auch Serbien, mit dem bereits Beitrittsverhandlungen geführt werden, ha- ben in der Vergangenheit viele Fortschritte im Bereich der Grundrechte gemacht . Die Grundrechte sind in bei- den Ländern gesetzlich kodifiziert und entsprechen ins- gesamt internationalen Standards . Systematische Men- schenrechtsverletzungen durch Regierung oder andere Staatsorgane sind nicht zu beobachten . Lediglich der Bereich der Organisierten Kriminalität bildet in Teilen eine Ausnahme, etwa mit Blick auf den noch immer exis- tenten Menschenhandel . Insbesondere in Albanien ist das Zusammenleben der Religionsgemeinschaften von Mus- limen sowie katholischen und orthodoxen Christen von beispielhafter Toleranz gekennzeichnet . Und trotzdem erfahren bestimmte Gruppen noch im- mer faktische Benachteiligungen im Alltag . Hier kommen vor allem tradierte Wert- und Gesellschaftsvorstellungen zum Tragen . Insbesondere Frauen und ihre Behandlung unterliegen den herkömmlichen traditionellen Mustern . Sie sind noch immer häufig Opfer häuslicher Gewalt. Leider gilt das auch für Kinder . Im ländlichen Raum gibt es diesbezügliche Probleme deutlich häufiger als in den Städten . Auch daran zeigt sich, dass die Zivilgesell- schaften im Vergleich zum Westen noch immer äußerst schwach sind . Zu begrüßen ist, dass die albanische Regierung eine nationale Strategie gegen häusliche Gewalt und für Gleichberechtigung ausgearbeitet hat . Und Serbien hat im vergangenen März einen Minderheiten-Aktionsplan verabschiedet, der Teil der Verpflichtungen zum Ab- schluss der Verhandlungen zum Kapitel 23 ist . Trotzdem muss man objektiv feststellen, dass es in beiden Ländern oft an der vollständigen Implementierung der Normen hakt . Ein wesentlicher Hemmschuh sind jedoch die Justiz- systeme, die in Serbien und vor allem auch Albanien eine Dauerbaustelle sind . Die größten Herausforderungen sind die Steigerung der richterlichen Unabhängigkeit und die Effizienz der Gerichte sowie der Verwaltung und der oft große Verfahrensrückstau . Ein Lichtblick ist sicher- lich die in Albanien im vergangenen Sommer beschlos- sene Justizreform, die wesentlich unter Beratung der von einem deutschen Richter geführten EURALIUS-Mission vorbereitet worden war, samt des Vetting-Prozesses zur Überprüfung der Richter . Aber auch hier gilt: Auf dem Papier ist die Reform sicherlich mustergültig . Ohne Im- plementierung ist sie allerdings nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht . Das zeigt sich auch an der In- stitution des Ombudsmanns zur Sicherung von Minder- heitenrechte, der sich in beiden Ländern gleichermaßen nur sehr schwer Gehör und gesellschaftliche Aufmerk- samkeit verschaffen kann, Ein weiteres Problem ist die trotz großer Medienviel- falt bestehende Praxis der politischen Einmischung in die Arbeit der öffentlichen Rundfunkanstalten und zur Ein- schüchterung von Journalisten . Ganz wesentlich ist die Intransparenz der öffentliche Medienförderung . Politiker auf dem Balkan verstehen die Medien traditionell nicht als „Vierte Gewalt“ im Staat, sondern als Kanal, um Bür- ger zu beeinflussen. Kritische Medienberichte werden als feindliche Handlung angesehen . Folglich werden nur Zeitungen finanziell gefördert, die eine der politischen Führung konforme Berichterstattung bieten . Das ist na- türlich ein Problem, da in der Region kaum eine Firma oder Privatperson Werbung schaltet . Folglich kommt auch der jüngste Fortschrittsbericht der EU-Kommission zum Schluss, dass weiterhin Dis- kriminierungen und Feindseligkeiten gegenüber benach- teiligten Gruppen, unter anderem aus Gründen der sexu- ellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität, auf der Tagesordnung stehen . Außerdem sind weitere Maßnah- men notwendig, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu gewährleisten, auch durch die Bekämpfung von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt, und um Chancengleichheit für Frauen herzustellen, insbeson- dere auf dem Arbeitsmarkt . Die Rechte der Kinder müs- sen gestärkt werden, unter anderem durch die Entwick- lung von Kinderschutzsystemen, und es bedarf vermehrt wirksamer Strategien zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen . Ebenso hat sich kaum etwas an der schwierigen Lage der Roma geändert . Es gibt also unverändert viel zu tun, um Albanien fit für die Beitrittsverhandlungen zu machen und damit Serbien Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21615 (A) (C) (B) (D) die einschlägigen Kapitel 23 und 24 erfolgreich abschlie- ßen kann . Folglich ist das Ansinnen der EU-Kommission richtig . Die Teilnahme als Beobachter in der EU-Grund- rechteagentur böte einen weiteren Kanal, um am Abbau der Defizite zu arbeiten und die beiden Länder näher an die Standards der Europäischen Union heranzuführen . Der Dialog mit den Mitgliedern in diesem Bereich könn- te neue Impulse für die Stärkung der Grundrechte bieten . Noch viel wichtiger erscheint mir aber die Tatsache, dass die Teilnahme an der Grundrechteagentur und den damit verbundenen Mechanismen selbst im Beobachter- status eine weitere Form der Heranführung und Bindung an die EU ist . Für die Länder des westlichen Balkan sind solche Schritte messbar und ein unmittelbar nachvoll- ziehbarer Erfolg der eigenen Bemühungen . Solche Erfol- ge lassen sich auch gegenüber der eigenen Bevölkerung im Sinne der eigenen politischen Strategie gut darstellen . Wir müssen ihnen solche Schritte immer wieder bieten und ermöglichen, auch wenn klar ist, dass wir nicht von den geltenden Kriterien abrücken werden oder Konzessi- onen machen dürfen . Das ist gerade in der heutigen Zeit dringend geboten . Wir schauen auf ein Jahr der Unsicherheit in Europa . Das gilt nicht nur wegen des Brexits, sondern auch we- gen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, der kein Interesse an einem starken Europa hat . Gerade für den westlichen Balkan könnte ein abnehmendes amerikani- sches Engagement fatale Folgen haben . Schon heute sind die Aktivitäten Russlands, Chinas und mit Blick auf die muslimisch geprägten Länder auch aus dem arabischen Raum nicht zu übersehen . Die genannten Länder warten nur darauf, in ein mögliches Vakuum zu stoßen und die noch immer nicht gefestigten Länder der Region in die eigene Einflusssphäre zu ziehen. Zumal die nationalis- tischen Gruppierungen und Parteien unverändert stark sind und gerade die historischen Bindungen zu Russland unverändert hoch im Kurs stehen . Hier sehe ich die ernst- hafte Gefahr, dass das ein oder andere Land trotz aller Beteuerungen einen Kurswechsel vollziehen könnte . Verschiedene Ereignisse und Spekulationen darum zei- gen aus meiner Sicht, dass insbesondere Russland nicht zimperlich ist, wenn es um die Ausnutzung möglicher Chancen geht . Ich bin zwar überzeugt, dass die Nähe zu Russland keine Vorteile für die Menschen bringt und die Beitritts- kandidaten schon heute deutliche Entwicklungsschritte spüren können . Aber wir leben in „postfaktischen“ Zei- ten, in denen Populisten mit ihrer eigenen Wahrheit viel Gehör in der Bevölkerung finden. Für Europa aber wären eine solche Abkehr und die damit verbundenen Signa- le fatal . Deshalb müssen wir alle Kraft aufwenden, um den Ländern des westlichen Balkan zu helfen und ihnen greifbare Perspektiven bieten . Auch für uns werden sich Aufwand und Mühe lohnen . Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU): Ich nutze die Debatte zum vorliegenden Gesetzentwurf, um mich kurz generell mit den europäischen Agenturen zu befassen . Meiner Ansicht nach sollten wir dies hier im Deutschen Bundestag deutlich häufiger tun – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Gesamtbudget aller Agenturen im Jahr 2014 rund 1,9 Milliarden Euro betrug und dort weit mehr als 6 000 Personen beschäftigt waren . Zudem ist die Bundesregierung im Verwaltungsrat einer jeden Agentur mit mindestens einem Repräsentanten vertreten . Wenn wir die Gewaltenteilung ernst nehmen, dann sollten wir uns auch mit deren Arbeit befassen . Die nächste Gele- genheit, sich mit dem System der dezentralen Agenturen zu befassen, bieten die Brexit-Verhandlungen . Denn mit ihnen geht die Notwendigkeit der Verlagerung zweier Institutionen – nämlich der Europäischen Arznei-Mittel- agentur sowie der Europäischen Bankenaufsicht – aus dem Vereinigten Königreich in einen anderen Mitglied- staat der EU einher . Agenturen sind heute fester Bestandteil der europäi- schen Exekutive geworden . Sie erfüllen wichtige admi- nistrative, operative und teilweise auch regulative Auf- gaben, insbesondere in Bereichen, die ein hohes Maß an Spezialwissen oder -fähigkeiten erfordern . Mangels eines einheitlichen Regelungsrahmens entstanden quer über Europa verteilt Agenturen mit sehr unterschiedli- chen Handlungsbefugnissen, internen Organisations- strukturen und Kontrollmechanismen . Diesen Wild- wuchs nahmen das Europäische Parlament, der Rat der EU und die Kommission zum Anlass, im Jahr 2012 eine gemeinsame Erklärung über die dezentralen Agenturen zu beschließen . Mit der Formulierung eines Fahrplans, einem einheitlichen Rahmenregelwerk und weiteren Ini- tiativen setzte die EU-Kommission diese gemeinsame Erklärung um . Als größter Nettozahler in der Europäi- schen Union hat die Bundesrepublik Deutschland ein besonderes Interesse daran, dass EU-Mittel sparsam und effizient eingesetzt werden. Daher ist es folgerichtig, die EU-Agenturen einer regelmäßigen Aufgabenkritik zu unterziehen . Auch hier gilt: Seine Daseinsberechtigung auf europäischer Ebene hat nur, was echten europäischen Mehrwert bringt . Gerade mit Blick auf die EU-Grundrechteagentur stellt sich diese Anforderung als besonders schwierig dar . Aus meiner Sicht nicht zu Unrecht wird von manchen Seiten die Kritik erhoben, mit der Grundrechteagentur würden Strukturen, beispielsweise des Europarates, aber auch der OSZE, gedoppelt . Hier kommt es darauf an, Sy- nergien zwischen den einzelnen Institutionen zu erken- nen und klug zu nutzen . Das Abkommen mit dem Eu- roparat aus dem Jahr 2008 ist hierfür ein gutes Beispiel . Auch bei den Programmplanungen sollten die einzelnen Akteure in regem Austausch stehen, um eine effiziente Arbeitsteilung gewährleisten zu können . Wir beraten heute den Gesetzentwurf der Bundesre- gierung über die Einbeziehung der Republiken Albanien und Serbien in die Arbeit der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte . Die CDU/CSU-Bundestagsfrak- tion unterstützt das Ansinnen beider Länder, sich durch die Mitarbeit bei ausgewählten Agenturen enger an die Europäische Union zu binden . Gleichzeitig ist es mir wichtig zu betonen, dass mit der Zustimmung zu diesem heute vorliegenden Gesetzentwurf keine Vorfestlegung im Hinblick auf einen möglichen späteren Beitritt beider Länder zur EU getroffen wird . Grundlage für die Verleihung des Beobachterstatus ist Artikel 28 der Verordnung (EG) 168/2007 zur Errichtung Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721616 (A) (C) (B) (D) der EU-Grundrechteagentur . Dieser sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass auch EU-Beitrittskandidaten- länder in die Arbeit eingebunden werden können . Die Grundrechteagentur soll Einrichtungen und Behörden der EU und ihrer Mitgliedstaaten in Grundrechtsfragen sowie bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts un- terstützen . Sie stellt den europäischen Gesetzgebern bei der Festlegung von Maßnahmen Informationen und Ex- pertise zur Verfügung . Auch aus Sicht der Grundrechteagentur ist die Ein- beziehung Albaniens und Serbiens zu begrüßen, da die Arbeit der Agentur auf die Mitgliedstaaten der Europäi- schen Union sowie Beobachterländer beschränkt ist . Die Verleihung des Beobachterstatus sorgt folglich dafür, dass die Agentur ihre Arbeit auf die Republiken Albanien und Serbien ausweiten kann. Die notwendigen finanziellen Anpassungen im Haushaltsplan der Grundrechteagentur werden von den Bewerberländern entsprechend den Vor- gaben der zuvor genannten Verordnung getragen . Es bleibt festzuhalten, dass die Agentur der Europä- ischen Union für Grundrechte einen wichtigen Beitrag zur Wahrung und Verbreitung von Menschenrechten auf der Welt leistet . Sie kooperiert sehr erfolgreich mit den Vereinten Nationen und verfügt über ein dichtes Netz an Informationsstellen . Die Einbeziehung der Republik Albanien sowie der Republik Serbien ist nicht nur vor diesem Hintergrund zu unterstützen . Ich werbe daher für Ihre Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf . Norbert Spinrath (SPD): Heute beraten wir in zwei- ter und dritter Lesung einen Gesetzentwurf, dessen Ver- abschiedung es der Bundesregierung ermöglichen wird, der Einbeziehung Albaniens und Serbiens in die the- menspezifische Arbeit der EU‑Grundrechteagentur zu- zustimmen . Die Europäische Kommission hat einen ent- sprechenden Vorschlag im März letzten Jahres gemacht . Die SPD-Fraktion begrüßt diese Initiative ausdrücklich und wird daher dem Gesetzentwurf zustimmen . Es freut mich, dass alle Fraktionen diese Haltung teilen . Dafür gibt es gute Gründe . Wenn beide Länder als Beobachter an den Arbeiten der Grundrechteagentur mitwirken, ist das eine Chance . Denn die Analyse der Situation der Grundrechte in den beiden Beitrittskandi- datenländern kann deren Beachtung stärken und ihre Re- formagenda im Grundrechtsbereich stärken . Die Beteiligung an Agenturen der EU ist zwar prin- zipiell für Bewerberländer vorgesehen, aber durchaus kein Automatismus . Ich werte es als ausgesprochen gu- tes Zeichen, dass beide Länder eine Beteiligung an der Grundrechteagentur anstreben . Der mit der Erlangung des Beobachterstatus verbundene Schritt in Richtung Europäische Union ist sicher nicht der entscheidende . Er hat aber gleichwohl symbolische Bedeutung und fakti- sche Wirkung . Albanien trägt mit einer moderaten und manchmal moderierenden Außenpolitik zur Stabilität und Bere- chenbarkeit der Region bei . Dies gilt in Bezug auf den Konflikt zwischen Serbien und Kosovo wie auch auf die Situation in Mazedonien . Die Europäische Kommission hat dem Land stetige Fortschritte bei der Erfüllung poli- tischer Kriterien attestiert und Reformfortschritte gelobt . Vorbehaltlich glaubwürdiger und konkreter Fortschritte bei der Umsetzung der Justizreform empfahl die Kom- mission im November 2016 die Eröffnung von Beitritts- verhandlungen . Der noch immer schwache Rechtsstaat muss wei- ter gestärkt werden, wozu der Beobachterstatus bei der Grundrechteagentur einen Beitrag leisten kann . Serbien hat Fortschritte bei der wirtschaftlichen Entwicklung und über längere Zeit auch im Entspan- nungsprozess mit dem Kosovo gemacht . Einige Kapi- tel konnten bereits im Beitrittsprozess geöffnet werden . Schwächen zeigt das Land im Annäherungsprozess an die EU bei der Sicherung der Grundrechte im Rechts- staat, wie Pressefreiheit, Korruptionsbekämpfung und unabhängige Justiz . Deshalb begrüßen wir, dass Serbien einen Beobachterstatus bei der EU-Grundrechteagentur haben wird . Beide Länder müssen die notwendigen Reformen vo- rantreiben und tatsächlich umsetzen . Das ist ihre Verant- wortung . Doch wir verfolgen die Entwicklungen in der Region nicht nur mit Interesse; wir sollen sie auch un- terstützen . Die anderen Mitgliedstaaten haben dem Vor- schlag bereits zugestimmt, nun sollte dies auch Deutsch- land tun . Lassen Sie mich noch ein paar Worte zum Verfahren selbst verlieren . Wieso brauchen wir für diesen sicher wichtigen, aber keineswegs bahnbrechenden Kommis- sionsvorschlag ein bundesdeutsches Gesetz? Die Einbe- ziehung von Kandidatenstaaten ist doch schon seit der Errichtung der Grundrechteagentur im Jahre 2007 prinzi- piell als Möglichkeit vorgesehen . Dass jetzt für die konkrete Aktivierung dieser Mög- lichkeit ein Zustimmungsgesetz erforderlich ist, geht auf das Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerich- tes zurück . Die Besorgnis Karlsruhes hinsichtlich einer Machtausweitung der EU zulasten des Bundestages ist jedoch unbegründet . Trotzdem bleibt das Erfordernis ei- nes Gesetzes sinnvoll, alleine schon wegen der diszipli- nierenden Vorwirkung . Ich ermuntere die Republiken Albanien und Serbien ausdrücklich dazu, den Beobachterstatus insbesondere zur Implementierung weiterer Fortschritte auf dem Weg zur Rechtstaatlichkeit nach dem EU-Standard zu nutzen . Dies wäre ein wichtiger Schritt für den weiteren Beitritts- prozess und zur europäischen Integration . Andrej Hunko (DIE LINKE): Bei der Einrichtung der Grundrechteagentur im Jahr 2007 nannte die Men- schenrechtsorganisation Amnesty International diese ei- nen „zahnlosen Tiger“ . Der Grund: Sie bringe praktisch keinen Nutzen bei der Wahrung der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger, ihr Mandat sei zu beschränkt, und es deute vieles darauf hin, dass die Struktur vor al- lem darauf ausgelegt ist, dass sich die Mitgliedstaaten in Sachen Grundrechte nicht reinreden lassen wollen . Dies hat sich seitdem weitgehend bestätigt . Dennoch hat die Agentur seit ihrer Gründung dreistellige Millionenbeträ- ge gekostet . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21617 (A) (C) (B) (D) Ich möchte noch einmal an die Bundestagsdebatte bei der Gründung der Agentur erinnern . Damals gab es erstaunlich wenige Meinungsverschiedenheiten, und er- staunlich viele haben unsere Kritik geteilt . Denn heute wie damals gilt, dass die eben genannten Millionenbe- träge in anderen Institutionen wesentlich besser aufge- hoben gewesen wären . Insbesondere der Europarat bietet ausgereiftere, erfahrenere und effektivere Institutionen zum Schutz der Grundrechte . Nicht umsonst gibt es die Europäische Menschenrechtskonvention und den Euro- päischen Gerichtshof für Menschenrechte, der sie durch- setzen soll . Die Parlamentarische Versammlung des Europarates mit ihren Monitoringverfahren wacht über die Einhaltung der Grundrechte in den Mitgliedstaaten . Doch eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind chronisch unterfinanziert. Es ist vor allem deshalb ein riesiges Pro- blem, dass der EGMR einen Rückstau von Zehntausen- den Verfahren bearbeiten muss . Doch anstatt den Europarat endlich mit mehr Mitteln auszustatten, gingen die Regierungen der EU-Mitglied- staaten in die andere Richtung . Unter Zustimmung der Bundesregierung setzten sie auf eine teilweise Dopplung der vorhandenen Strukturen – möglicherweise war dies auch in einer potenziellen Schwächung des Europarates motiviert . Denn es wurde nicht allein die Grundrech- teagentur als unzureichende Parallelstruktur geschaf- fen; auch hat die EU den vertraglich vorgeschriebenen Beitritt zur Menschenrechtskonvention bis heute nicht vollzogen . Es sind diese Vorgänge, die mich doch sehr am wirklichen Willen der EU für den Grundrechteschutz zweifeln lassen . Es drängt sich der Eindruck auf, dass durch die Parallelstrukturen eine Definitionsmacht über Menschenrechtspolitik bei der EU verankert werden soll . In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Europarat mit seinen Strukturen weiter geschwächt wird . Dies kritisie- ren wir aufs Schärfste . Nun existiert die Grundrechteagentur aber seit knapp zehn Jahren; sie ist eine Realität . Heute beraten wir die Frage, ob der deutsche Vertreter im Rat der EU zustim- men darf, dass Albanien und Serbien Beobachterstatus in der Grundrechteagentur bekommen . Dieser Schritt steht selbstverständlich im Kontext eines möglichen EU- Beitritts der beiden Länder . Auch wenn wir aufgrund der neoliberalen Verfasstheit der EU und ihrer militaristi- schen Tendenzen einen Beitritt kritisch sehen, so ist für uns immer klar gewesen: Wir stellen uns einem solchen Schritt nicht in den Weg, wenn er von der Bevölkerung der betroffenen Länder gewollt ist . Dazu stehen wir . Wir halten auch an der grundsätzlichen Kritik an der Unzulänglichkeit der Grundrechteagentur fest . Doch scheint mir, dass die Frage des Beobachterstatus Serbi- ens und Albaniens nicht der Ort ist, unsere Kritik an der Grundrechteagentur und der EU in abweichendem Ab- stimmungsverhalten zu äußern . Aus diesem Grund stim- men wir dem vorliegenden Gesetzentwurf zu . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir begrüßen die Verleihung des Bobachterstatus an Al- banien und Serbien in der Grundrechteagentur der Eu- ropäischen Union . Die Republik Albanien ist seit dem 27 . Juni 2014 EU-Beitrittskandidat . Die Republik Serbi- en hat den Kandidatenstatus seit dem 1 . März 2012, und seit dem 21 . Januar 2014 werden Beitrittsverhandlungen mit dem Land geführt . Als Grüne unterstützen wir die europäische Perspek- tive für die Länder des westlichen Balkans . Grundvo- raussetzung dafür ist, wie bei allen bisherigen Beitritten, die Erfüllung der EU-Beitrittskriterien . Dabei legen wir großen Wert auf die Erfüllung der Kriterien im Bereich Rechtsstaatlichkeit, Justiz und Demokratie . Diese Berei- che werden in den Kapiteln 23 und 24 in den Beitrittsver- handlungen verhandelt . Anhand der EU-Fortschrittsberichte erhalten wir einen Überblick darüber, ob die Kandidatenländer Fortschritte oder Rückschritte in diesen Bereichen machen . Anhand zu erfüllender Beitrittskriterien können wir sehen, wel- che Bedingungen erfüllt werden müssen, um Verhand- lungskapitel zu öffnen . Die Fortschrittsberichte stellen für Serbien und Alba- nien weiterhin einen zu großen Einfluss der organisier- ten Kriminalität, Probleme bei der Unabhängigkeit der Justiz, Probleme mit grassierender Korruption und Ein- schränkungen bei der Presse- und Meinungsfreiheit fest . Deshalb ist es umso wichtiger, dass diese Länder bei ih- rer demokratischen Entwicklung und der Erfüllung der Beitrittskriterien unterstützt werden . Die Beteiligung an der Agentur für Grundrechte der EU als Beobachter wird den Grundrechtsschutz in beiden Ländern stärken . Neben der Veröffentlichung eines Jahresberichts zu Grundrechtsfragen und der Formulierung und Veröffent- lichung von Stellungnahmen für die EU-Organe und die Mitgliedstaaten ist es unter anderem Aufgabe der Agentur für Grundrechte, die Öffentlichkeit für Grundrechtsfra- gen zu sensibilisieren und aktiv über die eigene Tätigkeit zu informieren . Die Stärkung und Sensibilisierung von zivilgesellschaftlichen Akteuren für die Grundrechtsar- beit in den Ländern des westlichen Balkans hat für uns eine hohe Priorität, da diese die regierenden Eliten unter Druck setzen und rechtsstaatliche Reformen einfordern können . Auch Kroatien hat vor seinem Beitritt den Beobacht- erstatus in der Agentur für Grundrechte erhalten, dadurch konnten kroatische Zivilgesellschaftsorganisationen an der Grundrechteplattform der Agentur teilnehmen . Au- ßerdem wurde Kroatien bereits ein Jahr vor dem Beitritt 2013 in den Jahresbericht und die LGBT-Umfrage der Agentur aufgenommen . Wir befürworten, dass auch zukünftig in Albanien und Serbien über eine verstärkte Zusammenarbeit mit der EU in Grundrechtsfragen der Rechtsstaatsdialog gestärkt wird . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Dr. André Hahn, weite­ rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Angleichung der Entschädigungsleistungen für NS­Opfer (Tagesordnungspunkt 20) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721618 (A) (C) (B) (D) Dr. André Berghegger (CDU/CSU): Die von deut- schen Staaten herbeigeführten Angriffskriege haben un- beschreibliches Leid über die Welt gebracht . Insbeson- dere das nationalsozialistische Regime hat zahlreichen unschuldigen Opfern alles genommen: das Leben, die Gesundheit, die Familie, den Besitz, die Heimat und vor allem die Menschenwürde . Die abscheulichen Taten sind mit Worten kaum zu beschreiben . Im Bewusstsein dieser Verantwortung hat sich Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sehr um Aussöhnung mit den Opfern bemüht . Die Bun- desregierung hat der moralischen und finanziellen Wie- dergutmachung des vom NS-Regime verübten Unrechts von Anfang an eine besondere Priorität eingeräumt . Auch heute noch stellt sie sich dieser Aufgabe . Erlittenes Unrecht ist durch keinerlei Geldleistung wiedergutzumachen . Aber es ist selbstverständlich, dass begangenes Unrecht als solches klar benannt wird und die Geschädigten finanzielle Unterstützung erhalten. Sie sollen trotz der immensen psychischen und physischen Folgen ein würdiges Leben führen können . Insgesamt haben Bund und Länder auf dem Gebiet der Entschädigung für NS-Unrecht bis Ende 2015 rund 74,5 Milliarden Euro erbracht . Diese Summe ergibt sich aus mehreren Regelungen und Vereinbarungen, die im Laufe der Jahre getroffen worden sind . Es hat dabei auch immer wieder Anpassungen, Klarstellungen und Erhö- hungen gegeben . Dabei ist allerdings in zwei Bereiche zu unterteilen . So gibt es einerseits gesetzliche Ansprüche und anderer- seits außergesetzliche Leistungen . Im Oktober 1953 ist das Bundesentschädigungsge- setz in Kraft getreten . Dieses sieht einen Ausgleich für einen näher bestimmten Schaden vor, der durch NS-Un- rechtsmaßnahmen entstanden ist . Das Gesetz war mit einer Frist bis Ende 1969 vorgesehen . Mit Ablauf die- ses Datums konnten keine Anträge mehr auf die gesetz- lichen Entschädigungsansprüche gestellt werden . Diese Schlussfrist ist auch durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt worden . Für NS-Verfolgte im Sinne des § 1 Bundesentschädi- gungsgesetz, die keine gesetzlichen Ansprüche geltend machen konnten, sind in den Folgejahren außergesetz- liche Leistungen gewährt worden . Dazu sind eine Reihe außergesetzlicher Wiedergutmachungsregelungen für jü- dische und nicht jüdische NS-Verfolgte geschaffen wor- den . Die Mehrzahl der heute noch lebenden NS-Verfolg- ten erhält Leistungen aufgrund dieser außergesetzlichen Regelungen . Entsprechend bilden diese Leistungen heute den größten Teil der Wiedergutmachungsausgaben . Die gesetzlichen und außergesetzlichen Leistungen unterscheiden sich in ihrer Ausgestaltung . Während das Bundesentschädigungsgesetz einen gesetzlichen An- spruch auf Entschädigung für verfolgungsspezifische Schäden begründet, sehen die außergesetzlichen Härte- regelungen freiwillige Leistungen unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Artikels 3 Grundge- setz auf der Grundlage des Haushaltsgesetzes vor . Die gesetzlichen Ansprüche richten sich in der Höhe nach dem durch die Verfolgung verursachten Schaden . Die außergesetzlichen Leistungen hingegen sind zumeist als pauschale Beihilfen zum Lebensunterhalt mit geringeren Anforderungen für die Gewährung ausgestaltet und wer- den bei Vorliegen eines bestimmten Verfolgungsschick- sals gewährt . Eine Gleichbehandlung der im vorliegenden Antrag angesprochenen Opfergruppen muss also an den Opfer- gruppen ausgerichtet werden, die zwar NS-Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetz sind, aber we- gen der Schlussfrist keine gesetzlichen Entschädigungs- ansprüche geltend machen können . Es kann deshalb nur eine Gleichbehandlung im Rahmen dieser außergesetz- lichen Regelungen in Betracht kommen . Entsprechend verfährt die Bundesregierung . Mit dem Schicksal der im Antrag erwähnten „Zwangs- germanisierten“ hat sich der Deutsche Bundestag im Rahmen eines Petitionsverfahrens ausführlich befasst . Im Mai 2014 hat der Deutsche Bundestag der Beschluss- empfehlung des Petitionsausschusses zugestimmt, indivi- duelle Entschädigungsforderungen nicht zu unterstützen . Zugleich hat er angeregt, die „Zwangsgermanisierten“ durch Projekte der Erinnerungskultur zu würdigen . Diese Empfehlung hat die Bundesregierung aufgegrif- fen . Über verschiedene Förderprogramme der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ ist im Rah- men von Projekten das Thema „Zwangsgermanisierung“ behandelt worden . Die Projektarbeit durch die Stiftung ist derzeit bis 2018 gesichert . Insoweit besteht aus unse- rer Sicht kein Handlungsbedarf . Es ist unsere Pflicht, uns der historischen Verantwor- tung bewusst zu bleiben und das Gedenken an die Opfer wachzuhalten . Ein solches Terrorregime darf sich nicht wiederholen . In diesem Bewusstsein können wir als Deutsche die Zukunft gestalten . Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Die nationalsozialis- tische Diktatur in Deutschland fügte Millionen von Men- schen unendliches Leid zu . Menschen wurden aufgrund ihrer Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung ver- folgt . Politische Gegner wurden mit Gewalt bekämpft . Viele Opfer mussten diese Diktatur mit ihrem Leben bezahlen . Für andere Opfer hat diese Diktatur Wunden hinterlassen, die bis zum Lebensende nicht verheilen würden . Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland haben sich die jeweiligen Bundesregierungen für eine Entschä- digung und Rehabilitierung der Opfer des Nationalsozi- alismus eingesetzt . Als wesentlicher Schritt sei hier das Bundesentschädigungsgesetz genannt, welches im Okto- ber 1953 in Kraft trat . In der Folgezeit wurde ein einzel- fallgerechtes System aus gesetzlichen Ansprüchen nach dem Bundesentschädigungsgesetz und außergesetzlichen Leistungen nach den Härterichtlinien für Opfer von na- tionalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen entwickelt . Für die gesetzlichen Ansprüche kommt es folgerichtig auf den konkreten Schaden an, der durch die Verfolgung erlitten wurde . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21619 (A) (C) (B) (D) Die Regierungskoalition hat in dieser Wahlperiode die Arbeit kontinuierlich fortgesetzt . Der Haushaltsaus- schuss des Deutschen Bundestages sprach im Mai 2015 den sowjetischen Kriegsgefangenen Entschädigungen in Höhe von 10 Millionen Euro zu . Den vermutlich noch 4 000 Überlebenden wird eine einmalige finanzielle An- erkennungsleistung von etwa 2 500 Euro zuteil . Allen Opfern des Nationalsozialismus ist jedoch ein Punkt gemeinsam: Das erlittene Unrecht wird in Geld niemals aufzuwiegen sein . Zu tief sitzen die Geschehnis- se aus dieser schwarzen Zeit deutscher Geschichte . Uns ist es daher ein großes Anliegen, dass die Op- fer nicht allein gelassen werden . Wir werden in diesem Hause auch am morgigen Tag, dem 27 . Januar, wieder der Opfer des Nationalsozialismus gedenken . Diese Ges- te sind wir den Opfern in Verantwortung der deutschen Geschichte schuldig . Ich möchte noch darauf eingehen, warum wir dennoch diesen Antrag ablehnen werden: Eine Gleichstellung von Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz und solchen aufgrund der Härterichtlinien für Opfer von na- tionalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen würde eine Gleichbehandlung von ungleichen Sachverhalten bedeu- ten . Die gesetzlichen Ansprüche nach dem Bundesent- schädigungsgesetz richten sich in der Höhe nach dem konkreten Schaden . Die außergesetzlichen Leistungen werden hingegen als pauschale Beihilfen zum Lebensun- terhalt bei Vorliegen eines konkreten Verfolgungsschick- sals gewährt . Wir sollten vielmehr in die Zukunft investieren . Im Hinblick auf eine sinkende Sensibilität für das national- sozialistische Unrechtsregime durch gewisse politische Mitbewerber muss uns das entschiedene Eintreten gegen Hass und Hetze in unserer Gesellschaft wieder bewusst werden . Wir treten als aufrechte Demokraten für eine to- lerante Gesellschaft ein und sind uns unserer geschichtli- chen Verantwortung bewusst . Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD): Lassen Sie mich zu Beginn eines klarstellen: Das erlittene Unrecht und die unvorstellbaren Qualen unzähliger Menschen, die durch die NS-Verbrechen verursacht wurden, sind durch nichts wiedergutzumachen . Es ist für uns aber eine selbstverständliche moralische Verpflichtung, das erlittene Unrecht der NS‑Opfer da- durch anzuerkennen, dass wir nicht nur ständig an das begangene Unrecht erinnern und gedenken, sondern auch den betroffenen lebenden Menschen eine finanzielle An- erkennung zukommen lassen . Und hierfür ist auch be- reits eine Menge getan worden . So hat der Bundestag in den Jahren 1956 und 1957 das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der national- sozialistischen Verfolgung (BEG) sowie das Allgemeine Kriegsfolgengesetz (AKG) verabschiedet, zu denen in den folgenden Jahrzehnten auch Härtefonds und Härtere- gelungen eingerichtet wurden . Und gerade bei den Fonds und Härteregelungen können Betroffene, anders als beim BEG und AKG, auch heute noch Anträge stellen . Seit der Verabschiedung des Bundesgesetzes zur Ent- schädigung für Opfer der nationalsozialistischen Ver- folgung hat sich einiges getan . Denn im Sinne des BEG galten nur diejenigen als Verfolgte, die aus „rassischen“ und religiösen und weltanschaulichen Gründen sowie aufgrund politischer Opposition verfolgt wurden . Bis zur letzten Antragsfrist im Jahr 1969 wurden nur diejenigen entschädigt, auf die diese strenge Definition zutraf. Alle anderen NS-Verfolgten, die sogenannten Opfer „sons- tigen Staatsunrechts“, erhielten höchstens Leistungen nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz . Heute sind die Fristen für die Antragstellung schon lange verstrichen . Es können also keine neuen Anträge, mit Ausnahme sogenannter Verschlimmerungsanträge, gestellt werden . Das ist beispielsweise eine Rentenneu- bemessung, wenn sich der Gesundheitszustand eines Be- troffenen verschlimmert . Da viele Antragsteller seinerzeit die Fristen für Entschädigungsansprüche gemäß BEG und AKG versäumt haben, hatte die Bundesregierung die Lücke geschlossen und Fonds im Sinne des § 171 BEG eingerichtet sowie die sogenannten AKG-Härterichtli- nien geschaffen, die nicht an die Einhaltung einer Frist gebunden sind . Das heißt, diese Personen können auch heute noch Anträge auf Geldleistungen stellen . Hierzu gibt es: Erstens . Härtefonds für rassisch Verfolgte nicht jüdi- schen Glaubens: Dieser Härtefonds wurde für NS-Ver- folgte eingerichtet, die aufgrund der Nürnberger Rassen- gesetze als Juden verfolgt wurden, obwohl sie nicht der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörten . Ich möchte betonen, dass dieser Fonds unter bestimmten Bedingun- gen auch für verfolgte Ehepartner, Kinder und Enkel von Juden offensteht . Er gilt zudem für Menschen, die we- gen ihrer Hilfeleistungen zugunsten jüdischer Verfolgter selbst zu NS-Verfolgten wurden . Zweitens . Härtefonds zugunsten Verfolgter nicht jü- discher Abstammung: Dieser Fonds wurde für nicht jü- dische NS-Verfolgte eingerichtet, die zwar Verfolgte im Sinne des BEG waren und aufgrund ihrer Verfolgung einen Gesundheitsschaden erlitten, aber aus ausschließ- lich formellen Gründen keinen Antrag nach BEG stellen konnten . Drittens . Härtefonds für jüdische Verfolgte: Jüdische Verfolgte stehen Härteleistungen nach dem Hardship Fund, dem Article 2 Fund mit der Jewish Claims Con- ference aus dem Jahr 1992 und dem Central and Eastern Europe Fund (CEEF) zu . Dieser Fonds wurde eingerich- tet, um vorliegende Härten für solche Verfolgte auszu- gleichen, die an der Einhaltung der Antragsfrist gehindert waren . Diese Fonds stehen vor allem NS-Verfolgten im Ausland offen, aber auch deutschen Opfern des NS-Re- gimes . Viertens . Als letzte wichtige Entschädigungsleistung möchte ich noch die AKG-Härterichtlinien erwähnen . Diese wurden erlassen, da die Bestimmungen des AKG nicht ausreichend waren und zahlreiche Opfer des Na- tionalsozialismus nicht entschädigt werden konnten . Hiernach können grundsätzlich alle durch den Natio- nalsozialismus geschädigten Personen, die aufgrund ih- rer körperlichen oder geistigen Verfassung oder wegen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721620 (A) (C) (B) (D) ihres gesellschaftlichen oder persönlichen Verhaltens vom NS-Regime als Einzelne oder als Angehörige von Gruppen angefeindet und verfolgt wurden, einen Antrag auf Entschädigungsleistungen stellen . Hierzu zählen un- ter anderem auch „Euthanasieopfer“, Zwangssterilisierte und Homosexuelle . Sie sehen also, wir unterscheiden zwischen gesetzli- chen Ansprüchen des BEG und den außergesetzlichen Leistungen zum Ausgleich besonderer Härten wie die eben bereits erwähnte Article-2-Vereinbarung . Während das BEG einen gesetzlichen Anspruch auf Entschädi- gung für verfolgungsspezifische Schäden begründet, sehen die außergesetzlichen Härteregelungen freiwillige Leistungen unter Beachtung des Gleichbehandlungsge- botes des Artikels 3 Grundgesetz auf der Grundlage des Haushaltsgesetzes vor . Insgesamt ist festzustellen, dass Bundestag und Bundesregierung bis zum heutigen Tag ihrer morali- schen Verpflichtung zur Entschädigung von Opfern des NS-Regimes nachkommen . So sind bis zum 31 . Dezem- ber 2015 Mittel in Höhe von 47,755 Milliarden Euro für BEG-Leistungsempfänger ausgezahlt worden . In Durchführung der AKG-Härterichtlinien wurden bis zum 31 . Dezember 2015 1,289 Milliarden Euro gezahlt . Hier- bei sind auch einmalige Leistungen aufgrund eines Er- lasses des BMF aus dem Jahre 1980 erfasst . Im Rahmen des Artikel-2-Abkommens sind im gleichen Zeitraum 6,369 Milliarden Euro gezahlt worden . Auch ist es im Einklang mit den AKG-Härterichtlini- en nachvollziehbar und folgerichtig, dass einmalige oder laufende Leistungen grundsätzlich nur Menschen erhal- ten, die selbst unmittelbar den NS-Unrechtsmaßnahmen ausgesetzt waren . Die AKG-Härterichtlinien stehen daher im Einklang mit den entsprechenden dem BEG nachfolgenden Regelungen für jüdische Opfer des Natio- nalsozialismus . Insofern ist die in den Entschädigungsge- setzen festgelegte Unterscheidung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Betroffenheit zutreffend . Nun zu Ihrem Antrag, Kolleginnen und Kollegen der Linken . Ich bin schon ein wenig verwundert, aber auch verärgert, dass Sie uns erst am Mittwoch einen Antrag für die Plenardebatte am Donnerstag zu dem Thema „Anglei- chung der Entschädigungsleistungen für NS-Opfer“ ein- reichen, ohne auch nur im entferntesten im Vorfeld eine inhaltliche Diskussion zu diesem Thema zu suchen . Im Rahmen der von Ihnen erhobenen Forderung, die „Zwangsgermanisierten“ als neue Gruppe von NS-Op- fern im Sinne der Härtefallrichtlinien anzuerkennen, hat sich der Deutsche Bundestag bereits im Mai 2014 in der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ausführ- lich auseinandergesetzt und klargestellt, individuelle Entschädigungsforderungen nicht zu unterstützen . Wie Sie wissen müssen, hat er aber angeregt, die „Zwangs- germanisierten“ durch Projekte der Erinnerungskultur zu würdigen, welches die Stiftung „Erinnerung, Verantwor- tung und Zukunft“ (EVZ) auch durch viele Programme umfassend bis 2018 fördert . Zudem – und dies möchte ich abschließend noch er- wähnen – ist es mir völlig unerklärlich, warum Sie erst heute einen solchen Antrag stellen . Sie hätten Gelegen- heit gehabt, vor Verabschiedung des Haushalts 2017 zu erörtern, ob Mittel des Haushaltes zur Verfügung stehen, so wie wir es seinerzeit auch für die Entschädigungsleis- tungen für sowjetische Kriegsgefangene gemacht ha- ben . Nichts dergleichen ist passiert . Ich halte daher Ihre Vorgehensweise für unseriös und den Interessen der be- troffenen lebenden Menschen nicht dienlich . Aus vorge- nannten Gründen lehne ich daher Ihren Antrag ab . Ulla Jelpke (DIE LINKE): Es ist im Deutschen Bun- destag eine gute Tradition, dass am 27 . Januar, dem Ge- denktag für die Opfer der NS-Verfolgung, Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Opfergruppen sprechen . In diesem Jahr wird es der Schauspieler Sebastian Ur- banski sein, der das Down-Syndrom hat . Er wird aus ei- nem Brief von Ernst Putzki lesen, der von den Nazis we- gen einer geistigen Behinderung ermordet worden war . Das sind durchaus würdige Gedenkveranstaltungen . Die Wahrheit ist aber auch – und darum geht es im An- trag der Linken –: Hätte Ernst Putzki die Nazizeit über- lebt, er hätte in der Bundesrepublik keine Entschädigung erhalten . Denn im deutschen Entschädigungsrecht gibt es bis heute gravierende Ungleichbehandlungen . Diese will unser Antrag beseitigen: Die Linke fordert, dass alle, die von den Nazis verfolgt worden sind, die gleichen Ent- schädigungsleistungen erhalten . Als in den 1950er- und 1960er-Jahren über die Anträ- ge nach dem Bundesentschädigungsgesetz entschieden wurde, sind etliche Opfergruppen einfach ausgeschlossen wurden . Für Homosexuelle, für Opfer der Wehrmachts- justiz, für verfolgte Sinti und Roma, für Kommunistinnen und Kommunisten, für sogenannte Asoziale und eben auch für Zwangssterilisierte und Euthanasiegeschädigte gab es in aller Regel keine Leistungen . Denn all diese Opfergruppen sind noch über Jahrzehnte hinweg stigma- tisiert und diskriminiert worden . Sie galten als Verrückte, als Schädlinge, als Verräter, denen unterstellt wurde, für ihr Verfolgungsschicksal selbst verantwortlich gewesen zu sein . Ein augenfälliges Beispiel dafür ist etwa, dass im Deutschen Bundestag zu einer Anhörung im Jahr 1961 ausgerechnet drei Mediziner als Sachverständige einge- laden worden sind, die direkt an Verbrechen im Namen der „Rassenhygiene“ beteiligt waren . Erst in den letzten Jahren sind viele dieser Opfergrup- pen endlich politisch und zum Teil auch juristisch reha- bilitiert worden . Es wurden Denkmäler gebaut; es gibt nette Gedenkfeiern – aber Entschädigungsleistungen erhalten sie noch immer nicht . Denn Anträge nach dem Bundesentschädigungsgesetz können seit 1969 nicht mehr gestellt werden . Für all diese Opfergruppen, die ich eben aufgezählt habe, gilt also: Erst hat man ihnen die Entschädigung verweigert, und heute, wo sie endlich als Naziopfer aner- kannt sind, wird ihnen gesagt, sie hätten die Antragsfrist verpasst . Diese Logik ist ungeheuerlich zynisch . Wenn sie Glück haben, werden sie mit Einmalzahlun- gen nach den Härterichtlinien des Allgemeinen Kriegsfol- gengesetzes abgespeist . Nur eine Handvoll Opfer erhält monatliche Zahlungen . Das sind aber ausdrücklich nur Härteleistungen, die wesentlich geringer sind als Leis- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21621 (A) (C) (B) (D) tungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz . Nur zum Vergleich: Während die durchschnittliche Rente nach dem Bundesentschädigungsgesetz 651 Euro beträgt, be- lief sich die Einmalzahlung nach den Härterichtlinien auf 2 500 Euro . Die Entschädigung für erlittene Verfolgung, für die Ermordung von Angehörigen, für den Verlust von Lebensperspektiven oder materiellen Gütern wird diesen Überlebenden nach wie vor verweigert . Nachdem man sie jahrzehntelang nicht einmal als Opfer anerkannte, werden sie heute als Opfer zweiter Klasse diskriminiert . Wir haben die Bundesregierung in den vergangenen Jahren wiederholt auf diese Ungerechtigkeiten hingewie- sen . Wir haben gefragt: Mit welcher Begründung wer- den die einen NS-Opfer schlechter behandelt als andere NS-Opfer? Die Antwort der Bundesregierung war immer die gleiche: Die Entschädigungsfrage sei schon längst „er- folgreich“ gelöst . Das ist eine dreiste Lüge, mit der die Bundesregierung den Überlebenden direkt ins Gesicht schlägt . Denn die jahrzehntelange Ungleichbehandlung und die bis heute andauernde Ignoranz gegenüber dieser Problematik werden von vielen Überlebenden als weitere Diskriminierung, als Nichtanerkennung ihrer Verfolgung und des faschistischen Unrechts wahrgenommen, und das völlig zu Recht; auch die Linke hält diese Praxis für empörend . Überfällig ist schon längst, dass endlich die Betroffe- nen der sogenannten Zwangsgermanisierung entschädigt werden . Zehntausende von Kindern – die genaue Zahl ist nicht bekannt – sind aus den besetzten Gebieten ent- führt worden, weil die Nazis sie für ausreichend „arisch“ hielten . Sie wurden ihren Eltern geraubt oder aus Kin- derheimen verschleppt und verbrachten ihre Kindheit bei Nazieltern oder in Heimen des Lebensborns . Etliche der Betroffenen berichten über erlittene Misshandlungen, wenn sie nicht den Vorstellungen ihrer faschistischen Kidnapper entsprachen: Es wurde ihnen Essen entzogen; sie wurden im Schnee ausgesetzt, geschlagen . Karl Vi- tovec de Gereben, der als Achtjähriger ins Reichsgebiet verschleppt worden war und mit dem ich seit Jahren in Verbindung stehe, berichtet, man habe ihn misshandelt, wenn er nicht wusste, wann Hitler Geburtstag hatte . Ich hoffe, alle hier im Haus haben genügend Empa- thie, um sich wenigstens annähernd vorzustellen, wel- che Traumatisierungen die Betroffenen bis heute quälen . Diese Menschen wurden aufgrund der rassistischen Vor- stellungen der Nazis entführt und misshandelt . Aber die Entschädigungsgesetze berücksichtigen sie nicht, und die Bundesregierung zuckt mit den Schultern . Darin verbirgt sich eine solche Kälte, eine solche Ignoranz gegenüber den Naziopfern, dass es einen schaudern lässt . Ich meine: Deutschland ist es den Naziopfern schul- dig, sie anständig zu behandeln – und zwar alle . Man kann nicht Gedenkveranstaltungen für die Toten durch- führen und den Überlebenden die kalte Schulter zeigen . Man darf auch nicht die einen Naziopfer gegen die ande- ren ausspielen . Deswegen beantragt die Linke, dass alle Naziopfer, auch die sogenannten Zwangsgermanisierten, genau die gleichen Entschädigungsleistungen erhalten, wie sie auch jenen zugestanden wurden, die Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz beziehen . Wenn sich die Regierungsfraktionen dieser morali- schen Pflicht entziehen, degradieren sie damit die Ge- denkveranstaltungen zur reinen Heuchelei . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Geschichte der Entschädigung und Rehabilitierung der Opfer des Nationalsozialismus ist und war ein quä- lend langer Kampf um historische Wahrheit und Abmil- derung von Ungerechtigkeiten . Viele Kapitel dieses Kampfes waren alles andere als ein Ruhmesblatt für die deutsche Nachkriegsgeschichte: In einem skandalösen Urteil sagte der BGH 1956 im Na- men des Volkes, staatliche Verfolgungsmaßnahmen vor 1943 seien legitim gewesen, weil sie von „Zigeunern“ durch „eigene Asozialität, Kriminalität und Wander- trieb“ selbst veranlasst gewesen seien . Das Bundesver- fassungsgericht sprach 1957 der NS-Fassung des § 175 StGB den nationalsozialistischen Unrechtscharakter ab . Mit dem KPD-Verbot verloren im Westen viele Kommu- nisten auch ihre Entschädigungsleistungen . Wehrmachts- deserteure und Homosexuelle mussten bis 2002 auf die Aufhebung ihrer Urteile warten . Erst 2007 ächtete der Bundestag das Erbgesundheitsgesetz hinsichtlich aller Konsequenzen für Zwangssterilisierte . Als nationalsozi- alistisches Unrecht hat er dies bis heute nicht anerkannt . Dies alles hatte nachteilige entschädigungsrechtliche Konsequenzen . Und auch die grundsätzlich nach dem BEG Berech- tigten waren unzähligen Beschränkungen, Fristen und Hürden für eine halbwegs angemessene Entschädigung ausgesetzt . Nach dem 31 . Dezember 1969 konnten auch für jüdische Holocaust-Überlebende keine neuen Anträ- ge mehr gestellt werden . Härtefonds nach BEG und AKG, Landeshärtefonds, Verbesserungen der Härtefondleistungen, Ghettorenten- gesetz und Zwangsarbeiterentschädigung folgten . Ja, man kann die deutsche Geschichte nicht auf zwölf Jahre reduzieren, das gilt leider insbesondere für die Ge- schichte des Unrechts gegenüber den Verfolgten . Es gab eine Kontinuität von Mentalitäten, die Unrecht nicht se- hen wollten oder es verdrängten . Die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus ist ein zäher und von vielen Am- bivalenzen geprägter Prozess gewesen . Im Antrag wird richtig festgestellt, dass es in den letzten Jahrzehnten durch viele, oft auch politische Gründe Ungleichbehand- lungen und große Diskrepanzen in der Erarbeitung von Entschädigungsleistungen für verschiedene Opfergrup- pen gab . Seit den 1980er- und 1990er-Jahren wurden viele der offenen Fragen zur Entschädigung von NS-Opfern diskutiert, kritisiert und an vielen Stellen nachgebes- sert . Vor allem mit Blick auf die „vergessenen“ Opfer, die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Sinti und Roma, Zwangssterilisierten oder Euthanasiegeschädig- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721622 (A) (C) (B) (D) ten, sowie die verschiedenen Verfolgungsschäden konn- ten Verbesserungen erreicht werden . Trotz aller Verbesserungen gibt es ein unübersicht- liches Sammelsurium an unterschiedlichen Entschädi- gungsleistungen, die gesetzlich und außergesetzlich ge- regelt sind . Dies ist aus der Perspektive der Opfer mit Blick auf Gleichbehandlung, Gerechtigkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit nicht zu rechtfertigen . Insofern sind wir offen für die Vorschläge zu Ver- besserungen . Ob wir die Grundsatzfrage anpacken oder noch einmal Leistungsverbesserungen versuchen, sollten wir im Ausschuss diskutieren . Zumindest eine Nachvollziehbarkeit herzustellen, die sich nicht nur darauf beruft, dass es unterschiedliche ge- setzliche oder außergesetzliche Regelungen sind, die zur Ungleichbehandlung führen – wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 16 . No- vember 2015 (Drucksache 18/6719) argumentiert –, wäre zielführend . Darum halte ich das Anliegen grundsätzlich für rich- tig, insbesondere bei Betroffenen, die bisher in ungenü- gender Weise – wenn auch nur symbolisch – mit ihrem Schicksal gewürdigt wurden, wie etwa die im Antrag ge- nannte Opfergruppe der „Zwangsgermanisierten“ . Diese „geraubten Kinder“ gehören einer Opfergruppe an, die im deutschen gesellschaftlichen Bewusstsein bisher so gut wie nicht vorkommt . Die Tatsache, dass diesen – damaligen – Kindern und ihren Eltern ein – wenn auch unblutiges – nationalsozialistisches Unrecht widerfahren ist, ist unbestreitbar . Mit der Anerkennung als Opfergruppe auch die Fra- ge einer finanziellen Entschädigung aufzuwerfen, ist für mich nachvollziehbar . Der vorliegende Antrag lässt dabei aber noch Fragen offen: Wer sind die Entschädigungsberechtigten? Die Kin- der, oder auch deren Eltern, denen man die Kinder ge- raubt hat? Wird ein symbolisch identisches Gesamtschicksal unterstellt oder nach Schwere der heutigen Folgen der Gewaltmaßnahme, etwa gesundheitlichen, sozialen und psychischen Folgen, unterschieden? In welcher Höhe sollten die Betroffenen im Verhält- nis zu anderen Opfergruppen entschädigt werden, die ein physisch und psychisch möglicherweise gewaltsameres Verbrechen zur Zeit des Nationalsozialismus erlitten ha- ben? 72 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus und angesichts des den Opfern zugefügten Leids sind finanzi- elle Entschädigungen heute vor allem eine symbolische Würdigung ihres Schicksals . Die meisten Opfer sind inzwischen von uns gegangen . Dennoch dürfen wir er- kannte Not und erkanntes Unrecht nicht unbeantwortet lassen . Lassen Sie uns im Ausschuss diskutieren, ob wir von dem Unrecht des Nationalsozialismus und der zu späten Aufarbeitung noch etwas abtragen können . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Biodiversität schützen – Taxonomische Forschung ausbauen (Tagesord­ nungspunkt 23) Sybille Benning (CDU/CSU): „Wer zählt die Völker, nennt die Namen?“, heißt es in Schillers Ballade „Die Kraniche des Ibykus“ . Für unser Thema heute möchte ich sagen: „Wer zählt die Arten, nennt die Namen?“ . Das Entdecken, Benennen und Einordnen – das waren schon zu Zeiten von Carl von Linné die ersten Schritte der Biologie . Und das genau ist die Aufgabe der Taxono- men: die Beschreibung und Klassifikation der uns umge- benden Vielfalt der Arten . Dieser Forschungszweig rückt selten ins Licht der Öffentlichkeit . Der geneigte Leser konnte allerdings vor wenigen Tagen die Entdeckung einer Benennung einer neuen Mottenart in den Medien verfolgen . Wegen ihrer orangen, haartollenförmigen Kopfschuppen gab ihr der Entdecker den Namen: „Neopalpa donaldtrumpi“ . Doch die Bestimmung der Arten erfolgt heutzutage nicht allein aufgrund phänotypischer Merkmale . Zur- zeit erlebt die Taxonomie eine technologische Revoluti- on . Die rasche Entwicklung von molekularbiologischen Hochdurchsatzmethoden, den sogenannten OMICS-Me- thoden zur Sequenzierung und Analyse von Erbinforma- tion, Proteinen und Stoffwechselprodukten, eröffnet den Biowissenschaften völlig neue Dimensionen: Bisher un- bekannte Arten werden in hoher Zahl entdeckt, und der Artbildungsprozess kann erstmals auf der Ebene der ge- samten Erbinformation verfolgt werden . Mit diesen neuen molekularbiologischen Möglichkei- ten wächst auch die Bedeutung der integrativen Taxo- nomie erheblich . Kurz gesagt: Taxonomen laufen nicht mehr nur mit einem Schmetterlingsnetz durchs Feld . Sie nutzen Sequenzierungsmaschinen, um herauszufinden, ob sie eine neue Art gefunden haben und wo im Stamm- baum sie sich am besten einordnen lässt . Die Taxonomie leistet so wichtige Dienste für Lebensmitteltechnik, per- sonalisierte Medizin, Ökologie und Landwirtschaft . Problematisch scheint gerade angesichts dieser ra- santen Entwicklung, dass die taxonomische Ausbildung und Forschung an den Universitäten in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zurückgefahren wurde . Die Leopoldina hat darum 2014 einen Bericht mit Empfehlungen zur Erforschung der Biodiversität vorge- legt, der Deutschland als einen der führenden Standorte moderner integrativer taxonomischer Forschung sichern und in die Zukunft führen soll, die uns auch für unseren Antrag eine wertvolle Hilfe war . Die Bedeutung der Taxonomie und ihr Bedarf einer Förderung in Forschung und Lehre wird auch von Bun- desseite erkannt . Mit der „Nationalen Strategie zur bio- logischen Vielfalt“ (NBS) verfolgt die Bundesregierung das Ziel, bis zum Jahr 2020 den Rückgang der biologi- schen Vielfalt zu stoppen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21623 (A) (C) (B) (D) Im Hinblick auf Handlungsziele und konkrete Maß- nahmen wird darin ausdrücklich auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Taxonomie zu stärken . Auch in der Agrobiodiversitätsstrategie wird auf die Bedeutung der Taxonomie verwiesen . Das Bundesministerium für Bil- dung und Forschung (BMBF) fördert gemeinsam mit den Ländern die drei großen naturkundlichen Forschungs- museen der Leibniz-Gemeinschaft, die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, das Museum für Natur- kunde Berlin sowie das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn . Die Sammlungen dieser drei Häuser umfassen zusam- men mehr als 75 Millionen Objekte . Auch die Genbanken werden weit überwiegend mit Bundesmitteln betrieben . Die Forschungsmuseen haben sich dabei der Herku- lesaufgabe verschrieben, ihre Objekte zu digitalisieren und der Forschung in aller Welt zur Verfügung zu stellen . Die Kenntnis klassischer Methoden zur Beschreibung und Klassifizierung ist dabei ebenso wichtig wie die An- wendungen moderner OMICS-Methoden . Ein wichtiges Projekt ist auch das Verbundprojekt „German Barcode of Life“ (GBOL) . Hier engagiert sich der Bund seit 2011 mit einem Volumen von 11 Millionen Euro . Das Projekt verfolgt das Ziel, die Artenvielfalt in Deutschland an- hand ihres genetischen DNA-Barcodes, das heißt sozu- sagen ihres Fingerabdrucks, zu erfassen . Zudem beteiligt sich der Bund umfassend an der Finanzierung großer Baumaßnahmen an den Standorten der drei Forschungs- museen . Um die Expertise in der taxonomischen Forschung zu halten, ist es in Zukunft wichtig, eine bessere Vernetzung von universitärer und außeruniversitärer Forschung und Lehre sowie die gezielte Vermittlung und Anwendung von OMICS-Methoden zu erreichen . Darauf weisen wir in unserem Antrag hin . Ein guter Ansatz wären hier Schwerpunktprogramme für integrative Taxonomie, die zur Kooperation mit au- ßeruniversitären Forschungseinrichten anregen . Für die Forschenden und die zahlreichen ehrenamtlichen Akteu- re, die sich in der Taxonomie engagieren, wäre es nütz- lich, Kompetenznetzwerke für integrative Taxonomie zu unterstützen, die als Ansprechpartner dienen können . Während der Weltbiodiversitätsrat seit einigen Jahren auf internationaler Ebene erfolgreich arbeitet, gewinnen auch europaweite Forschungsansätze immer mehr an Bedeutung . Hier wäre es wünschenswert, wenn sich die Bundesregierung dafür einsetzt, ein Programm für die Erfassung der Arten des europäischen Festlands und sei- ner maritimen Gebiete aufzulegen . Wir geben in unserem Antrag notwendige Impulse für die Stärkung der taxonomischen Forschung und damit zur Biodiversitätsforschung in Deutschland . Ich würde mich freuen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen . Dr. Philipp Lengsfeld (CDU/CSU): Da meine Kol- legin Frau Benning die Definition der Taxonomie und ihre große Bedeutung bereits hinlänglich erläutert hat, bedarf es keiner weiteren Erklärung der Nomenklatur meinerseits . Dennoch möchte auch ich Bezug nehmen auf das 19 . Jahrhundert, dem Zeitalter der Gründung vieler Forschungsmuseen, genauer gesagt auf Alexander von Humboldt, einem Pionier auf dem Gebiet der Taxo- nomie, noch vor Charles Darwin, welcher zu Lebzeiten große Bewunderung für Humboldt empfand . Heute ist er der Namenspatron einer der großen Universitäten Ber- lins, die es sich einst zur Aufgabe machte, sein Erbe fort- währen zu lassen . So ist es umso erstaunlicher, dass die Taxonomie und die Errungenschaften Humboldts keinen großen Stellen- wert mehr in der universitären Forschung und der Lehre einnehmen . Dabei reicht dieser unterschätzte und man möchte fast sagen vergessene Forschungszweig weit in eine Vielzahl an Forschungsfeldern hinein, beispiels- weise die Genetik oder die Medizin, um nur ein paar zu nennen . Umso trauriger ist die Entwicklung zu beobachten, dass sich immer weniger vor allem junge Menschen für Biodiversität und Taxonomie interessieren . Dieser Ten- denz muss entgegengewirkt werden . Bund und Länder müssen sich für Forschungsschwerpunkte an Universitä- ten und für die Kooperation mit außeruniversitären For- schungseinrichtungen einsetzen . Dies schließt auch den Ausbau und die Verbesserung der Infrastrukturen mit ein, um exzellente Forschung in diesem Gebiet zu gewähr- leisten . Dies gilt auch für die Naturkundemuseen, die den Großteil der taxonomischen Forschung leisten . Sie ar- chivieren, schützen und erhalten die Sammlungen; sie erweitern ihr Exponatrepertoire, aber vor allem vermit- teln sie ihr Wissen und arbeiten zusammen mit Politik, Gesellschaft, Wissenschaft und Lehre . Somit sind sie der Knotenpunkt im Bereich der Biodiversität . Es muss also überprüft werden, inwiefern die bereits bestehenden OMICS-Einrichtungen und Universitäten zugänglich ge- macht werden können . Ein gutes Beispiel für einen Auftrieb im Bereich Bio- diversität und taxonomische Forschung ist das Museum für Naturkunde Berlin, welches zu den großen drei Mu- seen in Deutschland zählt, die das Zentrum dieser For- schung bilden . Gemeinsam besitzen sie mehr als 75 Millionen Ob- jekte und werden vor allem durch das BMBF in Form des Verbundprojekts „German Barcode of Life“ seit 2011 gefördert . Ziel ist es, die erste genetische „Nationalbi- bliothek der Artenvielfalt in Deutschland“ zu erstellen . Dazu trägt auch das Museum für Naturkunde in Berlin bei, indem es sich mit Sammlungsentwicklung und Bio- diversitätsentwicklung in Form von eigenen Forschungs- aktivitäten beschäftigt . Das historisch einmalige Kulturgut soll in Form eines intelligenten Sammlungsmanagements mit globaler In- frastruktur zusammengetragen werden mit dem Ziel, eine sogenannte „Biodiversity Heritage Library for Europe“ (BHL-Europe) in digitalem Format für den allgemei- nen Zugang zur Verfügung zu stellen . Um diese Art von Open Access möglich zu machen, bedarf es einer Viel- zahl an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, an denen es derzeit jedoch mangelt . Deshalb müssen „Schools of Taxonomy“ eingerichtet werden, wie schon Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721624 (A) (C) (B) (D) die Leopoldina in ihrer Empfehlung schreibt . Mit Mas- ter- und Promotionsstudiengängen unter Einbezug von OMICS-Technologien kann dem Personalmangel in der taxonomischen Forschung und dem Desinteresse an die- sem Gebiet ein Ende gesetzt werden . Aus diesen Gründen spreche ich mich ausdrücklich für die Annahme dieses Antrages aus . Täglich verschwinden mehrere Arten auf der Welt aus der taxonomischen Land- karte . Nur wer die Biodiversität und ihre Funktion im Ökosystem kennt, kann dem Artensterben entgegenwir- ken und Fortschritt in diversen Bereichen anregen . René Röspel (SPD): Jeden Tag sterben auf unserer Erde nach Expertenschätzungen ungefähr 130 Arten aus, also fast 50 000 pro Jahr – Größenordnungen, bei denen mir, wie sicher vielen anderen, ganz schwindelig wird . Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir einen kleinen Beitrag dazu leisten, auf diesen Verlust hinzuweisen und den Prozess vielleicht etwas zu verlangsamen . Denn wir sind uns sicher darin einig, dass die genetische Vielfalt, die Vielfalt der Arten, Ökosysteme und Lebensräume ei- nen großen Schatz darstellen, den es zu sichern gilt . Um Pflanzen, Tiere und andere Organismen wirksam schützen zu können, muss sichergestellt sein, dass wir überhaupt wissen, was für Arten es auf unserer Erde gibt . Bisher ist nur ein Bruchteil der geschätzten 13 Millionen bis 20 Millionen Arten nachgewiesen . An dieser Stel- le setzt die Taxonomie an: Sie ist die Wissenschaft von der Identifizierung, Beschreibung und Klassifizierung von Lebewesen . Die Taxonomie spielt damit in vielen Lebensbereichen eine wichtige Rolle: in der Landwirt- schaft, der Medizin, dem Naturschutz und eben gerade auch in der Erforschung der Biodiversität . In den letzten Jahren hat die Disziplin eine regel- rechte Revolution erlebt: Durch die Entwicklung von neuen Methoden und Automatisierungstendenzen ist plötzlich eine ungeahnt schnelle und vollständige Erfas- sung molekularbiologischer Informationen von Orga- nismen möglich . Dieser technologische Sprung eröffnet den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern völlig neue Dimensionen . Doch mit den neuen Methoden, die die Fachwelt „OMICS-Technologien“ nennt, sind auch veränderte Anforderungen an die Forscherinnen und Forscher verbunden . Das eher traditionelle Forschungs- umfeld in Deutschland ist diesen jedoch nur teilweise gewachsen . Dabei ist die Schuld jedoch keineswegs bei den Forschenden zu suchen, nein, vielmehr wurde die Disziplin in den vergangenen Jahren insbesondere im universitären Bereich zu stiefmütterlich behandelt und zu wenig gefördert . Die Forschung hat sich immer weiter in die großen Naturkundemuseen, Genbanken und Samm- lungen verlagert . Diese leisten selbstverständlich eine exzellente Arbeit . Erst kürzlich konnte ich mich von den beeindrucken- den Leistungen des Naturkundemuseums hier in Berlin überzeugen . Einen Teil der Jahresauftaktsklausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion haben wir nämlich dort verbracht . Der Generaldirektor des Museums, Professor Johannes Vogel, hat uns durch die Räumlichkeiten ge- führt . Es handelt sich um ein integriertes Forschungs- museum der Leibniz-Gemeinschaft – es wird also unter anderem auch aus Bundesmitteln des BMBF finanziert – und gehört zu den weltweit bedeutendsten Forschungs- einrichtungen auf dem Gebiet der biologischen und erd- wissenschaftlichen Evolution und Biodiversität . Das Museum schafft es, Forschung auf Topniveau mit einer „Aufklärungsarbeit“ zur Bedeutung und dem Schutz der biologischen Vielfalt für die interessierten Be- sucherinnen und Besucher zu verbinden . Erklärtes Ziel des Museums ist es, breite Schichten von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik für dieses Thema zu sensibilisie- ren und für dringend erforderliches Handeln zu gewin- nen . Ich kann Ihnen allen nur ans Herz legen, das Natur- kundemuseum, das ja hier ganz in der Nähe ist, einmal zu besuchen und auf eine eigene, ganz persönliche For- schungsreise zu gehen . Das knüpft an einen weiteren Punkt an, der die Dis- ziplin der Taxonomie von anderen wissenschaftlichen Feldern abhebt . Taxonomische Forschung stellt nämlich geradezu ein Paradebeispiel der in den letzten Jahren viel diskutierten Citizen Science dar: Unzählige ehrenamtli- che Artenkennerinnen und Artenkenner, Kartiererinnen und Kartierer leisten für die Taxonomie einen wichtigen Forschungsbeitrag . Dazu gehört nicht zuletzt die wich- tige Pionierarbeit bei der Erstellung sogenannter Roter Listen . Viele von Ihnen haben wahrscheinlich mitbekommen, dass der Naturschutzbund Anfang Januar die Bevölke- rung aufgerufen hatte, eine Stunde lang Wintervögel zu zählen . Diese Bestandserhebung ist ein wichtiger Beitrag zu Umwelt- und Naturschutz . Ohne all diese Engagierten wäre die Wissenschaft heute nicht dort, wo sie steht, und auch eine Zukunft ohne die Unterstützung durch Ehrenamtliche ist kaum denkbar . Aus diesem Grund fordern wir die Bundesregie- rung in unserem Antrag auf, zu prüfen, wie die bundes- weit tätigen Ehrenamtlichen noch besser bei ihrer Arbeit unterstützt werden können . Dazu gehört ebenso, dass die Daten, die im Rahmen taxonomischer Forschung ge- wonnen werden, allen in diesem Bereich Tätigen, also gerade auch den vielen Ehrenamtlichen, kostenlos zur Verfügung gestellt werden; das damit verbundene Stich- wort Open Access sei erwähnt . An dieser Stelle haben wir nicht nur in der Taxonomie, sondern in der gesamten Forschungslandschaft noch viel vor uns . Doch auch trotz der exzellenten Arbeit, die sowohl die Ehrenamtlichen als auch die Museen, Genbanken und Sammlungen jeweils verrichten, müssen die Uni- versitäten in Zukunft wieder stärker in die taxonomische Forschung eingebunden werden . Wir brauchen an geeig- neten Universitätsstandorten nicht zuletzt Schwerpunkt- programme der integrativen Taxonomie und angewand- ten Ökologie . Erfolgreich wird das jedoch nur sein, wenn wir konsequent auf eine Vernetzung mit den außeruniver- sitären Akteuren setzen . Die Verzahnung dieser mit dem Erneuerungs- und Ausbildungspotenzial der Universitä- ten sichert nicht nur die Zukunft der deutschen Exper- tise im Bereich der Taxonomie, sondern führt auch zu gewaltigen Synergien, die wir nicht einfach liegen lassen dürfen . Wenn wir das vorhandene taxonomische Poten- http://www.wgl.de/ Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21625 (A) (C) (B) (D) zial ausschöpfen wollen, dann müssen Universitäten mit außeruniversitären Instituten, Museen, Genbanken und Forschungssammlungen wieder stärker zusammenarbei- ten . Auch international ist eine Vernetzung der verschie- denen Akteure unabdingbar . Hier sollte geprüft werden, wie die wissenschaftliche Zusammenarbeit innerhalb Eu- ropas, aber zum Beispiel gerade auch mit Schwellenlän- dern unterstützt werden kann . Doch damit eine nationale wie internationale Zusam- menarbeit überhaupt möglich ist, muss zuvorderst das Fundament stimmen: Ohne eine angemessene bauliche und infrastrukturelle Ausstattung zur Unterbringung und Erforschung in den diversen relevanten Institutionen ist gute Forschung kaum möglich . Hieran müssen wir wei- terhin gemeinsam mit den Ländern arbeiten . Ferner sind spezielle auf die Taxonomie zugeschnit- tene Forschungsprogramme notwendig . Durch den Fö- deralismus und die daraus resultierenden unterschiedli- chen Ansprechpartner und Forschungsförderer wird die Arbeit der Taxonomen in Deutschland jedenfalls nicht immer erleichtert . Darüber hinaus fehlt es der Taxonomie überall an wissenschaftlichem Nachwuchs . Wir fordern die Bun- desregierung daher auf, solche Strukturen zu unterstüt- zen und gegebenenfalls aufzubauen, die den Nachwuchs insbesondere unter Berücksichtigung der neuen Anfor- derungen, die durch den Einzug der oben erwähnten OMICS-Technologien entstehen, fördern . Fakt ist, dass es sich bei der Taxonomie nicht um eine Nischenforschung handelt, die man sich mehr oder we- niger leistet, sondern um eine Basiswissenschaft, auf der vieles gründet, und die deshalb eine angemessene Bedeu- tung und Förderung haben sollte . Wenn wir dies beherzigen, dann leisten wir einen wichtigen Beitrag für den Erhalt der Biodiversität – ein Ziel, dem sich die Bundesrepublik Deutschland übrigens bereits mit Unterzeichnung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt 1992 in Rio de Janeiro verpflich- tet hat . Da haben wir auch 25 Jahre später noch eine Menge Arbeit vor uns . Ich freue mich, dass wir dieses Thema, das mit einem ähnlichen Antrag in der vergangenen Legislaturperiode noch an der Ablehnung unseres aktuellen Koalitionspart- ners gescheitert ist, endlich auf den Weg bringen . Birgit Menz (DIE LINKE): Bereits im Jahr 2010 gab es einen Antrag der SPD zum Thema Taxonomie beziehungsweise Kartografie der Biodiversität. Es wäre hilfreicher gewesen, hätte man diesem bereits damals zugestimmt . Heute, sieben Jahre später, hat das Problem nichts an Aktualität verloren – im Gegenteil . Derzeit erleben wir auf der Erde das größte Arten- sterben seit dem Zeitalter der Dinosaurier . Jeden Tag verschwinden zahlreiche Spezies unwiderruflich von unserem Planeten . Und als ob das nicht genug wäre, ist eine immer größer werdende Anzahl von Tieren und Pflanzen akut in ihrer Existenz gefährdet. Laut der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN sind derzeit etwa 24 000 Arten nachweislich vom Aussterben bedroht . Für die Bekämpfung des Problems existieren bereits internationale sowie nationale Programme, um den Bio- diversitätsverlust einzudämmen . Doch wie können Pro- gramme und gute Absichten helfen, wenn die eigentli- chen Ursachen für den Artenschwund in Bereichen zu finden sind, die nur langsam und widerwillig einsehen, dass der derzeitige Umgang mit unserem Planeten nicht nur fatale Folgen für Umwelt, Tiere und Pflanzen, son- dern auch für den Menschen nach sich zieht? Ein Umdenken in Landwirtschaft, Verkehr sowie ein verantwortungsvoller Umgang beim Verbrauch von Flä- chen und Ressourcen ist unabdingbar, um dem globalen Artensterben auf ganzheitlicher Ebene zu begegnen . Denn beim Schutz der Biodiversität geht es auch um un- sere eigene Zukunft . Um das einmal zu verdeutlichen: Wie der Weltrat für Biologische Vielfalt, IPBES, vorrechnet, sind beispiels- weise Bestäuber und deren Leistungen für Nahrungsmit- tel im Wert von 213 Milliarden bis 523 Milliarden Euro verantwortlich . Weltweit sind jedoch Bienen, Schmetter- linge und zahlreiche andere Bestäuber vom Aussterben bedroht, was ein enormes Risiko für die globale Nah- rungsmittelsicherheit darstellt . Infolge dieser ernstzunehmenden Bedrohung schlos- sen sich auf der letztjährigen Biodiversitätskonferenz in Cancún – auch auf Initiative Deutschlands – mehrere Staaten mit der Absicht zusammen, Bienen und Insekten mit gezielten Strategien in Zukunft besser schützen zu wollen . 2010 hatten darüber hinaus die EU sowie 2011 die Vertragsstaaten des Übereinkommens zur biologi- schen Vielfalt (CBD) im Rahmen des Nagoya-Protokolls bereits den Stopp des Verlustes der Artenvielfalt bis 2020 ausgerufen . Es bleibt jedoch unklar, wie diese Vorhaben umgesetzt und deren Ergebnisse eigentlich überprüft werden können . Die Taxonomie ist in diesem Zusammenhang ein enorm wichtiger Wissenschaftszweig . Ohne die Erkennt- nisse dieser Disziplin wären viele Tier‑ und Pflanzen- arten sowie deren Leistungen bis heute unentdeckt ge- blieben . Und ohne das Engagement vieler ehrenamtlicher und hauptberuflicher Taxonomen wüssten wir auch nicht, welche Arten es zu schützen gilt, noch welches Ausmaß der Verlust von Arten in vielen Regionen eigentlich hat . Damit die Taxonomie ihrer verantwortungsvollen Rolle auch weiterhin gerecht werden kann, braucht es vor allem eine bessere Nachwuchsförderung . Schon jetzt bekommt die Disziplin die Auswirkungen fehlender Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissen- schaftler zu spüren . Der Mangel an Lehrstühlen und da- mit verbundene Defizite bei der Ausbildung des wissen- schaftlichen Nachwuchses sind ein ernsthaftes Problem . Politik und Wissenschaft müssen gemeinsam Lösun- gen finden, um den Wissenschaftszweig der Taxonomie stärker zu fördern und dessen Zukunftsfähigkeit zu ga- rantieren . Die Taxonomie ist wesentlicher Bestandteil, will man den Artenverlust nicht nur stoppen, sondern auch für dessen Erholung sorgen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721626 (A) (C) (B) (D) Zudem müssen nationale und internationale Abkom- men und Strategien zum Schutz der Biodiversität kon- sequent umgesetzt und stärker gefördert werden . Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Fördersummen für Programme zum Erhalt der Artenvielfalt um ein Vielfa- ches gesteigert und gleichzeitig biodiversitätsschädliche Subventionen massiv abgebaut werden . Viele Spezies gehen verloren, noch bevor diese über- haupt bestimmt oder entdeckt werden konnten . Dabei liegt noch so vieles im Verborgenen . Vor allem in Regen- wäldern und Ozeanen gibt es Unmengen an unerforsch- ten und zahlreiche zu entdeckende Arten . Es ist daher wichtig, Arten und Bestände wissenschaftlich so gut es geht zu erfassen, um das unvollständige Bild allen Le- bens auf unserem Planeten weiter zu komplettieren . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenige Monate vor dem Ende dieser Wahlperiode bringen die Koalitionsfraktionen heute einen Antrag zum Schutz der Biodiversität und zum Ausbau taxonomischer Forschung zur erstmaligen Beratung ein . Mit fällt auf, dass sich dieser Antrag einreiht in eine Sammlung forschungspolitischer Schaufensteranträge, die Sie kurz vor Ende Ihrer Regierungszeit quasi an sich selbst richten . Es stellt sich die Frage, warum Sie diese Themen nicht früher angegangen sind und was Sie davon tatsächlich noch umsetzen können . Dies vorausgeschickt, kann ich mich vielen Ihrer For- derungen zum Schutz der biologischen Vielfalt im Allge- meinen und nach mehr Forscherinnen und Forschern zur Erfassung der Artenvielfalt im Besonderen anschließen . Es reicht allerdings überhaupt nicht aus, den Artenrück- gang nur besser erfassen zu wollen . Tagtäglich sterben Arten aus, tagtäglich verlieren wir durch Umweltzerstörung, Klimakrise und durch Eingrif- fe des Menschen in die Natur an Biodiversität – welt- weit wie hierzulande . Millionen von Arten sind noch unentdeckt, viele von ihnen werden ausgerottet, bevor sie überhaupt bekannt werden . Große Ökosysteme wie die Tiefsee, der Boden oder das Grundwasser sind noch weitgehend unerforscht . Es gilt, neben dem Ausbau der Forschung eine aktive und ambitionierte Umwelt- und Naturschutzpolitik zu betreiben, die dem Artenrückgang entgegenwirkt . In der Biodiversitätspolitik hat diese Bundesregierung nichts vorzuweisen, und das lässt Ihren Antrag umso schwächer und substanzloser erscheinen . Die Wichtigkeit der Taxonomie als grundlegende Wis- senschaft für die Lebenswissenschaften, von der Biodi- versitätsforschung über die Wirkstoffforschung bis hin zur Infektionsmedizin, die wir ja heute unter TOP 24 ebenfalls beraten, ist unbestritten . Valide Forschungsdaten sind neben dem unmittel- baren wissenschaftlichen Nutzen auch Voraussetzung zukunftsorientierter Politik . Die Weiterentwicklung der Taxonomie in Deutschland wie auch international sollten wir deshalb als Teil einer auf Nachhaltigkeit setzenden Forschungspolitik begreifen und entsprechend fördern . Dies gilt auch für verwandte Forschungsbereiche: Um beispielsweise die Folgen der Klimakrise zu bewältigen, müssen Anpassungsstrategien von Ökosystemen, Le- bensräumen und Arten erforscht werden . Dieses trans- formative Wissen über Resilienz wird für politische Wei- chenstellungen dringend gebraucht . Die nachhaltige Ausrichtung unseres Forschungs- und Wissenschaftssystems auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen bleibt unsere zentrale Aufgabe . Das beginnt bei den Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses, der bei der Taxonomie wegzubrechen droht . Gerade hier lassen sich die Folgen einer einsei- tigen, auf kurzfristige wirtschaftliche Verwertbarkeit ausgerichteten Politik eindrucksvoll beobachten: Durch den signifikante Abbau von Lehrstühlen wurden die ent- sprechende Forschungslandschaft und insbesondere die Grundlagenforschung in Deutschland ausgetrocknet . Diese fatale Entwicklung gilt es umzukehren . Einen besonderen Schatz im Bereich der Biodiver- sitätsforschung stellen die Sammlungen wie auch die Forschungsmuseen, etwa das Naturkundemuseum „ne- benan“ hier in Berlin und die drei Museen der Leib- niz-Gemeinschaft, dar . Der Verlust von Sammlungen wäre ein Verlust von Wissen, da jeweils große Teile der Sammlungen unwiederbringlich sind . Es kommt darauf an, das vorhandene Wissen zu bewahren und zu erwei- tern . Wir sollten auf die lange Tradition der Naturforschung aufbauen und die interessierte Zivilgesellschaft daran systematisch beteiligen . Erinnert sei an dieser Stelle an die Insektenforscherin und Künstlerin Maria Sibylla Me- rian, die sich schon vor über 300 Jahren international und interdisziplinär vernetzte . Die Aufzeichnung von Natur- beobachtungen vor Ort wird heute auch unter dem Stich- wort Bürgerwissenschaften bzw . Citizen Science zusam- mengefasst . Ereignisse wie das Insektensterben haben viele private Initiativen zum Schutz der biologischen Vielfalt angeregt . Projekte der „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ und ökologische Freiwilligendienste set- zen sich für den Erhalt von natürlichen Lebensräumen ein – sie fehlen in Ihrem Antrag völlig . Diese Formen zivilgesellschaftlichen Engagements von Menschen aus unterschiedlichen Generationen gilt es zu würdigen und einzubeziehen . Wichtig bleibt jedoch, festzuhalten, dass weder das Ehrenamt noch außeruniversitäre Forschung ein regel- mäßiges nationales Monitoring und die integrierte For- schung und Ausbildung an den Universitäten ersetzen können . Die Hochschulen müssen in die Lage versetzt werden, Forschung und Lehre auf der Höhe der Zeit zu leisten, moderne Methoden zu nutzen und Forschungs- ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen . Hier müssen Bund und Länder gemeinsam tätig werden, bevor noch mehr Wissen und Infrastrukturen verloren gehen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21627 (A) (C) (B) (D) Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD: Pharmazeutische Forschung gegen Infektionskrankheiten stärken – Nationale Wirk­ stoffoffensive starten (Tagesordnungspunkt 24) Stephan Albani (CDU/CSU): Im Rückblick auf die vergangenen Wochen hier im Plenum und in den Dis- kussionen in der Öffentlichkeit bleiben mir zwei abso- lute Unworte des Jahres hängen: „postantibiotisch“ und „postfaktisch“ . „Postfaktisch“ ist der Abschied einer faktenbasierten, rationalen Entscheidungsfindung und der Rückfall in dogmatische Zeiten vor der Aufklärung – kurzum Mit- telalter . „Postantibiotisch“ ist die verbale Kapitulationserklä- rung gegenüber zunehmenden Antibiotikaresistenzen . Beides ist noch nicht Realität und sollte von uns durch wiederholtes Erwähnen auch nicht zu ebendieser ge- macht werden . In Sachen „postantibiotisch“ hier und heute eine gute Nachricht: Hier gibt es politische Gegenmaßnahmen . So wurden auf unsere Initiative hin 20 Millionen Euro im Haushalt für eine Förderinitiative im Bereich der Wirk- stoffforschung bereitgestellt . Wir haben hier parlamentarisch schnell gehandelt und die Sache in die Hand genommen . Warum haben wir dies getan? Lassen Sie mich kurz die aktuelle Situation an- hand von Fakten darstellen: Wir leben in einer Zeit, in der die zunehmende Ver- breitung von Erregern – hier reden wir über bakterielle Erreger –, die gegen einen oder mehrere Wirkstoffe re- sistent geworden sind, zunimmt . Inzwischen sterben in Europa 25 000 Bürger pro Jahr, weil Antibiotika durch Resistenzen nicht mehr oder nicht mehr ausreichend wir- ken (Angabe des Europäischen Parlaments) . Aber: Laut Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene sterben allein in Deutschland jährlich 30 000 Menschen an Infektionen durch Kran- kenhauskeime . Weltweit sterben aktuell jährlich rund 700 000 Menschen aufgrund von Antibiotikaresistenzen; bei ungehinderter Weiterentwicklung der Resistenzen wären dies im Jahr 2050 rund 10 Millionen Todesfälle pro Jahr bei gleichzeitigen Kosten für das Gesundheitswesen von rund 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr (Prognose im Auftrag der britischen Regierung, internationale Ver- einigung pharmazeutischer Hersteller und Verbände) . Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Anfang des vergangenen Jahres 2016 erstmals einen Bericht über Antibiotikaresistenz veröffentlicht und das Problem als gravierend beschrieben . Und dies kann ich aus meiner beruflichen Erfahrung nur in aller Form unterstreichen. Ende des 19 . Jahrhunderts wurde durch Robert Koch hier in Berlin eine Ära steigender Lebenserwartungen mit allgemein verfügbaren Antibiotika eingeläutet . Heu- te jedoch laufen wir nun Gefahr, uns in einer Post-Anti- biotika‑Ära wiederzufinden, in der Ärzte über keine Me- dikamente zur Behandlung von ernsthaften Infektionen mehr verfügen . Dieses kann und darf nicht sein, und es ist auch weder notwendig noch unausweichlich . Zuletzt erschütterte die Nachricht über den Tod ei- ner 70-jährigen Patientin, die Enterobakterien – einem Krankenhauskeim – erlag, der gegen alle 26 verfügbaren Antibiotika resistent ist . Sie hatte sich mutmaßlich auf einer Indienreise infiziert und erlag der Erkrankung. Die Patientin stirbt nach erfolgloser Behandlung letztlich an einer Blutvergiftung . Vor allem in unseren Krankenhäusern sind multire- sistente Erreger ein großes und noch weiter wachsendes Problem . Wir müssen also dringend handeln, liebe Kol- leginnen und Kollegen . Es bedarf eines Strukturwandels in unserer Gesund- heitspolitik sowie einer besseren Vernetzung und Koor- dination in der Wirkstoffforschung, um hiermit dringend benötigte neue Heilmittel entwickeln zu können . Aus diesem Grund haben wir, die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, uns im vergangenen Jahr vehe- ment für eine „Nationale Wirkstoffinitiative” als überge- ordnetes Rahmenprogramm im Bundesministerium für Bildung und Forschung eingesetzt und zusammen mit dem Koalitionspartner – hier gilt mein herzlicher Dank dem Kollegen Röspel und seinem Team – in einen Antrag gegossen . Warum ist diese „Nationale Wirkstoffinitiative“ not- wendig? Es gibt eine Vielzahl von institutionellen und projektbezogenen Fördermaßnahmen im Bereich der Wirkstoffforschung auf nationaler und internationaler Ebene . Aber es gibt keine erkennbare übergeordnete Strategie wie etwa analog zum „Aktionsplan Medizin- technik“, für den wir uns hier Mitte 2016 erfolgreich starkgemacht haben . Wie zuletzt im April 2016 mit Vorstellung der Ergeb- nisse des ressortübergreifenden Pharmadialogs will das BMBF die Förderung neuartiger Therapieansätze und Diagnostika für bakterielle Infektionen ausbauen . Die Forderung von „der Aufnahme einer Forschungs- förderung für neue Wirkstoffe“ haben wir auch schon mit in unseren Koalitionsvertrag 2013 verhandelt . Wir kom- men also quasi nun zur dringend notwendigen Umset- zung einer dringend notwendigen neuen Strategie . Koalitionsvertrag, Seite 25: „Wir werden die Wirk- stoffforschung stärken, um beispielsweise im Bereich der Antibiotika zur Bekämpfung von Multiresistenz und Sepsis die Entwicklung neuer Medikamente zu fördern .“ Und genau darum geht es in unserem Antrag . Wir brau- chen neue Präparate, die als Reserve dienen, wenn alle anderen Mittel versagen . Die scheinbar berechtigte Kritik, dass die Pharmain- dustrie hier die Entwicklung neuer Antibiotika vernach- lässigt, ist zwar nachvollziehbar, aber nicht fair . Wir verlangen als Gesellschaft hier die sehr kostenintensive Entwicklung von neuen Medikamenten, mit der zugleich damit verbundenen Aussage, dies nicht oder nur sehr re- striktiv zum Einsatz kommen zu lassen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721628 (A) (C) (B) (D) Wir haben insofern hier einen gesamtgesellschaftli- chen Auftrag, Forschung, Testung und Produktion von Antibiotika gemeinsam zu realisieren . Aus anderen Be- reichen der Gesundheitswirtschaft am Beispiel der PDPs (Product Development Partnerships; auch: Produktent- wicklungspartnerschaften) kennen wir dies bereits . Hier hat man alternative Methoden gefunden, um die Proble- matik der Wirtschaftlichkeit anzugehen . Weiter zeigt auch der achtbare Erfolg vom 22 . Januar von Minister Schmidt, beim G-20-Agrarministertreffen in Berlin, bei der Nutzung von Antibiotika als Wachs- tumsförderer in der Landwirtschaft auszusteigen . Auch soll die Behandlung von kranken Tieren mit Antibiotika verringert werden . Bevor hier aber voreilig Ursachen einseitig verteilt werden: Auch der Einsatz von Antibiotika in der Hu- manmedizin sollte zurückhaltender erfolgen – nämlich da, wo wirklich notwendig –, und die Patienten müssen die Schemata auch eigenverantwortlich durchgehend einnehmen und nicht bei Wiederlangen des Wohlgefühls selbstständig die Medikamente absetzen . Alle müssen zusammenwirken, damit der Rückfall in Zeiten von Pest und Co . verhindert wird . Es ist unsere Verantwortung, eine zukunftsweisende Politik zu gestal- ten . Mit dieser neuen „Nationalen Wirkstoffoffensive“ haben wir nun eine Art „Schuhlöffel“ gefunden, der uns hier hineinhelfen soll: in einen begonnenen Prozess einer dringend notwendigen Weiterentwicklung der Wirkstoff- forschung, in einer langfristig angelegten Strategie, einer konzertierten Aktion aller an diesem Prozess Beteiligten in Forschung, Industrie und Gesellschaft . Und dies soll der Anfang sein . Patricia Lips (CDU/CSU): Die Zahlen sind alarmie- rend: Allein in Europa sterben rund 25 000 Menschen pro Jahr an Infektionskrankheiten, weil die jahrzehntelang verlässliche pharmazeutische Allzweckwaffe, das Anti- biotikum, nicht mehr hinreichend wirkt . Weltweit sollen es 700 000 Opfer der Antibiotikaresistenz sein, Tendenz stark steigend . Die moderne Medizin ist in allen Stufen der Bakteri- enbekämpfung, von der alltäglichen Atemwegsinfektion bis zur Hightechversorgung wie in der Transplantations- medizin, grundsätzlich in Gefahr, wenn Antiinfektiva versagen . Es ist nicht übertrieben, wenn Experten der WHO vor einer post-antibiotischen Ära warnen, in der schließlich schon eine vermeintlich harmlose Wund- infektion wieder lebensbedrohlich und tödlich werden kann . Diese enorme Gefahr hat damit zum einen globale Ausmaße erreicht, denn wir sind eine Welt und haben eine Welt-Gesundheit als kollektives Gut, weil Krank- heiten vor Grenzen nicht Halt machen . Gleichzeitig ist sie aber auch für jeden von uns greif- bar; es geht eben nicht (mehr) um Epidemien in fernen Ländern, wie zum Beispiel bei den sogenannten armuts- assoziierten Krankheiten . Nein, wir sind auch hier in Deutschland mit seiner Medizinversorgung auf höchstem flächendeckenden Ni- veau nicht auf der Insel der Glückseligen, sondern selbst direkt gefährdet . Denn auch hierzulande versagen her- kömmliche Antibiotika immer häufiger gegen multiresis- tente Keime . Wer von uns kennt nicht aus dem unmittelbaren Fami- lien- und Freundeskreis bereits die Fälle lebensbedroh- licher Krankenhausinfektionen mit dem Keim MRSA . Oder war gar selbst schon einmal durch eine Infektion ernsthaft oder gar lebensbedrohlich erkrankt, und die An- tibiotika schlugen nicht oder erst spät an? Die Gefahr ist also allgegenwärtig und absolut real . Hinzu kommt, dass die Erforschung neuer Arzneimit- tel teuer und riskant ist; der Antibiotikamarkt liefert nicht die gewünschten Erträge, ist also nicht rentabel ange- sichts sehr hoher Investitionen . Unter den deutschen Pharmakonzernen forschen gera- de noch zwei an neuen Antibiotika, und es werden kaum neue Medikamente auf den Markt gebracht; die Entwick- lungszeiten von der Idee bis zur Anwendung betragen für neue Medikamente rund 14 Jahre . Wir müssen also ein strukturelles Marktversagen feststellen . Aktuell sehr präsent ist die Diskussion nicht nur in der medizinischen und gesundheitswissenschaftlichen Fachcommunity, sondern war zum Beispiel auch The- ma kürzlich beim Forum Bioethik des Ethikrates und ist Gegenstand einer sehr grundlegenden Stellungnahme der Leopoldina . Der Befund ist eindeutig: Wir benötigen dringend neue Wirkstoffkandidaten für wirksame Antiin- fektiva und dazu neue innovative Wege der Arzneimittel- entwicklung . Was wurde bereits getan, und was ist weiter zu tun? Ressortübergreifend wurde die Deutsche Antibiotika-Re- sistenzstrategie entwickelt . Die Wirkstoffforschung wird durch mehrere Förderformate des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt, die in unserem Antrag näher ausgeführt werden . Schließlich will das Bundesministerium für Bildung und Forschung als Er- gebnis des Pharmadialogs die Förderung neuartiger The- rapieansätze und Diagnostika für bakterielle Infektionen vorantreiben . Auch außenpolitisch hat die Bundesregierung ge- handelt und das Thema Antibiotikaresistenz zu einem Schwerpunkt seiner G-7-Präsidentschaft gemacht; Ak- tionspläne von EU und WHO zur Antibiotikaresistenz wurden verabschiedet . Ich möchte hier auch ausdrücklich unsere internatio- nale Verantwortung im Hinblick auf die Entwicklungs- zusammenarbeit betonen und nenne die Stichworte Ebo- laepidemie oder die vernachlässigten Tropenkrankheiten . Mit unserem heute vorgelegten Antrag „Pharmazeu- tische Forschung gegen Infektionskrankheiten stärken – Nationale Wirkstoffoffensive starten“ wollen wir nun einen weiteren notwendigen Impuls setzen und eine um- fassende nationale Strategie für die Wirkstoffforschung voranbringen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21629 (A) (C) (B) (D) Die bisherigen Forschungsansätze müssen im Sinne einer abgestimmten Gesamtstrategie gebündelt und die Grundlagenforschung gestärkt werden . Neue Koopera- tionsformate zwischen Forschung und Industrie müssen besser gefördert werden . Die Forschungsanstrengungen zu den drei Infektionskrankheiten mit hoher Mortalität (Tuberkulose, HIV/Aids und Malaria) wie auch zu den vernachlässigten Tropenkrankheiten müssen intensiviert werden . Neben der Entwicklung neuer Medikamente und An- tibiotika sind als weitere Maßnahmen im Sinne einer Ge- samtstrategie auch eine bessere Information von Ärzten und Patienten über die Gefahren von Resistenzen und die Intensivierung von Hygiene- und Präventionsmaßnah- men erforderlich; ich erinnere hier an die aktuellen Ver- einbarungen des Pharmadialogs vom letzten Jahr . Wir müssen schließlich dafür Sorge tragen, dass der Antibiotikagebrauch in der Human- und Veterinärmedi- zin auf das unbedingt Erforderliche reduziert wird, damit das Antibiotikum weiter verlässlich Leben retten kann . Der vorliegende Antrag ist selbstredend nicht isoliert zu betrachten, sondern reiht sich ein in unsere Ziele, An- träge und Förderprojekte zur Verbesserung der Gesund- heitsforschung, insbesondere zur Beschleunigung des Innovationstransfers oder auch zur Forschung bei ver- nachlässigten, armutsassoziierten Krankheiten . Er passt sich ein in unser Konzept zur Förderung der Gesund- heitsforschung und -versorgung, lokal, national wie auch global . Denn unsere Gesundheit ist das höchste Gut, das es zu schützen gilt . Bei allen berechtigten Sorgen das Gute zum Schluss: Die Koalitionsfraktionen haben gehandelt . Ich freue mich, dass wir bereits in den letzten Haushaltsberatungen für die nächsten vier Jahre im Einzelplan 30 20 Millio- nen Euro für die Wirkstoffforschung im Rahmen einer neuen Initiative einstellen konnten . Dafür danke ich den Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss und dem Ministerium und freue mich auf die weiteren Bera- tungen im Ausschuss . René Röspel (SPD): „Wir werden die Wirkstofffor- schung stärken, um beispielsweise im Bereich der Anti- biotika zur Bekämpfung von Multiresistenzen und Sep- sis die Entwicklung neuer Medikamente zu fördern .“ So steht es im Koalitionsvertrag, und ich freue mich, dass wir heute mit dem vorliegenden Antrag dieses Vorhaben weiter umsetzen . Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass wir dieses wichtige Thema zu einer anderen Uhrzeit debattieren; denn es ist aktueller denn je und stellt unse- re Gesellschaft, aber auch die Gesundheitswirtschaft vor große Herausforderungen . Denn zurzeit stecken wir in einem Dilemma . Einer- seits benötigen wir im Vergleich zu früher immer mehr Medikamente – weil wir älter werden als noch unsere Vorfahren und auch Volkskrankheiten wie Herz-Kreis- lauf‑Erkrankungen oder Diabetes immer häufiger vor- kommen –; andererseits wird die Entwicklung dieser notwendigen Medikamente aber immer schwieriger . Eine dramatische Entwicklung zeigt sich gegenwär- tig insbesondere in der zunehmenden Antibiotikaresis- tenz und der schwierigen Suche nach neuen Antibiotika . Noch vor einigen Jahren waren Antibiotika die „Wun- derwaffe“ der Medizin . Jedes Antibiotikum wirkt auf ein mehr oder weniger breites Bakterienspektrum und tötet die Bakterien entweder ab oder sorgt für eine Hemmung des Wachstums bzw . der Vermehrung des Bakteriums . Im Idealfall bekämpfen Antibiotika so gefährliche Bakterien und können selbst schwerste Infektionen heilen . Heute haben sich jedoch gegen zahlreiche Antibiotika Resis- tenzen gebildet, wodurch auch einfache Infektionen mit resistenten Bakterien lebensbedrohlich werden können . Die Ursachen für Antibiotikaresistenzen sind vielfäl- tig und nicht alle Resistenzen sind von Menschenhand verursacht . Einige Bakterien sind bereits aufgrund ihrer genetischen Eigenschaften gegen Antibiotika unemp- findlich. Relevanter sind aber heute jene Antibiotika- resistenzen, die aufgrund vermehrten beziehungsweise massenhaften Einsatzes in der Human- und Tiermedizin oder fehlerhafter Anwendung entstehen und gravierende Folgen für unsere Gesundheit haben können . Neben der Sensibilisierung der Patientinnen und Pa- tienten für den richtigen Umgang mit Antibiotika und ihrem rückläufigen Einsatz in der Landwirtschaft sind wir insbesondere auf eine starke Wirkstoffforschung an- gewiesen . Die in diesem Bereich forschenden Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler identifizieren neue Wirkstoffkandidaten, aus denen neue Arzneimittel zur Behandlung von Infektionskrankheiten und damit auch neue Antibiotika entwickelt werden können . Antibioti- karesistenzen müssen hierbei zwar einen Schwerpunkt bilden, aber auch im Kampf gegen die „großen Drei“ – Tuberkulose, Malaria und HIV/Aids – sowie die vielen anderen vernachlässigten und armutsbedingten Krank- heiten sind neue Medikamente unverzichtbar . Leider ist die Entwicklung von neuen Arzneimitteln ein langer, risikoreicher wie kostspieliger Prozess, und viele Wirkstoffkandidaten scheitern schon in frühen Entwicklungsphasen . Jahrzehntelange Forschungs- und Entwicklungsarbeit sowie Kosten zwischen 500 Millio- nen und 1 Milliarde Euro sind keine Seltenheit . Hinzu kommt, dass Wirkstoffe, die es bis zur Markteinführung schaffen, oftmals keine wirklichen „Neuheiten“ sind und bereits bekannten und bewährten Wirkstoffen ähneln . An den Universitäten, in der Hochschulmedizin, den Forschungseinrichtungen und in der Gesundheitswirt- schaft mangelt es nicht an exzellenten Forscherinnen und Forschern . Dennoch stockt die Arbeit an neuen Medika- menten . Deswegen ist es aus meiner Sicht von beson- derer Bedeutung, dass wir die Grundlagenforschung im Bereich der Wirkstoffforschung stärken . Nur so können wir Erkenntnisse über neue Wirkstoffkandidaten erhalten und innovative Wege in der Entwicklung neuer Arznei- mittel bestreiten . Aber auch die klinische Forschung muss weiter ge- stärkt werden . Die Wirkstoffentwicklung darf nicht aus Kosten- und Risikogründen vernachlässigt werden . Ich möchte es noch einmal betonen: Die Wirkstoffforschung kann nur dann erfolgreich sein, wenn wir alle Phasen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721630 (A) (C) (B) (D) der Arzneimittelentwicklung – von der Grundlagenfor- schung bis zur klinischen Forschung – berücksichtigen und stärken und dabei die einzelnen Stärken der beteilig- ten Partner und vorhandene Forschungsinfrastrukturen für den größtmöglichen Erfolg nutzen und fördern, nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch in der europäi- schen und internationalen Zusammenarbeit . Mit verschiedenen Initiativen, Formaten und der insti- tutionellen Förderung der Forschungseinrichtungen för- dert das Bundesministerium für Bildung und Forschung, auch in ressortübergreifender Zusammenarbeit unter anderem mit dem Gesundheitsministerium, bereits die Wirkstoffforschung . Der dramatische Anstieg der Zahl der Todesopfer aufgrund von resistenten Erregern und die insgesamt geringe Anzahl von neuen Arzneimitteln zeigt aber deutlich, dass wir eine verstärkte Forschung benötigen, damit neue Arzneimittel entwickelt werden können . Mithilfe einer Nationalen Wirkstoffoffensive wollen wir sowohl die Wirkstoffforschung weiter stärken als auch die nationale und internationale Vernetzung von universitären und außeruniversitären Forschungseinrich- tungen sowie Unternehmen vorantreiben . Dafür stellen wir in den kommenden vier Jahren weitere 21 Millionen Euro bereit – eine Summe, bei der wir jeden Euro effizi- ent nutzen und schon vorhandene Maßnahmen ressort- übergreifend aufeinander abstimmen müssen . Dass wir die Gefahr erkannt haben, zeigt auch die Schwerpunktsetzung der deutschen G-20-Präsident- schaft . Die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen – auch mithilfe der Entwicklung neuer Wirkstoffe – steht ganz oben auf der Agenda . Mit einer starken Wirkstoff- forschung können wir dieses Ziel erreichen . Mit dem vorliegenden Antrag ebnen wir dafür den Weg . Kathrin Vogler (DIE LINKE): Im heute eingebrach- ten Antrag setzen sich die Koalitionsfraktionen mit einer der wichtigsten und kritischsten Fragen auseinander, mit der wir im Bereich der Gesundheitsforschung konfron- tiert sind: Antibiotika haben im 20 . Jahrhundert zweifel- los einen großen Beitrag zur Bekämpfung von lebens- bedrohlichen Infektionserkrankungen geleistet . Noch im 19 . und frühen 20 . Jahrhundert sind die Menschen mas- senhaft an bakteriellen Erkrankungen wie Cholera, Ty- phus, Syphilis, Wundbrand oder Tuberkulose gestorben . Erst die Entwicklung des Penicillins, dem später weitere Wirkstoffe folgten, nahm dieser tödlichen Gefahr ihren Schrecken . Doch der Schrecken kehrt zurück. Immer häufiger infizieren sich Menschen mit Keimen, gegen die die gängigen Antibiotika nichts mehr ausrichten können . Multiresistente Erreger sind eine große und zunehmende Gefahr für die öffentliche Gesundheit . Schon heute ster- ben allein in Deutschland mehr Menschen an resistenten Erregern als an Verkehrsunfällen oder an Aids . Warum entwickeln die Arzneimittelhersteller in so ei- ner Situation nicht vorrangig neue Antibiotika? Auch da- rauf weisen die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag hin: Die Gewinnerwartung für die Unternehmen ist zu gering . Antibiotika haben aus Sicht der Unternehmen nämlich den Nachteil, dass sie nicht dauerhaft eingenommen wer- den dürfen . Gerade mit neuen Mitteln gegen die multire- sistenten Keime wird man besonders restriktiv umgehen müssen, um keine neuen Resistenzen zu erzeugen . Und die größte Krankheitslast zum Beispiel bei Tuberkulose tragen die Menschen in armen Ländern mit schwachen Gesundheitssystemen, die sich teure neue Arzneimittel nicht leisten können . Deswegen fordern Sie nun zu Recht, dass der Staat mehr Geld in die Hand nehmen muss, um die Erfor- schung und Entwicklung neuer Wirkstoffe und Arznei- mittel zu fördern . Doch Ihr Ansatz ist unzureichend, weil Sie sich nicht aus dem markt- und gewinnorientierten Denken lösen können . Was wir brauchen, ist ein grundsätzliches Umsteuern in der Gesundheitsforschung . Die Weltgesundheitsorga- nisation beschreibt den höchstmöglichen Gesundheitszu- stand als Menschenrecht, das jedem Menschen unabhän- gig von seiner Herkunft und sozialen Situation zusteht . Dementsprechend ist es nicht Aufgabe privatwirtschaft- licher Unternehmen, dieses Recht zu sichern, sondern Aufgabe der Staaten . Die Grundlagenforschung und auch die klinische Erprobung mit Steuergeldern zu fördern, dann aber die Patente und damit zukünftige Erträge in der Hand der Unternehmen zu lassen, ist im Kern eine Umverteilung aus den Taschen der Steuerzahler in die Taschen der Ak- tionäre von Bayer, Pfizer und Co. Wir schlagen Ihnen daher vor: Ändern Sie die Hochschulgesetze oder das Patentrecht so, dass öffentlich finanzierte Forschungser- gebnisse auch in staatlicher Hand bleiben! Die so entwi- ckelten Medikamente könnten dann in Lizenz produziert werden – überall auf der Welt, zu Preisen, die auch die Armen bezahlen können . Und auch die Forschungsstruktur in den deutschen Hochschulen wurde und wird von Ihnen nicht in Rich- tung Allgemeinwohl umgestaltet . Teil des Problems ist doch, dass die Hochschulen und Forschungseinrichtun- gen eben in ihrer Forschung nicht vorwiegend am All- gemeinwohl orientiert sind, weil sie angewiesen sind auf externe Zuwendungen, sogenannte Drittmittel, für jedes einzelne Forschungsprojekt . Auch die prekäre Situation der allermeisten Nachwuchsforscher, die sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten hangeln, steht einer Kontinuität und Nachhaltigkeit in der medizinischen, biochemischen und pharmakologischen Forschung dia- metral entgegen . Auch hier vermisse ich Vorschläge zum Umsteuern . Die Entwicklung neuer Antiinfektiva ist eine gesamtge- sellschaftliche Aufgabe von einem Format, das mutige und politisch unbequeme Entscheidungen erfordert . Die von Ihnen geforderte Nationale Wirkstoffoffensi- ve wird wohl doch eher ein Offensivchen; denn Sie for- dern ja Mittel dafür lediglich „im Rahmen der zur Verfü- gung stehenden Haushaltsmittel“ . Mit den 17 Millionen Euro, die im Haushalt eingestellt sind, kommen Sie aber nicht weit . Und den Antrag der Linken zum Haushalts- plan über 500 Millionen Euro für nichtkommerzielle, industrieunabhängige Pharmaforschung haben Sie ja ab- gelehnt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21631 (A) (C) (B) (D) Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Krank- heitserreger, gegen die keine Antibiotika mehr wirken, sind eine zunehmende Gefahr für die menschliche Ge- sundheit . Sie sind zugleich eine drängende Herausfor- derung für die Forschung . Denn Antibiotikaresistenzen nehmen weltweit zu, und alte Wirkstoffe stoßen an ihre Grenzen . Viele forschende Arzneimittelhersteller haben sich in der Vergangenheit aus der Antibiotikaforschung zu- rückgezogen, weil andere Bereiche lukrativer schienen . Dieses Marktversagen führte zu einer Forschungslücke . Der Nachschub an neuen Entwicklungen in der For- schungspipeline versiegt . Im Antrag der Koalition wird richtigerweise darauf hingewiesen, dass die in den letz- ten Jahren neu auf den Markt gekommenen Produkte letztlich nur „Me-Too-Präparate“ sind, also Medikamen- te ohne echten Zusatznutzen . In der Problemanalyse liegen wir also nah beieinan- der . Nun ist aber die Frage, was kluge Forschungsför- deransätze sind, die helfen, das Problem nachhaltig in den Griff zu bekommen . Und da ist es zu wenig, vor al- lem auf mehr Kooperation zwischen Unternehmen und öffentlich geförderten Forschungseinrichtungen zu set- zen und eine „Nationale Wirkstoffinitiative“ auszurufen. Ihre Vorschläge sind vor allem zu wenig innovativ . Sie ducken sich zum Beispiel weg bei der doch auf der Hand liegenden Frage: Was können wir eigentlich konkret ler- nen aus der Diskussion um das Marktversagen bei den „vernachlässigten Krankheiten“ für die Antibiotikafor- schungsförderung? Denn die Ausgangslage ist doch eine ähnliche: Auch der Markt der „vernachlässigten Krank- heiten“ ist für „Big Pharma“ zu wenig finanziell attrak- tiv, sodass es an Forschung und Entwicklung mangelt . Deshalb setzt das BMBF beispielsweise auf Produktent- wicklungspartnerschaften . Auch andere Instrumen- te wie Knowledge Sharing oder die Entkoppelung von Entwicklungskosten und Produktpreis werden diskutiert und wären lohnenswert, auf ihr Potenzial für die Antibio- tikaforschung übertragen zu werden . Da zeigt sich der Antrag aber leider ideenarm . Ich vermisse auch, dass ein Instrument, welches in der internationalen Diskussion viel debattiert wird, näm- lich das eines globalen Antibiotikaforschungsfonds, von Ihnen mit keiner Silbe erwähnt wird . Was geben Sie der Bundesregierung in den kommenden G-7- und G-20-Prozessen zu diesem Ansatz auf den Weg? Dazu schweigt der Antrag und vergibt hier die Chance, die De- batte voranzutreiben . Klar ist auch: Selbst wenn Maßnahmen aus dem Koa- litionsantrag die Pharmaindustrie beflügelten, neue Ent- wicklungen auf den Markt zu bringen – bis wir tatsäch- lich über diese neuen, dringend benötigten Medikamente verfügen, werden noch Jahre vergehen . Deshalb ist es wichtig, seitens der Forschung auch Lösungsansätze jen- seits der Pharmazie in den Blick zu nehmen, die schneller Wirkung entfalten können . Dazu gehört, sich anzuschauen, welche Gründe für die zunehmenden Antibiotikaresistenzen bestehen und wie Prävention möglich ist . Das baden-württembergische Wissenschaftsressort zum Beispiel fördert ein Verbund- projekt der drei Universitätsklinika Tübingen, Freiburg und Heidelberg, das mögliche Wege einer Übertragung von antibiotikaresistenten Bakterien vom Tier auf den Menschen untersucht, und zwar vor allem durch den Ver- zehr von Fleisch . Solche Fragestellungen helfen weiter, weil sie eines Tages Ideen zur Ursachenbekämpfung lie- fern können . Auf einigen Gebieten mangelt es allerdings gar nicht so sehr an Erkenntnissen, sondern wir haben es mit Um- setzungsdefiziten zu tun. So ist es der verbreitete Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft, die dann über die Nahrungskette und nicht zuletzt über das Trinkwasser von uns Menschen aufgenommen werden . Ebenfalls wichtig sind Hygiene-Standards, übrigens nicht nur im Krankenhaus, sondern auch in Pflegehei- men oder in den Rettungswagen . Personalschlüssel an besonders vulnerablen Orten wie Intensivstationen oder Frühchenstationen oder auch das Screening von Risiko- patienten sind weitere wichtige Ansatzpunkte . Die Beispiele zeigen: Es sind nicht allein die phar- mazeutischen Antworten, die uns weiterbringen können . Vielmehr muss Gesundheitsforschung auch Perspektiven integrieren, die auf soziale Innovationen und transdiszi- plinäre Forschung abzielen, beispielsweise um Prozes- sabläufe in der Krankenversorgung besser zu organi- sieren . Bei all diesen Baustellen erwarten wir, dass die Koalition in und über die Wirkstoffinitiative hinaus aktiv wird, um Infektionskrankheiten wirksam einzudämmen . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein­ gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Fahrlehrerwesen und zur Änderung anderer stra­ ßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (Tagesord­ nungspunkt 25) Patrick Schnieder (CDU/CSU): Als wir im Jahr 2013 den Koalitionsvertrag aufgesetzt haben, haben sich die zukünftigen Herausforderungen des Verkehrs bereits am Horizont abgezeichnet . Um diese Veränderun- gen zu bewältigen, reicht es nicht, an der Infrastruktur zu arbeiten . Wir müssen an den Verkehrsteilnehmern arbei- ten, die am Verkehr der Zukunft teilhaben werden . Und wir setzen – so wie wir es damals beschlossen haben – bei der Fahrausbildung und den Fahrlehrern an . Auch wenn die Verbesserung der Qualität der ver- kehrspädagogischen Ausbildung das Ausgangsmotiv für die vorliegende Reform war, hat sich eine ganze Reihe von weiteren Problemen aufgetan, vor denen deutsche Fahrschulen heute stehen . Daher greifen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht nur das Koalitionsver- sprechen auf, sondern nehmen auch die hinzugetretenen Probleme der Gegenwart gleich mit ins Visier: Wir stellen fest, dass die Anzahl der Personen mit Fahrlehrerlaubnis kontinuierlich abnimmt . Sie ist das siebte Jahr in Folge gesunken, auf nun 45 238 Personen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721632 (A) (C) (B) (D) Gleichzeitig steigt das Durchschnittsalter der Fahrlehrer in Deutschland seit 2006 an und liegt aktuell bei 53 Jah- ren . Der überwiegende Teil der Fahrlehrerlaubnisinha- ber (75,5 Prozent) ist im Jahr 2015 45 Jahre oder älter und wird sich in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren aus dem Beruf verabschieden . Die Altersstruktur ist ein großes Problem für die Branche . Daher müssen wir neue Wege gehen, um den Beruf attraktiver und zukunftsfähig zu machen . Auch der Frauenanteil an den Fahrlehrern sollte sich ändern . Frauen stellen derzeit weniger als 9 Prozent aller Fahrlehrer in Deutschland . Die Zeiten, in denen das Auto und Fahrschulen eine reine Männerdomäne sind, sollten jedoch längst gezählt sein . Und nicht zuletzt hängt der Nachwuchsmangel auch mit der fehlenden finanziellen Perspektive des Berufes zusammen . Das Gehalt der Fahrlehrer schwankt je nach Region und Auftragslage enorm . Im Jahr 2014 waren rund 10 000 Fahrschulen in Deutschland registriert . Die Fahrschulen erwirtschafteten im Schnitt etwas über 42 000 Euro je beschäftigter Person . Der Sachaufwand und die sonstigen betrieblichen Aufwendungen verzeh- ren jedoch große Teile des Umsatzes . In strukturschwa- chen Gebieten mit wenigen Fahrschülern und niedrigen Fahrstundenpreisen verdienen Fahrlehrer tatsächlich oft nicht mehr als 1 400 Euro brutto . Nur in Ballungsgebie- ten mit höheren Fahrstundenpreisen und einem größeren Schülerpool sind höhere Verdienste möglich . Der Netto- lohn eines deutschen Fahrlehrers ist mehr als bescheiden; für viele Fahrlehrer ist es schwierig, den Lebensunterhalt alleine mit Fahrstunden zu bestreiten, und gänzlich un- möglich, etwas für das Alter zurückzulegen . Die Nach- wuchsprobleme kriegen wir so jedenfalls nicht in den Griff . Hinzu kommt eine sinkende Nachfrage nach Fahr- stunden. Der demografische Wandel macht auch vor den Fahrschulen nicht halt . Die Zahl der Fahrerlaubnisprü- fungen ist zwischen 2006 und 2013 jedes Jahr gesunken, erst seit 2014 steigt sie wieder leicht . Die Zahl der Fahr- schüler sank bundesweit zuletzt von etwa 1 Million auf rund 800 000, und der Wettbewerbsdruck in der Branche verschärft sich . Die Fahrschulen als verkehrspädagogi- sche Kleinbetriebe spüren die Auswirkungen der gebur- tenschwachen Jahrgänge mehr als deutlich . Neben der Alterung der Gesellschaft führen Experten die Zahlen auch auf den sinkenden Stellenwert des Au- tomobils zurück . Der öffentliche Nahverkehr ist in den deutschen Großstädten ausreichend attraktiv; ein Auto wird zunehmend überflüssig. Laut Studien gibt die ju- gendliche Zielgruppe ihr Geld im Zweifel eher für Reisen oder das neueste Smartphone als für den Führerschein aus . Wir beobachten, dass das Auto in den Städten zuse- hends vom Statussymbol zu einer Dienstleistung mutiert . Der Verkehr wandelt sich in einer Geschwindigkeit, die vor wenigen Jahren noch nicht abzusehen war . Und mit ihm wandeln sich die Anforderungen an die Verkehrs- teilnehmer . Wir sind aufgefordert, zu reagieren und bei der Wissensvermittlung durch die Fahrlehrer anzusetzen . Deren Berufsstand ist auch in Zukunft nicht in Gefahr; die Berufsbeschreibung dürfte sich jedoch grundlegend ändern . Es geht nicht länger nur um Sicherheitsabstand und Schulterblick . Aus Fahrlehrern werden Mobilitätsbe- rater und Fahrzeugsoftware-Pädagogen . Der Vorwurf, die deutschen Fahrschulen würden bei den praktischen Prüfungen hohe Durchfallquoten herbei- führen, um durch die zusätzlichen Fahrstunden die Ein- bußen durch den allgemeinen Rückgang an Fahrschülern zu kompensieren, kann durch einen einfachen Blick in die Statistik widerlegt werden . Die Durchfallquoten bei den praktischen Prüfungen sind seit Jahren annähernd identisch und liegen zwischen 25 und 26 Prozent . Die Durchfallquoten der Theorieprüfung steigen jedoch kon- tinuierlich . Hier sollte die Schuld nicht bei den Fahrleh- rern gesucht werden . Stattdessen müssen wir uns fragen, wie wir die insbesondere auf dem Land immer jünger werdenden Fahrschüler besser auf die theoretische Prü- fung vorbereiten und ihnen die Prüfungsnervosität neh- men . Es ist zu beobachten, dass Jugendliche heute mehr Unterricht als noch vor 20 Jahren nehmen müssen . Zu ständig neuen Vorschriften und Verboten kommen mit dem Kreisverkehr oder dem Grünpfeil auch neue Ver- kehrselemente hinzu . Die unaufhaltsame Automatisie- rung bringt beinahe monatlich neue Assistenzsysteme hervor, die Fahraufgaben übernehmen oder unterstützen können . Schon heute macht die Einweisung in Abstands- und Parkassistenten, elektronische Anfahrtshilfen und Spurhaltesysteme 5 Prozent der Fahrunterrichtszeit aus . Dennoch muss der Fahrzeugführer auch in absehbarer Zukunft zahlreiche, auch nicht-fahrbezogene Aufgaben weiterhin selbst erfüllen . Auch teilautomatisierte Fahr- zeuge müssen in einen betriebs- und verkehrssicheren Zustand gebracht werden; die Assistenzsysteme müssen kontrolliert werden . Die neuen Technologien sind für die Fahrlehrer selbst- redend auch mit höherem Sachaufwand verbunden, wenn bestehende Fahrzeuge nachgerüstet werden müssen . Damit die Anzahl der erforderlichen Fahrstunden nicht wesentlich steigt und der Führerscheinerwerb bezahlbar bleibt, muss der Fahrunterricht noch besser und effizien- ter werden . Bedauerlicherweise sind Fahranfänger weiterhin die am stärksten unfallgefährdete Gruppe aller Verkehrsteil- nehmer . Viele Fahranfänger überschätzen ihr Können . Dieses Gefühl falscher Souveränität ist die Ursache dafür, dass sie in den ersten Monaten nach der bestan- denen Fahrprüfung überdurchschnittlich viele schwere Unfälle verursachen . Erst mit steigender fahrpraktischer Erfahrung nimmt das Unfallrisiko merklich ab . Dies un- terstreicht die Bedeutung, die Aneignung von Fahrkom- petenz vor dem Beginn des selbstständigen Fahrens zu optimieren . Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen ist es wichtig und notwendig, dass wir als Gesetzgeber reagie- ren . Die zentrale Frage ist: Wie können wir die Qualität der Fahrausbildung erhöhen, die Nachwuchsprobleme der Fahrlehrerbranche beheben und die Einnahmensi- tuation der Fahrschulen verbessern, ohne dass sich die Kosten für die Fahrschüler weiter erhöhen? Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21633 (A) (C) (B) (D) Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf präsentieren wir vier Instrumente, mit denen wir die Probleme angehen . Erstens . In Zeiten von Nachwuchsmangel ist es die richtige Entscheidung, den Zugang zum Beruf des Fahr- lehrers durchlässiger und flexibler zu gestalten. Wir senken das Mindestalter auf 21 Jahre ebenso ab wie die horrenden Gebühren, die bislang bei den für die Prü- fungsabnahme zuständigen technischen Prüfstellen fällig werden . Die grundsätzliche Eignung wollen wir nicht aufweichen . Der Fahrlehrbewerber muss in Zukunft min- destens eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf oder eine gleichwertige Vorbil- dung besitzen . Aber auch hier sollen Ausnahmen mög- lich werden und für mehr Flexibilität sorgen . Zweitens . Die Fahrlehreraus- und -weiterbildung wird dem Verkehr von heute und der Realität von morgen an- gepasst . Hierfür haben wir die Inhalte, Methoden und organisatorischen Abläufe der Fahrschulausbildung in Deutschland einer kritischen Betrachtung unterzogen . Innovationen wie Elektromobilität und Teilautomati- sierung halten ebenso Einzug in den Lehrplan wie die Schärfung der Vermittlung verkehrspädagogischer Kom- petenzen, die Verkehrswahrnehmung und die Gefahren- vermeidung in der Praxis . Das selbstständige Theorieler- nen der Fahrschüler soll besser vorbereitet werden, auch mithilfe der Implementierung von Smartphone-Apps und interaktiven Lernformen . Gleichzeitig erhält die Ausbil- dung der Fahrlehrer eine optimierte zeitliche Abfolge, und die Anforderungen an Ausbildungsfahrschulen und die Fahrlehrerfortbildung werden präzisiert . Drittens . Um die Einhaltung der Vorschriften zu ga- rantieren, schaffen wir den Rahmen für eine bundesein- heitliche Überwachung der Fahrschulen . Die Vorgaben für das Fahrlehrerpersonal werden ebenso präzisiert wie die Maßnahmen, die bei einer Feststellung von Mängeln ergriffen werden . Auch die Schulung des mit der päda- gogischen Überwachung betrauten Personals wird klar geregelt . Die Überwachungsfristen bleiben unverändert . Die Länder erhalten großzügige Übergangsregelungen und können die Details auch danach in eigener Zustän- digkeit ausgestalten . Viertens . Besonders problematisch ist die Frage, wie man die Einnahmensituation der Fahrschulen verbessern kann, ohne dass die Preise für Fahrstunden erhöht wer- den . Bereits heute werden für theoretische und praktische Prüfung zusammen bis zu 1 900 Euro fällig . Für die Füh- rerscheinaspiranten, die durch eine Prüfung fallen, wird es noch teurer . Ich möchte aber unter keinen Umständen sehen, dass der Führerschein, der ja auch für nicht weni- ge Stellen ein Einstellungskriterium ist, zu einem Privi- leg von Kindern besserverdienender Familien wird . Da- her verfolgen wir einen anderen Ansatz . Die Kostenstrukturerhebungen deutscher Fahrschulen zeigen, dass die Bruttogehälter und Sozialaufwendungen im Jahr 2014 nur 39 Prozent der Ausgaben deutscher Fahrschulen umfassten . In der Konsequenz sind 61 Pro- zent der Ausgaben sachgebunden und durch Synergieef- fekte potenziell absenkbar . Daher setzen wir auf Entbü- rokratisierung und Kooperation . Indem wir die Anforderungen an Unterrichtsräume vereinfachen, arbeitsrechtliche Spezialvorgaben strei- chen und nicht mehr zeitgemäße Nachweispflichten weg- fallen, werden die Fahrschulen um mehr als 84 Millionen Euro pro Jahr entlastet . Die Fahrschulen sollen weniger Zeit mit Formalien verbringen müssen und mehr Zeit für ihre Schüler erhalten . Gleichzeitig wollen wir den Fahrschulen die Tür für Kooperationen öffnen, um Sachkosten aufteilen zu kön- nen . Neu werden Gemeinschaftsfahrschulen auch für Fahrschulinhaber unterschiedlicher Klassen möglich . Außerdem wird Fahrschulen die Möglichkeit gegeben, dort, wo es Sinn macht, einzelne Ausbildungsteile an eine kooperierende Fahrschule zu übertragen . Auch die bestehende Beschränkung der maximal möglichen An- zahl von Zweigstellen soll entfallen . Gleichzeitig erwar- ten wir, dass die Kooperationsmöglichkeiten nicht dazu führen, dass pädagogische Verantwortungen verwischt werden . Es wird daher festgelegt, dass der Auftraggeber eines Ausbildungsteils die Gesamtverantwortung trägt, während die kooperierende Fahrschule die übernom- mene Teilausbildung verantwortet . Um dies zuverlässig überprüfen zu können, sind auch die kooperierenden Fahrschulen aufgefordert, Dokumentationen und Auf- zeichnungen bereitzuhalten . Es gibt jedoch einen Punkt, den ich kritisch sehe, und das ist der im Entwurf vorgesehene Ausschluss von Be- schäftigungsverhältnissen mit freien Mitarbeitern . Ich kann nicht nachvollziehen, aus welchem Grund Fahr- schulen – insbesondere auch in Zeiten schwankender Auftragslagen – auf einen Zugang zu freischaffenden Fahrlehrern verzichten sollten . Die Beschäftigungs- statistik verrät, dass freiberufliche Fahrlehrer heute die Ausnahme sind . Gleichzeitig nimmt die Zahl der sozi- alversicherungspflichtig und geringfügig beschäftigten Fahrlehrer kontinuierlich zu: allein seit 2012 um 13 Pro- zent. Die Fahrschulbranche befindet sich bereits inmitten eines Strukturwandels . Ich verstehe nicht, weshalb man den Fahrschulen an dieser Stelle Flexibilität nehmen soll- te . Eine Senkung der allgemeinen Gebührenlast würde uns hingegen nicht weiterbringen . Die deutschen Fahr- schulen führen bereits heute weniger als 1 Prozent ihres Umsatzes als Steuern und öffentliche Abgaben ab . Der vorliegende Gesetzentwurf versucht viel, und ihm gelingt viel . Wir bereiten unsere Fahrschüler nicht nur auf die Herausforderungen von morgen vor, sondern senden über die Reform auch wichtige Entwicklungsim- pulse an die Fahrschulbranche . Den Fahrlehrern wird ein ausreichender Spielraum eröffnet, den für die Kompe- tenzvermittlung erforderlichen Ausgleich zwischen der Einhaltung vorgeschriebener Ausbildungsstandards und einer pädagogischen Individualisierung der Lehrinhalte herbeizuführen . Stefan Zierke (SPD): Das Fahrlehrergesetz ist in der jetzigen Form nicht mehr auf dem aktuellen Stand . Mehrfach sind Fahrschulverbände an uns herangetreten . Eigentlich wird eine Reform schon seit Jahren gefordert Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721634 (A) (C) (B) (D) und ist auch meiner Einschätzung nach seit Jahren über- fällig . Sowohl die Ausbildung der Fahrschüler als auch der Fahrlehrer ist – insbesondere unter pädagogischen Ge- sichtspunkten – nicht mehr zeitgemäß . Rahmenbedin- gungen und Anforderungen ändern sich, und dann müs- sen wir auch die gesetzlichen Gegebenheiten anpassen . Schon heute sind zum Beispiel Fahrsimulatoren mög- lich . Diese können Situationen simulieren, die schlecht in realen Situationen darstellbar sind, aber als Übung eine gute Grundlage für sicheres und kontrolliertes Fahren bilden . Dies ist jetzt nur ein Beispiel, dass der aktuelle Gesetzesrahmen nicht mehr den tatsächlichen und tech- nischen Voraussetzungen entspricht und daher Bedarf besteht, das Gesetz zu modernisieren . Dies hat die Koalition im Koalitionsvertrag aufge- nommen und der Bundesregierung ins Stammbuch ge- schrieben . Es gilt, die Ausbildung der Fahranfänger zu verbessern und die Qualität der pädagogischen Ausbil- dung der Fahrlehrer zu erhöhen . Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf werden da- her einige Punkte aufgenommen, die ich kurz aufzählen und erläutern möchte: Erstens: Die Kooperationsmöglichkeiten der Fahr- schulen sollen verbessert werden . Dabei ist es wichtig, die entsprechenden Aufsichtsmöglichkeiten entspre- chend zu berücksichtigen . Zweitens: Die Zugangsvoraussetzungen zum Fahrleh- rerberuf müssen reformiert werden . Hier gibt es unter- schiedliche Auffassungen, ob man diese eher enger oder weiter fassen solle . Nun liegt der Entwurf vor, und wir werden uns nun auch mit diesem Punkt noch einmal be- schäftigen und hier mit Blick auf die Praktiker, also die- jenigen, die es später betrifft, behutsam agieren . Drittens: Es soll eine Modernisierung der Fahrlehrer- aus- und -weiterbildung erfolgen . Hier geht es um die Lehrpläne und das Verfahren der Aus- und Weiterbil- dung . Das muss nun auch angegangen werden, damit die Modernisierung nun endlich auf den Weg gebracht wird . Viertens: Es soll eine Entbürokratisierung stattfinden. Hier werden wir in den nun zu führenden Diskussionen einen Mittelweg zwischen Reduzierung von Verwal- tungsaufwand und notwendiger Kontrolle gehen müs- sen . Ja, der Verwaltungsaufwand muss reduziert werden . Aber wir brauchen auch nachvollziehbare Kontrollmög- lichkeiten . Fünftens: Die Fahrschulüberwachung soll einheitli- cher – als dies bisher der Fall ist – stattfinden. Auch hier müssen wir eventuell noch einmal genauer in das Gesetz schauen und entsprechende Diskussion im nun anlaufen- den parlamentarischen Verfahren finden. Wir werden in den anstehenden Beratungen als SPD-Bundestagsfraktion darauf hinwirken, dass wir so- wohl die Interessen der Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, als auch die Interessen der Fahrschülerinnen und Fahr- schüler sinnvoll miteinander verbinden . Es ist ein hohes Gut, ortsnahe und kompetente Fahr- schulen in ganz Deutschland zu haben . Von der Ucker- mark bis in den hintersten Bayerischen Wald wollen wir die Fahrschullandschaft stabilisieren und modernisieren, damit junge Menschen sicher und verantwortungsvoll auf unseren Straßen Auto und Motorrad fahren können . Thomas Lutze (DIE LINKE): Die Linksfraktion be- grüßt, dass die Koalition doch noch die Vereinbarung des Koalitionsvertrages umsetzen will, die Ausbildung der Fahranfänger zu verbessern und auch die pädagogische Ausbildung der Fahrlehrer zu erhöhen . Dies wurde aller- höchste Zeit; schließlich hatte die Verkehrsministerkon- ferenz bereits im April 2012 das Verkehrsministerium aufgefordert, eine umfassende Reform des Fahrlehrer- rechts in Angriff zu nehmen, das seit 1969 kaum ange- passt wurde . Inzwischen steht das Projekt schon in der dritten Legislatur auf der Agenda . Es ist begrüßenswert, dass der Gesetzentwurf weitestgehend dem Eckpunkte- papier der Länder folgt, in dem zahlreiche sinnvolle Vor- schläge gemacht wurden . Es wurde dringend Zeit, die Fahrlehrerausbildung, aber auch gerade die Weiterbildung anzupacken – junge Fahranfänger sind im Straßenverkehr besonders gefähr- det . Fahranfänger verursachen immer noch überdurch- schnittlich viele Unfälle . Aufgrund der fehlenden prakti- schen Erfahrung im Straßenverkehr wird es sich hierbei immer um eine Risikogruppe handeln . Doch Verbesse- rungen in der Fahrausbildung sind ein wichtiger Beitrag für die Erhöhung der Verkehrssicherheit . Dass der Besitz der Führerscheine A und C als zwin- gende Voraussetzung für den Erwerb der Fahrlehrerlaub- nisklasse BE wegfallen soll, ist erst einmal begrüßens- wert . Oft wird der Lkw- und Motorradführerschein von den Fahrlehrern nicht gebraucht . Durch diese Änderung wird der Zeitaufwand reduziert, und es sinken vor allem auch die Kosten für die Ausbildung . Die ohnehin schon zu geringe Zahl an Fahrlehreranwärtern würde in der Zu- kunft ansonsten weiter sinken . Dennoch sollten wir die Folgeentwicklung dieser Änderung im Auge behalten . Gegebenenfalls müssen hier in der Zukunft doch noch einmal Anpassungen vorgenommen werden: Schließ- lich verschwindet ja nicht der Bedarf nach Kompetenz für diese Fahrzeuge . Machen wir uns nichts vor: Die Lockerung von Zugangsmöglichkeiten ist oft eine Grat- wanderung . Wir müssen also darauf achten, dass bei der Erhöhung der Quantität die Qualität nicht auf der Strecke bleibt . Besonders wichtig ist uns, dass mit der Reform der Fahrlehrerausbildung künftig der Pädagogik mehr Ge- wicht beigemessen wird . Dass sich hierbei die Ausbil- dungszeit nur gering, um zwei Monate, verlängert, ist ebenfalls begrüßenswert . Fahrlehrer, die ihre Ausbildung vor 30 oder 40 Jahren gemacht haben, kamen zu einem nicht geringen Teil vom Militär . Man muss kein Linker sein, um einzusehen, dass die Pädagogik, die als Fahrleh- rer nötig ist, bei der Bundeswehr sicherlich nicht vermit- telt wurde . Das soll nicht heißen, dass diese Fahrlehrer keinen guten Job machen . Doch in der heutigen Aus- bildung müssen wir Anpassungen vornehmen . Fahrleh- rer müssen heute auch auf die veränderte Altersstruktur Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21635 (A) (C) (B) (D) vorbereitet werden . Neben 18- oder 17-Jährigen sitzen zunehmend Menschen mittleren Alters in der Fahrschu- le . Soll sich auf unterschiedliche Bedürfnisse eingelassen werden, ist pädagogisches Geschick notwendig . Daher ist es auf der einen Seite richtig, Ausbildungsinhalte zu straffen und von überflüssigem Ballast zu befreien; auf der anderen Seite muss der Kompetenzvermittlung der Raum gegeben werden, den eine gute Ausbildung ver- langt . Damit der Fahrlehrerberuf attraktiver wird, müssen in erster Linie aber vor allem vernünftige Arbeitsbedin- gungen und eine Verbesserung der Angestelltenkultur und der Verdienstmöglichkeiten erzielt werden . Hier gibt es großen Veränderungsbedarf . Der Fahrlehrermangel ist einerseits darauf zurückzuführen, dass die Politik zu lange nicht mit geeigneten Maßnahmen gegengesteuert hat; anderseits sind manche Probleme auch hausgemacht . Wer sich einmal in der Branche umgehört hat, wird fest- stellen, dass Arbeitsverträge ohne Arbeitszeitkonto, ohne Festgehalt und ohne bezahlte Fortbildung nicht selten sind . Zudem kommt es immer wieder vor, dass arbeits- rechtliche Bestimmungen nicht eingehalten werden: Fei- ertage und Urlaub werden nicht bezahlt, oder es gibt kei- ne Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall . Hier hat aber auch die Politik zu lange weggeschaut . In Zukunft muss es daher auch heißen, bei den Bran- chenmindestlöhnen für Fahrschulen genauer hinzuschau- en: Erbringt eine Fahrschule Leistungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung, gilt nämlich ein Mindestlohn von 12,50 Euro bzw . 13,35 Euro . Das muss in der Praxis aber auch tatsächlich eingehalten werden . Dies gilt gera- de auch für diejenigen, die bisher arbeitslos waren und im Auftrag der Jobcenter oder der Agentur für Arbeit nun einer Fahrschulausbildung nachgehen: Auch hier gelten die Branchenstundenlöhne . Außerdem müssen grundlegende strukturelle Verän- derungen vorgenommen werden . Was in anderen Bran- chen bereits lange möglich ist, gilt bisher nicht so für die Fahrschulen . Die Linksfraktion unterstützt, dass künftig Kooperationen möglich sein sollen, wie dies in ande- ren Branchen längst üblich ist . Fahrschulunternehmen können sich so besser spezialisieren und den Kunden dennoch ein Komplettangebot anbieten . Dies ist insbe- sondere vor dem Hintergrund begrüßenswert, dass die Ausstattung von Unterrichtsräumen mit moderner Tech- nik sehr teuer ist . In Netzwerkstrukturen ist dies eindeu- tig besser zu stemmen . Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der vorliegende Gesetzentwurf hat eine lange Vorgeschichte . Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Einsetzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Jahr 2011, den Beschluss der Verkehrsministerkonferenz im Frühjahr des darauffolgenden Jahres und die Befas- sung des Deutschen Verkehrsgerichtstags mit dem The- ma als wichtige Meilensteine auf dem Weg zu dem heute vorliegenden Gesetzentwurf . Der Entwurf ist vor allem auch das Ergebnis inten- siver Vorarbeiten durch die Länder . An dieser Stelle ist besonders das Engagement des Landes Baden-Württem- berg hervorzuheben . Dem grün regierten Baden-Würt- temberg war die Reform des Fahrlehrerrechts immer ein besonderes Anliegen, und so hat es sich in der Bund-Län- der-Arbeitsgruppe auch entsprechend stark eingebracht . Weitgehende Einigkeit bestand fraktionsübergreifend über die wesentlichen Inhalte bei der Reform des Fahr- lehrerrechts: von der Neuregelung der Zugangsvoraus- setzungen zum Fahrlehrerberuf, der Modernisierung der Fahrlehreraus- und -weiterbildung, der Verbesserung der Kooperationsmöglichkeiten von Fahrschulen, der Fahr- schulüberwachung bis hin zur Entbürokratisierung – in allen Punkten bringt der Entwurf nach langem Ringen hinter den Kulissen greifbare Fortschritte . Vor allem die Fahrlehreraus- und -weiterbildung macht einen wichtigen Schritt nach vorne . Neue Inhalte, die auf den Erwerb verkehrspädagogischer Kompeten- zen abzielen, halten endlich Einzug in die Fahrschulpra- xis . Dabei sollen auch schnell neue Entwicklungen, wie beispielsweise die Elektromobilität und automatisiertes Fahren, thematisch behandelt werden . Dass auf aktuelle Erkenntnisse aus der Lehr- und Lernforschung zurück- gegriffen wird sowie E-Learning und Blended Learning berücksichtigt werden, begrüßen wir ausdrücklich . Auch die Anforderungen an Ausbildungsfahrschulen und -lehrer sollen weiterentwickelt werden . Neu aufge- nommen wurde eine Fortbildungspflicht. Der Verbesse- rung der pädagogischen Qualität dient die Ausbildung in den sogenannten Erweiterungsklassen . Dabei kommt uns allerdings die themenspezifische Weiterbildung in den Klassen C und D zu kurz, denn sie ist schlicht nicht verpflichtend. Die Teilnahme an den Fortbildungsmodulen C und D sollten zudem berufsbe- gleitend möglich sein . Hier muss nachgebessert werden . Auch an anderen Stellen gilt für meine Fraktion: Das Bessere ist der Feind des Guten . Und deshalb werbe ich an dieser Stelle für notwendige Veränderungen, über die wir in den anstehenden Ausschussberatungen noch dis- kutieren sollten . Nicht nachvollziehbar ist für uns, warum die Rege- lungen zum Betreiben von Zweigstellen und zu den Ko- operationen von Fahrschulen erst ab dem 1 . Juli 2019 gelten sollen . Die wirtschaftliche Situation vieler klei- nerer Fahrschulen ist angespannt . Das ist ablesbar am Umsatz je Unternehmen, der beispielsweise bei Fahr- schulen in Ostdeutschland gerade um die 100 000 Euro im Jahr liegt . Im Fahrschulwesen läuft daher schon seit längerer Zeit ein stetiger Konzentrationsprozess hin zu wirtschaftlich tragfähigen und auskömmlichen Betriebs- größen . Dieser Prozess sollte durch die Reform eigent- lich unterstützt werden . Die Verschiebung macht daher keinen Sinn, da die Branche lange genug wartet, sich neu aufstellen und organisieren zu können . Wichtig ist in die- sem Zusammenhang nach unserer Auffassung, dass die Anzahl der Kooperationen limitiert wird . Schließlich stellt sich für meine Fraktion noch die Fra- ge der Überwachungsvorschriften und Kontrollen für die Fahrschulen und Fahrlehrerausbildungsstätten . Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die dazu notwendigen Regelungen bundesweit einheitlich umgesetzt werden . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721636 (A) (C) (B) (D) Die vorgesehene „Soll-Bestimmung“ ist daher durch eine „Muss-Bestimmung“ zu ersetzen . Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin beim Bundes- minister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen und zur Änderung anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften biegt die Reform des Fahrlehrerrechts auf die Zielgerade ein . Heute liegt das Ergebnis von vier Jahren Arbeit auf dem Tisch . Wir haben mit Ländern und Verbänden viel und in- tensiv diskutiert und um Lösungen gerungen . Nach- wuchsmangel und das hohe Durchschnittsalter der Fahr- lehrerschaft erforderten attraktive und zukunftsfähige Zugangsregelungen . Zukünftige Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer müssen „mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf oder eine gleichwertige Vorbildung“ vorweisen . Auch Quereinsteiger erhalten zukünftig eine Chance, den Beruf des Fahrlehrers zu er- greifen . Ferner soll der Besitz der Motorrad- und Lkw-Klas- sen als Voraussetzung für den Pkw-Fahrlehrer wegfallen, was die Ausbildung kostengünstiger macht . Bisher über den Besitz der Lkw-Fahrerlaubnis abgedeckte Eignungs- überprüfungen werden direkt im Fahrlehrerrecht gere- gelt . Verbessert wurden auch die Dauer der Ausbildung so- wie das Zusammenwirken von Ausbildungsstätten und Ausbildungsfahrschulen . Wir erhöhen den Ausbildungs- umfang von derzeit 577,5 Stunden auf dann 750 Stun- den: eine Erhöhung um rund 30 Prozent . Wir stärken päd- agogische Inhalte und verstärken den Kompetenzerwerb im Bereich der Fahrerassistenzsysteme und des automa- tisierten Fahrens . Das ist die Zukunft . Einschließlich Praxis wird die neue Ausbildung künftig mindestens zwölf Monate dauern . Auch für die Fahrschulen wird es Veränderungen geben: hinsichtlich Rechtsform, Kooperationen und Verantwortlichkeiten . Besonders wichtig sind uns auch dringend notwendige Entlastungen bei den Bürokratiekosten durch Vereinfa- chung und Digitalisierung der Dokumentation . Völlig neu wird die Fahrschulüberwachung aufge- stellt . Zwar hätten wir uns einen höheren Grad an Einheit- lichkeit für das gesamte Bundesgebiet gewünscht, aber regionale Besonderheiten wurden auf ausdrücklichen Wunsch einiger Bundesländer beibehalten . Wir haben viele Details verbessert und wesentliche Beschlüsse der Verkehrsministerkonferenz zum Eckpunktepapier umge- setzt . Die Anforderungen an die Fahrlehrerinnen und Fahr- lehrer sind hoch und werden es auch weiterhin bleiben . Mit der Digitalisierung des Verkehrs kommen neue He- rausforderungen hinzu . Insofern wird der Berufsstand weiterhin ein unverzichtbarer Teil unserer Mobilität und der Verkehrserziehung bleiben . Aus meiner Sicht hat der Beruf der Fahrlehrerin und des Fahrlehrers noch eine große Zukunft . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein­ gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände­ rung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahr­ personalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt­Bundesamtes (Ta­ gesordnungspunkt 26) Oliver Wittke (CDU/CSU): Mit unserer heutigen Debatte leiten wir nicht nur eine Änderung des Güter- kraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Ge- setzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes ein, sondern wir schließen heute auch und vor allem an eine Debatte vor gut zwei Jahren an, in der wir uns zu- letzt mit dem Fahrpersonalgesetz befasst haben . Bereits in dieser Debatte am 18 . Dezember 2014 haben wir deutlich gemacht, dass wir eine europaweit einheitli- che Praxis bei der Umsetzung der Lenk- und Ruhezeiten anstreben, wonach regelmäßige wöchentliche Ruhezei- ten nicht in der Fahrerkabine eines Lkws verbracht wer- den dürfen . Nach nationalen Alleingängen von Belgien und Frankreich kommt es vermehrt zu Ausweichverkeh- ren, die aufgrund einer hohen Zahl mehrtägig an ihrem Lkw campierenden Fahrer zu teils menschenunwürdigen Szenen auf völlig überfüllten Parkplätzen auf der deut- schen Seite geführt haben . Mit Verweis auf Gespräche, die die Bundesregierung dann im Jahr 2015 auf europäischer Ebene geführt hat, haben wir zu diesem Zeitpunkt zunächst auf eine eigene nationale Regelung verzichtet . Leider haben diese Ge- spräche nicht zu dem erhofften Erfolg geführt . Die Koalitionsfraktionen stehen zu ihrem Wort . Nach- dem sich die EU-Mitgliedstaaten nicht auf eine gemein- same Praxis bei der Umsetzung und Anwendung oder einer Klarstellung der Verordnung (EG) Nr . 561/2006 des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvor- schriften im Straßenverkehr einigen konnten, werden wir einen Änderungsantrag zu diesem Gesetz einbringen, der sich dieser Problematik annimmt . Wir folgen damit dem Beispiel Belgiens und Frankreichs und geben auch der Bundesregierung die nötige rechtliche Grundlage an die Hand, um gegen Verstöße bei der Verbringung der vor- geschriebenen Lenk- und Ruhezeiten konsequent vorzu- gehen . Darüber hinaus werden wir das Gesetzespaket zum Anlass nehmen, das Thema des Sozialdumpings in der Transport- und Logistikbranche zu thematisieren . Wir stehen zum Europäischen Binnenmarkt und zu mehr Wettbewerb . Doch dieser ist auf faire Arbeits- und Wett- bewerbsbedingungen angewiesen . Wettbewerb, der von Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21637 (A) (C) (B) (D) Unternehmen ausgeht, die dauerhaft ihre Leistungen in Deutschland anbieten, aber niedrigeren Sozialstandards unterliegen, ist nicht fair . Hier gilt es zu prüfen, in wel- chen Bereichen wir die Spielräume auf nationaler und den deutschen Einfluss auf europäischer Ebene besser ausnutzen können . Teile des vorliegenden Gesetzentwurfes tragen dieser Forderung bereits Rechnung . Die Einrichtung eines elek- tronischen Registers, in der auch Daten über Verstöße, die Unternehmer und Verkehrsleiter im Rahmen ihrer Gewerbeausübung begangen haben, gesammelt werden, und die Verlängerung der Aufbewahrungsfrist für Auf- zeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten, sofern diese für die Erfüllung der Aufbewahrungspflichten nach dem Mindestlohngesetz benötigt werden, sind ein weiterer Schritt in die richtige Richtung . Sie helfen, die Einhal- tung nationaler und europäischer Vorschriften auch bei zu ausländischen Fuhrparks gehörenden Lkw besser kon- trollieren zu können . Die Koalitionsfraktionen werden die angesprochenen Themen in den kommenden Wochen intensiv beraten und entsprechende Anträge in den Verkehrsausschuss einbringen . Udo Schiefner (SPD): Güterkraftverkehr und Fahr- personal: Darüber können wir heute nicht sprechen, ohne über faire Arbeits- und Wettbewerbsbedingungen zu sprechen . Auf deutschen Autobahnen sollte beides selbstverständlich sein . Doch die Realität sieht anders aus – erschreckend anders . Große Teile des deutschen Transportlogistikgewerbes sind akuten Wettbewerbsver- zerrungen ausgesetzt . Ehrliche Logistik- und Transport- unternehmen, die ihre Mitarbeiter fair bezahlen und sozi- ale Standards einhalten, verlieren zunehmend Aufträge . Ihre Existenz ist bedroht . Die Spediteure und vor allem ihre Fahrerinnen und Fahrer, die Menschen am Steuer der Lkw, fahren am Limit . Sie leiden darunter, dass auf deutschen Autobahnen zu viele schwarze Schafe zu un- scharfe Regeln ausnutzen können . Gleichzeitig erwarten wir als Kunden, Verbraucher, Internetbesteller von denen, die tagtäglich unsere Waren transportieren, dass sie schnell, effizient und zuverlässig und vor allem preiswert liefern . Unser Wohlergehen ist untrennbar mit der Misere derer verknüpft, die uns ver- sorgen . Das gilt auf vielen Ebenen, wenn man sich die weltwirtschaftlichen Zusammenhänge anschaut . Aber nur selten ist es so offensichtlich und liegt sprichwörtlich vor unserer Haustür wie beim Güterkraftverkehr . Transport und Logistik bilden das Rückgrat unserer Wirtschaft und unseres täglichen Lebens . Unser Wirt- schaftsstandort Deutschland hängt in hohem Maße von leistungsfähiger Logistik ab . Die Fahrerinnen und Fah- rer der Lastkraftwagen sind wesentliche Stützpfeiler des wirtschaftlichen Erfolges in Deutschland . Anerkennung und Wertschätzung erhalten sie dafür kaum . Im Gegen- teil, die Arbeit der Berufskraftfahrer hat unberechtigt ein schlechtes Ansehen . Vor allem sind sie oft die ersten und einzigen, die zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie gegen Regeln verstoßen . Doch sie verstoßen gegen Regeln, weil sie den straffen Anforderungen ihrer Arbeit- geber und Auftraggeber gerecht werden müssen . Für viele Berufskraftfahrer, oft im Auftrag auslän- discher Unternehmen auf den Autobahnen unterwegs, kommt hinzu, dass sie unter unwürdigen Bedingungen arbeiten und leben müssen . Bis zu drei Monate leben und arbeiten sie außerhalb ihres Heimatlandes im Lkw . Sie sind dabei dubiosen Beschäftigungssystemen unter- worfen . Ihnen wird oft der Zugang zu sozialen Rechten und Arbeitnehmerrechten verwehrt . Sie verbringen da- bei all ihre Nächte und Wochenenden in ihrem Lkw auf den Rastplätzen, und sie fahren für Dumpinglöhne quer durch Europa . Für Fahrzeuge und Fahrerinnen und Fahrer, die ihre Heimatstandorte nur noch gelegentlich sehen, ist deren Einsatz aber keineswegs durch die europäische Dienst- leistungsfreiheit gedeckt . Im Moment jedoch können sich die Flottenbetreiber den Fiskal- und Sozialstandards der jeweiligen Länder entziehen, in denen sie sich über- wiegend betätigen . Diesem Nomadentum auf den Rast- plätzen Europas müssen wir ein Ende bereiten . Ein Angriffspunkt – nur einer von vielen, aber ein wichtiger – ist dabei die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit . Mit Artikel 8 Nummer 8 der EU-Verord- nung 561/2006 ist die Voraussetzung gegeben, um zu unterbinden, dass die regelmäßige wöchentliche Ruhe- zeit im Fahrzeug verbracht wird . Die EU-Verordnung sagt: In zwei jeweils aufeinanderfolgenden Wochen hat der Fahrer mindestens zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder eine regelmäßige wöchentliche Ruhe- zeit und eine reduzierte Wochenruhezeit von mindestens 24 Stunden einzuhalten . Wichtig sind hier die zu unter- scheidenden Begriffe „regelmäßige“ und „reduzierte“ wöchentliche Ruhezeit . Weiter heißt es nämlich, dass nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und re- duzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden können . Regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug werden in dieser Ausnahme explizit nicht benannt . Dem EU-Recht folgend können und müssen wir das Verbringen der regelmäßigen wöchentlichen Ruhe- zeit im Fahrzeug verbieten und ahnden . Mit unserem Koalitionspartner sind wir uns bezüglich dieses Ziels einig . Wir werden unser parlamentarisches Recht nutzen und die von der Bundesregierung einge- brachten Gesetzesänderungen durch einen eigenen Än- derungsantrag ergänzen . So sorgen wir für Klarheit im Fahrpersonalgesetz . Deutsche Kontrollbeamte werden bald, wie ihre Kol- leginnen und Kollegen in unseren westlichen Nachbar- staaten, dem Verbot des Verbringens der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit im Lkw Geltung verschaffen können . Vor mehr als zwei Jahren hätten wir eine entsprechen- de Regelung treffen sollen . Bereits damals gab es dazu Forderungen aus dem Bundesrat . Die Bundesregierung hatte im Dezember 2014 aber noch den Wunsch geäu- ßert, sich dem Thema zunächst im Sinne einer europäi- schen Lösung zu nähern . Die dazu im Verkehrsausschuss gemachte Zusage des Ministeriums, das Thema im Ja- nuar 2015 mit den europäischen Partnern anzugehen, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721638 (A) (C) (B) (D) hatte ich begrüßt . Ebenso freute ich mich über die klar formulierte Aussage zum weiteren Vorgehen: „Sollte ab- sehbar nicht bis Juli 2015 eine Lösung erkennbar wer- den, werden wir den Weg der nationalen Gesetzgebung beschreiten“ . In der grundsätzlichen Beurteilung des Nomadentums auf den europäischen Rastplätzen gab es über Fraktions- grenzen hinweg zu keinem Zeitpunkt Dissens . Ich hatte damals erwartet, dass uns 2015 ein Regelungsvorschlag vorliegt . Dieser blieb aus . So ist nicht überraschend, dass ich mich sehr darauf freue, unter dieses unselige Kapitel am Ende der jetzi- gen Beratungen im März endlich einen Strich ziehen zu können . Doch es wird kein Schlussstrich sein . Es ist eine Sache, endlich klarzustellen, dass das Verbot des Ver- bringens der Wochenruhezeit mit einem Bußgeld bestraft werden kann . Eine andere, schwierige Sache wird es sein, das Verbot auch durchzusetzen . Ich erwarte, dass das Ministerium und die Kontroll- behörden, also vor allem das BAG und die Polizeien, zügig die notwendigen Handlungsanweisungen und Kontrollvorgaben erstellen . Insbesondere müssen die Beamten vor Ort das Handwerkszeug mitbekommen, um die Fahrt- und Ruhezeiten effektiv kontrollieren zu können . Dazu gehört es auch, über die zahlreichen und nicht selten genutzten Betrugsmöglichkeiten sehr gut in- formiert zu sein . Uns hier im Bundestag und in den Parteien bleibt das Thema Lohn- und Sozialdumping auf den Autobahnen jedoch in jedem Fall erhalten . Es gibt zahlreiche weitere Hausaufgaben, die wir und die Bundesregierung in ih- ren Ministerien längst hätten erledigen müssen . Wir wer- den einen Entschließungsantrag einbringen, der einige der wichtigsten Aspekte aufgreift . Für die betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmer und Fahrerinnen und Fahrer hätte ich mir gewünscht, dass dies in dieser Legislaturperiode nicht mehr nötig gewesen wäre . Nun, im Januar 2017, kann ich ernüchtert feststellen, dass uns die prekäre Situation der Transport- und Logistikbranche auch in der 19 . Legislaturperiode beschäftigen wird . Herbert Behrens (DIE LINKE): Dieser Gesetzent- wurf hat im Wesentlichen den Charakter eines Rechtsbe- reinigungsgesetzes . Mit anderen Worten: es werden fast ausschließlich redaktionelle Anpassungen vorgenom- men, einiges wird an EU-Recht angepasst und der Rest geht über Änderungen bei Aufbewahrungsfristen nicht hinaus . So weit, so unspannend . Die Relevanz erhält der heute debattierte Entwurf durch das, was nicht enthalten ist, aber ohne Probleme hätte aufgenommen werden können – ich meine, sogar hätte aufgenommen werden müssen . Gemeint ist hier eine simple Vorschrift, die in anderen Ländern der Eu- ropäischen Union längst erlassen wurde, nämlich das Gebot, dass Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer ihre wö- chentliche Ruhezeit nicht im Fahrzeug verbringen dürfen . Das wäre ein kleiner Schritt für den Gesetzgeber, aber ein sehr großer für zigtausend europäische Berufskraftfahre- rinnen und Berufskraftfahrer sowie deren Familien . Jeder wird sich vorstellen können, dass Lkw-Fah- rerinnen- und Fahrer einen harten Job haben . Ich habe mich selbst einmal davon überzeugt und bin einen Tag als Beifahrer im Brummi quer durch Deutschland gefah- ren . Durch engen Kontakt zu Beschäftigten und Gewerk- schaften weiß ich auch, dass sich die Arbeitsbedingun- gen in der Lkw-Branche gravierend verschlechtert haben und der Abwärtstrend anhält . Immer mehr Druck, immer schlechtere Bezahlung und Arbeitszeiten prägen das Le- ben von zigtausend europäischen Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrern sowie deren Familien . Aber um die Brisanz der Situation zu verdeutlichen: Artikel 31 der Grundrechtecharta der EU besagt, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen hat . Das europäische Straßentransportgewerbe hat sich inzwischen zu einer Branche entwickelt, in der Men- schenwürde nicht viel zählt, von Sicherheit und Gesund- heitsschutz ganz zu schweigen . So hart muss man das sagen, und nicht umsonst spricht die europäische Trans- portgewerkschaft ETF von moderner Sklaverei . Die ETF hat Hunderte Fahrerinnen und Fahrer zu ih- ren Arbeitsbedingungen befragt, und die Ergebnisse sind wirklich erschütternd . Zwei Drittel der Befragten sind durchgängig zwischen drei und zwölf Wochen von ihrem Zuhause entfernt . 80 Prozent gaben an, unter Erschöp- fung zu leiden und dies aus Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes nicht zu melden . Ein Viertel der Befrag- ten hat weniger als drei warme Mahlzeiten in der Woche, und 95 Prozent gaben an, alle Ruhezeiten im Fahrzeug zu verbringen . Ich will es nicht ertragen, dass Menschen – vornehm- lich aus Osteuropa oder Anrainerstaaten der EU – bis zu drei Monaten am Stück ihr Leben in der Fahrerkabine fristen müssen, bei schlechter Ernährung und zudem oft- mals ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen – und das vor unser aller Augen . Es ist klar, dass man im Rahmen dieses Gesetzge- bungsverfahrens diese Zustände nicht vollends aufheben können wird . Diese Zustände basieren auf einem gren- züberschreitenden System aus Briefkastenfirmen, Toch- tergesellschaften und Arbeitsvermittlungsagenturen mit Sitzen in jeweils anderen Ländern, welches vor allem seit der EU‑Osterweiterung floriert und als organisierte Ausbeutung bezeichnet werden muss . Aber den schlimmsten Auswüchsen können wir Einhalt gebieten, indem wir ein für alle Mal verbieten, dass die wöchentlichen Ruhezeiten in der Fahrerkabi- ne verbracht werden dürfen, und dies dann konsequent durchsetzen . Damit würde nämlich das weit verbreitete erzwungene Nomadentum der Fahrerinnen und Fahrer erheblich eingeschränkt werden . Die Beschäftigten brau- chen einen grundlegenden Wandel der Arbeitsverhältnis- se in der Branche, und dieser erste Schritt kann sofort gemacht werden . Ich finde es ziemlich bigott, wenn die Bundesregie- rung in Brüssel für eine europäische Lösung bei den wö- chentlichen Ruhezeiten eintritt, sich aber stets weigert, per Bundesgesetz mit gutem Beispiel voranzugehen bzw . Frankreich und Belgien zu folgen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21639 (A) (C) (B) (D) Wenn es um die Interessen von Unternehmen geht, kommt die Bundesregierung der EU gerne zuvor, um schon einmal ein paar Pflöcke einzuschlagen. Bestes Bei- spiel ist die Drohnenverordnung, die das Verkehrsminis- terium schnell noch durchpeitschen will, obwohl Brüssel bald einen europäischen Rechtsrahmen setzen wird . Nie- mand wird also behaupten können, dass man hier nicht handeln kann . Ich hoffe daher sehr, dass die Bundesregierung nach der bereits angekündigten Prüfung noch die Kurve kriegt und eine harte Regelung zu den Ruhezeiten nachlegt . Dann könnte die Linke dem Gesetzentwurf sogar zustim- men . Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Interessant an dem Gesetzentwurf zum Fahrper- sonalgesetz ist nicht das, was drinsteht, sondern vielmehr das, was nicht enthalten ist: Es fehlt eine Bestimmung zum Vorgehen gegen das Verbringen der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit in der Fahrerkabine . Wie zu erfahren war, hat man im Bundesverkehrsministerium entsprechende Regelungen aus früheren Arbeitsentwür- fen nach Intervention von Branchenverbänden einfach gestrichen . Das ist völlig inakzeptabel – wir dürfen eine Lösung des Problems und die Bekämpfung von Sozial- dumping im Straßengüterverkehr nicht weiter vertagen . Ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal daran, dass es im Verkehrsausschuss eine breite Zustim- mung dafür gibt, Sozialdumping im Transport- und Spe- ditionsgewerbe zu bekämpfen . Der Petitionsausschuss hat im November 2015 vier Petitionen mit der Forderung nach einer bußgeldbewehr- ten Verbotsregelung einstimmig mit dem zweithöchsten Votum „zur Erwägung“ an das Bundesverkehrsministeri- um und das Europäische Parlament überwiesen . Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einmal die unhaltbaren Zustände auf den Rastanla- gen und Lkw-Stellplätzen entlang des Autobahnnetzes in Erinnerung rufen . In Artikel 31 der Charta der Grundrechte der Europä- ischen Union heißt es: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen .“ Das ist der Maßstab, den wir auch an die Arbeitsbedingungen im europäischen Transport- und Speditionsgewerbe anlegen müssen . Und der Weg, der zurückzulegen ist, um dies zu erreichen, ist noch weit . Die Europäische Transportarbeiter-Föderati- on – eine gesamteuropäische Gewerkschaftsorganisati- on – kam bereits in einer Studie von 2013 zu dem Ergeb- nis, dass über 90 Prozent der Fernfahrer ihr Wochenende regelmäßig im Fahrzeug verbringen . Viele Lkw-Fahrer führen praktisch ein Leben auf der Straße: Die Fahrer- kabine ist Arbeitsplatz, Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche in einem . Vom Arbeitgeber gibt es keine Mittel für Übernachtungen in festen Unterkünften . Insbesonde- re für Fahrer aus Osteuropa sieht für Wochen oder oft sogar Monate so der Lebensalltag aus . Die Europäische Transportarbeiter-Föderation nennt dies zutreffend „mo- derne Sklaverei“, die abgeschafft gehöre . Übrigens: Dies sind nicht nur aus sozialen Gründen unhaltbare Zustände . Auch verkehrspolitisch gerät da- durch einiges aus dem Lot . Durch Sozialdumping im Straßengüterverkehr wird auch der Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern verzerrt und der Lkw-Verkehr auf Kosten der Allgemeinheit bzw . auf dem Rücken der Be- schäftigten verbilligt . Weiterhin geraten auch deutsche Speditionsunterneh- men durch Dumpingpreise unter Druck und verlieren im Wettbewerb . Natürlich wäre eine einheitliche Lösung in der Euro- päischen Union, wie vonseiten der Branchenverbände gefordert, der Königsweg . Aber zu einer realistischen Einschätzung der Lage gehört eben auch die Erkenntnis, dass es diese europaweite Lösung allenfalls langfristig geben wird, da die Fronten in dieser Frage besonders ver- härtet sind . Deshalb bleibt uns als Zwischenlösung nur die „Krücke“ einer nationalen Lösung, so wie es Frank- reich und Belgien schon vorgemacht haben . Wir müssen also zweigleisig fahren: In Brüssel für eine EU-Lösung streiten und solange die nicht greifbar ist, eine Regelung im nationalen Recht erlassen . Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Fahr- personalgesetz deutlich gemacht, wie eine solche natio- nale Regelung aussehen könnte . Die Voraussetzungen für vernünftige Bedingungen zum Verbringen der Wochen- ruhezeit muss demnach der Unternehmer schaffen . Au- ßerdem ist eine Bußgeldbewährung für Verstöße vorge- sehen . Dazu gehört nach meiner Überzeugung auch eine Personalaufstockung beim Bundesamt für Güterverkehr, damit wir überhaupt in die Lage kommen, entsprechende Regelungen auch wirksam zu kontrollieren . Wir haben wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung sich immerhin der Zielsetzung der Bundesratsstellungnahme nicht völlig verschließt und ei- nen Regelungsbedarf anerkennt . Umso unverständlicher erscheint die Tatsache, dass die Bundesregierung nicht in der Lage war, eine entsprechende gesetzliche Regelung von Beginn an in den Entwurf des Fahrpersonalgesetzes aufzunehmen . Insofern sind wir auf das weitere parlamentarische Verfahren gespannt . Eine wirksame Bekämpfung von Sozialdumping im Straßengüterverkehr wird meine Fraktion jedenfalls nach Kräften unterstützen . Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin beim Bundes- minister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Der Ih- nen vorliegende Änderungsentwurf dient dazu, in diesen Gesetzen an mehreren Stellen redaktionelle Anpassun- gen und Klarstellungen vorzunehmen . Im Güterkraftverkehrsgesetz geht es uns um die nati- onale Erlaubnis, mit der der Unternehmer die Zulassung zur Ausübung des Berufs erhält . Bisher wird sie nach Ablauf der bis zu zehnjährigen Geltungsdauer zeitlich unbefristet erteilt, sofern der Unternehmer die Berufszu- gangsvoraussetzungen nach wie vor erfüllt . Diese Regelung passen wir nun an geltendes europäi- sches Recht an, da die nach EU-Recht zum selben Zweck zu erteilende sogenannte EU-Lizenz im Verlängerungs- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721640 (A) (C) (B) (D) fall nur für erneut zehn Jahre erteilt wird . Die Möglich- keit der unbefristeten Verlängerung für die nationale Er- laubnis wird daher gestrichen . Im Fahrpersonalgesetz schaffen wir die Möglichkeit, Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten über die bisher geltende Dauer hinaus aufzubewahren . Damit erreichen wir, dass erweiterte Aufbewahrungspflichten eingeführt werden, die zum Beispiel für die Erfüllung der Aufbewahrungsfristen nach dem Mindestlohngesetz benötigt werden . Das war keine von uns geschätzte Maß- nahme, da wir die Unternehmen eigentlich von Bürokra- tie entlasten wollen . Die übrigen Änderungen dienen ebenfalls der Umset- zung europarechtlicher Vorgaben . Dies gilt insbesondere für die Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage für die Speicherung von Verstößen des Unternehmers und des Verkehrsleiters und diverse redaktionelle Änderungen aufgrund veränderten EU-Rechts . Der Bundesrat hat aufgrund entsprechender Vorschlä- ge aus seinen Ausschüssen die Aufnahme eines neuen § 3a in das Fahrpersonalgesetz vorgeschlagen . Haupt- ziel dieses Vorschlags ist die Aufnahme eines Verbotes, die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit, deren Dauer 45 Stunden beträgt, im Fahrzeug zu verbringen . Dementsprechend soll der Unternehmer verpflichtet werden, die Arbeit des Fahrers so zu organisieren, dass er die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit am Wohnort, am Unternehmenssitz oder in einer festen Unterkunft mit geeigneten Sanitäreinrichtungen und ausreichenden Versorgungsmöglichkeiten verbringen kann . Ziel des Vorschlages ist die Beendigung des Nomadentums ins- besondere mittel- und osteuropäischer Fahrer vor allem übrigens auf deutschen Parkplätzen . Im Ziel stimmt die Bundesregierung mit dem Bundes- rat überein . Wir haben kein Interesse daran, dass Fahrer wochen-, manchmal monatelang im Fahrzeug leben und sich einen vollständigen Haushalt im Fahrzeug einrich- ten müssen . Deutschland ist ein wichtiges Transitland im Herzen Europas . Wir wollen eine Regelung, die die Interessen der Fahrerinnen und Fahrer mit den Interessen der Lo- gistikunternehmen in Ausgleich bringt . Mein Dank an dieser Stelle gilt den Berichterstattern im Verkehrsaus- schuss, die sich in dieser Angelegenheit mit vollem Ein- satz einbringen . Beim Güterkraftverkehrsgesetz schließlich geht es um eine weitere Befreiung nach § 2 Absatz 1 Nr . 7 GüKG für sogenannte Lohnunternehmer . Sie sollen unter be- stimmten Bedingungen von den Verpflichtungen dieses Gesetzes gänzlich ausgenommen werden, obwohl sie in vielen Situationen in Konkurrenz zum gewerblichen Gü- terkraftverkehr treten . Hier wartet die Bundesregierung natürlich den weite- ren Verlauf der Beratungen in den Ausschüssen ab . Ich sage Ihnen aber selbstverständlich auch hier eine sorgfäl- tige Prüfung Ihrer Vorschläge zu . Mit den Anträgen der Fraktionen, den Gesetzentwurf an die Ausschüsse zu überweisen, ist die Bundesregie- rung selbstverständlich einverstanden . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge­ brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisie­ rung der epidemiologischen Überwachung über­ tragbarer Krankheiten (Tagesordnungspunkt 27) Rudolf Henke (CDU/CSU): Mit dem von der Bun- desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Moder- nisierung der epidemiologischen Überwachung über- tragbarer Krankheiten beraten wir über die nächsten notwendigen Schritte hin zu einem besser koordinierten und strukturierten Schutz vor Infektionskrankheiten . Hauptziel des Gesetzes soll die Etablierung eines elek- tronischen Melde- und Informationssystems sein, mit dem spätestens ab dem Jahr 2021 der Infektionsschutz in unserem Land volldigitalisiert und datenschutzrechts- konform umgesetzt werden soll . Es ist gut und richtig, dass wir die mit der epidemio- logischen Überwachung von Infektionskrankheiten ver- bundenen Gesetze an die wissenschaftliche Entwicklung und auch an die Erfahrungen der Beteiligten auf Bundes-, Länder-, und Kommunalebene anpassen und damit dem eigentlichen Anliegen einer bestmöglichen Eindämmung von Infektionskrankheiten durch eine schnelle Lokalisie- rung und bestmögliche Isolierung des Gefahrenherdes Stück für Stück näher kommen . Hinzu kommt, dass sich Deutschland auf internationa- ler Ebene seiner Verantwortung stellt und wir uns aktiv an einer erfolgreichen Umsetzung der Strategie der Welt- gesundheitsorganisation zur vollständigen Ausrottung von Polioviren beteiligen . Dafür bedarf es an der einen oder anderen Stelle zusätzlicher Rechtsgrundlagen und Präzisierungen, damit wir unseren eigenen Verpflichtun- gen nachkommen können . Ein weiterer Aspekt mit internationaler Note ist die Anpassung des Infektionsschutzgesetzes an globale He- rausforderungen, wie wir sie bei der verheerenden Ebo- laepidemie in Westafrika im Jahr 2015 erleben mussten, sowie die Umsetzung von Vorschriften, die uns die Euro- päische Union auferlegt . All das ist in seiner Zielsetzung sinnvoll und wird von allen Betroffenen grundsätzlich begrüßt . Es ist auch po- sitiv hervorzuheben, dass zwischen Referentenentwurf und Kabinettsentwurf augenscheinlich ein konstruktiver Dialog stattgefunden hat, der zu überwiegend klugen Än- derungen geführt hat . Anpassungen, Umstellungen und die Etablierung völ- lig neuer Systeme, sei es zur Bewältigung der gleichen Aufgaben, sind nicht selten mit einem zumindest kurz- fristigen Mehraufwand verbunden . Ich glaube, das kennt jeder von uns; damit wurde jeder in seinem beruflichen Alltag schon einmal konfrontiert . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21641 (A) (C) (B) (D) Aufgabenerweiterungen hingegen sind nur begrenzt mit dem gleichen Arbeitsaufwand zu erledigen . Zieht man nun in Betracht, dass die Gesundheitsämter vor Ort – sprich: in den Kommunen und mittlerweile immer öfter auch in den Ländern – personell und strukturell schlichtweg nicht angemessen ausgestattet sind, komme ich schnell zu dem Schluss, dass wir auch im Kontext dieses Gesetzes über die Personalausstattung unserer Ge- sundheitsdienste sprechen müssen . Die Ressourcenausstattung ist eine immer wiederkeh- rende und scheinbar nicht zufriedenstellend lösbare Aus- einandersetzung, die immer wieder dann aufkeimt, wenn wir Gesetze beschließen, die den Gesundheitsdienst mit immer neuen und komplexeren Aufgaben betrauen . Ich weiß nicht, wie oft ich schon im Plenum oder im Aus- schuss diese in meinen Augen unhaltbaren Umstände be- mängelt und an das Pflichtgefühl der Länder appelliert habe . Beinahe Jahr für Jahr werden auf der Gesundheitsmi- nisterkonferenz Beschlüsse gefasst, die den Öffentlichen Gesundheitsdienst betreffen, so auch im vergangenen Jahr . Man kann nicht bestreiten, dass die Gesundheits- minister die Arbeit des Gesundheitsdienstes schätzen . So heißt es im gefassten Beschluss: „Die GMK betont die unverzichtbare Rolle des ÖGD im Gesundheitswesen, die sich vom Gesundheitsschutz der Bevölkerung, der Gesundheitsförderung und Ge- sundheitsvorsorge bis zur Mitgestaltung und Mitwirkung bei der Gesundheitsversorgung erstreckt .“ Und weiter heißt es: „Die Herausforderungen für die Gesunderhaltung der Bevölkerung und damit für die Aufgabenwahrnehmung durch den ÖGD werden ange- sichts von Globalisierung, demografischem Wandel und nicht zuletzt durch die Flüchtlingsbewegungen komple- xer . Deshalb sieht die GMK die Notwendigkeit, die Per- spektiven für den ÖGD neu zu bestimmen und auf allen politischen Ebenen die Grundlagen für die Gewinnung qualifizierter, motivierter Fachkräfte zu verbessern.“ Die Landesgesundheitsminister gehen im weiteren Wortlaut auch auf die mangelnden Ressourcen ein, mit denen sich der ÖGD konfrontiert sieht . Das begrüße ich ausdrücklich, stelle mir, ehrlich gesagt, aber die Frage, wann sich bei den Gesundheitsdiensten vor Ort an den weiterhin schlechten Bedingungen etwas ändern wird, wenn er als unverzichtbar eingestuft wird und auch aner- kannt wird, dass sich seine Aufgabenwahrnehmung im- mer komplexer gestaltet . Im vorliegenden Gesetzentwurf berechnet die Bun- desregierung etwa für das Robert-Koch-Institut einen zusätzlichen Personalbedarf im Umfang von mindestens fünf Stellen . Das ist sinnvoll; das ist gut . Doch werden wir im parlamentarischen Verfahren darüber zu reden ha- ben, warum die Bundesregierung davon ausgeht, dass für andere Betroffene kein Erfüllungsaufwand entsteht . Da erwarte ich eine ergebnisoffene Auseinandersetzung . Wir werden sicherlich an der einen oder anderen Stel- le noch über Anpassungsbedarf reden müssen; ich denke etwa an die Vollständigkeit der Aufzählung meldepflich- tiger Krankheitserreger oder die Sicherstellung eines si- cheren, kompatiblen elektronischen Erfassungssystems für alle Beteiligten . Alles in allem bin ich zuversichtlich, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine gute Basis geschaffen wurde und wir am Ende des parlamentarischen Verfah- rens ein Gesetz verabschieden werden, das unsere Bür- gerinnen und Bürger besser vor Infektionen schützt und dabei auch die Personen nicht aus den Augen verliert, die tagtäglich durch ihren Einsatz genau dafür Sorge tra- gen – das sollte uns Gesundheit wert sein . Sabine Dittmar (SPD): Wir sprechen heute über einen Gesetzentwurf, der mit dem Titel „Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten“ nicht sehr verständlich und eher sperrig daherkommt . Der Gesetzentwurf ist aber ob seines Zieles, die epidemiologische Überwachung von übertragbaren Krankheiten zu modernisieren und zu ver- bessern, notwendig und zu begrüßen . Bei Epidemien und übertragbaren Krankheiten denkt man gemeinhin wohl eher an so verheerende Ereignisse wie den Ebolaausbruch in Westafrika . Der Blick auf den aktuellen Krankenstand bei grippalen Infekten und den heftigen Noroinfektionen oder die im vergangenen Jahr in Teilen Deutschlands grassierende Masernwelle zeigen uns allerdings, dass wir selbst in unserem so gut funk- tionierenden Gesundheitssystem vor dem Ausbruch von ansteckenden Krankheiten bei weitem nicht gefeit sind . Belege dafür, dass wir unsere Meldewege und die Überwachung von ansteckenden Krankheiten verbessern sollten, gab und gibt es viele . Erinnern wir uns an das Jahr 2011: Die Ehecepidemie mit über 4 000 Erkran- kungsfällen, davon über 700 Patienten mit dem lebens- bedrohenden hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), und 50 Todesfällen . Das hat uns damals eindrücklich vor Augen geführt, dass die Meldekette und der Informati- onsaustausch zwischen den Bundesländern ausbaufähig sind . Der heute in erster Lesung eingebrachte Gesetzent- wurf nimmt sich dieser Problematik an . Mit der Weiterentwicklung des DEMIS, dem Deut- schen Elektronischen Meldesystem für Infektionsschutz, wollen wir die notwendigen Rechtsgrundlagen schaffen für ein schnelles und effektives elektronisches Melde- und Informationssystem für übertragbare Krankheiten . Der schnelle Datentransfer ist zweifelsohne essenziell, um Infektionsrisiken und Hinweise auf Epidemien früh- zeitig zu erkennen, die notwendigen Schutzmaßnahmen ergreifen zu können und Krankheitsausbrüche einzudäm- men . Von einigen Fachverbänden wird allerdings die Frage aufgeworfen, ob die vorgesehenen Änderungen dem Ziel gerecht werden, die Effizienz bei der Prävention und der Bekämpfung von übertragbaren Erkrankungen zu stei- gern, und ob sie den Aufwand bei der Datenaufbereitung tatsächlich reduzieren . Natürlich wird sich vieles davon erst in der Praxis unter Beweis stellen und oft auch erst dann, wenn eine Krisensituation wie beispielsweise der bereits erwähnte Ehecausbruch mit unbekanntem und nur schwer zu ermit- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721642 (A) (C) (B) (D) telndem Infektionsursprung auftritt . Es ist aber wichtig, dass jetzt gesetzlich klargestellt und geregelt wird, wer in welchen Einrichtungen bei welchen Infektionskrank- heiten zur Meldung verpflichtet ist und welche Melde- fristen, Meldeinhalte und Meldewege einzuhalten sind . Dass es durch die geringfügige Ausweitung von zu meldenden Infektionskrankheiten und die höhere Anzahl von Meldenden eine größere Datendichte geben wird, die es dann zu bearbeiten gilt, ist unbestritten . Inwieweit die Tatsache, dass die Informationsweitergabe künftig auf dem elektronischen Weg geschehen soll, zu einer Effizi- enzsteigerung und Vereinfachung führen wird, bleibt je- doch abzuwarten . Schließlich sollen am Ende tatsächlich alle Ärzte, Einrichtungsleiter, Krankenhäuser, stationäre Einrichtungen der Pflege, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Labore und Gesundheitsbehörden auf allen Ebenen eingebunden sein, damit wir in der Endstufe ein lückenloses Informationsnetz mit rund 400 000 Nutzern erhalten . Entscheidend ist auf jeden Fall, dass die beteiligten Stellen und insbesondere der Öffentliche Gesundheits- dienst (ÖGD) personell und organisatorisch in der Lage sind, auf die größeren Datenströme reagieren zu können . Auch wenn der Öffentliche Gesundheitsdienst Länder- sache ist, möchte ich dennoch den dort immer wieder beklagten Personalmangel nochmals aufgreifen . Die Gesundheitsministerkonferenz hat sich im vergangenen Jahr in der 89 . Sitzung intensiv damit beschäftigt und den Beschluss „Perspektiven zur Stärkung des ÖGD“ gefasst . Dem Beschluss müssen nun Taten folgen, damit die Prä- vention und Bekämpfung von ansteckenden Krankheiten effizienter gelingen kann. Zudem müssen wir bei den sensiblen Daten, die künf- tig in ein elektronisches Melde- und Informationssystem einfließen und online übermittelt werden sollen, der Fra- ge der Datensicherheit große Aufmerksamkeit schenken . Das Ganze wird durch den Erlass einer Rechtsverord- nung geregelt . Hier werden das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und die Bundesbeauftragte für den Datenschutz sicherlich den entsprechenden Input liefern . Ein weiterer wichtiger Punkt des vorliegenden Ge- setzentwurfes ist die Umsetzung der Laborcontain- ment-Vorgaben der Globalen Polioeradikationsinitiative . Stufenweise sollen Poliowildviren, Polioimpfviren und Materialien, die Polioviren enthalten könnten, erfasst, zentralisiert und schließlich vernichtet werden . Polio ist ein gutes Beispiel dafür, was mit nationalen und internationalen Vorgaben und Bemühungen erreicht werden kann, um Krankheiten einzudämmen und auszu- rotten . Ich wünsche mir sehr, dass wir das in naher Zu- kunft auch über Masern und Röteln sagen können . Hier sind wir noch weit vom Ziel entfernt . Viel zu viele Kinder verfügen über keinen altersge- rechten Impfschutz, und die Impflücken bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind eklatant . Ich hoffe sehr, dass uns der Aktionsplan 2015–2020 zur Elimination von Masern und Röteln ein großes Stück weiterbringt . Deshalb nutze ich die heutige Debatte auch, um dazu aufzurufen, die von der STIKO empfohlenen Schutzimp- fungen ernst zu nehmen . Lassen Sie Ihren Impfstatus überprüfen, auffrischen und ergänzen . Schützen Sie sich selbst und andere durch einen kleinen Piks! Der heute eingebrachte Gesetzentwurf beinhaltet vie- le wichtige Punkte, die zu einem besseren Gesundheits- schutz beitragen werden . Wir werden in der nächsten Sitzungswoche die Gelegenheit haben, die derzeit noch offenen Detailfragen in einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses zu vertiefen und zu klären . Schon jetzt ist aber klar, dass der Gesetzentwurf die Mel- dekette und die Information über Übertragungswege von ansteckenden Krankheiten verbessern wird . Er ist not- wendig und deshalb zu begrüßen . Birgit Wöllert (DIE LINKE): Unter dem sperrigen Titel „Modernisierung der epidemiologischen Überwa- chung übertragbarer Krankheiten“ diskutieren wir heu- te, wie die Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten in Deutschland weiter verbessert und ihre Bekämpfung an neue Entwicklungen angepasst werden kann . Mit dem Gesetzentwurf sollen Änderungen an ei- nigen bestehenden Gesetzen, darunter – um nur einige zu nennen – das Infektionsschutzgesetz (IfSG), die Trink- wasserverordnung, das Gesetz zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften und das Auslän- derzentralregistergesetz, vorgenommen werden . Die Bekämpfung ansteckender Krankheiten ist für meine Fraktion Die Linke ein wesentliches gesundheits- politisches Ziel . Neben gesundheitsfördernden und prä- ventiven Maßnahmen stellen auch die Konkretisierungen und Erweiterungen der Meldepflicht sowie insbesondere die Einführung eines elektronischen Melde- und Infor- mationssystems für übertragbare Krankheiten (DEMIS) ein Instrument zur rascheren Bekämpfung und Verhütung von Infektionskrankheiten dar . Durch den verbesserten Informationsaustausch infolge einer elektronischen Ver- arbeitung der Informationen wird der Aufwand der Da- tenaufbereitung für die Veröffentlichung in Form von Berichten und online zugänglichen öffentlichen interak- tiven Datenabfragen reduziert . Automatisierte Abfragen und Auswertungen werden so ermöglicht . Seit 1997 nimmt Deutschland an der 1988 ins Leben gerufenen globalen Initiative zur Ausrottung der Kin- derlähmung teil, der sogenannten Globalen Polioeradi- kationsinitiative (GPEI) . Damit die Bundesrepublik sich weiter an ihr beteiligen kann, sind einige gesetzliche An- passungen nötig . Auch diese werden von uns unterstützt . § 23 des Infektionsschutzgesetzes regelt die Maß- nahmen zur Sicherstellung der Verhütung zur Weiter- verbreitung von Krankheitserregern . Hier wurden die in Absatz 4 benannten Leiter von Krankenhäusern und Ein- richtungen für ambulantes Operieren um die Leiter von Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ergänzt . Auch das ist richtig, geht es doch um die Vermeidung von Keimen, die im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungen erworben werden können, und um den Nachweis, welche Antibiotika in welcher Dosis einge- setzt wurden . Das ist deshalb wichtig, weil immer mehr Menschen im Laufe ihres Lebens gegen immer mehr An- tibiotika resistent werden . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21643 (A) (C) (B) (D) Lassen Sie mich einige Ausführungen zu § 36 und sei- nen recht umfangreichen Ergänzungen und Änderungen am IfSG machen . Die Klarstellung bei der Aufzählung der Einrichtun- gen, die in Hygieneplänen innerbetriebliche Verfahrens- weisen zur Infektionshygiene festlegen müssen und der infektionshygienischen Überwachung durch das Gesund- heitsamt unterliegen, ist sinnvoll, ebenso die Ergänzung der Liste der Einrichtungen um ambulante Pflegedienste und Unternehmen, die Altenheimen oder Pflegeheimen vergleichbar sind . Zu diskutieren dagegen ist die Sinnhaftigkeit der Än- derung im Ausländerzentralregistergesetz . Wenn eine Gesundheitsuntersuchung von Ausländerinnen und Aus- ländern keine medizinischen Bedenken gegen eine ge- meinschaftliche Unterbringung der betreffenden Person erbracht hat, soll dies künftig zentral im Ausländerzen- tralregister gespeichert werden . Problematisch ist aus unserer Sicht die Änderung, die mit der Einschränkung von Grundrechten einhergeht . In Absatz 6 des § 36 IfSG wird auf die Einschränkung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit in Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes verwiesen . Hier geht es um Menschen, die in gemeinschaftlichen Einrichtun- gen von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern untergebracht sind . Sie sind verpflichtet, unter bestimmten Bedingun- gen eine ärztliche Untersuchung auf Ausschluss einer ansteckenden Lungentuberkulose einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane zu dulden . Auch Personen, die in eine Justizvollzugsanstalt aufgenommen werden, sind verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Rönt- genaufnahme der Lunge zu dulden . Bei der Einschränkung von Grundrechten muss immer gefragt werden: Gibt es Alternativen – in diesem Falle di- agnostische Alternativen –, die sicherstellen, dass ande- ren Menschen in Gemeinschaftsunterkünften kein Scha- den durch die Ansteckung mit einer Infektionskrankheit entsteht, wenn solche Untersuchungen unterbleiben? Da- rüber wird im Gesetzgebungsverfahren und in der Anhö- rung zu reden sein . Worüber sich meine Fraktion allerdings schon heute klar ist: Wir stimmen keinem Gesetz zu, das in diesem sensiblen Bereich der Landesgesetzgebung die Mög- lichkeit einräumt, solche Pflichtuntersuchungen weiter auszudehnen . Hier sind bundeseinheitliche Regelungen nach unserer Überzeugung dringend notwendig . Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der Ehecausbruch ist heute noch vielen Menschen im Gedächtnis . Der Ausbruch mit fast 4 000 Erkrankun- gen und 53 Verstorbenen infolge der schweren Infektion hat die Gesundheitsbehörden von Bund und Ländern und das medizinische Versorgungssystem vor außerordentli- che Herausforderungen gestellt . Der regionalübergreifen- de Ausbruch hat uns vergegenwärtigt, dass auch seltene, aggressive Krankheitserreger nicht vor Landesgrenzen haltmachen . Im Nachgang der Ehec-Krise hat sich vor allem auch die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) mit den Lehren aus den Vorfällen beschäftigt . Dabei war ein wesentlicher Punkt, dass es eines schnellen Informa- tionsflusses im Ausbruchsfall bedarf, um übertragbaren Infektionskrankheiten rasch zu begegnen . Deshalb wur- de zu Recht gefordert, dass zukünftig die Übermittlung von Falldaten beschleunigt und auch die Verzahnung der Arbeit von Bund und Ländern verbessert werden muss . Auch wenn der Bund zur Bekämpfung von übertragba- ren Krankheiten das Infektionsschutzgesetz erlassen hat, fällt die Aufgabe der Seuchenbekämpfung vor Ort in die Zuständigkeiten der Länder und Kommunen . Der nun vorliegende Gesetzentwurf „zur Modernisie- rung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten“ ist nun der Versuch, die Prävention und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten effizienter zu gestalten . Die Übermittlung von Falldaten soll aufgrund einer einheitlichen elektronischen Basis beschleunigt und somit das Meldesystem verbessert, die Meldepflich- ten ausgeweitet und zusätzliche Bestimmungen in Ge- meinschaftsunterkünften ergänzt werden . Allerdings ent- hält der Gesetzentwurf zahlreiche Erneuerungen, deren Tragweite und konkrete Ausführung noch viele Fragen offenlässt . Erstens, ÖDG: Die Bedeutung ist im Gesetzentwurf nicht ausreichend abgedeckt . Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) zur Gefahrenabwehr von Infektionskrankheiten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, weshalb die Kosten nicht allein den Kommunen auferlegt werden dürfen . Die Bedeutung der kommunalen Strukturen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) wird im Ge- setzentwurf der Bundesregierung nicht ausreichend be- rücksichtigt . So blauäugig wie die Bundesregierung ist, berücksichtigt sie nicht, dass die Einführung des DEMIS Mehrarbeit für den Öffentlichen Gesundheitsdienst dar- stellt, und versäumt es dadurch, die Mehraufgaben finan- ziell abzubilden . Das Robert-Koch-Institut (RKI) etwa erfährt mit der Novelle eine Stärkung; die Basis bleibt weiterhin geschwächt . Deshalb fordern wir Nachbesse- rungen gerade hinsichtlich der personellen Notwendig- keiten, die sich nicht nur am RKI, sondern auch beim kommunal getragenen Teil des ÖGDs ergeben . Zweitens, DEMIS: Mehr- oder Minderaufwand? Die Einführung des DEMIS begrüßen wir . Viele Meldun- gen erfolgen nach wie vor per Fax an das zuständige Gesundheitsamt . Dieser Weg ist sehr fehleranfällig und zudem aufwendig, da erst im Gesundheitsamt eine ma- nuelle Eingabe der per Fax übermittelten Daten erfolgt . Die Bundesregierung geht deshalb davon aus, dass es durch die Einführung von DEMIS zu einer Entlastung der Gesundheitsämter kommen wird . Im Gegensatz dazu sprechen der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, die kommunalen Spitzenverbände sowie die Bundesärztekammer davon, dass durch die Einführung des DEMIS wesentlich höhere Meldezahlen generiert werden und dadurch ein erhöhter Recherchebedarf und Ermittlungsaufwand aufseiten der Gesundheitsämter entstehen wird . Die Bundesregierung täte gut daran, die Arbeit der Ge- sundheitsämter nicht nur auf die bloße Datensammlung zu reduzieren; denn sie sind auch für die Auswertung und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721644 (A) (C) (B) (D) letztendlich für die Eindämmung der Infektionskrankhei- ten zuständig . Auch die Antworten auf die wesentlichen Fragen der Datenqualität und die Herausforderungen an die Qualifikationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbei- tern im Bereich des Datenhandlings und -monitorings werden im vorliegenden Gesetzentwurf nicht abgebildet . Drittens, Änderungen bei Gemeinschaftseinrichtun- gen und Gemeinschaftsunterkünften mit Maß? Dass Röteln in die Liste der Erkrankungen aufgenommen werden, die zu einem Tätigkeits- bzw . Betretungsverbot führen, ist aus epidemiologischer Sicht begrüßenswert . Die erst bei der letzten IfSG-Novelle (im Rahmen des Präventionsgesetzes) eingeführte Änderung, die die Vor- lage einer Impfberatung bei Aufnahme in die Einrichtung fordert, wird mit diesem Gesetzentwurf verschärft . Die Kindergartenleitung soll nun verpflichtet wer- den, das Gesundheitsamt, sofern der Nachweis über eine Impfberatung nicht vorgelegt wird, zu benachrichtigen . Sowohl aus datenschutzrechtlichen Gründen als auch aus Präventionssicht ist diese Anpassung abzulehnen . Die Richtung des Gesetzes ist begrüßenswert . Doch insgesamt werden in dem Entwurf zahlreiche Änderun- gen vorgesehen, deren Tragweite und konkrete Ausfüh- rung noch viele Fragen offen lassen . Dies gilt nicht nur für DEMIS, sondern zum Beispiel auch für die Unter- richtungspflichten und andere Neuerungen. Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Mit dem Infek- tionsschutzgesetz wurden im Jahr 2001 bereits gute Grundlagen für die epidemiologische Überwachung übertragbarer Krankheiten in Deutschland geschaffen . Der vorliegende Gesetzentwurf soll den Infektionsschutz und den damit befassten Öffentlichen Gesundheitsdienst nun in das digitale Zeitalter befördern . Die Möglichkeiten moderner Informationstechnologie sollen verstärkt genutzt werden, um die Effizienz des In- fektionsschutzes zu steigern . Dazu soll ein einheitliches elektronisches Melde- und Informationssystem geschaf- fen werden, mit dem Meldedaten automatisiert verarbei- tet werden können . Das System soll bereits bei den meldepflichtigen La- boren, Ärztinnen und Ärzten und Krankenhäusern anset- zen . Es soll diese automatisiert auf das Bestehen einer Meldepflicht aufmerksam machen und sie beim Erstellen der Meldung unterstützen . Die Software des elektroni- schen Meldesystems soll dazu in die bereits eingesetzten Praxissoftwaresysteme integriert werden können . Durch das elektronische System können die Gesund- heitsämter und das Robert-Koch-Institut Daten über das Auftreten von übertragbaren Krankheiten schneller, voll- ständiger und in besserer Qualität erhalten . Die Gesund- heitsämter werden von bürokratischem Aufwand entlas- tet . Daten aus eingegangenen Meldungen müssen nicht mehr von Hand in den Computer übertragen werden . Zahlreiche weitere Datenverarbeitungsschritte sollen automatisiert erfolgen können, etwa die Erkennung von Krankheitshäufungen oder von Doppelmeldungen . Für die Datensicherheit und den Datenschutz wird das Sys- tem höchste Standards gewährleisten . Ziel ist es, das System so auszugestalten, dass es mit- telfristig auch als mögliche Anwendung der Telematik- infrastruktur des Gesundheitswesens infrage kommt . Das RKI soll ein entsprechendes System errichten . Da- für wird gegenwärtig ein Zeitraum von etwa fünf Jahren veranschlagt . Ein gemeinsamer Planungsrat soll sicher- stellen, dass Bund und Länder sich hier eng miteinander abstimmen . Mit dem Gesetzentwurf werden darüber hinaus eine Reihe von weiteren Verbesserungen im Infektionsschutz vorgenommen . Beispielhaft nenne ich folgende Punkte: Damit das Gesundheitsamt bei einer Häufung von Krankenhausinfektionen ein umfassenderes Lagebild er- hält, werden die Angaben, die bei einer entsprechenden Meldung zu machen sind, erweitert . Damit das Gesundheitsamt frühzeitiger vom Auftre- ten von Skabies in Gemeinschaftsunterkünften wie zum Beispiel stationären Pflegeinrichtungen erfährt und ein- schreiten kann, wird eine entsprechende Benachrichti- gungspflicht geregelt. Das RKI nimmt im Bereich des internationalen Ge- sundheitsschutzes in zunehmendem Maße Verantwortung auch durch Einsätze im Ausland wahr . Dieses Engage- ment wird nun gesetzlich verankert . Damit wird – nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen aus dem Ebolaausbruch in Westafrika im Jahr 2014 – der gestiegenen Bedeutung von globalem Gesundheitsschutz Rechnung getragen . Der Gesetzentwurf betrifft auch die Beteiligung Deutschlands an der weltweiten Strategie der WHO zur Ausrottung der Kinderlähmung . Um die großen Erfolge der weltweiten Impfprogram- me dauerhaft abzusichern, sieht der Gesetzentwurf ent- sprechend der Polioeradikationsstrategie Maßnahmen zur Erhöhung der Laborsicherheit und zur schrittweisen Vernichtung aller Poliovirenbestände vor . Der Gesetz- entwurf bringt damit viele große und kleine Schritte zur Verbesserung des Infektionsschutzes – für Deutschland und darüber hinaus . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge­ brachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Wirt­ schaftspartnerschaftsabkommen vom 15. Oktober 2008 zwischen den CARIFORUM­Staaten einer­ seits und der Europäischen Gemeinschaft und ih­ ren Mitgliedstaaten andererseits (Zusatztagesord­ nungspunkt 4) Dr. Georg Kippels (CDU/CSU): Wirtschaft, Han- del und Beschäftigung sind zentral für die erfolgreiche Entwicklung eines Landes . Für die Staaten des CARI- FORUM ist die EU der zweitwichtigste Handelspartner weltweit . Damit eröffnet das Wirtschaftspartnerschafts- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21645 (A) (C) (B) (D) abkommen vom 15 . Oktober 2008 zwischen den CA- RIFORUM-Staaten einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits verbesserte wirtschaftliche Möglichkeiten . Durch das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen wer- den Handelshemmnisse schrittweise und WTO-konform abgebaut und die Handels- und Entwicklungszusammen- arbeit gestärkt . Das Abkommen trat zwar bereits 2008 in Kraft, allerdings nur vorläufig. Jetzt wird es durch Deutschland ratifiziert. Dies ist ein wichtiger Schritt im Bestreben, weiter den wirtschaftlichen Aufschwung der Partnerstaaten zu verbessern . Ich begrüße es dabei sehr, dass die EU den CARIFORUM-Staaten nahezu vollstän- digen Marktzugang einräumt, während die Handelslibe- ralisierung aufseiten der CARIFORUM-Staaten weniger weitreichend ausfällt und stufenweise erfolgt . Weiter sind die vereinbarten Schutzklauseln ein wich- tiges Instrument, um den CARIFORUM-Staaten die Möglichkeit zu geben, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wenn durch EU-Importe eine Schädigung der heimi- schen Wirtschaft droht . Zudem muss man betonen, dass das EPA mit einem regionalen Staatenblock geschlossen wurde . Hiermit sollen die regionale Integration vorange- trieben werden und damit auch nachhaltige und arbeits- teilige Wertschöpfungsprozesse etabliert werden . Lassen Sie mich ein Beispiel dafür nennen, wie das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen im Zusammenspiel mit europäischer Entwicklungshilfe zur nachhaltigen Entwicklung der Region beitragen kann: das Regulie- rungsprojekt des Caribbean Regional Fisheries Mecha- nism (CRFM) zur Verbesserung der Sicherheit von Fisch und Fischereierzeugnissen für Verbraucher in nationalen und Exportmärkten mit dem Inter-American Institute for Cooperation on Agriculture . Hierbei handelt es sich um ein Projekt, das vom 10th European Development Fund – Sanitary and Phyto-Sanitary Measures – der EU geför- dert wurde . Im Rahmen des Projekts wurden sechs neue Hand- bücher für die Inspektion von Fischereifahrzeugen, Ver- arbeitungsbetrieben und Aquakulturanlagen erarbeitet sowie zwei Handbücher zur Prüfung der Fischereier- zeugnisse . Die Handbücher sind in den Sprachen Spa- nisch, Französisch und Niederländisch verfügbar . Damit werden internationale Normen für die Sicherheit von Fi- schereierzeugnissen erreicht, die das volle Ausschöpfen des wirtschaftlichen Nutzens für die Fischereisektoren in den CARIFORUM-Staaten, insbesondere im Export, in der Zukunft ermöglichen . Dieses Zusammenspiel von Entwicklungsprogram- men, die die Länder fit für den Weltmarkt machen, und Wirtschaftspartnerschaften, die den Ländern den Zugang zum europäischen Markt ermöglichen, sind für mich die Zukunft . Durch diese Herangehensweise wird die von den SDGs geforderte Zusammenarbeit auf Augen- höhe gefördert und der nachhaltige wirtschaftliche Auf- schwung ermöglicht . Entscheidend wird aber auch sein, die Handelsab- kommen nicht nur stereotyp fortzuführen, sondern auch auf die Veränderungen aus Globalisierung und Digita- lisierung anzupassen und fortzuschreiben . Gerade bei kleineren Handelspartnern mit keinen oder nur gerin- gen Rohstoffvorräten kann durch Veränderungen in der Produktionsstruktur eine andere und nachhaltige Wert- schöpfungskette aufgebaut werden . Wissenstransfer als Wirtschaftsgut wird dabei in Zukunft eine größere Rol- le einnehmen und bietet Expansionsmöglichkeiten, die nichts mit der geografischen Lage oder sonstigen harten Produktionsfaktoren zu tun haben . Bei der Anwendung und Umsetzung der Abkommen wird aber auch umso mehr der Auftrag aus der Agen- da 2030 in den Vordergrund rücken, und wir werden die globale Verantwortung intensiver beachten und überneh- men müssen . Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen und Diskussionen von Handelsabkommen und Verhandlun- gen um diese ausgehen können, erlebten wir in diesen Tagen bei CETA und TTIP, wobei es weniger auf die Dimension als vielmehr auf die Philosophie und gesell- schaftliche Akzeptanz ankommen wird . Das CARIFORUM-Abkommen ist deshalb heute wesentlich mehr als eine unbedeutende Fußnote in den Geschichtsbüchern, nämlich ein neues Kapitel in einer fairen Globalisierung . Dr. Sascha Raabe (SPD): Manchmal mahlen die europäischen und nationalen Mühlen wirklich lang- sam . Man muss sich das einmal vor Augen führen: Das, worüber wir hier und heute im Deutschen Bundestag abschließend beraten, das Wirtschaftspartnerschafts- abkommen der EU mit den karibischen Staaten – kurz CARIFORUM –, ist bereits seit 2008 vorläufig in Kraft. Neun Jahre später haben wir als deutsche Abgeordnete im Rahmen des Ratifikationsprozesses nun die Chance mitzuentscheiden . Dass wir, wenn auch spät, diese Chan- ce zur Beteiligung bei einem Handelsabkommen der EU überhaupt haben, ist keineswegs selbstverständlich . Lange habe ich mit Unterstützung unseres Bundestags- präsidenten erfolgreich dafür gekämpft, dass der Deut- sche Bundestag bei allen jetzt noch ausstehenden Wirt- schaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreement – EPA) mit den afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten zu beteiligen ist. Nein, ich denke, wir sollten sehr selbstbewusst auf unseren Beteiligungs- rechten bei all diesen Abkommen bestehen . Insofern ist das heute ein guter Tag für den Parlamentarismus . Und wir nehmen unsere Kontrollfunktion ernst . Das haben wir beim vorliegenden CARIFORUM-Abkom- men bewiesen, und das werden wir ebenso bei den an- stehenden Abkommen mit den afrikanischen Regionen beweisen . Ich hatte bereits anlässlich der ersten Lesung im vergangenen September angekündigt, dass wir uns im Ausschuss noch einmal intensiv mit dem Abkommen befassen würden . Welche Auswirkungen hat es? Hat es sein Ziel, eine entwicklungsfördernde und armutsredu- zierende Wirkung in den karibischen Partnerländern zu entfalten, erfüllt? Das CARIFORUM-Abkommen bietet sich ja nun wirklich an, sich mit seinen Auswirkungen auseinanderzusetzen, weil es, wie beschrieben, schon ei- nige Zeit in Kraft ist . Wir haben ein Fachgespräch mit Experten zu dieser Frage durchgeführt . Das Ergebnis: Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721646 (A) (C) (B) (D) Bei diesem EPA sind bislang kaum nennenswerte wirt- schaftliche oder soziale Folgen festzustellen, weder po- sitiv noch negativ . Ist CARIFORUM also kalter Kaffee? Ich denke, nicht, und ich glaube, wir sollten diesem Abkommen eine Chance geben . Wir würden unsere Partner in der Kari- bik vor den Kopf stoßen, würden wir jetzt das Abkom- men noch stoppen . Allein die Tatsache, dass ein solches Partnerschaftsabkommen vereinbart wurde, wird in den Ländern der karibischen Region durchaus positiv gese- hen . Diese Signalfunktion für den Willen zur Zusammen- arbeit darf man nicht unterschätzen . An mich jedenfalls ist bisher aus den Partnerländern der karibischen Regi- on noch keine Bitte herangetragen worden, dem Vertrag nicht zuzustimmen – weder von staatlicher Seite noch etwa von Gewerkschaftsseite . Ich kann und will zwar an dieser Stelle nicht verhehlen, dass ich an einigen Stellen Bedenken habe und vieles an dem Abkommen kritisch sehe. Dennoch habe ich mich nach reifliche Überlegung letztlich entschlossen, als zuständiger Berichterstatter meiner Fraktion die Zustimmung zu empfehlen . Ausschlaggebend hierfür ist, dass ich das Nach- haltigkeitskapitel des CARIFORUM-Abkommens für vergleichsweise fortschrittlich halte . Dort sind die öko- logischen, menschenrechtlichen und sozialen Mindest- standards in einer Art und Weise verankert, wie man es sich auch bei anderen Abkommen wünschen würde . Und anders als in alle bisherigen Handelsabkommen der EU sind sie mit Sanktionsmechanismen ausgestattet, die ich für gerade noch ausreichend erachte . Ich habe mich hierzu in den letzten Wochen intensiv mit der EU-Kom- mission beraten, weil es in dieser Frage doch einige Un- klarheiten gab . Mir ist es wichtig, dass wir hier keinen zahnlosen Tiger vereinbaren, sondern dass schwere Ver- stöße etwa gegen ILO-Kernarbeitsnormen auch wirksam geahndet werden können . Das ist bei genauer Betrach- tung bei CARIFORUM der Fall . Mehr Klarheit im Ver- trag wäre sicher wünschenswert, aber letztlich zählt die faktisch bestehende Möglichkeit zur Sanktion . Für CA- RIFORUM kann ich daher den Weg mitgehen . Ich möchte an dieser Stelle aber auch ganz deutlich sa- gen: Die Zustimmung zu CARIFORUM ist kein Präjudiz für die Abkommen mit den afrikanischen Regionen . Die Abkommen mit der Westafrikanischen Wirtschaftsge- meinschaft (ECOWAS), der Ostafrikanischen Gemein- schaft (EAC) sowie der Südafrikanischen Entwicklungs- gemeinschaft (SADC), die allesamt noch dem Bundestag vorgelegt werden müssen, sind wesentlich kritischer zu sehen und meiner Auffassung nach nicht zustimmungs- fähig . Und sie werden – und das ist ein wesentlicher Un- terschied zu CARIFORUM – auch in den Partnerländern kritischer bewertet . Mehrere afrikanische Länder haben noch nicht unterzeichnet, und die Stimmen nach Neuver- handlungen werden immer lauter . Wir sollten diese Stimmen hören und ernst nehmen . Die Märkte in den afrikanischen Ländern sind in der Regel sehr viel anfälliger als die der Partnerstaaten in der karibischen Region . Die mit den Wirtschaftspartner- schaftsabkommen angestrebte Marktöffnung braucht hier noch sehr viel mehr ein hohes Maß an Zurückhaltung und Schutzmöglichkeiten . In den afrikanischen Ländern sind die möglichen negativen Auswirkungen der Wirtschafts- partnerschaftsabkommen, die eben nicht immer den von der EU-Kommission so gepriesenen Geist der Partner- schaft verströmen, wesentlich durchschlagender, als dies für die CARIFORUM-Staaten der Fall ist . Viele Kritiker dieser Abkommen befürchten wohl zu Recht erhebli- che negative Konsequenzen für die wirtschaftliche Ent- wicklung der Partnerländer: Lokale Märkte werden für bestimmte Produkte durch Dumpingimporte aus der EU zerstört, Wertschöpfung in den Ländern selber wird be- hindert . Das alles ist kein Horrorszenario irgendwelcher verblendeten Globalisierungskritiker, sondern könnte bei Umsetzung der Abkommen sehr schnell Realität werden . Ich finde es vor diesem Hintergrund sehr bedauerlich, dass – wenn ich richtig informiert bin – die EU-Handels- kommissarin Cecilia Malmström erst in dieser Woche die afrikanische Forderung nach Neuverhandlungen bei einer Veranstaltung Brüssel kategorisch ausgeschlossen hat . Diese sture Haltung, dieses „Friss oder stirb“, hilft niemandem weiter, und ich glaube nicht, dass Europa sich diese Arroganz leisten sollte . Genau genommen ist die Forderung, die Abkommen neu zu verhandeln, nämlich sogar völlig richtig . Das Rahmenabkommen, auf dem die EPAs gründen, also das Cotonou-Abkommen aus dem Jahr 2000, läuft 2020 aus . Es laufen bereits die Überlegungen, wie ein Post-Coto- nou-Vertrag aussehen könnte . Schon im zweiten Halb- jahr 2017 soll das Verhandlungsmandat der Kommissi- on vorliegen, im kommenden Jahr die Verhandlungen aufgenommen werden . Welchen Sinn macht es da, jetzt noch EPAs auf der Grundlage des alten Rahmenabkom- mens zu verabschieden? Die EPAs mit den afrikanischen Regionen sind veraltet, bevor sie in Kraft treten können . Ein konsequenter Schlussstrich jetzt und dann ein Neu- start auf einer neuen Grundlage mit Verhandlungen, die wirklich auf Augenhöhe geführt werden müssen, wären sicher besser . Dann hätten wir auch die Chance, echte Nachhaltig- keitskapitel durchzusetzen, die diesen Namen auch ver- dienen und mehr sind als ein moralisches Feigenblatt . Wir brauchen verbindlich verankerte ökologische, menschen- rechtliche und soziale Mindeststandards mit wirksamen Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen . Gute Arbeit statt Ausbeutung und Kinderarbeit . Davon sind die af- rikanischen Abkommen derzeit noch weit entfernt . Das aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte unser Ziel sein: gute Abkommen, mit denen wir den Menschen in Afrika eine Perspektive bieten können . Denn wer verhin- dern will, dass sich immer mehr Menschen auf der Flucht vor Armut auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer nach Europa aufmachen, der muss die Globalisierung gerecht gestalten . Fairhandel statt Freihandel – eine gerechte Welthandelsordnung und fair gestaltete Han- delsverträge sind ein zentraler Baustein, um die (Über-) Lebensperspektiven von Menschen in Entwicklungslän- dern zu verbessern . Nur dort, wo es eine wirtschaftliche Perspektive und gute Jobs mit anständigen Löhnen gibt, lassen sich Fluchtursachen eindämmen . Mit fairen Wirt- schaftspartnerschaftsabkommen könnten wir einen wich- tigen Schritt dahin machen . Bis dahin aber liegt auch für uns hier Bundestag noch viel Arbeit vor uns . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 2017 21647 (A) (C) (B) (D) Heike Hänsel (DIE LINKE): Fast neun Jahre sind nun seit der Unterzeichnung des CARIFORUM-Abkommens ins Land gezogen; heute will es die Bundesregierung ra- tifizieren. Wir werden wieder, wie bei allen EPAs, dage- gen stimmen, weil wir glauben, dass sie die Entwicklung Afrikas und der Karibik behindern, statt sie zu fördern . In all den Jahren, die dieses EPA nun schon vorläufig angewendet wird – an den Parlamenten vorbei übrigens, nicht gerade demokratisch – gibt es selbst laut der re- gierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik „bes- tenfalls anekdotische Evidenz“ für Handelsvorteile für die Karibik . Das heißt auf gut Deutsch: Die CARIFO- RUM-Staaten haben bisher gar nichts von dem Abkom- men . Was ist aus den Exportchancen geworden, die die EU den Inselstaaten versprochen hatte? Im Gegenteil: Das Handelsdefizit der Karibik mit der EU war 2015 drei- mal so groß wie noch zehn Jahre zuvor . So funktioniert Freihandel zwischen ungleichen Wirtschaftsräumen: Mit den hochspezialisierten und -technisierten EU-Konzer- nen können die Exporteure der Karibik nicht konkurrie- ren . So werden Rohstoffe, Bananen und Zucker expor- tiert und europäische Autos und Maschinen importiert . Dabei steht das Größte noch bevor: Die CARIFO- RUM-Staaten müssen nämlich ihre Handelsschranken erst schrittweise abbauen . Momentan sind wir bei 61 Pro- zent der Schutzzölle; in 15 Jahren sollen es 90 Prozent sein . Wir können uns nur ausmalen, wie die Handelsbi- lanz dann aussieht und was das für Auswirkungen auf die Wirtschaft in der Karibik haben wird . EPAs stärken eben nicht die regionale Wertschöpfung, sondern verhindern sie . Trotz alledem will uns die Bundesregierung ja weis- machen, die EPAs seien gar keine Freihandels-, sondern „Entwicklungsabkommen“ . Auf allen Werbeveranstal- tungen haben Regierungsvertreter deshalb die Entwick- lungs-, Umwelt- und Sozialstandards gepriesen . Das ist zynisch: Ein bisschen Entwicklungshilfe („Aid for Tra- de“) soll die Schäden, die der Freihandel der Wirtschaft zufügt, ausbügeln . Die gelobten Sozialstandards in Ka- pitel 4 und 5 gelten außerdem nicht für diejenigen, die am meisten von dem Abkommen profitieren: die europä- ischen Großkonzerne . Kein Arbeitnehmer in der Karibik, dessen Menschen- und Arbeitsrechte von den EU-Multis verletzt werden, kann dagegen vor einem europäischen Gericht klagen . Das ginge nur über ein verbindliches Menschenrechts- abkommen, den derzeit geplanten UN-Treaty . Aber den blockiert die Bundesregierung auf UN-Ebene . Machen wir uns bei all den edlen Worten über die EPAs als „Ent- wicklungsabkommen“ nichts vor; der EU geht es um die Profitmaximierung ihrer Großkonzerne und nicht darum, die Lebensbedingungen der Menschen in Afrika und der Karibik zu verbessern . Was wir dabei nicht vergessen dürfen: Die Staaten Afrikas und der Karibik haben alle eine koloniale Ver- gangenheit; sie alle wurden jahrhundertelang von den europäischen Großmächten, ihren Konzernen und Han- delsdynastien ausgebeutet . Die Folgen sind noch heute spürbar, in der extremen wirtschaftlichen Ungleichheit zwischen Norden und Süden . Zu Zeiten des Lomé-Ab- kommens war sich die EU scheinbar noch dieses koloni- alen Vermächtnisses bewusst: Die ehemaligen Kolonien hatten zollfreien Zugang zum EU-Markt, um ihre Pro- dukte hier verkaufen zu können . Mit den EPAs hat sich das Blatt gewendet . Nun sind es die CARIFORUM-Staaten, die nach und nach ihre Zoll- schranken für die Billigimporte aus Europa öffnen müs- sen . Sogar der Dienstleistungs- und Investitionssektor muss liberalisiert werden . Klar ist: Lokale Produzenten werden das Nachsehen haben, eigenständige Entwick- lungen gehemmt . Wie soll ein CARIFORUM-Land in- nerhalb einer Schonfrist von nur zehn Jahren eine eigen- ständige, wettbewerbsfähige Industrie aufbauen? Wie lange hat im Vergleich die Industrialisierung in Europa gedauert? Ermöglicht hat die ja auch erst die ko- loniale Expansion der Großmächte . Die EU und alle, die diesem Abkommen zustimmen, haben die Verheerungen des Kolonialismus und die entsprechende historische Verantwortung offenbar vergessen . Unverständlich bleibt mir, warum sich die Grünen, die uns in vielen dieser Punkte sicher zustimmen, heute nur enthalten . Natürlich gab es in der Karibik Protest gegen die EPAs . Der jamaikanische Wirtschaftsprofessor Norman Girvan sagte, das CARIFORUM-EPA habe das Projekt der karibischen Staaten, einen eigenen Wirtschaftsraum (CARICOM) aufzubauen, „praktisch getötet“ . Statt regi- onaler Integration und mehr Handel zwischen den Inseln bringen die EPAs die Ausrichtung auf den Handel mit der EU . Laut Professor Girvan wird das Abkommen zu völligen Fehlentwicklungen führen: Europäische Firmen bekommen Zugang zu Rohstoffen, primären Nahrungs- mitteln und unterbezahlten Arbeitskräften . Nachhaltige Entwicklung sieht anders aus, da werden Sie mir alle zu- stimmen . Auf einen letzten Aspekt möchte ich noch hinweisen, nämlich die Länder der Karibik, die die EPAs nicht unter- schrieben oder ratifiziert haben. Da ist zum einen Haiti. Haiti gehört als einziges Land Lateinamerikas zur Grup- pe der Least Developed Countries, der am wenigsten ent- wickelten Staaten, und konnte deswegen nicht mit dem Verlust der EU-Handelsprivilegien unter Druck gesetzt werden . In Haiti ist klar, dass das EPA nur Nachteile brin- gen würde; daher hat es auch nicht ratifiziert. Und dann wäre da als einziges karibisches Land, das gar nicht im CARIFORUM ist, Kuba . In Kuba legt man keinen Wert auf Freihandelsabkommen, die nur den Star- ken nützen . Wenn ausländische Firmen Zugang zum ku- banischen Markt bekommen wollen, müssen sie bewei- sen, dass ihre Geschäfte dem Land und der Bevölkerung wirklich nützen . Zum Beispiel indem sie eine Fabrik auf Kuba bauen, gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen . Von denen können dann kostenlose Bil- dung und Gesundheit für alle finanziert werden. Solche Entwicklungsmodelle halten wir für weit sinnvoller als die neoliberale Freihandelsdoktrin . Die EPAs werden die soziale Schere auf der Welt nicht schließen, sondern weiter öffnen . Die EPAs sind TTIP und CETA für den Süden; deshalb lehnen wir sie kom- plett ab . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 215 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 26 . Januar 201721648 (A) (C) (B) (D) Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir stehen hier heute vor der Entscheidung, über ein Abkom- men abzustimmen, welches bereits seit acht Jahren vor- läufig angewendet wird. Deshalb können wir an dieser Stelle auch sagen, dass das Abkommen zwischen den Karibikstaaten und der Europäischen Union nicht Wort gehalten hat . Das Entwicklungsversprechen wurde nicht eingelöst . Eine nachhaltige Entwicklung wurde durch das Partnerschaftsabkommen nicht befördert . Vielmehr enthält es Bestimmungen, die eine entwicklungsfreundli- che Industriepolitik konterkarieren könnten . Mit dem Verbot von Exportsteuern wird einem schäd- lichen Extraktivismus Vorschub geleistet, statt Wert- schöpfung vor Ort zu fördern . Auch ist es naiv zu glau- ben, dass die Klauseln zum Schutz junger Industrien nur ansatzweise ausreichend wären . Der Aufbau junger In- dustrien bedarf weit mehr als acht Jahre . Deutschland hat jahrzehntelang seinen Markt geschützt und nur so eine robuste Wirtschaft aufbauen können . Nun dürfen die karibischen Inselstaaten mit dem voll- ständigen Inkrafttreten des Abkommens, innerhalb der ersten zehn Jahre gerade einmal acht Jahre lang ausge- wählte Industrien schützen . Das schafft keinerlei Spiel- raum für eine gute Industriepolitik . Das ist alles andere als nachhaltig, geschweige denn entwicklungsfreundlich . Trotz all dieser Kritikpunkte gibt es aber auch positive Ansätze . Hier unterscheidet sich das CARIFORUM-EPA auch deutlichen von den afrikanischen EPAs . Die Be- stimmungen zu Nachhaltigkeit und Menschenrechten sind im Vergleich zu den anderen Abkommen deutlich umfassender und expliziter . Ein entscheidender Unterschied ist auch, dass das Nachhaltigkeitskapitel an das Streitschlichtungsverfah- ren angeschlossen ist . Im Streitfall ist der Entzug von Zollpräferenzen allerdings nicht vorgesehen, sondern le- diglich der Entzug nicht-tarifärer Präferenzen oder etwa der Entzug von Entwicklungsgeldern erlaubt . Dabei würde gerade letztere Maßnahme die ärmsten Menschen treffen und nicht diejenigen, die im Zweifel Menschen- rechts- oder Nachhaltigkeitsstandards verletzen . Hier hätten wir uns zwar mehr gewünscht, aber immerhin ist das Nachhaltigkeitskapitel überhaupt sanktionsbewehrt . Das ist ein großer Fortschritt . Im Vergleich zu den afrikanischen EPAs enthält das Abkommen auch keine Rendezvous-Klauseln, die die Länder verpflichten würden, in Zukunft über höchst um- strittene Investitionsschutzbestimmungen zu verhandeln . Damit ist schon viel gewonnen und den Sonderrechten für private Investoren ein Riegel vorgeschoben . Noch laufen die Übergangsfristen; am Ende werden die Karibikstaaten ihren Markt aber zu fast 90 Prozent li- beralisiert haben . Statt diese Staaten zu so weitgehenden Marktöffnungen zu zwingen, müsste die EU vielmehr ihr Allgemeines Präferenzsystem wieder so ausweiten, dass ärmere Länder wie etwa Jamaika oder Dominica erneut in den Genuss von unilateralen Handelspräferenzen kä- men, ohne die dringend benötigten eigenen Politikspiel- räume aufgeben zu müssen . Fairer Handel sieht anders aus, insbesondere für die afrikanischen Staaten . Minister Müller hätte es in der Hand, für einen echten Politikwechsel einzutreten . Der Minister schreibt aber lieber öffentlichkeitswirksame Hochglanzbroschüren, anstatt sich mit den tatsächlichen Herausforderungen zu befassen . Wir werden auch deshalb die Wirtschaftspartner- schaftsabkommen mit den afrikanischen Staaten ent- schieden ablehnen, gleichwohl uns bei dieser Gesetz- vorlage zum Abkommen mit den Karibikstaaten aber enthalten . Die Karibikstaaten selbst haben dem Vertrag nicht nur zugestimmt, sondern sie wollen ihn auch . Sie wur- den nicht wie die afrikanischen Länder unter Druck gesetzt oder erpresst . Das allein ist für uns noch kein Argument, dies ebenfalls zu tun oder uns zu enthalten . Allerdings sind die karibischen Inseln wirtschaftlich in einer deutlich besseren Lage, als es beispielsweise die afrikanischen Länder sind . Sie haben größtenteils keine Möglichkeit mehr, in den Genuss des Allgemeinen Präfe- renzsystems zu kommen . Ohne dieses Abkommen wären ihnen somit jeglicher vergünstigter Zollzugang verwehrt . Ihnen jetzt den Status quo abzuerkennen hätte gegebe- nenfalls wirtschaftlich negative Folgen . Dies zeigt auch, dass die Methode der vorläufigen Anwendung von Han- delsverträgen höchst problematisch ist, da diese Fakten schafft, die schon nach wenigen Jahren ohne schmerz- hafte Einschnitte kaum mehr revidierbar sind . 215. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3 Regierungserklärung: Inklusives Wachstum TOP 4 Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz TOP 5 Zukunftsfähige Unternehmensverantwortung TOP 33, ZP 1 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 34, 21 Abschließende Beratungen ohne Aussprache TOP 7 Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) TOP 6 Ausbildungsunterstützung der Bundeswehr im Irak TOP 8 Bundeseinheitliche Netzentgelte für Strom TOP 9 Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung ZP 2 Gentechnisch veränderte Maislinien TOP 11 Nachtragshaushaltsgesetz 2016 TOP 12 Terrorbekämpfung in Irak, Afghanistan, Pakistan TOP 15 Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz TOP 14 Bundesweite Statistik über Wohnungslosigkeit ZP 3 Fortbestand der Sozialkassenverfahren des Baugewerbes TOP 16 Patientenberatung TOP 19 GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz TOP 18 Ausbildung und Arbeit in der Pflege TOP 22 Albanien, Serbien - EU-Agentur für Grundrechte TOP 20 Entschädigungsleistungen für NS-Opfer TOP 23 Schutz der Biodiversität TOP 24 Forschung gegen Infektionskrankheiten TOP 25 Gesetz über das Fahrlehrerwesen TOP 26 Änderungen im Straßenverkehrsrecht TOP 27 Überwachung übertragbarer Krankheiten ZP 4 Partnerschaftsabkommen mit CARIFORUM-Staaten Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ulla Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Bitte schön .



Rede von Heike Baehrens
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Herr Abgeordneter Rüddel, herzlichen Dank dafür,

dass ich eine Zwischenfrage stellen darf . – Ist Ihnen in
Erinnerung, dass der Gesetzentwurf, der im Mai des ver-
gangenen Jahres von einem CDU-Gesundheitsminister
und einer SPD-Familienministerin vorgelegt worden

ist, auf den Eckpunkten basiert, die in der Bund-Län-
der-Arbeitsgruppe aufgrund von jahrelanger Vorarbeit
von Praktikern erarbeitet worden sind und in der sich
die Bundesländer gemeinsam mit diesen beiden Minis-
terien auf ein gemeinsames Konzept verständigt haben?
Sie haben sich auch deshalb untereinander verständigt,
weil die Altenpflegeausbildung in der Verantwortung der
Länder liegt . Das heißt, die Länder müssen einem sol-
chen Gesetz zustimmen . Ist Ihnen bewusst, dass Sie mit
den Interventionen, die Sie seit Monaten vornehmen, ein
Gesetzgebungsvorhaben aufhalten, das in enger Koope-
ration zwischen den 16 Bundesländern und zwei Bundes-
ministerien entwickelt worden ist?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Erwin Rüddel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Ich glaube, Frau Kollegin, wir hier sind der Gesetzge-

    ber und verantwortlich dafür, wie die Ausbildungsreform
    umgesetzt wird .


    (Mechthild Rawert [SPD]: Deswegen ärgert die das ja auch so!)


    Einem ehemaligen Vorsitzenden Ihrer Fraktion wird ja
    die Aussage zugeschrieben, dass kein Gesetz den Bun-
    destag so verlässt, wie es in den Bundestag hineingekom-
    men ist .


    (Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist das Struck’sche Gesetz! – Hilde Mattheis [SPD]: Schwache Antwort, Herr Rüddel!)


    Ich denke, wir versuchen, diesen Gesetzentwurf weiter
    zu optimieren, weil wir zwei Ziele erreichen wollen . Das
    erste Ziel ist eine gute Bezahlung . Das zweite Ziel ist,
    nach der Reform mehr Menschen für den Pflegeberuf zu
    gewinnen als zuvor .

    Das Gesetz sollte aber zum Beispiel nicht dazu füh-
    ren, dass Hauptschüler in diesem Beruf keinen Abschluss
    mehr machen können .


    (Hilde Mattheis [SPD]: Das ist ja nicht richtig! – Petra Crone [SPD]: Das stimmt nicht! Das steht so nicht drin! – Weiterer Zuruf von der SPD: Tut es ja nicht!)


    Wir reden immer darüber, dass in 40 Modellversuchen
    eine generalistische Ausbildung erprobt wurde .


    (Hilde Mattheis [SPD]: Ich lade Sie ein nach Stuttgart!)


    Der derzeit vorliegende Gesetzentwurf entspricht keinem
    dieser 40 Modellversuche . Alle diese 40 Modellversuche
    hatten Auswahlverfahren als Basis – so wurden etwa
    Schüler in einem Assessment-Center ausgesucht – oder
    sahen eine längere Ausbildungszeit von dreieinhalb Jah-
    ren vor . Nur 24 Schüler in diesen 40 Modellversuchen
    hatten einen Hauptschulhintergrund . Deshalb sollten wir
    uns Gedanken machen, wie wir zu einer guten Lösung
    kommen .


    (Mechthild Rawert [SPD]: Zehn Jahre!)


    Erwin Rüddel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ich denke, wir sind auf einem guten Weg und werden
    eine Lösung finden,


    (Zuruf von der SPD: Weshalb wollen es die privaten Anbieter nicht, Herr Rüddel?)


    wenn die Familienministerin akzeptiert, dass das Parla-
    ment seine Ideen in Gesetzentwürfe einbringen kann .


    (Mechthild Rawert [SPD]: Ich finde meine Ideen auch total toll!)


    Das Selbstbewusstsein sollten wir hier im Parlament ha-
    ben und nach außen tragen . Wir sind von den Bürgern
    gewählt worden, um ordentliche Gesetze zu machen . Es
    kann nicht sein, dass uns verboten wird, Änderungsanträ-
    ge zu einem Gesetzentwurf einzubringen . Ich denke, Sie
    sollten noch einmal mit Ihrer Ministerin reden .


    (Zurufe von der SPD)


    Dann werden wir in den nächsten Wochen sicherlich ei-
    nen sehr vernünftigen Kompromiss finden.

    Ich habe zusammen mit Kollegen auf jeden Fall schon
    vor vielen Monaten Vorschläge zur integrierten Ausbil-
    dung gemacht,


    (Hilde Mattheis [SPD]: Keinen Pieps haben Sie gesagt!)


    die vorsehen, dass grundsätzlich zwei Jahre lang gene-
    ralistisch ausgebildet wird und dass dann im dritten Jahr
    spezialisiertes Lernen im Vordergrund steht . Mittlerweile
    sind verschiedene Vorschläge gemacht worden . Ich bin
    der Meinung, dass wir den verschiedenen Wegen Zeit ge-
    ben sollten, sich zu bewähren . Anschließend können wir
    entscheiden, welcher Weg der richtige ist .

    Ich plädiere für einen evolutionären Wandel, nicht für
    eine Revolution . Ich glaube, wir brauchen die Fachlich-
    keit und müssen dafür sorgen, dass die Identitäten der
    drei Pflegeberufe erhalten bleiben. Man muss sich da
    wiederfinden.


    (Mechthild Rawert [SPD]: Wir wollen einen Beruf! Wir wollen eine Identität!)