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    Plenarprotokoll 18/179 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 179. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 23. Juni 2016 Inhalt: Wahl der Abgeordneten Nina Warken als or- dentliches Mitglied des Gemeinsamen Aus­ schusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17575 A Wahl des Abgeordneten Steffen Bilger als ordentliches Mitglied des Vermittlungsaus­ schusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17575 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17575 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 14, 15 b und 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17576 D Begrüßung des Botschafters der Republik Polen, Herrn Jerzy Jozef Marganski . . . . . . 17613 C Tagesordnungspunkt 5: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2016 Drucksache 18/7620 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17577 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bundesbericht Forschung und Innovati­ on 2016 Drucksache 18/8550 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17577 A c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mikroelektronik aus Deutschland – In­ novationstreiber der Digitalisierung – Rahmenprogramm der Bundesregie­ rung für Forschung und Innovation 2016 bis 2020 Drucksache 18/7729 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17577 B d) Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Oliver Krischer, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Innovationspo­ litik neu ausrichten – Forschen für den Wandel befördern Drucksache 18/8711 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17577 B Dr . Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 17577 C Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 17578 C René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17579 C Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17580 D Dr . Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17581 D Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17583 B Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 17584 B Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17586 A Steffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17587 A Saskia Esken (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17588 C Dr. Wolfgang Stefinger (CDU/CSU) . . . . . . . 17589 C Dr . Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . . 17590 C Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Annalena Baerbock, Peter Meiwald, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Klimaschutzplan 2050 – Echter Klimaschutz beginnt heu­ te Drucksache 18/8876 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17592 C b) Antrag der Abgeordneten Annalena Baer- bock, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zur Un­ terzeichnung des Pariser Klimaabkom­ Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016II mens – Klimaschutz wirksam verankern und Klimaziele einhalten Drucksache 18/8080 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17592 C c) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Bärbel Höhn, Annalena Baer- bock, Sylvia Kotting-Uhl, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Festlegung nationa­ ler Klimaschutzziele und zur Förderung des Klimaschutzes (Klimaschutzgesetz – KlimaSchG) Drucksachen 18/1612, 18/8770 . . . . . . . . . 17592 D d) Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verkehrs­ politik auf Klimaschutzziele ausrichten Drucksache 18/7887 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17592 D e) Antrag der Abgeordneten Annalena Baer- bock, Bärbel Höhn, Dr . Julia Verlinden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weichen für die ökologische Modernisierung der Wirtschaft stellen – Chancen des Klima­ schutzes nutzen Drucksache 18/8877 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17593 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- geordneten Kai Gehring, Annalena Baerbock, Özcan Mutlu, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für ein Rahmenprogramm für Klima­ und Kli­ mafolgenforschung Drucksachen 18/7048, 18/8873 . . . . . . . . . . . 17593 A Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17593 A Andreas Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17594 C Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 17596 B Dr . Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17597 A Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17599 A Dr . Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 17600 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17600 C Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17601 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 17603 A Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17604 B Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17605 B Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 17605 D Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17606 C Klaus Mindrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17607 B Dr . Herlind Gundelach (CDU/CSU) . . . . . . . . 17608 C Arno Klare (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17610 A Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17611 A Arno Klare (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17611 A Günter Lach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 17611 C Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Versöhnung, Partnerschaft, Zusam­ menarbeit – 25 Jahre deutsch­polnischer Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 18/8861 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17613 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Versöhnung, Partnerschaft, Zusam­ menarbeit – 25 Jahre deutsch­polnischer Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 18/8765 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17613 C Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . 17613 D Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 17614 D Dr . Franz Josef Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 17616 B Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17617 C Dr . Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . 17618 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17619 C Dr . Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17620 C Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17621 D Dr . Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17622 B Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17622 D Dr . Stefan Heck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17624 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 III Tagesordnungspunkt 29: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset­ zes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Otto­von­ Bismarck­ Stiftung Drucksache 18/8497 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17625 D b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Inte­ grationsgesetzes Drucksachen 18/8829, 18/8883 . . . . . . . . . 17625 D c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset­ zes zu dem Abkommen vom 12. Novem­ ber 2015 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Australien zur Besei­ tigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie zur Verhinde­ rung der Steuerverkürzung und ­umge­ hung Drucksache 18/8830 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17625 D Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Bun­ deskanzler­Helmut­Schmidt­Stiftung Drucksache 18/8858 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17626 A Tagesordnungspunkt 30: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richt­ linien (EU) 2015/566 und (EU) 2015/565 zur Einfuhr und zur Kodierung mensch­ licher Gewebe und Gewebezubereitun­ gen Drucksachen 18/8580, 18/8840, 18/8906 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17626 B b)–g) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich­ ten 327, 328, 329, 330, 331 und 332 zu Petitionen Drucksachen 18/8727, 18/8728, 18/8729, 18/8730, 18/8731, 18/8732 . . . . . . . . . . . . 17626 C Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aussagen von Bundesminister de Maizière zu ärztlichen Attesten in Abschiebeverfahren . . . . . . . . . . Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17627 A Dr . Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17628 C Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17630 C Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17631 D Dr . Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . 17633 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 17634 C Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17635 C Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17636 C Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/ CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17638 A Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17639 C Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 17640 C Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17641 D Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17643 A Tagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Kulturgut­ schutzrechts Drucksachen 18/7456, 18/8908 . . . . . . . . . . . 17644 B Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . 17644 B Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17645 D Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17647 C Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17648 D Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17650 A Susanne Mittag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17651 C Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 17652 C Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17653 C Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring, Katja Kipping, Karin Binder, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sexis­ mus die Rote Karte zeigen – Für einen bun­ desweiten Aktionsplan Drucksache 18/8723 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17654 D Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 17655 A Sylvia Pantel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17656 A Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17658 A Dr . Dorothee Schlegel (SPD) . . . . . . . . . . . . . 17659 B Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17660 B Birgit Kömpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17662 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016IV Tagesordnungspunkt 10: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der interna­ tionalen Sicherheitspräsenz in Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Verein­ ten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch­Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicher­ heitspräsenz (KFOR) und den Regie­ rungen der Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt: Republik Serbien) und der Repu­ blik Serbien vom 9. Juni 1999 Drucksachen 18/8623, 18/8760 . . . . . . . . . 17663 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/8761 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17663 B Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17663 C Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17664 D Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17665 C Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17666 C Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17667 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 17668 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17669 D Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Beate Walter-Rosen- heimer, Kai Gehring, Ulle Schauws, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Jung, queer, glücklich in die Zukunft – Lesbische, schwule, bisexuelle, trans­ und intergeschlechtliche Jugendliche stärken Drucksache 18/8874 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17668 C Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17668 C Gudrun Zollner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17672 B Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17674 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17674 C Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 17675 C Susann Rüthrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17676 C Markus Koob (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17677 D Dr . Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 17679 B Tagesordnungspunkt 12: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der „United Nations In­ terim Force in Lebanon“ (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701 (2006) und nachfolgender Verlängerungsreso­ lutionen des Sicherheitsrates der Ver­ einten Nationen, zuletzt Resolution 2236 (2015) vom 21. August 2015 Drucksachen 18/8624, 18/8762 . . . . . . . . . 17680 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/8763 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17680 C Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17680 C Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 17681 D Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 17682 D Inge Höger (DIE LINKE) 17683 C Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17684 A Dr . Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 17685 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 17686 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17694 C Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Her- bert Behrens, Karin Binder, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mieterinnen und Mieter besser schüt­ zen – Zweite Mietrechtsnovelle vorlegen Drucksache 18/8863 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17686 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Recht und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Heidrun Bluhm, Dr . Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mietspiegel – Sozial gerecht und mietpreisdämpfend erstellen Drucksachen 18/5230, 18/8754 . . . . . . . . . 17686 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucher- schutz zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Herbert Behrens, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für bezahlbare Mietwoh­ nungen – Modernisierungsumlage re­ duzieren, Luxusmodernisierungen ein­ schränken Drucksachen 18/7263, 18/8764 . . . . . . . . . 17686 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 V in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Abgeordneten Renate Künast, Christian Kühn (Tübingen), Luise Amtsberg, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespann­ ten Wohnungsmärkten durch Streichung der Rügepflicht und die Schaffung eines Auskunftsrechts Drucksache 18/8857 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17686 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Renate Künast, Luise Amtsberg, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespann­ ten Wohnungsmärkten bei umfassenden Modernisierungen Drucksache 18/8856 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17686 C Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 17686 C Dr . Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . 17687 D Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17689 C Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17690 D Dr . Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . 17691 B Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17692 A Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17693 A Tagesordnungspunkt 8: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozi­ algesetzbuch – Rechtsvereinfachung Drucksachen 18/8041, 18/8909 . . . . . . 17697 B – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/8910 . . . . . . . . . . . . . . 17697 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W . Birkwald, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Gewährleistung des Existenz­ und Teilhabeminimums verbessern – Keine Rechtsvereinfa­ chung auf Kosten der Betroffenen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn, Kerstin Andreae, Markus Kurth, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Grund­ sicherung einfacher und gerechter gestalten – Jobcenter entlasten Drucksachen 18/8076, 18/8077, 18/8909 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17697 C Anette Kramme, Parl . Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17697 D Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17698 D Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 17699 D Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 17701 B Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17702 B Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 17703 C Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17704 B Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17705 A Kai Whittaker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17706 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 17707 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17707 D Tagesordnungspunkt 15: a) Antrag der Abgeordneten Tabea Rößner, Katharina Dröge, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Mindestqualitäts­ vorgaben für Internetzugänge einführen Drucksache 18/8573 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17710 D Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17710 D Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17711 D Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17713 B Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17713 D Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17714 C Saskia Esken (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17715 C Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . 17715 D Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energie­ wende Drucksachen 18/7555, 18/8919 . . . . . . . . . . . 17716 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016VI Florian Post (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17716 C Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17717 C Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17718 C Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17719 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17720 D Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17721 C Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Katja Kipping, Dr . Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rechenschaftspflicht und entwicklungspoli­ tisches Mandat der Deutschen Investitions­ und Entwicklungsgesellschaft DEG stärken Drucksache 18/8657 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17722 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 17722 D Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17723 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 17724 D Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17725 A Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17725 C Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 17726 C Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17727 D Zusatztagesordnungspunkt 8: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Weiterent­ wicklung des Strommarktes (Strom­ marktgesetz) Drucksachen 18/7317, 18/8915 . . . . . . 17728 D – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/8920 . . . . . . . . . . . . . . 17728 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Oliver Krischer, Annalena Baerbock, Dr . Julia Verlinden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zukunft des Strommarktes – Mit öko­ logischem Flexibilitätsmarkt klima­ freundliche Kapazitäten anreizen und Kohleausstieg einleiten Drucksachen 18/7369, 18/8915 . . . . . . . . . 17728 D Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17729 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 17730 A Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17730 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17732 A Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17733 A Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17733 C Tagesordnungspunkt 19: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Frank Tempel, Ulla Jelpke, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Netz­ neutralität im Rahmen der Vorgaben der EU­Verordnung gesetzlich absichern Drucksachen 18/6876, 18/8813 . . . . . . . . . . . 17734 D Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Den europäischen Binnenmarkt wei­ ter vertiefen – Bewährte Standards erhalten Drucksache 18/8867 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17734 D Tagesordnungspunkt 20: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än­ derung des Standortauswahlgesetzes Drucksachen 18/8704, 18/8913 . . . . . . . . . 17735 A – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/8914 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17735 A Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Sozialen Basisschutz in Entwicklungs­ ländern schaffen Drucksache 18/8862 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17735 B Tagesordnungspunkt 22: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge­ setzes zu dem Übereinkommen vom 19. Februar 2013 über ein Einheitliches Patentgericht Drucksache 18/8826 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17735 C b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge­ setzes zur Anpassung patentrechtlicher Vorschriften auf Grund der europäi­ schen Patentreform Drucksache 18/8827 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17735 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 VII Tagesordnungspunkt 23: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und SPD eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung berg­ , umweltschadens­ und wasserrechtli­ cher Vorschriften zur Umsetzung der Richt­ linie 2013/30/EU über die Sicherheit von Offshore­Erdöl­ und ­Erdgasaktivitäten Drucksachen 18/8703, 18/8902 . . . . . . . . . . . 17735 D Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Elektromobili­ tät im Straßenverkehr Drucksache 18/8828 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17736 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17736 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 17737 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Thomas Jarzombek (CDU/CSU) zu der Ab- stimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kulturgutschutzrechts (Tagesordnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17737 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregie- rung: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10 . Juni 1999 und des Militä- risch-Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Ju- goslawien (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Serbien vom 9 . Juni 1999 (Tagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . 17738 A Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Halina Wa- wzyniak, Frank Tempel, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Netzneutralität im Rahmen der Vorgaben der EU-Verordnung gesetzlich absichern (Tagesordnungspunkt 19) . . . . . . . . . . . . . . . . 17738 D Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 17738 D Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17739 D Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 17740 D Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17741 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Den europäischen Binnenmarkt weiter vertiefen – Bewährte Standards erhalten (Tagesordnungspunkt 18) . . . . . . . . . . . . . . . . 17742 B Astrid Grotelüschen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 17742 B Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17743 C Matthias Ilgen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17744 C Sabine Poschmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 17745 A Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 17745 C Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17746 B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Standortauswahlgesetzes (Tagesordnungspunkt 20) . . . . . . . . . . . . . . . . 17747 A Steffen Kanitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17747 A Florian Oßner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17747 D Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 17748 D Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17749 C Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17750 B Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17751 A Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Sozialen Basisschutz in Entwicklungs- ländern schaffen (Tagesordnungspunkt 21) . . . . . . . . . . . . . . . . 17752 A Dr. Georg Kippels (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17752 A Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17753 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016VIII Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17754 A Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17754 D Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Über- einkommen vom 19 . Februar 2013 über ein Einheitliches Patentgericht – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas- sung patentrechtlicher Vorschriften auf Grund der europäischen Patentreform (Tagesordnungspunkt 22 a und b) . . . . . . . . . . 17755 B Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . 17755 C Christian Flisek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17757 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 17757 C Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17758 C Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17759 C Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung berg-, umweltschadens- und wasserrechtlicher Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2013/30/EU über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten (Tagesordnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . 17760 B Dr. Herlind Gundelach (CDU/CSU) . . . . . . . . 17760 B Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17761 A Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17761 D Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17762 D Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen För- derung von Elektromobilität im Straßenver- kehr (Tagesordnungspunkt 27) . . . . . . . . . . . . . . . . 17763 B Florian Oßner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17763 B Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD) . . . . . . . 17764 B Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17765 A Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17765 C Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17766 C Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17767 B (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17575 179. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 23. Juni 2016 Beginn: 9 .00 Uhr
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    1) Anlage 10 Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17737 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bellmann, Veronika CDU/CSU 23 .06 .2016 Brähmig, Klaus CDU/CSU 23 .06 .2016 Fabritius, Dr . Bernd CDU/CSU 23 .06 .2016 Ferlemann, Enak CDU/CSU 23 .06 .2016 Ferner, Elke SPD 23 .06 .2016 Groth, Annette DIE LINKE 23 .06 .2016 Heller, Uda CDU/CSU 23 .06 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 23 .06 .2016 Hirte, Dr . Heribert CDU/CSU 23 .06 .2016 Hübinger, Anette CDU/CSU 23 .06 .2016 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 23 .06 .2016 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 23 .06 .2016 Launert, Dr . Silke CDU/CSU 23 .06 .2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 23 .06 .2016 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23 .06 .2016 Mortler, Marlene CDU/CSU 23 .06 .2016 Nowak, Helmut CDU/CSU 23 .06 .2016 Petzold, Ulrich CDU/CSU 23 .06 .2016 Pflugradt, Jeannine SPD 23 .06 .2016 Radomski, Kerstin CDU/CSU 23 .06 .2016 Schäfer (Saalstadt), Anita CDU/CSU 23 .06 .2016 Schimke, Jana CDU/CSU 23 .06 .2016 Warken, Nina CDU/CSU 23 .06 .2016 Wicklein, Andrea SPD 23 .06 .2016 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 23 .06 .2016 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Thomas Jarzombek (CDU/CSU) zu der Abstimmung über den von der Bundesre­ gierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kulturgutschutzrechts (Tages­ ordnungspunkt 7) Die Fraktionen CDU/CSU und SPD haben im Koaliti- onsvertrag 2013 eine Novellierung des Kulturgutschutz- gesetzes verabredet . Es soll ein „den Kulturgutschutz stärkendes, kohärentes Gesetz“ geschaffen werden, um sowohl illegal ausgeführtes Kulturgut anderer Staaten effektiv an diese zurückzugeben, als auch deutsches Kulturgut besser vor Abwanderung ins Ausland zu schüt- zen .“ Dieses Ziel teile ich . Der Schutz von national wertvollen Kulturgütern vor dem Verkauf ins Ausland soll durch Aufnahmen in ent- sprechende Verzeichnisse erfolgen . Als Abgeordneter aus Nordrhein-Westfalen kenne ich die vielfältige Kunst- und Kunsthandelsszene aus eigener Erfahrung; Düsseldorf ist eines der wichtigsten Zentren mit einer Vielzahl von Galerien und Kunsthändlern . Die vielfach geäußerte Kritik am Gesetzentwurf zu den Beschränkungen beim Import von Kulturgütern teile ich ausdrücklich nicht . Das Ziel ist, dadurch die Geld- ströme von Kriminellen und Terroristen aus dem Verkauf von Antiquitäten und Kunstwerken aus Raubgrabungen in  archäologischen  Stätten,  insbesondere  in  Konflikt-  und Kriegsgebieten, auszutrocknen . Das kulturelle Erbe der Menschheit ist für einige Konfliktparteien nur Geld- erwerb für Terror und Verbrechen . Illegal gehandelte Kulturgüter dürfen nicht nach Deutschland eingeführt werden, wenn sie aus Fundstätten früherer Hochkulturen rücksichtslos geplündert wurden und damit für das kul- turelle Erbe der Menschheit und künftige wissenschaftli- che Forschung unwiederbringlich verloren gehen . Die Beschränkungen bei der Ausfuhr von Kulturgü- tern sehe ich hingegen kritisch . Es droht die Gefahr, dass das Gesetz das Gegenteil dessen erreicht, was es bezwe- cken soll . Es ist zu befürchten, dass bis zum Inkrafttreten des Gesetzes nach der Übergangszeit mehr Kulturgüter das Land verlassen als anschließend geschützt werden . Selbst der Westdeutsche Rundfunk (WDR) verkauft mehrere wertvolle Werke aus seiner Sammlung zur kurz- fristigen Finanzierung über Auktionshäuser im Ausland . Seit der Diskussion über das Kulturgutschutzgesetz ist zu beobachten, dass deutsche Galerien jetzt zunehmend De- pendancen im europäischen und außereuropäischen Aus- land eröffnen . Auch die Museen in Deutschland werden Probleme haben, internationale Leihgaben für ihre Häu- ser zu bekommen . Auch Sammler werden sich zukünftig fragen, ob ein Investment in zeitgenössische Kunst sinn- voll ist, wenn sie später nicht wissen, ob sie die Waren verkaufen können . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617738 (A) (C) (B) (D) Mit dieser persönlichen Erklärung möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich das Ziel und weite Teile des Gesetzes grundsätzlich befürworte . Die praktischen Auswirkungen der Exportbeschränkungen sehe ich aber nicht ausreichend gewürdigt . Aus diesem Grund enthalte ich mich bei der Abstim- mung über den Gesetzentwurf . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sylvia Kotting­Uhl (BÜND­ NIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Ab­ stimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bun­ desregierung: Fortsetzung der deutschen Beteili­ gung an der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch­Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicher­ heitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt: Republik Ser­ bien) und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 (Tagesordnungspunkt 10) Den Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicher- heitspräsenz in Kosovo auf der Grundlage der Resolu- tion 1244 aus dem Jahr 1999 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10 . Juni 1999 und des Militä- risch-Technischen Abkommens zwischen der internatio- nalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt: Serbien) und der Republik Serbien vom 9 . Juni 1999 lehne ich ab . Ich begründe das: Dieses Mandat besteht nunmehr seit 17 Jahren . Jahr für Jahr wird es verlängert . Nach 17 Jahren internationaler Sicherheitspräsenz ist die Sicherheitslage in Kosovo und der umgebenden Region weiterhin fragil . Übergriffe und Gewaltakte sind fast an der Tagesordnung . Die Spannungen zwischen Serbien und Kosovo können Beobachtern zufolge jeder- zeit in einen offenen Konflikt münden.  Die sozioökonomische Lage in Kosovo ist unverän- dert schlecht . Vor allem Jugendliche sind in unverant- wortbarem Ausmaß von Perspektivlosigkeit betroffen . Bad Governance sorgt für Klientelismus und Korruption und setzt der weit verbreiteten organisierten Kriminalität nichts entgegen . Das Leben von Minderheiten wie der Roma ist grundsätzlich von Armut, Ausgrenzung und Diskriminierung geprägt . Macht es Sinn, aus einem solchen Land die Bun- deswehr, die dort Teil der Sicherheitspräsenz ist, abzu- ziehen? Nur das Dort und Jetzt betrachtet: Nein, sicher nicht! In dieser Denklogik verlängert der Deutsche Bundes- tag das KFOR-Mandat jedes Jahr . Auch die Bundestags- fraktion Bündnis 90/Die Grünen gibt ihre Zustimmung mit großer Mehrheit . Der Grund dafür ist durchaus be- rechtigt: Nichts würde besser, wenn das Mandat beendet würde, im Gegenteil würde sich die Situation von Gewalt und Bedrohung eventuell rapide verschlechtern . Responsibility to protect kann sich für mich – wenn der Begriff zu Ende gedacht wird – nicht in militärischer Präsenz erschöpfen . Aber Europa und die UN versagen völlig im Entwickeln einer zukunftsfähigen Strategie für den Westbalkan . Die Republik Kosovo ist noch nicht ein- mal von allen Mitgliedstaaten der EU anerkannt . Trotz des am 1 . April 2016 in Kraft getretenen Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens ist die EU kein Treiber beim Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Insti- tutionen in Kosovo . Mit militärischer Präsenz allein hat aber weder die EU noch haben die Vereinten Nationen in Kosovo ihr Soll erfüllt . Deutschland hat darüber hinaus Kosovo inzwischen als „Sicheres Herkunftsland“ deklariert . Daraus ergibt sich  für mich  eine ganz besondere Verpflichtung,  beim  Aufbau von Rechtsstaatlichkeit und Good Governance in Kosovo  behilflich  zu  sein.  Ich  nehme  hier  keine  ange- messenen Bemühungen wahr . Ich lehne deshalb – anders als im letzten Jahr – die Verlängerung des Mandats ab . Nicht, weil ich nicht über- zeugt wäre, dass die internationale militärische Präsenz die Sicherheit dort zumindest in einer fragilen Lage hält, sondern, weil mir die Alibi-Verantwortungsübernahme durch militärischen Einsatz zu wenig ist . Nach 17 Jahren muss die Sinnhaftigkeit eines vor allem auf militärischem Einsatz beruhenden Engagements hinterfragt werden . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Frank Tempel, Ulla Jelpke, weite­ rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Netzneutralität im Rahmen der Vorgaben der EU­Verordnung gesetzlich absichern (Tagesord­ nungspunkt 19) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Der vorliegende Antrag der Fraktion Die Linke ist mittlerweile mehr als sieben Monate alt . In diesen Monaten hat sich eine Men- ge getan . Die Argumentation der Linken, dass wir durch die Verordnung in ein Zwei-Klassen-Internet abrutschen könnten, ist nicht haltbar . Man muss erst einmal deutlich sagen: Es ist eine gro- ße Leistung, dass die Europäische Kommission und das Europäische Parlament mit der Verordnung zum TK-Bin- nenmarkt eine europaweite Verordnung zur Netzneutra- lität auf den Weg gebracht haben . Wir haben erstmals eine einheitliche europäische Regelung . Genau das war das Ziel, welches auch im Koalitionsvertrag verabredet wurde . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17739 (A) (C) (B) (D) Wenn wir als Gesetzgeber anfangen, diese Verordnung wieder in nationale Gesetze umzusetzen, dann machen wir eine Rolle rückwärts . Es ist also schon vom Grundan- satz her eigentlich widersinnig, was Sie in Ihrem Antrag fordern . In der Verordnung zum TK-Binnenmarkt wurde das Thema aus unserer Sicht gut umgesetzt . Ich möchte noch mal kurz deutlich machen, warum wir diese Verordnung brauchen . Wer sich über die Jah- re hinweg an der Diskussion beteiligt hat, weiß, dass Netzneutralität ein sehr dynamisches Phänomen ist . Aus technischer Sicht haben wir stetig steigende Datenmen- gen im Internet zu verzeichnen, mit denen wir verant- wortungsbewusst umgehen müssen . Aus wirtschafts- und netzpolitischer Perspektive darf beim Marktzugang nie- mand diskriminiert werden, um innovativen Start-ups, der Innovationskraft des Mittelstands und der Informa- tionsfreiheit nicht im Wege zu stehen . Die gesellschafts- politischen Fragestellungen drehen sich um einen freien, offenen und diskriminierungsfreien Zugang, für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe am Internet . Diesen Dreiklang galt es bei der Verordnung zu vereinen, was meiner Meinung nach gut gelungen ist . Wer einen Blick in die Zukunft wirft, wird zudem er- kennen, dass der sich am Horizont abzeichnende neue 5G-Standard im Bereich der mobilen Telekommunikati- on Einzug halten wird . Dann wird das Thema Netzneu- tralität keine Rolle mehr spielen . Beim 4G-Standard, den wir derzeit noch haben, ist das anders . Daher ist die Netz- neutralität derzeit noch notwendig, aber in Zukunft wird genügend Bandbreite zur Verfügung stehen . Aber das nur am Rande . Der jetzige Kompromiss sieht vor, dass wir notwen- dige Investitionen und damit Investitionsanreize für pri- vatwirtschaftliche Netzbetreiber schaffen wollen . Wir benötigen diese, damit der Netzausbau noch schneller vorangeht und weiter leistungsfähige Anschlüsse ge- schaffen werden . Der Staat alleine wird diese Investi- tionen nicht stemmen können . Sie werden allerdings benötigt, um zukünftige Anwendungen im Bereich der Telemedizin, des automatisierten Fahrens oder der Indus- trie 4 .0 mit hohen Bandbreiten und niedrigen Latenzzei- ten gewährleisten zu können . In der Gesamtkonstellation ist es richtig, dass die Bundesnetzagentur für Deutschland die Aufgabe über- nimmt, die Umsetzung der europäischen Regelungen zu überwachen . Die Aufgabe der Spezialdienste ist in der Verordnung ganz klar geregelt: Sie können künftig an der Finanzierung des zusätzlichen Infrastrukturausbaus beteiligt  werden,  indem  sie  für  kostenpflichtige  quali- tätssichernde Datenübertragungen im Internet bezahlen . Ich kann die Diskussion darüber nicht nachvollziehen; denn Spezialdienste dürfen nur angeboten werden, wenn das entsprechende Angebot notwendig ist . Spezialdiens- te dürfen kein Ersatz für offenes Internet sein; das ist ja genau das, was wir alle hier in diesem Hohen Hause gemeinsam fordern . Spezialdienste dürfen nur bei aus- reichenden Netzkapazitäten erbracht werden; auch das ist ein sehr wichtiger Punkt . Dort, wo Bandbreiten nicht ausreichend zur Verfügung stehen, werden auch keine Spezialdienste angeboten werden können . Auch noch wichtig ist: Spezialdienste dürfen die gesamte Qualität des Internets nicht beeinträchtigen . Damit ist festzustellen: Von europäischer Ebene aus sind entsprechende Sicherungen eingebaut worden, so- dass man sagen kann: Das Internet für alle – und das ist das, was wir alle wollen – ist damit abgesichert . Das offe- ne Internet bleibt der Regelfall . Netzbetreiber dürfen aus kommerziellen Gründen weder sperren noch verlangsa- men . Es geht nicht darum, dass Netzbetreiber in Zukunft entscheiden können, welche Inhalte sie transportieren, sondern darum, dass sie in bestimmten Bereichen zusätz- liche entgeltliche Leistungen anbieten können . Dabei ist zu gewährleiten, dass Spezialdienste diskriminierungs- frei ausgestaltet werden, damit keine Nachteile für den Mittelstand oder Gründer entstehen . Denn klar ist auch: Wir brauchen diese Spezialdienste . Das wissen Sie selbst sehr genau . Zu den Spezialdiensten gehören zum Beispiel lebensrettende Dienste, das kön- nen telemedizinische Dienste sein . Das sind auch Diens- te, die für die gesamte Steuerung des Straßenverkehrs notwendig sind . Insofern stehen wir zu den Spezialdiensten . Spezial- dienste werden möglicherweise nicht zum gleichen Preis angeboten werden, aber die Voraussetzungen für die Nut- zung sind klar definiert. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Eine Umset- zung in nationales Recht ist nicht erforderlich, da die Ver- ordnung europaweit gilt . Ein nationaler Alleingang wäre sogar eher kontraproduktiv, da er zu einer Zersplitterung des Binnenmarktes führen und die Rechtsunsicherheiten erhöhen würde . Zudem hat die europäische Regulie- rungsstelle BEREC am 6 . Juni 2016 einen im Vergleich zu diesem Antrag viel differenzierteren Leitlinienentwurf vorgelegt und verschiedenste Marktteilnehmer dazu kon- taktiert . Die Bundesnetzagentur hat nun die Aufgabe, eine praktische Umsetzung der Regelungen in Deutsch- land zu überwachen . Leitlinien für deren Durchsetzung sollen bis Ende des Sommers erarbeitet werden . Ein jähr- liches  Monitoring  und  weitreichende  Berichtspflichten  wurden ebenfalls vereinbart, um in Brüssel gegebenen- falls gegensteuern zu können . Ich kann nur sagen: Wir sind bei diesem Thema auf einem guten Weg . Ich hoffe, dass der dynamische Prozess hin zum nächsten Standard auch auf europäischer Ebene weiter verfolgt wird . Wir werden Ihren Antrag ablehnen . Klaus Barthel (SPD): Nach der vielfachen Diskussi- on über diesen Antrag der Linksfraktion hätte ich erwar- tet, dass er zurückgezogen wird, anstatt das Plenum des Deutschen Bundestages noch mal damit zu belasten . Schon bei der ersten Beratung am 14 . April 2016 an dieser Stelle haben die Redner der Regierungskoalition überzeugend dargelegt, dass der Antrag nicht geeignet ist, uns dem gemeinsamen Ziel der Netzneutralität auch nur einen Millimeter näher zu bringen . Wir haben – ebenso wie der Antrag – auf die EU-Ver- ordnung 2015/2120/EU hingewiesen . Wie die Links- fraktion in ihrer Begründung selbst feststellt, gilt diese Verordnung mit unmittelbarer Wirkung in allen Mitglied- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617740 (A) (C) (B) (D) staaten . Es ist also nicht möglich, sie durch nationale Ge- setze zu verändern oder aufzuheben . Genau das fordert die Linksfraktion, indem sie die Verordnung ausführlich erörtert und kritisiert . Die Antragsverfasserinnen und -verfasser sind sich dieses Widerspruchs unfreiwillig bewusst, wenn sie im Schlussabsatz der Begründung schreiben: „Mit der vorgeschlagenen Regelung wird die EU-Verordnung umgesetzt“ – Anmerkung: sollen wir jetzt eine Verordnung umsetzen, die Sie vorher wortreich kritisieren? – „und in deren Rahmen die Netzneutralität gewahrt“ – Anmerkung: nachdem Sie vorher ausgeführt haben, dass die Verordnung dies gerade nicht tut . Weiter heißt es: „Dies entbindet nicht davon, zukünftig dafür zu werben, dass die Ausnahmen von der Netzneutralität durch die EU-Verordnung wieder rückgängig gemacht werden .“ So endet Ihr Papier . Das wäre aber auch der ehrliche Ansatz, nämlich zu sagen, dass die Verordnung eigentlich Mist ist, den man ändern muss . Dann sollte man sich aber die Prosa spa- ren, um diesen Mist vorher durch ein nationales Gesetz umzusetzen . Logisch wäre also etwas anderes . Schon aus rein formalen Gründen ist also der Antrag abzulehnen . Aber auch inhaltlich können wir dem Antrag nicht folgen . In der Tat schreibt nämlich die EU-Verordnung die Netzneutralität als Grundsatz fest . Gleichzeitig lässt sie Ausnahmen davon zu, aber sehr begrenzte . So dür- fen Eingriffe nur erfolgen, soweit dies zur Aufrechter- haltung  eines  effizienten Datenverkehrs  erforderlich  ist  oder dies im öffentlichen Interesse liegt, zum Beispiel zur Gewährleistung der Netzsicherheit oder zur Krimi- nalitätsbekämpfung . Bevorzugter Zugang gegen Bezah- lung ist verboten, und Spezialdienste wie Internetfernse- hen oder -spiele dürfen die Qualität des offenen Internets nicht beeinträchtigen . Das ist eine wesentlich sinnvollere Regelung als die von der Linken vorgeschlagene 5-Pro- zent-Regelung, weil erstere auf die Art der Dienste ab- hebt, anstatt für alles Mögliche 5 Prozent zu erlauben . An dieser Stelle wird auch die beschränkte Bedeutung der Netzneutralitätsdebatte sichtbar . Es geht im Kern um die Frage: 5 Prozent von was? Für den Kunden oder die Kundin geht es im Ergebnis um die Frage, wie viel Bandbreite ihm oder ihr zur Verfügung steht . Die meis- ten verfügen heute beispielsweise über 1 Megabit pro Sekunde, es blieben also 0,95 Megabit übrig . Wer aber über 100 Megabit pro Sekunde verfügt, hätte dann immer noch das 100-Fache an Kapazität . Wenn wir unser Breit- bandziel erreichen, alle mit 50 Megabit pro Sekunde zu versorgen, hätten alle das 50-Fache des 1-Megabit-An- schlusses . Wir wollen also in erster Linie nicht wie Linksfrak- tion und Grüne den Mangel verwalten, sondern die Ka- pazitäten erhöhen . Vor diesem Hintergrund stellt sich mir die Frage, weshalb gerade Linksfraktion und Grüne so vehement gegen den Netzausbau durch Vectoring ab Hauptverteiler polemisieren, das als Übergangstechnolo- gie kurzfristig für immerhin rund 15 Prozent der Kund- schaft höhere Übertragungsraten ermöglichen würde . Wer glaubt, dass der Glasfaserausbau, den auch wir für die sinnvollste Infrastrukturmaßnahme halten, schneller ohne Vectoring voranginge, muss sich fragen lassen, wes- halb dort nicht schon längst, bevor Vectoring kommen konnte, mehr investiert wurde und weshalb es derzeit nur deshalb vorangeht, weil EU, Bund, Länder und Kommu- nen großzügig subventionieren . Woher der Anreiz kom- men soll, hier mehr zu investieren, wenn Netzneutralität pur kommt – so wie es der Antrag fordert – und somit ja gerade Geschäftsmodelle mit Gewinnanreiz total verbo- ten werden, steht für mich in den Sternen . Der auf europäischer Ebene jetzt beschrittene Weg er- scheint uns als der einzig sinnvolle . Das Gremium Euro- päischer Regulierungsstellen für elektronische Kommu- nikation, BEREC, ist jetzt in einem ersten Schritt seinem Auftrag nachgekommen, Leitlinien zur Netzneutralität zu entwickeln . Seit dem 6 . Juni 2016 kann man den Ent- wurf einsehen und kommentieren . Die Konsultations- phase dauert bis zum 18 . Juli . Also, liebe Oppositions- fraktionen, auf geht’s! Dort ist die richtige Stelle für Ihre Umsetzungsvorschläge, nicht hier im Bundestag . Auch alle anderen interessierten Kreise sind aufgeru- fen, zu kommentieren, bevor sich dann BEREC erneut mit dem Thema befassen und am 30 . August die endgül- tige Fassung veröffentlichen wird . BEREC betont die Bedeutung der Netzneutralität und definiert die Ausnahmen abschließend: Verkehrsmanage- ment zur Erfüllung rechtlicher Anforderungen, Wahrung von Netzintegrität und -sicherheit sowie Bewältigung von Überlastungen, jeweils unter der Bedingung der Gleichbehandlung gleichwertiger Daten . Es werden die verschiedenen Arten von Diensten definiert, die Ausnah- mebedingungen, unter denen Zero-Rating zulässig sein könnte, ebenso das Verkehrsmanagement, Spezialdiens- te, Transparenz usw . Schließlich wird beschrieben, wel- che Aufgaben die nationalen Regulierungsbehörden bei der Durchsetzung dieser Vorschriften haben . An dieser Stelle zurück zum Antrag der Linksfrakti- on . Sie spricht der Bundesnetzagentur die Legitimation ab, festzustellen, was ein „diskriminierungsfreier Netz- zugang“ ist . Mit Verlaub: Im Rahmen des TKG und der dazugehörigen Verordnungen gehört es zum Alltagsge- schäft der Regulierungsarbeit der Bundesnetzagentur, mit solchen Begriffen umzugehen . Die EU-Verordnung und die BEREC-Regeln werden es der Bundesnetzagen- tur genauso ermöglichen, dies auszulegen . Ich wüss- te nicht, weshalb in diesem Fall der Gesetzgeber dazu besser befähigt wäre . Der Antrag der Linksfraktion gibt darauf leider keine Antwort . Deshalb und aus all den anderen Gründen empfehlen wir die Annahme der Be- schlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, gerade im Interesse einer praktikablen Durch- setzung der Netzneutralität . Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Das Internet ist in Gefahr . Zumindest das Internet, so wie wir es kennen . Wir sind drauf und dran, das Internet als Medium für alle zu verlieren. Schuld sind die Profitinteressen einiger we- niger Konzerne . Sie wollen aus dem Mitmach-Internet ein Geldmach-Internet machen . Herauskommen wird ein Zwei-Klassen-Internet, in dem diejenigen, die wenig besitzen, nur noch Basis-Funktionen und diejenigen, die bereit sind, Geld locker zu machen, alle Funktionen nut- zen können . Das klingt alles sehr drastisch, aber das wird Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17741 (A) (C) (B) (D) Ergebnis der EU-Verordnung sein, die Ende letzten Jah- res verabschiedet wurde und das Prinzip der Netzneutra- lität aushöhlt . Wir müssen endlich gewahr werden, dass Netzneutralität nichts anderes ist als die soziale Frage des digitalen Zeitalters . Doch so weit muss es nicht kom- men . Denn die EU-Verordnung bietet die Möglichkeiten, Netzneutralität weitestgehend zu sichern und das Netz für alle offen zu halten . Derzeit diskutiert die europäische Regulierungsbehör- de BEREC darüber, wie die EU-Verordnung ausgelegt werden kann . Leider hält sich die Bundesregierung kom- plett aus dieser Diskussion raus und überlässt das lieber der Bundesnetzagentur . Wir Linke haben spätestens seit dem unsäglichen Vorgehen der Bundesnetzagentur bei ihrer Entscheidung zum Ausbau von DSL-Vectoring un- sere Zweifel, ob da wirklich etwas herauskommt, was die Nutzerinnen und Nutzer des Internets im Fokus hat und nicht die Profitinteressen der Konzerne. Denn was  die Bundesnetzagentur beim DSL-Vectoring veranstaltet hat, nützt ausschließlich der Telekom . Wir wollen daher, dass die Bundesregierung Position bezieht und selbst dafür sorgt, dass die Netzneutralität auf Grundlage der EU-Verordnung gesichert wird . Nun hat BEREC ihre Vorstellungen einer Interpreta- tion der EU-Verordnung vorgelegt . Ganz so katastrophal wie befürchtet sind sie zum Glück nicht . Aber es bleiben immer noch Schlupflöcher. Und diese Schlupflöcher sind  nach meiner Auffassung die Knackpunkte, will man ein Zwei-Klassen-Internet verhindern . Diese Knackpunkte heißen Zero-Rating, zweiseitige Märkte und Spezial- dienste . Diese stellen die größte Gefahr des neutralen Internets da . Und diese wären alle nach den BEREC-Plä- nen erlaubt . Wir wollen, dass zweiseitige Märkte und Zero-Ra- ting-Angebote untersagt werden . Zweiseitige Märk- te bedeutet, dass Zugangsanbieter wie beispielsweise die Telekom nicht nur Geld für den Internetanschluss, sondern noch zusätzlich für dessen Nutzung nehmen können . Wer schneller durchgeleitet werden will, muss mehr zahlen . Hierbei handelt es sich aber um Priorisie- rung, die nur auf kommerziellen Erwägungen beruht . Es hängt wohl kaum ein Leben davon ab, dass ein Vi- deostreamingdienst schneller durchgeleitet wird als ein anderer . Das ist ausschließlich eine Einnahmequelle für Internetanbieter . Verkehrsmanagement-Maßnahmen aus kommerziellen Gründen sind aber laut Artikel 3 Absatz 3 der EU-Verordnung nicht erlaubt . Gleiches gilt auch für Zero-Rating-Angebote wie die schon angesprochene Spotify-Flatrate der Telekom . Auch das ist ein kommer- zielles Verkehrsmanagement und wäre nicht erlaubt . Es würde also der EU-Verordnung entsprechen, wenn zwei- seitige Märkte und Zero-Rating-Angebote explizit unter- sagt würden . Darüber hinaus fordern wir, dass priorisierte Dienste höchstens 5 Prozent der aktuellen Übertragungskapazität ausmachen dürfen, bis  ein flächendeckendes Glasfaser- netz aufgebaut wird . So bleibt sichergestellt, dass aus- reichend Netzkapazität für das offene Internet zur Verfü- gung steht . Als Nebeneffekt würde dies einen Anreiz für Telekommunikationsunternehmen bieten, das Glasfaser- netz schnell und umfassend auszubauen . Nun kann man argumentieren, dass ein solcher Antrag etwas spät kommt . Dieser Auffassung, unter anderem von den Grünen vertreten, kann ich mich nicht anschlie- ßen . Denn würde dieser Antrag angenommen, wäre er ein deutliches Signal an die Bundesregierung und auch an die Bundesnetzagentur, sich konsequent in den Ver- handlungen um die Auslegung der EU-Verordnung für ein wirklich neutrales Netz einzusetzen . Ich kann sie nur inständig darum bitten, mit uns gemeinsam dieses Signal zu setzen . Denn noch ist es eben nicht zu spät, um das Netz für alle zu sichern . Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Netzneutralität – und damit die Gleichbehandlung von Daten bei der Übertragung im Internet und der diskri- minierungsfreie Zugang bei der Nutzung von Datennet- zen – ist in unserer modernen und digitalen Gesellschaft ein hohes und schützenswertes Prinzip . Ein offenes und diskriminierungsfreies Netz hat große und vielfältige Be- deutung für Demokratie sowie wirtschaftliche Innovati- on . Wir als Politikerinnen und Politiker müssen uns dafür einsetzen, Netzneutralität effektiv zu schützen . Es darf nicht zu einem Zwei-Klassen-Netz kommen . Was da nun im vergangenen Herbst auf EU-Ebene, mit den Stimmen der SPD, abgestimmt wurde, ist eine klare Aufweichung der Netzneutralität . Die verabschiedete Telecom-Single-Market-Verordnung beinhaltet zahlrei- che Schlupflöcher und unbestimmte Rechtsbegriffe, die  Spezialdienste grundsätzlich ermöglichen . Dies zeigte sich bereits kurz nach Verabschiedung der Verordnung, als die Telekom just die Einführung von Spezialdiensten ankündigte . Zudem will die Telekom für schnelle Über- tragungsdienste zukünftig am Umsatz von Unternehmen beteiligt werden . Diese Ankündigungen sind nur ein Vor- geschmack dafür, wie die Netzneutralität untergraben wird . Diese Tendenz ist auch aus wirtschaftlicher Sicht fatal . Denn sie könnte auch zu einer Monopolisierung der Digitalwirtschaft führen . Um Deutschland als einen gründungsfreundlichen und innovationsstarken Wirt- schaftsstandort zu etablieren, gilt Netzneutralität als einer der wichtigsten Schlüssel . Um eine Vielfalt von Inhalten und Anbietern zu garantieren, müssen alle Un- ternehmen, vor allem auch kleine und Start-ups, Diens- te und Anwendungen im Internet ohne Diskriminierung und mit gleichen Chancen anbieten können – gerade auch, weil ein Großteil der Innovationen in Start-ups und bei nichtkommerziellen Anbietern entsteht . Diskriminie- rungsfreier Internetzugang ist somit Basis für Vielfalt in einer digitalisierten Gesellschaft und fördert zugleich das Innovationspotenzial unserer Wirtschaft . Die Bundesregierung hat hier klar versagt, sich auf EU-Ebene für den Schutz der Netzneutralität einzuset- zen . Indem sie nun auf die Bundesnetzagentur als Re- gulierungsbehörde verweist, wird die Bundesregierung ihrer Verantwortung nicht gerecht . Es braucht klare nati- onale gesetzliche Regelungen, um die Netzneutralität zu gewähren . Für eine offene und digitale Gesellschaft sowie Wirt- schaft brauchen wir einen allgemein verfügbaren Zugang Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617742 (A) (C) (B) (D) zu schnellem Internet . Dazu braucht es ein bundesweites Breitbandnetz, welches die infrastrukturelle Grundla- ge einer digitalen Gesellschaft ist . Dies so schnell wie möglich zu erreichen, sollte unser aller Ziel sein . Eine fehlende Festschreibung von Netzneutralität und damit die Möglichkeit, Spezialdienste mit Zusatzgebühren an- zubieten, steht hierzu im Widerspruch . Telekommuni- kationsanbieter werden sich so noch weniger bemüßigt fühlen, den Breitbandausbau voranzutreiben . Die Diskussionen um Netzneutralität führen wir seit Jahren . Aber es folgen keine Taten . Die Bundesregie- rung bleibt stumm, anstatt sich klar zu einer freien und digitalen Gesellschaft zu bekennen und sich durch kla- re Regelungen dafür einzusetzen . Ein Blick in andere Länder zeigt, dass dies möglich ist . In den USA hat sich Präsident Obama für Netzneutralität ausgesprochen und höchstpersönlich dafür eingesetzt, dass im vergangenen Sommer weitreichende Regelungen verabschiedet wur- den . Bezahlte Überholspuren sind danach untersagt . Zu- dem müssen Telekommunikationsanbieter transparent und verbindlich darlegen, zu welchen Preisen und mit welchen Geschwindigkeiten sie ihre Dienste anbieten . Zudem unterstützt die dortige Regulierungsbehörde FCC als Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger und Unter- nehmen, wenn es Beschwerden gibt . Das zeigt, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg . Insgesamt unterstützen wir die Intention des vorge- legten Antrags, Netzneutralität gesetzlich zu sichern . Allerdings kommt der Antrag zu spät und spricht sich zudem dafür aus, einen bestimmten Prozentsatz für Spe- zialdienste zuzulassen – dies sehen wir kritisch . Daher enthalten wir uns . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Den europäischen Binnen­ markt weiter vertiefen – Bewährte Standards er­ halten (Tagesordnungspunkt 18) Astrid Grotelüschen (CDU/CSU): Der vorliegende Antrag „Den europäischen Binnenmarkt weiter vertie- fen – Bewährte Standards erhalten“ reiht sich in eine Viel- zahl von Anträgen und Maßnahmen wie zum Beispiel die Transparenzinitiative und unseren Entschließungsantrag aus dem Januar diesen Jahres: „Berechtigte Interessen des Handwerks und der Freien Berufe im europäischen Binnenmarkt schützen“ ein, die wir als CDU/CSU-Frak- tion in den vergangenen drei Jahren initiiert haben . Wir stellen insbesondere die spezielle Bedeutung des Binnenmarktes für einen freien Handel mit Produkten und Dienstleistungen in den Mittelpunkt unserer Aus- führungen . Die im Oktober 2015 veröffentlichte Kom- missionsmitteilung spricht von 23 Einzelmaßnahmen . Im Bereich der Dienstleistungen, der Freien Berufe und im Handwerk sollen davon alle Punkte bis 2017 umgesetzt werden . Mit unserem Antrag und der heutigen Diskussion hat sich der Bundestag vor dem Hintergrund der Binnen- marktstrategie der Europäischen Kommission ein weite- res Mal zu den bewährten Strukturen im Handwerk und den Freien Berufen bekannt . Es muss aber in diesem Zu- sammenhang weiterhin betont werden, dass die Kompe- tenz der Mitgliedstaaten insgesamt für Berufsregelungen nicht infrage gestellt werden darf . Aus meiner Sicht eines der wichtigsten politische Signale in Richtung Brüssel . Wir sollten heute ein weiteres Signal setzen . Denn im Bereich des Binnenmarkts ist es ganz klar so, dass die vorgelegte Binnenmarktstrategie der KOM zwar im Kern zu begrüßen ist, aber Deutschland auf europäischer Ebe- ne immer wieder mit angeblich „bestehenden Hindernis- sen“ auf dem Dienstleistungsmarkt konfrontiert wird . Wir dürfen uns hierbei aus meiner Sicht nicht verun- sichern lassen . Im Gegenteil: Wir müssen sorgfältig da- rauf achten, dass bestimmte geplante Maßnahmen, die die Stärke der Freien Berufe und auch des Handwerks ausmachen, nicht durch Deregulierung konterkariert werden . Ich möchte exemplarisch einige Beispiele hervorhe- ben: Die KOM will mit einem Dienstleistungspass, mit ei- nem einheitlichen Mitteilungsformular und einem elek- tronischen Dokumentenverzeichnis „für mehr Sicher- heit“ sorgen und Hindernisse für Anbieter, die auf andere EU-Märkte expandieren möchten, abbauen . Zudem wird ein Analyseraster vorgeschlagen, auf das die Mitgliedstaaten zurückgreifen können, wenn sie be- stehende Vorschriften prüfen oder zusätzliche einführen . Schließlich will die KOM „regulatorischer Hindernis- se“ abbauen, zu denen unterschiedliche Rechtsformen, Anforderungen an die Beteiligungsverhältnisse und so- genannte „multidisziplinäre Einschränkungen“ für wich- tige Unternehmensdienstleistungen gehören . Ziel der Binnenmarktstrategie ist die Vertiefung des gemeinsamen Binnenmarkts und der Abbau „ungerecht- fertigter Regulierung“, zu der aus Sicht der Europäischen Kommission eben auch zahlreiche berufsrechtliche Re- gelungen der Freien Berufe und des Handwerks gehören . Wir wollen und müssen aber dafür sorgen, dass deutsche Produkte und Dienstleistungen zukünftig noch besser vermarktet werden können . Und auch deshalb darf es nicht zu einer Senkung der Qualitätsstandards oder gar zur Einführung des Herkunftsprinzips „durch die Hinter- tür“ kommen . Ich denke, wir haben mit dem vorliegenden Antrag drei grundlegende Themenblöcke markiert: in erster Li- nie wirtschaftspolitische Fragen mit dem Blick auf die Stärkung des Binnenmarktes, den „Motor Europas“ . Zu- dem setzen wir zwei wichtige, zusätzliche Signale: Die Weiterentwicklung darf auf keinen Fall zu mehr Büro- kratie führen, und sie muss unter der Einhaltung der Sub- sidiarität vollzogen werden . Bei der Vielzahl der Themen innerhalb der Binnen- marktstrategie gilt es die Kernanliegen deutlich zu ma- chen, das heißt Schwerpunkte zu setzen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17743 (A) (C) (B) (D) Zentrale Forderungen unseres Antrages sind: Praxisrelevante Binnenmarkthindernisse angehen . Wir wollen keine neue Bürokratie aufbauen . Wir wollen bei möglichst allen angekündigten Maßnahmen auf Prak- tikabilität achten . Wir wollen kein Herkunftslandprinzip „durch die Hin- tertür“ – etwa bei Versicherungsvorschriften oder durch den Dienstleistungspass . Ebensowenig wollen wir den Anwendungsbereich der DL-Richtlinie „durch die Hintertür“ ausweiten . Es muss klar werden und notfalls beharrlich immer wieder betont werden, dass Berufszugangs- und Be- rufsausübungsregelungen nur eingebettet im jeweiligen nationalen Kontext sinnvoll zu bewerten sind . Meine Kollegin Barbara Lanzinger wird später diesen Aspekt hervorheben . Die genannten Punkte bedeuten für die EU, dass sie im internationalen Standortvergleich auf Wachstum und zugleich auf Qualitätswettbewerb setzen muss . Es bedeutet außerdem, dass Verbraucherschutz als wichtiges Politikziel erkannt werden muss . Wir können nicht ausschließlich auf ökonomische Aspekte abzielen, denn freiberufliche Dienstleistungen sind nicht „normier- bar“ . An dieser Stelle möchte ich kurz – als Berichterstat- terin für die Freien Berufe – auf aktuelle Zahlen hinwei- sen: Als Arbeitgeber beschäftigen die rund 1,3 Millionen selbstständigen  Freiberufler  in  Deutschland  mittler- weile über 3,3 Millionen Mitarbeiter – darunter circa 122 500 Auszubildende . Gemeinsam wird ein Jahresum- satz von rund 370 Milliarden Euro erwirtschaftet und somit knapp über 10 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beigesteuert . Diese Zahlen sollten wir bei den möglichen Auswir- kungen im Falle einer falschen Weichenstellung der europäischen Binnenmarktpolitik auf die deutsche Wirt- schaft immer im Hinterkopf behalten . Zur Weiterentwicklung des Binnenmarktes brauchen wir nicht immer neue Regelwerke . Wenn zum Beispiel ein Dienstleitungsausweis keinerlei Mehrwert für die davon in der Praxis betroffenen Unternehmen bietet, brauchen wir ihn vielleicht auch nicht . Was wir hingegen einfordern müssen, ist vor allem eine zielgerichtete, effi- ziente Umsetzung und Anwendung schon beschlossener Maßnahmen . Mit unserem Antrag verbinden wir deshalb zum Bei- spiel auch die Absicht, dass der Deutsche Bundestag die Europäische Kommission auffordert, im „Bereich Un- ternehmen“ ein umfangreiches KMU-Programm in An- griff zu nehmen, um die Sichtbarkeit der europäischen KMU-Politik weiter zu erhöhen . Denn es ist notwendig, dass kleine und mittlere Unternehmen die Potenziale des Binnenmarktes optimal nutzen und wachsen können – auch über nationale Grenzen hinaus . Wir werden die europäischen Rechtssetzungsprozesse zur Umsetzung auch der digitalen Binnenmarktstrategie weiter eng begleiten . Unser gemeinsames Ziel dabei ist ein Binnenmarkt, der es Bürgern und Unternehmen er- möglicht, ihre Chancen optimal zu nutzen, um an den Vorteilen dieses Binnenmarktes teilhaben zu können . Seit 1992 trägt der Binnenmarkt, eine der größten Er- rungenschaften der europäischen Integration, zu Wachs- tum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in den Mitgliedstaaten bei . Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion möchte, dass das so bleibt, und dass Deutschland mit seinen hohen Standards seine erfolgreiche Vorreiterrolle, von  der  unsere Bürger  und  unsere Unternehmen  profi- tieren, behält . In diesem Sinne bitte ich um Ihre Unter- stützung . Barbara Lanzinger (CDU/CSU): In diesen Tagen ist das Thema Europa wieder sehr präsent in der öffent- lichen Debatte . Wie wichtig die Europäische Union für unser aller Wohl ist, für eine starke Wirtschaft und für Frieden und Zusammenhalt in Europa, bedarf hier kei- ner weiteren Ausführung . Allerdings – und das sehen wir auch am heutigen Referendum der Briten zum Verbleib in der Europäischen Union – gibt es große Herausfor- derungen, die wir bewältigen müssen . Wir müssen der Tatsache ins Auge schauen, dass es Menschen gibt, die die Vorteile der Europäischen Union infrage stellen . An dieser Stelle möchte ich den früheren tschechi- schen Staatspräsidenten Vaclav Havel zitieren: „Wenn die Einwohner Europas begreifen lernen, dass es sich nicht um ein bürokratisches Monstrum handelt, das ihre Eigenständigkeit einschränken oder gar leugnen möchte, sondern lediglich um einen neuen Typus von Gemein- schaft, der ihre Freiheit vielmehr wesentlich erweitert, dann braucht der Europäischen Union um ihre Zukunft nicht bange zu sein .“ Damit ist auf den Punkt gebracht, was meiner Ansicht nach ein Teil unseres aktuellen Problems ist: Die Sorge vor einem Zuviel an europäischer Regulierung und der Aushöhlung des Subsidiaritätsprinzips gefährden die Akzeptanz der Europäischen Union . Mit anderen Worten muss hinsichtlich der Gesetzgebung aus Europa gelten: So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich . Dieses Prinzip motiviert auch den vorliegenden An- trag zur Binnenmarktstrategie der Europäischen Kom- mission . Der europäische Binnenmarkt ist ganz ohne Zweifel eine große Errungenschaft und hat entscheidend zur Wettbewerbsfähigkeit und zum Wohlstand in Euro- pa beigetragen . Wir begrüßen daher, dass die Kommis- sion sich nun der Modernisierung des Binnenmarkts annimmt . Gleichzeitig wirft die Strategie aber auch an vielen Stellen Fragen auf . Deshalb richten wir uns mit unserem Antrag nicht nur an die Bundesregierung mit der Bitte, die Haltung des Deutschen Bundestages zur Binnenmarktstrategie mit Nachdruck gegenüber der Kommission zu vertreten, son- dern explizit auch an die Kommission selbst . Der Deutsche Bundestag hat bisher noch nicht um- fassend zur Binnenmarktstrategie Stellung genommen, sondern lediglich zu wichtigen Teilbereichen . In diesem Antrag findet sich nun eine Positionierung zu allen Po- litikfeldern, die in der Strategie angesprochen sind . Ich Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617744 (A) (C) (B) (D) möchte mich aber auf einige aus meiner Sicht entschei- dende Punkte konzentrieren . Wir machen explizit deutlich, wie wichtig dem Deut- schen Bundestag die in Deutschland bewährten Berufs- zugangs– und Ausübungsregeln und Honorarordnungen für Freie Berufe und Handwerk sind . Diese müssen un- bedingt weiterhin möglich bleiben, denn sie sichern Qua- lität und die Exzellenz, für die wir international geschätzt werden . Sie dienen außerdem dem Verbraucherschutz . Das be- tone ich ausdrücklich, denn aus meiner Sicht wird viel zu häufig eine reine Preisbetrachtung angestellt, die eben  nur vermeintlich im Verbraucherinteresse ist . Die Siche- rung der Qualitäts- und Ausbildungsstandards, also die Professionalität der Leistungserbringung und der Erhalt der Angebotsvielfalt, sind aber genauso wichtig für den Verbraucherschutz . Was wir nicht wollen, ist, dass die Vorschläge der Kommission zum Abbau von Regulierungshemmnissen bei den reglementierten Berufen die mitgliedstaatliche Regelungskompetenz infrage stellen . Es ist auch fraglich, ob es überhaupt notwendig ist, in die gewachsenen Strukturen der nationalen Staaten derart einzugreifen, wie es die Kommission an einigen Stellen tut – beispielsweise, indem sie sich gegen die Mindestsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure wendet . Zum einen schützen die Mindestsätze vor einem Preisunterbietungswettbewerb, der die Exis- tenz unserer Betriebe vor Ort sichert und, wie gesagt, die Qualität der Leistung garantiert . Zum anderen fehlt ein Nachweis darüber, dass ein tat- sächlicher Bedarf für eine Deregulierung besteht, dass also tatsächlich eine nennenswerte Anzahl an ausländi- schen Unternehmen in diesem Bereich auf den deutschen Markt drängen würde, wenn es unsere Berufsregelungen nicht gäbe . Die größten Hürden dürften doch wohl eher Sprachbarrieren und mangelnde Praktikabilität einer Leistungserbringung im Ausland sein . Außerdem ist die Mobilität von Selbstständigen und abhängig Beschäftigten im Binnenmarkt aus unserer Sicht bereits über die Regelungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen hinreichend abgesichert.  Aus ähnlichen Gründen ist auch fraglich, ob es über- haupt eine Notwendigkeit für den sogenannten Dienst- leistungspass gibt, den die Europäische Kommission plant . Jedenfalls darf dieser nicht zu einer Einführung des Herkunftslandprinzips durch die Hintertür führen . Regelungen, die dem Schutz der Arbeitnehmer dienen, wie zum Beispiel der Mindestlohn, müssen unbedingt erhalten bleiben . Was die Vergabe öffentlicher Aufträge betrifft, hat die Europäische Kommission 2014 ein umfassendes Richtlinienpaket vorgelegt, dessen Umsetzungsfrist im April 2016 abgelaufen ist und das in Deutschland frist- gerecht umgesetzt wurde . Bevor nun weitere gesetzge- berische Maßnahmen ergriffen werden, sollte erst einmal die Umsetzung in allen Mitgliedstaaten abgewartet und evaluiert werden . Auch müssen wir vermeiden, dass es zu neuen oder zusätzlichen bürokratischen Lasten wie zum Beispiel Berichts- und Informationspflichten für die  Mitgliedstaaten kommt . Last but not least möchte ich betonen, dass wir es be- grüßen, dass die Kommission sich dem Bereich der so- genannten „Sharing Economy“ oder der partizipativen Wirtschaft annimmt . Dies ist ein spannender Bereich, der jede Menge Innovationspotenzial für die Wirtschaft be- inhaltet . Ganz besonders relevant ist er für den Bereich Tourismus, zum Beispiel bei Online-Plattformen für pri- vate Übernachtungsangebote oder Transportmöglichkei- ten . Hier gilt es, das richtige Augenmaß zu bewahren, um diesen neuen Bereich gut zu gestalten und Innovationen zu ermöglichen, ohne dass es zu Wettbewerbsverzerrun- gen kommt . Und auch hier halte ich es für unabdingbar, dass den Mitgliedstaaten bei einer Europäischen Agenda für die Sharing Economy Gestaltungsspielraum einge- räumt wird . Ich betone noch einmal: Weniger ist manchmal mehr, und gerade in diesen Tagen ist es wichtiger denn je, den europäischen Binnenmarkt mit Augenmaß und auch mit einer gewissen Zurückhaltung zu gestalten . Matthias Ilgen (SPD): Fakt ist: Im Vergleich zu den USA, aber auch zu aufstrebenden Wettbewerbern aus China, Südkorea oder Israel entwickelt sich die digitale Wirtschaft in Europa zu langsam . In der Binnenmarktstra- tegie, über die wir heute beraten, widmet sich die Kom- mission daher zu Recht der partizipativen Wirtschaft . Ich begrüße es, dass die Kommission sich in jüngster Zeit verstärkt der digitalen Wirtschaft annimmt . Zwar haben wir auch bei uns viele gute Ideen für diesen neuen Wirt- schaftszweig, die erfolgreichsten Unternehmen haben ih- ren Sitz aber in den USA . Daher ist der Ansatz der Kom- mission richtig, zu untersuchen, wie Hemmnisse gerade für die partizipative Wirtschaft innerhalb der EU abge- baut werden können . Ich denke dabei beispielsweise an das immer noch verbreitete Geoblocking, das es in einem Binnenmarkt eigentlich nicht geben dürfte . Was wir aber nicht wollen, sind neue Geschäftsmodelle, die sich auf Kosten von sozialer Sicherung, Verbraucherschutz und Arbeitnehmerrechten durchsetzen . Unsere volle Unterstützung hat die Kommission, wenn sie Bürokratie abbauen will für Unternehmen, die über die Grenzen hinweg expandieren wollen . Das zentrale digitale Zugangstor, mit dem verschiedene Onlinediens- te der EU zur Information und Unterstützung für KMU gebündelt werden, ist ein Schritt in die richtige Richtung . Auch eine einheitliche Normung in Europa würde für Hersteller und Dienstleister in der EU vieles erleichtern . Die gemeinsame Normungsinitiative der Kommission begrüßen wir deshalb ausdrücklich . Wenn die EU-Kommission die Zuwanderung von un- ternehmerischen Talenten in die EU fördert, kann sie auf die Unterstützung der SPD zählen . Hier geht es nicht um einen Verdrängungswettbewerb mit bereits in Europa le- benden Menschen, sondern darum, die EU attraktiv zu machen für Männer und Frauen, die ihre Arbeit nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere mitbringen . In Deutschland haben wir mit unserem Aufenthaltsgesetz Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17745 (A) (C) (B) (D) bereits die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, da- mit Unternehmer das Silicon Valley in Richtung Berlin verlassen können . Gemeinsam mit meiner Fraktion unterstütze ich das Ziel der Kommission, den Binnenmarkt für Unterneh- men attraktiver zu machen . Fest steht für mich auch, dass dabei Arbeitnehmerrechte, fairer Wettbewerb und Ver- braucherschutz nicht auf der Strecke bleiben dürfen . Sabine Poschmann (SPD): Der gemeinsame Bin- nenmarkt gehört ohne Zweifel zu den größten Erfolgen der Europäischen Integration . Unternehmen können ihre Waren ungehindert und ohne Zölle über nationale Gren- zen hinweg vertreiben . Die Bürgerinnen und Bürger ge- nießen Reisefreiheit und können selber entscheiden, in welchem Land der EU sie leben, lernen und arbeiten oder vielleicht eine Firma gründen wollen . Mir ist weltweit kein zweiter Wirtschaftsraum dieser Art bekannt! An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch unsere briti- schen Freunde einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen dieses gemeinsamen Marktes geleistet haben – allein schon deshalb wäre ihr Austritt aus der EU höchst be- dauerlich . Der gemeinsame Markt hat Europa auf vielen Gebie- ten zusammenrücken lassen . Deshalb begrüßen wir, dass die EU-Kommission den Binnenmarkt weiterentwickeln will und sich neuen Herausforderungen annimmt . Dazu gehört ohne Frage die Digitalisierung der Wirt- schaft . Viele Branchen verändern sich, neue Geschäfts- modelle entstehen, Innovationen werden vorangetrieben . Davon sollen alle profitieren können. Das aber bedingt  einheitliche Spielregeln und einheitliche Rahmenbedin- gungen . Deshalb sind wir durchaus bereit, unsere nati- onalen Regeln zu prüfen . Allerdings sagen wir ebenso deutlich: Es gibt Grenzen . Dienstleistungen am Men- schen sind nicht gleichzusetzen mit Waren . Wir machen uns mit Nachdruck dafür stark, dass unse- re bewährten Standards erhalten bleiben, und eben nicht in eine Abwärtsspirale geraten . Vor allem nicht, wenn es um den Gesundheitsschutz geht, die Qualitätssicherung und die Rechte von Arbeitnehmern . Ich denke dabei be- sonders an die Berufsregeln für das Handwerk, aber auch an die Honorarordnungen für einige Freie Berufe . Warum sollen wir ein System der Transparenz, der Unabhängigkeit und der Kompetenz aufgeben? Es ist ein Irrglaube zu meinen, dass sich automatisch und per se mehr Wachstum und Beschäftigung einstellen . Län- der wie Italien, Belgien oder Österreich zeigen, dass dies eben nicht der Fall ist . Bei einigen der von der EU-Kommission angekün- digten Maßnahmen müssen wir genauer hinsehen . Zum Beispiel beim Dienstleistungspass . Mit dem Dienstleis- tungspass soll Bürokratie abgebaut werden . Das klingt natürlich gut, denn wer hätte etwas dagegen einzuwen- den? Wenn aber mit einem solchen Pass das sogenann- te Herkunftslandprinzip durch die Hintertür eingeführt wird, werden wir dem eine Absage erteilen . Es muss si- chergestellt sein, dass unsere bewährten Standards wei- terhin gelten . Es muss sichergestellt sein, dass jedes Land das Recht hat, die Einhaltung dieser Standards auch zu prüfen . Deshalb haben wir kein Verständnis für Vorschläge, die zum Beispiel das Fremdkapitalverbot für Kanzleien unterlaufen könnten . Wenn ich zu einem Rechtsanwalt gehe, möchte ich weiter sicher sein, dass er meine Inte- ressen vertritt und nicht die fremder Kapitalgeber oder Anteilseigner . Wir senden ein klares Signal an die EU-Kommission: Ja, wir möchten den europäischen Binnenmarkt wei- terentwickeln . Ja, wir möchten Maßnahmen, mit denen wir Bürokratie abbauen, Verfahren vereinfachen und be- stimmte Standards vereinheitlichen . Was wir nicht möchten, sind der Abbau von Arbeit- nehmerrechten sowie Verschlechterungen beim Ver- braucherschutz und bei der Qualität von Produkten und Dienstleistungen . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE): Es mutet schi- zophren an, dass zu einem Zeitpunkt, zu dem die aus- einanderstrebenden Fugalkräfte in der EU mittlerweile unübersehbar geworden sind und munter von rechten Regierungen bespielt werden, die Koalitionsfraktionen einen Antrag einbringen, der sich zur Binnenmarktstra- tegie der Kommission verhält, während wenig bis nichts aus dieser Ecke zu den Zerfallstendenzen in der EU zu vernehmen ist . Just heute stimmen die Briten über den Austritt aus der EU ab . Bildlich gesprochen ist das Fun- dament des „Hauses Europa“ am Zerbröseln, aber die Koalition möchte im Erdgeschoss weiter rumwerkeln . Verrückt . Allerdings ist der gemeinsame Binnenmarkt durch- aus Synonym für die Ursachen dieses Zerfallsprozesses . Denn die europäische Integration hauptsächlich über ei- nen gemeinsamen Binnenmarkt gestalten zu wollen, der so konstruiert ist, dass sich sowohl die Arbeitenden als auch die Unternehmen der Mitgliedsländer gegenseitig niederkonkurrieren und staatliche Interventionsmöglich- keiten zugunsten einer anderen, nicht neoliberalen Wirt- schaftspolitik verunmöglicht werden, muss über kurz oder lang zwangsweise zu ihrem Scheitern führen . Die Finanzkrise und die Schäuble’schen „Lösungskonzepte“ waren da nur noch der Brandbeschleuniger . Statt den Zusammenschluss des weltgrößten Wirt- schaftsraums für harmonisierte und koordinierte Min- deststandards zu nutzen und diese auf dem Weltmarkt zu behaupten, basteln die EU-Eliten aber lieber an TTIP mit den USA und CETA mit Kanada . Auch da geht es nicht um eine Harmonisierung auf höchstem Niveau, sondern um möglichst viel „Beinfreiheit“ für große Konzerne und Banken . Dagegen kann nur Sozialstaatlichkeit im Primärrecht Grenzen setzen . Es muss wohl Ignoranz sein, denn Sie scheinen ja ernsthaft zu glauben, dass die Bürger der EU dauerhaft akzeptieren, dass sie Mitglied eines Vereins sind, der sie aufeinander hetzt, sie gegeneinander ausspielt und der Wirtschaft den Primat gegenüber der Politik einräumt . Wirtschaftliche Interessen sind originär Interessen von Einzelnen, bestenfalls kleinen Kreisen . Politik, zumal in Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617746 (A) (C) (B) (D) demokratisch verfassten Systemen, soll aber den Interes- sen der Mehrheit zu Geltung verhelfen und die benach- teiligter – wohlgemerkt benachteiligter! – Minderheiten berücksichtigen . Das würde bedeuten, für einen vertraglichen Neustart der EU einzutreten, der gemeinsame soziale Mindest- standards und eine koordinierte Lohnpolitik festlegt, eine harmonisierte Unternehmensbesteuerung durchsetzt, die Finanzmärkte endlich streng reguliert und eine Zentral- bank installiert, deren Geld- und Währungspolitik nicht völlig abgekoppelt ist von politischen Konstellationen und Zielstellungen . Die Banker der EZB sind nämlich weder demokratisch legitimiert noch müssen sie sich ir- gendwo rechtfertigen . Gegenwärtig haben die Menschen den Eindruck, dass es fast egal ist, wen sie wählen, da ja sowieso alles „al- ternativlos“ sei . An dieser Wahrnehmung ist viel dran . Diesen Schuh muss sich aber das politische Personal von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP anziehen . Die haben in trauter Einigkeit jahrelang die EU- und vor allem Kri- senpolitik gemeinsam getragen . Ändert sich nicht schleunigst etwas an den benannten Punkten, wird das nicht nur das Ende der EU, sondern – das gemahnt der Blick nach Ungarn oder Polen – wo- möglich auch das der neuzeitlichen Demokratie . Denn auch der europaweite Frust, die Geringschätzung gegen- über Politikern, der Erfolgsrausch von Rechtspopulisten und Nationalisten haben hier ihren Ursprung . Wie auch immer: Nach dem heutigen Brexit-Refe- rendum wird die EU nicht mehr dieselbe sein . Geben Sie der EU einen Verstand aus Rechts- und Sozialstaatlich- keit und ein Herz aus Solidarität! Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der europäische Binnenmarkt hat eine überragen- de Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft . Knapp 60 Prozent der deutschen Exporte gingen 2015 in Länder der EU . Wohlstand und Lebensqualität in Deutschland wie in Europa sind eng verknüpft mit einem funktionie- renden europäischen Binnenmarkt . Umso wichtiger ist es, dass dieser Binnenmarkt ständig weiterentwickelt wird, um mit technologischen, aber auch gesellschaftli- chen Veränderungen Schritt zu halten . Und was legt uns die Große Koalition dazu heute vor? Ein Papier mit 39 Spiegelstrichen – ohne erkennbare Fo- kussierung auf die wirklich drängenden Themen, ohne Ordnungsprinzip und in vielen Punkten diktiert von den Interessengruppen . Das ist keine Binnenmarktstrategie, das ist ein Luftballon mit viel heißer Luft, aufgeblasen von den Lobbyverbänden . Was nutzt, wird gelobt, und wenn auch mal von der Bundesrepublik regulatorische Anpassungen eingefordert werden, um Hemmnisse im Binnenmarkt abzubauen, wird der Status quo aufs Äu- ßerste verteidigt, egal ob es Sinn macht oder nicht . Lassen Sie mich das an einem Beispiel erläutern: Im Handwerksbereich ist es nach wie vor so, dass Unter- nehmen aus anderen Staaten der EU sehr viel leichter Dienstleistungen erbringen können als Handwerker aus der Bundesrepublik, die keine Meisterprüfung abgelegt haben . Während es teilweise sehr viel leichter ist, sich in einem anderen EU-Land selbstständig zu machen, be- stehen hier oft hohe Hürden . Das ist nicht per se schlecht oder falsch . Aber es ist ein objektiver Nachteil für Ar- beitskräfte aus der Bundesrepublik . Vorschläge, wie das verhindert werden kann, findet man bei Ihnen im Antrag  vergeblich. Man findet keine Aussagen darüber, dass wir  in Deutschland ohne Zweifel einen hohen Qualitätsstan- dard erhalten und vielleicht wiedererlangen wollen – ich verweise auf die immer mehr um sich greifenden Män- gel im Bauwesen –, wir im Hinblick auf die Niederlas- sungsfreiheit aber neue Überlegungen zu einer Öffnung der Handwerksordnung bei gleichzeitiger Stärkung der Qualitätsanforderungen brauchen . Auch verlieren Sie kein Wort über eine stärkere Har- monisierung des europäischen Unternehmenssteuer- rechts . Gerade hier existieren große Verzerrungspoten- ziale des europäischen Binnenmarktes . Natürlich sollte nicht die nationale Steuerrechtskompetenz infrage ge- stellt werden . Aber die Zersplitterung des europäischen Binnenmarktes in 28 unterschiedliche Unternehmens- steuerrechte führt dazu, dass internationale Konzerne effektiv deutlich niedrigere Steuern zahlen als rein na- tional tätige Unternehmen . Sie suchen sich die günstigs- ten Regelungen und sorgen damit dafür, dass der inner- europäische Steuerwettbewerb zwischen Staaten immer schädlichere Züge angenommen hat . Eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer und europäische Mindeststeuersätze würden das beheben und so auch ein Stück weit den EU-Binnenmarkt stärken . Zu- gegeben, ein hartes Stück Arbeit, aber es gehört unbe- dingt auf die Agenda . Gleiches gilt bei der Mehrwertsteuer . Die Koalition mahnt hier zu Recht an, dass die neuen Vorschläge der Kommission nicht zulasten des nationalen Steuerauf- kommens gehen dürfen . Es ist geradezu absurd, dass die Kommission hier wieder ein Stück weit zurück von der Harmonisierung gehen will . Die Bundesregierung beför- dert das Ganze allerdings noch durch ihren lobbygetrie- benen Einsatz für eine mehrwertsteuerliche Ermäßigung für elektronische Dienstleistungen . Wir haben das Pro- blem, dass die großen Internetkonzerne sich sehr ein- fallsreich und legal einer Steuerzahlung entziehen . Der Mehrwertsteuer können sie sich aktuell nur schlecht ent- ziehen . Es ist also falsch, dass Union und SPD hier auf die Einflüstereien der Internetkonzerne hören.  Damit fehlen in Ihrem Antrag wichtige Elemente, die zum europäischen Binnenmarkt dazugehören . Richtig sind ihre Feststellungen und Forderungen zum Erhalt so- zialer und verbraucherschutzrechtlicher Standards . Dass sie dabei die ökologischen Standards nicht erwähnen, zeigt allerdings ihr Desinteresse an dieser Stelle . Insgesamt dürfen hohe ökologische oder soziale Stan- dards in der Tat nicht durch das Herkunftslandsprinzip oder europäische Rechtsformen für kleine und mittlere Unternehmen ausgehebelt werden . Hier sprechen wir also mit einer Stimme, wenn es darum geht, Arbeitneh- merinnen- und Arbeitnehmerinteressen und Mitbestim- mungsrechte zu wahren und andere schädliche Gestal- tungen zu verhindern . Auch mit anderen Punkten aus Ihrem Antrag stimmen wir überein: Eine KMU-Strategie Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17747 (A) (C) (B) (D) kann helfen, Wettbewerbsnachteile kleiner und mittle- rer Unternehmen am internationalen Markt zu beheben . Auch die europäische Bürokratie sollte maßvoller wer- den . Hier versagt die Bundesregierung aber schon im eigenen Land . Meine Damen und Herren, ich hätte mir einen Antrag gewünscht, der klarere Akzente setzt, in den Bereichen der Dienstleistungen, des Steuerrechts, der Digitalisie- rung und der damit verbundenen Chancen . Das kann ich bei dem vorliegenden Antrag nicht erkennen, deshalb können wir dem Antrag nicht zustimmen . Da viele – nicht alle – Einzelpunkte aber durchaus richtige Sach- verhalte adressieren, werden wir uns zu diesem Antrag enthalten, verbunden mit der Aufforderung an die Große Koalition, nachzuarbeiten und klarer die Zukunftsfelder herauszuarbeiten . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­ NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Standortauswahlgesetzes (Tages­ ordnungspunkt 20) Steffen Kanitz (CDU/CSU): Mit dem heute zu eva- luierenden Standortauswahlgesetz setzen wir Empfeh- lungen der Endlagerkommission zur Neuorganisation im Bereich der Endlagerung um . Allen Unkenrufen zum Trotz wird durch maßgebliche Impulse der Endlagerkommission die größte organisato- rische Neuordnung im Bereich der nuklearen Endlage- rung seit über 40 Jahren umgesetzt . Das ist ein – erster – Erfolg der Endlagerkommission, den man nicht hoch genug einschätzen kann . Mein Dank geht an das BMUB für die gute Zusammenarbeit, aber auch an die weiteren beteiligten Ressorts und Fachaus- schüsse . Wir haben ihnen mit dem verkürzten Verfahren einiges zugemutet, aber das hatte seinen guten Sinn: Zum einen endet die Arbeit der Kommission am 5 . Juli 2016 mit der der Übergabe des Abschlussberichts an den Bundestagspräsidenten . Als Union ist es uns wichtig, dass die Empfehlungen der Kommission schnell umge- setzt werden . Die organisatorischen Voraussetzungen da- für schaffen wir heute . Zum anderen ist es für uns von wesentlicher Bedeu- tung, dass Fragen der Organisation und der Sicherheit nicht mit Finanzierungsfragen vermischt werden . Die Ergebnisse der Kommission zur Überprüfung der Finan- zierung des Kernenergieausstiegs (KFK) werden voraus- sichtlich im Herbst parlamentarisch beraten . Daher woll- ten wir eine klare zeitliche Trennung . Nun komme ich zu dem wahrscheinlich nachvoll- ziehbarsten Argument: Die betroffenen Mitarbeiter im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE), der Asse GmbH, von Schacht Konrad sowie im Endlager für radioaktive Abfälle Mors- leben (ERAM) und Gorleben brauchen endlich Pla- nungssicherheit . Über die Neuorganisation im Endlagerbereich reden wir nun schon seit zwei Jahren, das heißt, es gibt ein Maß der Verunsicherung, was dazu führt, dass sich viele gute Fachkräfte wegbewerben . Wir brauchen aber in Zukunft mehr und nicht weniger kluge Köpfe, um die schwierige Aufgabe der Endlager- suche erfolgreich zu betreiben . Mit diesem Antrag sehen wir als Politik auch ein Zei- chen: Die Endlagersuche, der Rückbau und die Stillle- gung von Kernkraftwerken ist eine Zukunftsaufgabe, die uns in Deutschland noch über Jahrzehnte gut bezahlte Arbeitsplätze bietet . Wir wollen die besten Fachkräfte gewinnen, um diese anspruchsvolle Aufgabe zu meistern, und bitten hier um Unterstützung . Mit dem heutigen Antrag setzen wir europarechtliche Vorgaben zur klaren Trennung von Aufsicht und Betrieb um . Wir schaffen eine effiziente Aufbau- und Ablauforga- nisation und sichern eindeutige Zuständigkeiten . Wir bekommen einen Regulierer, der, mit klaren Kompetenzen ausgestattet, das Standortauswahlverfah- ren Schritt für Schritt überwacht . Wir gründen eine bundeseigene Gesellschaft, die als Vorhabenträger die Betreiberaufgaben von BfS, der DBE, Schacht Konrad, Asse GmbH, dem ERAM und Gorleben übernimmt und zudem eigenverantwortlich sein kann . Während in der Vergangenheit selbst Entscheidungen von untergeordneter Bedeutung einem Lauf von Pontius zu Pilatus gleichkamen, erhält die neu zu gründende bun- deseigene Gesellschaft im Wege der Beleihung hoheitli- che Kompetenzen und kann im Rahmen eines genehmig- ten Budgets eigenverantwortlich handeln . Diese neue Struktur wird nicht nur kostengünstiger sein, weil der Gewinnaufschlag entfällt, sondern insbe- sondere, weil die klaren Zuständigkeiten zu einer zügi- gen Realisierung der Projekte beitragen . Zeit ist der ent- behrliche Kostentreiber, und den bekommen wir jetzt in den Griff . Vor diesem Hintergrund ist es uns unverständlich, dass die Linke diesem Antrag nicht zustimmt . Gerade Ihnen war es doch so wichtig, dass wir Empfehlungen der Endlagerkommission umsetzen . An diesen Grundsatz sollten Sie sich auch halten und heute aus gutem Grunde mitstimmen . Florian Oßner (CDU/CSU): Es ist schon etwas sehr Besonderes, wenn ein Gesetzentwurf von allen vier im Bundestag vertretenen Fraktionen gemeinsam einge- bracht wird . So viel Einigkeit findet sich selten  in diesem Hohen  Haus, was sicher auch ein Indiz für die sehr gute Arbeit der Endlagerkommission ist, die im Mai 2014 ihre Arbeit Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617748 (A) (C) (B) (D) aufgenommen hat und am 5 . Juli ihren Abschlussbericht vorlegen wird . Allen Beteiligten möchte ich deshalb zunächst meinen allerherzlichsten Dank aussprechen für die sehr gute und kollegiale Zusammenarbeit in den letzten zwei Jahren . Besonderes Lob verdient mein geschätzter Fraktions- kollege Steffen Kanitz, der als Sprecher unsere Positio- nen immer wieder deutlich gemacht hat . Lieber Steffen, du hast maßgeblich zum erfolgreichen Abschluss des Kommissionsberichts beigetragen – gro- ßen Dank dafür! Erstens . Weswegen Öffentlichkeitsbeteiligung? Die jahrzehntelangen Auseinandersetzungen um die Lagerung radioaktiver Abfallstoffe haben gezeigt, dass Standortbenennungen, die intransparent vorbereitet und anschließend an die breite Öffentlichkeit vermittelt wer- den, unüberwindbare Widerstände erzeugen . Deswegen hat bei uns in der Endlagerkommission auch von Anfang an Einigkeit darüber geherrscht, dass die Auswahl eines Standorts für hochradioaktive Abfäl- le mit der bestmöglichen Sicherheit nur erfolgreich sein kann, wenn ein gesellschaftlicher Konsens erreicht wird . Zweitens . Zwischenlager, keine Endlager: Bei allem, aufgrund der Geschichte auch gut nachvoll- ziehbaren Streben danach, eine wirklich einvernehmli- che Entscheidung zu erreichen, müssen wir uns aber auch stets bewusst sein, dass wir die Verpflichtung haben, bei  der Suche nach einem geeigneten Standort auch zu Er- gebnissen zu kommen . Denn: Zwischenlager dürfen keine Endlager werden . Dies können wir der Bevölkerung in den betroffenen Re- gionen nicht vermitteln . So ist zum Beispiel am Standort Isar II bei Landshut mit dem Zwischenlager BELLA nur eine Notlösung geschaffen, welche von uns nie gewollt und nun auch so schnell wie nur irgendwie möglich auf- gelöst werden sollte . Drittens . Sinn und Zweck des Nationalen Begleitgre- miums: Ein zentrales Element der Bürgerbeteiligungen an der neuen Endlagersuche soll das „Nationale Begleitgremi- um“ sein . Was genau kann man sich hierunter vorstellen? Das Nationale Begleitgremium soll eine unabhängige gesellschaftliche Instanz sein, dessen zentrale Aufgabe darin besteht, den Standortauswahlprozess zu begleiten, zu erklären und zu überwachen . Das Gremium soll sich vor allem durch Neutralität und Fachwissen auszeichnen und schlichtend zwischen den Akteuren des Standortauswahlverfahrens eingreifen können . Viertens . Gründe für die Änderung des Standortaus- wahlgesetzes: Bisher war im StandAG festgelegt, dass das Begleit- gremium erst nach der Evaluierung des Gesetzes durch den Bundestag eingesetzt wird, und zwar auf Grundlage des Kommissionsberichtes . Nun besteht jedoch die Gefahr, dass zwischen der Ab- gabe des Berichts und dem Inkrafttreten des evaluierten StandAG der über die Jahre gewachsene, gute gesell- schaftliche Dialog abreißen könnte . Sowohl bei den Kommissionsmitgliedern als auch bei allen an diesem Gesetzentwurf beteiligten Fraktionen hat die Befürchtung bestanden, dass durch diesen „Faden- riss“ der Konsensgedanke sowie mühsam aufgebautes Vertrauen wieder verloren gehen könnte . Dies gilt es unbedingt zu verhindern, weswegen wir uns fraktionsübergreifend auf die vorliegende Änderung des Standortauswahlgesetzes verständigt haben . Denn die gute und harte Arbeit der Kommission, der letzten Jahre, darf unter keinen Umständen zunichtegemacht werden . Sie muss unbedingt ihren Niederschlag im spä- teren Suchverfahren finden. Das Nationale Begleitgremium muss deshalb unbe- dingt „ab Tag 1“ der Standortauswahl einsatzbereit sein, auch wenn dies zunächst nur in einer „Brückenphase“ der Fall sein wird . In dieser Phase wird das Gremium zunächst aus neun Mitgliedern bestehen . Hiervon sollen sechs Mitglieder sich durch ein „gesellschaftlich hohes Ansehen“ aus- zeichnen und je zur Hälfte von Bundestag und Bundes- rat vorgeschlagen werden . Zudem sollen dem Gremium zwei Bürger sowie ein Vertreter der „jungen Generation“ angehören . Die Amtszeit der Mitglieder wird auf drei Jahre be- grenzt . Jedes Mitglied kann insgesamt dreimal berufen wer- den und soll keiner gesetzgebenden Körperschaft in Bund oder den Ländern sowie keiner Bundes- oder Lan- desregierung angehören . Auch sollen die Mitglieder kei- ne wirtschaftlichen Interessen in Bezug auf die Standort- auswahl oder die Endlagerung im weitesten Sinn haben . Fünftens . Stand der Arbeit der Koalition: In Absprache mit allen Fraktionen haben wir uns da- für entschieden, in Anpassung an die Wahl der Mitglieder der Endlager-Kommission die Personen direkt durch den Bundestag und Bundesrat wählen zu lassen . Zudem sollen die zwei Bürger sowie der Vertreter der jungen Generation durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit einge- bracht werden . Sechstens . Schluss: Ich denke, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ha- ben wir eine gangbare Regelung gefunden, um die gute und konstruktive Arbeit der letzten Jahre offen und trans- parent sowie mit Beteiligung der Öffentlichkeit weiter fortzuführen . Deswegen werbe ich ausdrücklich um Zu- stimmung zu dem Gesetzentwurf . Dr. Matthias Miersch (SPD): Der Deutsche Bundes- tag setzt heute ein ganz wichtiges Signal . Mit ausdrückli- cher Unterstützung aller im Bundestag vertretenen Frak- tionen setzen wir heute ein unabhängiges Gremium ein, das die Suche nach einem atomaren Endlager aus Ge- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17749 (A) (C) (B) (D) meinwohlperspektive aktiv begleiten soll . Wir nehmen damit Vorschläge bereits zu diesem frühen Zeitpunkt auf, die in der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Ab- fallstoffe erarbeitet worden sind . Kräftig ist im Vorfeld über die Kompetenz eines sol- chen Gremiums diskutiert worden . Nachdem wir als Be- richterstatter den Vorschlag gemacht haben, wurden wir von Rechtsprofessoren massiv kritisiert . Es hieß sogar, unser Vorschlag sei mit der Verfassung nicht vereinbar . Wir würden in die Gewaltenteilung eingreifen wollen . Diese Kritik offenbart, dass die Lehren aus einem jahrzehntelangen Holzweg in der Endlagersuche in Deutschland immer noch nicht allseits anerkannt werden . Es geht nicht um die Schwächung von Politik und Ver- waltung . Es geht darum, jahrzehntelang gewachsenes – und in der Endlagerfrage auch begründetes – Misstrau- en in staatliche Strukturen wettzumachen . Das wird nur durch deutliche Signale der Vertrauensbildung erreicht werden können . Diese müssen auch institutionell abgesi- chert werden . Insoweit ist das Nationale Begleitgremium ein Mosaikstein in einer neuen Kultur der Transparenz und des Lernens . An den Kompetenzen der Gewalten in unserem Verfassungssystem wird nicht gerüttelt . Aber wir setzen auf ein unabhängiges Gremium, das den Pro- zess von Beginn an begleitet, fragt und Empfehlungen aussprechen kann . Es kann wissenschaftliche Expertise anfordern und Defizite klar benennen, wenn sie denn auf- treten . Dabei geht es um die gesamtgesellschaftliche Per- spektive . Insoweit ist es wichtig, dieses Gremium jetzt auf den Weg zu bringen und nicht erst, wenn Bundestag und Bundesrat die Empfehlungen der Endlagerkommis- sion ausgewertet haben . Bereits jetzt werden Behörden gebildet . Auch das bringen wir heute auf den Weg, sodass die Begleitung auf Augenhöhe von Anfang an entschei- dend ist . Dabei greifen wir direkt auch Vorschläge auf, die di- rekt aus den Workshops der Kommission heraus entstan- den sind . Von den zunächst eingesetzten neun Mitglie- dern des Nationalen Begleitgremiums werden drei nach dem Zufallsprinzip ausgewählt . Darunter wird auch eine Vertreterin oder ein Vertreter der jüngeren Generation sein . Sicher, Zufallsbürger sind kein Garant für ein faires Verfahren . Viele Beispiele – bis hin zu der Erarbeitung von Verfassungen in anderen Staaten – belegen aber, dass Zufallsbürger  den Prozess  positiv  beeinflussen  können.  Der Begründungsdruck wird gesteigert . Die Anforderun- gen an Plausibilität und Nachvollziehbarkeit von Ent- scheidungen werden erhöht . Insoweit ist auch diese Ent- scheidung ein wichtiger Schritt, dass wir Neues wagen . Wie schon erwähnt, werden wir mit dem Gesetz heute auch die Behördenstruktur neu regeln . Diese Novellie- rung basiert ebenfalls auf einem Beschluss der Endla- gerkommission . Entscheidende Neuerung dabei ist die Entprivatisierung der atomaren Entsorgungsaufgaben . Denn die deutsche bundeseigene Gesellschaft für kern- technische Entsorgung, kurz die BGE, wird als Vorha- benträger im Bereich der Endlagersuche fungieren und damit Aufgaben des Bundesamtes für Strahlenschutzes übernehmen, das sich bislang privater Gesellschaften als Verwaltungshelfer bedienen musste . Da die Verträge zum Teil aus den 80er-Jahren stammen und der monopolisti- schen Aufgabe entsprechend gestaltet sind, wird mit der nun angestrebten Neuordnung auf lange Sicht erhebli- ches Einsparpotenzial verbunden sein . Durch die Strukturänderung agiert das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) zukünftig vollständig getrennt von der für die Auswahl, die Errich- tung, den Betrieb und die Stilllegung von Endlagern so- wie der für die Schachtanlage Asse II zuständigen Orga- nisationseinheit. Die Verwaltung wird dadurch effizienter  und transparenter das Verfahren steuern . Zudem haben wir für Planungssicherheit bei den Beschäftigten der DBE und der Asse GmbH gesorgt . Machen wir uns nichts vor: Die Suche nach einem atomaren Endlager wird noch ein sehr langer Weg . Es geht um ganz viel . Viel Vertrauen ist in der Vergangen- heit zerstört worden . Gerade deshalb müssen wir unserer Verantwortung auch gegenüber nachfolgenden Genera- tionen gerecht werden . Die Einsetzung des Nationalen Begleitgremiums ist ein erster wichtiger Schritt . Hubertus Zdebel (DIE LINKE): Wieder einmal be- schäftigt sich der Bundestag mit dem Thema Atommüll, wie die radioaktiven Abfälle unter Kontrolle zu bringen und wie sie dauerhaft und möglichst sicher zu lagern sind . Das nukleare Erbe einer unverantwortlichen Energiepo- litik, die niemals hätte begonnen werden dürfen und mit der sich noch viele Generationen abquälen müssen . Meine Fraktion hat das Standortauswahlgesetz bei sei- ner Einbringung 2013 abgelehnt, und daran halten wir auch weiterhin fest . Noch ist die Kommission bis nächste Woche dabei, ihre Empfehlungen zur Evaluation dieses Gesetzes zu beschließen . Aber ich verrate hier kein Geheimnis, wenn ich sage: Wir sind sehr skeptisch, dass die von uns und vielen Antiatomorganisationen kritisierten schweren Mängel in dem Gesetz tatsächlich beseitigt werden . Meine Fraktion Die Linke wird sich heute in der Abstimmung des anstehenden Änderungsantrages zum Standortauswahlgesetz enthalten . Wir unterstützen ausdrücklich die Initiative, ein nati- onales Begleitgremium für die Bürgerbeteiligung bei der Suche nach einem Atommüll-Dauerlager vorzuziehen . Dies haben wir gemeinsam mit den Berichterstattern der anderen Fraktionen auf den Weg gebracht, denn damit wird eine Lücke bei der Öffentlichkeitsbeteiligung ge- schlossen . Wir finden es auch richtig, wenn im Zuge der verän- derten Behördenstrukturen die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE), die zu 75 Prozent den AKW-Betreibern gehört, nicht mehr Teil des Verfahrens sein wird . Denn dieses muss in verstaatlichten Strukturen ablaufen . Wir enthalten uns dennoch, weil mit dem „Bundesamt für kerntechnische Entsorgung“ eine Superbehörde beim Bundesumweltministerium entstehen soll, die nur sinn- voll ist, wenn es als Ausgleich sehr starke Bürgerrechte und vor allem Klagerechte für die künftig Betroffenen gibt . Dazu liegt uns derzeit nichts vor, die Endlagersuch- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617750 (A) (C) (B) (D) kommission strickt noch an Vorschlägen, aber wir müs- sen befürchten, dass es diese erforderlichen starken Bür- ger- und Klagerechte am Ende nicht geben wird . Wenn es gelingen soll, den seit Jahrzehnten andauern- den  schweren  gesellschaftlichen Atomkonflikt  zu  über- winden, dann gehört zu dem oft behaupteten Neustart bei der Endlagersuche aus meiner Sicht unbedingt dazu, eine Politik staatlicher und wirtschaftlicher Machtdurchset- zung zu beenden . Frau Umweltministerin Hendricks . Sie haben der An- tiatombewegung jüngst bescheinigt, dass sich diese um „unser Land verdient gemacht“ hat, weil sie die „Risiken einer zu gefährlichen Art der Energieerzeugung“ nicht hingenommen hat . Für diese Worte danke ich Ihnen . Aber lassen Sie mich auch feststellen: Atomkraftgegner haben nicht nur „Schmähungen“, wie Sie sagen, ertragen müssen . Sie sind immer wieder mit massiver Staatsge- walt, mit Kriminalisierung, Demonstrationsverboten und vielem mehr konfrontiert worden . Diese Antiatombewe- gung hat aufgrund vieler – oft sehr persönlicher – Erfah- rungen gute Gründe, staatlichem Agieren gegenüber sehr misstrauisch zu sein . Daher braucht es auch mehr als nur warmer Worte und Beteuerungen, wenn es bei der Atompolitik tatsächlich um einen Neustart gehen soll . Es ist jedenfalls nicht son- derlich überzeugend, von Neustart zu sprechen, wenn im gleichen Moment die Haftung der Atomkonzerne für die Finanzierung der Atommüllberge letztlich abgeschafft wird und den Bürgerinnen und Bürgern im Wendland er- klärt wird, dass Gorleben weiter im Rennen bleibt . Das schafft kein Vertrauen und keinen Neuanfang . Ein Neustart braucht nicht nur Worte, sondern konkre- te Taten: Deshalb muss Gorleben aus dem Verfahren ge- nommen werden, und deshalb braucht es zum Ausgleich einer zentralisierten Behördenstruktur starke Bürger- und Klagerechte . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vor zwei Jahren wurde auf Basis des Standortauswahl- gesetzes eine Kommission aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft eingesetzt, die unter anderem auch den Auftrag hatte, das gerade beschlossene Gesetz zu evalu- ieren . Dem sind wir in aller Ausführlichkeit nachgekom- men . Wenn die Kommission am kommenden Montag ihre Arbeit mit Beschluss ihres Berichtes abschließt, dann werden Bundestag und Bundesrat nicht nur Empfehlun- gen für neue Partizipationsstrukturen übergeben, nicht nur Kriteriensätze für die sicherheitsorientierte Stand- ortauswahl, sondern auch viele weitere Empfehlungen zum Rechtsschutz, zum Exportverbot von Atommüll, zur Behördenstruktur – um nur die Herausragendsten zu nennen . Zwei Teile dieses umfassenden Konvoluts legen wir bereits heute vor . Zwei Teile, deren Implementierung bereits vor Beginn der Standortsuche nötig ist . Es geht einmal um das Nationale Begleitgremium und zum ande- ren um die Behördenstruktur . Ich begrüße es sehr, dass wir bei der vorgezogenen Einsetzung des Nationalen Begleitgremiums einen Kon- sens über alle Bundestagsfraktionen hinweg erzielen konnten . Dies ist ein gutes Zeichen und gibt Hoffnung, dass alle politischen Kräfte bei dem so herausfordernden wie singulären Projekt einer vergleichenden Endlagersu- che konstruktiv an der Erreichung des Ziels mitwirken . Es wird alle Kräfte brauchen, um die Endlagersuche am Ende nicht in einen Bürgerkrieg münden zu lassen, son- dern durch Transparenz, Partizipation und nachvollzieh- bare Sicherheitsorientiertheit der Akzeptanz eine Chance zu geben . Das Nationale Begleitgremium wird hierbei ein un- verzichtbarer Akteur sein . Als gemeinwohlorientierter Vermittler und Beobachter soll es der Behörde und dem Vorhabenträger beratend zur Seite stehen und darauf achten, dass das Verfahren entsprechend der gesetzlichen Vorgabe und den Empfehlungen der Kommission umge- setzt wird . Das Gremium wird eine moralische Instanz sein, vergleichbar dem Ethikrat, das die Rechte aller Be- troffenen und übrigens auch der nachfolgenden Genera- tionen im Blick haben wird . Dieses Gremium ist ganz ausdrücklich keine Vertretung irgendwelcher Einzelinte- ressen, weshalb dort auch keine Vertreter betroffener Re- gionen Mitglieder sein sollen . Diese wirken in anderen Beteiligungsgremien und Formaten wie den Regional- konferenzen oder dem Rat der Regionen mit . Anders als in der Endlagerkommission, in der es da- rum ging, die diversen Akteure der Gesellschaft, die ein Interesse an der Entwicklung des Suchverfahrens haben, zusammenzubringen, geht es im Nationalen Begleitgre- mium darum, Personen zu finden, denen von einem mög- lichst großen Teil der Gesellschaft hohes Vertrauen und Wertschätzung entgegengebracht wird . Sie werden zwei Drittel des Nationalen Begleitgremiums ausmachen . Das dritte Drittel soll von „Zufallsbürgern“ gebildet werden . Einer der Schlüsselbegriffe der neuen Standortsuche ist das „Lernende Verfahren“ . Aus Fehlern zu lernen, aber auch die Bereitschaft, Dinge anders zu machen, als man sie immer gemacht hat, weil es genügend Hinweise gibt, dass es anders besser ist, das wird für das Gelingen des großen und langwierigen Verfahrens notwendig sein . Wir haben – soweit wir dazu fähig waren – schon mal damit angefangen . Auch mit dem Zufallsbürger schlagen wir Neues vor . Die Idee wurde aus den Beteiligungsformaten an der Kommissionsarbeit an uns herangetragen, und wir wollen sie umsetzen . Es ist sehr schade, dass die Linke, anders als bei der vorgezogenen Einsetzung des Nationalen Begleitgremi- ums, der Neuorganisation der Behördenstruktur nicht zustimmen will . Mit der neuen Struktur schaffen wir Klarheit . Die Befürchtung der Linken, wir würden eine Superbehörde schaffen, die schwer zu kontrollieren ist, ist in meinen Augen nicht begründet . Das Auswahlver- fahren wird in seinem Verlauf immer wieder an Bun- destag und Bundesrat zurückgegeben, die sich mit den Vorschlägen der Behörde befassen und sowohl über die Standorte zur obertägigen und untertägigen Erkundung als auch über den endgültigen Standort per Gesetz ent- scheiden . Das letzte Wort hat also der Gesetzgeber . Die Endlagerkommission hat bei der Neuorganisati- on der Behördenstruktur Lehren aus der Vergangenheit gezogen . Es soll – anders als noch im Standortauswahl- gesetz von 2013 festgelegt – nur eine Bundesbehörde für die Endlagersuche geben, die für Aufsicht und Ge- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17751 (A) (C) (B) (D) nehmigung zuständig ist . Der Vorhabenträger wird eine neue bundeseigene Gesellschaft sein, die zu 100 Prozent in öffentlicher Hand sein wird und deren zukünftige Pri- vatisierung ausgeschlossen ist . Die Energieversorgungs- unternehmen, die über ihre Tochter GNS die bisherige Endlagerbaugesellschaft DBE zu 75 Prozent besitzen, werden an Endlagersuche und Endlagerbau also nicht mehr beteiligt sein . Diese Struktur beschließen wir heute, allerdings harrt die mögliche Umsetzung noch der dafür notwendigen Gespräche mit den Energieversorgern . Die Verhandlun- gen wurden, als die Atomfinanzierungskommission KFK  eingerichtet wurde, auf Eis gelegt . Über die Ergebnisse der KFK wird an anderer Stelle noch zu reden sein . Die Gespräche mit den Energieversorgern sollten jetzt drin- gend wieder aufgenommen werden . Der heute vorgelegte Gesetzentwurf ist nur ein klei- ner Teil dessen, was die Endlagerkommission empfiehlt.  Dass sowohl in der Vorbereitung des Gesetzentwurfs wie auch in der Beratung im Umweltausschuss große Einig- keit herrschte, nehme ich als gutes Zeichen für die große Novelle des Standortauswahlgesetzes, die wir im Herbst vor uns haben . Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um- welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Wir haben uns in der letzten Legislaturperiode parteiübergreifend ein sehr großes Ziel vorgenommen: Nach dem endgül- tigen Ausstieg aus der Atomenergie in wenigen Jahren in Deutschland wollen wir mit den atomaren Hinterlas- senschaften verantwortungsvoll und in größtmöglichem gesellschaftlichen Konsens umgehen . Bis Mitte des Jahr- hunderts soll ein Endlager für die hochradioaktiven Ab- fälle gefunden und fertiggestellt werden . Die Koalition hat vereinbart, in dieser Legislaturperi- ode die Lösung der Endlagerfrage ein großes Stück vo- ranzubringen . Nur wenn wir von Anfang an darauf ach- ten, dass alle Schritte sorgsam und zeitgerecht gegangen werden, wird es möglich sein, den zwar lang erscheinen- den, tatsächlich aber doch ambitionierten Zeitplan ein- zuhalten . Wir haben uns das Thema nicht selbst ausgesucht, aber wir sehen das als unsere Verantwortung gegenüber den Generationen an, die nach uns kommen . Eine der drängenden Aufgaben ist die Fertigstellung des Endlagers Konrad für die schwach- und mittelradio- aktiven Abfälle . Dass es in der Vergangenheit aus ver- schiedensten Gründen zu Verzögerungen gekommen ist, ist zwar bedauerlich, aber „Bauen im Bestand“ birgt im- mer auch zeitliche Risiken; das ist nicht zu ändern . Was verbessert werden kann und muss, ist die Orga- nisation im Bereich der Endlagerung, die im Moment noch auf Entscheidungen aus den 70er-Jahren beruht . Sie gewährleistet heute keine effiziente Erledigung der hoch- komplexen Endlageraufgaben mehr . Wir wollen optimale Bedingungen für die Suche nach einem Endlagerstandort insbesondere für Wär- me entwickelnde Abfälle schaffen . Deswegen wird der fraktionsübergreifende Gesetzentwurf zur Änderung des Standortauswahlgesetzes von der Bundesregierung vollumfänglich mitgetragen . Der vorliegende Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Zuständigkeiten eindeutig zuzuordnen und eine effizien- tere Aufgabenerledigung zu gewährleisten . Die Betrei- ber- und Betriebsführungsaufgaben, die bislang durch das Bundesamt für Strahlenschutz einerseits und die Ver- waltungshelfer DBE mbH und Asse GmbH andererseits wahrgenommen wurden, werden zukünftig auf eine bun- deseigene, privatrechtliche Gesellschaft übertragen . Dadurch werden „lange Wege“ zwischen Vorhaben- träger und Verwaltungshelfer beseitigt, was völlig richtig und sinnvoll ist . Auf behördlicher Seite werden die Genehmigungs- und Aufsichtsaufgaben im Bundesamt für kerntechni- sche Entsorgung konzentriert . Durch die Trennung von Betreiberaufgaben und Regulierungsaufgaben werden die Zuständigkeiten eindeutig festgelegt . Außerdem kann die Zulassungs- und Aufsichtsbehörde so vollständig un- abhängig agieren . Und schließlich wird das Bundesamt für Strahlen- schutz als eigenständige Bundesoberbehörde erhalten und sich ausschließlich auf die vielfältigen Fragen des Strahlenschutzes konzentrieren können, die in der öf- fentlichen Wahrnehmung in der Vergangenheit häufig im  Schatten der Entsorgungsfragen standen . Mit dem vorliegenden Gesetz setzen wir übrigens auch einen entsprechenden Beschluss der Endlagerkom- mission um . Ich möchte die Gelegenheit nutzen, den Mitgliedern der Endlagerkommission, aber auch den involvierten Behörden BfS und BfE für die geleistete Arbeit bei der Neuorganisation herzlich zu danken . Der Deutsche Bundestag hat die Kommission 2014 eingesetzt, mit dem Ziel, die Entscheidungsgrundlagen für ein Standortauswahlverfahren zu entwickeln . Die Ar- beit dort läuft sehr konstruktiv . Wir erwarten, dass die Beratungen noch in diesem Monat abgeschlossen und der Bericht im Anschluss vorgelegt werden kann . Der Gesetzentwurf sieht auch vor, das Nationale Be- gleitgremium für den Standortauswahlprozess vorzeitig einzusetzen, damit der Faden der gesellschaftlichen Be- teiligung nicht abreißt . Dadurch kann die gemeinwohlorientierte Begleitung des beginnenden Auswahlverfahrens fortgeführt werden, die ursprünglich erst nach der Evaluierung des Standort- auswahlgesetzes vorgesehen war . Die Aufgabe dieses Gremiums wird vor allem eine vermittelnde und unab- hängige Begleitung des Prozesses sein . Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Konsens bei der Suche nach einem Standort für ein Endlager möglich ist . Ein Konsens kann gelingen, wenn alle Beteiligten bis zum Schluss vertrauensvoll zusammenarbeiten – und der Prozess für die Öffentlichkeit transparent gestaltet wird . Neben der offenen Diskussion, die für mich selbstver- ständlich ist, machen klare Organisationsstrukturen die Sache besser und verständlicher . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617752 (A) (C) (B) (D) Die Atomkraft bindet uns bis in alle Ewigkeit an die Folgen einer Technologie, die gerade einmal 60 Jahre lang  in  Betrieb  war. Wir  haben  die Verpflichtung,  den  kommenden Generationen dieses Problem in geordneter Weise zu übergeben . Das heute vorgelegte Gesetz wird uns dabei nachdrücklich helfen . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD: Sozialen Basisschutz in Entwick­ lungsländern schaffen (Tagesordnungspunkt 21) Dr. Georg Kippels (CDU/CSU): 1948 wurde in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung das Recht auf so- ziale Sicherheit aufgenommen . Funktionierende soziale Sicherungssysteme sind dafür zwingend notwendig . So- ziale Sicherungssysteme entstehen aber nicht über Nacht . Ein funktionierendes System muss wachsen, es muss aus dem individuellen Staat heraus gebildet werden . Wie aus dem ILO-Bericht von 2015 hervorgeht, werden diesem Ideal heute nur 27 Prozent der weltweiten Staaten mit einem umfassenden sozialen Sicherungssystem gerecht . 73 Prozent haben nur partielle oder gar keine Deckung . Blicken wir in unsere eigene Vergangenheit, zeigt sich der Grundstein des deutschen Sozialstaates in der Verkündung der sogenannten „Kaiserlichen Botschaft“ durch Reichskanzler Otto von Bismarck am 17 . Novem- ber 1881 . Meilensteine waren 1883 die Krankenversiche- rung, 1884 die Unfallversicherung, 1889 die Rentenver- sicherung . Dem folgte ein langer Weg mit den Lehren aus zwei Weltkriegen, der zum modernen sozialen Netz der Bundesrepublik geführt hat . Damit zeigt sich, dass auch eines der heute am besten ausgebauten Systeme sozialer Sicherung einen langen und steinigen Weg hinter sich bringen musste, um zu dem zu werden, was es ist . Zu- dem entstand unser eigenes System der sozialen Siche- rung durch innenpolitischen Druck . Dieser wurde zum einen durch die Industrialisierung und Verarmung weiter Bevölkerungskreise und zum anderen als Reaktion auf einen erstarkenden Sozialismus, dem Bismarck durch die Einführung der Versicherungen den Wind aus den Segeln nehmen wollte, verursacht . Also war auch in unserer eigenen Geschichte nicht ein Ideal Ausgangspunkt für die Etablierung der sozialen Si- cherung, sondern machtpolitische Erwägungen und die Erkenntnis bzw . Prognose der gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Vorteile, die eine soziale Sicherung bringen würde . Und genau diese Erkenntnis der Vorteile der Einführung eines Systems der sozialen Sicherung ist es, die wir aus unserer über hundertjährigen Erfahrung weitergeben müssen . Diese Erkenntnisse um die Entstehungsgeschich- te müssen aber auch in der Umsetzung im Rahmen der Entwicklungspolitik beachtet werden . Soziale Sicherung steht nicht im freien Raum des Staates, sondern muss so- wohl in der Gesellschaft als auch im politischen Raum manifestiert werden . Soziale Sicherung ist nie Selbst- zweck, sondern ein Baustein für ein funktionierendes Gemeinwesen . Daran müssen sich dann aber auch die sonstigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen orien- tieren . Sonst verfehlt die soziale Sicherung ihren Zweck, Nachteile auszugleichen und Menschen zu schützen . Die Etablierung von sozialer Sicherung ersetzt aber vor allem nicht die weiter gehende Entwicklungspolitik, die den Aufbau eines tragfähigen und leistungsfähigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems zum Ziel haben muss, aus dem dann die sozialen Sicherungssysteme dauerhaft gespeist werden . Die gewissermaßen im staat- lichen Entwicklungsprozess vorgezogene Einrichtung sozialer Sicherungssysteme dient der Beschleunigung des Vorgangs, weil die Lasten der Entwicklung redu- ziert werden . Dies gilt vor allem dann, wenn durch ein stetiges und zunehmendes Bevölkerungswachstum das notwendige Wirtschaftswachstum nicht Schritt zu halten vermag . Es besteht mithin eine Wechselwirkung zwischen so- zialer Sicherung und Entwicklungsprozess . Seit der Millenniumentwicklungserklärung im Jahr 2000 hat sich die Weltgemeinschaft entschlossen, mit konkreten Zielen ihren eigenen Ansprüchen gerecht zu werden . Die Verwirklichung der Bekämpfung von extremer Armut und Hunger, der allgemeinen Grund- schulbildung, die Förderung der Gleichstellung der Ge- schlechter, die Senkung der Kindersterblichkeit, die Ver- besserung der Müttergesundheit, die Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und anderen, die Sicherung der öko- logischen Nachhaltigkeit, der Aufbau einer weltweiten Entwicklungspartnerschaft sind nicht vorzustellen ohne den Aufbau sozialer Sicherungssysteme . Die 2015 verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele neh- men noch konkreter Bezug auf die Etablierung von so- zialer Sicherheit . SDG 1 .3 fordert, den nationalen Ge- gebenheiten entsprechende Sozialschutzsysteme und -maßnahmen für alle umzusetzen, einschließlich eines Basisschutzes, und bis 2030 eine breite Versorgung der Armen und Schwachen zu erreichen . SDG 3 .8 fordert eine allgemeine Gesundheitsversorgung, einschließlich der Absicherung gegen finanzielle Risiken, den Zugang  zu hochwertigen grundlegenden Gesundheitsdiensten und den Zugang zu sicheren, wirksamen, hochwertigen und bezahlbaren unentbehrlichen Arzneimitteln und Impfstoffen für alle . SDG 5 .4 fordert, die unbezahlte Pflege- und Hausarbeit durch die Bereitstellung öffentli- cher Dienstleistungen und Infrastrukturen, Sozialschutz- maßnahmen und die Förderung geteilter Verantwortung innerhalb des Haushalts und der Familie entsprechend den nationalen Gegebenheiten anzuerkennen und zu wertschätzen . Deshalb fordern wir in unserem Antrag unter Betrach- tung der  länderspezifischen Gegebenheiten speziell den  Auf- und Ausbau von Verwaltungs- und Steuersystemen sowie den Aufbau und die Stärkung von Gesundheitssys- temen . Dabei steigt und fällt der Erfolg aller Bemühun- gen mit der Bereitschaft der Schwellen- und Entwick- lungsländer, Eigenverantwortung zu übernehmen und zur Verfügung gestellte Mittel der Anschubfinanzierung  verantwortungsvoll und nachhaltig zum Wohle ihrer Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17753 (A) (C) (B) (D) Bevölkerung zu verwenden . Modellrechnungen zeigen schon heute, dass auch Schwellen- und Entwicklungs- länder mithilfe einer Anschubfinanzierung sozialen Ba- sisschutz bereitstellen können . Die Vorteile von Sozialschutzsystemen für eine nach- haltige Entwicklung sind mannigfaltig . Betrachtet man die Entwicklungschancen eines Kindes, das in einem Land mit sozialen Sicherungssystemen aufwächst, zeigt sich  deren  immenser  Einfluss  auf  das  Leben  der Men- schen . Mit der Absicherung im Krankheitsfall, bei Ar- beitsunfällen oder Invalidität und der daraus resultieren- den Einkommenssicherheit kann Kinderarbeit verhindert werden . Sind Familien nicht auf das Einkommen ihrer Kinder angewiesen, sind die Lebensverhältnisse von Fa- milien nicht äußerst prekär, verbessern sich Chancen der Kinder zu einem erfolgreichen Schulbesuch und in der Konsequenz auch zu  einer qualifizierten Beschäftigung  mit besseren Erwerbschancen . Bieten Staaten funktio- nierende Gesundheitssysteme, wird ein Kind von der Geburt an betreut, steigt seine Chance auf ein gesundes und produktives Leben und einen erfolgreichen Besuch der Schule erheblich . Der Druck auf Frauen, möglichst viele Kinder zu gebären, sinkt, da die Überlebenschance eines Kindes wesentlich größer ist . Auch ein Rentensys- tem senkt zudem den Druck, möglichst viele Kinder zu bekommen, um die Eltern im Alter zu versorgen . Bekom- men Frauen weniger Kinder, sind sie wirtschaftlich leis- tungsfähiger und tragen zur Prosperität eines Staates bei . Wirtschaftliche Kraft und damit Einfluss tragen auch zu  mehr Gleichberechtigung bei und fördern damit Demo- kratie . Lassen Sie uns deshalb mit unserem Antrag die Be- deutung der steten Förderung von sozialen Sicherungs- systemen in der deutschen Entwicklungspolitik ebenso unterstreichen wie die stete Forderung nach Übernahme der Verantwortung für das Wohlergehen der eigenen Be- völkerung durch die Entwicklungs- und Schwellenlän- der . Die internationale Gemeinschaft kann Bewusstsein schaffen und beim Start helfen . Für nachhaltigen Erfolg können nur die Länder selbst sorgen . Stefan Rebmann (SPD): Wenn in unserem Land von sozialen Sicherungssystemen die Rede ist, dann denkt eine große Mehrheit wohl an notwendige Reformvorha- ben . Zu Recht . Was wir uns aber nur selten vor Augen halten: Was für uns selbstverständlich ist, nämlich überhaupt über ein System von Arbeitslosigkeits-, Kranken-, Pflege- und  Rentenversicherung zu verfügen, auch wenn es unbe- streitbar nachjustiert werden muss, existiert für einen Großteil der Menschen weltweit gar nicht . Dabei ist das Recht jedes Einzelnen auf soziale Si- cherheit ein seit 1948 auch in der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte der UN verbrieftes Menschenrecht . Leider aber ein unverwirklichtes, denn noch immer le- ben 73 Prozent der Weltbevölkerung ohne umfassende soziale Absicherung . Bis zu 90 Prozent der Bevölkerung in Niedriglohnländern leben ohne jegliche Absicherung bei Arbeitslosigkeit; 48 Prozent weltweit besitzen kei- ne soziale Sicherung im Alter . Und jeden Tag sterben 18 000 Kinder, vor allem an vermeidbaren Ursachen, die durch eine angemessene soziale Sicherung effektiv be- kämpft werden könnten . Was das konkret bedeutet, schilderten mir vor ein paar Tagen erst Gewerkschaftsgäste aus Ecuador und Costa Rica eindrucksvoll anhand der Arbeit auf Bananen- und Ananasplantagen in ihren Ländern . 10- bis 14-Stundenta- ge schwerer körperlicher Arbeit, stets ausgesetzt den aus aggressiven Chemikalien bestehenden Pestiziden zum Insektenschutz bei Pflanzen und Hungerlöhnen, die  für  Frauen noch mal halbiert werden . Sexuelle Übergriffe auf Frauen während der Arbeit gehören zum Alltag – wer sich wehrt, bekommt eine Extraschicht, das Gehalt ge- kürzt oder im schlimmsten Fall die Kündigung . Gleiches gilt für Arbeiterinnen und Arbeiter, die versuchen, sich in Betriebsräten oder Gewerkschaften zu organisieren . Die fehlende Absicherung macht gefügig . Seit 80 Jahren wer- den in Ecuador Bananen angebaut und exportiert – kein Plantagenarbeiter ist je in Rente gegangen . Ein solider Basisschutz würde diesem weit verbrei- teten Phänomen von prekärer Arbeit und weitgehender Abhängig- und Schutzlosigkeit entschieden entgegen- wirken . Es ist erwiesen, dass bereits minimale Anstren- gungen im Bereich eines Basisschutzes, der freilich spä- ter auszubauen sein sollte, verblüffende Effekte erzielen . Als Beispiele zu erwähnen sind hier, erstens, die konditi- onierten Geldtransfers in Brasilien (Bolsa Familia), Me- xiko und anderen lateinamerikanischen Ländern, die eine Art Sozialhilfe in der Weise eingeführt haben, dass sie Familien ein Mindesteinkommen sichern, wenn sie ihre Kinder zur Schule bzw . zum Arzt schicken . Zweitens . Ebenso scheinen in einigen Ländern aber auch bedingungslose Transfers zu funktionieren . So hat Lesotho im südlichen Afrika eine staatliche Grundrente für alle Menschen ab 70 Jahren eingeführt . Diese Grund- rente ist verglichen mit unseren Standards zwar sehr be- scheiden, sie hilft aber durchaus insofern, als alte Men- schen ihren Familien nicht mehr zur Last fallen müssen und nicht selten sogar die eine oder andere, zum Beispiel schulische Investition für ihre Enkelkinder tätigen kön- nen . Drittens . Und Indien hat einen Versuch unternommen, eine steuerfinanzierte Krankenversicherung einzurichten,  die arme Menschen absichert, Menschen mit mittleren Einkommen bezuschusst und die wohlhabende Schichten selbst finanzieren müssen. Leider scheint die Umsetzung  hier noch nicht optimal, aber was nicht ist, kann ja hof- fentlich noch werden . Ich finde, diese Beispiele machen Mut. Und sie sollten  uns ermutigen, unsere Partner und Partnerinnen in Ent- wicklungs- und Schwellenländern beim Auf- und Ausbau ihrer individuellen sozialen Sicherungssysteme mit unser Expertise – aber ohne ihnen unser konkretes Modell auf- drücken zu wollen –, mit technischem Know-how und bei Bedarf auch phasenweise mit finanziellen Investitio- nen zu unterstützen . Denn eine soziale Grundsicherung ist eines der effek- tivsten Mittel gegen Armut und Ungleichheit . Sie gibt dem Individuum Sicherheit und damit Perspektive, ist ökonomisch sinnvoll, weil nur wer mindestabgesichert Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617754 (A) (C) (B) (D) ist, investiert; sie ist gesellschaftlich sozial und ist last, but not least auch politisch nützlich . Denn ein Staat, der seinen Bürgerinnen und Bürgern Schutz vor Lebensrisi- ken gibt, wird im Gegenzug eher Vertrauen und Legitimi- tät erhalten . Soziale Sicherung ist eine zentrale Voraus- setzung für gutes Leben . Weltweit . Lassen Sie uns deshalb den Antrag zur Unterstützung unserer Partnerländer im globalen Süden beim Auf- und Ausbau ihrer individuellen sozialen Sicherungssysteme gemeinsam annehmen . Niema Movassat (DIE LINKE): Der vorliegende Koalitionsantrag mit dem schönen Titel „Sozialen Basis- schutz in Entwicklungsländern schaffen“ reiht sich ein die die Sammlung wohlklingender Bundestagsanträge ohne jegliche Konsequenz . Die Einleitung könnte ebenso gut einem Antrag der Linken voranstehen . Sie verweist darauf, dass soziale Sicherheit ein Menschenrecht ist, das die Vereinten Na- tionen 1948 nach der Barbarei zweier Weltkriege dekla- riert haben – auf den VN-Sozialpakt von 1966, die Agen- da 2030 für nachhaltige Entwicklung, die in den nächsten 14 Jahren die extreme Armut weltweit beseitigen will . Alles richtig, wichtig, schön und gut . Das Problem ist nur, die konkrete Politik der Bundesregierung hat nati- onal als auch international vor allem ein gemeinsames Merkmal: Sie schwächt soziale Sicherungssysteme . Sie konzentriert Reichtum in immer weniger, immer rei- cheren Händen . Im Umkehrschluss führt sie zu immer weniger sozialer Sicherheit für immer mehr Menschen . Gleichzeitig haben Union, SPD gemeinsam mit FDP und Grünen in Deutschland die einst gut funktionierenden Sozialversicherungen in den letzten Jahren abgeholzt . Sie haben die Mittelschicht dezimiert und weite Teile der Bevölkerung abgehängt, indem sie reine Konkurrenz ge- predigt und jeden ganz alleine für sein eigenes Wohl ver- antwortlich erklärt haben . In dieser Logik stärken sozia- le Sicherungssysteme vor allem das Humankapital und erleichtern so den Strukturwandel in Volkswirtschaften, wie es in dem Antrag heißt . Sozialer Friede basiert aber auf Solidarität . Solidari- tät bedeutet, dass man Schwächeren zur Seite steht, auch wenn es einem selbst vielleicht Nachteile bringt . Die Wirtschafts- und Entwicklungspolitik der Bundesregie- rung dient aber vor allem der deutschen Wirtschaft . Cre- do bei der Entwicklungszusammenarbeit ist: Für jeden Euro, den wir investieren, fließen drei nach Deutschland  zurück . Wer also an Entwicklungszusammenarbeit vor allem noch verdienen will, zeigt sein wahres Gesicht . Da hilft es dann auch nichts, sich verbal für soziale Basisge- sundheitssysteme auszusprechen . Gerade erst hat der Bundesverband der Deutschen In- dustrie für eine noch stärkere staatliche Unterstützung bei Investitionen in Entwicklungsländern geworben . Entwicklungshelfer müssten deutschen Unternehmen beim Zugang zu Märkten helfen . Das ist deshalb absurd, weil die Bundesregierung und die EU genau das seit Jahrzehnten bis zum Exodus einheimischer Wirtschafts- zweige in Entwicklungsländern exerzieren . Altbekanntes Beispiel ist der Export von subventioniertem Milchpul- ver in afrikanische Länder . Wenn die dort ansässigen Milchproduzenten ihre Existenzgrundlage zugunsten der europäischen Milchwirtschaft verlieren, brauchen sie erst gar keine Sozialtranfers . Bevor die Bundesregierung die Symptome bekämpft, sollte sie lieber die Ursachen beseitigen . Der Antrag fordert kaum konkrete Handlungen, son- dern beschränkt sich fast ausschließlich auf allgemeine Appelle . Wenn die Koalition fordert, die Bundesregierung solle sich für den Aufbau und die Stärkung von Gesundheits- systemen in Entwicklungsländern einsetzen, sage ich Ihnen: Halten Sie doch erst mal ihr 0,7-Prozent-Entwick- lungshilfequote-Versprechen und erhöhen Sie endlich die Budgethilfe, statt weiter zahllose fremdbestimmte Ein- zelprojekte in den Ländern des Südens unter Einbindung etwa der Pharmaindustrie durchzuführen . Wenn die Koalition fordert, die Partnerländer beim Aufbau  effizienter  Steuersysteme  zu  unterstützen,  sage  ich Ihnen: Verpflichten Sie deutsche Unternehmen doch  endlich zu einer öffentlichen Country-by-Country-Be- richterstattung über grundlegende Geschäftszahlen, da- mit Unternehmen aus den reichen Industriestaaten nicht länger bis zu 200 Milliarden Dollar jährlich an Steuer- zahlungen an Entwicklungsländer vermeiden oder hin- terziehen . Wenn die Koalition fordert, den Kampf gegen die Korruption in den Ländern des Südens zu unterstützen, sage ich Ihnen: Räumen Sie doch erst mal bei VW und in anderen deutschen Großkonzernen auf – zur Korruption braucht es immer zwei –, und bringen Sie doch hierzu- lande erst mal ein paar vernünftige Antikorruptionsgeset- ze auf den Weg . Von Worten zu Taten ist es ein weiter Weg, sagt ein deutsches Sprichwort . Leider macht sich die Bundes- regierung mit diesem Antrag immer noch nicht auf den Weg . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich begrüße sehr, dass die Koalition das Thema soziale Si- cherung mit dem vorliegenden Antrag endlich aufgreift . Eine entsprechende Initiative war längst überfällig . Nach wie vor wird der Bereich soziale Sicherung viel zu stief- mütterlich von dieser Bundesregierung behandelt . Wir haben bereits 2012 im Rahmen eines Antrags einen Ak- tionsplan zum Aufbau sozialer Sicherungssysteme welt- weit gefordert . Geschehen ist in diesem Zusammenhang leider immer noch viel zu wenig . Auch mit dem vorlie- genden Antrag benennen Sie zwar die bestehenden De- fizite teils deutlich, verpassen aber die Chance, konkre- te Instrumente aufzuzeigen, mit denen die bestehenden Lücken gefüllt werden sollen . Die strukturellen Hinder- nisse, die dem Aufbau sozialer Sicherungssysteme ent- gegenstehen, wie beispielsweise Steuervermeidung und -hinterziehung durch transnationale Unternehmen, wer- den in Ihrer Analyse gleich ganz ausgespart . Sie weisen darauf hin, dass gerade im Gesundheits- bereich der Aufbau sozialer Sicherungssysteme beson- ders dringend benötigt wird . Dem stimme ich zu . Es sind Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17755 (A) (C) (B) (D) vor allem die Ärmsten, die im Krankheitsfall durch das Fehlen sozialer Absicherung besonders bedroht sind . Die Kosten für Behandlung und Medikamente stürzen ge- rade die ärmsten Bevölkerungsgruppen oftmals in den endgültigen Ruin . Krankheit bleibt nicht nur Folge, son- dern auch Ursache von Armut . Damit konterkariert der fehlende Zugang zu sozialer Absicherung die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung . Erst im vergangenen Jahr wurden wir im Zuge der Ebola-Epidemie Zeuge, welche dramatischen und teils tödlichen Folgen das Fehlen eines stabilen öffentlichen Gesundheitssystems haben kann . Mit den vielbeschwo- renen „lessons learned“ aus der Ebola-Epidemie ist das Schlagwort Gesundheitssystemförderung längst zu ei- nem Modewort aufgestiegen, das selbst die Kanzlerin in regelmäßigen Abständen bei G7-Gipfeln bemüht . Ich denke, es ist höchste Zeit, dass wir die Stärkung von Gesundheitssystemen nicht mehr nur als rhetorisches Allheilmittel herbeibeschwören . Die Bundesregierung muss mit einem neuen Aktionsplan den Aufbau von Ge- sundheitssystemen in Entwicklungsländern wirksam vo- rantreiben . Beginnen wir bei der Finanzierung: Anstatt entsprechend der WHO-Empfehlung 0,1 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammen- arbeit im Gesundheitsbereich zur Verfügung zu stellen, stagniert der deutsche Beitrag bei 0,028 Prozent . Es ist höchste Zeit, dies zu ändern . Gerade Deutschland verfügt über wertvolle Expertise, um den Aufbau von öffentlichen und solidarisch orga- nisierten Sicherungssystemen wirksam zu unterstützen . Diese Expertise gilt es zu nutzen und das Feld nicht allein privaten Versicherungskonzernen zu überlassen . Gerade im Gesundheitsbereich, der durch privatwirtschaftliche und philanthropische Initiativen in vielen Entwicklungs- ländern besonders beeinflusst wird, ist besondere Wach- samkeit geboten . Nicht überall dort, wo derzeit Gesund- heitssystemförderung plakatiert wird, ist am Ende auch solidarisch und systemisch organisierte Gesundheitsför- derung enthalten . Werte Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir sind uns einig: Soziale Sicherheit bildet eine entscheidende Grundlage für Entwicklung . Ich hoffe, dieser Antrag bleibt mehr als eine bloße Bestandsaufnahme . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkom­ men vom 19. Februar 2013 über ein Einheitli­ ches Patentgericht – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung patent­ rechtlicher Vorschriften auf Grund der europä­ ischen Patentreform (Tagesordnungspunkt 22 a und b) Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): Wir beraten heute über die Umsetzung der europäischen Patentre- form . Mit den beiden heute erstmals zu beratenden Ge- setzentwürfen wollen wir dieser Reform einerseits zu einer nahtlosen Einfügung in unser nationales Recht ver- helfen und andererseits dem Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht zustimmen . Die vorliegende europäische Patentreform ist ein gro- ßer Durchbruch; durch sie wird das Patentsystem in Eu- ropa nachhaltig zum Positiven verändert . Der Zugang zu einem einheitlichen Patentschutz innerhalb der EU wird nicht nur den Schutz von Erfindungen stärken, sondern  auch deutlich verbesserte Rahmenbedingungen für eine innovative Industrie und einen integrierten europäischen Binnenmarkt schaffen . Bereits seit den 1960er-Jahren gab es Bestrebungen in Europa, den Patentschutz zu vereinheitlichen . Zahlreiche Verhandlungen und Bemühungen sind in der Vergangen- heit gescheitert . Auch bei der vorliegenden Patentreform gab es große Herausforderungen . Trotz intensiver Ver- handlungen war es leider nicht möglich, innerhalb der EU die Zustimmung aller Mitgliedstaaten zu erlangen . Die Verabschiedung des Reformpakets war daher nur im Wege der verstärkten Zusammenarbeit möglich . Klagen vor dem EuGH, die im weiteren Verlauf durch Italien und Spanien angestrengt wurden, blieben aber erfolglos . Er- freulicherweise wirkt Italien inzwischen bei der verstärk- ten Zusammenarbeit mit, gemeinsam mit 25 weiteren EU-Staaten . Die Reform besteht rechtstechnisch aus drei Elemen- ten: zwei EU-Verordnungen, die sich zum einen auf die Schaffung des einheitlichen Patentschutzes und zum zweiten auf die insoweit anzuwendenden Übersetzungs- regeln beziehen, sowie dem dritten Element, einem völ- kerrechtlichen Vertrag zur Schaffung eines Einheitlichen Patentgerichts . Warum aber ist diese Reform notwendig? Bislang gibt es nationale Patente, die auf national- staatlicher Ebene gemäß den jeweiligen nationalen Ver- fahrensvorschriften erteilt werden . Außerdem ist es mög- lich, ein sogenanntes „Europäisches Patent“ zu erhalten, das vom Europäischen Patentamt auf Grundlage des Eu- ropäischen Patentübereinkommens erteilt wird . Nach ei- nem einheitlichen Prüfungsverfahren erteilt das Europä- ische Patentamt durch einen einzigen Erteilungsakt das Patent, das jedoch in ein Bündel von nationalen Patenten für die benannten Vertragsstaaten zerfällt, weshalb man auch vom sogenannten „Bündelpatent“ spricht . Konsequenz ist, dass wie bei jedem nationalen Patent gerichtlicher Rechtsschutz für das europäische Patent oder Bündelpatent nur vor den jeweiligen nationalen Gerichten möglich ist . Der Rechtsschutz bleibt natio- nalstaatlich beschränkt . Für Patentverletzungsverfahren oder -nichtigkeitsverfahren bedarf es daher bislang einer Reihe von Gerichtsverfahren in den jeweiligen Vertrags- staaten . Dies kann zu sich widersprechenden Urteilen über die Verletzung oder den Bestand des Schutzrechts innerhalb des gemeinsamen Binnenmarktes führen . Die Folge ist nicht nur erheblicher Aufwand und eine ent- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617756 (A) (C) (B) (D) sprechende Rechtsunsicherheit, sondern auch eine Zer- splitterung des Marktes . Die vorliegende Reform löst diese Probleme und führt in begrüßenswerter Weise zu einem einheitlichen europä- ischen Patentrechtsschutz, der langfristig den Flickentep- pich nationalstaatlicher Regelungen ersetzen soll . Das „europäische Patent mit einheitlicher Wirkung“ oder Einheitspatent stellt den teilnehmenden Staaten ein Patent mit einer einheitlichen Schutzwirkung für alle teilnehmenden EU-Staaten zur Verfügung . Dementspre- chend kann das Patent auch nur auf alle Mitgliedstaaten beschränkt, übertragen oder für nichtig erklärt werden oder erlöschen . In Hinblick auf die Erteilung wird die bestehende In- frastruktur des Europäischen Patentamtes genutzt, die sich über die letzten Jahrzehnte bewährt hat . Patentan- meldungen für das Einheitspatent erfolgen beim Euro- päischen Patentamt, wobei das bisherige Prüfverfahren unverändert beibehalten wird . Erteilt das Europäische Patentamt wie bisher üblich ein Bündelpatent, kann der Patentanmelder innerhalb eines Monats die einheitliche Wirkung des Patents beantragen . Dabei ist eine Kombination aus Einheits- und Bündel- patent möglich . Für die an der verstärkten Zusammenar- beit teilnehmenden EU-Staaten kann ein Einheitspatent erlangt werden, während für die nicht an der verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden EU-Staaten, wie etwa Spanien, oder für Nicht-EU-Staaten, die Vertragsstaaten des EPÜ sind, wie beispielsweise Norwegen, die Schweiz oder die Türkei, ein Bündelpatent erlangt werden kann . Die Übersetzungsregelungen zum Einheitspatent ba- sieren auf dem Drei-Sprachen-System des europäischen Patentamts (Deutsch/Englisch/Französisch), das heißt, eine Patentanmeldung hat grundsätzlich in einer Sprache des Drei-Sprachen-Systems zu erfolgen beziehungswei- se ist zeitnah entsprechend zu übersetzen . Das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentge- richt komplettiert als drittes Element die Patentreform . Das Einheitliche Europäische Patentgericht wird in erster Instanz in Zentral-, Regional- und Lokalkammern aufge- teilt . In Deutschland soll es für die erste Instanz insge- samt vier Lokalkammern geben . Damit wollen wir eine räumliche Nähe zum Gericht und einen leichteren Zu- gang zur Gerichtsbarkeit ermöglichen . Mit Düsseldorf, Hamburg, Mannheim und München haben wir für die vier deutschen Lokalkammern die bereits jetzt für Ge- richtsverfahren in Patentstreitigkeiten wichtigsten Stand- orte ins Auge gefasst . In zweiter Instanz kann ein Berufungsgericht angeru- fen werden, das seinen Sitz in Luxemburg haben wird . Ist eine Frage des Unionsrechtes zu klären, wird wie bei nationalen Gerichten eine Vorlage an den EuGH zur Vor- abentscheidung erfolgen . Sachlich zuständig wird das Einheitliche Patentgericht für Patentverletzungsklagen, Nichtigkeitsklagen und einstweilige Maßnahmen und Sicherheitsmaßnahmen einschließlich einstweiliger Ver- fügungen sein . Auf nationaler Ebene soll durch den Gesetzentwurf zur Anpassung patentrechtlicher Vorschriften aufgrund der europäischen Patentreform die Einarbeitung des neu- en Schutzrechts in das deutsche Recht erfolgen . Durch die vorgesehenen Änderungen insbesondere des Interna- tionalen Patentübereinkommensgesetzes werden Anwen- dungsschwierigkeiten, die sich aus einem Nebeneinander von innerstaatlichen und europäischen Regelungen erge- ben könnten, vermieden . Unberührt von der europäischen Patentreform blei- ben nationale Patente, die wie bisher auch weiterhin von nationalen Behörden erteilt werden können . Die Einfüh- rung des europäischen Einheitspatents schließt die oben genannten Optionen des Bündelpatents und des natio- nalen Patents also keineswegs aus . Vielmehr erhält der Anmelder die Möglichkeit der alternativen Patentanmel- dungen, damit er individuell bestimmen kann, welcher Patentschutz den individuellen Bedürfnissen am ehesten entspricht . Der Entwurf sieht darüber hinaus aber auch die Auf- hebung des bisher bestehenden Doppelschutzverbo- tes  vor.  Für  dieselbe  Erfindung  wäre  demnach  künftig  Schutz durch ein nationales Patent und parallel dazu durch ein europäisches Patent mit oder ohne einheitliche Wirkung möglich . Der Befürchtung einer missbräuchli- chen Durchsetzung inhaltsgleicher Schutzrechte in unter- schiedlicher Jurisdiktion durch den Schutzrechtsinhaber begegnet der Entwurf durch die Einführung der „Einrede der doppelten Inanspruchnahme“ . Die Einführung einer solchen Einrede ist, will man das Doppelschutzverbot aufheben, zwingend notwendig . Ob die Ausgestaltung der Einrede in ihrer jetzigen Form der Befürchtung der missbräuchlichen Durchsetzung hinrei- chend begegnen kann, werden wir im weiteren Gesetzge- bungsverfahren sicherlich näher beleuchten müssen . Ebenfalls erscheint es mir notwendig, sich mit der grundsätzlichen Frage nach der Abschaffung des Dop- pelschutzverbotes auseinanderzusetzen . Der europäische Rechtsrahmen räumt den Mitgliedstaaten in dieser Hin- sicht Gestaltungsspielraum ein, und im Rahmen des Mar- ken- und Geschmacksmusterrechtes wurden positive Er- fahrungen einer Koexistenz gemacht . Zugleich soll durch die europäische Patentreform eine System- und Verfah- rensvereinfachung mit einer damit verbundenen Kosten- reduktion und Erhöhung der Rechtssicherheit erreicht werden . Die Zulässigkeit von parallelen Schutzrechten für ein und dieselbe Erfindung könnte gerade diese Ziele  der Reform konterkarieren und die verbesserte Integrati- on des Binnenmarktes untergraben . Im laufenden Gesetzgebungsverfahren sollten wir daher insbesondere die Abstimmung und das Verhältnis zwischen dem nationalen und dem europäischen Recht noch einmal genau unter die Lupe nehmen . Damit die europäische Patentreform und die beiden erwähnten EU-Verordnungen zur Anwendung gelangen, muss das Übereinkommen über ein Einheitliches Patent- gericht in Kraft treten . Von dreizehn notwendigen Ver- tragsstaaten haben zehn Staaten das Übereinkommen be- reits ratifiziert. Ferner ist die Ratifikation durch die drei  Mitgliedstaaten, in denen es im Jahr vor dem Jahr der Unterzeichnung des Übereinkommens die meisten gel- tenden europäischen Patente gab, zwingend notwendig . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17757 (A) (C) (B) (D) Dies sind Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich . Frankreich hat das Übereinkommen bereits ratifiziert  und  ist  mit  gutem  Beispiel  vorangegangen.  Dem sollten wir zügig folgen . Nicht nur in Hinblick auf das Einheitspatent bleibt schließlich zu hoffen, dass das Vereinigte Königreich sich für einen Verbleib in der EU bei dem heute stattfin- denden Referendum entscheidet . Ein Austritt des Verei- nigten Königreichs wäre nicht nur ein schwarzer Tag für Europa und die EU, sondern würde auch das Inkrafttreten der europäischen Patentreform um einige Zeit verzögern oder schlimmstenfalls diese sogar durch den Verlust des so wichtigen Marktes Großbritannien gänzlich infrage stellen . Christian Flisek (SPD): Mit dem Gesetz zum Über- einkommen über ein Einheitliches Patentgericht, welches wir heute beschließen, stellen wir unseren europäischen Patentbau fertig, mit dessen Errichtung wir 1977 begon- nen haben, als das Europäische Patent- und Markenamt gegründet wurde . Mit diesem letzten Stein runden wir unser gemeinsames, europäisches Patentschutzsystem ab . Ein Einheitliches Patentgericht ist vor allem für die- jenigen wichtig, die auf effektiven Patentschutz ange- wiesen sind . Das sind die klugen Köpfe aus Forschung und Wissenschaft, aber auch forschungs- und damit ri- sikofreudige Unternehmen . Für ein wirtschaftlich und sozial attraktives Europa ist es essenziell, ein innovati- onsfreundliches Rechtsumfeld für diese Personen und Unternehmen zu schaffen . Das Einheitliche Patentgericht ist dafür ein wichtiger Baustein . Besonders positiv hervorzuheben ist, dass die Reform, die wir heute beschließen, mit immensen Kosteneinspa- rungen vor allem für Forschungseinrichtungen sowie kleine und mittlere Unternehmen verbunden ist, die auf- grund ihrer begrenzten Ressourcen auf einen effektiven Schutz  ihrer  Erfindungen  am  dringendsten  angewiesen  sind . Von jetzt an ist ein sogenannter Doppelschutz gege- ben, das heißt, neben einem europäischen Schutztitel er- hält der Patentinhaber in Zukunft Schutz durch nationale Patente in jedem Mitgliedstaat . Kommt es zu rechtlichen Konflikten,  muss  der  Patentinhaber  seine  Patente  aber  nicht mehr in jedem Mitgliedstaat separat durchsetzen, sondern kann dies zentral bei dem neuen Einheitlichen Patentgericht tun . Zugleich steht dem Patentinhaber die Einrede doppelter Inanspruchnahme zu, wonach ein- gewendet werden kann, nicht aus zwei Schutztiteln für dieselbe  Erfindung  in Anspruch  genommen werden  zu  können . Für die Patentinhaber sind diese Neuerungen mit deut- lichen Kosteneinsparungen verbunden, weil sich sowohl die laufenden Ausgaben, etwa für Übersetzungen oder bei den jährlichen Gebühren, als auch die Kosten für die Rechtedurchsetzung  signifikant  verringern.  Vergleicht  man etwa die Gebühren für die Erteilung und Aufrecht- erhaltung nationaler Patente in allen 26 teilnehmenden EU-Ländern mit denen für ein genauso wirksames neues Einheitspatent, können die Einsparungen bis zu 80 Pro- zent betragen . Das neue Patentsystem bringt aber nicht nur Kos- teneinsparungen für die Betroffenen mit sich, es stärkt auch die Stellung Europas im globalen Wettstreit um die attraktivsten Innovationsbedingungen . Wir beenden die Fragmentierung der europäischen Patentrechtsdurchset- zung und verringern damit bisher bestehende Rechtsun- sicherheit . Das wird in Zukunft dazu führen, dass die EU als Innovationsstandort gegenüber den USA und asiati- schen Ländern attraktiver wird . Ich bitte daher um Ihre Zustimmung . Klaus Ernst (DIE LINKE): Wir behandeln heute zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung in erster Lesung . Der  erste  dient  dazu,  die  Voraussetzung  zur  Ratifizie- rung des Übereinkommens vom 19 . Februar 2013 über ein Einheitliches Patentgericht zu schaffen, der zweite der Anpassung patentrechtlicher Vorschriften an dieses Übereinkommen sowie an mehrere EU-Verordnungen . Die Bundesregierung erhofft sich, mit dieser Reform die Rahmenbedingungen für die innovative Industrie im europäischen Binnenmarkt durch einen besseren Schutz von  Erfindungen  nachhaltig  zu  stärken.  Die  besondere  wirtschaftliche  Bedeutung  eines  flächendeckenden  ein- heitlichen Patentschutzes in Europa liege in der Kosten- günstigkeit und darin, dass er „in einem Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht mit Wirkung für alle teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten durchgesetzt werden kann“ . Insbesondere die deutsche Industrie, auf die rund 40 Prozent der an Anmelder aus Europa erteilten euro- päischen Patente entfallen, soll von dem verbesserten Schutz ihrer Erfindungen profitieren. Wie es auf der Seite des Bundesministeriums der Jus- tiz und für Verbraucherschutz heißt, bringt die europäi- sche Patentreform „mehr als fünf Jahrzehnte währende Bemühungen erfolgreich zum Abschluss“ . Angesichts dieser beachtlichen Zeitspanne davon zu sprechen, dass „die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten damit ihre Handlungsfähigkeit bei der Schaffung gemeinsamer verbesserter Rahmenbedingungen für ein innovatives Europa eindrucksvoll unter Beweis“ stellen, wie es Bun- desjustizminister Heiko Maas in einer Pressemitteilung tut, ist etwas fehl am Platz . Wermutstropfen bleibt auch, dass diese Einigung nur über den Umweg einer „ver- stärkten Zusammenarbeit“ gelang, das heißt unter Aus- schluss Italiens und Spaniens als Gegner des EU-Patents in Zusammenhang mit der Sprachenregelung des Euro- päischen Patentübereinkommens, nach der die Amtsspra- chen des Europäischen Patentamts Englisch, Französisch und Deutsch sind . – Aber das nur nebenbei bemerkt . Um was geht es? Das Einheitliche Patentgericht soll bei Streitigkeiten über Patente, die vom Europäischen Patentamt erteilt wurden, mit europaweiter Wirkung entscheiden . Die ers- te Instanz soll ihren Sitz in Paris nehmen, mit Außenstel- len in London und München . Die Berufungsinstanz soll in Luxemburg angesiedelt werden . Von dieser Zentrali- sierung erhofft man sich Konsistenz und Kostenersparnis für die streitenden Parteien . Bisher muss bei Nichtig- keitsklagen und Verletzung vor den jeweiligen nationa- len Gerichten geklagt werden, die Wirkung der gerichtli- chen Entscheidung bleibt auf das jeweilige Staatsgebiet Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617758 (A) (C) (B) (D) beschränkt . Insofern ist die vorgesehene Errichtung eines Einheitlichen Patentgerichts zu begrüßen . Große Frage bleibt die Kostentragfähigkeit für kleine und mittlere Unternehmen – war es doch eines der Kern- anliegen der politischen Bemühungen um die Schaffung eines Einheitspatents und eines Einheitlichen Patentge- richts, kleinen und mittleren Unternehmen die Anmel- dung und Durchsetzung von Patenten zu erleichtern . – Dazu später . Neben der europäischen Patentgerichtsbarkeit soll ein „Einheitliches Europäisches Patent“, auch EU-Patent ge- nannt, eingeführt werden . Bisher gab es zwei Arten von Schutzrechten: nationale Patente und europäische (Bün- del-)Patente . Bei europäischen Patenten erfolgen die An- meldung und das Verfahren zur Erteilung zentral beim Europäischen Patentamt . Doch nach der Erteilung hat es dieselbe Wirkung wie ein nationales Patent in jenen Staa- ten, die in der Anmeldung benannt wurden und für wel- che die jeweiligen nationalen Phasen durch Zahlung der entsprechenden Gebühren und Übersetzung der Patent- schrift in die jeweilige Amtssprache eingeleitet wurden . Bei Rechtsstreitigkeiten sind die jeweiligen nationalen Gerichte zuständig . Das ändert sich mit dem EU-Einheitspatent: Es soll in der gesamten Europäischen Union bzw . durch den Spe- zialfall der Verstärkten Zusammenarbeit in 25 EU-Mit- gliedstaaten einheitliche Gültigkeit haben . Die Überset- zungsanforderungen sind geringer . Davon verspricht man sich Vereinfachung und erhebliche Kosteneinsparungen . In einer Pressemitteilung des Europäischen Parla- ments vom 11 . Dezember 2012 heißt es: „Nach über 30 Jahre währenden Bemühungen werden die Kosten für ein EU-Patent um bis zu 80 Prozent sinken, was auch die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den USA oder Ja- pan stärkt . Das Parlament hat die Kosten besonders für KMU gesenkt und die neuen Vorschriften deren Bedürf- nissen angepasst .“ Damals allerdings fehlten jegliche konkreten Kostenregelungen . Es gibt Stimmen, die die Kosten ersparnis für kleine und mittlere Unternehmen stark in Zweifel ziehen . Eine Untersuchung des briti- schen Patent amts prognostizierte bereits 2014, dass die Kosten des neuen Systems wahrscheinlich die KMU am stärksten treffen werden . Auch die EU-Kommission sah in einem Arbeitspapier die Notwendigkeit einer Prozess- kostenversicherung für KMU . Eine solche gibt es jedoch nicht . Wie kommt es zu den unterschiedlichen Einschätzun- gen? Offenbar beruhten die positiven Prognosen für KMU auf recht unrealistischen Vergleichsberechnungen zwi- schen EU-Patent und Bündelpatent: So ist es etwa nicht üblich, Patente in sämtlichen EU-Länder anzumelden, sondern nur in den jeweils relevanten – in der Berech- nung ging man dennoch davon aus . Außerdem werden nicht mal 10 Prozent aller Patentverletzungsstreitigkeiten in mehr als einem Mitgliedstaat ausgetragen . Während sich die Gerichtskosten im Rahmen bewegen, sind die Vertretungskosten sehr hoch und aufgrund von Ausnah- me- und Ermessensregelungen unkalkulierbar und gehen damit mit einem hohen Risiko einher . Wirksame Maßnahmen zur Förderung von KMU wä- ren auf der Erteilungsseite eine Rabattierung der Amtsge- bühren und auf der Durchsetzungsseite die Ausweitung der Prozesskostenhilfe auf juristische Personen und die Schaffung einer geeigneten Prozesskostenversicherung . Doch davon ist bisher nichts im europäischen Patent- paket zu finden. „Profiteure des  ‚Einheitspatent-Pakets‘  sind diejenigen, die einen geografisch möglichst breiten  Patentschutz benötigen und über die erforderliche Fi- nanzausstattung verfügen, um die hierfür und für die ge- richtliche Durchsetzung ausgerufenen Kosten zu tragen . Das ausdrückliche Kernziel des Gesetzgebers aber war die Förderung von KMU .“ Das schlussfolgert deshalb der Autor des Buches „Die parlamentarische Historie des ‚europäischen Einheitspatents‘ .“ Es sollte sich daher von selbst verstehen, vor einer endgültigen Verabschiedung der beiden Gesetze sicher- zustellen,  dass  auch  KMU  von  der  Reform  profitieren  können . Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist Donnerstag, der 23 . Juni 2016 . Während hier im Deut- schen Bundestag über ein Einheitliches Europäisches Patentgericht beraten wird, wird im Vereinigten König- reich über den Brexit abgestimmt . Die F.A.Z. schrieb am 21 . Juni: „Kommt der Brexit, steht das gesamte neue europäische Patentsystem wieder auf der Kippe – noch bevor es überhaupt gestartet ist .“ Damit wird anschaulich deutlich, welch massive Auswirkungen die Entscheidung der Britinnen und Briten bis in Detailregelungen hinein haben kann . Umgekehrt wird deutlich: Das neue europäische Pa- tentsystem ist keine europäische Fußnote . Jahrzehnte- lang verhandelten die Mitgliedstaaten der EU über die Schaffung eines einheitlichen Patents und eines einheitli- chen europäischen Patentgerichts . Im Jahr 2012 erfolgte der Durchbruch: Bald bringt das geplante europäische Einheitspatent Erfindern echten supranationalen Schutz. Derzeit entscheiden nationale Gerichte und andere Behörden über die Verletzung und die Rechtsgültigkeit europäischer Patente . In der Praxis führt dies zu einer Reihe von Problemen, wenn ein Patentinhaber in mehre- ren Ländern ein europäisches Patent durchsetzen möchte oder ein Dritter in mehreren Ländern den Widerruf ei- nes europäischen Patents erwirken will: Hohe Kosten, die Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen und mangelnde Rechtssicherheit sind die Folgen . „Fo- rum-Shopping“ ist ebenfalls unvermeidlich, denn Betei- ligte versuchen, die Unterschiede in der Auslegung des harmonisierten europäischen Patentrechts durch nationa- le Gerichte und im jeweiligen Verfahrensrecht sowie in der Geschwindigkeit der Verfahren und der Zuerkennung von Schadenersatzzahlungen auszunutzen . Das Übereinkommen über ein Einheitliches Patent- gericht löst die vorgenannten Probleme durch die Ein- richtung eines eigenständigen Patentgerichts mit der ausschließlichen gerichtlichen Zuständigkeit für Strei- tigkeiten in Bezug auf europäische Patente . Die Quali- tät der Rechtsprechung des Einheitlichen Patentgerichts wird eng verknüpft sein mit seiner Besetzung durch https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Union https://de.wikipedia.org/wiki/Verst%C3%A4rkte_Zusammenarbeit Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17759 (A) (C) (B) (D) fachkundige Richterinnen und Richter . Denn letztlich werden das neue EU-Patentsystem und seine Akzeptanz von der Qualität und Verlässlichkeit der Rechtsprechung des Einheitlichen Patentgerichts abhängen . Danach wird sich zeigen, wie schnell sich das neue System etabliert . Wegen der Mitwirkung von Richterinnen und Richtern aus unterschiedlichen europäischen Jurisdiktionen wird es einige Zeit dauern, bis sich eine gefestigte und einheit- liche Rechtsprechung herausbildet . Denn die wesentliche Frage ist, wie sich das neue Pa- tentsystem und sein Gericht inhaltlich bewähren . Gerade in Technologieländern wie Deutschland gelten Patente in vielen Branchen als „Marker“ für die Innovationskraft von Branchen oder sogar von Staaten . Speziell in deut- schen Kernsektoren wie dem Fahrzeug- oder Maschinen- bau werden jährlich Tausende von Patenten angemeldet und erteilt, um damit geistiges Eigentum zu schützen . Der Deutsche Bundestag hatte die Bundesregierung zu Recht in der vergangenen Wahlperiode in einem An- trag – 17/8344 – dazu aufgefordert, keine Patente auf konventionelle Züchtungsverfahren für landwirtschaftli- che Nutztiere und Nutzpflanzen zuzulassen. Denn es ist  ein Unterschied, ob ich ein Patent auf ein Radio anmelde oder auf Radieschen . Die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts hat im Brokkoliurteil biologi- sche Verfahren wie Kreuzung und Selektion von einer Patentierung ausgenommen . Konventionelle Züchtungs- verfahren werden damit in Deutschland und in Europa auch in Zukunft unpatentierbar bleiben . Es gibt aber bei den Biopatenten auch noch offene Baustellen . Das gilt gerade auch für die Patentierung der Produkte aus konventionellen Züchtungsverfahren . Die Vielfalt der Nutzpflanzen und Nutztiere  ist das Produkt  der Arbeit vieler vorhergehender Generationen . Unseren Landwirtinnen und Landwirten, den Züchterinnen und Züchtern muss diese Vielfalt auch weiterhin in vollem Umfang zur Verfügung stehen . Deshalb spreche ich mich ganz klar gegen die Patentierung der Produkte aus klas- sischen Züchtungsverfahren aus . Der Zugang zu den ge- netischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft muss weiterhin für alle offen stehen . Im Bereich der Biopatente liegt seit Februar 2012 ein klarer Auftrag des Bundestages an die Bundesregierung vor: Um die wiederholte Erteilung umstrittener Biopa- tente zu stoppen, soll die Bundesregierung die dafür verantwortlichen Grauzonen im nationalen und europä- ischen Biopatentrecht bereinigen . Wir dürfen in diesem Parlament stolz auf diesen einstimmigen Beschluss sein . Deswegen habe ich nun im Statut für das Einheitliche Patentgericht und in den geänderten patentrechtlichen Vorschriften nachgeschaut, ob die Chance genutzt wurde, diesen Beschluss des Bundestages umzusetzen. Ich finde  ihn darin jedoch nicht wieder . Ja; das im deutschen Recht bekannte  Pflanzenzüchterprivileg, wonach  die Nutzung  biologischen Materials zum Zwecke der Züchtung, Ent- deckung  und  Entwicklung  einer  neuen  Pflanzensorte  erlaubt ist, ist auf deutsche Anregung hin im Überein- kommen verankert worden (Artikel 27 Buchstabe c des Übereinkommens) . Aber das ist auch schon alles . Es ist beschämend, dass die Bundesregierung mit ih- rem Gesetzentwurf dem gemeinsamen Beschluss von 2012 nicht nachkommt . Grade der Ausschluss von Paten- ten auf die Produkte ist jetzt nicht aufgenommen, ebenso fehlt eine Ergänzung zu technisch ergänzten Züchtungs- verfahren . Für uns Grüne steht fest: Pflanzen und Tiere sind kein  „geistiges Eigentum“, das irgendjemand für sich rekla- mieren darf . Und eine Tomate, die aus einem nicht-pa- tentierbaren Züchtungsverfahren hervorgeht, darf ebenso wenig patentierbar sein wie ein Ketchup, das ohne wei- tere  „Erfindungsleistung“  aus  dieser Tomate  gewonnen  wird . Wir haben schon viel zu viel an biologischer Vielfalt verloren, da dürfen wir die sowieso schon rasante Mo- nopolisierung im Saatgut- und Lebensmittelbereich nicht auch noch durch Biopatente verstärken . Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister der Justiz und für Verbraucherschutz: Mit den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen sendet die Bundesregierung ein positives Signal nach Europa: Wir möchten die europäische Patentreform, auf die wir uns nach jahrzehntelangen Verhandlungen erfolgreich geei- nigt haben, endlich in die Tat umsetzen: Mit dem Über- einkommen über ein Einheitliches Patentgericht vom 19 . Februar 2013 soll ein für alle teilnehmenden EU-Mit- gliedstaaten zuständiges Gericht geschaffen werden, das über erstinstanzliche Kammern in den Mitgliedstaaten und ein Berufungsgericht in Luxemburg verfügt . Das Gericht soll über bestehende europäische Patente so- wie das neue EU-Einheitspatent urteilen, das im Wege zweier EU-Verordnungen im Dezember 2012 geschaffen worden ist . In Deutschland als bedeutendem Patentland sind vier Lokalkammern – Düsseldorf, Hamburg, Mann- heim, München – und eine Zentralkammerabteilung – München – vorgesehen . Das vorliegende Vertragsgesetz schafft  die  Voraussetzungen  für  die  Ratifikation  des  Übereinkommens . Mit dieser Reform sollen die Rahmenbedingungen für die innovative Industrie im europäischen Binnenmarkt durch einen besseren Schutz von Erfindungen nachhaltig  gestärkt werden . Das ist von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung. Künftig wird es in Europa einen flächende- ckenden einheitlichen Patentschutz geben . Er wird kos- tengünstig zu erlangen sein. Und er wird auch effizient  in einem Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht, dem ersten grenzüberschreitend zuständigen Zivilgericht Europas, mit Wirkung für alle teilnehmenden EU-Mit- gliedstaaten durchgesetzt werden können . Die deutsche Industrie wird von dem verbesserten Schutz ihrer Erfin- dungen besonders profitieren. Rund 40 Prozent der vom  Europäischen Patentamt an europäische Anmelder erteil- ten europäischen Patente entfallen auf die deutsche In- dustrie . An den Arbeiten zur Schaffung eines Einheitlichen Patentgerichts hat sich die Bundesregierung von Anfang an mit großem Engagement beteiligt . Wir haben dabei insbesondere auch die Interessen der kleinen und mitt- leren Unternehmen im Blick . Gerade auch den kleinen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617760 (A) (C) (B) (D) und mittleren Unternehmen kommt es zugute, dass in einem europäischen Verfahren Rechtssicherheit für den gemeinsamen Markt geschaffen werden kann . Besonders wichtig ist: Wir konnten uns mit unserer Forderung nach einer attraktiven Höhe der Verlängerungsgebühren für das künftige EU-Einheitspatent durchsetzen, das kommt diesen Unternehmen zugute . Das Begleitgesetz soll im deutschen Recht die Vo- raussetzungen für die Umsetzung der europäischen Pa- tentreform schaffen . Es enthält überwiegend technische Anpassungen, die erforderlich sind, um das EU-Einheits- patent und das Europäische Patentgericht mit der nati- onalen Rechtsordnung zu verzahnen . Lassen Sie mich aber ein Element hervorheben: Wir wollen in Deutsch- land künftig neben einem europäischen Patentschutz für dieselbe Erfindung auch den Schutz durch ein nationales  Patent zulassen, was bislang nicht möglich ist . Damit ein Beklagter wegen derselben Patentverletzung aber nicht mehrfach verklagt werden kann, soll diesem im nationa- len Verfahren eine Einrede zustehen, wenn er bereits vor dem Europäischen Patentgericht in Anspruch genommen wird. Mit dieser Neuerung wollen wir unseren Erfindern  Optionen für den Schutz ihrer Innovationen bieten . Er- finder können sich dann für den für sie im Einzelfall am  besten geeigneten Schutz entscheiden . Für die Bundesregierung ist die europäische Patentre- form ein bedeutsames Projekt . Wir beteiligen uns weiter mit großem Engagement an den bereits sehr weit ge- diehenen Arbeiten in den vorbereitenden Gremien . An- gestrebt wird, dass das Einheitliche Patentgericht nach einer noch für 2016 vorgesehenen Phase der vorläufigen  Anwendung des Übereinkommens, in der die Arbeitsfä- higkeit des Gerichts endgültig hergestellt wird, dann im Frühjahr 2017 den Echtbetrieb aufnimmt . Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Ihre Unterstützung dieses Vor- habens . Es liegt in unserem Interesse, beide Gesetzge- bungsverfahren möglichst zügig durchzuführen . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Ge­ setzes zur Änderung berg­, umweltschadens­ und wasserrechtlicher Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2013/30/EU über die Sicherheit von Offshore­Erdöl­ und ­Erdgasaktivitäten (Tages­ ordnungspunkt 23) Dr. Herlind Gundelach (CDU/CSU): 19 Millionen Barrel ausgelaufenes Öl, 2000 Kilometer verschmutzte Küste, elf Menschenleben – der Untergang der Ölplatt- form „Deepwater Horizon“ brachte Opfer und katastro- phale Folgen mit sich, Folgen in einem Ausmaß, welches es in dieser Art bisher nur selten gab . Die Havarie sollte zu einem Wendepunkt in der Um- weltgeschichte werden . Die internationale Politik hat sich der Katastrophe angenommen, sie hat darauf re- agiert . Glücklicherweise blieben europäische Gewässer zwar von auch nur annähernd verheerenden Katastro- phen bisher verschont, das war aber kein Grund für die Europäische Gemeinschaft, ihre Augen zu verschließen . Eine solche Katastrophe darf es – egal wo – nicht noch einmal geben . Daher ist uns sehr daran gelegen, die im Zusammen- hang mit „Deepwater Horizon“ überarbeiteten europä- ischen Richtlinien national bestmöglich umzusetzen . Seit Jahrzehnten gehören wir zu den Vorkämpfern einer fortschrittlichen und nachhaltigen Umweltpolitik . Im Be- reich der Erdöl- und Erdgasförderung haben wir daher bereits  sehr  strenge Auflagen,  die  sich  in  vielen Teilen  schon mit den europäischen Richtlinien decken . Zwar  nutzen  wir  in  unseren  flachen  deutschen  Ge- wässern lediglich die als risikoarm eingeschätzte Flachwassertechnik . Außerdem beherbergen unsere Hoheitsgebiete nur zwei der insgesamt 600 Erdöl- und Erdgasplattformen in europäischen Gewässern . Für den Erlass der EU-Offshore-Richtlinie nach dem Unfall im Golf von Mexiko haben wir uns trotzdem intensiv ein- gesetzt. Die Definition  einheitlicher  Standards  für Off- shore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten muss ein internatio- nales Interesse sein . Die Europäische Union nahm die Katastrophe in Me- xiko zum Anlass, einheitliche Standards für die Erdöl- und Erdgasförderung auf EU-Ebene festzusetzen . Die Richtlinie 2004/35/EG wurde geändert . Gleichwohl wur- de mit der RL 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12 . Juni 2013 eine neue Richtlinie über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasak- tivitäten beschlossen . Ihr zum Dank können Unfälle im Zusammenhang mit Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivi- täten in Zukunft verhindert werden . Der Umweltschutz kann erhöht und die Notfallmechanismen im Falle eines Unfalls können verbessert werden . Die nationale Umsetzung dieser europäischen Richt- linie über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten in Deutschland wird in einer neuen Offshore-Bergverordnung umgesetzt . Risikomanage- ment, Sicherheits- und Umwelterwägungen in Bezug auf die Genehmigungsverfahren sowie die Aufgaben der zuständigen Behörden und das Berichtswesen sind die Hauptpunkte des Regelwerks . Bisherige Bestimmungen zu Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten, welche in der Festlandsockel-Bergverordnung und im Anhang 3 der Allgemeinen Bundesbergverordnung festgelegt waren, werden in der Novelle zusammengenommen . Die Bereiche Risikomanagement, Arbeits- und Ge- sundheits- sowie Umweltschutz werden so in einer Verordnung gebündelt . Dies ist sowohl hilfreich in der betrieblichen Praxis als auch in der Rechtsanwendung . Gleichzeitig wird das Risiko für schwere Unfälle mini- miert, da auf diesem Weg alle Aspekte gemeinsam be- trachtet werden . Die europäische Richtlinie sieht vor, dass Unterneh- men eine Vorsorge zur Deckung von Haftungsverbind- lichkeiten zu  treffen und die  technische und finanzielle  Leistungsfähigkeit nachzuweisen haben . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17761 (A) (C) (B) (D) Im Rahmen der Arbeiten an unserer nationalen Off- shore-Verordnung hat sich ergeben, dass es für die Um- setzung einer Vorgabe dieser europäischen Richtlinie an einer eindeutigen Ermächtigungsgrundlage im Bundes- berggesetz fehlt . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir nun in § 66 des Bundesberggesetzes mit einer Ergänzung diese Ermächtigungsgrundlage . Aufgrund der Rechtssystematik erfolgen außerdem Anpassungen im Wasserhaushaltsgesetz, im Umwelt- schadensgesetz sowie in der Verordnung über die Um- weltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben . Die europäische Richtlinie über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten erhöht den Schutz der Meeresumwelt und verbessert entscheidend die Notfallmechanismen im Falle eines Unfalls oder ei- ner Havarie . Unser heute zu beratender Gesetzentwurf schafft Rechtssicherheit bei der nationalen Umsetzung . Ich hoffe dabei auf ihre Unterstützung . Johann Saathoff (SPD): Am 20 . April ereignete sich im Golf von Mexiko ein schrecklicher Unfall . Bei der Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ kamen insgesamt elf Menschen zu Tode, und es kam zu einer der schwersten Umweltkatastrophen der Vereinigten Staaten . Infolge der Explosion traten Tonnen an Erdöl ungehin- dert ins Meer . Die Explosion der „Deepwater Horizon“ war aber nicht nur für die Umwelt im Golf von Mexiko eine Ka- tastrophe unvorstellbaren Ausmaßes . Die Folgen waren sogar noch weit verheerender . Ein Großteil der Bevöl- kerung in der Region lebt von der Fischerei . Der Fische- reibetrieb musste im Sommer 2010 aber in weiten Teilen eingestellt werden . Die Umweltkatastrophe hatte damit auch eine schwere wirtschaftliche und soziale Krise zur Folge . Mit diesem Gesetz wollen wir nun dazu beitragen, dass sich genau solche schrecklichen Ereignisse nicht wiederholen . Konkret geht es heute um die Schaffung eindeutiger und europaweit einheitlicher Sicherheitsstan- dards im Bereich der Offshore-Erdöl- und -Erdgasakti- vitäten . Damit wollen wir einen Teil einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 12 . Juni 2013 umsetzen . Die Schaffung einheitlicher Standards und Rahmen- bedingungen auf europäischer Ebene ist der folgerichti- ge Schritt nach der Explosion der „Deepwater Horizon“ . Sie ist auch sinnvoll vor dem Hintergrund, dass mehr als 90 Prozent des in Europa geförderten Erdöls und mehr als 60 Prozent des geförderten Erdgases aus der Off- shore-Produktion kommen . Das sind beachtliche Zahlen, insbesondere im Zusammenhang mit der Tatsache, dass im Jahre 2015 noch immer mehr als 50 Prozent des Pri- märenergieverbrauchs durch Erdöl und Erdgas gedeckt wurden . Die Offshore-Förderung von Erdöl und Erdgas spielt eine wichtige Rolle im Zusammenhang der Ener- gieversorgungssicherheit . In Deutschland selbst gibt es derzeit zwei Off- shore-Anlagen . Die Bohr- und Förderinsel Mittelplate und die Gasförderplattform A6-A . Das heißt, auch für unsere Küstenregionen besteht ein gewisses, wenn auch eher ein marginales Risiko einer vergleichbaren Umwelt- katastrophe . Es soll an dieser Stelle nun nicht darum gehen, grund- sätzliche Kritik an der Offshore-Förderung von Erdöl und Erdgas zu üben . Unfälle wie im Golf von Mexiko sind glücklicherweise die sehr seltene Ausnahme . Die Frage der Sicherheit der Meeresumwelt und der Küs- tenregionen ist meiner Ansicht nach aber immer mit be- sonderer Sorgfalt zu behandeln . Man „mutt d’n Alltied n’Oog an hemm“ würde man in Ostfriesland sagen, stets wachsam bleiben . Gerade im Bereich der Offshore-Erdöl- und -Erdgas- aktivitäten besteht ein Interesse daran, besonders hohe Sicherheitsstandards zu setzen . Die Verabschiedung die- ses Gesetzes soll dazu beitragen, dass der Schutz und die Erhaltung der Umwelt auch weiter gewährleistet werden kann und dass ein vernünftiger Umgang mit den natürli- chen Ressourcen sichergestellt ist . Denn stellen Sie sich einmal die Auswirkungen einer mit der Explosion im Golf von Mexiko vergleichbaren Katastrophe an der deutschen Küste vor . Ich komme aus Ostfriesland, einer Region, die insbesondere auch für das Wattenmeer bekannt ist . Der Nationalpark Niedersächsi- sches Wattenmeer gehört seit dem 26 . Juni 2009 mit zum UNESCO-Welterbe . Damit  profitieren  ostfriesische  Gemeinden  unglaub- lich stark vom Tourismus . Die Bedeutung des Tourismus und die enorme touristische Wertschöpfung in den Küs- tenregionen lassen sich exemplarisch anhand von weni- gen Zahlen verdeutlichen . Insbesondere für die ostfriesischen Inseln ist der Anteil des Tourismus an der Wertschöpfung natürlich enorm . Allein die Insel Norderney verzeichnete im Jahr 2014 über 500 000 Besucher . Es wurden damit mehr als 3,4 Millionen Übernachtungen generiert . Doch auch das Festland gehört zu den Profiteuren des  Tourismus . Auch in der Gemeinde Krummhörn ist die Wertschöpfung durch die Tourismusbranche beachtlich . Aktuelle Zahlen kommen zu dem Schluss, dass sich für die Krummhörn eine touristische Wertschöpfung von insgesamt 56,4 Millionen Euro ergibt . Die langfristigen Folgen einer vergleichbaren Ölkata- strophe wären also auch hier fatal . Einerseits die Folgen für den Umweltschutz und andererseits die wirtschaftli- chen und sozialen Folgen für unsere Küstenregionen . Es ist demnach aus vielerlei Hinsicht zu begrüßen, dass mit dem Gesetz nun einheitliche europäische Rah- menbedingungen und höchste Umwelt- und Sicherheits- standards sichergestellt werden . Hubertus Zdebel (DIE LINKE): Heute diskutieren wir erneut über die Umsetzung der Richtlinie 2013/30/ EU vom 12 . Juni 2013 über die Sicherheit von Off shore- Erdöl- und -Erdgasaktivitäten . Ziel der Richtlinie ist, „die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617762 (A) (C) (B) (D) Häufigkeit  von  schweren  Unfällen  im  Zusammenhang  mit Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten so weit wie möglich zu verringern und ihre Folgen zu begrenzen …“ . Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt dabei nicht nur über gesetzliche Vorschriften, sondern auch über eine Verordnung . Am 25 . Mai dieses Jahres hat die Bundes- regierung die Änderungsverordnung zu bergrechtlichen Vorschriften beschlossen . Sie liegt jetzt dem Bundesrat zur Beschlussfassung vor . Über die gesetzlichen Ände- rungen kann nicht gesprochen werden, ohne sich mit der Änderungsverordnung auseinanderzusetzen . Ich hätte erwartet, dass wir eine intensive Debatte da- rüber führen, wie wir einen hohen Standard der Anlagen- sicherheit für Offshore-Aktivitäten erreichen . Stattdes- sen haben sich SPD und CDU/CSU in der ersten Lesung lediglich selbst gelobt und nichts zu einer Fachdebatte beigetragen . Die Kollegin von den Grünen hat es vor- gezogen, auf das Thema „internationaler Meeresschutz“ auszuweichen . Dies hätten Sie in der Sitzung des Wirtschaftsaus- schusses am letzten Mittwoch korrigieren können . Doch stattdessen gab es von Ihnen keine einzige Wortmeldung zu diesem Thema . Diese Sprachlosigkeit wird der großen Bedeutung des Themas Störfallvorsorge nicht gerecht . Demonstratives Desinteresse am Thema Offshore- Öl- und -Gasförderung haben wir Ende letzten Jahres schon bei der Bundesregierung festgestellt . So hatte die Firma Maersk Oil beantragt, in der dänischen Nordsee im Grenzgebiet zum deutschen Entenschnabel mit neu- en Bohrungen Öl und Gas zu fördern . Im Rahmen des GORM-Projekts will die Firma dabei die umweltzer- störende Fördermethode Fracking anwenden . Während Fracking bereits an Land unverantwortbar ist, wären die Folgen eines Offshore-Frackings noch weniger be- herrschbar . Die notwendigen Aktivitäten der Bundesre- gierung, um dieses Projekt zu verhindern, hat es jedoch nie gegeben . Bereits am 9 . Juni habe ich darauf hingewiesen: Offshore-Fracking kombiniert die Gefahren des Fra- ckings an Land mit den klassischen Gefahren der Öl- und Gasgewinnung im Meer . Durch die eingesetzten Frack- flüssigkeiten,  deren  Zusammensetzungen  nicht  veröf- fentlicht werden, kann es zu Wasserkontaminationen kommen . Das Aufbrechen des Untergrundgesteins und das Wiederverpressen des Flowbacks kann Erdbeben hervorrufen . Und durch Leckagen kann in erheblichem Maß das klimaschädliche Treibhausgas Methan entwei- chen . Während der Sondierungs-, Förder- und Außerbe- triebnahmeaktivitäten kann es außerdem zu schweren Unfällen kommen . Dazu gehören Öl- und Chemikalien- freisetzungen im Falle einer Schiffskollision oder von Pipelineleckagen . Größere Gasfreisetzungen können auf- grund eines Blowouts erfolgen . Eine mögliche größere Ölpest hätte erhebliche negative Auswirkungen auf das empfindliche marine Ökosystem.  Angesichts dieser möglichen Folgen ist Offshore-Fra- cking nicht verantwortbar . Fracking auf hoher See muss auf jeden Fall verboten werden . Das sieht die Bundes- regierung im vorliegenden Offshore-Regelungspaket je- doch nicht vor . Dies ist nicht der einzige Kritikpunkt . Die Linke for- dert, Offshore-Aktivitäten unter den Geltungsbereich der Störfall-Verordnung fallen zu lassen, um einen einheit- lichen und hohen Sicherheitsstandard zu erreichen . Die nun vorgesehenen Sicherheitsanforderungen sind jedoch bedeutend geringer als im üblichen Recht der Anlagen- sicherheit . Die betrifft nicht nur die Einführung des undefinier- ten Begriffs des „vertretbaren Risikos“, mit dem der in Deutschland übliche auswirkungsorientierte Ansatz ver- lassen wird . Die Öl- und Gaskonzerne können so selbst bestimmen, was sie für vertretbar halten und welchen Gefahren sie Mensch und Umwelt aussetzen . Dies gilt auch für die in der Störfall-Verordnung klar festgelegte Hierarchie, dass Störfälle zu verhindern sind, und nur dann, wenn dies nicht möglich sein sollte, ihre Auswirkungen so gering wie möglich zu halten . In § 3 der oben genannten Änderungsverordnung zu bergrecht- lichen Vorschriften verwischt diese Hierarchie, die An- forderungen werden auf eine Ebene gestellt . Zudem kritisieren wir, dass Leitfäden zu bewährten Verfahren für die Beherrschung ernster Gefahren bei Ak- tivitäten für die gesamte Auslegungs- und Betriebspha- se der Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten nicht von unabhängigen Stellen erstellt werden sollen . Stattdessen formuliert der jeweilige Unternehmer oder sein Unter- nehmensverband diese selbst . Damit wird dem Miss- brauch Tür und Tor geöffnet . Aus diesen Gründen fordert die Linke, dieses Paket zurückzuziehen und grundlegend zu überarbeiten . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir reden heute wieder über die Sicherheit an Öl- und Gas-Förderplattformen in den Meeren . Dazu muss die Bundesregierung eine europäische Regelung in nationa- les Recht umsetzen . Mit der Umsetzung hat sie sich mal wieder sehr viel Zeit gelassen . Sie wartet ja immer so lange, bis sie sich die europäische Watschen mit einem Vertragsverletzungsverfahren abholt . Darum muss das Gesetz nun kurz vor der Sommerpause im Hauruckver- fahren durch das Parlament geprügelt werden . Liebe Kollegen von der Linken, Ihre Verbindung zu Fracking, die Sie in der letzten Debatte eingebracht ha- ben, ist doch wirklich sehr konstruiert . In Deutschland gibt es nach meinem Wissensstand nur zwei Öl- und Gas- förderanlagen im Meer . Das sind die Ölbohrinsel Mittel- plate vor Dithmarschen und die Gasbohrinsel A6/B4 in der Außenwirtschaftszone . Weitere Förderanlagen sind nicht absehbar, geschweige denn Offshore-Fracking-An- lagen zur Förderung von Erdöl oder Erdgas . Auch in den Nachbarstaaten sind solche Vorhaben nicht geplant . Ihr Einwurf ist also unqualifiziert.  Richtig aber ist: Fracking ist die denkbar schlechteste Fördermethode und mit großem Risiko verbunden . Aber das Thema hat mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nichts zu tun . Das behandeln wir erst am Freitagmorgen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17763 (A) (C) (B) (D) Wir sollten uns vielmehr Gedanken darüber machen, wie wir unsere Meere auch in Zukunft sauber halten, lie- be Kollegen von der Linksfraktion . Sehr viel wichtiger sind in diesem Zusammenhang internationale Standards zu Rohstoffförderungen in arktischen Regionen oder in der extremen Tiefsee . So was ist Realität, zum Beispiel vor Brasilien oder vor Westafrika . Gerade die Schlampe- rei von BP bei „Deepwater Horizon“ im Jahre 2010 hat gezeigt, dass diese Risiken real sind und nicht nur graue Theorie . Aber das scheint Sie von der Linkspartei nicht zu interessieren . Wir sollten also darauf bedacht sein, dass in Europa die Standards für Rohstoffförderungen hoch sind . Damit setzen wir auch Maßstäbe für andere Regionen weltweit . Es kann nicht sein, dass in arktischen Regionen Erdöl ge- fördert wird, aber völlig unklar ist, wie die Rettung im Fall einer Havarie aussieht . Die Rettungseinrichtungen und Versorgungshäfen sind in arktischen Regionen meist sehr weit weg . Mee- resströmungen können das kalte zähe Erdöl in abgele- gene Regionen bringen . Mit Eis verbunden wird eine Entsorgung nahezu unmöglich . Solch ein Unfall muss konsequent verhindert werden . Das ist die Zukunftsauf- gabe in der Meeres- und Energiepolitik . Das sind wir un- seren nachfolgenden Generationen schuldig . Wir werden heute dem Gesetzentwurf zustimmen . Die europäische Richtlinie zur Sicherheit von Erdöl- und Erdgas-Förderplattformen muss endlich auch in Deutsch- land umgesetzt werden . So erhöhen wir die Sicherheit an solchen Anlagen . Auf diesem Vorhaben darf sich die Bundesregierung aber nicht ausruhen . Viele weitere Regelungen stehen noch an, um den Meeresschutz regional in Deutschland, aber auch auf europäischer und internationaler Ebene um- zusetzen . Denn Meeresschutz ist jetzt mit dem SDG 14 ein internationales Nachhaltigkeitsziel . Da sollten wir in der Umsetzung konsequent sein . Meeresschutz wäre doch eine wunderbare Aufgabe für den Maritimen Koordinator der Bundesregierung . Dann hätte er richtig was zu tun . Heute gehen wir nur einen kleinen, aber notwendi- gen Schritt in Richtung Meeresschutz . Dafür hat sich die Regierung sehr lange Zeit gelassen . Zeigen Sie endlich mehr Engagement beim Schutz der Meere! Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge­ brachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenver­ kehr (Tagesordnungspunkt 27) Florian Oßner (CDU/CSU): Als CDU/CSU-Frak- tion haben wir der Elektromobilität schon immer einen besonders hohen Stellenwert zugemessen . Auch haben wir stets die enorm hohe Bedeutung der Elektromobili- tät sowohl für den Umwelt- und Klimaschutz als auch für den Automobilstandort Deutschland und dessen Zu- kunftsfähigkeit herausgestellt . Ich würde sogar so weit gehen, die Förderung der Elektromobilität, inklusive der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, als das bedeutendste Verkehrsthema der absehbaren Zukunft zu bezeichnen . Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf sind wir unserem Ziel, bis 2020 unseren CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent zu senken, einen großen Schritt näher gekommen . Denn jeder Schritt, der Elektro- mobilität für die Nutzer attraktiver macht, ist ein Schritt für eine nachhaltigere automobile Zukunft . Wir wollen, dass der Straßenverkehr seinen adäquaten Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen und somit zur angestrebten Dekarbonisierung leistet . Hierfür ist jedoch zwingend erforderlich, dass sich die Anzahl von Elektrofahrzeugen im Straßenverkehr deutlich erhöht . Besonders freut es uns natürlich, wenn es sich hierbei vornehmlich um Fahrzeuge aus heimischer Produktion und nicht solcher aus Übersee handelt . Erstens . BMW-Werk Landshut als Beispiel/Aufgabe der Politik: In meinem Wahlkreis in Landshut hat die Firma BMW ein Kompetenzzentrum für Leichtbau und Elekt- romobilität errichtet . Rund 160 Ingenieure forschen hier technologieübergreifend an innovativen Werkstoffen, Mischbaukonzepten und Fertigungsverfahren . Daneben werden im dazugehörigen Werk verschiedene Bauteile für die Elektromotoren und CFK-Karosserieteile für die Elektro- und Hybridfahrzeuge i3 und i8 gefertigt . Schon frühzeitig hat man hier die enormen Chancen erkannt, die das Zusammenwirken von Leichtbau und Elektromobilität für Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie für die Zukunft der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer in Deutschland bietet . Als weiteren wichtigen Schritt in meiner Heimatregion sehe ich die Schaffung einer Wasserstofftankstelle, an deren Umsetzung wir ge- rade arbeiten . Unsere primäre Aufgabe als Politik sollte es daher sein, Sorge dafür zu tragen, dass derartige Innovationen in Deutschland auch weiterhin möglich bleiben, denn nur so werden wir im internationalen Markt weiter gegen die Konkurrenz aus Japan, Südkorea und den USA bestehen können . Wir dürfen uns als Politik aber nicht nur darauf be- schränken, die Rahmenbedingungen für eine innova- tive Forschung und Fertigung im Automobilbereich zu schaffen, sondern sollten diese auch aktiv unterstützen, damit Deutschland weiterhin die „Poleposition“ als füh- render Innovationstreiber im Automobilbau behaupten kann . Arbeitsplätze sollen weiter bei BMW, Mercedes und Volkswagen entstehen und nicht nur bei Tesla und Toyota . Deswegen appelliere ich an Sie, liebe Kollegen von den Grünen und den Linken, lassen Sie endlich dieses ständige Störfeuer gegen die Automobilbranche . Sie sä- gen sich damit auch Ihren eigenen Ast ab, auf dem Sie sitzen . Wir dürfen nicht mit der einen Hand das umrei- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617764 (A) (C) (B) (D) ßen, was wir mit der anderen in mühsamer Arbeit jahr- zehntelang aufgebaut haben . Zweitens . Maßnahmen im Gesetz: Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf nehmen wir einige Änderungen im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer und der Einkommensteuer vor, um die Elektromobilität auf Deutschlands Straßen ein ganzes Stück voranzutrei- ben: Bei erstmaliger Zulassung reiner Elektrofahrzeuge gilt seit dem 1 . Januar 2016 bis zum 31 . Dezember 2020 eine fünfjährige Kraftfahrzeugsteuerbefreiung . Diese wird rückwirkend zum 1 . Januar 2016 nun auf zehn Jah- re verlängert . Die zehnjährige Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge wird zudem auf technisch angemesse- ne, verkehrsrechtlich genehmigte Umrüstungen zu rei- nen Elektrofahrzeugen ausgeweitet . Im Einkommensteuergesetz werden vom Arbeitge- ber  gewährte  Vorteile  für  das  elektrische Aufladen  ei- nes privaten Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers und für die zur privaten Nutzung zeitweise überlassene betriebliche Ladevorrichtung steuerbefreit . Der Arbeitgeber erhält die Möglichkeit, geldwerte Vorteile aus der unentgeltli- chen oder verbilligten Übereignung der Ladevorrichtung und Zuschüsse pauschal mit 25 Prozent Lohnsteuer zu besteuern . Die Regelungen werden befristet für den Zeit- raum vom 1 . Januar 2017 bis 31 . Dezember 2020 . Diese steuerlichen Maßnahmen stellen ein eindeutiges Bekenntnis zu einer klimagerechten Zukunftspolitik dar und ergänzen das Maßnahmenbündel der Bundesregie- rung zur Förderung der Elektromobilität im Straßenver- kehr, das zeitlich begrenzte Anreize, weitere Mittel für den Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie zusätzliche An- strengungen bei der öffentlichen Beschaffung von Elek- tro- und Brennstoffzellenfahrzeugen beinhaltet . Drittens . Schluss: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum bedeu- tendsten Verkehrsthema der absehbaren Zukunft zeigt die CDU/CSU-Fraktion wieder einmal, dass wir Antworten auf die drängenden Fragen geben – und nicht nur me- ckern und uns beklagen, wie die linken Parteien . Aus den genannten Gründen bitte ich um Zustimmung für den Antrag . Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD): Die meis- ten von Ihnen werden mir zustimmen: Die Elektromobi- lität ist von besonderer klimapolitischer und verkehrspo- litischer Relevanz . In der Debatte wird hingegen oft übersehen: Es ist eine industriepolitische Schicksalsfrage, ob Deutsch- land sich als Industriestandort und Synonym für hoch- qualitative Spitzenfahrzeuge behaupten kann . Das ist die Entscheidungsfrage für die rund 800 000 Menschen, die heute in der deutschen Automobilindustrie in Lohn und Brot stehen . Ob diese Arbeitsplätze erhalten bleiben, das hängt davon ab, ob die Industrie es schafft, sich auf die- sem Leitmarkt der Zukunft zu positionieren . Hersteller aus China und den USA befinden sich  im  Bereich der massentauglichen E-Fahrzeuge wie auch im Luxussegment schon lange auf der Überholspur . Damit diese Überholmanöver sich nicht auf Dauer nachhaltig negativ auf die deutsche Automobilindustrie auswirken, müssen Politik und Wirtschaft jetzt gemeinsam Lösun- gen entwickeln und sie mit Vollgas dann auch umsetzen . Die Politik hat mit den hier vorgebrachten Initiativen ei- nen wichtigen Beitrag dazu geleistet . Das Laden beim Arbeitgeber wird einfacher, die Kfz-Steuerbefreiung wird verlängert, es gibt eine Kauf- prämie, die von der EU grünes Licht bekommen hat . Und über die öffentliche Beschaffungspolitik werden mehr Elektroautos auf die Straßen kommen . Zudem wird in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investiert, deren Stan- dards klar definiert wurden. Viele Kritiker missverstehen die Kaufförderung als eine Art Bevorzugung reicherer Käuferschichten . Dem kann man zuerst entgegenhalten, dass die Kaufprämie zu gleichen Teilen von Staat und Herstellern getragen wird . Und nicht zuletzt ist das Setzen von Kaufanreizen zugleich eine industriepolitische Flankierung, um den Markthochlauf zu stimulieren . Denn ohne Absatz kein Leitmarkt . Die Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass eine Kaufförderung die Marktdurchdringung von Elekt- roautos beschleunigt . Die SPD-Bundestagsfraktion hat weitergehende Maß- nahmen gefordert, so zum Beispiel eine bessere degressi- ve Abschreibung für gewerbliche Nutzer . Und das bereits vor zwei Jahren . Ich möchte hier niemandem den schwarzen Peter zu- schieben, aber es ist den teils diffusen ordnungspoliti- schen Bedenken unseres Koalitionspartners geschuldet, dass wir so lange auf konkrete Maßnahmen warten muss- ten . Doch natürlich gilt auch hier: Es ist jetzt besser, eine Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu jammern . Die Politik hat klare Impulse gegeben, nun sind die Hersteller gefragt . Die Politik kann die Automobilindus- trie schließlich nicht ständig zum Jagen treiben . Hatte es noch vor kurzem den Anschein, als habe man bei VW, BMW, Audi und Daimler den Startschuss über- hört, mehren sich inzwischen die Anzeichen für einen Spätstart . Vielleicht liegt es an Dieselgate, vielleicht auch an der allgemeinen Einsicht, dass Wettbewerber der Zielge- raden schon deutlich näher sind . Die deutsche Automo- bilindustrie stellt sich jetzt jedenfalls mit deutlich mehr Elan der Herausforderung Elektromobilität und alternati- ver Antriebe . Die Zahl der alternativ angetriebenen Autos in den Flotten steigt . Man widmet sich endlich wieder der erforderlichen Batteriezellproduktion, was zentral für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit ist . Bei dieser neuen Dynamik ist es zumindest möglich, das Ziel der 1 Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen bis 2020 nicht gänzlich aus dem Auge zu verlie- ren . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17765 (A) (C) (B) (D) Andreas Schwarz (SPD): Die Bundesrepublik Deutschland tut viel für den Klimaschutz . Aber wir müs- sen uns noch mehr anstrengen, wenn wir die Klimaziele von Paris erreichen wollen . Wenn wir diese Ziele errei- chen wollen, müssen wir endlich mehr Elektroautos auf die Straße bringen . Es ist ja vollkommen richtig, dass auf unseren Straßen viel zu wenige Elektrofahrzeuge unterwegs sind . Im letzten Jahr waren es gerade mal 25 500 Fahrzeuge . Wenn wir hier nichts unternehmen, sind die Klimaziele von Paris in Gefahr . Und deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass hier das Bundeswirt- schaftsministerium mit dem vorliegenden Gesetzentwurf aktiv geworden ist, um uns auf diesem Gebiet endlich entscheidend voranzubringen . Die Bundesregierung verfolgt dabei den absolut rich- tigen Ansatz, mit einer Kaufprämie die nötigen Anreize für höhere Verkaufszahlen zu schaffen . Die 4 000 Euro Kaufprämie – bei Hybrid 3 000 Euro – sind ein überzeu- gendes Signal an die vielen Interessentinnen und Interes- senten in unserem Land . Und wir fördern hier ausdrück- lich keine Luxusklassenfahrzeuge für die Gutsituierten . Wir haben bewusst eine Obergrenze von 60 000 Euro eingezogen, damit vor allem die breite Masse profitiert. Unser Ziel ist es, dass in den nächsten Jahren 300 000 zusätzliche Elektroautos zugelassen werden . Und es wirkt ja jetzt schon, obwohl das Gesetz noch gar nicht verabschiedet ist . Autohersteller melden uns, dass sowohl Interesse als auch Nachfrage der Kundinnen und Kunden seit dem Beschluss der Bundesregierung, hier ein milliardenschweres Förderprogramm für Elek- tromobilität aufzulegen, deutlich angestiegen ist . Das freut uns . Und das alles, wie gesagt, bevor die Kaufprä- mie abgerufen werden konnte . In diesem Zusammenhang begrüßen wir, dass das Prüfverfahren der EU-Kommission nun endlich abge- schlossen ist und die Menschen die Kaufprämie endlich in Anspruch nehmen können . Aber allein der Anreiz über die Kaufprämie wird nicht den erhofften und gewünschten Erfolg bringen . Da be- darf es schon eines Maßnahmenbündels, und zwar von Maßnahmen, die nur gemeinsam wirken können . Das von der Bundesregierung beschlossene Maßnah- menpaket gibt genau die richtigen Antworten auf die Frage vieler Interessenten, die gerne ein Elektrofahrzeug kaufen würden, aber vor Ort zu wenige Ladestationen vorfinden. Wir  brauchen  also  die  Kaufprämie  und  zu- sätzliche Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur, um erfolgreich zu sein . Die SPD-Bundestagsfraktion un- terstützt daher die Investitionen in den Ausbau der In- frastruktur für Elektrofahrzeuge . Uns war auch wichtig, dass sich auch die Autoindustrie an den Gesamtkosten dieses Maßnahmenpakets von gut 1 Milliarde Euro hälf- tig beteiligt . Ich bin überzeugt, diese Summe ist für beide Seiten gut investiertes Geld! Zusätzlich schaffen wir einen steuerlichen Anreiz . Es sollen diejenigen steuerlich belohnt werden, die sich ein Elektrofahrzeug zulegen . Eine zehnjährige Steuerbefrei- ung ist genau das richtige Signal an all diejenigen, die jetzt einsteigen wollen . Ich komme zum Schluss: Wenn wir jetzt den Markt mithelfen anzuschieben, wird das überdies dazu führen, dass die deutsche Automobilindustrie noch intensiver an Innovationen, beispielsweise an noch besseren Batterie- zellen, arbeiten wird . Wir stimmen diesem Gesetzentwurf zu, weil wir über- zeugt sind, dass wir damit auf einem erfolgreichen Weg sind . Richard Pitterle (DIE LINKE): Kürzlich erklärte der christlich-soziale Bundesminister für Landwirtschaft und Ernährung Christian Schmidt den Bauern, die der Preis- verfall bei Milch in den Ruin treibt, es sei in einer sozi- alen Marktwirtschaft nicht Aufgabe des Staates, sich in die Preispolitik einzumischen . Und kaltschnäuzig hieb die sozialdemokratische Mi- nisterpräsidentin Hannelore Kraft in die gleiche Kerbe, als sie Flutopfern die Hilfe des Landes verweigerte, weil schließlich nicht alle mit Steuermitteln begünstigt wer- den könnten, die keine Versicherung abschlössen . Heute aber stehen wir hier und beraten auf Initiative der schwarz-roten Koalition die milliardenschwere Ein- mischung des Staates in die Preispolitik durch Begünsti- gungen aus Steuermitteln . Wieder einmal! Nur kurz zur Erinnerung: Gegen unseren Widerstand wurden superreichen Ree- dern Milliarden in der naiven, längst widerlegten Hoff- nung geschenkt, sie würden dann wohlgefällig vielleicht den einen oder anderen Arbeitsplatz in der maritimen Wirtschaft erhalten . Gegen unseren Widerstand versuchen Sie, mit Steuer- geschenken kopf- und planlos den Bau von Wohnungen zu fördern, nachdem Sie jahrzehntelang dem Todeskampf des sozialen Wohnungsbaus von der Seitenlinie zugese- hen haben, obwohl Ihnen Experten nur Mitnahmeeffekte für Luxuswohnungen prophezeien . Und gegen unseren Widerstand und sogar trotz klarer Ansagen des Bundesverfassungsgerichts gegen die Ver- schonung superreicher Erbinnen und Erben wird die Bi- lanz Ihrer schon peinlichen Auseinandersetzung um die Reform darauf hinauslaufen, die Reichsten der Reichen weiterhin zu verschonen . Nun bin ich wie auch meine Partei Die Linke sicher nicht verdächtig, neoliberaler Wirtschaftspolitik das Wort zu reden . Denn genau das machen Kraft und Schmidt, wenn sie den Staat aus der Verantwortung entlassen und auf Markt und Eigenverantwortung verweisen . Und ge- nau das macht, wer Steuervorteile prinzipiell geißelt . Das Steuerrecht wird in vielen Politikbereichen nicht nur zur Einnahmenerzielung, sondern auch oder sogar fast ausschließlich zur Verhaltenslenkung genutzt . In einer komplexen Gesellschaft wie der unsrigen ist dies unbestreitbar  ein  effizientes  und  auch  unverzichtbares  Mittel, um Politikziele zu erreichen . Bei von Justi heißt es im Jahre 1766: „Die Steuer ist ein sehr glückliches Mittel, den Staat zu bilden und ein- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617766 (A) (C) (B) (D) zurichten, wie es den Absichten einer ‚weisen‘ Regie- rung gemäß sei“ . Das heißt aber nicht, dass wir die wenig weise Steu- erpolitik nach schwarz-rotem Rezept gutheißen . Dieses schlichte Rezept passt sogar auf einen Bierdeckel: Mäch- tige  Wirtschaftslobbyisten  flüstern  den  Untergang  des  Mittelstandes, wenn nicht gleich der Welt ein, der nur mit Steuergeschenken vorzugsweise an sich und an Besser- verdienende aufgehalten werden kann . In  dieser  langjährigen  Tradition  findet  sich  die  nun  breit angelegte Förderung der Elektromobilität im Stra- ßenverkehr wieder, für die vorliegender Gesetzentwurf ein Baustein ist . Als Resultat von Kamingesprächen im Kanzlerinnenamt mit den Lobbyisten der deutschen Autoindustrie wird nun ein gewaltiges Subventions- programm auch für einen halbstaatlichen Autokonzern aufgelegt, der wegen illegaler Abgasmanipulationen mit dem Rücken zur Wand steht und die internationale tech- nische Entwicklung einfach verschlafen hat . Die Querfinanzierung  Ihrer Förderung durch Steuer- geschenke an Besserverdienende zahlen diejenigen Bür- gerinnen und Bürger, für die Elektromobilität im Alltag so realistisch ist wie der Jahresurlaub in der Karibik . Wie falsch Ihr Ansatz ist, lässt sich aber am deutlichs- ten in Zahlen ausdrücken: So ziemlich alle größeren Volkswirtschaften fördern die Elektromobilität seit vielen Jahren . In den meisten Staaten gibt es vergleichbare Programme seit gut acht Jahren . In Japan sogar seit 1996! Neben klassischen Förderungen mit Kaufanreizen wie Kaufprämien, Steu- ererstattungen gibt es viele weitere, wie kostenlose Park- plätze, Mautfreiheit, die Nutzung von Sonderspuren im Straßenverkehr . Die Höhe der Kaufanreize ist ebenfalls ähnlich: in der Regel mehrere tausend Euro für ein Fahr- zeug . Was hat es gebracht? Derzeit gibt es weltweit circa 1,5 Milliarden Fahrzeu- ge . Davon sind circa 1 Million Fahrzeuge Elektroautos . Also weniger als 0,001 Prozent . Weltweit führend sind derzeit noch die USA, obwohl China mit massiver und bekannt wenig marktwirtschaftlicher staatlicher Inter- vention die Führungsposition angreift . Der milliarden- schwere Wettkampf hat aber bisher nur zu 400 000 Elek- troautos, also 0,3 Prozent der Fahrzeuge, in den USA gereicht . Die Zahl der Neuzulassungen in den USA stag- niert, obwohl neben Bundesprogrammen auch die Bun- desstaaten eigene Förderprogramme haben . Deutschland ist ohne Förderung weltweit auf Platz 7 mit einem Elektrofahrzeuganteil von 0,07 Prozent . Vor- zeigeland Norwegen hat gerade mal eine 1,6-prozentige Quote trotz massiver Förderung . Eine Umfrage des Instituts für Verkehrsforschung be- stätigt die Nutzlosigkeit von steuerlichen und sonstigen Kaufanreizen: Kaufentscheidend sind eine öffentliche Ladeinfrastruktur, die Zuverlässigkeit der Technik und günstige Strompreise . Investieren Sie in die Forschung und Entwicklung, in die allgemeine Infrastruktur und in alternative Ver- kehrskonzepte, statt mit Steuergeschenken Strohfeuer anzufachen . Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Steuerliche Anreize zur Förderung der Elektro- mobilität sind als begleitende Maßnahme grundsätzlich richtig . Die Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge auf zehn Jahre ist allerdings eine rein symbolische Maßnahme . Ein Fahrzeughalter eines leichten Nissan Leaf würde gerade mal 45 Euro pro Jahr sparen . Über zehn Jahre macht das also eine Steuerer- sparnis von mageren 450 Euro . Das ist kein wirksamer Anreiz, sich ein Elektroauto zu kaufen . Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, das Einkommen- steuergesetz zu ändern . Ermöglicht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, sein privates Elektroauto während der Arbeitszeit am Arbeitsort aufzuladen, so soll dies steuerbefreit werden – also kein geldwerter Vorteil . Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die betriebliche Ladevorrichtung zeitweise zur privaten Nutzung überlässt . Diese Maßnahme begrüßen wir . So können Arbeitgeber mit nur geringen Kosten die Elekt- romobilität ihrer Mitarbeiter fördern, ohne dass sich da- durch neue bürokratische Hürden auftun . Ich will die Gelegenheit mit der Beratung des Gesetz- entwurfes nutzen, um auf die fehlende Gesamtstrategie der Bundesregierung zur Förderung der Elektromobilität zu sprechen zu kommen: Vor ziemlich genau einem Jahr wurde das Elektromo- bilitätsgesetz beschlossen . Es hat bisher keine Impulse für die Förderung der Elektromobilität gesetzt . So gut wie keine Kommune hat Busspuren für Elektroautos freigegeben, Zufahrtsbeschränkungen gelockert oder kostenlose Parkplätze eingerichtet . Die neuen E-Kenn- zeichen sind ein Ladenhüter . Ein Scheitern mit Ansage: Es ist naiv, zu glauben, Kunden würden sich in Scharen für Elektroautos entscheiden, weil sie kostenfrei parken oder die Busspur nutzen können, während die Fahrzeuge deutlich teurer sind und Ladeinfrastruktur fehlt . Das Elektromobilitätsgesetz muss daher überarbeitet werden . Jetzt müssen die Rechtsgrundlagen für die Aus- rüstung von Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden mit Ladeinfrastruktur geschaffen werden . Frankreich macht es uns vor: Bei öffentlichen Einrichtungen gehört Ladeinfrastruktur zum Standard . Die ein Jahr diskutierte Kaufprämie für Elektroautos ist mittlerweile beschlossen . Doch anstatt die Prämie über ein Bonus-Malus-System bei der Kfz-Steuer zu fi- nanzieren und damit eine ökologische Lenkungswirkung zu schaffen, werden die Mittel aus dem Energie- und Kli- mafonds genommen . Diese Gelder werden nun für ande- re wichtige Klimaschutzprojekte fehlen . Um wesentlich stärkere Klimaschutzwirkungen zu erzielen, müsste stär- ker in andere Bereiche investiert werden . Elektromobilität bedeutet für die Bundesregierung le- diglich, dass Autos elektrisch fahren sollen . Das ist mehr als kurzsichtig . Die Förderung der Elektromobilität darf nicht zu reiner Industriepolitik verkommen . Sie ist eine Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 2016 17767 (A) (C) (B) (D) zentrale verkehrspolitische Herausforderung . Was wir brauchen, ist ein verkehrsträgerübergreifender Ansatz: Mit den 600 Millionen Euro Steuergeldern sollten wir besser Elektrobusse, E-Taxis und elektrische Nutz- fahrzeuge für die städtische Logistik fördern . Denn bei Elektromobilität geht es bei weitem nicht nur um den Austausch des Antriebs, sondern um die Veränderung bis- heriger Verkehrsstrukturen und um neue Mobilitätskon- zepte . Gerade in Ballungsräumen rückt die Vernetzung unterschiedlicher Verkehrsträger in den Vordergrund . Der Schienenverkehr fährt bereits heute weitgehend elektrisch . Viele Bahnstrecken, insbesondere im länd- lichen Raum, warten  jedoch noch  auf  ihre Elektrifizie- rung. Hier wäre ein Elektrifizierungsprogramm notwen- dig, was auch den Güterverkehr auf der Schiene fördern würde . Allein die Umstellung des gesamten Bahnstroms auf Ökostrom würde achtmal mehr CO2 einsparen als 400 000 Elektroautos, die über die Kaufprämie gefördert werden sollen . Widersprüchlich ist die uneinheitliche Definition von  Elektroautos bei der Bundesregierung und die damit ein- hergehende Förderung: Nach dem Elektromobilitätsge- setz zählen auch Leichtfahrzeuge der Klassen L3e, L4e, L5e und L7e als Elektroautos und erhalten ein E-Kenn- zeichen . Von der Förderung durch die Kaufprämie sind die aber ausgeschlossen . Von der Kfz-Steuerbefreiung profitieren lediglich reine Elektrofahrzeuge sowie – und  neu im vorliegenden Gesetzentwurf – Fahrzeuge, die von Verbrennungs- auf reinen Elektromotor umgerüstet wur- den . Die einkommensteuerlichen Maßnahmen beziehen sich wiederum sowohl auf Elektrofahrzeuge als auch auf Plug-in-Hybride . Wie sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher da noch durchsehen? Sie sind nicht stringent und schaffen einen Förderdschungel . Der Verkehr ist das Sorgenkind im Klimaschutz . Seine Treibhausgasemissionen liegen heute über denen im Ba- sisjahr 1990 . Wir müssen Elektromobilität daher endlich breit fördern und uns nicht nur auf das Auto fokussieren . Sonst sind die Klimaschutzziele nicht zu schaffen . Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister der Finanzen: Im Mai dieses Jahres hat die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket zur Förderung der Elektromobilität beschlossen . Teil des Paketes sind auch Steuervorteile für Elektrofahrzeuge . Eine richtige Entscheidung . Warum? Die im vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur steu- erlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenver- kehr enthaltenen Maßnahmen machen die Nutzung von umweltschonenden, klimafreundlichen Elektrofahrzeu- gen attraktiver, für Privatpersonen und für Unternehmen . Die Steuervorteile ergeben sich zum einen bei der Kraft- fahrzeugsteuer und zum anderen bei der Einkommen- steuer . Drei praktische Beispiele darf ich Ihnen vorab an die Hand geben: Erstens . Wer im Zeitraum vom 1 . Januar 2016 bis zum 31 . Dezember 2020 ein reines Elektroauto erstmals zu- lässt, ist zehn Jahre lang von der Kraftfahrzeugsteuer be- freit . Dies entspricht im Vergleich zum Status quo einer Verdoppelung des Befreiungszeitraumes . Zweitens . Wer sein privates Elektrofahrzeug im Be- trieb des Arbeitgebers aufladen darf, kann  sich darüber  freuen, dass dieser sogenannte „geldwerte Vorteil“ lohn- steuerfrei ist . Der Arbeitnehmer spart sich die Stromkos- ten sowie die darauf entfallende Einkommensteuer, und der Arbeitgeber braucht für das „Volltanken“ mit Strom keine Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen . So pro- fitieren beide Seiten.  Drittens . Übereignet der Arbeitgeber dem Arbeitneh- mer die Ladevorrichtung verbilligt oder gibt er ihm einen Kaufzuschuss, so ist eine Pauschalierung der Lohnsteuer mit nur 25 Prozent möglich . Sie sehen: So einfach kann Steuerrecht sein . Die mit diesem Gesetzentwurf verfolgten steuerlichen Maßnahmen sollen in erster Linie eine entsprechende Lenkungswirkung haben und der Verwirklichung der Ziele der Bundesregierung dienen: der Verbesserung der Luftreinhaltung und einer klimagerechten Zukunftspoli- tik . Mit dem Ziel vor Augen, bis 2020 den CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent zu senken, sind auch im Verkehrssektor Emissionsminderungen not- wendig . Die Steigerung des Anteils von Elektrofahrzeu- gen ist eine zentrale Maßnahme, um den Straßenverkehr umweltverträglicher zu machen und einen adäquaten Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen zu leisten . Um die Zahl der Neuzulassungen von Elektrofahrzeu- gen und den Umstieg auf klimafreundlichere Fahrzeuge deutlicher zu erhöhen, braucht es jedoch mehr Akzeptanz und Attraktivität für die Nutzer . Mit dem nunmehr vorliegenden Maßnahmenpaket zur Förderung der Elektromobilität stellt der Bund zu- sätzlich etwa 1 Milliarde Euro für die direkte Förderung des Erwerbs von E-Fahrzeugen – sogenannter Umwelt- bonus – sowie für die Verbesserung der Ladeinfrastruk- tur bereit . Und auch die öffentliche Hand selbst wird bei ihren eigenen Fuhrparks mit gutem Beispiel vorangehen . Der Anteil der durch die Bundesregierung in ihrem Ge- schäftsbereich zu beschaffenden Elektrofahrzeuge soll auf mindestens 20 Prozent erhöht werden . Ziel des Maß- nahmenpakets ist, neben der weiteren Förderung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten dem Markt- hochlauf für E-Fahrzeuge einen kräftigen Impuls zu ge- ben . Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren im Rahmen des Regierungsprogrammes Elektromobilität gut 1,5 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung bereitgestellt . Durch Forschungs- und Entwicklungsakti- vitäten, aber auch durch steuerliche Anreize soll Elektro- mobilität kostengünstiger und alltagstauglicher werden . Im Einzelnen sieht der Ihnen vorliegende Gesetzent- wurf folgende Maßnahmen vor . Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes: Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 179 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 23 . Juni 201617768 (A) (C) (B) (D) Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de Momentan gilt bei erstmaliger Zulassung reiner Elek- trofahrzeuge im Zeitraum vom 1 . Januar 2016 bis zum 31 . Dezember 2020 eine fünfjährige Steuerbefreiung ab der Erstzulassung . Diese Kraftfahrzeugsteuerbefreiung soll rückwirkend zum 1 . Januar 2016 in eine zehnjährige Befreiung verlängert werden . Die zehnjährige Steuerbefreiung für reine Elektro- fahrzeuge soll darüber hinaus auch für solche Fahrzeuge gelten, die technisch angemessen und verkehrsrechtlich genehmigt zu reinen Elektrofahrzeugen umgerüstet wor- den sind . Änderung des Einkommensteuergesetzes: Im Zeitraum vom 1 . Januar 2017 bis 31 . Dezember 2020 sollen vom Arbeitgeber an Arbeitnehmer gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines privaten Elek- trofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers steuerfrei sein; Gleiches soll für die zur pri- vaten Nutzung zeitweise überlassenen betrieblichen La- devorrichtungen gelten . Der Arbeitgeber soll zudem die Möglichkeit erhalten, geldwerte Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbil- ligten Übereignung der Ladevorrichtung und Zuschüsse pauschal mit 25 Prozent Lohnsteuer zu besteuern . Das Thema Elektromobilität liegt der Bundesregie- rung am Herzen . Maßnahmen zur Förderung der Elektro- mobilität sind Antwort auf die steigenden Anforderungen an Klimaschutz – CO2-Ausstoß – und Luftreinhaltung – Stickoxid, Rußpartikel etc . . Als Bindeglied zwischen der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen und dem Verkehrssektor ist die Elektromobilität ein wichtiger Baustein der Energiewende . Mithilfe der Elektromobilität können wir verkehrsbe- dingte lokale Emissionen verringern und zum Ausbau klimafreundlicher Verkehrssysteme beitragen . Durch in- novative Ideen und Technologien tragen wir zur Nach- haltigkeit und zum Klimaschutz bei . Deutschland braucht die Elektromobilität, und die Elektromobilität bringt Deutschland eine Verbesserung der Luftreinhaltung und eine klimagerechte Zukunftspo- litik . Lassen Sie uns mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gemeinsam einen weiteren Schritt nach vorne in Rich- tung einer klimagerechten Zukunft machen . Ich freue mich auf die Beratungen in den entsprechen- den Fachausschüssen . 179. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 5 Forschung und Innovation 2016 TOP 6, ZP 1 Klimaschutz ZP 2 u. 3 25 Jahre deutsch-polnischer Vertrag TOP 29, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 30 Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 5 Aktuelle Stunde zu ärztlichen Attesten in Abschiebeverfahren TOP 7 Neuregelung des Kulturgutschutzrechts TOP 9 Aktionsplan gegen Sexismus TOP 10 Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR) TOP 11 Unterstützung queerer Jugendlicher TOP 12 Bundeswehreinsatz im Libanon (UNIFIL) TOP 13, ZP 6 u. 7 Mietrecht TOP 8 Änderung des SGB II – Rechtsvereinfachung TOP 15 Mindestqualitätsvorgaben für Internetzugänge TOP 16 Digitalisierung der Energiewende TOP 17 Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft ZP 8 Weiterentwicklung des Strommarktes TOP 19 Netzneutralität TOP 18 Europäischer Binnenmarkt TOP 20 Änderung des Standortauswahlgesetzes TOP 21 Sozialer Basisschutz in Entwicklungsländern TOP 22 Anpassung patentrechtlicher Vorschriften TOP 23 Sicherheit von Offshore-Erdöl- und Erdgasaktivitäten TOP 27 Steuerliche Förderung von Elektromobilität Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Anette Kramme


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)



    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
    Kollegen! Bund und Länder haben einen Prozess hin-
    ter sich gebracht: Sie haben lange an einer Reform des
    Sozialgesetzbuches II gearbeitet, für die Jobcenter, für
    die Leistungsbezieher und Leistungsbezieherinnen und
    schließlich auch für die Sozialgerichte . Das vorliegen-
    de Gesetz bringt Fortschritte . Unnötige Bescheide fallen
    weg . Die Beratung und auch die Einbindung mithilfe von
    Integrationsvereinbarungen werden verbessert . Auszu-
    bildende können künftig Leistungen des Sozialgesetzbu-
    ches II erhalten . Durch Klärungen und Vereinfachungen
    im Verfahrensrecht schafft das Gesetz mehr Rechtssi-
    cherheit . Entsprechend dem Struck’schen Gesetz hat die
    Beratung hier im Parlament den Gesetzentwurf an der
    einen oder anderen Stelle noch besser gemacht .

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kol-
    legen und Kolleginnen, dass Auszubildende, wenn Aus-
    bildungsförderung und Ausbildungsvergütung nicht zum
    Leben reichen, in Zukunft unkompliziert ergänzend Ar-

    Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn






    (A) (C)



    (B) (D)


    beitslosengeld II beziehen können, ist ein echter Meilen-
    stein .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Zusätzlich haben wir eine Härtefallregelung aufgenom-
    men . Dadurch bekommen auch diejenigen eine Chance,
    die erst spät die Kurve kriegen . Auch sie können jenseits
    der Altersgrenze von 30 Jahren eine schulische Ausbil-
    dung machen, finanziert über einen Zuschuss. 

    So wichtig und richtig diese Regelung im Grundsatz
    ist, so will ich doch nicht verhehlen, dass sich das Bun-
    desministerium für Arbeit und Soziales hier auch eine
    andere Lösung hätte vorstellen können, nämlich über
    eine Anpassung der Altersgrenze im BAföG . Wir müssen
    über diesen Punkt sicherlich perspektivisch diskutieren .


    (Beifall bei der SPD)


    Entscheidend ist aber: Wir ermöglichen jungen und auch
    etwas älteren Menschen trotz schwieriger Umstände
    doch noch den Start ins Arbeitsleben .

    Beim Übergang in den Beruf, auch nach langer Ar-
    beitslosigkeit, ist es oft gut und sinnvoll, die Menschen
    noch eine Weile im Job nachgehend zu begleiten und
    zu betreuen . Das haben wir jetzt in diesem Gesetz ver-
    einbart . Wir haben damit eine Forderung umgesetzt, die
    sowohl aus den Reihen der Bundesagentur, aber auch im-
    mer wieder aus den Reihen der Wissenschaft vorgetragen
    worden ist .

    Wir haben im Zuge der Beratungen im Haus auch an
    einer anderen Stelle Klarheit geschaffen: Eine Verschär-
    fung der sogenannten Zwangsverrentung wollen wir
    nicht . Das ist im Gesetz nicht vorgesehen .


    (Beifall bei der SPD – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: War aber vorgesehen! – Gegenruf der Abg . Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/ CSU]: Die Dinge ändern sich!)


    Es gab zwischenzeitlich aufgeregte Debatten auch
    über das Thema „temporäre Bedarfsgemeinschaften“ .
    Wie immer, wenn die Wellen hochschlagen, ist auch
    hier einiges durcheinandergeraten . Ich kann Ihnen dazu
    klipp und klar sagen: Es ging uns zu keiner Zeit um eine
    Schlechterstellung der Betroffenen,


    (Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Bundesregierung hatte es beschlossen als Vorschlag, als Formulierungshilfe! – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Aber wir sind das Parlament! – Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Parlament nicht, das ist richtig!)


    weder in Bezug auf die aktuelle Rechtspraxis noch in Be-
    zug auf die geltende Rechtslage . Unsere Maßgabe war
    immer: Die besondere Situation von Alleinerziehenden
    und ihre Mehrbedarfe werden weiter berücksichtigt, und
    die Leistungen werden weiterhin an den überwiegend be-
    treuenden Elternteil ausgezahlt .


    (Beifall bei der SPD)


    Entzündet hat sich die Debatte an der Aufteilung der
    Leistung . Dies ist bereits geltendes Recht . Sie hätte sich
    durch die diskutierten Vorschläge, bei denen es nicht um
    eine Kürzung, sondern um ein Verfahren der Aufteilung
    der Leistung zwischen beiden Haushalten der Eltern
    ging, nicht verändert . Aber wir wollen ausschließen, dass
    es durch ein neues Verfahren zu einer Verschlechterung
    im Einzelfall kommt . Darum haben wir die Regelung aus
    dem Gesetzentwurf herausgenommen .

    Einen Punkt möchte ich abschließend noch nennen .
    Menschen, die schon lange ohne Arbeit sind, haben meist
    einen langen Weg vor sich, bis sie wieder im allgemei-
    nen Arbeitsmarkt Fuß fassen können . Es ist eines unserer
    zentralen Anliegen, sie auf diesem Weg zu begleiten, zu
    stabilisieren und zu unterstützen, und zwar durch inten-
    sive Beratung und Betreuung und auch durch das Ange-
    bot von Arbeitsgelegenheiten . Dabei sollen künftig auch
    die Kosten sozialpädagogischer Betreuung übernommen
    werden . In den Fällen, in denen 24 Monate nicht ausrei-
    chen, um die Menschen zu stabilisieren, soll es in Zu-
    kunft möglich sein, ein weiteres Jahr dranzuhängen .


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Volker Kauder [CDU/CSU])


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass
    es uns gelungen ist, diesen langwierigen Prozess nun
    zum Ende zu bringen . Sicher: Mehr geht immer . Und ich
    sage an dieser Stelle ganz klar: Das Thema Sanktionen ist
    für uns auch mit diesem Gesetz nicht erledigt .


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Kai Whittaker [CDU/CSU])


    Aber ich denke, wir haben etwas erreicht, das sich sehen
    lassen kann .

    In diesem Sinne: Herzlichen Dank .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank . – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt

Katja Kipping .


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Katja Kipping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau

    Kramme, was lange währt, wird eben doch nicht immer
    gut .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Stimmt! – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Deshalb haben Sie auch nur drei Minuten!)


    So ist es bei diesem Gesetzentwurf . Der Titel verspricht
    Rechtsvereinfachung; in der Praxis bedeutet der Inhalt
    des Gesetzes aber weniger Rechte für Erwerbslose, eine
    zweite Säule bei Sanktionen für Erwerbslose und Mehr-
    belastungen für die Mitarbeiter in den Jobcentern .


    (Iris Gleicke [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)


    Das muss man erst einmal hinbekommen: es den Leu-
    ten auf beiden Seiten des Tisches schwerer zu machen .

    Parl. Staatssekretärin Anette Kramme






    (A) (C)



    (B) (D)


    Deswegen sage ich ganz klar: Aus dieser Rechtsvereinfa-
    chung wird nichts Gutes; das ist einfach nur eine Rechts-
    verschärfung . Ich fordere Frau Nahles auf – sie ist leider
    nicht anwesend –: Tun Sie sich selbst, den Erwerbslosen,
    den Aufstockenden und den Beschäftigten einen Gefal-
    len, und ziehen Sie diesen Murks einfach zurück!


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn das Thema Sanktionen für Sie nicht erledigt ist,
    liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, können
    Sie heute zwei Änderungsanträgen zustimmen . Wir von
    der Linken fordern die komplette Abschaffung der Sank-
    tionen,


    (Beifall bei der LINKEN – Katja Mast [SPD]: Wir wollen kein bedingungsloses Grundeinkommen!)


    und die Grünen fordern, wenigstens die 100-Pro-
    zent-Sanktionen für unter 25-Jährige zurückzuziehen . Da
    können Sie doch zustimmen . Das wäre keine Revolution .
    Sie haben immer gesagt, Sie wollen hier etwas machen .
    Jetzt können Sie es tun . Stimmen Sie einfach den Ände-
    rungsanträgen zu .


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr . Martin Rosemann [SPD]: Werden Sie erst einmal regierungsfähig!)


    Aus Zeitgründen kann ich mich nur auf einen Kritik-
    punkt konzentrieren . Ich möchte über die Trennungs-
    kinder in Hartz-IV-Familien sprechen, auch bekannt als
    temporäre Bedarfsgemeinschaften . Natürlich hatte das
    Kabinett Verschlechterungen beschlossen .


    (Markus Paschke [SPD]: Das ist falsch!)


    Dass Sie nun gar nichts zu diesem Thema beschlie-
    ßen, löst kein einziges Problem für Trennungskinder in
    Hartz-IV-Familien . Fakt ist doch: Wenn die Eltern ge-
    trennt leben und das Kind mit beiden Umgang hat, dann
    fallen Mehrkosten an .


    (Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das ist Sand in die Augen der Leute streuen, was Sie da machen!)


    Manche Dinge müssen dann doppelt angeschafft werden .
    Es fallen zum Beispiel Fahrtkosten an . Sie werden doch
    nicht erwarten, dass das Kind sein Kinderbett unter dem
    Arm nimmt und den gesamten Hausrat in den Rucksack
    packt und damit den anderen Elternteil besucht .


    (Iris Gleicke [SPD]: Es geht gar nicht um Kinderbetten!)


    Das Mindeste, was wir brauchen, ist ein Umgangsmehr-
    bedarf . Der gehört jetzt her .


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Iris Gleicke [SPD]: Sie verunsichern die Leute! – Dr . Martin Rosemann [SPD]: Sie wissen gar nichts! Unglaublich!)


    Alle Familienverbände fordern einen Umgangsmehr-
    bedarf . Ein Umgangsmehrbedarf bei Trennungskindern

    in Hartz-IV-Familien löst nicht alle Probleme, könnte
    aber etwas Entlastung bringen in einer familiären Situati-
    on, die sowieso angespannt ist, die auch finanziell ange-
    spannt ist . Aber dieses kleine Glück von armen Kindern
    opfern Sie der schwarzen Null . Es ist beschämend, dass
    Sie nicht einmal diesen Umgangsmehrbedarf gegenüber
    Herrn Schäuble durchsetzen konnten .


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Die schwarze Null ist auch für diese Kinder!)


    Wie beschämend das ist, wird deutlich, wenn man
    das einer anderen Entscheidung aus dieser Woche ge-
    genüberstellt, der Entscheidung zur Erbschaftsteuer . Um
    es klar zu sagen: Bei Millionärserben hat Schwarz-Rot
    die Spendierhosen an, bei armen Trennungskindern im
    Hartz-IV-Bezug knausern Sie aber wie verrückt . Das ist
    die falsche Prioritätensetzung .


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich komme zum Schluss .


    (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


    Dieses Gesetzesvorhaben war geprägt durch die irrige
    Vorstellung, wenn man den Vollzug etwas reibungslo-
    ser macht, dann könne man sich Hartz IV aufhübschen .
    Durch kosmetische Korrekturen wird Hartz IV nicht schö-
    ner . Für uns steht einmal mehr fest: Das Hartz-IV-Sank-
    tionssystem gehört in Gänze abgeschafft und mindestens
    durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung und gute Ar-
    beit ersetzt .

    Vielen Dank .


    (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])