Rede von
Ursula
Schulte
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen
und Herren auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kol-
legen! Nun debattieren wir doch noch den Ernährungs-
politischen Bericht 2016 . Viele neue Erkenntnisse weist
dieser Bericht leider nicht auf . Aber er gibt uns allen noch
einmal die Gelegenheit – die wir auch redlich nutzen –,
einige grundsätzliche Bemerkungen zu Ernährung und
Verbraucherpolitik zu machen . Ich will das als Berichter-
statterin für meinen Themenbereich auch sehr gerne tun .
Ich pflichte Ihnen bei, Herr Minister. – Leider ist er
nicht mehr da . Aber der Staatssekretär wird es ihm si-
cherlich mitteilen .
– Doch, er ist wieder da . Aber er quatscht . Herr Minister,
vielleicht hören Sie jetzt zu, wenn ich Ihnen beipflichte.
Ich stimme Ihnen zu, dass es unser Ziel sein muss,
die Verbraucher- und Ernährungspolitik der Zukunft an
einem gesundheitsfördernden Lebensstil zu orientieren .
Wenn das unser Ansatz ist, verstehe ich allerdings nicht,
warum das nicht auch für den Konsum von Energydrinks
gelten soll .
Bei den Bewertungen bezieht sich Ihr Haus immer wie-
der auf die uns allen bekannte EFSA-Studie aus dem
Jahr 2015 . Sie sagen, hier seien alle Fakten klar benannt .
Dem ist aber leider nicht so . Um die Aktualität und die
Aussagefähigkeit der Daten zu hinterfragen, habe ich
Gespräche mit der Deutschen Gesellschaft für Pädiatri-
sche Kardiologie geführt . Wir benötigen mehr Daten für
die Altersgruppe der 12- bis 20-Jährigen, die durch einen
hohen, dauerhaften Konsum von Energydrinks auffal-
len . Das ist das Resümee der Gespräche . Das teile ich
uneingeschränkt; denn es gibt ernstzunehmende Hinwei-
se, dass es in dieser Altersgruppe gehäuft Herzmuskel-
wandverdickungen geben soll . Hier brauchen wir endlich
valide Zahlen . Meine Partei sagt ganz klar: Gesundheits-
schutz sollte immer vor Unternehmensinteressen gehen .
Zur Erinnerung: Die letzte aktuelle Studie des BfR
liegt schon sieben Jahre zurück . Deshalb hat meine Frak-
tion vor den Haushaltsplanberatungen einen eigenen
Etatansatz zur Verstetigung der Forschung in diesem Be-
reich gefordert . Alle, die sich gerne beruhigt zurückleh-
nen, verweisen auf den Verhaltenskodex der Wirtschafts-
vereinigung Alkoholfreie Getränke e . V . Danach wollen
die betreffenden Unternehmen in Schulen keine direkte
Marketingkommunikation sowie keinen direkten Ver-
kauf vornehmen . Mich beruhigt das keineswegs . Nach
meiner Meinung haben Unternehmen in Schulen sowie-
so nichts verloren . Es ist an der Zeit, endlich gesetzliche
Maßnahmen zu ergreifen,
nicht weil wir den Kindern und Jugendlichen den Spaß
verderben wollen, sondern weil wir sie vor gesundheitli-
chen Schäden schützen wollen .
Herr Minister, ich habe Sie gerade kritisiert . Jetzt
muss ich Sie auch einmal loben .
Das tue ich nicht nur, weil Weihnachten vor der Tür
steht, sondern weil Sie das Lob wirklich verdient haben .
Sie haben sich mit Ihrem Ministerium bei der Novellie-
rung der europäischen Spielzeugrichtlinie für ein hohes
Schutzniveau beim Kinderspielzeug eingesetzt . Mit der
Absenkung der Bleigrenzwerte wird dem nun Rechnung
getragen . Darüber freue ich mich, und dafür danke ich
Ihnen .
Gleichwohl ist das nur ein erster Schritt . Wir müssen
noch mehr in diesem Bereich tun . Die Rückrufrate bei
Produkten für Kinder beträgt noch immer 27 Prozent .
Das ist viel zu viel . Das darf uns nicht ruhen lassen .
Wie ich sehe, eilt mir die Zeit davon . Deswegen will
ich zum Schluss kommen und noch ein besonderes Prob-
lemfeld ansprechen: Das sind die Kosmetika . Fanschmin-
ke, Klebetattoos und vieles mehr sind noch immer mit
viel zu vielen Schadstoffen belastet. Auch davor müssen
wir die Menschen schützen, insbesondere Kinder und Ju-
gendliche, die so etwas gerne nutzen . Dazu gehört natür-
lich eine bessere Information über die Produkte . Sie, Herr
Minister, haben im Juni 2016 eine Infokampa gne unter
dem Titel „Tätowieren, aber sicher“ vorgestellt. Das ist
Oliver Krischer
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 2016 21057
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der richtige Weg . Ich muss mich allerdings mit dem Be-
richt der Arbeitsgruppe, die sich damit befasst hat, noch
auseinandersetzen . Diesen Bericht habe ich erst heute
Morgen nach einigen Bemühungen bekommen .
Was mir generell in der politischen Debatte – so auch
heute Morgen – etwas zu kurz kommt, ist, dass Essen
auch etwas mit Genuss zu tun hat . Die Verbraucherinnen
und Verbraucher müssen allmählich regelrecht verunsi-
chert sein . Ich kann Ihnen sagen, dass ich mit meiner Fa-
milie an Weihnachten das Münsterländer Hochzeitsessen
genießen werde . Es enthält Fleisch und Zucker, aber es
ist total lecker, und ich freue mich darauf .
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!