Rede:
ID1820604800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 15
    1. Vielen: 1
    2. Dank: 1
    3. .: 1
    4. –: 1
    5. Nächster: 1
    6. Redner: 1
    7. für: 1
    8. die: 1
    9. CDU/CSU-Fraktion: 1
    10. ist: 1
    11. der: 1
    12. Kollege: 1
    13. Uwe: 1
    14. Schummer: 1
    15. .\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/206 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 206. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2016 Inhalt: Würdigung des Vizepräsidenten Peter Hintze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20487 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Heinz Riesenhuber . . . . . . . . . . . . 20488 A Wahl des Herrn Prof. Dr. Rainer Eckert als Mitglied des Wissenschaftlichen Beratungs- gremiums gemäß § 39 a des Stasiunterla- gengesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20488 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20488 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 19, 35 a und 31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20489 A Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 20489 B Tagesordnungspunkt 3: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) Drucksachen 18/9522, 18/9954, 18/10102 Nr . 16, 18/10523 . . . . . . . . . 20489 C – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10526 . . . . . . . . . . . . . 20489 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Werner, Sigrid Hupach, Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Das Teilha- berecht menschenrechtskonform ge- stalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Corinna Rüffer, Kerstin Andreae, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit dem Bundesteilhabe- gesetz volle Teilhabe ermöglichen Drucksachen 18/10014, 18/9672, 18/10523 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20489 D Andrea Nahles, Bundesministerin BMAS . . . 20489 D Dr . Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 20491 A Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20492 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20494 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . 20494 D Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20495 C Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20496 D Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 20498 B Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 20499 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20500 C Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . 20501 A Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20502 A Thomas Stritzl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 20502 C Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 20503 D Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20504 C Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20505 A Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20506 B Gabriele Schmidt (Ühlingen) (CDU/CSU) . . . 20507 D Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20508 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016II Tagesordnungspunkt 4: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Dritten Gesetzes zur Stär- kung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vor- schriften (Drittes Pflegestärkungsge- setz – PSG III) Drucksachen 18/9518, 18/9959, 18/10102 Nr . 19, 18/10510 . . . . . . . . . 20510 B – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10511 . . . . . . . . . . . . . 20510 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W . Birkwald, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Pflege teilhabeorientiert und wohnortnah gestalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Pflege vor Ort gestalten – Bessere Bedin- gungen für eine nutzerorientierte Versorgung schaffen Drucksachen 18/8725, 18/9668, 18/10510 20510 C Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20510 C Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20512 B Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 20513 C Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20514 D Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20516 B Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 20518 A Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20519 C Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20520 D Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20521 D Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20523 A Erich Irlstorfer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20524 C Heike Baehrens (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20525 C Tino Sorge (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20526 C Tagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Zeit für einen Kurswechsel – Rentenniveau deutlich anheben Drucksache 18/10471 . . . . . . . . . . . . . . . . 20528 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rentenniveau anheben – Für eine gute, lebensstan- dardsichernde Rente Drucksachen 18/6878, 18/10517 . . . . . . . . 20528 D Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 20528 D Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 20530 D Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 20531 D Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20533 C Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20535 B Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20536 A Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20537 B Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 20538 C Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20540 A Ralf Kapschack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20542 A Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20543 A Tagesordnungspunkt 35: b) Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Tabea Rößner, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Die digitale Welt verstehen und mitgestalten – Lernen und Lehren digitalisieren Drucksache 18/6203 . . . . . . . . . . . . . . . . . 20544 B c) Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Kai Gehring, Beate Walter-Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bildungs- einrichtungen fit für die digitale Gesell- schaft und die Zukunft machen Drucksache 18/10474 . . . . . . . . . . . . . . . . 20544 C Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Bundes- waldgesetzes Drucksache 18/10456 . . . . . . . . . . . . . . . . 20544 C b) Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald, Oliver Krischer, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Minamata- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 III Konvention zu Quecksilber unverzüg- lich ratifizieren Drucksache 18/7657 . . . . . . . . . . . . . . . . . 20544 D c) Antrag der Abgeordneten Dr . Valerie Wilms, Beate Walter-Rosenheimer, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nachhaltigkeit im politischen Prozess verankern Drucksache 18/10475 . . . . . . . . . . . . . . . . 20544 D d) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Erster Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Contergan- stiftungsgesetzes sowie über die gegebe- nenfalls notwendige Weiterentwicklung dieser Vorschriften Drucksache 18/8780 . . . . . . . . . . . . . . . . . 20544 D Tagesordnungspunkt 36: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einbeziehung der Bundespolizei in den Anwendungsbe- reich des Bundesgebührengesetzes Drucksachen 18/9759, 18/10276 . . . . . . . . 20545 A b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richt- linie 2014/55/EU über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auf- tragswesen Drucksachen 18/9945, 18/10287 . . . . . . . . 20545 B c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ver- sorgungsrücklagegesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften Drucksachen 18/9532, 18/9834, 18/10512 20545 C d) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 7. April 2016 zwi- schen der Regierung der Bundesrepu- blik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über den grenzüberschreitenden Einsatz von Luftfahrzeugen zur Ergänzung des Ab- kommens vom 9. Oktober 1997 über die Zusammenarbeit der Polizei- und Zoll- behörden in den Grenzgebieten Drucksachen 18/9988, 18/10492 . . . . . . . . 20546 A e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Ab- geordneten Annette Groth, Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Freiheit für Mumia Abu-Jamal Drucksachen 18/4722, 18/7349 . . . . . . . . . 20546 B f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Landwirt- schaft zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Antibiotika-Resis- tenzen vermindern – Erfolgreichen Weg bei Antibiotikaminimierung in der Hu- man- und Tiermedizin gemeinsam wei- tergehen Drucksachen 18/9789, 18/10308 . . . . . . . . 20546 B g)–l) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 382, 383, 384, 385, 386 und 387 zu Petitionen Drucksachen 18/10421, 18/10422, 18/10423, 18/10424, 18/10425 und 18/10426 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20546 C Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung Drucksachen 18/10353, 18/10482 . . . . . . . . . 20547 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/ CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung Drucksache 18/10469 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20547 B Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 20547 C Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 20548 D Dr . Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20549 C Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20550 D Dr. Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20551 D Dr . Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20552 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20554 A Tagesordnungspunkt 7: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften Drucksachen 18/9986, 18/10348, 18/10444 Nr . 1 .7, 18/10495 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20554 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016IV – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10504 . . . . . . . . . . . . . . . . 20554 D Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20554 D Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20556 A Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 20557 A Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20558 C Dr . h . c . Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . 20559 C Matthias Ilgen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20560 B Dr . Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . . 20561 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Parteiensponsoring regeln Drucksache 18/10476 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20563 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20563 A Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20564 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20566 A Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20566 B Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 20566 C Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 20567 C Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20568 D Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20569 D Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20571 B Tagesordnungspunkt 9: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung des Asylbewerberleistungs- gesetzes Drucksachen 18/9985, 18/10351, 18/10444 Nr . 1 .9, 18/10521 . . . . . . . . . 20572 B – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10522 . . . . . . . . . . . . . 20572 C b) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Ände- rung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Drucksachen 18/9984, 18/10349, 18/10444 Nr . 1 .8, 18/10519 . . . . . . . . . 20572 C – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10520 . . . . . . . . . . . . . 20572 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozi- ales zu dem Antrag der Abgeordne- ten Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn, Kerstin Andreae, Markus Kurth, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Exis- tenzminimum verlässlich absichern, gesellschaftliche Teilhabe ermögli- chen Drucksachen 18/10250, 18/10519 . . . . 20572 D Gabriele Lösekrug-Möller, Parl. Staatssekre- tärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20572 D Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 20573 C Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20574 C Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 20575 B Daniela Kolbe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20576 C Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20577 C Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 20578 D Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 20580 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 20581 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20587 C Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Wahl von Betriebsräten erleichtern und die betriebliche Interes- senvertretung sicherstellen – zu dem Antrag der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Katja Keul, Dr . Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Betriebsrätinnen und Betriebsräte braucht das Land Drucksachen 18/5327, 18/2750, 18/7595 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20581 D Bernd Rützel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20582 A Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20583 A Wilfried Oellers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20584 A Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20586 A Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20589 D Dr. Martin Pätzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20591 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 V Tagesordnungspunkt 32: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte am NATO-geführten Einsatz Reso- lute Support für die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen natio- nalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in Afghanistan Drucksache 18/10347 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20592 B Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20592 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 20593 C Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 20594 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20596 C Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 20597 C Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20598 C Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Recht und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Gesetzliche Grundlage für Angehörigenschmerzensgeld schaffen Drucksachen 18/5099, 18/10076 . . . . . . . . . . 20599 C Dr. Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 20599 D Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 20600 C Dr . Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU) . . . . . . 20601 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20602 D Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 20604 A Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20604 D Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Seefi- schereigesetzes Drucksachen 18/9466, 18/10496 . . . . . . . . . . 20605 D Ingrid Pahlmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20606 A Birgit Menz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 20607 A Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20607 D Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20609 B Kordula Kovac (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20610 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 20611 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20614 C Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Wolfgang Gehrcke, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Türkei-Politik neu ausrichten Drucksache 18/10472 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20612 A Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20612 A Dr . Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 20613 A Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20617 A Dr. Dorothee Schlegel (SPD) . . . . . . . . . . . . . 20618 B Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . . . 20619 C Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20619 D Alexander Radwan (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20620 A Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie zu der Verordnung der Bundesnetzagentur für Elek- trizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen: Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunika- tionsmarkt (TK-Transparenzverordnung – TKTransparenzV) Drucksachen 18/8804, 18/8934 Nr . 2, 18/10508 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20621 B Tagesordnungspunkt 16: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucher- schutz zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Omid Nouripour, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Straflosigkeit bei Kriegsverbre- chen – Völkerstrafprozesse in Deutsch- land voranbringen Drucksachen 18/6341, 18/10296 . . . . . . . . 20621 C b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Völker- strafgesetzbuches Drucksachen 18/8621, 18/10509 . . . . . . . . 20621 C Tagesordnungspunkt 17: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilfe- richtlinie und von weiteren Maßnah- men gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016VI Drucksachen 18/9536, 18/9956, 18/10102 Nr . 17, 18/10506 . . . . . . . . . 20622 A – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10507 . . . . . . . . . . . . . 20622 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Britta Haßelmann, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Mit Transparenz Steuervermeidung multinationaler Unternehmen eindämmen – Coun- try-by-Country-Reporting einführen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Britta Haßelmann, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Steuerschlupflöcher schließen – Gewinnverlagerung durch Lizenzzahlungen einschrän- ken Drucksachen 18/2617, 18/9043, 18/10506 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20622 B Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Inklusive Bildung für alle – Ausbau inklusi- ver Hochschulen fördern Drucksache 18/9127 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20622 D Tagesordnungspunkt 20: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung Drucksachen 18/8184, 18/10503 . . . . . . . . . . 20623 A Tagesordnungspunkt 21: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsiche- rung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhil- fe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetz- buch Drucksachen 18/10211, 18/10518 . . . . . . . . . . 20623 B Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20623 C Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20624 A Dr. Martin Pätzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20625 A Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 20625 D Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 20626 D Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 20627 D Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Luftsi- cherheitsgesetzes Drucksachen 18/9752, 18/9833, 18/10493 . . . 20629 B Tagesordnungspunkt 23: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Insol- venzordnung Drucksachen 18/9983, 18/10263, 18/10444 Nr . 1 .4, 18/10470 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20629 C Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 20629 D Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20631 A Dr . Heribert Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 20631 D Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20633 A Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20634 A Tagesordnungspunkt 24: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes Drucksachen 18/9440, 18/10440 . . . . . . . . 20635 A – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10441 . . . . . . . . . . . . . . . . 20635 B Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20635 B Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20636 C Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 20637 C Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20639 B Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 20640 C Tagesordnungspunkt 25: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Auf- gaben der Bundesanstalt für Finanzmarkt- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 VII stabilisierung (FMSA-Neuordnungsgesetz – FMSANeuOG) Drucksachen 18/9530, 18/9955, 18/10307 Nr . 1, 18/10501 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20642 A Tagesordnungspunkt 26: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Erlass und zur Änderung marktord- nungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergeset- zes Drucksachen 18/10237, 18/10468 . . . . . . . 20642 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10502 . . . . . . . . . . . . . . . . 20642 B Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Energiestatis- tikgesetzes (EnStatG) Drucksache 18/10350 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20642 C Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vorbereitung eines registergestützten Zensus einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2021 (Zensusvorberei- tungsgesetz 2021 – ZensVorbG 2021) Drucksachen 18/10458, 18/10484 . . . . . . . . . 20642 D Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Geset- zes zur Änderung des Sprengstoffgesetzes Drucksache 18/10455 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20643 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20643 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 20645 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne- ten Corinna Rüffer, Kerstin Andreae, Ekin Deligöz, Katharina Dröge, Harald Ebner, Kai Gehring, Bärbel Höhn, Katja Keul, Sven-Christian Kindler, Maria Klein- Schmeink, Sylvia Kotting-Uhl, Monika Lazar, Dr. Tobias Lindner, Peter Meiwald, Beate Müller-Gemmeke, Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Dr . Wolfgang Strengmann- Kuhn, Dr . Julia Verlinden und Beate Walter- Rosenheimer (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zu der Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behin- derungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) (Tagesordnungspunkt 3 a) . . . . . . . . . . . . . . . . 20645 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) zu der Abstim- mung über den von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) (Tagesordnungspunkt 4 a) . . . . . . . . . . . . . . . . 20646 B Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9 . Ausschuss) zu der Verordnung der Bundes- netzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommu- nikation, Post und Eisenbahnen: Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Tele- kommunikationsmarkt (TK-Transparenzver- ordnung – TKTransparenzV) (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . 20646 C Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20646 D Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20648 A Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 20650 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20650 D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Recht und Verbrau- cherschutz (6 . Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Omid Nouripour, Luise Amtsberg, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Keine Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen – Völkerstrafprozesse in Deutschland voranbringen – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches (Tagesordnungspunkt 16 a und b) . . . . . . . . . . 20651 C Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20651 C Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 20652 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016VIII Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20653 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 20654 A Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20655 A Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset- zung der Änderungen der EU-Amtshilfe- richtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerun- gen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Mit Transparenz Steuervermeidung multinationaler Unternehmen eindämmen – Country-by-Country-Reporting einfüh- ren – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Steuerschlupflöcher schließen – Ge- winnverlagerung durch Lizenzzahlungen einschränken (Tagesordnungspunkt 17 a und b) . . . . . . . . . . 20656 A Markus Koob (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20656 B Dr . Mathias Middelberg (CDU/CSU) . . . . . . . 20657 A Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 20658 A Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20660 A Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20660 C Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Inklusive Bildung für alle – Ausbau inklusiver Hochschulen fördern (Tagesordnungspunkt 18) . . . . . . . . . . . . . . . . 20662 D Xaver Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20662 D Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20663 C Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 20664 C Dr . Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 20665 C Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 20667 A Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20667 C Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungs- rechten zur leitungsgebundenen Energiever- sorgung (Tagesordnungspunkt 20) . . . . . . . . . . . . . . . . 20668 C Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20668 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20669 C Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 20670 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20672 A Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes (Tagesordnungspunkt 22) . . . . . . . . . . . . . . . . 20672 C Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . 20672 D Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20673 C Susanne Mittag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20674 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 20675 C Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20676 C Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarkt- stabilisierung (FMSA-Neuordnungsgesetz – FMSANeuOG) (Tagesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . 20677 A Dr . André Berghegger (CDU/CSU) . . . . . . . . 20677 A Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20677 D Dr . Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . . 20678 D Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 20680 A Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20680 D Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Erlass und zur Änderung marktordnungs- rechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 20681 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 IX Kees de Vries (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20681 C Dr . Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 20681 D Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 20682 D Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20683 D Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Energiestatistikgesetzes ( EnStatG) (Tagesordnungspunkt 27) . . . . . . . . . . . . . . . . 20684 C Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20684 C Florian Post (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20685 D Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20686 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 20687 A Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20687 C Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vorbereitung ei- nes registergestützten Zensus einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2021 (Zensusvorbereitungsgesetz 2021 – ZensVorbG 2021) (Tagesordnungspunkt 28) . . . . . . . . . . . . . . . . 20688 B Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20688 B Dr . Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20688 D Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . 20689 C Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20690 B Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20691 A Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Ände- rung des Sprengstoffgesetzes (Tagesordnungspunkt 29) . . . . . . . . . . . . . . . . 20692 A Oswin Veith (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20692 A Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 20693 A Martina Renner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20693 D Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20694 B Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20694 D (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20487 206. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2016 Beginn: 10 .02 Uhr
  • folderAnlagen
    Vizepräsidentin Claudia Roth (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20645 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Barthle, Norbert CDU/CSU 01 .12 .2016 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .12 .2016 Bülow, Marco SPD 01 .12 .2016 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 01 .12 .2016 Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .12 .2016 Ernst, Klaus DIE LINKE 01 .12 .2016 Ernstberger, Petra SPD 01 .12 .2016 Fabritius, Dr . Bernd CDU/CSU 01 .12 .2016 Ferner, Elke SPD 01 .12 .2016 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 01 .12 .2016 Groth, Annette DIE LINKE 01 .12 .2016 Hendricks, Dr . Barbara SPD 01 .12 .2016 Högl, Dr . Eva SPD 01 .12 .2016 Jung, Andreas CDU/CSU 01 .12 .2016 Kunert, Katrin DIE LINKE 01 .12 .2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 01 .12 .2016 Möhring, Cornelia DIE LINKE 01 .12 .2016 Müller, Dr . Gerd CDU/CSU 01 .12 .2016 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .12 .2016 Pilger, Detlev SPD 01 .12 .2016 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 01 .12 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 01 .12 .2016 Schulze, Dr. Klaus-Peter CDU/CSU 01 .12 .2016 Schwartze, Stefan SPD 01 .12 .2016 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 01 .12 .2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Strebl, Matthäus CDU/CSU 01 .12 .2016 Tank, Azize DIE LINKE 01 .12 .2016 Thönnes, Franz SPD 01 .12 .2016 Wawzyniak, Halina DIE LINKE 01 .12 .2016 Zeulner, Emmi * CDU/CSU 01 .12 .2016 Zypries, Brigitte SPD 01 .12 .2016 *aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Corinna Rüffer, Kerstin Andreae, Ekin Deligöz, Katharina Dröge, Harald Ebner, Kai Gehring, Bärbel Höhn, Katja Keul, Sven-Christian Kindler, Maria Klein-Schmeink, Sylvia Kotting-Uhl, Monika Lazar, Dr. Tobias Lindner, Peter Meiwald, Beate Müller-Gemmeke, Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Julia Verlinden und Beate Walter-Rosenheimer (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbst- bestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) (Tagesordnungs- punkt 3 a) Seit bekannt wurde, welche Neuregelungen die Große Koalition mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) treffen möchte, protestierten Menschen mit und ohne Behinde- rungen: Sie haben sich vor dem Reichstag ans Ufer der Spree gekettet, wochenlang vor dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales protestiert, für die erfolgreichs- te ihrer zahlreichen Petitionen mehr als 330 000 Un- terzeichnende gefunden und zu Tausenden im ganzen Land protestiert. Sie haben damit ihren Protest gegen ein Gesetz zum Ausdruck gebracht, das die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nur in wenigen Bereichen stärkt und mit dem viele behinderte Menschen nicht wie versprochen besser, sondern teils sogar schlechter daste- hen als bisher . Dabei wäre es höchste Zeit für einen weiteren Schritt in diese Richtung . Schon im letzten Jahr hatte der zustän- dige Fachausschuss der Vereinten Nationen ein harsches Urteil zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620646 (A) (C) (B) (D) tion in Deutschland gefällt: Behinderte Menschen kön- nen in Deutschland ihre Menschenrechte nicht im vollen Umfang wahrnehmen . Die Expertinnen und Experten der Vereinten Nationen sahen erheblichen Handlungsbe- darf und äußerten für einige Bereiche sogar große Sorge . Kritisch sahen sie unter anderem die hohe Zahl der be- hinderten Menschen, die in Wohnheimen lebt und den Mangel an alternativen Wohnmöglichkeiten . Auch die Tatsache, dass behinderte Menschen Teilhabeleistungen selbst mitfinanzieren müssen, hob der Fachausschuss ne- gativ hervor . Auch mit dem Teilhabegesetz bleibt es möglich, dass die Leistungsträger behinderte Menschen zum Wohnen in einem Wohnheim zwingen, indem sie andere Unter- stützungsleistungen verweigern . Es ist zwar anzuerken- nen, dass die Freibeträge für den Einsatz von Einkommen und Vermögen angehoben und Partnerinnen und Partner freigestellt werden . Der Grundsatz, dass behinderte Men- schen selbst für den Ausgleich ihrer gesellschaftlichen Ausgrenzung zahlen müssen, bleibt aber bestehen . Mit der neuen unabhängigen Beratung oder der bun- desweiten Einführung des Budgets für Arbeit sind an einigen Stellen positive Regelungen zu finden. Im Lich- te der Herausforderung, die mit der Umsetzung der Be- hindertenrechtskonvention verbunden ist, wirkt das aber kleinlich . Das Bundesteilhabegesetz ist das wichtigste behinder- tenpolitische Vorhaben, seit vor 15 Jahren mit dem Neun- ten Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) von der damaligen rot-grünen Koalition erste Schritte unternommen wur- den, die Rechte behinderter Menschen und ihren An- spruch auf Teilhabe in den Vordergrund zu stellen . Das Teilhabegesetz wird dem selbstgesteckten Anspruch der Koalition, einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention zu leisten, nicht gerecht . Trotz allem erkennen wir an, dass die Fraktionen von SPD und Union in letzter Minute einige der Forderungen behinderter Menschen und ihrer Verbände aufgenommen haben . Wir sind dankbar für das Engagement und den Elan, den behinderte Menschen und ihre Unterstützer im Ab- wehrkampf gegen einen katastrophalen Entwurf aufge- bracht haben . Das hat zu einigen Verbesserungen am Entwurf geführt . Trotzdem können wir diesem Gesetz- entwurf nicht zustimmen . Wir sehen ihn im Gegenteil als Auftrag, nach der Bundestagswahl mit neuem Schwung die Aufgabe anzugehen, vor die uns die Behinderten- rechtskonvention stellt . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) zu der Abstimmung über den von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Ge- setzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) (Tagesordnungs- punkt 4 a) Heute stehen die Regelungen des Pflegestärkungs- gesetzes III auf der Tagesordnung, die in Verbindung mit dem Bundesteilhabegesetz das größte sozialpoliti- sche Vorhaben der Koalition sind. Im Pflegestärkungs- gesetz III finden sich neben den Regelungen zur kom- munalen Verankerung der Pflege wichtige Regelungen zur Schnittstelle von Eingliederungshilfe und Pflege für Menschen mit Behinderung . Ich habe mich sehr dafür eingesetzt, die Regelung des § 43a SGB XI abzuschaffen oder zumindest auslaufen zu lassen . Völlig inakzeptabel ist die nun beabsichtigte Ausweitung dieser Regelung – auch wenn diese Ausweitung größtenteils zurückgenom- men wurde . Die Abgeltung von individuell erworbenen Pflegever- sicherungsansprüchen über einen Pauschalbetrag ent- spricht nicht mehr der Lebenswirklichkeit in den statio- nären Einrichtungen und sollte beendet werden . Angesichts der weiteren Änderungen im Pflegestär- kungsgesetz III, die den Gleichrang der Pflege beibehal- ten und insoweit eine bedarfsgerechte Versorgung von Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf möglich machen, werde ich dem Gesetz dennoch zustimmen . Ich gehe davon aus, dass wir in Zukunft erneut über die Re- gelung des § 43a SGB XI diskutieren werden . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Ener- gie (9. Ausschuss) zu der Verordnung der Bundes- netzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommuni- kation, Post und Eisenbahnen: Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommu- nikationsmarkt (TK-Transparenzverordnung – TKTransparenzV) (Tagesordnungspunkt 15) Hansjörg Durz (CDU/CSU): Heute ist ein guter Tag für den Nutzer von Telekommunikationsdiensten in Deutschland . Mit der Verabschiedung der TK-Trans- parenzverordnung geben wir dem Verbraucher endlich ein rechtssicheres Instrumentarium in die Hand, das ihm Transparenz über die von ihm in Anspruch genommene Telekommunikationsleistung bietet . Die heute von uns zu verabschiedende Regelung hat ihren Ursprung in mehreren, in den vergangenen Jahren festgestellten Defiziten: Erstens . Messstudien zur Dienstqualität breitbandi- ger Internetzugänge haben ergeben, dass im Verhältnis von vertraglich vereinbarten Datenübertragungsraten zu tatsächlich gelieferten Datenübertragungsraten über alle Technologien, Produkte und Anbieter zum Teil erhebli- che Diskrepanzen existieren . Einfach ausgedrückt: Beim Kunden kommt weniger an als vertraglich vereinbart . Zweitens . Analysen von Telekommunikationsverträ- gen haben ergeben, dass viele Anbieter dazu gar keine Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20647 (A) (C) (B) (D) oder nur wenig belastbare Aussagen zur realisierbaren Datenübertragungsrate tätigen . Einfach gesagt: Der Kun- de weiß gar nicht, mit welcher Leistung er konkret rech- nen darf . Drittens. kam es in der Vergangenheit häufig zu Ver- braucherbeschwerden insbesondere im Telekommunika- tionsbereich, beispielsweise in Bezug auf Kündigungs- termine und verbrauchte Datenvolumina . Auf diese Missstände nimmt die Verordnung direkt Bezug: Erstens. Die Verordnung sieht die Verpflichtung zur Bereitstellung eines anbieterübergreifend einheitlich gestalteten Produktinformationsblattes vor, und zwar vor Vertragsschluss . Damit sollen Endkunden in die Lage versetzt werden, sich vorab über wesentliche Ver- tragsbestandteile zu informieren. Dies schafft für den Endkunden ein hohes Maß an Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit bereits vor Vertragsschluss. Das Pro- duktinformationsblatt ist – auch auf Wunsch der Ver- braucherschutzverbände – bewusst schlank gehalten und erfasst nur die wesentlichen Vertragsinhalte . Dazu zäh- len der Preis, die Vertragslaufzeit sowie die Angabe der minimalen, der normalerweise zur Verfügung stehenden und der maximalen Datenübertragungsrate . Die Bestand- teile des Musterinformationsblatts, das zukünftig als Grundlage für eine einheitliche Vermittlung gegenüber den Kunden dienen soll, wurde in enger Abstimmung zwischen Bundesnetzagentur und der TK-Branche erar- beitet . Wir haben dabei darauf geachtet, dass die in der Telekommunikationsbranche tätigen Unternehmen nicht über Gebühr belastet werden, ohne das Niveau der Ver- braucherinformation zu verwässern . Die Anbieter dürfen nicht weniger, aber auch nicht mehr in das Produktinfor- mationsblatt schreiben, als es § 1 der TK-Transparenz- verordnung vorgibt. Ziel ist es, eine Informationsüberflu- tung des Verbrauchers zu vermeiden . Zweitens . Durch die Transparenzverordnung wird die Bereitstellung eines Messsystems festgeschrieben, welches es dem Endkunden nach erfolgter Anschluss- schaltung ermöglicht, vertraglich vereinbarte Daten- übertragungsraten auch zu überprüfen . Dabei kann der TK-Anbieter entweder auf das Messangebot der Bundes- netzagentur (www .breitbandmessung .de) zurückgreifen oder ein eigenes implementieren . Die Messergebnisse müssen für den Kunden speicher- bar sein und im Online-Kundencenter hinterlegt werden können . So versetzen wir den Kunden in die Lage, ohne größeren Aufwand Messreihen zu bilden, diese zu doku- mentieren und somit leichter als bisher Leistungsmängel gegenüber seinem Anbieter zu beanstanden . Zudem sind die TK-Anbieter ausdrücklich dazu verpflichtet, ihre Kunden über die Möglichkeit zur Nutzung eines Mess- systems zu informieren . Drittens. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Ver- pflichtung für den Anbieter, zukünftig auf der Monats- rechnung für den Verbraucher relevante Vertragsdaten abzudrucken . Dazu zählt das aktuelle Kündigungsdatum genauso wie im Bereich des Mobilfunks das monatlich verbrauchte Datenvolumen . Das Ende der Mindestvertragslaufzeit war bislang in vielen Fällen für die Endnutzer nur schwer zu ermitteln . Durch die neue Regelung wird eine zuverlässige und für den Verbraucher praktikable Informationsmöglichkeit geschaffen. Die Kenntnis des verbrauchten Datenvolu- mens versetzt den Verbraucher wiederum in die Lage, seinen Vertrag nach seinen Bedürfnissen anzupassen . Viertens . Gleichzeitig legt die Verordnung Bußgel- der fest, die dann erhoben werden, wenn die geforderten Maßnahmen nicht rechtzeitig, vollständig oder zufrie- denstellend umgesetzt werden . Die genannten Elemente erreichen genau das Ziel der Transparenzverordnung, nämlich Transparenz für die Verbraucher zu schaffen. Im parlamentarischen Verfahren drehte sich hingegen vieles um die Frage, ob sektorspezifische Schadenser- satz- oder Kündigungsregelungen für den TK-Bereich durch die Verordnung implementiert werden können . Schon bereits aufgrund einer mangelnden Rechtsgrund- lage durch das TKG ist dies zu verneinen . Dies wurde in der öffentlichen Anhörung mehrfach bestätigt. Aber auch aus rein praktischen Erwägungen scheidet eine derartige Implementierung aus . Vor dem Hintergrund des bereits geltenden Zivilrechts sind Telekommunikationsdienst- verträge als Dauerschuldverhältnisse im BGB geregelt . Damit existieren bereits heute grundsätzlich Schadens- ersatz- und Kündigungsrechte, sofern vertragskonforme Leistungen nicht bereitgestellt werden . Und diese An- sprüche kann der Kunde auf dem Zivilrechtsweg verfol- gen und damit vor ordentlichen Gerichten durchsetzen . Das intendierte Ziel der Transparenzverordnung ist der informierte Verbraucher . Dieser erhält zukünftig transparente, vergleichbare, ausreichende und aktuel- le Informationen auf Basis einer klaren, verständlichen und leicht zugänglichen Form . Das ist der Mehrwert der Transparenzverordnung, den wir durch Produktinforma- tionsblatt, Messtool, Abdruck der Vertragslaufzeit und Kontrolle bei ungewöhnlich hohem Datenverbrauch be- fördern. Wir schaffen dadurch die Voraussetzungen für einen echten Qualitätswettbewerb, bei dem die Kunden wissen, was sie bei den einzelnen Anbietern erhalten und dementsprechend dann auch ihren Anbieter auswählen können . Wettbewerb durch Transparenz! Lassen Sie mich zum Abschluss noch einen Ausblick geben. Seit April 2016 findet europaweit die sogenannte TSM-Verordnung unmittelbare Anwendung, mit der die Bereiche Netzneutralität und Roaming adressiert werden . Gewissermaßen das Herzstück der Verordnung in Sachen Mindestqualität stellt dabei der Artikel 4 der TSM-Ver- ordnung dar . Dieser gibt TK-Anbietern unter anderem vor, in ihren Verträgen klar und verständlich zu erläutern, „wie hoch die minimale, die normalerweise zur Verfü- gung stehende, die maximale und die beworbene Down- load- und Upload-Geschwindigkeit von Internetzugangs- diensten bei Festnetzen oder die geschätzte maximale und die beworbene Download- und Upload-Geschwindigkeit von Internetzugangsdiensten bei Mobilfunknetzen ist und wie sich erhebliche Abweichungen von der jeweiligen beworbenen Download- und Upload-Geschwindigkeit auf die Ausübung der Rechte der Endnutzer . . . auswirken http://www.breitbandmessung.de Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620648 (A) (C) (B) (D) könnten .“ Damit die Bundesnetzagentur etwaige Verstö- ße gegen diese Transparenzvorschriften sanktionieren kann, benötigt sie entsprechende Sanktionsmechanismen wie Buß- und Zwangsgelder . Diese Sanktionsmechanis- men sollen mit dem 3. TKG-Änderungsgesetz geschaffen werden . Der Gesetzentwurf wird, wie Sie wissen, derzeit im Wirtschaftsausschuss beraten . Dieses Grundkonzept der europäischen Verordnung mit Transparenz in Kombination mit Sanktionsmöglich- keiten durch die Bundesnetzagentur, wenn es zu Verstö- ßen kommt, halte ich für überzeugend . Man muss beides in Zusammenhang sehen: die Vorgaben der TSM-Ver- ordnung in Kombination mit der Transparenz durch die Transparenzverordnung . Wenn der Kunde weiß, was ihm zusteht, und er nachprüfen kann, was er bekommt, ist der Weg zu einem echten Qualitätswettbewerb geebnet . Heute geht es um Transparenz. Und diese schaffen wir in einem ersten Schritt durch die Verabschiedung dieser gelungenen Verordnung . Klaus Barthel (SPD): Gleich am Anfang der vorlie- genden Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt (TK-Transparenzver- ordnung) steht unter „Problem und Ziel“ völlig zutref- fend: „Die Bundesnetzagentur hat seit Inkrafttreten der TKG-Novelle im Endkundenmarkt insbesondere unter- sucht, welche Informationen Anbieter zu stationären und mobilen Breitbandanschlüssen geben . Dabei stand das Verhältnis der vertraglich vereinbarten Datenübertra- gungsrate und der tatsächlich gelieferten Datenübertra- gungsrate im Fokus . Eine Messstudie zur Dienstqualität breitbandiger In- ternetzugänge hat ergeben, dass es in dieser Hinsicht über alle Technologien, Produkte und Anbieter hinweg eine deutliche Diskrepanz gibt . Gleichzeitig hat die Stu- die deutlich gemacht, dass Transparenz bei der Leis- tungserbringung einen großen Einfluss auf die Kunden- zufriedenheit hat .“ Das Problem ist also schon lange bekannt und belegt. In seiner Sitzung vom 24 . Juni 2013 hat der Beirat bei der Bundesnetzagentur festgehalten: „Der Beirat stellt fest, dass die Messstudie ‚Diens- tequalität bei Breitbandzugängen‘ und die Auswertung der Vertragsbedingungen eine deutliche Diskrepanz zwischen vermarkteter und tatsächlich erreichter Da- tenübertragungsrate aufzeigen . Der Beirat begrüßt, dass die Bundesnetzagentur einen Eckpunkteentwurf vor- gelegt hat, um die Transparenz im Endkundenmarkt zu fördern . Vorrangiges Ziel muss es dabei sein, dem End- kunden Transparenz darüber zu verschaffen, welche Da- tenübertragungsrate (Mindestbandbreite) mit ihm vom TK-Unternehmen vereinbart wird und wie er in tech- nisch einfacher Form kontrollieren kann, ob diese Rate auch tatsächlich zur Verfügung steht . Zugleich müssen Sanktionsmechanismen für den Fall einer Abweichung entwickelt werden . Insofern bittet der Beirat die Bundes- netzagentur, von ihren Befugnissen nach § 41a Absatz 2 TKG sowie § 43a Absatz 1 Nr . 2 und Absatz 2 Nr . 3 TKG Gebrauch zu machen . Das Bundesministerium für Wirt- schaft und Technologie wird gebeten, zu prüfen, ob die- ses Vorgehen der Bundesnetzagentur durch Erlass einer Verordnung gemäß § 45n TKG unterstützt werden kann .“ Diese Verordnung liegt nun – immerhin drei Jahre später – endlich vor . Schon 2013 war völlig klar: Der Endkunde braucht Transparenz, welche Datenübertragungsrate vertraglich vereinbart wurde und wie er in technisch einfacher Form kontrollieren kann, ob diese Rate auch tatsächlich zur Verfügung steht . Die jetzt vorliegende Verordnung ist ausdrücklich zu begrüßen: Wenn in Zukunft auf jeder Monatsrechnung der Ab- lauf der Mindestvertragslaufzeit erscheint, hilft dies dem Kunden bzw . Endnutzer, den Überblick zu bewahren . Ebenso dient es der Transparenz, wenn der Verbrau- cher bzw . Endnutzer eine transparente Informations- möglichkeit eingeräumt bekommt im Hinblick auf sein bislang verbrauchtes Datenvolumen – auf mindestens tagesaktueller Basis und nach Ende des vereinbarten Ab- rechnungszeitraumes im Wege einer Gegenüberstellung des vertraglich vereinbarten und des tatsächlich ver- brauchten Datenvolumens . Besonders hervorzuheben ist hier aber das Produkt- informationsblatt, das die Anbieter dem Verbraucher bzw . Endnutzer in Zukunft vor Vertragsschluss zur Verfügung stellen müssen . Es muss die wesentlichen Vertragsbestandteile aufzeigen: Vertragslaufzeiten; mi- nimale, normalerweise zur Verfügung stehende und ma- ximale Datenübertragungsrate; Rahmenbedingungen zu einer etwaigen Reduzierung der Datenübertragungsrate („Drosselung“) . Diese Angaben sind auch in den indivi- duellen Verträgen deutlich hervorzuheben . Vor allem die Angaben zur minimalen, normalerweise zur Verfügung stehenden und zur maximalen Datenübertagungsrate sol- len dabei helfen, dass in Zukunft die erheblichen Abwei- chungen zwischen der in der Werbung versprochenen, der vertraglich zugesagten und der tatsächlichen Daten- übertragungsrate ermittelt und nachgewiesen werden können . Dafür ist es unerlässlich, dass der Verbraucher bzw . Endnutzer einen Rechtsanspruch auf Information zur ak- tuellen Datenübertragungsrate seines Mobilfunk- bzw . Festnetzanschlusses erhält – so, wie es die Verordnung vorsieht . Die Anbieter können eine eigene Messung an- bieten oder auf das zukünftige Messtool der Bundesnetz- agentur verweisen . Zur Überprüfbarkeit und Vergleich- barkeit müssen für den Verbraucher bzw . Endnutzer „auf einen Blick“ die vertraglich vereinbarte minimale und maximale Datenübertragungsrate und die tatsächlich ge- messene Datenübertragungsrate dargestellt werden . Die Messergebnisse müssen abgespeichert und online zu- gänglich sein . So kann der Verbraucher ohne größeren Aufwand mehrere Messungen durchführen und seinem Anbieter etwaige Abweichungen zwischen tatsächlicher und vertraglich vereinbarter Datenübertragungsrate mit- teilen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20649 (A) (C) (B) (D) Das von der Bundesnetzagentur in Zukunft auf der Webseite www .breitbandmessung .de angebotene Mess- tool spielt hier eine ganz zentrale Rolle . Wichtig und gut ist auch, dass die Bundesnetzagentur von der durch die Telekom-Binnenmarkt-Verordnung (TSM-Verord- nung, Telecom Single Market/TSM-VO – Verordnung [EU] 2015/2120) eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, einen solchen zertifizierten Überwachungs- mechanismus nach Artikel 4 Absatz 4 dieser Verord- nung anzubieten . Auch das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK – Body of European Regulators for Electronic Communication/BEREC) erkennt das Messtool als zerti- fizierten Überwachungsmechanismus an. Aber genau hier beginnt das Problem bzw. endet die Transparenz für den Endverbraucher . Denn Artikel 4 Ab- satz 4 der TSM-Verordnung lautet: „Jede erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichung bei der Geschwindigkeit oder bei anderen Dienstqualitätsparametern zwischen der tatsächlichen Leistung der Internetzugangsdienste und der vom Anbieter der Internetzugangsdienste ge- mäß Absatz 1 Buchstabe a bis d angegebenen Leistung gilt – sofern die rechtserheblichen Tatsachen durch einen von der nationalen Regulierungsbehörde zertifizierten Überwachungsmechanismus festgestellt wurden – für die Auslösung Bestimmung der Rechtsbehelfe, die dem Verbraucher nach nationalem Recht zustehen, als nicht vertragskonforme Leistung .“ Laut Auffassung der Bundesnetzagentur können die Messungen der Anbieter oder über das Messtool der Bundesnetzagentur Abweichungen bei den Übertra- gungsraten zwar ermitteln . Bei der Frage aber, ob es sich dabei um eine „erhebliche, kontinuierliche oder regelmä- ßig wiederkehrende Abweichung handelt“, die nach der TSM-Verordnung als nicht vertragskonforme Leistung gilt, wird der Verbraucher bisher völlig alleine gelassen und – auf der Grundlage unbestimmter Rechtsbegriffe – den tiefen Niederungen des Leistungsstörungsrechts im BGB und einer erst noch zu entwickelnden Rechtspre- chung überlassen . Nun haben wir unter anderem in der Anhörung zur Transparenzverordnung gelernt, dass dieses Defizit nicht der Transparenzverordnung anzulasten ist . Mangels Ermächtigungsgrundlage können innerhalb der Trans- parenzverordnung keine Mindestqualitäten für Inter- netzugänge festgelegt werden . Ebenso wenig kann die Bundesnetzagentur mangels Rechtsgrundlage im Rah- men der Transparenzverordnung Regelungen zum Scha- densersatz schaffen, Bußgelder vorsehen oder ein Son- derkündigungsrecht bei erheblichen Abweichungen der Datenübertragungsrate . Genau das ist aber der Grund, weshalb die Transpa- renzverordnung heute verabschiedet werden kann und muss . Alles, was sie regelt und regeln kann, bedeutet ei- nen großen Fortschritt für die Kundinnen und Kunden . Die Anbieter können sich darauf einstellen, dass es in Zukunft ein verständliches und übersichtliches Produkt- informationsblatt geben muss, was auf der monatlichen Rechnung stehen muss, dass und wie die Datenübertra- gungsraten gemessen werden können . Alles das kann und soll jetzt auf den Weg gebracht werden . Und das, was aus auch unserer Sicht fehlt, nämlich Klarheit über die Rechtsfolgen bei Abweichung der Datenübertragungsraten, muss und kann nicht hier und heute, sondern allenfalls über die ohnehin anstehende Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) gelöst werden . Aber das TKG steht heute noch nicht zur Debatte . Die Koalition sieht hier noch Beratungsbedarf . Insoweit bietet der Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/10525 ei- nen durchaus richtigen Ansatz – nur leider nicht für die Transparenzverordnung. Auch wir vertreten die Auffas- sung, dass Mindeststandards für die Qualität von Inter- netzugängen festgelegt werden müssen – im Interesse der Verbraucher . Es dürfen nicht erst noch zeitlich und mate- riell aufwendige Rechtsstreite ausgefochten werden müs- sen, bevor klar ist, was eine erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichung der Da- tenübertragungsrate ist, die nach der TSM-Verordnung unmittelbar als nicht vertragskonforme Leistung gilt . Es liegt nicht nur nahe, sondern es ist rechtlich geboten, dies in Einklang mit den GEREK-Leitlinien zur Netzneutra- lität (BoR [16] 127) zu tun, die auf der Grundlage von Artikel 55 Absatz 3 TSM-Verordnung und im Interesse einer einheitlichen Anwendung der TSM-Verordnung in der EU herausgegeben wurden . Es bleibt zu klären, wel- che Möglichkeiten dafür im TKG bestehen und wie dies europarechtskonform umgesetzt werden kann . Tatsache ist, dass die Bundesnetzagentur über Arti- kel 5 Absatz 1 Satz 2 TSM-Verordnung ermächtigt ist, „Mindestanforderungen an die Dienstequalität“ vorzu- schreiben . Sie kann Anforderungen an die verschiedenen Geschwindigkeitsarten aufstellen (so zum Beispiel an die minimale, normalerweise verfügbare und maximale Ge- schwindigkeit) . Bisher vertreten Bundesnetzagentur und Bundeswirtschaftsministerium die Auffassung, allenfalls auf der Grundlage der derzeit im ersten Betriebsjahr der Breitbandmessung erhobenen Daten könne sich ein Handlungsbedarf zur Festlegung von Mindestqualitäten ergeben . Dies ignoriert, dass die Erhebungen 2012 und 2013 längst belegt haben, in welch erheblichem Umfang die Datenübertragungsraten über alle Technologien, Pro- dukte und Anbieter hinweg deutlich von den beworbenen und vertraglich zugesagten Raten abweichen . Es gibt kei- nen Grund, diese Daten nicht als Beleg dafür zu nehmen, dass längst Handlungsbedarf besteht . Allein die Vielzahl der Beschwerden von Kundinnen und Kunden und unse- re Alltagserfahrungen reichen längst aus, Handlungsbe- darf festzustellen . Die TSM-Verordnung ist seit November 2015 in Kraft getreten und schreibt vor, dass die nationalen Regulie- rungsbehörden genau überwachen und sicherstellen, dass die Transparenzvorgaben eingehalten werden . Insoweit sind wir mehr als skeptisch, es bei der bloßen Ermächti- gung aus der TSM-Verordnung zu belassen und darauf zu vertrauen, dass die Regulierungsbehörde nach Vorliegen neuerer Daten endlich Handlungsbedarf sieht und dann auch hinreichend konkrete Vorgaben zu den Datenüber- tragungsraten macht . http://www.breitbandmessung.de Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620650 (A) (C) (B) (D) Es kann weder im Interesse der Verbraucher noch der Bundesnetzagentur liegen, dass hier weiter so gro- ße Rechtsunsicherheit über die Frage herrscht, was ist in dem Bereich eine nicht vertragskonforme Leistung ist, wie sie zweifelsfrei festgestellt werden kann und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben . Diese Rechtsunsicher- heit dient allein den Anbietern . Auch im Straßenverkehr ist es nicht unbedingt übliche Verwaltungspraxis, zu- nächst einmal zu ermitteln, wie schnell die Autofahrer auf einer Straße tatsächlich fahren, um dann erst anhand dieser Erhebungen die zulässige Höchstgeschwindigkeit festzulegen . Aber zurück zur Transparenzverordnung: Das Mess- tool der Bundesnetzagentur ist ein richtiger erster Schritt . Es wird zu mehr Transparenz auf dem Markt führen und hoffentlich den Druck auf die Anbieter erhöhen, auch nur solche Übertragungsraten anzubieten, die tatsäch- lich beim Nutzer ankommen . Die Breitbandmessung der Bundesnetzagentur und die beabsichtige Veröffent- lichung von Jahresberichten und statistische Analysen zur Dienstequalität von breitbandigen Internetzugän- gen werden das Ihre dazu beitragen . Aus unserer Sicht muss aber zusätzlich gewährleistet sein, dass der Nutzer schnell und eindeutig erkennen kann, dass und wie er/sie sich bei erheblicher Unterschreitung der Übertragungs- raten ganz praktisch wehren kann . Dabei ist das von der SPD-Fraktion und von Verbraucherorganisationen seit langem geforderte Sonderkündigungsrecht nur ein denk- bares In strument von mehreren . Schon mit Beschluss des Beirates bei der Bundesnetzagentur vom 24 . Juni 2013 wurde die Bundesnetzagentur aufgefordert, Sanktions- mechanismen für den Fall einer Abweichung zu entwi- ckeln . Wir appellieren an die Bundesnetzagentur, möglichst bald den Ergebnisbericht über das erste Betriebsjahr ihrer Breitbandmessung vorzulegen, um auf dieser Grundlage fundiert darüber beraten zu können, ob und welche wei- teren Regelungen im Interesse der Verbraucher ins TKG aufgenommen werden müssen . Damit Netzbetreiber Kunden nicht mehr mit vagen Angeboten locken können, die Internetgeschwindigkeiten von „bis zu …“ verspre- chen. Damit die beworbenen Produkte von den tatsächli- chen nicht weiter derart stark abweichen wie bisher . Die Auswertung brauchen wir noch aus einem ande- ren Grund . Man darf gespannt sein, was die realen Mes- sungen ergeben – mit Blick auf die Breitbandstrategie der Bundesregierung, wonach in einem ersten Schritt bis Ende 2018 allen Haushalten in Deutschland mindestens 50 Mbit/s im Download zur Verfügung stehen sollen . Denn die „Aktuelle Breitbandverfügbarkeit in Deutsch- land (Stand 2016)“, erhoben vom TÜV Rheinland im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digi- tale Infrastruktur, besagt zwar, dass für 71,2 Prozent der bundesdeutschen Haushalte Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s im Download verfügbar sind . Allerdings: Die Ergebnisse basieren ausschließlich auf den freiwilligen Datenlieferungen von circa 350 Breitbandanbietern, nicht Kunden . Ein Schelm, wer Böses dabei denkt . Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns heu- te die Transparenzverordnung auf den Weg bringen und möglichst bald über das TKG dafür sorgen, dass das Messtool der Bundesnetzagentur kein stumpfes Schwert bleibt. Wichtig ist uns dabei auch die Perspektive, ausrei- chend Druck auszuüben, um tatsächlich über den Wett- bewerb die Ziele der Breitbandstrategie der Bundesregie- rung vielleicht doch noch zu erreichen . Thomas Lutze (DIE LINKE): Mit der Verordnung für mehr Transparenz in der Telekommunikation bleibt die Bundesregierung einmal mehr hinter dem Möglichen zurück und bedient die Interessen der Telekommunika- tionsunternehmen statt die der Verbraucherinnen und Verbraucher . Zwar folgt die Telekommunikations-Trans- parenzverordnung in einigen Punkten den umfangrei- chen Transparenzvorgaben der Telekommunikation-Bin- nenmarkt-Verordnung, und das begrüßen wir . Dennoch fehlen wichtige Umsetzungsmaßnahmen . Beispielsweise sind nach den europäischen Vorgaben von den Telekom- munikationsanbietern auch Informationen darüber zu leisten, wie sich die von einem Anbieter angewandten Verkehrsmanagementmaßnahmen auf die Qualität des Internetzugangsdienstes, die Privatsphäre der Endnutzer und den Schutz personenbezogener Daten auswirken . Ähnliches gilt für priorisierte Spezialdienste . Hier fehlen die konkretisierenden Bestimmungen in Form verständ- licher Erläuterungen für die Endnutzer, wie sich solch priorisierte Spezialdienste in der Praxis auf ihren Inter- netzugang auswirken können . Neben diesem völligen Fehlen von Transparenzvor- gaben für das Verkehrsmanagement sowie für Spezial- dienste im Internet wurde auch die Chance verpasst, die erstellten Transparenzvorschläge des Gremiums Euro- päischer Regulierungsstellen für elektronische Kommu- nikation, GEREK, für den mobilen Internetzugang auf- zugreifen . Damit die Verbraucherinnen und Verbraucher sich ein realistisches Bild über die geschätzten maxima- len Datenübertragungsraten je nach Ort und Nutzungsbe- dingungen machen können, wurde von dieser Seite vor- geschlagen, sollten die TK-Anbieter in digitalen Karten über die Netzabdeckung und die geschätzten sowie ge- messenen maximalen Datenübertragungsraten informie- ren . Das sind nur einige ausgewählte Kritikpunkte; sie zeigen aber, dass Bundesregierung und Bundesnetzagen- tur es erneut verpasst haben, eine verbraucherfreundliche TK-Politik zu formulieren. Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein großer Telekommunikationsanbieter bewirbt sein An- gebot mit einer Geschwindigkeit von 16 Mbit/s . Wer wissen will, wie viel der Anbieter davon auch tatsäch- lich liefert, muss das Kleingedruckte lesen . Ich habe das gemacht: Gerade einmal 6 304 Kbit/s . müssen geliefert werden, um den Vertrag zu erfüllen, das sind nicht mal 40 Prozent der 16 Mbit/s. Da sind die Verbraucherinnen und Verbraucher die Gelackmeierten, und das wird auch durch diese Transparenzverordnung nicht geändert! Nur 15,9 Prozent der Nutzer erreichen überhaupt die volle Bandbreite . Das hat der letzte Test der Bundes- netzagentur 2013 ergeben . Die EU hat zuletzt im Okto- ber 2014 eine Qualitätsstudie veröffentlicht. Im europä- ischen Durchschnitt werden gerade einmal 75,9 Prozent der versprochenen Bandbreiten erreicht . Übersetzt heißt Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20651 (A) (C) (B) (D) das: statt 50 Mbit/s nur knapp 38 Mbit/s . Und Deutsch- land lag sogar noch unter diesem Durchschnitt . Die Antwort auf diesen Missstand ist die vorliegen- de Transparenzverordnung . Seit 2014, also nunmehr seit zwei Jahren, ist sie in der Mache . Dafür ist das Ergebnis ganz schön mau . Die Internetanbieter sollen in Zukunft auf einem standardisierten Produktinformationsblatt die maximale Downloadbandbreite, die minimale und die normalerweise verfügbare Surfgeschwindigkeit nennen . Der Berg kreißte und gebar ein Informationsblatt . Glauben Sie wirklich, dass das etwas nützt? Ich habe nichts gegen Transparenz, im Gegenteil . Aber Transpa- renz allein reicht nicht . Transparenz ist kein Ersatz für verbriefte Rechte, auf die man sich berufen kann . Trans- parenz ist kein Ersatz für Mindeststandards, die von allen Marktteilnehmern eingehalten werden müssen . Seit August liegen die Leitlinien von GEREK vor, der Dachorganisation der europäischen Aufsichtsbehörden . Diesen Leitlinien zufolge kann man für die minimale, die maximale und die normalerweise zur Verfügung stehen- de Bandbreite Mindestanforderungen definieren. Genau das schlagen wir in unserem Entschließungsan- trag vor . Wir möchten erreichen, dass die normalerweise zur Verfügung stehende Geschwindigkeit mindestens für 95 Prozent eines Tages zur Verfügung stehen muss, und dass zu keinem Zeitpunkt weniger als 70 Prozent der ver- sprochenen „Bis zu“-Bandbreiten geliefert werden dür- fen . Das wären verbraucherfreundliche Vorgaben, die Sie sich nicht getraut haben . Und das ist noch nicht alles . Bald wird hier die Re- form des Telekommunikationsgesetzes auf der Tagesord- nung stehen . Dann geht es unter anderem darum, welche Sanktionen zur Verfügung stehen, wenn die Anbieter die Mindestqualitätsanforderungen nicht erfüllen . Das euro- päische Recht hat hier kürzlich vielfältige Möglichkeiten geschaffen. Verbraucherinnen und Verbraucher können einen pauschalierten Schadensersatzanspruch bekom- men, wenn die Anbieter dauerhaft nicht die vertraglich vereinbarte Leistung liefern . Denkbar sind auch Bußgel- der, etwa in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom Jahresumsatz der Unternehmen . All dies setzt aber voraus, dass überhaupt erst einmal die Möglichkeit geschaffen wird, solche Vertragsverstö- ße festzustellen. Solange die Anbieter nicht verpflichtet sind, bestimmte Mindeststandards einzuhalten, kann man natürlich auch keine Sanktionen für Verstöße dage- gen festlegen – und genau das ist das Problem mit dieser Transparenzverordnung! Deshalb appelliere ich an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Stimmen Sie unserem Antrag zu . Machen Sie nicht nur Transparenzgedöns, sondern geben Sie Min- destqualitätsstandards vor, die nicht unterschritten wer- den dürfen. Schaffen Sie die Grundlage dafür, den Ver- braucherinnen und Verbrauchern durchsetzbare Rechte an die Hand zu geben . Zeigen Sie, dass Sie im Bereich der Telekommunikation nicht nur die Interessen der Un- ternehmen, sondern auch die der Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick haben . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord- neten Tom Koenigs, Omid Nouripour, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen – Völker- strafprozesse in Deutschland voranbringen – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Völ- kerstrafgesetzbuches (Tagesordnungspunkt 16 a und b) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Heute finden die zweite und dritte Lesung zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches statt . Dieser Ge- setzentwurf dient der Ratifizierung der Vereinbarungen, die auf der Konferenz in Kampala getroffen wurden, und stellt einen großen Schritt zu einer Ächtung von Kriegs- verbrechen dar . Das Verbrechen der Aggression ist ein Straftatbe- stand im Völkerstrafrecht und umfasst eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen . Der Ge- setzentwurf dient als Schutz des friedlichen Zusammen- lebens der Völker und gleichzeitig zum Schutz der frei- heitlichen demokratischen Grundordnung, die auch ein Leben in Frieden umfasst . Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, diese Werte auch in deutsches Recht einzubau- en, um einen Beitrag zu einer friedlicheren und sicheren Welt zu leisten und Kriegsverbrechen zu bestrafen . Dies markiert einen wichtigen Schritt beim Kampf gegen die Straflosigkeit schwerster Verbrechen, welche die inter- nationale Gemeinschaft als Ganze betreffen, indem es der Ausübung der Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression den Weg eröffnet. Die Eini- gung in Kampala ist das Ergebnis eines langwierigen und mühevollen Ringens um einen Kompromiss, an welchem die Bundesrepublik Deutschland wesentlich beteiligt war . Dieser Gesetzentwurf verfolgt diesen Weg weiter . Der vorliegende Gesetzentwurf schlägt mithin eine Möglichkeit vor, mit der es gelingen kann, den Tatbestand des Verbrechens der Aggression in das deutsche Recht zu implementieren . Bislang regelten § 80 StGB – Vorberei- tung eines Angriffskrieges – und § 80a StGB – Aufsta- cheln zum Angriffskrieg – die Strafbarkeitstatbestände im Zusammenhang mit einem Angriffskrieg in Deutsch- land . Diese Vorschriften sollen nun durch einen neuen, eigenständigen Straftatbestand des Verbrechens der Ag- gression, der in das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) ein- gefügt wird, ergänzt werden . Es wird mithin ein neuer § 13 VStGB „Verbrechen der Aggression“ geschaffen. Die Koalition hat gut gearbeitet, und ich werde im Folgenden einige Änderungen an der vorgeschlagenen Formulierung darstellen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620652 (A) (C) (B) (D) Im parlamentarischen Verfahren wurden vor allem zwei Punkte diskutiert. Dies ist erstens die Änderung des § 13 Absatz 5 VStGB, welcher sich nun nur noch auf § 13 Absatz 2 VStGB bezieht und nicht mehr auf Ab- satz 1 . Zweitens wird der Wortlaut in § 80a StGB von „Aufstacheln zum Angriffskrieg“ zu „Aufstacheln zum Verbrechen der Aggression“ geändert . In § 13 Absatz 5 VStGB wird nun der minder schwere Fall geregelt . Zwar sind zahlreiche Situationen denkbar, in denen von sehr unterschiedlicher Tatschwere ausge- gangen werden kann . Der vorliegende Gesetzentwurf bezieht sich aber auf den Wortlaut des IStGH-Status . Im IStGH-Statut selbst wird nicht zwischen einer völker- rechtswidrigen Angriffshandlung und dem Verbrechen der Aggression unterschieden . Es wäre somit also auch darstellbar, jede einschlägige Handlung, die unter § 13 VStGB subsumiert werden kann, auch gemäß einem „normalen“ Fall zu bestrafen . Aus diesem Grund bedarf es keiner Sonderregelung zu einem minder schweren Fall . Daraus erschließt sich, dass § 13 Absatz 5 VStGB sich im Änderungsvorschlag nur noch auf Absatz 2 be- zieht und der Bezug auf Absatz 1 komplett wegfällt . Dies ist eine kluge Anpassung des Regierungsentwurfs in den parlamentarischen Beratungen . Durch die vorgeschlagene Streichung des § 80a StGB würden in Zukunft alle Fälle, in denen ein Aufstacheln zum Angriffskrieg vorliegt, unter § 111 StGB geprüft werden müssen . § 111 StGB normiert aber die Strafbar- keit des „Aufforderns“ und nicht des „Aufstachelns“. Es würde mithin Unterschiede bei der Subsumtion geben, und dies könnte dazu führen, dass bisher strafbares Ver- halten „Aufstacheln“ in Zukunft straflos „Auffordern“ würde . Aus diesem Grund wird § 80a beibehalten und lediglich der Wortlaut zu „Aufstacheln zum Verbrechen der Aggression“ geändert . In der bereits angesprochenen Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern wird ausgeführt: Durch § 13 Absatz 3 VStGB werden im Einklang mit dem Völ- kerrecht nur Angriffshandlungen erfasst, die einem Staat nach den Regeln des Völkerrechts zugerechnet werden können . Der nationale Gesetzgeber kann im Rahmen seiner Jurisdiktion aber weitergehen, als dies die völ- kerrechtliche Umsetzungspflicht verlangt. Es besteht ein rechtspolitisches Interesse daran, auch nichtstaatliche Akteure – wie zum Beispiel Terrormilizen – in den An- wendungsbereich von § 13 VStGB mit einzubeziehen . Dies gilt zumindest, sofern deren Handlungen mit Ag- gressionshandlungen vergleichbar sind . Rechtstechnisch wäre eine Erweiterung des § 13 VStGB um Handlungen bewaffneter nichtstaatlicher Terrorgruppen, die Anschlä- ge in Deutschland verüben bzw . solche Handlungen pla- nen, denkbar gewesen . Alternativ hätten §§ 129a, b StGB um einen solchen Tatbestand ergänzt werden können . Eine entsprechende Regelung würde allerdings nicht in § 13 VStGB eingefügt . Dies ist auch nachvollziehbar . Vielmehr hätte ich mir gewünscht, dass die §§ 129a, b StGB ergänzt werden . Bei einer Erweiterung des § 13 VStGB auf nichtstaatliche Akteure könnte man nach einem Terroranschlag im Innern zu der Auffassung ge- langen, dass bereits ein Angriffskrieg vorliegt, und die- sen dann dem Staat, von dem die Terroristen kommen, zurechnen . Dies würde zu einer nicht hinnehmbaren völkerrechtlichen Gefahr für den Frieden führen und muss deshalb abgelehnt werden . Eine Verschärfung der §§ 129a, b StGB wäre aber begrüßungswert, um terroris- tische Angriffe gezielter verfolgen zu können. Mitunter sollte in Zukunft auch vor dem Hintergrund hybrider Ge- fahren hierbei nachgedacht werden . Der nun vorliegende Gesetzentwurf enthält viele be- grüßenswerte Regelungen, die einen wichtigen Beitrag zur Schließung der Lücke der völkerrechtlichen Strafbar- keit leisten . Ich würde mich aus diesem Grund freuen, wenn alle Fraktionen diesem Entwurf nun zustimmen könnten . Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Völkermord, Kriegs- verbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Verbrechen der Aggression . Für diese schweren Verbrechen wurde mit dem Römischen Statut des In- ternationalen Strafgerichtshofs eine Gerichtsbarkeit für eine Aburteilung geschaffen. Diese Statuten bilden seit Inkrafttreten am 1. Juli 2002 elementare Pfeiler im weltweiten Völkerrecht . Für die Aburteilung der Völker- rechtsverbrechen ist seit 2002 der Internationale Strafge- richtshof berufen . Es ist mit Sorge zu beobachten, dass das Völkerstraf- recht mit dem Internationalen Strafgerichtshof eine Legi- timationskrise zu durchlaufen scheint . Weiterhin lehnen einige wichtige Länder, so zum Beispiel die Vereinigten Staaten von Amerika, den Internationalen Strafgerichts- hof ab . Durch den Abschluss bilateraler Verträge mit Mitgliedsländern des IStGH versuchen die USA, eine Überstellung von US-Staatsangehörigen an den IStGH vorsorglich auszuschließen . Zudem haben Südafrika und Burundi den Austritt aus dem IStGH im Oktober 2016 bekanntgegeben . In Namibia und Kenia gibt es eben- falls Erwägungen zum Austritt . Mit dem Rückzug der Unterschrift Russlands hat sich ein weiteres Land vom Internationalen Strafgerichtshof entfernt . Seien die Hin- tergründe für die Entscheidung zur Abkehr der einzelnen Länder auch noch so tiefgreifend und spezifisch, ist diese Entwicklung eine Tendenz in die falsche Richtung . Entgegen der Tatsache, dass sich die Gerichtsbarkeit nur auf Verbrechen erstreckt, welche nach dem Inkraft- treten des Römischen Statuts begangen wurden, wurde doch in bisher 23 Fällen für Gerechtigkeit und juristische Aufarbeitung gesorgt . Der Internationale Strafgerichts- hof stellt somit eine tragende Säule der internationalen Rechtsprechung dar . Um eine gerechte und einheitliche Grundlage auf in- ternationaler Ebene und im Interesse aller teilnehmenden Staaten zu schaffen, haben sich die Mitgliedstaaten auf der Überprüfungskonferenz in Kampala im Jahr 2010 auf weitere Punkte einigen können. Konnte man sich bisher nicht auf eine Definition des Verbrechens der Aggression einigen, so gelang 2010 eben dies . Auch der Streit über die Rolle des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen bei der Entscheidung, ob ein Akt der Aggression vorliegt, konnte beigelegt werden. So muss nun eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen vorliegen . Als konkretes Beispiel wird ein Angriffskrieg genannt. Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20653 (A) (C) (B) (D) Deutschland hat neben 27 anderen Staaten die Änderun- gen ratifiziert. Die Vorbereitung eines Angriffskriegs ist derzeit nach § 80 StGB strafbar und setzt die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Artikel 26 GG um . Mit der Verlagerung in das VStGB verschiebt sich der Charakter der Aggression von einem Staatsschutz- hin zu einem Weltfriedensde- likt . Dies entspricht einer völkerrechtsfreundlichen Um- setzung . Das Verbrechen der Aggression wendet sich als Führungsverbrechen gegen Personen eines Staates, die tatsächlich in der Lage sind, das politische oder militäri- sche Handeln zu kontrollieren und zu lenken . Im Zuge der Verfolgungszuständigkeit gilt dennoch unabdingbar der Grundsatz der Komplementarität . Dies bedeutet, dass der Internationale Strafgerichtshof nur dann aktiv wird und die Strafverfolgung ausübt, wenn die nationalen Behörden und Gerichte hierzu nicht in der Lage sind . Dies wird vor allem in labilen Staaten ohne eine unabhängige Justiz der Fall sein . Wir können mit Stolz sagen, dass wir in Deutschland nicht betroffen sind. Wir haben einen funktionierenden Rechtsstaat mit un- abhängigen Gerichten zur Aburteilung von Völkerrechts- verbrechen . Die Ergebnisse der Konferenz von Kampala finden sich als neuer Straftatbestand des Verbrechens der Aggression im Binnenrecht umgesetzt . Das Völkerstraf- recht erfährt seine Vervollständigung . Der richtige Ort ist das Völkerstrafgesetzbuch. Dort finden sich auch die anderen aufgezählten völkerrechtlichen Kernverbrechen . Damit kommt das Verbrechen der Aggression als schwe- re Völkerstraftat zur Geltung . In diesem Zusammenhang findet sich der erwähnte Straftatbestand der Vorbereitung eines Angriffskrieges nun auch in der Definition des Ver- brechens der Aggression im Völkerstrafgesetzbuch wie- der . Gleichwohl können wir uns glücklich schätzen, dass der bisherige Tatbestand der Vorbereitung eines Angriffs- krieges nur wenig praktische Relevanz hat . Anzeigevor- gänge führten regelmäßig schon zu keiner Einleitung eines Ermittlungsverfahrens . Dies zeigt, dass die Bun- desrepublik Deutschland sich derzeit keinen Gefahren durch solche Straftaten ausgesetzt sieht . Dirk Wiese (SPD): Die schrecklichen Bilder, die uns diese Tage wieder aus der Welt, insbesondere aus Aleppo erreichen, sind an Grausamkeit kaum zu überbieten . Sie laufen täglich über unsere Bildschirme, sie begleiten uns auf dem Handy, in den Nachrichten, in den Zeitungen . So traurig das klingen mag, sie gehören derzeit zu unserem Alltag . Wir dürfen aber trotzdem nicht abstumpfen, die Bilder relativieren oder als gegeben hinnehmen . Denn das Grauen vor Ort ist real . Der Kollege Achim Post hat die Gefühlslage vieler von uns in Bezug auf Syrien auf den Punkt gebracht, als er in einer der vergangenen Aktuellen Stunden davon sprach, dass wir seit Jahr und Tag zwischen Hoffnung und Verzweiflung, zwischen kleinen diplomatischen Fortschritten und Ohnmachtsgefühlen, zwischen Mög- lichkeiten und Misserfolg schwanken . Auch wenn derzeit keine diplomatische Lösung in Sicht ist und die Verhandlungen um einen Frieden derzeit schwerer denn je sind, muss die Weltgemeinschaft aber zusammenstehen und eines klar machen: Wer sein eige- nes Volk tötet, foltert, aushungert und vertreibt, begeht systematische Verbrechen gegen die Menschlichkeit . Wer Frauen und Kinder bombardiert, wer Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung führt, dem gebührt nur eins: ein Platz auf der Anklagebank des Internationalen Straf- gerichtshofs in Den Haag . Für die Weltgemeinschaft muss feststehen, dass solche Taten nicht ungesühnt bleiben dürfen . Wir dürfen nicht zulassen, dass die abscheulichsten Verbrechen ungestraft bleiben . Das Recht darf vor Verbrechen nicht kapitulie- ren, auch wenn diese von historischem Ausmaß sind . Das ist der Grundgedanke, der uns von den Nürnberger Prozessen, dem Ursprung, sozusagen der Stunde null des Völkerstrafrechtes, über die Strafprozesse der Internati- onalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda und schließlich durch die Verabschie- dung des Römischen Statuts zu dem Internationale Straf- gerichtshof in Den Haag führte . Ein Grundgedanke, der in diesen Zeiten, in denen das Grauen des Krieges wieder so präsent ist, wichtiger denn je ist und an dem festzuhal- ten unsere oberste Pflicht ist. Deshalb ist es auch an uns, das Instrument des Internationalen Strafgerichtshofs wei- ter zu stärken und der übergeordneten Gerechtigkeit im Sinne von Gustav Radbruch zur rechtsstaatlichen Durch- setzung auf multilateraler Ebene zu verhelfen . Oder um es mit den Worten Willy Brandts zu sagen: „Wo immer schweres Leid über die Menschen gebracht wird, geht es uns alle an . Vergesst nicht: Wer Unrecht lange geschehen lässt, bahnt dem nächsten den Weg .“ Der völkerrechtliche Grundsatz der Komplementarität verlangt, dass die in die Zuständigkeit des IStGH fallen- den Verbrechen auch durch nationale Behörden verfolgt werden können . Dieser Anforderung kommen wir heute nach, indem wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Beschlüsse der Vertragsstaatenkonferenz von Kam- pala im Jahr 2010 umsetzen . Dadurch kann der IStGH ab dem 1. Januar 2017 völkerrechtswidrige Angriffskriege bestrafen, ein wichtiger Schritt; denn das „Verbrechen der Aggression“ war schon in den Nürnberger Kriegs- verbrecherprozessen nach dem Zweiten Weltkrieg als schwerstes internationales Verbrechen angesehen wor- den, bislang aber leider nicht kodifiziert. Lassen Sie mich kurz ein paar Worte zur Kritik sagen, die gestern im Rechtsausschuss vonseiten der Opposition geäußert wurde . Es ging darum, dass die Strafverfolgung bezüglich des Verbrechens der Aggression nicht dem Weltrechtsprinzip unterstellt wird . Unabhängig davon, dass eine solche Regelung unsere Staatsanwaltschaften überlasten würde, da sie solche Fälle detaillierten Prü- fungsverfahren unterziehen müsste, sind wir uns doch alle einig, dass solche Fälle schon allein wegen ihrer au- ßenpolitischen Dimension vor ein internationales Gericht gehören . Deshalb haben wir uns für diesen Fall auch be- wusst gegen das Weltrechtsprinzip entschieden . Im Üb- rigen hat das auch eine positive Wirkung auf den IStGH . Denn durch den eingeschränkten Geltungsbereich des Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620654 (A) (C) (B) (D) nationalen Strafrechts wird hier die Zuständigkeit und damit die Bedeutung des IStGH gestärkt werden . Sie sehen, mit dem Gesetzentwurf komplementieren wir die Werkzeuge des IStGH . Das ist richtig und wich- tig! Zum Schluss möchte ich noch einmal auf meine Ein- gangssätze zurückkommen . Ich möchte diejenigen, die meinen, sie könnten heute walten und schalten, wie sie wollen, und im rechtsfreien Raum ungestraft Verbrechen begehen, an Artikel 29 des Römischen Statuts des IStGH erinnern, der da lautet: „Die der Gerichtsbarkeit des Ge- richtshofs unterliegenden Verbrechen verjähren nicht .“ Wir haben Zeit . Wir vergessen nicht . Wir werden An- klage erheben . Ulla Jelpke (DIE LINKE): In der heutigen Debatte geht es darum, den Straftatbestand der Aggression im Völkerstrafgesetzbuch zu verankern . Vereinfacht gesagt: Wer einen Angriffskrieg führt, soll angeklagt und bestraft werden . Bislang ist ja im deutschen Strafrecht nur die Vorbe- reitung eines Angriffskrieges, nicht aber seine Führung mit Strafe bedroht . Mit diesem Hinweis hat sich die Bundesanwaltschaft geweigert, Ermittlungen wegen der deutschen Teilhabe am Irakkrieg aufzunehmen: „Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist nur die Vor- bereitung an einem Angriffskrieg und nicht der Angriffs- krieg selbst strafbar“, erklärte die Bundesanwaltschaft damals . Dieser Zustand verlangt natürlich dringend nach einer Korrektur . Nur: Was die Koalition hier vorlegt, ist eine Verschlimmbesserung, der wir unsere Zustimmung versagen . Es sind zwei Punkte, die aus Sicht der Linken beson- ders kritisch sind: zum einen der Verzicht auf das soge- nannte Weltrechtsprinzip, zum anderen die pauschale Herausnahme sogenannter humanitärer Einsätze aus der Strafbarkeit . Zum ersten Punkt: „Weltrechtsprinzip“ meint, dass Straftaten gegen das Völkerrecht, zum Beispiel Geno- zid oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit, überall auf der Welt juristisch verfolgt werden können . Auch die deutsche Justiz darf einen Täter belangen, selbst wenn er nicht Deutscher ist und die Tat nicht in Deutschland begangen hat . Es soll keine sicheren Häfen für Kriegs- verbrecher geben . Von diesem Prinzip weicht die Bundesregierung hier ab: Das Führen und Vorbereiten eines Angriffskrieges soll in Deutschland nur strafbar sein, wenn der Täter ent- weder Deutscher ist oder es sich um einen Angriffskrieg gegen Deutschland handelt . Der Sachverständige Robert Frau hat in der Anhörung zurecht darauf hingewiesen, dass unser Grundgesetz „Handlungen … insbesondere die Führung eines An- griffskrieges“ verbietet, und nicht lediglich „Handlungen von Deutschen“ oder „Angriffskriege durch Deutsche“. Es stellt sich also schon die Frage, warum gerade an die- sem Punkt vom Weltrechtsprinzip abgewichen wird. Die Gesetzesbegründung gibt darauf den Hinweis auf die „außenpolitische Relevanz“ . Im Klartext heißt das: Die Bundesregierung will ihre Verbündeten aus EU und NATO schützen . Denn gerade die USA unternehmen ja ganz gerne mal einen Angriffskrieg – im Falle des Luft- waffenstützpunktes Rammstein auch gerne mal von deut- schem Boden aus . Und die Bundesregierung will verhin- dern, dass hohe US-Militärs oder Politiker deswegen in Deutschland angeklagt werden . Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, um nichts anderes geht es hier . Der andere Punkt dreht sich um die Frage, was ei- gentlich ein Angriffskrieg bzw. das Verbrechen der Ag- gression ausmacht . Da liefert der Gesetzestext ja eini- ge Hinweise, die wir durchaus unterschreiben würden: Angriffshandlungen seien, heißt es da, eine „gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete An- wendung von Waffengewalt“. Das Gesetz enthält eine sogenannte Erheblichkeitsschwelle, um nur „offenkun- dige Verletzungen“ des Völkerrechts und nicht kleinere Grenzscharmützel zu treffen. Doch die Art und Weise, wie die Bundesregierung die „Offenkundigkeit“ von Völkerrechtsverletzungen inter- pretiert, geht dabei eindeutig zu weit . Das zeigt sich in der Begründung, in der es heißt: „Rechtlich umstrittene Einsätze, wie im Rahmen humanitärer Interventionen … sollen davon gerade nicht erfasst werden und damit nicht als Aggressionsverbrechen strafbar sein .“ Damit wird eine ganze Kategorie von Kriegen aus dem Geltungsbereich des Gesetzes herausgenommen . Denn es gibt doch heute keinen Krieg mehr, der nicht als humanitäre Intervention verharmlost wird . Noch der ge- meinste Diktator behauptet, mit Bomben und Gewehren Gutes zu tun . Für die westlichen Militärbündnisse gilt das genauso . Nehmen wir nur den Überfall der NATO auf Jugosla- wien im Jahr 1999 . Es gab kein UN-Mandat . Der Krieg war eine gegen die Souveränität und politische Unab- hängigkeit Jugoslawiens gerichtete Anwendung von Waffengewalt, um noch einmal den Gesetzeswortlaut zu zitieren . Die Linke würde es sehr begrüßen, wenn solch ein Verhalten künftig eine Gefängnisstrafe für die verant- wortlichen Politiker nach sich ziehen würde. Nur: Das ist gar nicht beabsichtigt . Denn schon SPD-Kanzler Gerhard Schröder und Grünen-Außen- minister Joseph Fischer haben damals den Etiketten- schwindel vom humanitären Einsatz benutzt, um eine von eiskalten politischen Interessen geleitete bewaffnete Aggression zu legitimieren . Anderes Beispiel: Der Irakkrieg 2003, den der dama- lige US-Präsident Bush mit der verlogenen Behauptung, Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen, vom Zaun gebrochen und damit den gesamten Mittleren Osten bis heute in Flammen gesetzt hat . Deutschland leistete Beihilfe mit Überflugrechten für das US-Militär . Obwohl das Bundesverwaltungsgericht diesen Krieg als völkerrechtswidrig bezeichnete, beschö- nigt ihn die Bundesregierung in einer windigen Argu- mentation als lediglich fragwürdig oder umstritten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20655 (A) (C) (B) (D) Was muss denn noch passieren, bevor die Bundes- regierung einen Krieg als „offenkundigen“ Bruch der UN-Charta bezeichnet? Nehmen wir den Krieg gegen Libyen im Jahr 2011 . Die UN hatte lediglich eine Flugverbotszone beschlos- sen, aber die NATO verübte massive Bombardierungen des Landes, um die Aufständischen zu unterstützen . Auch das wurde mit der Generalfloskel vom „humanitä- ren Einsatz“ verteidigt . Ich fasse zusammen: Die Linke ist unbedingt dafür, das Verbrechen des Angriffskrieges zu ahnden. Wir wür- den diesem Gesetzentwurf sofort zustimmen, wenn es Aussichten dafür gäbe, auch das aggressive Verhalten der NATO-Staaten, inklusive der Bundesrepublik selbst, zum Fall für die Gerichte zu machen . Aber darum geht es hier gar nicht . Denn die Behauptung von Justizminister Heiko Maas, der Gesetzentwurf stelle Angriffskriege „umfassend“ unter Strafe, ist gelogen . Die Bundesregierung will viel- mehr einen pauschalen Freibrief für all jene Kriege, die sie selbst unternimmt, ob im Rahmen der NATO, der EU oder einer anderen Konstellation . Letzten Endes geht es damit um nicht weniger als da- rum, die kriegerische Politik der imperialistischen Staa- ten zu legalisieren . Dem wird sich Die Linke entschieden widersetzen . Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Oktober haben Burundi, Südafrika und Gambia ihren Rücktritt vom Römischen Statut verkündet . Erstmals in der Geschichte des Internationalen Strafgerichtsho- fes sind damit drei der 124 Mitgliedstaaten ausgetreten . Auch Russland, welches allerdings nie Mitglied des ICC war, hat seine Zustimmung zum Römischen Statut zurückgezogen . Anders als in manchen Medien kolpor- tiert, bedeutet dies nicht gleich den Anfang vom Ende des Internationalen Strafgerichtshofes . Es muss uns aber eine Mahnung sein, die strukturellen, politischen und rechtlichen Probleme, mit denen sich der Internationale Strafgerichtshof in der Praxis konfrontiert sieht, ernst zu nehmen . Mit Blick auf die drei ständigen Sicherheitsratsmit- glieder USA, Russland und China, die nicht Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofes sind, bemerkte Kofi Annan vor einigen Tagen ganz richtig in der Süd- deutschen Zeitung: „Diejenigen, die eine globale Füh- rungsrolle für sich beanspruchen, sollten auch beim ICC beispielhaft vorangehen . Zudem wurde die Qualität der Ermittlungen des Strafgerichtshofs infrage gestellt, wie auch die langwierigen Verhandlungen, die er führt, sowie seine Fähigkeit, Zeugen zu beschützen . Diese Unzuläng- lichkeiten müssen angegangen werden . Sie müssen aber Gründe dafür sein, den Gerichtshof bei seinen Anstren- gungen, sie zu beseitigen, zu unterstützen – und nicht da- für, ihn zu verlassen . Immerhin ist der Gerichtshof eine der bedeutendsten Errungenschaften der internationalen Gemeinschaft seit dem Ende des Kalten Krieges .“ Ja, es ist und bleibt eine große Errungenschaft, dass der Inter- nationale Strafgerichtshof über Täterinnen und Täter von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen richtet . Diese Menschen, die an- deren so viel Leid zugefügt haben, sollen nirgends mehr sicher sein – vor Strafverfolgung . Diesem Zweck dient auch das deutsche Völkerstraf- gesetzbuch . Auch dieses gibt es wie den Internationalen Strafgerichtshof erst seit 2002 . Das Völkerstrafgesetz- buch hat seinen Praxistest bestanden. Das hat der erste Prozess auf seiner Grundlage gezeigt, der letztes Jahr (erstinstanzlich) zu Ende gegangen ist . Doch Völkerstrafprozesse sehen sich nicht nur in- ternational, sondern auch in Deutschland prozessualen Problemen gegenüber. Die adäquate Einbindung von Ne- benklägerinnen und Nebenklägern, die Frage der Anony- misierung von Zeugenaussagen, die Anwendbarkeit des § 244 Absatz 5 Satz 2 Strafprozessordnung und die Er- stellung eines Wortprotokolls sind einige Beispiele . Ein Völkerstrafprozess, bei dem der Tatort oft Tausende von Kilometern entfernt ist, dessen politische und histori- sche Kontexte kompliziert und Sprache und Kultur ganz fremd sind, ist eine komplexe Sache . Da müssen neben den angesprochenen prozessualen Parametern auch die strukturellen Rahmenbedingungen stimmen . Lassen Sie mich ein praktisches Beispiel geben: Im Jahr 2013 hat die Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen und weiteren Straftaten nach dem Völ- kerstrafgesetzbuch (ZBKV) 25 Hinweise auf Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch erhalten . Zwei Jahre später waren es 2 149 . Diese enorme Zunahme von Hin- weisen ist natürlich auf die gestiegene Zahl von Geflüch- teten zurückzuführen . Mehr Hinweise bedeuten mehr Be- weismittel und letztlich weniger Straflosigkeit. Sie sind also sehr zu begrüßen . Um all diese Hinweise bearbeiten und die eingeleiteten Ermittlungsverfahren schnell und effektiv durchführen zu können, müssen aber auch die personellen und finanziellen Kapazitäten der ZBKV und des Völkerstrafrechtsreferats beim Generalbundesan- walt aufwachsen. Darüber waren sich in der öffentlichen Anhörung zu unserem Antrag „Keine Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen – Völkerstrafprozesse in Deutschland voranbringen“ (Drucksache 18/6341) auch alle Fraktio- nen und Experten einig . Auch unser Vorschlag, eine interdisziplinäre Arbeits- gruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Strafrechts- lehre und -praxis sowie aus der Zivilgesellschaft ein- zusetzen, die sich mit der Lösung der angesprochenen prozessualen Probleme befassen, fand große Zustim- mung. Der Sachverständige Professor Werle gab dem Kind auch gleich einen Namen: „Arbeitsgruppe Völker- strafrechtspraxis“ . Doch so groß die Zustimmung während der Anhö- rung über Fraktionsgrenzen hinweg war, so sehr hat die Union unsere Versuche, einen interfraktionellen Antrag dazu hinzubekommen, verschleppt und letztlich schei- tern lassen – sowohl im Rechts- wie auch im Menschen- rechtsausschuss . Das ist sehr schade, und ich vermute, irgendetwas wird den Kolleginnen und Kollegen von der Koalition auch heute einfallen, um unseren Antrag abzu- lehnen . Gleichzeitig werden wir hier Lamenti über die Austritte aus dem ICC hören . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620656 (A) (C) (B) (D) Doch hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben Sie heute die Gelegenheit, ganz konkret etwas für die Lösung der prozessualen und strukturellen Probleme von Völ- kerstrafprozessen in Deutschland zu tun, einen Beitrag für mehr und bessere Völkerstrafprozesse in Deutsch- land zu leisten – das wäre mehr wert als Klagen über den Status quo oder abstrakte Bekenntnisse zum Völkerstraf- recht . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Än- derungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Mit Transparenz Steuervermeidung multinationaler Unternehmen eindämmen – Country-by-Country-Reporting einführen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Steuerschlupflöcher schließen – Ge- winnverlagerung durch Lizenzzahlungen einschränken (Tagesordnungspunkt 17 a und b) Markus Koob (CDU/CSU): Ich will gleich zu Be- ginn anmerken, dass mein Themenbereich – steuerli- cher Familienleistungsausgleich – nur begrenzt was mit Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerun- gen zu tun hat . Deswegen werde ich mich nur auf den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen beziehen, der die Anpassungen beim Kinderfreibetrag, Kindergeld, Arbeitnehmer-Grundfreibetrag und Kinderzuschlag zum Gegenstand hat . Der unbeteiligte Zuhörer wird sich sicherlich fragen, wie das miteinander zusammenhängt? Was hat der Kin- derfreibetrag mit Steuergestaltung multinationaler Un- ternehmen zu tun? Und welche Konsequenzen soll die Pflicht zu Country-by-Country-Reports auf meine Steu- ererklärung als Arbeitnehmer haben? Die Erklärung ist viel einfacher und pragmatischer: Wir haben diesen Änderungsantrag zu den Anpassungen steuerlicher Freibeträge vor allem aus umsetzungsprakti- schen Gründen in dieses Verfahren integriert, damit wir eine rechtzeitige und praxisgerechte Umsetzung ermögli- chen . Denn der Gesetzgeber hat nicht nur für die theore- tische Normierung, sondern auch für die Auswirkungen in der Praxis eine Verantwortung. Wenn uns Wirtschaft, Steuerbehörden aber auch die Arbeitnehmer schon oft erklärt haben, dass rückwirkende und unterjährige An- passungen im Steuerrecht immer einen immensen admi- nistrativen Mehraufwand bedeuten, den man durch vo- rausschauendes Handeln vermeiden sollte, sind wir gut beraten, darauf einzugehen . Daher ist uns daran gelegen, das Verfahren noch in diesem Jahr abzuschließen, damit pünktlich ab dem 1 . Januar 2017 auf einer sicheren Rechtsgrundlage mit den neuen Freibeträgen operiert werden kann – in den Steuerverwaltungen, in den Personalbüros aber auch in den Privathaushalten. Das betrifft schließlich jeden Ar- beitnehmer, der sich um seinen Lohnsteuerfreibetrag im neuen Jahr 2017 kümmern muss und dann bereits pünkt- lich zu Jahresbeginn mehr Netto vom Brutto einplanen kann . In der Sache geht es um die verfassungsrechtlich ge- botene Anhebung der steuerlichen Freibeträge – also sowohl des Grundfreibetrages wie auch des Kinderfrei- betrages – für die Jahre 2017 und 2018 . In zwei Etap- pen möchten wir bis 2018 den Kinderfreibetrag auf 4 788 Euro und den Grundfreibetrag auf 9 000 Euro anheben . Bei den Familien, bei denen sich der Kinder- freibetrag nicht auswirkt, werden wir im selben Verhält- nis das Kindergeld anpassen . Auch der Kinderzuschlag wird um monatlich 10 Euro auf 170 Euro erhöht . Die- ser Kinderzuschlag wird denjenigen Eltern gewährt, die mit ihrem Erwerbseinkommen zwar den eigenen Bedarf nach dem Sozialgesetzbuch II decken können, bei denen dieses Erwerbseinkommen aber nicht ausreicht, um den Bedarf ihrer Kinder hinreichend zu decken . Neben diesen Anpassungen werden wir die kalte Pro- gression abmildern, die von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu Recht als Gerechtigkeitsfrage wahr- genommen wird . Wenn die komplexen Wechselwirkun- gen von Inflation und Lohnerhöhung im Kontext eines progressiven Steuertarifs zu unerwünschten Ergebnissen führen, müssen kluge Gesetzgeber darauf reagieren . Und da an der Klugheit und Schaffenskraft dieser Koalition ja nun wirklich kein Zweifel besteht, ist es gut, dass wir un- sere Steuertarife zugunsten der arbeitenden Bevölkerung für die nächsten beiden Jahre anpassen . Das sind wir den Menschen, die morgens aufstehen, ihrer Beschäftigung nachgehen und damit zum Wohlstand und zur Wohlfahrt unseres Landes beitragen, auch schuldig . Ich sage aber auch klar: Man muss immer das Ganze sehen, und die familienpolitische Gesamtbilanz dieser Wahlperiode kann sich sehen lassen . Erst letzte Woche haben wir beschlossen, den Etat des Familienministeri- ums für das Jahr 2017 mit 9,5 Milliarden Euro auszustat- ten . Das sind zwei Milliarden Euro mehr als zu Beginn der Wahlperiode . Das zeigt auch, welch hohen Stellen- wert die Familien in diesem Land für uns haben . Wir haben hier also ein Paket, das eine Einzelmaß- nahme unter vielen darstellt und das Familien, Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmern, Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern weitere Milliarden Entlastungen bringt – ab 2018 beträgt die Jahreswirkung der steuerlichen Ent- lastung 6,3 Milliarden Euro . Das tun wir, ohne im Wider- spruch zum übergeordneten Ziel der schwarzen Null zu stehen . Das zeigt einmal mehr, dass eine kluge Finanz- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20657 (A) (C) (B) (D) politik öffentliche Investitionen, Entlastung der Bürger und Augenmaß bei Ausgaben gut miteinander verbinden kann . Dieser Maßnahme können und sollen – wenn es nach meiner Partei geht – auch weitere, notwendige steu- erliche Entlastungen für die Steuerzahlerinnen und Steu- erzahler folgen . Über Letzteres werden wir uns sicherlich im Wahlkampf auseinandersetzen, für heute erbitte ich Ihre Zustimmung zu unserem Änderungsantrag . Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Erstens . Es bleibt dabei: Mit der Vereinbarung des internationalen Informationsaustausches von Steuer- und Unternehmens- daten hat die Staatengemeinschaft auf die Beobachtung der vergangenen Jahre reagiert, wonach Großkonzerne wie Facebook, Google und Starbucks durch Ausnutzung unterschiedlicher Steuersysteme ihre Steuerlast auf ein Minimum senken konnten . Verantwortlich für diesen Missstand waren vor allem unzureichende Informati- onen der Steuerbehörden über Auslandssachverhalte . Der Informationsaustausch ist deshalb zentraler Teil des Programmes gegen „Die Aushöhlung von Steuerbemes- sungsgrundlagen und Gewinnverlagerung“ (Base Ero- sion and Profit Shifting – kurz BEPS), das Bundesfinanz- minister Wolfgang Schäuble bereits im Jahr 2012 auf Ebene der G 20 und der OECD mitinitiiert hatte . Aktionspunkt 13 des BEPS-Programmes sieht die Einführung eines verpflichtenden automatischen Infor- mationsaustauschs der Steuerbehörden über länderbezo- gene Berichte von Unternehmen, das sogenannte Coun- try-by-Country Reporting vor . Die Steuerverwaltungen sollen damit Informationen über die globale Aufteilung der Erträge und die entrichteten Steuern sowie über wei- tere Indikatoren der Wirtschaftstätigkeit von international tätigen Unternehmen erhalten . Mit dem heute vorliegen- den Gesetz setzen wir Aktionspunkt 13 und die entspre- chende EU-Richtlinie nun in nationales Recht um . Bezugnehmend auf den hier ebenfalls vorliegenden Antrag der Grünen möchte ich auf einen ganz zentralen Bestandteil des Informationsaustausches eingehen: Die Daten werden nach diesem Gesetz nur den Steu- erbehörden übermittelt und nicht veröffentlicht. Die G 20 und OECD haben dabei aus wohlerwogenen Gründen auf ein öffentliches Country-by-Country Reporting verzich- tet . Auf europäischer Ebene hat die Kommission nun aber einen weiteren Regelungsvorschlag für die Umsetzung des Country-by-Country Reportings vorgelegt, mit dem eine Publizität des Country-by-Country Reportings ge- genüber der allgemeinen Öffentlichkeit erreicht werden soll . Gleiches fordern nun auch die Grünen . Die EU-Kommission hat dafür einen Regelungsweg gewählt, mit dem wohl das für Ertragssteuerfragen not- wendige Einstimmigkeitserfordernis im Rat umgangen werden soll . Die Wahl der Rechtsgrundlage wurde jüngst auch vom juristischen Dienst des Rates bemängelt . Es handelt sich danach um ein steuerliches Vorhaben, bei dem Einstimmigkeit gelten müsste . Die Einflussmöglichkeiten von Deutschland sind da- mit bei den Beratungen erheblich gemindert . Hier ap- pelliere ich ausdrücklich an das Rechtsverständnis des Bundesjustizministers: Das Rügen der Rechtsgrundlage im Rat sollte nicht davon abhängig gemacht werden, wie man politisch zu dem Vorhaben steht . Gegen den Vorschlag der Kommission sprechen aber nicht nur rechtliche Bedenken . Auch politisch ist er un- geeignet zur Erreichung des erklärten Ziels „Herstel- lung von Steuergerechtigkeit“. Ein öffentliches Coun- try-by-Country Reporting in Europa könnte sogar den Erfolg des gesamten BEPS-Projektes gefährden. Bei einem öffentlichen Country-by-Country Reporting gäbe es für Drittstaaten keinen Grund mehr, den europäischen Staaten ihrerseits entsprechende Daten zu übermitteln . Das Pfand, mit dem man die Kooperation anderer Staaten erreichen könnte, würde leichtfertig ohne Gegenleistung aus der Hand gegeben . Ziel des Handelns auf europäi- scher Ebene muss deshalb die inhaltlich gleiche Umset- zung der OECD/G-20-BEPS-Empfehlungen sein. Die öffentliche Berichterstattung dürfte außerdem schützenswerte Interessen der betroffenen Unternehmen verletzen . Im Besonderen ist der Schutz von Geschäfts- geheimnissen nicht hinreichend gewahrt, da durch die Veröffentlichungen Rückschlüsse auf Unternehmens- strukturen und Margen möglich wären . Vor allem die Grünen haben bemängelt, dass interna- tional noch kein effektiver Streitbeilegungsmechanismus ausgehandelt sei. Genau das aber ist das Problem, wenn man jetzt ein öffentliches Country-by-Country Reporting fordert, bei dem es absehbar zu einer noch größeren Zahl an Streitigkeiten zwischen Finanzbehörden kommen wird . Die Unternehmen werden dann absehbar in zahl- reiche Fälle der Doppelbesteuerung laufen, ohne dass wir dafür praktikable und zuverlässige Lösungen hätten . Ich würde eher vorschlagen: Informationen ja, aber wenn wir im Gegenzug auch Informationen bekommen und am besten noch eine gegenseitige Vereinbarung über effiziente Streitbeilegung. Insgesamt würde ein öffentliches Country-by-Country Reporting mehr schaden als nutzen . Zur Durchsetzung des maßgeblichen Ziels, Eindämmung von Steuerver- meidungspraktiken, ist es ausreichend und zielgerichte- ter, nicht wahllos die Öffentlichkeit, sondern die Steuer- verwaltungen derjenigen Staaten, die sich am Austausch beteiligen, zu informieren . Zweitens . Mit dem vorliegenden Gesetz zur Umset- zung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie führen wir nicht nur das Country-by-Country Reporting ein, sondern es werden auch verschiedene Vorschriften des deutschen Steuerrechts geändert, um diese an aktuelle Entwicklungen anzupassen . Hervorzuheben ist hier die Nachjustierung bei der Wegzugsbesteuerung in § 50i EStG, womit wir die über- schießende Tendenz der Regelung korrigieren . Mit § 4i EStG soll der doppelte Betriebsausgabenab- zug bei Personengesellschaften durch Sonderbetriebs- vermögen vermieden werden . Hier sind wir auf die Forderung des Bundesrates eingegangen . Die Bund-Län- der-Arbeitsgruppe wird aber im Einklang mit dem Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620658 (A) (C) (B) (D) BEPS-Programm weiterhin an einer noch umfassenderen Lösung des Problems hybride Gestaltungen arbeiten. Die Regelung des § 1 AStG haben wir nicht ins Gesetz aufgenommen . Danach sollten ausschließlich die deutschen gesetzlichen Regelungen für die Ausle- gung des Fremdvergleichsmaßstabs nach Artikel 9 des OECD-Musterabkommens maßgeblich sein . Damit ließ der Wortlaut darauf schließen, dass es sich um einen schlichten treaty override handelt . Es bestand die Gefahr, dass bei unseren DBA-Vertragspartnern der Eindruck entsteht, Deutschland wolle sich einseitig vom interna- tionalen Verständnis des Fremdvergleichsgrundsatzes abwenden . Um Doppelbesteuerung zu vermeiden, muss sich der Fremdvergleichsgrundsatz aber nach den jeweils aktuellsten internationalen Vereinbarungen richten . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Dieser zur Nachtzeit behandelte bzw . abgestimmte Gesetzentwurf beinhaltet drei wichtige steuerpolitische Themenberei- che, von denen jeder ein eigenes Gesetz – zur Tagzeit debattiert und beschlossen – verdient hätte: Bekämpfung von Gewinnkürzungen und Gewinnverla- gerungen Entlastung der Einkommensteuerzahler und insbesonde- re der Familien Ausgleich, ja Überkompensation der kalten Progression Die Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshil- ferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Ge- winnkürzungen und Gewinnverlagerungen ist eine der wichtigsten steuerpolitischen Maßnahmen dieser Legis- laturperiode. Wir nennen Sie kurz Anti-BEPS-Projekt. Große Konzerne mit Milliardenumsätzen, hohen Gewin- nen und exorbitant dicken Managergehältern zahlen zum Teil lächerlich geringe Steuerbeträge . Endlich gehen wir erneut dagegen vor . Mit der Entlastung der Einkommensteuerzahler und insbesondere der Familien geht es in Richtung soziale Gerechtigkeit . Wir setzen damit den im aktuellen Exis- tenzminimumbericht und im Steuerprogressionsbericht ausgewiesenen Handlungsbedarf um . Auch wenn wir uns mehr hätten vorstellen können – hier helfen wir am unteren Ende der Einkommensskala . Abschließend, schon fast als Nebenbemerkung, wird eine erneute Angleichung der Tarifgrenzen bei der Ein- kommensteuer durchgeführt, um die sogenannte kalte Progression auszugleichen. Das machen wir über die Jahre zwar regelmäßig – mal vorauseilend, wie heute, oder auch nachlaufend –, aber leider wird immer wieder selbst jene kalte Progression angeprangert, deren Wir- kung es nicht gibt – weil bereits kompensiert . Die Bündelung dieser drei Komponenten in ein Ge- setz leuchtet rein fachlich, rein thematisch nicht ein, ist jedoch damit begründet, dass so die Verfahren und Zeit- abläufe einfacher und kürzer werden . Schließlich soll die Umsetzung noch in diesem Jahr erfolgen . In der globalisierten Welt spielen Staatsgrenzen für unternehmerische Aktivitäten eine immer kleiner wer- dende Rolle . Viele Konzerne sind multinational aufge- stellt, Manager denken weltumspannend, einige – wohl- gemerkt nicht alle – springen gedanklich von Steueroase zu Steueroase . Anders ist das bei Steuersystemen, hier spielt das staatliche Hoheitsgebiet natürlich eine Rolle . Steuer- systeme sind auf ihrem Staatsgebiet festgenagelt . Ein schwerwiegendes Problem ergibt sich dann, wenn auch das steuerpolitische Denken in den Staaten auf nationa- ler Ebene verharrt . Durch diese Diskrepanz haben sich multinationale Konzerne Möglichkeiten geschaffen, ihre Gewinne dorthin zu verlagern, wo der Steuersatz nied- rig und die Bemessungsgrundlage kurz ist oder verkürzt werden kann . Im Ergebnis werden viel weniger Steuern verlangt, als Umsatz und Ertrag erwarten ließen . Im Er- gebnis müssen alle anderen Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen mehr Steuern bezahlen, denn die staatliche Infrastruktur ist für alle wichtig . Auf Englisch heißt das Base Erosion und Profit Shif- ting: BEPS. Also Erosion der Bemessungsgrundlage durch Verlagerung des Gewinns . Wie groß das Ausmaß der Gewinnverlagerung ist, zeigen unter anderem die vielen journalistischen Leaks der letzten Jahre . Leak heißt Loch oder Lücke, also die Lücke, durch die uns Daten bekannt werden, die das Ausmaß der Steuerumge- hung deutlich machen . Um dieser Herausforderung zu begegnen, haben die G20-Staaten 2013 die OECD damit beauftragt, konkrete Vorschläge gegen diese Formen der Steuergestaltung zu erarbeiten . Die OECD hat 2015 in Form des sogenann- ten BEPS-Aktionsplans geliefert. Ebenfalls geliefert hat die Europäische Union, indem sie daraus eine passende Amtshilferichtlinie abgeleitet hat . Unsere Aufgabe ist es nun, diese Richtlinie in nationales Recht zu überführen . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben nun auch wir den ersten Teil der Umsetzung geliefert . Um mehr Transparenz bei der europäischen Unter- nehmensbesteuerung zu erreichen, werden drei zentra- le Elemente aus der EU-Amtshilferichtlinie umgesetzt . Zum einen wird eine dreiteilige Verrechnungspreisdoku- mentation eingeführt . Mit Verrechnungspreisen bewerten multinationale Konzerne Geschäftsvorfälle innerhalb der Konzernfamilie . Diese Verrechnungspreise müssen mit dem sogenannten Fremdvergleichsgrundsatz überein- stimmen. Dies bedeutet, dass die Preise vergleichbar mit Marktpreisen sind, die das Unternehmen einem fremden Unternehmen berechnen würde . Keine familieninternen Spezialpreise! Die neugeregelte Dokumentation der Ver- rechnungspreise erlaubt es der Betriebsprüfung, dies bes- ser zu kontrollieren . Weiterhin werden multinational aktive Unternehmen künftig verpflichtet, den Finanzbehörden spezielle län- derbezogene Berichte zu liefern . Dies erfolgt im Rah- men des sogenannten Country-by-Country Reportings . Inhalt dieser Berichte sind unter anderem Angaben zu Umsatzerlösen, bereits gezahlten Ertragssteuern oder dem einbehaltenem Gewinn . Außerdem werden hier alle Betriebsstätten und Tochterunternehmen des Konzerns aufgelistet . Der Konzern muss dabei angeben, in wel- chen steuerlichen Hoheitsgebieten sich diese Einheiten befinden und welche Aktivitäten dort ablaufen. Nach der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20659 (A) (C) (B) (D) Lieferung der Berichte erfolgt deren automatischer Aus- tausch zwischen den Finanzbehörden der EU-Staaten . Mithilfe dieser Berichte werden die beteiligten Finanz- behörden in die Lage versetzt, Gewinnverlagerung eines Konzerns besser zu erkennen und das daraus resultieren- de Risiko einer Steuerverkürzung besser einzuschätzen . Diese Maßnahme ist das Herzstück des vorliegenden Ge- setzentwurfs . Das nächste Element bildet der automatisierte Aus- tausch sogenannter Tax-Rulings . Hierbei handelt es sich um Steuervorbescheide, die ein Staat einem einzelnen Unternehmen erteilt . Durch die Luxemburg-Leaks wis- sen wir, dass diese Tax-Rulings oftmals Ausnahmere- gelungen vom geltenden Steuerrecht beinhalten, das für die übrigen Unternehmen gilt . Dadurch entsteht eine unzulässige Wettbewerbsverzerrung und somit schädli- cher Steuerwettbewerb zulasten der übrigen Staaten . Das machen deutsche Finanzbehörden nicht . Sie können Un- ternehmen zwar eine verbindliche Auskunft erteilen, die im Englischen ebenfalls mit Tax-Ruling übersetzt wird, jedoch handelt es sich dabei nicht um eine Ausnahme- reglung, die nur für das eine Unternehmen gilt . Andere Unternehmen mit gleichen Voraussetzungen erhalten den gleichen Vorbescheid . Mithilfe des automatischen Aus- tauschs der schädlichen Tax-Rulings, beispielsweise aus Luxemburg, können solche Praktiken künftig offengelegt werden . Die oben beschriebenen Maßnahmen schaffen eine verbesserte Transparenz über die Aktivitäten interna- tional agierender Unternehmen . Das begrüßen wir in der SPD-Fraktion. Gleichzeitig rufen wir aber auch die weiteren Ursachen für Gewinnverlagerungen und Ge- winnkürzungen der Konzerne in Erinnerung: fehlende Abstimmung der nationalen Steuersysteme und unfairen Steuerwettbewerb . Die Folge einer solchen unzureichen- den Abstimmung zwischen den Staaten ist zum Beispiel der doppelte Abzug von Betriebsausgaben bei Personen- gesellschaften . Hier macht der ausländische Gesellschaf- ter Aufwendungen in Deutschland als Sonderbetriebsaus- gaben geltend und zieht diese Aufwendung gleichzeitig im Ausland nochmals als Betriebsausgaben ab . Mit der Einführung des neuen § 4i im Einkommensteuergesetz können wir künftig gegen solche hybriden Gestaltungen vorgehen . Diese Regelung ist ein besonderes Anliegen des Bundesrates gewesen, für das wir uns sehr gern in den Beratungen stark gemacht haben . Ebenfalls wichtig ist ein Fortbestehen des § 50i EStG, der verhindert, dass sich vermögende Steuerpflichtige beim Umzug ins Aus- land der Besteuerung der in ihrem Vermögen enthaltenen stillen Reserven entziehen . Die Regelung wird kritisiert, da sie nicht nur Auslandsfälle, sondern auch Inlandsfälle betrifft, bei denen keine Steuerflucht zu befürchten wäre. Diese überschießende Wirkung wird nunmehr durch eine Beschränkung auf Auslandsfälle korrigiert . In den Bera- tungen haben wir Bedenken geäußert, ob es hier zu ei- ner EU-rechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung von EU-Ausländern kommen kann . Das Bundesministerium der Finanzen hat dies verneint . Die Erklärung des Mi- nisteriums ist unserer Meinung nach nicht vollständig, daher müssen wir die Entwicklung bei diesem Aspekt beobachten . Der vorliegende Gesetzentwurf enthält keine Maß- nahmen gegen unfairen Steuerwettbewerb . Wettbewerb an sich ist ein fundamentaler Bestandteil der Marktwirt- schaft . Der Wettbewerb muss aber fair sein . Steuerdum- ping höhlt die Einnahmebasis der Staaten aus . Für die Finanzierung der öffentlichen Güter benötigen Staaten Steuereinnahmen, und diese werden durch einen unfai- ren Steuerwettbewerb auf ein ineffizient niedriges Ni- veau reduziert . Daher ist es unsere Aufgabe, hier voraus- schauend zu handeln und gemeinschaftlich abgestimmte Maßnahmen zur Regulierung von Steuerwettbewerb zu unternehmen . Jeder Kommunalpolitiker kennt die For- mel „Race to the Bottom“ – vor lauter Konkurrenz der Nachbargemeinden um die Ansiedlung von Unterneh- men werden schließlich beide arm . Hier geht es um die gleiche Sache auf internationaler Ebene . Mit den genannten Maßnahmen machen wir einen ers- ten Schritt zur Bekämpfung von Gewinnkürzung und Ge- winnverlagerung durch multinationale Konzerne . Das ist ein Erfolg und gleichzeitig auch ein Beispiel für andere EU-Staaten, ebenfalls die Umsetzung der EU-Amtshilfe- richtlinie anzugehen . Es ist aber klar, dass einem ersten Schritt stets weitere Schritte folgen müssen, damit man das Ziel auch erreicht . Deshalb ist es unsere Aufgabe, in Zukunft weitere Punkte aus dem OECD-Aktionsplan des BEPS-Projektes umzusetzen, um die Transparenz weiter zu vergrößern, eine hinreichende Abstimmung mit den Steuersystemen der anderen EU-Staaten zu erreichen und endlich auch gegen den schädlichen Steuerwettbe- werb vorzugehen . Den letzten Schritt sollten wir mit der Realisierung einer einheitlichen Körperschaftsteuerbe- messungsgrundlage in der europäischen Union vorneh- men . Daran gilt es weiter zu arbeiten . Endlich ein Wort zu den Familien und jenen, die nicht in Konzernstrukturen und Kategorien der Steueroptimie- rung denken: In den Beratungen zu diesem Gesetz wurden auch wichtige Entlastungsmaßnahmen für die Steuerzahler und die Familien auf den Weg gebracht . Wir setzen dabei die aus dem Existenzminimumbericht und dem Steuer- progressionsbericht folgenden Anpassungsbedarfe um . Wir erhöhen den Grundfreibetrag – 2017 um 168 Euro und 2018 um 180 Euro – und den Kinderfreibetrag – 2017 um 108 Euro und 2018 um 72 Euro . Es war für uns selbstverständlich, dass wir auch das Kindergeld entspre- chend anheben, damit auch Familien mit geringen und mittleren Einkommen eine spürbare Entlastung erfah- ren. Ein wichtiges Anliegen war der SPD darüber hinaus eine Erhöhung des Kinderzuschlags – 2017 um 10 Euro . Diese Erhöhung kommt besonders Familien mit kleinen Einkommen zugute . Niemand soll seiner Kinder wegen auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch angewiesen sein . Deshalb wird der Zuschlag erhöht . Damit lassen sich keine Reichtümer schaffen – leider führen hier schon kleine Beträge zu großen Belastungen in den öffentlichen Haushalten –, aber mit diesen Maßnahmen tragen wir so gut wie heute möglich zur Verbesserung der finanziellen Situation von Familien bei . Auch der Gefahr einer Minderung des Realeinkom- mens durch die sogenannte kalte Progression wurde in Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620660 (A) (C) (B) (D) diesem Gesetzentwurf Rechnung getragen . Dafür wird eine Verschiebung der Tarifgrenzen – 2017 um 0,73 Pro- zent und 2018 um 1,65 Prozent – zugunsten der Bürge- rinnen und Bürger vorgenommen . Die genannten Än- derungen des Einkommensteuergesetzes zur Förderung von Familien und zur Verhinderung der Wirkung der sogenannten kalten Progression entlasten die Bürger in den nächsten beiden Jahren insgesamt um immerhin 6,645 Milliarden Euro . Soweit sich hier die Schätzungen bestätigen, wird die kalte Progression – tatsächlich ja eine Folge der Inflati- on – mit diesem Gesetz etwas überkompensiert . Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu – gleichwohl ist es sehr ärgerlich, dass wir ein solch wichtiges Gesetz zur Nachtzeit behandeln, keine Debatte führen und die Re- den zu Protokoll geben. Richard Pitterle (DIE LINKE): Im Kampf gegen Steuervermeidung zählt jede Minute und jede noch so kleine Maßnahme . In jeder Minute, in der wir nicht han- deln, nutzen milliardenschwere internationale Konzerne die Schwächen des nationalen und internationalen Steu- errechts aus, um ihre Gewinne zu verschieben und Steu- ern in Milliardenhöhe einzusparen . Daher begrüßen wir den heute zur Verabschiedung stehenden Gesetzentwurf zur EU-Amtshilferichtlinie und zu weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen als richtigen Schritt . Allerdings, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, sollten Sie sich nicht zu sehr auf die Schultern klopfen . Mit der Note „Eins“ lässt sich der Gesetzentwurf nicht bewerten . Eine hervorragende Leistung haben Sie damit nicht abgeliefert . Sie setzen ohne besonderen Eifer nur das um, was durch interna- tionale Empfehlungen sowie Vereinbarungen und durch europäisches Recht ohnehin vorgegeben ist . Die Wirksamkeit gesetzgeberischer Maßnahmen hängt jedoch nicht vom Gesetz selbst ab. Papier ist ge- duldig, und wo kein Kläger, da kein Richter . Mit der Ver- abschiedung von Gesetzen muss sichergestellt sein, dass die geschriebenen Pflichten auch befolgt werden. Alles andere ist Aktionismus, den wir uns im Kampf gegen Steuervermeidung im wahrsten Sinne des Wortes nicht leisten können! Leider strotzt Ihr Gesetz vor Vollzugsdefiziten, die es zu einem zahnlosen Tiger machen. Sie verpflichten mul- tinationale Unternehmensgruppen mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro zur Übermittlung länder- bezogener Berichte ihrer Geschäftstätigkeit . Und was, wenn nicht?, werden sich die Berater der Konzerne fra- gen . Dann sieht Ihr Gesetz vor, dass eine Geldbuße von 10 000 Euro fällig wird . Aber auch ein Zwangsgeld von 25 000 Euro wird bei einem Konzern wie Apple mit Bar- reserven in Höhe von 200 Milliarden Dollar vermutlich keine nächtliche Sondersitzung des Vorstandes auslösen . Wirksam und abschreckend, wie es die Amtshilferichtli- nie verlangt, ist das jedenfalls nicht . Natürlich lässt sich taktisch auch anders handeln . Sie wollen Informationen? Sie bekommen Informationen! Aber in einem Umfang, der die Suche nach steuerlich relevanten Umständen zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen macht. Offenbar glaubt man im Bundesfi- nanzministerium trotz der heillosen Überforderung bei Cum/Ex-Geschäften noch immer daran, bei den perso- nellen und sachlichen Ressourcen auf Augenhöhe mit Finanzberatern zu agieren . Anders lässt sich jedenfalls die lapidare und an Realitätsverweigerung grenzende Anmerkung im Entwurf, die Prüfung der Berichte würde keine messbaren Auswirkungen auf die Verwaltung ha- ben, nicht verstehen . Hätte der Entwurf vielleicht noch ein „Ausreichend“ erzielen können, wird er durch die kurzfristigen Ände- rungsanträge im Finanzausschuss endgültig mangelhaft . Das Sammelsurium an Änderungen im Steuerrecht, die in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Ziel des Entwurfes stehen und für gewöhnlich im eigenständigen Jahressteuergesetz zu finden sind, ist schlicht formell ver- fassungswidrig . Der Finanzausschuss des Bundestages, der diese Änderungen hier zur erstmaligen und zugleich letzten Beratung vorlegt, ist – wie alle Fachausschüsse – für Gesetzesvorhaben nicht initiativberechtigt . Zu diesen Ergänzungen zählt im Übrigen auch die großspurig angekündigte Entlastung von Familien mit Kindern . Jetzt wird es endlich amtlich: Mit der Erhöhung des Kindergeldes um 2 Euro gibt es vielleicht im nächs- ten Sommer die eine oder andere Kugel Eis mehr . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Seit mehreren Jahren beschäftigten wir uns im Deutschen Bundestag mit der Gewinnverlagerung und Steuervermeidung von grenzüberschreitend tätigen Un- ternehmen . Vor dem Hintergrund nationaler – und teil- weise auch individuell den Unternehmen eingeräumter – steuerlicher Präferenzregime können Unternehmen im Einzelfall ihre Gewinne fast komplett steuerfrei behal- ten . Die EU-Kommission schätzt, dass die europäischen Staaten allein durch die aggressive Steuervermeidung der großen Konzerne insgesamt 50 Milliarden bis 70 Milliar- den Euro jedes Jahr an Steuereinnahmen verlieren . Das hat nicht nur zu einem starken Protest der Bürgerinnen und Bürger geführt, sondern ist darüber hinaus eine Ur- sache für den Widerstand gegen die fortschreitende Glo- balisierung . Umso bedeutsamer war die Initiative vieler Länder im Rahmen der OECD, gemeinsam Empfehlungen zu ent- wickeln, um diese Entwicklung zu stoppen . Diese Emp- fehlungen wurden dann zunächst auf der Ebene der EU beschlossen und sollen jetzt national umgesetzt werden . Im Kampf um einen fairen Wettbewerb, die Verhinde- rung von Steuerdumping und gegen nationalen Egoismus hat diese Initiative eine entscheidende Bedeutung . Deshalb muss zunächst angemerkt werden: Die Be- handlung dieses Themas in einer halben Stunde am späten Abend zeigt, dass die Koalitionsfraktionen offen- sichtlich nicht begriffen haben, wie wichtig ein solches Gesetz ist, um dem wachsenden Misstrauen der Bürge- rinnen und Bürger gegenüber der Globalisierung zu be- gegnen . Denn worauf beruht denn dieses Misstrauen, ja die Ablehnung der Globalisierung? Die Menschen sind Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20661 (A) (C) (B) (D) jeden Tag mit Problemen konfrontiert: Jobunsicherheit, Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu bekom- men, und Schulen, bei denen das Geld für eine dringende Sanierung fehlt . Und auf der anderen Seite stehen inter- nationale Unternehmen, die offenbar kaum oder gar nicht für die öffentliche Daseinsvorsorge zahlen. Der vorliegende Gesetzentwurf darf nicht als Detailre- gelung sehr komplexer internationaler Steuerregelungen begriffen werden, sondern als ein wesentlicher Baustein, um mehr Gleichmäßigkeit für die Steuerabgaben interna- tionaler Unternehmen herzustellen . Deshalb wäre es so wichtig gewesen, diese politisch so bedeutsame Zielset- zung aufzugreifen und umzusetzen . Das heute zu beschließende sogenannte BEPS-Um- setzungsgesetz wird diesem hehren Anspruch nicht ge- recht . Es wäre so wichtig gewesen, zwei wichtige In- strumente für einen fairen Wettbewerb in das Gesetz mit aufzunehmen: zum einen mit länderbezogenen Offenle- gungspflichten endlich Transparenz über wirtschaftliche Aktivitäten und aggressive Steuervermeidungsaktivitä- ten großer multinationaler Unternehmen herzustellen; denn nur mit Transparenz können Ängste bekämpft wer- den . Zum anderen muss die Bundesregierung aber auch klarmachen, dass sie das Steuerdumping anderer Staaten nicht einfach hinnehmen will . Eine nationale Lizenz- schranke kann Steuerdumping effektiv verhindern. Es ist bitter, dass die progressiven Kräfte vor allem in der SPD sich bei beiden Themen in der Koalition nicht haben durchsetzen können, obwohl die SPD diese Vorschläge der Grünen in der letzten Legislaturperiode mit unterstützt hat. Zu nahe steht man offensichtlich den Industrieverbänden, die bei fehlendem Gespür für das gesellschaftliche und politische Umfeld eine Verhinde- rungsstrategie betreiben, die am Ende in Brexit und nati- onalen Alleingängen enden und damit Wohlstandsverlus- te für Deutschland befürchten lassen . Deutschland muss seiner Führungsverantwortung gerade in der Wirtschafts- und Finanzpolitik gerecht werden und diese auch durch eigene Maßnahmen unterstreichen . Und zu allem Überfluss wurden dem Gesetz ver- schiedenste sonstige Steuerrechtsänderungen angehängt . Dabei hätten auch diese einer sorgfältigen Behandlung bedurft. Wie oft wurde das Thema „kalte Progression“ angesprochen, und wie wichtig wäre es gewesen, über dieses Thema ordentlich und in angemessener Weise eine Debatte im Parlament zu führen. Denn in Zeiten einer fast Null-Inflation stellt sich das Thema „kalte Progres- sion“ nicht, aber es stellt sich das Thema der Entlastung unterer und mittlere Einkommen . Und auch hier versucht sich die Koalition der sorgfältigen Debatte zu entziehen und am späten Abend schnell eine Entscheidung durch- zuwinken . Dieses Verfahren zeigt die Führungsschwäche einer Kanzlerin und einer Koalition, die die notwendigen Maß- nahmen gegenüber den aktuellen Herausforderungen bit- ter vermissen lässt . In der eigentlichen Sache, dem Kampf gegen Gewinnverlagerung und Steuervermeidung, zeigt sich die ganze Unentschlossenheit der Bundesregierung . Lassen Sie mich die beiden Vorschläge, die die Grünen in die Debatte eingebracht haben, nochmals erläutern . Da sind zunächst die länderbezogenen Offenlegungspflich- ten für große multinationale Unternehmen: ein geeigne- tes Instrument, um durch Transparenz über wirtschaftli- che Aktivitäten aggressive Steuervermeidungsaktivitäten zu hemmen . Denn nur wenn für jeden nachvollziehbar ist, wie sich in multinationalen Konzernen die Erträge und gezahlten Steuern auf einzelne Volkswirtschaften verteilen, kann ein öffentlicher Druck entstehen, der dazu führt, dass Steuern auch wirklich dort gezahlt werden, wo Wertschöpfung stattfindet. Ohne ein Mindestmaß an Öffentlichkeit wird sich die Steuerplanung multinatio- naler Unternehmen weiterhin nicht an ethischen, d . h . gemeinwohlorientierten, Maßstäben orientieren, sondern am Shareholder-Value oder auch am nationalen Interes- se einzelner Staaten . Denn ob die Nichtausübung des Anrechnungsverfahrens in den USA oder die doppelte Steuersitzangehörigkeit in Irland („double-irish“) oder die Lizenzbox in den Niederlanden („dutch sandwich“): Es sind vor allem die Egoismen einzelner Staaten, die die Steuergestaltung der international tätigen Unterneh- men erst möglich machen. Dass diese die weit offenen, ja bewusst eingeräumten Schlupflöcher nutzen, kann ihnen gar nicht übel genommen werden . Dies gilt allerdings nicht, und das muss mit aller Klarheit gesagt werden, für Steuerhinterziehung und Steuerbetrug wie zum Beispiel bei den Karussellgeschäften mit Energiezertifikaten oder Cum/Ex-Geschäften . Die Entscheidung der EU-Kommission im August dieses Jahres, die irischen Steuerregelungen, von denen insbesondere Apple profitiert, als unzulässige Beihilfe einzustufen, war ein Zeichen im Kampf gegen den un- zulässigen und schädlichen Steuerwettbewerb von Mit- gliedstaaten . Es war auch ein starkes Signal für den freien Markt: Multinationale Konzerne dürfen steuerlich nicht bessergestellt werden als mittelständische Unternehmen . Mitgliedstaaten, deren steuerrechtliche Regelungen die Gewinnverschiebung von multinationalen Konzernen begünstigen, handeln nicht solidarisch, sondern auf Kos- ten der anderen Mitgliedstaaten . Damit komme ich zu dem zweiten Aktionspunkt, den wir Grünen vorgeschlagen haben . Besonders niedrige Steuersätze zum Beispiel auf Lizenzen können nur als Steuerdumping bezeichnet werden sie haben mit Steu- erwettbewerb in Europa nichts zu tun . Diese niedrigen Steuersätze führen dazu, dass multinationale Konzerne effektiv im Durchschnitt eine geringere Steuerbelastung aufweisen als mittelständische Unternehmen . Diese Wettbewerbsverzerrung zulasten des Mittelstandes führt letztlich dazu, dass Innovation und Marktentwicklung gehemmt werden . Die Einsicht, dass die konzerninterne Verschiebung von Gewinnen mittels Lizenzzahlungen, vor allem in Ländern mit sogenannten Patent-Box-Re- gimen, effektiv nur durch eine nationale Lizenzschran- ke verhindert werden kann, hat sich bei vielen Experten durchgesetzt . Auch hier wäre es so wichtig, dass die Bun- desregierung ein klares Signal setzt, dass sie weiterem Steuerdumping nicht weiter zuschauen will . Es wird deshalb sehr schnell ein zweites BEPS-Umset- zungsgesetz geben müssen . Darin muss dann auch eine Anzeigepflicht für Steuergestaltung stehen. Die Grenze zwischen legaler Steuergestaltung und illegaler Steuer- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620662 (A) (C) (B) (D) hinterziehung muss transparenter werden . Seit Jahren schon fordern wir, die steuerberatende Branche mit einer Anzeigepflicht für steuermindernde Gestaltungen für ihre Kunden zu belegen . Einige andere Staaten haben damit gute Erfahrungen gemacht: Steuergestaltungsangebote gingen deutlich zurück, schwarze Schafe bei Banken und Steuerberatern konnten identifiziert werden, Verwaltung und Politik waren in der Lage, frühzeitig auf Risiken zu reagieren, und Kunden wurden vor windigen Steuerge- staltungsangeboten geschützt . Das dazu jüngst vorgeleg- te Gutachten des Max-Planck-Instituts zeigt, dass eine Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle rechtlich auch in Deutschland möglich und ökonomisch sinnvoll ist . Dieses Instrument ist ein scharfes Schwert gegenüber Steuervermeidungsstrategien . Bei der Aggressivität, mit der manche Unternehmen Steuervermeidung betreiben, muss der Gesetzgeber solche Instrumente einsetzen, um Steuervermeidung zu bekämpfen . Die Bundesregierung, die sich dem Thema bisher verweigert hat, muss jetzt schnellstmöglich einen Gesetzentwurf liefern . Auch die von der Koalition kurzfristig wieder abge- setzte Anpassung des deutschen Außensteuerrechts zur Verhinderung von Verrechnungspreisgestaltungen muss dann angegangen werden . Es ist nicht nachvollziehbar, warum bei einer deutlichen Problemanzeige aus dem Kreis der steuerberatenden Branche die Bundesregierung zu dieser Sache noch nicht liefern konnte und eine zu- nächst als wichtig erachtete Präzisierung nicht umgesetzt hat . Notwendig wäre eine rechtliche Handhabe für die Fi- nanzverwaltungen, eine Gewinnberichtigung tatsächlich vornehmen zu können, wenn festgestellt wird, dass eine Transaktionsstruktur allein aus Steuervermeidungsgrün- den gewählt wurde . Bisher ist dies nicht möglich . Recht- lich möglich, so der BFH, ist allenfalls eine Anpassung der Verrechnungspreise . Der Fremdvergleichsgrundsatz ist also Teil des Steu- ervermeidungsproblems . Der Fremdvergleichsgrundsatz in seiner bisherigen, in das nationale Recht transformier- ten Form verhindert es gerade nicht, vertragliche Abre- den mit funktionsarmen verbundenen Unternehmen der Verrechnungspreisermittlung zugrunde zu legen, wo- durch riesige Gewinne willkürlich im Konzern verscho- ben werden können . Dieser legalen Steuergestaltung, die der BEPS-Abschlussbericht eindämmen sollte, wird durch das BEPS-Umsetzungsgesetz kein Riegel vorge- schoben . Um die Finanzverwaltung in die Lage zu ver- setzen, derartigen Steuergestaltungen effektiv entgegen- zuwirken und die erforderliche Besteuerung im Einklang mit tatsächlicher wirtschaftlicher Aktivität zu erreichen, müssen sie von vertraglichen Vereinbarungen abweichen können, wenn diese nicht Ausdruck tatsächlicher wirt- schaftlicher Aktivität sind . Die politische Antwort auf die Herausforderungen der globalisierten Wirtschafts- und Finanzwelt muss eine mutige – und keine verzagte – sein . Ein Wort noch zum Vorhaben der Koalition, die kal- te Progression im Einkommensteuertarif zu korrigieren. Eine Korrektur der sogenannten kalten Progression ist verfassungsrechtlich nicht notwendig . Und man rennt ei- ner Sache hinterher, die aufgrund der aktuellen und der in den kommenden zwei Jahren zu erwartenden Inflations- rate schlicht nicht aktuell ist . Die politischen Prioritäten werden im Gesetzentwurf der Koalition falsch gesetzt, weil durch eine Korrektur der kalten Progression, wie jetzt im Gesetz geregelt, die höheren Einkommen am meisten profitieren. Dabei wäre es so wichtig, gerade die unteren und mittleren Einkom- men zu entlasten . So beträgt die Entlastung der wenigen Steuerpflichtigen, die dem Spitzen- oder Reichensteuer- satz unterliegen, ein Vielfaches der Entlastung unterer Einkommensgruppen . Auch hier hätte eine Lösung auf der Hand gelegen: die stärkere Anhebung des Grundfrei- betrages . Der von uns vorgelegte Änderungsantrag zum Ge- setz sieht aus diesen Gründen vor, das infrage stehende Finanzvolumen von etwa 2,4 Milliarden Euro für eine stärkere Anhebung des Grundfreibetrags zu verwenden . Diese Maßnahme bewirkt, dass Steuerpflichtige mit niedrigen Einkommen im Vergleich zum Gesetzentwurf verstärkt profitieren, aber insgesamt alle Steuerpflichti- gen einheitlich entlastet werden . Denn eine Anhebung des Grundfreibetrags führt dazu, dass die Steuersenkung nicht mit dem Einkommen ansteigt, sondern für alle Ein- kommensgruppen gleich hoch ist . Der regressive Vertei- lungseffekt eines „Tarifs auf Rädern“ wird somit vermie- den . Selten war ich so enttäuscht von einem Gesetzesent- wurf . Wenn wir ihn dennoch nicht ablehnen, sondern uns enthalten, dann deshalb, weil die im Gesetz vorgesehe- nen Anti-BEPS-Maßnahmen in die richtige Richtung weisen, auch wenn sie viel zu kurz gefasst sind . Und weil wir einer steuerlichen Entlastung, auch wenn sie nicht ausgewogen ist, nicht widersprechen wollen . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Inklusive Bildung für alle – Ausbau inklusiver Hochschulen fördern (Tagesordnungspunkt 18) Xaver Jung (CDU/CSU): „Und täglich grüßt das Murmeltier“ . – Wieder einmal diskutieren wir einen der Anträge „Inklusive Bildung für alle“ – und mir hat sich immer noch nicht erschlossen, wieso wir vier verschie- dene Anträge diskutieren, wenn doch ein ganzheitliches Konzept gefordert ist; denn Inklusion ist eine gesamt- gesellschaftliche Aufgabe quer durch alle Bildungsbe- reiche . Fließende Übergänge und der Erhalt von Erfah- rungen müssen unsere Ziele sein . Mit vier verschiedenen Anträgen senden Sie also schon allein symbolisch ein völlig falsches Signal . Aber auch inhaltlich zeigt sich, dass Sie die Prozesse einer fortschreitenden inklusiven Bildung nicht richtig erfassen: So wird mit dem vorgelegten Antrag die Bundesregie- rung unter anderem aufgefordert, mit dem Bundesrat und der Kultusministerkonferenz verbindliche Handlungs- empfehlungen und Empfehlungen für personelle Stan- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20663 (A) (C) (B) (D) dards und Garantien zu verfassen . Hier sind die Länder aber schon weiter: Alle haben bereits Aktionspläne zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Bereich Hochschule verabschiedet! In dem Antrag wird zudem gefordert, den Studieren- den mit Beeinträchtigung BAföG über die Regelstudi- enzeit hinaus zu gewährleisten . Auch dies geschieht be- reits! So heißt es in § 15 Absatz 3 des Gesetzes: „Über die Förderungshöchstdauer hinaus wird für eine ange- messene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie Nummer 5 infolge einer Behinderung … überschritten worden ist .“ Zudem schlagen Sie einen „Inklusionspakt“ vor, der unter anderem ein Investitionsprogramm im Umfang von mindestens 2 Milliarden Euro umfassen soll . Da- bei entlastet der Bund die Länder schon um 1,2 Milliar- den Euro, und zwar jährlich, durch die Übernahme der BAföG-Kosten . Zudem werden wir bis 2023 mit dem Hochschulpakt weitere 20 Milliarden Euro investiert ha- ben . Und ab 2020 kommen noch einmal 3,5 Milliarden Euro für die kommunale Bildungsinfrastruktur finanz- schwacher Kommunen hinzu . Der Bund finanziert somit schon kräftig mit, nun sind endlich die Länder am Zug, das Geld gemäß der Verein- barungen bedarfsgerecht einzusetzen . Ein weiterer Bestandteil des Inklusionspaktes sind Weiterbildungs- und Qualifizierungsprogramme. Auch hier ist der Bund schon aktiv . Auch für uns ist die Frage, wie eine heterogene Schülerschaft am besten gefördert werden kann und wie das wiederum zu vermitteln ist, zentral . So investiert das BMBF einerseits in Forschung in diesem Bereich . Andererseits werden im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ Projekte gefördert, die inklusive Bildung in der Lehrerbildung an Hochschu- len erforschen und erproben . Diese Förderung an Hoch- schulen ist ein wichtiger Baustein für eine gelingende Inklusion . Grundsätzliche Kompetenzen im Umgang mit einer heterogenen Schülerschaft erlernen die Lehrerinnen und Lehrer zudem in ihrem Studium . Denn im Rahmen der aktualisierten Standards für Lehrerbildung ist ein Basis- modul für alle angehenden Lehrerinnen und Lehrer vor- gesehen . Entsprechend haben alle Bundesländer schon im Januar 2015 angefangen, Maßnahmen der Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung zu realisieren . In der letzten Debatte bemerkten Sie, Frau Hein, dass unser System zusätzliche Hürden für Benachteiligte aufbauen würden: so könnten individuelle Situationen nicht berücksichtigt werden, wenn sie in den Sozialge- setzbüchern nicht vorkommen würden . Zudem müssten Hilfeleistungen erst kompliziert beantragt werden . Dies sind Probleme der Umsetzung – denn mit Beratungsstel- len, die individuell auf die Belange der Schülerinnen und Schüler und ihr Umfeld eingehen können, kann viel auf- gefangen werden . Die Studentenwerke haben bereits eine entsprechende Anlaufstelle eingerichtet . Sie zu stärken und angemessen auszustatten, obliegt nun den Ländern . Doch keine Frage: Inklusion oder, allgemeiner, die Beschulung einer heterogenen Schülerschaft ist eine der großen, wenn nicht sogar die größte Herausforderung un- seres Bildungssystems . Doch mit übereilten Forderungen und dem Verkennen erfolgreicher Ansätze kommen wir nicht voran . Inklusion beginnt im Kopf, im Kopf eines jeden, und so müssen wir gesellschaftliche Akzeptanz durch wohlüberlegte Forderungen und zielgerichtete Ansätze schaffen. Eine Überforderung der Beteiligten durch eine sogenannte „kalte Inklusion“ oder übereifriger Reform- wille bei einem historisch gewachsenen, gut funktionie- ren mehrgliedrigen System mit Sonderschulen sind da nicht hilfreich . Uwe Schummer (CDU/CSU): Bildung ist ein we- sentlicher Schlüssel zur Teilhabe am Leben mit all seinen Facetten . Das gilt für Menschen mit und ohne Behinde- rungen gleichermaßen . Wer gut ausgebildet ist, hat bes- sere Chancen auf dem Arbeitsmarkt . Menschen mit Behinderungen sind vielfach gut ausgebildet und teilweise sogar besser qualifiziert als Menschen ohne Schwerbehinderung . Dennoch sind sie häufiger arbeitslos. Gute Bildung und Ausbildung sind wichtig, doch gleichzeitig braucht es aufgeschlosse- ne Arbeitgeber, um diesen Menschen den Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen . Über 30 000 Betriebe be- schäftigen heute keinen einzigen schwerbehinderten Menschen . Neben besseren Bildungschancen brauchen wir gleichzeitig mehr Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt. Das kann Politik alleine nicht stemmen . Die Koalition hat in den vergangen Jahren daran ge- arbeitet, für Menschen mit Behinderungen mehr Optio- nen zur Teilhabe an Bildung, Arbeit zu schaffen. Unser Ziel ist, die geltende UN-Behindertenrechtskonvention prozesshaft weiter umzusetzen . Dazu haben wir die as- sistierte Ausbildung eingeführt, die Inklusionsbetriebe ausgebaut und im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes die Leistungen zur Teilhabe an Bildung klargestellt und erweitert . Als Behindertenbeauftragter meiner Fraktion habe ich mich bei der Kultusministerkonferenz dafür starkgemacht, dass neben Hamburg, Berlin und Bran- denburg weitere Länder die Gebärdensprache als Unter- richtsfach in Regelschulen einführen . Für gehörlose und schwerhörige Menschen würden hemmende Kommuni- kationsbarrieren ausgeräumt werden, wenn immer mehr die Deutsche Gebärdensprache beherrschen . Die Rück- meldung der KMK war positiv . Jetzt müssen weitere Länder nachlegen . Als 2009 die UN-BRK geltendes Recht wurde, hat die Hochschulrektorenkonferenz gleich reagiert und sich dazu verpflichtet, eine „Hochschule für alle“ zu realisie- ren . Damit war ein wichtiges Signal gesetzt . Die Umset- zung ist ein Prozess, der noch viele Jahre in Anspruch nehmen wird . Immer mehr Hochschulen setzten die Verpflichtung zur Inklusion in die Praxis um und schaffen Angebote für Studierende mit Behinderungen oder chronischer Er- krankung. Es gibt an nahezu jeder Uni qualifizierte An- laufstellen, in denen schwerbehinderte Studierende oder Studieninteressierte umfassend beraten und unterstützt Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620664 (A) (C) (B) (D) werden . Die Beauftragten für die Belange behinderter und chronisch kranker Studierender an den Universitä- ten als auch die Studentenwerke und Teile der verfassten Studierendenschaft vertreten die Interessen von Studen- ten mit Beeinträchtigungen . Sie alle arbeiten gemeinsam daran, die Studienbedingungen für Menschen mit Handi- cap zu optimieren . Studierende mit Behinderung können ihr Studium in- dividuell planen und dabei auf „angemessene Vorkehrun- gen“ zurückgreifen: Sie können phasenweise in Teilzeit studieren, sie können Prüfungstermine individuell planen oder besondere Regelungen für Exkursionen sowie Prak- tika verhandeln . Wer mit einer Beeinträchtigung die für sich passende Uni sucht, kann schon heute aus mehreren Hochschulen auswählen . Die Uni Hamburg hat zum Beispiel eine Ser- vicestelle für gehörlose und hörgeschädigte Studierende etabliert, die bei der Organisation des Studiums unter- stützt. Die Uni Potsdam schult ihre Erstsemester-Tutoren zu den Themen Barrierefreiheit und Teilhabemöglichkei- ten von Studierenden mit Behinderung . Denn vor allem innerhalb der Studierendenschaft ist es wichtig, für die Belange behinderter Kommilitonen zu sensibilisieren . Wenn dann im Studienalltag Barrieren auftauchen, lassen sich diese durch gegenseitige Hilfe auch mal unkompli- ziert überwinden . Menschen mit Behinderungen haben heute Anspruch auf individuelle Nachteilsausgleiche während des Studi- ums . Dafür sind verschiedene Kostenträger zuständig, wie BAföG-Ämter, die örtlichen und überörtlichen Sozi- alhilfeträger, die Träger der Grundsicherung für Arbeits- suchende und die Kranken- und Pflegekassen. Ab dem 1 . Januar 2017 tritt das neue Bundesteilhabe- gesetz in Kraft . Erstmals werden dann Hilfen zur Teilha- be an Bildung in der Eingliederungshilfe als eigene Leis- tung festgeschrieben . Damit stellen wir sicher, dass die notwendigen Assistenzleistungen von der Grundschule über die weiterführende Schule bis hin zur Universi- tät für ein Bachelor- und Master-Studium bereitstehen . Auch für die berufliche Weiterbildung wird es künftig Leistungen aus der Eingliederungshilfe geben . Das ist ein enormer Fortschritt gegenüber geltendem Recht . Da- mit werden wir sicherlich mehr Menschen mit Behinde- rungen für die Aufnahme eines Studiums motivieren . Damit sich beruflicher Aufstieg und Leistung auch im Berufsleben lohnen, haben wir mit dem BTHG die Einkommens- und Vermögensfreigrenzen deutlich nach oben gesetzt . Auch Menschen mit Behinderungen mit As- sistenzbedarf müssen von ihrem Lohn gut leben können . Ab 2020 wird daher das Einkommen bis 30 000 Euro frei von Zuzahlungen für Assistenzleistungen sein . Wer mehr verdient, leistet einen prozentualen Eigenbeitrag zu seinen Fachleistungen . Das Vermögen wird von heu- te 2 600 Euro auf bis zu 50 000 Euro anrechnungsfrei bleiben . Hier hat die Union ein klares Zeichen gesetzt: Leistung muss sich lohnen . Der Bund schnürt aktuell ein 5-Milliarden-Paket zur Förderung von Schulen . Bis zum Jahr 2021 sollen bun- desweit alle 40 000 Schulen mit Computern und Internet- zugang ausgerüstet werden . Investitionen in Digitalisie- rung kommen allen Schülern zugute, vor allem Schülern mit Behinderung . Ein Beispiel: Schüler mit feinmotori- schen Einschränkungen können beispielsweise schneller über Tastaturen komplexe Texte verfassen oder Aufga- ben zügiger lösen, als sie es mit dem Stift könnten . Ich bin überzeugt, dass dieses neue Förderprogramm auch die Inklusion in der Bildung massiv voranbringen wird . Wir sind in Deutschland auf einem guten Weg, Lernen und lebenslanges Lernen für alle Menschen zu ermögli- chen. Inklusion ist ein Prozess, von dem alle profitieren müssen . Nur wenn wir eine breite gesellschaftliche Ak- zeptanz für diesen Prozess schaffen, kann er auch gelin- gen . Oliver Kaczmarek (SPD): Auf dem Weg zur inklu- siven Hochschule sind wir einen entscheidenden Schritt weitergekommen . Mit der Verabschiedung des Bun- desteilhabegesetzes heute Morgen wurden nicht nur zahl- reiche Leistungen für chronisch Kranke oder Studieren- de mit Behinderung ausgeweitet, sondern vielmehr die gesamte Logik bei der Inklusionsförderung vom Kopf auf die Füße gestellt . Mit dem neuen Gesetz stehen nicht mehr die Defizite von Menschen im Fokus, die es auf die eine oder andere Weise auszugleichen gälte, sondern die Verantwortung der Gesellschaft, Inklusion durch Teilha- bemöglichkeiten und Barrierefreiheit oder mindestens Barrierearmut sicherzustellen . Dazu wurde nicht nur ein verändertes Teilhabeplanverfahren beschlossen, sondern auch die unabhängige Beratung der Antragstellenden ver- ankert, die mit 60 Millionen Euro gefördert werden wird . Selbstbestimmtheit und Entscheidungsfreiheit stehen da- mit am Anfang der Unterstützungsleistung und nicht an ihrem Ende . Mein Dank gilt der zuständigen Ministerin Andrea Nahles und den Mitarbeiterinnen und Mitarbei- tern im Ministerium sowie den Verhandlungsführern der Koalition, die viel Arbeit und Herzblut in die Erarbeitung des Gesetzes gesteckt haben . Der Verabschiedung des Gesetzes ist ein langer und intensiver Prozess von Debatte und Beteiligung voran- gegangen . Dafür möchte ich mich ausdrücklich bei allen beteiligten Personen, Gruppen und Verbänden bedanken. Im parlamentarischen Verfahren ist es gelungen, zahlrei- che Veränderungen und Verbesserungen aufzunehmen . Auch wenn es in den vergangenen Wochen und Monaten an der einen oder anderen Stelle zu Missverständnissen und Verstimmungen gekommen ist, möchte ich klarstel- len, dass wir im Parlament die Sorgen, Interessen und Verbesserungswünsche stets ernst genommen haben . Ich habe die Hoffnung, dass daraus neues Vertrauen entstan- den ist, das in Zukunft auch zu einer Versachlichung der Debatte beitragen wird . Für die Teilhabe an unserer Gesellschaft ist Bildung seit jeher von größter Bedeutung, unabhängig davon, ob es sich um behinderte oder nicht behinderte Menschen handelt . Deswegen fand schon im ursprünglichen Ge- setzentwurf das Thema Teilhabe an Bildung eine erste Wertschätzung . Erstmals wurden die unterschiedlichen Maßnahmen zusammengeführt und als klarer Anspruch formuliert . Im angesprochenen Dialog und dem parla- mentarischen Verfahren konnten noch zahlreiche Vor- schläge und Ideen aufgenommen werden . So wurde ge- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20665 (A) (C) (B) (D) ändert, dass Leistungen zur Teilhabe an Bildung nicht nur dann gewährt werden, wenn das Teilhabeziel erreicht werden kann . Das heißt beispielsweise im Fall der Hoch- schulen, dass Voraussetzung zum Hochschulstudium ist, ob eine Hochschulzugangsberechtigung vorliegt . Da- mit sind Menschen mit Behinderung an diesem Punkt gleichgestellt . Zusätzlich wurde klargestellt, dass auch der Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung durch den Besuch an weiterführenden Schulen im Sinne des Gesetzes förderungsfähig ist . Darüber hinaus muss der Teilhabeplan heilpädagogische und sonstige Maßnahmen enthalten, die den Leistungsberechtigten den Hochschul- besuch ermöglichen oder erleichtern . Wir haben in den Beratungen einen einfacheren Zugang zu Leistungen zur Teilhabe an Bildung durchgesetzt . Durch die Ausweitung von Leistungen machen wir deutlich: Inklusion im Bil- dungssystem ist zentral für uns, um von Anfang an den Weg zu einer inklusiven Gesellschaft zu eröffnen, an der alle teilhaben können . Zentral ist auch die Erprobung des neuen Zugangs zur Eingliederungshilfe . Es stand die Befürchtung im Raum, dass Menschen den Zugang zur Eingliederungshilfe verlieren, wenn die neue Regel „Einschränkung in fünf von neun Lebensbereichen“ angewendet wird . Genau- so wichtig ist aber auch das Versprechen gewesen, dass niemand aus der Förderung fallen soll . Deswegen wird es einen Modellversuch mit umfassender wissenschaft- licher Begleitung und Evaluation geben . Damit die Ver- änderungen absehbar werden, nehmen wir uns bis zum Jahr 2023 Zeit, um über einen neugeregelten Zugang zur Eingliederungshilfe zu entscheiden . Die Umstellung soll sanft und ohne Brüche erfolgen . Bis dahin ist für alle Menschen, die bereits in der Förderung sind, sicherge- stellt, dass sie auch weiter Leistungen erhalten . Dem Ver- sprechen, keine neuen Benachteiligungen durch das Bun- desteilhabegesetz zu schaffen, sind wir treu geblieben! Im Dialog der letzten Monate ist auch klar geworden, wie ein barrierefreies Studium in Zukunft aussehen muss . Erstens gilt es, eine barrierefreie soziale Infrastruktur zu schaffen. Das fängt bei der Beratung von Studierenden mit Behinderung an, geht über Angebote für die Begleitung und reicht bis zur Schaffung barrierefreier Wohnräume. Der Zugang zu Lernmitteln muss so gestaltet sein, dass sie für Studierende mit Behinderungen nutzbar sind . Wo nötig, muss der Umgang mit Hilfsmitteln geschult wer- den . Dazu müssen auch von den Hochschulen Angebote entwickelt werden, die mögliche Nachteile ausgleichen . Nicht zuletzt bietet die Digitalisierung für Studierende mit Behinderung große Chancen . Eine Entkoppelung von Lernen und Präsenz vor Ort schafft gerade für Menschen mit eingeschränkter Mobilität neue Teilhabechancen an hochschulischen Angeboten . Die Hochschulen haben das bereits erkannt . Sie sind aber weiter gefordert, Angebote für inklusive Bildung zu entwickeln . Ich schließe damit, festzustellen: Heute ist ein guter Tag für die Inklusion an unseren Hochschulen . Vor uns liegen große Anstrengungen, um die im Gesetz veranker- ten Verbesserungen Realität werden zu lassen . Es kommt jetzt darauf an, dass wir gemeinsam in den Hochschulen, den Verwaltungen und bei den Trägern die beschlossenen Verbesserungen für eine stärkere Inklusion umsetzen . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Professor Dr . Hase, Landesbeauftragter für Menschen mit Behin- derung, hat kürzlich zu Beginn einer großen Tagung für die barrierefreie Hochschule in Schleswig-Holstein in seiner Begrüßung darauf hingewiesen, dass er als hör- beeinträchtigter Jurastudent sein Studium gegenüber den Lehrenden an der Universität immer wieder rechtfertigen musste . Heute dagegen ist die Inklusion von Menschen mit Behinderung an den Hochschulen in der UN-Behin- dertenrechtskonvention rechtlich verankert . Damit die- ses international gültige Recht jetzt auch seine praktische Wirksamkeit entfaltet, braucht es mehr Debatten, mehr Initiativen in den Hochschulen, mehr Begleitung durch die Politik und vor allen Dingen mehr ganz konkrete ein- zelne Schritte . Dazu möchte ich positiv festhalten, dass natürlich auch der eingebrachte Antrag der Fraktion Die Linke einen solchen Anstoß für uns im Bundestag setzt, den wir unbedingt aufnehmen sollten, auch wenn wir von der SPD nicht in allen Punkten bei dem umfangreichen Forderungskatalog mit den Linken übereinstimmen müs- sen . Das Thema ist jedenfalls gesetzt . Wir werden es im Bildungsausschuss intensiv vertiefen können . Die detail- lierte Kommentierung und Bewertung der Forderungen der Linken soll deshalb auch der zweiten Lesung dieses Antrags vorbehalten sein . Der Tag der Einbringung die- ses Antrags passt auch; denn die Regierungskoalition hat auf Initiative unserer Bundessozialministerin Andrea Nahles heute ein wirklich wegweisendes Teilhabegesetz verabschieden können, bei dem insbesondere auch die Zugänge zu Bildung durch die ganze Bildungsbiografie hindurch deutlich gefördert werden . Der Kollege Oliver Kaczmarek macht in seinem Beitrag deutlich, was die- ses Teilhabegesetz im Einzelnen bedeutet und positiv in Gang setzt . Dass wir über das Teilhabegesetz hinaus weiterden- ken müssen, wenn wir eine inklusive Hochschule er- reichen wollen, macht insbesondere die Datenerhebung „beeinträchtigt studieren“ deutlich, die im Auftrag des Deutschen Studentenwerks im Sommersemester 2011 mehr als 15 000 Studierende mit studienerschwerenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen um detaillierte Auskunft über ihre beeinträchtigungsbedingten Belange bei Studienwahl, Studiendurchführung und Studienfinan- zierung befragt hat . Achim Meyer auf der Heide, Gene- ralsekretär des Deutschen Studentenwerks, hat auf der Grundlage der Ergebnisse fünf wichtige Handlungsfelder identifiziert, die auch für die weitere hochschulpolitische wie auch allgemeinpolitische Debatte bestimmend sein müssen: Erstens . Es gibt nicht den Studierenden oder die Stu- dierende mit Behinderung . Beeinträchtigungsbedingte Anforderungen an Studium, Hochschule und Studenten- werksangebote müssen deshalb auch sehr unterschied- lich ausfallen und hängen stark von der jeweiligen Art der Beeinträchtigung ab . Das werden viele von uns auch selbst erlebt haben, wenn sie an ihre eigene Studienzeit zurückdenken; denn tatsächlich waren die Belange von Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung die große Unbekannte. Wenn nur 6 Prozent der teilnehmen- den Studierenden an der Befragung angeben, dass ihre Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620666 (A) (C) (B) (D) gesundheitliche Beeinträchtigung auf Anhieb von Dritten wahrnehmbar ist, müssen wir eben Barrierefreiheit neu denken und neu verstehen. Nur 12 Prozent der befrag- ten Studierenden geben an, hauptsächlich aufgrund einer Bewegungs-, Seh- oder Hörbeeinträchtigung im Studium eingeschränkt zu sein . Zwei Drittel der studienrelevan- ten Beeinträchtigungen an den Hochschulen bleiben da- gegen unbemerkt, wenn Studierende nicht selbst darauf hinweisen . Deshalb braucht es eine klare Verankerung des Zie- les Barrierefreiheit in allen Prozessen und Entscheidun- gen der verantwortlichen Akteure an den Hochschulen, und das von vornherein und auch auf höchster Ebene der Hochschulleitungen . Auch die Beauftragten für die Belange von Studierenden mit Behinderung und chro- nischen Krankheiten können dabei eine wichtige Rolle übernehmen . Das setzt eine gesetzliche Verankerung in den Bundesländern voraus; die Arbeit der Beauftragten muss professionalisiert werden . Ohne mehr personelle, finanzielle und zeitliche Ressourcen und nötige Mitwir- kungsrechte wird es nicht gelingen, Barrierefreiheit neu zu erkennen und neu zu denken . Zweitens . Zeitliche und formale Vorgaben der Studi- en- und Prüfungsordnung werden für die Mehrheit der gesundheitlich beeinträchtigten Studierenden zu echten Barrieren . Annähernd zwei Drittel der Befragten haben nach eigenen Angaben Schwierigkeiten zum Beispiel mit der Prüfungsdichte, der starren Abfolge von Modulen oder Anwesenheitspflichten. Zwei von drei der betrof- fenen Studierenden kritisieren, dass ihre Lehrkräfte sich nicht auf ihre spezifischen Belange einstellen können. Nicht nur die Hochschulen, sondern auch wir als poli- tische Gestalter von Fördersystemen wie zum Beispiel beim BAföG oder beim Teilhabegesetz müssen deshalb verinnerlichen, dass Studierende mit Behinderung und chronischen Krankheiten mehr Gestaltungsspielräume bei der Organisation ihres Studiums brauchen . Auch wenn es mühselig sein wird, muss das Recht auf Nach- teilsausgleich zur intensiven Überprüfung von allen Ver- fahrensgrundsätzen führen, damit sie wirklich diskrimi- nierungsfrei gestaltet sind . Drittens . Die gute Absicht und die guten Bedingungen müssen noch lange nicht dazu führen, dass sie auch tat- sächlich in Anspruch genommen werden . Dieses Ergeb- nis aus der Befragung „beeinträchtigt studieren“ hat mich besonders betroffen gemacht. Lediglich ein gutes Drittel der befragten Studierenden hat bisher überhaupt jemals einen Antrag auf Nachteilsausgleich im Studium gestellt, obwohl immerhin 60 Prozent der befragten Studierenden starke oder sehr starke Studienbeeinträchtigungen ange- ben . Die Studierenden wissen nämlich nicht, dass es sol- che Möglichkeiten der Unterstützung gibt, oder sie haben Angst, sich zu outen, und wollen nicht, dass ihre Behin- derung oder ihre chronische Krankheit bekannt wird . Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebote der Hochschulen und Studentenwerke werden deshalb umso wichtiger . Immerhin fördert aktuell auch schon die Bundesregierung eine zentrale Beratungseinrichtung des Deutschen Studentenwerkes für das Beratungswesen und die Unterstützung in den Hochschulen selbst . Hier wird über eine Ausweitung nachzudenken sein, wenn denn wirklich die Bewegung pro Inklusion in den Hochschu- len viel weiter Platz greift, was wir uns ja alle nur wün- schen können . Viertens . Beratung wird dabei vor allen Dingen in Be- zug auf die diskriminierungsfreie Studienfinanzierung notwendig sein . Denn mehr als zwei Drittel der befragten Studierenden haben beeinträchtigungsbedingte Zusatz- kosten, zum Beispiel für Arztbesuche, Psychotherapien, Medikamente etc . Mehr als jeder Siebte von ihnen hat massive Schwierigkeiten, seinen Lebensunterhalt samt diesen besonderen Studienzusatzkosten zu decken . Aber auch hier: Nur rund 2,5 Prozent der befragten Studieren- den nehmen zusätzliche staatliche Sozialleistungen jen- seits des Bundesausbildungsförderungsgesetzes in An- spruch . Wir müssen überlegen, wie die Leistungen noch mehr auf die ganz konkreten Bedürfnisse von Studieren- den mit Behinderung oder einer chronischen Krankheit abgestimmt sein können . Wir müssen aber vor allem auch dafür mit sorgen, dass diese Hilfen auch praktisch angenommen werden können . Fünftens . Deshalb kommt der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes in dem fünften Punkt seiner Auswertung zu der Situation von Studierenden an einer inklusiven Hochschule zu der für ihn wichtigsten und drängendsten Aufgabe überhaupt, nämlich der Sensibi- lisierung und Qualifizierung aller an Hochschulen und Studentenwerken Tätigen für dieses Thema . „Man ist nicht behindert, sondern man wird behindert“: Das muss auch von uns in der politischen Verantwortung verinner- licht werden . Tatsächlich gibt es hier auch gute Basisansätze in vie- len Bundesländern, an vielen Hochschulen und auch bei den Spitzenverbänden . Mich hat sehr beeindruckt, was zum Beispiel bei der eingangs von mir genannten Tagung zur barrierefreien Hochschule in Schleswig-Holstein an Ideen und auch konkreten Beispielen für dieses Bundes- land zusammengetragen worden ist . Der Staatssekretär fordert dazu auf, barrierefreie Hochschule zu einem Mar- kenzeichen für das Bildungssystem insgesamt zu ma- chen . Die Fachreferentin des Deutschen Studentenwerkes wirbt für den Perspektivwechsel von der individuellen zur institutionellen Verantwortung . Die Beauftragte für Studierende mit Behinderung der Fachhochschule er- munterte die Studierenden: „Kommen Sie und machen Sie sich sichtbar! Kommen Sie in die Beratungsstellen, aber machen Sie sich sichtbar auf dem Campus!“ Das steht beispielhaft für viel Engagement im deut- schen Hochschulsystem, um das Leitbild einer Hoch- schule für alle mehr und mehr Wirklichkeit werden zu lassen . Als Student hat mich sehr das Buch „Sonja“ von Judith Offenbach beeindruckt, in dem das tragische Le- ben einer gelähmten Studentin an der Hamburger Uni- versität nachgezeichnet wird . Dieser nicht spektakuläre, aber sehr detaillierte Bericht über den Alltag einer behin- derten Studentin endet in Tragik und Melancholie . Das ist ganz nüchtern die große Aufgabe, die wir jetzt zusam- men mit neuem Mut angehen können: Diskriminierung, Tragik und Melancholie durch Gleichberechtigung, Teil- habe und Mut zu ersetzen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20667 (A) (C) (B) (D) Nicole Gohlke (DIE LINKE): Die LINKE hat heu- te einen Antrag vorgelegt mit Vorschlägen, wie wir den Ausbau der Hochschulen im Sinne der Inklusion voran- bringen können . Seit 2009 hat sich Deutschland zur Inklusion ver- pflichtet, seit 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonven- tion in Kraft, und das bedeutet nichts weniger, als dass alle Menschen das gleiche Recht auf vollständige gesell- schaftliche Teilhabe haben, dass wir die Verschiedenheit, die Unterschiedlichkeit der Menschen endlich als Reich- tum und nicht als Hemmnis oder Problem begreifen. In der Bildung wie in jedem anderen gesellschaftlichen Bereich muss es einen uneingeschränkten, einen gleich- berechtigten Zugang für alle Menschen geben . Für alle Menschen, also weder die soziale Zugehörigkeit noch der ökonomische Hintergrund, weder individuell ver- schiedene Voraussetzungen noch Handicaps, weder das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung noch Religi- on oder Herkunft dürfen ein Hindernis für Partizipation darstellen . Alle meint einfach alle . Für dieses Umdenken ist es wirklich höchste Zeit! An vielen Hochschulen werden Anstrengungen unternommen, um die Barrierefreiheit voranzubringen, mit Rampen und Aufzügen für Roll- stuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen oder mit barrie- refreien Web-Auftritten . Aber es ist bei diesem Thema genauso wie bei den meisten anderen wichtigen Heraus- forderungen in der Bildung: Eine angemessen schnelle und flächendeckende Umstellung wird nur gelingen, wenn es dafür eine gezielte Unterstützung von Bund und Ländern gibt, und deshalb wirbt die Linke für ein Inves- titionsprogramm für inklusive Bildung, zusammen mit einem Inklusionspakt für die Hochschulen, um nicht nur bauliche Maßnahmen voranzubringen, sondern auch die Lehr- und Lernmittel inklusiv auszurichten, oder um das Betreuungsverhältnis von Studierenden und Lehrenden zu verbessern . Aber statt sich darüber Gedanken zu machen, wie die Bundesregierung helfen kann, Hürden zu beseitigen, baut sie selber neue auf . Das neue Bundesteilhabege- setz, das heute verabschiedet wurde – und zwar gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke –, bedeutet, auch nach den nun vorgenommenen Änderungen, deutliche Verschlechterungen für Studierende mit Beeinträchti- gungen. Fakt ist, dass die Pläne der Bundesregierung das Recht auf freie Berufswahl einschränken werden, und es ist eigentlich unglaublich, dass wir uns heute, statt über die nächsten Schritte in Richtung Inklusion zu reden, uns über die Verhinderung von neuer Diskriminierung unter- halten müssen . Statt das Leben einfacher zu machen für diejenigen, die auf persönliche Assistenz angewiesen sind, schrän- ken sie ihre Rechte im Vergleich mit Studierenden ohne Behinderung ein . Der Erhalt von Eingliederungshilfe für eine schulische oder hochschulische berufliche Weiter- bildung soll an zeitliche und inhaltliche Vorgaben ge- bunden sein, und Leistungen für ein Promotionsstudium werden im Bundeteilhabegesetz nicht einmal aufgeführt . All das sind massive Benachteiligungen für Studieren- de und Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftle- rinnen mit Behinderungen, es ist das Gegenteil von dem, was die UN-Behindertenrechtskonvention will . Und das ist nicht hinzunehmen . Und für die allermeisten Studie- renden mit Beeinträchtigung ist der notwendige finan- zielle Mehrbedarf für das Studium ein echtes Problem. Und es kann doch nicht sein, dass erhöhte Bedarfe we- gen einer Behinderung im BAföG grundsätzlich nicht be- rücksichtigt werden . Dieser Zustand ist unzumutbar für die Betroffenen. Deswegen wollen wir das BAföG zukünftig in eine der Beeinträchtigung angemessene Förderung umwan- deln und über die Regelstudienzeit hinaus zahlen – nur so kann verhindert werden, dass Studierende mit Behin- derung nicht vielleicht zum Studienabbruch gezwungen sind . Die Beseitigung von Barrieren, das ist nicht nur rele- vant für Menschen mit Beeinträchtigungen, sondern für uns alle, weil jede und jeder von uns immer wieder da- rauf angewiesen ist, dass uns Hürden aus dem Weg ge- räumt werden . Dieses Verständnis von Inklusion wollen wir voranbringen . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Inklusi- on ist ein Menschenrecht . Sie beruht auf der Wertschät- zung menschlicher Vielfalt und der Unterschiedlichkeit von Menschen als das, was sie ist: Normalität . In einer inklusiven Gesellschaft leben alle Menschen als einzig- artig, besonders und gleichberechtigt miteinander, unab- hängig von ihrer Herkunft, Weltanschauung, sexuellen oder geschlechtlichen Identität, ihren Fähigkeiten oder Bedürfnissen . Inklusion bedeutet lebenslange volle, gleichberech- tigte und wirksame Teilhabe aller Menschen . Sie erfor- dert, die gesellschaftlichen Strukturen so zu verändern und zu gestalten, dass sie der Vielfalt der menschlichen Lebenslagen von Anfang an Rechnung tragen und allen Menschen gleichermaßen zugänglich sind . Dies gilt für das gesamte gesellschaftliche Leben: vom Besuch der gemeinsamen Kindertagesstätte, von der Schule, Berufs- oder Hochschule, der Information und Kommunikation bis hin zum Wohnen, Arbeiten, zu der Freizeitgestaltung und Selbstbestimmung bis ins hohe Alter . Seit Jahrzehnten kämpfen Menschen mit Behinderung für ein selbstbestimmtes Leben und gleichberechtigte Teilhabe am sozialen, kulturellen und politischen Leben . Trotzdem leiden sie noch heute unter mangelnder Inklu- sion . Der Leitspruch der Bewegung hat damals wie heute Gültigkeit: „Der Mensch ist nicht behindert, er wird be- hindert!“ Dem Grundanliegen des Antrags „Inklusive Bildung für alle – Ausbau inklusiver Hochschulen fördern“, den die Fraktion Die Linke hier heute vorlegt, können wir zu- stimmen: Inklusive Bildung bedeutet, auch Hochschulen zu „enthindern“ . Die Hochschulrektorenkonferenz hat bereits 2009 in ihrer Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“ zentrale Probleme angesprochen, die im Zuge des Ausbaus einer inklusiven Hochschullandschaft gelöst werden müssen: Die Spannbreite reicht von der Studien- orientierung, -beratung und -zulassung über die Gestal- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620668 (A) (C) (B) (D) tung der Lehre und Prüfungen bis zu Fragen der Barrie- refreiheit und Studienfinanzierung. Laut Erhebung des Deutschen Studentenwerks zur Si- tuation von Studierenden mit Behinderung und chroni- scher Krankheit („beeinträchtigt studieren“) erleben noch immer 60 Prozent der Befragten starke bzw. sehr starke beeinträchtigungsbedingte Studienerschwernisse . Auch wenn es an vielen Hochschulen bereits gute individuel- le Lösungen für einzelne Studierende mit Behinderung gibt, ist es noch ein weiter Weg zur flächendeckenden inklusiven Hochschule . Die baulichen, kommunikati- ven, aber auch die finanziellen und rechtlichen Barrieren müssen weg, die bisher Menschen mit Behinderungen zusätzlich den Weg an die Hochschule erschweren . In- klusion zu gestalten, ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern . Die Verantwortung für die Finanzierung von Maß- nahmen, die behinderten Menschen ein Studium ermög- lichen, ist zwischen Hochschule und Sozialhilfeträger nicht klar genug geregelt. In den Programmen, mit denen Hochschulen der Vielfalt in der Studierendenschaft ge- recht werden und sie fördern wollen, spielen Menschen mit Behinderung noch zu oft eine Nebenrolle . Es gibt bisher kaum Lehrende, die Kenntnisse barrierefreier Hochschuldidaktik haben, obwohl davon nicht nur be- hinderte Studierende profitieren würden. Ein Feld, wo die Regierungsfraktionen auf den letz- ten Drücker ein paar Verbesserungen im Bildungsbereich erkannt haben, ist das Bundesteilhabegesetz . Wir sind der Auffassung: Leistungen zur Teilhabe müssen in je- der Phase allgemeiner, beruflicher und hochschulischer Bildung gewährt werden . Es muss sichergestellt sein, dass Menschen mit Unterstützungsbedarf die vielfältigen Bildungsgänge und -wege gleichberechtigt wahrnehmen können . Dies gilt insbesondere auch für eine freiwillige berufliche Neuorientierung. Trotz dieser kleinen Verbesserungen bringt das Bun- desteilhabegesetz von Union und SPD insgesamt schlech- tere Bedingungen für behinderte Studierende . Künftig gilt der Grundsatz, dass der Staat nur für einen Ausbildungs- gang die behinderungsbedingten Kosten – zum Beispiel Assistenz oder Gebärdendolmetscher – finanziert. Davon soll nur abgewichen werden, wenn zwischen den beiden Ausbildungsgängen ein inhaltlicher Zusammenhang be- steht und höchstens zwei Jahre Abstand liegen. Praktika und Auslandssemester sind nur möglich, wenn sie vorge- schrieben sind . All das ist schlecht – und all das ist vor allem keine Inklusion . Der Antrag der Linksfraktion zur inklusiven Hoch- schule fokussiert auf Menschen mit Behinderung, die an einer öffentlichen Hochschule ihrer Wahl zusammen mit anderen studieren oder promovieren wollen . Gerade in Zeiten wie diesen ist es leider notwendig, deutlich zu sagen, dass weder les-bi-schwul-trans*-Menschen noch Behinderte „Minderheiten“ sind, denen sich irgendwer „zu viel widmen“ könnte . Aus falscher Angst vor lauten Pöblern so zu tun, als seien alle Menschen gleich, nützt nur denen, die sich zum Maßstab machen und zur Mehr- heit erklären, ohne es zu sein . Ein liberaler Verfassungs- staat zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er keine Diskriminierungen zulässt . So ein Staat fällt keine Wert- urteile, wer es „wert“ ist, studieren zu dürfen, oder bei wem es „zu viel des Guten“ ist, weil es halt Steuermittel kostet, eine exklusiv geplante und gebaute Hochschule endlich auch für Blinde, Gehbehinderte oder Autistinnen und Autisten zu öffnen. Wir sind schlauer als früher; denn es gab auch eine Zeit, in der diskutiert wurde, dass Frauen nicht an Schu- len oder Hochschulen dürften, weil man dann dort ja wei- tere Toiletten einbauen müsste . Dieser Gedanke erscheint uns heute absurd; wir haben uns weiterentwickelt . Aber dann müssen wir auch die Konsequenzen daraus ziehen und die öffentlichen Einrichtungen öffnen, die Hinder- nisse wegnehmen und einen neuen Standard setzen, der Inklusion heißt . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungs- rechten zur leitungsgebundenen Energieversor- gung (Tagesordnungspunkt 20) Ingbert Liebing (CDU/CSU): Heute schließen wir die Beratungen über einen Gesetzentwurf ab, der auf den ersten Blick nur eine Kleinigkeit sein mag, es handelt sich um die Änderung eines einzelnen Paragraphen, § 46 im Energiewirtschaftsgesetz. Aber es ist ein Paragraph mit großer Wirkung, und deshalb ist das Gesetz, das wir heute beschließen, wichtig . Über Jahre hinweg hatten wir massive Rechtsunsi- cherheiten bei Ausschreibungen für Leitungskonzessio- nen in Kommunen gehabt . Rechtsstreitigkeiten vor Ge- richt, viel Ärger, viel Aufwand und hohe Kosten bei allen Beteiligten: bei den Kommunen, die für die Ausschrei- bungen zuständig sind, bei den Altkonzessionären, die ihre Konzessionen in der Ausschreibung verloren haben, und bei den Neukonzessionären, die die Ausschreibun- gen gewonnen haben . Deshalb war es unser Ziel als Ko- alition, in diesem Thema endlich mehr Rechtssicherheit zu schaffen und damit zur Befriedung dieser Konflikte beizutragen . Mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten – das hatten wir uns mit dem Koalitionsvertrag vorgenommen, und das setzen wir jetzt um. Wir schaffen Klarheit für die Kommunen, welche Auskunftsrechte sie bekommen . Das ist für sie wichtig, damit sie ihre Ausschreibung rechts- sicher gestalten können. Wir schaffen Klarheit über den Kaufpreis für die Netze . Wir haben uns verständigt auf den Vorschlag des objektivierten Ertragswerts . Darüber haben wir auch in den Beratungen intensiv diskutiert und den Vorschlag geprüft . Er ist angemessen, weil wir damit der Rechtsprechung Rechnung tragen . Indem wir dies jetzt auch im Gesetz selbst regeln, schaffen wir auch hier Rechtssicherheit und Klarheit . Wir schaffen auch Klarheit, dass Verfahrensmängel zügig gerügt werden müssen . Wir hatten es doch erlebt, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20669 (A) (C) (B) (D) dass teilweise zwei Jahre nach Abschluss eines Verfah- rens noch der Rechtsweg eingeleitet wurde . Wir setzen jetzt eine enge Frist von wenigen Wochen, innerhalb der eine Vergabe gerügt werden kann . Danach gilt eine Ent- scheidung. Auch das schafft Rechtssicherheit, das schafft Klarheit . Für die Kommunen ist auch wichtig, dass die Konzes- sionsabgabe zwingend fortzuzahlen ist, auch wenn über eine Vergabe noch vor Gericht gestritten wird . Die Kom- munen dürfen nicht die Leidtragenden eines Rechtsstrei- tes zwischen Alt- und Neukonzessionär sein . Intensive Beratungen hatten wir über die Vorschrift, dass die Kommunen neben den Kriterien, die § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes als Vergabekriterien aufgibt, auch örtliche Belange als Vergabekriterium einbeziehen können . Ich halte dies für richtig, weil die Kommen so mehr Gestaltungsmöglichkeiten in die Hand bekom- men . Aber wir stellen auch klar, dass damit kommunale Unternehmen selbst nicht bevorzugt werden dürfen . Im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens mit einem dis- kriminierungsfreien Wettbewerb müssen die Auswahl- kriterien so gewählt werden, dass jeder Bewerber diese Kriterien erfüllen kann, der private Bewerber genauso wie der kommunale Bewerber . Das gilt auch für Angelegenheiten der örtlichen Ge- meinschaft . Sie können durch einen kommunalen Bewer- ber genauso wie durch einen privaten Bewerber erfüllt werden . Entscheidend ist, dass wir hier einen diskrimi- nierungsfreien Wettbewerb herbeiführen um die besten Lösungen im Interesse der örtlichen Gemeinschaft . In den Detailberatungen haben wir uns auch mit den Vorschlägen befasst, die der Bundesrat in das Verfahren eingebracht hat . So übernehmen wir einen Vorschlag für eine Übergangsregelung bei laufenden Verfahren . Auch dies dient der Rechtssicherheit und der Klarheit . Wir haben uns darüber hinaus über eine andere wich- tige Änderung verständigt . Der Streitwert für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Überprü- fung von Konzessionsverfahren wird vereinheitlicht und auf höchstens 100 000 Euro begrenzt . Damit soll verhin- dert werden, dass überhöhte Gerichtskosten die beteilig- ten Unternehmen davon abhalten, zügig Rechtsschutz zu suchen . Auch diese Regelung dient der Rechtssicherheit und der Klarheit . Ich will aber auch gerne auf einen Punkt hinweisen, den wir ausdrücklich nicht regeln . Die Vorschläge der Fraktion der Linken für Inhouse-Vergabe und Rekommu- nalisierung haben wir ausdrücklich nicht aufgenommen, und zwar aus gutem Grund, denn es geht hier nicht um das Ziel Rekommunalisierung, sondern um das Ziel Rechts- sicherheit in einem Wettbewerbsverfahren . Wettbewerb um die Netzrechte ist gut, er dient auch den Kommunen, weil sie mit den jetzt rechtssicher festgelegten Kriterien einen Wettbewerb auslösen können, wer am ehesten und wer am besten die Netze in der Gemeinde betreibt . Dies kann ein Stadtwerk sein, aber es kann auch ein privates Unternehmen sein . Wir wollen den Wettbewerb, in dem kommunale Un- ternehmen genauso wie private Unternehmen gewinnen können . Entscheidend ist, dass dieser Wettbewerb fair stattfin- det, und dass der Rechtsrahmen sicher ist . Dafür leisten wir mit dem Gesetz, das wir heute beschließen, einen wichtigen Beitrag, und deshalb ist dieses Gesetz zur Änderung von § 46 Energiewirtschaftsgesetz ein gutes Stück Arbeit der Koalition . Johann Saathoff (SPD): In rund 10 Monaten ist Bundestagswahl, und deshalb hat man nicht mehr viel Zeit, Dinge umzusetzen, die man sich vorgenommen hat . Und – zugegeben – es hat recht lange gedauert, bis wir nun endlich das umsetzen, was wir im Koalitionsvertrag zu den Konzessionsvergabeverfahren vereinbart haben . Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf immerhin schon im Februar dieses Jahres beschlossen . „Dor fallt keen Boom up de eerste Slag“ würde man da in Ostfries- land sagen, was so viel heißt wie „Erfolg braucht Aus- dauer“ . Aber das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen . Vor allem steht dieses Gesetz im Lichte der Rechts- klarheit für die Kommunen bei der Durchsetzung ihres Rechtes, Energienetze in ihrer Gemeinde wieder in die eigene Hoheit und eigene Verwaltung zu übernehmen . Die bisherige Rechtsunsicherheit war ein großer Hemm- schuh für die Kommunen, die allesamt die originären Konzessionsträger für Energienetze verkörpern . Folg- lich ist das Betreiben von Energienetzen ein Akt der öf- fentlichen Daseinsvorsorge und obliegt zu allererst den Kommunen . Trotzdem sollen Kommunen natürlich auch im Rahmen der Vergabeverfahren zu der Entscheidung gelangen, die Energienetze in private Hände zu geben . Allerdings sollen die Kommunen unserer Meinung nach nicht durch vorhandene Rechtsunsicherheiten dazu ge- zwungen werden . Der Kabinettsbeschluss vom 3 . Februar 2016 sah die Einführung des „objektivierten Ertragswerts” vor, um das Bewertungsverfahren bei Neuvergabe der Konzes- sionen für Verteilnetze anders als bisher zu regeln . Wir haben diesen Wert von Anfang an als den richtigen Wert angesehen . Denn mit dem bislang angewendeten Sachzeitwert wurde das Besitzverhältnis unsachgemäß abgebildet, denn das Netz verbleibt ja, vereinfacht gesprochen, bei der Kommune . In der Vergangenheit war der Netzkauf- preis einer der großen Streitpunkte . Der Altkonzessionär wollte möglichst viel Geld haben, der Neukonzessionär möglichst wenig Geld zahlen – absolut verständlich . Für den Konzessionär kann es aber lediglich darum gehen, welche Einnahmen in den 20 Jahren der Konzes- sion er erzielen kann, und darum, das Netz zu verkaufen . Wir begrüßen also die Klarstellung und sind davon über- zeugt, dass damit ein fairer Interessenausgleich zwischen Alt- und Neukonzessionär gegeben ist . Darüber hinaus ist uns die Neuregelung zum Aus- kunftsanspruch der Kommunen gegenüber dem Altkon- zessionär ein wichtiges Anliegen . Der bisherige Zustand, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620670 (A) (C) (B) (D) in dem sich der Altkonzessionär weigern konnte, dem Auskunftsersuchen der zu Neuvergabe willigen Kom- mune nachzukommen, macht die Notwendigkeit dieser Regelung deutlich . Dadurch war der Altkonzessionär allein durch die Verweigerung der Auskunft dazu in der Lage, eine Neuvergabe mindestens zu behindern und seine eigenen Chancen im Verfahren deutlich zu erhö- hen . Wettbewerbsgleichheit war das sicher nicht, deshalb ist es gut, dass wir es nun zurechtrücken . Das mag sich zunächst banal anhören, aber die notwendigen Leitungs- längen im Verhältnis beispielsweise zu den Straßenkilo- metern einer Gemeinde können drastisch abweichen . Das ist zum Beispiel in Fehndörfern der Fall, wo die Sied- lungsstruktur üblicherweise so gestaltet ist, dass es in der Mitte einen Kanal gibt und an beiden Seiten des Kanals jeweils eine Straße mit jeweils den Energieversorgungs- leitungen. Fehnorte können also bis zu 100 Prozent mehr Leitungen im Boden vergraben haben (und damit zu ver- walten haben) als zum Beispiel Warftendörfer, die übli- cherweise im Rund angelegt wurden . Da wie beschrieben die Leitungslängen enorm voneinander abweichen kön- nen, je nach Siedlungsstruktur, kann eine Gemeinde die Leitungslängen nicht einfach schätzen, sondern ist darauf angewiesen, dass der Altkonzessionär ihr die notwendi- gen Daten zur Verfügung stellt, damit die Gemeinde in einem fairen Bieterverfahren sich gegebenenfalls an ei- ner Ausschreibung beteiligen kann . Darüber hinaus haben wir eine uneingeschränkte Fort- zahlungspflicht der Konzessionsabgabe eingeführt, denn unwillige Altkonzessionäre konnten bislang nicht nur das Verfahren anfechten und dadurch das Verfahren hinaus- zögern, sie konnten zusätzlich auch den Druck auf die Kommune dadurch erhöhen, dass sie nach einem Jahr die Zahlung der Konzessionsabgabe einstellten . Auch das wird für mehr Rechtssicherheit sorgen, ge- nauso wie das neue Rüge- und Präklusionsregime mit den gestaffelten Rügeobliegenheiten. Diese sehen vor, dass Parteien im Verfahren Rechtsverletzungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt rügen müssen, da der An- spruch auf Abhilfe sonst verfällt . Es ist vorgesehen, dass Verstöße im Rahmen der Aufstellung und Gewichtung von Kriterien innerhalb von 15 Kalendertagen ab Zugang der entsprechenden Mitteilung zu rügen sind . Nach Aus- wahlentscheidung haben unterlegene Parteien 30 Tage Zeit, dagegen ihre Bedenken vorzubringen . Mit dem neuen § 47 wird nun also zur Stärkung von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eine Präklusions- vorschrift im Gesetz verankert. Durch diese Pflicht der beteiligten Unternehmen, auch im laufenden Verfahren aktiv auf die Vermeidung und Ausräumung von Rechts- fehlern hinzuwirken, erhöhen sich die Qualität und die Rechtssicherheit von Vergabeverfahren zum Vorteil aller Beteiligten . Sowohl die Gemeinde als auch ein neuer Netzbetrei- ber profitieren von einer zügig eintretenden Rechtssi- cherheit . Ich bin auch froh, dass wir im parlamentarischen Ver- fahren noch einen weiteren Punkt hinzugefügt haben, der die eben genannten ergänzt . Damit meine ich die Begren- zung des Streitwertes auf 100 000 Euro . Damit befreien wir nämlich vor allem die Kommunen von einem weite- ren Damoklesschwert . Das sind die Punkte, die wir verbessert haben. Ich kann aber auch nicht verhehlen, dass es Punkt gab, wo wir – damit meine ich die Sozialdemokraten – uns noch weitere Regelungen hätten vorstellen können . Wir begrüßen auch die grundsätzliche Absicht des Ge- setzes, dass Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft als zulässiges Kriterium im Rahmen der Auswahlent- scheidung Berücksichtigung finden können. Wir sahen und sehen auch weiterhin bei den Kriterien noch weite- ren Konkretisierungsbedarf, vor allem bei der Auswahl, Gewichtung und Beurteilung dieser Kriterien . Und um eine Fehlgewichtung mit Blick auf die im Koalitions- vertrag genannten Ziele zu vermeiden, war mir wichtig, darauf ausdrücklich hinzuweisen, dass im parlamentari- schen Verfahren beim Zustandekommen dieses Gesetzes sich die Koalition einig ist, dass alle Kriterien gleich ge- wichtet werden und keines der Kriterien bei der Vergabe einen Schwerpunkt darstellt . Zur Klarstellung sollte ursprünglich unserer Meinung nach die Hervorhebung „insbesondere der Versorgungs- sicherheit und der Kosteneffizienz“ gestrichen werden, da ansonsten die in § 1 EnWG ebenfalls genannten Zie- le ohne Grund schlechter gestellt werden könnten . Da- mit konnten wir Sozialdemokraten uns aber leider nicht durchsetzen . Wir konnten nun mal nicht alle unsere Wünsche im Gesetz unterbringen . Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass diese Novelle für mehr Rechtssicherheit sorgen wird . Nichtsdestotrotz werden wir die weitere Rechtspre- chung im Auge behalten und weiteren Nachsteuerungs- bedarf prüfen . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Bundesweit wollen immer mehr Städte und Gemeinden ihre Ener- gienetze wieder selbst betreiben . Der Trend zur Re- kommunalisierung hält in diesem Bereich unverändert an . Die Kommunen stoßen dabei immer wieder auf den Widerstand der Energiekonzerne, die sich die derzeit widersprüchliche und umstrittene Gesetzeslage zunut- ze machen . Rekommunalisierungsvorhaben werden auf diese Weise hintertrieben und verhindert . Insbesondere wurde durch eine 2011 durch einen Handstreich von der damaligen Koalition erfolgte Änderung des Energiewirt- schaftsgesetz (EnWG) die Inhousevergabe an kommuna- le Betriebe auf rechtlich schwankenden Boden gestellt, gleichwohl sie europarechtlich zulässig ist . Sie wissen, die Linke hat in mehreren Anträgen zum Thema gefordert, das zurückzunehmen . Kommunen müssen im Rahmen ihrer grundgesetzlich garantierten Selbstverwaltung eigenständig entscheiden können, ob sie die Versorgungsnetze selbst übernehmen wollen oder ob sie sie die Konzessionen dafür ausschreiben . Daher sollte das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) so klarge- stellt werden, dass die Kommunen die Netzkonzession im Rahmen einer europarechtlich zulässigen Inhouse- vergabe an ein kommunales Unternehmen auch ohne Ausschreibung vergeben können . Genau dies aber ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht passiert . Die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20671 (A) (C) (B) (D) Bundesregierung schreibt ja selbst im Gesetzentwurf, ich zitiere: Nicht aufgegriffen wird die von kommunaler Seite und zuletzt von der Fraktion DIE LINKE (Bundes- tagsdrucksache 18/3745) vorgebrachte Forderung, von einem vergabeähnlichen Verfahren gänzlich absehen zu können und eine direkte In-House-Ver- gabe von der Gemeinde an ein kommunales Unter- nehmen zuzulassen . Der in § 46 EnWG angelegte „Wettbewerb um das Netz“ ist zwingend aufrecht zu erhalten . Dieser ist kein Selbstzweck, er dient dazu, die in § 1 Absatz 1 EnWG normierten Ziele, die im Interesse des Allgemeinwohls liegen, zu erreichen . In der Anhörung zum Gesetzentwurf Energie und zu unseren Anträgen im Ausschuss für Wirtschaft hat Herr Professor Kupfer, der die Gemeinde Titisee-Neustadt in dieser Sache vor dem Bundesverfassungsgericht vertre- ten hat, eindrücklich argumentiert . Die geltende und nun wohl auch kommende Regelung des Energiewirtschafts- gesetzes stelle einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die verfassungsmäßig geschützte kommunale Selbstverwal- tung dar . Nun wird die Koalition jetzt sicherlich argumentie- ren: Tja, die Gemeinde Titisee hat ja mit dem Profes- sor Kupfer im Sommer vor dem Bundesverfassungsge- richt verloren! – Dazu möchte ich sagen, dass sich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 22 . August mit keinem Satz inhaltlich zu der Kommu- nalverfassungsbeschwerde der Stadt Titisee-Neustadt geäußert hat . Es hat lediglich dargelegt, dass die beklag- ten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom De- zember 2013 die Praxis der Konzessionsvergabe nicht in einem Ausmaß prägen würden, dass jene mit einer Kom- munalverfassungsbeschwerde angreifbar seien . Die Bundesverfassungsrichter haben sogar ausdrück- lich darauf verwiesen, im Fall der Novellierung des EnWG dieses dann vom Bundesverfassungsgericht über- prüfen zu lassen . Und das wird passieren . Denn im Kern stellt das neu geregelte EnWG mit § 46 Absatz 4 Satz 2 weiterhin das Prinzip „Kosteneffizienz“ höher als jenes Prinzip, nach dem Kommunen Angelegenheiten der ört- lichen Gemeinschaft selbst regeln können . Das wird ja noch einmal mit der Protokollnotiz von CDU/CSU und SPD in der letzten Ausschusssitzung untermauert. Die eingefügten Spielräume, Kriterien für kommunale An- gelegenheiten in die Ausschreibungen mit aufzunehmen, sind nicht das Papier wert, auf dem sie stehen. Ich zitiere: „Insbesondere dürfen die aufgestellten Kriterien kom- munale Bewerber gegenüber sonstigen Bewerbern nicht bevorzugen . Dies gilt auch für die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne der neu geschaffenen Vorschrift .“ Ich wundere mich über Herrn Saathoff, der hier von einem „vernünftigen Kompromiss“ spricht . Gibt es we- nigstens noch jemanden in der SPD, der die Interessen der Kommunen im Blick hat oder die einer zukunftsfä- higen Energiewende? Denn der Ansatz dieser Novelle ist ja nicht nur ein Angriff gegen die kommunale Selbst- verwaltung . Er verkennt auch die besondere Rolle, die Stadtwerke in der Energiewende einnehmen können . Denn die Rekommunalisierung von Energienetzen hat viele Vorteile: Sie erleichtert die Umsetzung örtlicher in- tegrierter Klimaschutzkonzepte und steigert die örtlichen und regionalen Wertschöpfungspotenziale . Von Versor- gungsnetzen in kommunaler Hand würden auch insbe- sondere der dringend notwendige Ausbau von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung und ihr systemdienlicher Einsatz profitieren. Denn die Verbindung von Strom- und Wärmemarkt wird gerade auf kommunaler Ebe- ne ein zentrales Element des künftigen Stromsystems . Mit ihr kann flexibel ein Ausgleich zur schwankenden Einspeisung von Ökostrom geschaffen werden. Zudem wird das Verteilnetz zunehmend Träger moderner Kom- munikation zur Steuerung von Erzeugungsanlagen und Nachfrage (Smart Grids) . Ferner ist damit zu rechnen, dass im nächsten Jahrzehnt auch Power-to-Gas-Anlagen Bestandteil des Energiesystems sind, die überschüssigen Ökostrom zu brennbaren Gasen verwandeln . Alles Infra- struktur und Geschäfte, die gut innerhalb eines Gemein- degebiets gemanagt werden können . Dort, wo die Netze in einer Hand liegen, werden folglich erhebliche Syner- gien eintreten . Diese werden sich für die Energiewende wie für die Wirtschaftlichkeit von Klimaschutzmaßnah- men gleichermaßen auszahlen . Die Linke sieht in der Rückeroberung der Netze des- halb einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer inno- vativen Form von Stadtwerk . Wir denken an ein Stadt- werk, das sich neben dem Betrieb des Netzes für den Ausbau der Erneuerbaren engagiert, das die Kraft-Wär- me-Kopplung voran treibt, das Sozialtarife möglich macht und ins Energieeinspargeschäft einsteigt . Dieser Weg könnte aber durch das Verbot der Inhouseverga- be künftig weitgehend verbaut sein – zum Nutzen von Energiekonzernen, die sich gerade neue Geschäftsfelder suchen . Die vielfältigen Möglichkeiten für Verteilnetze in kommunaler Hand und Stadtwerke – das alles will die Koalition offensichtlich verhindern. Dies ist ein Trauer- spiel und steht auch in einem deutlichen Spannungsver- hältnis zur sonstigen Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts . Das hat nämlich mehrfach – grundlegend in der sogenannten Rastede-Entscheidung – ausgeführt, dass das Kostenargument zugunsten einer Beschneidung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie allenfalls in Fällen eines unverhältnismäßigen Kostenanstiegs in Be- tracht kommen kann, nicht aber ganz pauschal und ganz allgemein, wie es jetzt weiterhin sein soll . Ich bin gespannt, wie das Bundesverfassungsgericht eine neue Klage, nunmehr gegen das novellierte EnWG – etwa über den Weg einer erneuten Kommunalverfas- sungsbeschwerde oder aber auch im Rahmen einer abs- trakten Normenkontrolle – entscheiden wird . Klar ist aber jetzt schon eins: Mit dieser Novelle öffnen Sie den Weg für eine unendliche Serie neuer Gerichts- verfahren . Das Ziel, für die Kommunen mehr Rechtssi- cherheit zu schaffen, haben sie grandios verfehlt. Das ist nicht nur politisch bedenklich, es ist auch stümperhaftes Handwerk . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620672 (A) (C) (B) (D) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Betrieb von Strom- und Gasnetzen ist aus unserer Sicht kommunale Daseinsvorsorge . Deshalb wollen wir, dass Kommunen eine weitgehende Entscheidungsfreiheit bekommen, wer Netze betreibt . Wenn die Kommune es zum Beispiel mit ihrem Stadtwerk nicht selbst betreiben will, soll es bei der Neuvergabe einen Wettbewerb um das Netz geben . Der Netzbetrieb ist natürliches Monopol, stark reguliert und darüber ist sichergestellt, dass alles effizient läuft. Fast 900 – oft kommunale – Netzbetrei- ber in Deutschland belegen einen effizienten Netzbetrieb. Deshalb haben wir Grüne kein Verständnis, warum Kom- munen mit Gesetz gezwungen werden, eine Vergabeent- scheidung an die allgemeinen und unbestimmten Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes zu knüpfen, die sowieso eingehalten werden müssen . Wir haben kein Verständnis, warum in der Gesetzes- novelle nicht die Möglichkeit einer Inhouse-Vergabe geschaffen wird. Das ist in anderen Bereichen mögliche und sinnvolle Praxis. Warum nicht hier? Ich habe bei den vielen Debatten keine wirkliche Be- gründung von Ihnen, liebe Kollegen von Union und SPD, gehört . Es gibt nur eine Erklärung: Sie misstrauen den Kommunen, und das finde ich, ehrlich gesagt, unerhört angesichts der Tatsache, dass Hunderte Kommunen jeden Tag unter Beweis stellen, dass sie Netzbetrieb können . Nun hatten Sie sich in Ihrem Koalitionsvertrag vor- genommen, mehr Rechtssicherheit zu schaffen, wenn Kommunen Netzbetreiber wechseln wollen . Das ist auch bitter nötig, denn Schwarz-Gelb hat 2010 eine katastro- phale Rechtslage geschaffen. Die allermeisten Netzüber- nahmen führen zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten . Die bisherige Formulierung des § 46 EnWG ist ein Arbeits- beschaffungsprogramm für Rechtsanwälte, Berater und Gerichte . Es ist ein Beispiel für richtig miese Gesetzge- bung . Das produziert die absurde Situation einer Vielzahl sich widersprechender Gerichtsurteile und potenziert Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten . Eigentlich wollten Sie das Problem gleich zu Beginn der Legislatur lösen . Gebraucht haben Sie, meine Damen und Herren von der Großen Koalition, aber die gesamte Wahlperiode für die lächerliche Neufassung von einein- halb Paragrafen. Das allein ist schon ein Armutszeugnis. Noch schlimmer ist aber das, was herausgekommen ist . Sie lösen die bisherige Rechtsunsicherheit nicht wirklich, sondern schaffen sogar noch neue: Sie führen weitere unbestimmte Rechtsbegriffe ein, wie „Netzwirt- schaftliche Anforderungen“ und „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ – klingt schön, aber jeder ver- steht etwas anderes darunter . Wir konnten uns ja alle im Ausschuss schon ein Bild davon machen, dass die CDU/ CSU etwas völlig anders darunter versteht als die SPD, und in der Anhörung haben die Sachverständigen in aller Klarheit darauf hingewiesen . Die Große Koalition hat nun fast vier Jahre über die- ses Gesetz gebrütet . Und deshalb ist Ihnen klar, was Sie tun . Es ist gewollte Rechtsunsicherheit, und das ist nicht nur ein Armutszeugnis – das ist ein Skandal . Das daraus folgende Arbeitsbeschaffungsprogramm für Berater, Anwälte und Gericht ist noch das geringste Problem. Für diese von Ihnen gewollte Rechtsunsicher- heit kann es nur eine Erklärung geben: Sie wollen Kom- munen dem Risiko jahrelanger Gerichtsauseinander- setzungen aussetzen und so davon abhalten, Netze von Konzernen wie RWE, Eon oder EnBW selbst zu über- nehmen oder an andere zu übertragen . Wahrscheinlich geht es Ihnen darum, was der Präsi- dent der Bundesnetzagentur Homann offen fordert: Er will britische Verhältnisse, also die Zahl der Netzbetrei- ber auf eine Handvoll reduzieren . Und Ihr Gesetz soll Netzübernahmen durch Kommunen verhindern . Da machen wir nicht mit! Diese Gesetzesnovelle ist kommunalfeindlich und läuft Zielen der dezentralen Energiewende zuwider . Sie dient ausschließlich den In- teressen der Energiekonzerne und ihren großen Verteil- netzbetreibern . Wir wollen dagegen die Kommunen stär- ken . In einer Welt, in der die Stromerzeugung aus Wind und Sonne die zentrale Säule bildet und von Millionen Erzeugungsanlagen und Flexibilität bestimmt wird, ist Dezentralität eine Stärke . Das scheinen Sie immer noch verstanden zu haben . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes (Tagesord- nungspunkt 22) Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU): In zweiter und dritter Lesung beraten wir heute über die Novelle zum Luftsicherheitsgesetz . Mit den darin vorgesehenen Änderungen setzen wir – längst überfällig – europäisches Recht um, verbessern die Sicherheit der zivilen Luftfahrt und schaffen einen rechtssicheren Rahmen für Passagiere und Unternehmen . Dank der zukünftig zur Verfügung ste- henden Instrumente können wir schneller und effizienter auf mögliche Gefährdungslagen im Bereich der Luftfahrt reagieren . Zudem sind mit dem heutigen Beschluss Maß- nahmen vorgesehen, mit denen die Sicherheitskontrollen zusätzlich verbessert werden, etwa im Bereich der siche- ren Lieferketten in der Luftfracht . Auf einige aus meiner Sicht wichtige Punkte möchte ich gerne näher eingehen . Ein wesentlicher Punkt der Gesetzesänderungen be- trifft die schon angesprochene sichere Lieferkette. Ge- nauer gesagt geht es um die in diesem Bereich tätigen Angestellten und zukünftige Veränderungen ihrer Si- cherheitsüberprüfung . In diesem Zusammenhang sahen die Wirtschaftsverbände massive Probleme – gerade in Bezug auf die nötige Flexibilität beim Einsatz von Perso- nal in der zeitkritischen Luftfracht . Aufgrund der bisher fehlenden Umsetzung der relevanten EU-Richtlinie in deutsches Recht wird diese Richtlinie in Deutschland ge- genwärtig direkt angewendet . Danach kann die Überprü- fung von Mitarbeitern im Bereich der sicheren Lieferket- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20673 (A) (C) (B) (D) te – ohne Tätigkeit am Flughafen – im Schnellverfahren durchgeführt werden . Kernelement dieser Schnellüber- prüfung ist eine Selbstauskunft der Arbeitnehmer, ohne dass die Firmen die Möglichkeit haben, die gemachten Angaben genauer zu überprüfen . Diese Option wird zu- künftig gestrichen . Mit den heute zu beschließenden Änderungen wer- den die in der sicheren Lieferkette tätigen Mitarbeiter EU-rechtskonform einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterzogen, die von staatlicher Seite vorgenommen wird . Es dürfte klar sein, dass die bisherige Lösung, die bei Lichte betrachtet nur auf Treu und Glauben beruht, nicht sicher sein kann . Selbst wenn die Firmen, die diese Über- prüfung intern für ihre Mitarbeiter bisher durchgeführt haben, Teil der sicheren Lieferkette und entsprechend zertifiziert sind. Nur eine staatliche Überprüfung, bei der die Möglichkeit besteht, den Hintergrund des Antrag- stellers genauestens zu durchleuchten, bietet die Gewähr dafür, dass nur wirklich zuverlässige Personen in einem sensiblen Bereich der sicheren Lieferkette der Luftfracht tätig sind . Anmerken möchte ich in diesem Zusammenhang noch, dass es Rückmeldungen vonseiten der Sicher- heitsbeauftragten aus den betroffenen Firmen gab, die die bisherige Schnellüberprüfung aus Haftungsgründen ablehnen . Zukünftig wird es also die Zuverlässigkeits- überprüfung analog zu den Beschäftigten an Flughäfen geben . Für einen reibungslosen Übergang zum neuen Überprüfungssystem ist eine Übergangsfrist von zwölf Monaten vorgesehen. Dies findet so auch Zustimmung beim BDI . Auch in einem weiteren Bereich spielt die Zuverläs- sigkeitsüberprüfung eine wichtige Rolle . Nach aktueller Gesetzeslage (§ 7 Absatz 1 Nummer 4 Luftsicherheits- gesetz) müssen sich auch Piloten einer solchen Überprü- fung unterziehen . Daran wird sich auch zukünftig nichts ändern . Zwar hatte der Bundesrat, unterstützt von den Fachverbänden, hier eine Streichung angeregt und dies unter anderem damit begründet, dass diese Überprüfung nicht EU-rechtskonform sei . Dieser Vorstoß ist aber aus Sicherheitsgründen abzulehnen . Aus meiner Sicht wäre es nach den bisherigen Erfahrungen mit internationalem Terrorismus seit dem 11 . September fahrlässig, wenn wir es zuließen, dass sich Interessierte problemlos zu Pilo- ten ausbilden lassen können und dann mit Flugzeugen möglicherweise großen Schaden anrichten . Auch auf EU-Ebene sollte es hier zu einer Änderung der Rechts- lage kommen . Ein weiterer Punkt bei den Beratungen war das Thema Beleihung von privaten Sicherheitskräften . Hier sah der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf in § 5 Absatz 1 eine Ausweitung des Einsatzes – verbunden mit der notwendigen Beleihung – von privaten bewaffne- ten Sicherheitskräfte im Kontrollbereich der Flughäfen vor . Die in der Anhörung zu diesem Gesetz vorgetragene Kritik der Sachverständigen hat die Koalition aufgegrif- fen und diese angedachte Möglichkeit gestrichen . Und schließlich werden mit der vorliegenden Geset- zesnovelle die Zuständigkeiten für die Verhängung von Ein- und Überflugverboten für den deutschen Luftraum zwischen dem Innen- und Verkehrsministerium genauer gefasst . Zusätzlich besteht künftig auch die Möglichkeit gegenüber deutschen Fluggesellschaften, ein Flugverbot für Krisengebiete weltweit zu verhängen . Dies ist unter anderem die Lehre aus dem Abschuss der malaysischen Zivilmaschine MH17 über der Ukraine . Im Ergebnis liegt uns heute ein Gesetzentwurf vor, dem wir aus meiner Sicht guten Gewissens zustimmen können . Wir sollten nun nicht länger zögern und das Ge- setzgebungsvorhaben am heutigen Abend abschließen und EU-Recht umsetzen . Dies ist gerade für die Luftver- kehrswirtschaft wichtig, damit diese endlich Rechtssi- cherheit hat und Sicherheitslücken geschlossen werden . Peter Wichtel (CDU/CSU): Am 29 . September die- ses Jahres wurde das Erste Gesetz zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes mit der ersten Lesung in den Bundestag eingebracht . In den vergangenen Wochen ha- ben wir uns im Verlauf der parlamentarischen Beratun- gen intensiv mit dem Gesetzentwurf auseinandersetzen können, auch im Rahmen einer öffentlichen Anhörung. Mit einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen konnten wir den Entwurf des Bundesinnenministeriums an einigen Stellen noch verbessern, sodass wir mit einer Verabschiedung heute einen überaus wichtigen Beitrag dazu leisten, das Sicherheitsniveau im Luftverkehr wei- ter zu erhöhen . Für mich als Verkehrspolitiker ist besonders wichtig, dass nicht nur Flugverbote für Einflüge, Überflüge, Starts oder Frachtbeförderung im Inland verhängt werden kön- nen . Die Bundesregierung erhält mit der Änderung des Luftsicherheitsgesetzes zukünftig auch eine gesetzliche Grundlage für den Erlass von Flugverboten über aus- ländischen Kriegs- oder Krisengebieten . Bisher war es gängige Praxis, dass alleine die Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugführer darüber entscheiden, welche Flugrouten sie wählen . Der Abschuss des Malaysia-Air- lines-Fluges MH17 im Jahr 2014 hat allerdings verdeut- licht, dass ein Flugzeug über Kriegs- oder Krisengebie- ten auch in großer Höhe abgeschossen werden kann . Mit dem neuen § 26a, welcher der Zuständigkeit halber im Luftverkehrsgesetz ergänzt wird, gibt es zukünftig eine klare Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Flug- verboten für deutsche Luftfahrzeuge über ausländischen Kriegs- oder Krisengebieten . Ein solches Verbot außer- halb des deutschen Hoheitsgebietes kann sowohl den Ein- und Überflug als auch Start oder Landung umfassen. Als ebenso begrüßenswert erachte ich, dass der An- wendungsbereich des Luftsicherheitsgesetzes auf alle Flughäfen und auf alle Luftfahrtunternehmen ausgewei- tet wird. Bisher waren nur Verkehrsflughäfen und Un- ternehmen mit Luftfahrzeugen über 5,7 Tonnen Höchst- gewicht erfasst . Hier gilt es allerdings zu beachten, dass sich durch diese Änderung keine Nachteile, beispielswei- se für das Luftrettungssystem, ergeben dürfen . Wir haben daher bezüglich der Sicherheitsmaßnahmen der Flug- platzbetreiber und der Luftfahrtunternehmen Ausnahme- möglichkeiten im Gesetzentwurf installiert, von welchen die zuständigen Luftsicherheitsbehörden mit Blick auf die einsatzbezogenen Notwendigkeiten von polizeilichen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620674 (A) (C) (B) (D) Einsätzen sowie Ambulanz-, Notfall- und Rettungsflügen Gebrauch machen können . Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Gesetzesän- derung ist die Ausweitung der Zuverlässigkeitsüberprü- fung, mit der insbesondere das Sicherheitsniveau im Bereich der Luftfracht erhöht werden soll . So werden zukünftig auch Arbeitnehmer, für die bisher die soge- nannte beschäftigungsbezogene Überprüfung durch den Arbeitgeber ausgereicht hat, der behördlichen Zuverläs- sigkeitsüberprüfung unterzogen. Diese Änderung betrifft insbesondere das im Bereich der sicheren Lieferkette ein- gesetzte Personal, das beispielsweise bei Versandagen- turen, Speditionen, Logistikanbietern oder integrierten Lager- und Transportdienstleistungsunternehmen im un- mittelbaren Umfeld der Luftfracht arbeitet . Es ist überaus wichtig, diese sensible und störanfällige Transportkette so sicher wie möglich zu gestalten . Dass insbesondere die Erhöhung des Sicherheitsni- veaus im Bereich der Luftfracht mit finanziellen Mehr- ausgaben für die Logistikbranche verbunden sein wird, kann nicht bestritten werden . Das ist vor dem Hinter- grund der Sensibilität des Luftfrachtverkehrs und des Schutzes vor möglichen Innentätern unserer Ansicht nach aber unumgänglich . Darüber hinaus sind die Ver- kehrspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach den Gesprächen mit dem zuständigen Bundesinnenmi- nisterium aber davon überzeugt, dass die Luftfahrtbran- che durch das Änderungsgesetz nicht mit zusätzlichen Kosten belastet wird . Abschließend betrachtet freue ich mich darüber, dass wir nach der gemeinsamen parlamentarischen Beratung mit den beteiligten Arbeitsgruppen und unserem Koali- tionspartner heute einem Gesetzentwurf zustimmen kön- nen, der die Sicherheit des gesamten Luftverkehrs wei- ter spürbar stärken wird . Allen Beteiligten gilt daher ein herzlicher Dank . Susanne Mittag (SPD): Mit der Änderung des Luft- sicherheitsgesetzes, die heute hier zu beschließen ist, vollziehen wir eine europarechtliche Veränderung und erhöhen damit die Sicherheit im Flugverkehr . Der Zweck des Gesetzes ist in § 1 beschrieben . Ich zi- tiere: „Dieses Gesetz dient dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere von Flug- zeugentführungen, Sabotageakten und terroristischen Anschlägen .“ Das heißt bei den Änderungen konkret, wir verbessern damit künftig besonders die Sicherheit in der sogenann- ten Luftseite, die bislang eher vernachlässigt worden war . Das Gesetz wird viele Millionen Menschen in unse- rem Land betreffen. Mehr als 250 Millionen Passagiere werden in diesem Jahr über deutsche Flughäfen abge- fertigt . Dabei spielt das Thema Sicherheit eine heraus- ragende Rolle, besonders nach den Anschlägen auf die Flughäfen in Brüssel und Istanbul . Die größte Veränderung wird es bei der Sicherheits- überprüfung geben . Durch viele Gespräche und auch Briefe weiß ich, dass diese Regelung für die Beteiligten der sicheren Lieferkette oder auch für die Privat- und Geschäftsfliegerei eine Entscheidung ist, die keine Be- geisterung hervorgerufen hat . In Zukunft reicht die soge- nannte beschäftigungsbezogene Überprüfung nicht mehr aus . Vielmehr muss eine behördliche Zuverlässigkeits- überprüfung eingeholt werden, bevor Mitarbeiter oder auch Piloten von Geschäfts- oder Privatflugzeugen in einem sicherheitssensiblen Bereich arbeiten oder landen können . Diese Regelung ist überfällig, denn die bisherige Pra- xis wird den neuen Sicherheitsanforderungen schon lan- ge nicht mehr gerecht . Bislang war es eher so, dass man sich nur auf die Aussagen eines Bewerbers verlassen hat . Jetzt werden die Sicherheitsbehörden zwingend mit ein- bezogen . Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, erstaunlich, warum erst jetzt . Und das nicht nur bei der Einstellung eines Bewerbers in einem Bundesland, sondern auch informell bundeslandübergreifend . Da sind wir den Anregungen des Bundesrates gefolgt, und ich denke, damit erreichen wir erheblich mehr Sicherheit . Natürlich haben wir uns im Beratungsprozess auch mit weiteren Bedenken der Branche auseinandergesetzt: Wir haben eine 12-monatige Übergangszeit verabre- det, bevor alle Beschäftigten die Zuverlässigkeitsüber- prüfung vorweisen müssen . Das gibt sowohl Unter- nehmen und Beschäftigten als auch den Behörden den nötigen zeitlichen Spielraum, um Zuverlässigkeitsüber- prüfungen beantragen und bearbeiten zu können . Auch Krankenhäuser und die Luftrettung hatten Be- denken geäußert, die wir aufgegriffen haben. Deren Sorge war, dass der Betrieb von Hubschrauberlandeplätzen an Krankenhäusern durch zu straffe Sicherungsmaßnahmen gefährdet werden könne . Deshalb haben wir jetzt im Än- derungsantrag festgeschrieben, dass die Luftsicherheits- behörden nach einer Risikoanalyse bei abgegrenzten Be- reichen von Flugplätzen Ausnahmen gestatten können . Dabei soll den einsatz- und betriebsbezogenen Notwen- digkeiten von polizeilichen Flügen sowie von Rettungs- flügen Rechnung getragen werden. Das war allen in der Großen Koalition wichtig, denn wir wollen gerade das hervorragende System der Luftret- tung in Deutschland nicht einschränken oder mit büro- kratischen Hemmnissen unnötig belasten . Für alle, die auf schnelle Hilfe aus der Luft angewie- sen sind, ist das einzige Rettungsmittel der Hubschrau- ber, der in kürzester Zeit vor Ort sein kann und Schwerst- verletzte in weiter entfernte Spezialkliniken fliegen kann. Bei den Verhandlungen haben wir einige Runden zum Thema Luftsicherheitsgebühren gedreht . Der neue § 17a sieht nun ganz klar auch die Gemeinkosten der Rechts- und Fachaufsicht in der Gebühr eingeschlossen . Das war bisher nicht so explizit der Fall . Meinem Kollegen Arno Klare aus dem Verkehrsaus- schuss möchte ich da ganz besonders für seinen Einsatz danken . Da in absehbarer Zeit weder das zuständige Mi- nisterium noch die Bundespolizei absolut gerichtsfest die zur Gebührenerhebung notwendige Aufschlüsselung der anteiligen Kosten vornehmen kann, fehlt es weiterhin an der genauen Zuordnung der übernommenen Aufgaben . Solange es also kein verbessertes Erfassungs- und Un- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20675 (A) (C) (B) (D) terscheidungssystem gibt, werden etwaige Kosten auch nicht in Rechnung gestellt . Damit soll es also in abseh- barer Zeit und unter Bezug auf die mehrfach bestätigten Angaben des Verkehrsministeriums keine Steigerungen der Luftsicherheitsgebühren durch dieses Gesetz geben . Wir werden das Thema weiter begleiten . In den Haushaltsberatungen der vergangenen Woche wurden auch bereits Entlastungen bei den Flugsiche- rungsgebühren beschlossen . Das ist nötig, denn der Wett- bewerbsdruck auf die deutschen Flughäfen ist enorm . Deshalb dürfen wir trotz der gestiegenen Sicherheits- anforderungen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftfahrtbranche nicht aufs Spiel setzten . Hier sind in die Zukunft reichende Planungen erforderlich, die wir von der SPD vorantreiben werden. In der Anhörung zum Luftsicherheitsgesetz hat die Mehrheit der Sachverständigen ebenso wie die SPD kritisiert, dass das Sicherheitspersonal Waffen bei Flug- gastkontrollen tragen solle . Die Bundespolizei ist für die Sicherheit an den Flughäfen zuständig . Sie kann durch Sicherheitsfirmen ergänzt werden, die dann für die Kon- trollen von Personen und Gepäck zuständig sind. Das ist mit dem gesetzlichen Begriff der Beleihung gemeint. Im Gesetz wird nun festgeschrieben, dass die Aus- bildung der Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen weiter verbessert werden muss und diese immer wieder an die aktuellen Sicherheitsstandards angepasst wird . Die in diesem Zusammenhang geplante Bewaffnung des Si- cherheitspersonals im Bereich der Personenkontrollen wird nicht zugelassen . Das ist und bleibt hoheitliche po- lizeiliche Aufgabe und darf nicht in die Hände von pri- vaten Anbietern vergeben werden . Das widerspricht dem Grundgesetz und auch jeglicher Sicherheitskonzeption . Damit stellen wir keinesfalls die 20 000 Mitarbeiter der privaten Sicherheitsunternehmen unter Generalver- dacht . Nein, sie leisten gute Arbeit, und das in einem sehr schwierigen Umfeld: Sie sollen möglichst schnell, möglichst gründlich und dabei auch noch ausgesprochen höflich ihren Kontrollaufgaben nachkommen. Und das tun sie auch zum allergrößten Teil . Doch was wir in dem Entwurf der Bundesregierung als SPD nicht akzeptieren konnten, war die Ausweitung der Beleihungsregelungen für Bewaffnete. Das geht mit uns nicht . Diesem Einstieg in die Billigpolizei konnten wir nicht zustimmen . Hoheitliche Aufgaben, die das Ge- waltmonopol des Staates betreffen, dürfen nicht in die Hände von Privaten vergeben werden, vor allem nicht, wenn das Ganze auch noch im öffentlichen Raum wie einem Flughafen stattfinden soll. Ich bin froh, dass wir diesen Punkt gemeinsam mit der Union aus dem Entwurf gestrichen haben . Die Sicherheit des Luftverkehrs ist eben eine komple- xe ganzheitliche Aufgabe, wo wir eventuell Fehlerquel- len frühzeitig erkennen und dann gegensteuern müssen . Terroristische Anschläge, Cyberangriffe oder Amokläufe können nicht ausgeschlossen werden . Sie werden kon- zeptionell in die Sicherheitskonzepte der Polizei aufge- nommen . Wir dürfen dabei auch nicht vergessen, dass sich die Sicherheitsansprüche weiterentwickeln ebenso wie die Gefährdungsaspekte . Es ist ein Sicherheitsbe- reich, der sehr großflächig ist, von dem mit einem Mal sehr viele Menschen gleichzeitig massiv betroffen sein können, von wo sich Gefahrenlagen sehr schnell aus- breiten können – eben durch Flugzeuge – und immer neuartige Bedrohungen entstehen können . Kriminalität und Terror entwickeln sich außerordentlich schnell . Die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden im In- und Ausland ist gut, und sie wird massiv ausgebaut . Das alles sind Gründe, weshalb die Sicherheit unserer Flughäfen ausgeweitet und weiterentwickelt werden, aber in staatli- cher Hand bleiben muss . Ulla Jelpke (DIE LINKE): Angesichts von knapp 220 Millionen Passagieren, die im vorigen Jahr an deut- schen Flughäfen abgefertigt wurden, ist der Bereich der Luftsicherheit in seiner Bedeutung kaum zu überschät- zen . Jeder möchte gesund an seinem Ziel ankommen, und deswegen möchte niemand, dass bei der Sicherheit im Luftverkehr geschludert wird . Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Luftsicherheitsgeset- zes wird diesem Ziel aber nicht gerecht . Um mit einem Punkt zu beginnen, dem wir teilweise zustimmen: Die sogenannte Zuverlässigkeitsprüfung der Mitarbeiter im Flughafenbereich wird ausgeweitet . Das ist insofern zu begrüßen, als keiner wollen kann, dass ter- roristische Strukturen ihre Leute in sensible Sicherheits- bereiche einschleusen . Fragwürdig ist aber schon, dass der Verfassungsschutz an dieser Überprüfung teilhat . Der hat sich ja in der Vergangenheit häufig genug als Unter- stützer terroristischer Organisationen erwiesen . Das größte Manko bei der Ausweitung der Zuver- lässigkeitsprüfungen besteht aus Sicht der Linken aber darin, dass die Rechte der Kontrollierten nicht ebenso ausgeweitet werden . Es ist ja keine Bagatellfrage, ob jemandem das Recht auf einen Arbeitsplatz verweigert wird oder nicht. Wer bei der Prüfung durchfliegt, der muss doch mindestens das Recht haben, dagegen gericht- lich vorzugehen, und dann darf es nicht sein, dass der Geheimdienst einfach mauert und Unterlagen, die angeb- lich eine Sicherheitsgefährdung durch den Betroffenen beweisen sollen, für sich behält . Also: Sicherheitsüber- prüfungen auf der einen Seite müssen einhergehen mit vollem Rechtsschutz auf der anderen Seite . Das verwei- gert die Bundesregierung, so wie sie ja immer einseitig auf Kontrolle und Repression statt auf die Wahrung von Bürgerrechten hinarbeitet . Noch weit bedenklicher ist das Vorhaben, die Privati- sierung von Aufgaben der öffentlichen Sicherheit zu er- weitern . Denn die Bundesregierung will künftig privaten Firmen erlauben, bewaffnete Kräfte einzusetzen, die ge- genüber den Menschen am Flughafen auch Zwangsmaß- nahmen durchführen sollen . Das ist wirklich ein Novum, das in der Anhörung von den Sachverständigen auch mas- siv kritisiert worden ist . Wir kennen das zwar schon, dass bewaffnete Privatfirmen zum Beispiel Atomkraftwerke oder Bundeswehrkasernen bewachen . Aber da kommen sie ja in der Regel nicht mit einem zivilen Publikum in Kontakt, weil das keine öffentlichen Bereiche sind. Ganz anders ist das bei Flughäfen, die selbstverständlich öf- fentliche Anlagen sind, in denen sich, wie erwähnt, Milli- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620676 (A) (C) (B) (D) onen von Menschen im Jahr aufhalten . Und da kann man nicht einfach sagen: Die lassen wir jetzt mal von bewaff- neten Hilfssheriffs bewachen, die ihren Anordnungen zur Not mit Schusswaffen Nachdruck verleihen. Denn hier handelt es sich ganz klar um eine Maßnah- me, zu der nur staatliche Behörden befugt sind, sprich: die Bundespolizei . Die haben schließlich eine lange Ausbil- dung, um zu lernen, mit zivilem Publikum deeskalierend umzugehen. Bei Privaten ist die Ausbildung deutlich we- niger intensiv, deswegen sehen wir in ihrer Bewaffnung eher eine Gefährdung als einen Vorteil für die Sicherheit . Der Gesetzentwurf enthält noch weitere Privatisie- rungsvorhaben. Private Luftfrachtunternehmen sollen künftig von anderen privaten Unternehmen zertifiziert werden . Anstatt das Luftfahrtbundesamt mit dem not- wendigen Personal auszustatten, werden seine Aufgaben privatisiert, und es führt am Ende nur noch Aufsicht über die Zertifizierer, aber nicht mehr über die Frachtunter- nehmen selbst . Da kann man sich leicht denken, was passiert, wenn mal etwas gründlich schiefgeht und es zu ernsthaften Zwischenfällen kommt: Dann werden sich alle Beteilig- ten gegenseitig die Verantwortung zuweisen, und keiner will es am Ende gewesen sein. Denn je mehr Privatun- ternehmen im Sicherheitsbereich agieren, desto weniger ist eine öffentliche Kontrolle gewährleistet bzw. desto größer wird der Koordinationsaufwand . Das ist doch ein himmelschreiender Widerspruch, einerseits Sicherheits- überprüfungen zu verschärfen, um mehr Kontrolle über das Personal an den Flughäfen zu erhalten, und dann an- dererseits immer weiter zu privatisieren und letzten En- des so genau das Gegenteil zu bewirken . Dabei gibt es ja Alternativen . Die hat vor allem die Gewerkschaft der Polizei aufgezeigt, indem sie eine Bündelung aller Sicherheitsaufgaben in einer Hand vor- geschlagen hat. Die GdP regt an, zu diesem Zweck eine Anstalt des öffentlichen Rechts zu gründen. Ob Sicher- heitskontrollen im Vorfeld, im öffentlichen Bereich, bei Passagieren, Fracht oder auf dem Rollfeld – alles wäre in einer Hand . Damit wären die Verantwortlichkeiten klar geregelt . Auch für die Beschäftigten wäre dies von Vor- teil, weil sie dann Angestellte eines öffentlichen Unter- nehmens wären und abhängig von ihrer Ausbildung auch in anderen Bereichen der Luftsicherheit eingesetzt wer- den könnten. Damit ließe sich dem Problem von Priva- ten entgegenwirken, das von hoher Fluktuation, geringer Mitarbeiterbindung, schlechten Arbeitsbedingungen und daraus resultierend leider häufig auch geringer Qualifika- tion und Motivation gekennzeichnet ist . Wer also wirklich mehr Sicherheit im öffentlichen Be- reich will, darf es nicht zu einem Wildwuchs an privaten Sicherheitsfirmen kommen lassen, die sich selbst zertifi- zieren und kontrollieren . Die Sicherheit zu garantieren, ist die wichtigste Aufgabe des Staates . Das heißt nicht, dass jeder Flughafenangestellte, der das Handgepäck kontrolliert, ein Beamter sein muss, aber der Staat muss die Kontrolle über den Sicherheitsbereich behalten und darf sie nicht auslagern . Deshalb bedauert Die Linke, dass dem Vorschlag der GdP nicht gefolgt wurde. Den Gesetzentwurf sehen wir als Verlust an Sicherheit und lehnen ihn deswegen ab . Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Sicherheitsniveau der zivilen Luftfahrt ist das Ergeb- nis des ständigen Zusammenwirkens einer Vielzahl von unterschiedlichen Maßnahmen und Faktoren . Ein gutes oder sehr gutes Sicherheitsniveau zu halten, erfordert da- bei kontinuierliche Bemühungen, relevante Entwicklun- gen möglichst frühzeitig zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren . Das schließt auch uns hier im Bundestag mit ein, und die parlamentarische Befassung mit möglichen oder be- stehenden Sicherheitsproblemen ist daher gerade Aus- druck eines hohen Sicherheitsniveaus und nicht das Ge- genteil . Dass wir den vorliegenden Gesetzentwurf heute in erster Linie vor dem Hintergrund der zahlreichen schwe- ren Vorfälle der letzten Jahre, vor allem aber vor dem Hintergrund der aktuellen Sicherheitslage diskutieren, ist völlig klar . Ich habe aber große Zweifel, ob der vorliegende Ge- setzentwurf allen Anforderungen gerecht wird, die an ihn zu stellen sind . Nicht zuletzt die Expertenanhörung im Innenausschuss hat große Schwächen der vorgeschlage- nen gesetzlichen Regelungen deutlich gemacht, die auch der Änderungsantrag, der uns jetzt vorgelegt wurde, nur teilweise beheben kann . So begrüße ich natürlich, dass die im Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehene Möglichkeit, Aufgaben an be- waffnete private Sicherheitskräfte zu übertragen, wieder gestrichen wurde . Dadurch wurde aber nur ein besonders eklatanter Bruch mit der Verfassung abgewendet . Andere verfassungsrechtliche Bedenken bestehen fort . Die im Zusammenhang mit der Übertragung von Aufgaben an private Dienstleister bestehende staatliche Gewährleistungsverantwortung beispielsweise hat zur Folge, dass die Aufsichtsbehörde auch über die notwe- nigen Informations- und Durchsetzungsbefugnisse ver- fügen muss, um die Aufsicht effektiv führen zu können. Klarstellende Regelungen dazu wären daher nicht nur wünschenswert gewesen, sie hätten auch geholfen, für Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu sorgen . Mehr Rechtsklarheit hätten auch Krankenhäuser, Notärzte und die Betreiber von Landeplätzen für Ret- tungshubschrauber verdient, für die nun im Einzelfall geklärt werden muss, welche konkreten Sicherheitsan- forderungen gelten sollen . Eine Einzelfallprüfung steht auch allen Beschäftigten bevor, die nun in das Verfahren der behördlichen Zuver- lässigkeitsprüfung einbezogen werden . Ein Schritt der sicherheitspolitisch begründet ist . Versäumt wurde aber auch hier, die Verfahren so anzupassen, dass gleichzeitig auch die Rechte der Betroffenen geschützt und die gege- benenfalls daraus folgenden Konsequenzen für die Be- rufsausübung angemessen berücksichtigt werden . Dazu hätte am besten das gesamte Verfahren der Zu- verlässigkeitsüberprüfung überarbeitet, jedenfalls aber Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20677 (A) (C) (B) (D) die gerichtliche Überprüfbarkeit verbessert werden müs- sen . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarkt- stabilisierung (FMSA-Neuordnungsgesetz – FMSA- NeuOG) (Tagesordnungspunkt 25) Dr. André Berghegger (CDU/CSU): Der vorlie- gende Gesetzentwurf weist eine längere Entstehungsge- schichte auf . Am 20 . Juli 2016 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf beschlossen . Dieser Entwurf ist parallel beim Bundestag und Bundesrat eingebracht wor- den . Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 22 . September 2016 in erster Lesung darüber beraten . Einen Tag später, am 23 . September 2016, hat der Bun- desrat mehrere Änderungen gegenüber dem Regierungs- entwurf vorgeschlagen . Nach intensiven Diskussionen zwischen Bund und Ländern ist inzwischen eine Verständigung erzielt wor- den . Am 30 . November 2016 haben wir daher im fe- derführenden Haushaltsausschuss entsprechend diverse Änderungen eingebracht und beraten, die diese Verstän- digung mit den Ländern aufgreifen . So können wir am heutigen Tage nun abschließend im Plenum des Deut- schen Bundestages über den Gesetzentwurf in geänderter Fassung beraten . Im Kern geht es bei dem vorliegenden Gesetzentwurf darum, die bislang bestehenden beiden Aufgabenberei- che der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) ab dem Jahr 2018 neu aufzustellen . Zum einen wird gemäß § 3 des Sanierungs- und Ab- wicklungsgesetzes (SAG) die Aufgabe der Nationalen Abwicklungsbehörde (NAB) auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übertragen . Durch die Integration als eigenständiger Geschäftsbereich wer- den Entscheidungswege in Krisensituationen unter einem Dach zusammengeführt . Dies gewährleistet eine einheit- liche sachgerechte Abwägung und zügige Entscheidun- gen innerhalb der Allfinanzaufsicht. Zum anderen wird der verbleibende Teil der FMSA, der die Verwaltung des Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) zum Gegenstand hat, in die Finanzagentur inte- griert, die bislang schon die Refinanzierung des Fonds für den Bund umsetzt . Die Aufgaben der FMSA werden auf diese Weise effizient in Strukturen größerer Einheiten überführt. Fi- nanzagentur und BaFin werden durch die gebündelte Sachkunde gestärkt, und den Mitarbeiterinnen und Mit- arbeitern der FMSA eröffnen sich durch die Überführung langfristige Perspektiven. Darüber hinaus enthält der vorliegende Gesetzentwurf weitere wichtige Regelungen . Es handelt sich um ein so- genanntes Mantelgesetz, mit dem auch Aspekte geregelt werden, die nicht mit der FMSA im unmittelbaren Zu- sammenhang stehen. Hierbei will ich zwei Punkte her- vorheben: Erstens übernimmt die BaFin die Aufsicht über die Pflichtversicherung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) im Wege der Organleihe für das Bundesministerium der Finanzen . Dadurch können Sy- nergieeffekte mit den sonstigen Aufsichtstätigkeiten der BaFin genutzt werden . Zweitens erfolgt eine Änderung der Vergütungsrege- lungen für Banken zur Umsetzung neuer Leitlinien der Europäischen Bankaufsichtsbehörde EBA . Im parlamentarischen Verfahren haben sich außerdem vor dem Hintergrund der Verständigung mit den Ländern diverse Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf ergeben . So ist als Erstes eine Neuorganisation der parlamen- tarischen Kontrolle des FMS vorgesehen . Das Finanz- marktgremium soll ab 2018 mit dem Bundesschulden- wesengremium zusammengelegt werden . Ferner ist als Zweites eine Anpassung der Umlagesys- tematik der NAB an das BaFin-System geplant . Diese soll bereits für die Endabrechnung der Umlage für 2016 sowie die Vorauszahlung für 2018 gelten . Zudem sind als Drittes in den Änderungsanträgen Anpassungen der im Regierungsentwurf vorgesehenen Konkretisierungen zur Anwendbarkeit der Bundeshaus- haltsordnung auf die bundesrechtlichen Abwicklungsan- stalten enthalten . Als Viertes schaffen wir Optionen für einen Portfo- lioabbau im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch bei bundesrechtlichen Abwicklungsanstalten . Schließlich sind als Fünftes zeitliche Verschiebungen von Änderungen bei der Millionenkreditverordnung so- wie Klarstellungen im Zusammenhang mit der Rückfor- derung von Boni – sogenanntes Clawback – vorgesehen . Als Haushaltspolitiker möchte ich abschließend noch betonen, dass der Gesetzentwurf keine negativen Aus- wirkungen auf die öffentlichen Haushalte haben wird. Im Gegenteil: Die Belastung der Steuerzahler kann voraus- sichtlich sogar um einen dreistelligen Millionenbetrag verringert werden . Denn der FMS wird künftig allein zum Verlustausgleich verpflichtet sein, da der FMS die Refinanzierung der Abwicklungsanstalten übernimmt. Der Gesetzentwurf ist also insgesamt ein weiterer lo- gischer Schritt bei der Bewältigung der Finanzmarktkri- se . Die enthaltenen Regelungen sind sinnvoll und ziel- führend. Die CDU/CSU-Fraktion empfiehlt daher die Zustimmung . Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Die Finanzkri- se 2008 stellte Politik und Finanzmärkte vor große He- rausforderungen . Es drohten ungeahnte Folgen für die Wirtschaft, für die Unternehmen und entsprechenden Arbeitsplätze sowie für die Spareinlagen und die Alters- vorsorge aller Bürgerinnen und Bürger . Weltweit wurden daher umfassende Maßnahmen zur Stabilisierung und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620678 (A) (C) (B) (D) zum Erhalt der Funktionsfähigkeit des Finanzsystems ergriffen. Der Bundestag beschloss, in kürzester Zeit 400 Milliarden Euro in Form von Kapitalgarantien und 80 Milliarden Euro als direkte Kapitalhilfen bereitzu- stellen . Dazu wurde der sogenannte Finanzmarktstabili- sierungsfonds eingerichtet . Finanzinstituten wurden die Hilfen aus diesem Fonds zur Verfügung gestellt, aller- dings unter strengen Auflagen und hohen Zinssätzen von bis zu 9 Prozent. Als weitere Folge der Finanzkrise wurden sogenannte Abwicklungsanstalten – oder auch Bad Banks – einge- richtet . In eine Abwicklungsanstalt kann eine Bank, die sich in einer problematischen Situation befindet, neben strukturierten Wertpapieren weitere Risikopositionen, wie beispielsweise ausfallgefährdete Kredite oder auch ganze Geschäftsbereiche, übertragen . Die Bank wird durch die Übertragung ihrer Risikopositionen sofort von Eigenkapitalanforderungen und Abschreibungsdruck entlastet. Damit wird ihr die Möglichkeit eröffnet, ihre kritischen Portfolios geordnet abzuwickeln und sich selbst für die Zukunft mit einem erfolgversprechenden Geschäftsmodell neu auszurichten . Momentan gibt es zwei bundesrechtliche Abwicklungsanstalten: In die „Erste Abwicklungsanstalt“ (EAA) wurden in mehreren Schritten strategisch nicht notwendige Geschäftsberei- che und Risikopositionen der ehemaligen Westdeutschen Landesbank übertragen . Weiterhin gibt es die „FMS Wertmanagement“ (FMS-WM), in der sich ehemalige Vermögenswerte der HRE-Gruppe befinden. Bis heute liegt die Verwaltung und die Überwachung des Finanzmarktstabilisierungsfonds und der beiden bundesrechtlichen Abwicklungsanstalten in der Hand der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, kurz FMSA . Die parlamentarische Kontrolle über die Finanz- hilfen des Fonds liegt im Deutschen Bundestag beim Fi- nanzmarktgremium . Als weitere Aufgabe übernahm die FMSA die Erhe- bung einer nationalen Bankenabgabe, die dazu beitragen soll, dass zukünftig nicht der Steuerzahler, sondern die Banken selbst eine finanzielle Basis schaffen, aus denen die Kosten einer möglichen Abwicklung von Banken finanziert werden können. Damit hatte die FMSA auch die Funktion einer nationalen Abwicklungsbehörde für Finanzinstitute inne . Die FMSA hat in den letzten Jahren eine hervorragen- de Arbeit geleistet, die ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich würdigen möchte . Da jedoch Ende 2015 der Finanzmarktstabilisierungsfonds geschlossen wur- de, bereits etwa 50 bis 70 Prozent der Portfolien bei den Abwicklungsanstalten abgebaut werden konnten und zwischenzeitlich die europäische Bankenunion einge- führt wurde, wurde eine Neuordnung der FMSA not- wendig . Dazu werden künftig deren Aufgaben auf die Finanzagentur des Bundes und auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aufgeteilt . Der Aufgabenbereich Überwachung und Abwicklung wird aus Effizienzgesichtspunkten und auch im Interesse der Personalstabilität an die Finanzagentur des Bundes über- tragen. Die Finanzagentur hatte bisher bereits die Refi- nanzierung des Finanzmarktstabilisierungsfonds über- nommen, sodass dies eine logische Folge ist . Die Aufgaben als nationale Abwicklungsbehörde mit der Zuständigkeit für die Abwicklung der kleinen und mittelgroßen Banken fallen an die BaFin . Dort wird dazu eine eigenständige Organisationseinheit mit einem eige- nen Exekutivdirektor eingerichtet . Diese Organisations- einheit agiert unabhängig von der Aufsichtsfunktion der BaFin . Das FMSA-Neuordnungsgesetz regelt diesen Vor- gang . Der Gesetzentwurf beschreibt hauptsächlich die Aufgabenübertragung der entsprechenden Bereiche . Wir haben im Deutschen Bundestag aber noch einige Än- derungen am Entwurf beschlossen . Künftig wird nicht mehr das Finanzmarktgremium, sondern das sogenann- te Bundesfinanzierungsgremium die parlamentarische Kontrolle über die beiden Abwicklungsanstalten und die verbliebenden Beteiligungen des Bundes übernehmen . Des Weiteren haben wir in einem Umdruck die Mög- lichkeit einer Umwandlung von Abwicklungsanstalten eingebracht . Ausdrücklich sind neben Ausgliederungen auch Abspaltungen von Vermögensteilen möglich . Das entspricht dem praktischen Bedürfnis und den Flexibili- tätsanforderungen der Abwicklungsanstalten, Portfolios im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge zu übertragen . Die Abwicklungspraxis vergleichbarer Institutionen im Ausland zeigt einen beschleunigten Risikoabbau . Auf diese Weise sollen erhebliche Kosten- und Zeitersparnis- se gegenüber der Übertragung im Wege der Einzelrechts- nachfolge erreicht werden . Die Vermögensübertragung bietet schließlich eine effiziente und praktische Alterna- tive zu einem normalen Verkaufsvorgang . Sie verbindet die Vorteile der Gesamtrechtsnachfolge, der Entbehrlich- keit einer Gläubigerbeteiligung für Übertragungen und der Möglichkeit, eine andere Gegenleistung als Anteile, namentlich Geld, zu bekommen . Abschließend möchte ich sagen, dass wir mit diesem Gesetz die Verwaltung und Kontrolle der Finanzstabili- sierungshilfen und der Abwicklungsanstalten auf einen guten Weg gebracht und zukunftsfest gemacht haben . Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD): Wie Sie wissen, wurde als Reaktion auf die Finanzkrise im Jahr 2008 der Finanzmarktstabilisierungsfonds errichtet, der über einen Handlungsrahmen von insgesamt 480 Milliarden Euro verfügte . Verwaltet wurde dieser Fonds von der Bundes- anstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA), die auch die Befugnis erhielt, Abwicklungsanstalten, sogenannte „Bad Banks“, zu gründen . Im Rahmen dieses Modells konnten Risikopositionen sowie zur strategischen Aus- richtung der jeweiligen Bank nicht mehr notwendige Ge- schäftsbereiche übertragen werden . Die FMSA machte von dieser Möglichkeit zweimal Gebrauch . 2009 grün- dete sie die Erste Abwicklungsanstalt (EAA), die in mehreren Schritten in großem Umfang Risikopositionen der West LB übernahm . 2010 wurde darüber hinaus die FMS-Wertmanagement gegründet, die Risikopositionen der HRE-Gruppe übernahmen . Ab dem 1 . Januar 2015 übernahm die FMSA zudem die Funktion der nationa- len Abwicklungsbehörde in Deutschland, um Banken in Schieflagen abwickeln zu können. Seit Beginn des Jah- res 2016 hat der neugeschaffene europäische einheitliche Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board) die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20679 (A) (C) (B) (D) Aufgabe der Abwicklung und Restrukturierung von In- stituten übernommen . Nun ist es so, dass durch Rückzahlungen der Maß- nahmeempfänger sich das Volumen der Stabilisierungs- maßnahmen des Finanzmarktstabilisierungsfonds bis zum Ende des Jahres 2015 sukzessive verringert hat mit der Folge, dass der FMS mit Auslauf des Jahres 2015 für neue Maßnahmen geschlossen und die Abwicklung des Fonds eingeleitet wurde . Die Aufgaben der FMSA be- schränken sich daher nur noch auf die Verwaltung der noch ausstehenden Maßnahmen . Dies umfasst zum einen die Verwaltung der bestehenden Minderheitsbeteiligun- gen des FMS an der Commerzbank und der pbb-Deut- sche Pfandbriefbank sowie der stillen Einlagen bei der Portigon AG und zum anderen die Aufsicht über die Ab- wicklungsanstalten EAA und FMS-Wertmanagement . Dies ist der Grund, warum wir heute in 2 ./3 . Lesung das Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben der Bundes- anstalt für Finanzmarktstabilisierung verabschieden wer- den . Mit diesem Gesetz wird es eine Zweiteilung geben . So wird die nationale Abwicklungsbehörde (NAB) in die BaFin eingegliedert . Die restliche FMSA wird infolge der Ende 2015 erfolgten Schließung des FMS für neue Maßnahmen in die Bundesrepublik Deutschland – Fi- nanzagentur GmbH und damit in eine größere Einheit und Infrastruktur integriert . Es ist beabsichtigt, mit der Übertragung der Aufgaben der nationalen Abwicklungsbehörde auf die BaFin zwei Ziele zu verfolgen . So sollen die Einheiten der FMSA, die Aufgaben der nationalen Abwicklungsbehörde wahr- nehmen, unter Beachtung der Vorgaben diverser europäi- scher Richtlinien als neuer Geschäftsbereich in die BaFin eingegliedert werden . Dieser wird von einer(m) eigenen Exekutivdirektorin/Exekutivdirektor geleitet, die oder der auch im Direktorium der BaFin vertreten sein wird . Des Weiteren soll die Effizienz der Aufgabenerledigung dahin gehend gesteigert werden, dass die bestehenden Strukturen und die vorhandene Sachkunde der BaFin als Allfinanzaufsicht auch für die Zwecke der Abwicklung genutzt werden können . Nun ist festzustellen, dass die Aufgaben der Bundes- anstalt für Finanzmarktstabilisierung im Bereich der Ab- wicklungsbehörde sehr schnell gewachsen sind, während auf der anderen Seite die Aufgaben im FMS-Bereich für neue Maßnahmen und Rückführung bestehender Maß- nahmen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sind . Da die FMSA ohne den Abwicklungsbereich als kleine Behörde zurückbleiben würde, macht es Sinn, die FMSA in eine größere Einheit zu integrieren . Eine Ein- gliederung dieses Teils in die BaFin kommt dabei nicht infrage, da dies zu Interessenkonflikten zwischen Ban- kenaufsicht und Beteiligungsführung führen würde . Mit der Finanzagentur ist meines Erachtens hier auch der richtige Partner gefunden worden. Diese wird mit der Trägerschaft an der FMSA beliehen, führt deren Aufga- ben nach Maßgabe des vorliegenden Gesetzentwurfes im Zuge der nun eingeleiteten Abwicklung und Auflösung des FMS fort und übernimmt – das erachte ich als be- sonders wichtig – die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der FMSA . Damit ist klar: Eine wei- terhin effiziente Arbeit der FMSA wird ermöglicht und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine langfristige Perspektive über ihre inzwischen auf Ablauf angelegten Tätigkeit im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabili- sierung und der FMS geboten . In den letzten Wochen haben wir uns intensiv mit den durch den Gesetzentwurf betroffenen Beteiligten aus- einandergesetzt . Vor allem die Ausgestaltung der §§ 8a und 8b des Gesetzes zur Errichtung eines Finanzmarkt- stabilisierungsfonds, welche die bundesrechtlichen Ab- wicklungsanstalten beinhalten, war Gegenstand vieler Diskussionen . Grundsätzlich dienen die Anpassungen im § 8a FMStFG der Rechtssicherheit in Bezug auf die Tätigkeiten der bundesrechtlichen Abwicklungsanstal- ten, insbesondere in Bezug auf die Anwendbarkeit der Bundeshaushaltsordnung . Vor allem § 8a Absatz 6 trägt der speziellen Situation der Abwicklungsanstalten Rech- nung, die einerseits marktnah agieren sollen und anderer- seits öffentlich-rechtliche Anstalten mit einer staatlichen Verlustgarantie sind . In diesem Zusammenhang haben wir uns darauf geeinigt, dass wesentliche Teile der Bun- deshaushaltsordnung nicht auf die Abwicklungsanstalten anwendbar sind . Lediglich die §§ 55 und 109 (diese re- geln die öffentliche Ausschreibung und die Rechnungs- legung) sowie die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bleiben anwendbar . Das ist auch richtig so, da die Abwicklungsanstalten mit Steuergeldern finanziert werden und die Risiken der Abwicklungsanstalten von der öffentlichen Hand getragen werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Vorgaben die Abwicklungsanstalten nicht in ihrem Auftrag beeinträch- tigen, die abzuwickelnden Portfolios verlustmindernd zu veräußern . Der Grundsatz beeinträchtigt auch nicht Risikoentscheidungen auf Grundlage der Business Jud- gement Rule im Rahmen der Portfolioverwaltung. Nach wie vor haben die Abwicklungsanstalten ihre Geschäfte nach kaufmännischen und wirtschaftlichen Grundsätzen zu führen . Dies gewährleistet der § 8a Finanzmarktsta- bilisierungsfondsgesetz (FMStFG) . Des Weiteren ha- ben wir den bundesrechtlichen Abwicklungsanstalten die Möglichkeit eingeräumt, Portfolios im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zu übertragen . Auf diese Weise sollen erhebliche Kosten- und Zeitersparnisse gegenüber der Übertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge er- reicht werden . Die Regelung orientiert sich an § 8a Ab- satz 8 des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes, der den Abwicklungsanstalten ermöglicht, als übernehmen- der Rechtsträger an einem Spaltungsvorgang beteiligt zu sein . Somit wird richtigerweise den Abwicklungsan- stalten die Möglichkeit eingeräumt, an Ausgliederungen und Abspaltungen im Sinne des Umwandlungsrechts als übertragender Rechtsträger beteiligt zu sein . Dies gilt jedoch nur für Übertragungsmöglichkeiten auf die Aus- gliederung und Abspaltung . Andere Arten der Spaltung werden nicht zugelassen . Lassen Sie mich zum Schluss noch auf eine Regelung hinweisen, die im Rahmen der Neuordnung der Aufgaben der FMSA neu gestaltet wurde . So wird mit diesem Ge- setzentwurf auch die Organisation der Parlamentarischen Kontrolle über den FMS neu geregelt . Die Aufgaben des Gremiums nach § 10a des Finanzmarktstabilisierungsge- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620680 (A) (C) (B) (D) setzes (Finanzmarktgremium) werden weiter abnehmen, da – wie bereits erwähnt – neue Maßnahmen seit 2016 nicht mehr ergriffen werden können und die ausstehen- den Maßnahmen rückläufig sind. Es erscheint daher im Zuge der Tatsache, dass künftig die Finanzagentur für den FMS zuständig sein soll, sinnvoll, dass die Aufga- ben des Finanzmarktgremiums ab dem Jahre 2018 durch das für die Finanzagentur zuständige Bundesfinanzie- rungsgremium wahrgenommen werden . Auf diese Wei- se kann die parlamentarische Kontrolle beider Bereiche künftig aus einer Hand erfolgen, und die Geschäftsfüh- rung der Finanzagentur kann einem Gremium berichten . Das Bundesfinanzgremium besteht aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses . Mitglieder des Finanzausschusses können, wie bisher, in das Gremium gewählt werden, so- fern sie stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss sind . Alles in allem beschließen wir heute mit dem Gesetz- entwurf eine sinnvolle Reform . Die juristische Konstruk- tion bei der FMSA ist zwar kompliziert, aber plausibel . Mit den beschlossenen Änderungen zum vorliegenden Gesetzentwurf werden wir auch allen Beteiligten gerecht . Roland Claus (DIE LINKE): Ich hatte in meiner Rede zur ersten Lesung des FMSA-Neuordnungsgeset- zes die wesentlichen Kritikpunkte am generellen Zustand der Bankenrettung bereits dezidiert aufgeführt, vor allem die Tatsache, dass der Gesetzentwurf der Bundesregie- rung die Logik von Koalition und Regierung zur staat- lichen Rettung von Banken mit Steuergeldern fortsetzt . Seit Bestehen des Sonderfonds für die Finanzmarkt- stabilisierung und der entsprechenden Bundesanstalt hat dieser Fonds auf Kosten der Steuerzahler 22,6 Milliar- den Euro Verlust angesammelt, nach veröffentlichten Informationen der FMSA . Man muss sich deutlich vor Augen halten, dass die ungelöste Bankenkrise trotz ih- rer Verdrängung aus den Tagesschlagzeilen immer noch eine Bedrohung der europäischen Staaten darstellt, weil das Gewicht der Finanzmärkte auch die Rettungsboje der Staatshaushalte unter Wasser drückt . Beschlossen hatte die Koalition eine Pseudo-Bankenabgabe, die nach oben gedeckelt ist und von der Vorstellung ausgeht, dass die nächste Finanzkrise schwach ausfallen und erst „in ei- nem halben Jahrhundert“ stattfinden wird. Eine solche Annahme ist nicht nur naiv, sondern bedient bewusst die Lobby-Interessen der Finanzbranche zulasten der Steuer- zahlerinnen und Steuerzahler . Außer gegen Euro-Staaten richten Banken und Hedgefonds ihre spekulativen An- griffe auch auf Rohstoffe und Nahrungsmittel. Das Leid der Opfer dieser Spekulationswellen wird von den Ak- teuren in Kauf genommen . Nun hat die Koalition in der Zwischenzeit noch eine Reihe von Änderungsanträgen eingebracht, von denen meine Fraktion zwei für zustimmungsfähig hält: Wir meinen, dass die Anpassung der Bemessungsgrundlage für die Umlage der Nationalen Abwicklungsbehörde, NAB, sinnvoll ist, da auf diese Weise eine Verschiebung von Lasten zuungunsten der kleinen Institute vermie- den wird und Förderbanken weiterhin privilegiert blei- ben . Darüber hinaus stimmen wir auch der Änderung bei landesrechtlichen Abwicklungsanstalten zu, da sie sicherstellt, dass für die landesrechtlichen Abwicklungs- anstalten dieselben Vorgaben für die Rechnungslegung und Bilanzierung gelten wie aktuell und künftig für die bundesrechtlichen . Bei allen weiteren Änderungsanträ- gen wird sich Die Linke enthalten . Im Grundsatz jedoch ist die vorgenommene Finanz- marktstabilisierung nach wie vor der falsche Weg . Schäd- liche Finanzinstrumente und Aktivitäten müssen verbo- ten werden, zum Beispiel Hedgefonds, Schattenbanken, ungedeckte Leerverkäufe und Wertpapiere auf Grundla- ge von Kreditausfallversicherungen ohne eigenen Kredit . Über eine Reregulierung der Finanzmärkte und die Stär- kung der Eigenkapitalanforderungen hinaus müssen spe- kulative Exzesse durch eine Finanztransaktionsteuer und einen „Finanz-TÜV“ eingedämmt werden . Der Banken- sektor muss auf seine Kernfunktionen Zahlungsverkehr, Ersparnisbildung und Finanzierung zurückgeführt und entsprechend geschrumpft werden, damit die Steuerzah- lerinnen und Steuerzahler nicht immer wieder aufs Neue erpresst werden . Diese Umstrukturierungen sind nicht nur politisch geboten, sondern auch verfahrenstechnisch machbar, wie wir uns bei einem Besuch einer Delegation von Abgeordneten über die Arbeitsweise der FMSA in Frankfurt/Main überzeugen konnten . Im Gesetzentwurf zur Neuordnung der FMSA und in den Änderungsanträgen werden nun die vorgesehenen strukturellen Veränderungen kodifiziert. Die parlamen- tarische Begleitung soll in dem ausschließlich geheim tagenden Bundesfinanzierungsgremium erfolgen. Auch dieses Geheimgremium hatte meine Fraktion seit 2008 kritisiert . Die jetzt beabsichtigten Strukturänderungen sind weitgehend nachvollziehbar, aber sie folgen weiterhin der falschen Logik . Die Fraktion Die Linke wird deshalb den Gesetzentwurf ablehnen . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der SoFFin ist nun schon eine Weile für neue Maßnah- men geschlossen, und die Bad Banks schmelzen ihre Portfolios schneller ab als erwartet. Das ist eine gute Nachricht . Und deshalb sind wir heute hier und beschlie- ßen ein Gesetz, welches die aufgrund der Krise gegrün- deten Institutionen neu und effizienter organisieren soll. Die Neuordnung der FMSA und die Eingliederung in größere Strukturen sind, mit deren zunehmend schrump- fenden Aufgaben, sachgerecht . Dies ermöglicht es, die Infrastruktur und Sachkunde dieser Einheiten zu nutzen, und den Mitarbeitern innerhalb der FMSA eröffnen sich langfristige Perspektiven. Durch die Integration der Bad Banks in die Fi- nanzagentur kann deren Refinanzierung nun zu besseren Konditionen erfolgen . Dieses Einsparpotenzial haben wir der Bundesregierung seit 2012 regelmäßig aufgezeigt . Dies wurde aber erst als falsch abgetan . Dann, als die Richtigkeit unserer grünen Argumentation erkannt wur- de, wurde es aus politischen Gründen nicht umgesetzt . Es ist schön, zu sehen, dass gute Vorschläge auch von dieser Bundesregierung irgendwann aufgegriffen werden, wenn auch deutlich zu spät und ohne Beachtung des Copy- rights . Für die Millionen, die seit 2012 aus politischem Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20681 (A) (C) (B) (D) Starrsinn verbrannt wurden, schuldet der Finanzminister dem Steuerzahler allerdings noch eine Erklärung . Mit dem Gesetz geben wir den Abwicklungsanstalten die Möglichkeit, durch Abspaltung und Umwandlung ihre Portfolios schneller und kostengünstiger abzubauen. Die Überwachung der Abwicklungsanstalten und der Be- teiligungen mittelfristig in das Bundesfinanzierungsgre- mium überzuführen und hierfür im Bundestag nicht wei- terhin ein eigenes Gremium zu beschäftigen, ist aufgrund der weniger komplexen Situation effizient. Die Eingliederung der Nationalen Abwicklungsbe- hörde in die BaFin wirft wichtige institutionelle Fragen auf . Besonders wichtig war uns im Beratungsprozess, sicherzustellen, dass die Nationale Abwicklungsbehörde wirklich unabhängig von der Aufsicht agieren kann . An- sonsten besteht die Gefahr, dass es zu einem Interessen- konflikt kommt, deshalb eine nötige Abwicklung zu spät erfolgt und diese somit unnötig verteuert wird . Ob die nötige Unabhängigkeit mit der jetzt gewählten Konstruk- tion gewährleistet ist, bezweifeln wir . Die Nationale Abwicklungsbehörde wird in Zukunft sowohl national als auch im Rahmen des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus tätig sein . Hier war es uns be- sonders wichtig, dass keine Situation auftritt, in der we- der eine Kontrolle durch den Deutschen Bundestag noch über das Europäische Parlament erfolgt. Wir haben im Prozess dieses Problem mehrfach thematisiert und wer- den dies auch in der Praxis sehr genau beobachten. Mit dem Gesetz setzt die Bundesregierung einen un- serer Vorschläge um, der dem Steuerzahler Millionen einspart . Wir hätten es gerne gesehen, wenn unsere an- deren Initiativen in diesem Bereich ebenfalls aufgegrif- fen worden wären . Sowohl in den Beratungen zu diesem Gesetz als auch vorher haben wir uns für eine Verbesse- rung in der parlamentarischen und exekutiven Kontrolle bei gestützten Instituten eingesetzt . Angesichts der Höhe der hier bereitgestellten Gelder ist die bisher vorgenom- mene Kontrolle unzureichend . Auch die Regelungen zu den Managergehältern gestützter Banken bleiben unzu- reichend . Bei der Hypo Real Estate wurden die vorge- sehenen Gehaltdeckelungen durch die Gewährung von Luxusrenten umgangen . Wir haben die Bundesregierung bereits 2012 aufgefordert, dem einen Riegel vorzuschie- ben . Dies hätte man im Rahmen dieser Neuordnung um- setzen können . Leider ist dies nicht geschehen . Da aber die Vereinfachung und Verschlankung der Strukturen der Bankenabwicklung sachgerecht, ist stimmen wir dem Gesetz heute zu . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zum Erlass und zur Änderung marktord- nungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Tagesordnungs- punkt 26) Kees de Vries (CDU/CSU): Das nationale Liqui- ditätshilfeprogramm mit Angebotsdisziplin ist Teil des insgesamt rund 500 Millionen Euro schweren zwei- ten EU-Hilfspakets zur Milchkrise . Damit wurde das EU-Hilfspaket in eine nationale Verordnung umgesetzt . Die geplante Liquiditätshilfe wurde dazu mit einer Men- gendisziplin verknüpft . In Anbetracht der Absicht der EU, die Vorräte aus den Interventionsankäufen auf den Markt zu bringen, und des zu erwartenden Frühjahrsauf- schwungs in der Produktion, ist es eine sinnvolle Maß- nahme, die zur Stabilisierung der Preise beitragen wird. Da in der Land- und Forstwirtschaft die Ertrags- und Erlösschwankungen zwischen einzelnen Wirtschaftsjah- ren wegen der zunehmenden Wetterkapriolen und der Vo- latilität der Märkte besonders stark sind, sieht Artikel 3 des Gesetzes darüber hinaus eine Änderung des Einkom- mensteuergesetzes vor mit dem Ziel, die natur- und sek- torbedingten Schwankungen der Gewinne in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zwischen aufeinanderfol- genden Wirtschaftsjahren steuerlich zu glätten . Durch einen neuen § 34e EStG werden Gewinn- schwankungen in der Land- und Forstwirtschaft rückwir- kend für drei Jahre durch eine individuelle Tarifglättung korrigiert . Diese Regelung soll nach der Einigung der Koalitionsfraktionen auf neun Jahre befristet sein, das heißt in 2014 beginnen und in 2022 enden . Ich gehe da- von aus, dass auch die Kommission dieser Maßnahme zustimmen wird . Durch die von der Koalition vorgeleg- ten Änderungsanträge zum steuerrechtlichen Teil werden die Modalitäten der Glättung – Einkommenssituation im jeweils dritten Jahr eines Betrachtungszeitraums, Mög- lichkeit einer Nachzahlung im Einzelfall – stimmiger . Die Gesetzesänderungen sowie der Verordnungsent- wurf zur Durchführung einer Sonderbeihilfe für Milcher- zeuger und der Beschluss zum Haushalt 2017 sind die Grundlage, um die Liquiditätshilfen mit Angebotsdiszi- plin in Höhe von insgesamt 116 Millionen Euro – 58 Mil- lionen Euro EU-Mittel, zusätzlich dankenswerterweise 58 Millionen Euro vom Bund – in 2017 an die Landwirte auszuzahlen . Die schwierige Marktlage ist trotz derzeit sich erholender Märkte nicht überwunden . Der Saison- aufschwung der Rohmilchlieferung im ersten Halb- jahr 2017 wird zeigen, ob die Preiserholung nachhaltig ist . Unsere Liquiditätshilfe mit Angebotsdisziplin wird dann angebotsdämpfend wirken . Damit dieser Zeitraum mit dem Kalendermonat Feb- ruar 2017 beginnen kann, muss die Ministerverordnung noch im Dezember in Kraft treten . Dazu brauchen wir jetzt eine Änderung des Marktorganisationsgesetzes, und ich bitte um Ihre Zustimmung dafür . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Die Milchkrise ist noch nicht vorbei, aber es gibt Licht am Horizont . Die Preise legen an den Spotmärkten und in den Supermärk- ten zu, aber die Landwirte verdienen trotzdem noch kein Geld . Bei etwa 7 bis 8 Milliarden Euro Einnahmeverluste seit Beginn der Krise hat jeder Betrieb durchschnittlich gut 112 000 Euro davon zu tragen . Dieses Geld fehlt nun den Betrieben und im ländlichen Raum! Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620682 (A) (C) (B) (D) Die Krise hat viele Betriebe in die Knie gezwungen: Mittlerweile gibt es nur noch knapp 70 000 Milchviehbe- triebe. Das sind gut 5 Prozent weniger als im Vorjahr. Seit 2010 haben wir sogar über 22 000 Betriebe bzw. 24 Pro- zent – trotz Milchquote – verloren . Dies hätte nicht so kommen müssen, wenn rechtzeitig gehandelt worden wäre . Ich nenne nur das Bürgschafts- programm, das ich schon im September 2015 gefordert habe und das nun endlich mit der Verabschiedung des Haushalts kommen wird . Hier hat der Bundeslandwirt- schaftsminister die Krise schlichtweg verschlafen . Auf die Fehler des ersten Entwurfs habe ich bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfes hingewiesen . Diese Fehler mussten dann mit einem Änderungsantrag korri- giert werden . Auch bei dem jetzt vorliegenden Entwurf hat die SPD-Fraktion erhebliche steuerfachliche und verfas- sungsrechtliche Bedenken . Das Einkommensteuerrecht ist sicherlich kein geeignetes Instrument der Krisenprä- vention bei volatilen Märkten . Die Einkommensteuer ist schlichtweg kein effizientes Instrument, um Landwirt- schaftsbetriebe wirksam zu unterstützen . Hier ist die eu- ropäische Agrarpolitik in Gänze gefordert . Die im Einkommensteuergesetz vorgesehene Glät- tung der Gewinne aus land- und forstwirtschaftlichen Einkünften wird sowohl steuerfachlich als auch recht- lich problematisch angesehen . So sind im Gesetzentwurf sämtliche Land- und Forstwirte ohne Beschränkung be- günstigt . Und dies unabhängig davon, ob in den jeweili- gen Teilbereichen des Agrarsektors eine marktbedingte Einkommenskrise wie im Milchsektor vorliegt oder eben nicht . Außerdem ist die Zielgenauigkeit gegenüber den aktuellen Problemen in der Landwirtschaft zweifelhaft. Zudem profitieren aufgrund der Steuerprogressions- kurve überwiegend Betriebe mit höheren Einkommen von der neuen steuerlichen Regelung . In 2015 haben 10 Prozent und in 2014 18 Prozent der Betriebe des Test- betriebsnetzes des BMEL Gewinne von 100 000 Euro ausgewiesen . Ein durchschnittlicher land- und forstwirt- schaftlicher Betrieb kann demnach nur mit einer sehr kleinen Steuererleichterung in der Größenordnung von wenigen Hundert Euro rechnen . Das ist der Mühe nicht wert . Die unterschiedliche Progression bei stark schwan- kenden Einkünften betrifft nicht nur landwirtschaftliche Betriebe, sondern auch andere Einkunftsarten . Gerade das Tourismusgewerbe ist auch witterungsabhängig . In- sofern ist die Frage des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht abschließend geklärt . Dies bestätigt auch ein Gut- achten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages . Auch bin ich der Überzeugung, dass der administra- tive Verwaltungsaufwand seitens der Finanzverwaltung erheblich ist und die ausgewiesenen 5,5 Millionen Euro Mehrkosten nicht ausreichen werden . In Bezug auf die vorgesehene fiktive Steuerberechnung ist die praktische Umsetzung fraglich . Zudem können bestandskräftige Veranlagungen im Bereich der Landwirtschaft über einen langen Zeitraum nicht durchgeführt werden . Wir brauchen eine europäische Lösung und keine nati- onalstaatliche über das Einkommensteuergesetz . Ich bin überzeugt, dass dies nicht die letzte Milchmarktkrise sein wird . Wichtige strukturelle Veränderungen, die der Branche langfristig geholfen hätten, sind nicht auf den Weg ge- bracht worden . Runde Tische und Branchenvereinbarungen lösen das Problem nicht. Landwirte haben ein Recht auf Verträge über Milchmenge, Laufzeit und Preis. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt tragen sie allein das wirtschaftliche Risiko . Niemand sonst . Das war 2009 so . Das ist auch jetzt so . Die Chance für die notwendige Änderung im Wettbe- werbsrecht im § 28 ist leider verstrichen . Die Streichung der Andienpflicht im Agrarmarktstruk- turgesetz, also der garantierten Abnahme der Milch trotz Überproduktion, ist an den grünen und schwarzen Agrar- ministern gescheitert . Auch die Änderung des § 148 der Gemeinsamen Marktordnung zugunsten der Landwirte ist momentan nicht abzusehen, trotz Agrarministerkonferenzbeschluss . Der vorliegende Gesetzentwurf kommt zu spät und ist nichts weiter als weiße Salbe! Bringt nichts, tut nicht weh, und der Bauernverband hat offensichtlich erfolgrei- che Lobbypolitik betrieben! Die Milchmarktkrise wird zum Anlass genommen, um Land- und Forstbetrieben ein Steuergeschenk zu machen . Das ist nicht ausgewogen . Zum Glück haben wir den Freibetrag für Flächenver- äußerungen verhindern können . Dies hätte den Boden- markt nur weiter angeheizt . Letztendlich können wir dem Gesetz nur aus zwei Gründen zustimmen: Erstens. Wir wollen das EU-Programm für die Land- wirte ermöglichen . Dies können wir nur, wenn wir den Änderungen im Steuerrecht zustimmen . Zweitens . Das Bundesjustizministerium sieht der Ge- setzesänderung zwar nicht mit Freud entgegen, kann dem aber noch gerade so zustimmen, da wir als SPD eine Be- fristung der Gewinnglättung bis 2022 eingeführt haben . Damit retten wir letztendlich noch das Gesetz . Letztendlich haben die Länder das letzte Wort, und wir werden dann sehen, wo die Agrar- oder die Finanzminis- ter jeweils das letzte Wort haben werden . Das Ergebnis der Bundesratsverhandlungen ist offen. Ich gehe davon aus, dass zumindest einige Länder den Vermittlungsaus- schuss anrufen werden . Wenn das so kommt, dann greift das Gesetz dieses Jahr nicht mehr . Dies wäre dann das Ergebnis schlechter Arbeit des Bundeslandwirtschafts- ministeriums . Karin Binder (DIE LINKE): Wir alle hier im Hohen Hause wollen den in Not geratenen Milchbetrieben hel- fen . Doch von dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Milch sauer . Die dringend notwendige Unterstüt- zung der Milchbauern wird mit windigen Regelungen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20683 (A) (C) (B) (D) zur Einkommensteuer gepanscht . Bundesagrarminister Christian Schmidt hat die Bauern – und auch das Par- lament – viel zu lange auf eine gesetzliche Regelung warten lassen . Die Verteilung von Hilfen über Mittel der EU und des Bundes hätte schon lange organisiert werden müssen, wenn man vermeiden will, dass noch mehr Be- triebe aufgeben . Nach der langen Wartezeit müssen wir nun aber auch noch befürchten, dass der Gesetzentwurf der Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD nicht verfassungsgemäß ist . Das würde für viele Milchbauern endgültig das Aus bedeuten . Sollte das Gesetz nämlich gekippt werden, weil die Regelungen zur Einkommensteuer unzulässig sind, müssen die Landwirte die Steuerersparnisse aus der Gewinnglättung wieder zurückzahlen . Das möchte ich Ihnen kurz erklären: Der Gesetzentwurf besteht aus mehreren Teilen . In den ersten beiden Artikeln werden die dringend erwar- teten Stützmaßnahmen der Europäischen Union gere- gelt . Aus Mitteln der EU stehen Deutschland 58 Milli- onen Euro für die Unterstützung der Milchbetriebe zur Verfügung, die durch die gleiche Summe vom Bund auf 116 Millionen Euro aufgestockt werden . Der Artikel 3 des Gesetzes hat damit nichts zu tun . Dieser regelt, dass Gewinne über drei Jahre im Durch- schnitt gerechnet der Einkommensbesteuerung zugrunde gelegt werden. Dies soll nach Auffassung der Koalition kleinen Bauern helfen, die in dieser Milchmarktkrise ent- standenen Verluste besser zu verkraften . Begründet wird diese Maßnahme im Gesetzentwurf mit dem globalen Klimawandel, der bei den „Betrieben zunehmend spürbar zu massiven Ernteausfällen und da- raus resultierenden schwankenden Gewinnen“ führen würde . Das ist absurd . Zum einen wird die Möglichkeit zur Gewinnglättung auf neun Jahre begrenzt. Union und SPD gehen offenbar davon aus, dass der Klimawandel danach kein Thema mehr ist . Zum anderen werden einfach die Augen verschlossen vor den tatsächlichen Ursachen . Die Gewinneinbußen der Milchbetriebe sind die Folge eines Überangebotes mit dem damit verbundenen Preis- verfall auf globalisierten und unregulierten Märkten . Letztendlich ist das dem Wegfall der Milchquote inner- halb der EU geschuldet. Der damit verbundene Preisver- fall ist auch eine Folge der kartellartigen Einkaufsmacht der Supermarktketten in Deutschland . Dort haben die Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte nichts mehr zu melden. Entweder sie akzeptieren den niedrigen Preis, den Lidl und Co . ihnen noch zugestehen, oder sie wer- den ausgelistet . Das vergiftet das Klima – auf den Agrar- märkten . Das verdirbt die Milch . Deshalb fordert die Linke: Weg von einer einseitigen Exportorientierung, Stärkung regionaler Absatzmärkte und einen nachfrageorientierten Regulierungsmecha- nismus . Landwirtschaftliche Erzeuger brauchen Unter- stützung gegenüber dem Oligopol der deutschen Super- marktketten . Vertragliche Rahmenbedingungen müssen im Sinne der Landwirte neu geregelt und das Kartellrecht erweitert und gestärkt werden . Das wären dauerhafte Hil- fen für eine notleidende Landwirtschaft . Unabhängig davon aber bezweifelt der Wissenschaft- liche Dienst im Bundestag, dass eine Gewinnglättung über drei Jahre für die Einkommensteuerermittlung zulässig ist . Es sei auch nicht gesichert, dass die ge- wünschte Entlastung überhaupt eintritt . Die Experten machen darüber hinaus darauf aufmerksam, dass die Gewinnglättung über die Einkommensteuer nur einem Teil der Milchbetriebe nützt . Genossenschaften, land- wirtschaftliche GmbHs und Kapitalgesellschaften zahlen Körperschaftsteuer und werden daher von der Regelung nicht profitieren. Der zur Begründung herangezogene Klimawandel betrifft jedoch Genossenschaften genauso wie Familienbetriebe . Eine derartige Missachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wird vom Bundesverfas- sungsgericht nicht hingenommen werden . Am Ende wird die absurde Regelung zur Gewinnglättung das Gesetz zu Fall bringen . Das hat dann zur Folge, dass Bauern auch noch Steuern nachzahlen müssen . Herr Minister Schmidt, werte Regierungskoalition: Erst handeln Sie zu spät und dann auch noch mit solchen handwerklichen Fehlern . Nun müssen wir retten, was noch zu retten ist: Ziehen Sie Artikel 3 des Gesetzentwurfes zurück . Wir können hier heute getrennt darüber abstimmen . Die Kolleginnen und Kollegen der SPD, die als Regierungspartner für die- ses unglückliche Gesetz mitverantwortlich sind, wissen um die Fehler in diesem Gesetz. Ich kann Sie nur auffor- dern, diesem Artikel 3 nicht zuzustimmen . Die Linke fordert schon seit langem: Führen Sie end- lich eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage für alle Betriebe ein . Auch der Bundesrat hat diese Forderung schon aufgestellt . Landwirtschaftliche Betriebe hätten zumindest eine Chance, in Zeiten von massivem Markt- versagen solch schwierige Phasen aus eigenen Kräften besser zu überstehen . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es gibt immer wieder Situationen, da wundert man sich über das mögliche Auseinanderfallen von ra- tionaler Erkenntnis und dem daraus folgenden Handeln . Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, eine sol- che Situation in Reinform haben wir am vergangenen Dienstag erlebt, als wir im Sonderagrarausschuss über die steuerliche Gewinnglättung für Landwirtschaftsbe- triebe debattiert haben . Lieber Wilhelm Priesmeier, ich folge voll und ganz deiner Einschätzung . Gegen die steuerliche Gewinnglät- tung liegen nach wie vor schwere verfassungsrechtliche Bedenken vor; hier werden neue steuerliche Sondertat- bestände geschaffen. Eine Ungleichbehandlung einzelner Berufsgruppen wird neu geschaffen. Hier ist also der ver- fassungsgemäße Gleichheitsgrundsatz betroffen. Merkwürdigerweise kommen wir beide, SPD und Grüne, aus dieser gleichen Einschätzung aber zu voll- kommen gegensätzlichen Ergebnissen . Da frage ich mich, wie kann das kommen? Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620684 (A) (C) (B) (D) Wenn ich zu der Erkenntnis komme, ein Instrument, ein Handeln ist falsch – nicht zielführend, verfassungs- rechtlich womöglich sogar gar nicht zu begründen, dann muss ich mich einem solchem politischen Beschluss doch widersetzen und ihn ablehnen . Aber die Sozialde- mokraten haben einen Ruf als Umfaller zu verlieren . Da kann ich nur sagen: Diese Angst ist unbegründet, den Umfallerruf haben Sie in dieser Woche erneut verteidigt und entgegen Ihrer eigenen ablehnenden fachlichen Ein- schätzung der steuerlichen Gewinnglättung zugestimmt . Damit sind sie der Union auf den Leim gegangen . Dieses Missverhältnis zwischen politischer Einschät- zung und politischem Verhalten ist doch bezeichnend . Die Union verspricht den Bäuerinnen und Bauern wieder einmal das Blaue vom Himmel und verkauft die Gewinn- glättung als tatkräftige Hilfe für die notleidenden Milch- betriebe . Es nützt aber nicht den kleinen Milchbetrieben in Not, sondern alleine den großen Ackerbauern . Hier werden die Zuckerbarone quersubventioniert . Wir Grünen haben immer wieder deutlich gemacht, dass wir deutliche Unterstützung für die Milchbetriebe in Not brauchen . Allerdings nicht, indem wir Gelder wahl- los mit der Gießkanne über das Land verteilen, sondern indem wir die Ursachen der Milchmarktkrise angehen . Aber der Wahlkampf naht und die Union erliegt mal wie- der der Gießkannenverlockung . Seit dem Wegfall der Milchquote haben wir Grünen auf die Krise hingewiesen und auf die absehbaren Fol- gen für die Landwirtschaft . Wir haben immer gesagt: Wir müssen die Menge reduzieren . Wir haben Vorschläge vorgelegt, wie auf die Krise reagiert werden kann . Viel zu spät wird jetzt reagiert und mit halbem Ein- satz . Bitter bezahlt für diese späte Reaktion haben die Milchbetriebe . Immerhin, die Milchhilfen, die mit dem heutigen Ge- setz ermöglicht werden, sind an eine sogenannte „Men- gendisziplin“ gebunden. Das ist der Begriff, den Minister Schmidt gerne verwendet . Mit dem Gesetz wird die so- genannte „Milchsteigerungsvermeidungsbeihilfeverord- nung“ kurz „MilchStVerBeihV“ ermöglicht . Wieder so ein Wortungetüm aus dem Hause Schmidt, dass deutlich zeigt, wie kompliziert dort gedacht wird . Nein, Herr Mi- nister Schmidt, noch mal: Mengenreduzierung, schlicht und einfach – nicht Steigerungsvermeidungsirgendwas . Mittlerweile steigen die Preise wieder. Ja, richtig. Aber die Preise sind noch immer nicht kostendeckend, auch wenn Sie steigen . Kollege Kees de Vries spricht zwar schon von fast kostendeckenden Preisen. Ist das ein Erfolg? Und kostendeckend für welche Betriebe? Die Betriebe, von denen Kollege de Vries spricht, sind die 300er-, 600er-, 1 200er-Betriebe . Die können zu sol- chen Preisen – fast – schon produzieren. Das sind die Zu- kunftsbetriebe der Union, das ist das landwirtschaftliche Leitbild der Union . Das sind aber nicht die Betriebe, von denen wir Grünen sprechen . Wir wollen Zukunft für die bäuerlichen Milchbetriebe . Wir wollen die Kuh auf der Weide und wir wollen eine Zukunft, vor allem auch für die Kleinen . Dafür kämpfen wir . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Energiestatistikgesetzes (EnStatG) (Tagesordnungspunkt 27) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Der Energieverbrauch der Industrie ist gesunken . Im Jahr 2015 betrug der Ener- gieverbrauch in der Industrie 4 016 Petajoule und damit 0,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Solche Aussagen können wir nur treffen, wenn wir den Zugriff auf verläss- liche Daten und Statistiken haben . Aus diesem Grund beraten wir heute in erster Lesung den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf zum Energiestatistikgesetz . Damit stoßen wir eine wich- tige Novellierung an, die die Grundlage für eine erfolg- reiche Umsetzung der Energiewende in Deutschland schafft und uns dem europäischen Energiebinnenmarkt einen großen Schritt näherbringt . Mit der Novellierung des Energiestatistikgesetzes schaffen wir die Datenbasis für den Aufbau einer mo- dernen Infrastruktur . Mithilfe der Statistiken kann die zunehmend dezentrale und vernetzte Energieversorgung besser gesteuert und analysiert werden . Die validen Da- ten schaffen die Grundlage für die Teilnahme an neuen Märkten . Sie ermöglicht uns, schneller und besser Infor- mationen auszutauschen und Güter sowie Dienstleistun- gen anzubieten . Der starke Zubau an erneuerbaren Energien stellt un- ser Energieversorgungssystem auf nationaler, europäi- scher und internationaler Ebene vor neue Herausforde- rungen . Er ist aber notwendig, um unsere Ziele, nämlich die Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent, zu erreichen. Dazu gehören eben- falls die Halbierung des Primärenergieverbrauchs, die Reduzierung des Bruttostromverbrauchs und die Steige- rung des Anteils der erneuerbaren Energien auf 80 Pro- zent bis 2050 . Um diese Ziele nicht nur festzuschreiben, sondern auch zu erreichen, brauchen wir verlässliche Daten, um geeignete Szenarien, Wege und Instrumente für unser Energiesystem zu etablieren sowie zu analysieren . Die Datenerhebung für die nationalen und internationalen Berichtspflichten wird aufgrund von veränderten Markt- bedingungen, Informations- und Kommunikationsinf- rastrukturen immer anspruchsvoller . Das Energiestatis- tikgesetz aus dem Jahr 2003 kann diesem Anspruch nur unzureichend gerecht werden . Die Statistiken im aktuellen Energiestatistikgesetz bil- den die aktuellen Entwicklungen auf den Energiemärk- ten, insbesondere den Elektrizitäts- und Gasmärkten, ungenügend ab . Sie beziehen sich auf Wirtschaftsstruk- turen, Definitionen und Erhebungsmerkmale von vor der Liberalisierung der Energiemärkte. Das ist ein Problem. Das ist gefährlich; denn die Statistiken sind unter anderem die Grundlage für den Monitoringprozess zur Umsetzung und Zielerreichung der Energiewende . Gibt es hier ungenügende Datenbasen, kann das negative Aus- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20685 (A) (C) (B) (D) wirkungen auf unsere Energiepolitik haben . Das kostet viel Geld . Denn wir steuern dann dort nach, wo nicht nachgesteuert werden muss, und schaffen Instrumente dort, wo sie nicht nötig sind . Das belastet unsere Indus- trie und unseren Mittelstand . Deshalb passen wir mit dem aktuellen Entwurf zur Novellierung des Energiestatistikgesetzes völlig zu Recht die Merkmale, Begriffe, Zeiträume und Berichts- kreise an die aktuellen Entwicklungen und Gegebenhei- ten an . Das heißt aber nicht, dass bewährte Regelungen und Strukturen ohne Not aufgelöst werden sollen . Das Ziel der Novelle muss es sein, ein Gleichgewicht zwi- schen Kosten und Nutzen herzustellen . Dabei müssen die neuen Regelungen dazu beitragen, dass die Wirtschaft von Meldepflichten bestmöglich entlastet und von Büro- kratie befreit wird . Es muss also ein Gleichgewicht zwischen der Be- lastung der Wirtschaft und dem Nutzen durch die In- formationsqualität hergestellt werden . Der Entwurf des Energiestatistikgesetzes sieht hier eine Reduzierung der einzelnen Berichtspflichten vor und ersetzt diese in an- deren Bereichen, in welchen die Wirtschaft von zusätz- lichen Informationen, beispielsweise bei der Steigerung der Energieeffizienz, profitieren kann. Die Zielsetzung der Novelle ist somit klar: Der Er- füllungsaufwand der Wirtschaft muss minimal gehalten werden, und der „One in, one out“-Grundsatz der Bun- desregierung muss zum Tragen kommen . Insgesamt rechnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Ener- gie mit einer Erhöhung des Erfüllungsaufwandes für die Wirtschaft von 2,4 Millionen Euro auf 5,2 Millionen Euro pro Jahr . Zusätzlich wird mit einmaligen Umstel- lungskosten in Höhe von 5,4 Millionen Euro gerechnet . Das ist viel Geld und betrifft insbesondere unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen . Ganz überwiegend sind diese Kosten dem EU-Recht geschuldet . Deshalb gilt es für uns umso mehr, zu prüfen, ob es in der aktuellen Novelle noch den einen oder ande- ren Hebel gibt, um Zusatzkosten für unseren Mittelstand und Doppelmeldungen zu verhindern . Deshalb führt der Vorschlag des Bundesrates, länder- spezifische Vollerhebungen nur für gewisse Bereiche durchzuführen, an dieser Stelle in die Irre . Die Länder verursachen damit einseitig mehr Bürokratie, Kosten und Aufwand für die Wirtschaft und die Landesstatistikämter . Hier stehen Kosten und Nutzen im Bezug der Datenerhe- bung grundlegend im Widerspruch . Mit der Novelle des Energiestatistikgesetzes schaffen wir die Voraussetzung, um eine effiziente, stabile und si- chere Energieerzeugung sowie -verteilung sicherzustel- len . Unstrittig ist dabei, dass diese Aufgabe langfristig nur mithilfe valider und korrekter Daten gelöst werden kann; denn in der Summe erhöhen sich die Anforderun- gen an die Mess- und Kommunikationstechnologie so- wie das Datenverarbeitungssystem . Mithilfe der Daten soll eine Überwachung und Optimierung der miteinander verbundenen Komponenten der Energiesysteme ermög- licht werden . Für den Industriestandort Deutschland ist die hohe Stromversorgungsqualität ein entscheidender Stand- ortvorteil . Da schließe ich im Übrigen ganz bewusst auch unsere kleinen und mittelständischen Betriebe mit ein . Ein Blackout würde nicht nur unmittelbar Kosten im mehrstelligen Milliardenbereich auslösen, sondern auch die Attraktivität des Wettbewerbsstandorts gefähr- den . Dies gilt es zu vermeiden . Das hat für die CDU/ CSU-Fraktion oberste Priorität und kann nur verhindert werden, wenn wir wissen, was im System abläuft . Aus diesem Grund schafft der Gesetzesentwurf der Bundes- regierung die Voraussetzung, die rechtliche Anordnung von Statistiken zu vereinfachen, Möglichkeiten zu einer Flexibilisierung der Erhebungsprogramme zu eröffnen sowie Berichtskreise leichter anpassen zu können . Mit der Novellierung des Energiestatistikgesetzes wird der amtlichen Energiestatistik mehr Flexibilität ein- geräumt. Hindernisse, die auf langwierige Prozesse des Gesetzgebungsverfahrens, föderale Aspekte und Budget- beschränkungen zurückzuführen sind, werden mit dem Entwurf der Bundesregierung behoben . Damit kann schneller und besser als bisher auf Verän- derungen auf den Elektrizitäts-, Gas- und Wärmemärkten reagiert werden . Deshalb ist es nur konsequent, dass den zuständigen Fachressorts die Möglichkeit eingeräumt wird, für das Monitoring „Energie der Zukunft“ und aufgrund von inter- bzw. supranationalen Pflichten zum Beispiel Merkmale und Berichtskreise eigenständig fest- zulegen . Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Wirtschaft- lichkeit sind das Zieldreieck unserer Energiepolitik . Das wollen wir für unsere Bürger und Wirtschaft gewährleis- ten . Mit der vorliegenden Novelle leisten wir einen wei- teren Beitrag dazu . Mit dem Entwurf des Energiestatistikgesetzes sind wir auf dem richtigen Weg, die Energiewende erfolg- reich anzupacken und die dafür nötigen Daten zur Netz- stabilität, Flexibilität sowie Steuerung im Energiesystem zu gewährleisten . Lassen Sie uns den Weg konsequent gemeinsam weitergehen und die Datengrundlage für ein leistungsfähiges Energiesystem schaffen. Florian Post (SPD): Unsere Aufgabe ist es, die ge- setzlichen Rahmenbedingungen für eine moderne Ener- giepolitik zu schaffen. Ein Baustein dieser Rahmenbe- dingungen, der dieses Vorhaben nicht mehr ausreichend unterstützt, ist das Energiestatistikgesetz, EnStatG . 2003 in Kraft getreten, bildet das Gesetz die nationale Rechts- grundlage für die amtliche Energiestatistik, soweit sie von den jeweiligen statistischen Ämtern der Länder und des Bundes durchgeführt wird . Diese Anordnung wurde jedoch vor der Liberali- sierung der Energiemärkte bestimmt, wodurch nun die enormen Veränderungen der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr angemessen erfasst werden . Speziell bei der Abbildung der Entwicklungen auf den Elektrizitäts- und Gasmärkten kommt es deshalb zu Problemen. So sind hier, nach dem EnStatG, gewisse statistische Einheiten beispielsweise auskunftspflichtig, die aufgrund von energiewirtschaftlichen Veränderungen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620686 (A) (C) (B) (D) heute nicht mehr existieren oder über die Unternehmen nicht mehr verfügen . Gleichzeitig ist das gegenwärtige Energiestatistikge- setz auch im Kontext der Energiewende veränderungs- bedürftig . So wurde zwar mit dem Monitoringprozess „Energie der Zukunft“ ein Werkzeug geschaffen, das sowohl den Fortschritt bei der Zielerreichung als auch bei der Umsetzung der Energiewende überprüft . Aller- dings bilden die Grundlage für diesen Monitoringbericht eben die Daten der Energiebilanz für Deutschland, wel- che sich wiederum auf die amtlichen Energiestatistiken, zusätzlichen Verbandsstatistiken und weitere Informati- onen stützt . Wir sind uns, glaube ich, an diesem Punkt einig, dass eine Novellierung des EnStatG deshalb geboten ist, da es dem Datenbedarf einer zeitgemäßen Energiepolitik heute nicht mehr gerecht wird . Der Entwurf, den uns die Bun- desregierung hierzu vorgelegt hat, ist darum zu begrüßen . So erfolgt jene Novellierung der gesetzlichen Grundlage sowohl durch eine Anpassung an die veränderten Markt- gegebenheiten als auch anhand einer Optimierung des notwendigen Bedarfs an Daten zur Erfüllung der natio- nalen und internationalen Berichtspflichten. Die Vorzüge der Novellierung des EnStatG liegen vor allem im hand- festen Bürokratieabbau . Zwar sind unter Beachtung der eingetretenen politi- schen und wirtschaftlichen Herausforderungen notwen- dige Ergänzungen vorzunehmen . Im Großen und Ganzen allerdings können einzelne Berichtspflichten und Erhe- bungselemente deutlich reduziert werden . Zum einen ge- lingt dies über die Nutzung von Verwaltungsdaten gemäß dem novellierten Bundesstatistikgesetz, zum anderen auch über die angestrebte Nutzung von bereits gewon- nenen energiestatistikrelevanten Daten . Dieser deutliche Bürokratieabbau und die daraus resultierende verbesser- te Energiestatistik erscheinen mir besonders deshalb so wichtig, da nicht zuletzt die Wirtschaft hiervon profitie- ren wird . Auf dieser Basis kann das Ziel, ein geeignetes Gleichgewicht zwischen den Belastungen der Wirtschaft und der Datenqualitätsverbesserung für Politik und Ge- sellschaft zu schaffen, mit dem vorliegenden Entwurf erreicht werden . Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen haben, um das EnStatG als Baustein der energiepolitischen Rah- menbedingungen in einem angebrachten Maß anzupas- sen . Johann Saathoff (SPD): In unserer heutigen De- batte geht es um Statistiken, genauer gesagt um den Regierungsentwurf eines Energiestatistikgesetzes . Das hört sich für die meisten von uns vielleicht zunächst eher trocken an, aber bei genauerer Betrachtung sind wir uns sicher alle schnell einig, welch große Bedeutung Statis- tiken zuteilwird, insbesondere auch im politischen Ent- scheidungsprozess . Das bisherige Energiestatistikgesetz ist 2003 in Kraft getreten . Es regelt, welche Daten auf den nationalen und internationalen Energiemärkten erhoben werden . Damit ist das Energiestatistikgesetz die Rechtsgrundlage für die Arbeit des Statistischen Bundesamtes und der korrespon- dierenden Landesämter . Bei mir in Ostfriesland würde man sagen „All wat gaud woord fangt lütschet an“ . Ganz grundsätzlich geht es bei Statistiken immer da- rum, eine systematische Verbindung zwischen Erfahrun- gen und der Theorie herzustellen . Um diese Verbindung herstellen und vor allem auch die richtigen Schlüsse aus ihr ziehen zu können, müssen allerdings Datengrundlage und Theorie auch zusammenpassen . Beim Energiesta- tistikgesetz ist dieser Grundsatz nun jedoch nicht mehr erfüllt . Das bisherige Gesetz wird dem aktuellen Daten- bedarf schlicht nicht mehr gerecht und wird deshalb nun auch folgerichtig novelliert . Im Jahr 2003 befand sich die Energiewende noch in ihren Kinderschuhen . Seitdem hat sich so einiges getan . Dazu kommen noch weitere energiepolitische Grundsatz- entscheidungen . Allein in dieser Legislaturperiode hat es zwei Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ge- geben . Dazu haben wir weiter Grundsatzentscheidungen auf den Weg gebracht, wie das Strommarktgesetz und das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, die wir verabschiedet haben . Es herrschen damit heute deutlich veränderte Rah- menbedingungen auf den Energiemärkten . Insbesondere auf den Elektrizitäts- und Gasmärkten können die aktu- ellen Entwicklungen anhand der alten Datengrundlage nicht abgebildet werden . Den beschriebenen Verände- rungen wird nun im Gesetzentwurf auf unterschiedliche Weisen begegnet, unter anderem durch die Ausdehnung bestimmter Erhebungspflichten oder die Erhöhung von Datenerhebungsintervallen . Die zusätzlich erhobenen Daten werden dann bei- spielsweise für den Monitoringbericht nach § 98 EEG verwendet . In diesem Bericht übermittelt die Bundesre- gierung dem Bundestag jährlich Informationen über das Voranschreiten der Energiewende, unter anderem über den Stand des Ausbaus der erneuerbaren Energien und den Stand der Direktvermarktung von Strom aus erneuer- baren Energien . Es geht also um die Erhebung von Daten, anhand derer überprüft werden kann, inwieweit die Ziele der Energiewende erreicht werden . Damit dienen die Da- ten gleichzeitig und unmittelbar auch als Grundlage für die zukünftigen gesetzgeberischen Entscheidungen . Es ist heute schon klar, dass in den nächsten Jahren weitere grundlegende Neuerungen und Entwicklungen im Energiesektor erfolgen werden . Eines der größten Projekte ist dabei sicherlich die Sektorkopplung. Wich- tig für die Novellierung des Energiestatistikgesetzes ist daher auch, dass wir die notwendige Datengrundlage für ein aussagekräftiges Monitoring in den Teilbereichen der Wärme- und Verkehrsstatistik ermöglichen . Dafür wol- len wir uns im weiteren Verfahren einsetzen . Damit hilft das Energiestatistikgesetz mit der notwen- digen Datenerhebung, den Weg der Energiewende so gut wie möglich zu gestalten . Ich freue mich auf eine kon- struktive Beratung im Ausschuss . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20687 (A) (C) (B) (D) Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Mit Zahlen wird Politik gemacht, auf ihrer Basis werden Entschei- dungen getroffen. Umso wichtiger ist, dass wir verläss- liche Zahlen haben, um die große Transformation im Energiebereich objektiv betrachten und schließlich auch bewerten zu können. Der Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ besteht aus den jährlich erscheinenden Monitoring-Berichten, alle drei Jahre erscheinenden Fortschrittsberichten zur Energiewende und aus jeweils hierzu veröffentlichten Stellungnahmen einer Experten- kommission, die die Berichte bewertet . Die nationale Energiestatistik bildet für dieses Monitoring die Daten- grundlage . Die heutige Novelle des Energiestatistikgesetzes ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, weil Energie- daten als Grundlage für die Beurteilung der Transfor- mation des Energiemarktes von Bedeutung sind und die Erhebung der aktuellen Entwicklung angepasst wird . Energiedaten sollten verlässlich und aktuell erhoben und veröffentlicht werden. Der Bundesrat hat gefordert, die Erhebung mit Daten der Mineralölwirtschaft zu ergän- zen, was wir unterstützen . Zudem schließen wir uns der Forderung aus der Länderkammer an, die Erhebung von Energiedaten auf die Bereiche Wärme und Verkehr aus- zudehnen . Hier müsste zunächst geprüft werden, welche Daten genau von Belang sind . Die Anforderungen an eine Energiewirtschaft der Zukunft, im Zuge der Sektor- kopplung Stromflüsse auch im Wärme- und im Verkehrs- sektor zu erfassen, ist einleuchtend und geboten, damit eine bessere Planung und Prognose in diesen übergrei- fenden Bereichen der Energiewende möglich ist . Die von der Bundesregierung bevorzugten Schätzmodelle sind kein adäquater Ersatz . In die Energiestatistik sollten im Übrigen auch Erhe- bungen einfließen, die Grundlage für den Netzausbau sind . Die Linke fordert seit Jahren die Netzbetreiber auf, die Parameter für ihre Berechnungsmodelle der Bun- desnetzagentur und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, damit die Grundlagen der Netzentwicklungsplä- ne transparent gemacht und überprüfbar werden . Dies ist eine Blackbox, denn die Übertragungsnetzbetreiber füh- ren an, dies seien Daten, die dem Betriebsgeheimnis un- terliegen . Damit sind aber die Berechnungen für den an- geblich erforderlichen Netzausbau nicht nachvollziehbar oder plausibel . Diese Datengrundlagen sind aber wichtig, um Einsparpotenziale beim Netzausbau zu ermitteln . Es handelt sich hier nicht um Daten, die von privater Sei- te zurückgehalten werden dürfen, denn das dürfen die Daten bei der Energieerzeugung schließlich auch nicht . Hier kann man sich auch nicht auf ein Betriebsgeheimnis berufen . Es wäre an der Zeit, dass bei einer Novelle des Ener- giestatistikgesetzes auch diese Daten für den Netzaus- bau Berücksichtigung finden. Denn aufgrund fehlender Transparenz im Bereich Netzausbau unterliegen die Übertragungsnetzbetreiber dem Verdacht, das Minimie- rungsgebot bei der Berechnung der Szenarien nicht aus- reichend einzuhalten . Der Gesetzgeber sollte hier endlich für die erforderliche Transparenz sorgen . Des Weiteren braucht es verlässliche Daten zu den tatsächlichen Kosten der Netzinfrastruktur . Immerhin handelt es sich bei den Netzentgelten um einen größeren Posten für die Stromkosten der Verbraucherinnen und Verbraucher als die immer wieder diskutierte EEG-Um- lage. Für die Entscheidungen im Politikbetrieb sowie für die Wahrung der Verbraucherrechte braucht es hier end- lich Datentransparenz . Zwar sind bestimmte Daten der knapp 900 Netzbetreiber bereits veröffentlichungspflich- tig, doch sollten diese auch an zentraler Stelle gesammelt und aufbereitet werden . Die Kosten der Verteilernetze und die Entwicklung der Kosten in den vergangenen Jahren sind nicht wirklich bekannt, obwohl es sich hier eigentlich um einen regulierten Bereich handelt . Bei der Transparenz der Netzdaten bzw ., welche regulierungsbe- zogenen Daten durch die Netzbetreiber und die Regulie- rungsbehörde zu veröffentlichen sind, könnten wir uns ein Beispiel an den Niederlanden oder Norwegen neh- men . Im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher sollte auch hierzulande endlich Transparenz hergestellt werden . Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Novellierung des Energiestatistikgesetzes von 2003 ist richtig . In den letzten 13 Jahren ist energiepolitisch viel passiert . Höchste Zeit also, die Datengrundlagen zu erneuern . Wir brauchen aussagekräftige Statistiken, um zu be- werten, ob energiepolitische Maßnahmen wirken oder nicht . Wir müssen messen, ob wir Energie tatsächlich effizienter produzieren und nutzen sowie ob wir weniger Treibhausgase verursachen . Nur, wenn wir darüber im Bilde sind, können wir ver- lässlich sagen, ob wir auf dem richtigen Weg sind, um die Klimaziele und die weiteren Ziele der Energiewende einzuhalten . Ende des Jahres steht ja auch immer der Monitoring- bericht der Bundesregierung zur Energiewende an – und die Evaluation der von ihr beauftragten Expertenkom- mission . Es ist richtig, dass wir uns in den letzten beiden Jahren jeweils Zeit im Ausschuss genommen haben, da- rüber zu beraten . Denn die Ergebnisse solch eines Monitorings müs- sen unser Maßstab sein, um zu entscheiden, ob wir die richtigen politischen Instrumente in der Energie- und Klimapolitik einsetzen . Diese Woche erst hat der World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur wie- der gezeigt: Der Weg hin zu einer Begrenzung der Erd- erwärmung auf 1,5 Grad erfordert eine ambitioniertere Politik. Wir werden unsere Anstrengungen weltweit er- heblich verstärken müssen, um die Paris-Ziele einzuhal- ten . Bis allerspätestens 2040 müssen wir weltweit weitge- hend auf Kohle verzichten; da ist es klug, wenn wir in Deutschland vorangehen . Die Internationale Energieagentur hält außerdem eine vollständige Elektrifizierung des Pkw- und leichten Güterverkehrs sowie eine vollständige Umstellung des Gebäudebestandes auf Nullemissionshäuser für erforder- lich . Um möglichst schnell bei der Treibhausgasredukti- on voranzukommen, müssen wir wissen, wo wir anset- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620688 (A) (C) (B) (D) zen sollten . Leider ist das oft nicht so klar . Besonders im Gebäudebereich fehlen uns gut aufbereitete Daten . Man könnte viel besser planen, wenn man ausreichend Statis- tiken zum Sanierungstand der Gebäude hätte, wenn man besser Bescheid wüsste, wie es um Heizanlagen bestellt ist und welche Anschlussmöglichkeiten es wo für erneu- erbar betriebene Nahwärmenetze gibt . Mit Ihrem Gesetzentwurf weiten Sie von der Bundes- regierung zwar die Statistiken über den Wärmemarkt ein Stück aus . Aber Sie könnten im Wärme- und Verkehrsbe- reich durchaus noch mehr tun . Das hat auch der Bundes- rat in seiner Stellungnahme angemerkt . Ich finde, wir sollten uns hier im Bundestag noch ein- mal genau anschauen, ob uns die Vorschläge der Länder beim Klimaschutz weiterbringen können . Das gilt auch für die Vorschläge zu den Mineralöldaten . Denn das ist immer noch der wichtigste Primärenergieträger in Deutschland . Wenn wir die Dekarbonisierung ernsthaft angehen wollen, muss der Mineralölverbrauch drastisch sinken . Dafür müssen wir übrigens auch endlich aufhö- ren, den Einbau von Ölheizungen durch Steuermittel zu fördern . Vor allem aber brauchen wir endlich auch eine Wende im Verkehrssektor . Wenn die Vorschläge der Länder dazu beitragen kön- nen, energiepolitische Maßnahmen wirkungsvoller zu evaluieren und dann besser gestalten zu können, sollten wir uns dem nicht verschließen . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vorberei- tung eines registergestützten Zensus einschließ- lich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2021 (Zensusvorbereitungsgesetz 2021 – ZensVorbG 2021) (Tagesordnungspunkt 28) Michael Frieser (CDU/CSU): In der vorweihnacht- lichen Zeit möchte ich zunächst daran erinnern, dass die frohe Botschaft damit begann, dass es sich aber zu der Zeit begab, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus aus- ging, dass alle Welt geschätzt würde . Die letzte Zählung, nicht der Welt, aber unseres Lan- des, fand in Form eines registergestützten Modells im Jahr 2011 statt . Nicht auf Geheiß des Kaisers, sondern nach EU-Vorgaben ist die Durchführung von Volks-, Ge- bäude- und Wohnungszählungen alle zehn Jahre vorge- sehen . Denn unsere Demokratie ist auf korrekte Daten ange- wiesen, damit wir die richtigen Entscheidungen treffen können. Politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entscheidungen, Planungen und Investitionen sind ohne verlässliche Daten zur Bevölkerung, zur Erwerbstätigkeit und zur Wohnsituation nicht möglich. Als Demografie- beauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion interes- sieren mich besonders die Auswirkungen des demogra- fischen Wandels auf unsere Bevölkerungsstruktur. Aus den Daten ergeben sich Antworten auf Fragen wie: „Wie viele Altersheime und Kindergärten brauchen wir?“, „Wo besteht Wohnungsmangel?“ oder „Wo müssen wir die Infrastruktur anpassen?“ . Im Hinblick auf die bevor- stehenden Wahlen ist es wichtig, regelmäßig zu prüfen, ob die Bundestagswahlkreise noch die vorgeschriebene Größe haben . Die Datenerhebung soll wie bereits beim Zensus 2011 durch ein registergestütztes Verfahren erfolgen . Wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, ist diese Methode im Vergleich zur traditionellen Vollerhebung kostengüns- tiger und für die Bevölkerung belastungsärmer . Das Ver- fahren für 2021 konnte durch die Ergebnisse von intensi- ven Evaluierungen des letzten Zensus optimiert werden . Es zeigte sich, dass Verwaltungsregister eine geeignete Grundlage für die Durchführung eines Zensus darstellen, jedoch einer gezielten Bereinigung und einer Ergänzung um nicht vorhandene Angaben bedürfen . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die rechtlichen Voraussetzungen für die notwendigen und umfangreichen Zensusvorbereitungen geschaffen. Eine vollständige Erfassung der Bevölkerung setzt die Er- mittlung aller existierenden Gebäude mit Wohnraum ein- schließlich aller bewohnten Unterkünfte voraus . Da für die Gebäude- und Wohnungszählung keine geeigneten Verwaltungsdaten zur Verfügung stehen, ist die Durch- führung einer direkten Befragung der Auskunftspflich- tigen notwendig . Um eine gute Qualität der Daten zu gewährleisten, ist zum Beispiel der frühzeitige Aufbau eines anschriftenbezogenen Registers notwendig, das die verschiedenen Teile der Erhebung steuert . Der Gesetzentwurf legt auch die im Register zu spei- chernden Inhalte fest und regelt die erforderlichen Daten- übermittlungen durch die relevanten Verwaltungsstellen . Des Weiteren regelt das Gesetz die Verantwortlichkeit des Statistischen Bundesamtes für die IT-Entwicklung und die IT-Infrastruktur in Zusammenarbeit mit dem Infor- mationstechnikzentrum Bund . Auch wenn der Bundesrat sich für eine dezentrale IT-Aufgabenwahrnehmung ein- gesetzt hat, ist die Beibehaltung einer zentralen IT-Struk- tur aus Datenschutz-, Effizienz- und Kostengründen vorzuziehen . Weitere Vorschläge des Bundesrates zur Vereinfachung des Verfahrens wurden aufgegriffen. Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich das Ziel des Gesetzentwurfes, die Grundlagen der Volkszählung 2021 als gemeinsames Bund-Länder-Großprojekt zu schaffen. Damit die umfangreichen organisatorischen und tech- nischen Vorbereitungen des Zensus 2021 rechtzeitig be- ginnen können, ist der vorliegenden Gesetzentwurf un- erlässlich . Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Heute beschäfti- gen wir uns in erster Lesung mit dem Gesetz zur Vor- bereitung des nächsten Zensus in 2021 . Auch für dieses Gesetz gilt, was ich in zurückliegenden Plenardebatten bereits mehrfach ausgeführt habe: Die Vorhaltung von Statistiken ist für einen modernen Staat unverzichtbar . Nur auf der Grundlage von guten Statistiken lässt sich gute Politik machen, die sowohl die gesellschaftlichen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20689 (A) (C) (B) (D) Entwicklungen als auch die Lebensumstände der Men- schen adäquat berücksichtigt . Für den Zensus kommt noch eine finanzielle Dimen- sion hinzu, denn dieser überprüft die tatsächliche Anzahl an Bürgern in den Kommunen zu einem bestimmten Stichtag . Hier geht es nämlich nicht nur um die Frage, wie sich die Mobilität der Bürger auf die Struktur unse- res Staates auswirkt . Für die Kommunen entscheidet die Zahl der dort lebenden Bürger über die Höhe der Finanz- zuweisungen, die sie etwa von den Ländern erhalten . Man sieht: Beim Zensus geht es auch ums Geld . Die Bundesregierung will nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Durchführung des nächsten Zensus in 2021 vorbereiten. Aus meiner Sicht finden sich in dem Entwurf eine Reihe von vernünftigen Ansätzen, um die Durchführung effizienter und effektiver zu gestalten. So soll bei diesem Zensus der Betrieb der IT beim Statistischen Bundesamt gebündelt werden, um aufge- tretenen Synergieverlusten bei der vormals erforderli- chen Koordinierung zwischen mehreren Rechenzentren entgegenzutreten . Weiterhin soll auf die Abfrage von Daten der Bundesagentur für Arbeit verzichtet werden, denn hier hat der Nutzen die entstandenen Kosten nicht rechtfertigen können. Daneben finden sich noch weite- re Änderungen und Vorbereitungen technischer Art, die ich an dieser Stelle nicht im Detail wiedergeben möchte . Gegebenenfalls werden wir uns nun im weiteren Gesetz- gebungsverfahren und in der Beratung im Ausschuss mit weiteren Einzelheiten beschäftigen . Insgesamt meine ich jedoch, dass die Bundesregierung hier einen ordentlichen Gesetzentwurf zur Vorbereitung des nächsten Zensus vorgelegt hat . Trotzdem möchte ich mir an dieser Stelle den Hinweis erlauben, dass man aus meiner Sicht einmal grundsätz- lich über die Konzeption des Zensus nachdenken sollte . Damit möchte ich auch einen Vorschlag des Normenkon- trollrates aufgreifen, der sich in der Stellungnahme zum Gesetzentwurf findet. Wir müssen unbedingt über die Einrichtung eines bundesweiten Zentralregisters nach- denken . Es kann nicht der Anspruch einer modernen und auf digitale Weiterentwicklung bedachten Verwaltung sein, die Melderegister der einzelnen Kommunen zu- sammenzuziehen und anschließend mit Stichproben und statistischen Anpassungen zu bereinigen . Angesichts der technischen Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung stehen, steht der dabei zu betreibende Aufwand außer Verhältnis . Wenn man dies darüber hinaus mit einer entsprechen- den Erfassung von Wohnungs- und Gebäudeinforma- tionen kombiniert, dann würden wir nicht nur ein sehr aktuelles und ständig bereinigtes Register der Bürger in Deutschland erhalten . Ich bin mir sicher: Die Nutzungs- möglichkeiten von solchen statistischen Daten würden sehr schnell die Kosten einer Umstellung wettmachen . Dass dies funktionieren kann, haben uns wieder ein- mal Österreich und die Schweiz vorgemacht . Dort wur- den solche Nationalregister mit relativ wenig Aufwand und mit hohen Datenschutzstandards versehen umge- setzt . Ich meine, dass auch wir uns in Deutschland einen solchen Schritt überlegen sollten . Ansonsten werden wir auch 2021 einen Zensus erleben, bei dem eine Vielzahl an einzelnen Datensätzen aus allen Kommunen Deutsch- lands mit aufwendigen Überprüfungen und Stichproben für die Statistik nutzbar gemacht werden müssen . Nun wünsche ich uns jedoch erst einmal eine kon- struktive Befassung mit dem vorliegenden Gesetzent- wurf . Matthias Schmidt (Berlin) (SPD): Fragt man heute junge Leute, ob sie schon mal etwas von einem „Zensus“ gehört haben, erntet man mitunter fragende Blicke . Im Zeitalter der Digitalisierung erscheint der Begriff ei- nes „registergestützten Zensus“ unmodern und staubig . Doch dieser Eindruck ist nicht richtig . Das Statistische Bundesamt bedient sich lange erprobter und weiterent- wickelter moderner Verfahren, und das möchte ich heute darstellen . Worüber sprechen wir heute? Wir sprechen über eine Erhebung, die in Deutsch- land gemeinhin unter dem Begriff der „Volkszählung“ bekannt ist . 2011 fand diese Volkszählung unter dem Namen „Zensus 2011“ erstmals gemeinsam in allen EU-Mitgliedstaaten statt . Stichtag war der Europatag am 9 . Mai 2011 . Deutschland war hierzu europarechtlich verpflichtet. Vorausgegangen war diesem „Zensus 2011“ ein Vorbereitungsgesetz, ähnlich, wie es uns heute vor- liegt. Was hier geregelt wird, betrifft vor allen Dingen das methodische und zeitliche Verfahren . Wichtig ist, dass das Verfahren, anders als die ganz frühen Volkszählungen „registergestützt“ stattfindet. Das heißt, die Menschen werden nicht mehr nur an der Haus- tür befragt, sondern es wird auf bereits vorhandene Daten zurückgegriffen. Die befinden sich in Registern verschie- dener Behörden, so zum Beispiel der Meldeämter . Das belastet die Bürgerinnen und Bürger in einem weitaus ge- ringeren Umfang . Direkte Haushaltsbefragungen werden nur noch stichprobenartig und ergänzend vorgenommen . So war es 2011, und so soll auch 2021 verfahren werden . Der Zensus gliedert sich grob gesprochen in eine Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung . Bei der Gebäude- und Wohnungszählung kann dabei jedoch nicht auf Verwal- tungsdaten zurückgegriffen werden, womit hier direkte Befragungen wie auch 2011 notwendig sein werden . Ge- genüber 2011 soll es 2021 jedoch einige Verfahrensver- besserungen geben, die wir heute in erster Lesung mit dem vorliegenden Vorbereitungsgesetz anberaten . „So früh?“, mag man sich da fragen . Doch dafür gibt es gewichtige Gründe: Einen Zensus vorzubereiten, nimmt viel Zeit in An- spruch . Es müssen die technischen und organisatorischen Vorbereitungen getroffen werden, um einen reibungs- losen Ablauf zu sichern . Die methodische Vorbereitung und die Koordination liegen dabei nun in den Händen des Statistischen Bundesamtes, wo bereits jetzt die Vor- bereitungen für den Zensus 2021 laufen . Insbesondere der IT-Betrieb und die IT-Entwicklung liegen im Verant- wortungsbereich der dort vorhandenen Experten . Um ein gutes Ergebnis beim Zensus zu erreichen, muss die gesamte Bevölkerung erfasst sein. Ein flächen- deckendes Verzeichnis von Wohnräumen ist jedoch bis- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620690 (A) (C) (B) (D) lang nicht vorhanden . Das Anschriftenregister nach dem Bundesstatistikgesetz kann eine Datengrundlage für die Vorbereitung und Durchführung des Zensus 2021 bilden . Doch das reicht nicht . Die hier vorhandenen Angaben sind weder aktuell noch vollzählig . Daher muss zur Vorberei- tung des Zensus ein neuer, aktueller und vollständiger Anschriftenbestand aus weiteren Quellen zusammenge- tragen und aufgebaut werden . Hier soll ein Steuerungs- register ins Leben gerufen werden, das vom Statistischen Bundesamt erstellt und geführt wird . Die Länder werden bei dem Aufbau und der Pflege des Registers beteiligt. So müssen die Meldebehörden der Länder unter anderem die Daten des Melderegisters an das Hauptregister beim Statistischen Bundesamt liefern . Dieses Steuerungsre- gister besteht aus mehreren Teilen . Zum einen aus den Anschriften aller einzubeziehender Gebäude mit Wohn- raum und aller bewohnten Unterkünfte . Hierzu gehören auch geografische Koordinaten und sogenannte „geo- referenzierte Adressdaten“, die eine kleinräumige Aus- wertung der Daten möglich machen . Die Daten hierfür liefern Vermessungsbehörden, wie das Bundesamt für Kartografie und Geodäsie. Hinzu kommen Steuerungs- und Klassifizierungsmerkmale, worunter unter anderem Stichprobenkennzeichen, gebäude- und wohnungsbezo- gen Angaben sowie Sonderbereichskennzeichen zählen . Zu den Sonderbereichen gehören zum Beispiel Justiz- vollzugsanstalten . Hier kommen besondere Verfahren zum Zuge, da sie sich von „normalen“ Wohngebäuden unterscheiden . So kann nachvollzogen werden, dass in Justizvollzugsanstalten die Fluktuation der Menschen, die hier vorübergehend wohnen, hoch ist . Daher werden die Erhebungen hier über die Einrichtungsleitungen voll- zogen . Die statistischen Landesämter und das Statistische Bundesamt arbeiten bei der Erstellung des Zentralregis- ters somit eng zusammen, wobei die Hoheit des Verfah- rens beim Statistischen Bundesamt konzentriert ist . Das betrifft den IT-Betrieb und IT-Entwicklung und auch die Datenverwaltung für das Steuerungsregister . Damit ver- bunden ist Konfliktstoff, zu dem sich die Länder und der Normenkontrollrat auch bereits geäußert haben . Es herrscht zu dem heute vorliegenden Gesetzesvor- haben somit noch Bedarf zu eingehender Beratung . Die- se Zeit wollen wir uns nehmen und werden den Gesetz- entwurf, wie es üblich ist, in verschiedene Ausschüsse überweisen . Hier werden wir uns mit der Kritik der Län- der und den Anregungen des Normenkontrollrats ausei- nandersetzen . Ich freue mich auf die Beratung mit Ihnen zu diesem wichtigen Thema . Jan Korte (DIE LINKE): Heute behandeln wir mit dem Zensusvorbereitungsgesetz 2021 ein Gesetzesvor- haben der Bundesregierung von einiger Tragweite . Denn etwa 10 Prozent aller in Deutschland ansässigen Perso- nen sollen im Rahmen des Zensus 2021 zur Beantwor- tung umfangreicher Fragebögen gezwungen werden . Bei Nichtbefolgung werden die Behörden, wie beim letzten Zensus 2011, mit Buß- und Zwangsgeldern von 300 bis zu 5000 Euro drohen . Darüber hinaus werden zahlreiche sensible persönliche Daten aus diversen an- deren Datensammlungen ohne die Einwilligung oder Be- nachrichtigung der Betroffenen zusammengeführt. Auch für 2021 – und dann alle zehn Jahre erneut – schreibt die EU-Richtlinie 763/2008 vor, umfassende Daten über die Bevölkerung und Wohnsituation vorzule- gen . Es war noch die vorangegangene Große Koalition, die mit ihrem Zensusgesetz 2009 allerdings weit über diese europäische Vorgabe hinausging und ähnlich wie beim Vorratsdatenspeicherungsgesetz die Gelegenheit nutzte, um möglichst viele Daten der Bürgerinnen und Bürger zu sammeln und zu speichern . Die beiden Säulen des Zensus – Registerzusammen- führung und „Stichproben“-Erhebung von immerhin 10 Prozent der Bevölkerung – bilden mit den Daten der 18 Millionen Wohnungs- und Hauseigentümer und der Erfassung der Bewohner sensibler Sonderbereiche (Justizvollzugsanstalten, psychiatrische Einrichtungen, Krankenhäuser, Behindertenwohnheime und Notunter- künfte für Wohnungslose, aber auch Kasernen und Stu- dentenwohnheime) die Informations- oder Datenbasis des Projekts, die zentral gespeichert wird. Schon beim letzten Zensus vor fünf Jahren kritisierte meine Fraktion eine derart teure und aufwendige Volks- zählung, die angesichts ausreichender Daten bei den Meldeämtern heutzutage nicht nötig ist . Immerhin kalku- lieren Sie diesmal bereits zu Beginn mit circa 331,7 Mil- lionen Euro . Beim letzten Mal gingen Sie im Gesetz- entwurf zum ZensVorbG 2011 vom 30 . Mai 2007 mit 176 Millionen Euro nur von knapp der Hälfte aus . Am Ende kostete der Zensus 2011 nach Ihren Angaben dann allerdings insgesamt 667,4 Millionen Euro . Entweder sind Sie jetzt ein wenig vorsichtiger mit Ihren Prognosen geworden, oder wir müssen, wenn man den „normalen“ Fehlerquotienten Ihrer Berechnungen zugrunde legt, mit Gesamtkosten von 1,26 Milliarden Euro rechnen . Das erscheint mir dann doch selbst für Ihre Verhältnis- se und angesichts der Einsparungen in vielen wichtigen Bereichen sowie des völlig zweifelhaften Nutzens der Volkszählung reichlich übertrieben und verantwortungs- los zu sein. Denn dass die Planungssicherheit, mit der Sie ja argumentieren, nach dem Zensus mitnichten so gut sein wird wie angenommen, zeigen doch in aller Deut- lichkeit die zahlreichen anhängigen Verfassungsklagen von rund 350 Kommunen sowie den Ländern Berlin und Hamburg aufgrund gravierender Mängel beim damals zugrundeliegenden Anschriftenregister und der verwen- deten Software . Die noch immer vor dem Bundesverfas- sungsgericht anhängigen Klagen sind übrigens „schuld“ daran, dass die Löschung fast aller, hochsensibler und personenbezogener Datensätze aus dem Zensus 2011 noch immer nicht erfolgt ist, obwohl sie laut ZensG 2011 eigentlich schon vor Jahren hätte erfolgen müssen . Vielleicht haben Sie ja wie ich den sehr aufschlussrei- chen Artikel „Wo die Karteileichen wohnen” auf Spie- gel Online vom 11 . Oktober 2016 lesen können . Wenn nicht, empfehle ich Ihnen das ganz dringend . Denn die Recherchen der Journalisten ergeben nicht nur ein ziem- lich gutes Bild von etlichen der Probleme und Mängel des letzten Zensus; sie zeigen auch, dass die aufgetre- tenen Verzerrungen kein Einzelfall waren, sondern quer Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20691 (A) (C) (B) (D) durch die Republik auftraten und so stark waren, dass die Zensusergebnisse nicht taugten, um auf ihrer Basis bis zum nächsten Zensus 2021 jährlich die Bevölkerungs- zahlen fortzuschreiben . Inzwischen habe deshalb das Sta- tistische Bundesamt unter anderem die Altersverteilung des Zensus komplett neuberechnet . Um ein ausgewoge- nes Geschlechterverhältnis hinzubekommen, benutzte es dazu die Zahlen aus den kommunalen Melderegistern . Es korrigierte den Zensus also mit genau den Daten, die angeblich so schlecht sind, dass sie eigentlich durch den Zensus korrigiert werden mussten . Das versteht doch kein Mensch . Ich finde es jedenfalls schon ziemlich erstaunlich, dass Sie nun meinen, ein tragfähiges und sicheres Konzept für den Zensus 2021 zu haben, obwohl es bis heute keine Evaluation des Zensus 2011 gegeben hat . Leider be- schleicht mich der Verdacht, dass hier wieder einmal et- was eiligst durchgezogen werden soll, ohne ausreichend durchdacht worden zu sein . Diese und etliche andere der genannten Fragen wollen wir im nun folgenden Gesetzgebungsverfahren geklärt wissen . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das Wissen darüber, wohin sich unsere Gesell- schaft entwickelt, auf solide empirische Daten zu stützen, ist ein Grundpfeiler eines rational agierenden demokrati- schen Staatswesens . Wir haben es nun alle drei Monate, zuletzt im Verfahren um den Mikrozensus, vorgetragen: Gegen die Arbeit der Statistikbehörden ist im Ansatz nichts einzuwenden . Ihre Arbeit ist vielmehr bedeutsam, grundlegend und verdienstvoll für die Unterstützung al- ler an Entscheidungsprozessen beteiligten öffentlichen Stellen . Auch der Bundestag verlässt sich auf dieses Wis- sen, um rationale gesetzgeberische Entscheidungen zu treffen. Worüber wir aber in einer konstruktiven Auseinander- setzung bleiben sollten, dazu halten uns das Grundgesetz und seine umfänglichen Vorgaben zum Schutz der Privat- heit der Bürgerinnen und Bürger an, das sind die Mittel und Wege, mit denen wir an die Informationen und Daten herankommen . Unsere Bedenken wegen des Kontextes der ständigen Ausweitung des Mikrozensus hatten wir bereits mehr- fach zum Ausdruck gebracht . Dieser wurde allerdings stets auch damit legitimiert, dass er die häufige Wieder- kehr großer Volkszählungen womöglich ersparen kön- ne . Das ist ersichtlich nicht mehr der Fall . Nach dem Zensus 2011 arbeiten wir nun bereits am Zensus 2021, ein Rhythmus von zehn Jahren scheint Usus zu werden . Gerade die Debatte um den Zensus 2011 hat gezeigt: Nicht mehr das Ob-überhaupt, wie zu Zeiten der Volks- zählung, sondern Umfang und Details der Ausführung führen zu Kontroversen . Das ist weiterhin alles andere als selbstverständlich, wenn die gesamte Bevölkerung durch staatliche Stellen flächendeckend erfasst und ka- talogisiert wird . Es kann auch in Zukunft nur funktio- nieren, wenn das amtliche Statistikwesen weiterhin ein so hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießt wie das unsrige . Interessanterweise waren es dann letztlich nicht Da- tenschutzfragen, sondern die politische Auseinanderset- zung über die Auszählungsergebnisse kommunaler Ein- wohnerzahlen, die zum großen Streit führte . Angelastet wird dieser damalige, freilich auch fiskalischen Interes- sen geschuldete Konflikt der komplexen Zusammenar- beit zwischen Landesstatistikbehörden und Bund . Die Bundesregierung reagiert nun mit einer wesent- lichen Zentralisierung der IT-Verfahren beim Bund . Zentrale Datenhaltungen sollen die bisherigen Koordi- nierungsprobleme von vornherein ausschließen . Dieser Schritt scheint die neue Linie der Bundesregierung zu sein, die sich auch in der geplanten Grundgesetzände- rung zur Absicherung eines Datenportals des Bundes und der Länder abzeichnet . Ob es sich hier um einen sachgerechten Schritt in der Weiterentwicklung des E-Government handelt, können wir hier nur andiskutieren . Um es gleich vorneweg zu sagen: Es lassen sich gute Argumente sowohl für die eine als auch die andere Seite finden. Uns ist es wichtig, zu betonen, dass über die Fragen der verfassungsmäßigen Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Län- dern hinaus auch in der Verfassungsrechtsprechung ge- wichtige Gründe gegen zentralisierte Datenbestände zu finden sind, wenn diese personenbeziehbare Daten bein- halten . Dazu etwa hat das Bundesverfassungsgericht der da- maligen Bundesregierung im Vorratsdatenspeicherungs- urteil ins Stammbuch geschrieben, dass lediglich die dezentrale Vorhaltung der gehorteten Vorratsdaten bei den privaten Betreibern verhindere, dass das zugrunde liegende Gesetz bereits an mangelnder Datensicherheit scheitere . Zu groß sind die Risiken des Gehacktwerdens im Zeitalter des ständigen, online längst tobenden digi- talen Krieges, welches wir wohl bereits betreten haben . Aus den Anfängen der Datenschutzbewegung kennen wir den von Professor Simitis geprägten Begriff der informa- tionellen Gewaltenteilung, der auch aus grundlegenden überindividuellen Risikoerwägungen unter anderem de- mokratiepolitischer Art von zentralen Datenbeständen abgeraten hat . Andererseits kennen wir die Argumente der Befür- worter zentraler Datenhaltungen, wonach die Sicherung hoher Datensicherheitsstandards oftmals in zentralisier- ten Umfeldern besser, weil einheitlicher und effizienter gewährleistet werden kann . Zudem drohten im Kontext von Projekten, bei denen es gerade auf die ständige Über- mittlung großer Datenmengen ankommt, Risiken des Missbrauchs auf der Strecke, also bei der Übermittlung . Der Deutsche Bundestag muss zu all diesen Fragen noch zwingend ein angemessenes geeignetes Verfahren der sachverständigen Befassung finden. Wir begrüßen, dass einige der von den Ländern mit Blick auf die Datenqualität angeregten Erweiterungen der Datenerhebungen, insbesondere beim Merkmalsum- fang auf Klarnamen und deren Speicherung für mehrere Jahre, als auch die Anregungen zum Verstoß gegen das sogenannte Rückspieleverbot, wenn auch aus teils ande- ren Motiven als den unsrigen, von der Bundesregierung zurückgewiesen werden . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620692 (A) (C) (B) (D) Darüber hinausgehend zweifeln wir an der Notwen- digkeit der vorgesehenen Begehungen im Rahmen der Gebäuderegisterstatistik und halten diese im Übrigen für ebenso verfahrensfremd wie andere mit dieser Begrün- dung von der Bundesregierung abgelehnte Vorschläge . Zusammenfassend mahnen wir die Große Koalition an dieser Stelle noch einmal zur zwingend gebotenen Sorgfalt. Als Parlament werden wir uns sehr eingehend mit diesem und anderen anstehenden IT-Großvorhaben beschäftigen müssen . Das regen wir hiermit noch einmal an . Die Erfahrungen bei beinahe allen IT-Vorhaben, die unter den letzten Regierungen auf die Schiene gesetzt wurden, sollten uns mahnen, diesmal mehr Sorgfalt an den Tag zu legen, damit die Verhältnismäßigkeit ge- wahrt, höchste Sicherheitsstandards implementiert und Vertrauen als Grundvoraussetzung entstehen kann . Das würde ich mir wünschen, und das sollte unser aller – ge- meinsames – Ziel sein . Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Än- derung des Sprengstoffgesetzes (Tagesordnungs- punkt 29) Oswin Veith (CDU/CSU): Zu dieser späten Stunde sprengen wir mal die Debatte mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes in Deutschland. Insbesondere in den Tagen um Silvester spielt das heute besprochene Gesetz in der Praxis eine große Rolle. Denn wer, wann und wo Feuerwerkskörper oder – um- gangssprachlich Silvesterböller – verkaufen darf und wie diese Feuerwerkskörper beschaffen sein müssen, regeln das Sprengstoffgesetz und die dazugehörige Verordnung. Diese Regelungen sind sinnvoll und wichtig, denn sie tragen zur Sicherheit der Anwender bei . Bei Feuerwerkskörpern handelt es sich dem Gesetz nach um pyrotechnische Gegenstände und Stoffe. Dass von diesen erhebliche Gefahren ausgehen können, sehen wir jedes Jahr wieder, wenn die Notaufnahmen zahlrei- che Verletzungen aufgrund unsachgemäßen Umgangs mit Silvesterböllern zu verzeichnen haben . Als langjäh- riger Krankenhausdezernent meines Wahlkreises kenne ich die vollen Notaufnahmen aus unseren fünf Kliniken von meinen jährlichen Neujahrsbesuchen nur zu gut . Bundesweite Statistiken über Böllerverletzungen an Sil- vester gibt es leider nicht . Aber eine durchschnittliche Silvesternacht in einem Großstadt-Krankenhaus kann man sich ungefähr so vorstellen: 60 Verletzungen, bei denen es sich um abgetrennte Finger oder Fingerglieder handelt, und fünf bis zehn schwere Verletzungen, wie zum Beispiel eine zerstörte Hand . Die Silvesternacht ist die Hochsaison für Handchirurgen . Dabei birgt nicht nur der unsachgemäße Umgang mit so genannten China-Böllern, an denen vor allem Jugend- liche in der Silvesternacht ihre Freude haben, Gefahren . Regelmäßig kommt es auch zu Verbrennungen und Ver- letzungen, weil illegale oder selbstgebaute Silvesterböl- ler abgebrannt werden . Bei illegalen Feuerwerkskörpern handelt es sich in der Regel um Feuerwerkskörper, die mehr Sprengstoff enthalten, als erlaubt ist oder in de- nen Blitzknallsprengstoff verwendet wurde, der stärker reagiert und in Deutschland verboten ist . Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn die Zusammensetzung des Sprengstoffes nicht offiziell überprüft wurde. Automatisch denkt jeder beim Thema illegale Feuer- werkskörper an Pyrotechnik aus Osteuropa – aber auch die Feuerwerkskörper aus der Schweiz, Österreich oder Italien haben eine erhebliche Sprengwirkung und sind bei uns ohne Zertifizierung nicht genehmigt. In vielen europäischen Ländern ist die Einfuhr von il- legalen Feuerwerkskörpern ein Problem. Der Schmuggel von Silvesterböllern greift jedes Jahr kurz vor dem Jah- reswechsel um sich, und alle Länder sind betroffen. Um den Schutz vor illegalen Feuerwerkskörpern zu er- höhen und auch den legalen Verkauf von Feuerwerkskör- pern sicherer zu gestalten, müssen wir das Sprengstoff- gesetz an europarechtliche Vorgaben anpassen . Natürlich ist das Schutzniveau in Deutschland, wenn es um Explo- sionsstoffe und alle damit in Verbindung stehenden ande- ren Stoffe geht, bereits jetzt sehr hoch. Dennoch müssen wir unsere Gesetze regelmäßig anpassen, um das Schutz- niveau zu halten . Kern des vorliegenden Gesetzentwurfes ist eine Neu- fassung des Sprengstoffrechts. Wie auch schon in den vor- herigen Gesetzesänderungen passen wir unser nationales Recht an neuere europäische gesetzliche Vorgaben den EU-Richtlinien an . Nachdem die Richtlinie 2007/23/ EG über das Inverkehrbringen pyrotechnischer Gegenstände durch die Richtlinie 2013/29/EU zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände abgelöst worden ist, müssen wir nun die Bestimmungen unseres nationalen Rechts zur Konformitätsbewertung sowie zur Marktüberwachung neu fassen und konkretisieren . Zur unionsrechtlichen Harmonisierung der Bestimmungen im Bereich des Sprengstoffrechtes zählt dabei unter an- derem auch die Errichtung eines Systems zur Rückver- folgbarkeit von pyrotechnischen Gegenständen . Weiterhin setzen wir die Durchführungsrichtli- nie 2014/58/EU über die Errichtung eines Systems zur Rückverfolgbarkeit von pyrotechnischen Gegenständen um . Im Zuge dessen führen wir eine Registrierungs- nummer für pyrotechnische Gegenstände ein . Mit der Registrierungsnummer wird sichergestellt und für jeden kenntlich gemacht, dass der pyrotechnische Gegenstand überprüft wurde . Er gilt damit und bei korrekter Anwen- dung als unbedenklich . Für Hersteller, deren Bevollmächtigte, Importeure und Händler, ordnen wir bislang bestehende Pflichten im Rahmen der Produktverantwortung eindeutig zu. Vorteil dieser eindeutigen Zuordnung ist ein höheres Maß an Rechtssicherheit, denn jeder Akteur kann jetzt detailliert an einer Stelle erkennen, welche Pflichten er im Zusam- menhang mit der Bereitstellung von Explosionsstoffen und pyrotechnischen Gegenständen am Markt hat . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20693 (A) (C) (B) (D) Diese Maßnahmen führen zu einem verbesserten Ver- braucherschutz innerhalb Europas und Deutschlands . Neben den Anpassungen im Sprengstoffgesetz be- reinigen wir die dazugehörige Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz. Über Jahrzehnte hinweg haben sich Regelungen zu Freistellungen von gesetzlichen Anfor- derungen oder zusätzlichen Bestimmungen zum Um- gang mit explosionsgefährlichen Stoffen entwickelt und bewährt . Waren diese Regelungen bislang in der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz geregelt, führen wir diese nun ins Sprengstoffgesetz über. Mit all diesen Neuerungen vollziehen wir einen wei- teren Schritt zu einem immer stärker europarechtlich beeinflussten Sprengstoffgesetz. Da der europäischen Markt in Bezug auf Feuerwerkskörper stark verwoben ist, ist dies auch richtig und wichtig . Ich werbe daher auch wegen des zu erwartenden Si- cherheitsgewinns für eine breite Zustimmung zum Ge- setzentwurf . Gabriele Fograscher (SPD): Das Gesetz über ex- plosionsgefährliche Stoffe, kurz Sprengstoffgesetz, re- gelt den Umgang, den Verkehr und die Einfuhr von und mit explosionsgefährlichen Stoffen. Im Jahr 2009 haben wir mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes umfangreiche Ände- rungen am Sprengstoffrecht vorgenommen. Das Gesetz diente damals dazu, die Richtlinie 2007/23/EG des Eu- ropäischen Parlaments und des Rates vom Mai 2007 über das Inverkehrbringen pyrotechnischer Gegenstän- de und die Richtlinie 2008/43/EG der Kommission vom April 2008 zur Kennzeichnung und Nachverfolgung von Explosivstoffen für zivile Zwecke gemäß der Richtli- nie 93/15/EWG umzusetzen . Inzwischen liegt die Richtlinie 2013/29/EU des Eu- ropäischen Parlaments und des Rates vom Juni 2013 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitglied- staaten über die Bereitstellung pyrotechnischer Gegen- stände auf dem Markt vor . Diese löst die Richtlinie von 2007 ab . Ebenso ersetzt die neue Richtlinie 2014/28/EU die Richtlinie 93/15/EWG . Diese regelt die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Be- reitstellung auf dem Markt und Kontrolle von Explosiv- stoffen für zivile Zwecke neu. Die Umsetzung der beiden neuen Richtlinien vollzie- hen wir mit diesem Gesetz . Zusätzlich wird die Durchführungsrichtlinie 2014/58/ EU vom April 2014 über die Errichtung eines Systems zur Rückverfolgbarkeit von pyrotechnischen Gegenstän- den in das Gesetz integriert . Mit der Durchführungsricht- linie werden eine Registrierungsnummer für pyrotechni- sche Gegenstände und das Führen eines Verzeichnisses durch den Hersteller eingeführt . Damit kann künftig je- der Wirtschaftsakteur genau erkennen, welche Pflichten er bei der Bereitstellung von Explosivstoffen und pyro- technischen Gegenständen im Binnenmarkt hat . Zusätzlich werden weitere Anpassungen vorgenom- men, so zum Beispiel die Aktualisierung der Rechts- grundlage für die Arbeit von im Rahmen der Konformi- tätsbewertungen tätigen benannten Stellen . Zudem werden viele Regelungen, die in der ers- ten Sprengstoffverordnung getroffen wurden, in das Sprengstoffgesetz überführt. Diese Maßnahmen sind zum einen zwingend umzu- setzen. Hinzu kommt, dass das Sprengstoffrecht immer mehr durch europäische Regelungen beeinflusst wird und eine Neuordnung der Vorschriften sinnvoll erscheint . In der Polizeilichen Kriminalstatistik werden Strafta- ten gegen das Sprengstoffgesetz aufgeführt. Auch wenn die Zahl von 2014 zu 2015 leicht zurückgegangen ist, so liegt sie immer noch weit über 5 000 . Leider sind darunter nicht nur Bagatelltaten . Erwäh- nen möchte ich hier nur die Sprengstoffanschläge in Dresden in diesem Jahr vor der Einheitsfeier und zahl- reiche Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberheime in Deutschland . Deshalb halte ich es für absolut richtig, dass es in die- sem Bereich eine weitere Harmonisierung innerhalb des europäischen Binnenmarktes gibt . Besonders begrüße ich, dass mit diesem Gesetz ein System zur Rückverfolgbarkeit von pyrotechnischen Ge- genständen umgesetzt werden soll, mit der eine Regis- trierungsnummer für pyrotechnische Gegenstände einge- führt wird . Es bleibt zu hoffen, dass es potenziellen Attentätern so erschwert wird, an explosive und pyrotechnische Gegen- stände zu kommen, um erheblichen Schaden anzurichten oder Menschen zu verletzten oder gar zu töten . Martina Renner (DIE LINKE): Um auch in Sachen Pyrotechnik, Feuerwerk und Sprengstoffen den euro- päischen Binnenmarkt zu verwirklichen, existieren eu- ropäische Richtlinien unter anderem über den Verkauf von Pyrotechnik, über die Harmonisierung der Rechts- vorschriften zum Umgang mit Sprengstoffen oder zur Einführung einer Registrierungsnummer für Pyrotech- nik . All diese Richtlinien sind schon 2014 überarbeitet worden, sodass ihre Umsetzung in nationales Recht über- fällig war . Begrüßenswert ist, dass die Bundesregierung nicht nur endlich diese Harmonisierung auf den Weg bringt, sondern zugleich durch die Übernahme von Rege- lungen aus der bisher geltenden Sprengstoffverordnung herauslöst und in das Gesetz selbst einfließen lässt. Aus rechtspolitischer Sicht ist insbesondere die zen- trale Zusammenführung aller relevanten Regelungen zu Explosivstoffen im Sprengstoffgesetz zu begrü- ßen . Insbesondere die Übernahmen aus der bisherigen Sprengstoffverordnung sind ein Gebot der Klarheit. Ob damit aber der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfas- sungsgerichts genüge getan wird, also alle wesentlichen Regelungen gesetzgeberisch zu verfügen und nicht auf den Verordnungsweg zu delegieren, oder ob man hier über das Ziel hinausgeschossen ist, sollen die Juristen bewerten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620694 (A) (C) (B) (D) Denn es stellt sich schon die Frage, ob es wirklich nötig ist, jedes einzelne Institut, das zum Umgang mit bestimmten Explosivstoffen befugt ist, im Gesetz zu nor- mieren . Änderungen bei der Aufgabenzuweisung müssen so auf dem langwierigen Weg der Gesetzesänderung ge- löst werden . Doch sei es drum: Solche gesetzgeberische Akribie, die ausnahmsweise einmal nicht von verfas- sungsgerichtlicher Rechtsprechung getrieben ist, würden wir uns vom Bundesministerium des Innern öfter und nicht nur in diesem wichtigen, nur scheinbar nebensäch- lichen Bereich wünschen . Kritikwürdig sind aus Sicht der Fraktion Die Linke die Verschärfungen der strafrechtlichen Nebenbestim- mungen . Bislang schon ist das Abbrennen von „illega- lem“, also nicht zugelassenem Feuerwerk eine Straftat . Das unerlaubte Abbrennen von „legalem“ Feuerwerk galt hingegen nur als Ordnungswidrigkeit . Da nun einige Feuerwerksstoffe aus dem militärischen Bereich, die eine ähnliche Wirkung wie Sprengstoff haben, unter die lega- len Explosivstoffe fallen, soll nun beides gleich als Straf- tat behandelt werden . Das leuchtet wegen der militärisch genutzten Pyrotechnik und den Großfeuerwerken auch ein, dass da nicht eigentlich Gleiches entweder ernsthaft bestraft bzw . nur mit einem Bußgeld belegt wird . Dennoch drängt sich die Frage auf, ob hier nicht doch eine genauere Differenzierung angezeigt ist, statt dass nun Dinge strafwürdig werden, die eben doch noch eher als Ordnungswidrigkeit zu bewerten sind . Darüber wird im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch zu reden sein . Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Sprengstoffgesetzes kommt die Bundesregierung zwei wichtigen Forderungen nach: die Umsetzung der ein- schlägigen europäischen Richtlinien in nationales Recht und die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehen im Sprengstoffgesetz. Beides ist wichtig und bei- des bleibt Stückwerk. Den Regelungsbetroffenen – aber auch der öffentlichen Sicherheit in diesem Land – wäre mit einem größeren Wurf besser gedient . Dazu wäre es jedoch nötig gewesen, weitere Regelungen in den Blick zu nehmen und Initiativen zu bündeln, statt jede für sich allein im Rahmen der engst möglichen fachlichen Zu- ständigkeit zu behandeln . Dann wäre Ihnen vielleicht auch gelungen, was für die Sicherheit von zentraler Bedeutung, für das Gleich- stellungsrecht aber auch eine sehr berechtigte Forderung ist, nämlich dass die Rechtsetzung die Rechtsanwendung entscheidend erleichtert und den beteiligten Akteuren eine klare Orientierung bietet . Im Bereich der Sicher- heitspolitik droht ein Rechtssetzungsakt anderenfalls in der Praxis sogar das genaue Gegenteil zu bewirken. Übersichtlichkeit ist daher kein Selbstzweck, sondern wesentlich für einen beabsichtigten Sicherheitsgewinn . Hier wäre mehr möglich gewesen . Ich erinnere nur daran, dass wichtige Ausgangsstoffe für besonders gefährliche Explosivstoffe, die unter das Sprengstoffgesetz fallen, nur als Übergangslösung bis 2018 weiter durch die auch erst vor Wochen geänderte Chemikalien-Verbots-Verordnung reglementiert bleiben sollen . Da frage ich mich schon, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, diese Initiativen zu bündeln und so die Übersichtlichkeit und die Rechtsanwendung zu erleich- tern . Schließlich stellt die freie Verfügbarkeit dieser Aus- gangsstoffe eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, wie schon allein die Zahl der Anschläge beweist, die in den letzten Jahren mit TATP begangen wurden . Insbesondere im Bereich rechts motivierter Taten werden auch immer wieder Sprengstoffe in erheblichen Mengen sichergestellt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Fundmunition stammen . Die entsprechenden Straf- tatbestände im Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaf- fen müssen daher sehr ernst genommen werden . Auch hier geht es um Informationen, die für die Rechtsanwen- dung entscheidend sind . Hier gibt es, jedenfalls was das Regelungsziel angeht, Parallelen. Ebenso kommt auch der Kennzeichnung von Pyro- technik nach dem hier vorliegenden Gesetz für die Ver- hütung schwerer Straftaten erhebliche Bedeutung zu . Dazu muss das System allerdings auch für die Anwender verständlich sein . Das gilt für die Abnehmer, die in die Lage versetzt werden sollen, legale und illegale Pyro- technik zu unterscheiden . Das gilt aber auch für die Si- cherheitsbehörden, die gegebenenfalls auch den Beweis zu führen haben, dass jemand, der mit illegaler Pyrotech- nik erwischt wurde, auch erkennen konnte, dass es sich dabei nicht um legale Angebote gehandelt hat . Und diese Unterscheidung ist auch wichtig, um entschieden gegen den Handel mit illegaler Pyrotechnik vorzugehen. Auch die Verfügbarkeit illegaler Pyrotechnik bedroht die öffentliche Sicherheit. Es ist nur Monate her, dass wir wieder erleben mussten, wie illegale Pyrotechnik für An- schläge und andere Straftaten verwendet wurde . Ich er- innere nur an die Rechtsterroristen, die solche Sprengla- dungen gegen Flüchtlingsheime und die dort lebenden Bewohnerinnen und Bewohner eingesetzt haben . Daher erscheint es mir dringend geboten, dass wir das nun laufende Gesetzgebungsverfahren nutzen, sorgfäl- tig zu prüfen, ob im Bereich der explosionsgefährlichen Stoffe gesetzgeberisch alle nötigen Voraussetzungen ge- schaffen wurden, damit Unglücksfälle und Anschläge verhindert werden und die Sicherheitsbehörden ihre Auf- gaben in diesem Bereich erfüllen können . Dr. Günter Krings, Parl . Staatssekretär beim Bun- desminister des Innern: Heute beraten wir in erster Le- sung den vom Bundesministerium des Innern vorgeleg- ten Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Sprengstoffgesetzes. Ziel und Zweck des Gesetzentwurfs ist es, mehrere europäische Richtlinien umzusetzen, die sich mit dem Inverkehrbringen von pyrotechnischen Ge- genständen und Explosivstoffen für zivile Zwecke auf dem Gemeinschaftsmarkt befassen . Ergänzt wird diese Gesetzesnovelle durch die Zweite Verordnung zur Ände- rung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz. Das mag zunächst einmal unspektakulär klingen, aber: Die Anpassung an die europäischen Vorgaben und die da- mit verbundenen Konkretisierungen im Sprengstoffrecht sind für die in diesem Wirtschaftsbereich tätigen Unter- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 2016 20695 (A) (C) (B) (D) nehmen und die für den Vollzug zuständigen Behörden der Länder von großer praktischer Bedeutung . Der schon bisher bestehende Grundsatz des Spreng- stoffrechts ist, dass Explosivstoffe und pyrotechnische Gegenstände nur dann auf dem Markt bereitgestellt wer- den dürfen, wenn der Hersteller einen sogenannten Kon- formitätsnachweis erbracht hat und die Produkte mit ei- ner CE-Kennzeichnung versehen sind . Die Zuständigkeit für die Durchführung des EU-Konformitätsverfahrens, eine Baumusterprüfung für Explosivstoffe und Pyro- technik, liegt in den Mitgliedstaaten bei den sogenann- ten benannten Stellen . In Deutschland ist dies die Bun- desanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) . Daran wird sich auch künftig nichts ändern . Die neuen europäischen Vorgaben machen es allerdings erforder- lich, die Bestimmungen des nationalen Rechts zur Kon- formitätsbewertung sowie zur Marktüberwachung durch die zuständigen Stellen der Länder im Detail weiter zu konkretisieren . Der Gesetzentwurf verfolgt aber noch ein weiteres Ziel . Um die Verständlichkeit des Rechtstextes und die Anwendung der Bestimmungen in der Praxis zu er- leichtern, werden die schon jetzt bestehenden Pflichten der auf dem Markt tätigen Wirtschaftsakteure – also der Hersteller, Importeure und Händler von pyrotechnischen Gegenständen und Explosivstoffen – nun eindeutig zu- geordnet . Jeder Wirtschaftsakteur kann also künftig ein- fach und detailliert an einer Stelle des geltenden Rechts erkennen, welche Pflichten er im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen am Gemeinschaftsmarkt zu erfüllen hat . Damit dient der Gesetzentwurf nicht nur unser aller Si- cherheit, sondern reduziert auch die Risiken für die un- terschiedlichen Wirtschaftsakteure . Ich bitte Sie daher, den Gesetzentwurf zu unterstützen . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 206. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3 Bundesteilhabegesetz TOP 4 Drittes Pflegestärkungsgesetz TOP 5 Rentenniveau TOP 35, ZP 2 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 36 Abschließende Beratungen ohne Aussprache TOP 6, ZP 3 Verantwortung der kerntechnischen Entsorgung TOP 7 Steuerliche Verlustverrechnung bei Körperschaften ZP 4 Parteiensponsoring TOP 9 Ermittlung von Regelbedarfen TOP 10 Betriebliche Interessenvertretung TOP 32 Bundeswehreinsatz in Afghanistan TOP 12 Angehörigenschmerzensgeld TOP 13 Änderung des Seefischereigesetzes TOP 14 Türkei-Politik TOP 15 Telekommunikationsmarkt-Transparenzverordnung TOP 16 Völkerstrafprozesse in Deutschland TOP 17 Maßnahmen gegen Gewinnkürzung und -verlagerung TOP 18 Ausbau inklusiver Hochschulen TOP 20 Wegenutzungsrechte zur Energieversorgung TOP 21 Grundsicherung für arbeitsuchende Ausländer TOP 22 Änderung des Luftsicherheitsgesetzes TOP 23 Änderung der Insolvenzordnung TOP 24 Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes TOP 25 Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung TOP 26 Marktordnungsrechtliche Vorschriften TOP 27 Energiestatistikgesetz TOP 28 Zensusvorbereitungsgesetz 2021 TOP 29 Änderung des Sprengstoffgesetzes Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carola Reimann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

    Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Eine Gesellschaft, die behinderte Menschen aller
    Art nicht als natürlichen Teil ihrer selbst zu achten
    und zu behandeln weiß, spricht sich selbst das Ur-
    teil .

    Diese Worte sind ein Zitat unseres dritten Bundesprä-
    sidenten, Gustav Heinemann, aus dem Jahr 1969 . Es
    stammt aus einer Zeit, in der Familien ihre behinderten
    Kinder nicht selten vor der Öffentlichkeit versteckt ha-
    ben, in der es als Schande angesehen wurde, nicht so zu
    sein wie andere, „normale“ . Es stammt aus einer Zeit, als
    die Gesellschaft sich in vielen Bereichen aufgemacht hat,
    ihr Leben neu zu gestalten . Erinnern wir uns: Erst seit

    Corinna Rüffer

    Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 206 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 1 . Dezember 201620504


    (A) (C)



    (B) (D)


    1977 dürfen Frauen in Deutschland gleichberechtigt am
    gesellschaftlichen Leben teilhaben .

    Die Gesellschaft zu verändern, dauert . Wir als Gesetz-
    geber können wichtige Rahmen setzen . Das Bundesteil-
    habegesetz ist so ein wichtiger Rahmen . Es wird von uns
    allen einen neuen Blick auf Menschen mit Behinderun-
    gen verlangen: weg davon, zu schauen, was das behin-
    derte Kind des Nachbarn alles nicht kann, hin dazu, zu
    sehen, was dieses Kind doch alles kann, welche Stärken
    und Fähigkeiten es hat, und hin dazu, zu erkennen, was
    wir tun können, damit es besser teilhaben kann .

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Bun-
    desteilhabegesetz muss gelebt werden . Dazu braucht es
    bei allen Beteiligten größtmögliche Akzeptanz . Daher
    war das umfangreiche Beteiligungsverfahren der Betrof-
    fenen im Vorfeld der Gesetzgebung ebenso notwendig
    wie vorbildlich .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Dadurch ist für alle erstmalig offenkundig und auch
    nachzulesen, welche Herausforderungen noch vor uns
    liegen, bis eine inklusive Gesellschaft erreicht ist .

    Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich an die-
    ser Stelle bei unserer Parlamentarischen Staatssekretärin
    Gabriele Lösekrug-Möller ganz herzlich bedanken .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Sie ist die gute Seele dieses Gesetzes . Gabriele, ohne
    dein Engagement, deine Beharrlichkeit und deine kluge,
    vermittelnde Art wären wir jetzt nicht an diesem Wende-
    punkt der Behindertenpolitik .

    Ich habe vorhin von einem neuen Blick gesprochen .
    Dieser neue Blick hat auch die umfangreichen Verhand-
    lungen mit der Union geprägt . Das lösungsorientierte
    Klima dieser Gespräche war bemerkenswert . Ich denke,
    jedem von uns war bewusst, dass jetzt der entscheiden-
    de Schritt gelingen muss . Das ist sicherlich dem Betei-
    ligungsverfahren und den beharrlichen Hinweisen der
    Betroffenenverbände darauf zu verdanken, wo noch eine
    Nachsteuerung nötig war .

    Kollegin Rüffer, es ist immer gut, mehr zu wollen.
    Aber es ist schäbig, das Erreichte schlechtzureden .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Den Ländern, in denen Sie mitregieren und Mitverant-
    wortung tragen, muss das wie ein Schlag ins Gesicht er-
    scheinen .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Wir hatten versprochen, dass der Zugang zur Einglie-
    derungshilfe nicht eingeschränkt wird . Das haben wir
    gehalten und werden wir halten . Der jetzt vorgesehene
    Weg ist beispiellos . Es wird 2017 eine wissenschaftliche
    Untersuchung geben . Mit dem Bericht über die Ergeb-
    nisse wird sich der Deutsche Bundestag 2018 wieder be-
    fassen . Auf dieser Basis werden in allen Bundesländern
    Modellvorhaben umgesetzt . Die Ergebnisse werden dann
    wieder dem Bundestag und dem Bundesrat vorgelegt, um

    dann noch vor 2023 eine abschließende Entscheidung zu
    treffen.

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe
    es schon in der ersten Lesung gesagt: Auch beim Bun-
    desteilhabegesetz gilt das Struck’sche Gesetz . Die jetzt
    vorgelegten Änderungsvorschläge belegen dies in aller
    Deutlichkeit . Wir haben mit der Regierung sehr substan-
    zielle Änderungen vorgenommen . Diese werden dazu
    beitragen, dass sich das Parlament auch in den nächsten
    beiden Wahlperioden intensiv mit der Verwirklichung
    von Teilhabe für behinderte Menschen auseinanderset-
    zen wird . Der heutige Tag ist damit nur ein weiterer,
    wenn auch ein sehr wichtiger Tag auf dem Weg in Rich-
    tung Inklusion .

    Danke schön .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank . – Nächster Redner für die CDU/

CSU-Fraktion ist der Kollege Uwe Schummer .


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Uwe Schummer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Verehrtes Präsidium! Meine Damen! Meine Herren!

    Kollegin Rüffer, vor mehr als einem Jahr haben Sie im
    Ausschuss gewarnt, es gebe starke politische Kräfte,
    nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern, die
    verhindern wollen, dass das Bundesteilhabegesetz über-
    haupt parlamentarisch beraten wird . Ich kann Ihnen heu-
    te sagen: Es gibt starke politische Kräfte, auch hier im
    Bund, die dafür gesorgt haben, dass dieser Entwurf zum
    Bundesteilhabegesetz heute beraten und beschlossen
    wird .


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Das zeigt, dass wir bereit sind, das, was wir miteinander
    vereinbart haben, auch durchzusetzen .

    Sie haben gesagt, dass es so viel Protest gegen den
    Regierungsentwurf gegeben hat und die Abgeordneten
    der Koalition mit 68 Änderungsanträgen darauf reagiert
    haben, das sei ein Skandal und ein Zeichen dafür, dass
    irgendwas schiefgelaufen ist .


    (Zuruf von der SPD: Parlamentarismus!)


    Das ist für mich ein merkwürdiges Demokratieverständ-
    nis. Deshalb sind wir doch im Parlament: damit wir als
    Abgeordnete die Regierung kontrollieren und unsere Po-
    sitionen mit einbringen .


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)