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    Plenarprotokoll 18/176 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 176. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 9. Juni 2016 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abge- ordneten Ulla Jelpke und Hans-Christian Ströbele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17299 A Begrüßung der neuen Abgeordneten Kathrin Rösel und Iris Ripsam . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17299 B Wahl des Abgeordneten Stefan Liebich als ordentliches Mitglied des Stiftungsrates der „Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Dikta- tur“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17299 B Wahl der Abgeordneten Katrin Albsteiger als Schriftführerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17299 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17299 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 8, 18, 27 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17300 B Absetzung des Zusatzpunktes 3 . . . . . . . . . . . 17304 A Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 17300 B Reaktionen auf die Armenien-Resolution . . . . 17300 C Begrüßung des Präsidenten des georgischen Parlaments, Herrn Dawit Usupaschwili . . . . 17323 D Tagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum besseren Informations- austausch bei der Bekämpfung des interna- tionalen Terrorismus Drucksache 18/8702 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17301 B Dr . Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17301 B Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17303 A Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 17304 B Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17306 B Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17308 A Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 17309 B Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17310 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17311 C Susanne Mittag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17312 D Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17314 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17316 A Dr . Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 17316 D Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17317 D Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 17319 C Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17319 D Tagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Frank Tempel, Dr . André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Demokratie für alle Drucksache 18/8419 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17320 A b) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Einführung der dreistufigen Volksgesetzgebung in das Grundgesetz) und zur Einführung eines Gesetzes über das Verfahren bei Volks­ Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016II initiativen, Volksbegehren und Volksent- scheid (Bundesabstimmungsgesetz) und zur Änderung weiterer Gesetze Drucksachen 18/825, 18/7972 . . . . . . . . . . 17320 B Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17320 B Dr . Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17322 A Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17323 D Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17325 A Oswin Veith (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 17327 A Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 17328 C Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . 17329 D Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 17330 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17331 D Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . 17332 B Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 17333 B Susann Rüthrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17334 D Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17336 A Tagesordnungspunkt 5: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 2016 Drucksache 18/8300 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17337 D b) Antrag der Abgeordneten Dr . Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Matthias W . Birk- wald, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Inklusive Bildung für alle – Ausbau inklusiver Bildung in der beruflichen Bildung umsetzen Drucksache 18/8421 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17338 A c) Antrag der Abgeordneten Beate Wal- ter-Rosenheimer, Kai Gehring, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Im Jahr 2016 die Berufsbildung fit für die Zukunft machen Drucksache 18/8259 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17338 A Dr . Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17338 B Dr . Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 17339 C Rainer Spiering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17341 A Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17342 C Dr . Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17344 B Dr . Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 17346 A Dr . Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17346 B Dr . Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17346 D Uda Heller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17347 C Martin Rabanus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17348 D Katrin Albsteiger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17349 D Tagesordnungspunkt 32: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Sechs- ten Gesetzes zur Änderung des Straßen- verkehrsgesetzes und anderer Gesetze Drucksache 18/8559 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17351 B b) Antrag der Abgeordneten Elisabeth Schar- fenberg, Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Versorgung durch Heilmittelerbringer stärken – Valide Datengrundlage zur Versorgung und Einkommenssituation von Heilmittelerbringern schaffen Drucksache 18/8399 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17351 B c) Antrag des Präsidenten des Bundesrech- nungshofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 2015: – Einzelplan 20 – Drucksache 18/8460 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17351 C Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Standortauswahlgesetzes Drucksache 18/8704 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17351 C b) Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr . Sahra Wagenknecht, Dr . Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sanktionsregelun- gen für Beförderungsunternehmen, ins- besondere Flug- und Schiffsunterneh- men, abschaffen Drucksache 18/8701 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17351 C Tagesordnungspunkt 33: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbe- treuung für Kinder und des Kinderbe- treuungsfinanzierungsgesetzes Drucksachen 18/8616, 18/8744 . . . . . . . . . 17351 D b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tieri- sche Nebenprodukte-Beseitigungsgeset- zes und zur Änderung des BVL­Gesetzes Drucksachen 18/8335, 18/8736 . . . . . . . . . 17352 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 III c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 17. Dezember 2015 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und Japan zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkom- men und bestimmter anderer Steuern sowie zur Verhinderung der Steuerver- kürzung und -umgehung Drucksachen 18/8516, 18/8726 . . . . . . . . . 17352 C d) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 24. September 2014 zwischen der Regierung der Bundesre- publik Deutschland und der Regierung der Republik Ruanda über den Luftver- kehr Drucksachen 18/8296, 18/8672 . . . . . . . . . 17352 D e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immuni- tät und Geschäftsordnung zu dem An- trag der Abgeordneten Martina Renner, Dr . André Hahn, Dr . Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele, Dr . Sahra Wa- genknecht, Dr . Dietmar Bartsch, Katrin Göring-Eckardt, Dr . Anton Hofreiter und weiterer Abgeordneter: Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersu- chungsausschusses – Hilfsweise: Einset- zung eines Untersuchungsausschusses Drucksachen 18/7565, 18/8683 . . . . . . . . . 17353 A f) Antrag der Abgeordneten Irene Mihalic, Dr . Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr öf- fentliche Sicherheit – Für eine bessere Begrenzung und Kontrolle von Schuss- waffen Drucksache 18/8710 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17353 B g)–l) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 321, 322, 323, 324, 325 und 326 zu Petitionen Drucksachen 18/8635, 18/8636, 18/8637, 18/8638, 18/8639, 18/8640 . . . . . . . . . . . . 17353 B Tagesordnungspunkt 20: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umweltstatis- tikgesetzes und des Hochbaustatistikgeset- zes Drucksachen 18/8341, 18/8734 . . . . . . . . . . . 17353 D Tagesordnungspunkt 21: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung über Luftquali- tätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV Drucksachen 18/8340, 18/8461 Nr . 2, 18/8667 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17354 A Tagesordnungspunkt 6: Wahlvorschläge der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wahl der Mitglieder des Kura- toriums der Stiftung „Erinnerung, Verant- wortung und Zukunft“ Drucksache 18/8709 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17354 B Tagesordnungspunkt 7: Bericht des Petitionsausschusses: Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag – Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2015 Drucksache 18/8370 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17354 B Kersten Steinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17354 C Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU) . . . . . . 17356 C Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17357 C Sarah Ryglewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17358 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17359 B Antje Lezius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 17360 C Birgit Wöllert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 17361 D Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . 17362 C Martina Stamm-Fibich (SPD) . . . . . . . . . . . . . 17363 A Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17364 A Iris Eberl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17364 D Heidtrud Henn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17366 A Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17366 D Stefan Schwartze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17368 B Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 17368 D Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17369 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016IV GRÜNEN: Reform der Wahl für die obers- ten Bundesgerichte Drucksache 18/7548 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17370 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17370 C Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17371 D Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17372 B Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17373 D Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17375 A Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17376 A Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17377 A Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17378 A Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Die Aufarbeitung der SED-Diktatur konsequent fortführen Drucksache 18/8705 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17379 A Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17379 B Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17381 B Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17382 B Dr . Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17383 D Tagesordnungspunkt 10: Wahl des Bundesbeauftragten für die Un- terlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Re- publik Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17384 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17388 A Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Ulla Jelpke, Martina Renner, Kersten Steinke und der Fraktion DIE LINKE: Umfassen- des Informations- und Transparenzgesetz schaffen Drucksache 18/7709 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17385 B Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 17385 C Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17386 C Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17388 B Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17389 C Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17390 C Saskia Esken (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17391 C Tagesordnungspunkt 12: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Invest- mentbesteuerung (Investmentsteuerre- formgesetz – InvStRefG) Drucksachen 18/8045, 18/8345, 18/8461 Nr . 1 .6, 18/8739 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17392 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/8741 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17392 D Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17392 D Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17394 D Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 17395 D Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17397 C Dr . h . c . Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . 17398 D Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17399 D Tagesordnungspunkt 13: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeordneten Claudia Roth (Augs- burg), Dr . Valerie Wilms, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nachhal- tige Entwicklungsziele in Deutschland konsequent umsetzen Drucksachen 18/7649, 18/8685 . . . . . . . . . 17400 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Wolf- gang Strengmann-Kuhn, Dr . Valerie Wilms, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig- keitsziel 1 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Armut in jeder Form und überall beenden Drucksachen 18/6045, 18/7600 . . . . . . . . . 17401 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Land- wirtschaft zu dem Antrag der Abgeord- neten Friedrich Ostendorff, Dr . Valerie Wilms, Nicole Maisch, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 2 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Den Hunger beenden, Ernährungssouverä- nität und eine bessere Ernährung er- reichen und eine nachhaltige Landwirt- schaft fördern Drucksachen 18/6046, 18/8680 . . . . . . . . . 17401 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 V d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein- Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 3 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Ge- sundes Leben für alle ermöglichen und fördern Drucksachen 18/6047, 18/8684 . . . . . . . . . 17401 B e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu dem An- trag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Be- ate Walter-Rosenheimer, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach- haltigkeitsziel 4 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern Drucksachen 18/6048, 18/8681 . . . . . . . . . 17401 B f) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Ulle Schauws, Katja Dörner, Dr . Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 5 in Deutsch- land schon jetzt umsetzen – Geschlech- tergerechtigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen erreichen Drucksachen 18/6049, 18/8644 . . . . . . . . . 17401 B g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald, Dr . Valerie Wilms, Britta Haßelmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 6 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirt- schaftung von Wasser und Sanitärver- sorgung für alle gewährleisten Drucksachen 18/6050, 18/7633 Buchsta- be a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17401 C h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Ju- lia Verlinden, Dr . Valerie Wilms, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 7 in Deutsch- land schon jetzt umsetzen – Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle sichern Drucksachen 18/6051, 18/7329 . . . . . . . . . 17401 C i) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie – zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr . Valerie Wilms, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhal- tigkeitsziel 8 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Dauerhaftes, inklu- sives und nachhaltiges Wirtschafts- wachstum, produktive Vollbeschäf- tigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Valerie Wilms, Kerstin Andreae, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhal- tigkeitsziel 9 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Eine belastbare In- frastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung för- dern und Innovationen unterstützen – zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr . Frithjof Schmidt, Dr . Valerie Wilms, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeits- ziel 10 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Ungleichheit innerhalb und zwischen Staaten verringern Drucksachen 18/6052, 18/6053, 18/6054, 18/8437 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17401 D j) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tübin- gen), Dr . Valerie Wilms, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach- haltigkeitsziel 11 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Städte und Siedlungs- flächen inklusiv, sicher, stabil und nach- haltig machen Drucksachen 18/6055, 18/6712 . . . . . . . . . 17402 A k) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr . Valerie Wilms, Luise Amtsberg, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 12 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Für nachhaltige Konsum- und Produktions- muster sorgen Drucksachen 18/6056, 18/6713 . . . . . . . . . 17402 A l) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Annalena Baerbock, Dr . Valerie Wilms, Bärbel Höhn, weiterer Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016VI Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig- keitsziel 13 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und sei- ner Auswirkungen ergreifen Drucksachen 18/6057, 18/8679 . . . . . . . . . 17402 B m) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr. Valerie Wilms, Peter Meiwald, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 14 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne einer nachhaltigen Entwick- lung erhalten und nachhaltig nutzen Drucksachen 18/6058, 18/6714 . . . . . . . . . 17402 B n) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr. Valerie Wilms, Harald Ebner, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 15 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Nachhaltige Nutzung terrestrischer Ökosysteme schützen, wiederherstellen und fördern, Wälder nachhaltig bewirt- schaften, die Wüstenbildung bekämp- fen, die Bodendegradation aufhalten und umkehren sowie den Verlust der biologischen Vielfalt stoppen Drucksachen 18/6059, 18/7633 Buchsta- be b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17402 C o) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucher- schutz zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Volker Beck (Köln), Dr . Vale- rie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 16 in Deutsch- land schon jetzt umsetzen – Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz er- möglichen und effektive, rechenschafts- pflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen Drucksachen 18/6060, 18/8743 . . . . . . . . . 17402 C p) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Anja Hajduk, Dr . Valerie Wilms, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeits- ziel 17 in Deutschland schon jetzt um- setzen – Globale Partnerschaft für nach- haltige Entwicklung jetzt wiederbeleben Drucksachen 18/6061, 18/7632 Buchsta- be b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17402 D Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) . . . . . . . . 17402 D Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 17403 C Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staats- sekretärin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17404 C Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17405 B Andreas Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17406 B Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 17407 C Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausüben- den Künstler auf angemessene Vergü- tung Drucksache 18/8625 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17410 C b) Antrag der Abgeordneten Tabea Rößner, Renate Künast, Dr . Konstantin von Notz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Urhebe- rinnen und Urheber stärken – Urheber- vertragsrecht reformieren Drucksache 18/7518 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17410 C Christian Lange, Parl . Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17410 D Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17411 C Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17412 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17413 C Christian Flisek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17414 C Dr . Stefan Heck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17415 D Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17417 A Tagesordnungspunkt 15: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, Jan Korte, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgeset- zes und zur Einführung eines allgemei- nen Wahlrechts für alle Einwohnerin- nen und Einwohner der Bundesrepublik Deutschland (Ausländerwahlrechtsge- setz) Drucksache 18/3169 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17418 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 VII b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Halina Wawzyniak, Frank Tempel, Ulla Jelpke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- wurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes Drucksache 18/6877 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17418 A c) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Katja Keul, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Arti- kel 28 Absatz 1 – Kommunales Auslän- derwahlrecht) Drucksache 18/2088 . . . . . . . . . . . . . . . . . 17418 A Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 17418 B Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17419 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17420 B Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17421 B Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17421 D Dr . Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 17422 D Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung soldatenbeteili- gungs- und personalvertretungsrechtlicher Vorschriften Drucksachen 18/8298, 18/8735 . . . . . . . . . . . 17424 A Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung zu dem Antrag der Abge- ordneten Kai Gehring, Harald Ebner, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bio- sicherheit bei Hochrisikoforschung in den Lebenswissenschaften stärken Drucksachen 18/6204, 18/8698 . . . . . . . . . . . 17424 B Stephan Albani (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17424 C Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17425 C René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17426 B Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17427 C Sybille Benning (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17428 C Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Achtung der Menschenrechte in Bu- rundi einfordern – Friedensdialog fördern Drucksache 18/8706 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17429 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Kordula Schulz-Asche, Omid Nouri- pour, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gewalt in Bu- rundi stoppen – Weitere massive Menschen- rechtsverletzungen verhindern Drucksachen 18/6883, 18/8738 . . . . . . . . . . . 17429 D Tagesordnungspunkt 19: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr . Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Britta Haßelmann und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Änderung der Geschäfts- ordnung des Deutschen Bundestages – hier: Ausschussöffentlichkeit Drucksachen 18/3045, 18/8299 . . . . . . . . . . . 17430 A Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Wildtierschutz weiter verbessern – Il- legalen Wildtierhandel bekämpfen Drucksache 18/8707 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17430 B Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- zes zur Änderung des Bundesmeldegesetzes und weiterer Vorschriften Drucksache 18/8620 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17430 B Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches Drucksache 18/8621 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17430 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016VIII Tagesordnungspunkt 26: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie zu der Verordnung der Bundesregierung: Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten Drucksachen 18/8560, 18/8660 Nr . 2 .1, 18/8737 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17430 D Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung berg-, umweltschadens- und wasserrechtlicher Vorschriften zur Umsetzung der Richt- linie 2013/30 EU über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten Drucksache 18/8703 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17431 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17431 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 17433 A Anlage 2 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl des Bun- desbeauftragten für die Unterlagen des Staats- sicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik teilgenommen ha- ben (Tagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . 17433 B Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung solda- tenbeteiligungs- und personalvertretungsrecht- licher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 16) . . . . . . . . . . . . . . . . 17436 A Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17436 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17437 A Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17437 D Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 17438 D Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17439 C Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Achtung der Menschenrechte in Burundi einfordern – Friedensdialog för- dern – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Ab- geordneten Tom Koenigs, Kordula Schulz- Asche, Omid Nouripour, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Gewalt in Burundi stop- pen – Weitere massive Menschenrechts- verletzungen verhindern (Tagesordnungspunkt 22 und Zusatztagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17440 C Dr . Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 17440 C Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 17441 C Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17443 C Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 17444 D Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17445 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immuni- tät und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Britta Haßelmann und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Änderung der Geschäftsord- nung des Deutschen Bundestages; hier: Aus- schussöffentlichkeit (Tagesordnungspunkt 19) . . . . . . . . . . . . . . . . 17446 C Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17446 C Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 17447 A Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17448 B Dr . Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 17449 B Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17450 A Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Wildtierschutz weiter verbessern – Ille- galen Wildtierhandel bekämpfen (Tagesordnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . 17450 C Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17450 C Dr . Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU) . . . . . . . 17451 C Christina Jantz-Herrmann (SPD) . . . . . . . . . . 17452 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 IX Birgit Menz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 17453 A Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17454 A Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staats- sekretärin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17454 D Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesmeldegesetzes und weiterer Vor- schriften (Tagesordnungspunkt 24) . . . . . . . . . . . . . . . . 17455 B Thorsten Hoffmann (Dortmund) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17455 B Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 17456 D Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 17457 C Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17458 C Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches (Tagesordnungspunkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . 17459 C Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 17459 C Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17460 D Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17461 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 17462 A Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 17462 D Christian Lange, Parl . Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17463 D Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu der Verordnung der Bundesregierung: Zweite Ver- ordnung zur Änderung der Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 17464 B Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17464 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17465 C Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 17466 C Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17467 A Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung berg-, umweltschadens- und wasserrechtlicher Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2013/30/EU über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten (Zusatztagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . 17468 A Dr . Herlind Gundelach (CDU/CSU) . . . . . . . . 17468 B Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17469 A Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 17469 D Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17470 C (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17299 176. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 9. Juni 2016 Beginn: 9 .00 Uhr
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    Vizepräsidentin Claudia Roth (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17433 Anlage 2 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik teilgenommen haben (Tages- ordnungspunkt 10) CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Artur Auernhammer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Sybille Benning Dr . André Berghegger Dr . Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr . Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr . Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr . Ralf Brauksiepe Dr . Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Iris Eberl Jutta Eckenbach Dr . Bernd Fabritius Hermann Färber Uwe Feiler Dr . Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Axel E . Fischer (Karlsru- he-Land) Dr . Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Thorsten Frei Dr . Astrid Freudenstein Dr . Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Hans-Joachim Fuchtel Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .06 .2016 Beckmeyer, Uwe SPD 09 .06 .2016 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 09 .06 .2016 Bülow, Marco SPD 09 .06 .2016 Felgentreu, Dr . Fritz SPD 09 .06 .2016 Ferner, Elke SPD 09 .06 .2016 Gröhe, Hermann CDU/CSU 09 .06 .2016 Lämmel, Andreas G . CDU/CSU 09 .06 .2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 09 .06 .2016 Leutert, Michael DIE LINKE 09 .06 .2016 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .06 .2016 Malecha-Nissen, Dr . Birgit SPD 09 .06 .2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Murmann, Dr . Philipp CDU/CSU 09 .06 .2016 Özoğuz, Aydan SPD 09 .06 .2016 Petzold, Ulrich CDU/CSU 09 .06 .2016 Rawert, Mechthild SPD 09 .06 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 09 .06 .2016 Scho-Antwerpes, Elfi SPD) 09 .06 .2016 Schulz-Asche, Kordula BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .06 .2016 Spahn, Jens CDU/CSU 09 .06 .2016 Strothmann, Lena CDU/CSU 09 .06 .2016 Tack, Kerstin SPD 09 .06 .2016 Veit, Rüdiger SPD 09 .06 .2016 Wicklein, Andrea SPD 09 .06 .2016 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 09 .06 .2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617434 (A) (C) (B) (D) Alexander Funk Ingo Gädechens Dr . Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Ursula Groden-Kranich Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr . Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr . Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr . Stefan Heck Dr . Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich (Chemnitz) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Michael Hennrich Ansgar Heveling Peter Hintze Christian Hirte Dr . Heribert Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann (Dortmund) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr . Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M . Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr . Franz Josef Jung Xaver Jung Dr . Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr . Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr . Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr . Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr . Roy Kühne Uwe Lagosky Dr . Karl A . Lamers Dr . Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Barbara Lanzinger Paul Lehrieder Dr . Philipp Lengsfeld Dr . Andreas Lenz Dr . Ursula von der Leyen Antje Lezius Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr . Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr . Claudia Lücking-Michel Dr . Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr . Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Reiner Meier Dr . Michael Meister Jan Metzler Maria Michalk Dr . h . c . Hans Michelbach Dr . Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Volker Mosblech Elisabeth Motschmann Dr . Gerd Müller Carsten Müller (Braunschweig) Stefan Müller (Erlangen) Dr . Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr . Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr . Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr . Martin Pätzold Dr . Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Dr . Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr . Heinz Riesenhuber Iris Ripsam Johannes Röring Kathrin Rösel Dr . Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Dr . Wolfgang Schäuble Andreas Scheuer Karl Schiewerling Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Gabriele Schmidt (Ühlingen) Ronja Schmitt Patrick Schnieder Dr . Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Dr . Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr . Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Carola Stauche Dr . Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Rita Stockhofe Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Stritzl Michael Stübgen Dr . Sabine Sütterlin-Waack Dr . Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr . Hans-Peter Uhl Dr . Volker Ullrich Arnold Vaatz Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Dr . Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Kai Wegner Albert Weiler Marcus Weinberg (Hamburg) Dr . Anja Weisgerber Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17435 (A) (C) (B) (D) Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Oliver Wittke Dagmar G . Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr . Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Klaus Barthel Dr . Matthias Bartke Sören Bartol Bärbel Bas Lothar Binding (Heidelberg) Burkhard Blienert Willi Brase Dr . Karl-Heinz Brunner Edelgard Bulmahn Martin Burkert Dr . Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr . Daniela De Ridder Dr . Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Petra Ernstberger Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr . Johannes Fechner Dr . Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Dr . Edgar Franke Ulrich Freese Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Ulrike Gottschalck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Wolfgang Gunkel Bettina Hagedorn Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Sebastian Hartmann Michael Hartmann (Wackernheim) Dirk Heidenblut Hubertus Heil (Peine) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Thomas Hitschler Dr . Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz-Herrmann Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Marina Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Dr . Hans-Ulrich Krüger Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr . Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Dr . Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr . Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Bettina Müller Michelle Müntefering Dr . Rolf Mützenich Andrea Nahles Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir (Duisburg) Markus Paschke Christian Petry Jeannine Pflugradt Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Dr . Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr . Sascha Raabe Dr . Simone Raatz Martin Rabanus Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr . Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Petra Rode-Bosse Dennis Rohde Dr . Martin Rosemann René Röspel Dr . Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Susann Rüthrich Bernd Rützel Sarah Ryglewski Johann Saathoff Annette Sawade Dr . Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer (Bochum) Dr . Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr . Dorothee Schlegel Ulla Schmidt (Aachen) Matthias Schmidt (Berlin) Dagmar Schmidt (Wetzlar) Carsten Schneider (Erfurt) Ursula Schulte Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr . Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Claudia Tausend Michael Thews Dr . Karin Thissen Franz Thönnes Carsten Träger Ute Vogt Dirk Vöpel Gabi Weber Bernd Westphal Dirk Wiese Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Gülistan Yüksel Stefan Zierke Dr . Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries DIE LINKE. Jan van Aken Dr . Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W . Birkwald Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr . Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Annette Groth Dr . André Hahn Heike Hänsel Dr . Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Jan Korte Jutta Krellmann Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617436 (A) (C) (B) (D) Stefan Liebich Dr . Gesine Lötzsch Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller (Potsdam) Dr . Alexander S . Neu Petra Pau Harald Petzold (Havelland) Richard Pitterle Martina Renner Dr . Petra Sitte Kersten Steinke Dr . Kirsten Tackmann Azize Tank Frank Tempel Dr . Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Birgit Wöllert Jörn Wunderlich Hubertus Zdebel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Dr . Franziska Brantner Agnieszka Brugger Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Dr . Thomas Gambke Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Britta Haßelmann Dr . Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Stephan Kühn (Dresden) Christian Kühn (Tübingen) Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Dr . Tobias Lindner Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Friedrich Ostendorff Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Corinna Rüffer Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Ulle Schauws Dr . Gerhard Schick Dr . Frithjof Schmidt Dr . Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr . Harald Terpe Markus Tressel Dr . Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Dr . Valerie Wilms Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung soldatenbeteiligungs- und personalvertretungs- rechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 16) Julia Obermeier (CDU/CSU): Wenn jemand seinem Arbeitgeber schwört, das Recht und die Freiheit des deut- schen Volkes tapfer zu verteidigen, muss das ein beson- derer Arbeitgeber sein . Dieser Arbeitgeber ist mit seinen circa 240 000 Mitarbeitern einer der größten in Deutsch- land . Dieser Arbeitgeber ist die Bundeswehr . In den vergangenen 60 Jahren hat die Bundeswehr eine bewegte Geschichte durchlebt . Sie hat sich von ei- ner Armee der ausschließlichen Landes- und Bündnis- verteidigung zu einer Armee der Einheit und weltweiten Einsätze gewandelt . Die Veränderungen haben unseren Soldatinnen und Soldaten insbesondere in den vergange- nen Jahren viel abverlangt . Hier sind vor allem die Aus- setzung der Wehrpflicht, die Strukturreform im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr und die steigende Zahl an Auslandseinsätzen zu nennen . Diese Veränderungsprozesse aktiv zu begleiten und sich an den Entwicklungen zu beteiligen, ist für die Sol- datinnen und Soldaten von herausragender Bedeutung . Denn Mitbestimmung, so weiß man aus zahlreichen Stu- dien, erhöht die Akzeptanz von Veränderungen . In Zeiten des Umbruchs sind Personalräte und Vertrau- enspersonen nicht nur wichtige Mittler, um neue Struk- turen durchzusetzen und Zustimmung für neue Aufgaben zu schaffen . Sie sind auch von großer Bedeutung, um sol- datische Beteiligung an Gestaltungs- und Entscheidungs- prozessen zu ermöglichen . Neben persönlichen Gesprä- chen mit Vorgesetzten, Anträgen und Meldungen sind sie hierfür zentrale Vermittler . Durch Mitbestimmung wird auch die Mitarbeitermotivation gesteigert und die Aufga- benerfüllung verbessert . Darüber hinaus wird die Zufrie- denheit erhöht . Daher möchte ich an dieser Stelle allen Soldatinnen und Soldaten danken, die sich als Vertrauenspersonen oder als Personalräte engagieren . Ihre Arbeit stärkt un- sere Bundeswehr . Heute stimmen wir über die Modernisierung des ge- setzlichen Rahmens der Soldatenbeteiligung ab . Es wer- den unter anderem drei wichtige Anpassungen vorge- nommen: Erstens wird das Soldatenbeteiligungsgesetz an die Neuausrichtung der Bundeswehr angepasst: In den neu- en Führungsebenen der Teilstreitkräfte und der militäri- schen Organisationsbereiche werden zukünftig Personal- räte eingerichtet . Zweitens wird die Soldatenbeteiligung in den Aus- landseinsätzen gestärkt . Und drittens werden die Aufgaben und Befugnisse der Vertrauenspersonen an den Zielen der Bundeswehr als moderner Freiwilligenarmee ausgerichtet . Hierzu wird ihre Stellung gestärkt und ihre Ausstattung verbessert . Darüber hinaus wird ihre Zuständigkeit erweitert: Bei- spielsweise haben sie mehr Mitbestimmungsrechte bei der Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst, der Gleichstellung und Gleichbehandlung von Soldatin- nen und Soldaten sowie der Gestaltung der Dienstunter- künfte . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17437 (A) (C) (B) (D) Die genannten Änderungen erhöhen – wir haben es in der ersten Lesung von der Ministerin gehört – die At- traktivität der Bundeswehr als flexibler, moderner und offener Arbeitgeber . Attraktivität heißt auch, Menschen ernst zu nehmen . Dies ist von großer Bedeutung . Denn es werden sich mehr gut qualifizierte und selbstbewusste junge Menschen für eine Karriere bei der Bundeswehr entscheiden, wenn sie wissen, ihre Stimme wird gehört, und sie dringen mit berechtigten Beschwerden oder auch innovativen Anregungen zu den Verantwortlichen durch . Die Modernisierung des Soldatenbeteiligungsgesetzes ist der richtige Schritt . Die Bundeswehr ist mehr als eine Armee, die auf klaren hierarchischen Befehlsstrukturen beruht . Sie ist eine Armee, in der Soldatinnen und Solda- ten an demokratischen Prozessen innerhalb der Bundes- wehr teilhaben und sie aktiv gestalten . Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zum Gesetzent- wurf – damit auch in Zukunft viele junge Männer und Frauen der Bundeswehr als Arbeitgeber schwören, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen . Henning Otte (CDU/CSU): Heute beschließen wir das Gesetz zur Änderung soldatenbeteiligungs- und per- sonalvertretungsrechtlicher Vorschriften . Das vielleicht herausragendste Merkmal, welches die Bundeswehr einzigartig macht, ist das Prinzip der Inneren Führung . Dadurch unterscheidet sich die Bundeswehr von vielen anderen Streitkräften auf der Welt . Vor allem aber un- terscheidet sie sich von undemokratischen Armeen der Vergangenheit . Ich habe mal mit einem ausländischen Soldaten ge- sprochen, der in den 80er-Jahren in einer Armee des War- schauer Paktes sozialisiert wurde und in den 90er-Jahren den deutschen Generalstablehrgang besucht hat . Er er- zählte mir, dass er sich anfänglich schwer tat mit den of- fenen Diskussionen, die in der Bundeswehr gepflegt wer- den . Aber im Laufe der Zeit habe er erkannt, dass seine Heimatarmee ihn zu einem unkritischen Befehlsempfän- ger erzogen habe und die Zeit bei der Bundeswehr ihm geholfen habe zu denken wie ein freier Bürger . Wahr- scheinlich gibt es kein schöneres Zeugnis, das man dem Prinzip der Inneren Führung ausstellen kann . Beteiligungsrechte der Soldaten, etwa durch die Wahl von Vertrauenspersonen und Soldatenvertretern, die wirksames Mitspracherecht bei der Gestaltung des Dienstes haben, das ist ein ganz wesentliches Kernele- ment der Inneren Führung . Hier werden demokratische Prozesse im Truppenalltag erfahrbar . Das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform ist manchmal abstrakt . In den Gremien der Vertrauenspersonen oder Personalvertretun- gen ist es ganz konkret . Die Bundeswehr ist eine Armee im stetigen Wandel . Es gilt, sich laufend auf die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen einzustellen . Gerade weil die einzelnen Elemente der Inneren Führung so eine große Bedeutung für die Identität und das Wesen der Bundeswehr haben, ist es wichtig, dass wir sie zeit- gemäß halten und damit wirksam halten . Mit den aktuellen Veränderungen im Soldatenbetei- ligungsgesetz haben wir genau das getan . Die bei den Kommandos der Teilstreitkräfte eingerichteten Vertrau- enspersonenausschüsse werden gesetzlich verankert . Die Position der Vertrauenspersonen wird deutlich gestärkt . Ihre Amtszeiten werden von zwei auf vier Jahre verlän- gert . Ihre Ausstattung wird verbessert, und wir schaffen zusätzliche Weiterbildungsmöglichkeiten . Beteiligungs- rechte werden fortentwickelt, insbesondere im Hinblick auf die Mitbestimmung bei der Festlegung der Arbeits- zeiten, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bei Maßnahmen der Berufsförderung sowie bei der Gestal- tung der dienstlichen Unterkünfte . Bei den Beratungen im Verteidigungsausschuss haben wir außerdem noch weitere Verbesserungen am Gesetz vorgenommen: Wenn geprüft wird, ob Ersatzansprüche gegen einen Soldaten geltend gemacht werden – etwa beim Verlust von Ausrüstung –, kann die Vertrauensper- son hinzugezogen werden, die ein Mitsprachrecht hat . Dieses Recht galt ab einer Schwelle von 500 Euro . Wir haben das auf 250 Euro abgesenkt . Gerade vor dem Hin- tergrund der Besoldung junger Dienstgrade scheint das fair . Bei der Frage, wie viele Personen in den Vertrauens- personenausschüssen bei den Kommandos der Teilstreit- kräfte und Organisationsbereichen sitzen können, haben wir die Anzahl im Falle des Heeres von elf auf 13 erhöht . Für die Luftwaffe sind es sieben, bei Marine und Zentra- lem Sanitätsdienst je fünf . Mit dieser Anpassung werden wir der personellen Stärke des Heeres besser gerecht . Diese Änderungen haben wir als CDU/CSU-Fraktion gemeinsam mit der SPD und den Grünen eingebracht . Dieses gemeinsame Vorgehen unterstreicht die breite po- litische Unterstützung dieses wichtigen Themas . Die Innere Führung ist das Prinzip, durch welches die Notwendigkeiten der militärischen Auftragserfül- lung und freiheitlich-demokratischen Grundordnung aneinander gebunden werden . In diesem Spannungsver- hältnis zu vermitteln, ist ein wesentliches Merkmal der Mitbestimmungsrechte der Soldaten . Mit der heutigen Verabschiedung des Soldatenbeteiligungsgesetzes legen wir eine wichtige Grundlage dafür, dass die Bundeswehr auch zukünftig eine demokratische, leistungsfähige und attraktive Armee ist . Vielen Dank für Ihre Zustimmung . Gabi Weber (SPD): Mit der Novellierung des SBG erfolgt eine Anpassung an die neu eingenommenen Strukturen infolge der Neuorganisation der Bundeswehr . Auch das veränderte, einsatzorientierte Aufgabenspekt- rum macht eine Anpassung nötig . Zudem ist sie ein Bei- trag zur Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber, indem stärkere Einflussmöglichkeiten der soldatischen Interessenvertretungen geschaffen wer- den . Insbesondere die Vertrauenspersonen erhalten eine kraftvollere Stellung durch eine Erweiterung der Betei- ligungstatbestände . So bestimmen Vertrauenspersonen erstmals bei der Festlegung der täglichen Arbeitszeiten und der Vertei- lung auf die Wochentage mit; vorher wurden sie ledig- lich angehört . Im Sinne einer familienfreundlicheren und attraktiveren Ausrichtung des Dienstes bestimmen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617438 (A) (C) (B) (D) sie außerdem bei Maßnahmen zur Förderung der Verein- barkeit von Familie und Dienst mit . Auch statt lediglich Vorschläge zur Berufsförderung zu machen, hat die Ver- trauensperson nun bei der Entscheidung darüber ein Mit- bestimmungsrecht . Daneben wird die Vertrauensperson zusätzlich angehört bei der Genehmigung von Telearbeit und – mit Vorschlagsrecht – der Gestaltung der dienstli- chen Unterkünfte . Diese Änderungen unterstützen wir, und ich danke den Beteiligten im Ministerium und in der Verwaltung für ihre insgesamt recht ausgewogene Arbeit bei der An- passung des Gesetzes an die veränderten Realitäten . Im Ausschuss haben wir uns den vorgelegten Entwurf nochmals angeschaut und an einigen Stellen Änderungs- bedarf erkannt . Mein Dank geht daher auch an die Kol- leginnen und Kollegen im Verteidigungsausschuss, die konstruktiv und kollegial für die Soldatinnen und Sol- daten wichtige Änderungen unterstützt und umgesetzt haben . Dazu gehört erstens die Absenkung der Summe bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ge- gen Soldaten, ab der die Vertrauensperson mitbestimmen darf, von 500 auf immerhin 250 Euro . Hier hätten wir uns eine weitere Absenkung gewünscht, da es vor der No- vellierung keine Untergrenze gab und die Vertrauensper- son noch grundsätzlich beteiligt wurde . Auch 250 Euro ist viel Geld, wenn Teile der Ausstattung unverschuldet abhandenkommen . Wenigstens eine Anhörung sollte hier stattfinden. Vielleicht lässt sich das ja im täglichen Dienst und Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen gewohnheitsrechtlich etablieren, um es dann später auch gesetzlich wieder einzuführen . Zweitens erhöhen wir die Zahl der Vertrauensper- sonen im Gesamtvertrauenspersonenausschuss für das Kommando Heer von elf auf 13 . Damit wird einerseits die Bewältigung der Fülle an Aufgaben erleichtert und andererseits eine repräsentativere Vertretung des Hee- res in diesem Gremium erreicht, ohne eine zu dominan- te Stellung gegenüber den anderen Teilstreitkräften zu schaffen . Diskutiert haben wir einen weiteren Vorschlag . Die Disziplinarvorgesetzten sollten zu regelmäßigen Fortbil- dungen über das SBG sowie Formen und Verfahren der Beteiligung von Soldatinnen und Soldaten verpflichtet werden . Das Ziel ist allerdings auch erreichbar, indem in alle Offizierslehrgänge eine entsprechende Lehreinheit aufgenommen wird . Entsprechend rufen wir die Ministe- rin auf, das Thema soldatische Beteiligungsrechte in die Offiziersausbildung aufzunehmen. Hinweisen möchte ich auf einen weiteren Punkt, den ich bereits in der ersten Lesung angesprochen habe und der leider weiterhin problematisch bleibt . Die Bundes- wehr ist nach den Artikeln 87a und 87b des Grundgeset- zes strikt in einen zivilen und einen militärischen Bereich getrennt . Diese Trennung ist gut und sinnvoll, denn sie sorgt dafür, dass das Militär nicht allein über seine ge- gebenenfalls kostspielige Ausstattung entscheiden kann, sondern der zivile Teil unserer Gesellschaft in die Ent- scheidungen einbezogen wird . Allerdings hat die Zahl der Soldatinnen und Soldaten, die zivile Dienstposten beispielsweise im für die Rüstung zuständigen Beschaf- fungsamt oder auch im Verteidigungsministerium ein- nehmen, deutlich zugenommen; teils übersteigt sie sogar die Zahl der zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in eigentlich zivilen Bereichen . Diese schleichende Entwicklung vorbei an unserer Verfassung ist nicht wünschenswert . Ihr sollte langfris- tig entgegengewirkt werden, indem sich das militärische Personal wieder auf seine Kernaufgabe konzentrieren kann, was sich im Rahmenplan zur Trendwende Personal sicher umsetzen lassen sollte . § 60 ermöglicht wie bisher schon Soldatinnen und Soldaten in Kommandos und Stäben mit Führungsaufga- ben und Aufgaben der militärischen Grundorganisation sowie Stäben und Dienststellen der Korps, keine Ver- trauenspersonen, sondern eigene Personalvertretungen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) zu wählen . Wenn das militärische Personal schon so um- fangreich ist, ist dies grundsätzlich zu begrüßen, um ein Nebenher von zwei Vertretungssystemen in ein und dem- selben Bereich zu vermeiden und dennoch alle Betroffe- nen angemessen zu beteiligen . Problematisch wird es in gemischten Dienststellen, wenn nach dem neuen Absatz 2 zivile und militärische Wahlberechtigte eine gemeinsame Vertretung wählen . Nach den Regeln des BPersVG erfolgt bei weniger als fünf Beschäftigten eine Zuordnung zur nächsten Dienststelle . Durch die militärischen Kolleginnen und Kollegen ergibt sich nun die Möglichkeit, dass in kleinen Dienststellen die Mindestzahl für einen eigenen Perso- nalrat erreicht wird . Im extremen Fall kann dadurch eine militärische Dominanz der zivilen Angestellten erfolgen, beispielsweise bei einem Verhältnis von einem zivilen zu vier militärischen Wahlberechtigten . So lassen sich die negativen Effekte langfristig nur verhindern, indem, wie gerade gefordert, die Zahl der Soldatinnen und Soldaten auf zivilen Dienstposten deut- lich reduziert und unserem Grundgesetz entsprechend gehandelt wird . Nichtsdestotrotz haben wir mit dem nun vorliegenden Text ein gutes Ergebnis erzielt, mit dem auch die betei- ligten Verbände leben können . Wo es Nachbesserungs- bedarf gibt, werden wir uns für laufende Verbesserungen einsetzen . Gemeinsam mit Vertrauenspersonen, Perso- nalräten, aber auch den Gleichstellungsbeauftragten set- zen wir uns für weitergehende Verbesserungen, stärkere und sinnvolle Beteiligung sowie den Abbau von Hinder- nissen und Diskriminierung ein . Die nächste Novellie- rung kommt bestimmt . Sollte es notwendig sein, werden wir darauf dringen, die bis dahin untergesetzlich verein- barten Maßnahmen und Verbesserungen dann gesetzlich zu verankern . Christine Buchholz (DIE LINKE): Die Änderun- gen der soldatenbeteiligungs- und personalvertretungs- rechtlichen Regelungen unterstützen wir im Grundsatz, denn als Linke ist uns auch die Interessenvertretung der Soldatinnen und Soldaten als Beschäftigte ein wichtiges Anliegen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17439 (A) (C) (B) (D) Die Linke sieht viele der neuen Regelungen positiv, so die gesetzliche Verankerung der Vertrauenspersonenaus- schüsse für die einzelnen militärischen Organisations- bereiche und der von Vertrauenspersonen anberaumten Versammlungen . Auch die Ausweitung der Mitbestim- mungsrechte der Vertrauenspersonen bei der Gestaltung des Dienstbetriebs in § 25 ist zu begrüßen, wie auch die bessere materielle Absicherung der Tätigkeit von Ver- trauenspersonen . In Bezug auf die Änderungen im Bundespersonal- vertretungsgesetz begrüßen wir, dass nun nach mehr als 50 Jahren die gewerkschaftliche Interessenvertretung in den Geheimdiensten erstmals im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wenn auch in § 86, Nr . 11 noch immer die Zulassung bestimmter Gewerkschaftsmitglieder un- ter dem Vorwand von Geheimhaltungsgesichtspunkten in das Belieben des Leiters des BND gestellt ist . Wir haben aber auch Kritik . Nach § 16 ist es möglich, dass Vertrauenspersonen aus „unvermeidbaren dienstli- chen Gründen“ gegen ihren Willen versetzt werden dür- fen . Das Ministerium sagt, die Hürden dafür seien hoch . Das reicht uns nicht . Des Weiteren zur Soldatenbeteiligung im Bereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG): Wir als Linke haben uns schon in der Debatte um das Bundes- wehrreformgesetz dagegen ausgesprochen, dass immer mehr Soldaten auf Dienststellen eingesetzt werden, auf denen eigentlich zivile Beschäftigte eingesetzt werden müssen . Die neuen Regelungen verstärken diese Ent- wicklung: Es soll jetzt möglich sein, dass bereits beim Vorhan- densein eines oder einer zivilen Beschäftigten in einer Dienststelle von dieser Person und bis zu vier Soldatin- nen und Soldaten ein Personalrat gewählt werden kann . Das kann zu einer Dominanz der Soldatinnen und Solda- ten in den Strukturen der Personalvertretung führen . Überdies bleibt die Frage wieder einmal ungeklärt, wa- rum nicht die Bestimmungen des Bundespersonalvertre- tungsgesetzes (BPersVG) auf die gesamte Bundeswehr im Grundbetrieb ausgedehnt werden . Der Schritt hin zur vollen Gleichberechtigung auch der Soldatenvertre- tungen in den beweglichen Einheiten ist nicht gegangen worden: Die Besonderheiten des militärischen Dienstes würden eine vollkommene Gleichstellung im Sinne des BPersVG nicht zulassen, wie uns im Ausschuss erklärt wurde . Aber worin diese Besonderheiten denn im Grund- betrieb liegen, wurde uns nicht erklärt . Die Begründung für das Gesetz ist durchsichtig . Die Mitbestimmung wird nicht als selbstverständliches Recht gesehen, sondern als Mittel zum Zweck, um die Bundes- wehr zu einem attraktiven Arbeitgeber zu machen . Die Bundeswehr als Arbeitgeberin hat weiterhin gro- ße Probleme mit der Akzeptanz unter den jungen Leuten . Und das mit Recht: Denn was passiert, wenn Ausland- seinsatzzwang und Soldatenbeteiligung aufeinanderpral- len, kann man u . a . in Kapitel 4 sehen, das alle Formen der Mitbestimmung explizit unter den Vorrang der Auftrags- erfüllung stellt . Damit wird der Willkür von Vorgesetzten im Auslandseinsatz Tür und Tor geöffnet . In § 57 werden die Mitbestimmungsrechte bei der Dienstplanung, die in § 25 neu gewährt wurden, gleich wieder kassiert . Aus diesen Gründen wird Die Linke dieser Novelle trotz der durchaus begrüßenswerten Aspekte nicht zu- stimmen . Ursprünglich hatten die Grünen einen Änderungsan- trag eingereicht, der vorsieht, Dienstvorgesetzte in Fra- gen der Soldatenvertretung zu schulen . Das war offen- sichtlich zu viel des Guten für das Ministerium und die Koalition . Diese Schulungen sollen jetzt untergesetzlich geregelt werden, wie die SPD im Ausschuss zusicherte . Wir hoffen sehr, dass sich die SPD an dieses Versprechen auch hält! Doris Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Verteidigungsausschuss bietet ja leider viel zu selten die Gelegenheit, die Politik der Bundesregierung zu verbes- sern . Denn bei den meisten „großen“ Themen, etwa bei Fragen der Rüstung oder der sicherheitspolitischen Stra- tegie, zeigt sich die Regierungskoalition immer wieder erstaunlich beratungsresistent . Umso erfreulicher sind deshalb jene Momente, in denen sich der Ausschuss mit weniger abstrakten Pro- blemen befasst – mit Problemen, die den Alltag der Sol- datinnen und Soldaten prägen . Dann kommt die Stunde der Sachpolitik . Ich glaube, man kann sagen: Im Falle des Soldatin- nen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes haben wir diese Stunde der Sachpolitik gut genutzt . Denn wir haben auf Initiative meiner Fraktion nicht in allen, aber doch in ent- scheidenden Punkten echte Verbesserungen für die Sol- datinnen und Soldaten erreicht . Erstens: Wir haben die Bagatellgrenze bei den Scha- densersatzforderungen gegen Soldatinnen und Soldaten erheblich abgesenkt . Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah vor, dass die Vertrauenspersonen erst dann in das Verfahren einbe- zogen werden müssen, wenn der Soldat oder die Solda- tin mindestens 500 Euro Schadensersatz leisten soll . Ich habe hier schon vor vier Wochen gesagt: Diese Grenze ist viel zu hoch . Denn dass Soldaten und Soldatinnen verlo- ren gegangene Ausrüstungsgegenstände ersetzen sollen, kommt durchaus häufiger vor. Zu Beginn ihrer Ausbildung erhalten die Rekrutinnen und Rekruten mehrere Dutzend Kleidungsstücke und technische Hilfsmittel ausgehändigt . Vieles davon – wie etwa der Tropenhut oder die Zeltbahn – kommt selten bis überhaupt nicht zum Einsatz . Kein Wunder, dass hier und da etwas verschwindet . Dann wird Schadensersatz fällig . Und dann ist es wichtig, dass die Soldatinnen und Soldaten in der Vertrauensperson einen Anwalt an ihrer Seite haben . Meine Fraktion hat deshalb vorgeschlagen, die Scha- densschwelle, ab der die Vertrauensperson einbezogen werden muss, auf 100 Euro abzusenken . 100 Euro sind für die Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten viel Geld . Leider wollten die Koalitionsfraktionen so weit nicht ge- hen . Aber ich bin froh, dass wir uns nun auf 250 Euro Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617440 (A) (C) (B) (D) verständigt haben . Denn damit zeigen wir: Wir lassen die Soldatinnen und Soldaten in kritischen Situationen nicht im Regen stehen . Ein zweiter Triumpf der Sachpolitik ist unser Kom- promiss zum Vertrauenspersonenausschuss beim Kom- mando Heer . Von bisher 17 auf nur elf Vertrauenspersonen wollte die Bundesregierung dieses Gremium verkleinern . Das erschien uns doch sehr radikal . Das Heer stellt mit knapp 60 000 Soldatinnen und Soldaten die größte Teilstreit- kraft . Dementsprechend hat der VPA beim Komman- do Heer ziemlich viel zu tun . Wir haben es gemeinsam geschafft, die Zahl der Mitglieder des Ausschusses auf künftig 13 zu erhöhen . Das ist nicht ganz so viel, wie meine Fraktion sich erhofft hatte . Aber damit sollte ge- währleistet sein, dass der VPA die Interessen der Solda- tinnen und Soldaten auch weiterhin vernünftig vertreten kann . Und darauf kommt es an . Eine wirksame Mitsprache und Mitgestaltung ist wichtig – nicht nur für die Zufriedenheit der Soldatinnen und Soldaten . Sie ist auch unverzichtbar, wenn Innere Führung mehr sein soll als nur ein Lippenbekenntnis . Leider haben insbesondere die Kolleginnen und Kol- legen aus der Union diesen Zusammenhang noch nicht völlig verinnerlicht . Sonst hätten wir das Gesetz sicher- lich noch in zwei weiteren Punkten verbessern können . Eine echte Erschwernis für die praktische Umsetzung der Soldatinnen- und Soldatenbeteiligung besteht näm- lich darin, dass viele Vorgesetzte nicht ausreichend über Umfang und Verfahren der Soldatinnen- und Soldatenbe- teiligung Bescheid wissen . Meine Fraktion hat deshalb vorgeschlagen, im Gesetz festzuschreiben, dass Diszipli- narvorgesetzte entsprechende Seminare und Schulungen zur Soldatenbeteiligung besuchen sollen . Leider hat die Union diesen Vorschlag abgelehnt – und so werden die Vertrauenspersonen an vielen Standorten wohl weiterhin für ihre Einbindung und ihre Rechte kämpfen müssen . Eine zweite Änderung, die wir sehr begrüßt hätten, betrifft die Wahl des Personalrats in gemischten Dienst- stellen: Das neue Gesetz sieht vor, dass in personalrats- fähigen Dienststellen, in denen weniger als fünf zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorhanden sind, künf- tig auch Soldatinnen und Soldaten zu den Wahlberechtig- ten hinzugezählt werden . Die zunehmende Vermischung von zivilen und militärischen Strukturen ist nicht zuletzt unter verfassungsrechtlichen Aspekten sehr fragwürdig . Und deshalb hätten wir gerne auf diese neue Regelung verzichtet . Ich hoffe sehr, dass wir in einem anderen Zusammen- hang einmal die Gelegenheit haben werden, uns grund- sätzlich über das Verhältnis von Streitkräften und Bun- deswehrverwaltung zu unterhalten, werte Kolleginnen und Kollegen aus der Union . Für heute gilt: Ich danke Ihnen für Ihre Bereitschaft, auf unsere Änderungsanträge einzugehen . Und ich bin si- cher, die Soldatinnen und Soldaten werden unsere Arbeit sehr zu schätzen wissen . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Achtung der Menschenrechte in Burundi einfordern – Friedensdialog fördern – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und huma- nitäre Hilfe zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Kordula Schulz-Asche, Omid Nouripour, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gewalt in Burundi stoppen – Weitere massive Men- schenrechtsverletzungen verhindern (Tagesordnungspunkt 22 und Zusatztagesord- nungspunkt 5) Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU): Burundi ist ein Staat mit einer unruhigen Vergangenheit . Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1962 gab es immer wieder Machtkämpfe und Konflikte, die oftmals auch bewaffnet ausgetragen wurden . Leidtragende war immer die Bevöl- kerung . Wir sprechen über ein Land, das in nahezu sämt- lichen Indizes am unteren Ende rangiert . Nach dem hart verhandelten Friedensvertrag von Arusha im Jahr 2000 kam Hoffnung auf eine bessere Zukunft auf . Die Menschenrechtslage verbesserte sich, wenn auch sehr langsam . Es bildeten sich Ansätze einer aktiven Zivilgesellschaft heraus und die Presse begann, freier und kritischer zu agieren . Mit der Ankündigung vom Frühjahr 2015, entgegen der Friedensvereinbarung von Arusha nun doch für eine dritte Amtszeit zu kandidieren, hat Burundis Präsident Pierre Nkurunziza die Fortschritte der letzten Jahre mit einem Schlag wieder zunichte gemacht . Und so befindet sich das Land seit nunmehr über ei- nem Jahr erneut in der Krise, und seine Bürger leiden unter immer wieder aufflammenden Gewaltwellen. In dieser Zeit ist Burundi – um doch noch einen Index zu zitieren – im Human Development Index von Platz 180 auf 184 abgerutscht, wohlgemerkt von 188 insgesamt . 260 000 Menschen sind bereits in die Nachbarländer ge- flüchtet. Die Situation ist also dramatisch, und das Ruder muss dringend herumgerissen werden . Was den Antrag der Grünen anbelangt, möchte ich davor warnen, die heutigen Ereignisse in Burundi mit Völkermord in einem Atemzug zu nennen . Völkermord ist ein klar definierter Tatbestand, der zum Glück aktuell nicht erfüllt ist . Das macht das dortige Geschehen keinen Deut besser . Aber der Sinn eines solchen Begriffes ist es ja gerade, schwerste Vergehen gegen die Menschlichkeit in ihrer Gesamtheit präzise einordnen zu können . Da ist es nicht hilfreich, alle begangenen Kollektivverbrechen reflexartig gleich in die Nähe des Völkermords zu rücken. Gleichwohl ist es absolut richtig und wichtig, wach- sam zu sein und die Augen offen zu halten . Nie wieder darf es zu Tragödien wie 1994 in Ruanda kommen, und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17441 (A) (C) (B) (D) auch in Burundi haben sich die Volksgruppen der Hutu und Tutsi in der Vergangenheit viel Gewalt angetan . Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der gegenwärtige Konflikt eben nicht entlang ethnischer Zugehörigkeiten geführt wird . Es handelt sich um politische Spannungen, und Mitglieder aller Ethnien streiten sowohl auf Seite der Regierung als auch auf Seite der Opposition . Diese Erkenntnis macht die Situation vor Ort nicht weniger kompliziert . Zwar laufen aktuell Friedensge- spräche, die auch dieses Mal im für Burundi schon sym- bolträchtigen Arusha stattfinden. Die Verhandlungen im Nachbarland Tansania verlaufen jedoch zäh . Die Regie- rung ist kaum zu Zugeständnissen bereit; das wichtigste Oppositionsbündnis bezeichnete die Gespräche als – Zi- tat – „Zeitverschwendung“ . Für die Lösung einer so diffizilen und zugleich gefähr- lichen Situation gibt es kein Patentrezept . Die internatio- nale Gemeinschaft hat mit intensiven diplomatischen Be- mühungen versucht, Druck auf die Regierung Burundis auszuüben . Darüber hinaus haben alle großen Geberlän- der ihre regierungsnahe Entwicklungszusammenarbeit ausgesetzt, so auch Deutschland und die EU . Zumindest nach außen hin gibt sich der burundische Präsident davon bislang unbeeindruckt, und in den Frie- densgesprächen behält er seine harte Linie bei . Ich bin allerdings der festen Überzeugung, dass Nkurunziza seine Haltung sehr schnell ändern würde, wenn die Afrikanische Union endlich an einem Strang ziehen und ihm ganz klar seine Grenzen aufzeigen wür- de . Die Afrikanische Union ist vor allen andern internati- onalen Organisationen gefragt, sich um eine nachhaltige Lösung des Konflikts in ihrem Mitgliedsland zu bemü- hen . Die Signale aus Addis Abeba sind jedoch seit Mo- naten zwiespältig . Es steht der Verdacht im Raum, dass manch verbliebener Potentat einen Präzedenzfall vermei- den möchte, der eines Tages auch auf ihn selbst zurück- fallen könnte . Es ist mir unbegreiflich, dass der AU-Ausschuss für Frieden und Sicherheit in der vergangenen Woche seinen Vorsitz an Burundi vergeben hat . Burundi leitet nun also das entscheidende Gremium der Afrikanischen Union, welches federführend mit der Lösung der Krise im eige- nen Land beauftragt ist . Das ist in der Tat ein deutliches Zeichen der Afrika- nischen Union an die Machthaber in Bujumbura – aber leider genau das falsche . Damit liegen die Hoffnungen nun wohl alleine auf den fragilen Friedensgesprächen in Arusha, die in den kom- menden Wochen fortgesetzt werden sollen . Deutschland kann diese Gespräche unterstützen, in- dem es den Druck auf die burundische Regierung auf- rechterhält und sich im Einklang mit der EU eindeutig gegenüber Präsident Nkurunziza positioniert . Darüber hinaus sollten wir zur Verbesserung der Men- schenrechtssituation auch weiterhin bevölkerungsnahe Hilfsprojekte fortführen und die in die Nachbarstaaten geflohenen Menschen unterstützen. Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU): In der eng- lischen Version des UNHCR Tracks von Mai 2016 kön- nen wir folgende Aussagen finden – ich zitiere frei –: Nicoles Reise durch die Hölle begann mit den tägli- chen Runden der brutalen Milizen der Regierungspartei, der Imbonerakure, von Tür zu Tür . Sie sah, was passierte, als ihr Vermieter 10 000 burundische Franc den Milizen nicht bezahlen konnte . Er wurde am Kopf aufgeschlitzt und in die Seiten sowie in den Bauch gestochen . Seiner Frau wurden die Brüste abgeschnitten, und sie wurde von den Genitalien bis zum Kopf aufgeschlitzt . Den Kindern wurden die Kehlen durchgeschnitten . Nicole wusste in diesem Moment, sie muss ihre drei Söhne einsammeln und weglaufen . Sie waren fast an der tansanischen Grenze, als eine Gruppe von Polizis- ten, Imbonerakure und lokalen Offizieren sie einfing. Ihre Befehle lauteten, jeden zu töten oder zu verprü- geln, der versuchte, die Grenze zu überwinden . Es gab sogar eine Frau, die ihr Baby auf dem Rücken trug, und sie schlugen sie, bis das Baby starb (indirekt zitiert nach: UNHCR Tracks, Mai 2016, http://tracks .unhcr . org/2016/05/ running-from-rape-in-burundi/) . Nicole wurde verprügelt und im Gefängnis von ei- nem Polizisten vergewaltigt . Danach wurde sie aus der Polizeistation rausgeworfen . Seitdem hat sie ihre Kinder nicht mehr gesehen . Nicole gehört zu den 265 000 burundischen Bürgern, die geflohen sind, seitdem Präsident Pierre Nkurunziza für eine dritte Amtszeit kandidierte . Der Ankündigung folgten Proteste, schärferes Durchgreifen von der Sicher- heitsbehörden und Milizengewalt . Das burundische Verfassungsgericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der Kandidatur von Pierre Nkurunziza, der als Präsident am 21 . Juli 2015 wiedergewählt wur- de . Seither setzen sich Gewalt und Menschenrechtsver- letzungen in unverminderter Intensität fort . Friedliche Demonstrationen wurden gewaltsam unterdrückt, bür- gerliche und politische Freiheiten massiv eingeschränkt . Im Dezember sollten die burundischen Sicherheitskräfte mindestens 87 Menschen getötet haben . Es sollte sich bei vielen dieser Tötungen wohl um willkürliche Hin- richtungen gehandelt haben . Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Zeid Ra’ad Al Hussein, alarmierte die internationale Gemeinschaft über die mutmaßliche Existenz von Massengräbern, von Fäl- len sexueller Gewalt, von willkürlichen Verhaftungen, verschwundenen Personen, Folter und Massenhinrich- tungen . Sowohl die Regierung als auch Teile der Opposi- tion setzen gezielt Gewalt ein, um ihre Interessen durch- zusetzen . Letzten Dezember verurteilte das Europäische Parla- ment in einer Entschließung „die Gewalttaten und Zu- nahme von Menschenrechtsverstößen und -verletzun- gen, einschließlich Ermordungen, außergerichtlicher Hinrichtungen, Verletzungen der körperlichen Unver- sehrtheit von Menschen, Folter und anderer grausamer, http://tracks.unhcr.org/2016/05/running-from-rape-in-burundi/ http://tracks.unhcr.org/2016/05/running-from-rape-in-burundi/ Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617442 (A) (C) (B) (D) unmenschlicher und/oder erniedrigender Behandlung, willkürlichen Festnahmen und rechtswidrigen Inhaftie- rungen, auch von Kindern, und die Besetzung von Schu- len durch das Militär und die Polizei sowie die Verletzun- gen der Presse- und Meinungsfreiheit und die bestehende Straflosigkeit“ und forderte „eine gründliche und unab- hängige Untersuchung der Tötungen und Verstöße sowie die strafrechtliche Verfolgung der Täter“ . In Burundi sind die Menschen nicht mehr frei . Ein Pfarrer aus dem Wahlkreis unseres Kollegen Uwe Schummer wies mich heute Morgen auf einen Beitrag der Deutschen Welle hin, wonach elf burundische Schüler festgenommen wurden, weil sie in ihren Schulbüchern Fotos von Präsident Pierre Nkurunziza bekritzelt haben . Jetzt drohen ihnen bis zu fünf Jahre Haft . Eine Präsenz der Vereinten Nationen, um die Sicher- heitslage zu überwachen und die Einhaltung der Men- schenrechte zu fördern, sollte möglichst schnell organi- siert werden . Am 1 . April 2016 votierte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig für die Resoluti- on 2279 (2016), die Optionen für die Entsendung einer Polizeimission der Vereinten Nationen darlegt . Wir fordern die Bundesregierung auf, ihre Bemühun- gen, gegenüber der burundischen Regierung auf Rechts- staatlichkeit sowie die Einhaltung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts zu drängen, fortzuset- zen . Vor Ort hat sich die deutsche Botschaft in Bujumbu- ra unter anderem bei zahlreichen Gelegenheiten für die Durchsetzung der Versammlungs- und Pressefreiheit ein- gesetzt . So wurden zum Beispiel der Menschenrechtsak- tivist Pierre Claver Mbonimpa sowie der Journalist Bob Rugurika nach ihrer jeweiligen Verhaftung mehrmals in der Haft besucht . Letzterer wurde dann im Februar 2015 freigelassen . Er war für die Berichterstattung über die Er- mordung dreier italienischer Nonnen im Zusammenhang mit der Ausbildung der Imbonerakure inhaftiert worden . Wir fordern die Bundesregierung auch auf, sich wei- terhin für einen innerburundischen inklusiven politischen Dialog einzusetzen . Nur ein inklusiver politischer Dialog unter internationaler Vermittlung, der das Abkommen von Arusha und die Verfassung Burundis achtet, wird zu einer Lösung der Krise führen . Die Menschen in Burundi zählen zu den ersten Op- fern dieser Krise . Mehr als 400 Menschen wurden schon getötet und Tausende verletzt . Über 260 000 Menschen, insbesondere junge Frauen und Kinder, sind in die Nachbarländer geflohen. Laut der Vereinten Nationen sind 4,6 Millionen Menschen – gesamte Bevölkerung: 10,8 Millionen – von Ernährungsunsicherheit betroffen . Es ist daher unabdingbar, den Zugang der Bevölke- rung zu grundlegenden Diensten sicherzustellen . Die burundische Zivilgesellschaft muss weiterhin humanitär versorgt werden . Wir fordern die Bundesregierung auf, bei der Unter- stützung der in die Nachbarländer Burundis geflohenen Menschen nicht nachzulassen und dabei Projekten, die Jugendliche im Hinblick auf ihre Bildung und Ausbil- dung fördern, besondere Beachtung zu schenken und sich für den ungehinderten Zugang internationaler und regionaler Hilfsorganisationen zu allen Flüchtlingslagern der Region einzusetzen . Im März 2016 hat die EU die direkte finanzielle Un- terstützung der burundischen Behörden im Rahmen des EU-AKP-Partnerschaftsabkommens (Cotonou-Abkom- men) zwar ausgesetzt, die finanzielle Unterstützung für die Bevölkerung und die humanitäre Hilfe wird aber in vollem Umfang aufrechterhalten . Deutschland gehört mit seinem 2016 geleisteten Bei- trag von 20 Millionen Euro zu den wichtigsten Gebern im Rahmen des Zentralen Nothilfe-Fonds der VN, der allein im Monat März 2016 zwei Millionen US-Dollar für bu- rundische Flüchtlinge in Tansania bereitstellte . Deutsch- land hat dem UNHCR im vergangenen Jahr 3,5 Milli- onen Euro aus den Mitteln der Humanitären Hilfe zur Verfügung gestellt und dem Welternährungsprogramm für die Flüchtlingslager in Tansania weitere 14 Millionen Euro aus der bilateralen finanziellen Zusammenarbeit. Die Teilsuspendierung der deutschen Entwicklungs- hilfe bezieht sich ausschließlich auf die bilaterale staatli- che Entwicklungszusammenarbeit des BMZ . Die Arbeit privater Träger und privates Engagement ist hiervon nicht berührt . Im Gegenteil: Es ist sehr wichtig, dass ins- besondere in diesen für Burundi sehr schwierigen Zeiten deutlich wird, dass die Menschen nicht vergessen werden und dass Deutschland und seine Bürger mit den Burun- diern solidarisch sind . In diesem Sinne ist anhaltendes privates Engagement ein starkes Zeichen internationaler Solidarität . Die Gefahr eines Bürgerkrieges mit potenzieller Eth- nisierung der Auseinandersetzungen und Destabilisie- rung der gesamten Region besteht weiterhin, zumal der elfjährige Bürgerkrieg, der mit dem Frieden von Arusha 2005 endete, noch keine Vergangenheit ist . In den letzten zehn Jahren sind rund 500 000 Burun- dier, die während der Flüchtlingswellen 1972 und 1993 in die Nachbarländer geflohen waren, zurückgekehrt. Die jüngsten unter ihnen lebten in dritter Generation im Ausland mit wenig Beziehung zu ihrem Heimatland . Die Kommission „Nationale des Terres et autres Biens“ (CNTB) wurde 2006 eingerichtet, um Landkonflikte, die im Zusammenhang mit der Rückkehr von Flüchtlingen nach dem Bürgerkrieg standen, zu regeln . Aber durch eine Gesetzesänderung Anfang 2014 wurde die Unab- hängigkeit dieser Kommission infrage gestellt, und es gab Berichte über Enteignungen und gewaltsames Vorge- hen . Letztlich geht es bei der Flüchtlings- und Landpro- blematik um politische Machtkämpfe zwischen aktueller und ehemaliger Regierungspartei . Sie bergen die Gefahr, dass ethnische Ressentiments in der Bevölkerung wieder aufflammen. Die meisten Familien Burundis sind von den Jahr- zehnten des Völkermordes gezeichnet, wie beispielswei- se Erzbischof Simom Ntamwana, einer der wichtigsten Köpfe der afrikanischen Kirche . 1972, als Tutsis Hutus jagten, starben mehr als 60 Menschen aus seiner Familie . Sein Leben hat er der Versöhnung gewidmet . „Nur Ver- söhnung, nicht Rache, hilft“, sagt er . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17443 (A) (C) (B) (D) Pater Maruhukiro aus Burundi, der vor ein paar Wo- chen hier zu Gast war, berichtete über eine bestehende Völkermordideologie . Die Instrumentalisierung der Ethnie berge die Gefahr einer ethnischen Eskalation . Er forderte außerdem unabhängige Untersuchungen des Massakers, das am 11 . und 12 . Dezember 2015 von den Polizeieinheiten und dem Geheimdienst in Bujumbu- ra begangen wurde . In einem Hilferuf der Überleben- den letzten Januar schrieb er: „Die Angehörigen der Verschwundenen – und wahrscheinlich Ermordeten – möchten wissen, wo ihre Kinder begraben werden . Es ist meines Erachtens nach eine Schande für die interna- tionale Gemeinschaft, dass solch eine Barbarei noch im Jahr 2015 vor unseren Augen passieren darf und quasi in Echtzeit über die sozialen Netzwerke begleitet werden kann . Und das, ohne dass die Täter zur Rechenschaft ge- zogen werden können?“ Ein wiederholter Völkermord muss um jeden Preis verhindert werden . Wir fordern die Bundesregierung auf, ihr Engagement für die Ausgestaltung des Konzeptes der Schutzverant- wortung auf internationaler Ebene aktiv fortzusetzen und dabei der Stärkung ihrer präventiven Säule weiterhin be- sondere Aufmerksamkeit zu widmen . Einen Beitrag leistet in diesem Zusammenhang der im Jahr 2012 geschaffene Focal Point für die Schutzverant- wortung (Responsibility to Protect) beim Auswärtigen Amt . Die Schutzverantwortung ist darüber hinaus fest in die Arbeit der VN und der EU integriert . Die Bundesre- gierung unterstützt das Büro des Sonderbeauftragten für die Schutzverantwortung finanziell und setzte sich auch für die nun erfolgte Benennung eines Focal Points der EU ein . Auch innerhalb der Entwicklungszusammen- arbeit werden konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Schutzverantwortung umgesetzt, insbesondere bei der Weiterentwicklung der afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur . Die zivile Krisenprävention ist zudem ein fester Bestandteil der Arbeit der Bundesregie- rung, die mit einem Ressortkreis die mit Krisenpräventi- on befassten Bundesministerien integriert und ein Forum für den Austausch über Verfahren zu Krisenprävention und Krisenfrüherkennung bietet . Ein paar wenige Worte möchte ich nur zum dritten Mandat von Präsident Nkurunziza sagen . Denn eine drit- te – von der Verfassung ursprünglich nicht vorgesehene – Amtszeit ist keine Seltenheit in Afrika . Viele Staats- und Regierungschefs missachten die mittlerweile weitgehend kodifizierten Amtszeitbeschränkungen nicht einfach, sondern wählen den Prozess einer Verfassungsreform über das Parlament, ein Referendum oder eine Ausle- gung zugunsten des Präsidenten . Laut Wissenschaftlern lassen sich demnach viele politische Regime in Subsaha- ra-Afrika als elektorale Autokratien charakterisieren . Amtszeitbeschränkungen sind deshalb bedeutsam, weil der wichtigste Mechanismus zur Durchsetzung von Regierungskontrolle – Wahlen – in vielen afrikanischen Staaten nicht funktioniert . Präsidenten, die sich zur Wie- derwahl stellen, gewinnen diese in 85 Prozent der Fälle auch . Die Begrenzung von Amtsperioden soll die Vortei- le der Amtsinhaberschaft korrigieren . Regierungswech- sel – und sei es nur innerhalb der regierenden Partei – haben positive Auswirkungen auf das politische System: Sie stärken dessen Legitimität, Stabilität und Leistungs- fähigkeit . Ist es so, dass Macht in Afrika oft etwas Zirkuläres hat? Dass angenommen wird, dass jemand, der es ganz nach oben geschafft hat, offenbar über eine besondere Kraft verfügt? Und Macht würde sich solcherart selbst legitimieren? Aber an niemandem geht Macht spurlos vorüber . Macht korrumpiert, und absolute Macht kor- rumpiert absolut . Kaum jemand ist davor gefeit . Nach ei- nigen Jahren absoluter Macht werden oft selbst integerste Menschen zu Tyrannen . Stürzt ein solcher Autokrat dann, bricht oft das Chaos aus, nicht weil der Despot unersetz- bar ist, sondern weil er alles politische und gesellschaft- liche Leben außerhalb seiner Herrlichkeit in Schutt und Asche gelegt hat . Ich schwärme oft von Afrika als unserem großen Bru- der oder unserer großen Schwester . Einem Afrika, von dem wir viel zu lernen haben . Einem Afrika, mit dem wir eine bessere Zukunft zusammen aufbauen können . Zu diesem Afrika gehört aber auch eine freie und starke Zivilgesellschaft . Gabi Weber (SPD): Als ich im Februar 2015 Burun- di im Rahmen einer Parlamentariergruppenreise das erste Mal besuchte, erlebte ich bereits ein Land, welches von innerer Unruhe und politischen Zerwürfnissen geprägt war . Die Auseinandersetzung über eine dritte Kandi- datur des Präsidenten Nkurunziza war bereits deutlich zu spüren . Was sich dann in den nächsten Monaten in diesem Land ereignete, machte und macht mich traurig . Es entwickelte sich eine politische Krise, in deren Fol- ge sich nicht nur die Wirtschaftslage und die Sicherheit Burundis, sondern insbesondere die Situation der Men- schenrechte zunehmend verschlechtert hat . Wir sehen ein Land, das in Gewalt und politischer Instabilität versinkt und scheinbar keinen Weg zu einer friedlichen Beilegung des Konfliktes findet. Und das, obwohl es bis vor nicht allzu langer Zeit noch als ein Beispiel für eine gelunge- ne Post-Konfliktstabilisierung nach dem Friedensvertrag von Arusha aus dem Jahr 2000 galt . Hier müssen wir uns selbstkritisch fragen, wo unsere Frühwarnsysteme nicht richtig funktioniert haben beziehungsweise wie Burundis Weg zu einer stabilen Demokratie nach dem verheeren- den Bürgerkrieg hätte besser begleitet werden müssen . Die politisch festgefahrene Situation in Burundi be- schäftigt uns hier in Deutschland, wie ich es seit einem Jahr erleben kann: politisch in Berlin, in Exilgruppen, im Bereich der Nichtregierungsorganisationen und auch sich für die Region engagierende Bürgerinnen und Bürger . An dieser Stelle möchte ich auch dem Auswärtigen Amt danken, das mit anderen EU-Partnern vor Ort und von Berlin aus beharrlich und mit diplomatischem Fein- gefühl an einer Verbesserung der Lage arbeitet . Herzli- chen Dank dafür . Ich bin dem Menschenrechtsausschuss aus diesem Grund sehr dankbar, dass er mit dem vorliegenden Ko- alitionsantrag „Achtung der Menschenrechte in Burundi einfordern – Friedensdialog fördern“ ein Zeichen setzt, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617444 (A) (C) (B) (D) dass wir im Deutschen Bundestag neben den medial be- herrschenden Großkrisen in der Welt auch die scheinbar kleinen Konfliktgebiete nicht vergessen. Das dürfen wir auch nicht. Burundi befindet sich in der politisch nicht wirklich stabilen Region der Großen Seen . Sollte der Konflikt in dem Land außer Kontrolle geraten, dann hat das gravierende Auswirkungen auf Nachbarländer wie den Kongo, Ruanda oder Tansania . Allein seit April 2015 haben über 260 000 Menschen in den Nachbarländern Zuflucht gesucht. Das ist für die diese Länder eine große Herausforderung . Was können wir von Deutschland aus tun? Ich gebe zu, auch mich befällt nach über einem Jahr oft eine gewisse Ratlosigkeit, wenn ich sehe, wie sich vor Ort scheinbar nichts zum Guten wendet. Aber dieser Konflikt ist ein komplizierter und bedarf zu seiner Lösung eines langen Atems . Wir haben es mit Verteilungskämpfen zwischen Bevölkerung und herrschender Elite zu tun, es geht also um soziale und politische Teilhabe . Ich möchte auch noch einmal betonen – es ist kein ethnischer Konflikt, bis jetzt, und das ist eine gute Nachricht . Unser Antrag fordert die Bundesregierung dazu auf, – gegenüber der burundischen Regierung weiterhin auf Rechtsstaatlichkeit sowie die Einhaltung der Menschenrechte und des humanitären Völker- rechts zu dringen, um die Sicherheit der burundi- schen Bevölkerung zu gewährleisten; – auf Einhaltung der internationalen Verpflichtun- gen im Rahmen des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte durch Burundi zu bestehen . Dazu gehört insbesondere die Ach- tung der Grundfreiheiten und die Freiheit der Mei- nungsäußerung sowie die Pressefreiheit; – sich weiterhin für einen innerburundischen und inklusiven politischen Dialog unter internationaler Vermittlung und unter Beachtung des Abkommens von Arusha und der Achtung der Verfassung Bu- rundis einzusetzen; – im Sinne der VN-Resolution 1325 dafür zu sorgen, dass spezielle Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt, insbesondere vor Vergewaltigung und anderen For- men des sexuellen Missbrauchs, ergriffen werden; – im Lichte dieser VN-Resolution sich dafür einzu- setzen, dass Frauen in Verhandlungen in Burundi einbezogen werden, denn sie sind einerseits oft be- sonders Leidtragende des Konflikts, verfügen aber andererseits auch über wertvolle Fähigkeiten und Einfluss, um in Konflikten zu vermitteln und zu tragfähigen Verhandlungslösungen zu gelangen; – sich auch nach der Aussetzung regierungsnaher Programme mit unserem entwicklungspolitischen Instrumentarium sowohl bilateral als auch im EU-Kontext für die weitere Unterstützung der Zi- vilgesellschaft durch bevölkerungsnahe und grund- bedürfnisbefriedigende Projekte einzusetzen; – die Eindämmung des Handels mit Konfliktrohstof- fen weiterhin zu unterstützen, um diese wesentli- che Finanzierungsquelle von bewaffneten Gruppen in der Region auszutrocknen . Hier unterstütze ich die von der Bundesregierung auf EU-Ebene vertre- tene Haltung für eine verantwortungsvolle und ver- pflichtende Zertifizierung bei der Beschaffung von Mineralien aus Konfliktgebieten. Das muss weiter vorangetrieben werden . Unser starkes Engagement für die Ausgestaltung des Konzeptes der Schutzverantwortung auf internationaler Ebene müssen wir aktiv fortsetzen und dabei der Stär- kung ihrer präventiven Säule weiterhin besondere Auf- merksamkeit widmen . Bei der Unterstützung der in die Nachbarländer Bu- rundis geflohenen Menschen ist nicht nachzulassen. Pro- jekten, die Jugendliche im Hinblick auf ihre Bildung und Ausbildung zugutekommen, ist besondere Beachtung zu schenken . Der ungehinderte Zugang internationaler und regionaler Hilfsorganisationen zu allen Flüchtlingslagern der Region ist enorm wichtig und muss gewährleistet werden. Nur so kann die Versorgung der Geflüchteten bedarfsgerecht verbessert werden . Außerdem ließen sich so Meldungen glaubhaft überprüfen, nach denen einige Flüchtlingslager als Anwerbeorte für und von Rebellen- bewegungen genutzt werden . Das darf nicht passieren, egal von welcher Seite . Ich bedauere sehr, dass es nicht zu einem fraktions- übergreifenden Antrag gekommen ist, hoffe aber, dass wir in der Ausschussberatung vielleicht doch noch zu- einanderfinden können. Lassen Sie uns gemeinsam ein starkes Signal nach Burundi senden, dass Deutschland sich weiterhin in der Region engagiert und dieses Land und seine Menschen nicht vergisst . In diesem Sinne hoffe ich auf eine zielführende Beratung des Antrages in den Ausschüssen . Inge Höger (DIE LINKE): Am letzten Freitag wur- den in Burundi elf Schülerinnen und Schüler verhaftet . Angeblich sollen sie in ihren Schulbüchern auf das Bild des Präsidenten Nkurunziza gekritzelt haben . Ihnen dro- hen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Gefäng- nis . Mehr als 300 weitere junge Menschen wurden aus ihren Schulen ausgeschlossen . Seit der Kandidatur von Nkurunziza für eine dritte Amtszeit vor einem Jahr ver- sinkt das Land immer mehr in politischen Unruhen und steht kurz vor einem Bürgerkrieg . 260 000 Menschen sind bereits außer Landes geflohen, und 25 000 sind Bin- nenvertriebene . Was in Burundi in den letzten Jahren passiert ist, ist leider typisch für die kurzsichtige Außenpolitik der EU und Deutschlands . Bereits im Laufe der zweiten Amts- zeit agierte Präsident Nkurunziza immer autoritärer und verabschiedete sich immer mehr von der Grundlagen des Friedens, die mit den Verträgen von Arusha im Jahr 2000 gelegt wurden . Auch die wichtigen internationalen Ko- operationspartner von Burundi haben nicht signalisiert, dass sie diese Basis für einen Frieden politisch ernst neh- men . Stattdessen haben sie die ökonomische, militärische und politische Kooperation intensiviert . Die Erhaltung von Demokratie und Frieden hatte für die Außenpoliti- ker in Berlin und Brüssel keine Priorität, solange die Ko- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17445 (A) (C) (B) (D) operation in anderen Bereichen stabil funktionierte . Erst nachdem im Vorfeld der Wahlen für die dritte Amtszeit klar wurde, wie stark der Widerstand in der Bevölkerung auf diesen Angriff auf die Demokratie Burundis ist und wie brutal der Protest niedergeschlagen wurde, nahmen westliche Staaten die Problematik überhaupt ernst . Seit Jahren schon arbeitet die Bundeswehr eng mit der burundischen Armee zusammen . Diese Strategie ist extrem kurzsichtig . Um burundische Soldaten für die Intervention in Somalia zu haben, werden diese gezielt unterstützt . Dabei ist doch klar, dass es keine Garantien gibt und auch nicht geben kann, dass diese Soldaten und deren Waffen nicht auch in Burundi gegen die eigene Be- völkerung zu Einsatz kommen können . Wir können auch nicht ignorieren, dass die burundi- sche Armee im Moment systematisch unterwandert wird . Die Mitglieder der Jugendliga der Regierungspartei wer- den offensichtlich gezielt angeworben, ausgebildet und dann in die Armee und die Polizei integriert . Diese Ju- gendliga wird von den Experten der UN als Jugendmiliz eingestuft . Dass die Kooperation mit der burundischen Armee dennoch weitergeht, ist ein echter Skandal . Die große Mehrheit der Bevölkerung in Burundi will eine politische Lösung für die akuten politischen Proble- me . Sie haben sich trotz zahlreicher Versuche, vor allem vonseiten der Regierung, den Hass zwischen den Ethnien zu schüren, bisher nicht aufwiegeln lassen . Dennoch lie- gen die Nerven blank, deswegen ist internationale Hilfe beim Suchen nach einer diplomatischen Lösung drin- gend nötig . Die Afrikanische Union und die Ostafrikanische Ge- meinschaft (EAC) bemühen sich bereits um eine inten- sive Pendeldiplomatie . Das braucht politische Anstren- gung und personelle Kontinuität . Durch die Ernennung von Sondervertretern der UN, der Europäischen Union und Deutschlands kann der Friedensprozess substanzi- ell unterstützt werden . Hilfreich ist auch die Entsendung und Finanzierung von mehr Menschenrechtsbeobach- tern, als dies bisher der Fall ist . Alles, was der Vertrau- ensbildung dient, muss unterstützt werden . Dazu gehört auch, dass Friedensgespräche ohne die Opposition wenig Sinn machen . Es ist sonderbar, von einer „Verantwortung zum Schutz“ zu reden, wie es in den Anträgen von Grünen und der Regierungsfraktionen der Fall ist, aber gleichzei- tig nicht in ausreichendem Maße Mittel zur Verfügung zu stellen, um in den Flüchtlingslagern rund um Burundi die Menschen mit dem Lebensnotwendigen versorgen zu können . Dazu gehört übrigens auch eine Investition in Bildungsangebote in diesen Lagern . Dort ist jeweils über die Hälfte der Bewohner unter 18 Jahre alt . Wenn diese keine Bildung bekommen, dann nimmt man ihnen die Zukunft . So entstehen neue humanitäre Katstrophen und noch mehr Nährboden für Bürgerkriege . Das Welter- nährungsprogramm braucht allein für die nächsten sechs Monate 57 Millionen Dollar in den Flüchtlingslagern . Die im Regierungsantrag genannten Summen reichen für diese Aufgabe bei weitem nicht aus . Zudem sind infolge der politischen Krise fast 600 000 Menschen in Burundi auf Nahrungsmittel angewiesen, und die Ernährungssi- cherheit etwa der Hälfte der Bevölkerung ist gefährdet . Anstatt die „Verantwortung zum Schutz“ als ein Ein- fallstor für militärische Interventionen auszubauen, die dann häufig die Grundlagen für weitere Bürgerkriege le- gen, müssen wir ganz konkret dafür sorgen, dass politi- sche Lösungen ernsthaft verfolgt und humanitäre Krisen umfassend beantwortet werden . Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Situation in Burundi hat sich seit unserem Antrag zur Menschenrechtslage in diesem Land, den wir im De- zember 2015 in den Bundestag eingebracht haben, nicht verbessert . Nach wie vor verschwinden Oppositionelle und Menschenrechtsverteidiger, werden Menschen will- kürlich verhaftet, gefoltert und ermordet . Die Vereinten Nationen berichten von knapp 500 Toten im vergangenen Jahr; neuere Daten legen nahe, dass bis zu 1 500 Men- schen im Konflikt zwischen Regierung und Regimegeg- nern zwischen April 2015 und April 2016 umgekommen sein könnten, davon 690 Zivilisten . Die privaten Radio- stationen Burundis bleiben geschlossen, viele der noch lebenden burundischen Journalisten, Oppositionellen und Mitglieder der Zivilgesellschaft sind im Exil . Die Angst geht um in der Bevölkerung, Burundi entwickelt sich mehr und mehr zur Diktatur . Versuche der Vereinten Nationen, eine Polizeimissi- on nach Burundi zu bringen, um Zivilisten zu schützen und zumindest die Sicherheitslage zu verbessern, haben noch keine Ergebnisse gebracht . Sie scheitern am Wider- stand der Regierung, die schon seit Jahren daran arbeitet, den Grad ausländischer Einmischung auf ein Minimum zu reduzieren . Sie scheitern aber auch am mangelnden Engagement der Mitgliedstaaten, die einer solchen Mis- sion schon vor ihrer Entsendung den Wind aus den Se- geln nehmen, indem sie nicht das notwendige Personal bereitstellen . Die Afrikanische Union hat von Plänen, eine Friedenstruppe zu schicken, wieder Abstand genom- men, zu groß war das Tabu, gegen den Willen eines Mit- gliedstaates zu intervenieren . Die meisten ausländischen Botschaften und Organisationen haben ihr Personal aus Burundi abgezogen, Entwicklungsgelder wurden einge- froren, Sanktionen verhängt . So befindet sich das Land in einem unheimlichen Stillstand . Die Isolation wächst, Ratlosigkeit scheint sich breitzumachen . Dabei hat sich die internationale Ge- meinschaft Jahrzehnte in Burundi engagiert . Mit Hilfe seiner Nachbarn, der Afrikanischen Union, der Verein- ten Nationen und der EU war es Burundi gelungen, aus dem Zyklus der Gewalt auszusteigen und in Arusha im Jahr 2000 ein inklusives, fortschrittliches Friedensab- kommen zu verhandeln . Auf dem steinigen Weg der Um- setzung wurde es von eben diesen internationalen und re- gionalen Partnern begleitet . Wie konnte dieser Erfolg der Friedenssicherung so schnell zum Misserfolg werden? Diese Frage muss sich auch die Bundesregierung stellen . Die aktuellen Entwicklungen in Burundi zeigen, dass das Friedensabkommen, das zugleich die Grundlage der burundischen Verfassung ist, nie wirklich bei der burundischen Regierung angekommen ist . Immer wie- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617446 (A) (C) (B) (D) der wurden wesentliche Vorgaben nicht umgesetzt, wie zum Beispiel bei der Berufung der Wahrheits- und Ver- söhnungskommission, oder eben den Regeln zur dritten Amtszeit des Präsidenten . Die internationale Gemein- schaft hat die Risse, die sich zeigten, immer wieder igno- riert . Menschenrechtsverletzungen wurden nur leise an- gesprochen, Korruption wurde toleriert . Vor allem nach den Wahlen von 2010, die die Opposition boykottierte, wurde das Land mit der heraufziehenden politischen Kri- se fast allein gelassen . Auch die Bundesregierung hätte sich früher und in aller Öffentlichkeit zur Frage des dritten Mandats positi- onieren können . Man hätte dem Präsidenten gleich nach der letzten Wahl 2010 deutlich machen können, dass die internationale Gemeinschaft ein drittes Mandat nicht mit- trägt . Man hätte die mutigen Menschenrechtsverteidige- rinnen und -verteidiger vor Ort und die Menschenrechts- arbeit der Vereinten Nationen tatkräftiger und vor allem öffentlicher unterstützen können . Man hätte die Men- schenrechtsverletzungen, die schon 2010, 2011, 2012 ge- schahen, anprangern und die burundische Regierung auf die Menschenrechte verpflichten können. Stattdessen hat man gehofft, dass sich die Sache schon irgendwie lösen würde, man hat weiter Entwicklungshilfe gezahlt – die ja auch dringend benötigt wurde –, und man hat sich mit wenig bis gar keiner Rhetorik zufrieden gegeben . Diese Zurückhaltung spiegelt sich auch im Antrag der Koalitionsfraktionen, der uns heute vorliegt . Die For- derungen sind richtig, aber vage, vor allem da, wo die Bundesregierung selbst aktiv werden müsste . Gerade jetzt, wo die Bundesregierung den Aktionsplan Zivile Krisenprävention überarbeiten möchte, muss man aber aus der Situation in Burundi lernen . Unsere Forderungen vom Dezember bleiben daher aktuell . Umso unverständ- licher ist es, dass die Koalition sich einer gemeinsamen Resolution zu Burundi, die in den vergangenen Monaten diskutiert wurde, verweigert und unseren Antrag gestern im Menschenrechtsausschuss abgelehnt hat . Wir wollen, dass die Bundesregierung die Schutz- verantwortung ernst nimmt . Die Amerikaner haben mit ihrem Atrocity Prevention Board eine Struktur geschaf- fen, die die Frühwarnung erleichtert und dafür sorgt, dass Konfliktherde innerhalb der Administration frühzeitig wahr- und ernstgenommen werden, sodass andere Res- sorts darauf entsprechend reagieren und wirksam handeln können . So etwas brauchen wir auch für Deutschland . Wenn Sie heute mit Burundern sprechen, werden sie Ihnen sagen, dass sie von der internationalen Gemein- schaft enttäuscht sind . Sie fühlen sich im Stich gelassen vom Rest der Welt, zu Recht . Der Einsatz für die Men- schenrechte ist in diesem Fall keine ungewollte Einmi- schung von außen, es ist eine Hilfe für diejenigen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um die Menschenrechte zu verteidigen . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Im- munität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte und der Frak- tion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Britta Haßelmann und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages; hier: Ausschussöffentlich- keit (Tagesordnungspunkt 19) Bernhard Kaster (CDU/CSU): Ja, es ist richtig: Transparenz, Öffentlichkeit, Nachvollziehbarkeit politi- scher Entscheidungen sind wichtig und richtig, gerade in der parlamentarischen Demokratie . Der Deutsche Bundestag, so steht es im Grundgesetz, tagt öffentlich . Jedes Gesetz, jeder Antrag wird in öffent- licher Sitzung in erster, zweiter und gegebenenfalls drit- ter Lesung debattiert . Alle Anhörungen werden öffentlich durchgeführt, alle Anträge und Ausschussberichte sind öffentlich für jedermann und jederzeit abrufbar . Die Liste lässt sich beliebig verlängern . Die Beratungsergebnisse nichtöffentlicher Ausschusssitzungen sind ebenfalls öf- fentlich . Jeder Ausschuss kann nach unserer Geschäfts- ordnung beschließen, ob er öffentlich tagt . Über was streiten wir hier überhaupt? Transparenz ist leider zum Kampfbegriff geworden . Totale Transparenz soll ein Maximum an Demokratie verheißen . Unser Grundgesetz verlangt zu Recht keine totale Transparenz der Meinungs- und Willensbildung der Abgeordneten . Es verlangt zu Recht ausdrücklich nicht, dass alle parlamentarischen Gespräche oder alle Gremiensitzungen öffentlich zu machen sind . Nichtöffentliche Ausschusssitzungen – und das darf nicht verwechselt werden – sind keine geheimen Aus- schusssitzungen, oder wie Sie es im Antrag benennen: Da findet etwas im Verborgenen statt. Das freie Mandat braucht schlichtweg auch geschützte Denk- und Kommu- nikationsbereiche . Und deshalb sieht unsere Geschäfts- ordnung die nichtöffentliche Beratung als Regelfall einer Ausschusssitzung vor . Wie oft habe ich hier schon den Satz von Peter Struck gehört: „Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es hineingegangen ist .“ Da klingt zu Recht immer ein wenig Stolz mit, da wir uns von unserem Selbstverständnis als Arbeitsparlament verstehen . Ich will es gerne an einem Beispiel deutlich machen: Demnächst debattieren wir im Deutschen Bundes- tag und dann auch in den Ausschüssen über ein neues Bundesteilhabegesetz . Schon der Gesetzentwurf, der jetzt veröffentlicht ist, bringt es mit sich, dass sowohl von zahlreichen Behindertenverbänden, aber auch den kommunalen Spitzenverbänden viele Meinungen und Stellungnahmen eingehen, die sehr unterschiedlich, ja gegensätzlich sind . Und da hat es sich eben bewährt – und das hat dem Parlament bisher gut getan – dass dann nach einer wiederum öffentlichen Anhörung im Aus- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17447 (A) (C) (B) (D) schuss ohne öffentlichen Druck verschiedenster Seiten diskutiert und beraten werden kann, wobei die Interessen in Ruhe und ohne Schaufensterreden gegeneinander ab- gewogen werden . Es muss möglich bleiben, dass auch bei hochemotio- nalen, strittigen politischen Themen nicht nur wohl abge- wogene, vorgefertigte Reden gehalten werden, sondern wie bisher mit spontanen Diskussionsbeiträgen Kompro- misslösungen angestrebt oder Änderungsanträge spontan gestellt oder auch zurückgezogen werden . Ihr Antrag suggeriert, wie ich finde, in fataler Weise, dass jeder Form vertraulicher Beratung ein Generalver- dacht der Unrechtmäßigkeit beiwohnt . Der repräsentati- ven Demokratie wohnt auch der Gedanke inne, dass Ab- geordnete personale Verantwortung übernehmen . Ihr Antrag, davon bin ich voll überzeugt, wird letzt- lich zu einer Schwächung des einzelnen Abgeordneten führen . Denn, da seien Sie doch ehrlich, es werden dann zumindest mehr Diskussionsprozesse in die Fraktionen verlagert . Der gute Charakter unserer Ausschusssitzungen, der Arbeitscharakter, hat sich über Jahre bewährt . Jeder Aus- schuss ist frei in seiner Entscheidung, auch öffentliche Sitzungen durchzuführen . Es besteht kein Anlass, diese bewährte Regel in der Geschäftsordnung zu ändern und dann letztlich nichtöffentliche Beratungen in andere Gre- mien zu verlagern . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU): Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hat sich mit dem Antrag der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen befasst . Dazu führte der Ausschuss auch eine Anhörung von Sachverständigen durch . Im Kern des Antrages geht es um den § 69 der Ge- schäftsordnung des Deutschen Bundestages . In Absatz 1 Satz 1 und 2 des Paragrafen wird festgelegt, dass die „Beratungen der Ausschüsse … grundsätzlich nicht öf- fentlich (sind) . Der Ausschuss kann beschließen, für ei- nen bestimmten Verhandlungsgegenstand oder Teile des- selben die Öffentlichkeit zuzulassen .“ Es gilt folglich für Ausschusssitzungen der Grund- satz der Nichtöffentlichkeit, in Ausnahmefällen kann die Öffentlichkeit zugelassen werden . Der Antrag der beiden Fraktionen sieht vor, dieses Ausnahmeverhält- nis umzukehren . Demnach würden Ausschusssitzungen grundsätzlich öffentlich sein, es sei denn, der Ausschuss beschließt punktuell etwas anderes . Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge- schäftsordnung empfiehlt, dem Antrag der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen nicht zuzustim- men . Zur Begründung dieser Position möchte ich einen verfassungsrechtlichen und einen politischen Blickwin- kel erläutern . Verfassungsrechtlich verweise ich auf Artikel 42 Ab- satz 1 Satz des Grundgesetzes . Dort wird festgelegt: „Der Bundestag verhandelt öffentlich .“ Das Grundgesetz legt also ausdrücklich Wert darauf, dass politische Entschei- dungen transparent ablaufen . „Der Bundestag verhandelt öffentlich“ heißt aber nicht, dass jedes Gremium des Bundestages öffentlich verhandeln muss . Mit anderen Worten: Aus Artikel 42 des Grundgesetzes leitet sich kei- ne Pflicht ab, Ausschusssitzungen öffentlich durchzufüh- ren . Gleiches gilt für Artikel 20 des Grundgesetzes . Auch hier kann ein Transparenzgebot aus dem Demokratie- prinzip nicht auf die Ausschüsse abgeleitet werden . Da- rüber hinaus sieht Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 des Grund- gesetzes vor, dass Abgeordnete nicht „an Aufträge und Weisungen“ gebunden seien und „nur ihrem Gewissen unterworfen“ . Es bleibt letztendlich aber eine Frage des Vertrauens in gewählte Volksvertreter, was das Gewissen des Einzelnen prägt und beeinflusst. Darüber kann keine Öffentlichkeit hergestellt werden . Verfassungsrechtlich kann also keine zwingende Verpflichtung zur Herstel- lung von Öffentlichkeit bei Ausschusssitzungen abgelei- tet werden . Auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt diese Position. Öffentlichkeit ist keine Pflicht. Die Befürworter des Antrages können dem nun ent- gegenstellen, dass öffentliche Ausschusssitzungen auch dann sinnvoll sind, wenn die juristische Argumentation es nicht zwingend vorsieht . Der Bundestag ist eine Mi- schung aus Rede- und Arbeitsparlament . Redeparlamen- te, beispielsweise das britische Unterhaus, stimmen über Gesetzentwürfe nach einer Debatte lediglich ab, ohne sie zu verändern . Als Arbeitsparlament hat der Bundestag die Chance, Gesetzentwürfe zu gestalten und zu beein- flussen. Dafür braucht es Kompromisse. Wir alle wissen, dass Politik oft als die Kunst des Kompromisses bezeichnet wird . Weil wir tagtäglich hier im Hohen Haus Kompromisse schließen, werden viel mehr Gesetze streitlos und im Konsens verabschiedet als in der Öffentlichkeit wahrgenommen . Wir alle mögen unterschiedliche parteipolitische Zugehörigkeiten haben . Aber über allen Streit eint uns der Wille, für unser Land die besten Lösungen zu finden. Kompromisse schließen heißt daher auch, dass man aufeinander zugehen muss . Manchmal muss man ein Stück zurückstecken, manch- mal auch auf einer Haltung beharren . Die Nichtöffent- lichkeit dieser Aushandlungsprozesse erlaubt es jedem, bei einer Kompromissfindung das Gesicht nicht zu ver- lieren . Dieser Effekt ist für die Arbeit des Parlaments eindeutig positiv . Es zeigt sich, dass auch das öffentliche Parlament geschützte Räume braucht . Dieser Charakter der Ausschusssitzungen ginge verloren, wenn die Ab- geordneten unter dem ständigen Druck der öffentlichen Darstellung stehen würden . Oft und gern wird der Eindruck erweckt, im Parla- ment, insbesondere in den Ausschusssitzungen, finde Hintergrundarbeit statt . Sogenannte Lobbyisten würden Einfluss auf die Ausschussarbeit nehmen. Richtig ist, dass in den Ausschüssen Experten- und Sachverständi- genanhörungen stattfinden. Dafür werden themenbezo- gen Personen mit entsprechender Expertise eingeladen . Hier haben aber alle Fraktionen die Möglichkeit, entspre- chende Sachverständige zu benennen . Gerade da Abge- ordnete nach Artikel 38 des Grundgesetzes allein ihrem Gewissen unterworfen sind, haben sie das Recht, sich zu treffen, wann und mit wem sie möchten . Das ist Aus- druck des freien Mandats . Die Herstellung einer grund- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617448 (A) (C) (B) (D) sätzlichen Öffentlichkeit bei Ausschusssitzungen könnte dieses Recht nicht beschränken . Offene und nicht für die Öffentlichkeit gedachte Gespräche würden sich aus den Ausschusssitzungen lediglich in den informellen Bereich verlagern . Im Übrigen könnte die Umkehrung des Regel-Aus- nahme-Verhältnisses sogar den gegenteiligen Effekt von Transparenz erzielen . Wenn alle Ausschusssitzungen im Grundsatz öffentlich wären und der Ausschuss eine nichtöffentliche Tagung beschließt, würde er sich in eine Begründungspflicht begeben. Wer es dann so deuten will, könnte dann erst recht behaupten, es gäbe etwas zu ver- bergen . Zudem stellt sich die Frage, was öffentlich letztend- lich heißt . Sollen Sitzungen im Internet oder im Fernse- hen übertragen werden? Sollen Bürgerinnen und Bürger an Ausschusssitzungen teilnehmen können? Auch da wären ja Grenzen gesetzt. Es ist gut, dass Phönix häufig wichtige Debatten im Fernsehen überträgt . Früher aller- dings wurden Bundestagsdebatten unabhängig vom The- ma oder von der Relevanz in voller Länge im Fernsehen übertragen . Damit war der Bundestag für die Menschen präsent . Ich würde mir wünschen, dass wir diese Mög- lichkeit wieder haben . Abschließend fasse ich noch einmal zusammen . Das Grundgesetz erwartet vom Bundestag, öffentlich zu ta- gen. Daraus ergibt sich keine zwingende Pflicht, dass auch alle Gremien des Bundestages öffentlich tagen müssen . Gerade für ein Arbeitsparlament, das an der Gesetzgebung aktiv mitwirkt, ist es wichtig, in einem geschützten Raum Kompromisse zu finden. Es ist im Übrigen durchaus nicht selbstverständlich im Vergleich zu anderen europäischen Parlamenten, dass zu den Aus- schussberatungen begründete Beschlussempfehlungen und Berichte veröffentlicht werden . Jeder Abgeordnete hat zudem das Recht, eine persönliche Erklärung zu ei- ner Ausschusssitzung oder einer Beschlussempfehlung abzugeben . Er hat zudem die Möglichkeit, das Wort auch im Plenum zu ergreifen . Wichtig ist, dass wir ergebnisorientiert letztendlich zu einem Gesetz kommen und dieses Gesetz transpa- rent zustande gekommen ist . Zu dieser Transparenz ist zu sagen: Gesetzentwürfe, die in den Bundestag einge- bracht werden, sind öffentlich . Dann gibt es eine erste Lesung im Bundestag, sie ist öffentlich . Danach beschäf- tigen sich die Bundestagsausschüsse mit dem Gesetz, in diesem Fall nichtöffentlich . Öffentlich ist aber die vom Ausschuss abgegebene Beschlussempfehlung an das Ple- num . Die zweite und die zur Abstimmung führende dritte Lesung im Parlament finden wiederum öffentlich statt. Jeder Abgeordnete kann sich zusätzlich öffentlich äu- ßern . Abgeordnete können sich über Ereignisse nichtöf- fentlicher Sitzungen öffentlich äußern. Definitiv gibt es im Bundestag keine geheimen Vorhaben, keine Geheim- gesetze und keine Geheimanträge, und wir sollten diesen Eindruck auch nicht erwecken . Sonja Steffen (SPD): „Wir wollen mehr Demokra- tie wagen .“ Dieses Zitat aus Willy Brandts erster Re- gierungserklärung im Oktober 1969 kennen wir alle . Interessant ist aber auch, wie das Zitat weitergeht: „Wir werden unsere Arbeitsweise öffnen und dem kritischen Bedürfnis nach Information Genüge tun . Wir werden da- rauf hinwirken, daß nicht nur durch Anhörungen im Bun- destag, sondern auch durch ständige Fühlungnahme mit den repräsentativen Gruppen unseres Volkes und durch eine umfassende Unterrichtung über die Regierungspo- litik jeder Bürger die Möglichkeit erhält, an der Reform von Staat und Gesellschaft mitzuwirken .“ Dieses Zitat zeigt, dass sich die SPD seit über 45 Jah- ren für mehr öffentliche Beteiligung, Interessenvertre- tung und mehr Transparenz im politischen Verfahren ein- setzt! In diesen Jahren haben wir viel erreicht . Allein die Bilanz dieser Legislaturperiode kann sich sehen lassen: Wir haben die Strafbarkeit der Abgeord- netenbestechung geregelt, eine Karenzzeit für ausschei- dende Regierungsmitglieder eingeführt und die Zahl der Bundestagshausausweise begrenzt . In anderen Bereichen wie beispielsweise der Einfüh- rung eines verbindlichen Lobbyregisters konnten wir uns gegenüber unserem Koalitionspartner bisher leider nicht durchsetzen . Die SPD-Bundestagsfraktion steht aber weiterhin für mehr Demokratie und Transparenz . Mit der von Linken und Grünen eingebrachten Ände- rung der Geschäftsordnung zur Ausschussöffentlichkeit soll das demokratische Öffentlichkeitsprinzip gestärkt werden . Dies soll dadurch erreicht werden, dass Aus- schussberatungen grundsätzlich öffentlich stattfinden und nur in Ausnahmen unter Ausschluss der Öffent- lichkeit getagt wird . Es sollen Regelungen zur Echtzeit- übertragung (Livestream) eingeführt sowie Ausschuss- protokolle und Ausschussdrucksachen grundsätzlich veröffentlicht werden . Ich habe schon in meiner ersten Rede zu dem Ände- rungsantrag betont, dass meine Fraktion dem Wunsch nach mehr Transparenz, mehr öffentlichen Ausschusssit- zungen und der Einführung von Livestreams grundsätz- lich offen gegenübersteht . Und die Stoßrichtung Ihres Antrages ist meiner Meinung nach auch nicht verkehrt, aber Sie schießen damit über das Ziel hinaus . Das Öffentlichkeitsprinzip ist in Artikel 42 GG ver- ankert: „Der Bundestag verhandelt öffentlich .“ Dieses Gebot der Sitzungsöffentlichkeit erstreckt sich nach Meinung der meisten Verfassungsrechtler jedoch nur auf das Plenum des Deutschen Bundestages, die Ausschüsse sind hiervon ausgenommen . Auch Dr . Lars Brocker und Dr . Dieter Wiefelspütz, die beide als Sachverständige zu der öffentlichen Anhörung zu dem Änderungsantrag ein- geladen waren, betonten, dass sich der Öffentlichkeits- grundsatz auf die Plenaröffentlichkeit bezieht und sich hieraus kein allgemeines Transparenzgebot ableiten lässt . Ich würde es begrüßen, wenn sich die Abgeordneten in den einzelnen Ausschüssen öfter darauf verständigen würden, öffentlich zu tagen . Andererseits bin ich froh, dass diese Entscheidung bei den betroffenen Abgeordne- ten liegt . Das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der Ausschuss- öffentlichkeit in der GO-BT umzudrehen, ist nicht der richtige Weg . Denn es stellt sich die Frage, warum das Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17449 (A) (C) (B) (D) Gebot der Sitzungsöffentlichkeit dann nur auf die Aus- schusssitzungen ausgedehnt werden sollte . Müsste dieser Grundsatz, wenn man ihn weiter fasst, um die politischen Abläufe so transparent wie möglich zu gestalten, nicht auch auf andere Gremien ausgedehnt werden – Frakti- onssitzungen, fraktions- oder koalitionsinterne Arbeits- gruppensitzungen? Ich bin mir auch nicht sicher, ob durch das öffentli- che Tagen der Ausschüsse wirklich mehr Transparenz und damit Vertrauen geschaffen wird . Die Oppositions- fraktionen stellen in der Begründung ihres Antrags selbst fest: „Kompromisse und deren Gründe werden durch den Ausschussbericht an das Plenum, der den wesentlichen Gang der Beratungen wiedergibt, schon jetzt der Öffent- lichkeit preisgegeben .“ Laut Duden bedeutet der Begriff „Transparenz“ Durchschaubarkeit oder Nachvollziehbarkeit . Transpa- renz wird nicht allein dadurch erreicht, dass die Öffent- lichkeit zugelassen ist . Politische Verfahren werden da- durch transparent, dass man sie versteht . Ob die Öffnung aller Ausschusssitzungen für ein breites Publikum dazu beiträgt, Politik verständlicher zu machen, wage ich aber zu bezweifeln . Es sind viel Hintergrundwissen sowie Kenntnisse über die parlamentarischen Abläufe notwen- dig, um eine reguläre Ausschusssitzung zu verstehen . Und die eigentliche Kunst ist es, diese komplexen Ab- läufe und Inhalte auch nach außen hin verständlich zu erklären . Es liegt an uns Abgeordneten, in einem engen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern Politik erleb- bar und verständlich zu machen . Wir müssen die par- lamentarischen Verfahren und Inhalte erklären, unser Abstimmungsverhalten mit Argumenten hinterlegen und Entscheidungen hinterfragen . Wir sind diejenigen, die Politik greifbar machen können . Ein paar mehr öffent- liche Ausschusssitzungen könnten hierbei hilfreich sein, werden aber alleine nicht ausreichen . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Was haben Bayern, Ber- lin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, andere europäische Länder und die Europäische Union gemeinsam? Die Fachausschüsse der Parlamente tagen öffentlich . Neun von sechzehn Bundesländern und das wichtigste Gremium der Europäischen Union lassen Bür- gerinnen und Bürger an den Beratungen ihrer Fachgremi- en teilhaben . Nichts deutet darauf hin, dass der politische Prozess in diesen neun Bundesländern, aber auch im Eu- ropäischen Parlament an seiner Qualität verloren hätte – im Gegenteil. Sind es doch häufig gerade die Fachöffent- lichkeiten, die Interesse an vertieften Debatten zeigen und die Entscheidungsfindung zu „ihren“ ganz speziellen Themen nachverfolgen wollen . Und wenn Fachleute ihre Ideen und Hinweise, ja natürlich auch ihre Interessen in einen solchen Prozess einspeisen, dann kann ihm das nur guttun . Im Grundgesetz steht im Artikel 42 ein einfacher Satz: „Der Bundestag verhandelt öffentlich .“ Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben den Grundsatz der Öf- fentlichkeit als konstituierendes Element des parlamen- tarischen Prozesses in der Verfassung verankert . Wir sind dafür, diesen Grundsatz auf den Bundestag als Instituti- on, nicht nur auf das Plenum des Bundestags zu bezie- hen . Bereits im Satz 3 des genannten Artikels wird auf öffentliche Sitzungen der Ausschüsse verwiesen . Auch das Bundesverfassungsgericht geht selbstverständlich davon aus, dass Bürgerinnen und Bürger Einblick in die Arbeit der Ausschüsse nehmen können müssen . Aber na- türlich müssen wir die Frage, ob wir die Öffentlichkeit als Regelfall für unsere Ausschusssitzungen formulieren, am Ende politisch entscheiden . Bereits zu Beginn dieser Legislatur hat sich unsere Fraktion bei der Konstituierung der einzelnen Ausschüs- se dafür eingesetzt, dass diese in der Regel öffentlich ta- gen . Dieses wurde von der Koalition in allen Ausschüs- sen abgelehnt – auch in einem Ausschuss wie dem für die Digitale Agenda . Das immer wieder vorgebrachte Argument, nur hinter verschlossenen Türen sei eine unvoreingenommene Mei- nungsfindung des Parlaments möglich, trägt angesichts der jahrelangen, erprobten Praxis in anderen Parlamenten nicht . Es ist auch einfach realitätsfremd: Positionen der Fraktionen werden in der Regel vor den Ausschussbera- tungen in entsprechenden internen Fraktionsrunden erar- beitet und bei den parlamentarischen Beratungen nicht mehr grundlegend verändert . Falls mir eine Kollegin oder ein Kollege der Koalitionsfraktion aus dem Stand ein Beispiel nennen kann, bei dem er oder sie zwang- los dem besseren Argument der Opposition gefolgt wäre und sich im Ausschuss hatte umstimmen lassen, melde er oder sie sich jetzt! Das zweite zentrale Argument der Koalition, nur in geschlossen tagenden Ausschüssen sei eine Kompro- missfindung quer über die Parteigrenzen hinweg leichter möglich, trägt aus unserer Sicht ebenfalls nicht . Dieses Argument geht von einer Dualität von Regierung und Parlament aus . Faktisch arbeiten die Regierung und die sie tragenden Fraktionen sehr eng zusammen . Oppositi- onsinitiativen werden so gut wie nie angenommen – auch nicht in Ausschüssen . Es sind eben nicht die Ergebnisse unserer Entscheidungsfindung, die Widersprüche kennt- lich machen, sondern der Beratungsverlauf . Das Vertrauen in politische Prozesse sinkt . Uns Po- litiker und Politikerinnen werden allzu oft Mauschelei und das Handeln aus sachfremden Motivationen, etwa Eigen- oder auch Parteiinteressen, unterstellt . Wenn wir eine neue Legitimation für das Parlament, für unsere Ent- scheidungen als Abgeordnete finden wollen, dann sollten wir Bürgerinnen und Bürger mehr als bisher an diesen Entscheidungen beteiligen . Dazu gehört das Nachvoll- ziehen des Beratungsverlaufs; dazu gehören aber auch all die vertieften Informationen, die die Regierung nur den Ausschüssen zur Verfügung stellt . Gutachten, Stellung- nahmen, Berichte der Bundesregierung für die Fachaus- schüsse – all dies war bisher zumeist nicht öffentlich, ob- wohl es maßgeblich zur Entscheidungsfindung beitrug. Auch diese Dokumente wollen wir in die Freiheit entlas- sen, damit sie zur Aufklärung und zur Kontrolle unserer Arbeit und der der Bundesregierung beitragen können . Angesichts des Umfangs an Ausschussberatungen samt Vorlagen und Protokollen kam in den Debatten auch Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617450 (A) (C) (B) (D) das Argument auf, diese Fülle überfordere die Bürger . Ich antworte mit einem Zitat des Sachverständigen Professor Bernhard Wegener aus unserer Anhörung: „Ich denke, wir können und müssen dritten Personen die Ausschuss- öffentlichkeit zumuten . Soweit ich weiß, gibt es ja keine Pflicht, hier zu erscheinen.“ Nein, es ist ein Angebot der Transparenz an die Bürgerinnen und Bürger dieses Lan- des . Annehmen müssen sie es dann selbst . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In Zeiten, in denen die Politikverdrossenheit in der Be- völkerung einen Höhepunkt erreicht und das Vertrauen vor allem in die Parteien abnimmt, werden die Schatten- seiten einer großen Koalition in einer parlamentarischen Demokratie offensichtlich . Die Scheu vor Transparenz und Öffentlichkeit ist dieser Regierungskonstellation eingebaut: Wenn 80 Prozent der Abgeordneten einer Drei-Parteien-Koalition angehören, die sich untereinan- der in aller Regel nicht einig ist, dann verlagert sich die politische Auseinandersetzung oft in den vorparlamenta- rischen Raum . Das tut der parlamentarischen Demokratie nicht gut . Der richtige Ort aber, um die unterschiedlichen politi- schen Positionen darzulegen, zu argumentieren und darü- ber öffentlich zu debattieren und zu streiten, ist das Par- lament . Denn die parlamentarische Demokratie lebt von einer lebendigen Debatte, von einem öffentlich erkenn- baren Austausch und Streit um die besseren Argumente und einer transparenten Entscheidungsfindung. Gerade in einer repräsentativen Demokratie ist es es- senziell wichtig, dass die Wählerinnen und Wähler die Abwägungs- und Entscheidungsprozesse vor allem des Gesetzgebers, also des Parlamentes, nachvollziehen kön- nen . Wollen wir, dass die Bevölkerung wieder mehr Ver- trauen in ihre gewählten Abgeordneten zurückgewinnt, wäre es von zentraler Bedeutung, den Streit um die bes- seren Argumente, die Debatten und die Entscheidungs- findungsprozesse transparenter zu machen. Und diese Transparenz geschieht durch mehr Öffentlichkeit . Gemeinsam mit der der Linken setzt sich die grüne Bundestagsfraktion dafür ein, dass Ausschusssitzungen in Zukunft grundsätzlich öffentlich sein sollen . Das soll- te eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein; ist es hier aber leider nicht . In unserem Grundgesetz steht festge- schrieben: „Der Bundestag verhandelt öffentlich“ . Doch die Geschäftsordnung des Bundestages schränkt diesen Grundsatz ein . Ausschusssitzungen tagen danach grund- sätzlich nichtöffentlich und nur im absoluten Einzelfall öffentlich . Und mehr noch: Union und SPD haben in dieser Legislaturperiode dafür gesorgt, dass Ausschüsse, die zuvor im Einvernehmen aller öffentlich getagt haben, nun für die generelle Öffentlichkeit nicht mehr zugäng- lich sind . Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder be- tont, dass Demokratie ohne eine Öffentlichkeit undenk- bar ist . Wenn wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger die demokratischen Prozesse und Entscheidungen besser nachvollziehen und bewerten können, dann sind ver- schlossene Türen der Ausschusssitzungen falsch . Denn die Ausschüsse sind der Ort, an dem wesentliche Teile des demokratischen Prozesses der Gesetzgebung ablau- fen: Hier werden die Gesetzvorlagen inhaltlich beraten, hier findet das Verhandeln von Argumenten und Gegen- argumenten statt, auch über Fraktionsgrenzen hinweg . Die Logik des gemeinsamen Antrags von Linken und der grünen Bundestagsfraktion ist, dass das, was vertrau- lich ist, auch vertraulich bleiben muss . Was nicht vertrau- lich beraten werden muss, das ist öffentlich . Und wer die Nichtöffentlichkeit einer Ausschusssitzung fordert, der muss erklären können, warum . Wer das Herstellen der Öffentlichkeit als „Showver- anstaltung“ abtut, der hat nicht verstanden, worum es uns mit dieser Initiative geht . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Wildtierschutz weiter verbes- sern – Illegalen Wildtierhandel bekämpfen (Tages- ordnungspunkt 23) Gitta Connemann (CDU/CSU): Flamingos leben in der Karibik, in Chile . Nicht in einem nebligen Moor in Nordrhein-Westfalen . Das klingt nach einer fabelhaften Geschichte . Die Heimat der subtropischen Vögel stellt man sich nun wahrlich anders vor . Allerdings ist es Tat- sache: Eine Herde Flamingos lebt genau dort im Zwill- brocker Venn . Direkt an der Grenze zu Holland können Besucher die rosa Wasservögel beobachten . Dass das Münsterland nicht die ursprüngliche Heimat der Vögel ist, liegt auf der Hand . Da drängt sich natür- lich die Frage auf: Was hat die Flamingos in den nord- deutschen Sumpf verschlagen? Der natürliche Weg wohl kaum . Sind sie aus Tierparks ausgebrochen, wurden sie ausgesetzt? Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um Vögel aus Zoos und Privathaltung handelt . Diese Tiere haben es geschafft . Sie haben außerhalb ihres ursprünglichen Lebensraums überlebt – ohne Hilfe . Aber das ist die Ausnahme . Die traurige Regel ist: Jeden Tag werden Wildtiere aus ihrer Welt gerissen . Sie wer- den eingesperrt, unter schlimmsten Verhältnissen um den halben Globus gezerrt, verkauft . Viele der neuen Besit- zer wissen nicht, wie diese Lebewesen behandelt werden müssen und was sie brauchen . Ihr Leben ist bedroht . Der illegale Handel mit Wildtieren wächst ebenso wie der legale Import von Wildfängen . Der Markt ist wirt- schaftlich interessant . Denn das Interesse wächst . Ein Panterchamäleon aus Madagaskar im eigenen Wohn- zimmer findet immer mehr Anhänger. Die Burmesische Python im Keller scheint faszinierend . Aber viele Halter sind damit auch überfordert . Sie ernähren ihr Tier falsch oder verlieren das Interesse an ihrem spontan gekauften „Spielzeug“ . Das Tier wird vernachlässigt . Es stirbt lang- sam einen grausamen Tod oder wird einfach ausgesetzt – in einen Lebensraum, an den es nicht angepasst ist . Das können und dürfen wir nicht hinnehmen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17451 (A) (C) (B) (D) Wir haben bereits gehandelt . Bei der letzten Ände- rung des Tierschutzgesetzes haben wir vorgeschrieben, dass der Händler den Käufer schriftlich aufklären muss . Wir haben den Nachweis ausreichender Sachkunde für diejenigen zur Pflicht gemacht, die eine Tierbörse durch- führen wollen . Darüber hinaus hat die Bundesregierung ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben . Ziel ist es, vertiefte Informationen über die Haltung von exotischen Tieren und Wildtieren in Privathand zu erhalten . Die Ur- sachen für mögliche Tierschutzprobleme sollen erforscht werden . Damit haben wir wichtige Maßnahmen zum Schutz von Tier und Käufer auf den Weg gebracht . Über welche Dimensionen reden wir eigentlich? Der illegale Handel mit Exoten und Wildtieren hat sich mit einem geschätzten Jahresumsatz von rund 19 Milliarden US-Dollar zu einem der lukrativsten Schwarzmärkte der Welt entwickelt . So makaber es auch klingt: Noch lukra- tiver sind nur der Drogen- und Menschenhandel sowie die Produktpiraterie . Der illegale Handel mit Wildtieren und Exoten findet nicht nur in dunklen schmuddeligen Seitengassen statt. Weit gefehlt. Häufig findet er direkt in unserer Nachbarschaft statt . Zum Beispiel im Rahmen von Tierbörsen, die zuweilen eine Art „Flohmarkt-Cha- rakter“ haben . Hierbei denke ich ausdrücklich nicht an die Kaninchen- oder Taubenbörsen auf dem Dorffest, sondern an Reptilienbörsen und Ähnliches . Deshalb fordern wir als CDU/CSU-Bundestagsfrakti- on die Bundesregierung auf, durch Einwirkung auf die Länder die Überwachung von Tierbörsen bundesweit zu intensivieren . Auch die Leitlinien zur Durchführung von solchen Veranstaltungen müssen aktualisiert werden . So wollen wir einen Weg aufzeigen, wie eine Rechtsverbind- lichkeit für gewerbliche Anbieter gerichtsfest hergestellt werden kann . Außerdem wollen wir, dass die Bundesre- gierung ein Verkaufsverbot von exotischen Tieren auf ge- werblichen Tierbörsen prüft, da vor allem beim Kauf von Exoten eine qualifizierte fachliche Beratung nötig ist. Besonders bedenklich sind die Importe von Arten, die in ihrem Herkunftsland bereits nationalen Schutzbestim- mungen unterliegen, aber nicht international geschützt sind . Dies kann zur Ausrottung weiterer Tierarten führen . Deshalb fordern wir, auf EU-Ebene eine Regelung nach Vorbild des in den USA geltenden „Lacey Act“ einzufüh- ren . Demnach dürften Arten, für die in deren Ursprungs- ländern ein Exportverbot gilt, nicht in die EU eingeführt werden . Im Sinne der Tiere und auch der Halter müssen wir für mehr Sicherheit beim Kauf und im Umgang mit Wildtie- ren und Exoten sorgen . Nicht nur Krokodile oder Würge- schlangen können gefährlich werden . Es gibt unzählige weitere Sicherheitsrisiken, die bei der Haltung von Wild- tieren entstehen können . Völlig unterschätzt wird zum Beispiel die Anste- ckungsgefahr durch Infektionskrankheiten . Eine Vielzahl an Krankheiten, auch Parasiten können von Schildkröten, Leguanen, Affen und Fledermäusen auf den Menschen übertragen werden . Hepatitis, Tuberkulose, Tollwut sind nur drei Beispiele für schwere Erkrankungen . Rosa Flamingos im Münsterland . Ein traumhaftes Bild . Aber eben auch irreal . Denn ihre Heimat ist Tausen- de Kilometer entfernt . Freiwillig wären die exotischen Vögel nicht nach Deutschland gekommen . Wie schwer muss es für sie gewesen sein, sich an den neuen fremden Lebensraum anzupassen? Lassen wir nicht zu, dass sich das Tag für Tag wiederholt . Setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass der Schutz von wilden Tieren und Exo- ten wie diesen wunderschönen Wasservögeln verbessert wird . Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu . Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU): Der illegale Handel mit Wildtieren ist zu einem lukrativen Geschäft für Akteure geworden, die sonst im Bereich internatio- naler Verbrechen wie dem Drogen-, Waffen- und Men- schenhandel operieren und an der Finanzierung ziviler Konflikte beteiligt sind. Während diese mitunter organi- sierten Banden Jahr für Jahr Milliardengewinne machen, stehen zahlreiche Tierarten vor der Ausrottung . So töten Wilderer in Afrika mehr als 30 000 Elefanten pro Jahr . Wie organisiert beim Wildtierhandel vorgegangen wird, zeigt sich am Beispiel des Borneo-Taubwarans . Diese seltene Art galt als ausgestorben, da sie in Mal- aysia und Indonesien mehrere Jahrzehnte nicht mehr ge- sichtet worden war . Im Jahr 2012 berichteten Forscher in einer Studie über die Wiederentdeckung dieser Art auf Borneo . Bereits im April 2014 wurde die Tier- und Naturschutzorganisation ProWildlife darüber informiert, dass sich Händler aus Deutschland auf den Weg gemacht hatten, um die seltenen Tiere einzusammeln . Nur zwei Monate später gab es die ersten Inserate im Internet und wurden Borneo-Taubwarane auf der Messe Terraristika in Hamm für 10 000 Euro angeboten . Der Handel mit Wildtieren hat in den letzten Jahren immer weiter zugenommen – mit weitreichenden Fol- gen für die Wildbestände und Ökosysteme sowohl in den Herkunfts- als auch in den Importländern . Ich möchte an dieser Stelle in Bezug auf Deutschland einige Zahlen an- führen, welche die Dimension dieser Problematik hierzu- lande verdeutlichen: Jährlich werden 440 000 bis 850 000 lebende Rep- tilien und bis zu 380 000 Süßwasser-Zierfische nach Deutschland importiert . Es muss an dieser Stelle hervor- gehoben werden, dass bei vielen Arten bis zu 50 Prozent bereits während des Transports sterben . Somit ist die absolute Zahl der Tiere, die mit Blick auf Deutschland vom Wildtierhandel betroffen sind, sogar weitaus höher . Der illegale Wildtierhandel stellt somit eine große Gefahr für den Erhalt der Artenvielfalt dar, und die sich aus ihm finanzierenden kriminellen Vereinigungen gefährden die Entwicklung der Herkunftsländer . Es sind allerdings nicht nur die Quellländer, die un- ter den Folgen des Handels mit Wildtieren leiden . Auch für die Zielländer führt der massenhafte Import von Wildtieren, bei denen es sich – wenngleich anders de- klariert – auch um Wildfänge handelt, zu weitreichenden Problemen . Eines dieser Probleme ist die Einschleppung poten- ziell invasiver Arten. Es kommt leider häufig vor, dass die Besitzer überfordert sind oder das Interesse an ihrem exotischen Haustier verlieren und das Tier aussetzen oder dem Tier der Ausbruch aus dem Gehege gelingt . Ist die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617452 (A) (C) (B) (D) betreffende Art in der Lage, sich schnell an die vorherr- schenden Bedingungen anzupassen, so kann dies zur Verdrängung ansässiger Arten und zur Schädigung gan- zer Ökosysteme führen . Als prominente Beispiele sind hier die Rotwangenschmuckschildkröte sowie Guppys, Goldfische und die Agakröte zu nennen. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Gesundheits- risiken, die durch Import und Haltung von Wildtieren entstehen – Stichwort Zoonosen . Zwischen 2011 und 2013 starben drei Züchter von Bunthörnchen in Sach- sen-Anhalt an einer Gehirnentzündung . Auslöser war ein neuartiger Bornavirus, mit dem sich die Züchter sehr wahrscheinlich bei ihren Bunthörnchen infiziert hatten. Daneben gilt der Flughund als potenzieller Überträger von Ebola . Mit Blick auf die Haltung von Reptilien sind Salmonellosen die häufigsten auf den Menschen übertra- genen Zoonosen . Doch nicht nur der Mensch ist dem Risiko von Krank- heitsübertragungen durch Wildtiere ausgesetzt . Die ein- heimischen Tierarten sind es ebenfalls . Ein besonders schwerwiegender Fall ist der sogenannte Salamander- pilz . Es handelt sich hierbei um einen tödlichen Haut- pilz, der ursprünglich in Asien vorkommt und über den Lebendtierhandel nach Europa eingeschleppt wurde . In den Niederlanden haben sich seit 2008 99,9 Prozent der Feuersalamander-Populationen mit dem Pilz infiziert und sind gestorben . Neben Salamandern sind Molche eben- falls anfällig für eine Infektion . Aus diesem Grund haben die Schweiz und die USA bereits einen Importstopp für Schwanzlurche beschlossen . Die Europäische Union ist Zielregion für eine Viel- zahl an illegal und legal gehandelten Wildtieren . Sie kann demnach eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den illegalen Artenhandel einnehmen, der sowohl in den Her- kunftsländern entlang der Handelswege als auch in den Nachfrageländern geführt werden muss . Ein erster Schritt soll dahin gehend auf der kom- menden 17 . CITES-Vertragsstaatenkonferenz in Südaf- rika gemacht werden . Die Europäische Union will sich auf dieser Konferenz dafür einsetzen, dass Tier- und Pflanzen arten, für die in den Herkunftsländern nationale Entnahme- und Handelsverbote bestehen, von den be- treffenden Staaten in den Anhang III des CITES-Abkom- mens aufnehmen zu lassen . Im Anschluss soll durch eine Höherqualifizierung der betreffenden Arten in Anhang A und B eine Einfuhrbeschränkung in die Europäische Uni- on geprüft werden . Als ein äußerst wirksames Instrument im Kampf ge- gen den illegalen Wildtierhandel hat sich in den USA der sogenannte Lacey-Act erwiesen . Gemäß diesem US-Bundesgesetz ist der Handel mit Fischen, Wildtie- ren und Pflanzen untersagt, deren Import, Export, Kauf, Verkauf und Transport in irgendeinem Land der Erde verboten ist . Diese Regelung unterbindet den Handel mit Wildtieren bereits, bevor sie durch das Washingtoner Ar- tenschutzabkommen geschützt sind . Wie wichtig ein solcher Mechanismus sein kann, of- fenbart sich am Beispiel des Türkis-Zwerggeckos . Ob- wohl er auf die Roten Listen der Weltnaturschutzunion (IUCN) gesetzt wurde und obwohl Tansania ein Ausfuhr- verbot verhängte, war seine Einfuhr in Europa weder re- gistrierungs- noch genehmigungspflichtig. Dieser schie- fen Rechtslage würde eine Regelung wie der Lacey-Act einen Riegel vorschieben . Leider ist die Etablierung al- lein auf nationaler Ebene nicht möglich, sondern muss von der gesamten Europäischen Union getragen werden . In aktuellen Diskussionen wurde darauf hingewiesen, dass die in dem Antrag vermerkten Definitionen von Haus- und Wildtieren in ihrer Formulierung noch genau- er sein könnten . Dennoch schafft der vorliegende Antrag wichtige Grundlagen, um den genannten Herausforde- rungen entgegenzutreten . Christina Jantz-Herrmann (SPD): „Reptilien im Wohnzimmer“, „Wilderei-Krise von biblischen Aus- maßen“, oder „Stinktier auf dem Sofa“ . So lauten einige Überschriften rund um den Wildtierschutz . Die vielen und regelmäßigen Medienberichte untermauern, wie groß der Handlungsdruck in diesem Bereich ist . Auch bei uns vor Ort hier in Deutschland spüren wir den Hand- lungsdruck, wenn Tierheime und Auffangstationen auf- grund zunehmender Aufnahme exotischer Arten an den Rand ihrer Aufnahmekapazitäten und ihrer finanziellen Möglichkeiten kommen oder wir unhaltbare Zustände auf gewerblichen Wildtier-Börsen beobachten müssen . Der Antrag „Wildtierschutz weiter verbessern – ille- galen Wildtierhandel bekämpfen“, den meine Fraktion gemeinsam mit der CDU/CSU-Fraktion einbracht hat, kommt daher zur rechten Zeit . Nicht nur setzen wir da- mit den Koalitionsvertrag in diesem Bereich bestmög- lich um, sondern wir gehen die Missstände rund um den Wildtierschutz auch aktiv an . Das Thema Wildtierschutz umfasst hier im Wesentli- chen drei Elemente: Element 1 ist der Aspekt der Wildfänge . Eine beträcht- liche Anzahl von Wildfängen, also Naturentnahmen, werden jährlich legal nach Deutschland importiert . Element 2 ist der Aspekt des illegalen Wildtierhan- dels . Der illegale Wildtierhandel beläuft sich nach Anga- ben des WWF inzwischen auf 19 Milliarden US-Dollar und ist zu einer Gefahr für den Erhalt der Artenvielfalt geworden . Element 3 schließlich ist die Haltung von Wildtieren in Deutschland . Was zeigt uns diese Aufgliederung nun? Sie zeigt, dass Artenschutz, also der Erhalt einer Art als Ganzes, und Tierschutz, also die individuelle tiergerechte Haltung von Wildtieren, untrennbar miteinander verknüpft sind . Entsprechend war es das richtige Vorgehen, dass der An- trag gemeinsam von Tierschutz- und Umweltpolitikern entwickelt wurde . Und was wollen wir nun mit unserem Antrag zum Wildtierschutz erreichen? Nun, wir setzen entlang der drei Elemente Regulierung der legalen Naturentnahme, Bekämpfung des illegalen Wildtierhandels und Ver- besserung der Haltungsbedingungen von Wildtieren in Deutschland an . Hervorheben möchte ich an dieser Stel- le insbesondere die Punkte, die wir bezüglich der Ver- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17453 (A) (C) (B) (D) besserung der Haltungsbedingungen von Wildtieren in Deutschland anstreben . So gehen wir das Problem der Exotentierbörsen an . Wir fordern die Bundesregierung auf, ein Verkaufsver- bot für exotische Tiere auf gewerblichen Tierbörsen zu prüfen, und wir fordern die Bundesregierung gleichzei- tig auf, die Leitlinien zur Durchführung von Tierbörsen zu aktualisieren und einen Weg aufzuzeigen, wie eine Rechtsverbindlichkeit für gewerbliche Anbieter gerichts- fest hergestellt werden kann . Auch gehen wir die Sachkunde an . Die Bundesregie- rung wird aufgefordert, einen bundeseinheitlichen Vor- schlag vorzulegen, in welcher Form private Tierhalter einen Fach- bzw . Sachkundenachweis zur artgerechten Haltung von Wildtieren zu erbringen haben . Fach- bzw . Sachkunde sind zentral, um eine artgerechte Haltung si- cherzustellen . Sowohl mit den Zielen des Antrags als auch mit den vorgesehenen Maßnahmen zur Umsetzung sollte sich auch die Opposition identifizieren können, wenngleich ihre Absichten in einigen Bereichen radikaler sein mö- gen . Nichtsdestotrotz bitte ich um Ihre Unterstützung im weiteren Verfahren . Birgit Menz (DIE LINKE): Wilderei und illegaler Wildtierhandel sind ein globales Problem mit vielen Fa- cetten und Faktoren, die es bei der Bekämpfung zu be- achten gilt . Bei der Stärkung des Wildtierschutzes und der Besei- tigung des illegalen Wildtierhandels geht es im Wesentli- chen um die Erhaltung und den Schutz der Artenvielfalt als eine der drei Ebenen der Biodiversität – sprich, der Vielfalt des Lebens . Zu den Hauptgefährdungsursachen für die Artenviel- falt gehören die „Übernutzung“ wildlebender Tier-, aber auch Pflanzenarten, der Bedarf an ihren „Produkten“ und den daraus resultierende Handel . Deutschland ist EU-weit der größte Importeur und Absatzmarkt für lebende Wildtiere . Während es inner- halb Deutschlands, wie auch in anderen europäischen Staaten, grundsätzlich verboten ist, heimische Wildtiere einzufangen, dürfen Tierbestände in Asien, Afrika und Lateinamerika für den Heimtiermarkt in Deutschland immer noch geplündert werden . Die Nachfrage in Deutschland, in den eigenen vier Wänden ein exotisches Tier zu halten, ist riesig . Laut Sta- tistischem Bundesamt werden beispielsweise zwischen 440 000 und 840 000 lebende Reptilien pro Jahr nach Deutschland eingeführt – Tendenz steigend! Deutschland und die EU sind Dreh- und Angelpunkt für den Schmuggel und den Handel mit exotischen Tie- ren und zum anderen ein großer Absatzmarkt für legal und illegal gehandelte Tiere sowie Produkte aus Tieren und Pflanzen. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD heißt es beispielsweise – und ich zitiere – „Wir verbessern den Wildtierschutz und gehen gegen Wilderei sowie den il- legalen Wildtierhandel und deren Produkte vor; Handel mit und private Haltung von exotischen Wildtieren wird bundeseinheitlich geregelt . Importe von Wildfängen in die EU sollen grundsätzlich verboten und gewerbliche Tierbörsen für exotische Tiere untersagt werden .“ Es ist nun an der Zeit, dass den Worten auch Taten folgen und die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ver- einbarungen so schnell wie möglich umgesetzt werden . Zu diesem Thema liegt uns nun ein Antrag der Gro- ßen Koalition vor . Einige Forderungen erinnern an die Anträge der Grünen und der Linken aus den Jahren 2014 und 2015, und leider hat das eben zitierte Vorhaben zu gewerblichen Tierbörsen an Deutlichkeit verloren . So ist jetzt nur noch die Rede davon, lediglich ein Verkaufs- verbot für exotische Tiere auf gewerblichen Tierbörsen zu prüfen . Tiere sind Lebewesen und keine gewöhnlich zu han- delnde Ware! Gerade bei importierten exotischen Tieren handelt es sich in vielen Fällen um Wildfänge . Wobei es in der Regel schwer nachzuvollziehen ist, wo genau und wie sie gefangen wurden . Auf diese Weise wird auch mit dem Import von exo- tischen Wildtieren dem illegalen Fang, der ökologische und soziale Systeme gefährdet, Tür und Tor geöffnet . Al- lein aus Gründen des Tierschutzes ist ein Importverbot exotischer Tiere aus Wildfängen unbedingt erforderlich . Einmal gefangen landen Tiere beispielsweise über das Internet oder Tierbörsen in Privathand, ohne dass die Käuferinnen und Käufer über die unbedingt notwendige Sachkunde verfügen . Viele Wildtiere haben besonders hohe Ansprüche an Futter und Klima, die im Privathaus- halt kaum erfüllt werden können . Dies führt zur Über- forderung der Halterinnen und Halter und in der Folge oftmals zum Aussetzen der Tiere und somit auch zu stei- genden finanziellen und organisatorischen Herausforde- rungen der Tierheime . Hier sehen wir Bund und Länder in der Pflicht, sich an den entstehenden Kosten und einer artgerechten Unterbringung der ausgesetzten Tiere im Sinne des Tierschutzes zu beteiligen . Zu Beginn meiner Rede sprach ich von den vie- len Faktoren, die Ursachen für Wilderei und illegalen Wildtierhandel darstellen . Mit einem Umsatz von bis zu 19 Milliarden US-Dollar pro Jahr stellt der illegale Wildtierhandel – nach Drogenhandel, Produktpiraterie und Menschenhandel – den viertgrößten illegalen Han- del weltweit dar . Es sind unter anderem kriminelle Banden und terro- ristische Bewegungen, die sich durch die Erlöse aus dem illegalen Wildtierhandel finanzieren. In mehreren zent- ralafrikanischen Staaten trägt somit dieser Handel auch zur Destabilisierung ganzer Regionen bei . Im Umgang mit illegalem Wildtierhandel geht es also nicht nur um die einfache Beschränkung des Handels mit geschützten Tieren und den Erhalt wertvoller Lebens- räume – es geht auch um soziale und gesellschaftliche Dynamiken in anderen Ländern, für die es sinnvolle Lö- sungen braucht . Um aus unserer Sicht den Schutz der Artenvielfalt zu gewährleisten und den illegalen Handel mit Wildtieren Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617454 (A) (C) (B) (D) einzudämmen, ist es unabdingbar, erstens sich auf nati- onaler – so wie es der Koalitionsvertrag vorsieht – und EU-Ebene für ein generelles Importverbot von Wildfän- gen für kommerzielle Zwecke einzusetzen und gegen Wilderei, illegalen Wildtierhandel und deren Produkte konsequent vorzugehen, zweitens gewerbliche Anbie- ter von Tierbörsen auszuschließen und den Verkauf von Tieren zu verbieten, die in der freien Natur eingefangen wurden und drittens den kommerziellen Handel sowie die Haltung von Wildtieren nur für Arten zu gestatten, die Privatpersonen auf Dauer nicht überfordern . Es braucht eine Bundesregierung, die sich für den Er- halt der biologischen Vielfalt und den Tierschutz auf na- tionaler, europäischer und globaler Ebene und vor allem für eine nachhaltige Lösung der Probleme einsetzt . Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vor ziemlich genau zwei Jahren haben wir zu ähnlich später Stunde den Antrag zu „Elefanten und Nashörnern“ de- battiert . Ich bin froh, dass uns dieser interfraktionelle An- trag auf unsere Initiative hin gelungen ist . Es zeigt sich aber, dass sich das Umweltministerium gerne auf seinem internationalen Wirken in Bezug auf Wilderei ausruht, wenn es aber darum geht, national etwas umzusetzen, kaum etwas vorzuweisen hat . Wir haben bereits am 2 . Juni 2015 einen Antrag einge- bracht . Und nun, ein Jahr später hat die Große Koalition selber einen Antrag vorgelegt . Leider ist dieser Antrag der Großen Koalition eine Riesenenttäuschung . Die Enttäuschung ist vor allem deswegen so groß, weil im Koalitionsvertrag von 2013 große Erwartungen geschürt wurden . Dort steht: Erstens den Handel mit und die private Haltung von exotischen und Wildtieren bundeseinheitlich regeln, zweitens Im- porte von Wildfängen in die EU grundsätzlich verbieten und drittens gewerbliche Tierbörsen für exotische Tiere untersagen . Diese drei Punkte zeigten, dass die Koalition die mas- siven Probleme in Bezug auf Wildtierhandel anerkennt und sich mit richtigen Maßnahmen der Probleme anneh- men wollte . Leider muss man hier – nach Vorlage dieses Antrags – in der Vergangenheit reden . Die Hoffnung war groß, dass die Bundesregierung dem illegalen Artenhandel im Sinne des Vorsorgeprin- zips einen Riegel vorschieben wird – doch leider findet sich keine der Forderungen aus dem Koalitionsvertrag in dem vorgelegten Antrag wieder . Die Große Koalition sieht den Problemen weiterhin wissentlich zu und versagt beim Wildtierschutz auf ganzer Linie . Statt den Koalitionsvertrag umzusetzen, hat das Bun- deslandwirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag gegeben, die über eineinhalb Jahre, also bis mindestens April 2017, untersuchen soll, ob es überhaupt ein Pro- blem gibt . Interessanterweise wird die Studie ohne Betei- ligung von Tier- und Naturschutzorganisationen durch- geführt und beruht auf einer Befragung der Tierhalter, wie wir letzte Woche in einem öffentlichen Fachgespräch im Umweltausschuss zum Thema Wildtierhandel gehört haben . Es ist offensichtlich, dass das Landwirtschaftsmi- nisterium damit die Umsetzung des Koalitionsvertrages ausbremst . Deutschland ist sowohl Dreh- und Angelkreuz für den Schmuggel von Afrika nach Asien als auch Absatzmarkt für legal und illegal gehandelte Produkte von Tieren und lebende Tiere, wobei der Anteil von Wildfängen hoch ist . Gerade Wildfänge schwächen aber in vielen Fällen Ökosysteme, die ohnehin schon bedroht sind . Ganze Po- pulationen werden oftmals bis an den Rand des Ausster- bens gebracht . Vor allem gewerbliche Tierbörsen sind dabei ein Pro- blem . Auf diesen regelrechten „Tier-Flohmärkten“ kann man oft problemlos sogar bedrohte Arten oder in ihrer Heimat streng geschützte Tiere kaufen . Dabei werden die Tiere zum einen oft nicht artgerecht transportiert und gehalten, und zudem werden künftige Halterinnen und Halter auch nicht umfassend über die Ansprüche der Tie- re aufgeklärt . Insbesondere bei gefährlichen Tieren stellt dies ein großes Risiko für Halterinnen und Halter und ihre Umwelt dar . Da die Große Koalition diesem Problem weder mit einem Verbot der gewerblichen Tierbörsen noch mit Positivlisten reagiert, werden die Zahlen von Fund- und Abgabetieren an Tierheime und Auffangstati- onen weiterhin steigen und es zur Überforderung dieser Einrichtungen kommen . Am 20 . Mai 2016 wurden am Flughafen Schönefeld 625 Kilogramm Elfenbein beschlagnahmt – das wäre ein guter Anlass für die Ministerin gewesen, öffentlich Position zu beziehen, um dem Thema Aufmerksamkeit zu verschaffen und zu zeigen, dass auch Deutschland als Exporteur nach Asien Teil des Elfenbeinschmuggels ist . Es ist gut, dass es den Zollbeamten in diesem Fall gelun- gen ist, diese kriminellen Machenschaften aufzudecken . Diese größte Beschlagnahme von Elfenbein in Deutsch- land wäre ein erneuter Anlass gewesen, alle deutschen Elfenbeinbestände endlich zu zerstören: Wenn Elfenbein öffentlichkeitswirksam zerstört wird, trägt das dazu bei, die Nachfrage zu drosseln, Absatzmärkte zu schließen und so die Wilderei einzudämmen . Zuletzt wurden im April dieses Jahres in Kenia 105 Tonnen beschlagnahmtes Elfenbein verbrannt . Das bedeutet mehr als 8 000 tote Elefanten . Mit der weltweit größten Verbrennung von Elfenbein hat Kenia damit er- neut ein deutliches Zeichen gegen illegalen Elfenbein- handel gesetzt und auf das dramatische Ausmaß der Wil- derei von Elefanten aufmerksam gemacht . Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Auch ich bin besorgt über die vie- len exotischen Tiere, die im Zuge der Globalisierung für die private Heimtierhaltung importiert werden . Deshalb müssen wir gefährdete Arten besser schützen . Naturentnahmen sollten nur erfolgen dürfen, wenn dies nachhaltig ist . Arten, die durch den internationalen Handel gefähr- det sind, sollten also vor allem in Anhang II CITES des Washingtoner Artenschutzübereinkommens gelistet wer- den. Das bedeutet, dass der Handel nur dann stattfinden http://www.prowildlife.de/PM_Gestohlene_Tiere_fuer_deutsche_Terrarien http://www.prowildlife.de/PM_Gestohlene_Tiere_fuer_deutsche_Terrarien Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17455 (A) (C) (B) (D) darf, wenn freilebende Populationen an Tieren und Pflan- zen nicht beeinträchtigt werden . Wir arbeiten dazu eng mit den betroffenen Ursprungsländern zusammen . Für die nächste Vertragsstaatenkonferenz des Artenschutz- abkommens (CITES COP) im September in Südafrika hat die Europäische Union eine Vielzahl von Listungs- und anderen Anträgen eingereicht . Viele davon gehen auf deutsche Initiative zurück, zum Beispiel exotische Geckos, die für den deutschen Heimtierhandel importiert werden, oder eine afrikanische Holzart, die unter ande- rem in der EU, vor allem aber in China so stark nachge- fragt wird, dass die Art nun stark gefährdet ist . Auch fordert die EU die Ursprungsländer dazu auf, von Anhang III CITES stärker Gebrauch zu machen . Wenn sie diese Arten in diesem Anhang listen lassen, dürfen Tiere und Pflanzen aus diesem Land nur mit einer Ausfuhrgenehmigung international gehandelt werden . Damit kann die Weltgemeinschaft dem betroffenen Ur- sprungsland helfen, seine Exporte besser zu kontrollie- ren . Und die EU setzt sich dafür ein, dass der Handel mit Jagdtrophäen eingeschränkt wird . Wir schulen Naturschutzbehörden und Bundeszoll, damit die Mitarbeiter vor Ort zwischen gezüchteten und wilden Tieren besser unterscheiden können . Schließlich bekämpfen wir den illegalen Artenhandel im Internet . Wir schulen, beraten und unterstützen die Beschäftigten von Internet-Plattformen . Zuletzt möchte ich nochmals, wie schon so oft, beto- nen, dass wir uns aber auch in Afrika und Asien enga- gieren müssen, denn dort sind die Probleme am größten . Daher spielt die Bundesregierung bei der Bekämpfung der weltweiten Wilderei und des illegalen Artenhandels eine führende Rolle, die sich sehen lassen kann . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesmeldegesetzes und weiterer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 24) Thorsten Hoffmann (Dortmund) (CDU/CSU): Heu- te sprechen wir über die erste Änderung des Bundesmel- degesetzes . Das ist eine gute Reaktion auf die praktischen Erfahrungen, die wir in den vergangenen Monaten seit der Einführung sammeln konnten . Wir sind also nah dran an der Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger . Wir bewegen uns in einer sich stetig wandelnden In- formationsgesellschaft . Viele wichtige Entscheidungen unserer Behörden basieren auf dem zuverlässigen Aus- tausch und Abruf von Informationen . Besonders im Hin- blick auf unsere Sicherheitsbehörden wird immer wieder deutlich, wie wichtig der schnelle und zuverlässige Aus- tausch von Informationen ist . Ich werde nicht müde, dies immer wieder zu betonen . Wie in so vielen Lebenslagen werden neue Chancen eröffnet . Wir müssen in unserer Gesellschaft, die so abhängig von sensiblen Daten ist, aber auch unheimlich vorsichtig sein, wenn es um unsere persönlichsten Daten geht . Den Wandel mit dem Umgang unserer Daten kann man schon an einem einfachen Beispiel erkennen: Frü- her musste man im dörflichen, aber auch im städtischen Bereich viele Kilometer fahren, um dringend benötigte Dokumente zu beantragen . Heute ist das nicht mehr not- wendig . Wir haben heute die Möglichkeit, an fast jeder Verwaltungsstelle unsere Dokumente zu beantragen und abzuholen . Die Voraussetzung für ein solch modernes Meldewe- sen ist, dass wir mit einem einheitlichen System arbeiten und die Daten untereinander verständlich ausgetauscht werden können . Früher, als es noch gar kein Internet gab, war das ein Problem . Schwierig wurde es, wenn ein Mitarbeiter aus Schles- wig-Holstein mit einem Mitarbeiter aus Bayern sprechen durfte und beide sich nicht richtig verstanden haben . Aber selbst das haben die Beteiligten meist irgendwie hinbekommen . Beim Datenaustausch kann das schwieriger sein . Wenn eine Behörde ein anderes System und ein anderes Datenformat nutzt als eine andere Behörde, dann kann das zu unheimlichen Schwierigkeiten führen . Die Leid- tragenden sind dann vor allem die Bürgerinnen und Bür- ger . Am Ende des vergangenen Jahres ist das Bundesmel- degesetz in Kraft getreten . Das passierte ohne das große Bohei, das so oft bei anderen Themen gemacht wird, ob- wohl wir alle davon betroffen sind . Es geht jeden von uns an . Wir haben bei diesem wichtigen Gesetz lange um einen Kompromiss gerungen, weil wir die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen wollten . Wir müssen aber auch die Interessen der Unternehmen im Auge haben . Sie haben selbstverständlich eher die Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Arbeitsprozesse im Blick . Und natürlich haben auch die Verwaltungen Inte- ressen, an denen wir nicht vorbeigehen dürfen, wenn es darum geht, ein gutes Gesetz auf den Weg zu bringen . Wir wollen viele der bestehenden Abläufe vereinheit- lichen, vereinfachen und digitalisieren . Wir wollen einen modernen Standard schaffen, der das Meldegesetz auf einen modernen Stand bringt und der uns kurze Wege bereitet . Dazu gehörte auch die Zusammenführung des Melderechtsrahmengesetzes mit den Landesmeldegeset- zen . Daten und Datenspeicherung, Schutzrechte, Melde- pflichten, Datenübermittlungen zwischen öffentlichen Stellen, Melderegisterauskünfte, Zeugenschutz und Ord- nungswidrigkeiten laufen nun unter einem bundesein- heitlichen Melderecht für alle Bürger . Dank der Einführung des Bundesmeldegesetzes sind wir unseren Zielen einen großen Schritt näher gekom- men . Wir haben sie noch nicht ganz erreicht, das sage ich ganz ehrlich . Aber wir sind auf dem richtigen Weg . Die Verfahrenswege für alle Beteiligten sind kürzer gewor- den, insbesondere für Bürgerinnen und Bürger . Hier ge- winnen wir Bürgernähe durch technische Entwicklung . Das Gleiche trifft auch auf die Meldebehörden zu . Diesen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617456 (A) (C) (B) (D) wird durch das Gesetz ermöglicht, effizienter miteinan- der zu kommunizieren. Profiteure sind die Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter sowie die Bürgerinnen und Bürger . Wir wollen die Entbürokratisierung für alle Beteiligten vorantreiben, um ihnen das Leben zu erleichtern . Und genau das schaffen wir mit diesem Gesetz . Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass das bis- herige Bundesmeldegesetz noch durch weitere Regelun- gen vereinfacht werden kann: Wir sorgen in Zukunft dafür, dass die Abmeldepflicht für Personen, die ins Ausland ziehen, erleichtert wird . Der Vermieter, der bisher den Auszug seines Mieters schriftlich bestätigt hat, wird von dieser Mitwirkung be- freit . Die Abmeldung in diesem Fall kann elektronisch bei der Meldebehörde vom Mieter selbst unternommen werden . Das ist eine unheimliche Erleichterung für die Vermieter, die nicht mehr dem Verzogenen hinterherlau- fen müssen . Schon lange sind wir der Überzeugung, dass viele Abläufe und Abfragen auf elektronischem Wege er- folgen können . Dies ist ein richtungsweisender Schritt in eine sich stetig mehr digitalisierende Gesellschaft . Wir müssen dabei natürlich auch bedenken, dass die Wege sicher sein müssen . Dieser Grundsatz gilt: Wir müssen alles können, aber wir müssen nicht alles machen, nur weil wir es können . Sensible Daten müssen sensibel ge- handhabt werden . Sicherheit hat hier den Vorrang vor der Einfachheit . Wir haben es aber jetzt geschafft, beide Aspekte zusammenzubringen . Das möchte ich an dieser Stelle betonen . Durch die Einführung der elektronischen Abmeldung wird die jährliche Bearbeitungszeit der Bürgerinnen und Bürger um rund 100 000 Stunden reduziert . Durch den Verzicht der Mitwirkungspflicht des Vermieters bei der Abmeldung sparen wir knapp 1,184 Millionen Euro pro Jahr an Bürokratiekosten ein. Das ist der finanzielle Aspekt . Dazu kommt noch die Zeitersparnis . Allein die Zeitersparnis, die wir hier gewinnen, ist enorm . Der bis- herige Abmeldevorgang bei der Meldebehörde dauert im Moment im Schnitt sieben Minuten . Bei der elektroni- schen Bearbeitung sprechen wir von lediglich fünf Mi- nuten . Nicht zu vergessen, dass die Vermieter und Mieter mit dieser Lösung vermutlich sehr zufrieden sein werden . Wir sorgen in Zukunft dafür, dass Behördengänge weiter vereinfacht werden . Deshalb wollen wir heute beschließen, dass die bisher allein zuständigen Landes- behörden andere Behörden für einfache Melderechtsaus- künfte bestimmen können . Wir sorgen in Zukunft dafür, dass das Datum „Ge- schlecht“ wieder in der Melderegisterauskunft eingeführt wird . In unserer vielfältigen Gesellschaft ist es Realität, dass Meldebehörden zunehmend Schwierigkeiten haben, Namen unterschiedlichster Herkunft dem richtigen Ge- schlecht zuzuordnen . Die Ableitung des Geschlechtes aufgrund des Namens ist in vielen Fällen für die Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter in den Behörden nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich und deshalb in den Datenbanken häufig falsch hinterlegt. Jeder von uns kennt doch eine Joyce oder einen Joyce, eine Jules oder einen Jules, eine Robin oder einen Robin . Es gibt dafür ja sogar einen schönen Ausdruck: Unisex-Namen . Selbst mein Mitarbeiter aus Dortmund, er heißt Salih, wird oft als Frau angeschrieben . Aus diesem ganz pragmatischen Grund soll das Geschlecht wieder als Suchmerkmal in den Datenbanken eingeführt werden . Das Thema der inneren Sicherheit habe ich bereits angesprochen und betone noch einmal: Das Bundes- meldegesetz ist ein weiteres Mittel in einem Strauß von vielen Möglichkeiten, um vor die Lage zu kommen . Das Meldewesen gewinnt auch im Sicherheitsbereich immer mehr an Bedeutung . Gerne erinnere ich an dieser Stelle an die richtige Entscheidung, den Ersatz-Personalaus- weis einzuführen . Er verhindert die Ausreise von Perso- nen, die unsere innere und äußere Sicherheit durch die Vorbereitung von schweren Gewalttaten in Terrorcamps im Ausland gefährden . Mit dem Personalausweis war die Ausreise, trotz Passentzug, damals noch möglich . Die Ausreise haben wir so unmöglich gemacht . Für unsere Sicherheit ist es unerlässlich, dass die Information über den Reisepassentzug und die Ausstellung des Ersatz-Per- sonalausweises im Meldewesen hinterlegt ist . Eine weitere Anpassung des Bundesmeldegesetzes ist durch die Einführung der doppelten Staatsbürger- schaft notwendig geworden . Kinder ausländischer Eltern können durch die Geburt hier in Deutschland die deut- sche Staatsangehörigkeit erwerben . Für sie entfällt die Optionspflicht. Die Standesämter übermitteln den Mel- debehörden den Erwerb dieses Ius-Soli-Titels . Für die Durchführung des Optionsverfahrens müssen die Melde- behörden und die Staatsangehörigkeitsbehörden zusam- menarbeiten und die Möglichkeit haben, sich bestimmte Daten zu übermitteln . Sie haben nun die Möglichkeit, die Angaben zur Staatsangehörigkeit der gemeldeten Perso- nen zu prüfen . Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Sie se- hen, ist die Änderung des Bundesmeldegesetzes vernünf- tig und notwendig . Aus diesem Grunde bitte ich um Ihre Zustimmung . Gabriele Fograscher (SPD): Früher gab es ein Mel- derechtsrahmengesetz, innerhalb dessen Vorgaben die Länder eigene Meldegesetze erließen . Seit der Föderalis- muskommission I wurde 2006 dem Bund die ausschließ- liche Gesetzgebungskompetenz übertragen . Deshalb haben wir im Frühjahr 2013 das Bundesmeldegesetz be- schlossen, das überwiegend zum 1 . November 2015 in Kraft getreten ist . Nach einem guten halben Jahr Praxiserfahrung hat sich nun gezeigt, dass das Gesetz an einigen Stellen nachjustiert werden muss . Bisher regelt das Meldegesetz, dass der, der aus einer Wohnung auszieht und keine neue Wohnung im Inland bezieht, verpflichtet ist, sich bei der Meldebehörde ab- zumelden und den Auszug vom Wohnungsgeber bestä- tigen zu lassen . Dieses Verfahren ist sehr aufwendig und bürokratisch . Deshalb soll künftig die Abmeldung auch elektronisch möglich sein . Auf die Wohnungsgeberbestätigung bei der Abmel- dung, egal ob der Meldepflichtige innerhalb Deutsch- lands umzieht oder ins Ausland, wird gänzlich verzichtet . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17457 (A) (C) (B) (D) Die Wohnungsgeberbestätigung, die 2002 im Melde- rechtsrahmengesetz abgeschafft wurde, wurde im Bun- desmeldegesetz wieder eingeführt . Die Begründung war, dass man damit Scheinanmeldungen verhindern wollte . Inzwischen hat sich aber herausgestellt, dass die Bestä- tigung des Wohnungsgebers mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden ist . Dieser kann, so die Begründung des Gesetzentwurfes, nicht damit gerechtfertigt werden, Scheinanmeldungen zu verhindern . Ob dieses Instrument Scheinanmeldungen überhaupt verhindern kann, ist fraglich . Seit der Verabschiedung des Bundesmeldegeset- zes 2013 haben sich andere Gesetze geändert, die Folgen haben für das Meldewesen . Wir haben das Personalausweisgesetz ergänzt, indem wir den Ersatz-Personalausweis eingeführt haben . Dieses muss in § 23 Absatz 1 BMG – Erfüllung der allgemeinen Meldepflicht – und in § 38 Absatz 3 Nummer 5 BMG – automatisierter Abruf – nachvollzogen werden . Ebenso ist nach Verabschiedung des BMG das Staats- angehörigkeitsgesetz im November 2014 geändert wor- den. Die Neuregelung der Optionspflicht in § 29 Staats- angehörigkeitsrecht wird in § 3 Absatz 2 Nummer 5 BMG – Speicherung von Daten – nachvollzogen . Daraus ergeben sich wiederum Änderungen im Staatsangehörig- keitsrecht, die ebenfalls mit diesem Gesetzentwurf gere- gelt werden sollen . Wenn im Rahmen des Optionsverfahrens Daten der Meldebehörden an die Staatsangehörigkeitsbehörden übermittelt werden, werden auch die Auskunftssperren übermittelt . Für die Länder wird es möglich, nicht nur die oberste Landesbehörde, sondern auch eine andere Behörde als Zulassungsbehörde für privatrechtlich betriebene Porta- le zur Durchführung einfacher Melderegisterauskünfte über das Internet zu bestimmen . Damit wird die Flexibi- lität bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben erhöht . Das Bundesamt für Justiz soll in den Katalog der Behörden des § 34 Absatz 4 Satz 1 aufgenommen wer- den, die grundsätzlich Daten bei den Meldebehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben abfragen können . Dies ist notwendig, weil das Bundesamt Aufgaben der Vollstre- ckungshilfe sowie Aufgaben des Strafnachrichtenaustau- sches aufgrund von europäischen Rahmenbeschlüssen wahrnimmt . Das Datum „Geschlecht“ soll als weiteres Datum bei der Registrierung im Melderegister festgelegt werden . Dieses dürfen Behörden beim automatischen Verfahren abrufen . Diese Maßnahme wird damit begründet, dass es nicht sachgerecht sei, auf dieses Datum zu verzichten, da die Bestimmung des Geschlechts aufgrund ausländi- scher Vornamen von Meldepflichtigen oft nicht möglich sei . Dieses Datum sollen die Behörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben im automatisierten Verfahren des § 38 Absatz 1 BMG abrufen können . Seit Wegfall dieses Da- tums habe sich, so die Begründung des Gesetzentwurfes, die Erfolgsquote automatisierter Melderegisterauskünfte deutlich verschlechtert . Diese Begründung für die Einführung des Geschlechts als abrufbares Datum ist für mich nicht ausreichend . Ich erwarte eine konkretere Begründung in den anstehenden Gesprächen . Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme noch zwei Ergänzungen vorgeschlagen, die § 18 Absatz 2 BMG – Meldebescheinigung – und § 49 Absatz 4 BMG – au- tomatisierte Melderegisterauskunft – betreffen . Diesen Vorschlägen folgen wir . Auch wenn es noch einige wenige Fragen zu klären gibt, halten wir die praxisgerechten Ergänzungen für sinnvoll, sie gestalten das Bundesmeldegesetz bürger- freundlicher . Jan Korte (DIE LINKE): Ab und an lohnt es, sich die Geschichte von Gesetzentwürfen genauer anzusehen . Beim hier zur Debatte stehenden Gesetzentwurf sieht man dann, dass Sie jetzt, offenbar angesichts der ersten Praxiserfahrungen, Ihre am 1 . November 2015, also vor gerade einmal etwas mehr als einem halben Jahr, in Kraft getretenen Änderungen im Bundesmeldegesetz (BMG) bereits nachjustieren müssen . Der Grund: Ihr damaliges Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens war hand- werklich einfach nicht gut gemacht . So weit, so schlecht . Aber man kann es auch positiv betrachten und sagen, dass Sie dies diesmal immerhin schon recht frühzeitig gemerkt haben . Und einige Punkte in Ihrem Gesetzent- wurf gehen auch tatsächlich in die richtige Richtung . Die Erkenntnis, dass der damalige Gesetzentwurf nicht gut gemacht war, kommt allerdings für diejenigen, die zum Beispiel den Sachverständigen in der Ausschuss- anhörung zugehört hatten, nicht wirklich überraschend . Schon vor zwei Jahren haben uns die Datenschutzbeauf- tragten des Bundes und der Länder bereits im Gesetzge- bungsverfahren zum Entwurf des Gesetzes zur Fortent- wicklung des Meldewesens umfassend Empfehlungen gegeben, die dann aufgrund ihrer Abneigung gegen den Datenschutz keinen oder nur zum Teil Eingang in das Gesetz fanden . Schon damals rieten die Datenschützer, die Mitwir- kungspflicht des Wohnungsgebers bei der An- und Ab- meldung ersatzlos zu streichen . § 19 BMG ist nur in den allerwenigsten Fällen geeignet, Scheinanmeldungen zu verhindern, für die Mieterinnen und Mieter und die Woh- nungsgeber jedoch ein enormer bürokratischer Mehrauf- wand . Aber anstatt § 19 in Gänze zu streichen, sieht Ihr Gesetzentwurf nur die Streichung der Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers vor, wenn der Mieter ins Ausland verzieht . Und Sie springen nicht nur hier zu kurz: An die Hotelmeldepflicht, die nichts anderes als eine umfangreiche, verdachtslose Datenerhebung auf Vorrat ist, wagen Sie sich auch diesmal nicht heran . Die Da- tenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben die Hotelmeldepflicht seit jeher als unverhältnismäßig kritisiert und gefordert, dass Hotelgäste nicht pauschal als Gefahrenquellen oder potenzielle Straftäter angese- hen werden dürfen . Meine Fraktion ist deshalb der Mei- nung, dass die §§ 29 bis 31 des BMG abgeschafft werden sollten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617458 (A) (C) (B) (D) Was sind denn aber nun die positiven Seiten Ihres Ge- setzentwurfs? Das Bundesamt für Justiz wird in die Liste nach § 34 Absatz 4 Satz 1 der abrufberechtigten Stellen aufgenom- men, um seinen Aufgaben im Rahmen der EU-Rechtshil- fe nachkommen zu können . Auch die Klarstellung zum bedingten Sperrvermerk (§ 52 BMG), wonach die Speicherung nicht personen- bezogen, sondern zur Anschrift der betroffenen Person erfolgt, erscheint mir richtig . Dass bei der Durchführung des Optionsverfahrens im Staatsangehörigkeitsgesetz die Übermittlung von Aus- kunftssperren auch bei vorzunehmenden Datenübermitt- lungen der Meldebehörden an die zuständigen Behörden aufgenommen wird, ist zu begrüßen . Das war es dann aber auch schon . Einzelne daten- schutzrechtliche Klarstellungen müssen ja nur erfolgen, weil Sie wieder einmal den Umfang der zu speichern- den Daten erhöhen oder wie in § 33 des Staatsangehö- rigkeitsgesetzes (StAG) die im Register staatsangehörig- keitsrechtlicher Entscheidungen zu speichernden Daten ergänzen . Ihre Begründung, warum in die im automati- sierten Verfahren abrufbaren Daten auch das Merkmal „Geschlecht“ wieder aufgenommen werden muss, da es im Zusammenhang mit der steigenden Zahl auslän- discher Namen zu Identifizierungsschwierigkeiten ge- kommen sei, überzeugt mich nicht . Warum hat sich bei der automatisierten Melderegisterauskunft nach § 38 Ab- satz 1 BMG die Erteilungsquote deutlich verschlechtert, weil die abfragenden Stellen das Geschlecht nicht ange- ben dürfen? Darauf hätte ich gerne im weiteren Gesetz- gebungsverfahren eine nachvollziehbare und auf Fakten basierende Erklärung . Neben diesen sehr überschaubaren Verbesserungen beinhaltet Ihr Gesetzentwurf aber mit der Privatisierung der Melderegisterauskunft noch eine extrem problema- tische Verschlechterung, die meine Fraktion auf keinen Fall mittragen kann: Denn um nichts anderes handelt es sich bei der von Ihnen geplanten Möglichkeit zur „Be- auftragung“ von Privatunternehmen zur Führung des Auskunftsregisters durch Änderung des § 49 Absatz 3 BMG . Wenn die Daten außerhalb der Behörden noch ein zweites Mal gespeichert werden, erhöht das selbst- verständlich das Risiko für die Datensicherheit . Zudem erschließt sich der Sinn nicht, denn die öffentliche Hand kann die Verwaltungskosten für die Registerauskünfte ja über entsprechende angemessene Gebühren ausgleichen, während Privatunternehmen selbstverständlich mit Pro- fitinteresse an so etwas rangehen. Unsicherheiten könn- ten zusätzlich entstehen, wenn ein solches Unternehmen pleitegehen sollte . Die ganzen Daten, die ja einen enor- men Wert darstellen können, wären weiterhin irgendwo gespeichert, aber die Zugriffsrechte würden unklar . Sol- len diese dann Gegenstand eines Insolvenzverfahrens werden, oder wie haben Sie sich das gedacht? Die Linke begrüßt hingegen einige Änderungs- vorschläge des Bundesrates . Der Innenausschuss des Bundesrates empfiehlt in seiner Stellungnahme, eine Möglichkeit zur Auswahl der Daten in einer Meldebe- scheinigung für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, die damit nur genau die erforderlichen Daten preisgeben müssen, und zugleich die möglichen Angaben gegenüber der derzeitigen Rechtslage zu erweitern . Zweitens soll ein Missbrauch der Melderegisterauskunft an Private durch präzisere Regelungen verhindert werden . Diese Vorschläge sind sehr sinnvoll und finden unsere Unter- stützung . Fazit: Die Chance, die Macken des Ausgangsgesetzes auszuräumen, wurde einmal mehr nicht genutzt . Neben einigen Verbesserungen wurde im gleichen Zug an ande- rer Stelle verschlechtert oder neue Probleme geschaffen . Der grundsätzliche Trend zum Aufhäufen und Austau- schen von immer mehr Daten, den Sie mit Ihrer Politik nun schon seit vielen Jahren verfolgen, wird auch mit diesem Gesetzentwurf weiterverfolgt . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Auf den Webseiten des BMI lässt es sich nach- lesen: „Die Mitwirkungspflicht des Vermieters bei der Anmeldung von Mietern wird wieder eingeführt, um Scheinanmeldungen und damit häufig verbundenen For- men der Kriminalität wirksamer zu begegnen .“ Das war 2013 . Gegen unseren ausdrücklichen Rat wurde damals so verfahren . Ebenso wie wir gegen die Wiedereinfüh- rung der Hotelmeldepflicht sowie gegen Melderegister- auskünfte an den Adresshandel als Default-Regelung ge- stritten haben, die die damalige schwarz-gelbe Koalition in einer Nacht-und-Nebel-Aktion während eines Fußball- WM-Spiels der Deutschen Mannschaft terminiert hatte . Heute, knapp drei Jahre später, tritt erneut eine Mer- kel-Regierung mit Hoheit über das Bundesinnenministe- rium wieder den Rückzug an: „Die Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers bei der Abmeldung wird unter dem Gesichtspunkt der Entbürokratisierung wieder abge- schafft“ (Seite 15 des Regierungsentwurfs, BT-Drucksa- che 18/8620 .) . Aber was bedeutet denn die halbe Rolle rückwärts? Weiterhin sollen Wohnungsgeber und Behör- den aufwendigste „Spurensicherung“ hinsichtlich der Identität von Mieterinnen und Mietern bei der Anmietung betreiben . Diese Indienstnahme Privater für polizeiliche Zwecke, die für das BMI in vielen Bereichen inzwischen ganz unhinterfragt zum Mittel der Wahl avancierte, bleibt also erhalten . Und damit wohl auch im Wesentlichen der Bürokratieaufwand . Nur die Mitwirkung bei der Abmel- dung entfällt . Als grüne Bundestagsfraktion appellieren wir erneut an Sie, diese bürokratischen und kleinlichen Meldepflichten gleich ganz abzuschaffen. Sie stehen in keinem Verhältnis zu den angeblichen Vorteilen bei der Kriminalitätsbekämpfung, zu denen Sie weder willens noch in der Lage sein dürften, eine entsprechende Statis- tik auch nur vorzuhalten . Scheinanmeldungen sind auch durch Mitwirkungspflichten letztlich nicht wirksam zu verhindern . Sicherheit bedeutet, sich auf wesentliche und effektive Linien zu konzentrieren und nicht, auch noch die Meldebehörden mit gewaltigen Datenbergen von Vermietern in ihrer Aufgabenerfüllung zu behindern . Bei der Gelegenheit, das wiederholen wir an dieser Stelle, fordern wir Sie erneut auf, die Hotelmeldepflicht zu streichen, deren „ortspolizeiliche“ Funktion aus dem vorigen Jahrhundert nicht allen Ernstes ein relevantes Mittel der Kriminalitätsbekämpfung darstellen kann . Sie Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17459 (A) (C) (B) (D) ist vielmehr eine verdachtslose Datenerhebung und Da- tenspeicherung auf Vorrat . Zutreffend ist allerdings, dass das Melderecht eine immer größere Bedeutung für die Informationsordnung gewonnen hat, nicht allein für die Verwaltung, sondern auch für die Wirtschaft . Man muss das Bundesmelde- recht nicht gleich zum informationellen Rückgrat einer modernen bürgerorientierten Verwaltung stilisieren, um gleichwohl die gewachsene Anzahl der Zugriffsmöglich- keiten und damit der Vernetzung der Meldedatenbestände mit anderen öffentlichen Stellen und Entscheidungspro- zessen zu erkennen . Ein aktuelles Beispiel sind die um- fangreichen Abruf- als auch Einmeldemöglichkeiten sei- tens aller mit Flüchtlingsfragen befassten Behörden nach dem sogenannten Datenaustauschverbesserungsgesetz . Während diese Regelung aus rein datenschutzpolitischer Sicht eine ganze Reihe fragwürdiger Regelungen enthält, zeigt sie doch zugleich auch die Bedeutung des Melde- datensystems. Die mithilfe der Auskunftspflicht von Bür- gerinnen und Bürgern gewonnenen Meldedaten werden genutzt, um sehr unterschiedliche staatliche Aufgaben zu erleichtern, zu optimieren und zu ermöglichen . Durch die Vernetzung der Behörden wird es möglich, Aufgaben zu erledigen, ohne die betroffenen Bürger für die Durch- führung der jeweiligen Aufgaben erneut in Anspruch nehmen zu müssen. Diese Effizienz, Kosteneinsparung und Bürgerfreundlichkeit ist natürlich ein Riesengewinn, wird mittlerweile von vielen als selbstverständlich erach- tet und stellt beispielsweise im Umgang mit den zu uns kommenden Flüchtlingen auch einen wichtigen Faktor dar, um deren rasche Integration mit zu ermöglichen . Gleichwohl kann und wird es mit dem Melderecht kei- nen multifunktionalen Informationspool geben dürfen, bei dem sich die Behörden oder auch die Wirtschaft nach Belieben ohne Beteiligung der Betroffenen selbst bedie- nen können . Die weiteren Vorschläge Ihres Entwurfes mögen in einer Abwägung auch mit den Grundsätzen der Daten- sparsamkeit vertretbar erscheinen, so etwa die Wieder- aufnahme des Geschlechts in die Suchfunktion bei der automatisierten Meldeauskunft zur Erhöhung der Treffsi- cherheit . Auch für die Öffnung des Betriebs der Landes- portale zur einfachen Melderegisterauskunft auch durch andere Behörden als oberste Landesbehörden mögen Praxiserfahrungen sprechen . Diese sowie die Übermitt- lung der Auskunftssperren an die Staatsangehörigkeits- behörden sind zu begrüßen . Noch wichtiger hingegen bleibt es weiterhin, ganz praktisch die Bürgerinnen und Bürger – gemeinsam mit den völlig unterbesetzten Datenschutzbehörden – auf ihre eigenen Betroffenenrechte und Gestaltungsmöglichkei- ten im Melderecht immer wieder hinzuweisen: So kön- nen sie weiterhin Widerspruchsrechte geltend machen, gegen Wahlwerbebriefe, gegen die Adressweitergabe an Adressbuchverlage oder bei Alters- oder Ehejubiläen an Mandatsträger . Und die Weitergabe von Meldedaten für Zwecke der Werbung oder des Adresshandels ist weiter- hin nur mit Einwilligung möglich . Und eine solche Ein- willigung kann jederzeit widerrufen werden . Schließlich können alle Bürgerinnen und Bürger im Rahmen einer gebührenfreien Selbstauskunft gegenüber der Meldebe- hörde erfahren, welche Daten über sie gespeichert sind, woher diese Daten stammen und wer Empfänger regel- mäßiger Datenübermittlungen sind . Auch die Nutzung dieser Betroffenenrechte trägt mit dazu bei, dass die Mel- deregister keine uferlosen Allzweckdatenbanken werden . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches (Tagesordnungs- punkt 25) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Heute findet die erste Lesung zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches statt . Dieser Gesetzentwurf dient der Ratifizierung der Vereinbarungen, die auf der Konferenz in Kampala getroffen wurden . Vom 31 . Mai bis 11 . Juni 2010 fand in Kampala in Uganda die erste Überprüfungskonferenz zum Statut des Internationalen Strafgerichtshofs statt . Auf dieser Konfe- renz gelang es den Vertragsstaaten des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, sich auf eine Defi- nition des Tatbestandes der Aggression zu verständigen . Gleichzeitig soll der vorliegende Gesetzentwurf der Verwirklichung des Grundsatzes der Komplementari- tät nach dem Römischen Statut dienen . Der Grundsatz der Komplementarität besagt, dass die Strafverfolgung völkerrechtlicher Verbrechen Aufgabe des Staates ist, in dem diese Verbrechen stattfinden. Dieser Grundsatz ist in Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a des Römischen Status festgehalten und besagt, dass der Gerichtshof entscheidet „dass eine Sache nicht zulässig ist, wenn in der Sache von einem Staat, der Gerichtsbarkeit darüber hat, Ermitt- lungen oder eine Strafverfolgung durchgeführt werden, es sei denn, der Staat ist nicht willens oder nicht in der Lage, die Ermittlungen oder die Strafverfolgung ernst- haft durchzuführen“ . Das Prinzip der Komplementarität stellt ein relativ neues Instrument im Völkerrecht dar, um völkerrechtliche und nationale Bestimmungen mit- einander zu verzahnen mit dem Ziel, die strafrechtliche Verfolgung von besonders schwerwiegenden Verbrechen sicherzustellen . Der Internationale Strafgerichtshof kann nur dann tätig werden, wenn der betroffene Staat „nicht willens oder nicht in der Lage“ ist . Ansonsten soll eine effektive Strafverfolgung in den Mitgliedstaaten stattfin- den . Der vorliegende Gesetzentwurf schlägt mithin eine Möglichkeit vor, mit der es gelingen kann, den Tatbe- stand des Verbrechens der Aggression in das deutsche Recht zu implementieren . Bislang regelten § 80 StGB – Vorbereitung eines Angriffskrieges – und § 80a StGB – Aufstacheln zum Angriffskrieg – die Strafbarkeitstatbe- stände im Zusammenhang mit einem Angriffskrieg in Deutschland . Diese Vorschriften sollen nun durch einen neuen, eigenständigen Straftatbestand des Verbrechens der Aggression, der in das Völkerstrafgesetzbuch (VSt- GB) eingefügt wird, ersetzt werden . Es wird mithin ein Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617460 (A) (C) (B) (D) neuer § 13 VStGB „Verbrechen der Aggression“ geschaf- fen . Ich werde im Folgenden einige Kritikpunkte an der dort vorgeschlagenen Formulierung darstellen . Im Vorlauf zu den jetzt beginnenden parlamentarischen Beratungen er- folgte eine Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern zu dem Entwurf . Auf diese Stellungnahme hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geantwortet . Schließlich hat das Bundesministerium des Innern hierauf noch einmal erneut Stellung genommen . Die zu diskutierenden drei Hauptkritikpunkte wurden auch bereits in diesen Schreiben erörtert, sodass man er- kennt, dass intensiv an einer sehr guten Regelung gear- beitet wurde . Im nun beginnenden parlamentarischen Verfahren werden vor allem drei Punkte zu diskutieren sein . Dies ist erstens die Frage, ob es wirklich der Schaffung eines minderschweren Falls des Verbrechens der Aggression bedarf . Zweitens muss geprüft werden, ob die Abschaf- fung des § 80a StGB durch die neue Regelung des § 13 VStGB ausreichend abgefangen werden kann . Drittens ist zu prüfen, ob der Tatbestand der Aggression im deut- schen Strafrecht auch Handlungen durch nichtstaatliche Akteure erfassen soll . In § 13 Absatz 5 VStGB soll nun ein minderschwe- rer Fall geregelt werden . In der Begründung wird hierzu ausgeführt, dass es nur so umsetzbar sei, den abstrakten Unrechtsabstufungen angemessen Rechnung zu tragen, die sich aus den verschiedenen Begehungsvarianten des Artikels 8 bis Absatz 2 Satz 2 IStGH-Statut ergeben . Zu diskutieren wird nun im weiteren parlamentarischen Ver- fahren sein, ob dieses Argument überzeugt . Zwar sind zahlreiche Situationen denkbar, in denen von sehr unterschiedlicher Tatschwere ausgegangen wer- den muss . Der vorliegende Gesetzentwurf bezieht sich aber auf den Wortlaut des IStGH-Statuts . Im IStGH-Sta- tut selbst wird nicht zwischen einer völkerrechtswidrigen Angriffshandlung und dem Verbrechen der Aggression unterschieden . Es wäre somit also auch darstellbar, jede einschlägige Handlung, die unter § 13 VStGB subsu- miert werden kann, auch gemäß einem „normalen“ Fall zu bestrafen . Es bedarf dann keiner Sonderregelung zu einem minderschweren Fall . Hier ist also zu prüfen, ob eine Regelung geschaffen werden muss oder ob sie sich als zumindest nicht notwendig herausstellt . Durch die Streichung des § 80a StGB werden in Zu- kunft alle Fälle, in denen ein Aufstacheln zum Angriffs- krieg vorliegt, unter § 111 StGB geprüft werden müssen . § 111 StGB normiert aber die Strafbarkeit des „Auffor- derns“ und nicht des „Aufstachelns“ . Es wird mithin Un- terschiede bei der Subsumtion geben, und dies kann dazu führen, dass bisher strafbares Verhalten „Aufstacheln“ in Zukunft straflos „Auffordern“ wird. Auch ist die Mindestfreiheitsstrafe bei § 80a StGB im- mer drei Monate . Der Fall des erfolglosen Aufforderns nach § 111 Absatz 2 StGB beinhaltet jedoch keine Min- deststrafe . Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf gilt in Zukunft in diesen Fällen also ein geringeres Strafmaß . Hierüber wird im parlamentarischen Verfahren noch zu diskutieren sein . Eine Strafmilderung sollte durch das vorliegende Gesetz unter keinen Umständen geschaffen werden . In der bereits angesprochenen Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern wird hierzu ausgeführt: Durch § 13 Absatz 3 VStGB werden im Einklang mit dem Völkerrecht nur Angriffshandlungen erfasst, die ei- nem Staat nach den Regeln des Völkerrechts zugerechnet werden können . Der nationale Gesetzgeber kann im Rah- men seiner Jurisdiktion aber weiter gehen, als dies die völkerrechtliche Umsetzungspflicht verlangt. Es besteht ein rechtspolitisches Interesse daran, auch nichtstaatliche Akteure (wie zum Beispiel Terrormilizen) in den Anwen- dungsbereich von § 13 VStGB mit einzubeziehen . Dies gilt zumindest, sofern deren Handlungen mit Aggressi- onshandlungen vergleichbar sind . Rechtstechnisch wäre eine Erweiterung des § 13 VStGB um Handlungen be- waffneter nichtstaatlicher Terrorgruppen, die Anschläge in Deutschland verüben bzw . solche Handlungen planen, denkbar . Alternativ könnten §§ 129a, b StGB um einen solchen Tatbestand ergänzt werden . Dem Vorschlag des Bundesministeriums des Innern, an dieser Stelle eine Erweiterung vorzunehmen, ist zu- zustimmen . Allerdings sollte eine entsprechende Rege- lung nicht in § 13 VStGB eingefügt werden . Vielmehr sollten die §§ 129a, b StGB ergänzt werden . Bei einer Erweiterung des § 13 VStGB auf nichtstaatliche Akteure könnte man nach einem Terroranschlag im Innern zu der Auffassung gelangen, dass bereits ein Angriffskrieg vor- liegt und diesen dann dem Staat, von dem die Terroristen kommen, zurechnen . Dies würde zu einer nicht hinnehm- baren völkerrechtlichen Gefahr für den Frieden führen und muss deshalb abgelehnt werden . Eine Verschärfung der §§ 129a, b StGB ist aber zu begrüßen, um terroristi- sche Angriffe gezielter verfolgen zu können . Der nun vorliegende Gesetzentwurf enthält bereits viele begrüßenswerte Regelungen . Es wird uns sicher gelingen, im parlamentarischen Verfahren noch einige wichtige Verbesserungen anzubringen . Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit in den anstehenden Be- ratungen . Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Das Völkerstraf- recht erfasst schwere Verbrechen . Verbrechen des Völ- kermords, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Verbrechen der Aggression stel- len die gravierendsten Verbrechen nach dem Völkerrecht dar . Dabei wirkt nicht nur die Schuld des einzelnen Tä- ters schwer . Völkerrechtsverbrechen betreffen die inter- nationale Staatengemeinschaft in ihrer Gesamtheit . Für Völkerrechtsverbrechen besteht ein internatio- nales Interesse an der Verfolgung und Aburteilung . Aus diesem Grund wurde im Jahr 1998 durch das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs eine Ge- richtsbarkeit geschaffen . Für die Aburteilung der Völker- rechtsverbrechen von Individuen ist seit 2002 der Inter- nationale Strafgerichtshof berufen . Für eine einheitliche Strafbarkeit auf internationaler Ebene und im Interesse der Staatengemeinschaft werden die Tatbestände des Völkerstrafrechts von den Vertrags- staaten des Römischen Statuts gemeinsam festgelegt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17461 (A) (C) (B) (D) Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit finden sich seither im Römischen Statut definiert. Das Verbrechen der Aggression fand sich bisher nicht darunter . Auf der Konferenz von Kampala gelangen schließlich der Durchbruch und eine wesent- liche Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts . Nach intensiven Beratungen und Verhandlungen wurde eine einheitliche Definition des Verbrechens der Aggression geschaffen . Wie ist der Begriff des Verbrechens der Aggression nun definiert? Nach dem Römischen Statut des Interna- tionalen Strafgerichtshofs wird dies als Planung bis zur Ausführung einer schweren Angriffshandlung gegen die Souveränität eines Staates verstanden . Zugleich muss es sich um eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen handeln. Als konkretes Beispiel fin- det sich bereits heute im Strafgesetzbuch der Straftat- bestand der Vorbereitung eines Angriffskrieges, an dem die Bundesrepublik beteiligt werden soll . Der Straftatbe- stand wendet sich als Führungsverbrechen gegen Perso- nen eines Staates, die tatsächlich in der Lage sind, das politische oder militärische Handeln zu kontrollieren und zu lenken . Es gilt der Grundsatz der Komplementarität . Die Ver- folgungszuständigkeit für das Verbrechen der Aggression wird vom Internationalen Strafgerichtshof nur ausgeübt, wenn die nationalen Behörden und Gerichte hierzu nicht in der Lage sind . Dies wird vor allem in labilen Staaten ohne eine unabhängige Justiz der Fall sein . Wir können mit Stolz sagen, dass wir in Deutschland nicht betroffen sind . Wir haben einen funktionierenden Rechtsstaat mit unabhängigen Gerichten zur Aburteilung dieser Völker- rechtsverbrechen . Mit dem heutigen Änderungsgesetz zum Völkerstrafgesetzbuch schaffen wir die materi- ell-rechtliche Grundlage zur Verfolgung . Die Ergebnisse der Konferenz von Kampala finden sich nun als neuer Straftatbestand des Verbrechens der Aggression im Bin- nenrecht umgesetzt . Zugleich erfährt das Völkerstraf- recht seine Vervollständigung . Der richtige Ort ist das Völkerstrafgesetzbuch. Dort finden sich auch die anderen aufgezählten völkerrechtlichen Kernverbrechen . Damit kommt das Verbrechen der Aggression als schwere Völ- kerstraftat zur Geltung. In diesem Zusammenhang findet sich der erwähnte Straftatbestand der Vorbereitung eines Angriffskrieges nun auch in der Definition des Verbre- chens der Aggression im Völkerstrafgesetzbuch wieder . Gleichwohl können wir uns glücklich schätzen, dass der bisherige Tatbestand der Vorbereitung eines Angriffs- krieges nur wenig praktische Relevanz hat . Anzeigevor- gänge führten regelmäßig schon zu keiner Einleitung eines Ermittlungsverfahrens . Dies zeigt, dass die Bun- desrepublik Deutschland sich derzeit keinen Gefahren durch solche Straftaten ausgesetzt sieht . Dirk Wiese (SPD): Die Idee eines unabhängigen stän- digen Internationalen Strafgerichtshofs zur Aufklärung und Aburteilung völkerrechtswidriger Verbrechen reicht zurück bis in das Jahr 1872, in dem Gustave Moynier, als Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, den ersten förmlichen Vorschlag zur Errichtung eines derartigen Gerichtshofs vorlegte . Die langjährigen Bestrebungen, einen Internationa- len Strafgerichtshof einzuführen, führten schließlich mit dem sogenannten Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17 . Juli 1998 zum Erfolg . Nach diesem Statut verständigen sich die inzwischen 140 un- terzeichnenden Staaten darauf, einen unabhängigen stän- digen Internationalen Gerichtshof als Gerichtsbarkeit über die schwersten Verbrechen, welche die internationa- le Gemeinschaft als Ganzes berühren, zu errichten . Die Beschlüsse von Kampala, die im Jahr 2010 ge- fasst worden sind, ergänzen das Römische Statut des Internationalen als vertragliche Grundlage des IStGH in Den Haag . Mit Gesetz vom 3 . Juni 2013 hat Deutsch- land – neben bislang weiteren 27 Staaten – die Beschlüs- se von Kampala ratifiziert. Damit fehlen die Ratifikation von lediglich zwei Vertragsstaaten sowie ein Beschluss der Vertragsstaaten mit Zweidrittel-Mehrheit nach dem 1 . Januar 2017, um die Gerichtsbarkeit des IStGH akti- vieren zu können . Der vorliegende Gesetzentwurf ist zu begrüßen, da so weitere Voraussetzungen dafür geschaffen werden, unser nationales Strafrecht an die internationale Rechtslage anzupassen . Damit wird sichergestellt, dass Deutschland stets in der Lage ist, in die Zuständigkeit des IStGH fal- lende Verbrechen selbst zu verfolgen . Somit trägt der Ge- setzentwurf dem Grundsatz der Komplementarität Rech- nung, nach dem in die Zuständigkeit des IStGH fallende Verbrechen auch durch nationale Behörden verfolgt wer- den sollen . Der Entwurf verbindet auf der Grundlage des gesi- cherten Völkergewohnheitsrechts die historischen und verfassungsrechtlichen Gegebenheiten Deutschlands und seine Rechtstradition mit möglichst großer Nähe zu den Beschlüssen von Kampala . Gleichzeitig hat er zum Ziel, den Bedürfnissen der Praxis, namentlich des für die Verfolgung von Aggressionsverbrechen zuständigen Ge- neralbundesanwalts, Rechnung zu tragen, ohne falsche Erwartungen der Öffentlichkeit zu wecken . Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Be- schlüsse der Überprüfungskonferenz der Vertragsstaaten des IStGH-Statuts in Kampala, die den Begriff des völ- kerrechtswidrigen Angriffskrieges definieren. Kernstück ist die Einführung eines neuen § 13 in das Völkerstrafgesetzbuch unter Aufhebung des bisherigen § 80 StGB (Vorbereitung eines Angriffskrieges) . Dabei wird neben der Vorbereitung erstmals auch die tatsäch- liche Durchführung eines Angriffskrieges unter Strafe gestellt . Gleichzeitig werden zum Schutz von „einfa- chen“ Soldaten der Täterkreis auf Führungspersonen – politische und militärische Machthaber – beschränkt und völkerrechtlich umstrittene Fälle durch eine Schwel- lenklausel ausgeklammert . Anders als für die bereits im VStGB geregelten Verbrechen (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen) enthält der Entwurf eine Einschränkung des sogenannten Welt- rechtsprinzips . Danach kommt das deutsche Recht nur bei einem eindeutigen Bezug der Tat zu Deutschland zur Anwendung . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617462 (A) (C) (B) (D) Das Gesetz soll am 1 . Januar 2017 in Kraft treten, um einen Gleichlauf mit der Gerichtsbarkeit des IStGH zu gewährleisten . Die Gerichtsbarkeit des IStGH kann frühestens nach dem 1 . Januar 2017 aktiviert werden . Voraussetzung ist, dass 30 der 122 Vertragsstaaten die Änderung des Römischen Statuts ratifiziert haben und mindestens zwei Drittel der Vertragsstaaten der Aus- übung der Gerichtsbarkeit zustimmen . Jetzt stehen erst einmal die parlamentarischen Bera- tungen an . Ulla Jelpke (DIE LINKE): Mittelpunkt der heuti- gen Debatte ist der zukünftige neue Straftatbestand der Aggression im Völkerstrafgesetzbuch . Grundsätzlich beschlossen und definiert wurde dieser Straftatbestand bereits im Jahr 2010 auf einer Konferenz der Vertrags- staaten des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala . Der Gesetzentwurf heute soll das Verbrechen der Aggres- sion nun auch in das deutsche Strafrecht einführen . Als Ziel der Neuregelung wird der Schutz der Souveränität, der territorialen Unversehrtheit und der politischen Un- abhängigkeit von Staaten genannt . Bislang war in Deutschland nur das Vorbereiten eines Angriffskrieges und das Aufstacheln dazu als Straftat er- fasst, nicht aber das Führen eines solchen Angriffskrie- ges . Das ist natürlich ein inkonsequenter Zustand, der jetzt zu Recht korrigiert werden soll . Es ist – nicht nur aus historischer Sicht – richtig und überfällig, dass es endlich eine Definition des Verbrechens der Aggression gibt und dass dieser Straftatbestand Eingang in das inter- nationale und nun auch in das nationale Recht finden soll. Die kritische Frage ist allerdings: Was genau ist un- ter dem Verbrechen der Aggression zu verstehen? Der Gesetzentwurf nennt etwa die dauerhafte Annektierung eines fremden Staatsgebietes oder aber die Unterwerfung eines anderen Staates . Blockaden von Häfen oder Küsten durch fremde Streitkräfte, die Bombardierung oder Be- schießung fremden Hoheitsgebiets oder auch Fälle des gezielten Entsendens bewaffneter Banden oder Söldner in einen anderen Staat sollen künftig als Aggressions- verbrechen verfolgbar sein . Allerdings zeigt die Geset- zesbegründung auch, dass lange nicht jedes gewaltsame Eingreifen von außen ein Aggressionsverbrechen darstel- len soll . Das gilt zum Beispiel für kleinere Grenzschar- mützel . Auch die Linke hält es für sinnvoll, solche nicht gleich unter den Aggressionstatbestand fallen zu lassen . Doch im Gesetzentwurf heißt es auch – ich zitiere – „dass etwa eine humanitäre Intervention oder die präventive Selbstverteidigung in Anbetracht eines bevorstehenden bewaffneten Angriffs tatbestandlich nicht erfasst“ werde . Und das sollte uns aufhorchen lassen; denn hier geht es ans Eingemachte . Als humanitäre Intervention, die vorgeblich dem Schutz der Zivilbevölkerung vor drohenden Massakern oder gar Genoziden dient, wird doch heute nahezu jeder Kriegseinsatz bezeichnet . Auch der brutalste Diktator lässt sich für einen Überfall auf ein anderes Land eine humanitäre Begründung einfallen oder behauptet, er sei einem Angriff durch seine Nachbarn nur rechtzeitig zu- vorgekommen . Ich erinnere nur daran, dass der Jugosla- wien-Krieg, bei dem die Bundeswehr bei der Bombar- dierung der zivilen Infrastruktur des Landes mitmachte, als eine solche humanitäre Intervention gerechtfertigt wurde . Dazu wurden vom damaligen Verteidigungsmi- nister Rudolf Scharping die bekannten Kriegslügen von angeblichen Konzentrationslagern in Fußballstadien be- müht . Und beim Luftkrieg gegen Libyen stützten sich die Aggressoren sogar auf eine UN-Sicherheitsratsresolution zur Herstellung einer Flugverbotszone . Und da sagt die Linke: Sogenannte humanitäre Mili- tärinterventionen dürfen nicht von vornherein einer völ- kerstrafrechtlichen Überprüfung entzogen werden – und das darf auch in einer Gesetzbegründung nicht suggeriert werden . Wir erleben es heute viel zu oft, dass Kriegstrei- ber sich hinter humanitären Phrasen verstecken . Soge- nannte humanitäre Militäreinsätze in Krisenländern sind meist nichts anderes als eine Beteiligung oder ein Vo- rantreiben von Kriegen und gehen nicht zuletzt zulasten der Zivilbevölkerung, deren Opfer dann als „Kollateral- schäden“ verbucht werden . Vor diesem Punkt dürfen wir nicht die Augen verschließen, wenn wir über das Verbre- chen der Aggression sprechen . Täter in diesem Bereich sind auch die Bundesrepublik, die USA, die NATO und die EU, und auch diese Täter dürfen nicht straffrei da- vonkommen! Das Völkerstrafrecht muss für alle gleichermaßen gel- ten . Das möchte ich Ihnen für die weitere Behandlung des Gesetzentwurfes mit auf den Weg geben und noch einmal klarstellen: Die Linke befürwortet die Einführung des Aggressionsstraftatbestandes in das Völkerstraf- gesetzbuch und die damit einhergehende Verurteilung gewaltsamer Eingriffe in Staaten durch andere Staaten . Jede Handlung, die unter diesen Tatbestand fallen könn- te, muss entsprechend kritisch geprüft werden . Und das muss unabhängig davon gelten, ob eine Aggression von einem despotischen Diktator, einem finsteren War- lord, der NATO oder westlichen Staaten ausgeht . Ein Zweiklassenstrafrecht, welches das Völkerstrafgesetz zur neokolonialen Siegerjustiz missbraucht, darf es da nicht geben . Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) von 2002 stellt die schlimmsten Menschenrechtsverbrechen unter Strafe: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen . Was bislang fehlt, ist das Verbrechen der Aggression oder auch der „Angriffskrieg“ . Diese Ergänzung unseres Völkerstrafrechts durch den vor- liegenden Gesetzentwurf ist gut und wichtig, denn der Angriffskrieg ist eines der gefährlichsten Verbrechen überhaupt . Dass wir nicht bereits bei der Einführung des Völkerstrafgesetzbuches das Verbrechen der Aggression mit aufgenommen haben, liegt daran, dass sich die Staa- ten nicht einig waren, was eigentlich das Aggressionsver- brechen ausmacht . Dies wurde in der Internationalen Konferenz von Kampala 2010 endlich geklärt . Das „Verbrechen der Aggression“ ist seitdem im Statut des Internationalen Strafgerichtshofs definiert als die Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Ausführung einer Angriffshandlung, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17463 (A) (C) (B) (D) offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nati- onen darstellt . Die Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofs kann allerdings noch nicht ausgeübt werden, da die ent- sprechende Änderung des Statuts erst ratifiziert und auf einer Folgekonferenz mit einer Mehrheit von zwei Drit- teln aktiviert werden muss . Umso wichtiger, dass wir die indirekte Umsetzung des Völkerstrafrechts auf Grundlage nationaler Strafgesetze jetzt ermöglichen . Leider enthält ihr Vorschlag für den neuen § 13 VStGB drei ganz erhebliche Einschränkungen: Zum einen ist die Planung, Vorbereitung oder Einlei- tung eines Angriffskrieges nur dann strafbar, wenn der Angriffskrieg anschließend tatsächlich stattgefunden hat oder zumindest die Gefahr eines Angriffskrieges herbei- geführt wurde . Damit ist der Tatbestand bei uns enger gefasst als im Statut des internationalen Gerichtshofs . Enger, aber nicht klarer . So wird nicht klar, wie die Ge- fahr auszusehen hat, welches Stadium sie erreicht haben muss und wie konkret sie sein muss . Die zweite Einschränkung betrifft die Ausgestaltung des § 13 VStGB als sogenanntes Führungsdelikt: Täter kann nur sein, wer die tatsächliche Kontrolle über das politische oder militärische Handeln ausüben kann . Han- deln von nichtstaatlichen Akteuren ist damit nur erfasst, wenn sie tatsächliche Hoheitsgewalt ausüben und der Angriff einem Staat völkerrechtlich zugerechnet werden kann . Die dritte Einschränkung des Anwendungsbereichs ist allerdings noch viel gravierender und dafür erst auf den zweiten Blick erkennbar: Nach § 1 VStGB soll der Tatbestand des Angriffskrieges nur in den Fällen gelten, in denen der Täter Deutscher ist oder die Tat sich gegen Deutschland richtet . Bisher beinhaltet § 1 VStGB das uneingeschränkte Weltrechtsprinzip . Danach kann das Völkerstrafgesetz- buch auf alle völkerstrafrechtlich relevanten Sachverhal- te weltweit angewendet werden, unabhängig von Tatort und Nationalität der beteiligten Personen . Das „Korrek- tiv“ für diesen weiten Anwendungsbereich liegt in einer prozessrechtlichen Begleitnorm . Nach § 153f Strafpro- zessordnung kann die Staatsanwaltschaft von der Ver- folgung absehen, wenn Völkerstraftaten ohne Bezug zu Deutschland erfolgen . Das Ermessen, ob eine Strafver- folgung stattfinden soll, liegt in den Fällen bei der Staats- anwaltschaft . Das war bisher schon eine erhebliche Abweichung von unserem für andere Straftaten geltenden Legalitäts- prinzip, nach dem die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung verpflichtet ist. Für das Aggressionsverbrechen gehen Sie jetzt aber noch einen Schritt weiter: Die prozessrechtliche Ein- schränkung durch § 153f StPO reicht Ihnen nicht aus, Sie zementieren die Voraussetzung des Deutschlandbe- zugs für die Tat direkt im Tatbestand . Damit liegt es nicht mal mehr im Ermessen der Staatsanwaltschaft, ob das Verbrechen verfolgt werden soll oder nicht . Ist der Täter kein Deutscher oder ist die Tat nicht gegen Deutschland gerichtet, gilt schlicht der Tatbestand des Angriffskrieges nicht . Nach ihrem neuen Vorschlag könnte auch derje- nige nicht wegen eines Angriffskrieges verfolgt werden, der zum Beispiel dauerhaften Aufenthalt in Deutschland hat . Wer hier in Deutschland lebt und von hier aus einen Angriffskrieg plant, wäre kein Täter nach dem VStGB, wenn er nicht gleichzeitig einen deutschen Pass hat oder sich die Tat gegen Deutschland richtet . Nach Ihrer Vorstellung soll sich in Fällen von be- sonderer außenpolitischer Relevanz der Internationale Gerichtshof des Sachverhaltes annehmen . Das wäre na- türlich wünschenswert, aber es ist keine Lösung, in An- betracht der Tatsache, dass einige der mächtigsten Staa- ten der Welt die Kompetenz des Internationalen Gerichts nicht anerkennen . Der Verdacht liegt nahe, dass Sie also hier nicht agie- ren, um den Internationalen Strafgerichtshof zu stärken, sondern um Ihren Bündnispartnern nicht auf die Füße zu treten . Bereits jetzt können die Fälle des Völkerstrafgesetz- buches von höchster außenpolitischer Relevanz sein . Die Anzeige ausländischer Führungspersönlichkeiten wegen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Mensch- lichkeit kommt in Deutschland durchaus vor . Dass sol- che Verfahren nicht weit kommen, lässt jetzt schon Rück- schlüsse auf das Verhältnis von Rechtsstaatsprinzip und Diplomatie zu . Der Erhalt des Weltrechtsprinzips in unserer Rechts- ordnung für die Verfolgung der schwersten Menschen- rechtsverbrechen ist unverzichtbar . Schade, dass Sie sich nicht so wirklich trauen, mit der notwendigen Ergänzung des Völkerstrafrechts der Straflosigkeit des Angriffskrie- ges den Kampf anzusagen . Christian Lange, Parl . Staatssekretär beim Bundes- minister der Justiz und für Verbraucherschutz: Die im Jahr 2010 in Kampala gefassten Beschlüsse zum Verbre- chen der Aggression waren ein weiterer Meilenstein bei der Fortentwicklung eines globalen Völkerstrafrechts . Sie schließen eine wesentliche Lücke im Kampf gegen die Straflosigkeit schwerster Verbrechen gegen die inter- nationale Gemeinschaft als Ganzes . Ein Blick auf die ak- tuellen Krisen und Konfliktherde in nahezu allen Teilen der Welt ruft die große Bedeutung des Völkerstrafrechts in das Bewusstsein der Öffentlichkeit . Die Beschlüsse von Kampala verfolgen das Ziel, auch beim Verbrechen der Aggression, also der gezielten Verletzung der terri- torialen Integrität eines anderen Staates durch Einsatz militärischer Gewalt und damit einem der schwersten Völkerrechtsverbrechen überhaupt, Gerechtigkeit herzu- stellen . Deutschland hat sich in besonderer Weise bei der mü- hevollen Ausarbeitung der Kompromisse von Kampala engagiert . Als einer der ersten Staaten hat Deutschland am 3. Juni 2013 die Urkunde zur Ratifizierung der Be- schlüsse bei den Vereinten Nationen hinterlegt . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzen wir dieses Engage- ment fort, indem wir vor allem unter dem Gesichts- punkt der Komplementarität die Voraussetzungen dafür Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617464 (A) (C) (B) (D) schaffen, unser nationales Strafrecht an die internatio- nale Rechtslage anzupassen . Damit ermöglichen wir die Strafverfolgung von Verbrechen der Aggression auch durch deutsche Behörden . Wir haben den Entwurf behutsam und sorgfältig unter breiter Einbindung der völkerstrafrechtlichen Wissen- schaft und Praxis vorbereitet . Es ist uns, wie ich meine, eine ausgewogene und für alle Beteiligten tragfähige Lösung gelungen . Kernstück des Entwurfs ist die Ein- führung eines neuen § 13 in das Völkerstrafgesetzbuch . Damit verdeutlichen wir den Charakter des Verbrechens der Aggression als Völkerstraftat und heben zugleich die Verbindung zu den anderen völkerrechtlichen Kernver- brechen wie etwa dem Völkermord und dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit hervor . Wir haben uns bei der Umsetzung von den folgenden Grundentscheidungen leiten lassen: erstens der umfas- senden Kriminalisierung von der Planung bis zur Aus- führung – damit bestrafen wir erstmals auch die tatsäch- liche Durchführung eines Angriffskrieges –, zweitens der Ausgestaltung als Führungsdelikt, um sich auf die wirklich Verantwortlichen, also die politischen und mili- tärischen Machthaber, konzentrieren zu können, drittens der Beschränkung der Strafbarkeit auf offensichtliche Völkerrechtsverletzungen, viertens der engen Orientie- rung an Kampala bei gleichzeitiger Berücksichtigung unserer bisherigen Rechtstradition, der vor allem die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Artikel 26 unseres Grundgesetzes zugrunde liegen . Damit werden wir in be- sonderer Weise der historischen Verantwortung Deutsch- lands aus zwei verheerenden Weltkriegen für das friedli- che Zusammenleben der Völker gerecht . Ein weiteres Anliegen war es, den Bedürfnissen der Praxis, namentlich des für die Verfolgung von Aggres- sionsverbrechen zuständigen Generalbundesanwalts, Rechnung zu tragen, indem wir – abweichend vom so- genannten Weltrechtsprinzip – seine Verfolgungszustän- digkeit auf Fälle mit Bezug zu Deutschland beschränken . Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die neuen Regelun- gen zum 1 . Januar 2017 in Kraft treten . Damit gewähr- leisten wir einen Gleichlauf mit der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichthofs in Den Haag, der nach den Beschlüssen von Kampala über Verbrechen der Ag- gression frühestens nach dem 1 . Januar 2017 urteilen kann . Gerade mit Blick auf unsere historische Verant- wortung sollten wir dem völkerrechtlichen Grundsatz der Komplementarität sorgsam Rechnung tragen und si- cherstellen, dass Deutschland rechtzeitig in der Lage ist, in die Zuständigkeit des IStGH fallende Völkerrechtsver- brechen auch selbst innerstaatlich zu verfolgen . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Ener- gie zu der Verordnung der Bundesregierung: Zwei- te Verordnung zur Änderung der Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten (Tages- ordnungspunkt 26) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Die zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten bildet die Grundlage, um noch in diesem Jahr einen weiteren wichtigen Schritt zu gehen, das Energiesystem auf erneuerbare Energien umzustellen und zugleich gerade Verbrauchern eine Möglichkeit zu geben, einen Beitrag zur Flexibilisierung zu leisten . Positiv ist: Der Zubau an erneuerbaren Energien nimmt immer weiter an Fahrt auf, sie sind aus den Kin- derschuhen erwachsen und müssen sich nun dem Markt stellen . Negativ ist: Der Netzausbau hält mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien nicht Schritt . Niedersachsen hat als eines der windreichsten Länder bisher keinen einzigen Kilometer der EnLAG-Leitung genehmigt . Die großen Stromtrassen sollen erst 2029 fertig werden . Deshalb muss der Netzausbau zusätzlich durch intel- ligente Lösungen, wie zum Beispiel Smart Meter, und weitere flexible Maßnahmen flankiert werden, um die Netzstabilität aufrechterhalten zu können . Aus diesem Grund gibt es seit 2013 die Verordnung zu abschaltbaren Lasten . Sie adressiert die Nachfrageseite und bietet einen Anreiz für große Stromabnehmer, einen Teil ihrer Nach- frage kurzfristig zurückzufahren . Wir haben somit ein Instrument geschaffen, das zu- sätzliche Flexibilitäten auf Verbraucherseite in Ergän- zung zu den erneuerbaren Energien ermöglicht . Die Erfahrung aus den letzten Jahren hat gezeigt, dass die Industrie einen entscheidenden Beitrag zur Netzstabilität leisten kann . So stehen aktuell 465 Megawatt als sofort abschaltbare Lasten und 979 Megawatt als schnell ab- schaltbare Lasten zur Verfügung . Alleine bis Mitte Sep- tember 2015 wurde die Abschalt-Option durch die Über- tragungsnetzbetreiber ganze 89-mal gezogen . Damit wird gezeigt, dass unser Energiesystem schon heute die Mobilisierung der großen industriellen Lasten benötigt . Doch lassen Sie uns nicht in die Vergangenheit, son- dern in die Zukunft blicken. Durch die fluktuierenden erneuerbaren Energien sind wir auf die abschaltbaren Lasten aus der Industrie angewiesen . Der Bedarf wird im Zuge des Ausbaus der erneuerbaren Energien sogar noch steigen . Aus diesem Grund schaffen wir heute die Vorausset- zung für das Inkrafttreten der Weiterentwicklung und die Novelle der abschaltbaren Lasten, nämlich die Ermäch- tigungsgrundlage im Energiewirtschaftsgesetz, welche mit dem aktuellen Strommarktgesetz umgesetzt werden soll . Unternehmen und die Menschen im Land müssen nicht nur Planungs-, sondern auch Finanzierungssicher- heit haben . Das ist die Grundlage für das Vertrauen in die Politik . Deshalb ist es heute notwendig, im Sinne ver- lässlicher Rahmenbedingungen für alle Beteiligten eine Regelungslücke zu vermeiden . Die CDU/CSU-Fraktion hat 2013 sehr großen Wert darauf gelegt, dass die Verordnung auf drei Jahre angelegt ist . Es war uns immer wichtig, keinen festen Mechanis- mus zu installieren, sondern ein Instrument zu schaffen, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17465 (A) (C) (B) (D) welches sich an die Veränderungen im Energiesystem anpassen kann . Die Überprüfung der abschaltbaren Las- ten hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode durchgeführt . Die neue Verordnung steht in den Start- löchern . Die Bundesregierung hat sie am 25 . Mai 2016 beschlossen . Netzstabilität ist das A und O einer sicheren und zu- verlässigen Stromversorgung . Die stark schwankenden erneuerbaren Energien machen in Zukunft die Versor- gungssicherheit zu einer noch größeren Herausforde- rung . Deshalb ist es richtig, dass wir Vorsorge treffen und heute die Verordnung zu den abschaltbaren Lasten bis maximal 1 . Oktober 2016 weiterlaufen und entsprechend die neue Verordnung nahtlos anschließen lassen . Die Option, eine große Last kurzfristig und durch den Netzbetreiber gesteuert abschalten zu können, ist ein wertvolles Gut . Die Verordnung zu den abschaltbaren Lasten hat sich zu einem wichtigen Bestandteil der neu- en Energiewelt entwickelt, und sie wird in Zukunft noch wichtiger . Ohne die aktuelle Verordnung würden die Netzbe- treiber nicht freiwillig auf das Potential der industriellen Lasten zurückgreifen . Sie würden im Falle der Fahrläs- sigkeit mit einer Pönale von lediglich 5 000 Euro pro Schadensfall haften . Zusätzlich würden sie im Rahmen des fünfstufigen Abschaltplans ohnehin ohne Vergütung zuerst die industriellen Lasten abschalten . In diesen Um- stand würden wir also ohne Verlängerung reinlaufen . Wenn wir einmal einen Blick nach Europa wagen, dann sehen wir auch, was sich andere europäische Länder vergleichbare Systeme der abschaltbaren Las- ten kosten lassen . Beispielsweise zahlen Niederlande, Frankreich und Spanien eine weitaus höhere Vergütung als Deutschland . Sie sehen also, unsere europäische Kon- kurrenz nimmt das Thema Netzstabilität sehr ernst, und das Instrument hat sich bewährt . Wir müssen also Vorsorge treffen . Dafür verlängern wir heute die Laufzeit der Verordnung . Würden wir die- sen Schritt heute im Deutschen Bundestag nicht gemein- sam gehen, hätte das nicht nur negative Auswirkungen auf die Industrie und Wirtschaft mit großen Lasten, son- dern wir würden unsere Spitzenposition bei der Versor- gungssicherheit in Europa verlieren . Für den Industriestandort Deutschland ist die hohe Stromversorgungsqualität ein entscheidender Standort- vorteil . Ein Blackout würde nicht nur unmittelbar Kosten im mehrstelligen Milliardenbereich auslösen, sondern auch die Attraktivität des Industriestandorts gefähr- den . Dies gilt es zu vermeiden! Das hat für die CDU/ CSU-Fraktion oberste Priorität . Wir wollen durch die Novelle der Verordnung mehr Unternehmen zum Zuge kommen lassen – beispielsweise müssen stromintensive Betriebe künftig nicht mehr min- destens 50 Megawatt Abschaltleistung anbieten, 10 Me- gawatt reichen aus . Somit können auch Unternehmen mit Mittelspannungsanschluss künftig abschaltbare Lasten anbieten . Die vorgesehene Kompensation ist angemessen, da es hier um Flexibilitäten insbesondere in der industriellen Güterproduktion geht, die ihren Preis infolge des Wer- tes ihrer technischen Bereitstellung und der entgangenen Produktion haben . Andere netzstabilisierende Maßnah- men sind weitaus teurere Optionen . Auch schaffen wir heute die Grundlage dafür, dass mit der Novelle in diesem Jahr ein Instrument in Kraft tritt, das die Transparenz bei den abschaltbaren Lasten erhöht. In der neuen Verordnung sind Transparenzpflich- ten vorgesehen, die beispielsweise die Ergebnisse der Ausschreibungen sowie die erfolgten Abrufe öffentlich machen . Deshalb ist es richtig, dass wir heute mit der Verlängerung der Verordnung einen ersten Schritt in Richtung Novelle der abschaltbaren Lasten gehen . Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Wirtschaft- lichkeit ist das Zieldreieck unserer Energiepolitik . Das wollen wir für unsere Bürger und Wirtschaft gewährleis- ten . Mit der vorliegenden Verordnung leisten wir einen weiteren Beitrag dazu . Mit der Verlängerung der Verordnung der abschaltba- ren Lasten und der damit verbundenen Novelle in diesem Jahr sind wir auf dem richtigen Weg, die Energiewende erfolgreich anzupacken und die dafür nötige Netzstabili- tät sowie Flexibilität im Energiesystem zu gewährleisten . Lassen Sie uns den Weg konsequent gemeinsam weiter- gehen! Johann Saathoff (SPD): In Kürze werden wir das Strommarktgesetz verabschieden . Mit dem Strommarkt- gesetz wollen wir den Strommarkt deregulieren bzw . die Strompreisbildung dem freien Spiel der Kräfte am Markt übergeben . Akteure sollen an einem Markt aktiv sein, bei dem Flexibilitäten einen Marktwert haben und bei dem es Leistungspreise für Kapazitäten nicht mehr geben soll . Ein Drittel des in Deutschland verbrauchten Stroms kommt aus erneuerbaren Energien . In zehn Jahren soll es fast die Hälfte sein . Mit dem Strommarktgesetz wollen wir Flexibilitäten anreizen, für mehr Bilanzkreistreue sorgen, eine Netz- und eine Kapazitätsreserve aufbauen und viele weitere Maßnahmen vollziehen, die für ein Funktionieren des Strommarktes 2 .0 sorgen sollen . Kurz: Wir wollen den Strommarkt fit für die Energiewende machen. Und wir wollen und werden natürlich die Energie- wende fortführen . Das bedeutet nicht nur, dass wir un- seren Strom zunehmend und irgendwann komplett mit erneuerbaren Energien produzieren wollen . Das bedeutet auch, dass wir stets die Versorgungssicherheit gewähr- leisten wollen . Je mehr Erneuerbare wir im Netz haben, eine desto größere Herausforderung stellt diese Aufgabe dar . Wir agieren heute in einem europaweit verbundenen Stromnetz . Wir müssen und wollen deshalb die Versor- gungssicherheit europaweit monitoren . Denn wie wir im November 2006 gesehen haben, kann ein Leitungsausfall in Deutschland auch schon mal halb Europa lahmlegen . Deswegen ist es richtig, dass wir weg von einer nationa- len Leistungsbilanz hin zu einer europäischen Betrach- tung gehen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617466 (A) (C) (B) (D) Für die Versorgungssicherheit reicht es aber nicht, die Erzeugung im Auge zu behalten . Man muss auch auf den Verbrauch schauen, um am Ende zu jedem Zeitpunkt die richtige Spannung im Stromnetz zu haben . Das ist ge- meint mit: Wir wollen Flexibilitäten anreizen . Flexibili- täten gibt es in diesem Zusammenhang verschiedene, ob angebots- oder nachfrageseitig: Speicher, einen flexiblen Kraftwerkspark, verschiebbare Lasten, den Netzausbau oder die Sektorkopplung . Den Lasten kommt in diesem Zusammenhang eine immer größere Bedeutung zu . Mit der EnWG-Novelle Ende 2012 haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass auch Anbieter abschalt- barer Lasten für Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Netz- und Systemsicherheit vertraglich verpflichtet wer- den konnten . Mittlerweile sind die abschaltbaren Lasten ein eta- bliertes Instrument, das wir nun aber, auch auf Basis des Evaluierungsberichts der Bundesnetzagentur, angemes- sen weiterentwickeln wollen . Wir wissen jetzt, welche Mengen derzeit in den beiden Segmenten an schnell und sofort abschaltbaren Lasten verfügbar sind, und wir wol- len mit der Novelle die Anbieter näher an eine Wettbe- werbssituation heranführen . Dafür werden wir die Regularien zu Mengen, Preisen, Ausschreibungszeiträumen und technischen Vorausset- zungen anpassen und dieses Instrument dadurch gleich- sam wirksam und effizient gestalten. Dadurch können mehr Industriebetriebe einen Beitrag für die Sicherheit des deutschen Stromsystems leisten . Das ist es doch, was wir wollen . Wir wollen, dass Ver- braucher nicht nur Strich fahren, wir wollen, dass Ver- braucher ihr Verhalten immer mehr an den Bedürfnissen des Strommarktes orientieren . Dafür gibt es unterschiedliche Instrumente . Demand Side Management oder Demand Response ist eines die- ser Instrumente . Der Unterschied zu den abschaltbaren Lasten liegt hier vor allem in der Größe der beteiligten Unternehmen . Volkswirtschaftlich ist das äußerst sinnvoll, und ich bin mir sicher, immer mehr Betriebe werden auch den betriebswirtschaftlichen Nutzen erkennen . Dafür müssen wir aber noch viel trommeln, denn diese Signale kom- men in den Betrieben bislang nur unzureichend an . Allerdings bestehen hier auch regulatorische Hemm- nisse, denn die industriellen Netzentgelte reizen gerade- zu ein Strichfahren an – hier besteht also weiterer Hand- lungsbedarf . Bevor diese neue Verordnung zu abschaltbaren Lasten aber in Kraft treten kann, müssen wir übergangsweise aber noch mal die geltende Verordnung um drei Monate verlängern, um die betroffenen Unternehmen nicht un- verschuldeten Härten auszusetzen . „Mutt wieede gaan“ sagt man in Ostfriesland – es muss eben weitergehen, um auch bei den abschaltbaren Lasten keinen Fadenriss zu verursachen . Ein solcher Fa- denriss ist übrigens auch und gerade bei der Offshore- Windenergie unbedingt zu vermeiden . Ich bedaure außerordentlich, dass es bislang im parla- mentarischen Verfahren nicht gelungen ist, Einigungen zu vielen wichtigen Gesetzgebungsvorhaben zu erzielen . Neben dem Strommarktgesetz sind das vor allem das EEG, aber auch das Gesetz zur Digitalisierung der Ener- giewende oder auch die Novelle des § 46 . Ich bin aber zuversichtlich, dass bald auch die novel- lierte AbLaV in Kraft treten können wird . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Zunächst einmal möchte ich unsere Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, dass die Bundesregierung es nicht geschafft hat, nach der ersten Verlängerung der alten Ver- ordnung rechtzeitig den Entwurf für die Novelle vorzu- legen . Nun muss die erste Verlängerung bis zum 30 . Sep- tember verlängert werden, weil die eigentliche Novelle, die wir heute ebenfalls beraten, zu spät in Kraft treten wird . Viel stärker stellt sich allerdings die Frage, warum das Instrument einer Lastabschalt-Verordnung nicht einfach beerdigt wird? Selbstverständlich brauchen wir in einem immer stärker von schwankender Einspeisung geprägten Ener- giesystem irgendwann auch die Möglichkeit, den Strom- verbrauch zeitweise abrupt und gesteuert zu reduzieren . Aber ist diese Verordnung dafür der geeignete Weg, und brauchen wir abschaltbare Lasten schon jetzt? Die Bundesregierung schreibt zwar in der Verord- nungs-Begründung, in einem dem Bundeswirtschaftsmi- nisterium vorgelegten Bericht von Ende Juni 2015 habe die Bundesnetzagentur festgestellt, abschaltbare Lasten seien sowohl für das Systembilanzmanagement als auch für das Netzengpassmanagement geeignet . Unterschlagen hat die Bundesregierung aber die Aus- sagen der Bundesnetzagentur, die in der Unterrichtung der Bundesregierung an den Bundestag drei Monate später angeführt werden . Und da steht unmissverständ- lich, die Bundesnetzagentur empfiehlt, die Verordnung auslaufen zu lassen, da im Berichtszeitraum kein Bedarf an abschaltbaren Lasten bestand! Mit anderen Worten: Diese Verordnung ist bedeutungslos, wie die Bundes- netzagentur bestätigt . Weiter schreibt die Agentur: „Die derzeitige Verord- nung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten ist darüber hinaus nicht ausreichend geeignet, zusätzliche Potenziale an abschaltbaren Lasten für den Strom- und Regelenergiemarkt zu erschließen.“ Sie empfiehlt wei- ter, abschaltbare Lasten sollten ihre Abschaltleistung ordnungsgemäß am Regelenergiemarkt anbieten – also dort, wo die Schwankungen zwischen Erzeugung und Verbrauch ausgeglichen werden . Damit stelle man die Liquidität des Regelleistungsmarkts sicher und verhin- dere eine „Kannibalisierung“ des Regelenergiemarktes wie sie durch eine solche Verordnung eintreten könnte, so schreibt die Bundesnetzagentur . Hier wird also offen- bar sogar befürchtet, dass die Verordnung einen gewissen Schaden für den Regelenergiemarkt anrichten könnte . Nach informellen Informationen gilt insbesondere der Bereich der so genannten schnell abschaltbaren Las- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17467 (A) (C) (B) (D) ten als völlig überflüssig in der Verordnung angesiedelt. Denn genau dafür könnte man deutlich preiswerter und bedarfsgerechter ähnliche Dienstleistungen einkaufen . Nun wollen Sie mit der Novelle die Mindestpreise, die offensichtlich überhöht waren, abschaffen . Damit soll das Ganze marktnäher werden . Während de facto bislang nur wenige Aluminiumhütten überhaupt Leistung anbie- ten konnten, wollen Sie jetzt den Kreis der Unternehmen, die anbieten können, Lasten gegen Vergütung abzuschal- ten, erweitern . Es bleibt dennoch die Frage, inwiefern hier nicht ein Parallelmarkt zum Regelenergiemarkt ge- schaffen wird, und wofür das sinnvoll sein soll . Keine Frage, abschaltbare Lasten werden wir irgend- wann brauchen, sie sind ein wichtiges Element eines regenerativen Energiesystems . Gegenwärtig brauchen wir sie aber kaum, und für den geringen Bedarf gibt es bereits einen Markt . Darum fragen wir uns, was sie mit der Verordnung eigentlich vorhaben . Vielleicht bringt die Anhörung etwas Licht in das Thema . Vielleicht können uns aber Bundesregierung und Koalition schon einmal vorab erklären, wozu wir diese Verordnung eigentlich brauchen . Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ge- meinsam beraten wir heute über die Verlängerung der Verordnung der Bundesregierung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten . Für uns Grüne ist dabei klar: Bei der Energiewende spielen große Stromverbraucher in der Industrie und dem Gewerbe eine entscheidende Rolle . Deshalb ist es richtig und wichtig, dass energie- intensive Unternehmen gegen eine angemessene Ent- schädigung am Lastmanagement beteiligt werden . In den USA wird dies schon seit Jahren praktiziert . So gehen etwa Rechenzentren großer Internetkonzerne oder Kühl- häuser von Supermarktketten temporär vom Netz . Durch diese minuten- oder stundenweise Abschaltung von gro- ßen Stromverbrauchern bei Industrie und Gewerbe kann das Stromnetz gerade in Zeiten der Höchstlast oder bei wenig Wind oder Sonne stabil gehalten werden . Damit ist Lastmanagement eine Win-win-Situation für die Un- ternehmen und die Netzstabilität . Doch dieser wichtige Pfeiler auf dem Weg zu einer erfolgreichen Energiewende wird von Ihnen – sehr ver- ehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und SPD – nur halbherzig angegangen . Es ist zwar zu be- grüßen, dass nun durch den Zusammenschluss einzelner Unternehmen zu einem Anbieter „gepoolt“ werden darf und die Eintrittsschwelle von 50 Megawatt auf 10 herab- gesetzt wird, doch Sie verpassen es wieder einmal, diese Form des Lastmanagements in ein neues und zukunfts- fähiges Strommarktdesign zu integrieren . Wir brauchen keine Winterreserve, Redispatch-Vereinbarung, Koh- lereserve oder Lastabschalt-Verordnung, sondern ein Strommarktgesetz, was all diese losen Stränge zu einem wirksamen Instrument auf dem Weg hin zu 100 Prozent erneuerbaren Energien vereint . Doch da versagen Sie kläglich . Wir Grünen haben Ihnen im Rahmen der De- batte des Strommarktgesetzes vor wenigen Monaten mit unserem ökologischen Flexibilitätsmarkt konkrete Vor- schläge für ein neues Strommarktdesign gemacht . Doch statt unsere Vorschläge aufzugreifen, verzichten Sie bei Ihrem Strommarktgesetz auf das Potenzial von Lastma- nagement und subventionieren stattdessen mit Milliarden Euro klimaschädliche Kohlekraftwerke . Eine Energiepo- litik der Zukunft sieht anders aus . Die im Jahr 2013 in Kraft getretene Lastabschalt-Ver- ordnung sollte eigentlich nur bis Ende 2015 laufen, wur- de aber gegen das Versprechen der Großen Koalition, bis Ende Juni eine neue Verordnung vorzulegen, um sechs Monate verlängert . Sie läuft zum 1 . Juli aus, soll jetzt aber erneut bis September verlängert werden . Dann soll endlich die neue Lastabschalt-Verordnung in Kraft tre- ten . Aufgrund der Ausgestaltung, die wir schon damals kritisiert hatten, nahmen nur vier Unternehmen aus der chemischen und der Aluminiumindustrie teil . Wettbe- werb sieht anders aus . Doch wir waren nicht alleine . Selbst die dem Bun- deswirtschaftsministerium untergeordnete Behörde – die Bundesnetzagentur – hat die alte Verordnung Ende 2015 massiv kritisiert . Es besteht „kein Bedarf an abschaltba- ren Lasten“, und sie empfiehlt, die Verordnung auslaufen zu lassen . Doch weder auf die Vorschläge aus der Op- position noch auf die Ratschläge Ihrer eigenen Experten hören Sie . Nun legen Sie dem Deutschen Bundestag also eine neue Verordnung zur Fortsetzung von abschaltbaren Lasten vor . Neuerungen betreffen nun unter anderem die Höhe der Vergütung . Dabei ist sie in Leistungs- (maximal 500 Euro/MW) und Arbeitspreis (400 Euro/MWh) ge- gliedert und soll wettbewerblich ausgeschrieben werden . Statt 1 000 MW sollen zukünftig 1 500 MW kontrahiert werden, und Unternehmen mit abschaltbaren Leistungen ab 10 MW – statt bisher 50 MW – können mitbieten . Neuerungen betreffen eine wöchentliche (statt monatli- che) Ausschreibung der Abschaltleistungen, zudem kön- nen einzelne Unternehmen „poolen“ . An der Ausschrei- bung dürfen nur Anbieter teilnehmen, die schnell (das heißt innerhalb von 15 Minuten) und sofort abschaltba- re Lasten anbieten können . Die Abschaltung muss vom Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) durch Fernsteuerung oder automatisch frequenzgesteuert bei Unterschreiten einer vorgegebenen Netzfrequenz herbeigeführt werden können . Die jährlichen Mehrkosten gegenüber der Vorgänger- regelung – circa 30 Millionen Euro im Jahr – entstehen in Höhe von 5 Millionen Euro, was für einen Durchschnitts- haushalt eine jährliche Mehrbelastung von 4 Cent auf dann 29 Cent pro Jahr bedeutet . Doch mit diesen Neuerungen produzieren Sie Stück- werk und kein einheitliches Konzept . Lastmanagement ist für uns Grüne ein wichtiges Mittel zur Stabilisierung und Flexibilisierung einer Stromversorgung, die immer stärker auf schwankender Wind- und Sonnenstromer- zeugung basiert . Insofern unterstützen wir die grund- sätzliche Zielrichtung der Verordnung . Doch die alte Lastabschalt-Verordnung führte nie zu den gewünschten Effekten, sondern entpuppte sich als ein Geschenk für einige wenige Industriebetriebe . Jetzt kommt mit eini- ger Verzögerung endlich ein neuer Verordnungsentwurf . Dieser weist angesichts der großen Kritik an der alten Verordnung erstaunlich wenige Veränderungen auf . Die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617468 (A) (C) (B) (D) Zielsetzung einer Marktentwicklung für Lastmanage- ment-Leistung wird so niemals erreicht . Wie schon bei der alten Verordnung können Sie die konkrete Berech- nungsgrundlage für Leistungs- und Arbeitspreis nicht be- nennen . Damit bleibt das eigentlich gut gemeinte Instru- ment weiter intransparent und wird wohlmöglich nur für große Unternehmen eine zusätzliche Finanzspritze sein . Daher ist für uns klar: Die geplante Lastabschalt-Ver- ordnung wirkt wie alter Wein in neuen Schläuchen . Aber Sie scheinen nicht mehr die Kraft zu haben, die Energie- wende endlich wieder in die Spur zu bringen . So bleibt es wie bei der alten Verordnung leider wieder bei Stückwerk und Flickschusterei, statt mit ganzheitlichem Ansatz die Energiewende voranzutreiben . Wir hoffen darauf, dass im Rahmen der Beratungen im Ausschuss sowie der An- hörung Änderungen aufgenommen werden . In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratungen dazu . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Änderung berg-, umweltschadens- und wasserrechtlicher Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2013/30/EU über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten (Zusatzta- gesordnungspunkt 6) Dr. Herlind Gundelach (CDU/CSU): Die „Deep- water Horizon“-Havarie am 20 . April 2010 war eine schreckliche Katastrophe . Elf Menschen kamen dabei ums Leben . Laut Berechnungen eines US-Gerichtes lie- fen 19 Millionen Barrel Öl ins Meer . Es bedurfte meh- rerer Anläufe, um die Leckage abzudichten . Mehr als 2 000 Kilometer Küste wurden verschmutzt . Es handelte sich um eine der schwersten Umweltkatastrophen dieser Art in der Geschichte . „Deepwater Horizon“ war für die Welt ein Wende- punkt . Und selbstverständlich hat auch die Europäische Gemeinschaft umfassend reagiert . Obwohl ein derartiges Unglück in europäischen Gewässern bisher nicht vor- gekommen ist, wurden die Rahmenbedingungen für die Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas im Offshore-Bereich intensiv überprüft . Eine solche Kata- strophe darf nirgendwo wieder passieren . Mit der Richtlinie 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12 . Juni 2013 über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten und zur Änderung der Richtlinie 2004/35/EG wurden auf EU-Ebene einheitliche Standards für die Erdöl- und Erdgasförderung festgesetzt . Die Richtlinie soll dazu die- nen, Unfälle im Zusammenhang mit Offshore-Erdöl- und Erdgasaktivitäten zu verhindern, den Umweltschutz zu erhöhen und die Notfallmechanismen im Falle einen Un- falls zu verbessern . Nur so kann vergleichbaren schwe- ren Unfällen vorgebeugt beziehungsweise können die Auswirkungen gemindert werden . Deutschland hat seit Jahrzehnten eine sehr fortschritt- liche und nachhaltige Umweltpolitik . Wir sind seit Jahrzehnten forerunner . Im Bereich der Erdöl- und Erd- gasförderung haben wir daher bereits sehr strenge Auf- lagen . Das deutsche Bergrecht folgt beispielsweise der Systematik, dass die Verantwortung beim Unternehmen gebündelt wird . Daher entspricht unser deutsches Recht bereits jetzt in vielen Teilen der europäischen Richtlinie . In Deutschland wird aufgrund der geringen Tiefe un- serer Meere nur Flachwassertechnik angewendet . Diese gilt in Fachkreisen als risikoarm . Im deutschen Hoheits- gebiet befinden sich aktuell zwei Erdöl- und Erdgas- plattformen, in europäischen Gewässern insgesamt aber 600 Plattformen . Auch wenn es in Europa, wie bereits eingangs er- wähnt, derartige Havarien wie die der „Deepwater Hori- zon“ nicht gegeben hat, haben wir uns nach dem Unfall im Golf von Mexiko im Jahr 2010 intensiv für den Erlass der EU-Offshore-Richtlinie eingesetzt . Denn einheitliche Standards für Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten zu definieren, muss ein internationales Interesse sein. Die- ses Thema geht uns alle an! Die nationale Umsetzung der europäischen Richtlinie über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdga- saktivitäten wird größtenteils in einer neuen Offshore- Berg verordnung umgesetzt . Die darin enthaltenen Re- gelungen betreffen vornehmlich das Risikomanagement, Sicherheits- und Umwelterwägungen in Bezug auf die Genehmigungsverfahren sowie die Aufgaben der zustän- digen Behörden und das Berichtswesen . Um Parallelstrukturen zu vermeiden, gehen die bishe- rigen Regelungen zu Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivi- täten, welche in der Festlandsockel-Bergverordnung und im Anhang 3 der Allgemeinen Bundesbergverordnung festgelegt waren, in der neuen Offshore-Verordnung auf . Dadurch werden die Bereiche Risikomanagement, Ar- beits- und Gesundheits- und Umweltschutz zusammen in einer Verordnung gebündelt, was in der in der betriebli- chen Praxis hilfreich ist . Denn da alle Aspekte gemein- sam betrachtet werden müssen, können wir das Risiko für schwere Unfälle minimieren . Selbstverständlich ver- einfacht es auch die die Rechtsanwendung Im Rahmen der Arbeiten an dieser nationalen Off- shore-Verordnung hat sich jedoch ergeben, dass es für die Umsetzung einer Vorgabe der europäischen Richtlinie an einer eindeutigen Ermächtigungsgrundlage im Bundes- berggesetz fehlt . Die europäische Richtlinie sieht vor, dass Unterneh- men eine Vorsorge zur Deckung von Haftungsverbind- lichkeiten zu treffen und die technische und finanzielle Leistungsfähigkeit nachzuweisen haben . Mit dem vor- liegenden Gesetzentwurf schaffen wir nun in § 66 des Bundesberggesetzes mit einer Ergänzung diese Ermäch- tigungsgrundlage . Aufgrund der Rechtssystematik erfolgen außerdem Anpassungen im Wasserhaushaltsgesetz, im Umwelt- schadensgesetz sowie in der Verordnung über die Um- weltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17469 (A) (C) (B) (D) Die europäische Richtlinie über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten erhöht den Schutz der Meeresumwelt und verbessert entscheidend die Notfallmechanismen im Falle eines Unfalls oder ei- ner Havarie . Unser heute zu beratender Gesetzentwurf schafft Rechtssicherheit bei der nationalen Umsetzung . Ich hoffe dabei auf ihre Unterstützung . Johann Saathoff (SPD): Bei dem vorgelegten Ge- setzentwurf geht es um die Schaffung eindeutiger und europaweit einheitlicher Sicherheitsstandards im Bereich der Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten . Der Gesetz- entwurf setzt einen Teil der dazu im Juli 2013 beschlosse- nen EU-Richtlinie um . Die Umsetzung dieser Richtlinie ist aus meiner Sicht aus vielerlei Gründen zu begrüßen . Mehr als 90 Prozent des in Europa geförderten Erdöls und mehr als 60 Prozent des geförderten Erdgases kom- men aus der Offshore-Produktion . Das sind beachtliche Zahlen, besonders vor dem Hintergrund, dass im Jah- re 2015 noch immer mehr als 50 Prozent des Primärener- gieverbrauchs durch Erdöl und Erdgas gedeckt wurde . Diese Zahlen machen die Bedeutung der Offshore-För- derung von Erdöl und Erdgas deutlich, insbesondere auch im Hinblick auf die Frage der Energieversorgungs- sicherheit . Im gleichen Atemzug sollte dann allerdings auch im- mer auf die Frage der Sicherheit der Meeresumwelt und der Küstenregionen eingegangen werden . Diese Frage ist selbstverständlich immer prioritär zu behandeln und gerade im Bereich der Offshore-Erdöl- und -Erdgasak- tivitäten besteht ein Interesse daran, besonders hohe Si- cherheitsstandards zu setzen und einzuhalten . Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir deshalb dazu beitragen, dass der Schutz und die Erhaltung der Umwelt gewährleistet werden können und dass ein vernünftiger Umgang mit den natürlichen Ressourcen sichergestellt ist . Denn die ersten Assoziationen mit der Offshore-Ge- winnung von Erdöl und Erdgas sind leider allzu häufig Bilder von Katastrophen und Ölteppichen auf See . Bil- der, die in diesem Zusammenhang hängen geblieben sind, sind beispielsweise die vom Unfall 2010 im Golf von Mexiko als die Bohrinsel „Deepwater Horizon“ ex- plodierte und damit eine der bislang schwersten Umwelt- katastrophen in den USA ausgelöst wurde . In direkter Konsequenz dieser Explosion auf der Bohrinsel kamen elf Menschen ums Leben, und die in den folgenden Wochen und Monaten ausgetretene Öl- menge wird auf circa 800 Millionen Liter geschätzt . Dies bedeutete und bedeutet auch heute noch eine enorme Be- lastung für die Umwelt und die Menschen im Golf von Mexiko . Das Öl tötete Hunderttausende Vögel, Fische und Meerestiere im Golf . Die Folgen waren so verhee- rend, dass der Fischereibetrieb im Sommer 2010 in wei- ten Teilen eingestellt werden musste . Das macht auch die wirtschaftlichen Folgen für die Menschen der Region deutlich, in der ein Großteil von der Fischerei lebt . Genau solche schrecklichen Ereignisse gilt es zu verhindern . Mit diesem Gesetz und der Verabschiedung der EU-Richtlinie insgesamt wollen wir also dazu beitragen, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen und in der Nord- und Ostsee möglichst ausgeschlossen werden . Der Gesetzentwurf ist ein weiterer Schritt dafür zu sorgen, die Zahl der Unfälle bei der Förderung von Offshore-Erdöl und –Erdgas soweit wie möglich zu verringern . Denn stellen Sie sich mal die Auswirkungen eines solchen Ereignisses beispielsweise auf Norderney oder insgesamt an der Nordseeküste vor . Für eine Region, die insbesondere vom Tourismus lebt, würde das einen Scha- den auf Jahre bedeuten . Nicht zu vergessen, dass es sich beim Wattenmeer auch um ein Weltnaturerbe handelt . Dabei möchte ich aber auch deutlich machen, dass es nicht darum geht, die Offshore-Förderung von Erdöl und Erdgas an sich zu verteufeln oder an den Pranger zu stellen . Unfälle wie im Golf von Mexiko sind glückli- cherweise die sehr seltene Ausnahme . Im Regelfall, ins- besondere auch auf den beiden deutschen Offshore-An- lagen, der Bohr- und Förderinsel Mittelplate und der Gasförderplattform A6-A, gelten bereits heute sehr hohe Sicherheitsstandards, sodass ich keine Bedenken hege, dass sich ein vergleichbarer Unfall vor unseren Küsten ereignen wird . Aber man „mutt d’n Alltied n’Oog an hemm’ “ würde man in Ostfriesland sagen, also stets wachsam bleiben . Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass nun einheitliche europäische Rahmenbedingungen und höchste Umwelt- und Sicherheitsstandards geschaffen werden, die sowohl die Meeresumwelt als auch die Wirtschaft in Küstenregi- onen beschützen . Ich bin zuversichtlich, dass uns das mit diesem Ge- setzentwurf gelingen wird . Hubertus Zdebel (DIE LINKE): Heute diskutieren wir über die Richtlinie 2013/30/EU über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten, die das Eu- ropäische Parlament und der Rat der Europäischen Union am 12 . Juni 2013 auf Vorschlag der Europäischen Kom- mission erlassen hatten . Ziel ist es – so heißt es in der Richtlinie –, „die Häu- figkeit von schweren Unfällen im Zusammenhang mit Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten so weit wie mög- lich zu verringern und ihre Folgen zu begrenzen …“ Die Richtlinie hätte bereits zum 19 . Juli 2015 in deut- sches Recht umgesetzt sein müssen, und insofern kommt ihre Umsetzung gerade angesichts der Gefahren und Ri- siken von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten und den erfolgten Ereignissen viel zu spät – man denke nur an die Explosion und Öl- und Gasfreisetzung bei der BP-Erdölplattform „Deepwater Horizon“ 2010 im Golf von Mexiko . Der heute vorliegende Antrag der Koalitionsfraktio- nen ist handwerklich korrekt formuliert, geht aber an den Problemen der Offshore-Förderung weit vorbei . Ein Problem ist, dass die erforderliche Umsetzung der EU-Richtlinie eben nicht gesetzlich erfolgt, sondern größtenteils auf dem Weg von Verordnungen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 201617470 (A) (C) (B) (D) Grundsätzlich ist Die Linke der Meinung: Allgemeine Anforderungen müssen im Bundesberggesetz klar festge- legt werden und dürfen nicht in Verordnungen geschoben werden . Doch eine entsprechend notwendige und grund- sätzliche Novellierung des Bundeberggesetzes wird von der Großen Koalition systematisch verhindert . Und selbst wenn man den Weg der Verordnungen geht, sind hier die falschen Verordnungen gewählt . Hätte die Bundesregierung wirklich einen hohen Standard bei der Anlagensicherheit gewollt, hätte sie die Anforderungen der EU-Offshore-Richtlinie in die Störfallverordnung integrieren müssen und so die Tätigkeiten auf Öl- und Gasplattformen unter den Anwendungsbereich der Stör- fallverordnung fallen lassen . Es ist offensichtlich, wa- rum die Koalition das nicht macht: Einmal mehr sollen Öl- und Gaskonzerne privilegiert werden . Denn die an sie gestellten Sicherheitsanforderungen sind bedeutend geringer als im üblichen Recht der Anlagensicherheit . Erst vor knapp zwei Wochen, am 25 . Mai dieses Jah- res hat die Bundesregierung die Änderungsverordnung zu bergrechtlichen Vorschriften beschlossen . Sie liegt jetzt dem Bundesrat zur Beschlussfassung vor . Diese Verordnung hat es in sich: So wird beispiels- weise im § 40 der neuen Offshore-Bergverordnung festgelegt, dass nicht das potenzielle Schadensausmaß, sondern lediglich das Risiko Maßstab für eine Verhinde- rung schwerer Unfälle sein soll . Da das Risiko zentral von Eintrittswahrscheinlichkeiten abhängt, können so große Schadensereignisse mit angeblich geringen Ein- trittswahrscheinlichkeiten als unbeachtlich erklärt wer- den . Zudem wird der Begriff des „vertretbaren Risikos“ verwendet . Da es in Deutschland jedoch keine Risiko- grenzwerte gibt, werden die Öl- und Gaskonzerne selbst bestimmen, was sie für vertretbar halten und welchen Gefahren sie Mensch und Umwelt aussetzen . Darüber hinaus klammert die Bundesregierung in ihren beschlossenen Verordnungsentwürfen einen zen- tralen Bereich der Offshore-Gas- und -Ölförderung vollkommen aus: Das Offshore-Fracking . Fracking ist bereits an Land unverantwortbar . Noch weniger be- herrschbar sind die Folgen von Offshore-Fracking, denn es kombiniert die Gefahren des Frackings an Land mit den klassischen Gefahren der Öl- und Gasgewinnung im Meer. Durch die eingesetzten Frackflüssigkeiten, deren Zusammensetzungen nicht veröffentlicht werden, kann es zu Wasserkontaminationen kommen . Das Aufbre- chen des Untergrundgesteins und das Wiederverpressen des Flowbacks kann Erdbeben hervorrufen . Und durch Leckagen kann in erheblichem Maß das klimaschädliche Treibhausgas Methan entweichen . Während der Sondierungs-, Förder- und Außerbe- triebnahmeaktivitäten kann es außerdem zu schweren Unfällen kommen . Dazu gehören Öl- und Chemikalien- freisetzungen im Falle einer Schiffskollision oder von Pipelineleckagen . Größere Gasfreisetzungen können auf- grund eines Blow-outs erfolgen . Eine mögliche größere Ölpest hätte erhebliche negative Auswirkungen auf das empfindliche marine Ökosystem. Angesichts dieser mög- lichen Folgen ist Offshore-Fracking nicht verantwortbar . Fracking auf hoher See muss auf jeden Fall verboten werden . Das und vieles mehr, was dringend notwendig ist, sieht die Bundesregierung im vorliegenden Offshore- Regelungspaket gar nicht vor . Aus den genannten Gründen fordert die Linke, dass die Bundesregierung dieses Paket zurückzieht und grundlegend überarbeitet . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bundesregierung möchte mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf die Umsetzung einer europäischen Richtlinie zur Sicherheit von Offshore-Plattformen im Meer, die bei der Förderung von Erdöl oder Erdgas zum Einsatz kom- men, regeln . Der Auslöser für die europäische Initiative war der Unfall der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko . Wir erinnern uns alle noch an die dramatischen Folgen der Explosion auf der Ölbohrinsel, infolge deren ungehindert Tonnen an Erdöl ins Meer flossen. Offiziel- len Angaben zufolge handelte es sich um rund 380 Mil- lionen Liter . Umweltpolitisch war dies ein Super-GAU, der weltweit nach Maßnahmen rief, wie so ein Vorfall in Zukunft zu verhindern wäre . Wir hatten die Hoffnung, dass sich nach dem Unglück einiges verbessern und man aus den Fehlern lernen würde . Es bleibt aber noch viel zu tun . Doch eines steht fest: Ein solches Unglück darf sich nirgendwo wiederholen . Regelungen, die die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solches Ereignisses verringern würden, sind seit- dem nur schleppend verschärft worden . Ob diese tatsäch- lich auch solche Unfälle verhindern können, ist unklar . Was wir brauchen, sind internationale Standards . Alles andere als verständlich sind daher Bestrebungen, in der Arktis nach Öl zu bohren oder andere Rohstoffe in der Tiefsee vor Madagaskar oder im Pazifik zu fördern. Die Bundesregierung will hier ja groß mitmischen . Die Auswirkungen der Aktivitäten sind hier wie dort unklar . Die Gefahr zusätzlicher Umweltkatastrophen wird sich noch deutlich vergrößern . Dort geht es dann nicht nur um Erdöl oder Erdgas, sondern um den Abbau von Erzen und weiterer Rohstoffe . Dadurch wird langfristig vielen Mee- reslebewesen der Lebensraum genommen . Das heißt: Die Meere brauchen internationalen Meeresschutz . Das muss die Bundesregierung auf internationaler Ebene dringend konsequent weiterverfolgen . Noch sechs Jahre nach dem Unglück im Golf von Mexiko sind die Schäden im Meer und an den Stränden sichtbar . Hinweise des Ölkonzerns BP wie „heute sei al- les wieder in Ordnung“ sind nicht nachvollziehbar . Man kann Fischer nach einem solchen Unfall zwar fi- nanziell entschädigen . Aber viele Tiere sind danach aus- gestorben oder Arbeitsplätze von Fischern vernichtet . Es gibt unter anderem Hinweise auf die Vervielfachung der Anzahl toter Delphine nach der Ölpest . Warum legt uns also die Bundesregierung den Gesetz- entwurf mit einer solch derartigen Verspätung von drei Jahren vor? Das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richt- linie aus 2013 hätte schon spätestens vor einem Jahr verabschiedet werden müssen . Meine Vermutung für die Schlamperei: Die Bundesregierung scheint eindeutig an- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 176 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . Juni 2016 17471 (A) (C) (B) (D) dere Prioritäten zu setzen . Der Maritime Koordinator ko- ordiniert nicht, und der Verkehrsminister beschäftigt sich lieber mit dem CSU-Steckenpferd Ausländermaut . Ver- antwortliche Politik für unsere Meere sieht anders aus . Es bleibt festzuhalten: Nach Regelungen für Offshore- Anlagen fehlen weiterhin internationale Regelungen für Rohstoffabbau in den Meeren, vor allem für drohenden verstärkten Rohstoffabbau in der Tiefsee . Hier sind in- ternationale Standards erforderlich . Denn mit Nachhal- tigkeit haben die Tiefsee-Bestrebungen des Wirtschafts- ministeriums nichts zu tun . Der Maritime Koordinator im Wirtschaftsministerium müsste hier eingreifen . Dem Rohstoffabbau im Meer lässt er aber auf allen Ebenen freie Bahn . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 176. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3 Informationsaustausch bei Terrorismusbekämpfung TOP 4 Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid TOP 5 Berufliche Bildung TOP 32, ZP 2 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 33, 20,21 Abschließende Beratungen ohne Aussprache TOP 6 Wahl Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ TOP 7 Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2015 ZP 4 Reform der Wahl für die obersten Bundesgerichte TOP 9 Aufarbeitung der SED-Diktatur TOP 10 Wahl des Beauftragten für die Stasi-Unterlagen TOP 11 Informations- und Transparenzrecht TOP 12 Reform der Investmentbesteuerung TOP 13 UN-Nachhaltigkeitsziele TOP 14 Angemessene Urheber- und Künstlervergütung TOP 15 Ausländerwahlrecht und Jedermann-Grundrechte TOP 16 Soldatenbeteiligungs- und Personalvertretungsrecht TOP 17 Biosicherheit bei Hochrisikoforschung TOP 22, ZP 5 Menschenrechte in Burundi TOP 19 Geschäftsordnung – Ausschussöffentlichkeit TOP 23 Bekämpfung des illegalen Wildtierhandels TOP 24 Änderung des Bundesmeldegesetzes TOP 25 Änderung des Völkerstrafgesetzbuches TOP 26 Verordnung zu abschaltbaren Lasten ZP 6 Sicherheit von Offshore-Erdöl- und Erdgasaktivitäten Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Oswin Veith


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr
    Kollege Castellucci, höhere Wahlbeteiligung erreicht
    und Wählerinnen und Wähler gewinnt man nicht durch
    permanente Verfassungsänderungen, sondern indem man
    den Wählerinnen und Wählern zuhört, sie ernst nimmt
    und ihnen zukunftsfähige Lösungen anbietet .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Wir diskutieren heute auf Wunsch der Linken wieder
    einmal den untauglichen Versuch, unsere Verfassung aus
    populistischen Gründen zu verändern . Das Manöver ist
    durchschaubar . Lieber Herr Kollege Korte, wer nichts
    zum eigentlichen Thema zu sagen hat, der muss so reden
    wie Sie . Ich kam mir stellenweise vor wie bei einer Rede
    zur Wiedereinführung einer sozialistischen Republik . Sie
    haben Ihr halbes Parteiprogramm untergebracht .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt nicht zurückbleiben! So schlimm war es nicht! – Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Da klatschen noch nicht mal die eigenen Leute!)


    Seien Sie sicher: Das werden wir Ihnen nicht durchge-
    hen lassen . Ich hätte mir mehr Substanz an dieser Stelle
    gewünscht .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ich konnte bis jetzt auch keine überzeugenden Argu-
    mente in Ihrer Begründung finden, die mich dazu bringen
    würden, einer so weitreichenden Verfassungsänderung
    zuzustimmen . Lassen Sie mich wenigstens zwei Punkte
    ansprechen, die exemplarisch für unsere unterschiedli-
    chen Auffassungen stehen, bevor ich Gegenargumente in
    der Sache vortragen werde .

    Erstens . Sie sprechen von „Zuschauerdemokratie“ .
    Damit wollen Sie plakativ das Recht der Bürger auf die
    Parteien- und die Kandidatenwahl bei Bundestagswah-
    len geringschätzen . Ich kenne keinen Bürger, der sich
    mit der Wahl aus dem politischen Raum verabschiedet
    und seine Interessen und Überzeugungen nicht mehr ar-
    tikuliert . Wer in kommunaler Verantwortung stand oder
    steht, weiß, dass die Stadtverordnetenversammlungen
    immer dann auseinanderbrechen, wenn es um Bebau-
    ungsplanänderungen geht und konkret das eigene Grund-
    stück betroffen ist, wenn auch zuweilen nach dem Tages-
    ordnungspunkt wieder alle die Sitzung verlassen . Aber es
    besteht ein hohes Interesse daran .

    Der ständige Kontakt der Wähler mit ihren Repräsen-
    tanten ist Kern unserer repräsentativen Demokratie . Ich
    setze voraus, dass jeder hier im Hause bereits Bürgerbrie-
    fe erhalten und hoffentlich auch beantwortet hat, dass er
    Sprechstunden anbietet, dass ein Büro im Wahlkreis exis-
    tiert, dass man zu Vereinen oder anderen Interessenver-
    einigungen eingeladen wird und dort Rede und Antwort
    steht . Ich gehe ebenfalls davon aus, dass Sie die Anliegen
    der Menschen, mit denen Sie sprechen, ernst nehmen und
    nach bestem Wissen und Gewissen bei Ihrer Entschei-
    dungsfindung berücksichtigen. Ebenso gehört es dazu,
    die getroffenen Entscheidungen zu erklären und dafür
    einzustehen, auch wenn es manchmal unangenehm ist .

    Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehört zu unse-
    ren originären Aufgaben als Abgeordnete . Ich hielte es
    für grundfalsch, diese Pflicht durch Volksentscheidungen
    einfach wegzudelegieren, gerade wenn es kontrovers
    wird . Wir drücken uns nicht vor der Verantwortung . Wir
    verstecken uns nicht hinter Plebisziten . Ich habe keine
    Angst vor Volkes Stimme . Das erwarte ich auch von Ih-
    nen .

    Zweitens . Sie sprechen davon, Betroffene zu Betei-
    ligten zu machen, ebenfalls eine schöne Phrase, die eine
    Aktivierung der sogenannten Nichtwähler über Sachthe-
    men befördern soll . Ihre Begründung ist angesichts der
    Tragweite und der unabsehbaren Folgen der geforderten
    Verfassungsveränderung doch mehr von Populismus,
    von verfassungstheoretischer Träumerei und verfas-
    sungssinnstiftender Ferne geprägt,


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    ganz im Gegensatz zur Demokratie des Grundgesetzes,
    die uns fast 70 Jahre gute Dienste geleistet hat und mei-
    ner Meinung nach so realistisch, so aktuell und so po-
    pulär wie eh und je ist . Es gibt daher keinen sachlichen
    Grund, dem, was unsere Verfassungsväter 1949 nieder-
    geschrieben haben, zu entsagen


    (Dr . Eva Högl [SPD]: Und Mütter!)


    und deren großes Zukunftswerk permanent umzukrem-
    peln . Volksentscheide oder Volksabstimmungen sind in
    der Regel Sachentscheidungen zu einer bestimmten po-
    litischen Angelegenheit, üblicherweise begrenzt auf eine
    konkrete Fragestellung, welche mit einem einfachen Ja
    oder Nein zu beantworten ist . Genau darin liegt auch die
    Schwäche dieses Elements der Entscheidungsfindung.
    Die Komplexität der Entscheidungen auf Bundesebene
    hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen, sodass
    es naiv wäre, zu glauben, man könnte derartige Fragen
    seriöserweise mit einem klaren Ja oder Nein beantwor-
    ten .


    (Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Machen wir ja auch nicht!)


    Ich möchte daran erinnern, dass, bevor wir hier über
    ein Gesetz abstimmen, welches weitreichende Folgen für
    die Bevölkerung und unser Land hat, wir jedes mögliche
    Risiko, jede mögliche Folge analysieren und auch de-
    battieren . Die Beratungen erfolgen in einem komplexen
    Verfahren . Nur so kann man Gesetzentwürfen dieser Art
    auch gerecht werden . Es werden Experten befragt und
    auch angehört . Mit deren jeweiligen Expertisen setzen

    Dr. Lars Castellucci






    (A) (C)



    (B) (D)


    wir uns oft wochen-, wenn nicht gar monatelang aus-
    einander . Oftmals einigen wir uns dabei auch auf einen
    besseren Kompromiss . Dieses wenn auch manchmal
    langwierige Verfahren wäre im Falle einer Volksabstim-
    mung – so meine ich – nicht durchführbar . Vielmehr
    müsste man, will man einen Volksentscheid durchführen,
    das betroffene Sachthema unangemessen verkürzen . Dies
    geht zulasten einer konkreten Bewertung der Folgen .

    Spricht man von einem Mehr unmittelbarer Mitbe-
    stimmung auf Bundesebene, muss man fairerweise auch
    darüber sprechen, dass Volksentscheide in der Regel
    emotional aufgeladen sind und damit gut organisierte fi-
    nanz- und kampagnenstarke Interessenvertretungen bei
    der Meinungsbildung im Vorteil sind . Das führt letztend-
    lich zu einer Verzerrung des scheinbar reinen Volksbildes
    und damit zu einem Weniger an Demokratie und schluss-
    endlich zu weniger Gerechtigkeit .


    (Zuruf der Abg . Katja Kipping [DIE LINKE])


    Auch das gehört zur Wahrheit . Die Folge wäre, dass nicht
    sachbezogene Gesichtspunkte Einfluss auf die Entschei-
    dung nehmen . Und das, so meine ich, kann nicht gewollt
    sein .

    Die Wahrheit ist, dass die heute zu treffenden Ent-
    scheidungen immer in einem Graubereich zwischen
    einem klaren Ja und einem klaren Nein liegen . Einer
    solchen Situation kann eine Volksbefragung niemals
    gänzlich gerecht werden . Hinzu kommt, dass in vielen
    Situationen schnell und entschlossen reagiert werden
    muss . Neben Schnelligkeit muss Politik auch die not-
    wendige Weitsicht mitbringen . Bei Volksentscheiden –
    das wissen wir – besteht immer auch die Gefahr einer
    Emotionalisierung, sodass keine Chance besteht, mit ra-
    tionalen Argumenten zu überzeugen .

    Menschen sollen und dürfen politische Verantwortung
    übernehmen, und es gibt genügend Möglichkeiten, sich
    an der Meinungsbildung zu beteiligen . Auf der Suche
    nach den besten Lösungen sind die Bürgerinnen und Bür-
    ger natürlich aufgefordert, sich einzubringen, und das tun
    sie zum Glück auch . Bürger können sich an den Petiti-
    onsausschuss des Deutschen Bundestages wenden . Jeden
    Monat gehen dort Hunderte Eingaben ein . Zur Wahrheit
    gehört auch: Petitionen waren in der Vergangenheit oft
    der ausschlaggebende Impuls für Gesetzentwürfe von
    uns .

    Churchill hat einmal formuliert:

    Demokratie ist die Notwendigkeit, sich gelegentlich
    den Ansichten anderer Leute zu beugen .

    In diesem Sinne halte ich es für richtig, sich unseren An-
    sichten zu beugen


    (Heiterkeit bei der LINKEN – Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Gelegentlich! Aber nur gelegentlich! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU], an die LINKE gewandt: Ich finde das eine gute Idee!)


    und den Gesetzentwurf abzulehnen .

    Vielen Dank .


    (Beifall bei der CDU/CSU)




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank . – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt

die Kollegin Halina Wawzyniak .


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Halina Wawzyniak


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!

    Demokratie für alle heißt, dass jede und jeder, die oder
    der es will, ohne Existenzangst und mit der dafür not-
    wendigen Zeit direkt mitentscheiden kann, wie sich die
    Gesellschaft entwickelt .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Demokratie für alle heißt eben auch, Volksinitiativen,
    Volksbegehren und Volksentscheide zu ermöglichen . Ih-
    nen liegt seit März 2014 der Gesetzentwurf der Linken
    vor . Wir wollen die parlamentarische Demokratie ergän-
    zen, nicht ersetzen . Es ist im Übrigen nicht der erste Ge-
    setzentwurf von uns dazu .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Der Gesetzentwurf ist trotz einiger Neuerungen im
    Prinzip ein alter Hut, so wie auch die Argumente dafür
    und dagegen – das haben wir gerade wieder gemerkt .
    Wir könnten uns das alles sparen, wenn wir endlich di-
    rekte Demokratie einführen würden . Solange das nicht
    passiert, werden wir dieses Thema immer wieder auf die
    Tagesordnung setzen, bis auch der Letzte – in dem Fall
    die Union – begriffen hat, dass der Souverän, und zwar
    die hier lebenden Menschen, entscheiden können soll .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Mit dem Gesetzentwurf wollen wir denjenigen Men-
    schen, die seit fünf Jahren hier leben und das 16 . Lebens-
    jahr vollendet haben, das Wahlrecht und damit auch die
    Möglichkeit geben, bei Volksinitiativen, Volksbegehren
    und Volksentscheiden mitzumachen . Wir lassen uns
    dabei von dem einfachen, aber durchaus bestechenden
    Gedanken leiten, dass diejenigen über die Entwicklung
    der Gesellschaft entscheiden sollen, die in ihr leben . Wer
    denn sonst, bitte schön?

    Wir wollen – das hat der Kollege Mutlu schon aus-
    geführt –, dass eine Volksinitiative erfolgreich ist, wenn
    100 000 Wahlberechtigte sie unterstützen . Wir wollen
    regeln, dass eine Volksinitiative unter anderem dann un-
    zulässig ist, wenn sie die in den Artikeln 1 und 20 Grund-
    gesetz niedergelegten Grundsätze berührt oder unmittel-
    bar das Haushaltsgesetz betrifft . Ein Volksbegehren soll
    zustande kommen, wenn ihm innerhalb von neun Mo-
    naten mindestens 1 Million Wahlberechtigte zugestimmt
    haben; bei Verfassungsänderungen sollen es 2 Millionen
    Wahlberechtigte sein . Ein Volksentscheid ist demnach
    erfolgreich, wenn die Mehrheit der Abstimmenden zu-
    gestimmt hat, für eine Verfassungsänderung sind hier
    zwei Drittel der abgegebenen Stimmen erforderlich . Wir
    haben mit dem Gesetzentwurf erstmals auch ein Abstim-
    mungsgesetz vorgelegt, das sowohl die Information der
    Stimmberechtigten als auch die Kostenerstattung und die
    Transparenz regelt .

    Oswin Veith






    (A) (C)



    (B) (D)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grü-
    nen, wir haben es gehört: An der einen oder anderen
    Stelle finden Sie unseren Gesetzentwurf nicht ganz so
    überzeugend . Das ist heute nicht mehr zu ändern . Aber
    vielleicht schauen wir mal, ob wir bei nächstbester Gele-
    genheit die Möglichkeit haben, mehr direkte Demokratie
    einzuführen;


    (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit habe ich meine Rede abgeschlossen!)


    denn im Grundsatz sind wir doch dafür .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn nach einer Umfrage 51 Prozent der über 50-Jäh-
    rigen sagen, dass es eigentlich egal ist, wen man wählt,
    dann muss uns das erschrecken . Und die Haltung „Die
    da oben machen eh, was sie wollen!“ ist uns allen doch
    schon einmal begegnet .


    (Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Nicht nur einmal!)


    – Nicht nur einmal . Das ist richtig . – Deshalb sagen wir:
    Demokratie für alle ist das Angebot an alle hier lebenden
    Menschen, selbst Verantwortung für politische Entschei-
    dungen zu übernehmen . Wir sagen ihnen: Ihr werdet
    ernst genommen, eure Entscheidungen haben Konse-
    quenzen . Es sind eben nicht die Politiker oder „die da
    oben“, die für euch entscheiden, sondern ihr . Das ist der
    Sinn, das Wesen von Demokratie . Dafür sollten wir uns
    alle starkmachen .


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Nehmen Sie Ihre Wähler nicht ernst?)


    Mir geht es ähnlich wie dem Kollegen Castellucci:
    Die Gegenargumente, die hier vorgebracht worden sind,
    kann ich alle im Schlaf aufzählen, es sind nämlich immer
    dieselben .


    (Dr . Tim Ostermann [CDU/CSU]: Sie sind immer noch richtig!)


    Sie haben diesmal im Übrigen die Weimarer Republik
    vergessen, aber das kommt bestimmt auch noch . Sie ist
    übrigens nicht an Volksentscheiden gescheitert .


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Im Übrigen tun wir hier im Parlament am Ende auch
    nichts anderes, als mit Ja oder Nein zu stimmen . Ich
    wüsste nicht, was wir anders machen .


    (Dr . Tim Ostermann [CDU/CSU]: Das Gesetzgebungsverfahren, das dahintersteht?)


    Ich will noch etwas zu dem Populismusargument sa-
    gen . Ich habe in den vergangenen sieben Jahren hier so
    viel Anfälligkeit für Populismus erlebt, dass ich mir nicht

    vorstellen kann, dass die Bevölkerung anfälliger für Po-
    pulismus ist als ein Teil der hier Sitzenden .


    (Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: In Ihrer Fraktion, oder wo?)


    Mehr direkte Demokratie, das Prinzip von Volks-
    entscheiden und Volksbegehren, kann eine große Bil-
    dungsveranstaltung sein . Die Erfahrungen zeigen: An-
    fang 2014 gab es 600 Bürgerbegehren bundesweit, von
    denen sich nur 20 gegen Flüchtlinge richteten – das sind
    20 zu viel –; parlamentarische Initiativen gegen Geflüch-
    tete gab es hingegen viel, viel mehr . Es gab bisher zum
    Glück überhaupt keinen Bürgerentscheid gegen Geflüch-
    tete . Vor diesem Hintergrund: Hören Sie von der Union
    auf, zu erklären, die Bevölkerung sei anfällig für Popu-
    lismus . Die Bevölkerung ist nicht anfälliger als wir hier .

    Ich sage Ihnen: Lassen Sie uns die Initiative ergreifen!
    Lassen Sie uns mehr Demokratie für alle ermöglichen!
    Lassen Sie uns Volksbegehren, Volksentscheide und
    Volksinitiativen zulassen!

    Danke schön .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)