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    Plenarprotokoll 18/199 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 199. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 10. November 2016 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abge- ordneten Manfred Behrens und Hubert Hüppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19757 A Begrüßung des neuen Abgeordneten Rainer Hajek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19757 A Wahl der Abgeordneten Elisabeth Motschmann und Franz Thönnes als Mit- glieder des Stiftungsrates der Stiftung Zen- trum für Osteuropa- und internationale Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19757 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19757 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 5, 20, 31 und 41 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19758 D Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 19759 A Gedenken an den Volksaufstand in Un- garn 1956 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19759 C Tagesordnungspunkt 4: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films (Film- förderungsgesetz – FFG) Drucksachen 18/8592, 18/8627, 18/10218 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19760 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Petzold (Havelland), Sigrid Hupach, Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Filmförderung – Impulse für mehr Innovation statt Kommerz, für soziale und Genderge- rechtigkeit und kulturelle Vielfalt Drucksachen 18/8073, 18/10218 . . . . . . . . 19760 A Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 19760 B Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 19762 A Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19763 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19765 C Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 19767 B Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 19768 B Matthias Ilgen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19769 A Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 19769 C Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Klimakonferenz von Marrakesch – Pariser Klimaabkommen auf allen Ebenen vorantreiben Drucksache 18/10238 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19771 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Hubertus Zdebel, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Pariser Weltklimavertrag auf der UN-Kli- makonferenz in Marrakesch in Gang brin- gen – Dekarbonisierung in Deutschland be- schleunigen Drucksache 18/10242 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19771 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016II in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Annalena Baerbock, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Klimaschutz entscheidend voranbringen Drucksache 18/10249 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19771 C Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19771 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 19773 B Andreas Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19774 A Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19776 A Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19777 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19777 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 19778 C Dr . Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 19779 A Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19781 A Dr . Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19782 B Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19783 B Tagesordnungspunkt 6: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Dr . Franziska Brantner, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthalts- gesetzes (Familiennachzug für subsidiär Geschützte) Drucksache 18/10044 . . . . . . . . . . . . . . . . 19784 D b) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Frank Tempel, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Familiennachzug zu anerkann- ten Flüchtlingen uneingeschränkt ge- währleisten Drucksache 18/10243 . . . . . . . . . . . . . . . . 19785 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19785 A Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 19786 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19787 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 19788 C Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19790 A Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19790 C Martin Patzelt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19792 B Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19792 D Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19795 A Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 19796 C Martin Patzelt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 19797 A Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 19798 B Tagesordnungspunkt 40: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Auflösung der Bundesmono- polverwaltung für Branntwein und zur Änderung weiterer Gesetze (Brannt- weinmonopolverwaltung-Auflösungsge- setz – BfBAG) Drucksache 18/10008 . . . . . . . . . . . . . . . . 19800 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes zur Änderung des Kreis- laufwirtschaftsgesetzes Drucksache 18/10026 . . . . . . . . . . . . . . . . 19800 B c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Ver- waltungsrecht des Bundes Drucksache 18/10183 . . . . . . . . . . . . . . . . 19800 B d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zu dem Abkommen vom 21. De- zember 2015 über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits Drucksache 18/10212 . . . . . . . . . . . . . . . . 19800 B e) Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Norbert Müller (Potsdam), Caren Lay, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Beteiligung des Bundes am Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam Drucksache 18/10061 . . . . . . . . . . . . . . . . 19800 C Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reduzie- rung, Beschränkung und Verbesserung von Tiertransporten Drucksache 18/10251 . . . . . . . . . . . . . . . . 19800 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 III b) Antrag der Abgeordneten Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn, Kerstin Andreae, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Existenzminimum verlässlich absichern, gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen Drucksache 18/10250 . . . . . . . . . . . . . . . . 19800 D c) Antrag der Abgeordneten Maria Klein- Schmeink, Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Fairen Wettbewerb in der solidarischen Krankenversicherung ermöglichen – Weiterentwicklung des morbiditätsorientierten Risikostruktur- ausgleiches vorantreiben Drucksache 18/10252 . . . . . . . . . . . . . . . . 19800 D Tagesordnungspunkt 41: b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht, Klaus Ernst, Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exportüberschüs- se abbauen – Wende in der Lohnpolitik einleiten Drucksachen 18/4837, 18/6251 . . . . . . . . . 19801 A c)–j) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 367, 368, 369, 370, 371, 372, 373 und 374 zu Petitionen Drucksachen 18/10048, 18/10049, 18/10050, 18/10051, 18/10052, 18/10053, 18/10054, 18/10055 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19801 B Tagesordnungspunkt 7: Wahlvorschlag der Fraktion der SPD: Wahl von Mitgliedern des Sondergremiums ge- mäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmecha- nismusgesetzes Drucksache 18/10096 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19802 A Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19802 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19815 B Zusatztagesordnungspunkt 5: Vereinbarte Debatte zur aktuellen Lage in der Türkei Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminis- ter AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19802 D Dr . Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 19804 D Dr . Franz Josef Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 19806 A Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19807 C Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 19809 C Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 19810 C Michelle Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . 19811 B Dr . Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 19812 C Dr . Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 19813 D Dr . Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 19813 D Dr . Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 19814 A Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Erlass und zur Ände- rung marktordnungsrechtlicher Vorschrif- ten sowie zur Änderung des Einkommen- steuergesetzes Drucksache 18/10237 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19815 B Christian Schmidt, Bundesminister BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19815 C Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 19816 D Dr . Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 19817 D Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19819 B Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . . 19820 B Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 19821 C Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 19822 C Tagesordnungspunkt 9: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Neun- ten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Drucksache 18/10207 . . . . . . . . . . . . . . . . 19823 C b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sondergutachten der Monopolkom- mission gemäß § 44 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrän- kungen: Strafrechtliche Sanktionen bei Kartellverstößen Drucksache 18/7508 . . . . . . . . . . . . . . . . . 19823 C c) Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht, Klaus Ernst, Karin Binder, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Parlaments- statt Ministerer- laubnis im Kartellrecht Drucksache 18/10240 . . . . . . . . . . . . . . . . 19823 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016IV in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Dr . Thomas Gambke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Für mehr Transpa- renz und demokratische Kontrolle bei der Ministererlaubnis Drucksachen 18/8078, 18/10279 . . . . . . . . . . 19823 D Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19823 D Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 19824 D Dr . Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 19825 C Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . 19826 A Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19827 C Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19828 D Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19829 D Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Frakti- on DIE LINKE: Keine Steuerbefreiung für Atomkraftwerke – Die Brennelementesteu- er muss bleiben Drucksachen 18/9124, 18/10094 . . . . . . . . . . 19831 B Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 19831 C Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 19832 C Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19833 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19835 B Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . . 19836 B Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 19837 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 19838 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19841 C Tagesordnungspunkt 11: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung und Ergänzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Hand- lungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Char- ta der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union und den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie des Beschlus- ses der Staats- und Regierungschefs vom NATO-Gipfel am 8./9. Juli 2016 Drucksachen 18/9960, 18/10244 . . . . . . . . 19838 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/10275 . . . . . . . . . . . . . . . . 19838 D Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19838 D Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . . . 19840 A Gisela Manderla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 19844 A Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19845 B Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19846 C Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19847 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19848 C Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . 19849 A Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19850 A Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19850 B Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19850 C Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . . 19851 C Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19852 A Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 19852 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 19853 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19854 D Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Maria Klein-Schmeink, Kerstin Andreae, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Mit Sicherheit in die Selbständigkeit – Für eine bessere Absiche- rung von Selbständigen Drucksache 18/10035 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19853 C Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19853 D Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 19857 B Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19859 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 V Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19860 A Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19861 A Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 19862 B Dr . Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 19863 D Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (GKV-Arzneimittelversorgungs- stärkungsgesetz – AMVSG) Drucksache 18/10208 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19865 B Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 19865 B Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 19866 B Dr . Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19867 C Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19869 B Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 19870 B Martina Stamm-Fibich (SPD) . . . . . . . . . . . . . 19872 A Tino Sorge (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19873 A Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für die Angelegenheiten der Europäi- schen Union zu dem Antrag der Abgeordneten Andrej Hunko, Azize Tank, Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 50 Jahre Europäische Sozialcharta – Deutschlands Verpflichtungen einhalten und die Sozialcharta weiterentwickeln Drucksachen 18/4092, 18/10175 . . . . . . . . . . 19874 C Dr . Martin Pätzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 19874 C Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 19875 B Angelika Glöckner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 19876 A Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 19877 B Katrin Albsteiger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 19878 A Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an der von den Vereinten Nationen geführten Friedensmission in Südsudan (UNMISS) auf Grundlage der Resolution 1996 (2011) des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen vom 8. Juli 2011 und Fol- geresolutionen, zuletzt 2304 (2016) vom 12. August 2016 Drucksache 18/10188 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19879 C Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 19879 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 19880 D Michael Vietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19881 C Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 19882 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19882 D Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19883 D Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Eine transparente Regional- kennzeichnung einführen – Regionale Pro- duktion, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln stärken Drucksache 18/9544 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19884 D Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19884 D Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 19885 D Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 19886 C Dr . Karin Thissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19887 C Katharina Landgraf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 19888 B Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19888 C Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an der AU/UN-Hybrid-Operation in Darfur (UNAMID) auf Grundlage der Re- solution 1769 (2007) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 31. Juli 2007 und folgender Resolutionen, zuletzt 2296 (2016) vom 29. Juni 2016 Drucksache 18/10189 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19889 B Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19889 C Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 19890 C Dirk Vöpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19891 B Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19892 A Elisabeth Motschmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 19893 A Tagesordnungspunkt 18: Bericht des Ausschusses für Recht und Ver- braucherschutz gemäß § 62 Absatz 2 der Ge- schäftsordnung zu dem von den Abgeordneten Diana Golze, Agnes Alpers, Nicole Gohlke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurf eines Gesetzes Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016VI zur Einführung des Rechts auf Eheschlie- ßung für Personen gleichen Geschlechts Drucksachen 18/8, 18/9914 . . . . . . . . . . . . . . 19894 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Bericht des Ausschusses für Recht und Ver- braucherschutz gemäß § 62 Absatz 2 der Ge- schäftsordnung zu dem von den Abgeordne- ten Volker Beck (Köln), Ulle Schauws, Katja Keul, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare Drucksachen 18/5098, 18/10227 . . . . . . . . . . 19894 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts Drucksache 18/6665 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19894 A Dr . Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 19894 B Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 19895 A Dr . Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . 19895 D Dr . Sabine Sütterlin-Waack (CDU/CSU) . . . . 19896 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19897 D Bettina Bähr-Losse (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 19898 D Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 19899 C Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19900 D Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Soldatengeset- zes Drucksache 18/10009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19901 B Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Harald Ebner, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu den Entwürfen für eine Durchführungsverordnung und zwei Durchführungsbeschlüsse der Europäi- schen Kommission über das Inverkehrbrin- gen von Saat-gut zum Anbau der gentech- nisch veränderten Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 (Dokumente SANTE/10702/2016 CIS Rev. 3, SANTE/10704/2016 CIS Rev. 3, SANTE/10703/2016 CIS Rev. 3) hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes Keine Zulassung der gentechnisch verän- derten Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 für den Anbau in der EU Drucksache 18/10246 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19901 C Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19901 D Kees de Vries (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19902 D Dr . Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 19903 C Rita Hagl-Kehl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19904 C Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . . 19905 C Ute Vogt (SPD) (zur Geschäftsordnung) . . . . 19906 B Tagesordnungspunkt 21: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Saat- gutverkehrsgesetzes Drucksachen 18/9531, 18/9907, 18/10102 Nr . 7, 18/10278 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19907 B Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Norbert Müller (Potsdam), Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rekrutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr sofort beenden und kei- ne Ausbildung von Jugendlichen an Waffen Drucksache 18/10241 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19907 C Tagesordnungspunkt 23: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) Drucksachen 18/9528, 18/9837, 18/10102 Nr . 2, 18/10289 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19907 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Dr . Harald Terpe, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 VII BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Psychisch erkrankte Menschen besser versorgen – Jetzt Hilfenetz weiterentwickeln Drucksachen 18/9671, 18/10289 . . . . . . . . 19908 A Ute Bertram (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 19908 A Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 19909 A Dirk Heidenblut (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19910 B Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19911 C Reiner Meier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19912 C Tagesordnungspunkt 24: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes Drucksachen 18/9981, 18/10225 . . . . . . . . 19913 D – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Regiona- lisierungsgesetzes Drucksachen 18/3563, 18/10284 . . . . . . . . 19913 D – Berichte des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksachen 18/10285, 18/10286 . . . . . . . 19913 D Tagesordnungspunkt 25: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Straf- sachen Drucksachen 18/9757, 18/10074 . . . . . . . . . . 19914 B Tagesordnungspunkt 26: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften zur Bevorratung von Erdöl, zur Erhebung von Mineralöldaten und zur Umstellung auf hochkalorisches Erdgas Drucksachen 18/9950, 18/10274 . . . . . . . . . . 19914 C Tagesordnungspunkt 27: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter: Jahresbe- richt 2015 der Bundesstelle und der Län- derkommission Drucksachen 18/8966, 18/9129 Nr . 1 .2, 18/10217 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19914 D Tagesordnungspunkt 28: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Fraktio- nen der CDU/CSU und SPD: Fluchtursachen bekämpfen – Aufnahmestaaten um Syrien sowie Libyen entwicklungspolitisch stärken Drucksachen 18/8393, 18/9658 . . . . . . . . . . . 19915 A Tagesordnungspunkt 29: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirt- schaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2017 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2017) Drucksachen 18/9753, 18/10290 . . . . . . . . . . 19915 B Tagesordnungspunkt 30: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 22. März 2016 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Re- publik Serbien über die Zusammenar- beit im Sicherheitsbereich Drucksachen 18/9754, 18/10090 . . . . . . . . 19915 C b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 31. Mai 2013 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich Drucksachen 18/9755, 18/10092 . . . . . . . . 19915 C c) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 9. Juli 2014 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung von Georgien über die Zusammenarbeit bei der Be- kämpfung der Organisierten Kriminali- tät, des Terrorismus und anderer Straf- taten von erheblicher Bedeutung Drucksachen 18/9756, 18/10091 . . . . . . . . 19915 D Tagesordnungspunkt 32: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Berufszulassungsrege- lung für gewerbliche Immobilienmakler und Verwalter von Wohnungseigentum Drucksache 18/10190 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19916 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016VIII in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Renate Künast, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wohneigen- tumsrecht umfassend reformieren und mo- dernisieren Drucksache 18/8084 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19916 B Tagesordnungspunkt 33: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfs- mittelversorgungsgesetz – HHVG) Drucksache 18/10186 . . . . . . . . . . . . . . . . 19916 C b) Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Versorgung verbessern – Kompetenzen von Heilmittelerbringern ausbauen Drucksache 18/10247 . . . . . . . . . . . . . . . . 19916 C Tagesordnungspunkt 34: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Dem Frieden verpflichtet – Friedens- und Konfliktforschung stärken Drucksache 18/10239 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19916 D Tagesordnungspunkt 35: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bestimmungen zur Stromer- zeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung Drucksache 18/10209 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19917 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19917 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19917 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 19919 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Kersten Steinke, Kerstin Kassner und Birgit Wöllert (alle DIE LINKE) zu der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Petitions- ausschusses: Sammelübersicht 374 zu Petiti- onen (Zusatztagesordnungspunkt 41 j) . . . . . . . . . . 19919 B Anlage 3 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl der Mit- glieder des Sondergremiums gemäß § 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes teilge- nommen haben (Tagesordnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19920 A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne- ten Lothar Binding (Heidelberg), Bettina Bähr-Losse, Ulrike Bahr, Sören Bartol, Petra Crone, Bernhard Daldrup, Saskia Esken, Dr . Johannes Fechner, Michael Groß, Rita Hagl-Kehl, Ulrich Hampel, Dirk Heidenblut, Gustav Herzog, Christina Jantz-Herrmann, Ralf Kapschack, Ulrich Kelber, Cansel Kiziltepe, Arno Klare, Birgit Kömpel, Dr. Bärbel Kofler, Anette Kramme, Dr. Hans- Ulrich Krüger, Hiltrud Lotze, Dr . Matthias Miersch, Klaus Mindrup, Susanne Mittag, Ulli Nissen, Stefan Rebmann, Andreas Rimkus, Bernd Rützel, Sarah Ryglewski, Johann Saathoff, Annette Sawade, Dr . Hans-Joachim Schabedoth, Marianne Schieder, Elfi Scho- Antwerpes, Ursula Schulte, Ewald Schurer, Svenja Stadler, Kerstin Tack, Gülistan Yüksel und Stefan Zierke (alle SPD) zu der namentli- chen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling- Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Steuer- befreiung für Atomkraftwerke – Die Brennele- mentesteuer muss bleiben (Tagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . 19923 A Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne- ten Gabriela Heinrich, Gabriele Hiller- Ohm, Daniela Kolbe, Markus Paschke, Jeannine Pflugradt, Detlev Pilger, Dr. Simone Raatz, Mechthild Rawert, Dr . Nina Scheer, Dr . Dorothee Schlegel, Norbert Spinrath und Carsten Träger (alle SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling- Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Steuer- befreiung für Atomkraftwerke – Die Brennele- mentesteuer muss bleiben (Tagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . 19924 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 IX Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentli- chen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling- Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Steuer- befreiung für Atomkraftwerke – Die Brennele- mentesteuer muss bleiben (Tagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . 19925 A Heike Baehrens (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19925 A Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19925 D Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19926 D Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Michaela Engelmeier, Petra Rode-Bosse und Gülistan Yüksel (alle SPD) zu der nament- lichen Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung und Ergänzung des Einsatzes bewaffneter deut- scher Streitkräfte zur Verhütung und Unter- bindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Ar- tikel 51 der Charta der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Ver- trages über die Europäische Union und den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen sowie des Beschlusses der Staats- und Regierungschefs vom NATO-Gipfel am 8 ./9 . Juli 2016 (Tagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . . . . . . . 19927 A Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Omid Nouripour und Kordula Schulz-Asche (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Auswärtigen Aus- schusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung und Ergänzung des Einsatzes be- waffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Charta der Vereinten Natio- nen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union und den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen sowie des Beschlusses der Staats- und Regierungschefs vom NATO-Gipfel am 8 ./9 . Juli 2016 (Tagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . . . . . . . 19927 D Anlage 9 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentli- chen Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung und Ergänzung des Einsatzes bewaffneter deut- scher Streitkräfte zur Verhütung und Unter- bindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Ar- tikel 51 der Charta der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Ver- trages über die Europäische Union und den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen sowie des Beschlusses der Staats- und Regierungschefs vom NATO-Gipfel am 8 ./9 . Juli 2016 (Tagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . . . . . . . 19928 D Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19928 D Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19929 B Klaus Mindrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19929 C Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19929 D Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19930 B Florian Post (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19930 C Ursula Schulte (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19930 D Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechzehnten Gesetzes zur Än- derung des Soldatengesetzes (Tagesordnungspunkt 19) . . . . . . . . . . . . . . . . 19931 B Bernd Siebert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19931 B Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 19932 A Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 19932 D Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19933 C Markus Grübel, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19934 B Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Saatgutverkehrsgesetzes (Tagesordnungspunkt 21) . . . . . . . . . . . . . . . . 19935 B Kordula Kovac (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 19935 B Kees de Vries (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19936 A Rita Hagl-Kehl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19936 C Ursula Schulte (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19937 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016X Dr . Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . . 19937 D Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19938 B Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Norbert Müller (Potsdam), Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rekrutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr sofort beenden und keine Ausbildung von Jugendlichen an Waffen (Tagesordnungspunkt 22) . . . . . . . . . . . . . . . . 19939 A Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19939 B Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 19940 C Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 19941 B Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE) . . . . 19941 D Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19942 B Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 24) . . . . . . . . . . . . . . . . 19943 A Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . 19943 A Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 19944 A Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 19945 B Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19946 B Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19946 D Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Tagesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . 19947 B Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 19947 C Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 19947 D Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19948 C Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 19949 C Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19950 C Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften zur Bevorratung von Erdöl, zur Erhebung von Mineralöldaten und zur Umstel- lung auf hochkalorisches Erdgas (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 19951 C Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 19951 C Florian Post (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19952 B Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 19953 A Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19953 C Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und hu- manitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter Jah- resbericht 2015 der Bundesstelle und der Län- derkommission (Tagesordnungspunkt 27) . . . . . . . . . . . . . . . . 19954 A Dr . Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 19954 B Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 19955 A Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19956 C Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 19957 D Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19958 D Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Flucht- ursachen bekämpfen – Aufnahmestaaten um Syrien sowie Libyen entwicklungspolitisch stärken (Tagesordnungspunkt 28) . . . . . . . . . . . . . . . . 19959 C Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 19959 D Dagmar G . Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 19960 D Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 19961 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19962 C Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 19963 B Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19964 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 XI Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermö- gens für das Jahr 2017 (ERP-Wirtschaftsplan- gesetz 2017) (Tagesordnungspunkt 29) . . . . . . . . . . . . . . . . 19965 A Astrid Grotelüschen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 19965 A Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19966 D Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 19968 B Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19968 D Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung und Schlussabstimmung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 22 . März 2016 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung der Republik Ser- bien über die Zusammenarbeit im Sicher- heitsbereich – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 31 . Mai 2013 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit im Si- cherheitsbereich – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 9 . Juli 2014 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung von Georgien über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terro- rismus und anderer Straftaten von erhebli- cher Bedeutung (Tagesordnungspunkt 30 a bis c) . . . . . . . . . . 19969 D Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . 19970 A Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19971 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 19971 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19972 C Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19973 B Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfüh- rung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilienmakler und Ver- walter von Wohnungseigentum – des Antrags der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Renate Künast, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wohneigentumsrecht umfassend reformie- ren und modernisieren (Tagesordnungspunkt 32 und Zusatztagesord- nungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19974 A Astrid Grotelüschen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 19974 A Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 19975 A Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19975 D Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19976 B Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 19976 D Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19977 B Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Stär- kung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG) – des Antrags der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Versorgung verbessern – Kom- petenzen von Heilmittelerbringern ausbau- en (Tagesordnungspunkt 33 a und b) . . . . . . . . . . 19978 B Dr . Roy Kühne (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 19978 B Martina Stamm-Fibich (SPD) . . . . . . . . . . . . . 19979 B Birgit Wöllert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 19980 D Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19981 D Annette Widmann-Mauz, Parl . Staatssekretä- rin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19982 C Anlage 22 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Dem Frieden verpflichtet – Friedens- und Konfliktforschung stärken (Tagesordnungspunkt 34) . . . . . . . . . . . . . . . . 19983 D Dr . Philipp Lengsfeld (CDU/CSU) . . . . . . . . . 19983 D Dr . Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU) . . . . 19984 C Dr . Daniela De Ridder (SPD) . . . . . . . . . . . . . 19985 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016XII René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19985 D Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 19987 B Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19988 B Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversor- gung (Tagesordnungspunkt 35) . . . . . . . . . . . . . . . . 19989 A Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 19989 A Florian Post (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19990 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19991 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 19991 D Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19992 C (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19757 199. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 10. November 2016 Beginn: 9 .02 Uhr
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    2) Anlage 23 Berichtigung 198 . Sitzung, Seite 19723 B, zweite Spalte: Bei den Ja- stimmen der Fraktion Die Linke ist der Name „Halina Wawzyniak“ durch den Namen „Harald Weinberg“ zu ersetzen . Vizepräsidentin Petra Pau (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19919 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Baerbock, Annalena BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10 .11 .2016 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10 .11 .2016 Bülow, Marco SPD 10 .11 .2016 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 10 .11 .2016 Groth, Annette DIE LINKE 10 .11 .2016 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 10 .11 .2016 Hellmich, Wolfgang SPD 10 .11 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 10 .11 .2016 Jüttner, Dr . Egon CDU/CSU 10 .11 .2016 Koenigs, Tom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10 .11 .2016 Malecha-Nissen, Dr . Birgit SPD 10 .11 .2016 Özdemir, Cem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10 .11 .2016 Riesenhuber, Dr . Heinz CDU/CSU 10 .11 .2016 Ripsam, Iris CDU/CSU 10 .11 .2016 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10 .11 .2016 Wawzyniak, Halina DIE LINKE 10 .11 .2016 Zeulner, Emmi * CDU/CSU 10 .11 .2016 *aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Kersten Steinke, Kerstin Kassner und Birgit Wöllert (alle DIE LINKE) zu der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 374 zu Petitionen (Zusatztagesordnungspunkt 41 j) Wir haben gegen die Beschlussempfehlung des Peti- tionsausschusses gestimmt . Die Petition beschäftigt sich mit dem Wunsch, direktdemokratische Elemente in das Grundgesetz aufzunehmen . Die Fraktion Die Linke hat in dieser Wahlperiode erneut einen Gesetzentwurf für mehr direktdemokrati- sche Elemente im Grundgesetz vorgelegt (Bundestags- drucksache 18/825) . Leider wurde er von der Mehrheit abgelehnt . Es wäre ein widersprüchliches Verhalten, auf der einen Seite mehr direktdemokratische Elemente im Grundgesetz zu fordern, dazu einen eigenen Gesetzent- wurf vorzulegen und gleichzeitig der Beschlussemp- fehlung des Petitionsausschusses zu folgen und das Pe- titionsverfahren ergebnislos abzuschließen . Dies umso mehr, als die tragenden Argumente in der Beschlussemp- fehlung des Petitionsausschusses nicht überzeugend sind . Erstens . In der Beschlussempfehlung des Petitions- ausschusses wird argumentiert, dass auf die Einführung direktdemokratischer Elemente im Grundgesetz vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Weimarer Republik verzichtet wurde . Auch wenn dies ein Standardargument ist und ständig wiederholt wird, ist es nicht richtig . In der Weimarer Republik, also zwischen 1919 und 1933, wurden auf der Reichsebene lediglich acht Volksbegeh- ren beantragt und davon vier zugelassen . Von diesen vier zugelassenen Volksbegehren wurden drei tatsächlich durchgeführt, und es kam zu zwei Volksentscheiden . Das auch von der NSDAP getragene Volksbegehren gegen den „Young-Plan“ zu den Reparationen (1929) überwand zwar knapp die Zulassungshürde, die Volksabstimmung darüber war aber nicht erfolgreich . Auch der zweite Volksentscheid, initiiert von KPD und SPD zur Fürsten- enteignung, scheiterte . Allein dies zeigt: Das Argument „Weimarer Republik“ ist nicht tauglich, um gegen direkt- demokratische Elemente im Grundgesetz zu sein . Zweitens . In der Beschlussempfehlung des Petitions- ausschusses wird weiter argumentiert, die Ergänzung des repräsentativ-demokratischen Systems um Möglichkei- ten von Volksabstimmungen oder Volksinitiativen auf Bundesebene sei komplexer als auf Landes- und Kom- munalebene . Dies deshalb, weil das Grundgesetz eine differenzierte Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern enthält . Schließlich seien auch die Länder an der Gesetzgebung beteiligt . Auch dieses Argu- ment ist nicht überzeugend . Mit einem entsprechenden Abstimmungsgesetz eben- so wie mit einer entsprechenden Grundgesetzänderung kann die Beteiligung der Länder an der Gesetzgebung gesichert werden . Drittens . Schließlich verweist der Petitionsausschuss auf „nicht zu unterschätzende Risiken“ . Ein sachliches Abwägen der Gesellschaftsinteressen, Staatsziele, lang- fristigen Vorteile und auch Risiken von Entscheidungen seien eher in parlamentarischen Abläufen gewährleistet . Gerade gesellschaftlich umstrittene Vorhaben werfen komplexe Fragestellungen auf, die nicht einfach mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind . Es bestehe auch die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619920 (A) (C) (B) (D) Gefahr einer „populistischen Ausnutzung“ des Instru- ments Volksentscheid . Aus dieser Argumentation spricht die Arroganz von Parlamentarierinnen und Parlamentariern . Weder sind Parlamentarierinnen und Parlamentarier weniger an- fällig für Populismus als Nichtparlamentarierinnen und Nichtparlamentarier – manchmal könnte sogar vermutet werden, es ist andersherum –, noch sind Parlamentarie- rinnen und Parlamentarier per se klüger oder dümmer als Nichtparlamentarierinnen und Nichtparlamentarier . Über ein entsprechendes Verfahren kann sichergestellt werden, dass in der Gesellschaft ebenso eine breite Diskussion zu Pro und Contra einer zur Abstimmung stehenden Fra- ge stattfindet als auch die Möglichkeit eingeräumt wird, ein konkret zur Abstimmung stehendes Anliegen zu ver- ändern . Es sei im Übrigen darauf hingewiesen, dass am Ende eines parlamentarischen Prozesses auch eine Ab- stimmung mit „Ja“ oder „Nein“ steht . Viertens . Dass der Petitionsausschuss es mehrheitlich abgelehnt hat, dem Antrag der Fraktion Die Linke zu folgen und die Petition den Fraktionen zur Kenntnis zu geben, zeugt von einer beschämenden Ignoranz . Es wäre das Mindeste gewesen, die Fraktionen von der Petition in Kenntnis zu setzen . Dies hätte ihnen nämlich die Chance eröffnet, mit den Petenten über ihr Anliegen ins Gespräch zu kommen . Anlage 3 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl der Mitglieder des Sondergremiums gemäß § 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes teilgenommen haben (Tagesordnungspunkt 7) CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Artur Auernhammer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Sybille Benning Dr . André Berghegger Dr . Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr . Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr . Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr . Ralf Brauksiepe Dr . Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Iris Eberl Jutta Eckenbach Dr . Bernd Fabritius Hermann Färber Uwe Feiler Dr . Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer (Hamburg) Axel E . Fischer (Karlsru- he-Land) Dr . Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Thorsten Frei Dr . Astrid Freudenstein Dr . Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr . Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Josef Göppel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr . Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Rainer Hajek Dr . Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr . Stefan Heck Dr . Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich (Chemnitz) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr . Heribert Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann (Dort- mund) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr . Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M . Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr . Franz Josef Jung Xaver Jung Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr . Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr . Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr . Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr . Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr . Dr . h . c . Karl A . Lamers Andreas G . Lämmel Dr . Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19921 (A) (C) (B) (D) Barbara Lanzinger Dr . Silke Launert Paul Lehrieder Dr . Katja Leikert Dr . Philipp Lengsfeld Philipp Graf Lerchenfeld Dr . Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr . Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr . Claudia Lücking-Michel Dr . Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr . Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Reiner Meier Dr . Michael Meister Jan Metzler Maria Michalk Dr . h . c . Hans Michelbach Dr . Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Volker Mosblech Elisabeth Motschmann Dr . Gerd Müller Carsten Müller (Braun- schweig) Stefan Müller (Erlangen) Dr . Philipp Murmann Dr . Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr . Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr . Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr . Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr . Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Dr . Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Johannes Röring Kathrin Rösel Dr . Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer (Saalstadt) Dr . Wolfgang Schäuble Andreas Scheuer Karl Schiewerling Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Christian Schmidt (Fürth) Gabriele Schmidt (Ühlingen) Patrick Schnieder Nadine Schön (St . Wendel) Dr . Kristina Schröder (Wies- baden) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr . Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr . Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Tino Sorge Jens Spahn Carola Stauche Dr . Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Rita Stockhofe Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Lena Strothmann Michael Stübgen Dr . Sabine Sütterlin-Waack Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr . Hans-Peter Uhl Dr . Volker Ullrich Arnold Vaatz Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Kees de Vries Dr . Johann Wadephul Marco Wanderwitz Karl-Heinz Wange Nina Warken Kai Wegner Dr . h . c . Albert Weiler Marcus Weinberg (Hamburg) Dr . Anja Weisgerber Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Oliver Wittke Dagmar G . Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Dr . Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Bettina Bähr-Losse Heinz-Joachim Barchmann Dr . Katarina Barley Doris Barnett Klaus Barthel Dr . Matthias Bartke Sören Bartol Bärbel Bas Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Burkhard Blienert Willi Brase Dr . Karl-Heinz Brunner Dr . h . c . Edelgard Bulmahn Martin Burkert Dr . Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr . Daniela De Ridder Dr . Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Dr . h . c . Gernot Erler Petra Ernstberger Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr . Johannes Fechner Dr . Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr . Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Dr . Edgar Franke Ulrich Freese Dagmar Freitag Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Ulrike Gottschalck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Wolfgang Gunkel Bettina Hagedorn Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Sebastian Hartmann Michael Hartmann (Wa- ckernheim) Dirk Heidenblut Hubertus Heil (Peine) Gabriela Heinrich Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619922 (A) (C) (B) (D) Marcus Held Dr . Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Thomas Hitschler Dr . Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz-Herrmann Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Marina Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Dr . Hans-Ulrich Krüger Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr . Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr . Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Bettina Müller Detlef Müller (Chemnitz) Michelle Müntefering Dr . Rolf Mützenich Andrea Nahles Dietmar Nietan Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir (Duisburg) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Jeannine Pflugradt Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post (Minden) Dr . Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr . Sascha Raabe Dr . Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr . Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Petra Rode-Bosse Dennis Rohde Dr . Martin Rosemann René Röspel Dr . Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Susann Rüthrich Bernd Rützel Sarah Ryglewski Johann Saathoff Annette Sawade Dr . Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer (Bochum) Dr . Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr . Dorothee Schlegel Ulla Schmidt (Aachen) Matthias Schmidt (Berlin) Dagmar Schmidt (Wetzlar) Carsten Schneider (Erfurt) Elfi Scho-Antwerpes Ursula Schulte Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Dr . Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Claudia Tausend Michael Thews Dr . Karin Thissen Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Gabi Weber Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff (Wol- mirstedt) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr . Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries DIE LINKE. Jan van Aken Dr . Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W . Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr . Diether Dehm Wolfgang Gehrcke Dr . André Hahn Dr . Rosemarie Hein Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Dr . Gesine Lötzsch Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller (Potsdam) Dr . Alexander S . Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold (Havelland) Richard Pitterle Martina Renner Michael Schlecht Dr . Petra Sitte Kersten Steinke Azize Tank Frank Tempel Alexander Ulrich Kathrin Vogler Harald Weinberg Katrin Werner Birgit Wöllert Jörn Wunderlich Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann (Zwickau) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Volker Beck (Köln) Dr . Franziska Brantner Agnieszka Brugger Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Dr . Thomas Gambke Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Dr . Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Stephan Kühn (Dresden) Christian Kühn (Tübingen) Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Dr . Tobias Lindner Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Dr . Konstantin von Notz Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19923 (A) (C) (B) (D) Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Corinna Rüffer Elisabeth Scharfenberg Ulle Schauws Dr . Gerhard Schick Dr . Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr . Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr . Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Dr . Julia Verlinden Beate Walter-Rosenheimer Dr . Valerie Wilms Abgeordnete, die sich wegen gesetzlichen Mutterschutzes für ihre Abwesenheit entschuldigt haben, sind in der Liste der entschuldigten Abgeordneten (Anlage 1) aufgeführt . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Lothar Binding (Heidelberg), Bettina Bähr-Losse, Ulrike Bahr, Sören Bartol, Petra Crone, Bernhard Daldrup, Saskia Esken, Dr. Johannes Fechner, Michael Groß, Rita Hagl-Kehl, Ulrich Hampel, Dirk Heidenblut, Gustav Herzog, Christina Jantz-Herrmann, Ralf Kapschack, Ulrich Kelber, Cansel Kiziltepe, Arno Klare, Birgit Kömpel, Dr. Bärbel Kofler, Anette Kramme, Dr. Hans-Ulrich Krüger, Hiltrud Lotze, Dr. Matthias Miersch, Klaus Mindrup, Susanne Mittag, Ulli Nissen, Stefan Rebmann, Andreas Rimkus, Bernd Rützel, Sarah Ryglewski, Johann Saathoff, Annette Sawade, Dr. Hans-Joachim Schabedoth, Marianne Schieder, Elfi Scho- Antwerpes, Ursula Schulte, Ewald Schurer, Svenja Stadler, Kerstin Tack, Gülistan Yüksel und Stefan Zierke (alle SPD) zu der namentlichen Abstim- mung über die Beschlussempfehlung des Finanz- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Keine Steuerbefreiung für Atomkraftwerke – Die Brennelementesteuer muss bleiben (Tagesordnungspunkt 10) Die Atomenergieerzeugung hat ein Schadenspoten- zial, das unberechenbar höher ist als die Energiegewin- nung aus anderen Energieträgern . Das Risiko der Atom- energieerzeugung lässt sich dauerhaft nicht beherrschen . Im Gegenteil: In menschlichen Kategorien gedacht, ber- gen die bis heute schon erzeugten radioaktiven Abfälle verschiedene Ewigkeitsrisiken und Zukunftslasten mit unkalkulierbaren Zukunftskosten . Das zukunftsvergesse- ne Management der Energiekonzerne hat auch in Zeiten hoher Gewinne und höchster Gewinnabschöpfung für diese Zukunftskosten keine ausreichende Vorsorge ge- troffen . Die Allgemeinheit, alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, haben zunächst die Atom- bzw . Plasmafor- schung bezahlt und anschließend als Stromkunden Bau und Betrieb der Atomkraftwerke . Von Anfang an wurde darauf spekuliert, auch die Ewigkeitskosten auf die All- gemeinheit abzuwälzen . Deswegen ist die Nutzung der Atomenergie in Deutschland bis heute höchst umstritten . Zu Recht hat die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 den Atom- ausstieg beschlossen . Sogar die schwarz-gelbe Bundes- regierung hat – nach ihrem Zick-Zack-Kurs in der Atom- politik in 2010 – nach dem verheerenden Unglück in Fukushima zur Vernunft gefunden und einen „zweiten“ Atomausstieg bis zum Jahr 2022 beschlossen . Die Kernbrennstoffsteuer – umgangssprachlich Brenn elementesteuer – wurde im Jahr 2010 eingeführt . Ziel war es, die Belastung des Bundes durch die Kos- ten für die Endlagerung radioaktiver Abfälle wenigs- tens ein wenig zu mindern . Mit der Steuer sollte auch die Bevorzugung der Atomindustrie gegenüber anderen Energieträgern beendet werden: Die Atomindustrie trägt in keiner Weise die Folgekosten, die mit ihrem Betrieb verbunden sind . Nur ein Bruchteil des Schadenspoten- zials eines Atomunfalls muss versichert werden . Dane- ben profitiert die Atom industrie vom Handel mit Emis- sionszertifikaten, der andere Energieträger belastet. Die Atomenergie ist dabei ebenso begünstigt wie regenerati- ve Energieträger . Dabei ist auch die Atomenergie in kei- ner Weise CO2-neutral . Wer genauer hinschaut, sieht: Die Emissionen fallen vor und nach der Stromerzeugung an . Der Wettbewerb zwischen den Energieerzeugern wurde auf diese Art und Weise massiv zugunsten der Atomkraft verzerrt . Ohne sachliche Gründe zu nennen, hat die schwarz- gelbe Bundesregierung die Steuer bis zum 31 . Dezem- ber 2016 befristet . Die Gründe für ihre Erhebung be- stehen aber heute unverändert fort . Nach wie vor trägt die Atomindustrie in keiner Weise ihre Folgekosten . Das Auslaufen der Steuer bedeutet eine Rückkehr zu der Bevorzugung der Atomindustrie . Für uns heißt das im Ergebnis: Alle zukünftigen Generationen müssen die Kosten und das Risiko der Atomindustrie tragen, wäh- rend die Gewinne über Jahrzehnte in private Taschen geflossen sind. Die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Atomausstiegs (KFK) hat am 27 . April 2016 ihre Empfehlungen vorgelegt . Damit sollen die Weichen für eine sichere und verlässliche Finanzierung des Ausstiegs aus der Atomenergie gestellt werden . Für die Zwischen- und Endlagerung der radioaktiven Abfälle übertragen da- nach die Energieunternehmen 23,3 Milliarden Euro auf den Bund . Darin enthalten sind die bisherigen Rückstel- lungen der Energieunternehmen und ein Risikoaufschlag in Höhe von 6,1 Milliarden Euro. Die operative und fi- nanzielle Verantwortung für die Zwischen- und Endlage- rung geht damit auf den Staat über, der auf diese Weise auf lange Sicht die Verluste der Atomenergieerzeuger übernimmt . Das verstärkt die Begründung für die Erhebung einer Kernbrennstoffsteuer . Hinsichtlich der Kosten für die Endlagerung liegt nach den Empfehlungen der KFK das Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619924 (A) (C) (B) (D) Risiko für Kostensteigerungen – die über den Risikoauf- schlag hinausgehen – beim Staat . Liefe die Steuer wie vorgesehen zum 31 . Dezember 2016 aus, bedeutete dies eine Rückkehr zu der Bevorzugung der Atomwirtschaft gegenüber anderen Energieträgern, auch mit Blick auf die Versicherungspflicht und den Emissionshandel. Es ist leicht zu erkennen, dass sich die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Atomausstiegs für einen sehr – für viele für einen viel zu – moderaten Vor- schlag verwendet hat . Wir hören, dass die Atomindus trie durch verzögerten Austausch der Kernbrennelemente versucht, die schon gesetzlich geregelte Kernbrennstoff- steuer zu umgehen . Der Austausch wird dann erst nach dem 31 . Dezember 2016 erfolgen, der kalkulierte Ziel- wert der Steuereinnahmen also verfehlt . Der Verbrauch von Kernbrennstoffen sollte auch deshalb so lange besteuert werden, wie in Deutschland Atomkraftwerke betrieben werden dürfen . Derzeit laufen noch acht Atomkraftwerke; bei den im Atomgesetz fest- geschriebenen Laufzeiten würde eine Verlängerung der Steuer etwa 5 Milliarden Euro Einnahmen bringen . Der Vorschlag zur Vorlage eines Gesetzentwurfes zur Änderung des Kernbrennstoffsteuergesetzes, durch den die Kernbrennstoffsteuer ohne Unterbrechung bis zum Ende der Laufzeiten der Atomkraftwerke bzw . 31 . De- zember 2022 weiter erhoben werden sollte, wurde von der CDU/CSU abgelehnt . Der Koalitionsvertrag schließe Steuererhöhungen aus, und die Fortführung der Steuer sei eine Steueranhebung . Da die Koalition Anträge bzw . Gesetzentwürfe nur ge- meinsam einbringt und wir uns an den Koalitionsvertrag gebunden fühlen, gibt es weder einen Koalitionsantrag noch die Möglichkeit, dem Antrag der Linken zuzustim- men . Wir hoffen sehr, dass die Union ihre Blockadehaltung aufgibt und wir eine gemeinsame Initiative der Koaliti- onsfraktionen zur Verlängerung der Kernbrennstoffsteuer starten . Das sind wir kommenden Generationen schuldig . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gabriela Heinrich, Gabriele Hiller-Ohm, Daniela Kolbe, Markus Paschke, Jeannine Pflugradt, Detlev Pilger, Dr. Simone Raatz, Mechthild Rawert, Dr. Nina Scheer, Dr. Dorothee Schlegel, Norbert Spinrath und Carsten Träger (alle SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordne- ten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Keine Steuerbefreiung für Atomkraftwerke – Die Brennelementesteuer muss bleiben (Tagesordnungspunkt 10) Atomenergienutzung ist mit hohen Kosten verbunden, die nicht im Strompreis abgebildet werden, sich hinge- gen in nicht versicherten und der Dimension nach nicht versicherbaren Risiken sowie bisher weltweit nicht ge- klärten Endlagermöglichkeiten wiederfinden. Gesetzli- che Versicherungshöchstbeträge bedeuten im Fall eines GAU während der Betriebsphase ökonomische Lasten unermesslichen Ausmaßes für die Allgemeinheit . Mit Blick auf die Folgelasten in der nachbetrieblichen Zeit ist es darüber hinaus richtig, dass nun mit einem Ge- setzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung der Verantwortung der kerntechnischen Entsorgung der Weg beschritten wird, Finanzierungsrisiken im Zusammen- hang mit Rückbau, Zwischenlagerung und Endlagerung einzugrenzen . Während des anhaltenden Betriebs von Atomkraft- werken, der bis zum Ausstieg im Jahr 2022 noch für acht Atomkraftwerke zutrifft, bietet derzeit die Brennelemen- testeuer – Kernbrennstoffsteuer – ein Instrument, das In- teresse an einer volkswirtschaftlichen Kostenentlastung während der Laufzeiten von Atomkraftwerken abzubil- den . Vor diesem Hintergrund erachte ich es als einen Fehler, dass bei der Einführung der Brennelementesteu- er unter der schwarz-gelb geführten Bundesregierung eine Befristung auf fünf Jahre vorgenommen wurde . Aus diesem Grund, aber auch aufgrund einer nach Ein- schätzung der SPD-Bundestagsfraktion mit 145 Euro pro Gramm zu niedrig angesetzten Bemessungsgrundlage für die Besteuerung des Brennstoffs, hat unsere Fraktion damals gegen die Einführung der Brennelementesteuer gestimmt, sie aber gleichwohl sachlich für richtig und erforderlich gehalten . Diese Einschätzung wird von der SPD-Bundestagsfraktion und uns persönlich nach wie vor getragen . Die mit Ablauf des Jahres 2016 erforderlich werdende Verlängerung der Brennelementesteuer ist auf eine ent- sprechende Einigung zwischen den Koalitionsfraktionen angewiesen . Bereits in den Koalitionsverhandlungen konnte hierüber mit der Unionsfraktion keine Einigung erzielt werden . Ein aktueller Sondierungsentwurf von- seiten der SPD-Bundestagsfraktion für einen Antrag zur Verlängerung der Brennelementesteuer bis zum Ende der Laufzeiten der Atomkraftwerke wurde von der Unions- fraktion nicht mitgetragen . Eine Verlängerung der Brenn- elementesteuer scheitert somit nach wie vor an der ableh- nenden Haltung der Unionsfraktion . Mangels Einigung mit unserem Koalitionspartner können wir dem vorliegenden, an die Bundesregierung gerichteten Antrag der Fraktion Die Linke, einen Gesetz- entwurf zur Änderung des Kernbrennstoffsteuergesetzes vorzulegen, durch den die bislang geltende Befristung der Brennelementesteuer bis Ende 2016 aufgehoben und stattdessen die Erhebung der Brennelementesteuer bis zum Ende der im Atomgesetz festgelegten Restbetriebs- dauer der jeweiligen Atomkraftwerke verlängert wird, nicht zustimmen . Wir erwarten von unserem Koalitionspartner weiter- hin, die Verweigerung einer Verlängerung der Brenn- elementesteuer aufzugeben und gemeinsam mit der SPD-Fraktion eine für die Restlaufzeit der Atomkraft- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19925 (A) (C) (B) (D) werke wirksame Brennelementesteuer auf den Weg zu bringen . Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE Keine Steuerbefreiung für Atomkraftwerke – Die Brennelementesteuer muss bleiben (Tagesordnungspunkt 10) Heike Baehrens (SPD): Die Atomenergieerzeugung hat ein Schadenspotenzial, das unberechenbar höher ist als die Energiegewinnung aus anderen Energieträgern . Das Risiko der Atomenergieerzeugung lässt sich dauer- haft nicht beherrschen . Im Gegenteil: In menschlichen Kategorien gedacht, bergen die bis heute schon erzeug- ten radioaktiven Abfälle verschiedene Ewigkeitsrisiken mit unkalkulierbaren Zukunftskosten . Auch in Zeiten hoher Gewinne und höchster Gewinnabschöpfung ha- ben die Energiekonzerne für diese Zukunftskosten keine ausreichende Vorsorge getroffen . Die Allgemeinheit, alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, haben zunächst die Atom- bzw . Plasmaforschung bezahlt und anschließend als Stromkunden Bau und Betrieb der Atomkraftwerke . Von Anfang an wurde darauf spekuliert, auch die Ewig- keitskosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen . Die Nutzung der Atomenergie in Deutschland ist zu Recht bis heute höchst umstritten . Darum hat die rot-grü- ne Bundesregierung im Jahr 2000 den Atomausstieg beschlossen . Sogar die schwarz-gelbe Bundesregierung hat – nach ihrem Zick-Zack-Kurs in der Atompolitik in 2010 – wegen des verheerenden Unglücks in Fukushima zur Vernunft gefunden und einen „zweiten“ Atomaus- stieg bis zum Jahr 2022 beschlossen . Die Kernbrennstoffsteuer − umgangssprachlich Brenn- elementesteuer − wurde im Jahr 2010 eingeführt . Ziel war es, die Belastung des Bundes durch die Kosten für die Endlagerung radioaktiver Abfälle wenigstens ein we- nig zu mindern . Mit der Steuer sollte auch die Bevorzu- gung der Atomindustrie gegenüber anderen Energieträ- gern beendet werden . Ohne sachliche Gründe zu nennen, hat die schwarz- gelbe Bundesregierung die Steuer bis zum 31 . Dezember 2016 befristet . Die Gründe für ihre Erhebung bestehen aber heute unverändert fort . Nach wie vor trägt die Atom- industrie in keiner Weise ihre Folgekosten . Das Auslau- fen der Steuer bedeutet eine Rückkehr zu der Bevorzu- gung der Atomindustrie . Für mich heißt das im Ergebnis: Alle zukünftigen Generationen müssen die Kosten und das Risiko der Atomindustrie tragen, während die Strom- konzerne über Jahrzehnte große Gewinne realisieren konnten . Die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Atomausstiegs (KFK) hat am 27 . April 2016 ihre Empfehlungen vorgelegt . Damit sollen die Weichen für eine sichere und verlässliche Finanzierung des Ausstiegs aus der Atomenergie gestellt werden . Für die Zwischen- und Endlagerung der radioaktiven Abfälle übertragen da- nach die Energieunternehmen 23,3 Milliarden Euro auf den Bund . Darin enthalten sind die bisherigen Rückstel- lungen der Energieunternehmen und ein Risikoaufschlag in Höhe von 6,1 Milliarden Euro. Die operative und fi- nanzielle Verantwortung für die Zwischen- und Endlage- rung geht damit auf den Staat über, der auf diese Weise auf lange Sicht die Verluste der Atomenergieerzeuger übernimmt . Der Verbrauch von Kernbrennstoffen sollte deshalb so lange besteuert werden, wie in Deutschland Atomkraft- werke betrieben werden dürfen . Derzeit laufen noch acht Atomkraftwerke; bei den im Atomgesetz festgeschriebe- nen Laufzeiten würde eine Verlängerung der Steuer etwa 5 Milliarden Euro Einnahmen bringen . Der Vorschlag, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Kernbrennstoffsteuergesetzes vorzulegen, durch den die Kernbrennstoffsteuer ohne Unterbrechung bis zum Ende der Laufzeiten der Atomkraftwerke bzw . 31 . Dezember 2022 weiter erhoben werden sollte, wurde von der CDU/ CSU abgelehnt . Der Koalitionsvertrag schließe Steuerer- höhungen aus, und die Fortführung der Steuer sei eine Steueranhebung . Da die Koalition Anträge bzw . Gesetzentwürfe nur ge- meinsam einbringt und wir uns an den Koalitionsvertrag gebunden sehen, gibt es zum jetzigen Zeitpunkt weder ei- nen Koalitionsantrag noch die Möglichkeit, dem Antrag der Linken zuzustimmen . Nur aus diesem Grund muss ich den vorliegenden Antrag ablehnen . Ich hoffe sehr, dass die Union ihre Blockadehaltung aufgibt und wir eine gemeinsame Initiative der Koaliti- onsfraktionen zur Verlängerung der Kernbrennstoffsteuer starten . Das sind wir kommenden Generationen schuldig . Kirsten Lühmann (SPD): Die Atomenergieerzeu- gung hat ein Schadenspotenzial, das unberechenbar höher ist als die Energiegewinnung aus anderen Energieträgern . Das Risiko der Atomenergieerzeugung lässt sich dauer- haft nicht beherrschen . Im Gegenteil: In menschlichen Kategorien gedacht, bergen die bis heute schon erzeug- ten radioaktiven Abfälle verschiedene Ewigkeitsrisiken und Zukunftslasten mit unkalkulierbaren Zukunftskos- ten . Das zukunftsvergessene Management der Energie- konzerne hat auch in Zeiten hoher Gewinne und höchs- ter Gewinnabschöpfung für diese Zukunftskosten keine ausreichende Vorsorge getroffen . Die Allgemeinheit, alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, haben zunächst die Atom- bzw . Plasmaforschung bezahlt und anschließend als Stromkunden Bau und Betrieb der Atomkraftwerke . Von Anfang an wurde darauf spekuliert, auch die Ewig- keitskosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen . Deswegen ist die Nutzung der Atomenergie in Deutschland bis heute höchst umstritten . Zu Recht hat die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 den Atom- ausstieg beschlossen . Sogar die schwarz-gelbe Bundes- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619926 (A) (C) (B) (D) regierung hat – nach ihrem Zick-Zack-Kurs in der Atom- politik in 2010 – nach dem verheerenden Unglück in Fukushima zur Vernunft gefunden und einen „zweiten“ Atomausstieg bis zum Jahr 2022 beschlossen . Die Kernbrennstoffsteuer − umgangssprachlich Brenn- elementesteuer − wurde im Jahr 2010 eingeführt . Ziel war es, die Belastung des Bundes durch die Kosten für die Endlagerung radioaktiver Abfälle wenigstens ein wenig zu mindern . Mit der Steuer sollte auch die Bevorzugung der Atomindustrie gegenüber anderen Energieträgern be- endet werden: Die Atomindustrie trägt in keiner Weise die Folgekosten, die mit ihrem Betrieb verbunden sind . Nur ein Bruchteil des Schadenspotenzials eines Ato- munfalls muss versichert werden. Daneben profitiert die Atom industrie vom Handel mit Emissionszertifikaten, der andere Energieträger belastet . Die Atomenergie ist dabei ebenso begünstigt wie regenerative Energieträger . Dabei ist auch die Atomenergie in keiner Weise CO2-neu- tral . Wer genauer hinschaut, sieht: Die Emissionen fallen vor und nach der Stromerzeugung an . Der Wettbewerb zwischen den Energieerzeugern wurde auf diese Art und Weise massiv zugunsten der Atomkraft verzerrt . Ohne sachliche Gründe zu nennen, hat die schwarz- gelbe Bundesregierung die Steuer bis zum 31 . Dezem- ber 2016 befristet . Die Gründe für ihre Erhebung be- stehen aber heute unverändert fort . Nach wie vor trägt die Atomindustrie in keiner Weise ihre Folgekosten . Das Auslaufen der Steuer bedeutet eine Rückkehr zu der Bevorzugung der Atomindustrie . Für mich heißt das im Ergebnis: alle zukünftigen Generationen müssen die Kosten und das Risiko der Atomindustrie tragen, wäh- rend die Gewinne über Jahrzehnte in private Taschen geflossen sind. Die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Atomausstiegs (KFK) hat am 27 . April 2016 ihre Empfehlungen vorgelegt . Damit sollen die Weichen für eine sichere und verlässliche Finanzierung des Ausstiegs aus der Atomenergie gestellt werden . Für die Zwischen- und Endlagerung der radioaktiven Abfälle übertragen da- nach die Energieunternehmen 23,3 Milliarden Euro auf den Bund . Darin enthalten sind die bisherigen Rückstel- lungen der Energieunternehmen und ein Risikoaufschlag in Höhe von 6,1 Milliarden Euro. Die operative und fi- nanzielle Verantwortung für die Zwischen- und Endlage- rung geht damit auf den Staat über, der auf diese Weise auf lange Sicht die Verluste der Atomenergieerzeuger übernimmt . Das verstärkt die Begründung für die Erhebung einer Kernbrennstoffsteuer . Hinsichtlich der Kosten für die Endlagerung liegt nach den Empfehlungen der KFK das Risiko für Kostensteigerungen − die über den Risikoauf- schlag hinausgehen − beim Staat . Liefe die Steuer wie vorgesehen zum 31 . Dezember 2016 aus, bedeutete dies eine Rückkehr zu der Bevorzugung der Atomwirtschaft gegenüber anderen Energieträgern, auch mit Blick auf die Versicherungspflicht und den Emissionshandel. Es ist leicht zu erkennen, dass sich die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Atomausstiegs für einen sehr – für viele für einen viel zu – moderaten Vor- schlag verwendet hat . Wir hören, dass die Atomindus trie durch verzögerten Austausch der Kernbrennelemente versucht, die schon gesetzlich geregelte Kernbrennstoff- steuer zu umgehen . Der Austausch wird dann erst nach dem 31 . Dezember 2016 erfolgen, der kalkulierte Ziel- wert der Steuereinnahmen also verfehlt . Der Verbrauch von Kernbrennstoffen sollte auch deshalb so lange besteuert werden, wie in Deutschland Atomkraftwerke betrieben werden dürfen . Derzeit laufen noch acht Atomkraftwerke; bei den im Atomgesetz fest- geschriebenen Laufzeiten würde eine Verlängerung der Steuer etwa 5 Milliarden Euro Einnahmen bringen . Der Vorschlag zur Vorlage eines Gesetzentwurfes zur Änderung des Kernbrennstoffsteuergesetzes, durch den die Kernbrennstoffsteuer ohne Unterbrechung bis zum Ende der Laufzeiten der Atomkraftwerke bzw . 31 . De- zember 2022 weiter erhoben werden sollte, wurde von der CDU/CSU abgelehnt . Der Koalitionsvertrag schließe Steuererhöhungen aus, und die Fortführung der Steuer sei eine Steueranhebung . Da die Koalition Anträge bzw . Gesetzentwürfe nur ge- meinsam einbringt und wir uns an den Koalitionsvertrag gebunden fühlen, gibt es weder einen Koalitionsantrag noch die Möglichkeit, dem Antrag der Linken zuzustim- men . Die vielen Briefe, die ich zu diesem Thema von Men- schen aus meinem Wahlkreis erhalten habe, bestärken mich in meiner Erwartung, dass die Union ihre Blocka- dehaltung aufgibt und wir eine gemeinsame Initiative der Koalitionsfraktionen zur Verlängerung der Kernbrenn- stoffsteuer starten . Das sind wir kommenden Generati- onen schuldig . Bernd Westphal (SPD): Mit Blick auf die Folgelas- ten in der nachbetrieblichen Zeit ist es richtig, dass nun mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neu- ordnung der Verantwortung der kerntechnischen Entsor- gung der Weg beschritten wird, Finanzierungsrisiken im Zusammenhang mit Rückbau, Zwischenlagerung und Endlagerung einzugrenzen . Während des anhaltenden Betriebs von Atomkraft- werken, der bis zum Ausstieg im Jahr 2022 noch für acht Atomkraftwerke zutrifft, bietet derzeit die Brennelemen- testeuer − Kernbrennstoffsteuer − ein Instrument, das In- teresse an einer volkswirtschaftlichen Kostenentlastung während der Laufzeiten von Atomkraftwerken abzubil- den . Vor diesem Hintergrund erachte ich es als einen Fehler, dass bei der Einführung der Brennelementesteuer unter der schwarz-gelb geführten Bundesregierung eine Befristung auf fünf Jahre vorgenommen wurde . Aus die- sem Grund, aber auch aufgrund einer nach Einschätzung der SPD-Bundestagsfraktion mit 145 Euro pro Gramm zu niedrig angesetzten Bemessungsgrundlage für die Be- steuerung des Brennstoffs, hat meine Fraktion damals ge- gen die Einführung der Brennelementesteuer gestimmt, sie aber gleichwohl sachlich für richtig und erforderlich gehalten . Die mit Ablauf des Jahres 2016 erforderlich werdende Verlängerung der Brennelementesteuer ist auf eine ent- sprechende Einigung zwischen den Koalitionsfraktionen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19927 (A) (C) (B) (D) angewiesen . Bereits in den Koalitionsverhandlungen konnte hierüber mit der Unionsfraktion keine Einigung erzielt werden . Ein aktueller Sondierungsentwurf von- seiten der SPD-Bundestagsfraktion für einen Antrag zur Verlängerung der Brennelementesteuer bis zum Ende der Laufzeiten der Atomkraftwerke wurde von der Unions- fraktion nicht mitgetragen . Eine Verlängerung der Brenn- elementesteuer scheitert somit nach wie vor an der ableh- nenden Haltung der Unionsfraktion . Mangels Einigung mit unserem Koalitionspartner kann ich dem vorliegenden, an die Bundesregierung ge- richteten Antrag der Fraktion Die Linke, einen Gesetz- entwurf zur Änderung des Kernbrennstoffsteuergesetzes vorzulegen, durch den die bislang geltende Befristung der Brennelementesteuer bis Ende 2016 aufgehoben und stattdessen die Erhebung der Brennelementesteuer bis zum Ende der im Atomgesetz festgelegten Restbetriebs- dauer der jeweiligen Atomkraftwerke verlängert wird, nicht zustimmen . Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Michaela Engelmeier, Petra Rode-Bosse und Gülistan Yüksel (alle SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Fortsetzung und Ergänzung des Einsatzes bewaff- neter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Ar- tikel 51 der Charta der Vereinten Nationen in Ver- bindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union und den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsra- tes der Vereinten Nationen sowie des Beschlusses der Staats- und Regierungschefs vom NATO-Gip- fel am 8./9. Juli 2016 (Tagesordnungspunkt 11) Der Einsatz der Bundeswehr dient der Bekämpfung der Terrorgruppe IS und damit der europäischen und un- serer eigenen Sicherheit sowie der Sicherheit aller vom sogenannten „Islamischen Staat“ bedrohten Länder . Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat wiederholt festgestellt, dass die Terrororganisation „Islamischer Staat“ unverändert eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellt . Zahlreiche eu- ropäische Länder, aber auch Deutschland, mussten dies schmerzlich erfahren . Selbst wenn am Ende eine tragfä- hige Friedensregelung in der Region nur politisch erreicht werden kann, muss der IS auch mit militärischen Mitteln bekämpft werden . Aus diesem Grund haben sich 67 Staa- ten in der internationalen Anti-IS-Koalition zusammen- geschlossen . Deutschland hat mit seinen Maßnahmen zu Luftaufklärung, Luftbetankung und Begleitung für einen französischen Flugzeugträger einen wichtigen Beitrag innerhalb dieser Koalition geleistet . Die Erfolge gegen den IS sind unübersehbar. Aktuell befindet sich der IS be- reits in der Defensive . Nun gilt es, den eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen, ergänzt um Aufklärungselemente von AWACS, die Deutschland gemeinsam mit anderen Partnern in die Koalition einbringen kann . Deutschland zeigt sich hier als verlässlicher Partner, der bereit ist, Ver- antwortung zu übernehmen . Für uns ist klar: Der Kampf gegen den Terrorismus kann nicht allein mit militärischen Mitteln erfolgreich zu Ende gebracht werden . Aus diesem Grund setzen wir uns für einen breiten zivilen Ansatz ein, mit dem eine Sta- bilisierung der vom IS befreiten Gebiete in Syrien und Irak angestrebt werden soll . Deutschland gehört bereits heute zu den größten internationalen Gebern für huma- nitäre und Wiederaufbauhilfe in der Region . Das über- geordnete Ziel bleibt eine umfassende politische Lösung für Syrien und eine dauerhafte Stabilisierung des Irak, für die sich insbesondere unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier konsequent und mit großem persönlichem Engagement einsetzt . Deutschland ist somit neben sei- nem militärischen Engagement ein zentraler Akteur bei Stabilisierungsmaßnahmen und den Bemühungen um einen politischen Rahmen . Für 2017 plant die Bundes- regierung, ihr Stabilisierungsengagement im Irak und in Syrien unter dieser Zielsetzung fortzusetzen . Der Einsatz der Bundeswehr wird vom Deutschen Bundestag mandatiert . Es ist daher selbstverständlich, dass der Bundestag auch künftig die Möglichkeit haben muss, die deutschen Soldatinnen und Soldaten vor Ort zu besuchen – unabdingbare Voraussetzung für jede aus- wärtige Stationierung der Bundeswehr . Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich hierfür weiterhin mit großem Nachdruck einsetzt . Nach Abwägung aller Umstände und insbesondere der oben genannten Punkte stimmen wir dem von der Bun- desregierung vorgelegten Mandat zur Verlängerung des Anti-IS-Einsatzes zu . Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Omid Nouripour und Kordula Schulz-Asche (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Fortsetzung und Ergänzung des Einsatzes bewaff- neter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Ar- tikel 51 der Charta der Vereinten Nationen in Ver- bindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union und den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsra- tes der Vereinten Nationen sowie des Beschlusses der Staats- und Regierungschefs vom NATO-Gip- fel am 8./9. Juli 2016 (Tagesordnungspunkt 11) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619928 (A) (C) (B) (D) Im letzten Jahr hielten wir das Mandat zum Einsatz deutscher Streitkräfte zur Bekämpfung des sogenannten „Islamischen Staats“ in Syrien und Irak (ISIS) für zu- stimmungsfähig . Die Argumente aus dem letzten Jahr sind immer noch valide . ISIS kann man nicht militärisch besiegen . Aber man kann ihn militärisch aufhalten . Nur so kann Raum für politische Lösungen für die befreiten Gebiete geschaffen werden . Ebenso richtig war unser schneller Beistand nach den feigen und abscheulichen Attentaten am 13 . November 2015 in Paris . Solidarität mit Frankreich und die De- monstration europäischer Einigkeit und europäischen Zusammenhalts angesichts dieser Anschläge auf unser aller Freiheit und unsere gemeinsamen Werte waren und bleiben wichtig . Frankreichs Ausrufung von Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrages war eine angemessene Ant- wort auf den Terror, der uns als gesamte Europäische Union getroffen hat . Es war eine sinnvolle Anwendung unserer europäischen Instrumente und deshalb für uns in vollem Maße zustimmungswürdig . Das war in dem Mo- ment das stärkste Zeichen, das wir als EU nach Innen und nach Außen senden konnten . Es gab letztes Jahr auch viele berechtigte Kritikpunk- te . Wir mussten uns fragen: Ist eine militärische Beteili- gung deutscher Soldaten in diesem Fall verantwortungs- und sinnvoll? Am Ende kamen wir in der Abwägung zu dem Ergebnis, dass wir dem Mandat zustimmen können . Wir schauen uns Mandate jedes Jahr neu an, weil sich Umstände ändern können – das ist in diesem Jahr der Fall . Wir müssen neu abwägen . Die Solidarität mit Frankreich und der europäische Zusammenhalt sowie die Notwendigkeit einer auch mili- tärischen Bekämpfung von ISIS sind in diesem Jahr nicht weniger wichtig . Aber die Situation im Einsatzgebiet hat sich stark verändert . Russland ist inzwischen nicht mehr nur Unterstützer des Assad-Regimes, sondern ein eigenständiger militäri- scher Akteur im Krieg in Syrien . Die Türkei ist inzwischen substanziell sowohl im Krieg in Syrien als auch im Nordirak involviert . Die türkische Luftwaffe fliegt fast täglich Angriffe, die sich nicht auf ISIS-Stellungen beziehen, sondern auf kurdi- sche Kämpfer . In beiden Fällen agiert die Türkei völker- rechtswidrig . Die NATO hat der internationalen Koalition zur Be- kämpfung von ISIS in einem Beschluss des NATO-Gip- fels am 8./9. Juli 2016 AWACS-Aufklärungsflugzeuge zugesichert, um Lagebilder zur Vorbereitung und Durch- führung militärischer Operationen zu erstellen . Das Pro- blem dabei ist, dass die erhobenen Daten über die Situa- tion am Boden für alle NATO-Mitglieder einsehbar sind, auch für die Türkei . Erdogan hat in den letzten Wochen bewiesen, dass diese Informationen bei ihm in den fal- schen Händen sind . Seine aggressive Politik in Syrien und Nordirak ist von seinen eigenen Interessen, nicht von gemeinsamen Zielen der NATO geleitet . Die Bundesregierung hat auf Nachfrage im letzten Jahr gesagt, dass ausschließlich Daten weitergegeben werden, die für die Bekämpfung von ISIS relevant sind . Dies wird zum einen erschwert, da die Daten nun nicht mehr von Deutschland für die Koalition erhoben wer- den . Zum anderen gibt es Frontlinien zwischen ISIS und kurdischen Kämpfern . Informationen hierüber sind also sowohl für die Bekämpfung ISIS relevant, als auch für Erdogans eigenen Krieg gegen die Kurden . Es gibt in der aktuellen komplexen Gemengelage keine Daten, die nur für die Bekämpfung von ISIS relevant sind . Die Bundesregierung hat bisher darauf bestanden, dass sie der Türkei vertraue, dass diese Informationen nicht für Eigeninteressen in Bezug auf die Kurden miss- braucht werden . Das ist extrem fahrlässig und naiv, wenn wir uns die besorgniserregende Entwicklung der Türkei unter Erdogan weg von Demokratie und Rechtsstaatlich- keit sowie die bewusste Eskalation mit der kurdischen Bevölkerung ansehen . Außerdem gibt es nach wie vor keinen dem deutschen Bundestag vorliegenden Operationsplan, der die Einsatz- regeln für den Einsatz der Bundeswehr in Syrien und Irak festlegt . Eine knappe Weisung des Verteidigungs- ministeriums, die ursprünglich nur als Grundlage für die Erarbeitung eines Operationsplans dienen sollte, wurde kurzerhand und leise zum Operationsplan umdeklariert . Das ist kein guter Umgang mit militärischer Verantwor- tung und eine Missachtung der Kontrollfunktion des Par- laments gegenüber der Regierung und den Streitkräften . Wir stehen weiterhin solidarisch an der Seite Frank- reichs . Wir sind nicht gegen eine notwendige militärische Bekämpfung von ISIS . In der Gesamtabwägung und vor dem Hintergrund der sich massiv veränderten Rolle der Türkei und Russlands stimmen wir gegen das vorliegen- de Mandat der Bundesregierung . Anlage 9 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Fortsetzung und Ergänzung des Einsatzes bewaff- neter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Ar- tikel 51 der Charta der Vereinten Nationen in Ver- bindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union und den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsra- tes der Vereinten Nationen sowie des Beschlusses der Staats- und Regierungschefs vom NATO-Gip- fel am 8./9. Juli 2016 (Tagesordnungspunkt 11) Kirsten Lühmann (SPD): Ich stimme der Verlänge- rung des Bundeswehreinsatzes zu, weil die Notwendig- keit, den sogenannten IS auch mit militärischen Mitteln Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19929 (A) (C) (B) (D) zu bekämpfen, nach wie vor besteht . Gerade jetzt, wo die Anti-IS-Koalition den entscheidenden Kampf um die IS-Hochburgen Rakka und Mossul beginnt, ist die Konti- nuität dieses Auslandseinsatzes von größter Wichtigkeit . Dies sind wir den Kämpfenden, darunter vielen Kurden und Kurdinnen, schuldig . Zu Recht pochen wir aber auf die Bedingung, dass der Einsatz von türkischem Boden nur fortgeführt wer- den kann, wenn sichergestellt ist, dass wir Abgeordneten ungehinderten Zugang zu den deutschen Soldaten und Soldatinnen haben . Diese Bedingung ist für eine Parla- mentsarmee unerlässlich . Daher ist es auch zwingend geboten, Alternativstandorte für diesen Bundeswehrein- satz auszuloten . Außerdem sind die gezielten Verzöge- rungen bei den Verbesserungen der Unterbringungsbe- dingungen für unsere Einsatzkräfte nicht tragbar . Daher war für mich, um dem Antrag zustimmen zu können, die Protokollerklärung der Bundesregierung über die Suche nach Alternativstandorten zwingend . Da sich der Antrag auf den Einsatz bezieht und keinen Einsatzort vorsieht, können und sollten die Soldaten und Soldatinnen bei Vorliegen eines guten Alternativstandortes sofort dorthin verlegt werden . Mir ist – auch aufgrund meiner aktuellen Besuche – bewusst, dass die innenpolitische Lage in der Türkei auf- grund der Einschränkung demokratischer Grundrechte besorgniserregend ist . Eine Unterbrechung des Kampfes gegen den sogenannten IS ist darauf jedoch keine geeig- nete Antwort . Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU): Zum vorliegenden Antrag der Bundesregierung über eine Fort- setzung und Ausweitung des militärischen Engagements der Bundeswehr in Syrien nehme ich wie folgt Stellung: Bereits im vergangenen Jahr habe ich mich gegen den Einsatz der Bundeswehr im syrischen Bürgerkrieg aus- gesprochen . Gerade die undurchsichtige Gemengelage zwischen den zahlreichen Konfliktparteien spricht gegen eine Intervention Deutschlands . Zusätzliche Aktivitäten der unterschiedlichen Regionalmächte, religiöser Fana- tismus und der Einsatz Russlands und der NATO haben zu keiner Entspannung beigetragen . Trotz internationaler Maßnahmen kommt es in Syrien immer wieder zu neu- en Gewaltexzessen . Ein Ende ist derzeit nicht absehbar und eine Einigung der Konfliktteilnehmer in weite Ferne gerückt . Vonseiten der UNO gibt es kein Mandat für konzer- tierte Maßnahmen der Staatengemeinschaft in Syrien . Entsprechende Resolutionen werden im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen blockiert . Gleichzeitig führten die innenpolitischen Konflikte im Partnerland Türkei und die Diskussionen um den Stützpunkt Incirlik in den vergangenen Monaten wiederholt zu Irritationen über ein zielgerichtetes gemeinsames Vorgehen der Allianz . Leider bleibt der Regierungsantrag ein deutliches Ausstiegsszenario schuldig . Die Bekämpfung des isla- mistischen Terrors, des sogenannten IS, wird allein mit militärischen Mitteln nicht gelingen . Außerdem legt das fragile Gefüge des Nahen Ostens ein vorsichtiges Agie- ren in dieser Region nahe . Unüberlegte Einsätze westli- cher Staaten haben das Potenzial, die Region zusätzlich zu destabilisieren . Die Folgen des Irakkrieges, einer mi- litärischen Intervention ohne Exit-Strategie, sind noch immer spürbar . Deutschlands Rolle als Konfliktpartei schwächt zu- sätzlich unsere diplomatische Glaubwürdigkeit . Bei in- ternationalen Verhandlungen und Konferenzen genießt die Bundesrepublik ein besonderes Maß an Vertrauen und ist Ansprechpartner für unterschiedliche Lager . Die zunehmende Abkehr von der geübten militärischen Zu- rückhaltung erschwert außerdem die Arbeit des Auswär- tigen Amtes, friedliche Lösungen am Konferenztisch zu erreichen . Der Einsatz der Bundeswehr in Syrien trägt weder zum Ende des Bürgerkrieges bei, noch kann die nach- haltige Bekämpfung des religiösen Fanatismus im Nahen Osten durch militärische Einsätze gelingen . Daher versa- ge ich dem Antrag meine Zustimmung . Klaus Mindrup (SPD): Seit geraumer Zeit blicken wir mit großer Sorge auf die Lage in Syrien und den Irak . Die Terrormiliz IS hat sich in weiten Teilen dieser Länder ausgebreitet und damit ihre menschenverachtende Ideo- logie verbreitet . In den vergangenen Monaten erzielten vor allem kurdische Kämpfer militärische Erfolge gegen die Terrormiliz . Gleichzeitig fanden in der Türkei systematische An- griffe auf den Rechtsstaat und die Pressefreiheit statt, die wir als Demokraten nicht billigen können . Angefangen mit Entlassungen von Staatsbediensteten, Verhaftungen von Andersdenkenden und nun auch Unterdrückung und Verfolgung von gewählten oppositionellen Abgeord- neten müssen wir in der Türkei eine besorgniserregen- de Entwicklung beobachten . Dies kann auch nicht mit dem gescheiterten Putschversuch gerechtfertigt werden . Zusätzlich sehen wir vermehrt das türkische Militär in Kampfhandlungen gegen kurdische Kämpfer in Syrien und Irak . Dem Bundeswehreinsatz, der vom türkischen Luft- waffenstützpunkt Incirlik ausgeht, kann ich aufgrund dieser aktuellen Entwicklungen in der Türkei nicht zu- stimmen . Dass Abgeordneten des Deutschen Bundestages zeit- weise sogar der Besuch des Luftwaffenstützpunktes un- tersagt wurde, ist für mich ein weiterer Grund, den An- trag der Bundesregierung abzulehnen . Markus Paschke (SPD): Im vergangenen Jahr habe ich für den Einsatz gegen die terroristische Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) gestimmt . Ich halte diese Ent- scheidung nach wie vor für richtig und stehe auch dazu . Vom IS geht weiterhin eine große Bedrohung aus . Der in- ternationale Kampf gegen den IS hat Erfolg gezeigt und muss weitergeführt werden . Richtig ist aber auch, dass sich die Rahmenbedin- gungen geändert haben . Unsere Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee . Wir Parlamentarier tragen die Ver- antwortung für die Einsätze der Frauen und Männer der deutschen Bundeswehr . Schon allein deshalb ist es das Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619930 (A) (C) (B) (D) Recht aller Bundestagsabgeordneten, unsere Soldatinnen und Soldaten dort, wo sie stationiert sind, zu besuchen . Bisher ist dies jedoch seitens der türkischen Regierung nicht sichergestellt . Im Gegenteil, dieses Besuchsrecht ist vom guten Willen der türkischen Regierung abhängig . Einen solchen Umgang mit Vertretern unseres Parlamen- tes verurteile ich und lehne ihn ab . Zudem konnte bis jetzt immer noch keine Einigung über die Investitionen in die Soldatenunterkünfte erzielt werden . Es kann nicht sein, dass unsere Angehörigen der Bundeswehr in Unterkünften untergebracht werden, die von der amerikanischen Armee als „unbewohnbar“ aufgegeben worden sind . Hier besteht dringender Hand- lungsbedarf . Und auch die politischen Rahmenbedingungen in der Türkei, wo sich der Stützpunkt für den heute abzu- stimmenden Einsatz befindet, sind inzwischen unsicher, wenn nicht sogar gefährlich . Die Handlungen des türki- schen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit den Ver- haftungswellen gegen Journalisten und Oppositionspoli- tiker, massenhaften Entlassungen von Richtern und der Krieg gegen Kurden führen zu einer Radikalisierung und Spaltung der türkischen Gesellschaft . Die Stimmung in der Türkei wird zunehmend explosi- ver, und dies kann Auswirkungen auf unsere Soldatinnen und Soldaten haben . Wir haben eine klare Verantwortung gegenüber den Mitgliedern unserer Streitkräfte . Diese Verantwortung müssen wir auch wahrnehmen . Wenn der türkische Präsident öffentlich sagt, so wie in den letzten Tagen geschehen, Deutschland unterstütze den Terro- rismus, dann ist für mich eine rote Linie überschritten . Dann kann ich auch nicht unsere Soldatinnen und Sol- daten indirekt in seine Hände geben . Unsere Empörung darüber zum Ausdruck zu bringen, reicht nicht mehr . Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind für mich einfach noch zu viele Fragen ungeklärt . Daher hätte ich mir ge- wünscht, dass die Abstimmung verschoben oder der Ein- satzort verlegt worden wäre – auch um das Engagement unseres Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier im Ringen um eine gute und verlässliche Lösung zu un- terstützen und ihm dafür den notwendigen Raum zu ge- ben . Aus heutiger Sicht ist es mir aus den angeführten Gründen nicht möglich, dem vorliegenden Antrag zu- stimmen . Daher werde ich heute gegen den Antrag „Fortsetzung und Ergänzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristi- scher Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Charta der Vereinten Nati- onen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union und den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie des Beschlusses der Staats- und Regierungschefs vom NATO-Gipfel am 8 ./9 . Juli 2016 stimmen . Christian Petry (SPD): Obwohl ich den Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den IS auch mit der Un- terstützung deutscher Aufklärungsflugzeuge unterstütze, kann ich einer Weiterführung des Mandates der Bundes- wehr auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik aufgrund des Verhaltens der türkischen Regierung und des türkischen Präsidenten nicht zustimmen . Zwar ist der Luftwaffenstützpunkt Incirlik nicht Gegenstand der Mandatsverlängerung, gleichwohl ist er als Standort der Bundeswehr weiterhin vorgesehen . Der jederzeit freie und unbegrenzte Zugang der Abgeordneten des Deut- schen Bundestages zum Luftwaffenstützpunkt Incirlik muss Voraussetzung einer Mandatsverlängerung sein . Dieser jederzeit freie und unbegrenzte Zugang der Ab- geordneten des Deutschen Bundestages wird auch in der Protokollerklärung nicht in für mich ausreichender Form eingefordert . Florian Post (SPD): Deutschland beteiligt sich der- zeit an der multinationalen Mission gegen den IS mit rund 470 Soldaten, von denen etwa 250 in dem türki- schen Standort Incirlik stationiert sind . Wegen der innen- politischen Entwicklung in der Türkei und der fehlenden Genehmigung für den Besuch eines Bundestagsabgeord- neten hatte ich im Vorfeld der Abstimmung gewichtige Bedenken geäußert . Bei der Abstimmung über die Mandatsverlängerung des Bundeswehreinsatzes in Incirlik werde ich aufgrund der Protokollerklärung der Bundesregierung zustimmen . Die in der Erklärung enthaltene Zusicherung der Bun- desregierung, andere Luftwaffenstützpunkte als Incirlik zu prüfen und das Parlament in geeigneter Weise darüber zu unterrichten, wird es uns gegebenenfalls ermöglichen, den Standort vorbereitet zu wechseln Der Einsatz der Bundeswehr wird vom Deutschen Bundestag mandatiert . Daher erwarte ich, dass sich die Bundesregierung weiterhin mit Nachdruck gegenüber der türkischen Regierung für die Ermöglichung von Be- suchen der Abgeordneten des Deutschen Bundestages einsetzen wird . Ursula Schulte (SPD): Der Einsatz der Bundeswehr dient der Bekämpfung der Terrorgruppe IS und damit der europäischen und unserer eigenen Sicherheit sowie der Sicherheit aller vom sogenannten „Islamischen Staat“ bedrohten Länder . Der Sicherheitsrat der Vereinten Na- tionen hat wiederholt festgestellt, dass die Terrororgani- sation „Islamischer Staat“ unverändert eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit dar- stellt . Zahlreiche europäische Länder, aber auch Deutsch- land, mussten dies schmerzlich erfahren . Selbst wenn am Ende eine tragfähige Friedensregelung in der Region nur politisch erreicht werden kann, muss der IS auch mit mi- litärischen Mitteln bekämpft werden . Aus diesem Grund haben sich 67 Staaten in der internationalen Anti-IS-Ko- alition zusammengeschlossen . Deutschland hat mit sei- nen Maßnahmen zu Luftaufklärung, Luftbetankung und Begleitung für einen französischen Flugzeugträger einen wichtigen Beitrag innerhalb dieser Koalition geleistet . Die Erfolge gegen den IS sind unübersehbar . Aktuell befindet sich der IS bereits in der Defensive. Nun gilt es, den eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen, ergänzt um Aufklärungselemente von AWACS, die Deutschland Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19931 (A) (C) (B) (D) gemeinsamen mit anderen Partnern in die Koalition ein- bringen kann . Deutschland zeigt sich hier als verlässli- cher Partner, der bereit ist, Verantwortung zu überneh- men . Für mich ist klar: Der Kampf gegen den Terrorismus kann nicht allein mit militärischen Mitteln erfolgreich zu Ende gebracht werden . Aus diesem Grund setzen wir uns für einen breiten zivilen Ansatz ein, mit dem eine Sta- bilisierung der vom IS befreiten Gebiete in Syrien und Irak angestrebt werden soll . Deutschland gehört bereits heute zu den größten internationalen Gebern für huma- nitäre und Wiederaufbauhilfe in der Region . Das über- geordnete Ziel bleibt eine umfassende politische Lösung für Syrien und eine dauerhafte Stabilisierung des Irak, für die sich insbesondere unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier konsequent und mit großem persönlichem Engagement einsetzt . Der Einsatz der Bundeswehr wird vom Deutschen Bundestag mandatiert . Es ist daher unabdingbar, dass der Bundestag die Möglichkeit haben muss, die deutschen Soldatinnen und Soldaten im Einsatz in Incirlik zu besu- chen . Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie sich weiterhin mit Nachdruck für das Besuchsrecht einsetzt . Sollte die türkische Regierung dem Bundestag dieses Besuchsrecht wiederholt verweigern, sollen die Bundes- wehreinheiten an einen anderen Standort verlegt werden . Die Standortalternativen sollen schon jetzt geprüft wer- den, damit eine Verlegung ohne zeitliche Verzögerung erfolgen kann . Nach Abwägung aller Umstände stimme ich dem von der Bundesregierung vorgelegten Mandat zur Verlänge- rung des Anti-IS-Einsatzes zu . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes (Tagesordnungs- punkt 19) Bernd Siebert (CDU/CSU): 24 Islamisten wurden in der Bundeswehr enttarnt . 60 weitere Verdachtsfälle werden verfolgt . Diese Informationen konnten wir der medialen Berichterstattung entnehmen . Da der MAD der einzige Geheimdienst im Inneren der Bundeswehr ist, kann diese wichtige Information nur aus den Quel- len des Dienstes stammen . Allein schon diese Tatsache macht zwei Dinge deutlich: Erstens . Es ist gut, dass wir den MAD haben! Zweitens . Es ist notwendig, eine ge- setzliche Regelung herbeizuführen, die Extremisten, Terroristen und auch Kriminelle schon in der Phase der Bewerbung, also frühzeitig, erkennt, bevor sie in die Bundeswehr aufgenommen werden . Insgesamt bearbeitet der MAD derzeit, so ist zu hören, eine dreistellige Zahl extremistischer Verdachtsfälle, da- runter Rechts- und Linksextremisten sowie die genann- ten islamischen Extremisten . Die Dunkelziffern dürften jedoch weitaus höher liegen . Der Wehrbeauftragte hat recht, wenn er darauf hinweist, dass Extremisten und Is- lamisten die Bundeswehr nicht zur Ausbildung für den Dschihad missbrauchen dürfen . Dies alles stellt eine rea- le Gefahr dar, die man ernst nehmen muss . Insofern sind die Bundesregierung und hier insbesondere das Bundes- ministerium der Verteidigung für die vorliegende Initiati- ve zur Änderung des Soldatengesetzes zu loben; denn der Zeitpunkt der heutigen Beratung ist hochaktuell . Die Gesetzesänderung sieht vor, dass sich Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zukünftig vor dem Eintritt in die Bundeswehr einer einfachen Sicherheitsüberprü- fung unterziehen sollen, und zwar Berufs- und Zeitsol- daten ebenso wie auch freiwillige Wehrdienstleistende . Bisher ist dies in der Regel nur bei Verwendungen in si- cherheitsrelevanten Bereichen der Fall . Darüber hinaus wird von angehenden Soldaten lediglich ein Führungs- zeugnis oder eine Auskunft aus dem Bundeszentralregis- ter eingeholt sowie ein Bekenntnis zur freiheitlich-demo- kratischen Grundordnung eingefordert . Aufgrund der Erfahrungen aus vielen Truppenbesu- chen und aus der Arbeit als Mitglied im Verteidigungs- ausschuss muss ich erkennen, dass die bisherigen Maß- nahmen keine umfassenden Erkenntnisse über mögliche extremistische Hintergründe eines potenziellen Bewer- bers erlauben . Deswegen müssen wir hier dringend nach- bessern; denn es ist eben nicht nachvollziehbar, dass für Soldaten, die mit geheimen Dokumenten zu tun haben, andere Regeln gelten als für ihre Kameradinnen und Ka- meraden, die im täglichen Dienst mit Kriegswaffen um- gehen . Auch halte ich es für ein Gebot der Anständigkeit den vielen Tausend Soldatinnen und Soldaten gegenüber, wenn ihr Dienstherr zur Gefahrenabwehr bereits ganz am Anfang genauer hinschaut und nicht erst während der Dienstzeit . So kann Problemen und Gefahren vorgebeugt werden . Insbesondere der Prävention durch Aufklärung kommt eine wesentliche Bedeutung zu . Vorgesetzte und Mitarbeiter müssen über alle Formen des Extremismus informiert werden, damit sie mögliche Gefährdungspo- tenziale frühzeitig erkennen . Aber das allein genügt eben nicht . Wir wissen aus vielen Berichten, dass Extremisten, aber auch andere Schwerkriminelle, sich gezielt bei der Bundeswehr bewerben, um dort an Waffen ausgebildet zu werden und möglicherweise Einblicke in die Arbeits- weisen des sogenannten Feindes zu erhalten . Diese Men- schen verhalten sich oft gezielt unauffällig . Umso dringlicher ist es, die nun vorgeschlagenen Maßnahmen so bald wie möglich umzusetzen . Wir müs- sen unbedingt verhindern, dass gewaltbereite Extremis- ten, gleich welcher Prägung, in den Genuss einer militä- rischen Ausbildung gelangen, um mit diesen Kenntnissen später unserem Land schwerwiegende Schäden zuzufü- gen . Man stelle sich einen schweren terroristischen An- schlag mit Schusswaffen vor, vergleichbar den Attacken in Paris vor knapp einem Jahr, und bei den nachfolgen- den Ermittlungen kommt heraus, dass einer der Täter den Umgang mit Sturmgewehren bei den deutschen Streit- kräften gelernt hat – ein absolutes Horrorszenario! Die Bundesregierung kalkuliert mit etwa 20 000 Neu- einstellungen und Sicherheitsüberprüfungen von Sol- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619932 (A) (C) (B) (D) daten pro Jahr . Dazu kommen die bisher schon etwa 50 000 Sicherheitsüberprüfungen sowie standardmäßige Wiederholungsüberprüfungen . Aus diesem Grund wird der Militärische Abschirmdienst wohl etwa 90 weitere Planstellen benötigen . Doch dies sollte es uns wert sein! Es ist meine feste Überzeugung, dass unsere Armee kei- nen Platz für Extremisten, Terroristen und Kriminelle haben darf . Diese müssen so früh wie möglich erkannt werden . Wenn sie erst einmal erkannt sind, dürfen sie keinen Zugang zur Bundeswehr bekommen . Es ist daher unsere Verantwortung als Verteidigungspolitiker, dafür die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen . Der vorliegende Gesetzentwurf wird dazu beitragen, die Bun- deswehr noch sicherer zu machen . Dr. Fritz Felgentreu (SPD): In der Bundeswehr dienen von Jahr zu Jahr mehr Männer und Frauen mus- limischen Glaubens . Die SPD-Fraktion begrüßt diese Entwicklung . Sie zeigt, dass zunehmend auch die Kinder und Enkel von Einwanderern sich voll und ganz mit die- sem Land identifizieren. Sie alle schwören, der Bundes- republik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, und als religiöse Menschen schwören sie es in der Re- gel, so wahr Gott ihnen helfe . Wir können alle zusammen stolz darauf sein, dass immer mehr junge Leute mit Ein- wanderungsgeschichte so überzeugt von unserem Land sind, dass sie dazu bereit sind, in letzter Konsequenz ihr Leben dafür einzusetzen . Damit Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich ein Bild machen können, was für tolle Leute das sind, die die Bundeswehr da gewonnen hat, empfehle ich Ihnen das Porträt eines Sohnes mei- nes Wahlkreises Berlin-Neukölln, des Hauptfeldwebels Ferhat Alhayiroglu, das am vergangenen Montag im Ber- liner Tagesspiegel erschienen ist . Dazu eine Randbemerkung: Fast noch bemerkenswer- ter erscheint es mir, dass inzwischen auch Juden wieder in den deutschen Streitkräften dienen . Am kommenden Sonntag, dem Volkstrauertag, werde ich als Berliner Landesvorsitzender des Volksbunds Deutsche Kriegsgrä- berfürsorge wieder an einer Gedenkstunde für jüdische Gefallene des Ersten Weltkrieges auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee teilnehmen . Ihr Andenken ist von dem Land, dem sie ihr Leben geopfert haben, auf die schrecklichste Weise verraten worden . Dass dennoch heute wieder deutsche Juden als Soldaten dienen und die- ser Republik so das größtmögliche Vertrauen schenken, ist ein Grund für tiefe Dankbarkeit . Das Engagement von Juden und Muslimen in den deutschen Streitkräften muss auch der Dienstherr, also letztlich dieses Parlament, wür- digen und fördern . Ich würde es deshalb sehr begrüßen, wenn der Zentralrat der Juden sich dazu bereitfände, die jüdische Militärseelsorge wiederaufzunehmen, die im Ersten Weltkrieg Soldaten jüdischen Glaubens betreut hat . Und auch für den Aufbau einer islamischen Militär- seelsorge wird das Bundesministerium der Verteidigung Sorge tragen müssen, indem es geeignete Partner dafür sucht . Die Bundeswehr wird als Armee des ganzen deut- schen Volkes nur dann eine Zukunft haben, wenn Men- schen aller Religionen, die von jeher hier verwurzelt sind oder seit jüngerer Zeit hier Wurzeln geschlagen haben, dort ganz selbstverständlich ihren Beitrag leisten . In der SPD-Fraktion sind wir überzeugt: Nur eine Bundeswehr, die sich als Spiegel dieser Gesellschaft versteht, wird ih- ren Auftrag auf Dauer mit voller Kraft erfüllen können . Aber wie die Gesellschaft als Ganzes, so ist auch die Bundeswehr der Gegenwart nicht frei von alten und neu- en Gefahren . In der Vergangenheit hat der Militärische Abschirmdienst in einer kleinen, aber ernst zu nehmen- den Zahl von Einzelfällen Rechtsextremisten ausfindig gemacht, die in der Bundeswehr eine militärische Ausbil- dung machen wollten, um verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen . In jüngerer Zeit ist eine andere Risikogruppe auffällig geworden: Ich spreche von muslimischen Extre- misten, die in der Bundeswehr militärische Fähigkeiten für den Dschihad erwerben wollen und mit denen sich auch die Gefahr von Terroranschlägen in den Standorten und Einsatzorten der Bundeswehr verbindet . Seit 2007 konnte der MAD 24 solcher Personen enttarnen . Nach Medienberichten werden circa 60 weitere Verdachtsfälle geprüft . Der vorliegende Gesetzentwurf trägt den neuen Risi- ken Rechnung, denen die Bundeswehr als Freiwilligen- armee in einer veränderten sicherheitspolitischen Lage ausgesetzt ist . Damit Extremisten jeder Richtung nicht erst dann enttarnt werden können, wenn sie ihren Dienst bereits angetreten haben, sollen in Zukunft schon die Be- werberinnen und Bewerber einer einfachen Sicherheits- überprüfung unterzogen werden . Das wird nicht nur zu mehr Sicherheit in der Bundeswehr beitragen . Indirekt kann damit auch erschwert werden, dass gewaltbereite Extremisten die Dinge lernen, die sie brauchen, um un- schuldige Menschen zu terrorisieren . Mit diesem sinn- vollen Gesetz stärken wir also in schwieriger Zeit die wehrhafte Demokratie . Das sollte auch unser Leitgedan- ke bei der Beratung in den Ausschüssen sein . Inge Höger (DIE LINKE): Bei der Bundeswehr wer- den junge Menschen dazu ausgebildet, tödliches Kriegs- gerät zu bedienen . Das gilt für jeden einzelnen Fall, in dem Rekrutinnen und Rekruten die Grundausbildung oder auch weitergehende Ausbildungsschritte bei der Bundeswehr durchlaufen . Deswegen ist große Wachsam- keit gefragt, was mit diesen Fähigkeiten gemacht wird oder werden kann . In anderen Worten: Die Sorgen, die ich hinter dem Gesetzentwurf vermute, teile ich weitge- hend – allerdings gehen meine Sorgen deutlich weiter, und ich habe ernsthafte Zweifel, dass der vorgeschlagene Weg tatsächlich die realen Probleme löst . Als Militärkritikerin habe ich bereits mit der Tatsa- che, dass es diese Ausbildung zum Töten überhaupt gibt, ein Problem . Das ist besonders vor dem Hintergrund problematisch, dass es erklärtes Ziel der Ausbildung der Bundeswehr ist, Soldatinnen und Soldaten auf den Auslandseinsatz vorzubereiten. Konkret sind das häufig Kriegs- und Besatzungseinsätze . Der aktuelle Anlass für die vorgeschlagene Änderung des Soldatengesetzes ist die Angst davor, dass junge Menschen aus einer dschiha- distischen Motivation heraus zur Bundeswehr gehen könnten . An dieser Stelle muss ich meine Verwunderung zum Ausdruck bringen, dass jahrzehntelange Warnun- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19933 (A) (C) (B) (D) gen vor nationalistischen und rechtsradikalen Kräften in der Bundeswehr keine vergleichbare Aufmerksamkeit bekommen haben . Nach wie vor wird der regelmäßige Schwund von Waffen, Munition und Sprengstoff bei der Bundeswehr eher heruntergespielt . In der Begründung für die Gesetzesänderung wird ne- ben der Beschwörung dschihadistischer Unterwanderung zusätzlich an den Nationalsozialistischen Untergrund erinnert . Allerdings zeigt dieses Beispiel auch, dass Ge- heimdienste keineswegs die passende Antwort auf die durchaus realen Gefahren sind . Uwe Mundlos war wäh- rend seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr massiv wegen rechtsextremer Umtriebe aufgefallen . Er wurde unter an- derem von der Polizei bei einer Demonstration zum Ge- denken an Rudolf Heß aufgegriffen, in seiner Wohnung wurden eine umfangreiche Musiksammlung von Neona- zibands und NPD-Flugblätter gefunden . Dennoch wurde er von seinen Vorgesetzten gelobt, befördert, und kurz vor Ende seiner Dienstzeit versuchte der MAD noch, ihn als Spitzel anzuwerben . So löst man keine Probleme, sondern schafft man neue . Notwendig ist eine umsichtige und sensible Perso- nalführung . Das ist aber keine Aufgabe, für die sich ein Geheimdienst eignet . Diese Aufgabe muss die Bundes- wehr auf allen Ebenen zusammen mit den jeweiligen Vorgesetzten ernst nehmen . Die zahlenmäßig bei weitem größte Gefahr geht übrigens nach wie vor von Rechtsex- tremen in der Bundeswehr aus . Aktuell gibt es 268 Ver- dachtsfälle . Dem stehen 64 mutmaßliche Sympathisanten von Dschihadisten gegenüber . Es wird befürchtet, dass diese dann entweder gegen andere Mitglieder der Bundeswehr Angriffe durchführen könnten, was bisher bei der Bundeswehr eher eine theore- tische Gefahr ist, oder dass mit den gelernten Fähigkeiten terroristische Anschläge ausgeübt werden . Die Fähigkeit, Kriegsgeräte zu bedienen, ist jedoch aller Erfahrung nach nicht notwendig, um terroristische Anschläge durchzu- führen . Wesentlich realer ist die Gefahr, dass Menschen, die bei der Bundeswehr den Umgang mit Kriegsgerät gelernt haben, später als Söldner ihre Fähigkeiten ver- kaufen . Es sind aktuell wohl etwa 30 ehemalige Soldaten nach Syrien und in den Irak ausgereist . Zusätzlich bieten Tausende deutsche Exsoldaten ihre „Dienste“ für ver- schiedene „Sicherheitsunternehmen“ auf dem globalen Markt an . 1990 hat die damalige Bundesregierung zwar die UN-Konvention gegen die Anwerbung, den Einsatz, die Finanzierung und die Ausbildung von Söldnern unter- zeichnet. Die Ratifikation, durch die die Resolution erst verpflichtend würde, wurde jedoch von wechselnden Bundesregierungen hinausgezögert und fand bis heute nicht statt . Mir geht es hier nicht um eine Relativierung der Ter- rorgefahr, sondern um den Hinweis darauf, dass die nun vorgeschlagenen Schritte bestenfalls billiger Aktionis- mus, aber kaum dazu geeignet sind, die konkreten Pro- bleme zu lösen . Zudem sind die Probleme wesentlich weitreichender, als die verkürzte Debatte um „islamisti- schen“ Terrorismus suggeriert . Vielmehr geht es darum, die Verantwortung für Fähigkeiten, die bei der Bundes- wehr gelernt wurden, wesentlich grundlegender zu er- kennen und auch entsprechend rechtlich und durch gute Personalführung einzulösen . Schlussendlich bleibt aber das Grundproblem: die deutsche Kriegspolitik . Es ist bekannt, dass die größte Radikalisierungsgefahr für Soldatinnen und Soldaten im Verlauf von Kriegseinsätzen existiert . Wenn sie psy- chisch oder auch moralisch mit der Realität der Kriege nicht klarkommen, äußert sich dies leider allzu häufig auch in gewaltförmigem Verhalten, gegen ihre Kolle- gen, gegen ihre Familien, aber auch gegen die gesamte Gesellschaft . Sogenannte Amokschützen sind leider nur ein Beispiel dafür . Wenn die Bundesregierung endlich Abstand nimmt von der interventionistischen Militär- politik, dann ist dies eine wesentlich bessere Form der Gewaltprävention als alle noch so umfangreiche Über- wachungspolitik . Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In einem Punkt sind wir uns wahrscheinlich alle einig: Extremistinnen und Extremisten, egal ob islamistisch oder rechtsradikal, dürfen auf keinen Fall bei der Bun- deswehr an der Waffe ausgebildet werden . Jeder Einzel- fall ist einer zu viel! Es ist also richtig, dass die Bun- desregierung in dieser Sache den Versuch unternimmt, die bisher zu laschen Regeln zu verschärfen . Es muss sichergestellt werden, dass Menschen mit extremisti- schem Gedankengut nicht der Bundeswehr angehören und dann das Wissen sowie die dort erlernten Fähigkei- ten anschließend nicht missbrauchen können . Deshalb ist das Ziel dieser Änderung des Soldatengesetzes, eine Sicherheitsüberprüfung für Bewerberinnen und Bewer- ber bei der Bundeswehr einzuführen, an sich nicht falsch oder kritikwürdig . Trotzdem sehe ich aber in den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen mehrere hochproblematische Punkte und habe aus vielen Grün- den großen Zweifel daran, ob die Sicherheitsüberprüfung durch den Militärischen Abschirmdienst ein geeigneter und vor allem auch ein ausreichender Weg ist, um der Gefahr zu begegnen . Wir Grüne haben mit Ihrem Gesetzentwurf ein ganz grundsätzliches Problem, das sich auf den institutionellen Rahmen bezieht . Die Bundesregierung will den Militäri- schen Abschirmdienst mit zusätzlichen Dienstposten ver- stärken und seine Aufgaben extrem ausweiten . Wir Grü- ne fordern seit Jahren immer wieder die Auflösung des Militärischen Abschirmdienstes . Manche Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition wollen uns hier scheinbar missverstehen oder hören nicht richtig zu . Immer wieder begegnet es mir, dass jemand versucht, unsere Position mit Absicht zu verdrehen, indem so getan wird, als woll- ten wir nicht die Institution des Militärischen Abschirm- dienstes abschaffen, sondern seine Aufgaben . Ich möchte hier ganz klar sagen: Das ist falsch! Ich möchte Ihnen auch erklären, wie wir Grüne zu dieser Position kommen . Sowohl der Untersuchungs- ausschuss zum Terrornetzwerk NSU als auch der zur NSA-Spähaffäre haben an vielen Stellen das generelle Versagen der deutschen Geheimdienste in Deutschland aufgedeckt . So zeigte sich im NSA-Untersuchungsaus- schuss, dass der Bundesnachrichtendienst vor allem mit Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619934 (A) (C) (B) (D) der Überwachung statt dem Schutz der eigenen Bürgerin- nen und Bürger beschäftigt ist . Die problematische Rol- le des Militärischen Abschirmdienstes ist im Zuge des NSU-Untersuchungsausschusses ans Tageslicht gekom- men . Es sind hier nicht nur wichtige Akten geheim ge- halten worden, sondern der Militärische Abschirmdienst wusste schon in den 90er-Jahren von der rechtsextremen Gesinnung von Uwe Mundlos und wollte diesen sogar als Informanten anwerben . Mit der Forderung, den Militärischen Abschirmdienst aufzulösen, stehen wir Grüne auch nicht allein . Vielleicht erinnern wir uns kurz an die FDP: Dies war einer der wenigen Punkte, wo wir Grüne einer Meinung mit der FDP waren . Auch der Bundesrechnungshof hat sehr klar bemängelt und analysiert, dass die Aufrechterhaltung des Militärischen Abschirmdienstes hohe Kosten für wenig Mehrwert bedeutet . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen Sie nun aber die Aufgaben und das Personal dieses Dienstes mas- siv aufstocken, statt endlich eine sinnvolle Reform in Bezug auf die gesamte deutsche Geheimdienstlandschaft auf den Weg zu bringen . Erst vor kurzem haben wir hier im Parlament über die Reform des Bundesnachrichten- dienstes und die Notwenigkeit der umfassenden parla- mentarischen Kontrolle debattiert . Unsere grüne Kritik an dieser großen Reform und unsere grünen Alternativen haben meine Kollegen Konstantin von Notz und Hans- Christian Ströbele in ihren prägnanten Reden Ende Ok- tober dargelegt . Auch in einem Positionspapier haben wir unsere Ideen, insbesondere für die Kontrolle der Nach- richtendienste, sehr konkret dargestellt . Es geht Ihnen aber bei diesem Gesetz wohl eher da- rum, punktuell Tatkraft zu heucheln und angesichts der kritischen Debatten eine Existenzberechtigung des Mi- litärischen Abschirmdienstes zu liefern, statt wirksame und effektive Lösungen zu finden, um die Bundeswehr vor der Gefahr, die von Extremistinnen und Extremisten ausgeht, zu schützen . Diese wichtigen Aufgaben sollen unserer Auffassung nach entsprechend reformierte Insti- tutionen übernehmen . Markus Grübel, Parl . Staatssekretär bei der Bun- desministerin der Verteidigung: Die Bundeswehr darf nicht zum Ausbildungscamp für Extremisten, Islamisten, Gewalttäter und Terroristen werden . Das wollen wir ver- hindern . Und darum legen wir diesen Gesetzentwurf vor . Die Bundeswehr ist darauf angewiesen, pro Jahr etwa 25 000 Bürgerinnen und Bürger für den Dienst als Soldatin oder Soldat in den Streitkräften zu gewinnen: 13 000 Soldaten auf Zeit und 12 000 freiwilligen Wehr- dienst Leistende . Nur für diejenigen, die später eine „sicherheitsemp- findliche Tätigkeit“ ausüben sollen – das sind etwa 10 000 Personen –, wird aktuell eine Sicherheitsüber- prüfung nach der Einstellung durchgeführt . Da sich diese Sicherheitsüberprüfung nur auf den Schutz von Verschlusssachen und den Schutz vor Innensabotage be- zieht, erfolgt keine inhaltlich tiefgehende Prüfung aller einzustellenden Bewerberinnen und Bewerber auf Extre- mismus- oder Terrorismusverdacht . Bislang werden einzustellende Bewerberinnen und Bewerber für den soldatischen Dienst in der Bundeswehr über den Inhalt und die Bedeutung der Verfassungstreue belehrt . Sie müssen lediglich ein polizeiliches Führungs- zeugnis vorlegen und sich darüber hinaus über die mögli- che Mitgliedschaft in und die Verbindung zu bestimmten politischen Parteien, Organisationen oder Institutionen und über das Bekenntnis zur freiheitlichen demokrati- schen Grundordnung erklären . Somit ist es derzeit nicht ausgeschlossen, dass eine an anderer Stelle bereits als Extremistin oder Extremist erkannte Person als Soldatin oder Soldat in die Bundes- wehr eingestellt wird, eine Ausbildung an Kriegswaffen und insbesondere Umgang mit diesen erhält – einfach weil die zuständigen Stellen der Bundeswehr über diese Erkenntnisse nicht verfügen . Alle Soldatinnen und Soldaten werden im Rahmen der Grundausbildung in der Handhabung und dem Gebrauch von Kriegswaffen (zum Beispiel automatische Waffen) ausgebildet . Die Ausbildung ist qualitativ hochwertig und von daher auch bei solchen Menschen begehrt, die besser niemals lernen dürften, wie man ein Sturmgewehr bedient . Ich spreche hier von Islamisten, Extremisten, Gewalttätern und Terroristen sowie von Personen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie sich absehbar zu sol- chen entwickeln . Diese Menschen tragen ihre feindseligen Absichten aber nicht offen erkennbar auf der Stirn . Es besteht somit die Gefahr, dass derartige Neigungen bei einer Bewer- bung als Soldatin oder Soldat unerkannt bleiben, solche Bewerber das Auswahlverfahren erfolgreich absolvie- ren und in der Grundausbildung all das lernen, was zum Handwerk des Soldaten gehört, auch den Umgang mit Waffen . Man muss dafür nicht nach Syrien reisen . Es ge- nügt die Grundausbildung in Hammelburg . Dies wollen wir verhindern . Diese Lücke wollen wir schließen, diese Lücke müssen wir schließen . Wir wollen, dass zukünftig jeder Soldat, bevor er in der Handhabung von Kriegswaffen ausgebildet wird, ei- ner einfachen Sicherheitsüberprüfung unterzogen wird . Wir orientieren uns dabei am seit Jahrzehnten erprobten Instrumentarium des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) . Wie in anderen besonders „sensiblen“ Bereichen auch, zum Beispiel dem Luftverkehr und dem Umgang mit ra- dioaktiven Stoffen im Sinne des Atomgesetzes, wollen wir die bei Polizei- und Sicherheitsbehörden und dem Bundeszentralregister bereits vorliegenden Informatio- nen nutzbar machen . Deshalb wird künftig vor Dienstan- tritt bei allen Bewerberinnen und Bewerbern eine Sicher- heitsüberprüfung durchgeführt . Die beabsichtigte Regelung trägt dem Verhältnismä- ßigkeitsgrundsatz Rechnung . Ein durch den Tatbestand der „erstmaligen Berufung in ein Dienstverhältnis als Soldatin oder Soldat“ genau eingegrenzter Personenkreis kann somit durch die Ein- holung von Informationen im Rahmen eines bewährten Verfahrens überprüft werden . Die Anknüpfung an die Berufung in ein Dienstverhältnis als Soldatin oder Sol- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19935 (A) (C) (B) (D) dat und damit an die Einstellung als Soldatin oder Soldat stellt sicher, dass hierunter all diejenigen – aber auch nur diejenigen – fallen, die in der Bundeswehr an Kriegswaf- fen ausgebildet werden sollen . Als mitwirkende Behörde soll wie bislang schon der Militärische Abschirmdienst agieren . Dieser hat – ganz wie im „alten“ SÜG auch – hierbei keinerlei nachrichtendienstliche Befugnisse . Die Konzepte zur Vorbeugung der Einstellung von Extremistinnen und Extremisten in die Bundeswehr wur- den bereits im Verlauf des 2 . Untersuchungsausschusses der 17 . Legislaturperiode zur Terrorgruppe „Nationalso- zialistischer Untergrund“ kritisch hinterfragt . Insgesamt hat der Untersuchungsausschuss bemän- gelt, Sicherheitsbehörden hätten trotz vorhandener Er- kenntnisse zur Affinität rechtsextremistischer Kreise zu Waffen und Sprengstoffen das Gefahrenpotenzial in nicht nachvollziehbarer Art und Weise verkannt . Diese Vorwürfe werden durch die beabsichtigte Lösung aufge- griffen . Die „Extremismusprävention“ wird umfassend gestärkt . Insgesamt ist das vorgeschlagene Gesetz ein kleiner, aber bedeutender Baustein für mehr Sicherheit in einer zunehmend unsicherer werdenden Welt . Unsere Bürger und unsere Bürger haben ein Recht darauf! Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Saatgutverkehrsgesetzes (Tagesord- nungspunkt 21) Kordula Kovac (CDU/CSU): Pro Jahr verzehrt der Deutsche im Durchschnitt 200 Kilogramm Obst und Gemüse . Damit sind wir schon nah dran an der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlenen Menge von 237 Kilogramm pro Jahr . Damit das aber auch so bleibt, müssen wir weiterhin beste Qualität und Vielfalt von deutschem Obst und Gemüse sicherstellen; denn machen wir uns nichts vor: Was dem Verbraucher nicht schmeckt, isst er nicht . Aber: Was der Verbraucher nicht kennt, isst er auch nicht, Gesundheit hin oder her . Der Obstbau ist aus der deutschen Landwirtschaft nicht wegzudenken, weder ökonomisch noch ökologisch oder sozial. Aber ohne leistungsfähige Pflanzensorten ist Obstbau nicht möglich. Hochwertiges Saat- und Pflanz- gut resistenter, qualitativ hochwertiger und leistungsfähi- ger Sorten dient nicht nur dem Schutz des Verbrauchers, sondern auch der Versorgung der Landwirtschaft und des Gartenbaus . Das Saatgutverkehrsgesetz regelt im wahrs- ten Sinne des Wortes das „in Verkehr bringen“ und die amtliche Anerkennung von Saatgut und Vermehrungs- material in Deutschland . Dieses Saatgutgesetz wird mit der heutigen Gesetzesänderung gemäß EU-Vorgaben präzisiert . Das Vierte Gesetz zur Änderung des Saatgutver- kehrsgesetzes setzt somit unter Einhaltung der Frist des 31 . Dezembers dieses Jahres verschiedene Durchfüh- rungsrichtlinien der EU-Kommission zur Schaffung von Sortenverzeichnissen für Obstsorten zur Fruchterzeu- gung und zum Inverkehrbringen von Vermehrungsmate- rial von Obstarten in nationales Recht eins zu eins um . Zugrunde liegt den beiden Richtlinien des Rates und der Kommission letztendlich der Wunsch der Harmonisie- rung und der Transparenz auf europäischer Ebene . Die Richtlinien enthalten nähere Bestimmungen zur Regis- trierung bzw . dem Verzeichnis von Versorgern, zur Ein- tragung von Sorten ebenso wie zur regionalen Herkunft und zur Saatgutmenge . Die EU-Richtlinien umfassen aber auch Vorgaben für ein gemeinsames Sortenverzeichnis auf europäischer Ebene, mit denen Details wie zum Beispiel die Bedin- gungen für die Eintragung, die Geltungsdauer der Ein- tragung oder auch die Erneuerung einer Eintragung, geregelt werden . Die Errichtung dieses gemeinsamen elektronischen Sortenverzeichnisses für Obstsorten zur Fruchterzeugung obliegt der Europäischen Kommissi- on . Dadurch, dass dieses Verzeichnis veröffentlicht wird, wird eine transparente und leicht abzufragende Daten- bank angelegt, die als Informationsquelle Vertrauen auf dem Markt, aber auch eine angemessene Verbraucherin- formation schaffen kann . Grundlage dieses gemeinsamen EU-Sortenverzeich- nisses sind die jeweiligen nationalen Gesamtlisten, in denen alle relevanten heimischen Obstsorten aufgelis- tet werden . Der Inhalt der nationalen Gesamtlisten ist ebenfalls durch EU-Vorgaben bestimmt worden . In dem Verzeichnis müssen zum Inverkehrbringen mit amtlicher Beschreibung zugelassene, nach dem nationalen Sorten- schutzrecht oder nach dem gemeinschaftlichen Sorten- schutzrecht geschützte und bereits vor dem 30 . Septem- ber 2012 mit anerkannter Beschreibung in den Verkehr gebrachte Sorten ebenso wie das Vermehrungsmaterial von Obstarten aufgeführt werden . Für die Erstellung der deutschen Liste ist das Bundessortenamt zuständig . Ab Beginn des nächsten Jahres muss das Amt diese Liste, ebenso wie das Verzeichnis der Versorger, jährlich an die EU-Kommission übermitteln . Der Mehrwert von solchen Listen ist ja nicht un- umstritten . Erlauben Sie mir aber darzustellen, warum dieses Sortenverzeichnis keine unnötige Bürokratie aus Brüssel ist: Erstens . Wir müssen nicht bei null anfangen . Die deutsche Gesamtliste kann auf der beim Bundessor- tenamt bereits vorhandenen Liste der vertriebsfähigen Obstsorten aufbauen . Zweitens . Die Mehrarbeit für das Bundessortenamt hält sich in Grenzen . Derzeit werden nicht mehr als 20 Anträge pro Jahr zur Aufnahme von Obstsorten in die deutsche Gesamtliste gestellt . Da der überwiegende Teil der vertriebsfähigen Obstsorten be- reits gelistet ist, ist zu erwarten, dass diese Zahl zukünf- tig eher rückläufig ist. Drittens. Durch die Erteilung von Sortenschutz und Sortenzulassung unterstützt das Bun- dessortenamt bereits jetzt die vielfältigen Aktivitäten zur Förderung des Züchtungsfortschritts und der biolo- gischen Vielfalt . Gerade die Wahrung der genetischen Vielfalt, die Erhaltung unserer pflanzengenetischen Res- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619936 (A) (C) (B) (D) sourcen und der damit einhergehenden Biodiversität ist unverzichtbar für die zukunftsorientierte Pflanzenzüch- tung in Landwirtschaft und Gartenbau . Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bin ich für Obst, Gemüse und Wein zuständig . Ich lebe in einer Region, in der diese Themen die Menschen im Haupt- und Nebenerwerb täglich beschäftigen . Wir wissen, wie wichtig regionale Produkte jetzt und in Zukunft für uns sind . Und als Kommunalpolitikerin weiß ich auch, wie wichtig eine Zukunft für Obst, Gemüse und Wein für unsere Kulturlandschaften und die Aufrechterhaltung der Landwirtschaft ist . Man erntet bekanntlich, was man sät! Lassen Sie uns daher heute dem Gesetz unse- re Zustimmung erteilen und somit die Weichen stellen für einen zukunftsorientierten, transparenten und wett- bewerbsfähigen Obstbau in Deutschland und Europa auf der Grundlage einer verlässlichen und genau geregelten Datenbank über Versorger und Sorten, die Qualität und Vielfalt des Angebots sicherstellt . Kees de Vries (CDU/CSU): Vielleicht erinnern Sie sich an die bunten und idyllischen Bilderbücher aus Ih- rer Kindheit . Dann haben Sie bestimmt noch den Bau- ern mit seiner Kuh oder die Bäuerin bei der Arbeit auf dem Weizenfeld vor Augen . Die banale, aber elementare Botschaft dieser Bilder lautet: Landwirtschaft produziert Lebensmittel . Abgesehen davon, dass viele Erwachsene die moderne Agrarwirtschaft mit Maßstäben der Bilder- buchromantik messen, wird häufig übersehen, welche bedeutende Aufgabe unsere Landwirte außerdem erfül- len. Ich spreche von Landschaftspflege – und ich spreche von der ökologischen Vielfalt des ländlichen Raumes, die es einerseits zu fördern, andererseits zu schützen gilt! Mit der Änderung des Saatgutverkehrsgesetzes ver- größern wir den Spielraum der Landwirtschaft, nachhal- tig auf unsere Umwelt einzuwirken . Ziel der Brüsseler Richtlinie ist es, die genetische Vielfalt im Obstanbau zu bewahren . Mit der Umsetzung zweier Durchführungs- richtlinien wollen wir dieses Ziel in nationales Recht übersetzen . Es ist vorgesehen, die Versorger von Vermeh- rungsmaterial zu registrieren und auf europäischer Ebene ein transparentes und gemeinsames Sortenverzeichnis zu erstellen . Dem gemeinsamen sollen nationale Sorten- verzeichnisse zugrunde liegen, welche nach amtlicher Beschreibung zugelassene und vom Sortenschutzrecht geschützte Obstsorten auflisten. Ein solches Verzeichnis, also eine nationale Gesamtliste aller Obstsorten, wollen wir bis Ende des Jahres in Deutschland beschließen . Die entscheidende Neuerung ist, dass die Mitglied- staaten auch Obstsorten ohne Wert für den kommerziel- len Anbau in die Liste aufnehmen können . Das sind zum Beispiel alte Obstsorten, die Gefahr laufen, in Verges- senheit zu geraten, oder sogenannte Amateursorten, die bisher nicht vermarktet werden konnten . Hierfür müssen wir das Saatgutverkehrsgesetz anpassen, um die Rege- lung zum Inverkehrbringen und zur amtlichen Anerken- nung von Vermehrungsmaterial in Übereinstimmung zu bringen . Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf zur Gesetzesänderung erfüllt diese Kriterien, und ich rufe dazu auf, dem Entwurf zuzustimmen, einerseits deshalb, weil seine Umsetzung zur nachhaltigen Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen beiträgt, andererseits deshalb, weil er die Landwirtschaft bei einem wichtigen Dienst an unserer Gesellschaft unterstützt . Rita Hagl-Kehl (SPD): Das Saatgutverkehrsgesetz regelt das Inverkehrbringen und die amtliche Aner- kennung von Vermehrungsmaterial von Obstarten zur Frucht erzeugung . Mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Saatgutverkehrsgesetzes wird die Durchführungs- richtlinie 2014/97/EU der Kommission vom 15 . Okto- ber 2014 zur Durchführung der Richtlinie 2008/90/EG des Rates hinsichtlich der Registrierung von Versorgern und der Eintragung von Sorten sowie des gemeinsamen Sortenverzeichnisses (ABl . L 298 vom 16 . Oktober 2014, S . 16) umgesetzt . Hierdurch wird die Erstellung eines Sortenverzeichnisses mit Sorten von Obstarten zur Fruchterzeugung geregelt . Das Gesetz trägt dabei auch zu einer Bereicherung der genetischen Vielfalt bei, da auch das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial insbesondere von alten Obstsorten gefördert wird . Für mich ist die Förderung von ökologischem, gen- technikfreiem Saatgut sehr wichtig, da dieses nicht nur von Ökolandwirten verwendet wird, sondern auch von der konventionellen Landwirtschaft genutzt werden kann. Die Pflanzensorten, die im Ökolandbau verwen- det werden, müssen robust und standortangepasst sein . Aus diesem Grund ist eine eigenständige Ökozüchtung notwendig . Da keine bzw . nicht ausreichend ökologische Züchtungen zur Verfügung stehen, werden im Ökoland- bau konventionelle und Hybridsorten eingesetzt . Die gentechnikfreie und ökologische Erzeugung von Lebens- mitteln beginnt bereits bei der Auswahl des Saatgutes . Die Bewahrung und Sicherstellung der genetischen Viel- falt durch ein nationales Sortenverzeichnis und dessen Veröffentlichung in einem gemeinsamen Sortenverzeich- nis halte ich deshalb für wichtig und richtig . Generell stellt die Förderung pflanzlicher Eiweiße aus heimischer Produktion für mich eine Schlüsselstelle dar: Nur wenn wir es schaffen, unseren Bedarf an pflanzli- chen Eiweißen mit unserer heimischen Produktion zu decken, können wir unsere Abhängigkeit von Importen von gentechnisch verändertem Soja verringern . Die Le- guminosen bereichern nicht nur die Fruchtfolge, sondern erhöhen auch die Biodiversität und wirken sich auf die Bodenfruchtbarkeit positiv aus . Darüber hinaus leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Stickstoffversorgung der Pflanzen. Somit ist die heimische Eiweißpflanzen- produktion wichtig für das Erreichen der internationalen Umweltschutz- und Klimaschutzziele . Deshalb ist für mich das Programm zur Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung mit pflanzlichen Eiwei- ßen aus heimischer Produktion besonders wichtig . Die Eiweißpflanzenstrategie dient dabei zur Erweiterung der Fruchtfolgen in Deutschland, insbesondere um Legumi- nosen, und trägt so zu einer nachhaltigeren Landwirt- schaft und zur Stärkung der regionalen Wertschöpfungs- kette bei . Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich deshalb auch für eine Erhöhung des Haushaltsansatzes des Pro- jekts von 6 Millionen Euro in 2016 auf 8 Millionen Euro Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19937 (A) (C) (B) (D) in 2017 eingesetzt . Das bestehende Programm, das zu- nehmend von der Landwirtschaft angenommen wird, soll so verstärkt unterstützt werden . Ursula Schulte (SPD): Wenn wir über die Änderung des Saatgutverkehrsgesetzes diskutieren, klingt das erst einmal sehr formal . Und das ist auch so; denn wir be- schließen heute eine Anpassung der nationalen Regelun- gen, die das Inverkehrbringen und die amtliche Anerken- nung von Vermehrungsmaterial bei Obstsorten betreffen . Die Fakten sind klar: Es wird erstens eine Gesamtliste geben, in der alle relevanten Sorten aufgeführt werden . Es wird zweitens zur Wahrung der genetischen Vielfalt auch das Vermehrungsmaterial von Obst in diese Liste aufgenommen, und es werden drittens auch die Sorten berücksichtigt, die ohne Wert für den kommerziellen An- bau sind . Als zuständige Berichterstatterin für das Thema Bio- diversität freut mich in diesem Zusammenhang vor allem die Aussage des Parlamentarischen Beirates für nachhal- tige Entwicklung . Dieser hat in seiner Stellungnahme zum Gesetz formuliert, ich zitiere: „Mit dem Vorhaben wird das Inverkehrbringen insbesondere alter Obstsorten befördert . Damit trägt das Gesetz auch zu einer Bereiche- rung der genetischen Vielfalt bei .“ In der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt fordern wir die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der genetischen Vielfalt von Kulturpflanzensorten und Nutz- tierrassen . Damit es nicht nur bei der Zielformulierung bleibt, müssen wir uns anstrengen, um die genetische Vielfalt zu sichern . Wenn die heutige Änderung des Saat- gutverkehrsgesetzes dazu beiträgt, begrüße ich das umso mehr! Bei unseren Einkäufen stellen wir jedoch fest, dass eine Vielzahl von Obst- und Gemüsesorten gar nicht mehr im Handel erhältlich ist . Das Angebot scheint zwar riesengroß, die Vielfalt wird aber immer kleiner . Das darf nicht sein! Am Ende geht das Verschwinden der Sorten auch zulasten unser Koch- und Essgewohnheiten . Das Saatgutverkehrsgesetz legt nicht nur fest, wel- che Pflanzensorten zugelassen werden, es bestimmt auch, welche Eigenschaften diese haben müssen . Das ist sinnvoll und dient auch dem Verbraucher . Er soll sich schließlich auf die Qualität verlassen können . Dabei ha- ben wir aber die genetische Vielfalt im Auge zu behalten . Wer kennt denn noch Kartoffeln mit rosa oder violetter Schale? Viele kennen nur noch mehlig oder festkochende Kartoffeln . Eine immer geringer werdende Sortenvielfalt ist nicht in unserem Interesse und dient am Ende nur den großen Saatgutkonzernen . Im Übrigen sollten wir darauf achten, dass Bauern und kleine Unternehmen auf diesem Markt auch weiterhin eine Chance haben . Sie sehen, dass auch ein technokratischer Rechtsakt interessante Fragen aufwerfen und weite Bereiche unseres alltäglichen Le- bens betreffen kann . Die FAO als Ernährungs- und Landwirtschaftsorga- nisation der Vereinten Nationen gibt zum Beispiel an, dass seit dem 19 . Jahrhundert mehr als drei Viertel der Gemüsesorten verlorengegangen sind . Der Grund dafür ist klar: Wir legen immer stärker den Fokus auf Produk- tivität und Homogenität . Im Zuge dieses Prozesses ver- schwanden die alten Landsorten immer mehr . Die Zulas- sungs- und Sortenkriterien fordern eben „Homogenität“ und „Beständigkeit“ . So auch die Durchführungsrichtli- nie 2014/94 vom 15 . Oktober 2014 . Dort heißt es zu den Anforderungen an die verschiedenen Sorten: Sie müssen unterscheidbar, homogen und beständig sein . Eine solche Formulierung unterstützt nicht das, was wir letztendlich wollen, nämlich den Erhalt der genetischen Vielfalt . Der Saatgutmarkt hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert . Er hat sich konzentriert, wie man an der Liebeshochzeit von Bayer und Monsanto sieht . Ich habe den Eindruck, dass der Saatgutmarkt von Firmen aus der Chemiebranche dominiert wird . Es geht hier um indus- trielle Qualitätsstandards, um Hightechproduktion und eben nicht um den Schutz alter Sorten. „Ökonomie first“ kann man das Prinzip nennen . Diese Dominanz der gro- ßen Konzerne hat das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“ schon zum Auftakt seiner letztjährigen Spen- denaktion kritisiert . Ich zitiere aus einer Pressemitteilung vom 25 . November 2015: „Das von den Firmen global verbreitete Saatgut verdrängt zunehmend die Sorten- und Nahrungsvielfalt in vielen Entwicklungsländern . … Tra- ditionell angebaute Obst-, Getreide- und Gemüsesorten sind nicht nur reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen . Nein, sie halten auch Klimaschwan- kungen, Dürreperioden und längere Regenfälle besser aus .“ Sie sehen, wie wichtig es ist, sich mit dem Thema Saatgut zu befassen . Mit einem modernen Saatgutgesetz würde ich gerne die alten Sorten schützen, das Wissen der Landwirte um diese Sorten und die genetische Viel- falt erhalten . Der Anfang ist mit der heutigen Änderung gemacht, lassen sie uns diesen Weg gemeinsam weiter- gehen . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Jeder Mensch weiß: ohne Saat keine Ernte . Aber wir wissen auch: Nicht jede Saat geht auf . Bevor Saatgut kommerziell in Umlauf gebracht werden darf, muss es als eigenständige Sorte zugelassen werden, und dafür muss es bestimmte Krite- rien erfüllen . Geregelt wird das im Saatgutverkehrsge- setz, das einerseits die Saatgutqualität im Sinne des Ver- braucherschutzes und andererseits die Versorgung der Landwirtschaft und des Gartenbaus mit hochwertigem Saat- und Pflanzgut sichern soll. Ohne eine solche amt- lich anerkannte Sortenbeschreibung darf die Sorte auch in der EU nicht vertrieben werden . Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht Änderungen an diesem Saatgutverkehrsgesetz vor, um Unionsrecht national umzusetzen; denn die EU-Kom- mission hat bereits im Oktober 2014 in der neuen Richt- linie geregelt, dass es ein EU-weites Sortenverzeichnis von Obstarten zur Fruchterzeugung geben soll . Dem- entsprechend müssen die Mitgliedstaaten ihre national bereits anerkannten Obstsorten in das EU-Verzeichnis einspeisen . Die Zeit drängt, weil die Richtlinie bereits bis zum Jahresende von den Mitgliedstaaten umzusetzen ist . Sollten die Änderungen des Saatgutverkehrsgesetzes deshalb nicht mehr dieses Jahr verabschiedet werden, könnten deutsche Obstgehölze ab 1 . Januar 2017 nicht mehr EU-weit gehandelt werden . Es ist also Eile gebo- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619938 (A) (C) (B) (D) ten, weil das Ministerium die Umsetzung verschleppt hat und erst kurz vor zwölf die entsprechenden Änderungen vorlegt . Grund hierfür ist aber auch, dass der Gesetzent- wurf zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen will, was nicht ganz einfach ist . Neben den vertriebsfähigen, vor allem kommerziell genutzten Sorten gibt es alte Sorten, die als genetisches Gedächtnis wertvoll sind, aber oft nicht als Sorte zugelas- sen werden . Aber sie müssen unbedingt als genetisches Gedächtnis erhalten, also auch vermehrt werden . Neben ihrem kulturellen Wert für eine bestimmte Region oder ihren besonderen Eigenschaften wie Geschmack spielt ihr Erhalt auch für spätere Veredlungsmöglichkeiten eine große Rolle . Schließlich verändern sich Züchtungskrite- rien im Zeitverlauf, von den Herausforderungen des Kli- mawandels ganz zu schweigen . Waren die alten Obstsorten zwar bisher über die An- baumaterialverordnung abgedeckt, soll es zukünftig eine Gesamtliste von Obstsorten geben, die alle umfasst, so- wohl vertriebsfähige Sorten, Amateursorten als auch Sorten, die zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen bestimmt sind. Die Bundesregierung verspricht sich hiervon auch eine Auf- wertung der alten Sorten, da eine Gesamtliste die alten Sorten bekannter machen würde . In Deutschland ist das Bundessortenamt (BSA) für die Gesamtliste zuständig . Wegen der gebotenen Eile wur- den bereits die Züchter, Baumschulen und Vermehrungs- betriebe bis Ende 2016 zur namentlichen Nennung aller Obstsorten aufgefordert . In Deutschland wird diese Ge- samtliste wohl rund 17 000 Obstsorten umfassen . Nach Aufschrecken der Branche, die sich mit der Aufgabe bis zum Jahresende überfordert sah, forderte der Bundesrat den Gesetzgeber auf, die Nachmeldung von Sorten und deren Beschreibung zu ermöglichen . Mit der Klarstel- lung der Bundesregierung, dass alle relevanten Sorten bis Ende 2016 beim Bundessortenamt namentlich zu benen- nen seien, aber im Anschluss die Sortenbeschreibungen ohne bestehende Frist vom Bundessortenamt unentgelt- lich vorgenommen werden, haben sich die Wogen wieder etwas geglättet . Ob das Bundessortenamt diese Aufgabe mit den vor- handenen personellen Ressourcen wirklich realisieren kann, werden wir im Auge behalten . Das kann nicht im Zug von Überstunden geleistet werden . Wenn nötig, muss das Personal im Bundessortenamt zur Umsetzung der Gesetzänderung kurzfristig aufgestockt werden! Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur vierten Ände- rung der Saatgutverordnung werden wir zustimmen . Es handelt sich um eine Umsetzung von EU-Recht und regelt ein Sortenverzeichnis für Obstarten zur Fruchter- zeugung, das Grundlage für die europaweite Vermarkt- barkeit ist . Das ist durchaus sinnvoll . Es ist allerdings schon höchst erstaunlich, dass wir seit fast drei Jahren im Agrarausschuss nur Berichte und EU-Vorlagen debattiert haben, jetzt aber urplötzlich auch dieser Gesetzentwurf wie einige andere in letzter Zeit als eilig gekennzeich- net ist . Uns hat sogar schon ein Brandbrief der Verbän- de erreicht, die fürchten, dass die Verabschiedung zu spät erfolgt und dass den Wirtschaftsbeteiligten, die auf die Umsetzung des Gesetzes angewiesen sind, dadurch Nachteile entstehen . Da das Unionsrecht die Umsetzung der Regelung in nationales Recht bis Ende dieses Jahres verlangt und ohne nationale Umsetzung den deutschen Baumschu- len Marktprobleme entstehen, begrüßen wir auch eine schnelle Implementierung in deutsches Recht . Herr Mi- nister, dass Sie erst lange gar nichts machen und dann auf den letzten Drücker etwas durchzupeitschen versuchen, sehen wir ja gerade auch bei anderen Gesetzvorhaben . Was sind das für Zustände bei Ihnen, dass sie es nicht gebacken kriegen? Dass das aber selbst bei einer so einfachen Sache wie der Umsetzung einer sehr kurzen, thematisch begrenzten EU-Richtlinie so ist, verwundert mich dann doch; denn Regelungen zu Saatgut und Sorten sind wichtige Stell- schrauben, um Biodiversität und die Erhaltung pflanz- engenetischer Vielfalt entweder zu fördern oder aber zu behindern . Wir begrüßen deshalb auch die vereinfachten Regelungen für die Erhaltungs- und Amateursorten und freuen uns, dass für die Bitte des Bundesrates eine prak- tikable Lösung gefunden wurde, nämlich dass nun die Möglichkeit besteht, bis zum Ende des Jahres 2016 alle relevanten Sorten dem Bundessortenamt namentlich zu benennen, ohne dass die Beschreibungen bereits fertig sein müssen; denn das wäre ein kaum zu erfüllendes Un- terfangen für mehrere Tausend Sorten . Das zeigt aber schon die Dimension auf, in der die- ses Gesetz Folgen hat, und hier stelle ich mir und Ihnen in der Tat die Frage, ob ausreichend gesichert ist, dass das Gesetz auch wirklich umsetzbar ist; denn mehrere Tausend Sorten müssen noch beschrieben werden, mehr als 17 000 (schon gemeldete) Sorten müssen noch in die europäische Sortensystematik überführt werden, und für mehrere Tausend Obstsortenbeschreibungen muss noch die Anerkennung erfolgen . Das ist ein umfassender Er- füllungsaufwand, den ich in der Gesetzesvorlage so nicht wiederfinde. Es muss aber gesichert sein, dass das Gesetz auch umsetzbar ist und dass insbesondere die vielen Sorten, die zur Erhaltung der genetischen Ressourcen beitragen, aber nicht zur kommerziellen Nutzung bestimmt sind, auch eingetragen werden . Dazu müssen die vielen Pri- vatinitiativen und Hobbyverbände, die sich bisher schon um diese Sorten gekümmert haben, dabei unterstützt werden, die notwendigen Beschreibungen zu erstellen . Wenn das nicht passiert, kann man die mit dem Gesetz verbundenen Ziele „Ergänzung der Gesamtliste auch mit Vermehrungsmaterial von Obst, das zur Wahrung der genetischen Vielfalt vermarktet werden soll“ und „Er- gänzung der Gesamtliste um Obstsorten, die ohne Wert für den kommerziellen Anbau sind“ nur als leere Phrasen bezeichnen . Ohne finanzielle Förderung oder Übernahme der Sor- tenbeschreibungen durch öffentliche Einrichtungen wie Institute und Bundesämter wird die Aufnahme der Ama- teursorten ins Gesetz sogar kontraproduktiv, weil dann viele Sorten schlicht aus Kapazitätsgründen nicht ein- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19939 (A) (C) (B) (D) getragen würden . Und klar ist auch: Das Bundessorten- amt muss entsprechend finanziell und personell gestärkt werden, statt im kommenden Haushalt schon wieder in seinen Mitteln gekürzt zu werden . Grundsätzlich reicht es für die Erhaltung der Bio- diversität und alter Sorten nicht, den Aufwand für die Züchterinnen und Züchter und die privat Anbauenden möglichst gering zu halten, sondern es braucht auch eine aktive Politik für den Erhalt . Wer den dramatischen Ver- lust an Pflanzensorten stoppen will, muss Sortenvielfalt nicht nur tolerieren, sondern aktiv fördern . Das bedeutet: Wir brauchen eine Förderung der Ökozüchtung und eine Förderung der kleinen regionalen Züchter, und wir brau- chen Unterstützung nichtkommerzieller Züchtungsinitia- tiven – und für diese jetzt vor allem eine Unterstützung bei der Katalogisierung und Sortenbeschreibung für die alten Obstsorten . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordne- ten Norbert Müller (Potsdam), Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rekrutierung von Minder- jährigen für die Bundeswehr sofort beenden und keine Ausbildung von Jugendlichen an Waffen (Ta- gesordnungspunkt 22) Michaela Noll (CDU/CSU): Wir debattieren heute den Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Re- krutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr so- fort beenden und keine Ausbildung von Jugendlichen an Waffen“ . Der Antragstitel ist im Vergleich zu früheren Anträgen der Linken zum Thema „Minderjährige bei der Bundes- wehr“ moderat formuliert, das Wort „Kindersoldaten“ fällt hier weder im Titel noch im Text . Anfang 2016 be- zeichnete Kollege Norbert Müller gegenüber der Welt die jungen Nachwuchsrekruten aber doch wieder als Kinder- soldaten . Daesh rekrutiert in Mosul aktuell Neunjährige als Kämpfer . Das sind Kindersoldaten . Das grausame Schicksal dieser Kinder hat nicht im Entferntesten mit der Situation von Minderjährigen in der Bundeswehr zu tun . Es scheint der Fraktion Die Linke also einzig und al- lein darum zu gehen, Misstrauen gegen die Bundeswehr zu schüren und ideologische Grabenkämpfe gegen die Politik der Bundesregierung zu führen . Sie skandalisie- ren die Bundeswehr und das, was die Soldatinnen und Soldaten täglich für uns und die Sicherheit und Freiheit unseres Landes leisten . Schauen wir uns die Realität doch einmal an . Welche Schutzmaßnahmen für Minderjährige sind bei der Bun- deswehr vorgesehen? Erstens . Der Eintritt in die Bundeswehr ist grundsätz- lich erst mit einem Mindestalter von 17 Jahren möglich . Zweitens . Die jungen Menschen sind freiwillig dort . Und freiwillig heißt freiwillig . Es werden keine Zwangs- rekrutierungen vorgenommen . Keiner wird zur Bundes- wehr eingezogen . Drittens . Die Minderjährigen dürfen nur mit dem Ein- verständnis der Eltern eingestellt werden . Viertens . Vor der Einstellung werden sie umfassend beraten und aufgeklärt über ihre Rechte und Pflichten und das, was sie bei der Bundeswehr erwartet . Auch bei diesen Gesprächen können die Eltern dabei sein . Fünftens . Im Einstellungsverfahren wird intensiv und unter unterschiedlichen Gesichtspunkten geprüft, ob ein Bewerber für den Soldatenberuf geeignet ist . Unter an- derem auch, ob sie oder er die erforderliche psychische Stabilität mitbringt und sich mit den Anforderungen des Soldatenberufes auseinandergesetzt hat . Natürlich wird bei dem Verfahren auch das Alter der Bewerber berück- sichtigt . Das alles passiert, bevor ein junger Mensch bei der Bundeswehr anfangen kann . Und auch nach erfolgter Einstellung wird dem besonderen Schutzerfordernis ge- genüber den Minderjährigen Rechnung getragen: Erstens . Sie dürfen die Waffe nur während der Ausbil- dung und nur unter strengster Aufsicht benutzen . Zweitens . Sie dürfen keine Funktionen ausüben, bei denen sie, wie etwa beim Wachdienst, zum Gebrauch der Waffe gezwungen sein könnten . Drittens . Sie nehmen nicht an Auslandseinsätzen teil . Sie werden also zwar an der Waffe ausgebildet, aber nicht an der Waffe eingesetzt . Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf einen Punkt zurückkommen, der mir – auch als Mutter – be- sonders wichtig ist: Minderjährige dürfen den Dienst bei der Bundeswehr nur antreten, wenn die Eltern bzw . die gesetzlichen Vertreter einverstanden sind . Und die Eltern dürfen bei dem Beratungsgespräch, das vor der Einstel- lung geführt wird, dabei sein . Die Minderjährigen sind also nicht alleine mit ihrer Entscheidung . Sie sind nicht aufgrund einer plötzlichen Eingebung in ein Karrierecenter gegangen und haben ei- nen Vertrag unterschrieben . Nein, ihre Eltern sind in den Prozess eingebunden . Sie müssen die Entscheidung ihrer Kinder mittragen und haben sich Gedanken gemacht, ob ihre Kinder dem Soldatenberuf gewachsen sind . Eltern kennen ihre Kinder . Wir sollten ihnen deshalb zutrauen, eine gute Entscheidung für ihre Kinder zu tref- fen, und zwar auch, wenn diese Entscheidung beinhaltet, mit 17 Jahren zur Bundeswehr gehen zu wollen . Zäumen wir das Pferd doch einmal von der anderen Seite auf . Mit dem Antrag und diversen Kleinen Anfra- gen suggerieren die Linken, dass sie um das Wohl der Minderjährigen in der Bundeswehr besorgt sind . Ich sehe es genau andersherum . Wenn 17-Jährige nicht zur Bundeswehr gehen dürfen, dann nehmen wir ihnen unter Umständen die Möglichkeit, ihren Traumbe- ruf zu ergreifen . Wir verbauen ihnen Chancen, wenn sie Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619940 (A) (C) (B) (D) nicht direkt nach ihrem Abschluss anfangen können, dort zu arbeiten, wo sie arbeiten wollen . Wir drängen ihnen Wartezeiten auf . Es mag durchaus sein, dass die Bundeswehr nicht der favorisierte Arbeitgeber der Linken ist . Viele Jugendliche sehen das aber ganz anders . So belegt die Bundeswehr bei Schülern mittlerweile Platz vier unter den beliebtes- ten Arbeitgebern, bei den Mädchen ist es sogar Platz drei . Bei den IT-Berufen sind die Streitkräfte der Aufstei- ger des Jahres: Im Trendence Graduate Barometer steigt die Bundeswehr von Platz 38 im Jahr 2015 auf Platz 27 der beliebtesten IT-Arbeitgeber – eine Steigerung um elf Plätze, die keinem der übrigen 120 Unternehmen gelingt . Und auch in den Bereichen Ingenieurwissenschaften und Medizin gewinnt die Bundeswehr deutlich an Attrakti- vität Die Bundeswehr bietet exzellente Ausbildungsmög- lichkeiten, interessante Tätigkeitsfelder und gute Auf- stiegschancen . Viele sehen eine Tätigkeit bei den Streit- kräften als sinnstiftend und den Soldatenberuf als Beruf, der die Persönlichkeit fördert und den Charakter schult . Bei der Bundeswehr wird Kameradschaft gelebt . Kurz: Die Bundeswehr ist für viele junge Menschen ein sehr attraktiver Arbeitgeber . Ich sehe das auch selbst, wenn ich in meinem Wahl- kreis unterwegs bin . Wenn irgendwo der Karriere-Truck der Bundeswehr steht, ist der Andrang von Jugendlichen groß . Das Interesse an der Bundeswehr ist einfach da . Da muss man sich schon die Frage gefallen lassen, mit welcher Begründung wir einem 17-Jährigen die Chance verbauen wollen, sich eine berufliche Zukunft bei einem solchen Arbeitgeber aufzubauen, wieso wir die Jugendli- chen und deren Eltern derart bevormunden und wieso wir die Schulzeit verkürzen und die jungen Menschen früher dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen, wenn ihnen ihr junges Alter dann zum Nachteil gereicht . Hier werden von den Linken Probleme herbeigeredet, wo es keine gibt . In ihrer Kleinen Anfrage vom 18 . De- zember 2015 ziehen sie zum Beispiel Untersuchungen in der britischen Armee heran . Diese Untersuchungen zeichnen in der Tat ein anderes Bild von der Lebens- wirklichkeit in den britischen Streitkräften . So seien zum Beispiel Fälle von PTBS, Mobbing, Selbstverletzungen, Selbstmord und sexueller Belästigung häufiger bei den jüngsten Rekrutinnen und Rekruten als bei den Erwach- senen . Ich weiß nicht, wie die Rekrutierungspraxis bei den Briten aussieht, und möchte mir hier auch kein Urteil anmaßen . Aber ob es in diesem Kontext sinnvoll ist, von den britischen auf die deutschen Streitkräfte zu schlie- ßen, halte ich doch für sehr fraglich . Aus den Antworten der Bundesregierung geht dann auch ganz klar hervor, dass wir diese Probleme nicht haben . Und auch der Vorsitzende des Deutschen Bun- deswehrverbandes, Oberstleutnant André Wüstner, hat mir auf Nachfrage bestätigt, dass ihm derartiges nicht bekannt sei . Auf diese Aussage können wir uns verlassen . Ich sitze seit 2002 im Bundestag und war bis 2013 Mitglied im Familienausschuss, dem ich nun auch noch als stellvertretendes Mitglied angehöre . Ich war Mit- glied in der Kinderkommission bzw . ein Jahr deren Vor- sitzende . Ich war Berichterstatterin für das Bundeskin- derschutzgesetz, ein Gesetz, das als Meilenstein für den Kinderschutz in Deutschland gilt . Genau wie die meisten von Ihnen habe ich mich am sogenannten Red Hand Day beteiligt, einer Initiative gegen den Missbrauch von Kin- dern als Soldaten . Sie können mir also glauben: Das Wohl von Kindern und Jugendlichen liegt mir am Herzen . Und ich weiß auch, dass die meisten Eltern nur das Beste für ihre Kin- der wollen . Der Soldatenberuf ist zwar kein Beruf wie jeder an- dere . Er ist mit Härten verbunden, die kein anderer Be- ruf mit sich bringt . Aber die Bundeswehr hat alle – auch völkerrechtlich gebotenen – Schutzmaßnahmen für die Minderjährigen getroffen . Wenn sich also eine 17-Jährige oder ein 17-Jähriger dazu entschieden hat, zur Bundeswehr zu gehen, und die Eltern ihrem Kind diesen Schritt zutrauen, dann sehe ich keinen Grund, sich diesem Wunsch entgegenzustellen . Julia Obermeier (CDU/CSU): Anfang November startete die Reality-Dokumentation Die Rekruten, die die Bundeswehr als Arbeitgeber vorstellt . Sie zeigt 12 jun- ge Menschen bei ihrer Grundausbildung – ungeschönt mit allen Höhen und Tiefen . Sie zeigt, dass es eine He- rausforderung ist, bei der Bundeswehr zu sein, sich in die Strukturen einzufinden und den hohen körperlichen und geistigen Ansprüchen gerecht zu werden . Die Protago- nisten von Die Rekruten sind keine martialischen Kämp- fertypen, sondern ganz normale junge Leute . Diese Serie wirbt für einen besonderen Beruf, für den des Soldaten . Und das ist nötig in Zeiten der ausgesetzten Wehrpflicht! Die Serie bringt ein ungeschminktes Bild der Bundeswehr auf die Smartphones und Tablets einer jungen Zielgruppe . Die Rekruten spricht 17- bis 25-Jährige an, die sich ein konkretes Bild von der Bundeswehr machen wollen . 2015 haben rund 21 000 Männer und Frauen ihren Dienst bei der Bundeswehr angetreten, darunter etwa 1 500 17-jährige Jugendliche . Sie alle haben sich für den Solda- tenberuf entschieden, der kein Beruf ist wie jeder andere: Soldaten schwören ihrem Arbeitgeber, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen . Und der Arbeitgeber, die Bundeswehr, hat im Gegenzug eine besondere Verantwortung denen gegenüber, die diesen Schwur leisten . Dies gilt gerade für die noch nicht volljährigen Re- krutinnen und Rekruten . Sie stehen unter besonderem Schutz – und zwar von Anfang an: Sie müssen den Ent- schluss, zur Bundeswehr zu gehen, grundsätzlich freiwil- lig fassen . Auch müssen ihre Erziehungsberechtigten die- ser Entscheidung zustimmen . Drüber hinaus werden sie über die Aufgaben und Pflichten als Soldaten umfassend aufgeklärt und informiert . Im Auswahlverfahren wird ihre Eignung für den Soldatenberuf und insbesondere ihre psychische Belastbarkeit geprüft . Ihrer besonderen Verantwortung kommt die Bundes- wehr auch in der Ausbildung nach . Sie stellt den Schutz Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19941 (A) (C) (B) (D) von Leben und Gesundheit der Soldatinnen und Soldaten in den Mittelpunkt . 17-jährige Rekrutinnen und Rekruten werden zwar militärisch ausgebildet, doch erfahren sie dabei eine besonders intensive Betreuung . Sie sind beispielsweise beim Gebrauch von Waffen stets unter strenger Aufsicht . Außerhalb der Ausbildungsmaßnahmen gelangen in ihre Hände keine Waffen! Und viel wichtiger noch: Es ist ausgeschlossen, dass Minderjährige an bewaffneten Konflikten teilnehmen oder in einen Auslandseinsatz der Bundeswehr geschickt werden . Die Bundeswehr kommt durch diese und andere Maßnahmen ihrer Schutzver- pflichtung gegenüber minderjährigen Rekruten vollum- fänglich nach . Trotzdem möchte die Fraktion Die Linke es den unter 18-jährigen Bundeswehrinteressenten verbieten, ihrem Berufswunsch nachzugehen . Sie, die Kollegen von den Linken, haben jedoch keine stichhaltige Argumentation . Sie zielen auf eine Diffamierung der Bundeswehr ab . Dies ist wohl weniger ihrer Sorge um die jungen Rekru- ten geschuldet als vielmehr ihrer generellen Ablehnung gegenüber allem Militärischen . Sie wollen durch solche Anträge die Bundeswehr aus der Mitte der Gesellschaft ins Abseits stellen . Doch dem treten wir entgegen . Der Arbeit unserer Soldatinnen und Soldaten bringen wir größte Anerkennen und Wertschätzung entgegen und wollen das Band zwischen Bundeswehr und Gesellschaft noch fester knüpfen . Die aktuelle Rekrutierungspraxis der Bundeswehr ist dabei kein Selbstzweck . Sie soll es ermöglichen, dass junge Menschen direkt nach ihrem Schulabschluss, kurz vor dem Erreichen ihre Volljährigkeit, ohne Wartezeiten ihre Ausbildung bei der Bundeswehr beginnen können . Durch ihren besonderen Berufswunsch sollen sie nicht gegenüber Gleichaltrigen benachteiligt sein . Aus diesen guten Gründen lehnen wir den Antrag ab . Dr. Fritz Felgentreu (SPD): Die Kinderkommission des Bundestages hat sich mit der Einstellung 17-Jähri- ger als Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr auseinandergesetzt und noch einmal grundsätzlich fest- gestellt, dass das Mindestalter für den Dienstbeginn auf 18 Jahre angehoben werden soll . Diesen Grundsatz teilt auch die SPD-Fraktion . Der Dienst in der Bundeswehr ist kein Beruf wie jeder andere . Er sollte an die Voll- jährigkeit der Soldatinnen und Soldaten geknüpft sein . Das liegt übrigens nicht allein im Interesse des Jugend- schutzes: Es macht die Bundeswehr auch stärker . Denn die Minderjährigen haben nicht die gleichen Rechte und Pflichten wie die volljährigen Soldatinnen und Soldaten. Sie dürfen zum Beispiel an den Auslandseinsätzen der Bundeswehr nicht teilnehmen und müssen nach ihrem 18 . Geburtstag noch einmal eine Erklärung darüber ab- geben, dass sie sich auch zur Teilnahme an einem Aus- landseinsatz verpflichten. Perspektivisch braucht die Bundeswehr also eine sau- bere Lösung, die auf der Volljährigkeit beruht . Diese Lösung muss aber auch der Lebenswirklichkeit junger Menschen gerecht werden . Für die Bundeswehr ist es immer noch eine neue Situation, dass sie sich selbst da- rum kümmern muss, in ausreichender Zahl Freiwillige zu gewinnen . Der Bedarf der Truppe trifft jetzt auf die gesellschaftliche Entwicklung, dass die Abiturientinnen und Abiturienten heute anders als früher oft noch keine 18 Jahre alt sind – Stichwort „G 8“ . Aus Sicht der Bun- deswehr ist es wirklich ein Problem, einem 17-jährigen Schulabgänger, der aus wohlerwogenen Gründen Soldat werden möchte, eine Wartezeit abzuverlangen . Junge Leute sind dann schnell für die Bundeswehr verloren, ob- wohl der Truppendienst für sie vielleicht genau das Rich- tige gewesen wäre . Um es dazu nicht kommen zu lassen, setzt die Anforderung der Volljährigkeit voraus, dass die Bundeswehr diesen Bewerberinnen und Bewerbern et- was anbieten kann, womit sie zufrieden sind – etwa einen vernünftig konzipierten Vorbereitungsdienst . Solange wir so etwas nicht haben, muss bei der Aus- bildung minderjähriger Soldatinnen und Soldaten zumin- dest der Jugendschutz konsequent berücksichtigt werden . Die Kinderkommission macht dazu einige hilfreiche Vor- schläge – zum Beispiel zur getrennten Unterbringung der Jugendlichen . Sinnvoll ist auch die Forderung, dass diese jungen Leute am Standort einen entsprechend geschulten Ansprechpartner für ihre Sorgen und Nöte haben müssen . Weniger sinnvoll scheint mir der Antrag der Linken, von jetzt auf gleich keine Minderjährigen mehr zum Dienstantritt zuzulassen . Dass Ihr Antrag, lieber Kollege Müller, den Interessen der Bundeswehr schadet, wird die Linke vermutlich billigend in Kauf nehmen – die SPD nicht unbedingt . Wir wollen eine starke Bundeswehr, die ihren Auftrag gut erfüllen kann . Aber dieser Antrag wird eben auch den Interessen der betroffenen jungen Leute nicht gerecht, und das ist vielleicht etwas, das auch die Linke gar nicht will . Ich würde der Linken sowieso raten, nochmal darüber nachzudenken, was sie Jugendlichen zutraut und was nicht. Ich finde, es passt nicht richtig zusammen, einerseits das Wahlalter 16 zu fordern – da- mit sagen Sie doch, sogar noch jüngere Jugendliche sind ganz allgemein alt genug, um große Verantwortung für das ganze Gemeinwesen zu übernehmen –, und anderer- seits sagen Sie hier: Die 17-Jährigen sind aber noch viel zu jung, um für sich persönlich zu entscheiden, ob sie wirklich den Dienst in der Bundeswehr leisten können und wollen . Konsequent ist das nicht . Die SPD-Fraktion teilt die Auffassung, dass alle Sol- datinnen und Soldaten volljährig sein sollen . Wir nehmen aber zur Kenntnis, dass die Praxis derzeit auch im Sinne der 17-jährigen Rekrutinnen und Rekruten anders ist . Wir wollen deshalb eine Lösung, die auch den Interessen der jungen Leute gerecht wird . Solange wir die nicht haben, ist entsprechend den Empfehlungen der Kinderkommis- sion bei der Ausbildung der Minderjährigen konsequen- ter Jugendschutz oberstes Gebot . Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE): Seit Aus- setzen der Wehrpflicht ist die Zahl minderjähriger Re- krutinnen und Rekruten bei der Bundeswehr beständig gestiegen . Traten 2011, in dem Jahr also, in dem die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, 689 Minderjährige ihren Dienst an der Waffe an, sind es in diesem Jahr 1 576 un- ter 18-Jährige . Hinter diesen Zahlen steckt eine Strategie: Die Bundeswehr und das Bundesverteidigungsminis- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619942 (A) (C) (B) (D) terium setzen im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft gezielt auf die Anwerbung Minderjähriger . Immer neue Formate werden in Zusammenarbeit mit PR-Agenturen entwickelt, um möglichst früh die Begeisterung von Kin- dern und Jugendlichen für eine mögliche Karriere bei der Bundeswehr zu wecken . Diese Praxis wird seit Jahren von Kinderrechtsorgani- sationen, Friedensinitiativen, Pädagogenverbänden und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit scharf kritisiert . Aber auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat der Bundesregierung bereits mehrfach empfohlen, die Rekrutierung Minderjähriger zu been- den . Und auch die Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder des Deutschen Bundestages hat sich in ihrer jüngsten Stellungnahme dieser Forderung ange- schlossen . Unser vorliegender Antrag greift das auf und fordert von der Bundesregierung, die Ausbildung von Minderjährigen an Waffen sofort zu beenden und einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Rekrutierung Minder- jähriger für die Bundeswehr stoppt . Wir als Fraktion Die Linke machen damit deutlich: Es darf keinen Vorrang von militärischen Interessen vor den Schutzrechten von Kindern und Jugendlichen geben . Die Rechte von Kindern und Jugendlichen, zu denen sich auch die Bundesrepublik Deutschland mit der Un- terzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention bekannt hat, können aus unserer Sicht in militärischen Kontexten schlicht nicht gewährleistet werden . Dies wird insbeson- dere bei der Betrachtung der Unterschiede in der militä- rischen Ausbildung von minderjährigen und volljährigen Rekrutinnen und Rekruten deutlich . Die gibt es nämlich schlicht und ergreifend nicht . Minderjährige werden an der Waffe ausgebildet, sie werden mit Volljährigen zu- sammen untergebracht, es gibt keine gesonderten An- sprechpartnerinnen und -partner oder Schutzkonzepte gegen sexuellen Missbrauch . Auch wenn Minderjährige nicht an Auslandseinsätz- en teilnehmen dürfen und es ihnen ebenfalls untersagt ist, eigenverantwortlich sowie außerhalb der militäri- schen Ausbildung Funktionen auszuüben, bei denen sie wie etwa im Wachdienst zum Gebrauch der Waffe ge- zwungen sein könnten, ist es vor dem Hintergrund der internationalen Verantwortung der Bundesrepublik mehr als geboten, die Rekrutierung Minderjähriger endlich zu beenden . Wer glaubhaft international für die Demobili- sierung von Kindersoldaten eintreten will, kann es sich nicht leisten, für die eigenen Armee Jugendliche zu re- krutieren, auch wenn dies auf freiwilliger Basis und mit Zustimmung der Eltern geschieht . Ich fordere Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier- mit auf: Lassen Sie uns gemeinsam die Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr endlich beenden . Doris Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich nehme an, Sie alle kennen sie längst: Julia, Jerome und Nathan . Die drei sind jung . Sie sind hip . Und seit dem 1 . November machen sie ihre Grundausbildung bei der Bundeswehr . Seitdem sehen wir sie jeden Nachmittag auf You Tube . In schnell geschnittenen, wackeligen Sel- fie-Videos berichten sie davon, wie es so ist, bei der Bun- deswehr . Und natürlich ist das alles echt abgefahren – aber irgendwie auch cool . Und das soll es ja auch sein: Denn das Verteidigungsministerium will möglichst junge Menschen für den Dienst in der Truppe begeistern . Und genau damit liefert die Bundesregierung den Be- weis dafür, wie aktuell und wie berechtigt der Antrag der Linken ist, über den wir heute debattieren . Die Rekrutie- rung von Minderjährigen ist offensichtlich kein Betriebs- unfall und keine Ausnahme, ganz im Gegenteil: Sie wird von der Bundeswehr ganz gezielt und auch erfolgreich betrieben . 1 515 Jugendliche haben 2015 ihren Dienst in der Bundeswehr angetreten – ein neuer Höchststand! Ich finde das skandalös! Wie Sie alle wissen, gilt in Deutschland ein Jugend- schutzgesetz . Darin schließt der Gesetzgeber junge Men- schen unter 18 Jahren ganz bewusst von bestimmten Aktivitäten aus: Jugendliche dürfen keine Spielhallen betreten . Sie dürfen keine Zigaretten kaufen . Sie dürfen auch keine Filme mit detaillierten Mordszenen sehen . Hinter all dem steht die völlig richtige Überzeugung: Junge Menschen sollten möglichst von allem fernge- halten werden, was ihnen körperlichen oder seelischen Schaden zufügen kann . Ich frage mich: Warum werfen wir diese Überzeugung über Bord, sobald Jugendliche eine Bundeswehruniform anziehen? Gibt es irgendeinen vernünftigen Grund, weshalb der real abgegebene Schuss auf den berühmten Pappkameraden weniger schädlich wirken soll als ein Mausklick im Videospiel? Hier misst die Bundesregierung doch offensichtlich mit zweierlei Maß – Die Bundeswehr hat Personalprobleme, da drückt man schon mal ein Auge zu . Aber Jugendschutz darf nie- mals eine Frage der politischen Opportunität sein! Und deshalb kann und darf nicht sein, dass der Staat Jugendli- che an der Waffe ausbildet! Ich möchte Ihnen noch einen zweiten Grund nennen, warum wir den Antrag der Linken unterstützen . Es geht um unseren gemeinsamen Einsatz gegen Kindersolda- ten . 250 000 Kinder werden nach Angaben von terre des hommes weltweit als Kämpfer in kriegerischen Ausei- nandersetzungen missbraucht . Mit Gewalt oder Drogen werden sie gefügig gemacht und an besonders gefährli- chen Frontabschnitten eingesetzt . Und das ist, lassen Sie mich das an dieser Stelle anmerken, auch nur möglich, weil auch Deutschland so viele Kleinwaffen exportiert, die leicht genug für Kinderhände sind . Viele dieser Kin- dersoldaten werden sexuell ausgebeutet . Falls sie über- leben, sind sie meist für ihr ganzes Leben traumatisiert . Der Einsatz von Kindersoldaten zählt zu den grausamsten und widerwärtigsten Menschenrechtsverletzungen über- haupt . Deutschland muss sein ganzes ökonomisches und politisches Gewicht einsetzen, um diesen Missbrauch von Jungen und Mädchen zu beenden . Deshalb ist es richtig, dass wir diverse UN-Abkom- men unterzeichnet haben, die die Rekrutierung von Minderjährigen in die Streitkräfte verbieten . Aber: Wie glaubwürdig, frage ich Sie, können wir den Missbrauch junger Menschen in den Armeen und Guerillas dieser Welt kritisieren – wenn wir zuhause bei uns selber Ju- gendliche an der Waffe trainieren? Welcher Warlord soll eine Bundesregierung ernst nehmen, die von ihm for- dert, was sie selbst nicht einhält? Mit dieser Ihrer Politik Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19943 (A) (C) (B) (D) schwächen Sie unseren Kampf gegen Kindersoldaten, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Und deshalb: Hören Sie endlich auf, Jugendliche in Deutsch- land in die Streitkräfte zu rekrutieren! Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Än- derung des Regionalisierungsgesetzes (Tagesord- nungspunkt 24) Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU): Diese vierte Änderung des Regionalisierungsgesetzes ist besonders eilbedürftig, sodass nach der ersten Beratung im Plenum am 20 . Oktober 2016 und der gestrigen Ausschussde- batte bereits heute die Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur erfolgen kann . Sämtliche Fraktionen im Ausschuss haben der Gesetzesänderung zugestimmt, um eine dringend benötigte Plansicherheit für den öffentli- chen Personennahverkehr herzustellen . Auch der Bun- desrat hat in seiner Sitzung am 4 . November 2016 keine Einwendungen zur Gesetzesänderung erhoben . Besonders hervorzuheben ist die Rolle des Bundes, der sich während der intensiven Verhandlungen über die Regionalisierungsmittel gegenüber den Ländern mehr- mals kompromissbereit gezeigt und sichtbar bewiesen hat, dass er seiner Verantwortung zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) nachkommt . So hatten sich Bund und Länder im Zuge der Verhand- lungen im Vermittlungsausschuss bereits 2015 auf eine Summe von 8 Milliarden Euro ab 2016 und eine jähr- liche Dynamisierung von 1,8 Prozent ab 2017 geeinigt . Am 16 . Juni 2016 haben die Bundesregierung und die Länder zudem eine nochmalige Erhöhung der Regiona- lisierungsmittel beschlossen, um eine Benachteiligung einiger Bundesländer zu vermeiden, die aufgrund des von den Ländern geplanten Verteilungsschlüssels in den kommenden Jahren sinkende Mittelzuweisungen gehabt hätten . Der neue Gesetzentwurf, dem wir gestern im Ausschuss zugestimmt haben, sieht daher vor, dass ab 2016 die 8 Milliarden Euro noch einmal um 200 Millio- nen Euro aufgestockt und ebenfalls ab 2017 jährlich um 1,8 Prozent dynamisiert werden . Die horizontale Verteilung der Regionalisierungs- mittel ist mit dem Gesetzentwurf ebenso klar geregelt: 8 Milliarden Euro werden auf alle Bundesländer nach einem Schlüssel verteilt, der sich je zur Hälfte aus den Einwohnern und den bestellten Zugkilometern im Jahr 2015 zusammensetzt . An folgende Länder, die durch diesen Verteilungsschlüssel finanzielle Nachteile ha- ben, werden die zusätzlichen 200 Millionen Euro nach einem gesonderten Verteilungsschlüssel vergeben: Ber- lin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen . Mit der Än- derung des Regionalisierungsgesetzes schaffen wir nun die rechtssichere Grundlage für die Auszahlung dieses Aufstockungsbetrages in 2016 . Die Länder erhalten die Möglichkeit, 2016 nicht beanspruchte Regionalisie- rungsmittel als zweckgebundene Rücklagen vorzusehen, was meine Fraktion sehr begrüßt . Insgesamt werden die Länderhaushalte bis ins Jahr 2031 um insgesamt über 153 Milliarden Euro durch den Bund entlastet. Dieses große finanzielle Engagement des Bundes über eine solch lange Dauer ist deutlich zu würdigen . Mit diesem Gesamtergebnis können die Län- der ihre 2014 aufgestellten Forderungen auf Grundlage eines eigenen Gutachtens im Vorfeld der Verhandlungen um die Anpassung der Regionalisierungsmittel als nahe- zu erreicht ansehen . Daher haben wir heute im Ausschuss den förmlichen Gesetzesantrag des Bundesrates vom De- zember 2014 einstimmig für erledigt erklärt . Die Länder sind nun angehalten, die ihnen zur Ver- fügung stehenden Mittel sachgerecht und klug einzuset- zen . Seit 1996 sind sie für die Planung, Organisation und Finanzierung für den öffentlichen Personennahverkehr und damit auch für den öffentlichen Schienenpersonen- nahverkehr zuständig . Grundlage dafür war die Bahnre- form 1996 . Gleichzeitig steht den Ländern laut Grund- gesetz unbefristet aus dem Mineralölsteueraufkommen des Bundes ein Betrag für den öffentlichen Personen- nahverkehr zu; dies sind die Regionalisierungsmittel . Diese Mittel werden den Ländern zweckgebunden für Bestellungen von Nahverkehrsleistungen zur Verfügung gestellt, die sie in erster Linie zur Finanzierung der Ver- kehrsleistungen des Schienenpersonennahverkehrs, aber auch investiv zur Verbesserung des übrigen ÖPNV – sprich: Bussen und Straßenbahnen – einsetzen können . Es ist zu begrüßen, dass der Bundestag jährlich über die Verwendung der Mittel einen Bericht erhalten wird . Dies schafft Transparenz und wird die Länder dazu anhalten, die Mittel des Bundes sachgerecht zu verwenden . Der Bund leistet mit den Regionalisierungsmitteln ei- nen wichtigen Beitrag für die staatliche Daseinsvorsorge im öffentlichen Personennahverkehr . Investitionen in die Infrastruktur, wie zum Beispiel die Schaffung von Barrie- refreiheit an Haltestellen, und Bestellungen von Nahver- kehrsleistungen sind für die kommenden Jahre gesichert . Mit dem Mitte 2016 verabschiedeten Eisenbahnregu- lierungsgesetz haben wir zudem sichergestellt, dass die Zahlungen für die Trassenentgelte der Nahverkehrszüge die Regionalisierungsmittel nicht über Gebühr beanspru- chen, da die jährliche Steigerung der Trassenpreise die Dynamisierung der Regionalisierungsmittel nicht über- steigen darf . Die den Ländern und ihren Bestellerorga- nisationen zur Verfügung stehenden Mittel leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Entlastung insbesondere der Ballungsräume und Stadtstaaten, weil Millionen von Pendlerkilometern auf der Schiene anstatt mit dem Auto zurückgelegt werden können . Es ist erklärter Wille mei- ner Fraktion, dass die Investitionen in die Infrastruktur nicht zu Lasten der Bestellungen gehen sollten; denn die seit Jahren jährlich steigenden Nutzerzahlen im öffent- lichen Personennah- und -schienenverkehr zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger die Angebote gerne nutzen und es auch zukünftig einen hohen Bedarf an einem at- traktiven Nahverkehrsangebot geben wird . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619944 (A) (C) (B) (D) Sebastian Hartmann (SPD): Mit der heutigen Le- sung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Regiona- lisierungsgesetzes beenden wir ein weiteres Kapitel des Koalitionsvertrages und den dritten Pfeiler der Bahnre- form, die bereits 1993 beschlossen wurde . Der Nahver- kehr in Deutschland ist ein Erfolgsmodell . Jedes Jahr steigt die Anzahl der Nutzer von Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr; aktuell sind es 10 Mil- liarden Passagiere und 93 Milliarden Personenkilometer jährlich – mehr als die Hälfte der letzteren, 48 Milliar- den Personenkilometer, fallen allein auf der Schiene an . Der Sektor beschäftigt bundesweit fast eine Viertelmil- lion Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und wer sich vor Augen hält, dass die Benutzung von Bussen und Bahnen jeden einzelnen Tag über 20 Millionen Autokilometer einspart, ist sich der wichtigen Rolle für den Klima- und Umweltschutz ohnehin bewusst . Die gesamtstaatliche Aufgabe der Finanzierung des Nahverkehrs, der sich Bund und Länder gemeinsam wid- men – auch wenn die Aufgabe 1993 regionalisiert wurde und an die Länder überging –, wird mit dem jetzt einge- brachten Entwurf zur Änderung des Regionalisierungs- gesetzes sichergestellt . Mit 8,2 Milliarden Euro steht ein Betrag ab 2016 zur Verfügung, der ab dem nächsten Jahr mit 1,8 Prozent jährlicher Steigerung dynamisiert wird . Er setzt sich zusammen aus 8 Milliarden Euro, die alle Bundesländer nach dem „Kieler Schlüssel“ aufteilen, und weiteren 200 Millionen mit eigenem Verteilschlüssel für die ostdeutschen Bundesländer inklusive Berlin und dem Saarland . Der Bund kommt damit seinem grundge- setzlichen Auftrag im Rahmen eines der zentralen Berei- che der Daseinsvorsorge vorbildlich nach . Die Regionalisierungsmittel des Bundes kompensie- ren den größten Anteil der Gesamtkosten des öffentlichen Schienenpersonennahverkehrs . 2014 wurden unter dem Vorgängergesetz aus Regionalisierungsmitteln 7,3 Milli- arden der insgesamt mehr als 10 Milliarden Euro auf- gewandt . Mit der neuen Regelung wird ein wichtiger Schritt zu einer zukunftssicheren, dauerhaften Lösung getan . Dieser großartige Erfolg ist ein echtes Glanzstück, auf das die SPD-Bundestagsfraktion sehr stolz ist . Richtschnur unseres Handelns mit dem Koalitions- partner, dessen Zustimmung wir benötigen, ist der mit großer Mehrheit unserer Parteimitglieder beschlosse- ne Koalitionsvertrag 2013 bis 2017 von CDU/CSU und SPD . Darin haben wir vereinbart, dass wir für die ausstehende „Revision der Regionalisierungsmittel im Juli 2014“ eine zügige Einigung mit den Ländern an- streben: Wir werden die Regionalisierungsmittel für den Zeitraum ab 2019 in der Bund-Länder-Finanzkommissi- on auf eine neue Grundlage stellen . Trotz unseres Einsatzes und unserer klaren Positi- onierung war es ein langer Weg bis zur heutigen Ver- abschiedung des Gesetzes . Der Entwurf des Bundes- haushaltes 2015 ist mit Blick auf die unterbliebene Dynamisierung der Regionalisierungsmittel, also dem Aufwuchs von 7,3 Milliarden Euro in 2014 um 1,5 Pro- zent auf dann 7,408 Milliarden Euro in 2015, auf die Kritik der NRW-Landesgruppe gestoßen . Insbesondere diese vielfach wiederholte Kritik führte dazu, dass die Dynamisierung durch einen eigenen Gesetzentwurf für 2015 letztendlich nachgeholt wurde . Das Kabinett hat- te zunächst am 29 . Dezember 2014 einen Gesetzentwurf beschlossen, der für die Länder ein Fortschreiben der bis- herigen Mittel mit einer entsprechenden Dynamisierung um 1,5 Prozent auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 7,408 Milliarden Euro vorsah . Daraus ergaben sich aber folgende Probleme: Der „Kieler Schlüssel“ hätte nur dann für eine gerechte und ausreichende Mittelverteilung gesorgt, wenn sich die Bundesländer mit ihrer Maximalforderung gegen den Bund durchgesetzt hätten . Andernfalls würden die ost- deutschen Bundesländer dauerhaft weniger Geld erhal- ten . Auch wenn eine Neuverteilung nach Kriterien wie Verkehrsleistung und Bevölkerung konsequent ist, muss zumindest verhindert werden, dass kurzfristig Nahver- kehrsleistungen abbestellt werden müssen . Mit einem neuen Kompromiss am 16 . Juni 2016 konnte dieses Problem gelöst werden: Die Regionalisierungsmittel für 2016 wurden auf 8,2 Milliarden Euro erhöht . Damit haben wir den Betrag, der den Bundesländern für die Durchführung ihrer Nahverkehre zufließt, um 900 Mil- lionen Euro angehoben – das sind mehr als 12 Prozent Aufwuchs gegenüber der Summe von 2014, dem letzten regulär aus dem Regionalisierungsgesetz von 1993 her- geleiteten Betrag . Die Dynamisierung liegt ab nächstem Jahr mit 1,8 Prozent ebenfalls über den ehedem 1,5 Pro- zent jährlich, mit denen die Regionalisierungsmittel vor- her wuchsen . Ich möchte ausdrücklich anerkennen, wie sehr die Länder um eine Einigung gerungen haben . Denn es geht nicht nur um die Frage der Mittelhöhe, sondern auch um die Verteilung zwischen den Ländern . Die Länder sind mit dem „Kieler Schlüssel“ einen wichtigen Schritt ge- gangen . Die Länder haben sich mit dem „Kieler Schlüs- sel“ eine neue, gegenüber dem alten Verteilschlüssel sachgerechtere Verteilung der Mittel untereinander ge- schaffen . Sie basiert auf den beiden wesentlichen Para- metern Einwohnerzahlen und Zugkilometern und bietet damit ein besseres Abbild der tatsächlichen Bedarfslage . Die Mittelsicherheit und ihre zweckgerechte Verwen- dung sichern die benötigten Investitionen in die Infra- struktur ebenso wie das hohe Niveau von Bestellungen und Leistungen . Der „Kieler Schlüssel“ berücksichtigt natürlich, dass der Übergang von der bisherigen Vertei- lung auf die verabredeten Proportionen schrittweise er- folgen muss . Bis 2030 werden die prozentualen Anteile der Bundesländer langsam an den endgültigen Verteil- schlüssel herangeführt . Den ostdeutschen Bundesländern steht ein zusätzlicher Betrag deshalb zur Verfügung, weil sie aus der Verteilung nach dem „Kieler Schlüssel“ allein Einbußen hinnehmen müssten, die durch die ebenfalls jährlich um 1,8 Prozent wachsenden 200 Millionen Euro ausgeglichen werden . Die SPD-Bundestagsfraktion ist sehr zufrieden, dass da- mit jeder Eindruck einer Benachteiligung, den eine star- re Anwendung des „Kieler Schlüssels“ vermittelt hätte, ganz und gar unbegründet ist . Der NRW-Verkehrsminis- ter Michael Groschek hat an dieser Stelle in einer frühe- ren Debatte zum Thema gesagt: „Wer das Problem der Regionalisierungsmittel zu einem Ost-West-Gegensatz konstruiert, will mit dieser Konstruktion nicht Probleme Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19945 (A) (C) (B) (D) lösen, sondern er will sie für andere politische Zwecke instrumentalisieren .“ Weder den Menschen noch den Verkehren in Ost und West wird ein solcher Gegensatz gerecht . Das tatsächliche Problem – und die 200 Millio- nen Euro zusätzlich mildern es ab, reichen aber nicht, um es zu lösen – ist strukturell: Während im Westen vorhan- dene Schienenwege für den Fernverkehr auch regional den Raum gut genug erschließen, damit der Nahverkehr darauf bewegt werden kann, muss für die Versorgung im Osten diese Erschließung erst erfolgen – mithilfe einer dem eigentlichen Zweck der Regionalisierungsmittel fremden Verwendung . Jetzt herrscht Klarheit für die Bundesländer, für die Verkehrsunternehmen, für die Kommunen und am Ende für die Nutznießer des Nahverkehrs, die vielen Millio- nen Pendler . Wir schließen damit ein weiteres Kapitel aus dem Koalitionsvertrag erfolgreich ab, der 2013 die Revi- sion der Regionalisierungsmittel gefordert hatte . Damit der jetzt erzielte Erfolg nicht kannibalisiert werden kann, müssen die Trassen- und Stationsprei- se wirksam reguliert werden . Immerhin 40 Prozent der Regionalisierungsmittel werden für die Kosten der Nut- zung von Schienenwegen und Bahnhöfen verwendet; das ist der größte Einzelfaktor in der Gesamtrechnung . Wir haben im Eisenbahnregulierungsgesetz Vorkehrungen getroffen, um mit einer gedeckelten Rate eine Teuerung bei den Trassenpreisen kurzfristig wirksam zu verhin- dern . Nur mit einem wirksamen Regime lässt sich dafür sorgen, dass das Geld aus dem Regionalisierungsgesetz seinem eigentlichen Zweck dienen kann . Das wird auch in den nächsten Jahren stets neu zu justieren sein; denn der Regulierungsdruck ist unverändert hoch . Über allem steht das Ziel: Mehr Verkehr, mehr Nahverkehr auf der Schiene ist das Ziel! Wir haben damit heute den Schlussstein eines wesent- lichen Bausteins einer erfolgreichen Verkehrspolitik ge- setzt, die ihrer Verantwortung für den schienengebunde- nen Nahverkehr vorbildlich nachkommt . Die Perspektive des Mittelaufwuchses ist damit bis 2031 klar . Die Signale für den modernen Nahverkehr in Deutschland stehen auf grün . Sabine Leidig (DIE LINKE): Natürlich geht das Ge- setz, wie man so schön sagt, „in die richtige Richtung“ . Und natürlich können wir von der Bundestagsfraktion Die Linke es, wohl gemeinsam mit allen anderen Par- teien in diesem Parlament, nur begrüßen, wenn die Mit- tel für den Schienenpersonennahverkehr, SPNV, endlich erhöht werden . Und schließlich – bzw . ein letztes Mal: „natürlich“ – ist es richtig, wenn es diese 200 Millionen Euro als Schippe obendrauf gibt und damit diejenigen Bundesländer, die es bitter nötig haben, so im Westen das Saarland, Berlin und alle östlichen Bundesländer, einen gewissen zusätzlichen Betrag für den SPNV erhalten . Insofern sagen wir Ja zu den neu bestimmten 8,2 Mil- liarden Euro, die 2016 als Regionalisierungsmittel aus dem Bundeshaushalt den Bundesländern zufließen wer- den . Allerdings ist damit bei weitem nicht alles gut, und es gibt aus unserer Sicht drei große Aber: Das erste betrifft die Dynamisierung um jährlich 1,8 Prozent von 2017 bis zum Jahr 2031 . Nun hatten wir in den vergangenen Monaten kaum Inflation, und mo- mentan mögen die 1,8 Prozent sich ganz gut „anfühlen“ . Allerdings hatten wir mehr als 35 Jahre lang erheblich höhere Raten der allgemeinen Preissteigerung . Und eine wesentliche Ursache für die niedrige Inflation ist der ab- surd niedrige Rohölpreis, der zeitweilig bei weniger als 40 US-Dollar je Fass lag . Aktuell liegt er wieder bei über 50 Dollar . Er lag vor 5 bis 6 Jahren noch deutlich über 100 US-Dollar und ist kaum kalkulierbar . Da mutet es schlicht grotesk an, wenn man für die nächsten 15 Jahre sich auf eine fixe Dynamisierungsmarge festlegt. Richtig wäre es gewesen, die jährliche Erhöhung der Regionalisierungsmittel an die tatsächliche jährliche Preissteigerung anzubinden und dabei außerdem den An- stieg der Entgelte für die Nutzung der Trassen, der Bahn- höfe und der Energie zu berücksichtigen . Womit ich beim zweiten Aber bin – bei der Entwick- lung der Entgelte für die Nutzung von Bahnhöfen, Trassen und Energie . Im Gesetzestext dazu heißt es diesbezüg- lich: „Die Dynamik des Anstiegs der Infrastrukturent- gelte, insbesondere der Stations- und Trassenentgelte im Schienenpersonennahverkehr […] ist nach Maßgabe des Eisenbahnregulierungsrechts zu begrenzen .“ Diese Formulierung enthält zwei gefährliche Unge- nauigkeiten . Was, bitte schön, heißt das „… nach Maß- gabe des Eisenbahnregulierungsrechts“? Das wird nir- gendwo, auch nicht in der Begründung, ausgeführt . Es liegt nahe, dass damit die Formulierung, die „Dynamik des Anstiegs der Infrastrukturentgelte“ sei zu begrenzen, bereits relativiert wird . Sodann: Es heißt ja nur, dass die- ser Anstieg „zu begrenzen“ sei . Es gibt keinerlei Hinweis darauf, wie genau und wie stark begrenzt werden soll . Das ist doch die Öffnung eines Scheunentors – für massi- ve Erhöhungen dieser Entgelte . Ich darf Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, darauf hinweisen, dass diese Infrastrukturnutzungsgebühren in den letzten eineinhalb Jahrzehnten mehr als doppelt so schnell gestiegen sind wie die Inflationsrate. Und es ist auch dieses Anwachsen der „Schienen- und Bahn- hofsmaut“, das auf der anderen Seite den Druck auf die „weichen“ Faktoren im SPNV, nicht zuletzt auf die Arbeitseinkommen der Beschäftigten und auf die Sozi- alstandards im SPNF-Bereich, krass erhöht . Obgleich all dies bekannt ist und obgleich wir in der Praxis erlebt haben, wie negativ sich diese massiv ansteigenden Infra- strukturnutzungsentgelte auf den SPNV auswirkten, wird auch in diesem neuen Gesetz zur Änderung des Regio- nalisierungsgesetzes dem kein Riegel vorgeschoben . Ja, man sagt sehenden Auges, dass das bis 2031 so weiter- laufen könne . Und wenn man als Gesetzgeber so etwas zulässt, dann kann die Deutsche Bahn AG als die Muttergesellschaft von DB Netz, von DB Station und Service und von der DB Energie GmbH, weiter an dieser Schraube drehen – für eine bessere Konzernbilanz und auf Kosten der All- gemeinheit . Mein drittes Aber bezieht sich auf die pauschale „Se- ligsprechung“, die man im Begründungsteil des Gesetz- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619946 (A) (C) (B) (D) entwurfs lesen kann . Dort heißt es: „Das Gesetzesvor- haben trägt zu einer nachhaltigen Entwicklung bei und ist umfassend mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Bun- desregierung vereinbar .“ Es bewirke, „dass die Schiene insgesamt gestärkt […] wird .“ Dazu sage ich klipp und klar: Herr Dobrindt, werte Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und SPD: Ge- nau dies wird nicht eintreten . Erstens haben Sie – wie dargelegt – nicht einmal dafür gesorgt, dass auch künftig im gleichen Umfang Schie- nenpersonennahverkehr bezahlt werden kann . Zweitens reicht die Summe nicht, um den notwendi- gen Ausbau der Bahn in der Fläche zu finanzieren. Und Sie haben in den Bundesverkehrswegeplan, den wir gerade intensiv beraten haben, keines der beantragten Bahnprojekte aufgenommen, die – lediglich – regiona- le Bedeutung haben . Und viele wesentliche Bahn-Aus- bauprojekte sind noch nicht einmal im Vordringlichen Bedarf . Aber Sie haben jede Menge Straßenbauprojekte drin, die keinerlei übergeordnete Bedeutung haben . Nach Ihrem Willen soll es außerdem einen erheblichen Auto- bahnausbau geben – teilweise in Konkurrenz zur Bahn . Und drittens befindet sich der klassische Schienenper- sonenfernverkehr in einer ziemlich kritischen Lage – auf- grund der Erfolge der Fernbusverkehre . Und der beruht zu einem erheblichen Teil auf der Tatsache, dass diese keinerlei Maut für die Nutzung der Straßen zu entrich- ten haben . Die Deutsche Bahn AG hat gegen die heftigen Proteste von sehr vielen beschlossen, den Nachtreisezug- verkehr am 11 . Dezember komplett einzustellen . Dabei spielte bereits eine große Rolle, dass die viel zu hohen Entgelte für die Trassennutzung dieses Schienenver- kehrssegment enorm belasteten . Und der Schienengüter- verkehr ist auch alles andere als sorgenlos . Die Schiene wird in Gänze durch dieses Gesetz nicht gestärkt . Die Bundesregierung verstreicht mit dem Ge- setz etwas weiße Salbe . Insgesamt kann ich nicht erken- nen, dass damit eine Politik der Nachhaltigkeit betrieben und damit endlich eine Verkehrswende eingeleitet wer- den würde . Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Regionalisierungsmittel von 7,4 auf 8,2 Milliarden Euro jährlich erhöht . Das ist eine gute Nachricht für die Fahr- gäste des Nahverkehrs . Wir können damit den Nahver- kehr auf der Schiene nicht nur auf dem heutigen Niveau sichern, sondern vor allem dort weiter ausbauen, wo die Nachfrage stetig wächst . Ein leistungsfähiger Nahver- kehr auf der Schiene ist das Rückgrat eines attraktiven öffentlichen Verkehrssystems . Und dieses System müs- sen wir auch in Zukunft nicht nur hegen und pflegen, sondern massiv ausbauen . Wer die Klimaziele im Ver- kehrssektor erreichen will, der muss zukünftig mehr Ver- kehr auf die Schiene verlagern . Dafür brauchen wir neue Infrastruktur, und wir müssen das Angebot absichern . Mit der Erhöhung der Regionalisierungsmittel stellen wir erste Weichen für den weiteren Ausbau des Nahverkehrs auf der Schiene . Eine wichtige Neuerung sind die Transparenznach- weise, mit denen die Länder die Verwendung gegenüber dem Bund nachweisen und veröffentlichen müssen . Un- ter den Ländern gab und gibt es bei der Verwendung der Nahverkehrsmittel einige wenige „schwarze Schafe“, die die Bundesgelder teilweise zweckentfremden. So finan- zieren manche Länder damit beispielsweise die Schüler- beförderung, die eigentlich über die Länderhaushalte be- stritten werden sollte . Mit den Verwendungsnachweisen wird für alle nachvollziehbar, welche Länder ihre Mittel zweckgerichtet und sinnvoll einsetzen und welche nicht . Die jetzt gefundene Lösung für die Regionalisierungs- mittel steht in enger Verbindung mit dem Eisenbahnre- gulierungsgesetz . Erstmals wird mit diesem Gesetz eine Art Trassenpreisbremse für den Nahverkehr auf der Schiene vorgesehen, damit die Infrastrukturentgelte – also die Schienenmaut, die alle Eisenbahnunternehmen zu entrichten haben – nicht schneller anwachsen als die Regionalisierungsmittel . Das ist existenziell wichtig . In der Vergangenheit fand über die Erhöhung der Infra- strukturentgelte, die stärker als die Dynamisierung der Regionalisierungsmittel ausfiel, eine kontinuierliche Kaufkraftentwertung statt, sprich: Die Aufgabenträger bekamen immer „weniger Bahn“ für ihr Geld . Jetzt kann dieser Negativtrend der letzten 10 bis 15 Jahre, durch den ein immer höherer Anteil der Bestellerentgelte durch die Infrastrukturkosten gebunden ist, endlich gebrochen werden . Ende gut, alles gut, könnte man in Anbetracht der jetzigen Fassung des Regionalisierungsgesetzes resü- mieren . Doch auf einer weiteren Baustelle der Nahver- kehrsfinanzierung geht seit Jahren nichts voran – trotz anderslautender Ankündigungen und trotz klarer Ver- einbarung im schwarz-roten Koalitionsvertrag –, ruhen die Arbeiten . Ich meine das Bundesprogramm nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, mit dem die In- frastruktur des Nahverkehrs ausgebaut wird . Bei der Erweiterung der S-Bahn-Netze in den Ballungsgebieten besteht sogar ein direkter Zusammenhang zu den Regio- nalisierungsmitteln . Nun haben wir anlässlich der Einigung bei den Bund-Länder-Finanzen erneut vernommen, was wir vor einem Jahr nach dem sogenannten Flüchtlingsgipfel schon gehört haben: Das GVFG-Bundesprogramm soll fortgeführt werden . Auch hier hat die Bundesregierung durch ihr Zaudern und Zögern bei Kommunen und Ver- kehrsunternehmen für größtmögliche Verunsicherung gesorgt . Deshalb brauchen wir jetzt schnell Klarheit beim Ausbau der Nahverkehrsinfrastruktur . Die jährlich 333 Millionen des GVFG-Bundesprogramms reichen hinten und vorne nicht aus, um den Bedarf zu decken, zumal die Mittel seit fast 20 Jahren auf diesem Niveau eingefroren sind . Meine Fraktion wird sich dafür einset- zen, dass künftig jährlich 1 Milliarde Euro in Sanierung sowie Neu- und Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur fließen und der Nahverkehr so noch attraktiver wird . Enak Ferlemann, Parl . Staatssekretär beim Bundes- minister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Nach zu- gegeben langer Diskussion ist uns mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Regionalisierungsge- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19947 (A) (C) (B) (D) setzes ein beachtlicher Erfolg gelungen: Die Höhe der Regionalisierungsmittel ist nun langfristig – bis zum Jahr 2031 – gesichert . Mit den 8,2 Milliarden Euro im Jahr 2016, ab 2017 dynamisiert mit 1,8 Prozent, leis- tet der Bund seinen Beitrag für die Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs in den Ländern . Auch die schon im vorausgegangenen Vermittlungsausschuss im Herbst 2015 offen gebliebene Frage der horizontalen Verteilung der Regionalisierungsmittel konnte im Früh- sommer 2016 geklärt werden . Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat nun be- reits die nächste Hürde genommen . Der Bundesrat hat am 4 . November 2016 beschlossen, keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf zu erheben . Ich bin daher zu- versichtlich, dass wir in Kürze die zwischen Bund und Ländern erzielte Einigung in Gesetzesform vorliegen haben werden . Derzeit erfolgt die Auszahlung der Mittel an die Länder durch das Bundesfinanzministerium unter Vorbehalt auf der Basis der Daten des Jahres 2015, also unter Berücksichtigung des alten, nunmehr überholten Verteilungsschlüssels . Wie Sie wissen, haben wir diesen Gesetzentwurf als besonders eilbedürftig im Sinne von Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG deklariert, um gegebenenfalls die Fristen im Gesetzgebungsverfahren verkürzen zu können . Dies ist entscheidend, damit wir noch in diesem Jahr das neue Regionalisierungsgesetz verkünden können . Erst dann ist die gesetzliche Grundlage vorhanden, um die entspre- chenden Auszahlungen an die Länder noch im laufenden Jahr 2016 vornehmen zu können . Das Gesetz wird daher rückwirkend zum 1 . Januar 2016 in Kraft treten . Die Länder sollen die ihnen zustehenden Mittel sobald wie möglich erhalten . Deshalb begrüße ich die Überle- gungen der Koalitionsfraktionen, sich gegenüber dem Bundesrat für einen Fristverzicht starkzumachen . Sollte der Bundesrat dem zustimmen, könnte der Gesetzent- wurf noch in diesem Monat, am 25 . November 2016, auf die Tagesordnung des Bundesrates gesetzt werden . Einer erneuten Zustimmung durch den Bundesrat sollte dann nichts mehr im Wege stehen . Dieser frühere Termin wäre insofern von Vorteil, als dass die abschließende Berechnung der jedem einzelnen Land zustehenden Mittel und das Auszahlungsverfahren aus dem Bundeshaushalt 2016 innerhalb der regulären Fristen sichergestellt werden könnten und die Mittel den Länderhaushalten auch noch in 2016 zugutekommen würden . Ich hoffe daher auf Ihre Unterstützung und zähle auch auf die Unterstützung der Länderkollegen, damit wir dieses Vorhaben nun zügig abschließen können . Dies ist heute ein guter Tag für den Nahverkehr in Deutschland . Wir stellen mit dem Beschluss eine gute Zukunft für den Nahverkehr in Deutschland langfristig sicher . Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Tagesordnungspunkt 25) Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Mit der Ent- scheidung zu einer Staatengemeinschaft Europa war die Entstehung neuer Herausforderungen vorgezeichnet . Grenzüberschreitende Sachverhalte machen Neuregelun- gen erforderlich, zum Beispiel im Bereich des Arbeits- rechts, des Gewerberechts, des Personenstandsrechts, aber auch im Bereich des Strafrechts . Es ist gut, dass hier nie der Versuch unternommen wurde, das alles umfassend auf einmal neu zu regeln; denn in der Regel handelt es sich um vielschichtige und komplexe Fragestellungen, die jeweils auf nationaler Ebene weitere Folgefragen generieren . Dennoch wird über die Jahre deutlich, dass es Bereiche gibt, in denen eine rasche Nachregulierung erforderlich wird, da die tat- sächliche Entwicklung ansonsten der Rechtslage enteilt . Exakt so erleben wir das im Strafrecht, dem der vor- liegende Gesetzentwurf gewidmet ist . Gerade hier stellen wir fest, dass Straftäter sich das Moment des Grenzüber- tritts innerhalb Europas zunutze machen – sei es beim Kalkül der erschwerten Fahndungsarbeit über Landes- grenzen hinweg bis hin zur Strafvollstreckung, der sich der Täter gerne entziehen möchte durch das Verlassen des entsprechenden Mitgliedstaates . Banden agieren or- ganisiert in Regionen, wo Landesgrenzen das Agieren der Strafverfolgungsbehörden erschweren . Deshalb ist der vorliegende Entwurf ausdrücklich zu begrüßen . Die tatsächliche Entwicklung zeigt die Erforderlich- keit, auch länderübergreifend Gerichts- und Ermittlungs- verfahren durchführen zu können . Im Rahmen der Richt- linienumsetzung geht es hier auf Grundlage des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung um die Schaffung von Regelungen zur ineinandergreifenden Zusammenarbeit von Justiz und Strafverfolgungsbehörden der unter- schiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union . Wenn wir nicht wollen, dass die Tatsache der Mehrstaat- lichkeit ein „Eldorado“ für Bandenkriminalität, Woh- nungseinbruchdiebstahl oder Schleuserwesen erzeugt, müssen wir die Herausforderung im Strafrecht entspre- chend abbilden . Das tut der vorliegende Gesetzentwurf . Deshalb bitte ich um Zustimmung . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Mit dem vor- liegenden Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen führen wir die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen in nationales Recht ein . Nach den vorherigen Anpassun- gen des Gesetzes zur internationalen Rechtshilfe, insbe- sondere bei der Vollstreckung von freiheitsentziehenden Sanktionen, bei der Überwachung von Bewährungsmaß- nahmen und der Vollstreckungshilfe allgemein, ist dies nun ein wesentlicher weiterer Schritt, die internationale Rechtshilfe europaweit zu modernisieren und zu ver- bessern . Die CDU/CSU-Fraktion ist Vorreiter, wenn es darum geht, gute europarechtliche Rechtsrahmen und internationale Übereinkommen zu unterstützen, zu för- dern und dann auch in nationales Recht umzusetzen . Ich würde mir wünschen, dass alle Fraktionen im Bundes- tag ein vergleichbares Engagement für die Sicherheit der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619948 (A) (C) (B) (D) Menschen in die Debatte einbringen, wie dies die CDU/ CSU auch mit diesem Gesetzentwurf wieder leistet . Mein Dank gilt in diesem Zusammenhang auch den Kol- leginnen und Kollegen der EVP im Europäischen Parla- ment, die sich immer wieder gemeinsam mit uns für eine trag- und leistungsfähige Sicherheitsarchitektur engagie- ren . Der vorliegende Gesetzentwurf geht nämlich auf die Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen zurück . Sie ist bis zum 22 . Mai 2017 in nati- onales Recht umzusetzen, was wir mit dem vorliegenden Gesetz nahezu eins zu eins übernehmen . Die neu eingefügten Normen schaffen im bestehenden Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen auf der Grundlage des Prinzips der gegenseitigen Aner- kennung Regelungen für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich der grenzüberschreitenden Beweiserhebung . In Absatz 1 Satz 1 wird die Europäische Ermittlungs- anordnung als eine Entscheidung definiert, die von einer Justizbehörde zur grenzüberschreitenden Durchführung spezifischer Ermittlungsmaßnahmen zwecks Beweiser- langung erlassen oder bestätigt wird . Besondere Bedeu- tung kommt einer verstärkten Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden des Anordnungsstaates und des Vollstreckungsstaates zu . Dies soll unter anderem die Arbeit der nationalen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte erleichtern . Das Ziel der Europäischen Ermitt- lungsanordnung ist es, im Bereich der grenzüberschrei- tenden Beweiserhebung das bisherige Nebeneinander verschiedener Rechtsinstrumente abzubauen, und dies erreichen wir jetzt durch die nationale Umsetzung . Be- reits jetzt haben wir schon unterschiedliche Regelungen zur grenzüberschreitenden Beweiserhebung . Ein einheit- liches und umfassendes System gab es bisher aber nicht . Mit den §§ 91a ff IRG schaffen wir nun klare Regelun- gen für allgemeine Grundsätze und für die Zulässigkeit . Insgesamt wird das Verfahren detailliert in den entspre- chenden Normen beschrieben . Für besondere Formen der Rechtshilfe werden Ergänzende Zulässigkeitsvorausset- zungen in § 91c IRG aufgenommen . Dies betrifft zum Beispiel die Durchführung von kontrollierten Lieferun- gen oder den Einsatz von verdeckten Ermittlern . Der besonderen Sensibilität dieser Maßnahmen wird durch hohe Voraussetzungen Rechnung getragen . Insgesamt wird durch die klare Orientierung am Richtlinienzweck eine gute Implementierung ins nationale Recht erreicht . Unserer Justiz ermöglichen wir eine effektive Strafver- folgung unter gleichzeitiger Berücksichtigung eines wirksamen Grundrechtsschutzes . Auch die zum Beispiel vom Deutschen Richterbund geäußerte Kritik gegenüber der Richtlinie konnte im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden . Ist die Bundesrepublik Deutschland Vollstreckungsstaat, ver- bleibt es bei den nationalen Richtervorbehalten, die in dem deutschen Verfahrensrecht für bestimmte Ermitt- lungsmaßnahmen vorgesehen sind . Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung könnte vermuten lassen, dass der ersuchte Mitgliedstaat gehindert ist, seine eige- nen Verfahrensregelungen anzuwenden, wenn ein ande- rer Mitgliedstaat entsprechend dem dortigen Verfahrens- recht eine (Zwangs)Maßnahme angeordnet hat . Schon in der Richtlinie ist aber der Schutz des Richtervorbehaltes vorgesehen, und dies wird auch so im Gesetz umgesetzt . Ist die Bundesrepublik Deutschland also ersuchter Staat, kann die Durchführung einer Zwangsmaßnahme wei- terhin von der Anordnung durch ein deutsches Gericht abhängig gemacht werden, sofern das nationale Verfah- rensrecht dies vorsieht . So sieht es die neue Regelung eindeutig vor . Die ebenfalls teilweise geäußerte Kritik, jeder Ein- zelfall müsse am Maßstab des europäischen Verhältnis- mäßigkeitsbegriffs geprüft werden und behindere damit die angestrebte Vereinfachung grenzüberschreitender Ermittlungen, trägt nicht . Selbstverständlich muss in der internationalen Rechtshilfe wie auch grundsätzlich das Prinzip der Verhältnismäßigkeit geprüft werden . Dies ist im deutschen Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen auch schon eh und je so vorgesehen . Dass durch die speziell europarechtliche Prägung der neuen §§ 91a ff . IRG eine besondere Schwierigkeit entstünde, ist nicht ersichtlich . Vielmehr werden sich die Verfahren in der Praxis schnell als effektiv einspielen . Nachdem wir in der ersten Lesung das Gesetz noch ohne Debatte eingebracht haben, gab es eine intensive Diskussion zwischen den Fraktionen . Es steht nun ein Gesetz zur Abstimmung, zu dem wir einen ausgewoge- nen Entwurf vorlegen . Ich würde mich freuen, wenn alle Fraktionen diesem Entwurf nun zustimmen könnten . Dirk Wiese (SPD): Mit dem heute hier zu verabschie- denden Gesetzentwurf wird die Richtlinie über die Euro- päische Ermittlungsanordnung in Strafsachen umgesetzt . Anzumerken ist, dass wir ausnahmsweise gut in der Zeit sind; die Umsetzungsfrist ist der 22 . Mai 2017, an diesem Tag wird das Gesetz dann auch in Kraft treten . Mit der Umsetzung wird sich die sonstige Rechtshilfe in der EU ändern . Diese ist bisher noch durch die Instrumente der klassischen Rechtshilfe geprägt, dort insbesondere durch das EU-Rechtshilfeübereinkommen aus dem Jahr 2000 . Der vorliegende Gesetzentwurf wird dem Selbstan- spruch der Richtlinie gerecht, die grenzüberschreitende Beweiserhebung innerhalb der EU umfassend zu regeln . Die dem Gesetzentwurf zugrunde liegende Richtlinie be- ruht auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung . Kurz zur historischen Einordnung: Dieser wurde von den Mitgliedstaaten der EU im Jahr 1999 im finnischen Tam- pere beschlossen und ausdrücklich im Primärrecht der Union verankert . Die europäischen Rechtsinstrumente, die auf diesem Grundsatz basieren, unterscheiden sich von denen der klassischen Rechtshilfe durch ein höheres Maß an Ko- operationsverpflichtung. Ein Ermessen dazu, ob ein ein- gehendes Ersuchen zu bewilligen ist, wird es zukünftig nicht mehr geben . Die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung eines anderen Mitgliedstaates der EU kann nur noch abgelehnt werden, wenn ein in dem jewei- ligen Rechtsinstrument geregelter Zurückweisungsgrund eingreift . Hier ist anzumerken, dass die Bundesregierung in den Verhandlungen zur Richtlinie ein hervorragendes Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19949 (A) (C) (B) (D) Ergebnis erzielt hat und sicherstellen konnte, dass die Zurückweisungsgründe so weit gefasst wurden, dass den deutschen Behörden ein weiter Handlungsspielraum zur Verfügung steht, der dem Grad der klassischen Rechts- hilfe entspricht . Mit der Übernahme sämtlicher in der Richtlinie genannter allgemeiner und besonderer Zu- rückweisungsgründe in die §§ 91b, 91c und 91e IRG-E ist sichergestellt, dass die deutschen Behörden auch auf Anordnung aus dem europäischen Ausland keine Ermitt- lungs- oder gar Zwangsmaßnahmen vornehmen dürfen, die nach deutschem Recht nicht zulässig wären . Unterstreichen möchte ich, dass alle Richtervorbehal- te der StPO für die Anordnung von Zwangsmaßnahmen weiterhin uneingeschränkt zu beachten sind . Dies war ein wichtiges rechtspolitisches Anliegen des BMJV, der Länder und der Anwaltschaft . Hier möchte ich auch noch einmal die hervorragende Arbeit von Bundesjustizminis- ter Maas hervorheben, der so sichergestellt hat, dass eine der entscheidenden Säulen unseres Rechtssystems beste- hen bleibt . Auch umgekehrt ist übrigens sichergestellt, dass deutsche Behörden nur solche Ermittlungsmaßnah- men im EU-Ausland anordnen können, die auch nach deutschem Recht zulässig sind . Aufgrund von kritischen Stimmen der letzten Wochen möchte ich noch einmal ausdrücklich anmerken, dass dies auch für die in der Presse erwähnten Echtzeitmaß- nahmen gilt, für die bereits die Richtlinie selbst weit ge- fasste Zurückweisungsmöglichkeiten vorsieht . Denn für die Echtzeitmaßnahmen greifen zusätzlich zu den allge- meinen Zurückweisungsgründen aus dem Allgemeinen Teil der Richtlinie auch noch die maßnahmenspezifi- schen besonderen Zurückweisungsgründe aus dem Be- sonderen Teil der Richtlinie ein . Damit wird einer Aus- weitung von Ermittlungsbefugnissen durch die Hintertür der Riegel vorgeschoben . Sie sehen, der Gesetzentwurf ist durchweg gelungen . Die – soweit im Einzelfall möglich – Einbettung der komplexen neuen Regelungen in die Regeln und Verfah- ren, die wir aus der klassischen Rechtshilfe kennen, wird der Praxis die Anwendung erleichtern . Ich habe mich für eine zeitnahe Umsetzung eingesetzt, die mit der heuti- gen Verabschiedung auch glücken wird; denn dadurch gewähren wir der Praxis ein adäquates Zeitfenster, um sich auf die Anwendung der neuen Regelungen vorzu- bereiten . Dass der Gesetzentwurf Mittel wie Fristen für die Bearbeitung eingehender Ersuche, eine verbindliche Nutzung von Formularen und erhöhte Kommunikations- anforderungen der beteiligten in- und ausländischen Be- hörden vorschreibt, ist übrigens der Tatsache geschuldet, dass es bisher auch innerhalb der Europäischen Union immer noch vorkommt, dass ein Ersuchen deutscher Be- hörden im Ausland erst nach mehr als einem Jahr oder gar nicht beantwortet wird . Ich bin zuversichtlich, dass wir auf europäischer Ebene mit Umsetzung der Richt- linie in jeweils nationales Recht von diesem Missstand wegkommen und eine weitere Verbesserung und Straf- fung des Rechtshilfeverfahrens erreichen werden . Das hilft übrigens nicht nur den Ermittlungsbehörden; denn auch beschuldigte Personen können davon profitieren, wenn etwa im Ausland entlastende Beweise zu erheben sind . Nicht zuletzt wird sich zukünftig auch die Dauer des Strafverfahrens auf die rechtsstaatlich gebotene Kür- ze beschränken, wovon ebenfalls alle Beteiligten profi- tieren werden . Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Mit dem vorliegen- den Gesetz wird die EU-Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung (RL EEA) in nationales Recht umgesetzt . Dazu wird im Gesetz über die internationa- le Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) ein neuer Abschnitt zur EEA eingefügt . Die RL EEA schafft, basierend auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, Re- gelungen für die justizielle und strafrechtliche Zusam- menarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der grenzüberschreitenden Beweiserhebung . Sie soll der Vereinfachung und Beschleunigung grenzüberschreiten- der Strafverfolgung dienen . Grundsätzlich ist gegen eine solches Ziel nichts einzuwenden . Im Gegenteil . Auch der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, in Artikel 82 AEUV festgelegt, ist im Grunde zu begrüßen . Mehr Eu- ropa statt weniger Europa ist eine angemessene Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit . Doch wir reden hier nicht abstrakt über mehr oder weniger Europa . Wir reden hier über die konkrete Um- setzung dessen, was Artikel 82 AEUV und die RL EEA festlegen . Und da kommen wir dann an ein Dilemma, jedenfalls dann, wenn die im Grundsatz zu begrüßende Idee von mehr Europa in einer Weise genutzt wird, die zum Abbau von Standards im Bereich der Menschen- rechte und rechtstaatlichen Grundsätze führt . Nun wis- sen wir alle, dass dieser Abbau von Standards nicht ir- gendwelchen angeblichen Brüsseler Bürokrateninnen und Bürokraten zuzuschreiben ist, sondern das Ergebnis von Verhandlungen mit den nationalen Regierungen ist . Dass zumindest der Bundestag hier noch viel zu wenig Einfluss auf die Verhandlungen nimmt, obwohl ihm Ar- tikel 23 GG und § 8 EUZBBG dafür Instrumente in die Hand geben, sei nur am Rande erwähnt . Die damalige Bundesregierung aus Union und FDP hat keine Notwendigkeit für diese Richtlinie gesehen . In der Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion (Drucksache 18/1439) heißt es: „Aus Sicht der Bundes- regierung bestehen auch ohne die EEA keine rechtlichen Defizite bei der justiziellen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union .“ Nun ist die- se Richtlinie beschlossen, und der deutsche Gesetzgeber muss sie in innerdeutsches Recht umsetzen . Die Richtli- nie verpflichtet die Behörden des Vollstreckungsstaates, grundsätzlich einer EEA, welche die Umsetzung einer polizeilichen oder justiziellen Maßnahme begehrt, eines Mitgliedsstaates (Anordnungsstaat) innerhalb einer be- stimmten Frist nachzukommen . Dies gilt nur dann nicht, wenn die Richtlinie eine Zurückweisung ermöglicht . Der Vollstreckungsstaat darf nur diese Zurückweisungsmög- lichkeiten geltend machen . Mit dem § 91b IRG regeln Sie nun diese Zurückwei- sung, indem Sie die Voraussetzungen der Zulässigkeit regeln . Ein Ersuchen im Hinblick auf eine EEA darf nur abgelehnt werden, wenn dies in der RL so vorgesehen ist . Der Artikel 10 der RL enthält im Wesentlichen die Zurückweisungsgründe . Er ist ein Kompromiss; denn die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619950 (A) (C) (B) (D) ursprüngliche und richtige Position der Bundesregierung war, wegen der Option von Verstößen gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit einen allgemeinen, weit gefass- ten Zurückweisungsgrund für den Fall, dass die Anerken- nung und Vollstreckung eines EEA gegen das nationale Recht des Vollstreckungsstaates verstoßen würde, zu for- mulieren . Das Problem bleibt bestehen . Der Artikel 10 Absatz 2 RL EEA – sogenannte Positivliste – schreibt Ermittlungsmaßnahmen vor, die in jedem Mitgliedstaat zur Verfügung stehen müssen . Für die dort genannten Ermittlungsmaßnahmen gilt das Zurückweisungsrecht der Mitgliedstaaten nicht . Zu Recht verweist der von Ih- nen vorgelegte Gesetzentwurf darauf, dass auch die dort aufgeführten Ermittlungsmaßnahmen unverhältnismäßig sein könnten . Ob die Zurückweisung dann wirklich im Rahmen des Artikels 11 Absatz 1 Buchstabe f möglich sein wird, wie der Gesetzentwurf behauptet, wird sich erst noch zeigen müssen . Der Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe f der RL sieht eine Zurückweisung vor, wenn „berechtigte Gründe für die Annahme bestehen, dass die Vollstreckung einer in der EEA angegebenen Ermittlungsmaßnahme mit den Verpflichtungen des Vollstreckungsstaats nach Artikel 6 EUV und der Charta unvereinbar wäre .“ Diese Regelung ist gut, und es ist kein Ruhmesblatt für die nationalen Regierungen, dass es erst das Europäische Parlament war, das mit Artikel 11 den Zurückweisungsgrund der drohenden Verstöße gegen die europäischen Grundrechte in der Richtlinie verankerte . Die Formulierung durch das Europäische Parlament zeigt aber auch, wie wichtig es ist, nationalstaatliche Blicke zu überwinden . Warum mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nun aber nicht die Möglichkeit genutzt wurde, die fakultativen Zu- rückweisungsgründe aus Artikel 11 Absatz 1 RL EEA als zwingendes Zulässigkeitshindernis im IRG zu verankern, erschließt sich uns nicht . Sie schreiben im Gesetzentwurf sogar explizit, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen im IRG abschließend geregelt werden . Wir hätten uns eine klare Verankerung der Zurückweisungsgründe aus Arti- kel 11 Absatz 1 RL EEA gewünscht . Sie implementieren zwar Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe f (Verstöße gegen die europäischen Grundrechte) der Richtlinie über § 91b Absatz 3 IRG, nicht aber die Anerkennung der Versagung der Vollstreckung nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe d, also wenn die Vollstreckung dem Grundsatz „ne bis in idem“ widersprechen würde . In eingeschränkter Form wird versucht, diesen Grundsatz als bloßes Bewilligungs- hindernis in § 91e Absatz 1 Nr . 2 IRG festzuschreiben . Den Grundsatz „ne bis in idem“ aber zu einer Ermes- sensentscheidung zu machen, scheint uns unangemessen . Wir können auch nicht nachvollziehen, warum Sie in § 91b Absatz 1 IRG bei der abstrakten Beschreibung für die Zurückweisung einer EEA stehen bleiben und hier nicht Katalogtaten oder Kategorien von Straftaten oder Straftaten mit einem bestimmten Mindeststrafmaß ex- plizit aufzählen . Genau diese Möglichkeit eröffnet die RL . Die Erwähnung des Strafmaßes von drei Jahren in den Formblättern ist hier nicht ausreichend . Wenn Sie in der Begründung unter anderem auf die Katalogtaten aus §§ 100a Absatz 2, 100c Absatz 2 oder 111 Absatz 1 StPO verweisen, hätten Sie diese auch gleich in den Gesetzes- text schreiben können . In § 91a Absatz 3 IRG belassen Sie es bei der Ter- minologie Einziehung und Verfall bei der Vermögens- abschöpfung . Nun haben wir zu diesem Gesetz gerade die erste Lesung durchgeführt und werden sicherlich demnächst die Neuregelung der Vermögensabschöpfung hier abschließend behandeln . Es wäre aus unserer Sicht klüger gewesen, die Anpassungen an die Neuregelung bereits jetzt vorzunehmen oder auf die Neuregelung zu warten, bevor das IRG neu geregelt wird . Was wir benö- tigen, sind europäische Regelungen, die höchstmögliche rechtsstaatliche Standards sichern . Von daher können wir dem Gesetz nicht zustimmen . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es gibt die Sorge, dass Ermittlungseingriffe von Strafverfolgungsbehörden von dem Anordnungsstaat in einem anderen Mitgliedstaat ungehindert und ohne wirk- liche Kontrollmechanismen möglich sein sollen und so einem Ausverkauf von Grundrechtsgarantien Vorschub geleistet werde . Auch wir haben hier im Deutschen Bundestag vor sechs Jahren unsere Bedenken gegen die Europäische Ermittlungsanordnung deutlich gemacht . Zum ersten Mal hatte der Bundestag sogar fraktions- übergreifend und einvernehmlich gegen eine geplante Regelung der EU-Kommission Stellung bezogen . Eini- ge Einschränkungen wurden sogar durchgesetzt, wie ein Zurückweisungsgrund, wenn die ersuchte Maßnahme nicht genauso auch innerstaatlich hätte angeordnet und durchgeführt werden können, ebenso zwingende Bewil- ligungshindernisse des Grundsatzes „ne bis in idem“ . Diese Punkte stehen auch im Umsetzungsgesetz . Zu be- grüßen ist auch, dass in der Richtlinie erstmals ein aus- drücklicher Zurückweisungsgrund bei Grundrechtsver- stößen verankert wurde (§ 91b Absatz 3 IRG-E) . So weit zum Positiven . Es ist richtig, Verbesserungen bei grenzüberschrei- tenden Ermittlungsmöglichkeiten innerhalb der EU bei grenzüberschreitenden Straftaten zu schaffen, insbeson- dere Erleichterungen etwa im Verfahrensablauf . Aber solche Erleichterungen dürfen nicht zulasten der Be- schuldigtenrechte und Verfahrensstandards gehen . Ebenso wie beim Europäischen Haftbefehl und bei der Europäischen Staatsanwaltschaft wollen wir einer- seits die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden grenzübergreifend verbessern, weil auch Kriminalität grenzüberschreitend ist . Andererseits gibt es immer noch keine breite Angleichung von Strafrecht und Strafver- fahrensrecht . EU-weite Mindeststandards auf hohem Ni- veau fehlen noch, wie ein einheitlicher Richtervorbehalt . Stattdessen werden durch den Grundsatz der gegensei- tigen Anerkennung strafjustizieller Entscheidungen, der nun auch für die grenzüberschreitende Beweiserhebung gelten soll, die Verfahrensstandards auf ein Mindestmaß abgesenkt . Staatsanwalt oder Gericht eines europäischen Mitgliedstaats, in dem die strafprozessualen Standards deutlich unter den unsrigen liegen, können nun zum Beispiel die Überwachung von Telekommunikation, also Telefon- oder Emailverkehr, die Durchsuchung von Wohnungen oder Beschlagnahmungen anordnen . Deut- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19951 (A) (C) (B) (D) sche Stellen werden solche Anordnungen vollstrecken müssen – es sei denn, einer der ausdrücklich geregelten Zurückweisungsgründe greift . Dies ist auch der entschei- dende Unterschied zur klassischen Rechtshilfe – wie ja selbst in der Gesetzesbegründung angeführt wird . Euro- päische Rechtsinstrumente, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung beruhen, bringen eine stär- kere Kooperationsverpflichtung mit sich. Der Ermes- sensspielraum, ob ein Ersuchen bewilligt werden soll oder nicht, ist faktisch nicht mehr vorhanden . Geregelt ist zwar, dass nur Ermittlungsmaßnah- men für Taten durchgeführt werden dürfen, die auch in Deutschland strafbar oder ordnungswidrig sind und die nach deutschem Recht für die entsprechende Tat zuläs- sig sind . Aber nach dem Gesetzestext ist jedenfalls wohl nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die entspre- chenden Behörden der EU-Mitgliedstaaten den Einsatz staatlicher Schadsoftware, sogenannte Staatstrojaner, in Deutschland anordnen dürften . Vorausgesetzt, dies fällt nicht unter § 91c Absatz 2 Nummer 2 dd IRG-E – Ein- schränkungen der Überwachung der Telekommunikati- on – in Verbindung mit § 59 Absatz 3 IRG – dann wäre es darüber ausgeschlossen . Auch der noch grundrechtsintensivere Eingriff, die akustische Wohnraumüberwachung, ist wohl nach dem Wortlaut nicht ausgeschlossen . Die Bundesrechtsan- waltskammer fordert in ihrer Stellungnahme, dass in § 91c Absatz 2 Nummer 2 IRG-E ein ausdrücklicher Ver- weis auf Maßnahmen nach §§ 100c ff ., 100f StPO erfol- gen sollte – um klarzustellen, dass die engen Vorausset- zungen für eine akustische Wohnraumüberwachung bzw . eine akustische Überwachung außerhalb von Wohnraum gelten müssen . Mindestens diese Klarstellung ist erfor- derlich . Für den Einsatz von Staatstrojanern fehlt in unserer Strafprozessordnung eine gesonderte und eindeutige Regelung . Wir Grüne lehnen diesen Grundrechtsein- griff ab, da wichtige Fragen hierzu völlig ungeklärt sind: Wie sollen Berufsgeheimnisträger und der Kernbereich höchstpersönlicher Lebensgestaltung geschützt werden? Wie sollen andere auf den Endgeräten gespeicherte In- halte jenseits der überwachten Kommunikation geschützt werden? Folglich sind wir mit der Möglichkeit, dass eine solche Maßnahme aus einem anderen EU-Staat heraus angeordnet werden könnte, nicht einverstanden . Mir ist klar, dass gerade in Grenzregionen die polizei- liche und staatsanwaltliche Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Nachbarländern Alltag ist und schon jetzt viele grenzübergreifende Maßnahmen durchgeführt wer- den können . Trotzdem ist mein Fazit: Die grundsätzlich richtige Erleichterung in grenzüberschreitender Beweis- erhebung rechtfertigt nicht, dass das Problem der zum Teil sehr unterschiedlichen strafverfahrensrechtlichen Standards fortbesteht . Das kann in bestimmten Konstel- lationen zu problematischen Ergebnissen führen . Es wur- de leider die Chance verpasst, im Kontext der Diskussion um die Europäische Ermittlungsanordnung das Etablie- ren von strafverfahrensrechtlichen Mindeststandards vo- ranzutreiben . Wir werden aus den genannten Gründen diesem Ge- setz nicht zustimmen, sondern uns enthalten . Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften zur Bevorratung von Erdöl, zur Erhebung von Mineralöldaten und zur Umstel- lung auf hochkalorisches Erdgas (Tagesordnungs- punkt 26) Jens Koeppen (CDU/CSU): Ich freue mich, dass wir heute unsere Beratungen zu dem wichtigen Artikelgesetz abschließen können . Im Vergleich zu anderen Gesetzes- vorhaben im Energiebereich ist dieses Gesetzesvorhaben relativ unumstritten und hat nicht zu vielen unterschiedli- chen Positionierungen hier im Bundestag geführt . Wenn ich an unsere Diskussionen zum EEG, zum Fracking, zum KWK-Gesetz oder zum Strommarktgesetz denke, ist das Gesetzesvorhaben heute quasi im Konsensverfah- ren durch das Bundestagsverfahren gelaufen . Bei der Gesetzesvorlage handelt es sich um ein Ar- tikelgesetz mit dem folgende Gesetze geändert werden: das Erdölbevorratungsgesetz, das Mineralölgesetz und das Energiewirtschaftsgesetz Die Änderung des Erdölbevorratungsgesetzes zielt auf folgende vier Punkte ab: Erstens sollen neben inlän- dischen Unternehmen auch Unternehmen mit Sitz in Mit- gliedstaaten der EU oder in Norwegen oder der Schweiz Mitglied im Erdölbevorratungsverband werden können . Zweitens soll für beitragspflichtige Erdölerzeugnisse, die auf Seeschiffen gebunkert werden, frühzeitig ein Abzug bei der Bemessung der Beträge ermöglicht werden . Drit- tens soll es durch die Novelle Unternehmen ermöglicht werden, in Deutschland gehaltene Mineralölbestände auch zugunsten der Krisenabsicherung in Drittstaaten bereitzuhalten . Viertens zielt die Gesetzesänderung da- rauf ab, dass die Auswahlverfahren für Vertragspartner des Erdölbevorratungsverbandes vereinfacht werden . Zusammengefasst: Wir wollen den Krisenmechanismus für Deutschland und Europa verbessern . Und hier freue ich mich ausdrücklich über unsere Einigkeit . Mit der Änderung des Mineralölgesetzes sollen vor- liegende Verwaltungsdaten für die statistischen Landes- ämter zur Erstellung von Energie- und Treibhausgasbi- lanzen nutzbar gemacht werden . Unsere Änderung hat damit einen ganz konkreten Bezug zur besseren Beob- achtung unser energiepolitischen Bemühungen zur Re- duzierung von CO2 in der Atmosphäre . Mit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes soll auf die neuen technischen Anforderungen auf Grund veränderter Gasbezugsquellen reagiert werden . Bis zum Jahr 2030 müssen sich 30 Prozent der deutschen Gas- kunden auf die veränderte Gasqualität einstellen . Hin- tergrund ist die rückläufige L-Gas-Produktion bei uns in Deutschland und in den Niederlanden und die damit verbundene Umstellung auf die Gasqualität H-Gas . Für Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619952 (A) (C) (B) (D) uns bedeutet der zusätzliche Gasimport nicht nur eine Erhöhung der Gasabhängigkeit vom Ausland, sondern die Gaskunden brauchen in Häusern, Wohnungen und Unternehmen andere Technik, damit die neue Gasquali- tät genutzt werden kann . Die Umrüstung der Geräte ist mit deutlichem Investitionsaufwand verbunden . Eine ab- schließende Einschätzung, inwieweit mit höheren Netz- entgelten diesbezüglich zu rechnen ist, konnte uns das zuständige Fachministerium bisher noch nicht geben . Die Gesetzesgrundlage sieht aber vor, dass hier nicht nur die besonders betroffenen Kunden in Norddeutschland diese Erhöhungen tragen müssen, sondern eine gesamt- deutsche Wälzung unter den Gaskunden stattfindet. Ich finde es wichtig – insbesondere hinsichtlich der Akzeptanz für die Umstellung –, dass wir jetzt die Grundlage für die Umrüstung schaffen und diese Umrüs- tung mit einer zweijährigen Vorabinformationspflicht der Kunden verbinden . Gaskunden müssen nach dem Gesetz mindestens zwei Jahre vor der Umstellung auf die Um- stellung hingewiesen werden. Diese Verpflichtung wird dazu führen, dass die Gaskunden mitgenommen werden, sie die Gründe hinterfragen können und keine pauscha- le Ablehnung für die neue Technik auf Grund fehlender Informationen aufbaut wird . Richtig und wichtig ist aus meiner Sicht auch, dass der Einbau von effizienteren Ge- räten mit einer Kostenerstattung von 100 Euro belohnt wird . Hier verbinden wir dieses energiepolitische Vorha- ben im Bereich der nicht regenerativen Energiequellen eng mit dem Energieeffizienzziel. Abschließend möchte ich um Ihre Zustimmung werben . Florian Post (SPD): Mit dem vorliegenden Artikel- gesetz bringen wir notwendige Änderungen von drei energiepolitischen Gesetzen auf den Weg . Hierbei han- delt es sich um das Energiewirtschafts-, das Erdölbevor- ratungs- und das Mineralöldatengesetz . Eine besondere Bedeutung hat hierbei sicherlich die Anpassung des Energiewirtschaftsgesetzes . Hinter- grund ist der signifikante Rückgang der in Deutschland geförderten Erdgasmengen sowie die Verringerung der Importmengen aus den Niederlanden . Daher müssen Gasimporte aus anderen Staaten diese Lücke schließen . Entscheidend hierbei ist: Erdgas ist nicht gleich Erdgas, denn Gas aus deutschen und niederländischen Vorkom- men hat einen geringeren Brennwert als Gas aus anderen ausländischen Bezugsquellen . Eine technische Umstellung der Gasendgeräte auf Gas mit höherem Brennwert – auch hochkalorisches oder H-Gas genannt – ist erforderlich damit Gasheizungen und Gasherde weiterhin sicher betrieben werden können . Von dieser sogenannten Marktraumumstellung sind gro- ße Teile der nord- und westdeutschen Gasnetze betroffen . Bis zum Jahr 2030 müssen etwa ein Drittel der deutschen Gaskunden auf eine andere Gasqualität wechseln . Eine Verzögerung bei dieser wichtigen Infrastruktur- maßnahme etwa aufgrund von Rechtsunsicherheit bei der Kostenverteilung können wir uns nicht leisten . Die Versorgungssicherheit vieler Millionen Haushalte und zahlreicher Industriebetriebe im Nordwesten Deutsch- lands, die momentan mit niedrigkalorischem Gas ver- sorgt werden und auf H-Gas umstellen müssen, wäre in Gefahr . Verantwortlich für die Umstellung sind die örtlichen Netzbetreiber . Die Kosten für die Anpassung von End- geräten – wie beispielsweise Gasheizungen und Gasher- den – werden damit zuerst einmal von diesen getragen . Die Kosten werden dann – in einem zweiten Schritt – über die Gasnetzentgelte auf die Gaskunden umgelegt . Bisher wurden die Kosten der Umstellung immer nur im betroffenen Marktgebiet umgelegt . Mit der Geset- zesänderung führen wir nun eine bundesweite Wälzung der Kosten ein . Damit wird eine ungleiche Belastung der Endverbraucher beider Marktgebiete aufgrund un- terschiedlicher Umstellungszeitpunkte vermieden . Die Einführung einer bundesweiten Wälzung der Kosten ist im Sinne einheitlicher Grundbedingungen im gesamten Bundesgebiet ein wichtiger Schritt . Damit die Kosten des Anpassungsprozesses nicht künstlich aufgebläht werden und auf das notwendige Maß beschränkt bleiben, führen wir zudem ein gesetzli- ches Prüfrecht durch die zuständige Regulierungsbehör- de ein . Diese prüft nun, ob die von den Netzbetreibern vorgenommenen Anpassungen erforderlich und die Kos- ten angemessen sind . Damit haben wir eine wirksame Kostenkontrolle im Gesetz verankert . Die Einführung einer Informationspflicht für die Netz- betreiber stellt eine weitere wichtige Neuerung dar . Die Verteilnetzbetreiber werden nun gesetzlich verpflichtet, die Letztverbraucher mit einem zeitlichen Vorlauf von zwei Jahren über die geplante Umstellung zu informie- ren . Dies gibt den Gaskunden die Möglichkeit, sich rechtzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und zu entscheiden, ob sie im Zuge der Umstellung ein effizien- teres Neugerät einbauen wollen . Entscheidet sich der Eigentümer eines Gasendgerätes dafür, anstelle der Anpassung des alten ein neues und in der Regel effizienteres Gerät anzuschaffen, erstattet ihm der örtliche Netzbetreiber einen Teil der Anschaffungs- kosten. Damit fördern wir den Einsatz effizienter Gashei- zungen und liefern einen Baustein für eine erfolgreiche Wärmewende . Zusammenfassend schaffen wir mit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes also eine verlässliche Grund- lage für eine kostengünstige, transparente und reibungs- lose Marktraumumstellung bis 2030 . Damit wird die Ver- sorgungssicherheit der Gasnetzkunden dauerhaft erhöht . Neben der Änderung des EnWG werden mit dem vor- liegenden Gesetz auch notwendige Änderungen an zwei weiteren energiepolitischen Gesetzen vorgenommen: dem Erdölbevorratungsgesetz und dem Mineralöldaten- gesetz . Mit der Änderung des Erdölbevorratungsgeset- zes können nun auch Unternehmen mit Sitz in ande- ren EU-Mitgliedstaaten sowie aus Norwegen und der Schweiz Mitglieder im Erdölbevorratungsverband wer- den . Die Aufgabe dieses öffentlich-rechtlichen Verban- des ist es, Erdöl und verschiedene andere Kraftstoffe für 90 Tage vorzuhalten . In Zeiten, in denen das Risiko von Versorgungsengpässen auch durch unsichere außenpoli- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19953 (A) (C) (B) (D) tische Verhältnisse zunimmt, gewinnt diese strategische Erdölreserve immer weiter an Bedeutung . Diese Gesetzesänderung führt in erster Linie zu Ver- fahrensvereinfachungen; Umfang und System der Bevor- ratung bleiben aber unverändert . Die Erdölbevorratung wird zudem im Sinne einer stärker gesamteuropäisch gedachten Energiepolitik weiterentwickelt . Die Krisen- festigkeit der Öl- und Kraftstoffversorgung wird dadurch auch in Deutschland erhöht . Zu guter Letzt nehmen wir mit dem Artikelgesetz eine kleine, aber wichtige Änderung am Mineralöldatengesetz vor . Diese Anpassung stellt sicher, dass alle Bundeslän- der wieder alle notwendigen Daten für ihre Energiesta- tistiken erhalten . Eine freiwillige Datenweitergabe durch die Mineralöl- branche hat sich hier als nicht praktikabel herausgestellt . Nun steht fest, dass die Länder über verlässliche Energie- und Treibhausgasbilanzen verfügen, die wiederum eine wichtige Basis für energiepolitische Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene darstellen . Klaus Ernst (DIE LINKE): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung von Vorschriften zur Be- vorratung von Erdöl, zur Erhebung von Mineralöldaten und zur Umstellung auf hochkalorisches Erdgas sollen das Erdölbevorratungsgesetz, das Mineralöldatengesetz und das Energiewirtschaftsgesetz geändert werden . Da- bei werden verschiedene Ziele verfolgt . Unter anderem wurde die Erdgasversorgung in den Ländern Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nord- rhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt dauerhaft auf das sogenannte H-Gas umgestellt, das ei- nen höheren Methangehalt hat . Hintergrund ist die rück- läufige Förderung des bisherigen L-Gases in den Nieder- landen und in Deutschland . Die Umstellung von L-Gas auf H-Gas ist nicht zuletzt auch deshalb zu befürworten, weil es eine höhere Energieeffizienz hat. Das Ressort schätzt, dass von den 4,3 Millionen Gas- und Brennwert- kesseln und 1,2 Millionen sonstigen Geräten, in erster Li- nie Gaskochgeräte und Gasdurchlauferhitzer, 2,5 Prozent bzw . 10 Prozent nicht umrüstbar sind . Die Umrüstungskosten werden auf 4 000 Euro für Gas- und Brennwertkessel und 400 Euro für sonstige Ge- räte pro Fall geschätzt . Aufgrund einer hohen Anzahl al- ter Geräte würde die Investition allerdings ohnehin anfal- len . Es gibt einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Netzbetreiber von Neugeräten, 100 Euro für jedes Neugerät . Damit fallen am Ende für die Bürgerinnen und Bürger Kosten für den Austausch der Geräte von rund 175 Millionen Euro an . Wir kritisieren jedoch, dass der Gesetzentwurf nicht die Chance nutzt, zeitgleich die Sicherheitsrisiken bei den Kavernenspeichern zu beseitigen, vor denen Um- weltschützer seit langem warnen . Das Nachrüsten der Kavernen mit Doppelrohren wäre ein wichtiger Schritt, ein anderer die stärkere Überwachung der Kavernenspei- cher . Mit der Änderung des Mineralöldatengesetzes sollen vorliegende Verwaltungsdaten für die statistischen Lan- desämter für die Erstellung von Energie- und Treibhaus- gasbilanzen nutzbar gemacht werden . Dies begrüßen wir ausdrücklich . Darüber hinaus sollen auch Unternehmen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, in Norwegen und in der Schweiz Mitglied des Erdölbevorratungsverbandes werden können . Für die Mengen beitragspflichtiger Erdölerzeugnisse, die zur Bebunkerung von Seeschiffen verwendet werden, soll frühzeitiger ein Abzug bei der Bemessung der Höhe der Beiträge geltend gemacht werden können . Außerdem soll es Unternehmen ermöglicht werden, in Deutschland gehaltene Mineralölbestände auch zugunsten der Krisen- vorsorge von Drittstaaten bereitzuhalten, und die Verfah- ren zur Auswahl von Vertragspartnern des Erdölbevor- ratungsverbandes sollen vereinfacht werden . An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich mit einer erfolgreichen Energiewende eine Bevorratung von Erdöl in diesem Ausmaß erübrigen würde . Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich will mich auf einen Punkt des vorliegenden Gesetz- entwurfes konzentrieren: den Umstieg von L-Gas auf H-Gas . Seit Mai 2015 wird das Erdgasnetz schrittweise von L-Gas auf H-Gas umgestellt . Davon sind schätzungs- weise 4,3 Millionen Kundinnen und Kunden, Gewerbe- treibende und Industrieunternehmen betroffen . Insgesamt werden 5 bis 6 Millionen Endgeräte angepasst . Es geht vor allem um den Nordwesten: Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Hessen . Die Umstellung soll bis 2030 abgeschlossen sein. Wir finden es richtig, dass die Kosten dieser Um- stellung nicht mehr nur diejenigen tragen sollen, die in den betroffenen Marktgebieten Gas beziehen, sondern alle Netzkundinnen und -kunden bundesweit herangezo- gen werden . Allerdings hätte man an dieser Stelle auch dafür sorgen können, dass die Berechnungen der Gas- netzbetreiber für die Umlage transparent gemacht wer- den . Im Strombereich ist das schließlich auch möglich . Warum nicht hier? Auch andere Neuregelungen, die sich aus den bisheri- gen Erfahrungen bei der Umstellung ergeben haben, halte ich grundsätzlich für richtig . Man könnte aber mehr tun . Ich bin überzeugt, dass wir die Umstellung von L-Gas auf H-Gas auch als Chance für Energieeinsparungen und erneuerbare Energien sehen sollten . Alle rund 4 Millio- nen Betroffenen werden für die Umrüstung persönlich aufgesucht . Dies bietet eine besondere Gelegenheit, für mehr Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu werben; denn die Beschäftigung mit der Gasumstellung könnte für viele Verbraucherinnen und Verbraucher ein Anlass sein, über Neuanschaffungen oder Veränderungen bei ihren vorhandenen Geräten nachzudenken . Das ist ein geeigneter Ansatzpunkt, um für mehr erneuerbare Ener- gien zum Beispiel im Wärmebereich zu sensibilisieren und auf weitere Fördermöglichkeiten (MAP erneuerbare Wärme etc .) aufmerksam zu machen . Eine begleitende Informationskampagne für Energieeffizienzmaßnahmen und erneuerbare Energien als Alternative zu Erdgas wäre also sinnvoll, ist jedoch nicht geplant . Wer die Energie- wende vorantreiben will, darf sich solche Gelegenheiten aber nicht entgehen lassen! Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619954 (A) (C) (B) (D) Erdgas ist wie Erdöl und Kohle ein fossiler Rohstoff . Wenn wir die Klimaziele einhalten wollen, müssen wir mittelfristig auch auf Erdgas verzichten . Investitionen in Infrastruktur wie das Gasnetz sind langfristig ausge- richtet . Auch Geräte wie Heizungen, die heute neu ange- schafft werden, werden in der Regel mindestens 20 Jahre genutzt und nicht so schnell wieder angefasst . Wir müs- sen also jetzt dafür sorgen, dass Chancen für Effizienz und erneuerbare Energien konsequent genutzt werden, und wir müssen uns jetzt überlegen, wie das deutsche Gasnetz aussehen muss, wenn wir uns zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgen . Wir sollten nicht zu- lassen, dass Geld in fossile Infrastrukturen fließt, die wir in wenigen Jahren so nicht mehr brauchen . Die Priorität muss stattdessen immer bei Energieeinsparungen, mehr Energieeffizienz und mehr erneuerbaren Energien liegen. Weil wir Grüne die technisch notwendigen Inhalte des Gesetzes grundsätzlich für richtig halten, aber die güns- tige Gelegenheit von Geräteumstellungen nutzen wollen und dabei mehr Engagement von der Bundesregierung für die Energiewende erwarten, enthalten wir uns . Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter Jahresbericht 2015 der Bundesstelle und der Län- derkommission (Tagesordnungspunkt 27) Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU): Folter ist ein schauriges Überbleibsel längst vergangener Jahrhunder- te . Es ist fatal, dass wir uns heute überhaupt noch mit ihr beschäftigen müssen . Doch die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In circa 70 Prozent aller Staaten wird gefoltert oder misshandelt . Sicher, diese viel zu hohe Zahl schließt auch jene Länder mit ein, in denen in den vergangenen Jahren nur Einzelfälle von Folter beobach- tet wurden . Aber jeder Einzelfall ist einer zu viel, und in der Mehrzahl der Staaten gehören Folter und Misshand- lungen zur traurigen Routine . Dies zeigt, wie schwierig es offenkundig auch weiterhin ist, dieser gravierenden Menschenrechtsverletzung den Garaus zu machen . Wenn wir über Folter sprechen, dann geht es dabei nicht nur um Nordkorea und China – oder Saudi-Arabi- en, wo Raif Badawi die Peitschenhiebe Nummer 51 bis 100 Gerüchten zufolge kurz bevorstehen . In Russland werden laut Amnesty International jedes Jahr Hunder- te Menschen Opfer von Folter . Auf das Schicksal Oleg Sentsovs habe ich an dieser Stelle bereits mehrfach hingewiesen; diese Woche haben wir den Bericht des Kreml-Kritikers Ildar Dadin zur Kenntnis nehmen müs- sen, in dem dieser sein Martyrium im russischen Gefäng- nis schildert . Große Besorgnis löst darüber hinaus die Situation in der Türkei aus: Berichte über drastisch häufiger vorkom- mende Folterungen bzw . die Aussetzung entsprechender Schutzmechanismen nach dem Putschversuch wider- sprechen gänzlich unseren Vorstellungen von Rechts- staatlichkeit und Menschenrechten . Der Druck auf Präsi- dent Erdogan muss umgehend erhöht werden; der gestern veröffentlichte Fortschrittsbericht der EU (der tatsächlich eher ein Rückschrittsbericht ist) war ein Schritt in diese Richtung . Einer der wichtigsten Ansätze in dem Bemühen, Fol- ter und Misshandlung ein Ende zu setzen, ist – neben einer Portion gesunden Menschenverstandes – die Anti- folterkonvention der Vereinten Nationen, die inzwischen von 157 Staaten ratifiziert wurde. Das 2006 verabschie- dete Zusatzprotokoll zu dieser Konvention sieht für alle Vertragsstaaten einen nationalen Präventionsmecha- nismus vor, der regelmäßige Besuche in Gefängnissen und weiteren Orten der Freiheitsentziehung vorzieht . In Deutschland wurde dieser Präventionsmechanismus mit der Einrichtung der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter umgesetzt, deren Bericht für das Jahr 2015 uns heute vorliegt . Lassen Sie mich zunächst den Mitgliedern der Natio- nalen Stelle zur Verhütung von Folter für ihre Arbeit dan- ken . Zwar ist die Situation bei uns eine gänzlich andere, als ich sie eingangs in Bezug auf andere Länder geschil- dert habe . Folter gibt es bei uns nicht . Dennoch müssen selbstverständlich auch wir in Deutschland darauf ach- ten, dass es – erstens – genau so bleibt . Zweitens können auch wir noch Dinge verbessern, bei denen der Begriff „Folter“ eher verwunderlich anmutet, aber Verbesserung im Detail anregt . Genau hier setzt der vorliegende Be- richt an . So wird beispielsweise mit Blick auf die Arrestzellen einer Bundeswehrkaserne angemerkt, dass es Insassen ermöglicht werden sollte, selbstständig die Beleuchtung in den Arresträumen zu regeln . Das mag sich für manch einen schon fast übertrieben anhören . Dennoch hat es sei- ne Berechtigung; denn in anderen Ländern wird Licht – oder dessen Abwesenheit – tatsächlich als Folterinstru- ment angewendet . Gleichzeitig verdeutlicht dieses Beispiel: Wenn sich die Kritikpunkte einer unabhängigen Organisation in sol- chen Dimensionen bewegen, dann wird klar, dass es sich hier bei uns um Sachverhalte ganz anderer Art handelt, als in den 141 Ländern, in denen Amnesty International in seinem letzten Berichtszeitraum Folter oder andere Formen der Misshandlung beobachtet hat . Wir müssen und wollen unseren menschenrechtlichen und rechtsstaatlichen Pflichten nachkommen – selbstver- ständlich auch gegenüber „Arrestantinnen und Arrestan- ten“, wie es in dem Bericht so schön heißt . Denn die eigentliche Stärke einer Gesellschaft lässt sich auch an ihrem Umgang mit denjenigen ablesen, die sich nicht an die Regeln gehalten haben . Anfang 2015 wurden daher die Finanzmittel für die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter aufgestockt, um eine größere Anzahl an Besu- chen zu ermöglichen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19955 (A) (C) (B) (D) Ich möchte an dieser Stelle allerdings ganz klar un- terstreichen, worum es dabei eindeutig nicht gehen darf . In Justizvollzugsanstalten sitzen zum Teil verurteilte Schwerkriminelle ein: Mörder, Kinderschänder und Ter- roristen . Die Haft im Gefängnis ist eine Einschränkung und soll auch eine solche sein . Mit einem Hotelaufenthalt braucht sie nicht verglichen zu werden . Das ist nicht das Ziel von Strafe . Der vorliegende Bericht zieht eine positive Bilanz und bestätigt damit das hohe Niveau, auf dem Deutschland sich befindet. In den vergangenen Jahren wurden viele Empfehlungen der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter zeitnah umgesetzt . Wir gehen davon aus, dass dies auch weiterhin so sein wird, und bringen dies auch in der heute zur Abstimmung stehenden Entschließung zum Ausdruck . Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU): Folter in Deutschland – anlässlich der Veröffentlichung des Jah- resberichts 2015 der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter widmen wir uns heute diesem Thema . Und wir freuen uns über sehr positive Nachrichten . Schon 2013 stellte der Ausschuss gegen Folter der Vereinten Nationen fest, dass es in Deutschland keine Fälle von Folter gab . Der aktuelle Bericht der Nationa- len Stelle zur Verhütung von Folter, also des deutschen Nationalen Präventionsmechanismus gegen Folter, die nach der Ratifizierung vom VN-Fakultativprotokoll zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigen- de Behandlung oder Strafe vom 10 . Dezember 1984 (VN-Antifolterkonvention – CAT) gegründet wurde und 2009 ihre Arbeit aufnahm, ist durchaus positiv . Zu Beginn des Jahres 2015 wurde das Budget der Na- tionalen Stelle auf 540 000 Euro erhöht und die Anzahl der Mitglieder der Länderkommission auf acht verdop- pelt, womit die Aufnahme der Besuchstätigkeit in bisher nicht oder kaum abgedeckten Bereichen – insbesondere in Alten- und Pflegeheimen, psychiatrischen Kliniken und Einrichtungen der Jugendhilfe – zumindest spora- disch möglich wurde . Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter besteht aus der Bundestelle und der Länderkommission . Haupt- aufgabe der Nationalen Stelle ist es, Orte der Freiheits- entziehung aufzusuchen, auf Missstände aufmerksam zu machen und den Behörden Empfehlungen und Vorschlä- ge zur Verbesserung der Situation der Untergebrachten, zur Verhütung von Folter und sonstigen Misshandlungen zu unterbreiten . Letztes Jahr besuchte die Bundesstelle 16 Dienststel- len der Bundespolizei . Trotz des hohen Arbeitsaufkom- mens wegen der großen Zahl von einreisenden Flücht- lingen und Migranten vermerkte die Bundesstelle eine insgesamt positive und problembewusste Haltung der Beamten . Die Länderkommission befasste sich schwerpunktmä- ßig mit dem Jugendstrafvollzug . Sie berichtet über eine hohe Zahl an ausgebildeten Mitarbeitern, die die Gefan- genen intensiv betreuen und behandeln und über keine menschenunwürdigen Bedingungen . Diese positiven Er- kenntnisse begrüßen wir . Wir begrüßen auch die konstruktiven Empfehlungen der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter und un- terstützen ihre Bemühungen, diese Empfehlungen bun- desweit stärker bekannt zu machen, damit sie bei Bedarf in ähnlichen Einrichtungen ebenfalls und noch breiter angewandt werden können . Zukünftig können wir die Bundesregierung nur dazu auffordern, die Nationale Stelle zur Verhütung von Fol- ter weiterhin zu unterstützen und ihr Engagement gegen und zur Verhütung von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe mit Nachdruck im In- und Ausland fortzusetzen . Wahrscheinlich denkt man, dass diese guten Nach- richten selbstverständlich sind, dass Deutschland vor- bildlich ist, was Folterprävention angeht . Doch es ist keine Selbstverständlichkeit . Nur ein paar Blicke in die weltweite Situation machen es schon sehr deutlich . Denn Folter ist außerhalb Deutschland und Europa überhaupt keine Ausnahmeerscheinung . Laut Professor Manfred Nowak, dem ehemaligen Sonderberichterstatter für Folter der Vereinten Nationen, ist Folter in der überwiegenden Mehrheit der Staaten die- ser Erde eine weit verbreitete Praxis . In manchen Län- dern werden sogar Körperstrafen als gerichtliche Sank- tion vorgesehen und angewandt, wie in Afghanistan, in Saudi-Arabien und im Sudan . Letztes Jahr haben wir hier im Reichstag die Freilas- sung von Raif Badawi gefordert . Der saudische Blogger und Internetaktivist war zu 1 000 Stock- und Peitschen- hieben verurteilt worden . Der Menschenrechtsverteidi- ger sitzt übrigens immer noch im Gefängnis; sein Ge- sundheitszustand ist schlimm, und das Regime hat die weiteren Schläge noch nicht aufgehoben . Erschütternd ist die Situation auch in Syrien, wie wir es leider schon allzu gut wissen . Laut Schätzungen der internationalen Menschenrechtsorganisation Amnesty International sind seit 2011 in den Gefängnissen der sy- rischen Regierung mindestens 17 723 Menschen durch Folter, Misshandlungen und katastrophale Haftbedin- gungen ums Leben gekommen . Ihr Bericht „It Breaks the Human: Torture, disease and death in Syria’s prisons“ belegt anhand von Aussagen von Überlebenden das er- schreckende Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen . Dieses staatliche Vorgehen stellt ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar . Wieder zeigt sich, wie dringend wir Gesprächskanäle brauchen, um den Bürgerkrieg zu beenden . Oft sind die schutzbedürftigsten Menschen Folter aus- geliefert . So zum Beispiel junge Eritreer, die vor der Dik- tatur ihres Landes fliehen. Auf dem Weg nach Ägypten durch den Sudan werden viele entführt und gefoltert . Die Menschenhändler erpressen immense Lösegeldsummen von den verzweifelten Verwandten daheim . Sie rufen die Familien an und lassen sie dabei zuhören, wie ihre Ange- hörigen gefoltert werden . Manchen werden Organe ent- nommen . Die aus Eritrea stammende Menschenrechtle- rin Fessaha berichtete über Menschen, deren Körper mit Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619956 (A) (C) (B) (D) glühenden Eisen verbrannt wurden, deren Haut mit ko- chendem Wasser oder Öl übergossen wurde, deren Lei- ber aufgeschlitzt und akribisch wieder zugenäht wurden . Folter ist völkerrechtlich ohne Einschränkungen ver- boten . Die Internationale Gemeinschaft hat als Reaktion auf den Nazi-Holocaust das Folterverbot aus guten Grün- den zu einem der wenigen absoluten und notstandsfesten Menschenrechte erklärt . Artikel 2 der Anti-Folter-Kon- vention der Vereinten Nationen von 1984 bekräftigt dies nochmals nachdrücklich, so § 2: „Außergewöhnliche Umstände gleich welcher Art, sei es Krieg oder Kriegs- gefahr, innenpolitische Instabilität oder ein sonstiger öf- fentlicher Notstand, dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden .“ Und § 3: „Eine von ei- nem Vorgesetzten oder einem Träger öffentlicher Gewalt erteilte Weisung darf nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden .“ Wir dürfen nicht vergessen, dass das Zulassen von Folter in Ausnahmefällen zur Öffnung der berühmten Büchse der Pandora geführt hat . In verschiedenen Geheimgefängnissen weltweit ließ die CIA nach den Anschlägen vom 11 . September 2001 Terrorverdächtige foltern, um an Informationen zu gelan- gen . Dies belegt der Ende 2014 veröffentlichte Bericht des US-Kongresses . Die USA haben damit gegen das ab- solute Folterverbot und das Völkerrecht verstoßen und sich schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig ge- macht. Mit der bisherigen Straflosigkeit für die Folterer haben sie ein verheerendes Signal in die Welt gesandt . Noch besorgniserregender sind die Aussagen des neu- gewählten amerikanischen Präsidenten Donald Trump während seines Wahlkampfs . Vor dem Fernseher kün- digte er an, mit derzeit illegalen Foltermethoden gegen Terroristen durchgreifen zu wollen: Er würde sich darum bemühen, dass die rechtlichen Vorschriften überarbeitet würden, die Waterboarding und extremere Formen der Folter verbieten, weil die USA einen strategischen Nach- teil gegenüber der IS-Miliz hätten . Letzten Februar sagte er: Torture works . OK, folks? You know, I have these guys –”Torture doesn’t work!” – believe me, it works . And waterboarding is your minor form . Some people say it’s not actually torture . Let’s as- sume it is . But they asked me the question: What do you think of waterboarding? Absolutely fine. But we should go much stronger than waterboarding . Donald Trump sprach sich übrigens auch mehrmals für die Tötung von Familienmitgliedern von Terrorver- dächtigen aus . Den neuen amerikanischen Präsidenten ermutigen wir gern, „Amerika wieder groß zu machen“ . Am 4 . Juli 1776 gründeten die Gründerväter die Vereinigten Nati- onen von Amerika auf den Prinzipien der Freiheit . Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung ist das welt- weit erste offizielle Dokument, dass Menschenrechte postuliert: „Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freyheit und das Bestreben nach Glückseligkeit .“ Seitdem haben die USA sich unerlässlich als Schutz- und Trutzmacht der Frei- heit weltweit eingesetzt . Seit Guantanamo, Abu Ghuraib oder außerordentlichen Überstellungen sind die USA aber kein Vorbild mehr . Daher ermutigen wir – ermutige ich – den neuen Präsidenten, „Amerika wieder groß zu machen“: Amerika wieder zur größten Schutzmacht für jeden Freiheitsliebenden dieser Welt zu machen . Frank Schwabe (SPD): Wir befassen uns heute mit dem Jahresbericht 2015 der Nationalen Stelle zur Ver- hütung von Folter . Die Nationale Stelle ist Deutschlands Einrichtung für die Wahrung eines menschenwürdigen Lebens von Personen, denen ihre Freiheit entzogen wur- de . Es ist eine sehr wichtige Einrichtung . Aus ihrem Jah- resbericht erfahren wir, ob in Deutschland Menschen, denen ihre Freiheit entzogen wurde, menschenwürdig untergebracht und behandelt wurden . Hierfür überprüft die Nationale Stelle Orte der Freiheitsentziehung wie Dienststellen der Bundespolizei, Haft- und Arrestein- richtungen der Bundeswehr, Justizvollzugsanstalten, Ju- gendarrestanstalten, Abschiebungshaftanstalten, psychi- atrische Kliniken sowie Alten- und Pflegeheime. Die Untersuchungen der Nationalen Stelle zur Verhü- tung von Folter sind auch insofern wichtig, da wir oft und zu Recht Folter und unmenschliche Behandlung und Strafe im Ausland kritisieren . Deshalb müssen wir darauf achten, dass auch wir selbst jene menschenrechtlichen Standards einhalten, die wir von anderen fordern . „Folter versteht sich als jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden … .“ So steht es im Über- einkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Be- handlung oder Strafe vom 10 . Dezember 1984, der soge- nannten Antifolterkonvention . Es ist erfreulich, dass die Nationale Stelle zusammenfassend feststellen kann, dass es in Deutschlands Gewahrsamseinrichtungen keine Fol- ter gibt . Allerdings gibt es Situationen und Missstände, die nicht mit der Menschenwürde vereinbar sind . Die- se Missstände müssen wir ernst nehmen und beseitigen . Bund und Länder sind hier gleichermaßen gefordert . Laut Artikel 2 der Antifolterkonvention ist jeder Ver- tragsstaat verpflichtet, „… wirksame gesetzgeberische, verwaltungsmäßige, gerichtliche oder sonstige Maß- nahmen, um Folterungen in allen seiner Hoheitsgewalt unterstehenden Gebieten zu verhindern“, durchzufüh- ren . In diesem Sinne wurde 2002 die Konvention durch ein Fakultativprotokoll ergänzt. Dieses verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, einen Nationalen Präventionsme- chanismus einzurichten, der dafür sorgt, dass freiheits- einschränkende Institutionen, die der staatlichen Gewalt unterliegen, die Antifolterkonvention einhalten . Bis Ende 2015 wurde das Fakultativprotokoll von 98 Staa- ten unterzeichnet und von 80 ratifiziert. 63 Staaten haben bereits einen Nationalen Präventionsmechanismus ein- gerichtet . Die SPD-Bundestagsfraktion hat lange für die Ratifi- zierung des Zusatzprotokolls gekämpft . In Deutschland wurde der Nationale Präventionsmechanismus 2009 zu- nächst in Form der Bundesstelle eingerichtet, 2010 dann Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19957 (A) (C) (B) (D) ergänzt durch die Länderkommission . Bundesstelle und Länderkommission bilden gemeinsam die Nationale Stelle . Der Zuständigkeitsbereich der Bundesstelle ist mit 280 Gewahrsamseinrichtungen klein im Vergleich zu jenem der Länderkommission . Diese ist für meh- rere Tausend Einrichtungen zuständig . Dazu gehören 1 270 Dienststellen der Landespolizei, etwa 550 psychia- trische Fachabteilungen sowie 10 900 Alten- und Pflege- heime . Dies ist eine immense Herausforderung . Als Schnittstelle zwischen internationalem Abkom- men und deutschem Recht besteht die Nationale Stelle aus einem unabhängigen Gremium, das auf Missstände aufmerksam macht und Verbesserungsvorschläge unter- breitet . Viele frühere Empfehlungen der Nationalen Stel- le wurden umgesetzt, jedoch fast ausschließlich in den besuchten Einrichtungen, nicht aber landes- und bundes- weit in Einrichtungen mit ähnlich gelagerten Problemen . Dies ist bedauerlich und muss sich ändern . Zu den Problemen und Missständen in freiheitsentzie- henden Institutionen in Deutschland zählen zum Beispiel fehlende Rauchmelder, fehlende Intimsphäre der Gefan- genen, unzulässige Doppelbelegung einer Zelle, nicht dimmbare Beleuchtung, fehlende Papierunterwäsche und teilweise schlechte bauliche Zustände der Einrichtungen . Auch der aktuelle Fall des Terrorismusverdächtigen Jaber Albakr hat deutlich gemacht, dass zumindest in der Leipziger JVA Handlungsbedarf besteht . Der inhaftierte Syrer hätte besser bewacht werden müssen und keine Gelegenheit erhalten dürfen, sich das Leben zu nehmen . Dass dies geschehen konnte, ist allein schon Beleg für strukturelle und personelle Probleme in dieser JVA . Speziell 2015 stellte die unerwartet hohe Zahl der Flüchtlinge eine große Herausforderung für Deutschland und die damit befassten Einrichtungen dar . So war zum Beispiel das Bundespolizeirevier in Passau auf die vie- len Menschen nicht ausreichend vorbereitet . Sie wurden daher auch in Räumen untergebracht, die die Besuchs- delegation der Bundesstelle als nicht geeignet empfand . Außerdem mussten Personen untergebracht werden, die verdächtig waren, eine Straftat begangen zu haben . So war eine Einzelzelle doppelt belegt; weder gab es eine abgetrennte Toilette in der Haftzelle noch einen Sicht- schutz durch die Gitter von außen . Problematisch sah die Delegation auch die Unterbringung von zehn Personen in einem Raum ohne Sitzgelegenheit an . Trotz der He- rausforderungen und dem hohen Arbeitsaufwand für die Bundespolizeiinspektion Freyung mit ihrer Zuständig- keit für sehr viele Flüchtlinge wird im Bericht das ins- gesamt hilfreiche und problembewusste Verhalten der Beamten gewürdigt . In einer von der Länderkommission besuchten Ju- gendarrestanstalt waren die 8 Quadratmeter großen Ar- resträume ebenfalls doppelt belegt, die Toilette war bau- lich nicht abgetrennt . Das Bundesverfassungsgericht hat solche Situationen als Verletzung der Menschenwürde eingestuft . Die Wahrung der Intimsphäre gehört zu je- nen Standards, die freiheitsentziehende Einrichtungen einhalten müssen . Dennoch gibt es in diesem Bereich viele Mängel, oft in Waschräumen, in denen Trennwände zwischen den Duschkabinen fehlen . Obwohl viele Ein- richtungen inzwischen ganz auf Türspione verzichten, was die Nationale Stelle empfiehlt, werden sie anderswo weiterhin benutzt . Auch auf die vollständige Entkleidung von Gefangenen sollte verzichtet werden . Sollte ein Aus- nahmefall bestehen, werden Papierunterwäsche und Pa- pierhemden empfohlen . Die Menschenwürde muss unter allen Umständen gewährleistet werden . Diese und andere Missstände konnten durch die Na- tionale Stelle aufgedeckt werden . Zugleich gibt sie den besuchten Einrichtungen vielfältige Empfehlungen – von Dolmetschern im Jugendstrafvollzug über bauliche Ver- änderungen bis hin zu unabhängigen Ermittlungs- und Beschwerdestellen . Da die Nationale Stelle eine präventi- ve Funktion wahrnimmt, richten sich ihre Empfehlungen nicht nur direkt an die von ihr besuchten Einrichtungen . Deshalb unterstützen wir ihre Bemühungen, die Emp- fehlungen bundesweit stärker bekannt zu machen, damit sie bei Bedarf in vergleichbaren Einrichtungen ebenfalls angewandt werden können . Auch sollten die Berichte auf der Internetseite besser zugänglich gemacht werden . Eine engere Zusammenarbeit mit europäischen Staaten, um gemeinsame Standards einzuführen und voneinander zu lernen, wie dies die Nationale Stelle plant, begrüßen wir sehr . Ich freue mich, dass es für das Jahr 2015 gelungen ist, die Nationale Stelle finanziell und personell aufzu- stocken . Das Budget wurde auf 540 000 Euro erhöht, die Anzahl der Mitglieder der Länderkommission auf acht verdoppelt, sodass mehr Einrichtungen besucht werden können . Dies ist gut, reicht aber nicht aus . Trotz verbes- serter Arbeitsbedingungen steht die Nationale Stelle wei- terhin vor einer großen Herausforderung . Mittelfristig muss der Präventionsmechanismus erneut finanziell und personell verstärkt werden . Die personelle und fachliche Erweiterung der Nationalen Stelle macht künftig auch verstärkt Besuche in Pflege- und Altenheimen möglich. Dies ist ein weites Feld, in dem viel Missbrauch gesche- hen kann, unabhängig davon, ob die Heime über ge- schlossene Abteilungen verfügen oder nicht . Insgesamt sind wir auf einem guten Weg . Die Natio- nale Stelle hat sich schon jetzt bewährt, die SPD-Bundes- tagsfraktion wird sie weiterhin in ihrer wichtigen Aufga- be unterstützen . Im Namen des Deutschen Bundestages danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Nationalen Stelle für ihre engagierte Arbeit . Annette Groth (DIE LINKE): Der Entschließungsan- trag der Koalition zeichnet in völligem Widerspruch zum Bericht der Nationalen Stelle ein rosarotes Bild von den Zuständen in den besuchten Einrichtungen . Die Koaliti- on sieht offensichtlich keinen Handlungsbedarf und hat die reale Lage nicht zur Kenntnis genommen . In keiner Weise thematisiert der Antrag die Tatsache, dass es drin- gend einer deutlichen Aufstockung der finanziellen und personellen Ressourcen für die Nationale Stelle und die Länderkommission bedarf, damit mehr Besuche in den Einrichtungen durchgeführt werden können . Zwar ist es positiv, dass 2015 die Anzahl der Mitglie- der der Länderkommission vergrößert wurde, dies ist aber nur ein erster Schritt . Auch die Erhöhung des Bud- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619958 (A) (C) (B) (D) gets der Nationalen Stelle auf 540 000 Euro ist lediglich ein erster bescheidener Anfang, der keinesfalls ausreicht . So schreibt die Nationale Stelle zwar in ihrem Be- richt: „Dies war für die Länderkommission ein wichtiger Schritt, da nun die Aufnahme der Besuchstätigkeit in den bisher nicht oder kaum abgedeckten Bereichen möglich wurde“, gleichzeitig zeigt der Bericht jedoch ganz klar auf, dass auch nach der Erhöhung der finanziellen und personellen Ressourcen für die Nationale Stelle nur we- nige Stichprobenbesuche in den zu überprüfenden Ein- richtungen durchgeführt werden können . Aufgabe der Nationalen Stelle ist es, Orte der Frei- heitsentziehung zu besuchen und vorhandene Missstände aufzuzeigen . Sie schlägt den Behörden konkrete Verbes- serungen vor . Dabei ist die Nationale Stelle für die etwa 280 Gewahrsamseinrichtungen der Bundeswehr, der Bundespolizei und des Zolls sowie für Rückführungs- maßnahmen, die von der Bundespolizei begleitet werden, zuständig . In die Zuständigkeit der Länderkommission fallen 184 organisatorisch selbstständige Justizvollzugs- anstalten, etwa 1 270 Dienststellen der Landespolizeien, alle Gerichte mit Vorführzellen, sieben Abschiebungs- hafteinrichtungen, circa 550 psychiatrische Fachabtei- lungen in speziellen Kliniken oder allgemeinen Kranken- häusern, 28 Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe mit geschlossenen Plätzen sowie geschlossene Heime für Menschen mit Behinderung und die circa 10 900 Alten- und Pflegeheime, in denen freiheitsentziehende Maßnah- men durchgeführt werden . Wer sich vor Augen hält, um was für ein riesiges Aufgabengebiet es sich handelt, erkennt sofort, dass die derzeitige Ausstattung der Nationalen Stelle und der Länderkommission bei weitem nicht ausreicht, um eine angemessene Prüfung der Situation in diesen Ein- richtungen durchzuführen . Deshalb fordert die Fraktion Die Linke seit vielen Jahren, die Mittel für die Nationale Stelle deutlich anzuheben und die Personalstellen für die Länderkommission auf mindestens 20 Vollzeitstellen zu erweitern . Im Bericht wird deutlich, dass eine Intensivierung der Besuche der Nationalen Stelle und der Länderkommis- sion mehr als notwendig ist . Wenn im Bericht zum Bei- spiel darauf hingewiesen wird, dass die Empfehlungen nach wie vor in vielen Fällen nur in der jeweils besuchten Einrichtung umgesetzt werden, aber nicht landes- bzw . bundesweit, ist dies mehr als bedauerlich . Daraus folgt jedoch auch, dass möglichst viele Einrichtungen besucht werden müssen, damit vorhandene Missstände abgestellt werden . Gleichzeitig werden in dem Bericht immer wieder schwerwiegende Eingriffe in die Menschenwürde be- klagt . So wird darauf hingewiesen, dass besonders ge- sicherte Hafträume per Video überwacht werden, wobei häufig die Intimsphäre der Untergebrachten nicht hin- reichend geschützt ist . Es ist höchst alarmierend, dass ein erheblicher Anteil der Gefangenen in den Gemein- schaftsduschen nur mit Unterwäsche bekleidet duschen will . Es muss so schnell wie möglich Sorge dafür getra- gen werden, dass die Intimsphäre der Betroffenen ausrei- chend geachtet und geschützt wird . Die Ausführungen im Bericht über die Jugendar- restanstalt Lebach sind erschreckend . Insbesondere im Jugendarrest sind Unterbringungsbedingungen, die die Menschenwürde verletzen, nicht akzeptabel . In dem Be- richt wird dargestellt, dass Arresträume, die über eine Grundfläche von lediglich 8 Quadratmetern verfügen und deren Toilette nicht baulich abgetrennt und geson- dert entlüftet wird, doppelt belegt sind . Solche Zustände wurden vom Bundesverfassungsgericht als Verletzung der Menschenwürde bewertet . Auch der Hinweis, dass bei den Nachfolgebesuchen in den Jugendarrestanstal- ten Düsseldorf und Wetter (Ruhr) durch die Länderkom- mission ein Großteil ihrer Empfehlungen trotz teils an- derslautender Mitteilungen der Aufsichtsbehörde nicht umgesetzt worden waren, ist erschreckend . Es ist skandalös, dass die Fixierung von Personen in Polizeidienststellen, die die Nationale Stelle als „men- schenunwürdig“ bezeichnet, immer noch nicht abge- stellt wurde . Außerdem weist die Nationale Stelle in ih- rem Bericht darauf hin, dass Durchsuchungen, die mit einer vollständigen Entkleidung verbunden sind, einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlich- keitsrecht darstellen . Sie fordert deshalb völlig zu Recht, diese auf das absolut notwendige Maß zu reduzieren . Ich kann mich nur voll und ganz der Einschätzung der Nationalen Stelle anschließen, dass die Durchsu- chung Geflüchteter in Abschiebeeinrichtungen bei ih- rer Inhaftierung unter vollständiger Entkleidung einen schwerwiegenden Eingriff in die Intimsphäre darstellt . Ausdrücklich unterstütze ich den Hinweis der Nationalen Stelle in ihrem Bericht, dass Abzuschiebende keine Kri- minellen sind . Es zeigt sich an diesem Kapitel im Bericht überdeutlich, welche menschenrechtlich nicht akzepta- blen Praktiken in Abschiebeeinrichtungen noch immer vorzufinden sind. Diese müssen sofort abgestellt werden. Für die Fraktion Die Linke möchte ich ausdrücklich meinen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nationalen Stelle und der Länderkommission für ihre wichtige Arbeit aussprechen . Ich fordere die Bun- desregierung auf, endlich die Ausstattung der Nationalen Stelle und der Länderkommission deutlich zu verbessern, damit Deutschland seinen eingegangenen Verpflichtun- gen aus dem Fakultativprotokoll zum Übereinkommen (OPCAT) angemessen nachkommen kann . Nur mit einer spürbaren Anhebung des Budgets und der Personalstellen kann die Nationale Stelle den präventiven Ansatz, den sie als wichtigen Teil der Sicherung der Menschenrechte und der Menschenwürde für Gefangene und Menschen, die in Einrichtungen untergebracht sind, in denen ihre Freiheit eingeschränkt wird, umsetzen und so ihren Verpflichtun- gen nachkommen Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Verbot von Folter ist eine der zentralen Menschenrechts- garantien, die der Staat zu gewährleisten hat . Erwachsen aus dem Zusatzprotokoll zur UN-Anti-Folter-Konventi- on von 2002 ist hier auf deutscher Ebene die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter . Ihre gesetzliche Aufgabe ist es, die Orte, an denen Menschen die Freiheit entzogen werden kann, zu besuchen und Missstände aufzudecken . Das Mandat umfasst sowohl körperliche als auch seeli- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19959 (A) (C) (B) (D) sche Formen der Gewalt und Misshandlungen und geht damit über einen eng gefassten Folterbegriff hinaus . Es ist seit langem klar, dass die Nationale Stelle der- zeit diesen Auftrag nicht einmal ansatzweise erfüllen kann . Leider wird dies auch im nun vorgelegten Jah- resbericht 2015 wieder einmal deutlich . Es ist daher ab- solut überfällig und dringend, dass die seit Jahren von den Grünen im Bundestag geforderte Aufbesserung der finanziellen Mittel in Zukunft im Bundeshaushalt durch- gesetzt wird . Lassen Sie mich einige Beispiele nennen, an denen die mangelhafte Ausstattung der Nationalen Stelle sich offenbart . Zunächst einmal ist da die internationale Kritik, die in der Vergangenheit an Deutschland geäußert wurde . So- wohl die Vereinten Nationen als auch der Europäische Ausschuss zur Verhütung der Folter haben die mangel- hafte Ausstattung der Nationalen Stelle mehrfach scharf kritisiert . Dass trotz dieser mehrfachen Kritik eine wirk- liche Verbesserung der Verhältnisse verweigert wurde, ist – man kann es nicht anders sagen – ein wiederkehren- des Armutszeugnis für die Bundesregierung . Zudem ist die Leitung der Stelle noch immer ehren- amtlich und wird von noch nicht einmal zehn Mitarbeite- rinnen und Mitarbeitern unterstützt, die zudem zeitgleich für die achtköpfige Länderkommission tätig sind. Der Besuch Hunderter Einrichtungen, die in den Zuständig- keitsbereich der Nationalen Stelle fallen, ist somit fak- tisch unmöglich . Im Jahr 2015 wurden laut Bericht ins- gesamt 41 Besuche durchgeführt . Schaut man sich die besuchten Einrichtungen an, so wird deutlich, dass ins- besondere zwei Felder aufgrund der demografischen Ent- wicklung sowie der aktuellen Lage vermehrte Aufmerk- samkeit durch eine besser ausgestattete Nationale Stelle bekommen müssen: erstens die Pflege- und Altersheime, zweitens die Unterkünfte für Geflüchtete. In Zukunft werden immer mehr Menschen in Deutsch- land in Pflege- und Altersheimen wohnen. Die teilweise dramatischen Zustände in diesen Einrichtungen, die sich sowohl auf Bewohnerinnen und Bewohner als auch auf die Pflegekräfte auswirken, sind weithin bekannt. Viel zu oft werden Schutzlose und Pflegebedürftige Opfer kör- perlicher und seelischer Gewalt, ausgeübt ausgerechnet von denjenigen, denen sie aufgrund ihrer Situation ver- trauen müssen . Viel zu oft werden Seniorinnen und Se- nioren mit nachlassender körperlicher Kraft Opfer von Willkür und Repression im Altersheim . Gerade auch bei diesen Fällen von nichtstaatlichen Einrichtungen sind die Überwachung und ganz ausdrücklich auch die Präventi- on, die sich aus dem Folterverbot ergeben, von immenser Wichtigkeit . Kommen wir zum zweiten großen Thema: Aus dem gesamten Bundesgebiet gab es während des letzten Jah- res Berichte über die unhaltbaren Zustände in den Un- terkünften für Geflüchtete. Der sächsische Flüchtlingsrat beispielsweise kritisierte im Sommer dieses Jahres die unhaltbaren Zustände einer Gemeinschaftsunterkunft in Rossau . Keine Küchen, keine Betten und verschmutzte sanitäre Anlagen – so der Bericht des Flüchtlingsrates . Doch was machte das zuständige Landratsamt als Re- aktion auf die Vorwürfe? Anstatt Transparenz herzustel- len, dementierte es die Vorwürfe schlichtweg und, noch schlimmer, erteilte dem Flüchtlingsrat Hausverbot . Ein gravierendes Beispiel, das verdeutlicht, dass wir dringend nicht nur einen Aufstand der Anständigen, son- dern auch einen Aufstand der Zuständigen in diesem Land brauchen . Hierbei könnte die Nationale Stelle hel- fen . Sie könnte in diesem und unzähligen vergleichbaren Fällen mit einer besseren finanziellen und personellen Ausstattung eine immens wichtige Lücke füllen . Die Be- suche bei einigen Stellen der Bundespolizei, die mit der Erstregistrierung Geflüchteter befasst waren, sowie der Abschiebungshaftanstalt Eisenhüttenstadt und die Beob- achtung einer Rückführung von 106 Personen von Leip- zig nach Belgrad sind hier leider nichts als Tropfen auf den heißen Stein . Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat be- reits im Jahr 2013 eine Erhöhung der Bundesmittel auf 300 000 Euro und anschließend weitere Budgetsteige- rungen gefordert . Es ist an der Zeit, dass sich die Bun- desregierung bewegt und die Nationale Stelle in Zukunft angemessen unterstützt . Denn der Humanismus und die Reife einer Gesellschaft zeigen sich vor allem darin, wie mit den Schwächsten und Schutzbedürftigsten in ihren Reihen umgegangen wird . Und kaum eine Gruppe ist schutzbedürftiger als Folteropfer . Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Fluchtur- sachen bekämpfen − Aufnahmestaaten um Syrien sowie Libyen entwicklungspolitisch stärken (Ta- gesordnungspunkt 28) Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU): „Fluchtursachen be- kämpfen“ ist zu einem geflügelten Begriff geworden. Kaum eine Debatte über Syrien oder Afrika kommt ohne diese Formulierung aus . Wenn man diesen Begriff wörtlich nimmt, müssten wir eigentlich über Konfliktbe- friedung und Konfliktvermeidung sprechen – sind doch Konflikte die größten Verursacher von Flucht. Doch wir wissen, wie schwer es die Diplomatie hat, gerade in Syri- en eine politische Lösung des Konflikts herbeizuführen. Als Entwicklungspolitiker können wir jedoch die- jenigen Staaten unterstützen, die die Masse der rund 5 Millionen syrischen Flüchtlinge aufgenommen haben und deshalb vor enormen innenpolitischen Herausfor- derungen stehen . Ich denke da vor allem an die Türkei, Jordanien, Libanon, Nordirak und Libyen . Diese Länder leisten Hervorragendes, und die internationale Gemein- schaft und auch wir zollen den Verantwortlichen für ihre Hilfsbereitschaft Dank und Respekt . Die Auswirkungen der großen Zahl an Flüchtlingen in diesen Ländern auf den Arbeitsmarkt, den Wohnungs- markt, die soziale Infrastruktur und auch den Zusammen- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619960 (A) (C) (B) (D) halt der Gesellschaft sind gewaltig . Daher müssen wir unser komplettes entwicklungspolitisches Instrumentari- um anwenden, um die Länder bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zu unterstützen . Dazu zählt zunächst die Finanzierung der Arbeit der internationalen Hilfswerke, seien es das UNHCR, UNICEF oder andere . Wir haben unsere Beiträge erhöht und teilweise auch früher ausge- zahlt, um diesen Institutionen die notwendige Planungs- sicherheit zu ermöglichen . Ich hoffe, dass auch andere Geber ihre Zusagen zeitnah einhalten werden, damit die internationalen Hilfsinstitutionen nicht wieder in eine Si- tuation kommen, in der sie aufgrund von Unterfinanzie- rung vor Ort Rationen kürzen müssen . Neben der Finanzierung der internationalen Arbeit leisten wir schon seit Jahren natürlich die reguläre, bi- laterale Entwicklungszusammenarbeit mit diesen Län- dern, die wir zudem noch über das Instrumentarium der Übergangshilfe und Krisenbewältigung vor Ort sinn- voll ergänzen können . Deren Fokus liegt vor allem auf den Gemeinden und Kommunen, in denen das Gros der Flüchtlinge in den Aufnahmestaaten lebt . Und nicht zu- letzt können wir auf die großen Mittel der speziell ge- schaffenen Sonderinitiativen im Rahmen des BMZ-Etats zurückgreifen . Deren Einführung erweist sich im Rück- blick als Glücksfall für die Handlungsfähigkeit der deut- schen EZ in der betroffenen Region . In der Summe kann sich unser Instrumentarium mehr als sehen lassen . All unsere Maßnahmen und Instrumente haben das Ziel, die aufnehmenden Länder zu stabilisieren und die dort lebenden Flüchtlinge zu unterstützen; denn machen wir uns nichts vor: Diese Volkswirtschaften und Gesell- schaften leiden schon heute unter Ressourcenknappheit, die durch die große Zahl der Flüchtlinge noch verstärkt wird . Daher müssen wir alles tun, um innergesellschaft- liche Spannungen zu verhindern und auch die Geflüch- teten vor Ort in Lohn und Brot zu bringen . Insbesondere das „Cash-for-Work“-Programm hat hier großes Potenzi- al . Rund 40 000 Menschen konnten schon über Jobs be- schäftigt werden, die so ihre Familien ernähren können . Bis Jahresende hoffen wir, 50 000 Menschen anzustellen . Insgesamt erreichen wir damit eine Viertelmillion Fa- milienmitglieder . Ich möchte in diesem Zusammenhang noch auf zwei Punkte hinweisen, nämlich dass die Mittel, die in dieser Region ausgegeben werden, die circa 10- bis 20-fache Wirkung entfalten als in Deutschland, und dass ich hoffe, dass der sogenannte „Jordan Compact“ als wirtschaftlich selbsttragendes Modell doch noch zum Erfolg geführt werden kann – aber das nur am Rande . Zurück zu „Cash for Work“ . Das Programm ist nicht nur eine Beschäftigungsmaßnahme: Wir investieren gleichzeitig auch in die örtliche Infrastruktur und Aus- bildung . Durch das „Cash-for-Work“-Programm können rund 335 000 Kinder in die Schule gehen, über 11 000 Be- rufsschüler ausgebildet, über 1 700 Wohnungen sowie 40 andere Gebäude wie Schulen oder Gesundheitssta- tionen gebaut und mehrere Hundert Kilometer Straßen instand gehalten werden . Darüber haben wir uns ja in der gestrigen Ausschusssitzung ausführlich unterrichten las- sen . Auch das gehört zur Erfolgsbilanz und muss auch an dieser Stelle deutlich gewürdigt werden . Dennoch wissen wir, dass die Aufnahmestaaten vor schwierigen Herausforderungen stehen . Das gilt insbe- sondere für Libyen, einem Land, dem in meinen Augen eine Schlüsselrolle zukommen wird . Den Friedens- schluss vor einem knappen Jahr zur Bildung einer Ein- heitsregierung haben wir alle noch gut in Erinnerung . Der Bürgerkrieg war lang und schlimm genug . Wir be- obachten, dass die neue Zentralregierung in Tripolis sich um die Konsolidierung der staatlichen Strukturen be- müht . Dennoch gibt es im Land Spannungen und droht ein Verlust staatlicher Autorität . Libyen darf kein „failed state“ und Transitland für Migration werden, in dem kri- minelle Schleuserstrukturen ihr menschenverachtendes Unwesen treiben können . Daher ist es gut und richtig, dass Deutschland zur Initiierung der Stabilisierungsfazi- lität des Entwicklungsprogramms der Vereinten Natio- nen 10 Millionen Anschubfinanzierung leistet. Lassen Sie mich zusammenfassen . Das Thema „Fluchtursachen bekämpfen“ ist in aller Munde . Die Ent- wicklungspolitik hat die Bedeutung erfasst und liefert . Das von der Bundeskanzlerin Merkel angekündigte ver- stärkte Engagement bei der Fluchtursachenbekämpfung setzen das Entwicklungsministerium und auch das Aus- wärtige Amt eindrucksvoll um . Die Ergebnisse können sich sehen lassen . Unsere Mittel und Instrumente wirken . Mehr kann man in der jetzigen Situation von der Ent- wicklungspolitik nicht verlangen . Ich hoffe, dass es der Diplomatie bald gelingen wird, einen Frieden in Syrien zu vermitteln, damit das Morden ein Ende hat und die Geflüchteten in ihr Land zurückkehren können. Dann – und das wissen wir nur zu gut – beginnt eine ganz andere Aufgabe für die Entwicklungspolitik . Aber auch dafür sind wir bereit . Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU): Beim Luftangriff auf das syrische Idlib, südlich von Aleppo, vor zwei Wochen haben wir zusehen müssen, wie 22 Kinder und 6 Lehrer getötet wurden . Es war bisher der Angriff auf eine Schu- le, der am meisten Todesopfer gefordert hat . Obwohl Bildungseinrichtungen ebenso wie Krankenhäuser nach internationalem Recht unter besonderem Schutz stehen, hat UNICEF seit Beginn des gewaltsamen Konflikts in Syrien vor fünf Jahren mittlerweile über 4 000 Attacken auf Schulen gezählt . Jede dritte Schule in Syrien ist inzwischen außer Be- trieb . Ich habe größten Respekt vor dem Mut der Leh- rer, die sich trotz der Gefahr für ihr Leben hinstellen und versuchen, den Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen . Die versuchen, den Kindern Normalität zu vermitteln, und sich dafür anstrengen, dass die Kinder trotz des Kriegs nicht völlig aus der Bildung herausfal- len . Ich habe auch größten Respekt vor den Kindern, die trotz der täglichen Bomben, Kampfflugzeuge, Hub- schrauber, Tretminen und Heckenschützen den Ent- schluss fassen, sich jeden Morgen auf den gefährlichen Weg in die Schule aufzumachen . Diese Kinder tragen keine Schuld an dem brutalen Krieg in ihrem Land, dem sie ausgeliefert sind . Sie wollen sich nicht ihre Zukunft rauben lassen . Sie wollen nicht zu einer verlorenen Gene- ration werden . Ich habe Respekt vor den Menschen, die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19961 (A) (C) (B) (D) in Aleppo ausharren, weil sie das Letzte, was sie besit- zen, nicht zurücklassen wollen . Oder weil sie ihren Ver- wandten und Freunden beistehen wollen . Ich habe aber auch bei allem Respekt für die, die blei- ben, Verständnis für die, die diese tägliche Hölle nicht mehr aushalten und vor den Zuständen fliehen, weil sie die Zustände nicht mehr ertragen . Oder ganz einfach, weil sie Angst um die Gesundheit und das Leben ihrer Kinder haben . 5 Millionen Menschen haben die Zustände nicht mehr ertragen und sind aus Syrien geflohen. Davon sind über 80 Prozent in die Nachbarländer Syriens geflohen. Sie sind nicht zu uns nach Europa gekommen, sie sind in der Region geblieben und haben dort Aufnahme gefunden . In unserem Antrag „Fluchtursachen bekämpfen – Auf- nahmestaaten um Syrien sowie Libyen … stärken“ sagen wir sehr deutlich, dass wir diese Aufnahmestaaten nicht im Stich lassen dürfen . Denn alle Saaten sind von der Last der Flüchtlinge überdurchschnittlich stark gefordert, einige überfordert . Im Libanon leben 1,2 Millionen syrische Flüchtlinge, und in Jordanien haben 650 000 Syrer Schutz gefun- den . In beiden Ländern kippt die Stimmung . Und das hat Gründe . Das wirtschaftliche Wachstum in Jordanien sinkt seit fünf Jahren kontinuierlich, was ja auch kein Wunder ist, wenn die vor Beginn der Gewalt wichtigsten Absatzmärkte, Syrien und der Irak, fast ganz weggefallen sind . Die Verschuldung in Jordanien hat immer weiter zu- genommen und liegt schon fast bei 100 Prozent . Die Ju- gendarbeitslosigkeit liegt mittlerweile bei 30 Prozent . In beiden Ländern werden die Forderungen immer deutli- cher, dass die syrischen Flüchtlinge zurück in ihr Land müssen, weil man die Versorgung der Flüchtlinge nicht mehr bewältigen kann, weil die Gesellschaft vor eine Zerreißprobe gestellt ist . Wohin sollen die Syrer zurück? In den Bombenhagel? Die Lösung des Syrien-Konflikts ist die wichtigste Voraussetzung für eine Rückkehr der über 4 Millionen syrischen Flüchtlinge, die sich in den Nachbarländern aufhalten . Wir müssen weiter alles für eine politische Lösung tun, damit es so bald wie möglich ein Ende der Gewalt in Syrien geben kann . Aber bis dahin muss die Versorgung der Flüchtlinge im Land und in den Staaten um Syrien sowie die Stabilisierung der Aufnahmestaaten und -gemeinden im Mittelpunkt stehen . Wir setzen mit unseren Maßnahmen an den richtigen Stellen an . Wir helfen, die Wasser- und Stromversorgung so auszubauen, dass alle Menschen erreicht werden . Wir können beim „Cash-for-Work“-Programm eine gute Bi- lanz ziehen und haben mit den aktuell knapp 40 000 Jobs unser Ziel für 2016, 50 000 Jobs zu schaffen und damit insgesamt 250 000 Menschen ein Einkommen zu bieten, schon fast erreicht . Mit der Sanierung von Wohnungen, Straßen und Ab- wasserleitungen im Libanon, in Jordanien, im Irak und in der Türkei tragen wir gleichzeitig dazu bei, dass sich die Lebensbedingungen für alle Menschen dort verbessern . Mit der Bezahlung von Lehrern sorgen wir dafür, dass wir für möglichst viele der Flüchtlingskinder aus Syrien, aber auch für die Kinder der einheimischen Bevölkerung der Aufnahmestaaten Bildung zur Verfügung stellen kön- nen . Damit eben keine verlorene Generation entsteht . Im Irak, der mit 250 000 syrischen Flüchtlingen gleichzeitig Aufnahmestaat ist und dazu noch 3,3 Millio- nen Binnenvertriebene zu versorgen hat, die im eigenen Land fliehen mussten, deuten sich mit der Rückerobe- rung des Landes vom IS jetzt die Herausforderungen an, die auch in Syrien auf uns zukommen werden, sobald dort ein Frieden erreicht werden kann . Das sind neue Herausforderungen, die vor allem die Frage betreffen, wie Aufbau, Versöhnung und stabiler Frieden gleichzeitig erreicht werden können . Wir sind aber jetzt schon gefordert, den Blick nach vorne zu rich- ten, um vorbereitet zu sein und am Tag X in Syrien direkt handeln zu können, denn es gibt keine Zeit zu verlieren . Wenn in Syrien die Gewalt beendet ist, werden wir den Menschen schnell beim wirtschaftlichen Neuanfang hel- fen müssen . Wenn wir verhindern wollen, dass nach einem Frie- densschluss die Gewalt immer und immer wiederkehrt und dann noch mehr Menschen aus Syrien fliehen müs- sen und die Region so dauerhaft instabil bleibt, dann wird das aber nicht ausreichen . Wir werden auch die schwie- rige Aufgabe lösen müssen, die Menschen bei einem ge- sellschaftlichen Neuanfang zu unterstützen . Wir sind gefordert, jetzt schon darüber nachzudenken, wie wir bei der Gestaltung eines Syriens helfen, in dem bei allen ethnisch-religiösen Unterschieden und bei al- lem gegenseitig zugefügten Leid ein friedliches Zusam- menleben gefördert werden kann . Mit welcher Versöh- nungsarbeit wir wo ansetzen müssen, welche Programme zur Förderung des religiösen Dialogs es braucht . Auf welche Weise wir beim Aufbau einer tragfähigen staat- lichen Struktur mithelfen, die Entstehung einer Zivilge- sellschaft fördern, wo wir helfen, möglicherweise not- wendige Dezentralisierungsmaßnahmen durchzuführen . Wie wir es schaffen können, Minderheiten in die neuen Strukturen einzubinden, die beim Wiederaufbau des Lan- des entstehen . Wir stehen hier vor großen Aufgaben, die jahrelanges entwicklungspolitisches Engagement erfordern werden . Entwicklungspolitisches Engagement, ohne das Syrien niemals stabilisiert werden kann . Wichtig ist, dass wir auf den Tag X gut vorbereitet sind . Das heißt, wir haben zwei prioritäre Aufgaben: die Stabilisierung der Aufnahmestaaten konstant weiterzu- führen und gleichzeitig die Maßnahmen vorzubereiten, die notwendig sein werden, um ein Syrien wiederauf- zubauen, in dem alle Bevölkerungsteile zu dauerhaftem Frieden finden. Ein Land, das Teil einer stabilen Region Naher und Mittlerer Osten wird . Beides sind schwierige Aufgaben . Ich bin überzeugt, dass wir sie schaffen können . Gabriela Heinrich (SPD): Perspektivlosigkeit ist eine häufige Ursache dafür, dass sich Menschen ent- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619962 (A) (C) (B) (D) scheiden, weiterzuziehen . Wenn Menschen einem Krieg entkommen sind und dann in einem Nachbarland aufge- nommen werden, haben sie ihr Leben gerettet, viel mehr aber häufig nicht. Für viele Menschen gilt: kein Zugang zum Arbeitsmarkt, kein Geld, keine vernünftige Unter- kunft, und die Kinder können keine Schule besuchen . Ein solches Leben können Menschen, die vor einem Krieg fliehen, eine Weile aushalten, und das tun sie. Aber was, wenn der Konflikt weitergeht? Der Syrien-Krieg tobt seit 2011 . Deswegen konnte sich niemand wundern, als im letzten Jahr viele der Flüchtlinge ihre Flucht fortgesetzt haben; denn niemand will Perspektivlosigkeit als Dauer- zustand für sich und für die eigene Familie . Seit die Große Koalition Ende 2013 an den Start ge- gangen ist, hat sich sehr viel geändert . Wir investieren jetzt massiv in die Region und helfen den Aufnahme- staaten . Dazu haben wir vor allem den Haushaltstitel „Krisenbewältigung und Wiederaufbau, Infrastruktur“ massiv ausgebaut, von 49 Millionen Euro im Jahr 2013 auf zuletzt 400 Millionen Euro im Jahr . Auf der Geber- konferenz in London hatten wir mit 2,3 Milliarden Euro die größte Einzelzusage gegeben und auch eingehalten . Wir engagieren uns zum Beispiel mit der Schaffung von bis zu 50 000 Arbeitsplätzen für Flüchtlinge in den Auf- nahmestaaten im Rahmen der Initiative „Cash for Work“ . Mit dem vorliegenden Antrag gehen wir diesen Weg wei- ter . Die Frage „Was geht uns das denn an?“ stellt sich heute kaum noch jemand, und das ist gut so . Mit dem Antrag wollen wir weiter daran arbeiten, Per- spektiven für die Flüchtlinge in den Hauptaufnahmestaa- ten zu schaffen. Dazu gehört auch die flächendeckende Absicherung des Schulunterrichts für alle Kinder in den Aufnahmestaaten . Wir gehen aber noch weiter; denn mit dem Antrag fordern wir auch mehr Engagement bei der zivilen Krisenprävention . Wir sprechen uns klar für eine politische Lösung für Syrien aus, und wir wollen im Rah- men der Entwicklungszusammenarbeit solche Maßnah- men stärken, die der Stabilisierung der Region dienen . Um die Konfliktbearbeitung, die Achtung der Menschen- rechte und den Dialog in den Aufnahmestaaten zu för- dern, setzen wir auch auf die Deutsche Welle und den Zivilen Friedensdienst . Das ist wichtig; denn wir müssen Konflikten zwischen den Flüchtlingen und den Aufnah- megesellschaften entgegenwirken . Viele Flüchtlinge haben Grausames erlebt; wir brau- chen daher auch mehr Traumaarbeit, mehr Aufarbeitung . Aber es geht noch um mehr . Wir wollen schließlich, dass irgendwann die Menschen nach Syrien zurückkeh- ren können, und dann werden sich auch Menschen der verschiedenen Konfliktparteien wieder gegenüberstehen. Natürlich ist das erste Ziel der Frieden für Syrien . Aber wir müssen heute schon daran arbeiten, dass der Frieden nachhaltig wird . Deswegen dürfen wir nicht warten, son- dern müssen schon jetzt – in den Aufnahmestaaten der Flüchtlinge – Konfliktprävention und den Dialog för- dern . Genau das fordern wir mit unserem Antrag . Die Oppositionsfraktionen haben in der Ausschussbe- ratung kritisiert, unser Antrag sei nicht umfassend genug, um Fluchtursachen zu beseitigen . Das ist richtig . Aber natürlich ist das Thema Fluchtursachen zu komplex, um es mit einem Antrag lösen zu können . Mit dem Antrag konzentrieren wir uns sinnvollerweise auf einen Aspekt der Fluchtursachen, nämlich darauf, die Aufnahmestaa- ten rund um Syrien zu stärken sowie Libyen zu stabili- sieren . Wir wollen die Länder stärker unterstützen, die vom Syrien-Konflikt am stärksten betroffen sind und den Großteil der Flüchtlinge aus Syrien bei sich aufgenom- men haben . Außerdem wollen wir zur Stabilisierung Li- byens beitragen, damit hier nicht der nächste Konflikt vor den Toren Europas weiter eskaliert, sondern eingedämmt wird . Dass die Grünen und die Linke diese Ansinnen im Ausschuss abgelehnt haben, finde ich sehr schade und nicht sachgerecht, zumal wir in dem Antrag einen wei- teren wichtigen Punkt ansprechen: Wiederaufbau und die stärkere Vernetzung von Außen-, Sicherheits- und Ent- wicklungspolitik . Die Frage, ob in Libyen ein Wiederauf- bau gelingt, ist genauso entscheidend wie die Frage, ob wir in Syrien – im Falle eines Endes des Krieges – einen Wiederaufbau hinbekommen . Ein wichtiger Grund für die Existenz des „Islamischen Staates“, für Terror und Konflikte ist die Perspektivlosigkeit. Es geht also darum, weiterzudenken und weiter zu unterstützen, und zwar ge- rade auch dann, wenn die Waffen niedergelegt sind; denn das ist der Punkt, wo sich entscheidet, ob der Frieden dauerhaft sein wird oder nicht . Stefan Rebmann (SPD): Ende 2015 waren welt- weit 65,3 Millionen Menschen auf der Flucht . Das ist die höchste Zahl, die jemals vom UNHCR gemessen wurde . Im Rahmen der Berichterstattung in Deutschland konn- te leicht der Eindruck entstehen, diese Menschen hätten sich alle auf dem Weg nach Europa bzw . nach Deutsch- land gemacht . Betrachtet man jedoch die tatsächlichen Zahlen, relativiert sich dieser Eindruck recht schnell . Ja, es sind viele Menschen nach Deutschland geflohen, 890 000 um genau zu sein . Aber 86 Prozent, also neun von zehn Flüchtlingen weltweit, leben in Entwicklungs- ländern . Nicht etwa Deutschland zählt zu den größten Aufnahmeländern, sondern die Türkei (2,5 Millionen), der Libanon (1,1 Millionen) und Jordanien (664 100) . Die Zahl im Falle Jordaniens ist zwar geringer als die Zahl der Menschen, die Deutschland aufgenommen hat, im Vergleich zur Gesamtbevölkerung aber wesent- lich höher . In Anbetracht der Herausforderungen, denen wir als reiche Industrienation im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise gegenüber stehen, ist es nicht schwer, zu erahnen, dass diese in wirtschaftlich schwächeren Län- dern ungleich höher sind . Zunächst stellt die Erstunterbringung und Versorgung eine zentrale Aufgabe dar . Nachgelagert haben so große Flüchtlingszahlen auch Auswirkungen auf die Wohn- und Arbeitsmärkte, Gesundheitssysteme und Bildungsein- richtungen der Aufnahmeländer . Diese Vielschichtigkeit an Herausforderungen zeigt auch: Entwicklungszusam- menarbeit alleine kann hier nicht das Allheilmittel sein . Fluchtursachenbekämpfung ist folglich immer eine res- sortübergreifende Aufgabe . Der vorliegende Antrag ist auch nicht als ein allum- fassendes Instrument zur Fluchtursachenbekämpfung im Allgemeinen zu verstehen . Hier geht es um einen sehr Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19963 (A) (C) (B) (D) wichtigen Teilbereich . Es ist unbedingt notwendig, dass alle finanziellen Zusagen, beispielsweise an die Hilfs- werke der UN, eingehalten werden . Wir haben im ver- gangenen Jahr gesehen, welch katastrophale Folgen die Unterfinanzierung des Welternährungsprogramms hatte. Das darf unter keinen Umständen erneut passieren . Neben der Sicherstellung von grundlegenden Bedürf- nissen, wie Unterbringung und Versorgung, müssen aber unbedingt auch Perspektiven für die geflüchteten Men- schen geschaffen werden . Dazu gehört beispielsweise die flächendeckende Absicherung des Schulunterrichts für geflüchtete Kinder, Traumaarbeit und die Berücksichti- gung besonderer Belange von Frauen und Kindern . Ebenso wichtig ist es, eine Perspektive für die Men- schen in den Aufnahmeländern selbst zu schaffen; denn sind Bildungsangebote in den Flüchtlingsunterkünften besser als im Rest des Aufnahmelandes, wird dies wiede- rum zu gesellschaftlichen Konflikten führen. Aus diesem Grund ist die entwicklungspolitische Stärkung in den Aufnahmeländern so wichtig, und die Bundesregierung hat hier schon einiges getan . Deutschland hat bei der in- ternationalen Geberkonferenz für Syrien mit 2,3 Milliar- den Euro bis 2019 die größte Einzelzusage getätigt . Als Entwicklungspolitiker freut mich zudem der Aufwuchs des Entwicklungsetats, der auf dem höchsten Stand der Geschichte steht, wenngleich das Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammen- arbeit auszugeben, noch nicht erreicht wird . Dieser Antrag ist ein wichtiger Schritt zur entwick- lungspolitischen Stärkung der Aufnahmeländer um Syri- en, aber auch eine Anerkennung für das, was diese Län- der bisher humanitär geleistet haben . Der Antrag ist eine deutliche Aufforderung an die Bundesregierung, weiter ihrer internationalen Verantwortung gerecht zu werden und nicht in ihren Anstrengungen nachzulassen, auf der einen Seite alles für eine Lösung des Syrienkonflikts zu tun und gleichzeitig die Nachbarstaaten bei der Unter- bringung der Flüchtlinge zu unterstützen . Heike Hänsel (DIE LINKE): Der vorliegende An- trag „Fluchtursachen bekämpfen“ von SPD und CDU/ CSU spiegelt realistisch die Außenpolitik der Bundesre- gierung wider: Sie reden ständig über die Bekämpfung von Fluchtursachen, aber Sie machen überhaupt nichts, um real Fluchtursachen zu bekämpfen . Sie betreiben eine Politik, die sich darauf konzentriert, Fluchtmöglichkei- ten, Fluchtwege und auch direkt Flüchtlinge zu bekämp- fen . In Ihrem Antrag konzentrieren Sie sich auf die schlechte Situation der Flüchtlingslager in den Nachbar- staaten Syriens und Iraks . Und es stimmt, die Lebens- bedingungen sind nach wie vor inhuman und unwürdig, und trotz vieler Appelle der UN-Organisationen reicht die finanzielle Ausstattung nicht aus. Wir haben das mehrfach kritisiert und deshalb auch in den Haushalts- verhandlungen gefordert, dass endlich die Regelbeiträge der Bundesregierung an die UN-Hilfsorganisationen wie UNHCR, WFP etc . erhöht werden und nicht immer, viel zu spät und zögerlich, im Nachhinein Gelder aufgestockt werden müssen; dies wäre ein überfälliger Schritt, um die Kürzung von Essensrationen, Schulangeboten usw . in Flüchtlingslagern von Beginn an zu verhindern . Das sind aber nur mittelbar Fluchtursachen, unmit- telbare Fluchtursachen sind doch die Kriege in der ge- samten Region . Dazu beigetragen hat eine unverant- wortliche Regime-Change-Politik des Westens . Und eine menschenverachtende Rüstungsexportpolitik in diese Region, allen voran von Deutschland . In 2016 haben wir erneut einen Höchststand an Exportgenehmigungen . Ernsthaft Fluchtursachen bekämpfen heißt, keine Waffen mehr in alle Welt zu exportieren . Und keine Entsendung von Bundeswehrsoldaten, noch dazu ohne völkerrechtli- che Grundlage! Stoppen Sie diese Kriegspolitik, und das würde dazu beitragen, dass weniger Menschen fliehen müssen . Weiterhin wird der Kurs der militärischen Aggressi- on ausgebaut . Dafür wird die Schaffung von verschie- denen militärischen Instrumenten auf der EU-Ebene als ein zentraler Bestandteil gesehen . Nach den Erfahrungen im Irakkrieg, im Kosovokrieg im Afghanistankrieg, im Jemen sollte eigentlich auch die aktuelle Bundesregie- rung begriffen haben, dass eine militärische Aufrüstung und militärische Aggression die Gewaltspirale weltweit weiter vorantreibt und der sogenannte Kampf gegen den Terrorismus nicht mit Waffengewalt gewonnen werden kann . Statt die Zusammenarbeit mit Despoten und autori- tären Regimen voranzutreiben, zum Beispiel Erdogan in der Türkei, muss diese Kumpanei beendet werden . Erdogan selbst ist doch die personalisierte Fluchtursache . Hunderttausende Kurden und Kurdinnen mussten bereits aus dem Südosten der Türkei vor dem Krieg Erdogans gegen die Zivilbevölkerung fliehen. Zum Beispiel wurde die Altstadt Diyarbakirs dem Erdboden gleichgemacht . Das muss beendet werden, und da braucht es klare Kante gegen den NATO-Partner Türkei und keine Unterstüt- zung durch Flüchtlingsdeals, Rüstungsexporte und Bun- deswehrsoldaten nach Incirlik . Dieses Mandat haben Sie, als Antragsteller, heute gerade verlängert, und dann spre- chen Sie von Bekämpfung von Fluchtursachen, während- dessen Sie Erdogan damit Grünes Licht geben, genauso weiterzumachen, wie bisher . Das heißt auch, Erdogan kann weitermachen mit seiner Unterstützung für islamis- tische Terrorgruppen und den IS, die ja maßgeblich für die Vertreibung Hunderttausender Menschen aus Syrien und Irak verantwortlich sind . Diese Politik von SPD/ CDU ist zynisch . Wer Fluchtursachen verhindern möchte, muss welt- weit faire Handelsbedingungen schaffen, statt weiterhin immer neue Freihandelsverträge, auch mit den Ländern des Südens, durchzudrücken . Bestes Beispiel sind die EPAs mit den afrikanischen Ländern, die dazu beitragen, dass noch weniger ökonomische Perspektiven auf diesem Kontinent entstehen . Auch die EPAs sind eine zentrale Fluchtursache, und wenn Sie ernsthaft Fluchtursachen bekämpfen wollen, dann stoppen Sie auf europäischer Ebene diese zerstörerische Handelspolitik; sonst brau- chen Sie uns hier nicht mehr solche Anträge vorzulegen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619964 (A) (C) (B) (D) Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Leider belegt die Große Koalition mit der heuti- gen Debatte ein weiteres Mal ihr mangelndes Verständnis dafür, was wirksame Fluchtursachenbekämpfung tat- sächlich bedeutet . Bei der letzten Debatte im Mai hatten Sie unseren Antrag nicht zugelassen, mit der Begrün- dung, er sei zu breit . Dann aber haben Sie selber einen vorgelegt, der sich in erster Linie mit der Bekämpfung von Sekundärbewegungen auseinandersetzte, also das Thema verfehlte . Dieses Mal setzen Sie diese so zentrale und für die Öffentlichkeit so wichtige Debatte mitten in der Nacht und zu Protokoll an . Das ist zwar ärgerlich, aber es ist konsequent; denn die Politik der Bundesregierung hat sich längst von dem Ziel verabschiedet, Fluchtursachen bekämpfen zu wollen, und sich stattdessen darauf verlegt, mit allen Mitteln zu verhindern, dass die Geflüchteten nach Europa kommen. Damit wird es keinen Flüchtling weniger auf der Welt geben . Nein, das ist eine Politik nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn . Wer Fluchtursachen wirklich bekämpfen will, der kann seine Politik gar nicht breit genug anlegen . Bekämpfung von Fluchtursachen fängt nämlich bei uns zu Hause an . Es geht um eine allumfassende Politik, bei der kein Res- sort, kein Ministerium außer Acht gelassen werden kann und bei der nicht nur die beiden Gute-Gewissen-Minister Barbara Hendricks und Gerd Müller gefragt sind . Wir sollten uns mehr mit der Frage auseinanderset- zen, inwieweit das politische Handeln und Nichthan- deln in unseren Partnerländern, aber eben auch bei uns in Deutschland, dazu beitragen, dass über 60 Millionen Menschen ihre bisherige Heimat, ihr bisheriges Leben hinter sich lassen mussten; denn so, wie wir gerade Po- litik betreiben, wie wir unsere Handelspolitik, unsere Agrarpolitik, unsere Kohlepolitik, unsere Verkehrspo- litik, unsere Rüstungsexportpolitik ausgestalten und gleichzeitig Entwicklungszusammenarbeit hochfahren, ist das in etwa so, als ob man von einer Seite Fässerweise Öl in ein riesiges Feuer kippt und gleichzeitig von der anderen Seite mit einer Wasserpistole versucht, das Feuer zu löschen . Stattdessen betreibt die Bundesregierung derzeit in Brüssel zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten die Abkehr von ihrer menschenrechtsbasierten Außenpoli- tik und einer Entwicklungspolitik, die sich dem Ziel der Armutsreduzierung und der Umsetzung der SDGs ver- schreibt . Das neue Ziel lautet Flüchtlingsabwehr . Das war der Grund von Frau Merkels Afrikareise . Ich begrü- ße, dass Frau Merkel Afrika mehr in den Blick nehmen will, aber das Wie ist grundfalsch! Denn das Muster des EU-Türkei-Deals soll nun auf zahlreiche andere Länder wie etwa Jordanien, Libanon, Niger, Nigeria oder Äthiopien angewendet werden – noch dazu am Europäischen Parlament vorbei . Das ist nicht nur vollkommen undemokratisch, sondern auch politisch geradezu wahnwitzig . Trotz massiver Abschottung in den letzten Monaten und Jahren ertrinken auch weiterhin Tausende Menschen im Mittelmeer . Wer glaubt, das Ster- ben durch noch mehr Abgrenzung schon irgendwie been- den zu können, erliegt einem fatalen Irrtum und handelt auf Kosten der Schutzbedürftigen . Handelsbeziehungen, Entwicklungsgelder und an- dere Finanzmittel sollen jetzt künftig dafür eingesetzt werden, dass Drittländer Migrantinnen und Migranten daran hindern, Europa zu erreichen . Die Ankündigung, europäische Entwicklungszusammenarbeit fortan kondi- tionieren zu wollen und Länder zu bestrafen, die bei der Migrationskontrolle nicht ausreichend kooperieren, ist nicht hinnehmbar . Entwicklungspolitik muss die Situa- tion und Unterstützungsbedürftigkeit der Menschen zum Maßstab haben, nicht das Verhalten der Regierung in Fragen der Grenzkontrolle und Abschottung . Selbstver- ständlich ist es richtig, Ländern wie Libyen beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen nach aller Kraft beizustehen . Auch spricht nichts dagegen, die Zivilbevölkerung in Äthiopien oder Niger zu unterstützen . Wenn aber nun das gesamte außenpolitische Handeln der EU und ihrer Mitgliedstaaten dem Leitmotiv weiterer Abschottung un- tergeordnet werden soll, ist das der vollkommen falsche Weg! Wir fordern stattdessen in unserem Antrag, die Struk- turen unseres Handelns zu überdenken und nach der eigenen Verantwortung zu fragen . Wir exportieren Rüs- tungsgüter in Krisengebiete, überfischen die Weltmeere und nehmen in Kauf, dass unser Export und Konsum andernorts zu Armut und Zukunftslosigkeit führen . Viel zu oft haben wir – ebenso wie die Regierungen und Kon- fliktparteien vor Ort – bei der Konfliktprävention und Friedensschaffung versagt, und die von uns mitverur- sachte Klimakrise führt weltweit zu immer mehr Dürren, Stürmen und Ernteausfällen . All das erzeugt Flucht und Vertreibung, wird aber weder mit höheren Zäunen noch mit Patrouillenbooten oder Pakten mit Despoten zu lösen sein . Mit unserem Ansatz setzen wir uns deshalb für eine kohärente internationale Politik ein und fordern struktu- relle Reformen in Bereichen wie Handel, Landwirtschaft, Fischerei, Außenpolitik und Klimaschutz . Konkret fordern wir, die diplomatischen Anstrengun- gen bei der Bearbeitung und politischen Beilegung ak- tueller Krisen sowie die zivile Krisenprävention massiv zu verstärken und dabei etwa Rüstungsexporte in Krisen- gebiete und an Staaten mit einer hochproblematischen Menschenrechtslage zu stoppen; innerhalb der EU und in den EU-Außenbeziehungen auf die verbesserte Aner- kennung nationaler Minderheiten und die Verbesserung ihres Schutzes vor Diskriminierung zu drängen; die ne- gativen Folgen unseres Wirtschaftens für andere Weltre- gionen abzustellen, um Armut und Zukunftslosigkeit zu bekämpfen; das Klima zu schützen, die ärmsten Staaten bei der Anpassung an Klimaveränderungen entschieden zu unterstützen und Klimaflüchtlinge zu schützen; Auf- nahme- und Transitländer bei der Unterbringung und Versorgung sowie bei der Stabilisierung und der Integra- tion der Geflüchteten in die Gesellschaft aus humanitären Gründen zu unterstützen; die multilaterale Kooperation bei der Festsetzung globaler Maßnahmen und Regeln für mehr globale Gerechtigkeit und Klimaschutz zu stärken, vor allem im Rahmen der Vereinten Nationen; sowie Ent- wicklungs- und Migrationspolitik stärker zu verschrän- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19965 (A) (C) (B) (D) ken, legale Fluchtwege und Migrationsmöglichkeiten zu schaffen . Wenn wir tatsächlich dafür sorgen wollen, dass we- niger Menschen fliehen müssen, und nicht nur erreichen wollen, dass weniger Menschen bei uns ankommen, dann müssen wir unsere Politik in vielen Feldern ganz grundle- gend umgestalten . Und dann kann der Ansatz eben nicht breit genug sein, sondern dann muss er überall, in allen Bereichen, anfangen – und das besser heute als morgen . Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Son- dervermögens für das Jahr 2017 (ERP-Wirt- schaftsplangesetz 2017) (Tagesordnungspunkt 29) Astrid Grotelüschen (CDU/CSU): Mit einem Bruttoinlandsprodukt von mehr als 3 000 Milliarden Euro, dem Wert der deutschen Exporte von mehr als 1 000 Milliarden Euro sowie einer Arbeitslosenquote von unter 6 Prozent ist unsere Wirtschaft auf einem soliden Wachstumskurs . Es ist jedoch weiterhin nötig, unterstüt- zend tätig zu werden, um die großen Potenziale unserer Wirtschaft optimal auszuschöpfen . Wir debattieren des- halb heute zum Gesetzentwurf des ERP-Wirtschaftsplan- gesetzes für das nächste Jahr . Es soll am 1 . Januar 2017 in Kraft treten . Ohne Vergangenheit keine Zukunft; deshalb gestat- ten Sie mir einen kurzen Blick in die Geschichte: Im Juni 1947 verkündete der US-Außenminister George Marshall ein wirtschaftliches Aufbauprogramm für Euro- pa . Das war die Geburtsstunde des „European Recovery Program“, kurz: ERP oder Marshallplan genannt . Der Marshallplan wurde zu einem Mythos und war mitver- antwortlich für das „Wirtschaftswunder“ in Deutschland . Denn kurz darauf, im November 1948, wurde die Kre- ditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit dem Ziel gegrün- det, den Wiederaufbau zu finanzieren. Das Startkapital stammte aus Mitteln des ERP . Das ERP-Sondervermögen dient also faktisch der För- derung der deutschen Wirtschaft nach den Bestimmungen des Abkommens über Wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland vom 15 . Dezember 1949 . 1953 lief der Marshallplan aus, und es wurde festgelegt, dass Deutschland lediglich knapp 1 Milliarde US-Dol- lar zurückzahlen musste . Da der Bund die Tilgung aus dem Bundeshaushalt leistete, wurde das ERP-Sonderver- mögen nicht geschmälert . Das Sondervermögen wurde nun per Gesetz zu einem Fonds für langfristige Investiti- onskredite ausgestaltet . Diese sollten zur Förderung der Wirtschaft eingesetzt werden . Ab jetzt war es eine klassi- sche Hilfe zur Selbsthilfe, und durch Zinseinnahmen ist das Sondervermögen bis heute stark angewachsen . Erfreulicherweise werden nun Mittel aus dem ERP-Sondervermögen in Höhe von rund 800 Millionen Euro für Förderzwecke bereitgestellt . Und das Bundes- ministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, Kredite bei der KfW bis zur Höhe von 30 Prozent dieses festgestellten Betrages aufzunehmen. Hiervon profitie- ren in erster Linie mittelständische Unternehmen der ge- werblichen Wirtschaft und die Freien Berufe . Sie erhal- ten zinsgünstige Darlehen und Beteiligungskapital von insgesamt rund 6 800 Millionen Euro aus dem ERP-Son- dervermögen . Darüber hinaus darf das Wirtschaftsmi- nisterium – mit Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen – Bürgschaften, Garantien oder sonstige Gewährleistungen zur Wirtschaftsförderung einschließ- lich der Freien Berufe bis zu einem Gesamtbetrag von 2 900 Millionen Euro zulasten des ERP-Sondervermö- gens übernehmen . Vielfach unerwähnt bleibt hierbei, dass bei der För- derung den Begünstigten keine zusätzlichen Kosten entstehen . Im Gegenteil, sie werden von Finanzierungs- kosten entlastet . Denn die Kosten, die zum Beispiel den Hausbanken mit der Gewährung der Darlehen entstehen, werden vom ERP-Sondervermögen gedeckt . Ebenso sel- ten erwähnt wird, dass der ERP-Wirtschaftsplan zwar im Wesentlichen von der KfW durchgeführt wird, aber auch Förderinstitute eine gewichtige Rolle spielen . Der Bund trägt auch hier die Personal- und Sachkosten, die unmit- telbar bei ihm für die Verwaltung des Vermögens entste- hen . Und für die Verwaltung ist das BMWi zuständig . Lassen Sie uns ein wenig tiefer in die Materie einstei- gen: Was die Ausgaben betrifft, möchte ich zunächst Fol- gendes hervorheben. Bezüglich einer Investitionsfinan- zierung haben wir für 2017 zwei große Posten: Zum einen sind das Förderkosten aus Zusagen bis Ende 2016 sowie Verpflichtungen aus der Neuordnung der ERP-Wirt- schaftsförderung mit 243,1 Millionen Euro . Zum ande- ren haben wir Projektfinanzierungen mit deutschen und europäischen Partnern zur Bereitstellung von Kapital für deutsche KMU sowie von Vorhaben im Kontext der Energiewende mit 500 Millionen Euro im Jahr 2017 . Sinn und Zweck der ERP-Finanzierungshilfen ist es, der Unterstützung von Unternehmensgründungen und -übernahmen, der Leistungssteigerung mittelständischer privater Unternehmen sowie der Förderung von Expor- ten der gewerblichen Wirtschaft zu dienen . Des Weiteren sollen Förderbeiträge zur Förderung von Energieeffizi- enzmaßnahmen geleistet werden . Das heißt: Es könnten mit den Mitteln Finanzierungs- zwecke von rund 6 500 Millionen Euro zinsbegünstigt werden. Besonders erfreulich und wichtig finde ich den Punkt „Existenzgründungen und Wachstumsfinanzie- rungen“, der hiervon mit 3 890 Millionen Euro berück- sichtigt wird . Ein weiterer Ansatz umfasst besonders die Dotierung der ERP/EIF-Programme mit dem Ziel, mit- telständischen Unternehmen die Kapitalbeschaffung in der Früh- und auch in der Wachstumsphase – Venture Capital – zu erleichtern . Außerdem sollen sie in der Ex- pansionsphase durch Private Equity und Mezzaninkapi- tal unterstützt werden . Die einzelnen Planansätze in den ERP-Programmgruppen wurden bewusst so gewählt, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619966 (A) (C) (B) (D) dass den speziellen Finanzierungsbedürfnissen im Mit- telstand entsprochen werden kann . Ich möchte an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass außer den wirtschaftsfördernden Maßnahmen auch völkerverbindende finanziell unterstützt werden können. Es handelt sich vor allem um Stipendienprogramme und Maßnahmen im Rahmen des Deutschen Programms für transatlantische Begegnung . Wir haben im Wirtschafts- plan hierfür Baransätze von insgesamt 6,3 Millionen Euro und Verpflichtungsermächtigungen von insgesamt 5,1 Millionen Euro veranschlagt . Lassen Sie mich kurz den Blick auf die Start-up-Szene richten: Nachdem die KfW im letzten Jahr mit dem För- derinstrument „ERP-Venture Capital-Fondsinvestments“ als Fondsinvestor in den Wagniskapitalmarkt zurückge- kehrt ist, hat man mit dem Ko-Investitionsfonds „copa- rion“ im März den nächsten Schritt gewagt . Als eigene Gesellschaft wird sich der Fond unmittelbar an jungen innovativen Unternehmen beteiligen . So können sie von Venture Capital in Höhe von insgesamt rund 450 Millio- nen Euro profitieren. Der Fonds soll zunächst über fünf Jahre laufen und zur Finanzierung von etwa 60 Unter- nehmen, die jünger als 10 Jahre sind, mit öffentlichem Wagniskapital dienen . Was den besseren Schutz des Eigentums betrifft, so ist die KfW auch durchaus aktiv: Umbaumaßnahmen zum Schutz vor Einbruch sollen künftig ab einer Inves- titionssumme von 500 Euro mit einem zehnprozentigen Zuschuss der KfW gefördert werden . Bislang mussten 2 000 Euro investiert werden . Auch bei der großen Herausforderung zum Thema „Betriebsübergabe gestalten“ wollen wir etwas tun . So sollten wir alles daran setzen, dass die Zahl von poten- ziellen Unternehmensnachfolgern für die mittelständi- schen Unternehmen nicht auf ein Rekordtief sinkt . Denn neben dem demografischen Wandel bringen vor allem Engpässe bei der Finanzierung den Generationswechsel ins Stocken . Daher mein Hinweis: Mit dem ERP-Grün- derkredit können KMU unter anderem günstige Konditi- onen im Rahmen von Unternehmensnachfolgen erhalten . Der Zinssatz wird aus Mitteln des ERP-Sondervermö- gens vergünstigt . Mit der Umsetzung des vorliegenden Gesetzes sol- len die deutschen Wirtschaftsunternehmen im Kalen- derjahr 2017 finanziell „begleitet“ werden und unser politischer Förderauftrag weiterhin umgesetzt werden . In der letzten Sitzung des Unterausschusses Regionale Wirtschaftspolitik und ERP-Wirtschaftspläne befassten wir uns erstens mit dem Bericht des Wirtschaftsminis- teriums über die Inanspruchnahme der Fördermittel aus dem ERP-Sondervermögen und zudem mit dem Bericht des Bundesrechnungshofes zu Förderleistung und Subs- tanzerhalt . Sinnvollerweise müssen die Berichte gemein- sam beraten werden, und beide beziehen sich auf das Jahr 2015 . Im Bericht des Bundesrechnungshofes wird nun un- missverständlich festgestellt, dass die Förderleistung un- ter der vom Deutschen Bundestag angestrebten Mindest- zielgröße lag – dies war in den vergangenen Jahrzehnten so und ist laut Bundesrechnungshof auch für die Zukunft zu erwarten . Der Vermögenszuwachs an zinsverbilligten Förder- krediten, die Bestandteil der KfW-Förderung sind, kann also keine maximale Schlagkraft entfalten . Andererseits besteht jedoch für mittelständische Unternehmen ein gro- ßer Bedarf, zum Beispiel im Bereich der Beteiligungsfi- nanzierung und des Venture Capital . Aus meiner Sicht besteht deshalb auch die förder- politische Notwendigkeit, die Innovationsfähigkeit be- sonders der KMU am Standort Deutschland zu stärken, indem umfassende Angebote geschaffen werden . Denn wir stehen mit dem ERP-Wirtschaftsplangesetz 2017 in der Verantwortung, einen wichtigen Beitrag zur Stabilität und zum wirtschaftlichen Wachstum in Deutschland zu leisten . Und die Erwartung an die KfW als Durchfüh- rungsorganisation des BMWi und weltweit größte natio- nale Förderbank muss deshalb sein, dass sie ihre Förder- aufgaben noch besser erfüllt und gestaltend tätig wird . Brach liegendes Kapital nutzt niemandem . Mit dem ERP-Wirtschaftsplan 2017 wollen wir die Förderung unserer mittelständischen Unternehmen in 2017 sicherstellen . Das ist mein Kernanliegen . Wichtig ist es aber auch, dass wir in der weiteren Zukunft, also über 2017 hinaus, die vielfältigen Möglichkeiten und fi- nanziellen Potenziale des ERP-Sondervermögens noch besser ausschöpfen und die Förderkraft deutlich erhöhen können . Denn um wirklich schlagkräftig zu sein, muss die Förderung zeitnah und flexibel auf veränderte wirt- schaftliche Rahmenbedingungen und zum Teil ganz un- terschiedliche Bedürfnisse unserer Unternehmen reagie- ren können . Gerade das Förderelement der Zinsverbilligung bei KfW-Krediten hat in der schon langen Zinsniedrigphase nur wenig Impulse setzen können . Damit bleiben Förder- möglichkeiten ungenutzt. Dieses „Potenzialdefizit“ gilt es zu schließen, indem die KfW ein stärkeres Engage- ment im Wagnis- und Beteiligungsbereich wagt . Das wäre aus meiner Sicht ein für die Unternehmen wichtiges Engagement . In seiner Sitzung vom 23 . September 2016 hat der Bundesrat beschlossen, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben . Dies gilt auch für den Unter- ausschuss Regionale Wirtschaftspolitik und ERP-Wirt- schaftspläne und seit gestern auch für den Ausschuss für Wirtschaft und Energie . Nun fehlt uns noch das Votum aus diesem Plenum zugunsten unserer mittelständischen Wirtschaft . Andrea Wicklein (SPD): Beschäftigung, wirtschaft- liches Wachstum und Wohlstand sind ohne unseren Mit- telstand nicht denkbar . Der Mittelstand, dessen Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter, sind das Rückgrat unserer Wirtschaft und die Basis für soziale Gerechtigkeit in unse- rem Land . Über 99 Prozent der Unternehmen in Deutsch- land zählen zu den kleinen und mittleren Unternehmen . Das sind insgesamt rund 2,5 Millionen Unternehmen . Rund 61 Prozent der 27,8 Millionen Beschäftigten arbei- ten in kleinen und mittleren Unternehmen . Den wiede- rum größten Anteil daran haben die Kleinstunternehmen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19967 (A) (C) (B) (D) Hier sind 18 Prozent aller tätigen Personen beschäftigt . Dagegen gelten nur etwa 17 000 als Großunternehmen . Der Gesamtumsatz des Mittelstandes im Jahr 2013 betrug mehr als 1,8 Billionen Euro . Das entspricht etwa einem Drittel des Gesamtumsatzes in Deutschland . Der Anteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen an der Wertschöpfung betrug 47 Prozent . Das sind beachtliche Fakten, die zeigen: Unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen sind die wichtigste Stütze für die Beschäf- tigung in Deutschland . Der Mittelstand ist deshalb ein wesentlicher Faktor für den Erfolg des Wirtschaftsstandortes Deutschland . Die stark ausgeprägte Verzahnung von mittelständischen Be- trieben in Wertschöpfungsketten bzw . Wertschöpfungs- netzwerken ist weltweit nach wie vor einmalig . Diese Strukturen müssen erhalten bleiben und gestärkt werden . Im Vergleich zu größeren Betrieben hat der Mittelstand besondere Chancen, aber auch spezifische Herausforde- rungen zu bewältigen . Er steht mit Großunternehmen in einer harten Konkurrenz um Fachkräfte, hat einen ein- geschränkteren finanziellen Spielraum und ist vom bü- rokratischen Aufwand vergleichsweise höher betroffen . Auf der anderen Seite sind kleine und mittlere Unter- nehmen sehr flexibel, innovativ und zeichnen sich häufig durch eine starke regionale Verbundenheit aus . Uns ist deshalb klar: Wir brauchen die passenden Rahmenbedin- gungen zur Entfaltung von Mittelstand, Selbstständigkeit und Existenzgründungen . Darum kümmern wir uns mit unserer Mittelstandspolitik . Dazu gehören die erfolgreichen Maßnahmen zum Bürokratieabbau genauso wie die Mittelstandsförderung über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, ZIM, die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, GRW, und eben auch die Mittelstandsfinanzierung mit den ERP-Programmen; denn wir wissen, dass die Herausforderungen der kleinen und mittleren Unternehmen enorm sind . Sie brauchen immer wieder aufs Neue Investitionen und Innovationen für marktfähige Produkte und Dienstleistungen . Sie brau- chen hochqualifizierte und motivierte Fachkräfte, und sie sind angesichts der Globalisierung immer mehr auch auf Exporte angewiesen . Ich bin sehr froh, dass wir mit den ERP-Programmen einen erfolgreichen Instrumentenkasten an Finanzie- rungsunterstützung für den Mittelstand zur Verfügung haben . Auch wenn das ERP-Sondervermögen nicht allzu oft im Mittelpunkt der Öffentlichkeit steht, hat es den- noch eine enorme Bedeutung für die Mittelstandsfinan- zierung . Das ERP-Sondervermögen hat eine lange Erfolgs- geschichte . Hervorgegangen ist es aus den Mitteln des Marshallplans für den Wiederaufbau der nach dem Zwei- ten Weltkrieg am Boden liegenden deutschen Wirtschaft . Es war eine richtige Entscheidung, dass der Bund die Tilgung für die Marshallplanhilfe an die Amerikaner damals aus dem Bundeshaushalt leistete und nicht aus dem Investitionsfonds . So konnte der Grundstein für das ERP-Sondervermögen als einem revolvierenden Fonds erhalten bleiben . Auch heute sollten wir Parlamentarier ab und zu da- ran erinnern, dass das European Recovery Program, ERP, das am 5 . Juni 1947 vom amerikanischen Außenminister George Marshall verkündet wurde, die Geburtsstunde für das ERP-Sondervermögen war, mit dem wir seitdem die deutsche Wirtschaft fördern . Diverse Förderprogram- me, ob zum Wohnungsbau, zur Strukturförderung, Mit- telstandsfinanzierung oder Umweltschutz wurden oder werden hierüber finanziert, seit 1990 auch die Wirtschaft in den ostdeutschen Bundesländern . Bis heute gilt, dass die erwirtschafteten Erträge aus dem Sondervermögen ausschließlich für die ERP-Wirtschaftsförderung und den Substanzerhalt eingesetzt werden dürfen . Schließ- lich gilt auch weiterhin der Parlamentsvorbehalt für die ERP-Mittel . Auch das heute zur abschließenden Beratung anste- hende ERP-Wirtschaftsplangesetz 2017 wird einen wich- tigen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU und der freien Berufe leisten . Gefördert werden insbesondere mittelständische Unternehmen der gewerb- lichen Wirtschaft und Angehörige freier Berufe . Ziel ist die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen sowie der dauerhafte Erhalt der internationalen Wettbewerbs- fähigkeit durch die Förderung von Gründungen und In- novationen . Im kommenden Jahr will die Bundesregie- rung aus dem ERP-Sondervermögen 800 Millionen Euro bereitstellen . Mobilisiert werden könnten dadurch zins- günstige Darlehen und Beteiligungskapital mit einem Volumen von rund 6,8 Milliarden Euro . Im Mittelpunkt stehen kleine und mittelständische Unternehmen, die in ihrer Finanzierungssituation oftmals gegenüber Großun- ternehmen strukturell benachteiligt sind . Schwerpunkte der ERP-Finanzierungshilfen sind die Förderung von Existenzgründungen und Wachstumsfi- nanzierungen, Innovationsförderung, Exportfinanzierun- gen, Förderung von Beteiligungskapital, Unternehmens- finanzierung in strukturschwachen Regionen in Ost- und Westdeutschland und bei Bedarf auch die Beteiligung an Projekten im Zusammenhang mit der Energiewende . Im Gesetz ist darüber hinaus verankert, dass Unterneh- men in den ostdeutschen Bundesländern auch weiterhin entsprechend der Fördergebiete Fördervorteile erhalten, zum Beispiel durch höhere Zinsverbilligungen, länge- re Laufzeiten und höhere Mitfinanzierungsanteile. Mit 6,3 Millionen Euro werden darüber hinaus Maßnahmen im Rahmen des Deutschen Programms für transatlan- tische Begegnungen und verschiedene Stipendienpro- gramme insbesondere in die USA bezuschusst . Die Förderprogramme aus dem ERP-Sondervermö- gen gehören mit ihren zinsgünstigen Krediten und Be- teiligungen zu den wichtigsten Instrumenten der deut- schen Wirtschaftsförderung . Gleichzeitig müssen sich die ERP-Programme immer wieder aufs Neue der Rea- lität stellen; denn wir wollen, dass die Finanzierungspro- gramme die kleinen und mittelständischen Unternehmen auch tatsächlich erreichen . Der Bundesrechnungshof hat in seiner Stellungnahme zum ERP-Wirtschaftsplange- setz 2017 darauf hingewiesen, dass er das Volumen für die Zinsverbilligungen für 2017 für überhöht hält, da das Fördervolumen schon bisher nicht vollständig aus- geschöpft worden sei . Diese Hinweise sind sehr wichtig; Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619968 (A) (C) (B) (D) denn angesichts des anhaltenden Zinstiefs stoßen wir bei der Mittelstandsfinanzierung zunehmend an Grenzen. Gleichzeitig hat sich die Bedürftigkeit des Mittelstandes in Richtung Risiko- und Beteiligungsfinanzierung ver- schoben . Diese Entwicklung bewerte ich als sehr positiv . Zeigt sie doch, dass Bedarf an Finanzierung von neuen Ideen und Innovationen besteht . Gründungen, gerade im in- novativen Bereich, sind für Fortschritt, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit besonders wichtig . Mit unseren Fördermaßnahmen und Initiativen, wie zum Beispiel dem EXIST-Gründerstipendium, dem High-Tech Grün- derfonds oder dem Programm INVEST, das einen Zu- schuss für Wagniskapital beinhaltet, haben wir diese Nachfrage bereits unterstützt . Aber wir wissen, dass das Potenzial als Wagniskapitalfinanzierung in Deutschland noch lange nicht ausgeschöpft ist und dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen und auch die Grün- derinnen und Gründer hier noch bessere Rahmenbedin- gungen brauchen . Wir halten es deshalb für angezeigt, die Programme des ERP-Sondervermögens noch stärker auf Beteili- gungsfinanzierung auszurichten und die Finanzierungs- säule des Beteiligungskapitals zu stärken; denn wir wol- len auch weiterhin, dass Handwerk und Mittelstand die passenden Finanzierungsmöglichkeiten bei uns finden und nicht gezwungen sind, das notwendige Kapital im Ausland einzuwerben . Die parlamentarischen Gespräche dazu werden in den kommenden Wochen und Monaten stattfinden. Mit dem ERP-Wirtschaftsplangesetz setzen wir weiterhin auf den Erfolg der sozialen Marktwirt- schaft in Deutschland . Ein starker und innovativer Mit- telstand ist der Garant dafür . Thomas Nord (DIE LINKE): Wir behandeln heute den Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Fest- stellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2017 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2017) . Die Bundesregierung will aus dem Sondervermögen des European Recovery Program (ERP) rund 800 Millionen Euro bereitstellen . Das Geld soll besonders mittelständi- schen Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe zugutekommen . Mobilisiert werden könn- ten dadurch in einer Prognose zinsgünstige Darlehen und Beteiligungskapital mit einem Volumen von rund 6,8 Milliarden Euro . Allgemein verweisen Meldungen des Statistischen Bundesamts auf ein weiterhin schwieriges wirtschaft- liches Umfeld für Kleinunternehmen und Freiberufler. Das Statistische Bundesamt hat im September 2016 ei- nen Rückgang von neu gegründeten Unternehmen im Vergleich zum Vorjahresraum um circa 95 000 oder 10,4 Prozent vermeldet . Die Gesamtzahl der Gewerbe- anmeldungen sank im ersten Halbjahr auf rund 360 000, in etwa 2,9 Prozent weniger als im Vergleichsraum 2015 . Gewerbeanmeldungen müssen nicht nur bei Gründung eines Gewerbebetriebes erfolgen, sondern auch bei Be- triebsübernahme, Umwandlung oder Zuzug . Dieser rückläufige Befund spricht nicht für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen . Immerhin aber war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen auf der anderen Seite zuletzt auch stark rückläufig. So lagen die Unternehmensinsol- venzen laut einer Meldung des Statistischen Bundesamts vom 14 . Oktober 2016 im Juli 2016 um 17,5 Prozent unter denen des Vorjahresmonats . Die Linke sieht die Förderung von Unternehmen durch das ERP-Sonderver- mögen gerade vor dem Hintergrund eines schwierigen wirtschaftlichen Umfelds als ein sinnvolles Instrument . Während dem Förderzweck grundsätzlich zuzustim- men ist, gibt es bei der Förderpraxis und Evaluierung jedoch einige kritische Bemerkungen . Seit 2011 ist be- kannt, dass es bei dem ERP-Regionalförderprogramm besonders hohe Mitnahmeeffekte gegeben hat, 38 Pro- zent . In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage vom November 2015 (Drucksache 18/6717) sagt die Bundes- regierung, dass es seit 2011 keine neue Evaluierung ge- geben hat . Sie verweist dabei auf den hohen Arbeits- und Kostenaufwand und weist die Forderung einer jährlichen Evaluation zurück . Deshalb sollten wir als Nächstes die Frage erörtern, ob eine Evaluierung nicht in kürzeren, regelmäßigen Abständen erfolgen kann, zum Beispiel alle zwei Jahre oder wenigstens einmal pro Wahlperiode, zum Beispiel in der Mitte . Eine überprüfbare statistische Kennzahl über die Mit- nahmeeffekte liegt seit 2011 nicht mehr vor . Dennoch nimmt die Bundesregierung an, dass sie sich „voraus- sichtlich“ reduziert haben . Wir würden aber gerne etwas verlässlicher von der Bundesregierung bzw . dem Wirt- schaftsministerium wissen, ob und in welchem Umfang es hier zu einer Begrenzung der Mitnahmeeffekte ge- kommen ist . Auch würden wir gerne wissen, wie sich die Neuordnung der ERP-Förderung von 2012 ausgewirkt hat, dies insbesondere bei der Konzentration auf etablier- te Unternehmen, die seit mindestens 5 Jahren am Markt sind . In ihrer Antwort hat die Bundesregierung selber einen mehrjährigen Zeitraum vorgeschlagen, in dem Evaluie- rungen durchgeführt werden sollten . Wie man es dreht und wendet, ob alle zwei Jahre oder mindestens ein- mal in der Wahlperiode, der mehrjährige Zeitraum, den die Bundesregierung selbst in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage vorgeschlagen hat, ist rum . Legen Sie dem Bundestag vor dem nächsten Gesetzentwurf eine neue Evaluation vor, in der auch die Neuordnung der ERP-Förderung von 2012 einer kritischen Überprüfung unterzogen wird . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wirtschaftsförderung ist eine wichtige gesell- schaftspolitische Aufgabe . Es gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge, dass der Staat im Interesse seiner Bür- gerinnen und Bürger die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen fördert . Dabei kommt der Förderung von neuen Geschäften und Innovationen für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen eine wichtige Bedeutung zu; denn ganze Branchen können gleichzeitig durch techno- logische oder gesellschaftspolitische Entwicklungen ihre Bedeutung für Beschäftigung verlieren . Dabei kommt der Förderung des Mittelstandes und kleiner und mittlerer Unternehmen eine besondere Be- deutung zu . Es ist gut, dass wir mit dem ERP-Sonder- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19969 (A) (C) (B) (D) vermögen ein Instrument haben, um Innovationen ge- rade von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu fördern . Was genau ist ERP? ERP steht für European Recovery Program . Aus den verbliebenen Geldern der Marshallplanförderung wurde in den 50er-Jahren ein Fonds gebildet, der mittlerweile an die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die KfW, übertragen wurde . Wir halten die Förderinstrumente des ERP-Wirtschaftsplangesetzes grundsätzlich für sinnvoll und werden daher dem Gesetz- entwurf zustimmen . Aber natürlich sind wir als Parlament aufgefordert, uns das Programm sorgfältig und kritisch anzuschauen . Drei Punkte sind uns dabei aufgefallen . Erstes Thema: Schaut man sich die Fördervolumina der letzten 10 Jahre an, so stellt man fest, dass die Förderzielgrößen in den vergangen Jahren immer deutlich unterschritten wurden . Im Jahr 2015 lagen die tatsächlich geleisteten Förderun- gen zum Beispiel um rund 100 Millionen Euro unter der Zielmarke, und in den Jahren davor waren die Abwei- chungen nicht deutlich geringer . Dies wird aktuell mit der Niedrigzinsphase begründet . Diese Begründung ist sicher nicht verkehrt . Bei niedrigen Zinsen ist das klas- sische Förderinstrument eines Zinszuschusses kaum at- traktiv für die Unternehmen . Das Nicht-Erreichen der Förderziele kann allerdings nicht allein eine Konsequenz der Niedrigzinsphase sein; denn auch in Phasen mit hö- herem Zinsniveau wurde die Förderung der ERP-Mittel nicht ausgeschöpft . Leider hat erst in diesem Jahr die Bundesregierung überhaupt auf diese Tatsache hingewie- sen . Hier müssen wir intensiv nach Lösungen suchen . Es kann nicht sein, dass im wichtigen Bereich der Innovati- onsförderung gerade kleiner und mittlerer Unternehmen vorhandene Fördermittel nicht ausgeschöpft werden . Gleichzeitig lehnt der Bundesfinanzminister aber die steuerliche Forschungsförderung, die von den Fachpo- litikern auch der Regierungsfraktionen und den meisten Experten gerade für kleine und mittlere Unternehmen gefordert wird, aus fiskalischen Gründen ab. An dieser Stelle spielt die Große Koalition mit gezinkten Karten . Das ist gerade im Interesse der Sache nicht in Ordnung! Der zweite kritische Punkt ist jetzt aktuell ein Ergeb- nis der Bankenregulierung vor dem Hintergrund, dass die ERP-Mittel 2007 an die KfW übertragen wurden . Im Prinzip war die Überlegung damals gut begründet, wollte man doch nachhaltig verhindern, dass der Bun- desfinanzminister in einer engen Lage diese Mittel ein- fach in den Haushalt einstellt, diesen damit entlastet, aber gleichzeitig die Mittel für zukünftige Förderzwecke nicht mehr zur Verfügung stehen . Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die BaFin, hat nun ange- wiesen, dass im Rahmen der bisherigen Förderstrukturen der KfW der ERP-Fonds nicht mehr als Eigenkapital in der Bilanz abgebildet werden darf . Um die Bilanzposi- tion der ERP-Mittel bei der KfW unverändert halten zu können, sind Förderungen der KfW, in denen die Mittel als Eigenkapital eingesetzt werden, nicht mehr möglich . Das ist insofern mehr als problematisch, da die Be- reitstellung von Eigenkapital das wesentliche Element der Förderung von Innovationen und Start-ups ist und die Eigenkapitalförderung gerade in Zeiten schnellen technologischen Wandels immer wichtiger wird . Die Be- schränkung der Förderung von Eigenkapital würde damit ein wichtiges Förderziel der KfW treffen . Lösungsansät- ze konnten von der KfW und vom Bundeswirtschaftsmi- nisterium bisher nicht genannt werden . Der Weg zurück zur Situation von vor 2007 ist aus dem oben genannten Grund sicher nicht zielführend, umso mehr müssen an- dere Lösungsmöglichkeiten gesucht und umgesetzt wer- den . Und da dürfen wir nicht zu kleinmütig sein, dafür ist das Thema zu wichtig . So rege ich an, zu prüfen, ob die ERP-Mittel nicht in eine Stiftung eingebracht wer- den könnten, um damit deutlich verbesserte Handlungs- möglichkeiten zu haben . So etwas wurde in der Vergan- genheit schon gemacht . Beispiel ist die VW-Stiftung . Mit dem Einbringen der Bundes- und Landesanteile am VW-Konzern in die VW-Stiftung konnte vor mehr als 50 Jahren der Grundstock zu einer Forschungsförderung gelegt werden, die sich wesentlich durch höhere Frei- heitsgrade gegenüber staatlicher Forschungsförderung auszeichnet . Ich halte es für sehr zielführend und unter- stütze ausdrücklich, dass wir im Unterausschuss Regio- nale Wirtschaftspolitik entschieden haben, diese und ge- gebenenfalls weitere Themen in einer Expertenanhörung zeitnah zu beleuchten . Dritter Kritikpunkt ist das Thema Transparenz . Es ist die Lehre in vielen Bereichen, dass nur bei Transparenz der Daten und Vorgehensweisen ein unmittelbarer Druck entsteht, Fehlentwicklungen zu korrigieren . Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen besteht darauf, dass die Bun- desregierung – wie versprochen – Transparenz über die Beteiligungen im ERP-Programm an den Wagniskapital- fonds herstellt und – wie angekündigt – den gesonderten Risikobericht über auffällige Besonderheiten der Betei- ligungsfinanzierung vorlegt. Dies hat zu Recht auch der Bundesrechnungshof angemahnt . Nur bei regelmäßiger und umfassender Information kann das Parlament Risi- ken einschätzen und gegebenenfalls nachsteuern; denn dies ist unsere vornehmste Aufgabe . Bitte verstehen Sie in diesem Sinne unsere Kritik: Wir wollen die Förderung von Innovationen im Mittelstand und insbesondere klei- ner und mittlerer Unternehmen stärken! Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung und Schlussabstimmung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. März 2016 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Re- gierung der Republik Serbien über die Zusam- menarbeit im Sicherheitsbereich – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Mai 2013 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Minis- terrat der Republik Albanien über die Zusam- menarbeit im Sicherheitsbereich – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619970 (A) (C) (B) (D) vom 9. Juli 2014 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regie- rung von Georgien über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Organisierten Krimi- nalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung (Tagesordnungspunkt 30 a bis c) Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU): Wir behan- deln heute drei Abkommen über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Serbien, Albanien und Georgien . Das Albanien betreffende Abkommen wurde von den beiden Vertragspartnern, der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerrat der Republik Albanien, bereits am 31 . Mai 2013 unterzeichnet, das Abkommen mit Georgien am 9 . Juli 2014 und das mit der Republik Serbien am 22 . März 2016 . Mit dem uns vorliegenden Gesetz zu dem nun durch den Bundestag zu ratifizierenden Abkommen wird ein wichtiger Schritt in der Kooperation unserer Länder in der Kriminalitätsbekämpfung getan . Die Abkommen über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich werden nicht nur die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Serbien, Albanien und Georgien stärken und vertiefen . Sie werden vor al- lem der Verhinderung und Bekämpfung von Straftaten, besonders durch die organisierte Kriminalität, dienen . Verbrechen wie Zuhälterei und Menschenhandel, der Schmuggel von Waffen sowie die Herstellung und der Handel mit illegalen Betäubungsmitteln sind gravierende Probleme, die die Kooperation der Staaten untereinander erfordern . Zusätzlich dazu stehen Straftaten gegen das Leben, Korruption, Geldwäsche, illegales Glücksspiel, Eigentumskriminalität sowie weitere Delikte im Fokus der Abkommen . Die organisierte Kriminalität agiert im freien Euro- pa verstärkt über Grenzen hinweg: Drogenlabors bei- spielsweise, deren Produkte in Deutschland konsumiert werden, befinden sich oftmals außerhalb unserer Lan- desgrenzen . Speziell grenznahe Gebiete werden immer stärker von einer steigenden Wohnungseinbruchskrimi- nalität international agierender Banden belastet . Gerade das vergangene Jahr und die massiven Migrationsbewe- gungen sollten zudem jedem klar gemachthaben, dass wir nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern vor allem auch mit den Balkanstaaten eine intensivere Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte anstreben müssen . Vor diesem Hintergrund ist auch zu erwähnen, dass die Kooperation mit den Sicherheitsorganen der drei Staaten in der Bekämpfung von Terrorismus und Terrorismusfi- nanzierung vertieft werden soll . Zu diesem Zweck werden zwischen den Vertragspart- nern Fachpersonal und Expertise in der Verbrechens- bekämpfung und -prävention sowie Informationen und Erfahrungen zu Verbrechensmustern, Strukturen und Methoden der organisierten Kriminalität ausgetauscht werden . Darüber hinaus vereinbaren die unterzeichnen- den Staaten die Zusammenarbeit nach Maßgabe der nati- onalen Gesetze durch die zuständigen Behörden und die gegenseitige personelle, materielle und organisatorische Unterstützung bei polizeilichen Maßnahmen im Rahmen operativer Ermittlungen . Die Vertragsparteien werden dabei insbesondere in den Fällen kooperieren, in denen kriminelle Handlungen oder die Vorbereitungen dazu im Hoheitsgebiet einer der jeweiligen beiden Parteien be- gangen werden und es Anzeichen dafür gibt, dass auch das Hoheitsgebiet des anderen Vertragspartners oder des- sen Sicherheit betroffen sein wird . Warum aber brauchen wir diese Abkommen? Zu- nächst einmal ist es eine der Kernaufgaben des Staates, die Sicherheit seiner Bürger zu garantieren und die Auf- rechthaltung und Umsetzung seiner demokratisch erlas- senen Gesetze zu gewährleisten . Aber auch die generelle Frage der zwischenstaatlichen Kooperation in Europa über den Rahmen der Europäischen Union hinaus halte ich für einen zentralen Punkt . Da Serbien und Albanien Beitrittskandidaten der EU sind und auch Georgien dies eines Tages sein könnte, liegt eine Annäherung und Ver- tiefung der Beziehungen und Zusammenarbeit sowohl in ihrem als auch unserem Interesse . Als Partei der inneren Sicherheit stehen wir als CDU voll und ganz hinter dem Vorhaben, die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich in Europa zu vertiefen . Von der verbesserten Effizienz und Wirksamkeit der Sicherheits- kräfte in den beteiligten Ländern werden auch die Wirt- schaft vor Ort und ausländische Investoren profitieren. In diesem Zusammenhang gibt es noch einen weiteren wichtigen Punkt, den ich zwar bereits erwähnt habe, auf den ich aber noch einmal näher eingehen möchte . Dies sind die Migrationsbewegungen nicht nur nach Europa, sondern auch innerhalb Europas . Der Balkan spielt vor diesem Hintergrund nicht nur eine herausragende Rolle als neben dem Mittelmeer wichtigste Route der nach Eu- ropa ziehenden Menschen, sondern auch als Herkunfts- ort Zehntausender von Asylbewerbern . Zwar konnten wir inzwischen erfolgreich die Balkanstaaten Bosnien-Her- zegowina, Mazedonien, Serbien, Montenegro, Albanien und Kosovo als sichere Herkunftsstaaten einstufen und somit den Migrationsdruck von dort massiv senken . Eine nachhaltige Lösung der Balkan-Emigration kann aber nur sein, die Push-Faktoren vor Ort, die die Menschen zur Auswanderung bewegen, zu lindern . Und da sehe ich die Eindämmung der organisierten Kriminalität, die schwer auf dem alltäglichen Leben der Menschen lastet und deren verbrecherische Aktivitäten auch hier in Deutschland ihre Spuren hinterlassen, als einen wichtigen Punkt . Gerade in Zeiten, in denen die Europäische Union geschwächt ist und an Strahlkraft zu verlieren droht, müssen wir daran arbeiten, die engen Bindungen an unsere Nachbarn aufrechtzuerhalten und gegebenenfalls zu vertiefen; denn dahinter steht letztlich eine Stärkung der europäischen Idee, für die wir als CDU stets mit Leidenschaft gestritten haben . Aber auch unsere Bürger vor Ort, die Menschen in den Großstädten und grenznahen Orten, erwarten zu Recht von uns, dass wir die nötigen Maßnahmen ergreifen, sie vor Terrorismus und Bandenkriminalität zu schützen . Im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den Terrorismus ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit unverzicht- bar . Wir können uns in einer globalisierten Welt nicht Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19971 (A) (C) (B) (D) einigeln; wir müssen gemeinsam Entscheidungen tref- fen und zusammenarbeiten, um so unsere Gegenwart und Zukunft konstruktiv zu gestalten . Dazu leisten diese Abkommen mit Serbien, Albanien und Georgien einen wertvollen Beitrag . Wolfgang Gunkel (SPD): Wir behandeln heute einen ausgesprochen wichtigen Punkt im Bereich der inneren Sicherheit . Polizeiliche Zusammenarbeit über Länder- grenzen hinweg wird angesichts der zunehmenden Ge- fahr international operierender Banden im Bereich der organisierten Kriminalität, aber vor allem wegen der Gefahr durch den Terrorismus, immer wichtiger . Ich bin froh, dass die Bundesregierung hierbei auch den Blick über das Schengen-Gebiet und die EU hinaus sucht . Anfang 2015 haben wir bereits über ein Polizeiabkom- men mit unserem direkten Nachbarn Polen diskutiert . Dieses war sehr detailliert geregelt, weil es hier auch eine unmittelbare Zusammenarbeit, etwa bei gemeinsamen Streifen oder bei der Nacheile, gibt . Die Abkommen, die wir hier heute beraten, sind dabei eher grundsätzlicher Natur . Dass bereits Zusammenarbeit in dem Bereich statt- findet, zeigt eine Meldung vom September. Dem BKA ist es gemeinsam mit der Abteilung zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität des Innenministeriums Serbiens gelungen, mehrere internationale Täter im Bereich der Rauschgiftkriminalität in Deutschland, Serbien und Kro- atien festzunehmen und große Mengen an Rauschgift sicherzustellen . Vorangegangen waren 13 Monate Er- mittlungsarbeit . Ein weiterer Erfolg war die Festnahme eines wegen Mordes international gesuchten serbischen Staatsangehörigen, der von Zielfahndern des BKA ergrif- fen werden konnte. Zusammenarbeit findet bereits statt und erfreulicherweise auch ausgesprochen erfolgreich . Nichtsdestotrotz ist es zu begrüßen, dass diese partielle Zusammenarbeit nun auf gesetzliche Füße gestellt wird . Wie sieht das nun konkret aus? Die Abkommen zie- len dabei auf bestimmte Deliktsbereiche; denn es soll die Zusammenarbeit bei der Verhütung, Bekämpfung und Aufklärung von Straftaten der organisierten und schweren Kriminalität gestärkt werden . Exemplarisch geht es hierbei unter anderem um Terrorismus und Ter- rorismusfinanzierung, Zuhälterei und Menschenhandel, Waffen- und Sprengstoffschmuggel, das Verschieben von Kraftfahrzeugen und Drogenhandel . Die Formen der Zu- sammenarbeit sind hierbei insbesondere der Austausch . Nicht nur der Austausch an Erfahrung, sondern auch der Informationsaustausch über Tatbeteiligte, Struktur der Tätergruppen, typisches Täterverhalten und Einzelheiten des Sachverhaltes ist relevant . Daneben sollen die be- teiligten Polizeien auch operativ durch aufeinander ab- gestimmte polizeiliche Maßnahmen zusammenarbeiten und sich dabei personell, materiell und organisatorisch Unterstützung leisten . Außerdem ist die Entsendung von Verbindungsbeamten vorgesehen . Einen besonderen Teil nimmt in den Abkommen die Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität ein . Auch hier geht es um den Austausch von Informationen unter anderem über Personen, Verstecke, Transportmittel, Arbeitsweisen so- wie Herkunfts- und Bestimmungsorte der Stoffe . Gren- zen findet die Zusammenarbeit, wenn sie in Widerspruch zu deutschen, serbischen, georgischen oder albanischen Gesetzen steht, die Souveränität eines Staates beein- trächtigt oder Ermittlungen bzw . laufende Maßnahmen gefährdet . Neben allen positiven Auswirkungen, welche die dis- kutierten Abkommen haben, möchte ich mir noch ein paar kritische Anmerkungen erlauben . Die Länder, mit denen wir die Abkommen abschließen, haben einige menschen- rechtliche Probleme, in die die Polizeien mitunter auch involviert sind . Aus Serbien, das infolge des starken Migrationsdrucks im vergangenen Jahr als Transitland ebenfalls mit einer größeren Zahl Flüchtlingen zurecht- kommen musste, erreichten uns Berichte über Misshand- lungen und Ausbeutung . Laut Amnesty-Report erlaubten die Behörden ab November 2015 nur noch Afghanen, Syrern und Irakern die Einreise und stuften Flüchtlinge aus anderen Ländern willkürlich als Wirtschaftsflüchtlin- ge ein, denen die Einreise verweigert wurde . Auch über Georgien und Albanien gibt es Berichte, dass die Polizei in Einzelfällen die Versammlungsfreiheit nicht gewähr- leistet und Strafverdächtige auf Polizeiwachen misshan- delt . Diese Form der Zusammenarbeit bietet jedoch immer die Chance, auf Verbesserungen der menschenrechtli- chen Standards zu dringen und Missstände klar anzu- sprechen . Ich erwarte von der Bundesregierung, dass dies erfolgt . Abschließend freue ich mich, dass wir mit den Abkommen einen bedeutenden Schritt zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität gehen. Ich bin mir sicher, dass wir durch eine effiziente Zusammenarbeit viel erreichen können . Ulla Jelpke (DIE LINKE): Wir beraten hier über drei Gesetzentwürfe der Bundesregierung zur Sicherheits- zusammenarbeit mit Georgien, Serbien und Albanien . Dabei geht es um den Austausch von Informationen und personenbezogenen Daten über begangene oder geplante Straftaten etwa im Bereich der organisierten Kriminalität und des Terrorismus . Vorgesehen sind zudem Regelun- gen zur Durchführung gemeinsamer oder abgestimmter Operationen von bundesdeutschen Stellen mit Sicher- heitsbehörden dieser Länder . Lassen Sie mich erst einmal ganz grundsätzlich be- merken, dass es sich hier um Partnerländer handelt, bei denen – trotz mancher Reformanstrengungen der letzten Jahre – noch keineswegs von einem Rechtsstaat nach unserem Verständnis die Rede sein kann . Es sei noch viel Arbeit, um Georgien zu „europäisieren“ und den Rechtsstaat zu stärken, gestand selbst der georgische Regierungschef Giorgi Kwirikaschwili vor wenigen Wo- chen ein . Und bezüglich Albanien kam eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung im Sommer zu dem Ergebnis, dass die Entpolitisierung der Justiz weiterhin eine Haupt- forderung europäischer Akteure, aber auch der Bevölke- rung des Balkanlandes bliebe . Solche Mängel im Justizsystem oder Sicherheitsappa- rat schließen eine Sicherheitszusammenarbeit mit diesen Staaten natürlich nicht aus . Doch umso entscheidender sind hohe Standards der entsprechenden Abkommen; Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619972 (A) (C) (B) (D) denn nur so kann verhindert werden, dass Daten in die falschen Hände geraten, sich Unschuldige etwa aus po- litischen Gründen Verfolgung ausgesetzt sehen oder die Bundesrepublik sich durch eigene Fahrlässigkeit mit- schuldig an Menschenrechtsverletzungen macht . Genau diese Sorgfalt findet sich in den vorliegenden Entwürfen für Sicherheitsabkommen leider nicht . So sind die darin genannten Deliktfelder entweder viel zu ausufernd und zu weit gefasst, oder sie sind viel zu un- bestimmt . Sind mit Eigentumsdelikten bereits kleine La- dendiebstähle gemeint oder erst millionenschwere Straf- taten? Beginnen Betrug und Glücksspiel bereits beim Hütchenspieler oder erst beim illegalen Kasino und beim Scheckkartenbetrug im professionellen Stil? Die Linke ist der Auffassung: Der Anwendungsbe- reich eines solchen bilateralen Sicherheitsabkommens sollte auf die Abwehr von erheblichen Straftaten be- schränkt werden . Das entspräche den in § 61a des Ge- setzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen genannten Tatbestandsvoraussetzungen . Ansonsten soll- te der Informationsaustausch auf die in § 61b genann- ten Ermittlungsgruppen beschränkt werden, für die hier zugleich die Bedingung der völkerrechtlichen Vereinba- rung erfüllt wird . Das geplante Abkommen mit Georgien enthält durch- aus begrüßenswerte datenschutzrechtliche Bestimmun- gen . Doch leider fehlen entsprechende Regeln zu ihrer Durchsetzung und zur Sanktionierung bei Verstößen . Dieses Manko entwertet die entsprechenden Klauseln zur reinen Augenwischerei . Zudem fehlt bei diesem Abkommen eine klare Benen- nung der behördlichen Zuständigkeit für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten . Nicht auszuschließen ist damit, dass auch Behörden mit geheimdienstlichen Zuständigkeiten und Kompetenzen an der polizeili- chen Zusammenarbeit beteiligt werden . Damit wird das grundgesetzliche Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten unterlaufen . So besteht die Gefahr, dass Informationen in deutsche Ermittlungsverfahren einflie- ßen, die mit – aus bundesdeutscher Sicht – illegalen Er- mittlungsmethoden gewonnen wurden . Umgekehrt kön- nen in Deutschland festgestellte Daten bei ausländischen Behörden landen, die sie nicht nur zur Strafverfolgung sondern gegebenenfalls auch zur politisch motivierten Verfolgung nutzen . Schließlich enthält das geplante Abkommen mit Alba- nien sogar das äußerst umstrittene Element der „kontrol- lierten Lieferung“ . Gemeint sind vorgetäuschte Deals mit strafbaren Substanzen, die grenzübergreifend observiert werden . In der Regel geht es dabei um Drogen; doch wie Sie wissen, gibt es in diesem Bereich keine beson- ders gute Erfahrung . Erinnert sei hier an den spektaku- lären Fall von „kontrolliertem“ Plutoniumschmuggel . Hier besteht immer die Gefahr, dass Personen erst durch verdeckte Ermittler zu schweren Straftaten veranlasst werden, die sie von sich aus gar nicht begangen hätten, und somit die Kriminalitätsbekämpfung ihr Gegenteil er- reicht . Aus all den genannten Gründen lehnt die Linke diese drei Gesetzentwürfe ab . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wenn ich richtig gezählt habe, dann hat die Bun- desrepublik Deutschland inzwischen mit 24 Staaten – inklusive der drei Länder, über die wir heute sprechen: Serbien, Albanien und Georgien – Sicherheitsabkommen geschlossen . Dabei sind auch Staaten wie Saudi-Arabi- en, China oder Katar. In einer Reihe dieser Länder finden mit staatlicher Beteiligung systematische Menschen- rechtsverletzungen statt: Folter, willkürliche Verhaftun- gen, Verschwindenlassen sowie Unterdrückung der Op- position oder Verhängung der Todesstrafe . Es ist daher dringend geboten, klarzustellen, ob und unter welchen Voraussetzungen Deutschland Sicherheitsabkommen mit Staaten schließen sollte . Die Bundesregierung sieht das offenkundig anders . Sie hält – wie auch die vorliegenden Abkommen zei- gen – daran fest, immer wieder die gleichen Textbaustei- ne für die verschiedenen Bereiche der Zusammenarbeit zu verwenden . Dieser Standardtext enthält aber keine Anforderungen oder Bedingungen in puncto Menschen- rechte oder Rechtsstaatsprinzipien . Unsere Fraktion hatte daher bereits Ende 2014 einen Antrag eingebracht – „Sicherheitsabkommen brauchen Standards“, Bundestagsdrucksache 18/3553 –, in dem wir fordern, Sicherheitszusammenarbeit grundsätzlich neu zu gestalten und auszurichten . Dazu sollten in den Abkommen selbst die Vertragsstaaten in konkreten Klau- seln verbindlich zur Einhaltung menschenrechtlicher und rechtsstaatlicher Standards verpflichtet werden. Die Bun- desregierung lehnt diesen Vorschlag ab . Wir sind nicht grundsätzlich gegen Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich und auch nicht gegen eine Zu- sammenarbeit mit Albanien, Serbien und Georgien . Es macht aber einen erheblichen Unterschied, ob mit Län- dern wie Saudi-Arabien, China, Katar oder Usbekistan im Sicherheitsbereich zusammengearbeitet wird oder eben mit diesen drei Ländern . Serbien und Albanien sind EU-Beitrittskandidaten, Georgien hat einen vehementen Reformkurs vorangetrieben und ist EU-assoziiert . Trotzdem kann sich die Lage in Staaten jederzeit ändern . EU-Beitrittsverhandlungen oder selbst eine EU-Mitgliedschaft garantieren nicht, dass rechtsstaatli- che Prinzipien und Standards hoch entwickelt sind bezie- hungsweise nicht irgendwann beschnitten werden . Das gilt ebenso für die menschenrechtliche Lage . Das EU- Land Ungarn ist ein gutes Beispiel hierfür oder auch die Türkei . Aus diesem Grund wollen wir, dass anhand klarer und vorab verbindlich festgelegter Kriterien über Fort- oder Rückschritte im Bereich der Menschenrechte und der Korruptionsbekämpfung in den jeweiligen Kooperati- onsländern berichtet werden muss . Anhaltend negative Ergebnisse müssen zu einer Aussetzung und/oder Been- digung des Sicherheitsabkommens führen . Es muss also eine Exit-Klausel geben . Im April dieses Jahres haben wir die Bundesregierung gefragt, ob jemals ein geplantes Sicherheitsabkommen aufgrund einer bedenklichen Menschenrechtslage nicht abgeschlossen wurde . Es gab keinen einzigen Fall, war die Antwort . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19973 (A) (C) (B) (D) Das ist eine ziemlich erschütternde Bilanz . Das heißt nämlich, dass nicht einmal eine desaströse menschen- rechtliche Lage wie zum Beispiel in Saudi-Arabien Grund genug ist, um auf ein solches Abkommen zu verzichten . Dabei kann im Rahmen einer solchen Zusammenarbeit mitnichten ausgeschlossen werden, dass Deutschland sich mittelbar mitschuldig macht, indem es bestimmtes Know-how an staatliche Institutionen weitergibt, aus de- nen heraus Menschenrechtsverletzungen begangen wer- den, wenn wir zum Beispiel die Polizei eines bestimm- ten Landes an einer bestimmten Sicherheitstechnologie schulen und diese dann nicht etwa zur Bekämpfung von Kriminalität eingesetzt wird, sondern beispielsweise ge- gen Regierungskritiker . Ein solches Szenario muss aber ausgeschlossen sein . In unserer Kleinen Anfrage hatten wir von der Bundesregie- rung auch wissen wollen, warum Sicherheitsabkommen bisher keine konkreten Klauseln mit Überprüfungscha- rakter in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit sowie Verhinderung von Korruption beinhalten . Die Antwort hierzu war – unter anderem –, dass Sicherheitsabkommen so ausgestaltet seien, dass Maßnahmen im Rahmen ihrer Umsetzung keinen Men- schenrechtsverletzungen Vorschub leisten können . Ins- besondere seien sämtliche Maßnahmen nur im Rahmen und auf der Grundlage des jeweiligen nationalen Rechts zulässig, das heißt, für die deutschen Sicherheitsbehör- den gelten die auch in Deutschland anwendbaren Rechts- grundlagen und Beschränkungen . Das klingt alles ganz schön – stimmt aber nicht . Neh- men wir Ägypten . Auch hier verhandelt die Bundesregie- rung seit geraumer Zeit über ein Sicherheitsabkommen . Auch hier wäre ein Teil dieses Abkommens die polizei- liche Zusammenarbeit – Ausbildungs- und Ausstattungs- hilfe – mit ägyptischen Sicherheitsbehörden, sogar mit dem Inlandsgeheimdienst NSS . Wir wissen, dass der NSS fürchterlich foltert . Wir wissen, dass das BKA ägyp- tische Polizisten ausbildet, unter anderem die brutale Stadionpolizei, die willkürlich und gewalttätig vorgeht . Die Bundesregierung kann hier doch nicht ernsthaft glau- ben, sie leiste dadurch keine Unterstützung zu all diesen Menschenrechtsverletzungen . Ein Sicherheitsabkommen würde diese Zusammenarbeit noch intensivieren . Solange die Bundesregierung nicht bereit ist, Sicher- heitszusammenarbeit neu zu gestalten und als Ausgangs- bedingung für Sicherheitsabkommen, aber auch für an- dere zwischenstaatliche Abkommen in den Bereichen Sicherheitszusammenarbeit, Ausbildungs- und Aus- stattungshilfe für Polizei und Militär sowie für jegliche sonstigen Unterstützungsmaßnahmen im Sicherheitssek- tor, konkrete Bedingungen, vor allem die Einhaltung von menschenrechtlichen Standards zu knüpfen, können wir einer solchen Zusammenarbeit nicht zustimmen . Die Lage in Serbien, Albanien und Georgien ist nicht vergleichbar mit der in Ägypten, Mexiko oder Sau- di-Arabien . Daher enthalten wir uns zu diesen drei Ge- setzvorlagen . Dr. Günter Krings (CDU/CSU): Wir beraten heute drei Gesetzentwürfe jeweils zu Sicherheitsabkommen, die die Bundesregierung in den vergangenen Jahren mit den Regierungen von Albanien, Serbien und Georgien abgeschlossen hat . Sicherheitsabkommen dienen seit vielen Jahren ins- besondere der Verbesserung der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität im Rahmen der sogenann- ten Vorverlagerungsstrategie der Bundesregierung . Diese Politik zielt darauf ab, die Auswirkungen von Kriminali- tät und Terrorismus auf Deutschland zu reduzieren . Konkret umfassen die Sicherheitsabkommen – um nur einige Beispiele zu nennen – die Zusammenarbeit etwa bei der Bekämpfung von Betäubungs- und Eigentumskri- minalität, Menschenhandel oder Schleusung . Näher geregelt werden in den Abkommen die Formen und Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit . So haben die Vertragsparteien in den jeweiligen Sicherheitsabkom- men unter anderem vereinbart, dass sie zur Verhütung und Bekämpfung von Straftaten Fachleute austauschen, einander Informationen und Personalien zu Tatbeteilig- ten mitteilen, auf Ersuchen die nach dem Recht der je- weils ersuchten Vertragspartei zulässigen Maßnahmen durchführen oder bei Bedarf kriminalistische und krimi- nologische Forschungsergebnisse austauschen werden . Sofern nicht bereits erfolgt, ist auch die Entsendung von Verbindungsbeamten zu den Polizeibehörden der ande- ren Vertragspartei ausdrücklich vorgesehen . Der Abschluss eines abstrakt formulierten bilateralen Sicherheitsabkommens hat zunächst keinen unmittelba- ren Einfluss auf konkrete Maßnahmen der polizeilichen Ausstattungshilfe oder die Entsendung von Verbindungs- beamten des Bundeskriminalamts . Nach erfolgter fachlicher Bedarfserhebung werden im Einzelfall Maßnahmenpläne zur Festlegung der umzu- setzenden Aktivitäten erarbeitet . Insbesondere bei Aus- bildungsmaßnahmen im Bereich der Durchführung von Ermittlungshandlungen sollen Arbeitsweisen vorgestellt und geübt werden, die in der kriminalpolizeilichen Arbeit Anwendung finden. Unser Ziel ist es, bei den Vertrags- partnern den sogenannten Sachbeweis als wesentlichen Bestandteil eines Ermittlungsverfahrens nach rechts- staatlichen Grundsätzen zu fördern . Die einzelnen vertraglichen Regelungen entsprechen zu weiten Teilen den bereits mit anderen Staaten abge- schlossenen Abkommen zur Verbrechens- und Terroris- musbekämpfung . Ich verweise insoweit etwa auf die Si- cherheitsabkommen mit dem Kosovo oder der Ukraine, die dem Bundestag seinerzeit ebenfalls vorlagen . Anzumerken ist noch, dass es sich bei den Sicherheits- abkommen um völkerrechtlich bindende Vereinbarungen handelt, die – im Gegensatz zu Polizei- und Justizverträ- gen – den Vertragsparteien keine über die Regelungen im innerstaatlichen Recht hinausgehenden Befugnisse oder Verpflichtungen einräumen. Die Sicherheitsabkommen sehen vor, dass die Zusammenarbeit der Vertragsparteien in allen Bereichen nach Maßgabe ihres jeweiligen inner- staatlichen Rechts erfolgt . Für die deutschen Sicherheits- behörden gelten somit auch die in Deutschland anwend- baren Rechtsgrundlagen und Beschränkungen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619974 (A) (C) (B) (D) Weiterhin enthalten die Abkommen jeweils zusätz- lich eine allgemeine Vorbehaltsklausel zur Ablehnung der Zusammenarbeit, wenn diese im Widerspruch zu dem innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei steht . Wie Sie sehen, sind die Sicherheitsabkommen so ausge- staltet, dass Maßnahmen im Rahmen ihrer Umsetzung Menschenrechtsverletzungen keinen Vorschub leisten können . Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Im- mobilienmakler und Verwalter von Wohnungs- eigentum – des Antrags der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Renate Künast, Nicole Maisch, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Wohneigentumsrecht umfassend reformieren und modernisieren (Tagesordnungspunkt 32 und Zusatztagesord- nungspunkt 10) Astrid Grotelüschen (CDU/CSU): Wir debattieren heute in erster Lesung das Gesetz zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilien- makler und Verwalter von Wohnungseigentum, das uns im November vom Bundesministerium vorgelegt wurde . Grundlage ist unser Koalitionsvertrag, in dem CDU/ CSU und SPD vereinbart haben, dass wir unter anderem für die genannten Berufe Mindestanforderungen durch einen Sachkundenachweis und Pflichtversicherungen einführen wollen . Beide Berufsbilder sind derzeit nicht zwingend mit einer Ausbildung verbunden, sondern le- diglich an eine Gewerbeanmeldung und ein Führungs- zeugnis geknüpft . Durch diese Maßnahmen soll dem Kunden eine gewisse Leistungsqualität zugesichert, und er soll zudem vor möglichen Folgen bei Fehlern bei der Vermittlung und Verwaltung einer Immobilie geschützt werden, es soll also der Verbraucherschutz einen höheren Stellenwert erhalten . Dies ist aufgrund des sich in den letzten Jahren in Deutschland entwickelten Zuwachses an Haus- und Wohnungseigentum zu diskutieren . Zu den über 9 Millionen Eigentumswohnungen, die nach dem Wohnungseigentumsgesetz verwaltet werden, kommt noch ein beachtlicher Anteil privater Mietwoh- nungen hinzu: Hier zählen neben 5 Millionen vermieteten Eigentumswohnungen weitere Wohnungen in Gebäuden privater Eigentümer dazu. Insgesamt ist die qualifizierte Fremdverwaltung von knapp 18 Millionen Wohnungen oder rund 44 Prozent des deutschen Wohnungsbestandes zu sichern . Dem Verbraucherschutz kommt hier mit dem Aspekt der Altersvorsorge eine besondere Bedeutung zu . Denn Wohnungseigentum ist eine äußerst attraktive Form der Vermögensbildung . Nun kommen wir zu dem Punkt, wie wir denn im Maklerrecht Anreize für eine bessere Beratung des Ver- brauchers beim Immobilienerwerb schaffen wollen . Und: Wie genau müssen wir dies in einem Gesetz eigentlich überhaupt festlegen? Hierzu haben bereits seit 2014 intensiv und ressort- übergreifend das BMWi, das BMJV und das BMUB die Einführung dieses Gesetzentwurfes mit dem Ziel des Ver- braucherschutzes diskutiert . Hintergrund ist: Standards aus anderen Beratungsberufen auf das Maklergewerbe zu übertragen . Das ist gleichzeitig einer der Knackpunkte des Gesetzes . Unser Ziel muss es immer sein, dass neben dem gut gemeinten, erweiterten Verbraucherschutz übermäßige Bürokratie und ausufernde Kosten vermieden werden . Immobilienverwaltungen und Makler haben bereits heu- te eine Vielzahl an Gesetzen und Verordnungen zu beach- ten . Daran müssen wir insbesondere bei dem Nachweis der Sachkunde denken . Die Notwendigkeit eines Sachkundenachweises zum Beispiel für den Geschäftsführer einer gewerblichen Im- mobilienverwaltung gilt ohnehin . Deshalb trifft rechtlich betrachtet nur ihn die Verantwortlichkeit für die quali- fizierte Auswahl seiner Mitarbeiter. Und daher sollte er ganz im eigenen Interesse dafür sorgen, dass seine Mit- arbeiter die nötige Fachkunde für ihre Arbeit besitzen . Und wenn trotzdem der Haftungsfall eintritt, muss der Geschäftsinhaber bzw . die Gesellschaft dafür einstehen . Übrigens stelle ich mir auch vor diesem Hintergrund ernsthaft die Frage, ob wir generell eine Berufshaft- pflichtversicherung für den Beruf des Maklers überhaupt benötigen . Beim Verkauf einer Immobilie haftet eh der Verkäufer, und der Vorgang des Verkaufes ist als „ein- maliger Akt“ mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages beendet . Bei allen Punkten halte ich es für zweckmäßig, die für Anfang 2017 geplante Sachverständigenanhörung abzu- warten, die ich auch als Chance für die mittelständische Branche betrachte, ihre Standpunkte weiter zu präzisie- ren . Auch würde ich gerne Vertreter des Normenkontroll- rates hierzu begrüßen . Denn der NKR hat sich bereits im Dezember letzten Jahres zu einigen wichtigen genannten Punkten qualifiziert und kritisch geäußert. So berücksichtigen nämlich zum Beispiel die Kosten- schätzungen nicht, dass neue Meldepflichten besonders gegenüber den Gewerbeämtern zu erfüllen sind . Außer- dem sind der Aufwand und die Kosten von Immobilien- maklern und WEG-Verwaltern zur Vorbereitung einer Sachkundeprüfung nicht berücksichtigt . Hierbei wäre mir übrigens wichtig, eine große Vielfalt an verschiede- nen Institutionen oder Einrichtungen etc . zu haben, die eine solche Prüfung abnehmen würden . Eine Beurteilung fällt mir im Moment noch schwer, da keine hinreichenden empirischen Belege vorliegen . Dies haben bei der Anhörung im Dezember 2015 übri- gens auch alle befragten Sachverständigen erklärt . Die Frage ist ja grundsätzlich, inwieweit Schäden durch ge- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19975 (A) (C) (B) (D) setzliche Berufszulassungsregelungen vermieden wer- den können . So könnten zum Beispiel auch ein einfaches Qualitätssiegel oder die Einführung eines Registers völ- lig ausreichend sein . Geklärt werden müssen bei einer weiteren Anhörung aus meiner Sicht auch exakte begriff- liche Berufsbezeichnungen, wie zum Beispiel die Diffe- renzierung zwischen Immobilienmaklern und WEG-Ver- waltern . Wer darf sich eigentlich Makler nennen? Diese Frage gilt es zu klären, zumal es ja einen Ausbildungsbe- ruf „Immobilienkaufmann“ oder auch einen „Immobili- enmakler IHK“ gibt . Ich teile zentrale Bedenken des NKR, vor allem wenn es um mögliche hohe Kosten für die mittelständische Wirtschaft geht . Abschließend möchte ich daher noch- mals unterstreichen, dass es uns wichtig ist, dass die neuen Zulassungsvoraussetzungen, so sie wirklich nö- tig sind, mit möglichst geringem regulatorischem und bürokratischem Aufwand umzusetzen sein müssen . Wir haben eigentlich die „One in, one out“-Regelung, doch diese greift aufgrund des geltenden Gewerberechtes hier nicht . Eine unmittelbare Kompensation des entstehenden Erfüllungsaufwands ist also nicht möglich . Daher muss der Erfüllungsaufwand in Höhe von 18,3 Millionen Euro pro Jahr durch sinnvolle Entlastungen an anderer Stelle ausgeglichen werden können . Barbara Lanzinger (CDU/CSU): Der Abbau von unnötiger Bürokratie stärkt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen . Wir wollen Wirtschaft und Bürger wei- ter spürbar von unnötiger Bürokratie entlasten . Gesetze müssen einfach, verständlich und zielgenau ausgestaltet werden, damit Bürokratielasten vermieden oder so ge- ring wie möglich gehalten werden . Die Europäische Uni- on muss sich bei der Normsetzung selbst zurücknehmen . Ich habe soeben Auszüge aus dem Koalitionsvertrag für die 18 . Legislaturperiode zitiert . Bei dem heutigen Gesetzentwurf meine ich, dass wir uns ernsthaft fragen müssen, ob er den gerade genannten Anforderungen ge- nügt . Wenn wir aber von der Europäischen Union Zu- rückhaltung bei der Normsetzung fordern, sollten wir uns auch hier im Deutschen Bundestag danach richten . Von vielen Branchenvertretern wird die Notwendigkeit einer Regulierung bejaht, und zwar vor allem mit dem Argu- ment des Verbraucherschutzes und wegen der Bedeutung von Wohneigentum für die individuelle Altersvorsorge . Natürlich haben Immobilienverwalter und -makler wichtige Aufgaben zu erfüllen . Diese nehmen hinsicht- lich der Anforderungen an die energetische Sanierung von Gebäuden sicherlich auch noch zu . Allerdings fra- ge ich mich ernsthaft, ob es derartige Missstände in der Branche gibt, die eine Regulierung und damit einen Ein- griff in die Berufsfreiheit rechtfertigen . Auch wenn von verschiedener Seite Zahlen vorgetragen wurden, konn- te nicht bestätigt werden, dass es belastbare Statistiken zu Schadensfällen in diesem Bereich gibt . Das wäre aber eine Grundvoraussetzung, um die Notwendigkeit einer Regulierung zu beurteilen – zumal die geplanten Regelungen insbesondere kleine und mittelständische Immobilienverwaltungen und Makler belasten würden und hohe Kosten für die Branche mit sich bringen . Die- se Kosten würden letztlich auch die Verbraucher treffen; denn es wäre zu erwarten, dass die Verwaltungen den gestiegenen Aufwand auf die Wohneigentümergemein- schaften umlegen . Wenn wir die Notwendigkeit eines Gesetzes aller- dings bejahen, müssen wir aus meiner Sicht auch Miet- verwalter mit einbeziehen . Eine Trennung der Berufsbil- der WEG-Verwalter und Mietverwalter ist praxisfern, sie sollten daher auch rechtlich gleich behandelt werden . Aus meiner Sicht gibt es aber noch weitere Fragen zu klären: Die diskutierte „Alte-Hasen-Regelung“, also der Verzicht auf einen verpflichtenden Sachkundenach- weis für Verwalter und Makler, die schon länger auf dem Markt agieren, überzeugt mich nicht . Wenn die behaup- teten Missstände vom Versagen unqualifizierter „Altver- walter“ herrühren, sollten gerade diese Sachkundenach- weise erbringen müssen, dies allerdings nicht ohne eine angemessene Übergangsfrist, auch um das Verfahren praktikabel zu gestalten . Ich bin aber nicht der Ansicht, dass sich die Pflicht zum Sachkundenachweis auch auf Mitarbeiter erstrecken sollte . Der Sachkundenachweis sollte allein für den Geschäftsinhaber oder Geschäftsfüh- rer gelten . Diesen trifft dann die Verantwortlichkeit für die Auswahl und Überwachung seiner Mitarbeiter, und er muss – schon im eigenen Interesse – dafür Sorge tragen, dass diese die erforderliche Sach- und Fachkunde für die übernommene Tätigkeit haben . Sollte dennoch ein Haf- tungsfall auftreten, muss – je nach Rechtsform – grund- sätzlich der Geschäftsinhaber oder die Gesellschaft dafür einstehen . Damit ist aus meiner Sicht dem Verbraucher- und Kundenschutz ausreichend Rechnung getragen; denn wir wollen ja ein Zuviel an Bürokratie vermeiden . Was die geplante verpflichtende Berufshaftpflichtver- sicherung betrifft, frage ich mich ebenfalls, ob diese not- wendig ist . Schon im eigenen Interesse werden Immobi- lienverwalter eine Haftpflichtversicherung abschließen. Da aber eben keine belastbaren Zahlen zu Schadens- fällen vorliegen, sollten wir uns mit einer gesetzlichen Verpflichtung aus meiner Sicht zurückhalten. Pflicht- versicherungen verteuern den Versicherungsschutz und führen zu mehr Bürokratie . Dies wäre insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen nachteilig . Bei der Zuständigkeit für die Abnahme der Sachkun- deprüfung meine ich, dass wir hier eine größere Vielfalt zulassen könnten . Möglicherweise ist ein Prüfmonopol der Industrie- und Handelskammern, wie bislang ge- plant, nicht notwendig . All diese Fragen sollten wir im neuen Jahr in einer öffentlichen Anhörung klären . Michael Groß (SPD): Ich begrüße den Gesetzent- wurf des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerb- liche Immobilienmakler und Verwalter von Wohneigen- tum . Damit wird ein weiterer Baustein unseres Koaliti- onsvertrages umgesetzt . Mit dem Gesetz wird auch ein gewichtiger Punkt für den Verbraucherschutz umgesetzt . Immobilienmakler und Verwalter von Wohneigentum brauchten bisher trotz massiv gestiegener Anforderungen an ihr Profil gerade im Wohnimmobilienbereich keine spezifische Qualifizierung oder verpflichtende Haft- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619976 (A) (C) (B) (D) pflichtabsicherung zur Absicherung im Schadensfall. Natürlich sind gute Verwalter und Makler von Immobili- en bereits heute freiwillig versichert und bilden sich fort bzw . gehen nicht ohne Kenntnisse auf den Immobilien- markt . Trotzdem gibt es immer wieder schwarze Scha- fe, die die fehlende Gesetzgebung zu ihren Gunsten und zum klaren Nachteil bis hin zum persönlichen Ruin von Wohnungseigentümern führen . Mit der Gesetzesnovelle wird nun endlich klar definiert, welche Qualifizierungen und Voraussetzungen dringend und zwingend notwendig sind für das Berufsbild des Verwalters und des Maklers . Leider wurden bisher noch nicht alle Aspekte der Tä- tigkeiten aufgegriffen im Gesetzentwurf . Die große Spar- te der Mietwohnungsverwalter ist im bisherigen Entwurf nicht berücksichtigt . Hier sehe ich als wohnungs- und baupolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion dringenden Nachholbedarf . Damit stehe ich nicht alleine, sondern werde durch den Bundesverband der Immobi- lienverwalter, den Deutschen Mieterbund und auch von Haus & Grund – also den Wohnungseigentümern – un- terstützt . In Zeiten von niedrigen Zinsen und dem so- genannten Betongold als Rücklage und Alterssicherung ist der Traum der Eigentumswohnung nicht nur für den Eigenbedarf wichtig, um überhöhten Mieten in Ballungs- gebieten zu entfliehen, sondern auch eine langfristige Geldanlage und der Einstieg in die Kleinvermietung . Doch gerade für den Mieter können hier bei Fehlverhal- ten hohe finanzielle und existenzielle Lasten entstehen, und es sollte daher der Gesetzentwurf – auch zur eigenen Absicherung von Verwaltern – auf die Mietwohnungs- verwaltung ausgeweitet werden . Die bisherigen Ausnah- meregelungen werden wir im parlamentarischen Prozess noch diskutieren . Gerade die sogenannte Alte-Hasen-Re- gelung für langjährig tätige Gewerbetreibende und an- gestellte Verwalter und Makler sollte auf den Prüfstand gestellt werden . Dies würde eine große Zahl der Verwal- ter und Verwalterinnen betreffen, doch gerade die vielsei- tigen neuen Anforderungen an das Berufsbild erfordern eine umfassende Qualifikation und regelmäßige Weiter- bildung . Ich bin daher sehr dafür, die Sachkundenach- weispflicht auch auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszudehnen . Unterm Strich sorgt der vorliegende Gesetzentwurf für Sicherheit auf allen Seiten: Verwalter und Makler si- chern sich besser ab und schließen aus, dass ein ganzes Berufsbild durch schwarze Schafe in Verruf gerät . Mie- terinnen und Mieter können sich sicher sein, von kompe- tenten Menschen betreut zu werden . Marcus Held (SPD): Heute behandeln wir in erster Lesung den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Ein- führung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilienmakler und Verwalter von Wohnungseigen- tum . Damit setzen wir als Regierungskoalition einen wei- teren Punkt aus dem Koalitionsvertrag um, wo es heißt: „Wir wollen im Maklerrecht Anreize für eine besse- re Beratung des Verbrauchers beim Immobilienerwerb schaffen . Hierzu streben wir als weitere Option des Ver- brauchers eine erfolgsunabhängige Honorierung entspre- chend dem Beratungsaufwand an . Zudem wollen wir einen Sachkundenachweis einführen und Standards aus anderen Beratungsberufen auf das Maklergewerbe über- tragen. Wir werden berufliche Mindestanforderungen und Pflichtversicherungen für Wohnungsverwalter und Immobilienmakler verankern .“ Der vorliegende Gesetzentwurf bildet eine gute Grundlage, um im parlamentarischen Verfahren nun wei- ter daran arbeiten zu können . Wohneigentum wird für viele Menschen hier in Deutschland, vor allem als Altersvorsorge, immer wich- tiger . Attraktive Zinssätze und steigende Mieten beför- dern den „Traum vom Eigenheim“ bei den Bürgerinnen und Bürgern derzeit . Deswegen ist es wichtig, dass wir insbesondere auf Qualität bei den Verwaltern und Im- mobilienmaklern setzen und diese mit diesem Gesetz- entwurf hervorheben . Sachkunde bei der Tätigkeit eines Immobilienmaklers und Wohnungseigentumsverwalters ist deshalb von großer Wichtigkeit . Bereits im Vorfeld gab es zu diesem Gesetzentwurf großen Diskussionsbedarf, viele Stellungnahmen aus der Branche hatten mich dazu erreicht . Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion möchte ich kurz auf ein paar Dinge eingehen, die für uns wichtig sind und die wir im Gesetz ergänzen und sicherstellen wollen . Die Pflicht zum Nachweis der Sachkunde und die Weiterbildungspflicht sollen auf Mitarbeiter, die eine ak- tive Verwaltungstätigkeit ausüben, ausgeweitet werden . Ich kenne dazu die Bedenken des Normenkontrollrats und auch die des Koalitionspartners, werbe aber hier aus- drücklich weiter für diese Regelung, weil wir dies in der SPD-Bundestagsfraktion für sinnvoll halten . Zudem sollen auch die Mietverwalter in das Verfahren eingeschlossen werden . Außerdem wollen wir die Bestandsschutzregelung, die sogenannte Alte-Hasen-Regelung, so verändert wis- sen, dass alle Verwalter die oben genannten Vorausset- zungen erfüllen müssen . Allerdings erst nach drei Jahren . Auch halte ich die Erweiterung der Versicherungs- pflicht auf die Betriebshaftpflichtversicherung für Immo- bilienmakler für sinnvoll . Dies werden wir als Koalition im parlamentarischen Verfahren prüfen lassen . Deshalb freue ich mich auf die vor uns stehende Zu- sammenarbeit in der Koalition zu diesem Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren, insbesondere mit mei- nen beiden Unionskolleginnen Frau Grotelüschen und Frau Lanzinger, und bin guter Dinge, dass wir ein für alle Seiten anständiges und annehmbares Gesetz hinbekom- men werden . Caren Lay (DIE LINKE): Mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf löst die Bundesregierung das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag ein, Immobilienmaklern und Verwaltern von Wohneigentum Berufszulassungen auf- zuerlegen . Gewerbliche Immobilienmakler und Woh- nungsverwalter müssen einen Sachkundenachweis über die IHK erbringen und Verwalter eine Berufshaftpflicht- versicherung abschließen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19977 (A) (C) (B) (D) Gemeinsam mit den Verbänden begrüßt die Linke das Anliegen des Gesetzes . Der Sachkundenachweis sichert die Qualität der Arbeit und bremst vereinzelt auftretende schwarze Schafe aus, und eine Berufshaftpflichtversiche- rung schützt im Endeffekt Mieterinnen und Mieter vor finanziellen Schäden bei Zahlungsunfähigkeit des Ver- walters oder der Verwalterin . Die Linke sieht in einigen Bereichen aber noch deutli- chen Änderungsbedarf . Der Gesetzentwurf bleibt an vie- len Punkten hinter seinen Möglichkeiten zurück . Es er- schließt sich uns nicht, warum die Zulassungsregelungen ausschließlich auf die Verwalter von Wohneigentum be- schränkt sind und nicht auf die Verwalterinnen und Ver- walter von Mietwohnungen . Im Koalitionsvertrag sprach die Bundesregierung noch ausdrücklich von Wohnungs- verwaltern, was auch die Mietverwalter mit einschließt . Dies fordern sogar die Betroffenen selber . Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein großer Teil der Verwalterin- nen und Verwalter nicht vom Gesetzentwurf erfasst wird . Nicht verständlich ist auch, warum der Sachkunde- nachweis nicht auch auf Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter von Wohneigentumsverwaltern ausgedehnt wird, die dieselbe Tätigkeit ausüben wie Gewerbetreibende . Ähn- liche Regelungen gibt es bereits bei den Finanzvermitt- lern . Genauso wenig ist nachvollziehbar, dass die Berufs- haftpflicht nicht auf Maklerinnen und Makler ausgedehnt wird . Wir alle wissen: In fast keinem Beruf reichen die ein- mal erlernten Kenntnisse bis zum Eintritt in die Rente . Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern müssen sich auf ständig verändernde Bedingungen einstellen . In man- chen Berufen passiert dies im laufenden Betrieb, aber gerade Verwalterinnen und Verwalter sind mit ständig wechselnden Anforderungen und Gesetzen konfrontiert . Ein einmaliger Sachkundenachweis wird dafür nicht aus- reichen . Nutzen Sie die Gelegenheit und führen Sie eine Weiterbildungspflicht für Verwalterinnen und Verwalter ein . Das nützt am Ende auch ihren Kundinnen und Kun- den und entlastet die Gerichte . Der vorliegende Gesetzentwurf ist in vielen Punkten notwendig, leider aber noch nicht ganz ausgereift . Wir fordern die Bundesregierung auf, hier noch einmal nach- zubessern . Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit über einem Jahr warten wir auf die Einführung dieses Sachkundenachweises für gewerbli- che Immobilienmakler und Verwalter von Wohnungsei- gentum . Der Zeitpunkt, zu dem wir ihn nun debattieren, spricht Bände . Sowohl Vertreterinnen und Vertreter von Wohnungseigentümern wie auch von Verwalterseite sind sich schon lang darüber einig, dass es hier Regelungen braucht . Und auch politisch diskutieren wir das seit letz- ter Wahlperiode; es steht sogar im Koalitionsvertrag . Deshalb ist es für mich absolut nicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung so lange gebraucht hat, um diesen Gesetzentwurf vorzulegen . Wenn Sie gleichzeitig eine Reform des WEG-Rechts vorgelegt hätten, könnte ich das verstehen; denn diese ist mindestens ebenso not- wendig wie die Einführung des Sachkundenachweises . Aber man kann ja schon froh sein, dass wenigstens dieser Gesetzentwurf im Bundestag behandelt wird . Anderen Vorhaben dieser Bundesregierung ist noch nicht einmal das vergönnt; denn leider ist ihre momentane Politik von einem gegenseitigen Ausbremsen geprägt, das man in vielen Politikfeldern beobachten kann . Leider bleiben Sie in ihrem Gesetzentwurf wieder einmal weit hinter dem zurück, was guten Mieter- und Verbraucherschutz ausmacht . Der Sachkundenachweis muss zum Beispiel auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie auf Mietverwalterinnen und Mietver- walter ausgedehnt werden . Zusätzlich sollten auch sie verpflichtet werden, sich jährlich fortzubilden. Damit Wohnungseigentümer darauf vertrauen können, dass aus- nahmslos jeder Wohnungseigentums- und Mietverwalter und jede -verwalterin über einen Sachkundenachweis verfügt, muss die sogenannte Alte-Hasen-Regelung ge- strichen werden . Außerdem fordern wir ein öffentliches Register von Immobilienverwalterinnen und -verwal- tern, welches bei den Industrie- und Handelskammern angesiedelt und jederzeit einsehbar sein soll . Mittlerweile ist jede vierte Wohnung in Deutschland eine Eigentumswohnung – Tendenz steigend . Insgesamt haben wir 9 Millionen Eigentumswohnungen, deren Be- sitzerinnen und Besitzer, trotz ihrer großen Bedeutung für die Wohnungsmärkte, in der wohnungspolitischen Debatte kaum Gehör finden. Das WEG-Recht ist hoff- nungslos veraltet, obwohl der Wohnungsmarkt einem stetigen Wandel unterliegt . Auch hier agiert die Große Koalition zukunftsvergessen . Wohnungseigentümerin- nen und Wohnungseigentümer sind wichtige Partner für das Erreichen der Klimaziele . Das wissen wir seit gerau- mer Zeit . Angesichts des hohen Reformbedarfs haben wir unseren Antrag „Wohnungseigentumsrecht umfas- send reformieren und modernisieren“ zu Ihrem Gesetz- entwurf dazugesetzt . In der gestrigen Kabinettssitzung hat die Bundesregie- rung eingeräumt, dass es Änderungen am Wohnungsei- gentumsgesetz bedarf . Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Großen Koalition: Sie müssen das nicht in die nächste Legislaturperiode schieben! Sie können auch ein- fach unserem Antrag zustimmen, der auch umfassende Änderungsvorschläge in Bezug auf Klima- und Verbrau- cherschutz enthält . Bereits das Bundesverfassungsge- richt hat im März 2015 in seinem Urteil anerkannt, dass Wohnungseigentümergemeinschaften Verbraucher sind . Dementsprechend muss sich auch der Verbraucherschutz viel stärker im Wohnungseigentumsrecht wiederfinden. Wir brauchen endlich mehr Transparenz bei der Ver- waltung von WEG-Finanzen . WEG-Konten müssen bes- ser vor Missbrauch geschützt werden . In Krisenfällen brauchen Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer mehr Handlungsmöglichkeiten . Ihnen muss eine ver- einfachte Einberufung der Eigentümerversammlung er- möglicht werden . Insgesamt wollen wir den WEG-Beirat gegenüber den Verwalterinnen und Verwaltern stärken und als Kontrollinstanz ausbauen . Hierfür brauchen wir deutlich mehr Beratungs- und Schulungsangebote auch von staatlicher Seite . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619978 (A) (C) (B) (D) Es sollen mehr Umbaumaßnahmen und Sanierungen von Wohnungseigentümergemeinschaften ermöglicht werden . Dafür bedarf es zum Beispiel mehr Rechtssi- cherheit bei der Abgrenzung von Sanierungsmaßnah- men als Instandhaltung, Instandsetzung, modernisierte Instandsetzung, Modernisierung und bauliche Verände- rung . Zusätzlich wären steuerliche Anreize für den ener- getischen und barrierefreien Umbau von WEG sinnvoll . Um die Gerichte zukünftig von den häufigen Rechtsstrei- tigkeiten in Wohnungseigentümergemeinschaften zu ent- lasten, fordern wir Möglichkeiten zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Hierzu finden Sie einige Vorschläge in unserem Antrag . Wir setzen uns als Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen für eine bessere Stellung der Eigentümerinnen und Eigentümer gegenüber den Verwalterinnen und Ver- waltern ein . Obwohl es zahlreiche Beispiele für eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit gibt, ist der Scha- den, der von einigen schwarzen Schafen in der Branche verursacht wurde, leider zu hoch . Dem dürfen wir nicht tatenlos zusehen . Deswegen schlagen wir als ein Instru- ment einen Abberufungskatalog für WEG-Verwalter ein . Wie Sie sehen, sind umfassende Reformen am Woh- nungseigentumsrecht, ergänzt durch die Verbesserun- gen an den Berufszulassungsvoraussetzungen für Woh- nungs- und Immobilenverwalterinnen und -verwalter, notwendig . Vor Ihnen liegt das weitere parlamentarische Beratungsverfahren . Nutzen Sie diese Möglichkeit, und verschieben Sie die notwendigen Lösungen nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag! Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmit- telversorgungsgesetz – HHVG) – des Antrags der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ver- sorgung verbessern – Kompetenzen von Heil- mittelerbringern ausbauen (Tagesordnungspunkt 33 a und b) Dr. Roy Kühne (CDU/CSU): Heute bringen wir das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung in den Deutschen Bundestag ein . Mit diesem schaffen wir verbesserte wirtschaftliche Bedingungen für die Heilmit- telleistungserbringer, schärfen die Rahmenbedingungen für die Versorgung mit Hilfsmitteln sowie im Bereich der Wundversorgung und stärken dadurch vor allem die Patientinnen und Patienten in ihren Rechten und Mög- lichkeiten . All diese Schritte sind unbedingt notwendig geworden, schaut man sich die Situationen in den unter- schiedlichen Bereichen einmal genauer an: Die Heilmittelerbringer, wir sprechen hier von mehr als 330 000 Beschäftigten in den Berufsgruppen der Phy- siotherapie, Ergotherapie, Sprachtherapie und Podologie, leiden unter starkem finanziellen Druck. Hohe Schul- geldkosten und geringe Verdienstaussichten dünnen die Berufsgruppen zunehmend aus . Hinzu kommt, dass zahl- reiche Qualifikationen erst im Anschluss erlernt werden können, was mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Zusatzaufwand verbunden ist . Es ist richtig, dass wir uns dieser Berufsfelder annehmen und ihnen eine echte Zu- kunftsperspektive aufzeigen . Bisher sind die Therapeuten in ihren Verhandlungen an die Grundlohnsumme gebunden . Die Grundlohnsum- menveränderungsrate markiert die obere Grenze für die Gehälterentwicklung der Therapeuten . Ärzte und Zahn- ärzte haben es längst geschafft, die Entkopplung zu er- reichen, nun sind endlich auch die therapeutischen Ge- sundheitsberufe an der Reihe . Sosehr ich die zahlreichen Vorteile begrüße, möchte ich ganz deutlich die Verkür- zung auf drei Jahre kritisieren und verspreche, dass ich mich intensiv darum bemühen werde, zur Formulierung aus dem ersten Referentenentwurf aus dem BMG zu- rückzukehren . Die Therapeuten müssen dauerhaft die Möglichkeit haben, auch oberhalb der Veränderungsrate verhandeln zu können . Die Anforderungen, vor denen unser Gesundheitssys- tem steht – steigende Lebenserwartung, alternde Gesell- schaft, wachsender Pflegebedarf –, müssen mit klaren Konzepten und guten Ideen konsequent angegangen wer- den . Das geplante Modellvorhaben „Blankoverordnung“ ist genau der richtige Weg zu einem kompetenzorien- tierten Gesundheitssystem . Ziel ist es, dem Therapeuten die Versorgungsverantwortung zu übertragen, indem er Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten selbst bestimmen kann . Die Er- probung in einem Modellvorhaben ist aus unserer Sicht notwendig, um die Überführung in die Regelversorgung zu überprüfen . Ich rufe aber an dieser Stelle die Bundes- länder, Kassen und Therapieverbände auf, sich gemein- sam an einen Tisch zu setzen, um einheitliche und ver- bindliche Rahmenbedingungen zu schaffen . Nur dadurch können evaluierbare Daten geschaffen werden, nur so kann das Modellvorhaben erfolgreich sein . Ebenfalls stehen wir im Bereich der Hilfsmittelversor- gung vor großen Herausforderungen . Der Patientenbe- auftragte der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, hat mit seiner Aktion zu Inkontinenzproduk- ten auf ein Thema aufmerksam gemacht, das Millionen Patienten betrifft . Die Qualitätsanforderungen an Hilfs- mittel müssen konkretisiert werden, der Schutz der Pa- tienten muss für uns oberste Priorität haben, und die Versorgungssicherheit darf nicht unter kalkulatorischen Rechenbeispielen aufgerieben werden . Diese Aufgaben gehen wir mit dem HHVG konsequent an . Das Hilfsmittelverzeichnis bedarf einer grundlegen- den Überarbeitung . Dass einige Produktgruppen seit Jahrzehnten nicht überarbeitet worden sind, ist für mich vollkommen unverständlich . Aber jetzt haben wir re- agiert und dem GKV-SV aktualisierte Instrumente an die Hand gelegt, um den Missstand zu beheben . Die kontinu- ierliche Fortschreibung, Aktualisierung und Bereinigung Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19979 (A) (C) (B) (D) des Hilfsmittelverzeichnisses ist ein wichtiges Instru- ment, ebenso wie die Festsetzung von Qualitätskriterien . Wichtig war uns, dass neben der Qualität des Produkts auch die Zweckmäßigkeit oder die Zugänglichkeit der Leistung, aber auch andere Kriterien zur Bewertung he- rangezogen werden . Nur so können wir einen Standard garantieren, der allen Patientinnen und Patienten gerecht werden kann . Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich bestens, dass nicht jeder Patient mit jedem Hilfsmittel einwand- frei zurechtkommt . Deswegen ist es sinnvoll, dass wir die Anzahl der zur Verfügung stehenden mehrkostenfrei- en Hilfsmittel erhöhen . Dadurch hat jeder die Möglich- keit auf eine vernünftige und zweckmäßige Versorgung . Es gilt der Grundsatz: Umfangreiche und gute Versor- gung müssen für jeden zugänglich sein . Fakt ist: Das Hilfsmittelverzeichnis wird grundlegend überarbeitet und muss permanent fortgeschrieben wer- den . Fakt ist auch: Die Beratungs- und Informationsrech- te der Versicherten werden umfangreich gestärkt . Darüber hinaus schaffen wir die Grundlage zur Ver- besserung der Versorgung chronischer und schwer hei- lender Wunden . In besonderen Fällen können speziali- sierte Wundzentren bereits jetzt gegründet werden . Diese sollen aber explizit unabhängig in ihren Finanzierungs- strukturen bleiben, weswegen wir durch Nachjustierun- gen das Zusammenwirken der Leistungserbringer aus- schließen . So wird die Unabhängigkeit der Einrichtungen sichergestellt . Sie sehen: Wir stärken die Versicherten in ihren In- teressen, unterstützen Heil- und Hilfsmittelerbringer auf vielfältige Art und Weise und stärken die Pluralität im Gesundheitssystem . Ich möchte mich auf diesem Wege ganz herzlich beim Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, und seinem Haus – hier möchte ich insbesondere den Pflege- beauftragten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, hervorheben –, meinen Kolleginnen und Kollegen in der Koalition und ganz besonders innerhalb unserer Arbeits- gruppe Gesundheit für Ihre Unterstützung danken . Be- sonders vor dem Hintergrund, dass dieses Gesetz außer- halb der Koalitionsvereinbarung zusätzlich seinen Weg in die Gesetzgebung finden wird, meinen herzlichsten Dank . Martina Stamm-Fibich (SPD): Laut einer repräsen- tativen Umfrage der Schwenninger Krankenkasse unter rund 1 000 Teilnehmern sind die Bürgerinnen und Bür- ger mit der Hilfsmittelversorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung unzufrieden . 74 Prozent sind der Meinung, es werde immer schwieriger, beispielsweise Bandagen, Einlagen oder Hörhilfen so wie beantragt auch bewilligt zu bekommen . Jeder Zweite gibt an, Hilfs- mittel schon selbst bezahlt zu haben, obwohl sie nach ei- gener Einschätzung medizinisch notwendig waren . Das Thema Hilfsmittel beschäftigt mich inzwischen seit über zwei Jahren . Ausschlaggebend war eine Petiti- on beim Deutschen Bundestag zum Thema Inkontinenz- versorgung . Diese Petition weist auf massive Missstände in der Versorgung mit aufsaugenden Hilfsmitteln hin . Die Monatspauschalen der gesetzlichen Krankenkassen liegen derzeit zum Teil unter 10 Euro . Meiner Meinung nach sind für eine qualitativ angemessene Versorgung je- doch mindestens Pauschalen in Höhe von 20 Euro nötig . Durch meine Hartnäckigkeit und durch viele Gespräche unter anderem mit dem Patientenbeauftragten der Bun- desregierung, Karl-Josef Laumann, ist der Stein ins Rol- len gekommen . Auch der Petitionsausschuss hat das Pro- blem erkannt und die Petition mit einem hohen Votum an das Bundesministerium für Gesundheit überwiesen . Im Juni lag dann der ersehnte Referentenentwurf ei- nes neuen Heil- und Hilfsmittelgesetzes aus dem Bun- desgesundheitsministerium vor . Daraufhin erfolgte Ende August der Kabinettsbeschluss . Ich freue mich sehr, dass sich das Gesetz heute in der ersten Lesung befindet und wir den parlamentarischen Prozess starten . Ich hoffe, dass auch in diesem Fall das sogenannte Struck’sche Ge- setz, wonach kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es hineingekommen ist, greifen wird; denn vollständig glücklich bin ich mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf noch nicht . Unter den Begriff Hilfsmittel fallen Sachmittel, die Patienten mit funktionseingeschränkten Gliedmaßen oder Organen benötigen, also beispielsweise Hörhil- fen, Inkontinenzhilfen oder Prothesen . Der Markt ist aufgrund völlig unterschiedlicher Produkte und einer Vielfalt von Anbietern sehr intransparent . Durch die de- mografische Entwicklung steigen der Bedarf an Hilfsmit- teln und die Ausgaben kontinuierlich an, sodass dieser Bereich stärker in den Fokus rückt . Betrachtet man die einzelnen Ausgaben der GKV im Jahr 2015, entfielen 7,6 Milliarden Euro auf Hilfsmittel . Mit einem Anteil von 3,8 Prozent an den GKV-Gesamtausgaben lagen die Hilfsmittel damit auf Rang sechs, nach Krankenhausleis- tungen, ärztlicher Behandlung und Arzneimitteln . Medi- zinischer Fortschritt und medizintechnischer Fortschritt tragen zudem ständig zur Entwicklung neuer Hilfsmittel bei . Zu den Hilfsmittelproduktgruppen mit den höchsten Ausgaben pro Versichertem zählten im letzten Jahr die Hörhilfen, Inhalations- und Atemtherapiegeräte, Orthe- sen/Schienen, Inkontinenzhilfen, Kranken- und Behin- dertenfahrzeuge sowie Einlagen . Das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittel- versorgung regelt nun wichtige Maßnahmen zur Quali- tätsverbesserung der Hilfsmittelversorgung . Das Gesetz umfasst aber auch Regelungen zu Heilmitteln, zur Wund- versorgung und zum Schutz der Sozialdaten . Der Ge- setzentwurf sieht vor, dass die Krankenkassen beim Ab- schluss von Lieferverträgen nicht nur den Preis, sondern vor allem die Produktqualität angemessen berücksichti- gen . Neben dem Preis sollen zu mindestens 40 Prozent Qualitätsaspekte wie Kundendienst, Erreichbarkeit und Anwendungshilfen berücksichtigt werden . Außerdem soll der GKV-Spitzenverband verpflichtet werden, das Hilfsmittelverzeichnis regelmäßig zu aktualisieren . Das vom GKV-Spitzenverband zu erstellende und regelmäßig fortzuschreibende Hilfsmittelverzeichnis ist das wichtig- ste Werkzeug zur Sicherung der Qualität der Hilfsmittel- versorgung und zur Schaffung von Transparenz über das Angebot erstattungsfähiger Hilfsmittel . Die über Jahre Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619980 (A) (C) (B) (D) verschleppte Anpassung der Qualitätskriterien einzelner Produktgruppen hatte das Preisdumping befördert . Mit dem HHVG sollen die Versicherten zudem die Wahl zwischen mehreren aufzahlungsfreien Hilfsmitteln, auch bei Ausschreibungsverträgen, erhalten . Dies ist po- sitiv zu bewerten . Am Instrument der Ausschreibungen generell wird nicht gerüttelt . Krankenkassen soll es er- möglicht werden, sogenannte Mehrpartnermodelle aus- zuschreiben . Dadurch können bei einer Ausschreibung mehrere Hersteller den Zuschlag erhalten . Dies kann sinnvoll sein, um den Versorgungsablauf der Versicher- ten sicherzustellen, wenn beispielsweise ein Hersteller Lieferschwierigkeiten hat . Exklusivverträge mit nur ei- nem Anbieter und einem Produkt sind künftig verboten . Die Krankenkassen sollen in Zukunft Stichproben- und Auffälligkeitsprüfungen durchführen . Hierfür soll es ihnen ermöglicht werden, die notwendigen Daten bei den Leistungserbringern anzufordern . Bei patientenbezoge- nen Daten ist eine vorherige Zustimmung des Patienten notwendig . Die Regelung gewährleistet, dass den Kran- kenkassen auch wirklich Daten vorliegen und ein effekti- ves Vertragscontrolling ermöglicht wird . Zukünftig soll über die Abrechnung der Hilfsmittellie- feranten auch die Höhe der Aufzahlungen erfasst werden . Bisher liegen diese Daten weder Krankenkassen noch Politik vor, da Hersteller und Versicherte über die ge- wählte Versorgung und eine damit verbundene Aufzah- lung eine privatrechtliche Vereinbarung schließen . Durch die neue Regelung können Krankenkassen auf mögliche Fehlentwicklungen aufmerksam machen und ihnen ent- gegenwirken . Das ist sehr zu begrüßen . Hier besteht eine echte Chance, Licht in den Dschungel der Aufzahlungs- märkte zu bringen und die Versicherten zielgerichtet zu beraten und zu unterstützen . Schade ist, dass im aktuellen Gesetzesentwurf keine Regelung zum Thema der externen Hilfsmittelberater vorgesehen ist . Hier fehlt bislang eine eindeutige Rechts- grundlage . Die derzeitige Rechtsunsicherheit beruht da- rauf, dass die Krankenkassen gemäß SGB V nicht befugt sind, Daten an die externen Hilfsmittelberater weiterzu- geben . Deshalb sitzen die Berater derzeit in den Räumen der Krankenkassen . Durch eine gesetzliche Klarstellung könnte die Weitergabe der Daten an die externen Hilfs- mittelberater erlaubt werden . Der Einsatz dieser Fachleute ist immer dann hilfreich, wenn es darum geht, eine Hilfsmittelversorgung auf ihre Zweckmäßigkeit und den bedarfsgerechten Einsatz im in- dividuellen Wohnumfeld zu überprüfen . Ich wünsche mir hier eine gesetzliche Klarstellung und werde im weiteren Gesetzgebungsprozess darauf hinwirken . Aktuell wer- den Hilfsmittelberater für etwa 1 Prozent der Hilfsmit- telversorgung eingeschaltet . Der Hilfsmittelexperte berät Krankenkassen in technischen Fragen . Er übernimmt da- bei keine Leistungen des MDK. Die finale Entscheidung über die Versorgung bleibt bei der Krankenkasse, der Be- rater spricht nur eine Empfehlung aus . Aus meiner Sicht wäre der Aufbau der Expertise für technische Beratung bei den Krankenkassen selbst unwirtschaftlich, da es sich nur um eine sehr kleine Anzahl von Fällen handelt . Unter keinen Umständen dürfen externe Hilfsmittelberater von Krankenkassen dazu eingesetzt werden, auf Kosten der Versicherten zu sparen . Beim Einsatz der Berater sollen auch die Versicherten einen Vorteil haben . Die Berater sollen zur Qualitätssicherung der Versorgung eingesetzt werden . Ziel ist es, so Über-, Fehl- als auch Unterversor- gung aufzudecken . Für mich ist klar, dass die Situation der Betroffenen besser werden muss . Wirtschaftlichkeit darf nicht der einzige Maßstab sein . Wir brauchen in der Versorgung mit Hilfsmitteln mehr Qualität und mehr Bewusstsein für die individuellen Bedürfnisse der Patienten . Jeder Patient muss davon ausgehen können, dass er bei seiner Kran- kenkasse ordentlich versorgt wird . Das neue Heil- und Hilfsmittelgesetz muss die nötigen Rahmenbedingungen für eine patientengerechte, aber finanzierbare Versorgung Betroffener mit Hilfsmitteln setzen . Grundsätzlich muss der Wettbewerb zwischen den Kassen bestehen bleiben . Zukünftig muss dieser jedoch viel stärker zu einem Wett- bewerb um die qualitativ beste Versorgung werden – nicht wie bisher einer um das billigste Angebot . Als Ge- setzgeber müssen wir die Voraussetzungen schaffen, dass den Kassen ein harmonischer Dreiklang aus Wirtschaft- lichkeit, Qualität und Serviceleistung gelingen kann . Ich begrüße es, dass der GKV-Spitzenverband bereits im Vorgriff auf die Gesetzgebung reagiert hat und die Qualitätsanforderungen an aufsaugende Inkontinenz- hilfsmittel deutlich anheben wird . Von den aktuell rund 2 200 für diesen Bereich gelisteten Produkten werden voraussichtlich über 600 Produkte nach dem Ende der Übergangsfrist aus dem Verzeichnis gestrichen . Es wird gründlich aufgeräumt . Wie der GKV-Spitzenverband Ende Oktober gegen- über „apotheke adhoc“ bestätigte, soll ab Mitte Novem- ber die Hilfsmittelliste der entsprechenden Gruppe 15 ak- tualisiert werden . Damit stehen circa 100 höherwertige Produkte zur Versorgung bereit . Der Selbsthilfeverband Inkontinenz geht davon aus, dass die neuen Produkte ab Januar bei den Patienten ankommen und damit noch be- vor das „Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittel- versorgung“ verabschiedet wird . Als Arbeitsgruppe Gesundheit der SPD-Bundestags- fraktion haben wir uns als Erste um das Thema Hilfs- mittelversorgung gekümmert . Wir haben bereits Ende Juni 2015 unser Positionspapier „Hilfsmittelversorgung verbessern – Versorgungsqualität für Patienten stärken“ veröffentlicht . Wir haben sieben konkrete Forderungen formuliert . Darin enthalten sind neben der konsequenten Kopplung der Ausschreibung an Qualitätskriterien auch die Forderung nach Transparenz sowie die Überwachung der Qualitätsstandards . Die Eckpunkte unseres Koaliti- onspartners sowie der nun vorliegende Gesetzentwurf orientieren sich an unseren Forderungen . Birgit Wöllert (DIE LINKE): Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung vorgelegt . Das Anliegen begrüßen wir ausdrücklich . Im Sinne von Gesundheitsförderung, Therapie und Rehabilitation sieht auch meine Fraktion Die Linke eine zunehmende Bedeutung der Heil- und Hilfsmittelversorgung . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19981 (A) (C) (B) (D) Die circa 330 000 Physiotherapeuten und Physiothera- peutinnen, Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen, Lo- gopäden und Logopädinnen und Podologen und Podolo- ginnen leisten in der gesundheitlichen und medizinischen Versorgung hervorragende Arbeit . Dieser Gesetzentwurf wird sich unter anderem daran messen lassen müssen, ob er für diese Berufsgruppen eine substanziell bessere Ver- gütung gebracht hat . Ob dazu allein die Loslösung von der allgemeinen Lohnentwicklung ausreichend ist, darf stark angezwei- felt werden . Schließlich ermöglicht dies zunächst nur eine größere Flexibilität bei den Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen . Das ist aber längst keine Garan- tie dafür, dass die Therapeutinnen und Therapeuten auch wirklich mehr Geld in der Tasche haben werden . Dass diese Regelung nun anders als im früheren Entwurf auch noch zeitlich befristet ist, schürt den Verdacht, dass es sich um eine Hinhaltetaktik der Bundesregierung han- delt, der wir uns keinesfalls anschließen werden . Schon seit langem fordern wir mehr Kompetenzen für die Therapeutinnen und Therapeuten . Es ist nur richtig, dass die Expertinnen und Experten auf ihrem Gebiet die richtige Behandlung auf Basis der ärztlichen Diagnose selbst bestimmen . In der Physiotherapie laufen schon zwei Modellvorhaben mit ersten Zwischenergebnissen . Ich denke, wir sollten im Gesetzgebungsverfahren darü- ber diskutieren, ob es tatsächlich notwendig ist, Modell- vorhaben nochmals auszudehnen, oder ob der Gesetzge- ber Regelungen für eine Blankoverordnung schon jetzt vorgibt und sie nach einem bestimmten Zeitraum evalu- iert . Dagegen ist es doch sehr enttäuschend, dass der Di- rektzugang zur Logopädie, Physiotherapie etc . überhaupt nicht angegangen wird . Auch hier sind entsprechende Modellversuche überfällig . Für den Bereich der Hilfsmittel sind Veränderungen längst überfällig . Diese Veränderungen müssen vor allem auf eine qualitativ bessere Versorgung der Betroffenen abzielen . Es muss gewährleistet sein, dass Hilfsmittel, die dem speziellen Krankheitsbild und dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen, ohne Mehrkosten für die Versicherten erstattet werden . Die ständige Fortschrei- bung und Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnisses hätten schon viel eher vorgeschrieben werden müssen . Die bessere Überwachung der Ergebnisqualität und die Stärkung der Wahlmöglichkeiten für die Versicherten, die Festlegung einer Verfahrensordnung zur Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis und jährli- che Berichterstattung vor dem Ausschuss für Gesundheit sind mögliche Schritte für eine bessere Versorgung . Mit den Regelungen zu Hilfsmittelausschreibungen gesteht die Bundesregierung endlich ein, dass hier in der Praxis vieles schief gelaufen ist . Dass der Preis nun nicht mehr das alleinige Kriterium für Wirtschaftlichkeit sein soll, ist auch eine längst überfällige Erkenntnis . Dass die Gewichtung der Qualität nun aber ausgerechnet bei 40 Prozent liegen soll, ist kaum überprüfbar und dürfte wenig spürbare Verbesserungen bringen . Die Ausschrei- bungen an nur einen oder einige wenige Anbieter sind ein Konstruktionsfehler, der nicht mit ein paar kosmetischen Verbesserungen korrigiert werden kann . Wir sagen nach wie vor: Diese intransparenten Hilfsmittelausschreibun- gen, die die Versorgungsqualität beeinträchtigen und die Anbietervielfalt bedrohen, gehören abgeschafft . Die Änderungen im § 126 mit der Einrichtung von Präqualifizierungsverfahren sind ein richtiger Schritt zur Qualitätskontrolle zugelassener Hilfsmittel . Die Rege- lungen im § 127 unter anderem mit Beratungspflicht der Leistungserbringer ist eine Möglichkeit, Betroffene bes- ser in die Lage zu versetzen, eine für sie passende Versor- gung zu finden. Die in § 140 benannten Verbesserungen für die Beteiligung von Patientenvertretungen sind eine richtige, aber noch nicht ausreichende Maßnahme, damit Patientinnen und Patienten in eigener Sache ihre Interes- sen wahrnehmen können . Dann wäre da noch das Vorhaben einer verbesserten Wundversorgung . Auch hier ist das Ziel lobenswert . Aber ist hierfür die Änderung des § 37 SGB V mit der Orientierung auf spezialisierte Zentren wirklich das erste und wichtige Mittel der Wahl? Oder sollte nicht besser auf eine Stärkung spezialisierter Pflegekräfte im ambu- lanten und vollstationären Bereich hingewirkt werden? Lassen Sie mich noch ein Wort zu den Leistungsaus- schlüssen sagen, die hier von allen Fraktionen außer der Linken befürwortet werden . Warum Sehhilfen nicht er- stattet werden, erschließt sich keinem normal denkenden Menschen. Wer nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt, stolpert mit erhöhtem Unfallrisiko durch den Alltag . Das entspricht nicht Ihrem eigenen Anspruch im Gesetzentwurf . Dort schreiben Sie selbst, dass neben die Behandlung von Akuterkrankungen und Verletzun- gen auch die Prävention, die Verhinderung des Voran- schreitens chronischer Beschwerden sowie die Wieder- herstellung verloren gegangener Alltagskompetenzen und Hilfen zur selbstbestimmten Bewältigung der Anfor- derungen des Alltags auch bei chronischer Erkrankung oder Behinderung treten müssen . Der vorliegende Gesetzentwurf enthält positive Ele- mente für die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln . Doch er bleibt auf halbem Wege stehen, versucht Symp- tomtherapie, wo an die Ursachen gegangen werden sollte, und traut sich weiterhin nicht, die Kompetenzen von Heilberufen substanziell zu stärken . Er bietet eine Grundlage, auf der im Gesetzgebungsverfahren mutigere Schritte gegangen werden können . Nicht mehr und nicht weniger . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir werden älter, das ist die gute Nachricht . Wir bleiben häufig sogar länger gesund. Dennoch wird die Zahl der kranken, körperlich eingeschränkten und pflege- bedürftigen Menschen insgesamt steigen . Da kommt den Heilmittelerbringern, also den Physiotherapeuten, den Logopäden, Ergotherapeuten und den Podologen, eine wichtige Rolle zu . Sie können die Folgen von Krank- heiten mildern, sie können Menschen helfen, ein Stück Eigenständigkeit zurückzugewinnen . Logopäden helfen Patienten nach einem Schlaganfall, wieder klar sprechen zu lernen. Physiotherapeuten können Pflegebedürftigen helfen, mehr Mobilität zu erlangen, und die Ergothera- pie stärkt motorische Fähigkeiten, sodass Menschen im Idealfall wieder selbstständig leben können . Heilmittel- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619982 (A) (C) (B) (D) erbringer fördern noch vorhandene Fähigkeiten und un- terstützen eine selbstbestimmte Lebensführung . Sie spie- len damit eine wichtige Rolle, ganz besonders in einer alternden Gesellschaft . Leider behandeln wir die Angehörigen der therapeuti- schen Berufe nicht ihrer Rolle entsprechend . Sie müssen immer noch für ihre Ausbildungen zahlen, viele verdie- nen wenig . Wir achten ihre Kompetenzen gering . Da- bei ist es für eine bessere Qualität der gesundheitlichen Versorgung wichtig, die Handlungsmöglichkeiten der Heilmittelerbringer zu stärken . Dazu müssen ihre spezi- fischen Kompetenzen, Kenntnisse und Erfahrungen auf- gegriffen werden . Ebenso wichtig ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Berufsgruppen auf Augenhöhe . Die Aufgabenteilung und Aufgabenverteilung zwischen aka- demischen und nichtakademischen Gesundheitsberufen, insbesondere den Heilmittelerbringern, müssen überprüft und sinnvoll gestaltet werden . Darüber wird schon so lange diskutiert, in der Wissenschaft ebenso wie in der Politik . Doch der Gesetzentwurf der Bundesregierung bleibt viel zu zögerlich . Es sollen lediglich Modellver- suche zur sogenannten „Blankoverordnung“ stattfinden. Das bedeutet: Ärzte stellen die Diagnose und verordnen eine Behandlung . Über die geeignete Therapiemethode entscheiden die Heilmittelerbringer mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung selbst . Wir wollen, dass die „Blankoverordnung“ zügig in die Regelversorgung überführt wird . Darüber hinaus fordern wir Modellprojekte zum „Direktzugang“ für Heilmittel- erbringer . Das bedeutet, dass Patientinnen und Patienten sich direkt an den Therapeuten wenden können, ohne dass eine vorherige Verordnung durch den Arzt erforder- lich ist . Voraussetzung ist natürlich eine entsprechende Qualifikation des Heilmittelerbringers. Beide Maßnahmen werten die therapeutischen Berufe auf, geben ihnen mehr Entscheidungen an die Hand und schöpfen damit auch besser das spezifische Wissen, die besonderen Kenntnisse der Heilmittelerbringer aus . Und beide Maßnahmen sind auch schon einmal in einem Po- sitionspapier der AG Gesundheit der CDU/CSU-Bundes- tagsfraktion aufgetaucht . Da wurde durchaus mutig und zukunftsorientiert gedacht, doch leider haben diese Ide- en keinen Eingang in den Gesetzentwurf gefunden: Die Unionsfraktion konnte sich nicht durchsetzen . Mir ist schon klar, dass das nicht so einfach ist, dass man damit an Tabus rührt und Teile der Ärzteschaft verärgert . Auch die Berufsgesetze der Heilmittelerbringer müssten auf- geschnürt werden, insbesondere für den Direktzugang . Aber gerade darum müsste die Bundesregierung die Din- ge anpacken, statt sie zu vertagen! Im Koalitionsvertrag von 2013 sind Modellvorhaben zur Erprobung neuer For- men der Substitution ärztlicher Leistung geplant – und bei Erfolg deren Überführung in die Regelversorgung . Kein einziges Modellvorhaben zur Substitution ärztlicher Leistungen ist bis jetzt umgesetzt . Die Überführung in die Regelversorgung befindet sich in ganz weiter Ferne. Genau das jedoch, tatsächlich mehr Kompetenzen und Befugnisse, wäre ein überfälliges Signal an alle Heilmit- telerbringer gewesen, dass ihr Beruf wertgeschätzt wird, dass er eine wichtige Rolle in der Zukunft der gesund- heitlichen Versorgung spielen wird . Annette Widmann-Mauz, Parl . Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Auch wenn die Heil- und Hilfsmittelversorgung in den vergangenen Jah- ren nicht im Blickpunkt der öffentlichen Debatte gestan- den hat, wird sie zukünftig angesichts der Altersentwick- lung in unserer Bevölkerung eine größere Bedeutung im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgung erlangen . Anders als der Begriff auf den ersten Blick vermuten lässt, sind Heilmittel medizinische Behandlungen, die von Vertragsärzten verordnet und von speziell ausge- bildeten Therapeuten erbracht werden . Zu nennen sind hier zum einen die Anwendungen der Physiotherapie wie Krankengymnastik, Massagen und Wärmebehandlungen sowie der Logopädie bei Stimm-, Sprech-, und Sprach- störungen . Zum anderen zählen auch Maßnahmen der Ergotherapie sowie der podologischen Therapie zu den Heilmitteln . Während erste bei Störungen im Bereich der Motorik, der Sinnesorgane sowie der geistigen und psychischen Fähigkeiten zum Einsatz kommen, werden zweite von den Krankenkassen bei Schädigungen an Füßen aufgrund von Diabetes übernommen . Hilfsmittel wiederum sind Gegenstände, deren Gebrauch eine be- einträchtigte Körperfunktion ersetzt, erleichtert, ergänzt oder erst ermöglicht, zum Beispiel Körperersatzstücke, Hörhilfen, Blindenführhunde, Prothesen sowie Rollato- ren und Rollstühle . Als Folge des demografischen Wandels verändern sich sowohl die Krankheitsbilder als auch die Ziele der Gesundheitsversorgung . Neben die Behandlung von Akuterkrankungen und Unfallverletzungen treten zu- nehmend die Prävention, die Rehabilitation und Hilfen zur selbstbestimmten Bewältigung des Alltags auch bei chronischer Erkrankung und Behinderung . Für diese Versorgungsziele haben eben Heil- und Hilfsmittel eine besondere Bedeutung . Handlungsbedarf besteht dabei an verschiedenen Punkten . So gibt es im Bereich der Hilfsmittelversor- gung Hinweise auf erhebliche Qualitätsdefizite. Im Vor- dergrund der medialen Berichterstattung sowie der vielen Zuschriften, die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie der Patientenbeauftragte der Bundesregie- rung erhalten, stehen vor allem Qualitätsmängel bei In- kontinenzhilfen . So gerieten Krankenversicherer in den Fokus der Kritik, weil sie ihren Versicherten Windeln mit nur geringer Saugfähigkeit anboten . Aber auch mit Blick auf andere Produktgruppen wird kritisiert, dass die an die Hilfsmittel gestellten Qualitätsanforderungen vielfach nicht mehr dem aktuellen Stand der medizinisch-tech- nischen Entwicklung und den sich veränderten Anforde- rungen der Versicherten gerecht würden . Die zahlreichen Berichte haben den Bundesrechnungshof dazu veran- lasst, einen ausführlichen Prüfbericht zur Hilfsmittel- versorgung zu verfassen, in dem er die Qualitätsdefizite bestätigt . Auch die Anforderungen der Heilmittelversorgung wachsen, während die Heilmittelverbände die vermeint- lich unzureichenden Einkommen der Heilmittelerbrin- ger beklagen und von großen Schwierigkeiten berich- ten, offene Stellen in den Heilmittelpraxen zu besetzen . Bestätigt werden diese Berichte durch eine 2014 vom Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19983 (A) (C) (B) (D) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) veröffentlichte Studie zu Fachkräfteengpässen in Unter- nehmen . Dieser zufolge gehören die Physiotherapie und die Logopädie zu den Bereichen mit dem stärksten Fach- kräftemangel . Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung wirkt diesen Proble- men entgegen . Zur Veranschaulichung möchte ich hierzu sowohl für den Hilfsmittel- als auch für den Heilmittel- bereich einige Beispiele nennen . Beginnen wir mit dem Bereich der Hilfsmittel, für den der Gesetzentwurf ein ganzes Maßnahmenbündel für mehr Qualität vorsieht. Der Gesetzentwurf verpflichtet den GKV-Spitzenverband zu einer grundlegenden Aktua- lisierung des Hilfsmittelverzeichnisses einschließlich der in ihm enthaltenen Qualitätsanforderungen an die Hilfs- mittel und der mit ihnen verbundenen Dienstleistungen bis zum 31 . Dezember 2018 . Damit die Aktualität des Hilfsmittelverzeichnisses auch über die einmalige Aktu- alisierung hinaus gewährleistet bleibt, hat der GKV-Spit- zenverband darüber hinaus bis zum 31 . Dezember 2017 eine Verfahrensordnung zu beschließen . Diese hat ins- besondere Fristen für die einzelnen Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses zu enthalten, bis zu denen künftig eine Prüfung auf Aktualisierungsbedarf erfolgt sein muss . Um die Umsetzung der Qualitätsanforderungen an die Hilfsmittel durch die Anbieter von Hilfsmitteln sicherzu- stellen, werden die Krankenkassen dazu verpflichtet, die Einhaltung der Vertragsinhalte durch Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen zu überwachen . Für dieses Ver- tragscontrolling hat der GKV-Spitzenverband bis zum 30 . Juni 2017 Rahmenempfehlungen vorzulegen . Dane- ben enthält der Gesetzentwurf Vorgaben für die Kranken- kassen zu einer stärkeren Berücksichtigung von Quali- tätsaspekten bei Vergabeentscheidungen im Rahmen von Hilfsmittelausschreibungen . Darüber hinaus haben die Krankenkassen auch bei solchen Versorgungen, die über Ausschreibungen zustande kommen, ihren Versicherten Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen aufzah- lungsfreien Produkten zu ermöglichen . Zudem werden die Informationsmöglichkeiten der Versicherten erweitert . Die Krankenkassen müssen ihre Versicherten über ihre Vertragspartner und die wesent- lichen Inhalte der mit ihnen abgeschlossenen Verträge informieren . Darüber hinaus werden die Krankenkassen verpflichtet, die Informationen über die Inhalte der Ver- träge auch Versicherten anderer Krankenkassen über das Internet zugänglich zu machen . Damit werden den Ver- sicherten Vergleiche zwischen den Leistungsangeboten verschiedener Krankenkassen ermöglicht . Weiterentwickelt wird auch das Präqualifizierungsver- fahren. Im Präqualifizierungsverfahren weisen die Leis- tungserbringer ihre grundsätzliche Eignung für Vertrag- sabschlüsse mit den Krankenkassen nach . Dabei werden die organisatorischen, personellen, räumlichen und tech- nischen Bedingungen in den Betrieben, die Hilfsmittel abgeben, auf den Prüfstand gestellt . Durchgeführt wer- den die Präqualifizierungsverfahren durch Präqualifizie- rungsstellen . Künftig erfolgt die Begutachtung, Akkredi- tierung und Überwachung der Präqualifizierungsstellen durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) . Alle fünf Jahre müssen sich die Präqualifizierungsstel- len einem Akkreditierungsverfahren sowie regelmäßigen Überwachungsaudits durch die DAkkS unterziehen . Des Weiteren enthält der Gesetzentwurf Regelun- gen zu den Beratungspflichten der Hilfsmittelerbringer gegenüber den Versicherten und zu einer verbesserten Transparenz über die Verbreitung und Höhe von Aufzah- lungen, die Versicherte über die gesetzlich Zuzahlung hi- naus zu entrichten haben, wenn sie sich für ein Hilfsmit- tel entscheiden, das über den Leistungsrahmen der GKV hinaus geht . Für den Heilmittelbereich möchte ich zudem folgende Punkte anführen: In Modellversuchen zur sogenannten „Blankoverordnung“ soll eine stärkere Einbindung von Heilmittelerbringern in die Versorgungsverantwortung bundesweit erprobt werden . Bei dieser Versorgungsform erfolgt die Diagnose und Verordnung weiterhin über den Arzt, der Therapeut bestimmt aber selbst Art, Dauer und Häufigkeit der Therapie. Außerdem erhalten Kranken- kassen und Heilmittelverbände zusätzliche Bewegungs- spielräume für ihre jährlichen Vergütungsvereinbarun- gen . In den Jahren 2017 bis 2019 entfällt die Begrenzung der Preisanhebungen für Heilmittelleistungen durch die Grundlohnrate . Doch der vorliegende Gesetzesentwurf enthält nicht allein Vorschriften zur Heil- und Hilfsmittelversorgung, sondern darüber hinaus auch Regelungen für weitere Be- reiche: Regelungen zur Verbesserung der Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden, zur Defini- tion von Verbandmitteln, zur finanziellen Unterstützung der Interessenvertretung der Patientinnen und Patienten in den Gremien der GKV, zum Schutz von Sozialdaten vor unbefugter Kenntnisnahme, eine Erweiterung der Ausnahmeregelung von der Mitteilungspflicht an die Krankenkassen bei drittverursachten Gesundheitsschä- den um Fälle sexualisierter und häuslicher Gewalt und eine klarstellende Beitragsregelung für landwirtschaftli- che Unternehmer, die Arbeitslosengeld II beziehen . Im Ergebnis verbindet der vorliegende Gesetzentwurf eine deutliche Weiterentwicklung der Rahmenbedingun- gen der Qualität der Hilfsmittelversorgung mit einer Auf- wertung des Stellenwerts des Heilmittelbereichs im Ver- sorgungssystem . Damit leistet er einen wichtigen Beitrag für die Ausrichtung beider Leistungsbereiche auf sich verändernde und zusätzliche Anforderungen . Anlage 22 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Dem Frieden verpflichtet – Friedens- und Konfliktforschung stärken (Tages- ordnungspunkt 34) Dr. Philipp Lengsfeld (CDU/CSU): Der vorliegende Antrag hat meine Unterstützung, obwohl sich der Vorder- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619984 (A) (C) (B) (D) teil des Titels wie eine Parole aus meiner Pionierzeit in der DDR anhört . Trotzdem handelt es sich ja um ein wichtiges Anlie- gen: Im Münchner Konsens hatten vor zwei Jahren über- einstimmend der Bundespräsident, der Bundesminister des Auswärtigen und seine Kollegin der Verteidigung die Bereitschaft Deutschlands zur verstärkten Übernahme internationaler Verantwortung erklärt . Die Ministerien haben ihre Hausaufgaben gemacht und mit dem Re- view-Prozess bzw . dem Weißbuch Dokumente erarbeitet, nach denen sie sich neu aufstellen . Es ist folgerichtig, dass sich auch der Deutsche Bun- destag mit dem Feld der Friedens- und Konfliktforschung intensiver befasst . Die wissenschaftliche Analyse von Konfliktursachen ist von herausragender Bedeutung, um Fehler frühzeitig zu erkennen oder am besten gar nicht erst zu machen – oder um aus Fehlern und Entwicklun- gen wenigstens etwas Positives zu lernen, selbst wenn diese äußerst schmerzhaft verlaufen sind . Die gewonnenen Erkenntnisse stehen natürlich auch den Abgeordneten zur Verfügung . Die Erkenntnisse der Friedens- und Konfliktforschung können direkt über Ex- pertengespräche oder Einzelberatung oder indirekt über das breite Instrumentarium der wissenschaftlichen Poli- tikberatung abgerufen werden, über den Service des Wis- senschaftlichen Dienstes für eher kurzfristige Fragestel- lungen oder über das Büro für Technikfolgenabschätzung (TAB) für intensivere, gründliche Studien . Die Friedens- und Konfliktforschung ist dabei für uns Abgeordnete von herausragender Bedeutung, da wir in Deutschland aus historisch bedingten, unverän- dert guten Gründen eine Parlamentsarmee haben: Jeder Bundeswehreinsatz muss im Deutschen Bundestag eine Mehrheit erhalten . Wir tragen die Verantwortung für das Leben der Soldaten; dafür sind wir auf umfassende In- formationen angewiesen . Und dies gilt nicht nur für die Mandatierung von Auslandseinsätzen, sondern insbeson- dere auch für das Aufzeigen von Möglichkeiten zur früh- zeitigen Lösung von Konflikten. Die Vernetzung von Informationen ist nicht zuletzt im Zuge der Migrationsbewegung der letzten zwölf Monate deutlich verbessert worden . Dies muss, wie im Antrag richtig formuliert, auch in der Konflikt- und Frie- densforschung erfolgen, um durch Zusammenarbeit auf grenzüberschreitende Konflikte angemessen reagieren zu können . Nicht zuletzt die Intensivierung der hybriden Kriegsführung lässt uns hier auch gar keine andere Wahl: Über Ländergrenzen hinweg finden Einflussnahmen statt, die wir erkennen und entschärfen müssen . Dafür ist interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit der Schlüssel . Natürlich darf Friedens- und Konfliktforschung keine Selbstbeschäftigung sein . Die unabhängige, kontinuier- liche Evaluierung ist mir ein wichtiges Anliegen . Es ist richtig, dass sich die Forschung stets am Bedarf nach Erkenntnissen zu aktuellen Fragestellungen ausrichten muss und die Programme des BMBF und anderer Res- sorts dementsprechend flexibel gestaltet werden. Die gemeinsame Ausrichtung ist natürlich die Beförderung von friedlichen Konfliktlösungen, von demokratischen Prozessen und Lösungen unter dem Leitstern von Frei- heit und Menschenrechten . Ob dafür der verkürzte Titel die optimale Zusammenfassung bildet, sei dahingestellt . Aber wirklich wichtig ist die inhaltliche Stoßrichtung . Und die ist in Ordnung . Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU): Was zeichnet Friedens- und Konfliktforschung aus? Eins ist sicher: Sie ist in jeder Hinsicht vielfältig . Erstens . Ihre Disziplinen sind vielfältig: Friedens- und Konfliktforschung ist zwar traditionell politikwissen- schaftlich geprägt, aber sie ist heute in großem Maße interdisziplinär: Jura, Geistes- und Sozialwissenschaf- ten, auch Naturwissenschaften, wenn es etwa um die Rüstungskontrolle geht, Ethnologie – all diese Fachdis- ziplinen tragen unter anderem zum Erkenntnisgewinn bei . Das ist eine angemessene Reaktion auf die vielfach zusammenwirkenden Ursachen für Konflikte überall auf der Welt, die nicht allein durch militärische Mittel ge- löst werden können . Militärische Mittel müssen leider in vielen Fällen erst bewaffnete Konflikte beenden und die Voraussetzungen für Verhandlungen schaffen . Aber dann geht es um die Herstellung von Rechtsstaatlichkeit, die Atmosphäre der Aussöhnung und um gute Regierungs- führung . Dafür brauchen wir gute Analysen, um infor- mierte politische Entscheidungen zu treffen . Es wäre dennoch unfair, von wissenschaftlichen Analysen zu er- warten, dass sie den goldenen Weg zur Konfliktlösung oder auch zur Prävention kennen . Zweitens . Die Themen sind vielfältig: Friedens- und Konfliktforschung befasst sich mit zwischen- und inner- staatlichen Konflikten weltweit. Ein Beispiel dafür ist der geplante Aufbau eines Deutsch-Kolumbianischen Frie- densinstituts, das an der größten staatlichen Universität des Landes, der Universidad Nacional, angesiedelt ist . Von deutscher Seite sind hier die Hessische Stiftung Frie- dens- und Konfliktforschung, kurz HSFK, die Universi- täten Gießen und Göttingen und die FU Berlin beteiligt . Mit dem Ergebnis des Referendums in Kolumbien stellt sich die Relevanz eines solchen Projekts in neuem Licht dar . Es spannt einen breiten Bogen: von der historischen Aufarbeitung über Methoden der Konfliktprävention zur Frage der Gestaltung einer Post-Konflikt-Gesellschaft. Hier sieht man schon, dass wissensbasierte Politikbera- tung in der Friedens- und Konfliktforschung immer eine wichtige Rolle spielt . Sie befasst sich auch mit Themen, die uns in Deutsch- land direkt betreffen . Welche Bedrohungen von Cyber- terrorismus ausgehen können, ist eine relativ neue Frage, auf die wir Antworten finden müssen. Auch wenn wir über die Stärkung des Zusammenhalts unserer Gesell- schaft nachdenken, ist dieser Wissenschaftsbereich rele- vant . Ein Forschungsprojekt, auf das ich noch eingehen werde, zeigt dies hochaktuell: das Projekt zur Erfor- schung des Salafismus in Deutschland. Drittens. Die Akteure der Friedens- und Konfliktfor- schung sind vielfältig . Aus sehr unterschiedlichen Per- spektiven wird geforscht: von der Universität der Bun- deswehr über das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Uni Hamburg bis zum Leib- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19985 (A) (C) (B) (D) niz-Institut HSFK . Eine ideologische Färbung muss man den Akteuren übrigens nicht gleich unterstellen, nur weil sie den Frieden als normativ erstrebens- oder erhaltens- werten Zustand werten . Die Vielfalt der Themen, Denkansätze und Akteure macht es notwendig, Friedens- und Konfliktforschung möglichst breit zu fördern . Wir tun das bereits und wol- len dies auch in Zukunft tun: über die sogenannten Area Studies die soziale, kulturelle und politische Gegeben- heiten für bestimmte Regionen untersuchen; über die Deutsche Stiftung Friedensforschung, die vor dem Hin- tergrund der interdisziplinären Aufstellung der Friedens- und Konfliktforschung geeignete Förderangebote macht; über Projektförderung wie etwa des Salafismus-Projekts an der schon erwähnten HSFK, das ich kurz vorstellen möchte: Hier ging es erstens darum, einen Überblick zu erhalten, was wir zu Salafismus eigentlich schon wissen. Welche Daten stehen uns zu Verfügung, welche fehlen, wie werden Jugendliche in Deutschland umworben und angeworben, was können wir zur Prävention tun? Das waren nur einige der Fragestellungen . Zweitens ging es darum zu ermitteln, welchen Bedarf an Beratung Politik und Gesellschaft zum Thema haben . Wissenschaftliche und praxisbezogene Expertise wird hier gebündelt . Zu jeder der Fragestellungen, die die For- schungsgruppen untersucht haben, wurden Handlungs- empfehlungen für Politik, Sicherheitsbehörden, Zivil- gesellschaft und Medien verfasst . Ein gutes Beispiel für Wissenstransfer! Ich begrüße, dass aus diesem Forschungsprojekt eine Folgeuntersuchung abgeleitet wurde, die den Schwer- punkt Radikalisierungsforschung hat . Für diese und viele weitere Vorhaben sind Fördergelder gut angelegt . Das wollen wir auch in Zukunft unterstützen, wie unser Antrag deutlich macht . Deshalb bitte ich um Ihre Unter- stützung . Dr. Daniela De Ridder (SPD): Gut 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sind wir in Deutschland in der glücklichen Situation, in Frieden zu leben, während gleichzeitig in Syrien ein Bürgerkrieg herrscht, der ganze Generationen dazu zwingt, das Land zu verlassen – ohne eine konkrete Perspektive zu haben . Mit unserer Geschichte im Hintergrund sehe ich uns in der Pflicht, nicht nur humanitäre Hilfe zu leisten, sondern auch weiterhin einen Beitrag zur Friedenssicherung, Ge- walt- und Krisenprävention sowie zur Lösung von Kon- flikten zu leisten. Deshalb begrüße ich diesen Antrag der Koalition ausdrücklich . Dass in Europa Frieden herrscht, ist nicht gleichbe- deutend mit Konfliktfreiheit. Beunruhigt schauten wir in dieser Woche in Richtung USA und Türkei – der Wahl- sieg Donald Trumps und das Erstarken von Populisten macht auch mich besorgt. Auch sehe ich das Konfliktpo- tenzial in Bezug auf die Fortführung einer konsequen- ten Ukraine-Politik . In seinem Wahlkampf hatte Trump ja bereits angekündigt, die russische Annexion der Krim anzuerkennen . Dies und auch die Missachtung der Nato hatten bei vielen Menschen Besorgnis ausgelöst und ge- fährdet unser Bündnis . Zumindest darf man diesen Poli- tikstil fragwürdig finden. Nun gilt es, erst einmal abzuwarten, wie sich die Si- tuation in den USA entwickelt, und gleichzeitig den internationalen Austausch in der Friedens- und Kon- fliktforschung zu befördern. Hier unterstütze ich beim vorliegenden Antrag, die Friedensforschung mit regel- mäßigen internationalen Konferenzen zu aktuellen wis- senschaftlichen Erkenntnissen aus der Friedens- und Konfliktforschung zu stärken. Letztlich haben wir – zumindest in Europa – doch mit sehr ähnlichen Konflikten zu kämpfen. Auch hierzulan- de und in unseren angrenzenden Nachbarländern finden Populisten einen Nährboden für ihre Thesen und eine im- mer breiter werdende Anhängerschaft – sei es in Frank- reich, den Niederlanden, Ungarn oder Polen . Sie stellen keine Randgruppe mehr da, nein, sie finden auch Zugang zu unseren Parlamenten . Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, uns mit dem aufkeimenden gewaltbereiten Salafismus zu beschäftigen und Anschläge wie in Frankreich, Belgien oder zuletzt auch in Deutschland zu verhindern . Damit die verschieden verantwortlichen Politikbereiche zusam- men spielen können – seien es Innen- und Verteidigungs- politik aber auch bildungspolitische Aspekte – benötigen wir eine Friedens- und Konfliktforschung, die geistes- und sozialwissenschaftliche, juristische, aber auch natur- wissenschaftliche und technische Fragen und Lösungs- ansätze interdisziplinär bearbeitet . Ich möchte noch einmal die Forderung unseres An- trags hervorheben, dass es einen Ausbau der wissen- schaftlichen Politikberatung geben sollte sowie geziel- te Maßnahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses . Insbesondere in der naturwissenschaftli- chen Friedensforschung besteht aktuell aufgrund eines Generationswechsels sowie des Fehlens einer kontinu- ierlichen finanziellen Förderung die Gefahr eines Verlus- tes von wissenschaftlichen Kompetenzen . Dafür steht im Übrigen auch die Deutsche Stiftung Friedensforschung mit Sitz in Osnabrück . Wir sind – wie es im Titel des Antrags zu Recht heißt – dem Frieden verpflichtet. Und die wissenschaftliche Expertise, die in der Friedens- und Konfliktforschung generiert wird, ist für Regierungen, Parlamente und Ge- sellschaft unverzichtbar . Wir sind darauf angewiesen, dass im Rahmen der For- schung daran gearbeitet wird, Konfliktursachen und Ge- waltdynamiken zu analysieren, Grundvoraussetzungen für die Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit zu definieren oder friedliche Lösungsansätze für Konflikte herauszuarbeiten . Ich denke, das ist etwas, das unsere vollste Unterstüt- zung verdient und dem wir mit unserer Initiative Aus- druck verleihen . René Röspel (SPD): Leider zu einem sehr späten Zeitpunkt in der Nacht von Donnerstag auf Freitag geben wir ein Thema zu Protokoll, das wahrscheinlich nie so wichtig war wie dieser Tage . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619986 (A) (C) (B) (D) Wir sehen uns aktuell mit einer schier unüberschau- baren Zahl inner- und zwischenstaatlicher kriegerischer Konflikte konfrontiert. Ob Syrien oder die Ukraine, Irak oder Südsudan – wir haben es mehr und mehr mit ganz neuartigen und nicht nur wegen der vielen beteiligten Akteure oftmals undurchsichtigen Konfliktsituationen zu tun . Aber auch die globalen Verteilungsprobleme bei Wasser und Ernährung, die drohende Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, die Krisen, die in Folge von (klimawandelbedingten) Umweltkatastrophen auf- treten, und nicht zuletzt die Gefahren des internationalen Terrorismus stellen neue Bedrohungsdimensionen dar . Die klassischen Methoden sowie Narrative der Außen- politik und Diplomatie geraten hier regelmäßig an ihre Grenzen. Nun ist es unsere moralische Verpflichtung, auf Krisen und Kriege nicht nur zu reagieren, sondern auch vorausschauend zu agieren. Dazu verpflichtet uns bereits die Präambel unseres Grundgesetzes, in der es heißt, dass die Bundesrepublik „dem Frieden der Welt dienen“ möge . Einen überragend wichtigen Beitrag zum Verständnis moderner Kriegs- wie auch Friedensprozesse trägt das Feld der Friedens- und Konfliktforschung bei, um wel- ches es im vorliegenden Antrag geht . Deswegen sind nicht nur wir Forschungspolitiker in der Pflicht: Es ist unumgänglich, dass wir dieses Feld entschieden stärken . Eine erfolgreiche Friedenspolitik braucht Erfahrung, Verantwortung und Wissen . Denn letztlich hängen Menschenleben davon ab, ob und wie man alle relevanten Akteure einer kriegerischen Auseinandersetzung an einen Tisch bekommt, ob man die Konfliktursachen korrekt herausarbeitet und entspre- chend bekämpft und ob man Wege für eine nachhaltigen Friedensprozess findet. Wir benötigen kontinuierlich neue bzw. fallspezifische wissenschaftliche Erkenntnis- se zur friedlichen Krisen- und Gewaltprävention, Kon- fliktbearbeitung und Konfliktnachsorge. Da das nun alles ein wenig abstrakt klingen mag, möchte ich anhand einiger ganz konkreter Beispielpro- jekte verdeutlichen, wie hochaktuell und wichtig das Betreiben der Friedens- und Konfliktforschung ist und warum wir uns mit dem vorliegenden Antrag für eine Stärkung des interdisziplinären Forschungsfaches so- wohl in Deutschland, als auch in Europa einsetzen: Ein wichtiger Teil der deutschen Forschungsland- schaft ist zum Beispiel die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, die vom BMBF institutionell über die Leibniz-Gemeinschaft mitfinanziert wird. Sie koordiniert unter anderem das Projekt „Salafismus in Deutschland“, mit dem vor allem zwei Ziele verfolgt werden: Das Projekt erhebt einerseits den wissenschaftli- chen Forschungsstand in den Themenfeldern Datenlage, Organisations- und Rekrutierungsformen, Motivationen der Hinwendung zum Salafismus, Rechtfertigungsnarra- tive der Bewegung und ihres dschihadistischen Zweiges, transnationale Dimensionen salafistischer Netzwerke sowie Erkenntnisse der Präventions- und Deradikalisie- rungsarbeit . Andererseits ermittelt das Projektteam para- llel dazu den Beratungsbedarf in Politik, Verwaltung und Gesellschaft und entwickelt diesen Bedarfen entspre- chend Instrumente des Wissenstransfers . Das Forschungsprojekt trägt damit zur Aufklärung der Phänomene Salafismus und Dschihadismus in Deutsch- land sowie vor allem auch zur wissenschaftlichen Poli- tikberatung in diesem Themenfeld bei . Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass es sich dabei um dringliche und besonders politikrelevante Probleme unserer Zeit handelt . Darum fordern wir im vorliegenden Antrag nicht nur, dass die Friedens- und Konfliktforschung weiterhin gezielt gefördert wird, sondern auch, dass ihre Ergebnis- se noch stärker als bisher in die Arbeit der Bundesregie- rung auf allen Ebenen einfließen. Das Projekt „Humanitär-völkerrechtliche Rahmen- bedingungen für den Einsatz luftgestützter unbemannter militärischer Kampfsysteme im bewaffneten Konflikt“ der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF) widmet sich der juristischen Dimension eines drängenden sicher- heitspolitischen Themas . Kampfdrohnen sind seit gerau- mer Zeit in aller Munde, wenn es um moderne Kriegs- führung geht . Es ist unerlässlich, die besorgniserregende Automatisierungstendenz bei der Entwicklung neuer Mi- litärtechnik auch (völker-)rechtlich zu beleuchten . Dass sich die DSF – eine weitere feste Größe in der deutschen Friedens- und Konfliktforschungslandschaft – diesem Thema angenommen hat und uns damit die notwendige Expertise an die Hand gibt, ist vor diesem Hintergrund sehr zu begrüßen . Als weiteres Beispiel sind die Arbeiten des Imre Kertész Kolleg an der Universität Jena anzuführen . Hier forscht man zur Geschichte des östlichen Europas im 20 . Jahrhundert mit fünf Schwerpunktbereichen: Krieg, Gewalt, Unterdrückung; Staatlichkeit; Umbrüche zur Moderne; Intellektuelle Horizonte; Selbst- und Fremd- wahrnehmungen in Europa sowie Geschichte und Öf- fentlichkeit . Durch eine transnationale Perspektive auf die Gesamtregion Ostmittel- und Südosteuropa lassen sich gemeinsame Entwicklungslinien und spezifischen Unterschiede der Länder herausarbeiten und die ge- schichtswissenschaftliche Analyse der historischen Er- eignisse in dieser Region auf eine neue Grundlage stel- len . Wie sich nicht nur an diesem Projekt zeigt, kann die Friedens- und Konfliktforschung in den seltensten Fällen national gedacht werden . Daher fordern wir, dass sich die Bundesregierung auch auf europäischer Ebene dafür einsetzt, dass die Disziplin im Zuge der Implementierung des Rahmenprogramms „Horizont 2020“ einen breiteren Raum einnimmt . Das Käte Hamburger Kolleg „Politische Kulturen der Weltgesellschaft“ des Centre for Global Cooperation Re- search an der Uni Duisburg-Essen wiederum forscht zu globalen Kooperationen als Schlüssel zur effektiven und legitimen Bearbeitung dringender transnationaler Pro- bleme . Die Analyse und der Umgang mit globalen Kul- turkonflikten und transkulturellen Kooperationen bilden hier einen Forschungsschwerpunkt . Neben diesen eher klassisch geisteswissenschaft- lich-juristischen Beispielen ist auch die besondere Be- deutung der naturwissenschaftlichen Friedensforschung hervorzuheben . Arbeitsbereiche naturwissenschaftlicher Friedensforschung sind Abrüstung, präventive Rüstungs- kontrolle, Rüstungstechnikfolgenabschätzung und die technische Verifikation internationaler Verträge, aber http://salafismus.hsfk.de/dimensionen-des-salafismus/herausforderungen-der-emp-forschung/ http://salafismus.hsfk.de/dimensionen-des-salafismus/organisations-und-rekrutierungsformen/ http://salafismus.hsfk.de/dimensionen-des-salafismus/motivationen-und-karrieren/ http://salafismus.hsfk.de/dimensionen-des-salafismus/motivationen-und-karrieren/ http://salafismus.hsfk.de/dimensionen-des-salafismus/rechtfertigungsnarrative/ http://salafismus.hsfk.de/dimensionen-des-salafismus/rechtfertigungsnarrative/ http://salafismus.hsfk.de/dimensionen-des-salafismus/transnationale-aspekte/ http://salafismus.hsfk.de/dimensionen-des-salafismus/praevention-und-deradikalisierung/ http://salafismus.hsfk.de/dimensionen-des-salafismus/praevention-und-deradikalisierung/ http://salafismus.hsfk.de/wissenstransfer/ Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19987 (A) (C) (B) (D) auch die Erforschung und Entwicklung von Technologi- en oder alternativen Technologiepfaden, die konfliktver- meidend oder friedensfördernd sind . Da geht es unter anderem um nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung, biologische und chemische Waffen, Raketenabwehr und Weltraumrüstung, neuere Entwicklungen in der Robotik, bei unbemannten Waffensystemen, der Cyberkriegfüh- rung, in der Nanotechnik, der synthetischen Biologie und bei neuen Materialien . Beispiel von deutschen Vorzeigeinstitutionen in die- sem Bereich sind das Zentrum für Naturwissenschaft und Friedensforschung (ZNF) an der Uni Hamburg, das Insti- tut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Uni Hamburg (IFSH) sowie die Arbeitsgruppe Physik und Abrüstung an der TU Dortmund . Der naturwissen- schaftlich orientierten Friedensforschung fehlt seit länge- rem der Nachwuchs, weil zum Beispiel keine nachhaltige Perspektive gegeben werden kann . Wir müssen dringend dafür sorgen, dass die bestehende Expertise in dem Be- reich aufrechterhalten bleibt und die Forschungsbedin- gungen so verbessert werden, dass auch wieder mehr Nachwuchswissenschaftler angezogen werden . Alle diese Beispiele stellen natürlich nur einen kleinen Ausschnitt des gesamten Spektrums der Friedens- und Konfliktforschung dar. Sie verdeutlichen, warum unser Bekenntnis im Koalitionsvertrag, die Förderung in die- sem Forschungsbereich auszuweiten, so wichtig und not- wendig war und ist . Wir brauchen friedenswissenschaft- liche Expertise heute mehr denn je, und gute Forschung benötigt nun mal eine solide finanzielle Ausstattung. Es ist zu begrüßen, dass das BMBF die Friedens- und Konfliktforschung bereits gezielt fördert. Dennoch müs- sen wir hier weiter dranbleiben und noch mehr tun . So müssen auch bereits bestehende Forschungsprogramme des BMBF und der anderen Ressorts darauf geprüft wer- den, inwieweit Fragestellungen und Lösungsansätze aus der Friedens- und Konfliktforschung noch stärker einge- bunden werden können . Ich hoffe, ich konnte verdeutlichen, warum es so es- senziell ist, diese Forschungsdisziplin noch mehr in den Fokus zu rücken . Der vorliegende Koalitionsantrag setzt dafür einen wichtigen Impuls, auf dem es weiter aufzu- bauen gilt . Kathrin Vogler (DIE LINKE): Wir diskutieren heu- te über die Rolle und Zukunft der Friedens- und Kon- fliktforschung für unsere Gesellschaft. Die Friedens- forschung steht in der Tradition der Aufklärung, des Humanismus und für die Maxime der Gewaltfreiheit . Sie versteht sich als Teil der Friedensbewegung, sie begleitet und unterstützt friedenspolitisches Engagement, indem sie staatliche Sicherheitspolitik, Militärstrategien und Aufrüstungsmaßnahmen kritisch analysiert und erklärt und Vorschläge für friedliche Konfliktbearbeitung entwi- ckelt . So weit die historisch begründbare und zivilgesell- schaftlich wünschenswerte Theorie . In der Praxis hängt die Friedensforschung jedoch am Gängelband regierungspolitischer Interessen . Finanziel- le und administrative Abhängigkeiten beeinflussen For- schungsplanung und Forschungsergebnisse . So beliebig und berechenbar sich der Mainstream der Friedenswis- senschaften heute präsentiert, so dringend brauchen wir eine kritische, alternative, der zivilen Konfliktbearbei- tung und Rüstungskontrolle verpflichtete, interdiszipli- näre Friedensforschung . Wer als Friedenswissenschaftler aus der aktuellen Weltlage schlussfolgert, man müsse das „robuste Peace- keeping“ stärken, und damit die Anwendung von mili- tärischer Gewalt rechtfertigt, ist kein Friedensforscher . Er arbeitet einer Regierung zu, die immer wieder Legi- timationshilfen für ihre völlig unsinnige Kriegspolitik braucht . Wer als Friedensforscher Begründungsmuster und Ar- gumentationshilfen für eine interventionistische Außen- politik entwickelt, indem er zum Beispiel die Erzählung von den „schwachen“ oder „gescheiterten“ Staaten zu einem Bedrohungsszenario aufbaut, mit dem Deutsch- land seine Wirtschaftsinteressen auch noch im hinters- ten afrikanischen Krisengebiet begründen kann, ist kein Friedensforscher . Er hilft mit, dass dieses Land Kriege führen kann, wo immer es den Interessen der Herrschen- den dient . Wissenschaftliche Institutionen dürfen nicht zu Stich- wortgebern militärfixierter Strategiekonzepte degradiert werden . Es darf auch nicht sein, dass zivile Universitä- ten ihre knappen Ressourcen zur Verfügung stellen für Rüstungs- und Militärforschung und zur Ausbildung von Soldaten und Soldatinnen . Die Verstrickung von Wissenschaft und Militär ist fa- tal . Der Artikel 5 Absatz 3 unseres Grundgesetzes garan- tiert die Freiheit der Wissenschaft . Freiheit braucht aber wirtschaftliche Unabhängigkeit . Und die fehlt in einem Wissenschaftssystem, in dem alle von Drittmitteln ab- hängig sind und befristete Verträge eher die Regel als die Ausnahme sind . Anfang 2016 gab es in Deutschland 239 Hochschulen in staatlicher Trägerschaft, nur acht von ihnen boten Masterstudiengänge im Bereich Frie- dens- und Konfliktforschung an. Aber seit 2014 hat das Verteidigungsministerium schon über 300 Aufträge im Umfang von 125 Millionen Euro an öffentliche Hoch- schulen und andere Forschungseinrichtungen erteilt . Während sich die Bundeswehr-Universitäten, die im Antrag der Regierungskoalition frech zu Institutionen der Friedenswissenschaft umdekoriert werden, offen von Rüstungsfirmen sponsern lassen, ganze Forschungsetats in Grauzonen wie der Zivilschutzforschung verschwin- den und die Bundeswehr insbesondere in der Informatik die bundesdeutschen Hochschulen mit Kooperationsan- geboten überrennt, fristen die tatsächlichen Friedensfor- scher ein eher prekäres Dasein . Entziehen sich Forscherinnen und Forscher den militä- rischen Avancen, weil es ihnen ernst ist mit der Entwick- lung von echten zivilen Alternativen zu militärischem Interventionismus und weil sie die Entwicklung, Produk- tion und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaf- fen verhindern wollen, sehen sie sich mit schrumpfenden Etats, einer schwindenden Zahl von Lehrstühlen, einem kaum vorhandenen öffentlichen Interesse oder sogar Dif- famierungskampagnen konfrontiert . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619988 (A) (C) (B) (D) Die Linke will eine freie, gut ausgestattete und kri- tische Friedens- und Konfliktforschung, die interdiszip- linär und international agiert und die Chance bekommt, mit langfristigen und interessanten Projekten wissen- schaftlichen Nachwuchs auszubilden . Solange aber die zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und der Wille zum Frieden nicht handlungsleitend sind, bleibt der viel zu regierungsnahen Friedens- und Konfliktforschung nur die Rolle als Stichwortgeberin . Aber dass es möglich ist, sich gegen die militärische Vereinnahmung zu wehren, dokumentiert ganz aktuell das Rechtsgutachten, das der ehrenamtlich arbeitende Verein „NaturwissenschaftlerInnen Initiative Verantwor- tung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e .V .“ in Auftrag gegeben hat . Dabei geht es um das Recht der Hochschu- le Bremen, sich auf ihre Zivilklausel zu berufen und die Kooperation mit dem Bundesamt für das Personalwesen der Bundeswehr zu verweigern . Darin heißt es: „Die Wissenschaftsfreiheit ist im Grundgesetz vorbe- haltlos gewährleistet . Eine Zivilklausel stellt einen Ein- griff in dieses vorbehaltlos gewährleistete Grundrecht dar . Ein solcher Eingriff ist nur dann gerechtfertigt, wenn er einem Rechtsgut dient, das seinerseits durch die Ver- fassung geschützt wird . Dieses Rechtsgut ist das verfas- sungsrechtliche Leitbild des Friedens .“ Und es heißt weiter: „Die Bundeswehr dient militärischen Zwecken . Eine Kooperation der Hochschule Bremen mit der Bundes- wehr ist deshalb durch die bestehende Zivilklausel aus- geschlossen .“ Solche klaren Worte brauchen wir . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gera- de jetzt, nach der Präsidentschaftswahl in den USA, er- leben wir, wie schnell sich geopolitische Lagen ändern und neue Herausforderungen entstehen, die sich auf die Sicherheit in vielen Regionen der Welt auswirken kön- nen . Die Leitlinie unserer Politik muss es sein, kriegeri- sche Konflikte so weitgehend wie möglich präventiv im Vorfeld zu verhindern. Wo Kriege trotzdem stattfinden, müssen ihre verheerenden Folgen so gut wie möglich eingedämmt und die Auseinandersetzungen schnellst- möglich beendet werden . Um dafür erfolgversprechende diplomatische und politische Strategien zu entwickeln, sind wir auf wissenschaftlich fundierte Informationen, Einschätzungen und Empfehlungen angewiesen . Des- halb sind der Wert und die Wichtigkeit der Friedens- und Konfliktforschung kaum hoch genug einzuschätzen. Nach dem Ende der Blockkonfrontation haben sich internationale Bedrohungslagen massiv verändert . So sind unsere Gesellschaften mit verstärkten Gefährdungen konfrontiert, sei es durch den internationalen Terroris- mus in Verbindung mit asymmetrischer Kriegsführung, sei es durch neue Risiken eines Cyberwars, sei es durch Konflikte, die aus Ressourcenmangel oder Folgen der Klimakatastrophe zu erwachsen drohen . Hierzu braucht es präventive Politikansätze und sicherheitspolitische Antworten, die Bürgerrechte nicht schleifen, sondern stärken . Als grüne Fraktion haben wir auch deshalb einen An- trag zum Thema Biosicherheit eingebracht, der sich mit dem Missbrauchspotenzial moderner Techniken und der Dual-Use-Problematik auseinandersetzt . Beispielhaft geht es hier darum, Vorsorgemechanismen zu etablieren, damit Bedrohungen für die Sicherheit der Bevölkerung, für Gesundheit und Umwelt nicht zur Realität werden . Einen solchen Konkretisierungsgrad vermissen wir bei den Forderungen an die Bundesregierung im vorlie- genden Antrag der Koalitionsfraktionen . Der Feststel- lungsteil Ihres Antrags führt zwar wichtige Akteure der Forschungslandschaft mit deren Schwerpunkten auf, den ohnehin dünnen Forderungsteil stellen Sie jedoch unter einen generellen Finanzierungsvorbehalt . Diese unge- deckten Forderungen werden den Herausforderungen nicht gerecht . Der Mittelaufwuchs in den vergangenen Jahren reicht nicht aus . Speziell die Einrichtungen, die auf Zinszahlungen aus ihrem relativ geringen Stiftungs- kapital angewiesen sind, waren und sind in ihren Mög- lichkeiten massiv eingeschränkt . Deshalb wollen wir die Deutsche Stiftung Friedens- forschung (DSF) finanziell stärken. Diesen Bedarf sieht auch der Bundesrechnungshof, der der DSF attestiert, ihre Finanzierung befinde sich am unteren Limit des in- stitutionellen Mindestaufwands zur Aufrechterhaltung ihrer Aktivitäten . Ein wesentliches Problem der Friedens- und Kon- fliktforschung wird in den nächsten Jahren der fehlende wissenschaftliche Nachwuchs sein . Die Unsicherheit, ob und wie die jeweilige Institution in den kommenden Jahren gefördert wird, führt zur Abwanderung hochqua- lifizierter Forschender. Die Einrichtungen selber spre- chen von einem schwierigen „Generationenwechsel“ . So befürchtet zum Beispiel der Forschungsverbund der naturwissenschaftlichen Friedensforschung, dass dessen „Kompetenz in der Rüstungstechnik-Folgeabschätzung in den nächsten fünf Jahren in Deutschland verloren geht .“ Es gilt, eine bessere Kooperation leistungsfähiger Strukturen dauerhaft zu ermöglichen . Dazu gehört selbst- verständlich eine regelmäßige Evaluation, die beim Wis- senschaftsrat sicherlich in guten Händen liegen würde . Friedens- und Konfliktforschung erfordert interdiszipli- näre Expertise, die einzelne Hochschulen kaum vorhal- ten können . Deshalb ist es richtig, die nationale und eu- ropäische Vernetzung und Zusammenarbeit auszubauen . Eine grundlegende Stärkung muss jedoch schon früher beginnen, etwa durch den Ausbau der Friedenspädagogik in Schulen und Jugendeinrichtungen, ziviler Krisenprä- vention und entsprechender Freiwilligendienste für Ju- gendliche und Erwachsene und den Ausbau interdiszipli- närer, international ausgerichteter Studiengänge . Diesen Aufgaben müssen sich Bund und Länder sowie die Forschungsorganisationen gemeinsam stellen . In der Vergangenheit war dies immer wieder an ideologischen Grabenkämpfen gescheitert . Frau Ministerin Wanka er- klärte noch im letzten Jahr im Forschungsausschuss auf meine Frage zu den Perspektiven der Friedensforschung sinngemäß, diese hätte ja nicht einmal den arabischen Frühling vorhergesehen . Das war in dieser Pauschali- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19989 (A) (C) (B) (D) tät nicht nur falsch, solche Plattitüden bringen uns auch nicht weiter . Friedensforschung bearbeitet aktuell The- men, an die sich die Bundesregierung nicht herantraut . Wo bleibt zum Beispiel die im Koalitionsvertrag ange- kündigte grundlegende Diskussion über den Umgang mit unbemannten Waffensystemen? In der deutschen Frie- densforschung wird dies verantwortungsvoll diskutiert . Diese Ressourcen zur Reflexion und Entscheidungsfin- dung müssen wir stärken als bisher nutzen! In der wei- teren parlamentarischen Beratung wünsche ich mir eine unvoreingenommene gemeinsame Suche nach dauerhaft tragfähigen Strukturen . Darauf freue ich mich! Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung (Tagesordnungspunkt 35) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Planungs- und Rechts- sicherheit sind wesentliche Eckpfeiler einer verlässlichen Energiepolitik und unseres Erfolgs als Industrienation . Auch wenn die Energiewende ein umfassender energie- wirtschaftlicher Veränderungsprozess ist, kann sie nur dann zum Erfolg geführt werden, wenn die Politik aus- reichend Planungssicherheit für alle Beteiligten schafft . Das ist unser Anspruch . Die nun vorliegenden gesetzlichen Änderungen zum Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) und Erneuer- bare-Energien-Gesetz (EEG) sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung . Nach monatelanger Unsicherheit auf- grund von intensiven beihilferechtlichen Verhandlungen mit der EU-Kommission wird jetzt für die Kraft-Wär- me-Kopplung (KWK) sowie für die Eigenstromerzeu- gung Planungssicherheit geschaffen . Damit werden Investitionen ermöglicht und der Energiewende neuer Schwung gegeben . Der erste Teil des Gesetzes passt den Förderrahmen für die KWK an das europäische Beihilferecht an . Der Ausbau dieser emissionsarmen Erzeugungstechnologie kann damit nach fast einem Jahr Unterbrechung endlich weiter vorangehen . Für uns ist KWK ein intelligenter Weg, effizient mit Energiequellen umzugehen. KWK hat einen hohen Wirkungsgrad . Während in konventionellen Kraftwerken zwischen 45 und 70 Prozent der Energie, die für die Stromerzeugung eingesetzt wird, als Abwär- me verloren gehen, haben moderne KWK-Technologien Wirkungsgrade von bis zu 90 Prozent . KWK trägt damit auch entscheidend zur Einsparung von CO2 und zur Erreichung unserer ehrgeizigen Klima- ziele auf nationaler und europäischer Ebene bei . Gegen- über der ungekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung werden rund 56 Millionen Tonnen CO2 eingespart . Wenn man mehr Klimaschutz in der Energiewirtschaft möchte, kommt man nicht an der KWK vorbei . Gerade in der De- batte um den Klimaschutzplan ist dieser Beitrag nicht zu unterschätzen . Auch können KWK-Anlagen in verschiedenen Grö- ßen einen Beitrag zur Netz- und Systemstabilität leis- ten . So kann durch dezentrale KWK dort Energie be- reitgestellt werden, wo sie benötigt wird . Durch den Eigenverbrauch des KWK-Stroms wird das bestehende Stromversorgungssystem entlastet . Ausbaubedarf und Leitungsverluste können so verringert werden . Um die KWK im Einklang mit der Energiewende weiter auszubauen, haben wir im vergangenen Jahr ein KWK-Gesetz auf den Weg gebracht . Gerade die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion hat sich damals massiv für die KWK eingesetzt und erreicht, dass KWK auch künftig ein Bestandteil der Energiewende bleibt . So wurden die Förderung neuer KWK-Gasanlagen erhöht, die Förde- rung von Fernwärmenetzen und Speichern verstärkt und bestehende KWK-Anlagen gesichert . Nach der beihilferechtlichen Überprüfung der EU-Kommission und den langen, intensiven Verhand- lungen konnte dann endlich eine Einigung im Sommer erzielt werden . Das KWK-Gesetz, das im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht wurde, kann nun endlich auch rückwirkend seine Wirkung entfalten . Der Investitions- stau bei der KWK ist damit seit dem 24 . Oktober 2016 aufgelöst . Die Regelungen, bei denen die EU-Kommission Än- derungen festgeschrieben hat, werden wir mit dem vor- liegenden Gesetz bereinigen . So können auch in diesen Bereichen zeitnah Investitionen getätigt werden . Kern der Einigung ist, dass auch künftig, wie schon bei den er- neuerbaren Energien, KWK-Anlagen nur noch gefördert werden, wenn sie sich erfolgreich an einer Ausschrei- bung beteiligen . Die Ausschreibung gilt jedoch nur für KWK-Anlagen mit einer Größe von 1 bis 50 Megawatt . Alle anderen Anlagen bleiben im bestehenden System . Ausschreibungen sind grundsätzlich richtig und wur- den von uns schon in der vergangenen KWK-Novelle gefordert . Wir haben jedoch kein Verständnis dafür, dass Eigenversorgung und damit der Großteil der industriellen KWK von den Ausschreibungen ausgeschlossen ist . Das ist der falsche Weg . Hier werden wir auf Änderungen drängen . Denn wer mehr Klimaschutz im Industriesektor will, braucht auch zukünftig den Ausbau der KWK . Es ist uns auch gelungen, Planungssicherheit und Ver- trauensschutz für bereits getätigte Investitionen zu schaf- fen . Die Ausschreibung gilt nicht für KWK-Anlagen, die noch 2016 eine immissionschutzrechtliche Genehmi- gung erhalten haben oder verbindlich bestellt sind . Die- se Anlagen müssen nicht in die Ausschreibung, sondern können noch unter dem bisherigen System des KWKG 2016 gefördert werden . Auch die Einführung einer Aus- schreibung für innovative KWK-Anlagen und Systeme, wie zum Beispiel die Kombination KWK-Anlagen und Wärmepumpe, begrüßen wir . Denn damit bringen wir Innovationen und neue Technologien voran, die für die Energiewende von großer Bedeutung sein können . Der im Gesetz festgelegte Systemwechsel bei der Fi- nanzierung der KWK-Förderung muss aus unserer Sicht Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619990 (A) (C) (B) (D) ebenfalls im Rahmen der parlamentarischen Beratun- gen näher beleuchtet werden . Künftig soll nämlich nur noch derjenige von der KWK-Umlage entlastet werden, der auch einen Begrenzungsbescheid auf der Grundlage der Besonderen Ausgleichsregelung im EEG hat . Der Mechanismus der Besonderen Ausgleichsregelung wird somit, mit angepassten Mindestsätzen, analog auf das KWKG übertragen . Diese Anpassung bedeutet für die deutsche Industrie zusätzliche Kostenbelastungen . Gerade für viele kleine- re und mittelständische Unternehmen, die nicht von der Besonderen Ausgleichsregelung profitieren, entsteht ein deutliches Kostenplus . Einen mittelständischen Auto- mobilzulieferer (mit 10 Millionen Kilowattstunden Ver- brauch) kostet die Neuregelung bis zu 70 000 Euro . Geld, welches für Investitionen fehlt . Deshalb brauchen wir, wie schon im EEG veranlagt, eine Härtefallregelung . Un- ternehmen, die bisher von einer reduzierten KWK-Umla- ge profitieren, müssen auch zukünftig dauerhaft teilweise entlastet werden . Dafür werden wir uns mit aller Kraft einsetzen . Eng mit dem Thema KWK ist auch das Thema Eigen- stromerzeugung verbunden . Nach langen und intensiven Verhandlungen haben wir bei der Novelle des EEG im Jahr 2014 eine Beteiligung der Erzeuger von Eigenstrom an der EEG-Umlage eingeführt . Auf Eigenstrom muss 40 Prozent der EEG-Umlage gezahlt werden . Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen . Sie war jedoch im Interesse einer bezahlbaren Energiewende richtig . Denn die steigende EEG-Umlage hat es immer attraktiver gemacht, sich durch Erzeugung von Eigen- strom von der Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage zu befreien . Diese Entsolidarisierung geht jedoch zu Lasten der Mehrheit der Bevölkerung, die ihren Strom selber nicht erzeugen kann, wie zum Beispiel Wohnungsmieter . Es ging also nicht darum, Eigenstrom zu verteufeln, son- dern um eine faire Aufteilung der Energiewende-Kosten . Eigenverbrauch ist nach wie vor möglich, das zeigt auch der Boom bei den Hausspeichern . Bei der nun folgenden beihilferechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission wurden mögliche Wettbe- werbsverzerrungen zwischen Neu- und Altanlagen be- mängelt . Nach langen, intensiven Verhandlungen ist nun klar: Der Vertrauensschutz für Altanlagen bleibt beste- hen . Die Eigenversorgung von Bestandsanlagen wird wie bisher nicht mit der EEG-Umlage belastet . Dies gilt, so- lange die Bestandsanlage nicht wesentlich modernisiert wird . Ab einer solchen wesentlichen Modernisierung, also dem Ersatz des Generators, fällt eine EEG-Umlage in Höhe von 20 Prozent an . Das ist ein großer Verhandlungserfolg für Deutsch- land und ein wichtiges Signal für den Industriestandort Deutschland . Denn hätten die Eigenerzeugungs-Be- standsanlagen zukünftig auch 40 Prozent der EEG-Um- lage zahlen müssen, wären rund 4 Milliarden Euro (56,7 TWh x 6,88 Cent) Zusatzbelastung auf Industrie- betriebe, Erneuerbaren- oder KWK-Anlagenbetreiber zugekommen . Manch traditioneller Industriebetrieb, der schon seit Jahrzehnten Eigenerzeugung betreibt – also noch lange vor dem EEG –, wäre in große finanzielle Be- drängnis gekommen . Im Rahmen des nun beginnenden parlamentarischen Verfahrens werden wir die Regelung auf ihre Praxistaug- lichkeit hin überprüfen. So dürfen sinnvolle Effizienz- maßnahmen nicht durch eine drohende Umlagepflicht bei Modernisierung bestraft werden . Hier werden wir schauen, was im Rahmen des Beihilferechts an Änderun- gen möglich ist . Das gilt auch für die Einführung einer Neudefinition von Eigenstrom, die restriktiver ist als die bisherige Praxis . Ausufernde Bürokratie sollte weitest möglich vermieden werden . Die zunehmende Einmischung der Europäischen Kommission in die nationale Energiepolitik hat ihren Preis . Die Verfahren dauern länger und werden leider auch intransparenter . Planungssicherheit herzustellen, liegt nicht mehr alleine in der nationalen Verantwortung . Das ist auch für uns als Parlamentarier nicht leicht . Ich bin daher froh und dankbar, dass es für die KWK und die Eigenstromerzeugung wieder Planungssicherheit gibt . Es gilt nun, die Regelung im Sinne von mehr Praxis- tauglichkeit weiterzuentwickeln und mögliche Schwach- stellen in Detailfragen auszubessern . Denn unsere Ener- giewende braucht mehr KWK und weniger Bürokratie . Für uns ist klar: KWK und Eigenstromerzeugung sind und bleiben ein elementarer Bestandteil der Energiewen- de . Florian Post (SPD): Die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme ist hocheffizient, ressourcen- und kli- maschonend . Sie schlägt eine Brücke zwischen den Sek- toren Strom und Wärme und ist, gerade in Verbindung mit Speichern, durch ihre Flexibilität und den komplementä- ren Bedarf von Wärme und der Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern die Nahtstelle zwischen Klimaschutz und Versorgungssicherheit . Es dürfte kein Geheimnis sein, dass ich ein großer Freund der KWK bin, und ich denke, dass diese Technologie eine wichtige Aufgabe in unserem sich wandelnden Energiemarkt hat . Wir haben letztes Jahr mit der Novellierung des KWKG dafür gesorgt, dass die KWK nicht nur kurzfristig gerettet wird, sondern diese Technologie eine echte Per- spektive hat . Nach zähem Ringen mit der EU-Kommissi- on werden wir nun endlich die lang ersehnte Planungssi- cherheit schaffen, die es braucht, um den KWK-Ausbau auf den Weg zu bringen; denn die Branche braucht drin- gend verlässliche Rahmenbedingungen, um ihrer Rolle bei der Energiewende gerecht zu werden . Die andau- ernde Ungewissheit hinsichtlich der Finanzierungsbe- dingungen bedeutet faktisch den Stopp für neue, bereits in Planung befindliche KWK-Projekte ebenso wie einen Stopp für die Modernisierung bestehender Anlagen . Da- rum werbe ich dafür, dass wir dieses Gesetz zügig und zugleich sorgfältig angehen . Es sind uns durch die Einigung mit der EU-Kommis- sion gewisse Grenzen gesetzt, und ich finde, der Ent- wurf, den uns das Ministerium vorgelegt hat, ist in seiner grundsätzlichen Aussage zu begrüßen . Gerade die Ein- führung der Förderkategorie der innovativen KWK ist ein zukunftsweisender Ansatz, um die Entwicklung der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19991 (A) (C) (B) (D) KWK in den kommenden Jahren voranzutreiben . Aber es gibt auch noch Diskussionsbedarf hinsichtlich des Ge- setzentwurfs, für dessen Prüfung ich mich im laufenden parlamentarischen Verfahren einsetzen werde . Besonders beim Ausschreibungsvolumen sollten wir das Ziel des Ausbaus im Blick behalten . Um unser Ziel von 110 Terawattstunden im Jahr 2020 zu erreichen, kann das Ausschreibungsvolumen von 200 Megawatt pro Jahr möglicherweise nicht genügen – gerade wenn man im Blick behält, dass zwischen 2009 und 2015 der Ausbau im Schnitt bei 350 Megawatt elektrisch lag . Auch sollten wir gründlich prüfen, ob es eine zielführende Forderung ist, wenn ein Zuschlag nur gewährt wird, wenn kein ver- miedenes Netznutzungsentgelt oder Steuerbegünstigun- gen nach Stromsteuergesetz in Anspruch genommen wurden . Hier wurde davon ausgegangen, dass es sich bei den vermiedenen Netznutzungsentgelten um eine Förderung handelt (in Anlehnung an das Doppelförde- rungsverbot) . Dem stehe ich vorsichtig gegenüber; denn bei den vermiedenen Netznutzungsentgelten handelt es sich ja eher um eine Weitergabe von tatsächlich erzielten Kosteneinsparungen der Netzbetreiber . Die dezentralen KWK-Anlagen speisen ja direkt in deren Netze ein und senken den Strombezug aus vorgelagerten Netzen . Wer- den diese Kosteneinsparungen nicht an die KWK-Anla- genbetreiber (als Einspeiser) ausgegeben, so verbleiben sie als Windfall Profits bei den Einspeisenetzbetreibern. Hier müssen wir genau schauen, ob in diesem Punkt An- reize für dezentrale Erzeugungslösungen nicht durch den vorgeschlagenen Ansatz untergraben werden . Insgesamt haben wir mit dem Gesetzentwurf eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen, um der Techno- logie KWK die lang ersehnte Investitionssicherheit zu verschaffen . Johann Saathoff (SPD): „Mennigmaal mutten Sa- ken langer düüren, um gaud tau worden“, würde man in meiner Heimat Ostfriesland sagen . Also: Oft will gut Ding Weile haben . Lange, eigentlich viel zu lange, mussten wir und vor allem die davon betroffenen Unternehmen auf die Ge- nehmigung des KWKG durch die Kommission warten . Die Verhandlungen des Bundeswirtschaftsministeriums mit der Kommission waren sehr umfangreich . Aber nun gibt es endlich ein Ergebnis und damit die notwendige Sicherheit, wie die KWK-Förderung auch in den nächs- ten Jahren europarechtskonform bleibt . Es gibt eine ganze Reihe von Projekten, die schon in den Startlöchern standen und nur auf die Genehmigung durch die Kommission gewartet haben . Mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf wollen wir die Einigung mit der Kommission nun umsetzen und damit die monatelange Unsicherheit für Investoren beenden . Die Einigung mit der Kommission sieht unter ande- rem vor, dass KWK-Anlagen zwischen 1 und 50 Mega- watt künftig nur noch einen per Ausschreibung ermittel- ten Zuschlag erhalten sollen . Grundsätzlich erachte ich Ausschreibungen bei der KWK für genauso schwierig wie bei EEG-Anlagen, allerdings aus anderen Gründen . Da ja nun aber anscheinend kein Weg daran vorbeizuge- hen scheint, werden wir uns das genau anschauen . Ein Blick in die Zukunft ist die Ausschreibung für in- novative Systeme, die wir auch im EEG machen wollen . Hier wollen wir Flexibilitätspotenzial heben und auf eine stärkere Verknüpfung mit den erneuerbaren Energien hinwirken . Dadurch können und sollen Zukunftspotenzi- ale erschlossen werden, und die KWK kann uns in einem zukünftigen Energiemarkt viele Optionen bieten . Wir werden die KWK also noch lange brauchen, wenn wir sie fit für die Zukunft machen. Der vorliegende Gesetzentwurf enthält aber weit mehr Regelungen, als es zur Umsetzung der Einigung mit der Kommission bedarf . Es sind zahlreiche Klarstellungen enthalten, aber eben auch weitergehende Regelungen . In diesem Zusammenhang möchte ich feststellen, dass die Kommission die Förderung mittels Zuschläge außer- halb des Ausschreibungssegments für europarechtskon- form befunden hat . Auch im Hinblick darauf werden wir den Gesetzentwurf noch mal detailliert prüfen . Der Bundesrat hat uns in seiner Stellungnahme eine ganze Reihe wertvoller Hinweise gegeben, und wir wer- den uns auch diese genau anschauen . Er fordert ja bei- spielsweise eine Untergrenze für die Ausschreibungen bei Anlagen von 2 Megawatt oder zur Förderung bei Teilmodernisierung . Interessant finde ich auch den Versuch, die technische Mindesterzeugung – die einen großen Teil des Must-Run darstellt – zu begrenzen . Schon beim EEG habe ich die- ses Jahr deutlich gemacht, dass wir den Must-Run be- grenzen müssen; denn wir sollten unsere Netze möglichst für erneuerbaren Strom freihalten . Der größte Teil der Maßnahmen zur Begrenzung des Must-Run findet sich weit untergesetzlich, aber wir soll- ten als Gesetzgeber hier ein deutliches Signal senden . Und natürlich enthält der Gesetzentwurf auch eine Re- gelung, um die Privilegierung der stromkostenintensiven Unternehmen bei den Förderkosten des KWKG an die europäischen Umweltschutz- und Energiebeihilfeleitli- nien anzupassen . Zu diesem Zweck wird die besondere Ausgleichsregelung des EEG 2017 auf das KWKG über- tragen . Das ist ein komplexes Vorhaben, und wir werden uns mögliche Folgen genau anschauen . Sehr wichtig ist auch die Einigung bei der Zukunft der Eigenversorgung . Die zeitliche Begrenzung dieser Ge- nehmigung hing wie ein Damoklesschwert über uns, und ich bin froh und dankbar, dass das Bundeswirtschaftsmi- nisterium hier ein Ergebnis erzielt hat . Wir werden zu dem Gesetzentwurf eine öffentliche Anhörung im Ausschuss durchführen, und ich freue mich schon auf die Beratungen, sodass wir das Gesetz zu ei- nem guten Abschluss bringen können . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Als Sigmar Gabriel Ende August aus Brüssel zurückkehrte und der Öffentlichkeit von seinen Verhandlungen mit der EU-Kommission berichtete, war er stolz, die hohen In- dustrieprivilegien in Brüssel durchgeboxt zu haben . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 201619992 (A) (C) (B) (D) Sowohl die stromintensive Industrie als auch der Eigen- verbrauch im großen Stil bleiben also befreit von der EEG-Umlage, was bedeutet, dass grünes Licht gegeben wird für insgesamt 5,4 Milliarden Euro Flucht aus der EEG-Umlage . Davon kommen 3,4 Milliarden über die Besondere Ausgleichsregelung und gut 2 Milliarden aus dem Eigenverbrauch . Dieses Geld müssen die übri- gen Stromverbraucher und -verbraucherinnen bezahlen . Als Linke halten wir diese Subventionierung der Indus- trie quasi mit der Gießkanne für völlig überzogen . Man sollte hier streng überprüfen, welche Betriebe eine sol- che Befreiung wirklich brauchen, denn die Kosten der Energiewende sollten von allen getragen werden, nicht nur von Privathaushalten und Mittelständlern . Hier wird Strukturpolitik mit Energiewende-Mitteln gemacht, das halte ich für den falschen Weg, weil auf der anderen Seite dann wieder aufgrund angeblich hoher Kosten der Ener- giewende der Ausbau gedrosselt wird . Eine faire Ener- giewende sieht anders aus . Dass der Deal aus Brüssel endlich das bereits ein Drei- vierteljahr zuvor in Kraft getretene Kraft-Wärme-Kopp- lungs-Gesetz abgesegnet hat, war das glückliche Ende einer Hängepartie . KWK-Förderbescheide, die seit Ja- nuar auf Eis liegen, können endlich erteilt werden, viele Stadtwerke können aufatmen, weil sie für hocheffiziente Gas-KWK der öffentlichen Versorgung einen Ausgleich für den Strompreisverfall erhalten . So viel Freude wird natürlich wie gewohnt sofort mit dem nächsten Dämpfer getrübt: Auch die Förderung für Kraft-Wärme-Kopplung soll nun ausgeschrieben wer- den . Leider gibt es dafür kein Konzept, keine Erfahrun- gen, keine ausgereifte Idee . Wir Linken haben bei der Bundesregierung nachgefragt: welche Studien das Mi- nisterium zu diesem Thema kennt, welche es in Auftrag geben will und welche Erfahrungen aus anderen Ländern man kennt . Antwort: keine, keine, keine . Das ist we- nig, muss ich sagen! Und das ist fahrlässig hinsichtlich der Zukunft dieser hocheffizienten Technologie, die die Energiewende sinnvoll ergänzen kann . De facto wird der Kraft-Wärme-Kopplung damit auch ein rigider Deckel verpasst, weil natürlich nur die ausgeschriebene und mit 200 Megawatt jährlich zu gering angesetzte Menge zuge- baut werden kann . Kraft-Wärme-Kopplung wird im Blindflug in die Aus- schreibungen geschickt, und zwar bereits in einem Jahr . Die KWK wird als Versuchskaninchen dem Experimen- tierfeld Ausschreibungen geopfert, obwohl klar ist, dass Kraft-Wärme-Kopplung ganz andere Anforderungen hat als Photovoltaik und Windenergie . Es ist daher höchst fraglich, ob hier wettbewerbliche Ausschreibungen über- haupt Sinn machen . Ich möchte die Stadtwerke von Neuburg an der Do- nau, aus meinem Wahlkreis in Oberbayern, als hervor- ragendes Beispiel für Energiewende und Klimaschutz anführen . Der Stadtwerke-Chef aus Neuburg ist ein Mann vom Fach und will bei den Stadtwerken bis 2020 den CO2-Ausstoß um 30 Prozent senken . Er setzt dabei auf ein Nahwärmenetz, das die Abwärme eines Glasher- stellers nutzt, erzeugt aber auch selbst Strom und Wärme mithilfe von hocheffizienter Gas-KWK mit einem Wir- kungsgrad von 91 Prozent . Wir brauchen solche Men- schen wie in Neuburg, die überzeugt sind von der hochef- fizienten Technologie für die dezentrale Erzeugung, wir brauchen aber auch die Rahmenbedingungen, damit die Engagierten ambitionierte Ziele überall in Deutschland verfolgen können . Mit Ausschreibungen bei der KWK legt die Bun- desregierung diesen Leuten Steine in den Weg . Aus- schreibungen bedeuten Risiken und Bürokratie ohne Preissicherheit . Ich bin nicht sicher, ob der Neuburger Stadtwerke-Chef unter den neuen Bedingungen investiert hätte . Wer so mit der sowieso schon dahindümpelnden KWK-Branche umgeht, der will sie nicht voranbringen und gefährdet nachhaltige Arbeitsplätze im Maschinen- bau . Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist unfassbar, wie diese Bundesregierung mit der KWK-Branche umgeht, einer Branche, die wir für die Energiewende und die Energieversorgung der Zukunft brauchen, und einer Branche, die die Bundesregierung in ihren eigenen Klimaschutzzusagen fest eingeplant hatte . Nun ja, was die Zusagen zum Klimaschutz unter dieser schwarz-roten Koalition wert sind, erleben wir gerade hautnah bei dem unwürdigen Geschacher um den Kli- maschutzplan . Es ist ein einziges Trauerspiel, was diese Bundesregierung in der zentralen Frage über die Lebens- grundlagen für die kommenden Generationen aufführt . Die Bundesregierung hat in ihrem Klimaaktions- programm beschlossen, dass durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung zusätzlich 4 Millionen Tonnen CO2 bis 2020 eingespart werden sollen . Doch statt den Unternehmen Planungssicherheit und klare Förderzusa- gen für den Ausbau der KWK zu geben, lässt die Bundes- regierung eine ganze Effizienzbranche am ausgestreckten Arm verhungern . Erst hat das Wirtschaftsministerium die Novelle des KWK-Gesetzes über ein Jahr verzögert, ein Jahr, in dem Investoren und Planer für energieeffiziente Kraft-Wär- me-Kopplungsanlagen in die Glaskugel schauen muss- ten, statt seriös planen zu können . Als das Gesetz dann Anfang 2016 endlich in Kraft trat, konnte es nicht ange- wendet werden; denn das Wirtschaftsministerium hatte einen Vorbehalt für die beihilferechtliche Genehmigung aus Brüssel eingefügt . So verging ein weiteres Dreivier- teljahr, in dem kein einziger Zuschlag für ein KWK-Pro- jekt bewilligt wurde . Unternehmen mussten ihre geplan- ten Projekte einstampfen und im Zweifel Leute entlassen . Wenn Sie jetzt sagen: „Die Verlinden soll doch auf- hören, zu jammern, wir regeln mit dem neuen Gesetz ja die offenen Fragen“, antworte ich Ihnen: Mitnichten! Für einen großen Teil der KWK-Betreiber bleibt die Unsicherheit weiter bestehen; denn Sie wollen nun für KWK-Kraftwerke mit einer Leistung von 1 bis 50 Me- gawatt Ausschreibungen einführen . Die Details für diese Ausschreibungen lassen Sie im vorliegenden Gesetz- entwurf aber weitgehend im Dunkeln . Licht in die Sa- che soll erst eine Verordnung bringen . Die kommt aber erst irgendwann im nächsten Jahr . Die Hängepartie für KWK-Betreiber, für Stadtwerke und für dezentrale Versorger geht also weiter . Das ist das Gegenteil von Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 199 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 10 . November 2016 19993 (A) (C) (B) (D) KWK-Ausbau und auch das Gegenteil von verlässlicher Energiewende! Was brauchen wir, um die KWK zum Teil der Ener- giewende und zu einem wirksamen Beitrag für den Kli- maschutz zu machen? Ich nenne Ihnen exemplarisch drei Punkte: Erstens . Wir brauchen mehr dezentrale Lösun- gen mit KWK . Das können Bürgerprojekte, Mieterstrom- modelle oder Contracting-Lösungen sein, bei der hoch- effiziente KWK-Anlagen vor Ort Strom und Wärme für Gebäude liefern . Doch in der Vorstellung der Regierung kommt KWK bei Mieterstrom bisher gar nicht vor . Eine entsprechende Verordnung wollen Sie ausschließlich für Photovoltaik aufsetzen . Außerdem stellt der vorliegende Gesetzentwurf die direkte Versorgung über Kundenanla- gen schlechter als die Versorgung über öffentliche Netze . Das ist ein weiterer Hemmschuh . Zweitens . Wir brauchen stärkere Anreize für den Um- stieg auf klimaschonende Brennstoffe und erneuerbare Energien . Statt in diesem Bereich nachzulegen, tun Sie mit dem vorliegenden Gesetz das Gegenteil . Zusätzliche Hürden für die Modernisierung bestehender Anlagen oder der Ausschluss von Abwärmenutzung bei der För- derung bremsen den Umstieg und damit auch den Nutzen für das Klima . Drittens . Wir brauchen stärkere Impulse für Nahwär- menetze; denn Wärmenetze machen die Energieversor- gung flexibler und erleichtern die Einbindung von erneu- erbaren Energien oder industrieller Abwärme . Doch auch für Wärmenetze errichten Sie mit der vorgesehenen Ein- zelfallbegründung der Förderwürdigkeit neue Hürden . An diesen drei Beispielen sehen Sie, was die KWK für die Energiewende und damit für den Klimaschutz leis- ten könnte . Doch dafür muss man erstens die KWK auch wollen und zweitens die richtigen Rahmenbedingungen setzen . Dazu ist diese Bundesregierung ganz offensicht- lich nicht in der Lage oder einfach nicht willens, wie der heute eingebrachte Gesetzentwurf zeigt . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 199. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 4 Förderung des deutschen Films ZP 1 - 3 Klimakonferenz von Marrakesch TOP 6 Änderung des Aufenthaltsgesetzes TOP 40, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 41 Abschließende Beratungen ohne Aussprache TOP 7 Wahl: Sondergremium nach dem StabMechG ZP 5 VereinbarteDebatte zur aktuellen Lage in der Türkei TOP 8 Marktordnungsrechtliche Vorschriften TOP 9, ZP 6 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen TOP 10 Erhalt der Brennelementesteuer TOP 11 Bundeswehreinsatz gegen die Terrororganisation IS TOP 12 Absicherung von Selbständigen TOP 13 Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV TOP 14 50 Jahre Europäische Sozialcharta TOP 15 Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS) TOP 16 Regionalkennzeichnung bei Lebensmitteln TOP 17 Bundeswehreinsatz in Dafur (UNAMID) TOP 18, ZP 7, 8 Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts TOP 19 Änderung des Soldatengesetzes ZP 9 Anbau von gentechnisch verändertem Mais TOP 21 Änderung des Saatgutverkehrsgesetzes TOP 22 Rekrutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr TOP 23 Psychiatrische und psychosomatische Leistungen TOP 24 Änderung des Regionalisierungsgesetzes TOP 25 Internationale Rechtshilfe in Strafsachen TOP 26 Änderung des Erdölbevorratungsgesetzes TOP 27 Jahresbericht 2015 über Folter und Misshandlung TOP 28 Bekämpfung von Fluchtursachen TOP 29 ERP-Wirtschaftsplangesetz 2017 TOP 30 Abkommen mit Serbien, Albanien und Georgien TOP 32, ZP 10 Berufszulassung für Immobilienmakler TOP 33 Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz TOP 34 Friedens- und Konfliktforschung TOP 35 Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Bettina Bähr-Losse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Meine Damen und Herren auf den Rängen!
    Die Einführung des Rechts auf Eheschließung für Per-
    sonen gleichen Geschlechts war bereits im Februar die-
    ses Jahres Thema hier im Plenum, sodass vermutlich alle
    außer mir das Gefühl haben, ein Déjà-vu zu erleben . Im
    Februar dieses Jahres ist der Bundestag unter gleichen
    Vorzeichen zusammengekommen . Auf der Website des
    Bundestages hieß es damals dazu: Eine parlamentarische
    Besonderheit kann am Donnerstag, den 18 . Februar, be-

    Volker Beck (Köln)







    (A) (C)



    (B) (D)


    obachtet werden, nämlich eine Debatte nach § 62 Ab-
    satz 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags .

    Es mag Beobachter geben, die deshalb den Umgang
    mit diesem Thema als respektlos bezeichnen . Das ist je-
    doch gerade nicht der Fall . Ich respektiere, dass die Frak-
    tion Die Linke und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
    von dieser Möglichkeit, die ihnen die Geschäftsordnung
    einräumt, Gebrauch machen, um dieses für viele Men-
    schen so wichtige Thema weiter zu verfolgen . Ich forde-
    re aber Respekt auch für die SPD ein; denn Ihnen, liebe
    Kolleginnen und Kollegen, ist auch klar, dass Teil einer
    Großen Koalition zu sein auch bedeutet, Kompromisse
    eingehen zu müssen . Die SPD hat in der vergangenen Le-
    gislaturperiode einen fast gleichlautenden Gesetzentwurf
    eingebracht . Gleichwohl werbe ich jetzt als Teil einer
    Großen Koalition auch um Respekt für die von unserem
    Koalitionspartner vielleicht noch immer mehrheitlich
    vertretene Position .

    Ich verstehe die Kolleginnen und Kollegen der CDU/
    CSU-Fraktion . Konservative Parteien mit einem C in ih-
    rem Namen haben bei diesem Thema andere innerpar-
    teiliche Auseinandersetzungen auszutragen als säkulare
    Parteien .


    (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das C haben die nicht verdient!)


    Wir stehen im dauernden Dialog, um Überzeugungsar-
    beit zu leisten und Ihnen und Ihrer Partei auf dem Weg
    der Entscheidungsfindung zu helfen.


    (Beifall bei der SPD)


    Dies tun wir auch dann, wenn Sie dafür deutlich länger
    brauchen als andere; denn auch das gebietet der respekt-
    volle Umgang miteinander .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Wir als SPD wollen die CDU/CSU einbinden auf dem
    Weg hin zu einem Gesetz, das es allen Paaren, egal ob
    hetero- oder homosexuell, ohne Wenn und Aber erlaubt,
    den Bund der Ehe miteinander einzugehen . Ich bin zu-
    versichtlich, dass sich auch die CDU/CSU nicht dauer-
    haft davor verschließen kann, worum es hier eigentlich
    geht . Es geht um den Respekt vor zwei Menschen, die
    aus vollem Herzen Ja zueinander sagen wollen . Es geht
    um zwei Menschen, die damit Werte und Traditionen
    hochhalten und achten wollen . Die Ehe steht für diese
    Entscheidung, und wir sollten sie jedem Paar in vollem
    Umfang zugestehen . Dies ist die Position der SPD .


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])


    Es geht um zwei Menschen, die füreinander einstehen
    wollen . Dagegen kann niemand ernsthaft und dauerhaft
    etwas einzuwenden haben . Ich respektiere aber auch die
    Einstellung und die Arbeit eines jeden Abgeordneten,
    egal welcher Fraktion er oder sie angehört; denn niemand
    in diesem Plenum macht sich die Meinungsbildung zu
    der hier anstehenden Frage leicht . Ich fordere deshalb,
    die Abstimmung zu diesem Thema freizugeben, sodass
    jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete frei und nach
    bestem Wissen und Gewissen abstimmen kann und wir
    ein Gesetz mit einer breiten Mehrheit über alle Fraktions-

    grenzen hinweg auf den Weg bringen und den Menschen,
    die ihr Leben als Ehepaar in guten wie in schlechten Zei-
    ten teilen wollen, unseren Respekt zollen können; denn
    auch diesen Respekt schulden wir einander .

    Ich danke Ihnen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg . Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])




Rede von Johannes Singhammer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Frau Kollegin Bähr-Losse, Sie gehören dem Hohen

Haus seit dem vergangenen Monat an . Das war Ihre erste
Rede . Ich gratuliere Ihnen dazu .


(Beifall)


Zum Abschluss dieser Aussprache erteile ich jetzt das
Wort dem Kollegen Alexander Hoffmann für die CDU/
CSU .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . René Röspel [SPD])



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alexander Hoffmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen

    und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Her-
    ren! Liebe Frau Kollegin, auch von mir einen herzlichen
    Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede, zu einer Rede zu ei-
    nem schwierigen Thema, zu einem Thema, das mit Emo-
    tionen behaftet ist .

    Wir haben dieses Thema schon mehrmals besprochen .
    Kollege Petzold, ich will mich bei Ihnen ausdrücklich da-
    für bedanken, dass es heute gelungen ist, dass wir dieses
    Thema sehr sachlich ansprechen . Ich will schon in Er-
    innerung rufen, wie dieses Thema in der Vergangenheit
    diskutiert worden ist: oftmals mit sehr vielen Emotionen .


    (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht ja auch um die Ehe! Da muss ja Emotion dabei sein!)


    Am Ende ging es oftmals um Toleranz, um das Grund-
    gesetz . An mancher Stelle zeichneten sich diese Diskus-
    sionen gerade durch sehr wenig Toleranz gegenüber der
    Meinung des anderen aus . Es wurden von Ihnen, Frau
    Künast, und auch von Herrn Beck immer wieder zwei
    Lager gebildet: Das eine, das sind die, die für die Ehe für
    alle stehen, und die anderen sind einfach nur die Homo-
    phoben .


    (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe Sie in diesem Zusammenhang nie als homophob bezeichnet! Zeigen Sie mir die Rede, wo ich das gesagt habe! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann habe ich das gesagt?)


    – Weil Sie gerade hereinrufen, Kollege Beck: Ich wollte
    es gar nicht vertiefen; aber Sie haben im Zusammenhang
    mit dieser Debatte schon den Begriff der Volksverhet-
    zung verwendet . Der Kollege Kahrs benutzte einmal
    den Begriff „Vollpfosten“ . Nur deswegen habe ich mich
    bemüßigt gefühlt, das anzusprechen . Lassen Sie es doch
    einfach einmal so stehen .

    Bettina Bähr-Losse






    (A) (C)



    (B) (D)


    Die Debatte leidet vor allem immer wieder darunter –
    das ist der zweite Punkt, den ich heute ansprechen möch-
    te –, dass der Eindruck erweckt wird, Deutschland sei in
    Sachen Gleichstellung Schlusslicht .


    (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, in Russland ist es schlechter! Im Iran auch!)


    Kollege Beck, Sie haben jetzt Mexiko genannt . Sie haben
    Brasilien genannt . Sie haben die USA genannt . Es wird
    der Eindruck erweckt, Deutschland sei ein Hinterwälder-
    land in Sachen Gleichstellung .


    (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, sind wir auch! Im westeuropäischen Vergleich ist es so!)


    – Jetzt haben Sie gerade den Zuruf gemacht: „Ja, sind
    wir auch .“ – Bei genauer Betrachtung wird klar, dass Sie
    sich letztendlich eigentlich nur um eine oberflächliche
    Betrachtung kümmern . Es geht Ihnen schlussendlich nur
    um ein Etikett .

    Zu den Ländern, die Sie genannt haben – USA, Me-
    xiko, Brasilien –, muss ich Ihnen Folgendes mitteilen: In
    den USA hat der Supreme Court 2015 die Ehe für alle
    eingeführt . Das ist das Etikett . Was dahintersteht, ist die
    Realität, dass heute noch mehr als die Hälfte aller Bundes-
    staaten keine arbeitsrechtlichen Vorschriften zum Schutz
    Homosexueller vor Diskriminierung hat . In Mexiko gibt
    es die Ehe für alle seit 2006 . Nach Umfragen lehnen dort
    63 Prozent der Bevölkerung homosexuelle Partnerschaf-
    ten ab . In Brasilien ist die Entwicklung ganz schlimm .
    Auch dort stimmt nur das Etikett . Dort gibt es die Ehe
    für alle seit 2013 . Im Jahr 2003 gab es dort 126 Morde an
    homosexuellen Menschen und im Jahr 2013 schreckliche
    260 Morde . In den letzten fünf Jahren ist dort die Rate
    um 113 Prozent gestiegen . Deswegen traue ich mich,
    mich hierhinzustellen und zu sagen: Liebe Kolleginnen
    und Kollegen, lassen Sie uns uns doch nicht nur um die
    Oberfläche kümmern, nicht nur um das Etikett; denn ent-
    scheidend ist das, was drin ist .

    Ich sage Ihnen ganz ehrlich, Kollege Beck: Immer
    wenn Sie das sagen, was Sie gerade gesagt haben, ärgere
    ich mich, weil dabei vollkommen unter den Tisch gekehrt
    wird, was politische Parteien in Deutschland, was Bun-
    desregierungen und was auch die deutsche Gesellschaft
    für die Gleichstellung in diesem Land schon getan haben .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Wir haben am 28 . September 2015 eine Anhörung
    gehabt – es ist schon angeklungen –, bei der sehr gut
    herausgearbeitet worden ist, dass es zur Vermeidung ei-
    ner Diskriminierung eben nicht erforderlich ist, hier den
    Ehebegriff zu verwenden . Das sollten Sie, lieber Kolle-
    ge Brunner, auch nicht mit dem Beschluss des Parteitags
    der CSU verwechseln . Da ging es vor allem darum, mit
    dem Begriff „verheiratet“ die personenstandsrechtliche
    Diskriminierung zu beseitigen . Das festzustellen, ist mir
    wichtig . Sie sehen: Auch bei der CSU gibt es einen sehr
    sachlichen und gewissenhaften Umgang mit diesem The-
    ma . Da ist einfach meine Bitte, das nicht unter den Tisch
    fallen zu lassen .

    Auch Sie haben immer von „Gleichstellung“ gespro-
    chen . Da ging es ja nie um die Einführung desselben Be-
    griffs, vielmehr haben Sie mit dem Begriff der Gleich-
    stellung immer schon zu verstehen gegeben: Es sind zwei
    unterschiedliche Paar Schuhe, die letztendlich gleichbe-
    handelt werden sollten .

    Kollege Beck, ich muss Ihnen widersprechen: Das ge-
    sellschaftliche Verständnis der Ehe hat sich doch nicht
    gewandelt . Die Ehe ist heute noch mit Abstand die Form
    für das persönliche Zusammenleben von Menschen, die
    am meisten gewählt wird .


    (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwei Drittel sind für die Öffnung der Ehe!)


    70 Prozent aller Kinder werden in Ehen groß .

    Zu diesem Thema hat kürzlich ein sehr kluger Mann
    etwas geschrieben . Kollege Beck, hören Sie zu! Es
    ging um die moderne Lebensgestaltung . Diese Person
    schreibt – ich werde den Namen gleich nennen –:

    Es geht darum, dass jeder nach seiner Fasson leben
    kann, und nicht darum, traditionelle Lebensformen
    abzuwerten oder die Individualisierung ins Extrem
    zu treiben . Individualismus darf nicht zum Egois-
    mus werden, sonst wird gesellschaftlicher Zusam-
    menhalt unmöglich . So ist und bleibt die klassische
    Ehe die bevorzugte Lebensform der meisten Men-
    schen – und das ist auch gut so .


    (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das gesagt, das Zitat?)