Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlau-
ben Sie mir, mit einem Thema anzufangen, bei dem es
um einen Bereich geht, wo wir uns ausnahmsweise mehr
von der Bundesregierung wünschen und nicht weniger .
Es gab Anfang 2014 diverse Diskussions- und Redebei-
träge von Teilen der Bundesregierung, in denen gesagt
wurde, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der
Welt übernehmen . Wir haben das nicht bei allen Reden
immer nur auf das Militärische gemünzt gesehen . Es gibt
tatsächlich diverse Bereiche, wo wir uns mehr wünschen .
Zwei Jahre danach muss man feststellen, dass Deutsch-
land bei der Unterstützung der Missionen der Vereinten
Nationen auf der Welt immer noch auf Platz 58 liegt .
Wir haben, Polizistinnen und Polizisten sowie Soldatin-
nen und Soldaten zusammengezählt, unter 200 Personen
draußen in UN-Missionen . Das ist, wenn man bedenkt,
was Deutschland kann, wie viel Reichtum in diesem
Land existiert und wie viele deutlich ärmere Länder vor
uns sind, einfach viel zu wenig .
Kolleginnen und Kollegen, es ist offenkundig, dass
sich in den nächsten Wochen und Monaten vieles ändern
wird . Wohin genau die Reise geht, wissen wir nicht . Wir
werden sehen, was das neue Staatsoberhaupt im wich-
tigsten, größten und potentesten NATO-Partnerstaat, in
den USA, tun wird . Es ist aber schon jetzt klar, dass man
sich auf einige Dinge einstellen muss und auch einige
Dinge umdrehen und verändern muss .
Der Generalsekretär der NATO, Jens Stoltenberg,
hat dieser Tage wieder einmal gesagt, dass Demokra-
tie und Rechtsstaatlichkeit Kernwerte der NATO seien .
Er hat theoretisch eigentlich recht, und das ist ja auch
in den letzten Jahren immer wieder gesagt worden . Er
hat das auf der Parlamentarierversammlung der NATO
gesagt; einige aus diesem Raum waren dabei . Dann ist
er aufgefordert worden, dass er, wenn Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit Kernwerte der NATO seien, doch
auch einmal etwas sagen möge zur Situation in der Tür-
kei und zu der Tatsache, dass in der Türkei mittlerwei-
le mehr Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis
sind als in China . Daraufhin hat er einfach nur gesagt,
dass die Türkei jedes Recht habe, gegen die Putschis-
ten vorzugehen . – Das ist das Gegenteil von dem, was
er selbst eingefordert hat, nämlich dass Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit Kernwerte der NATO sein müssen .
Ich wünschte mir, dass die Bundesregierung – und sei es
in leisen Gesprächen – darauf hinweist, dass er so die ge-
samte Glaubwürdigkeit des Bündnisses aufs Spiel setzt .
Ein zweites Thema betrifft das 2-Grad-Ziel; das ist ja
jetzt mehrfach thematisiert worden .
– Entschuldigung, falsche Debatte, ich meine das 2-Pro-
zent-Ziel . Wir Grüne können machen, was wir wollen,
wir sind Ökos . – Das 2-Prozent-Ziel, also 2 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes für Militärausgaben aufzuwen-
den, bedeutete – das hat die Kollegin ja gerade vorge-
rechnet – ein Plus von 27 Milliarden Euro mehr im Jahr .
Das geht – das ist völlig zu Recht gesagt worden – nur
durch zwei Maßnahmen .
Die erste betrifft Effizienzsteigerung und Reformen.
Reformen sollten aber eben nicht in der Form umgesetzt
werden, dass man die Bundeswehr mit Geld überschüttet
und Defizite dadurch überdeckt, wie es in diesem Haus-
halt ja passiert . Das hat der Kollege Lindner gerade aus-
führlich beschrieben .
Die zweite betrifft das Thema Europäisierung . Frau
Ministerin, Sie haben vorhin sehr eindrücklich erklärt,
wie viele verschiedene, nicht miteinander kompatible
Formen von Waffensystemen es gibt . Sie haben ja recht .
Es ist völlig richtig, dass die Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union unglaublich viel dadurch verschenken,
dass sie nicht ausreichend miteinander reden . Aber wenn
wir wirklich ernsthaft in die Europäisierung einstei-
gen wollen, statt immer nur – manchmal auch sinnvol-
le – Leuchtturmprojekte durchzuführen, dann wäre der
Beginn, dass Sie sich hierhinstellen und das Ende des
Prinzips „Breite vor Tiefe“ verkünden . Solange jeder
Mitgliedstaat, auch die Bundesrepublik, laut und heftig
sagt: „Wir wollen einfach einmal alles haben“, wird es
keine Europäisierung geben . Das ist der Grund, warum
die Europäisierung nicht vorankommt . Es ist leicht, da-
rüber zu sprechen, aber Sie müssen auch etwas dafür tun;
ansonsten kommen wir bei dieser Thematik nicht voran .
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit .