Rede von
Kirsten
Lühmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Lie-
be Kolleginnen! Ein Bekannter hat mir letztens gesagt:
Wenn er eingeladen wird und sich als Mitarbeiter der
Bahn outet, sind die Themen für den Abend gerettet . –
Das kennen wir alle . Wir alle können Geschichten von
Wildfremden erzählen, mit denen wir Diskussionen über
Fußball oder Kochrezepte geführt haben . Ich gebe zu:
Wir alle können, wie die Kollegin Leidig eben, auch
Geschichten von Dingen erzählen, die nicht ganz so gut
gelaufen sind . Dann ist es schön, wenn die Bahn-Mitar-
beitenden mit Humor reagieren .
Dirk Fischer, ich bin sicher: Wenn du in dem Zug ge-
sessen hättest, der folgende Durchsage gemacht hätte,
dann hättest du die Notbremse gezogen . Die Durchsage
an alle HSV-Fans in der ersten Klasse mit nicht entspre-
chenden Tickets lautete nämlich: Bitte verlassen Sie den
Wagen! Schließlich ist der Punktestand Ihres Vereins
auch nicht erstklassig .
Allerdings glaube ich nicht, dass solche Durchsagen
der Grund dafür sind, dass in diesem Jahr die Zahl der
Personenkilometer im Schienenverkehr doppelt so stark
gestiegen ist wie die Zahl der Personenkilometer im mo-
torisierten Individualverkehr, und das trotz Fernbuskon-
kurrenz . Ein Grund, warum so viele Menschen mehr den
Zug nutzen, liegt im Fernverkehr mit Sicherheit auch in
den Initiativen der Deutschen Bahn AG zu besonderen
Sparpreisen, Pünktlichkeit und Bahnhofsmanagement .
Ich weiß, dass wir hier noch lange nicht am Ende sind .
Aber schon die ersten Maßnahmen zeigen deutliche Ver-
besserungen .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621086
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Zum Nahverkehr . Die Gelder, die wir im Rahmen der
Regionalisierungsmittel zur Verfügung gestellt haben,
zeigen schon in diesem Jahr erste Erfolge . Es gab mehr
Bestellungen . Wenn das Angebot für Pendlerinnen und
Pendler größer ist, dann überlegt sich der eine oder die
andere, das Auto stehen zu lassen und mit der Bahn zur
Arbeit zu fahren . Das ist unser Ziel .
Wir alle wissen aber auch: Das kann nicht das Ende
sein . Wenn wir mehr Personen auf die Schiene bringen
wollen, dann brauchen wir den Deutschland-Takt und ein
klar definiertes Netz für Fernverkehrszüge, auf das der
Nahverkehr abgestimmt ist . Wir haben die ersten Schrit-
te dazu eingeleitet . Man kann beim Deutschland-Takt
jedoch nicht einfach den Schalter umlegen, und dann
funktioniert es . Wir haben im ersten Schritt Gutachten
in Auftrag gegeben, in denen untersucht wird, wie ein
solcher Takt auf ein Flächenland wie Deutschland – oft
wird die Schweiz als Beispiel genannt; mein Bruder lebt
dort; die Schweiz ist ein wunderschönes Land; aber sie
ist kein Flächenland – übertragen werden kann . Im zwei-
ten Schritt haben wir im Bundesverkehrswegeplan die
Infrastrukturprojekte aufgeführt, die wir brauchen, um
den Deutschland-Takt zu verwirklichen .
Nicht zufriedenstellend ist allerdings die Entwicklung
im Güterverkehr . Der Güterverkehr in Deutschland wird
in diesem Jahr vermutlich um 0,4 Prozent zunehmen .
Allerdings wird der Güterverkehr im Lkw-Bereich um
2,3 Prozent zunehmen . Woran liegt das? Die Wettbe-
werbsfähigkeit der Bahn muss gesteigert werden . Wir
werden dazu die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen aus-
weiten . Aber das wird nicht reichen . Wir brauchen drin-
gend eine Reduzierung der Trassenpreise; das wurde
schon angesprochen . Darüber hinaus muss die Trassenbe-
stellung für den Güterverkehr flexibler werden. Auch der
Güterverkehr muss pünktlicher sein . Niemand wird auf
die Bahn umsteigen, wenn er befürchten muss, dass der
Zug zwei, drei Tage abgestellt wird, bevor er den End ort
erreicht . Da gibt es deutlichen Optimierungsbedarf .
Bei der Cargo-Sparte der Deutschen Bahn gibt es al-
lerdings noch eine besondere Herausforderung . Auch bei
den Privaten ist nicht alles Gold, was glänzt . In meinem
Wahlkreis wird die OHE, die Osthannoversche Eisenbah-
nen AG, den Güterverkehr Ende dieses Jahres einstellen .
Aber die Entwicklung der Cargo-Sparte der Deutschen
Bahn ist dramatisch . Gegen den Trend verliert sie seit
Jahren Kunden und Waren . Mit kleinen Programmen an
der einen oder anderen Ecke muss Schluss sein . DB Car-
go braucht ein handlungsfähiges Konzept . Sie muss es
mit den Menschen, die Ahnung davon haben, und den
Gewerkschaften entwickeln . Die Gewerkschaften sind
dazu bereit; es hat erste Gespräche gegeben . Hier muss
es dringend ein vernünftiges, tragfähiges Konzept geben .
Abschließend ist zu sagen: Die Eisenbahn in Deutsch-
land ist auf einem guten Weg – nicht nur, aber auch auf-
grund der Politik dieser Bundesregierung . Wir stehen vor
Herausforderungen, die wir im nächsten Jahr gemeinsam
bewältigen sollten . Die Forderungen in den vorliegenden
vier Anträgen sind in Teilen schon umgesetzt . Anderes ist
weniger geeignet, um die Herausforderungen anzugehen .
Lösungen sollten genauso kreativ sein wie die Ansage in
einem ICE: Der Regionalexpress nach Bamberg wartet
offiziell nicht. Allerdings ist der Lokomotivführer mein
Schwiegersohn, und Sie werden den Zug erreichen .
In diesem Sinne wünsche ich uns, dass wir heute alle
unsere Züge zu unseren Schwiegersöhnen oder sonsti-
gen Familienmitgliedern erreichen und dass wir uns im
nächsten Jahr hier wiedertreffen, um kreative Lösungen
für unsere Bahn zu finden.
Herzlichen Dank .