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ID1818700300

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  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 13
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/187 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 187. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 8. September 2016 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Wolfgang Gehrcke . . . . . . . . . . . . . . . . 18507 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 18507 B Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 18507 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017) Drucksache 18/9200 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18507 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020 Drucksache 18/9201 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18507 C Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . 18507 D Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 18512 C Dr . Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18514 A Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18516 A Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 18517 C Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 18518 D Andreas G . Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 18520 B Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18522 A Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18523 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 18524 B Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18525 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18526 D Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18528 B Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18529 A Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 18530 C Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18532 A Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 18534 A Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 18536 D Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 18538 A Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18540 B Dr . Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18541 D Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . 18542 C Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 18544 B Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18545 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18546 D Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18548 A Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18548 C Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18550 B Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 18551 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18552 A Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18553 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 187 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 8 . September 2016II Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 2015 – Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2015 – Drucksache 18/8833 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18554 D Zusatztagesordnungspunkt Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur An- passung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben Drucksache 18/9526 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18555 A Tagesordnungspunkt 3: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses – zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundes- regierung für das Haushaltsjahr 2014 – Vorlage der Haushaltsrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2014 – – zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bun- desregierung für das Haushaltsjahr 2014 – Vorlage der Vermögensrech- nung des Bundes für das Haushalts- jahr 2014 – – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes (einschließlich der Fest- stellungen zur Jahresrechnung 2014) – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes – Weitere Prüfungser- gebnisse – Drucksachen 18/5291, 18/5128, 18/6600, 18/6933 Nr . 1 .1, 18/8100, 18/8283 Nr . 4, 18/9108 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18555 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
  • folderAnlagen
    Alois Rainer (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 187 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 8 . September 2016 18617 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bülow, Marco SPD 08 .09 .2016 Burkert, Martin SPD 08 .09 .2016 Dehm, Dr . Diether DIE LINKE 08 .09 .2016 Dinges-Dierig, Alexandra CDU/CSU 08 .09 .2016 Gerster, Martin SPD 08 .09 .2016 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 08 .09 .2016 Hellmich, Wolfgang SPD 08 .09 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 08 .09 .2016 Hirte, Dr . Heribert CDU/CSU 08 .09 .2016 Jüttner, Dr . Egon CDU/CSU 08 .09 .2016 Kolbe, Daniela SPD 08 .09 .2016 Krellmann, Jutta DIE LINKE 08 .09 .2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 08 .09 .2016 Leyen, Dr . Ursula von der CDU/CSU 08 .09 .2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lösekrug-Möller, Gabriele SPD 08 .09 .2016 Lücking-Michel, Dr . Claudia CDU/CSU 08 .09 .2016 Neu, Dr . Alexander S . DIE LINKE 08 .09 .2016 Rosemann, Dr . Martin SPD 08 .09 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 08 .09 .2016 Schmelzle, Heiko CDU/CSU 08 .09 .2016 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 08 .09 .2016 Stadler, Svenja SPD 08 .09 .2016 Steffen, Sonja SPD 08 .09 .2016 Weisgerber, Dr . Anja CDU/CSU 08 .09 .2016 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 08 .09 .2016 Zimmermann, Pia DIE LINKE 08 .09 .2016 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 187. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 09 Wirtschaft und Energie EPL 15 Gesundheit TOP 2 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 3 Abschließende Beratungen ohne Aussprache EPL 11 Arbeit und Soziales EPL 10 Ernährung und Landwirtschaft EPL 17 Familie, Senioren, Frauen und Jugend Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Lammert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie
    herzlich zu unserer 187 . Sitzung in der laufenden Le-
    gislaturperiode . Bevor ich in die Tagesordnung eintrete,
    möchte ich dem Kollegen Wolfgang Gehrcke herzlich
    zu seinem heutigen 73 . Geburtstag gratulieren .


    (Beifall)


    Ein schönerer Austragungsort für einen Geburtstag als
    dieser Saal lässt sich schwerlich denken. Ich hoffe, das
    beflügelt Sie für den weiteren Verlauf des neuen Lebens-
    jahres .

    Interfraktionell ist vereinbart worden, den Entwurf
    eines Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbe-
    helfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und
    völkerrechtliche Vorgaben auf der Drucksache 18/9526
    als Zusatzpunkt ohne Debatte zusammen mit dem Tages-
    ordnungspunkt 2 aufzurufen .

    Darüber hinaus soll der bereits überwiesene Entwurf
    eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Elektro-
    mobilität im Straßenverkehr auf der Drucksache 18/8828
    nachträglich auch dem Ausschuss für Bildung, For-
    schung und Technologiefolgenabschätzung zur Mitbera-
    tung überwiesen werden .

    Können wir uns darauf verständigen? – Das sieht so
    aus . Dann ist das so beschlossen .

    Nun können wir die Haushaltsberatungen – Tagesord-
    nungspunkt 1 – fortsetzen:

    a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
    rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
    zes über die Feststellung des Bundeshaus-
    haltsplans für das Haushaltsjahr 2017

    (Haushaltsgesetz 2017)


    Drucksache 18/9200
    Überweisungsvorschlag:
    Haushaltsausschuss

    b) Beratung der Unterrichtung durch die Bun-
    desregierung

    Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020

    Drucksache 18/9201
    Überweisungsvorschlag:
    Haushaltsausschuss

    Wir haben am Dienstag für die heutige Aussprache
    eine Redezeit von insgesamt achteinhalb Stunden be-
    schlossen .

    Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bun-
    desministeriums für Wirtschaft und Energie, Einzel-
    plan 09.

    Ich erteile das Wort dem Bundesminister für Wirt-
    schaft und Energie, Sigmar Gabriel .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
    Energie:

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
    haben in den letzten Tagen viel über Verunsicherung in
    Deutschland gesprochen . Allerdings gibt es auch einen
    langjährigen Grund für Verunsicherung, den wir erfolg-
    reich zurückdrängen konnten, nämlich die Sorge um den
    Arbeitsplatz; denn die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie
    seit 25 Jahren nicht mehr. Ich finde, gerade in dieser auf-
    gewühlten Zeit ist das ein politischer Erfolg, den man gar
    nicht hoch genug einschätzen kann .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg . Dr . Petra Sitte [DIE LINKE])


    43,5 Millionen Menschen finden Arbeit in unse-
    rem Land, so viele wie noch nie in der Geschichte der
    Republik . Das zeigt, worauf es ankommt: Weil unse-
    re Wirtschaft jedes Jahr solide gewachsen ist, sind die
    Einnahmen des Staates und der Sozialversicherungen
    gestiegen . Unsere Aufgabe muss es deshalb sein, diesen
    erfolgreichen Pfad fortzusetzen und dafür zu sorgen, dass
    es dabei bleibt . Nach Raten von nur 0,4 und 0,3 Prozent
    Wirtschaftswachstum in den Jahren 2012 und 2013 hat
    Deutschland zu Beginn dieser Legislaturperiode 1,6 Pro-
    zent erreicht, und in diesem Jahr werden vermutlich
    1,7 Prozent erreicht . Noch wichtiger aber ist, dass ent-






    (A) (C)



    (B) (D)


    gegen manchen öffentlichen Behauptungen die Zahl pre-
    kärer Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland nicht
    steigt, sondern sinkt, während die Zahl der sozialversi-
    cherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse jedes
    Jahr steigt .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Das ist nicht irgendwelche Arbeit, sondern Arbeit
    mit steigenden Einkommen. Die Tariflöhne sind in den
    letzten Jahren endlich wieder gestiegen . Wir haben uns
    sehr darum bemüht, die Tarifverträge wieder in den Mit-
    telpunkt der Politik zu bringen . Wir haben Reallohnzu-
    wächse für die arbeitende Mitte der Gesellschaft . Wenn
    sich Arbeit und Anstrengung lohnen, dann ist das ver-
    mutlich der stärkste Stabilitätsanker für unser Land, und
    nicht nur das . Weil Arbeit da ist und weil Löhne steigen,
    haben wir die höchste Rentenerhöhung seit 20 Jahren in
    diesem Land .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    In der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik muss die
    Bundesregierung also irgendetwas richtig gemacht ha-
    ben .

    Demjenigen, der es ganz handfest haben will, will ich
    eine einfache Zahl nennen: Im Durchschnitt hat heute je-
    der Arbeitnehmer jedes Jahr rund 1 000 Euro mehr im
    Portemonnaie als zu Beginn dieser Legislaturperiode .
    Keine Frage: Wenn der Durchschnitt des verfügbaren Ar-
    beitnehmereinkommens um 1 000 Euro im Jahr gestie-
    gen ist, heißt das auch, dass nicht alle davon profitieren.
    Auch das gehört zur Wahrheit: Immer noch arbeiten zu
    viele Menschen, vor allen Dingen im Dienstleistungs-
    sektor, zu schlechten Löhnen . Zu viele sind auf schlecht
    bezahlte Leih- und Zeitarbeit und auf Werkverträge an-
    gewiesen . Deshalb dürfen wir uns mit dem Erreichten
    natürlich nicht zufriedengeben . Mit der Eingrenzung
    von Leih- und Zeitarbeit und von Werkverträgen, die die
    Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vorangebracht
    hat, sind wir auf dem richtigen Weg .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Wo ist sie denn?)


    Meine Damen und Herren, hinter all diesen Zahlen
    steckt aber etwas noch viel Grundsätzlicheres: Der Wert
    der Arbeit in Deutschland ist wieder gestiegen . Leistung,
    auch Lebensleistung, findet Anerkennung. Das ist für
    unsere Gesellschaft ein Signal von überragender Bedeu-
    tung . Denn das Signal, dass die soziale Marktwirtschaft
    versucht, ihr Leitbild „Wohlstand für alle“ wieder zu er-
    reichen, ist gerade in solchen Zeiten, in denen wir jetzt
    leben, wichtig .

    Soziale Marktwirtschaft ist eben nicht Hilfe für die
    Schwächsten – diese Umdeutung zur Caritas haben die
    Neoliberalen und die sogenannte Initiative Neue Sozia-
    le Marktwirtschaft über Jahrzehnte durchzusetzen ver-
    sucht –, sondern soziale Marktwirtschaft ist der Aufruf
    zu gerechter Teilhabe am Haben und Sagen derjenigen,
    die die Werte in der Gesellschaft jeden Tag hart erarbei-
    ten .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das Versprechen der sozialen Marktwirtschaft ist nicht,
    dass die Schwächsten nicht unter die Räder geraten sol-
    len, sondern – ich wiederhole es – das Versprechen ist
    Wohlstand für alle .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ludwig Erhard!)


    – Ja, aber man muss eben mehr als die Klappentexte le-
    sen .


    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Aber auch mehr vortragen!)


    – Leute, ich rate euch, zu lesen, was die Ordoliberalen
    zur Erbschaftsteuer gesagt haben .


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Keine sozialen Untertanen!)


    Das würde ich, wie gesagt, einmal nachlesen .


    (Dr . Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Herr Gabriel, setzen Sie das mal um, was Herr Rüstow dazu gesagt hat!)


    Die fanden, dass eine zu hohe Erbschaft eigentlich leis-
    tungsloses Einkommen ist,


    (Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Richtig!)


    das Marktversagen produziert .


    (Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Richtig!)


    Manchmal hätte ich mir gewünscht, ich könnte eine
    solche Rede in Anwesenheit der FDP halten . Aber ich
    sage einmal: Dass sie es jetzt nicht hört, ist auch nicht
    schlimm .


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


    Meine Damen und Herren, ich glaube, dass die Rich-
    tung wieder stimmt . Ich sage ganz ausdrücklich: Die Ar-
    beit der Großen Koalition in den letzten drei Jahren hat
    Deutschland drei gute Jahre gebracht .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich bin weit davon entfernt, das als Selbstverständlich-
    keit zu betrachten . Im Gegenteil: Gerade weil es ganz
    gut läuft, darf man nicht selbstzufrieden und zu selbstsi-
    cher werden . Wenn wir auch 2025 noch sozial sicher und
    kulturell vielfältig leben wollen, müssen wir jetzt erneut
    anpacken, um die wirtschaftliche Dynamik zu erhalten .
    Wirtschaftlicher Erfolg ist gewiss nicht alles . Aber ohne
    wirtschaftlichen Erfolg werden wir erneut soziale Vertei-
    lungskämpfe erleben, weit weniger Hilfe für Flüchtende
    bieten und weder in Europa noch anderswo helfen kön-
    nen . Ohne wirtschaftlichen Erfolg wäre die Stabilität un-
    seres Landes möglicherweise ernsthaft in Gefahr .

    Meine Damen und Herren, derzeit wächst unsere
    Wirtschaft solide, trotz einer europäischen und weltpoli-
    tischen Umgebung der Krisen und erheblichen Risiken .
    Die Politik der Bundesregierung antwortet nicht zuletzt
    auf diese Krisen und Risiken .

    Bundesminister Sigmar Gabriel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Erstens tun wir dies durch höhere Investitionen . Um
    ein Drittel ist der Investitionshaushalt in dieser Legisla-
    turperiode gestiegen .

    Zweitens haben wir die Rahmenbedingungen für den
    Mittelstand und für junge Unternehmen deutlich verbes-
    sert . Wir haben einen Bürokratieabbau im Umfang von
    2 Milliarden Euro hinbekommen . Wir haben die Förde-
    rung von Wachstumsinitiativen mit Blick auf junge Un-
    ternehmen mit einem Volumen von rund 2 Milliarden
    Euro beschlossen . Wir haben die Mittel der regionalen
    Wirtschaftsförderung und der Innovationsförderung im
    Mittelstand ausgebaut . Übrigens: 80 Prozent der Regi-
    onalförderung und 40 Prozent der Mittelstandsförderung
    gehen nach Ostdeutschland .

    Drittens . Wir haben ein Integrationspaket und den Be-
    ginn eines neuen Solidarpakts auf den Weg gebracht, um
    aktive Arbeitsmarktpolitik im Hinblick auf die Aufnah-
    me von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu leisten und
    zugleich allen in Deutschland lebenden Langzeitarbeits-
    losen ein neues Angebot zu machen, um den sozialen
    Wohnungsbau wiederzubeleben, und um die Schaffung
    bezahlbarer Wohnungen für alle Menschen in Deutsch-
    land zu ermöglichen und um die Versorgung mit Kita-
    plätzen auch dann zu sichern, wenn viele Kinder aus
    Flüchtlingsfamilien eine Betreuung brauchen .

    Durch die sehr gute wirtschaftliche Entwicklung hat-
    ten und haben wir dafür auch die finanzielle Leistungs-
    kraft, und zwar ohne neue Defizite, ohne Steuererhöhun-
    gen und ohne schwere Verteilungskämpfe . Man muss sich
    einmal überlegen, was das bedeutet: 1 Million Menschen
    neu aufnehmen, integrieren, keine Steuererhöhungen,
    keine Defizite, keine schweren Verteilungskämpfe. Ich
    kenne kein anderes Land der Erde, das dazu so schnell in
    der Lage gewesen wäre .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Aber wie schnell sich die Lage auch ändern kann,
    zeigen schon die Zahlen, die der Bundesfinanzminister
    am Dienstag vorgestellt hat; denn die ausgeglichenen
    Haushalte seit 2014 und die Haushaltsüberschüsse im
    Bundeshaushalt haben neben der guten wirtschaftlichen
    Entwicklung ja vor allem einen Hintergrund: extrem
    niedrige Ölpreise und massiv gesunkene Zinsen . Rund
    20 Milliarden Euro an Zinslast spart der Bundeshaushalt
    pro Jahr, 122 Milliarden Euro seit 2008 .

    Gleichzeitig wollen wir ja eigentlich wieder höhere
    Zinsen haben, weil sonst die privaten Vorsorgeleistungen
    vieler Versicherter und Sparer dauerhaft gefährdet wer-
    den. Bei steigenden Zinsen und steigenden Rohstoffprei-
    sen kann also aus dem Haushaltsplus auch schnell ein
    Haushaltsdefizit werden. Ich bin deshalb sehr zurück-
    haltend mit großen Steuersenkungsversprechen . Da ist
    in den letzten Monaten schon viel zu viel versprochen
    worden und am Dienstag noch mehr .


    (Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)


    Am Anfang stand die Ankündigung, den kompletten
    Soli abschaffen zu wollen. Das sind 20 Millionen – –


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Milliarden!)


    – Entschuldigung, 20 Milliarden . 20 Millionen, das wäre
    schön . Das sind also 20 Milliarden Euro . Dann sollen wir
    den Dauerstreit der Länder lösen und mindestens 5 Milli-
    arden Euro netto zusätzlich dazugeben .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Furchtbar!)


    Und seit Dienstag gibt es dann noch einmal die Ankün-
    digung einer Steuersenkung um 15 Milliarden Euro . Das
    sind zusammen 40 Milliarden Euro, mehr als 10 Prozent
    des Bundeshaushalts. Mal ganz offen: Wer soll das ei-
    gentlich glauben? Das werden wir nicht machen .


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wenn man es ernst meint mit Entlastung, muss man
    zwei Dinge tun: Erstens darf man nicht mit der Gießkan-
    ne über das Land ziehen und allen alles versprechen . Wir
    müssen nicht alle Einkommen steuerlich entlasten, son-
    dern die mittleren und niedrigen . Das ist übrigens auch
    ökonomisch sinnvoll, weil es Kaufkraft schafft. Vor al-
    lem für Alleinerziehende und Familien müssen wir mehr
    tun . Da bieten sich Sozialabgaben weitaus besser an als
    Steuern, oder es wäre zum Beispiel besser, durch die Er-
    höhung des Betriebskostenzuschusses des Bundes dafür
    zu sorgen, dass überall in Deutschland die Kindertages-
    stättengebühren abgeschafft werden könnten.


    (Beifall bei der SPD)


    Das wären dann nicht ein paar Euro pro Monat, sondern
    200 Euro und mehr pro Monat für die Familien .

    Zweitens sollte man solche Entlastungen nicht nur vor
    Wahlen ankündigen, sondern sie nach Möglichkeit vor
    Wahlen machen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Für die SPD kann ich erklären: Wir haben die Be-
    reitschaft, solche gezielten Entlastungen mittlerer und
    niedriger Einkommen, insbesondere bei Familien und
    Alleinerziehenden, noch in dieser Legislaturperiode an-
    zupacken; das kann ich Ihnen versprechen .


    (Beifall bei der SPD)


    Mindestens ebenso wichtig ist es aber auch, in die
    Volkswirtschaft zu investieren . Wir müssen die Wett-
    bewerbsfähigkeit des Landes weiter verbessern . Wir
    müssen dringend unsere Schulen und hier vor allem die
    Berufsschulen modernisieren . Wir brauchen mehr Ganz-
    tagsangebote in Kitas und Schulen . Wir brauchen vor al-
    lem die modernste digitale Infrastruktur bis 2025 – spä-
    testens dann; sonst werden wir abgehängt –, und das sind
    Gigabit-Netze, damit wir in Echtzeit Geschäftsmodelle
    entwickeln können .


    (Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da müssen Sie mal etwas tun!)


    – Das machen wir ja . Wir fangen an .


    (Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu zögerlich!)


    Herr Dobrindt hat sich eine gewaltige Aufgabe vorge-
    nommen . Er hat ein Zwischenziel bis 2018, von dem Sie

    Bundesminister Sigmar Gabriel






    (A) (C)



    (B) (D)


    noch vor der letzten Bundestagswahl gesagt haben, wir
    könnten es nicht erreichen .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es!)


    Also, ich finde, die Tatsache, dass man noch nicht 2025
    vor sich hat, sondern 2018, spricht nicht dagegen, dass
    man erstens etwas Vernünftiges macht und sich zweitens
    bessere Ziele setzt; so ist es ja nicht .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Meine Damen und Herren, das alles wird Geld kos-
    ten . Angesichts der gewaltigen Ausgaben der Länder und
    Kommunen in der Flüchtlingsintegration wird der Bund
    den Ländern gerade auch bei den Bildungsausgaben hel-
    fen müssen . Das Kooperationsverbot zwischen Bund und
    Ländern in der Bildung ist eine echte Wachstumsbremse,
    meine Damen und Herren .


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg . Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wenn man nicht wieder ins Schuldenmachen ein-
    steigen will, kann man Geld eben nur einmal ausgeben:
    entweder für die Erfüllung gigantischer Steuersenkungs-
    versprechen oder für Investitionen in die Zukunft des
    Landes .


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Oder für beides!)


    Ich rate also zur Zurückhaltung mit unrealistischen An-
    kündigungen und zu Augenmaß und Weitsicht .

    Wir haben gestern übrigens viel Richtiges über die
    Gefahren des rechten Populismus gehört . Zu dessen
    Nährboden zählen auch unhaltbare Wahlversprechen, die
    nach Wahlen schnell wieder einkassiert werden . Auch
    das sollten wir uns miteinander ersparen .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Ich bin gespannt, was bei euch kommt!)


    – Ja, das haben wir alle schon gemacht, jede Partei –
    manche mehr, manche weniger . Ich rate davon ab . Lieber
    wenig versprechen und das halten – das tun wir in dieser
    Legislaturperiode übrigens –,


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das war ein wichtiger Nebensatz!)


    als wieder neu damit anzufangen, den Staat arm zu ma-
    chen, die Wahlversprechen hinterher nicht einlösen zu
    können und damit die Enttäuschung vorzuprogrammie-
    ren .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Schauen wir mal, was Sie bei der Rente versprechen!)


    Meine Damen und Herren, wir brauchen Investitio-
    nen in den wirtschaftlichen Erfolg, aber übrigens auch
    in mehr Sicherheit . Mehr Sicherheit hat viele Facetten:
    soziale Sicherheit, bezahlbarer Wohnraum, auskömmli-
    che Renten, gute Schulen, lebendige Städte und Gemein-
    den – übrigens auch dort, wo der demografische Wandel
    und das Fehlen von Arbeitsplätzen zu weniger Einwoh-

    ner führen; auch dort darf die öffentliche Daseinsvorsor-
    ge nicht verschwinden – und natürlich innere Sicherheit .

    Es bringt nicht viel, auf Zahlen zu verweisen, da die
    Experten wissen, dass wir dem Aufgabenzuwachs der
    Bundespolizei seit circa elf Jahren nicht mit Personalauf-
    wuchs begegnet sind . Gut, dass wir das jetzt ändern . Ich
    finde das vernünftig. Die SPD hat den Antrag gestellt, die
    Union findet das richtig. Wir sind hier auf einem guten
    Weg, sollten aber nicht so tun, als hätten wir in der Ver-
    gangenheit durch das sozusagen Armsparen des Staates
    nicht vielleicht auch bei der Polizei Fehler gemacht .


    (Beifall bei der SPD)


    Die Länder haben hier zum Teil eingespart – Gott sei
    Dank nicht alle –, und die Bundespolizei hat – das können
    Sie bei der Gewerkschaft der Polizei nachlesen – 14 000
    Stellen zu wenig . By the way: Expertin für die innere Si-
    cherheit ist die Bundespolizei und nicht die Bundeswehr .
    Die muss man stärken!


    (Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Aber wir haben nicht reduziert!)


    Meine Damen und Herren, ich bleibe dabei: Wir müs-
    sen in einer Lage, in der wir binnen eines Jahres mehr als
    1 Million Flüchtlinge aufgenommen haben, die Gesell-
    schaft zusammenhalten . Das ist die eigentliche Schick-
    salsfrage . Weniger denn je dürfen wir eine gespaltene
    Gesellschaft der Gewinner und Verlierer hinnehmen .
    Weniger denn je dürfen wir die soziale Stabilität und den
    inneren Frieden aufs Spiel setzen .

    Solidarität haben die Menschen verdient, die Schutz
    bei uns suchen, aber nicht nur diese . Konkurrenz am
    Arbeitsmarkt und am Wohnungsmarkt sowie Sorgen
    um die Qualität der Schulen und um die Kriminalität
    in schwierigen Stadtteilen betreffen vor allem die Men-
    schen in Deutschland, die nicht viel Geld haben . Darauf
    hinzuweisen, heißt nicht, den Rechtspopulisten das Wort
    zu reden, sondern bedeutet, Menschen ernst zu nehmen,
    und vor allem bedeutet es, aktiv dafür zu sorgen, dass
    Menschen im Alltag erfahren, dass niemand vergessen
    wird; denn Politik lebt vom aktiven Handeln und nicht
    von Durchhalteparolen .

    Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten plä-
    dieren seit fast zwei Jahren für den Solidaritätspakt im
    Sinne einer doppelten Integration: also die integrieren,
    die kommen, und die zusammenhalten, die da sind . Das
    ist kein Ausspielen von Flüchtlingen gegen Einheimische
    und übrigens erst recht nicht erbarmungswürdig, sondern
    das genaue Gegenteil: Das ist der einzige Weg, die Ge-
    sellschaft zusammenzuhalten .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir fragen uns, wie vielen Menschen wir helfen und
    wie viele wir auf Dauer in Deutschland aufnehmen kön-
    nen . Das Maß, in dem wir fähig und in der Lage sind,
    den Zusammenhalt aller zu sichern, ist das Maß, das be-
    stimmt, wie viele Menschen wir hier aufnehmen können .
    Deshalb dürfen wir nicht in die Falle gehen, den Staat
    erneut zu schwächen, indem wir ihn durch allzu große

    Bundesminister Sigmar Gabriel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Versprechen entweder finanziell handlungsunfähig ma-
    chen oder erneut in die Verschuldung treiben .

    Eine immer heterogener und vielfältiger werdende
    Gesellschaft braucht Orientierungspunkte . Der wichtig-
    ste Orientierungspunkt ist ein starker und handlungsfä-
    higer Staat . 30 Jahre lang galt es als richtig, den Staat
    zu schwächen: weniger Steuern, weniger öffentliche
    Daseinsvorsorge, mehr Privatisierung, mehr Liberalisie-
    rung .

    Ich bin weit davon entfernt, alles wieder umkehren zu
    wollen; denn auch ein überbordender und übergriffiger
    Staat fördert den Frust und hemmt die wirtschaftliche
    Dynamik. Wir müssen aber eine neue Balance finden.
    Die Lebensverhältnisse in Deutschland sind heute jeden-
    falls alles andere als einheitlich, und auch das ist einer
    der Gründe für die Verunsicherung im Land, die sich die
    Falschen versuchen zunutze zu machen .

    Meine Damen und Herren, Zusammenhalt in Deutsch-
    land ist vor allen Dingen vor Ort gelebter Zusammen-
    halt . Deswegen war es richtig, dass diese Regierung für
    die Kommunen das größte Entlastungspaket in der Ge-
    schichte der Republik geschnürt hat .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Bis 2019 wird sich die Finanzierungsentlastung der
    Kommunen auf mehr als 30 Milliarden Euro erhöhen .
    Ich weiß nicht, ob es in der Geschichte der Republik et-
    was Ähnliches gegeben hat . Ich glaube nicht . Leistungen
    der Daseinsvorsorge, intakte Quartiere, das alles hat mit
    Ordnung und Sicherheit zu tun . Es gibt kein solidarisches
    Land ohne solidarische Städte und Gemeinden .

    Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir die
    Richtung in der sozialen Marktwirtschaft wieder gut vor-
    gegeben haben . Die soziale Marktwirtschaft überlässt
    eben die Gestaltung der Gesellschaft nicht allein denje-
    nigen, die sich wirtschaftlich stark fühlen . Politik ist kein
    Zuschauer . Sie darf nicht nur abwarten . Sie muss sich
    einmischen und Regeln durchsetzen .

    Auch deshalb haben wir in der Energiewende trotz
    harter Lobbykämpfe endlich dafür gesorgt, dass sie in
    verlässliche Bahnen kommt .


    (Beifall bei der SPD)


    Wir haben sie zum ersten Mal in den europäischen Bin-
    nenmarkt eingebettet und zugleich für die stromintensive
    Industrie sowie für die industrielle Eigenstromversor-
    gung Sicherheit geschaffen, damit sie nicht in Gefahr
    geraten . Die im internationalen Wettbewerb stehende
    Stahl- und Chemieindustrie mit ihren Hunderttausenden
    Arbeitsplätzen bekommt Klarheit . Das ist ein zentrales
    Stück Industriepolitik, mit der unsere produzierende
    Wirtschaft im europäischen Wettbewerb gestärkt wird .

    Meine Damen und Herren, Politik in der sozialen
    Marktwirtschaft muss sich eben einmischen, wenn es um
    das Gemeinwohl geht . Das galt übrigens auch beim The-
    ma Edeka/Tengelmann . Ich will das nur am Rande strei-
    fen, wir werden darüber noch im Ausschuss reden . Aber
    eins ist doch klar: Wenn es einen Gemeinwohlgrund gibt,

    dann doch wohl den, 8 000 bis 16 000 Arbeitsplätze zu
    sichern .


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Klaus Ernst [DIE LINKE])


    Das gilt allemal dann, wenn es gut bezahlte Arbeitsplät-
    ze sind und diese tarifvertraglich abgesichert sind . Dass
    man dafür Gespräche führen muss, die man nicht jedem
    sofort in der Art von Protokollen mitteilt, war in bisheri-
    gen Kartellverfahren üblich . Insofern werden wir sehen,
    wie der Bundesgerichtshof darauf reagiert .


    (Zuruf der Abg . Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wichtig finde ich nur, Frau Dröge: Die Tarifverträge
    gehen über das hinaus, was ich an Auflagen gemacht
    habe .


    (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir völlig einig!)


    Das geht so weit, dass die befristeten Arbeitsverhältnisse
    abgesichert werden, sie werden zu festen Arbeitsverhält-
    nissen . Es geht so weit, dass auch die Arbeitsplätze bei
    Edeka in den Tarifverträgen gesichert werden .


    (Beifall bei der SPD)


    Ich will denjenigen sehen, der das ernsthaft infrage stel-
    len kann . Deswegen bin ich ganz gelassen .

    Eins ist klar: Wenn man als Minister in solchen Fällen
    nichts tut, dann handelt man relativ risikofrei .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Auch nicht!)


    Wenn man sozusagen oben vom Turm beobachtet, wie
    den Menschen etwas angetan wird, dann geht man viel-
    leicht selbst ein geringeres Risiko ein . Dafür steigt das
    Risiko bei den Betroffenen. Ich jedenfalls glaube, dass
    wir nicht in der Politik sind, um unsere Risiken zu mini-
    mieren, sondern um die Risiken von Menschen und vor
    allen Dingen von abhängig Beschäftigten zu verringern .
    Das haben wir hier getan .


    (Beifall bei der SPD)


    Meine Damen und Herren, die soziale Marktwirtschaft
    wird natürlich nur dann ernst genommen, wenn sie sich
    auch im Zeitalter von Europäisierung und Globalisierung
    durchsetzt . Konkret: Große, renommierte, internationale
    Unternehmen können sich nicht so benehmen wie Feu-
    dalherren und selbst entscheiden, wie sie mit ihrer Pflicht,
    zum Gemeinwohl beizutragen, umgehen wollen . Es geht
    nicht darum, einzelne Konzerne wie Apple, Amazon oder
    Starbucks an den Pranger zu stellen . Darum geht es gar
    nicht . Es geht darum, das System zu verstehen und die
    Komplizenschaft abzustellen .

    Es ist richtig, wie der Bundesfinanzminister ausgeführt
    hat, dass wir beim Informationsaustausch der Steuerbe-
    hörden Fortschritte gemacht haben . Die zuständigen Be-
    hörden müssen die Gelegenheit dann allerdings auch er-
    greifen . Wenn Apple in Deutschland ein iPhone verkauft,
    macht das Unternehmen mit jedem verkauften Gerät
    einen hohen Gewinn . Dieser Gewinn wird verschoben,
    um der Besteuerung zu entgehen . Die in Deutschland
    registrierte Apple-Gesellschaft in Frankfurt, die für den

    Bundesminister Sigmar Gabriel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Verkauf von Apple-Geräten zuständig ist, verdient damit
    fast eine halbe Milliarde Euro . Der Gewinn hingegen be-
    trägt nur etwa 10 Millionen Euro . Apple zahlt in Europa
    0,005 Prozent Steuern . Dass das oberfaul ist, liegt auf der
    Hand . Und es ist ein Hohn für jeden Facharbeiter und
    jeden Handwerksmeister, der brav seine Steuern zahlt .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir sind also aufgerufen, das auch in Europa zu ändern .
    Das kann nicht die Aufgabe der Wettbewerbskommission
    sein .

    Natürlich geht es auch darum, dass wir in Europa auf-
    passen müssen, nicht abgehängt zu werden . Deswegen
    bin ich sehr dafür, dass Europa auch Freihandelsverträ-
    ge schließt, die es uns ermöglichen, auch die Standards
    sozialer Marktwirtschaften im internationalen Handel
    einzuführen . Dafür muss man sich in das Wagnis von
    Verhandlungen hineinbegeben . Dass das bei TTIP aus
    meiner Sicht in diesem Jahr nicht mehr zu erreichen ist,
    habe ich hinreichend oft gesagt . Dass ich das bedauere,
    ist, glaube ich, auch klar . Denn ich fand die Verhandlun-
    gen über diese Abkommen dringend nötig . Aber es bringt
    auch nichts, mit den Verhandlungen über TTIP so umzu-
    gehen wie in dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“,
    nämlich immer „Bravo!“ zu rufen, und in Wahrheit steht
    das Abkommen sozusagen ziemlich nackt da .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Na, na, na!)


    Wir werden sehen, ob nach den amerikanischen Präsi-
    dentschaftswahlen ein Neustart gelingt .



Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Herr Minister, –

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:

Ja, ich komme zum Schluss .


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Lammert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    – darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass die

    Freude Ihrer Fraktion über Ihre Rede vielleicht durch die
    Inanspruchnahme der Redezeit der nachfolgenden Kolle-
    ginnen und Kollegen getrübt wird?


    (Heiterkeit bei der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das macht nichts! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir haben ein großes Herz!)


    Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
    Energie:

    Herr Präsident, ich will nicht sagen, dass sie Kummer
    gewohnt sind …


    (Heiterkeit bei der SPD)


    Ich komme zum Schluss . Ich glaube, dass auch das da-
    zugehört: den Standort Europa zu stärken und die soziale
    Marktwirtschaft durchzusetzen, nicht nur bei uns, son-
    dern auch Schritt für Schritt in Europa und global . Dafür

    brauchen wir vor allen Dingen die Kombination aus wirt-
    schaftlicher Dynamik und sozialer Sicherheit . Es vereint
    das europäische Modell von Freiheit und Verantwortung .
    Das ist übrigens nichts anderes als die Leitkultur unserer
    Wirtschaftsverfassung .

    Ich finde, wir haben in unserem Land mit viel Erfolg
    in den letzten drei Jahren dieser Leitidee unserer Wirt-
    schaftsverfassung zu neuer Geltung verholfen . Ich glau-
    be, das sollte uns auch in den kommenden Jahren leiten .

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .


    (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU)