Liebe Frau Kollegin Beck, ich freue mich, dass Sie
bestätigen, dass auch Sie zwischen Asyl aus den im Ge-
setz genannten Gründen und Migration aus Gründen, die
keine Asylgründe sind, differenzieren.
Aufgabe des Instituts ist nicht die politische Bewer-
tung – diese können wir hier im Haus gerne gemeinsam
vornehmen –, sondern die Prüfung der Menschenrechts-
situation . Wenn das Institut für eine Position wirbt – ich
störe mich schon an dem Begriff „werben“; ich unter-
scheide ihn von „informieren“ –, dann hinterfrage ich
diese, da es sich schließlich nicht um ein Institut einer
politischen Partei handelt, sondern um ein Menschen-
rechtsinstitut, dahin gehend, ob ein Menschenrecht tan-
giert ist .
Ich lasse es mir auch nicht als Fehlen von Sachkunde
unterstellen, wenn ich feststelle, dass es kein Menschen-
recht auf freie Wahl eines Landes außerhalb von Flucht-
gründen gibt . Ich kann nicht frei wählen, ob ich lieber in
den Vereinigten Staaten als in Deutschland leben möch-
te . Ich werde als Mitglied des Deutschen Bundestages
mit Sicherheit nicht in menschenrechtlichem Sinne ver-
folgt . Nehmen wir einmal theoretisch an – tatsächlich ist
es nicht so –, dass ich in den Vereinigten Staaten leben
möchte . Es gibt kein Menschenrecht, auf das ich mich
berufen kann, wenn ich sage: Liebe Vereinigte Staaten,
ihr müsst mich aufnehmen; sonst kritisiert euch euer In-
stitut .
Ich fordere also die beschriebene Differenzierung und
bedauere sehr, dass in dem Bericht eine entsprechende
Differenzierung fehlt. Dieses Fehlen zieht sich wie ein
roter Faden durch den gesamten Bericht . Das halte ich
für nicht fachgerecht . – Danke .
Um beim Bericht zu bleiben: Geradezu grotesk wird
es beim Thema „Datenschutz für Flüchtlinge“. Das
Deutsche Institut für Menschenrechte stellt fest, dass in
Deutschland zu Geflüchteten „personenbezogene Infor-
mationen“ – ich zitiere wörtlich – „in zentralen, staat-
lichen Datenregistern“ erfasst und abgeglichen werden.
„Selbstverständlich!“, könnte man meinen, wenn man an
die bekannten Probleme in der Hochphase des Flücht-
lingszustroms denkt, in der Menschen etwa vom West-
balkan oder aus Bangladesch mit einem syrischen Pass
oder mehreren anderen Pässen oder gar keinem Pass zu
uns gekommen sind . Nein, das Institut fragt sich und uns
besorgt – ich zitiere wieder –, „ob diese umfangreiche
Form der Datenerfassung und -verarbeitung notwendig
und angemessen ist“.
Denn – ich zitiere weiter –:
Wer beispielsweise aufgrund eines Datenabgleichs
für ein Sicherheitsrisiko gehalten wird, dem wird
möglicherweise die Aufenthaltserlaubnis verwei-
gert .
Ja, was denn sonst? Natürlich soll einer Person, bei
der durch Datenabgleich auffällt, dass sie ein nationa-
les Sicherheitsrisiko ist, die Aufenthaltserlaubnis nicht
erteilt werden . Unser Problem in Deutschland ist doch
nicht, dass wir zu viel, sondern, dass wir zu wenig Daten
über die Menschen haben, die in den letzten Monaten in
unser Land gekommen sind .
Der Bericht kritisiert die Verkürzung der Asylverfah-
ren . Man würde menschenrechtswidrig – und deswegen
kritisiert im Jahresbericht – von Schutzsuchenden verlan-
gen – wieder ein Zitat –, „bereits im Anhörungsverfahren
über ihre Verfolgung zu berichten“. Ja, was denn sonst?
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 2016 21071
(C)
(D)
Der Bericht kritisiert die „sogenannten“ sicheren Her-
kunftsstaaten. Der Begriff „sicherer Herkunftsstaat“,
meine Damen und Herren, ist ein Rechtsbegriff aus dem
deutschen Asylrecht . Er wird in Artikel 16a des Grund-
gesetzes eingeführt und in § 29a Asylgesetz definiert.
Staaten werden durch Beschluss des Bundestages mit
Zustimmung des Bundesrats zu sicheren Herkunftsstaa-
ten erklärt. Für unser Institut bedeutet das aber nur „so-
genannt“.
Sachlich eindeutig falsch ist die auf Seite 12 nachzule-
sende Erklärung – Zitat Jahresbericht –:
Denn „sicherer Herkunftsstaat“ heißt: Dort wird
niemand verfolgt .
Ausrufezeichen, Zitat Ende . – Falsch! Genau das bedeu-
tet die Klassifizierung nicht. Richtig wäre gewesen:
Bei einem sicheren Herkunftsstaat wird vermutet, dass
dort nicht generell Verfolgung droht . – Deswegen muss
jemand, der in solchen Staaten ausnahmsweise verfolgt
wird – das gibt es in Einzelfällen –, die behauptete Ver-
folgung belegen – nicht mehr und nicht weniger . Es geht
um eine Beweislastumkehr . Der Beweis der Verfolgung
und damit auch der menschenrechtliche Schutz werden
niemandem abgeschnitten . Es wäre schön, wenn ein
sachlich beobachtendes Institut dieses und keine falschen
Informationen verbreiten würde .
Meine Damen und Herren, leider ist meine Redezeit
begrenzt . Ich könnte ewig so weitermachen .
Beim Schwerpunkt „Wahlrecht für Menschen mit Be-
hinderung“ erwähnt der Bericht, dass derzeit eine Wahl-
prüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht
anhängig ist, wo die Thematik geprüft wird . Das ist gut
so . Dann sollten wir gemeinsam das Ergebnis abwarten .
Leider nicht überraschend ist es, wenn das Institut
ausschließlich Rechtsextremismus beklagt . Über den in
Deutschland ebenfalls vorhandenen Linksextremismus
kein Wort . Ich wünschte mir etwa eine Erwähnung, dass
in Deutschland linksextremer Mob Polizisten von den
Dächern mit Betonplatten bewirft, wenn diese versu-
chen, für öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen.
Auch Polizisten haben Menschenrechte, meine Damen
und Herren .
Auf diesem Auge, wenn es je existiert haben soll, ist das
DIMR aber noch blind .
Eine derart einseitige und teils übertriebene, weil nicht
quantifizierte Darstellung der Menschenrechtsverletzun-
gen in Deutschland ist sehr bedauerlich und schadet dem
Kampf für Menschenrechte . Derartiges wird nämlich
ungeprüft in internationale Berichte übernommen . Staa-
ten wie Russland, die Türkei oder Aserbaidschan wer-
fen uns die angeblich so prekäre Menschenrechtslage in
Deutschland dann vor, wenn wir uns gegen ernsthafte
Menschenrechtsverletzungen in Ländern einsetzen, die
von einer Menschenrechtssituation wie in Deutschland
noch nicht einmal träumen können .
Ich vermisse im Jahresbericht eine transparente Dar-
stellung der Finanzierung insbesondere aus Steuermit-
teln . In der Jahresrechnung werden knapp 2,5 Millionen
Euro institutionelle Zuwendungen des Bundes genannt .
Daneben tauchen weitere über 1,5 Millionen Euro ver-
mischte Einnahmen auf . In den Erläuterungen dazu steht
dann: „weitere Einnahmen aus Bundeszuschüssen“ und
anderes . Ich möchte gerne wissen: Was zahlt der Steu-
erzahler für die Arbeit, die der eingereichte Bericht spie-
gelt, genau .
Lassen wir uns das fast 4 Millionen Euro kosten?
Lassen Sie mich mit einem letzten beispielhaften
Punkt abschließen . Das Deutsche Institut für Menschen-
rechte hat schon oft den Eindruck erweckt, nicht plura-
listisch, sondern einseitig zu wirken . Um das Institut auf
Norm mit den Pariser Prinzipien zu bringen, die die Si-
cherung einer pluralistischen Vertretung aller an der För-
derung und am Schutz der Menschenrechte beteiligten
gesellschaftlichen Kräfte fordern, wurde im DIMR-Ge-
setz eine Verbreiterung der bisher einseitigen Mitglieder-
basis gefordert . Die Regeln über die Aufnahme von Mit-
gliedern und den dadurch zu verfolgenden Zweck sind
Teil des Finanzierungsvorbehalts im Gesetz . Beim Blick
auf die im Jahresbericht veröffentlichte Mitgliederliste
des Instituts stellt man aber fest: Kein einziges Neumit-
glied wurde seit Schaffung des Gesetzes aufgenommen.