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ID1818101300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/181 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 181. Sitzung Berlin, Dienstag, den 28. Juni 2016 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: Ausgang des Referendums über den Verbleib des Vereinigten König- reichs in der EU mit Blick auf den Europä- ischen Rat am 28./29. Juni 2016 in Brüssel Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 17881 B Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 17884 D Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17886 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17889 C Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17891 C Dr. Katarina Barley (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17893 D Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17894 D Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17895 B Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17896 D Kai Whittaker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17897 C Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17898 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17899 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 17901 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. Juni 2016 17881 181. Sitzung Berlin, Dienstag, den 28. Juni 2016 Beginn: 10.30 Uhr
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    Ralph Brinkhaus (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. Juni 2016 17901 Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aken, Jan van DIE LINKE 28.06.2016 Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Arnold, Rainer SPD 28.06.2016 Barnett, Doris SPD 28.06.2016 Beckmeyer, Uwe SPD 28.06.2016 Behrens, Herbert DIE LINKE 28.06.2016 Bergner, Dr. Christoph CDU/CSU 28.06.2016 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 28.06.2016 Bulling-Schröter, Eva DIE LINKE 28.06.2016 Bülow, Marco SPD 28.06.2016 Daldrup, Bernhard SPD 28.06.2016 De Ridder, Dr. Daniela SPD 28.06.2016 Dehm, Dr. Diether DIE LINKE 28.06.2016 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Erler, Dr. h. c. Gernot SPD 28.06.2016 Ernstberger, Petra SPD 28.06.2016 Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 28.06.2016 Gädechens, Ingo CDU/CSU 28.06.2016 Gohlke, Nicole DIE LINKE 28.06.2016 Göppel, Josef CDU/CSU 28.06.2016 Groth, Annette DIE LINKE 28.06.2016 Gunkel, Wolfgang SPD 28.06.2016 Güntzler, Fritz CDU/CSU 28.06.2016 Gutting, Olav CDU/CSU 28.06.2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Hagedorn, Bettina SPD 28.06.2016 Heil (Peine), Hubertus SPD 28.06.2016 Heinrich, Gabriela SPD 28.06.2016 Heller, Uda CDU/CSU 28.06.2016 Herzog, Gustav SPD 28.06.2016 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 28.06.2016 Hintze, Peter CDU/CSU 28.06.2016 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 28.06.2016 Jurk, Thomas SPD 28.06.2016 Koenigs, Tom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Kramme, Anette SPD 28.06.2016 Krings, Dr. Günter CDU/CSU 28.06.2016 Kühn (Dresden), Stephan BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Kühne, Dr. Roy CDU/CSU 28.06.2016 Launert, Dr. Silke CDU/CSU 28.06.2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 28.06.2016 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Mattheis, Hilde SPD 28.06.2016 Möhring, Cornelia DIE LINKE 28.06.2016 Otte, Henning CDU/CSU 28.06.2016 Paus, Lisa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Petzold, Ulrich CDU/CSU 28.06.2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. Juni 201617902 (A) (C) (B) (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Pflugradt, Jeannine SPD 28.06.2016 Pilger, Detlev SPD 28.06.2016 Raatz, Dr. Simone SPD 28.06.2016 Renner, Martina DIE LINKE 28.06.2016 Rief, Josef CDU/CSU 28.06.2016 Rüthrich, Susann SPD 28.06.2016 Schiefner, Udo SPD 28.06.2016 Schimke, Jana CDU/CSU 28.06.2016 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 28.06.2016 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 28.06.2016 Schuster (Weil am Rhein), Armin CDU/CSU 28.06.2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schwarz, Andreas SPD 28.06.2016 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 28.06.2016 Sendker, Reinhold CDU/CSU 28.06.2016 Steffen, Sonja SPD 28.06.2016 Thönnes, Franz SPD 28.06.2016 Tillmann, Antje CDU/CSU 28.06.2016 Troost, Dr. Axel DIE LINKE 28.06.2016 Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Wicklein, Andrea SPD 28.06.2016 Wittke, Oliver CDU/CSU 28.06.2016 Zech, Tobias CDU/CSU 28.06.2016 Zöllmer, Manfred SPD 28.06.2016 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 181. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Regierungserklärung zum Ausgang des Referendums in Großbritannien Anlage Anlage 1
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Volker Kauder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

    Liebe Kollegen! Ja, das war ein schlechter Tag. So kann
    man es formulieren, was am letzten Donnerstag in Groß-
    britannien für Europa geschehen ist. Aber ich finde es
    richtig, dass wir nicht bei dieser Aussage stehen bleiben,
    sondern dass wir sagen: Europa bedauert es sehr, dass
    Großbritannien ausscheiden will; aber Europa ist auch
    ohne Großbritannien stark genug, um die Aufgaben zu
    lösen, für die Europa da ist, liebe Kolleginnen und Kol-
    legen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Es geht jetzt darum, in aller Ruhe diese Entscheidung
    zur Kenntnis zu nehmen und dann mit den Briten darüber
    zu reden, wie es weitergehen soll. Ich kann nur sagen:
    Die Briten haben entschieden. – Aber wer dafür plädiert,
    die Entscheidung des britischen Volkes ernst zu nehmen,
    der muss auch ernst nehmen, dass die Briten darüber erst
    einmal in ihren Institutionen reden und dass sie entschei-
    den, wann der Antrag gestellt wird. Diese Bevormun-
    dung von außen – heute! jetzt! sofort! – halte ich in der
    konkreten Situation nicht für angemessen, liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])


    Ich finde es richtig, wenn da die Bundeskanzlerin sagt:
    Die Briten müssen dies nun entscheiden. Wir wollen da
    nicht unnötig Druck aufbauen, aber sie sollen jetzt bald
    zu einem Ergebnis kommen. – Ich habe auch Verständ-
    nis dafür, dass bei einer solchen Entscheidung, durch die
    das Volk in Großbritannien auch aufgewühlt ist, erst ein-
    mal mit ein bisschen Abstand Klarheit auch im Denken
    geschaffen werden muss, was nun eigentlich geschehen
    soll. Wir vermitteln durch die ständige Forderung „Jetzt!
    Sofort!“ den Eindruck, als ob das alles auch so schnell
    gehe.

    Die Verhandlungen werden wie bei einem großen
    Scheidungsprozess nicht in einer Woche entschieden
    sein. Es wird um Monate und Jahre einer Phase des Tren-
    nens gehen. In dieser Phase des Trennens muss geklärt
    werden, wie die Position von Großbritannien aussieht.
    Das ist die erste Frage, die jetzt geklärt werden muss.

    Zweitens. Bei all den Gesprächen, die dann statt-
    finden – auch das muss man klar und deutlich sagen –,
    müssen wir, wie ich finde, schon auch unsere Interessen
    berücksichtigen. Großbritannien ist ein wichtiger Han-
    delspartner für uns. Ich finde, das soll Großbritannien
    auch in Zukunft sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Großbritannien sitzt nach wie vor mit uns in der NATO;
    da könnten noch manche Diskussionen auf uns zukom-

    Katrin Göring-Eckardt






    (A) (C)



    (B) (D)


    men. Von daher rate ich, mit diesem Land anständig um-
    zugehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    G7, G20 – überall sind sie dabei. Deswegen kann es wohl
    nicht nach dem Motto laufen: Ihr habt eine Entscheidung
    getroffen, die uns nicht passt, und dafür werden wir euch
    anständig bestrafen. – Das ist nicht unsere Position, liebe
    Kolleginnen und Kollegen; das werden wir auf gar kei-
    nen Fall machen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Frau Göring-Eckardt und Thomas Oppermann haben
    ja darauf hingewiesen, dass jetzt eine Entscheidung für
    etwas getroffen wurde, was knapp die Hälfte so sieht, was
    aber eine starke Minderheit anders sieht, vor allem die
    junge Generation. Und dieser jungen Generation möch-
    te ich sagen: Es werden andere Chancen, andere Zeiten
    kommen. Nur – auch darauf hat Frau Göring-Eckardt
    hingewiesen –, es zeugt doch schon von einer gewissen
    Dramatik, dass eine junge Generation, die gewusst hat,
    dass es um ihre Zukunft geht, nicht in ausreichender An-
    zahl zur Wahl geht. Dafür gibt es keine Entschuldigung,
    sondern nur den Hinweis: Nächstes Mal müsst ihr es bes-
    ser machen!


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Natürlich ist es auch richtig, dass wir darüber reden,
    was wir tun können, damit dieses Europa attraktiver wird.


    (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Es geht um die EU, nicht um Europa!)


    Über den Nationalstaat braucht man in der Regel keine
    Geschichte zu erzählen; aber über die Bedeutung Euro-
    pas muss eine Geschichte erzählt werden. Wir haben hier
    im Deutschen Bundestag immer wieder darauf hinge-
    wiesen, dass die Gründungsgeschichte dieses gemeinsa-
    men Europas auf den Erfahrungen mit den Kriegen, vor
    allem mit dem Zweiten Weltkrieg, basiert und dahinter
    die große Vision stand: Nie wieder Krieg! – Diese ist
    in Erfüllung gegangen, und darüber sind wir auch froh
    und dankbar. Aber jetzt muss eine neue Geschichte er-
    zählt werden, eine Geschichte darüber, was dieses Eu-
    ropa ausmacht. Sie sollte nicht nur aus nackten Fakten
    und Aufgaben bestehen, sondern auch aus einer gewissen
    Emotion. Wenn es nicht gelingt, Europa in den Herzen
    der Menschen zu verankern, dann wird es in Zukunft sehr
    schwer für Europa, die gute Geschichte zu erzählen, liebe
    Kolleginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Axel Schäfer [Bochum] [SPD])


    Ich glaube, es müssen zwei Dinge gemacht werden:
    Zum einen müssen die immer wieder aufgerufenen Kri-
    tikpunkte angepackt werden – dazu gleich –; zum ande-
    ren muss aber auch immer wieder gesagt werden, was
    dieses Europa bedeutet.

    Auch ich muss mich immer wieder fragen: „Habe ich
    da alles richtig gemacht?“,


    (Andrej Hunko [DIE LINKE]: Nein!)


    und komme zu dem Ergebnis: Es kann nicht sein, dass
    wir immer dann, wenn es besonders schwierig wird, alle
    Schuld auf Europa schieben. Es kann nicht sein, dass die
    Kommunen die Schuld aufs Land schieben, das Land auf
    den Bund und der Bund auf Europa. So werden wir die
    Geschichte, die an die Herzen gehen soll, nicht erzählen
    können, liebe Kolleginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])


    Damit dies nicht passiert, müssen wir schauen, auf wel-
    cher Ebene welche Aufgaben gelöst werden sollen. Dann
    muss auch ganz genau geschaut werden, wo wir auf den
    jeweiligen Ebenen Verantwortung abladen wollen und
    wo das nicht geht.

    Ich habe mehrfach an diesem Pult gesagt, dass ich fin-
    de, dass Europa im Augenblick in keinem guten Zustand
    ist – und das ist noch eine freundliche Formulierung.
    Aber es geht hier nicht um Europa, sondern in erster Li-
    nie um die Nationalstaaten. Insofern hoffe ich, Frau Bun-
    deskanzlerin, dass es jetzt gelingt – nicht bei dem Gipfel,
    der jetzt ansteht, aber in der nächsten Zeit –, dass sich die
    Nationalstaaten wieder stärker bewusst werden, welche
    Verantwortung sie für das gemeinsame Europa tragen,


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    und entsprechende Ergebnisse hervorbringen. Es ist doch
    nicht Europa, das die gemeinsame Flüchtlings- und Asyl-
    politik verhindert, sondern es sind Nationalstaaten, die
    nicht bereit sind, die notwendige Solidarität zu leisten.
    Da gilt derselbe Satz wie für Großbritannien: gleiche
    Rechte, aber auch gleiche Pflichten. Liebe Kolleginnen
    und Kollegen, das muss da auch gesagt werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Ja, das sind ein paar Aufgaben, und wir müssen sagen:
    Europa ist besonders dort gefordert, wo der Nationalstaat
    zu klein geworden ist und die Aufgabe nicht leisten kann.
    Da sind wiederum die Nationalstaaten gefordert, dies
    zu akzeptieren. Wenn wir eine gemeinsame Außengren-
    ze schaffen und sagen, dass es dafür die Binnengrenze
    quasi nicht mehr gibt, dann muss doch aber auch klar
    sein, dass die Konsequenz daraus ist, dass diese Außen-
    grenze geschützt werden muss. Da, wie wir doch sehen,
    der eine oder andere Nationalstaat das nicht kann, muss
    Europa diese Aufgabe übernehmen. Die Menschen in
    Europa, die Bürgerinnen und Bürger – vielleicht ein paar
    Regierungen in den Nationalstaaten nicht –, würden hun-
    dertprozentig den Satz unterschreiben: Eine europäische
    Außengrenze erfordert auch eine europäische Grenz-
    schutzpolizei.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Da muss es jetzt mal einen Ruck geben. 150, 200 oder
    300 neue Stellen reichen nicht aus. Da muss nun etwas
    getan werden.

    Volker Kauder






    (A) (C)



    (B) (D)


    Angesichts der Situation, in der sich alle Armeen in
    Europa befinden, muss doch endlich einmal die Frage
    beantwortet werden: Wie können wir äußere Sicherheit
    durch intensivere Zusammenarbeit gerade in diesem Be-
    reich herstellen?


    (Zuruf von der LINKEN: Wie Heckler & Koch!)


    Da wird jeder seine Korrekturen vornehmen müssen.
    Mehr Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik be-
    deutet auch mehr Verantwortung für Europa in der Ver-
    teidigungspolitik. Da kann dann nicht jede nationale
    Eigenheit über das gemeinsame Interesse einer europäi-
    schen Verteidigungspolitik gestellt werden; das fängt mit
    der Zusammenarbeit bei Rüstungsexporten an. Und das
    hat Konsequenzen. Man kann nicht sagen: „Europa soll
    in den großen Bereichen mehr tun“, aber dann jedes Mal
    auf nationale Eigenheiten beharren. Das funktioniert hin-
    ten und vorne nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts
    der Geschehnisse in Großbritannien rate ich, die Analyse
    sorgfältig und nicht nach politischen Interessen vorzu-
    nehmen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    – Vielen Dank, aber damit sind auch Sie gemeint.


    (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber Sie auch!)


    Ja, es ist richtig: Wir müssen für mehr wirtschaftliches
    Wachstum sorgen, und wir müssen mehr dafür tun, dass
    junge Menschen Perspektiven haben. Aber das Thema
    Jugendarbeitslosigkeit war in Großbritannien nicht der
    entscheidende Punkt, um gegen Europa zu stimmen. Be-
    nennen wir die Dinge doch, wie sie sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Was soll ein junger Mensch in Spanien, Frankreich oder
    einem anderen Land von diesem gemeinsamen Europa
    halten, wenn er hört, dass 50 Prozent der Jugendlichen in
    seinem Alter arbeitslos sind? Es reicht eben nicht, wenn
    sich Europa für eine Wachstumsstrategie ausspricht und
    sagt: Wachstum erzeugen wir, indem wir viel Geld in das
    System hineinpumpen. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    lieber Koalitionspartner, Sie von der SPD haben völlig
    richtig erkannt – auch wenn Sie es heute nicht mehr
    wissen wollen –, dass ohne notwendige Reformen keine
    Wachstumsprozesse angestoßen werden können.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Deswegen war die Agenda 2010, an der Frank-Walter
    Steinmeier so erfolgreich mitgewirkt hat, doch richtig.
    Ich kann nur sagen: Wenn eine Partei wie Sie, die SPD,
    sich jetzt von dem erfolgreichen Wachstumsmotor verab-
    schieden will, dann ist das kein gutes Beispiel für Wachs-
    tumsperspektiven in Europa.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Wenn ich mir die französische Wirtschaft anschaue,
    wenn ich mir die wirtschaftliche Situation in Spanien
    anschaue, dann finde ich schon, dass dort einige Struktu-
    ren geändert werden müssen. Dass wir eine so gute Be-
    schäftigungssituation für junge Menschen haben, hängt
    auf der einen Seite mit unserer wirtschaftlich guten Si-
    tuation zusammen, auf der anderen Seite aber auch mit
    unserem Bildungssystem. Ich nenne Ihnen ein Beispiel:
    In meiner Region werden demnächst 13 000 zusätzliche
    Arbeitskräfte gesucht: 11 000 Facharbeiter und 2 000 In-
    genieure. In einem Bildungssystem wie Spanien, wo je-
    der studiert und kaum noch einer Facharbeiter wird, kann
    die Beschäftigung von jungen Menschen eben nicht so
    erfolgen wie bei uns in Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Deswegen müssen wir, wenn wir über eine Wachstums-
    philosophie für Europa reden, auch im Blick haben, wel-
    che Änderungen im Bildungssystem vorgenommen wer-
    den müssen.

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir sollten jetzt in
    aller Ruhe mit Großbritannien verhandeln, so wie es die
    Bundeskanzlerin gesagt hat. Ich finde, die Position, die
    Angela Merkel heute Morgen formuliert hat, ist genau
    die richtige Position für die nächsten Tage in Europa. Wir
    unterstützen diesen Kurs.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Dann sollten wir unsere eigenen Interessen in den Pro-
    zess einbringen. Wir sollten mit großer Zuversicht, mit
    großem Engagement und auch mit Begeisterung sagen:
    Ja, das war kein guter Tag; aber wir stehen zu Europa,
    weil wir wissen, was dieses Europa für uns und die junge
    Generation bedeutet.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Ich erteile das Wort der Kollegin Katarina Barley für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Katarina Barley


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr verehrter Herr Präsident! Guten Tag, liebe Kolle-

    ginnen und Kollegen! Der Brexit ist Realität geworden.
    Mein Vater ist Brite. Auch ich habe die britische Staats-
    bürgerschaft. Ich gebe zu: Ich bin immer noch ein Stück
    weit erschüttert, auch darüber, welche Gräben in diesem
    Land aufgerissen worden sind. Ich erlaube mir, hier noch
    einmal an unsere Kollegin Jo Cox zu erinnern, die diese
    aufgeheizte und aggressive Atmosphäre am Ende mit ih-
    rem Leben bezahlt hat.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Volker Kauder






    (A) (C)



    (B) (D)


    Herr Kauder, niemand will Großbritannien für seine
    Entscheidung bestrafen, ich als Letzte. Aber „in is in“
    und „out is out“ – so viel muss klar sein.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Stimmt!)


    Wenn wir jetzt über einen Better Deal verhandeln und
    neue Zugeständnisse machen würden,


    (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das hat er nicht gesagt!)


    wie sollten wir dann den anderen Staaten gegenübertre-
    ten, die ihrerseits kommen und alle einen eigenen Deal
    verhandeln wollen? Da müssen wir schon konsequent
    sein.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Und wenn die erste Lehre aus dem Referendum ist: „Kei-
    ne Innenpolitik auf Kosten der EU“, dann bitte ich sehr
    darum, Herr Kauder, in einer Debatte wie der heutigen
    auf solche innenpolitischen Polemiken zu verzichten;


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Mit der Wahrheit müssen Sie schon leben!)


    denn sonst sind das alles nur Sonntagsreden, und dann
    fangen wir wieder vorne an.


    (Beifall bei der SPD)


    Die Gründerväter haben die Europäische Union als
    gemeinsames Haus gebaut und nicht als Steinbruch, wo
    jeder hinfährt, um sich das größte Stück herauszuschla-
    gen. Zu diesem Geist der EU muss Deutschland wieder
    zurückkehren. Das betrifft nicht nur die Brüsseler Ver-
    handlungsebene, das betrifft – Herr Bartsch, bei allem
    Respekt – auch die Opposition. Auch hier wird häufig In-
    nenpolitik auf Kosten der Europäischen Union gemacht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wenn jetzt überall gesagt wird: „Es muss in der EU
    wieder um die Menschen gehen“, dann sage ich: Ja, es
    muss um die Menschen gehen; auch das ist eine Lehre
    aus dem Referendum. Es muss um die Menschen gehen,
    die jetzt schon viel von der Europäischen Union haben.
    Das sind vor allen Dingen die Jungen, die mobil sind, die
    Arbeitsmöglichkeiten haben, die gebildet sind. Aber wir
    müssen eben auch von denen sprechen, die nichts davon
    haben, die zumindest glauben, dass sie nichts davon ha-
    ben. Frau Merkel, Sie fragten nach einem Vorschlag, wie
    man die Union zusammenhalten kann. Ja, den haben wir:
    Lassen Sie uns endlich ernst machen mit dem sozialen
    Europa,


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    lassen Sie uns Arbeit schaffen durch Investitionen, lassen
    Sie uns den jungen Menschen überall eine Perspektive
    geben!


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Mit Schulden schafft man keine soziale Gerechtigkeit!)


    Am Ende geht es doch um das Wichtigste – ich meine
    das sehr ernst –: Am Ende geht es tatsächlich um Frieden.


    (Beifall bei der SPD)


    Frieden ist nicht selbstverständlich. Wir sehen in vie-
    len Staaten autoritäre Nationalisten, die Staaten wieder
    gegeneinander in Stellung bringen. Ich will Ihnen von
    einem traumatischen Erlebnis bei einer Podiumsdis-
    kussion mit einem Brexit-Befürworter berichten; Herr
    Krichbaum war dabei. Der Brexit-Befürworter sagte:
    „Wir brauchen nicht die EU, um Frieden zu stiften; wir
    haben die NATO“, und brachte Griechenland und die
    Türkei als Beispiel. Das ist ein großes und ein verheeren-
    des Missverständnis; denn Frieden ist viel mehr als die
    Abwesenheit von Krieg.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Frieden entsteht nur durch Austausch, durch Begeg-
    nung – und dafür steht die Europäische Union. Es ist
    kompliziert, miteinander zu reden, miteinander zu rin-
    gen. Meine Kinder haben vier Großeltern aus vier eu-
    ropäischen Ländern, die über Jahrhunderte viele Kriege
    gegeneinander geführt haben. Mir ist das sehr ernst: Ich
    möchte nicht sehen, dass meine Kinder oder irgendje-
    mand von uns eine Welt erleben muss, in der sich Staaten
    gegeneinander aufstellen, und dafür brauchen wir eine
    starke Europäische Union.

    Vielen Dank.


    (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)