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    Plenarprotokoll 18/200 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 200. Sitzung Berlin, Freitag, den 11. November 2016 Inhalt: Tagesordnungspunkt 36: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Geset- zes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften Drucksachen 18/8034, 18/8333, 18/8461 Nr. 1.5, 18/10280, 18/10056 . . . . . . . . . . . . . . 19995 B Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 19995 D Birgit Wöllert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 19997 A Martina Stamm-Fibich (SPD) . . . . . . . . . . . . . 19998 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19999 A Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 20000 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20000 B Erich Irlstorfer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20000 C Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20001 C Stephan Albani (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20002 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 20003 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20006 C Tagesordnungspunkt 37: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Bildungsbericht – Bildung in Deutschland 2016 und Stellungnahme der Bundesregierung Drucksache 18/10100 . . . . . . . . . . . . . . . . 20004 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zum Anerkennungsgesetz 2016 Drucksache 18/8825 . . . . . . . . . . . . . . . . . 20004 A c) Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Kai Gehring, Beate Walter-Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nationaler Bildungsbericht – Bildungsinstitutionen zukunftsfest machen – Für eine gerechte und soziale Gesellschaft Drucksache 18/10248 . . . . . . . . . . . . . . . . 20004 B Xaver Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20004 B Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . 20009 A Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . 20011 A Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20012 C Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20013 B Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20015 B Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . 20016 D Cemile Giousouf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 20018 D Dr. Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . 20020 B Dr. Wolfgang Stefinger (CDU/CSU). . . . . . 20021 A Tagesordnungspunkt 38: Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Petra Pau, Martina Renner, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Umsetzung der Empfehlungen des 2. Par- lamentarischen Untersuchungsausschusses der 17. Wahlperiode zur Verbrechensserie des Nationalsozialistischen Untergrundes Drucksachen 18/6465, 18/9331 . . . . . . . . . . . 20022 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016II in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen,  weiteren  Abgeordneten  und  der  Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Aufent- haltsgesetzes – Aufenthaltsrecht für Opfer rechter Gewalt Drucksachen 18/2492, 18/10288 . . . . . . . . . . 20022 B Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20022 B Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20023 B Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20024 D Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20025 D Thorsten Hoffmann (Dortmund) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20027 B Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 20029 A Susann Rüthrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20030 A Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20031 C Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 20032 B Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20033 A Tagesordnungspunkt 39: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Ar- beitsuchende nach dem Zweiten Buch So- zialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch Drucksache 18/10211 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20034 A Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20034 B Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20035 A Dr. Martin Pätzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20036 B Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 20037 C Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 20038 C Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20039 B Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20040 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20041 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 20043 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Kerstin Griese und Dr. Eva Högl (beide SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arz- neimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 36) . . . . . . . . . . . . . . . . 20043 D Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Michaela Noll und Sabine Weiss (Wesel I) (beide CDU/CSU) zu der namentlichen Ab- stimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und an- derer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 36) . . . . . . . . . . . . . . . . 20044 B Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentli- chen Abstimmung über den von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 36) . . . . . . . . . . . . . . . . 20044 D Heike Baehrens (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20044 D Alexander Funk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20045 A Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20045 C Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20046 A Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 20046 B Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20046 D Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20047 A Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 20048 B Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 20048 D Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 20049 A Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20049 B Anlage 5 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20049 C (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016 19995 200. Sitzung Berlin, Freitag, den 11. November 2016 Beginn: 9.02 Uhr
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    Markus Paschke (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016 20043 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Auernhammer, Artur CDU/CSU 11.11.2016 Baerbock, Annalena BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Barthel, Klaus SPD 11.11.2016 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Brantner, Dr. Franziska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Bülow, Marco SPD 11.11.2016 Crone, Petra SPD 11.11.2016 De Ridder, Dr. Daniela SPD 11.11.2016 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 11.11.2016 Fuchs, Dr. Michael CDU/CSU 11.11.2016 Gohlke, Nicole DIE LINKE 11.11.2016 Groth, Annette DIE LINKE 11.11.2016 Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Hellmich, Wolfgang SPD 11.11.2016 Hintze, Peter CDU/CSU 11.11.2016 Ilgen, Matthias SPD 11.11.2016 Janecek, Dieter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Kurth, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Liebing, Ingbert CDU/CSU 11.11.2016 Malecha-Nissen, Dr. Birgit SPD 11.11.2016 Nahles, Andrea SPD 11.11.2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nissen, Ulli SPD 11.11.2016 Özdemir, Cem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Paus, Lisa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Petzold (Havelland), Harald DIE LINKE 11.11.2016 Pitterle, Richard DIE LINKE 11.11.2016 Riesenhuber, Dr. Heinz CDU/CSU 11.11.2016 Ripsam, Iris CDU/CSU 11.11.2016 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 11.11.2016 Schmidt, Dr. Frithjof BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Schön (St. Wendel), Nadine CDU/CSU 11.11.2016 Steinbach, Erika CDU/CSU 11.11.2016 Verlinden, Dr. Julia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.2016 Wawzyniak, Halina DIE LINKE 11.11.2016 Zeulner, Emmi * CDU/CSU 11.11.2016 *aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Kerstin Griese und Dr. Eva Högl (beide SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arz- neimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (Ta- gesordnungspunkt 36) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 201620044 (A) (C) (B) (D) Hinter dieser Abstimmung verbirgt sich eine brisan- te ethische Frage. Der Gesetzentwurf will fremdnützige Forschung an nicht einwilligungsfähigen Patient/innen künftig erlauben. Die Unversehrtheit dieser besonders schutzwürdigen Menschengruppe wäre mit diesem Ge- setz nicht mehr gewährleistet. Das bedauern wir sehr. Gegen diese Neuregelung richtet sich der Änderungs- antrag Schummer/Schmidt, den ich mit voller Überzeu- gung unterstützt habe. Wir möchten nicht, dass demenz- kranke Menschen, denn um diese handelt es sich in der Mehrzahl bei den „nicht einwilligungsfähigen Patient/ innen“, Proband/innen für eine Forschung werden, die für sie nicht gut ist und von der sie selbst keine Verbesse- rung haben. Hiermit würden wir einer Verzweckung von Menschen in der Forschung Tür und Tor öffnen. Wir sind besorgt, welche Entwicklung daraus folgen kann. Denn es wird auch um weitere nichteinwilligungsfähige Men- schen gehen. Wir sind der Ansicht, dass auch künftig ausschließlich einwilligungsfähige Menschen entscheiden, ob sie an kli- nischen Studien teilnehmen wollen, und dass nicht ein- willigungsfähige Menschen nur dann an Medikamenten- tests teilnehmen können, wenn sie ihnen helfen können. Ein zweiter wichtiger Grund ist für uns, dass es kei- nen Bedarf aus der Forschung gibt, hier eine Änderung vorzunehmen. Ohne Not wird eine ethische Hürde über- schritten. Dazu können wir unsere Zustimmung aus Gewissens- gründen nicht geben. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Michaela Noll und Sabine Weiss (Wesel I) (beide CDU/CSU) zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 36) Dem heute zur Beratung vorliegenden Antrag der Bundesregierung stimme ich in der vorliegenden Form zu. Meine Position in der Sache erkläre ich wie folgt: In der 2. Lesung des Gesetzentwurfs am 9. November 2016 habe ich den Änderungsantrag Drucksache 18/10233 un- terstützt. Darin heißt es: Artikel 2 Nummer 11 wird wie folgt geändert: 1. § 40b Absatz 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst: „Eine klinische Prüfung darf an einer nicht ein- willigungsfähigen Person im Sinne des Artikel 2 Nummer 19 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 nur durchgeführt werden, wenn wissenschaftli- che Gründe vorliegen, die erwarten lassen, dass die Teilnahme an der klinischen Prüfung einen direkten Nutzen für die betroffene Person zur Folge hat, der die Risiken und Belastungen einer Teilnahme an der klinischen Prüfung überwiegt.“ 2. In § 40b Absatz 4 Satz 3 wird das Wort „solche“ gestrichen. Dieser Änderungsantrag wurde leider überstimmt und somit nicht angenommen. Er hätte für die größtmögliche Beibehaltung der bisherigen Rechtslage in Deutschland gesorgt, nach der eine gruppennützige Forschung an Nichteinwilligungsfähigen ohne potenziellen individu- ellen Nutzen für die jeweiligen Studienteilnehmer aus- geschlossen ist. Die hohen Schutzstandards, die es in Deutschland diesbezüglich gegeben hat, insbesondere hinsichtlich der Würde des Menschen und seiner körper- lichen Unversehrtheit, wären erhalten geblieben. Eine gruppennützige Forschung an Nichteinwilli- gungsfähigen ohne potenziellen individuellen Nutzen löst in mir erhebliche ethische und rechtliche Bedenken aus. Eine gruppennützige Forschung stellt nicht das Wohl des betroffenen Patienten, sondern das Wohl anderer in den Vordergrund. Eine solche Bereitschaft muss ein Pa- tient widerrufen können. Dafür muss er noch zu einer eigenen Willensbildung in der Lage sein. Wenn diese Vo- raussetzung nicht gegeben ist, und davon ist bei demenzi- ell Erkrankten ab einem gewissen Zeitpunkt auszugehen, darf keine Forschung stattfinden.  Hier vertrete ich eine andere Auffassung als die im vorliegenden Gesetzentwurf. Gleichwohl stimme ich diesem – wenn auch mit erheblichen Bedenken – zu, da der Änderungsantrag Drucksache 18/10236 angenom- men wurde. Dieser stellt sicher, dass eine Teilnahme an klinischen Studien gegen den aktuellen, natürlichen Wil- len eines Probanden verboten bleibt, unabhängig davon, ob dieser Wille verbal oder nonverbal geäußert wird oder ob die Person einwilligungsfähig ist. Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrecht- licher und anderer Vorschriften (Tagesordnungs- punkt 36) Heike Baehrens (SPD): Die heute zur Abstimmung stehende AMG-Novelle setzt wichtige europäische arz- neimittelrechtliche Vorschriften in nationales Recht um. Darüber hinaus werden Änderungen in der Bundes-Apo- thekerordnung, dem Arzneimittelgesetz, der Arzneimit- tel- und Wirkstoffherstellungsverordnung und weiteren Regelungswerken vorgenommen, denen ich zustimme. Gleichzeitig wird eine EU-Richtlinie zu klinischen Prüfungen in nationales Recht umgesetzt, die ich für höchst problematisch halte. Künftig soll es möglich sein, gruppennützige Forschung an volljährigen Personen vorzunehmen, die nicht in der Lage sind, Wesen, Bedeu- tung und Tragweite der klinischen Prüfung zu erkennen und ihren Willen hiernach auszurichten. Vorausgesetzt, die Betroffenen haben nach einer ärztlichen Beratung im früheren Zustand der Einwilligungsfähigkeit mittels Patientenverfügung nach § 1901a BGB einer Teilnahme Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016 20045 (A) (C) (B) (D) zugestimmt, können sie an Studien beteiligt werden, die ihnen keinen individuellen Nutzen bringen. Es geht hier um Forschung an besonders verletzlichen Menschen – vor allem an Demenzkranken. Bisher ist For- schung an dieser Gruppe, wenn sie nicht zumindest mit der Wahrscheinlichkeit eines individuellen Nutzens ver- bunden ist, aus ethischen Gründen grundsätzlich verbo- ten. Ich bin der Meinung, dass wir in Deutschland – nicht zuletzt vor dem Hintergrund unserer Geschichte – gut daran tun, diesen hohen Schutzstandard, insbesondere hinsichtlich der Würde des Menschen und seiner körper- lichen Unversehrtheit, aufrechtzuerhalten. Auch praktisch besteht keine Notwendigkeit einer Öffnung, da es bislang keine bekannt gewordenen Fälle gibt, in denen ein Forschungsvorhaben am Fehlen einer solchen Möglichkeit der gruppennützigen Forschung ge- scheitert ist. Deswegen habe ich im parlamentarischen Beratungs- verfahren den Änderungsantrag unterstützt [Drucksa- che 18(14)0214.1], der sichergestellt hätte, das vorhan- dene Schutzniveau aufrechtzuerhalten. Leider hat dieser keine Mehrheit erhalten. Weil es also nicht möglich war, diese entscheidende Änderung im Gesetzestext zu verankern, kann ich aus ethischen Gründen dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen. Alexander Funk (CDU/CSU): Dem heute zur Bera- tung vorliegenden Antrag der Bundesregierung stimme ich in der vorliegenden Form zu. Meine Position in der Sache erkläre ich wie folgt: In der 2. Lesung des Gesetz- entwurfs am 9. November 2016 habe ich den Änderungs- antrag Drucksache 18/10233 unterstützt. Darin heißt es Artikel 2 Nummer 11 wird wie folgt geändert: 1. § 40b Absatz 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst: „Eine klinische Prüfung darf an einer nicht ein- willigungsfähigen Person im Sinne des Artikel 2 Nummer 19 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 nur durchgeführt werden, wenn wissenschaftli- che Gründe vorliegen, die erwarten lassen, dass die Teilnahme an der klinischen Prüfung einen direkten Nutzen für die betroffene Person zur Folge hat, der die Risiken und Belastungen einer Teilnahme an der klinischen Prüfung überwiegt.“ 2. In § 40b Absatz 4 Satz 3 wird das Wort „solche“ gestrichen. Dieser Änderungsantrag wurde leider überstimmt und somit nicht angenommen. Aus meiner Sicht müssen die hohen Schutzstandards, die es in Deutschland bei klinischen Studien momentan für nichteinwilligungsfähige Erwachsene gibt, insbeson- dere hinsichtlich der Würde des Menschen und seiner körperlichen Unversehrtheit, dringend erhalten bleiben. Um diesen größtmöglichen Schutz zu gewähren, müs- sen klinische Prüfungen daher einen direkten Nutzen für den Betroffenen haben. Hier vertrete ich eine andere Auf- fassung als die im vorliegenden Gesetzentwurf. Dennoch stimme ich dem Gesamtgesetz zu. Hubert Hüppe (CDU/CSU): Ich stimme heute in der dritten Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschrif- ten auf Drucksache 18/8034 mit Nein, obwohl ich als Berichterstatter den während des parlamentarischen Ver- fahrens erarbeiteten Änderungen, die sich in Beschluss- empfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit auf Drucksache 18/10056 wiederfinden, zugestimmt habe. Grund meiner Ablehnung ist die Einführung von fremdnützigen klinischen Arzneimittelprüfungen an nichteinwilligungsfähigen Menschen, die ausschließlich einen Nutzen für die repräsentierte Bevölkerungsgrup- pe, zu der die betroffene Person gehört, zur Folge ha- ben wird, nicht jedoch für den nichteinwilligungsfähigen Probanden selbst, sogenannte gruppennützige klinische Prüfungen. Diese lehne ich aus ethischen Gründen ab und bekenne mich zu dem vom Deutschen Bundestag am 31. Januar 2013 einstimmig gefassten Beschluss: „Bei Forschung an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen und an Personen in Notfallsituationen ist ein direkter in- dividueller Nutzen vorauszusetzen.“ Die erkennbare Praxisuntauglichkeit der vorgesehe- nen schriftlichen Verfügung nach ärztlicher Aufklärung wird absehbar zu der Forderung führen, die schriftliche Verfügung einschließlich der ärztlichen Aufklärung als zwingende Voraussetzung gruppennütziger klinischer Prüfungsteilnahme nichteinwilligungsfähiger Personen zu streichen. Dies ist umso naheliegender, als diese Forde- rung von als vermeintlichen Befürwortern der jetzt getrof- fenen Regelung vorgestellten Gruppen bereits während der parlamentarischen Beratungen erhoben worden ist. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psy- chotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DG- PPN) hielt in ihrer Stellungnahme zur 4. AMG-Novelle vom 28. August 2016 fest, dass die vorgesehene gesetz- liche Regelung gruppennützige Forschung an Menschen, die „nie einwilligungsfähig waren (wie bei Menschen mit geistigen Behinderungen)“, unmöglich mache, und stellte die rhetorische Frage: „Will also der deutsche Ge- setzgeber gruppennützige Forschung – anders als die ent- sprechende EU Richtlinie – wirklich so eng begrenzen?“ Das KKS-Netzwerk und der Medizinische Fakultäten- tag schrieben am 18. Mai 2016 an den Gesundheitsaus- schuss, dass sie eigentlich die schriftliche Verfügung – und damit implizit auch die damit verknüpfte ärztliche Aufklärung – ablehnen: „Auch wenn wir uns eine ge- nerelle Regelung ohne Patientenverfügung wünschen würden, so unterstützen wir den Vorschlag der Bundesre- gierung, die gruppennützige Forschung bei einer Unter- gruppe der nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen auf der Basis einer Patientenverfügung zu erlauben.“ Der als Einzelsachverständiger zur Anhörung am 16. Oktober 2016 geladene Vorsitzende des Arbeits- kreises Medizinischer Ethik-Kommissionen, Profes- sor Dr. Joerg Hasford, empfahl in seiner schriftlichen Stellungnahme, “den Artikel 31 der EU-Verordnung Nr. 536/2014 nicht mit eigener Gesetzgebung zu ergän- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 201620046 (A) (C) (B) (D) zen“, also gruppennützige Forschung gemäß Artikel 31 der EU-Verordnung an allen nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen und Kindern, einschließlich solchen mit sogenannter geistiger Behinderung, in Deutschland zu legalisieren. Daher halte ich die Befürchtung für begründet, dass die heutige begrenzte Zulassung fremdnütziger Forschung an nichteinwilligungsfähigen Menschen der Türöffner für die zukünftige Einbeziehung zusätzlicher besonders vulnerabler Gruppen in fremdnützige Forschung ist. Bernhard Kaster (CDU/CSU): Dem heute zur Bera- tung vorliegenden Antrag der Bundesregierung stimme ich in der vorliegenden Form zu. Meine Position in der Sache erkläre ich wie folgt: In der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs am 9. November 2016 habe ich den Än- derungsantrag Drucksache 18/10233 unterstützt. Darin heißt es: Artikel 2 Nummer 11 wird wie folgt geändert: 1. § 40b Absatz 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst: „Eine klinische Prüfung darf an einer nicht ein- willigungsfähigen Person im Sinne des Artikel 2 Nummer 19 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 nur durchgeführt werden, wenn wissenschaftli- che Gründe vorliegen, die erwarten lassen, dass die Teilnahme an der klinischen Prüfung einen direkten Nutzen für die betroffene Person zur Folge hat, der die Risiken und Belastungen ei- ner Teilnahme an der klinischen Prüfung über- wiegt.“ 2. In § 40b Absatz 4 Satz 3 wird das Wort „solche“ gestrichen. Dieser Änderungsantrag wurde leider überstimmt und somit nicht angenommen. Aus eigener Erfahrung weiß ich um die große Bedeutung des angemessenen Umgangs mit schwerstkranken Familienangehörigen. Mir persön- lich ist es daher ein großes Anliegen, Menschen, die auf- grund ihres Alters und oder einer schweren Erkrankung, welche ihre geistigen Fähigkeiten beeinträchtigt, den größtmöglichen staatlichen Schutz zukommen zu lassen. Klinische Prüfungen müssen für mich daher einen direk- ten Nutzen für den Betroffenen haben. Hier vertrete ich eine andere Auffassung als die im vorliegenden Gesetz- entwurf. Dennoch stimme ich dem Gesamtgesetz zu. Matern von Marschall (CDU/CSU): Entsprechend dem üblichen Verfahren zeige ich Ihnen hiermit an, dass ich bei der namentlichen Abstimmung am Freitag, 11. No- vember 2016, gegen den Gesetzentwurf der Bundesregie- rung zum Vierten Gesetz zur Änderung arzneimittelrecht- licher und anderer Vorschriften stimmen werde. Dieses Abstimmungsverhalten entspricht meiner Po- sition in den vorangegangen Abstimmungen zu diesem Gesetz, bei denen ich dem Änderungsvorschlag der Uni- onskollegen Schummer et al. gefolgt bin. Ich habe bei meinen intensiven Recherchen im Vorfeld der Gesetzgebung niemanden in Klinik, Wissenschaft oder Verbänden getroffen, der gefordert oder mir schlüs- sig dargelegt hätte, dass gruppennützige Forschung an nichteinwilligungsfähigen Patienten derzeit sinnvoll oder gar erforderlich ist. Im Gegenteil ist die klare Auskunft, dass solche Studien insbesondere an Alzheimer Patienten im weit fortgeschrittenen Krankheitsstadium wegen der dann irreversiblen Zerstörung des Gehirnes sinnlos sind und dass vielmehr ganz andere Studien benötigt werden, um Ursachen kennenzulernen und Prävention zu verbes- sern. Allenfalls Studien an Patienten, bei denen gerade die Diagnose gestellt wurde, könnten sinnvoll sein. Die- se aber wären dann ja zu Beginn der Studien einwilli- gungsfähig. Kurzum: Ein Gesetz, welches gruppennützi- ge Forschung an nicht Einwilligungsfähigen ermöglicht, ist derzeit erkennbar nicht sinnvoll oder gar erforderlich, es öffnet aber die Tür zu einem ethisch sehr problema- tischen Verfahren: Wehrlose Menschen sollen sich für andere als Versuchspersonen zur Verfügung stellen, also ohne mit den Studien auch nur eine Erwartung an die Verbesserung ihrer eigenen Lage verbinden zu können. Das ist übrigens auch der wesentliche Unterschied zu den „klassischen“ Patientenverfügungen – Organentnah- me, Abstellen lebenserhaltender Maschinen –, die sich stets auf die eigene Person beziehen. Deshalb hatte ja der Kollege Schummer einen Änderungsantrag gestellt, der lediglich einen Punkt gegenüber der Regierungsvorlage ändert, nämlich die Entscheidung zur Teilnahme freizu- stellen, aber sie eben auf Eigennützigkeit, also auf die eigene Person zu begrenzen. Dem hätte ich, wenngleich immer noch mit erheblichen Bedenken, zustimmen kön- nen. Der jetzige Gesetzentwurf widerspricht grundsätz- lich meinen ethischen Vorstellungen, die ich aus christli- chen Werten ableite. Markus Paschke (SPD): Bisher ist eine sogenann- te gruppennützige Forschung an Nichteinwilligungsfä- higen nach dem Arzneimittelrecht ausgeschlossen. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung will dieses Verbot nun insoweit aufweichen, dass zukünftig eine Teilnahme volljähriger Nichteinwilligungsfähiger auch ohne persönlichen Nutzen zulässig ist, wenn die Betroffenen im früheren Zustand der Einwilligungsfä- higkeit mittels Patientenverfügung nach § 1901a BGB einer Teilnahme zugestimmt haben. Die Regelung wird voraussichtlich vor allem Menschen mit neurodegene- rativen, beispielsweise dementiellen Erkrankungen be- treffen. Ich lehne diesen Vorschlag klar ab. Die hohen Schutzstandards, die es in Deutschland bei klinischen Studien momentan für nichteinwilligungsfähige Er- wachsene gibt, insbesondere hinsichtlich der Würde des Menschen und seiner körperlichen Unversehrtheit, müs- sen erhalten bleiben. Bereits 2013 hat sich der Bundes- tag – Drucksache 17/12183 – dazu ausgesprochen, dass in solchen Fällen das Schutzniveau für diese Personen zu erhalten ist. Von dieser Haltung darf nicht abgewichen werden. Würde und Sicherheit der Probandinnen und Probanden müssen immer im Vordergrund stehen. Dieser Grundsatz ist gefährdet, wenn Menschen an Forschung beteiligt werden, die nicht in der Lage sind, das Risi- ko und den Nutzen ihrer Teilnahme zu beurteilen, ohne selbst irgendeinen Nutzen aus der Teilnahme zu ziehen. Das Schutzniveau für diese besonders schützenswerte Patientengruppe muss in Deutschland weiterhin auf ho- hem Standard erhalten bleiben. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016 20047 (A) (C) (B) (D) Zudem entbehrt eine solche Öffnung jeder Notwen- digkeit. Artikel 31 Absatz 2 der hier umzusetzenden Verordnung (EU) Nr. 536/2014 erklärt nationale Verbote einer gruppennützigen Forschung an Nichteinwilligungs- fähigen ausdrücklich für zulässig. Diese EU-Verordnung erlaubt die Forschung an Nichteinwilligungsfähigen, wenn die wissenschaftlich begründete Erwartung be- steht, dass der oder die Betroffene einen direkten Nutzen aus der Prüfung hat, der die Risiken und Belastungen der Studienteilnahme überwiegt (Eigennutzen). Auch praktisch besteht keine Notwendigkeit einer Öffnung, da es bislang keine bekannt gewordenen Fälle gibt, in denen ein Forschungsvorhaben am Fehlen einer solchen Möglichkeit der gruppennützigen Forschung ge- scheitert ist. Aus den ausgeführten Gründen werde ich daher gegen den vorliegenden Gesetzentwurf stimmen. Mechthild Rawert (SPD): Es geht in den Plenarsit- zungen am 9. und 11. November 2016 um den Gesetz- entwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und an- derer Vorschriften“ (18/8034), mit dem eine EU-Ver- ordnung (Nr. 536/2014) umgesetzt werden soll. In der EU-Novelle wird die rein gruppennützige Forschung an nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen unter bestimm- ten Voraussetzungen erlaubt. Zugleich bleibt es den EU-Staaten vorbehalten, auf nationaler Ebene strengere Regeln zu beschließen. Laut Gesetzentwurf der Bundes- regierung soll die gruppennützige Forschung an nicht- einwilligungsfähigen Menschen auch in Deutschland erlaubt sein. Es liegen hierzu drei Änderungsanträge vor. Zu diesen hat am 19. Oktober 2016 eine öffentliche An- hörung des Ausschusses für Gesundheit stattgefunden. Ich stimme für den Änderungsantrag der Abgeordneten Hilde Mattheis und Sabine Dittmar. Drei Änderungsanträge zur rein gruppennützigen For- schung an nichteinwilligungsfähigen Menschen: Erstens. Über den Änderungsantrag der Abgeordneten Uwe Schummer, Ulla Schmidt, Kathrin Vogler, Kordula Schulz-Asche wird zuerst namentlich abgestimmt. Er sieht vor, es bei der restriktiven Regelung in Deutsch- land zu belassen. Die unter Demenz leidenden Menschen müssten besonders geschützt werden. Aus medizinischer Sicht könnte diese Grundlagenforschung auch an ande- ren PatientInnengruppen geleistet werden könne. Zweitens. Der Änderungsantrag der Abgeordneten Hilde Mattheis und Sabine Dittmar gestattet die rein gruppennützige Forschung mit einer vorherigen Proban- dInnenverfügung mit optionaler ärztlicher Beratung und wird danach abgestimmt. Der Deutsche Bundestag soll unter anderem beschließen, dass „die betroffene Person als einwilligungsfähige volljährige Person für den Fall ihrer Einwilligungsunfähigkeit schriftlich nach ärztli- cher Aufklärung oder ausdrücklichem Aufklärungsver- zicht nach Maßgabe des Paragrafen 630e Absatz 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches“ festlegt, „dass sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht un- mittelbar bevorstehende gruppennützige klinische Prü- fungen einwilligt. … Die Aufklärung umfasst sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände. Dazu ge- hören insbesondere die Aufklärung über das Wesen, die Ziele, den Nutzen, die Folgen, die Risiken und die Nach- teile klinischer Prüfungen.“ Drittens. Als Drittes wird über den Änderungsantrag Dr. Georg Nüßlein, Professor Dr. Karl Lauterbach, Maria Michalk, Hermann Gröhe, Ingrid Fischbach, Annette Widmann-Mauz, Rudolf Henke, beschlossen, der eine verpflichtende ärztliche Beratung vorsieht. Gründe meines Abstimmungsverhaltens Seit Monaten wird in der Politik und Öffentlichkeit über die Forschung an Demenz erkrankten Menschen gestritten. Im Mittelpunkt steht die Streitfrage, ob Arz- neimittelstudien – also keine an nicht mehr einwilli- gungsfähigen Erwachsenen – zum Beispiel an Demenz Erkrankten – auch dann zulässig sein sollen, wenn sie nur gruppennützig sind, den Betroffenen selbst also kei- ne Vorteile bringen. Das ist bislang in Deutschland ver- boten und soll nach dem Willen der Bundesregierung nun mit dieser gesetzlichen Änderung künftig erlaubt werden. Grundsätzlich dürfen Menschen, die nie einwil- ligungsfähig gewesen sind, zum Beispiel Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung, an solchen gruppenbezo- genen Forschungen nicht beteiligt werden. Sie sind als Zielgruppe mit dieser Novelle nicht angesprochen. Jeg- licher Bezug auf experimentelle Forschungen an geistig behinderten Menschen während der Zeit des Nationalso- zialismus geht also am Inhalt der angestrebten Regelung völlig vorbei. Ich unterstütze grundsätzlich die im vorliegenden Ge- setzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geschaffene Möglichkeit zur Teilnahme von Men- schen an Arzneimittelstudien, wenn sie dies vorab im einwilligungsfähigen und gesunden Zustand in einer Verfügung festgelegt haben. Es handelt sich hierbei um die Erprobung von Medikamenten, nicht um invasivere Studien. Nur auf Grundlage dieser Vorabverfügung für Studien für eine optimale medikamentöse Therapie dür- fen dann Messungen von Blutdruck, Puls oder Therapie erfolgen. Invasivere Maßnahmen oder Studien würden mit dieser Regelung nicht erlaubt. Ich erkenne in der Möglichkeit für eine gruppennüt- zige Forschung an nicht mehr einwilligungsfähigen Er- wachsenen keinen „ethischen oder rechtlichen Freibrief für eine Verzwecklichung der Forschung“. Sowohl bei der optionalen als auch bei der verpflichtenden ärztlichen  Beratung – Änderungsantrag 2 bzw. 3 – trifft jeder Er- wachsene noch im gesunden Zustand diese Entscheidung als Vorausverfügung selbst. Für Arzneimittelstudien dieser Art gibt es zahlreiche Hürden: Bei der Beantragung einer Studie muss eine obligate Beratung durch öffentlich-rechtliche Ethikkom- missionen erfolgen. Die im gesunden Zustand getroffene Einwilligung zur Teilnahme an einer gruppennützigen Forschung muss schriftlich vorliegen. Es muss zum Zeit- punkt der Teilnahme eine ärztliche Aufklärung der Pa- tientInnen und der BetreuuerInnen erfolgen. Es besteht zu jeder Zeit die Möglichkeit, die Studie auch wieder abzubrechen – jede ablehnende verbale oder nonverbale Äußerung der PatientInnen und StudienteilnehmerInnen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 201620048 (A) (C) (B) (D) ist als entsprechender Wunsch zu werten. Zudem bin ich also aufgrund der für klinische Studien in Deutschland geltenden strengen Regelungen davon überzeugt, dass es einen systematischen Missbrauch kaum geben kann. Die rein gruppennützige Forschung bei Minderjähri- gen ist seit der zwölften Novellierung des Arzneimittel- gesetzes (AMG) im Jahre 2004 in Deutschland explizit zugelassen. Es ist mir nicht einsichtig, weshalb eine Re- gelung für Minderjährige erlaubt und für Erwachsene verboten sein soll. Die Entscheidung, später einmal in einem nicht mehr einwilligungsfähigen Zustand, sei es wegen einer fort- geschrittenen Demenz, sei es wegen eines schweren Ge- hirnschadens, an einer rein gruppennützigen Forschung teilzunehmen, ist für mich auch ein Ausdruck von in- dividueller Selbstbestimmung, wie ich es mit Voraus- verfügungen wie dem Organspendeausweis oder einer Vorsorgevollmacht auch mache. Eine solch freiwillige Entscheidung ist auch Ausdruck gelebter Solidarität mit von der gleichen Krankheit betroffenen Menschen. Bei PatientInnen mit schweren Erkrankungen ist die Bereit- schaft, auch ohne unmittelbaren Eigennutzen an der me- dizinischen Forschung zu ihrer Erkrankung mitzuwirken, durchaus weit verbreitet. Aktuell gibt es noch keine zufriedenstellende Medi- kation für die unterschiedlichen Phasen der dementiellen Erkrankungen. Aber auch Menschen in späteren Stadien der Demenzerkrankung sollen am medizinischen Fort- schritt teilnehmen können. Vielleicht gibt es in einigen Jahr(zehnt)en Möglichkeiten der Linderung, der Heilung. Diese Chancen auf wichtige Erkenntnisgewinne zur Be- handlung der Erkrankung Demenz möchte ich ergreifen. Deshalb stimme ich dem Änderungsantrag der Abge- ordneten Hilde Mattheis und Sabine Dittmar zu. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Am Mittwoch haben wir hier in einer sehr kontroversen Debatte quer durch alle Fraktionen über drei Änderungsanträge zu dieser hier vorliegenden Novelle des Arzneimittelgesetzes debattiert und abgestimmt. Dabei ging es um die Frage, ob und unter welchen Bedingungen nichteinwilligungsfähige Erwach- sene als Versuchspersonen in klinische Arzneimittelstudi- en einbezogen werden dürfen, auch wenn sie davon indi- viduell keinen Nutzen zu erwarten haben. Ich habe hier für die Annahme eines Änderungsantrags geworben, der dies auch weiterhin verbieten und damit die bisher in Deutsch- land geltenden Gesetzeslage bestätigen sollte. Die Mehrheit des Parlaments hat sich aber dafür ent- schieden, alle drei Änderungsanträge abzulehnen und mit dem ursprünglichen Regierungsentwurf diejenige Rege- lung zu wählen, die ich absolut für die schlechtestmögli- che halte. Ehrlich gesagt, ich habe nicht damit gerechnet, dass die intensive Beratung in den Parlamentsgremien über ein so brisantes Thema an der absoluten Mehrheit des Hauses so komplett vorbeigehen kann. Deswegen kann ich das ganze Gesetz heute nur ableh- nen, auch wenn sich meine Fraktion für eine Enthaltung entschieden hat. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass die Erwei- terung des Zugriffs der Pharmaforschung auf Menschen, die Ziel, Wesen und Tragweite eines Arzneimittelver- suchs nicht erfassen und ihren Willen nicht danach aus- richten können, unethisch und unnötig ist. Manche Debattenbeiträge der Befürworter am Mitt- woch haben mich in meiner Position eher noch bestärkt. Wenn etwa Versuche an lebenden und leidensfähigen Menschen gleichgesetzt werden mit Organspenden Verstorbener, dann sind wir nicht mehr weit entfernt von der Philosophie eines Peter Singer, der den Wert eines Menschen und sein Lebensrecht am Grad seiner Bewusstseins entwicklung festmacht und zum Beispiel postuliert, dass die Tötung eines behinderten Säuglings sehr oft gar kein Unrecht sei. Einer solchen selektiven Ethik kann ich, auch vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, nur schärfstens widersprechen. Dann wurde in der Debatte recht oft darauf hingewie- sen, dass ja die Ethikkommissionen schon für ausreichen- den Schutz der besonders verletzlichen Personen sorgen würden. Dabei hebelt dieser Gesetzentwurf gerade die Unabhängigkeit der Ethikkommissionen teilweise aus. Dieselbe Behörde, die auch die Arzneimittelstudien ge- nehmigt, soll künftig auch für die Registrierung der Lan- desethikkommissionen zuständig sein. Und die Voten der Ethikkommissionen sollen nicht mehr verbindlich, son- dern nur noch maßgeblich berücksichtigt werden müssen. In der Kombination erst werden diese beiden schein- bar kleinen Änderungen zu einem potenziell kritischen Einfallstor für unethische Forschung an menschlichen Versuchsobjekten. Als Gesundheitspolitikerin muss ich die Würde des Menschen und den Respekt vor seinen individuellen und sozialen Rechten viel zu oft gegen die Zumutungen eines kapitalistischen Wirtschaftssystems verteidigen, das Krankheit als Rohstoff und Gesundheit als Ware behandelt und in dem der Mensch als Patien- tin oder Patient eben nur das Objekt widerstrebender Geschäftsinteressen ist. Für mich sind Menschen, ganz gleich wie schwer beeinträchtigt, erkrankt oder behindert sie sind, niemals als Objekt zu behandeln, auch nicht für einen vermeintlich guten Zweck. Deswegen stimme ich heute gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Ich stimme heute in der Dritten Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und ande- rer Vorschriften auf Drucksache 18/8034 mit Nein. Grund meiner Ablehnung ist die Einführung von fremdnützigen klinischen Arzneimittelprüfungen an nichteinwilligungsfähigen Menschen, die ausschließlich einen Nutzen für die repräsentierte Bevölkerungsgrup- pe, zu der die betroffene Person gehört, zur Folge ha- ben wird, nicht jedoch für den nichteinwilligungsfähigen Probanden selbst, sogenannte gruppennützige klinische Prüfungen. Diese lehne ich aus ethischen Gründen ab und bekenne mich zu dem vom Deutschen Bundestag am 31. Januar 2013 einstimmig gefassten Beschluss: „Bei Forschung an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016 20049 (A) (C) (B) (D) und an Personen in Notfallsituationen ist ein direkter in- dividueller Nutzen vorauszusetzen.“ Die erkennbare Praxisuntauglichkeit der vorgesehe- nen schriftlichen Verfügung nach ärztlicher Aufklärung wird absehbar zu der Forderung führen, die schriftliche Verfügung einschließlich der ärztlichen Aufklärung als zwingende Voraussetzung gruppennütziger klinischer Prüfungsteilnahme nichteinwilligungsfähiger Personen zu streichen. Dies ist umso naheliegender, als diese Forde- rung von als vermeintlichen Befürwortern der jetzt getrof- fenen Regelung vorgestellten Gruppen bereits während der parlamentarischen Beratungen erhoben worden ist. Daher halte ich die Befürchtung für begründet, dass die heutige begrenzte Zulassung fremdnütziger Forschung an nichteinwilligungsfähigen Menschen der Türöffner für die zukünftige Einbeziehung zusätzlicher besonders vulnerab- ler Gruppen in fremdnützige Forschung ist. Katrin Werner (DIE LINKE): Der Deutsche Bun- destag stimmt heute über einen Entwurf der Bundesre- gierung eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimit- telrechtlicher und anderer Vorschriften ab. Zu diesem Gesetz wurden mehrere Gruppenänderungsanträge ein- gebracht. Bisher ist eine sogenannte gruppennützige Forschung an Nichteinwilligungsfähigen nach dem Arzneimittel- recht ausgeschlossen. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung will dieses Verbot nun insoweit aufwei- chen, dass zukünftig eine Teilnahme volljähriger Nicht- einwilligungsfähiger auch ohne persönlichen Nutzen zulässig ist, wenn die Betroffenen im früheren Zustand der Einwilligungsfähigkeit mittels Patientenverfügung nach § 1901a BGB einer Teilnahme zugestimmt haben. Die Regelung wird voraussichtlich vor allem Menschen mit neurodegenerativen, beispielsweise dementiellen Er- krankungen betreffen. Die Würde und Sicherheit der Probandinnen und Pro- banden muss immer im Vordergrund stehen. Forschung an nichteinwilligungsfähigen Personen muss mit einem erwartbaren Eigennutzen verbunden sein. Ansonsten droht eine Verzweckung von Menschen. Leider hat der Ände- rungsantrag zur Erhaltung der derzeitigen hohen Schutz- standards keine Mehrheit gefunden. Daher habe ich heute gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung gestimmt. Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU): Ich lehne die nicht fremdnützige Forschung an nicht mehr einwilli- gungsfähigen Patienten ab. Patienten müssen in der Lage sein, eine einmal gegebene Einwilligung jederzeit wieder zurückziehen zu können. Können sie dies nach dem Ver- lust ihrer Einwilligungsfähigkeit nicht und werden Ob- jekte fremdnütziger Forschung, werden sie als Mittel für Zwecke anderer benutzt. Dies ist mit der Menschwürde aus meiner Sicht nicht vereinbar. Dagegen kann auch nicht argumentiert werden, dass der Mensch sich altruistisch verhalten könne. Sosehr dies zutrifft und etwa die freiwillige Teilnahme an fremdnüt- ziger Forschung oder die Spende von Organen bei Le- benden Beispiele eines solchen altruistischen Verhaltens sind, beruhen sie auf der Möglichkeit des jederzeitigen Rücktritts. Dies ist bei nicht mehr einwilligungsfähigen Patienten nicht gegeben. Darüber hinaus öffnet diese Möglichkeit der fremd- nützigen Forschung an nichteinwilligungsfähigen – und damit auch nicht rücktrittsfähigen – Patienten die Tür zu einem Präferenzutilitarismus, wie ihn der australische Philosoph Peter Singer vertritt. Dieser vertritt aber ein Menschenbild, das mit der Würde des Menschen in ei- nem christlichen Verständnis nicht mehr vereinbar ist und zu Recht abgelehnt wird. Anlage 5 Amtliche Mitteilung ohne Verlesung Der Bundesrat hat in seiner 950. Sitzung am 4. No- vember 2016 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zur Änderung des Kommunalinvestitions- förderungsgesetzes und zur Änderung weiterer Ge- setze – Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungs- gesetz 2016/2017 (BBVAnpG 2016/2017) – Gesetz zur weiteren Fortentwicklung der parla- mentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes – Gesetz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklä- rung des Bundesnachrichtendienstes – Zweites Gesetz zur Änderung des Berufskraftfah- rer-Qualifikations-Gesetzes – Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (Elektromagnetische-Verträg- lichkeit-Gesetz – EMVG) – Gesetz zur Änderung der Artikel 8 und 39 des Übereinkommens vom 8. November 1968 über den Straßenverkehr Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2016 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaus- haltsordnung über die Einwilligung in eine über- planmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 Titel 671 03 – Erstattung der Kosten für Maßnahmen im Fi- schereisektor – bis zur Höhe von 8 Mio. Euro Drucksachen 18/9224, 18/9596 Nr. 1.4 Ausschuss für Wirtschaft und Energie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 201620050 (A) (C) (B) (D) Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 62 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes Energie 2015: Ein wettbewerbliches Marktdesign für die Energiewende Drucksachen 18/6432, 18/6605 Nr. 1.4 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpoli- tik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre 2015 (Rüstungsexportbericht 2015) Drucksachen 18/9160, 18/9595 Nr. 1.2 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 62 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes Energie 2015: Ein wettbewerbliches Marktdesign für die Energiewende Drucksache 18/6432 hier: Stellungnahme der Bundesregierung Drucksachen 18/9870, 10102 Nr. 1.6 Ausschuss für Arbeit und Soziales – Unterrichtung durch die Bundesregierung Zwölfter Bericht der Bundesregierung über die Er- fahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmer- überlassungsgesetzes Drucksachen 18/673, 18/817 Nr. 4 Ausschuss für Kultur und Medien – Unterrichtung durch die Bundesregierung Weiterentwicklung der Konzeption zur Erfor- schung, Bewahrung, Präsentation und Vermittlung der Kultur und Geschichte der Deutschen im öst- lichen Europa nach § 96 des Bundesvertriebenen- gesetzes Drucksache 18/7730 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Uni- onsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Drucksache 18/419 Nr. A.49 Ratsdokument 17392/13 Drucksache 18/419 Nr. A.50 Ratsdokument 17618/13 Drucksache 18/419 Nr. A.51 Ratsdokument 17621/13 Drucksache 18/419 Nr. A.52 Ratsdokument 17633/13 Drucksache 18/419 Nr. C.9 Ratsdokument 8065/13 Drucksache 18/419 Nr. C.10 Ratsdokument 8066/13 Drucksache 18/419 Nr. C.11 Ratsdokument 8145/11 Drucksache 18/419 Nr. C.12 Ratsdokument 8160/11 Drucksache 18/419 Nr. C.13 Ratsdokument 8163/11 Drucksache 18/1393 Nr. A.24 Ratsdokument 7838/14 Finanzausschuss Drucksache 18/9746 Nr. A.3 Ratsdokument 11583/16 Ausschuss für Wirtschaft und Energie Drucksache 18/2677 Nr. A.10 Ratsdokument 12816/14 Drucksache 18/4857 Nr. A.6 Ratsdokument 7634/15 Drucksache 18/8140 Nr. A.13 EP P8_TA-PROV(2016)0064 Drucksache 18/8293 Nr. A.8 Ratsdokument 7614/16 Drucksache 18/8293 Nr. A.9 Ratsdokument 7616/16 Drucksache 18/8470 Nr. A.18 Ratsdokument 8100/16 Drucksache 18/8470 Nr. A.19 Ratsdokument 8104/16 Drucksache 18/8936 Nr. A.20 Ratsdokument 9610/16 Drucksache 18/8936 Nr. A.21 Ratsdokument 9611/16 Drucksache 18/8936 Nr. A.23 Ratsdokument 9727/16 Drucksache 18/9605 Nr. A.51 Ratsdokument 10847/16 Drucksache 18/9605 Nr. A.52 Ratsdokument 11120/16 Drucksache 18/9746 Nr. A.4 Ratsdokument 11772/16 Drucksache 18/10116 Nr. A.20 EP P8_TA-PROV(2016)0333 Drucksache 18/10116 Nr. A.21 Ratsdokument 12153/16 Drucksache 18/10116 Nr. A.22 Ratsdokument 12364/16 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Drucksache 18/9605 Nr. A.58 Ratsdokument 10864/16 Drucksache 18/9605 Nr. A.59 Ratsdokument 11482/16 Drucksache 18/9605 Nr. A.62 Ratsdokument 11522/16 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/9141 Nr. A.35 Ratsdokument 10209/16 Drucksache 18/9605 Nr. A.67 Ratsdokument 10826/16 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 200. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. November 2016 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 200. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 36 Arzneimittelrechtliche Vorschriften (3. Lesung) TOP 37 6. Bericht Bildung in Deutschland 2016 TOP 38, ZP 11 Große Anfrage zur Verbrechensserie des NSU TOP 39 Grundsicherung für ausländische Personen Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Lammert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Das Wort hat nun die Bundesministerin Frau

    Dr. Wanka.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
    und Forschung:

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um etwas
    über die Situation der Bildung in Deutschland zu erfah-
    ren, haben wir den Bildungsbericht. Ich sage, Gott sei
    Dank, weil wir deshalb nämlich nicht auf Polemik ange-
    wiesen sind, sondern aufgrund handfester Fakten disku-

    tieren können. Nicht nur bezogen auf ein Jahr, sondern
    bezogen auf den Zeitraum seit 2006, also im zeitlichen
    Längsschnitt, sehen wir: Was hat sich verändert? Was hat
    sich verbessert?

    Da kann man – egal aus welcher Richtung man
    kommt – eine Aussage nicht wegreden: Es ist so, dass
    sich der Bildungsstand und die Bildungsbeteiligung in
    den letzten Jahren kontinuierlich verbessert haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Herr Rossmann sagte, dass es immer mehr geworden ist.
    Damit muss man nicht unbedingt zufrieden sein. Aber es
    ist immer mehr geworden. Das ist eine ganz klare Ten-
    denz.

    Ich fand nicht, dass Herr Jung eine rosarote Brille auf-
    hatte; er hat nur die Fakten genannt. Da er die Fakten
    so schön aufgezeigt hat, will ich nicht alles wiederholen,
    sondern nur noch ein, zwei Punkte nennen.

    Wir haben zum Beispiel immer mehr Kinder unter drei
    Jahren – mittlerweile beträgt ihr Anteil über ein Drittel –,
    die Betreuungsangebote in der Kita wahrnehmen. Wenn
    wir sagen, wir wollen keine Abhängigkeit vom Hinter-
    grund des Elternhauses, dann ist das genau die richtige
    Stelle, um anzusetzen: Die Kinder, die zu Hause Eltern
    haben, die viel mit ihnen sprechen, singen oder ihnen
    etwas vorlesen, brauchen diese Angebote nicht so sehr.
    Wir bieten die Angebote zwar auch für diese, aber vor
    allem für diejenigen Kinder an, die das Pech haben, nicht
    so ein Elternhaus zu haben. Das ist ein ganz wichtiger
    Punkt. Man muss am Anfang ansetzen, und das kann man
    nicht mit irgendwelchen Rahmenplänen tun, sondern hier
    muss man ganz konkret handeln.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Handeln ist gut! Dann fangen Sie mal an!)


    Ein weiteres Beispiel: Auch die Zahl der Kinder mit
    sonderpädagogischen Bedarfen, die inklusiv beschult
    werden, hat sich in den letzten Jahren erhöht. Für diese
    müssen Ausbildungsplätze etc. geschaffen werden.

    Wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Wir sind auf
    einem guten Weg. Da sind beide beteiligt, also Bund und
    Länder; denn Bildung ist keine Sache, die der Bund allei-
    ne verordnet, sondern Bund und Länder müssen zusam-
    menarbeiten. Jeder hat seine Aufgaben. Man kann sagen:
    Wir haben hier eindeutige Erfolge.

    Es sollte aber keine Selbstzufriedenheit aufkommen –
    das wäre wirklich nicht angemessen –, sondern man soll-
    te auch sehen, dass dieser Bildungsbericht – darin liegt ja
    gerade sein Wert – auf Schwächen aufmerksam macht,
    dass er die Herausforderungen benennt. Wenn ich im An-
    trag der Grünen lesen, dass Sie die unverzügliche Um-
    setzung der Empfehlungen des Bildungsberichts fordern,
    dann muss ich sagen: Falsch, es gibt überhaupt keine
    Empfehlungen.


    (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sicher, es gibt Empfehlungen!)


    Das ist die dezidierte Absprache. Es gibt eine Darstel-
    lung des Sachverhalts. Daraus abzuleiten sind Entschei-

    Katja Dörner






    (A) (C)



    (B) (D)


    dungen, die politisch zu treffen sind, zum Beispiel in der
    KMK, zum Beispiel hier im Bundestag.


    (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb unser Antrag!)


    Ich will einmal ein Beispiel nennen: Ganztagsschul-
    ausbau. Der Anteil der Ganztagsschulen – es wird bi-
    lanziert, wie die Situation ist – beträgt bei den Integ-
    rierten Gesamtschulen 87 Prozent, bei den Schulen mit
    mehreren Bildungsgängen 78 Prozent. Dann schreiben
    die Autoren in ihrem Bericht: Bislang werden aber die
    erweiterten Lern- und Fördermöglichkeiten von einem
    Großteil dieser Schulen nicht genutzt. – Ich wiederho-
    le: Sie werden von einem Großteil dieser Schulen nicht
    genutzt. Das heißt, hier besteht Bedarf, und wir als Bund
    machen auch etwas. Wir geben Millionen dafür aus, dass
    Konzepte entwickelt werden, aber nicht an jeder Ecke
    neu. Vielmehr sollen sie über die Transfereinrichtungen
    oder andere Einrichtungen verbreitet werden. Die drit-
    te Förderphase des Forschungsprogramms „Studie zur
    Entwicklung von Ganztagsschulen“ hat in diesem Jahr
    begonnen.

    Der Grundtenor der Forderungen ist: Der Bund muss
    mit einsteigen. Der Gedanke im Hinterkopf ist: Der Bund
    muss mitfinanzieren. Das  kann man  sich  ja wünschen. 
    Aber wenn man wirklich glaubt, dass ein zentrales Bil-
    dungssystem, dass eine starke Stellung des Bundes das
    Allheilmittel ist,


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das glaubt doch keiner!)


    dann sollte man sich die Situation in den Ländern an-
    schauen, in denen das so organisiert ist, zum Beispiel
    unter anderem in Frankreich. Dann sieht man: Das funk-
    tioniert nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Das ist Ideologie!)


    Es soll keiner sagen: Chancengerechtigkeit ist ein
    Thema für den Rest der Legislaturperiode. Chancenge-
    rechtigkeit ist ein ganz zentrales Thema. Das habe ich
    vom ersten Tag an gesagt. In diesem Bereich haben wir
    viel erreicht. Ich will gar nicht aufzählen, was wir alles
    erreicht haben. Das ist in der Kurzzusammenfassung des
    Bildungsberichts gut nachlesbar.

    An den Ergebnissen des Bildungsberichts besonders
    erschreckend waren für mich die hohen regionalen Un-
    terschiede; denn es ist ja auch ein Stück Ungerechtigkeit,
    wenn der Bildungserfolg sehr stark vom Wohnort, von
    der Region abhängt. Frau Hein, Sie haben sinngemäß ge-
    sagt, es gebe nur noch Privatschulen. Als ob die schlecht
    sind.


    (Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das hat sie doch gar nicht gesagt! – Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Nein! Die sind aus der Not entstanden!)


    – Sie hat es so dargestellt, als ob alles ganz katastrophal
    sei. Natürlich ist Daseinsvorsorge eine gesellschaftliche
    Aufgabe, der überall nachgegangen werden muss. Aber
    die Tatsache, dass gerade in den neuen Bundesländern
    christliche oder andere Privatschulen entstanden sind,

    zeigt doch, dass der Bedarf und auch der Wunsch danach
    vorhanden sind.


    (Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Das ist aber an der Stelle genau nicht der Fall!)


    Zum Schwerpunkt Bildung und Migration. Wir, KMK
    und Bund, können entscheiden, welche Sonderuntersu-
    chung wir durchführen wollen. 2006 haben wir Maßnah-
    men gestartet, um die Bildungsleistungen von Menschen
    mit Migrationshintergrund zu verbessern. Nach zehn
    Jahren haben wir die Ergebnisse evaluiert. Man sieht:
    Verbesserungen sind möglich. Aber man sieht auch ganz
    deutlich: Das braucht Zeit. Es geht bei der Bildungsbio-
    grafie von Migrantinnen und Migranten sichtbar voran, 
    aber das braucht Zeit.

    Es liegen uns Zahlen vor, die wir vor zehn Jahren nicht
    für möglich gehalten hätten. 90 Prozent – ich sage es noch
    einmal ganz deutlich: 90 Prozent! – der drei- bis unter
    sechsjährigen Kinder mit Migrationshintergrund besu-
    chen eine Betreuungseinrichtung. Damit ist für Chancen-
    gerechtigkeit gesorgt. Oder, Frau Hein: Vor Jahren war es
    so, dass der Anteil der Jugendlichen, die einen mittleren
    Abschluss schaffen, bei den deutschen Jugendlichen bei
    über 50 Prozent lag, während er bei ausländischen Ju-
    gendlichen bei 36 Prozent lag. Jetzt liegen diese Jugend-
    lichen mit den deutschen Jugendlichen gleichauf. Wenn
    hier also rhetorisch gefragt wird: „Warum schaffen wir
    das nicht?“, dann kann ich nur sagen: Wir arbeiten daran,
    aber die Erfolge werden sich nicht von heute auf morgen
    einstellen.  Ich finde,  es motiviert  aber  immer, wenn  es 
    Erfolge gibt, wenn wir sehen: Der Weg ist richtig. Dafür
    und auch wenn wir sehen, wir müssen etwas ändern, ist
    der Bildungsbericht ganz entscheidend.

    Zu den Leistungssteigerungen bei Jugendlichen mit
    Migrationshintergrund bei PISA. Sie haben aufgeholt. Es
    gibt zwar immer noch eine große Diskrepanz, aber sie
    haben ihre Leistungen schneller gesteigert als die Deut-
    schen in der Zeit. Anhand dieser Fakten könnte man sa-
    gen: Wenn das Bildungssystem gut ist, dann ist es für alle
    gut, dann erledigt sich das alles von selbst. Schauen wir
    nach Finnland. Alle glauben ja, dass Finnland ein super
    Schulsystem hat, aber die Diskrepanz zwischen den Leis-
    tungen derer mit und ohne Migrationshintergrund ist im
    finnischen Schulsystem mit am größten. Das heißt, das 
    Schulsystem allein kann nicht alles leisten. Deswegen
    würde ich darum bitten, die Stellungnahme der Bundes-
    regierung zum Bildungsbericht zu lesen. Wir haben dort
    detailliert aufgelistet, was alles gemacht wird, und zwar
    ressortübergreifend.

    Eine Erkenntnis aus dem Bildungsbericht ist auch
    ganz wichtig: Vergleicht man die Bildungsbeteiligung
    von 15-jährigen Jugendlichen mit und ohne Migrati-
    onshintergrund, die den gleichen sozioökonomischen
    Hintergrund haben, dann stellt man fest: Sie ist in den
    jeweiligen Bildungsgängen immer gleich. Das heißt, der
    sozioökonomische Hintergrund ist mittlerweile entschei-
    dender als der Migrationshintergrund.

    Das Thema Kinder und Jugendliche mit Migrations-
    hintergrund ist wichtig, und es beschäftigt uns schon
    lange. Es gibt exzellente Forschung in diesem Bereich,
    zum Beispiel in Osnabrück, Bielefeld, Mannheim und

    Bundesministerin Dr. Johanna Wanka






    (A) (C)



    (B) (D)


    Nürnberg, die sich sehr stark mit den Nachkommen der
    Arbeitsmigranten beschäftigt. Weniger beschäftigt man
    sich mit denen, die im letzten Jahr gekommen sind, die in
    einer ganz anderen Konstellation zu uns gekommen sind.
    Wir haben hier auch wenig belastbare Ergebnisse. Wir
    wissen aber, dass in zwei Jahren ein großer Schwung aus
    der Schule kommt. Deswegen haben wir die Mittel für
    den Bereich Migrationsforschung, der ohnehin schon gut
    aufgestellt ist, sofort erhöht. Allein von 2016 bis 2019
    stehen 18 Millionen Euro für diesen Bereich zur Ver-
    fügung. Große Projekte laufen bereits. Wir bekommen
    repräsentative, aussagekräftige Ergebnisse. Wir werden
    auch die Bildungsverläufe derer, die gerade in Deutsch-
    land angekommen sind, weiterverfolgen. In der nächsten
    Woche veröffentlichen wir eine neue Ausschreibung mit
    einem Volumen von 12 Millionen Euro, bei der es um die
    Frage geht, wie wir die Herausforderungen hinsichtlich
    unseres Zusammenlebens, unserer Werte, unserer Vor-
    stellungen, unserer Kultur, also des gesellschaftlichen
    Zusammenhalts unter den jetzt entstandenen Bedingun-
    gen bewältigen können. Das sind ganz konkrete Maßnah-
    men, die auch in diesem Hause registriert werden sollten.

    Zum Schluss noch eine Bemerkung: Vor kurzem hat
    die britische Regierung eine Untersuchung in Auftrag
    gegeben. Die Chancen für junge Menschen auf der gan-
    zen Welt wurden verglichen. Es wurde gefragt: Welche
    Bildungschancen und -möglichkeiten haben die jungen
    Menschen? Welche Jobchancen haben sie? Wie ist die
    gesundheitliche Präferenz? Welche Möglichkeiten ha-
    ben sie, sich politisch zu beteiligen? Wie ist es um die
    Möglichkeiten für ein bürgerschaftliches Engagement
    bestellt? – 183 Staaten wurden untersucht. Erster Platz:
    Deutschland. Ganz so schlimm kann es also nicht sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Der Kollege Mutlu ist der nächste Redner für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Özcan Mutlu


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man

    sich den aktuellen Bildungsbericht anschaut, kann man in
    der Tat einige Fortschritte im deutschen Bildungssystem
    feststellen – immerhin. 15 Jahre nach dem PISA-Schock
    in einem der reichsten Länder der Welt wurde das auch
    Zeit. Von „Bildungsrepublik“ kann allerdings immer
    noch keine Rede sein.


    (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)


    Deswegen dürfen wir uns auch nicht zurücklehnen und
    mit den Ergebnissen zufrieden sein, Kollege Jung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Zwischenzeitlich sind zwei allgemeine Erkenntnisse
    in allen Köpfen angekommen – dabei schaue ich insbe-
    sondere in die Reihen der CDU/CSU-Fraktion –, erstens,
    dass Bildungsungerechtigkeit das Problem im deutschen
    Bildungssystem ist, zweitens, dass unser Land fit für die 

    Einwanderungsgesellschaft gemacht werden muss. Der
    Schwerpunkt des Bildungsberichts – Bildung und Migra-
    tion – ist auch für die aktuelle Debatte in Deutschland
    von großer Bedeutung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


    Deshalb müssen wir die Empfehlungen der Autorin-
    nen und Autoren des Berichts nicht nur ernst nehmen,
    Frau Wanka, sondern wir müssen sie auch zügig umset-
    zen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Nur so haben wir eine Chance. Nur so können wir die
    Fehler der Vergangenheit vermeiden. Gute Bildungs-
    politik ist Integrationspolitik, ist Sozialpolitik, ist Wirt-
    schaftspolitik. Gute und gerechte Bildung ist auch eine
    Investition in die Sicherheit unseres Landes und schützt
    vor  Radikalismen  unterschiedlichster  Art;  Salafismus 
    und Rechtsextremismus wären da zwei Beispiele.


    (Xaver Jung [CDU/CSU]: Oder Linksextremismus!)


    Die Befunde des Bildungsberichts belegen, wie zahl-
    reiche Studien zuvor, dass das deutsche Bildungssystem
    immer noch nicht in der Lage ist, alle Schülerinnen und
    Schüler teilhaben zu lassen und soziale Disparitäten aus-
    zugleichen. Wir als Grüne sagen: Das können und dürfen
    wir nicht länger hinnehmen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir wollen eine gerechte, offene, demokratische Gesell-
    schaft und keine gespaltene, in der der Geldbeutel der
    Eltern über den Bildungserfolg entscheidet. Dass das so
    ist, das ist ein großes Problem, und das müssen wir ge-
    meinsam anpacken.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Segregationsentwicklungen sind auch regional sicht-
    bar. Auch Ministerin Wanka hat das endlich erkannt


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das ist ungeheuerlich!)


    und möchte diese Tendenzen beobachten – ich zitiere –,
    „damit nicht neue Ungerechtigkeit entsteht“. Beobach-
    ten? Mit Verlaub, Frau Ministerin, das ist keine nachhal-
    tige Strategie.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE])


    Warum warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen
    ist? Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Hand-
    lungsdefizit. Hier müssen Sie endlich handeln und Ihren 
    warmen Worten Taten folgen lassen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Wegweisende Erkenntnisse!)


    Bundesministerin Dr. Johanna Wanka






    (A) (C)



    (B) (D)


    Wir müssen jetzt etwas ändern. Wir müssen jetzt handeln,
    damit nicht weitere Regionen in Deutschland entstehen,
    die Kindern und Jugendlichen kaum bis keine Chancen
    bieten. Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufga-
    be. Das sagt auch Ministerin Wanka. Ich sage: Absolut
    dʼaccord. Deshalb müssen wir im Interesse unserer Kin-
    der und Jugendlichen endlich jenseits von ideologischen
    Grabenkämpfen schauen,


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    dass es bei der Bildung in Deutschland weitergeht.

    Mit der Reform der Bund-Länder-Finanzierung und
    der Ankündigung des Digitalpakts, der noch nicht haus-
    halterisch unterlegt und wohl eher ein Wahlkampfge-
    schenk ist, sind erste Schritte getan. Aber das reicht nicht.
    Sie mogeln sich mit diesen Maßnahmen am Kooperati-
    onsverbot vorbei und belegen damit im Grunde die Ab-
    surdität des Verbots der Kooperation in der Bildung.


    (Zuruf des Abg. Tankred Schipanski [CDU/ CSU])


    Zugleich kommt der Finanzminister um die Ecke und
    kündigt zusätzliche 3,5 Milliarden Euro für die Schulsa-
    nierung an.


    (René Röspel [SPD]: Ist doch gut! – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Freut euch doch!)


    Das ist absolut löblich, Kollege Rossmann, aber in An-
    betracht des bundesweit riesigen Sanierungsbedarfs und
    Investitionsstaus in den Schulen, der bei 34 Milliarden
    Euro liegt, ist das kein allzu großer Wurf. Da muss mehr
    geliefert werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Na, ja!)


    Noch immer investieren wir viel zu wenig in unsere
    Bildungseinrichtungen. Statt die Zielvorgabe – Kollegin
    Dörner hat es schon gesagt –, dass die Bildungsinvesti-
    tionen 10 Prozent des BIP betragen sollen, zu erreichen,
    stagnieren wir weiterhin bei 9,1 Prozent. Damit liegen
    wir im internationalen Vergleich immer noch unter dem
    OECD-Durchschnitt. Das reicht nicht.


    (Zuruf des Abg. Dr. Thomas Feist [CDU/ CSU])


    Deshalb sagen wir: Lassen Sie es uns gemeinsam anpa-
    cken und mehr in die Bildung, also in die Zukunft unse-
    res Landes, investieren.