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    Plenarprotokoll 18/187 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 187. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 8. September 2016 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Wolfgang Gehrcke . . . . . . . . . . . . . . . . 18507 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 18507 B Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 18507 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017) Drucksache 18/9200 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18507 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020 Drucksache 18/9201 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18507 C Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . 18507 D Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 18512 C Dr . Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18514 A Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18516 A Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 18517 C Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 18518 D Andreas G . Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 18520 B Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18522 A Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18523 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 18524 B Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18525 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18526 D Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18528 B Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18529 A Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 18530 C Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18532 A Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 18534 A Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 18536 D Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 18538 A Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18540 B Dr . Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18541 D Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . 18542 C Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 18544 B Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18545 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18546 D Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18548 A Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18548 C Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18550 B Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 18551 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18552 A Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18553 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 187 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 8 . September 2016II Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 2015 – Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2015 – Drucksache 18/8833 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18554 D Zusatztagesordnungspunkt Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur An- passung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben Drucksache 18/9526 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18555 A Tagesordnungspunkt 3: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses – zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundes- regierung für das Haushaltsjahr 2014 – Vorlage der Haushaltsrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2014 – – zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bun- desregierung für das Haushaltsjahr 2014 – Vorlage der Vermögensrech- nung des Bundes für das Haushalts- jahr 2014 – – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes (einschließlich der Fest- stellungen zur Jahresrechnung 2014) – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes – Weitere Prüfungser- gebnisse – Drucksachen 18/5291, 18/5128, 18/6600, 18/6933 Nr . 1 .1, 18/8100, 18/8283 Nr . 4, 18/9108 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18555 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
  • folderAnlagen
    Alois Rainer (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 187 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 8 . September 2016 18617 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bülow, Marco SPD 08 .09 .2016 Burkert, Martin SPD 08 .09 .2016 Dehm, Dr . Diether DIE LINKE 08 .09 .2016 Dinges-Dierig, Alexandra CDU/CSU 08 .09 .2016 Gerster, Martin SPD 08 .09 .2016 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 08 .09 .2016 Hellmich, Wolfgang SPD 08 .09 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 08 .09 .2016 Hirte, Dr . Heribert CDU/CSU 08 .09 .2016 Jüttner, Dr . Egon CDU/CSU 08 .09 .2016 Kolbe, Daniela SPD 08 .09 .2016 Krellmann, Jutta DIE LINKE 08 .09 .2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 08 .09 .2016 Leyen, Dr . Ursula von der CDU/CSU 08 .09 .2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lösekrug-Möller, Gabriele SPD 08 .09 .2016 Lücking-Michel, Dr . Claudia CDU/CSU 08 .09 .2016 Neu, Dr . Alexander S . DIE LINKE 08 .09 .2016 Rosemann, Dr . Martin SPD 08 .09 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 08 .09 .2016 Schmelzle, Heiko CDU/CSU 08 .09 .2016 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 08 .09 .2016 Stadler, Svenja SPD 08 .09 .2016 Steffen, Sonja SPD 08 .09 .2016 Weisgerber, Dr . Anja CDU/CSU 08 .09 .2016 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 08 .09 .2016 Zimmermann, Pia DIE LINKE 08 .09 .2016 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 187. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 09 Wirtschaft und Energie EPL 15 Gesundheit TOP 2 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 3 Abschließende Beratungen ohne Aussprache EPL 11 Arbeit und Soziales EPL 10 Ernährung und Landwirtschaft EPL 17 Familie, Senioren, Frauen und Jugend Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ewald Schurer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden
    bei solchen Debatten über Sozialstaatlichkeit über un-
    sere Gesellschaft lernen müssen – nicht nur vor dem
    Hintergrund des Wahlergebnisses vom letzten Sonntag
    in Mecklenburg-Vorpommern –, dass wir den Menschen
    die sozialen Prozesse in der Gesellschaft näherbringen,
    auch in Sprache und Verständlichkeit, um diesen provo-

    Ekin Deligöz






    (A) (C)



    (B) (D)


    kativen und strategisch gezielten giftigen Pfeilen eines
    Rechtspopulismus mit Fakten zu entgegnen . Das ist eine
    ganz wichtige Sache . Hier bin ich ganz bei Frau Ministe-
    rin, die das am Anfang intoniert hat .

    Wir haben zurzeit eine enorm starke volkswirtschaft-
    liche Leistung . Das kann man mit den Höchstständen
    am Arbeitsmarkt hinsichtlich der Beschäftigung im so-
    zialversicherungspflichtigen Bereich belegen. Das kann
    man mit den historisch niedrigen – leider doch vorhan-
    denen, gerade was die Langzeitarbeitslosigkeit angeht;
    das ist richtigerweise gesagt worden –, guten Werten
    am Arbeitsmarkt begründen . Da gibt es eine ganz wich-
    tige Dualität . Auf der einen Seite ist die Wirtschaft in
    einer sehr guten Verfassung, mit hoher Wertschöpfung .
    Nur deswegen sind wir in der Lage, in der Sozialpoli-
    tik – hier verstehe ich die Kritiken; aber es ist einfach so,
    liebe Kollegin Deligöz – den Haushalt 2017 um immer-
    hin 8,7 Milliarden Euro zu steigern . Das ist eine enorme
    Leistung . Das muss man nicht nur aussprechen können,
    sondern man muss auch sehen, wohin das Geld geht .

    Deswegen sage ich: Es gibt verschiedene Begriffe,
    was Investitionen sind . Für mich ist dieser Haushalt eine
    Investition ganz und gar für die Menschen in zwei ganz
    großen Blöcken: auf der einen Seite am Arbeitsmarkt,
    um die richtigen Impulse zu setzen, auf der anderen Seite
    bei der Alterssicherung, über die wir uns im Herbst noch
    einmal ganz intensiv unterhalten müssen . Man muss –
    bei aller Kritik – die Botschaft setzen können, dass diese
    Bundesregierung im sozialpolitischen Bereich Enormes
    leistet .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, es sind Struktur-
    daten, die ich genannt habe; der Arbeitsmarkt hat sich
    nochmals verbessert . Die Welt, die sozialpolitischen Pro-
    zessen ja nicht immer automatisch sehr positiv gegen-
    übersteht, titelt heute, am 8 . September 2016: „Deutsch-
    land hat aus Misserfolgen bei der Integration gelernt“ .
    Sie zitiert einen OECD-Bericht, der dezidiert sagt, dass
    sich die Voraussetzungen für eine gelungene Integration
    heute besser darstellen als vor einem Jahr . Es ist zwar
    so, dass grundsätzlich Flüchtlinge, Menschen, die zu uns
    gekommen sind, größere Schwierigkeiten haben, am Ar-
    beitsmarkt zu punkten, aber es sind viele Maßnahmen
    geschaffen worden, vom Integrationsgesetz bis zu den
    100 000 Arbeitsgelegenheiten, die mit 300 Millionen
    Euro in diesem Haushalt unter aktiver Arbeitsmarktpo-
    litik finanziert werden. Wir haben daher selbst von der
    OECD in einem ersten Jahr ganz besonderer Belastungen
    ein gutes Zwischenzeugnis bekommen: Von der Bundes-
    regierung werden die richtigen Maßnahmen aufgelegt .


    (Beifall bei der SPD)


    Keine Frage: Die aktiven Arbeitsmarktleistungen
    steigen in diesem Haushalt immerhin auf 9,18 Mil-
    liarden Euro; die passiven – darüber hat der Kollege
    Schiewerling bereits gesprochen; das sind die Rechts-
    ansprüche – liegen insgesamt bei 28,5 Milliarden Euro .
    Wir erleben einen guten Arbeitsmarkt und setzen bei den
    Maßnahmen an den richtigen Stellen an .

    Die BA, die Bundesagentur für Arbeit, sagt: Es ist bei
    der Integration von Menschen ganz klar, wir brauchen
    vermehrte Sprachförderung, Qualifikationsmaßnahmen
    auf allen Leistungsebenen – dazu gehören auch diese
    100 000 Arbeitsgelegenheiten für noch nicht anerkann-
    te Flüchtlinge –, und wir brauchen natürlich auch eine
    fachlich gute Beratung für Ausbildung und Arbeitsver-
    mittlung .

    Mein Fazit an dieser Stelle ist: Dieser Haushalt – das
    ist eine wichtige Botschaft nach draußen – tut allgemein
    viel am Arbeitsmarkt . Er spielt nicht die Menschen, die
    bisher Hilfe gebraucht haben, gegen die neu ankommen-
    den Menschen in der Integration aus, sondern er ergänzt
    mit ganz spezifischen Maßnahmen für jene, die es am
    schwersten haben – für die Migranten –, die bisherige
    sehr gute Arbeitsmarktpolitik . Wir spielen niemanden
    gegeneinander aus, sondern wir versuchen, additiv für
    die Menschen etwas zu tun, die es bisher in unserer Ge-
    sellschaft schwer hatten, und wir tun etwas Spezielles für
    die Menschen auf dem Gebiet der Migration . Das hal-
    te ich für eine wichtige Botschaft, die man auch drau-
    ßen nicht laut genug sagen kann, um dem unsäglichen
    Rechtspopulismus und anderen Brunnenvergiftern etwas
    zu entgegnen .

    Meine Damen und Herren, das Kapitel Rente ist hier
    ebenfalls bereits sehr intensiv angesprochen worden .
    Auch dafür gilt: Man muss erklären können, worum es
    geht . Es geht um 21 Millionen Menschen, die im Au-
    genblick in Deutschland Rente beziehen . Es geht bei-
    spielsweise darum, zu wissen – nach einer Studie, die im
    November 2015 in einer Drucksache veröffentlicht wur-
    de –: Die Basis ist die gesetzliche Rentenversicherung .
    Sie wird zu 75 Prozent aus Beiträgen und zu 25 Prozent
    aus Bundeszuschüssen gespeist . Es gibt dabei sicherlich
    eine steigende Tendenz im Vollzug der von uns beschlos-
    senen Gesetze . Die Ausgaben der Rentenkassen sind zu
    90 Prozent originär die Renten selbst, 6,5 Prozent gibt
    die gesetzliche Rentenversicherung in Zuschüsse für die
    Krankenversicherung der Rentner, und 2,2 Prozent sind
    für die Erhaltung und Wiederherstellung der Erwerbsfä-
    higkeit da . Dies alles sind Dinge, die man draußen gut
    erklären muss .

    Dass wir insgesamt beim größten Block des Haushal-
    tes mit 98,4 Milliarden Euro im Jahr 2017 5 Milliarden
    Euro mehr ausgeben werden, ist eine wichtige Informa-
    tion . Davon entfallen auf die allgemeine Rentenversi-
    cherung 67,8 Milliarden Euro, auf die knappschaftliche
    Rentenversicherung 5,5 Milliarden Euro und auf die
    Grundsicherung im Alter und die Erwerbsminderung
    7,2 Milliarden Euro . Für die Beitragszahlungen für Kin-
    dererziehungszeiten sind es immerhin 13,2 Milliarden
    Euro, und die Zuschüsse auf Rentenversicherungsbeiträ-
    ge für die Behindertenwerkstätten betragen 1,3 Milliar-
    den Euro . Das sind enorme Ausgaben, die den größten
    Teil dieses Bundeshaushaltes ausmachen .

    Es ist schon wichtig – was auch von der Linken an-
    gesprochen worden ist –, zu wissen: Wie sind die Alters-
    einkünfte der Menschen zusammengesetzt? Dabei gibt
    es einen in der Tat signifikanten Unterschied. Während
    die Menschen in Deutschland insgesamt durchschnittlich
    64 Prozent ihres Alterseinkommens aus der gesetzlichen

    Ewald Schurer






    (A) (C)



    (B) (D)


    Rentenversicherung und 21 Prozent aus anderen Alterssi-
    cherungsleistungen beziehen, ist es in Ostdeutschland, in
    den neuen Ländern, in der Tat so, dass die Leistungen der
    gesetzlichen Rentenversicherung 91 Prozent des Alters-
    einkommens ausmachen . Das muss man bei den Überle-
    gungen zur Rente in Ost und West berücksichtigen; das
    gehört dazu .

    Wir werden im Herbst ein Alterssicherungskonzept
    vorlegen und über die künftigen Aufgaben der Renten-
    versicherung reden . Ich sehe es schon so: Es spricht et-
    was dafür, ganz gezielt Altersarmut zu bekämpfen . Gute
    ökonomische Leistungsdaten sind das eine; aber eine ge-
    zielte Bekämpfung der Altersarmut auch im Rahmen der
    Rentenversicherung ist für mich ein ganz großes Thema .
    Ich blicke der Diskussion darüber mit großem Interesse
    entgegen .

    Ein letzter Punkt . Der bayerische Ministerpräsident
    Horst Seehofer, der mich immer wieder überrascht –
    nicht gerade bei seinen Aussagen zu Migration und
    Flüchtlingen –, hat im April dieses Jahres gefordert, im
    Rahmen einer umfassenden Rentenreform ganz gezielt
    Altersarmut zu bekämpfen . Da warte ich mal ab, was
    von der CSU aus München kommt, um diese wichtige
    Diskussion für die Zukunft zu befruchten .

    In diesem Sinne herzlichen Dank .


    (Beifall bei der SPD)




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank . – Als nächster Redner hat Klaus Ernst

von der Fraktion Die Linke das Wort .


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus Ernst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an den großen
    Volksschauspieler Helmut Qualtinger erinnern können .


    (Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee!)


    In einem Sketch versucht er, seinen Freund davon zu
    überzeugen, dass er zur Wahl geht . Er sagt: Du musst zur
    Wahl gehen . – Der Freund sagt: Warum soll ich das denn
    machen? – Da sagt er: Bei einer Wahl erfährt der Politi-
    ker, was das Volk von ihm hält . – Dann sagt der Freund:
    Was? Und das stört den nicht?


    (Heiterkeit bei der LINKEN)


    Schauen wir uns einmal das Wahlergebnis von Meck-
    lenburg-Vorpommern an . Wissen Sie, es gibt einen ek-
    latanten Unterschied zwischen dem, wie wir hier über
    das diskutieren, was wir tun – wir finden das alle groß-
    artig, wir klopfen uns so sehr auf die Schulter, dass man
    manchmal meint, wir bekommen einen Schaden –, und
    dem, wie es der Bürger wahrnimmt. Offensichtlich sehen
    es die Bürger anders; sie sehen es gar nicht so positiv . Ich
    glaube, für das Wahlergebnis ist auch ein Stück weit die
    reale Lage derer verantwortlich, für die wir uns eigent-
    lich insbesondere in der Sozialpolitik engagieren . Des-

    halb ist es schon nötig, dass wir uns ein Stück weit damit
    beschäftigen, wie unsere Sozialpolitik real ankommt .

    Wenn wir die Realität beobachten, dann sehen wir:
    Zunehmend droht Altersarmut . Wir wissen das, wir dis-
    kutieren darüber, aber wir haben keine Lösungen, son-
    dern reden nur .


    (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht! Einfach was behaupten! So typisch!)


    Die Menschen, die es betrifft, warten auf Lösungen, aber
    die kommen nicht . Meine Damen und Herren, die Renten
    wurden in diesem Jahr deutlich erhöht – einverstanden!
    Aber wir wissen, dass das Rentenniveau weiter sinken
    wird – das wissen die auch . Und wir diskutieren darüber,
    ohne entsprechende Lösungen zu bieten .

    Die Regelsätze im Hartz-Bezug haben wir um 5 Euro
    erhöht. Das finden die Betroffenen sicherlich klasse, sa-
    gen: Toll, eine richtig schöne Erhöhung . Auf der anderen
    Seite wissen wir auch, dass das Vermögen der 500 reichs-
    ten Deutschen um 8,7 Prozent angestiegen ist . Sie verfü-
    gen inzwischen über ein Vermögen von 723 Milliarden
    Euro . Das merken die Menschen . Sie fragen sich nicht
    nur, wie wir darüber diskutieren, sondern sie fragen sich,
    was in der Sozialpolitik bei ihnen ankommt .

    Meine Damen und Herren, 2,5 Millionen Kinder in
    Deutschland – das entspricht 19 Prozent – waren 2015
    von Armut betroffen, insbesondere Kinder von Alleiner-
    ziehenden, meist Frauen, die mit ihrem Geld kaum über
    die Runden kommen . Sie hören, dass wir darüber debat-
    tieren, aber solange sie hier keine Lösungen und keine
    reale Veränderung ihrer Situation erfahren, ist die Gefahr
    groß, dass sie sich weiter von uns, von den Parteien, die
    hier vertreten sind, abwenden . Deshalb sage ich: Wir
    müssen bei diesen Fragen grundsätzlich etwas ändern .

    Jetzt weiß ich auch, Frau Nahles – ich sehe Sie da gera-
    de sitzen –, dass Sie vieles ändern wollen, übrigens auch
    Sie von der Sozialdemokratischen Partei, übrigens auch
    der eine oder andere von der CDU/CSU – das will ich
    gar nicht leugnen –, aber insgesamt wird deutlich: Eine
    wirkliche, reale Verbesserung der Situation derer, über
    die ich jetzt gesprochen habe, haben Sie nicht zustande
    gebracht . Jetzt können Sie sagen: Sie in der Opposition ja
    auch nicht . – Richtig, das stimmt . Wir haben tolle Forde-
    rungen, aber kriegen sie nicht umgesetzt . Vielleicht muss
    man dann auch einmal über andere Koalitionen nachden-
    ken, in denen wir diese Forderungen umsetzen können,
    meine Damen und Herren . Vielleicht ist das eine Lösung .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, ja, Sie haben den Min-
    destlohn eingeführt . Wir wissen, dass er zu gering ist .
    Sie haben auf unsere Anfrage geantwortet, Frau Nahles:
    11,68 Euro müsste er betragen, damit niemand in Alters-
    armut landet bzw . niemand eine Rente hat, die unter dem
    Sozialhilfesatz liegt . Das wissen wir . Aber wir wissen
    auch, dass nichts passiert, und das wissen auch die Men-
    schen .

    Ewald Schurer






    (A) (C)



    (B) (D)


    25 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Niedrig-
    lohnsektor . Ursache dafür waren die sogenannten Ar-
    beitsmarktreformen, zu denen ich aus aktuellem An-
    lass etwas sagen muss . Wir haben eine Anfrage an die
    Bundesregierung gestellt, weil wir wissen wollten, wie
    es um die Leiharbeit bestellt ist . Die Antwort aus Ihrem
    Ministerium, Frau Nahles, ist: Die Zahl der Leiharbei-
    ter nimmt zu und liegt inzwischen auf Rekordniveau .
    961 000 Menschen sind aktuell in Leiharbeit beschäftigt,
    100 000 Menschen mehr als 2013 . Das Einkommen de-
    rer beträgt im Schnitt 1 700 Euro, normale Beschäftigte
    verdienen 2 960 Euro . Das ist ein Minus von 1 260 Euro
    gegenüber einem normalen Beschäftigten .


    (Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Unglaublich! Unglaublich!)


    Seit ich im Bundestag sitze, also seit zwölf Jahren,
    diskutieren wir über das Thema Leiharbeit . Wir haben
    es in zwölf Jahren nicht hinbekommen, ein ordentliches
    Gesetz zu verabschieden, damit gilt: Gleicher Lohn für
    gleiche Arbeit . Das ist ein Skandal . Wir müssen nicht auf
    die AfD zeigen, auf uns müssen wir zeigen, weil wir es
    nicht hinbekommen haben, und mit Ihrem Gesetz, Frau
    Nahles, bekommen Sie es auch nicht hin .


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    75 Prozent derer, die in Leiharbeit beschäftigt sind,
    sind weniger als neun Monate im selben Betrieb, das
    heißt, nur 25 Prozent sind über neun Monate im selben
    Betrieb . Jetzt wollen Sie ein Gesetz verabschieden, das
    vorsieht, dass ab neun Monaten gleicher Lohn für gleiche
    Arbeit gezahlt werden soll, bei entsprechenden Tarifver-
    trägen gegebenenfalls erst später . Das heißt, dass dieses
    Gesetz wieder an 75 Prozent der Betroffenen total vor-
    beigeht . Warum machen wir es nicht wie in Frankreich?
    Dort gilt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ab der ersten
    Stunde plus einem Flexibilitätszuschlag . Dann gibt es
    auch weniger Leiharbeit, Frau Nahles, dann haben Sie
    das Problem in dieser Form nicht mehr .


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn Sie es mit Ihren Leuten nicht hinbekommen: Wir
    stimmen zu, wenn Sie einen solchen Vorschlag machen;
    die Grünen wahrscheinlich auch .

    Meine Damen und Herren, was Sie hier vorlegen, be-
    deutet in einem Punkt sogar eine massive Verschlechte-
    rung – Sie wissen das –, und zwar bei den Werkverträ-
    gen . Bisher konnte jemand, der einen Werkvertrag hat,
    wenigstens klagen, wenn er Zweifel hatte, ob das alles so
    richtig ist, was er bisher hat . Künftig soll durch eine Er-
    klärung des Arbeitnehmers in einem solchen Arbeitsver-
    hältnis ausgeschlossen werden, dass er seinen Arbeitge-
    ber dazu zwingen kann, ihn ordentlich einzustellen . Alle
    Arbeitsrechtsexperten sagen uns, dass wir recht haben,
    und ich weiß, dass auch Sie es wissen, Frau Nahles, jetzt
    tun Sie doch nicht so . Die Experten haben recht . Trotz-
    dem bleiben Sie bei Ihrer Haltung .

    Ich komme zum Schluss .


    (Beifall des Abg . Mark Helfrich [CDU/CSU])


    Wenn wir die Probleme, die es in unserem Land gibt,
    nicht wirklich angehen, dann werden wir in die Situation
    geraten, dass sich die Menschen noch weiter von uns ab-
    wenden, und das will hier keiner . Ich nehme niemanden
    so wenig wichtig, dass ich ihm nicht abnehme, dass er
    etwas ändern will . Aber wenn es uns nicht gelingt, die re-
    ale Situation zu verändern, sondern wir weiterhin immer
    nur Erklärungen abgeben – was die Rente angeht, was
    die sozialen Zustände für Frauen und Alleinerziehen-
    de angeht –, dann haben wir mit der Wahl in Mecklen-
    burg-Vorpommern noch nicht das Ende der Fahnenstan-
    ge erreicht. Ich hoffe, dass uns anderes und mehr erspart
    bleibt .


    (Beifall bei der LINKEN – Dr . Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Ihr scheitert deshalb an der Fünfprozenthürde!)