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    Plenarprotokoll 18/164 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 164. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Inhalt: Würdigung von Bundesminister a. D. Hans-Dietrich Genscher und Bundesminister a. D. Dr. Guido Westerwelle . . . . . . . . . . . . . 16071 A Nachruf auf den Literaturnobelpreisträger Imre Kertesz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16072 B Gedenken an die Opfer der Anschläge in Brüs- sel und Lahore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16072 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16072 C Tagesordnungspunkt 3: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes Drucksachen 18/6988, 18/8102 . . . . . . . . . . . 16073 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr und digitale Infrastruk- tur zu dem Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner, Matthias Gastel, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Fluglärm wirksam reduzieren Drucksachen 18/4331, 18/5247 . . . . . . . . . . . 16073 C Alexander Dobrindt, Bundesminister BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16073 C Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 16075 C Arno Klare (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16076 C Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16077 D Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16079 A Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 16081 B Andreas Rimkus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16082 A Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16083 B Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16084 B Ulli Nissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16085 D Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 16086 C Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Caren Lay, Herbert Behrens, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bun- desweiten Aktionsplan für eine gemeinnüt- zige Wohnungswirtschaft auflegen Drucksache 18/7415 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16088 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tü- bingen), Britta Haßelmann, Sven-Christian Kindler, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die neue Wohnungsgemeinnützigkeit – Fair, gut und günstig wohnen Drucksache 18/8081 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16088 A Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 16088 A Sylvia Jörrißen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 16089 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016II Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16091 C Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16092 D Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16093 B Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . . 16094 C Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 16096 C Klaus Mindrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16097 B Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 16098 B Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 16099 C Claudia Tausend (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16101 B Christian Haase (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 16102 A Detlev Pilger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16103 D Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16105 A Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in der Ar- beitslosenversicherung (Arbeitslosenversi- cherungsschutz- und Weiterbildungsstär- kungsgesetz – AWStG) Drucksache 18/8042 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16105 D Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16106 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16107 A Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 16108 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16110 A Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16111 D Albert Weiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16113 A Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16114 A Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16115 A Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 16116 A Tagesordnungspunkt 24: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes zur Änderung des Buch- preisbindungsgesetzes Drucksache 18/8043 . . . . . . . . . . . . . . . . . 16117 B b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes über die weitere Bereini- gung von Bundesrecht Drucksache 18/7989 . . . . . . . . . . . . . . . . . 16117 B c) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Drohende Streckenstilllegungen verhin- dern – Regionalisierungsmittel erhöhen Drucksache 18/8074 . . . . . . . . . . . . . . . . . 16117 C d) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bundesverkehrswegeplan 2030 zurück- ziehen – Klimaschutz- und sozialökolo- gische Nachhaltigkeitsziele umsetzen Drucksache 18/8075 . . . . . . . . . . . . . . . . . 16117 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald, Kordula Schulz-Asche, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gewässer vor Medikamentenrückständen schützen Drucksache 18/8082 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16117 D Tagesordnungspunkt 25: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes Drucksachen 18/7873, 18/8104 . . . . . . . . . 16118 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und humani- täre Hilfe zu dem Antrag der Abgeordne- ten Kordula Schulz-Asche, Tom Koenigs, Peter Meiwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Stefan Liebich, Wolfgang Gehrcke, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Der Völkermord in Ruanda und die deutsche Politik 1990 bis 1994 – Unabhängige historische Aufarbeitung Drucksachen 18/4811, 18/7905 . . . . . . . . . 16118 B Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr und digitale Infrastruktur: zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Flugs- icherheit sowie zur Aufhebung der Verord- nung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates – KOM(2015) 613 endg.; Ratsdok. 14991/15 – hier: Stellung- nahme gegenüber der Bundesregierung ge- mäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Drucksachen 18/7422 Nr. A.22, 18/8103 16118 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 III Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Frakti- on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haltung der Bundesregierung zu den gesundheits- gefährdenden Abgasbelastungen in vielen deutschen Städten Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16118 D Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 16119 C Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 16120 C Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16121 C Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16123 B Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 16124 D Ulli Nissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16125 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16126 D Karsten Möring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 16128 A Arno Klare (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16129 B Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 16130 B Detlev Pilger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16131 B Oliver Wittke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16132 C Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einstufung der Demokratischen Volksre- publik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten Drucksache 18/8039 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16134 B Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16134 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 16135 D Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 16136 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 16138 B Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16139 C Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 16140 D Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16141 B Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16142 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . 16142 D Tagesordnungspunkt 7: a) Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Uwe Kekeritz, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Kleidung fair produzieren – EU-Richtlinie für Trans- parenz- und Sorgfaltspflichten in der Textilproduktion schaffen Drucksache 18/7881 . . . . . . . . . . . . . . . . . 16143 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Caren Lay, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Unternehmen in die Ver- antwortung nehmen – Menschenrechts- schutz gesetzlich regeln Drucksachen 18/5203, 18/6181 . . . . . . . . . 16144 A Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16144 A Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 16145 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 16147 B Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 16147 D Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . 16148 D Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16149 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . 16150 D Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16151 B Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . 16152 B Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 16153 B Tagesordnungspunkt 8: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen Drucksachen 18/6446, 18/8106 . . . . . . . . . 16154 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucher- schutz zu dem Antrag der Abgeordne- ten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LIN- KE: Korruption im Gesundheitswesen effektiv bekämpfen Drucksachen 18/5452, 18/8106 . . . . . . . . . 16154 C Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16154 D Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 16155 C Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . 16156 C Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16158 C Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16160 A Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 16160 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016IV Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 16161 C Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16162 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 16164 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16165 D Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Harald Petzold (Havelland), Sigrid Hupach, Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Filmförderung – Impulse für mehr Innovation statt Kommerz, für soziale und Gendergerechtigkeit und kulturelle Vielfalt Drucksache 18/8073 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16164 B Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 16164 B Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 16168 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16170 C Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 16171 B Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 16172 D Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16174 A Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an der Militärmission der Europäi- schen Union als Beitrag zur Ausbildung der malischen Streitkräfte (EUTM Mali) auf Grundlage des Ersuchens der Regierung von Mali an die EU sowie der Beschlüs- se des Rates der EU 2013/87/GASP vom 18. Februar 2013, zuletzt geändert mit dem Beschluss des Rates der EU 2016/446/GASP vom 23. März 2016 in Verbindung mit den Resolutionen des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen 2071 (2012) vom 12. Okto- ber 2012 und folgender Resolutionen, zu- letzt 2227 (2015) vom 29. Juni 2015 Drucksache 18/8090 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16175 B Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16175 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 16176 C Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 16177 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16179 A Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 16180 A Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16181 A Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Kordula Schulz-Asche, Claudia Roth (Augs- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zivilgesell- schaftliches Engagement braucht Raum – Anti-NGO-Gesetze stoppen, Menschen- rechtsverteidiger stärken Drucksache 18/7908 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16182 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16182 A Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 16182 D Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 16184 B Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16185 A Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der durch die Europäische Union geführten Operation EU NAVFOR Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias auf Grundlage des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (VN) von 1982 und der Resolu- tionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008 und weiterer Resolutionen, zuletzt 2246 (2015) vom 10. November 2015 und nachfolgender Resolutionen des Sicherheitsrates der VN in Verbindung mit der Gemeinsamen Akti- on 2008/851/GASP des Rates der Europäi- schen Union (EU) vom 10. November 2008, dem Beschluss 2009/907/GASP des Rates der EU vom 8. Dezember 2009 und weiterer Beschlüsse, zuletzt dem Beschluss 2014/827/ GASP vom 21. November 2014 Drucksache 18/8091 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16186 D Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16186 D Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . . 16188 A Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16189 A Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16190 A Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16191 A Dirk Vöpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16192 B Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 16193 A Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Frank Tempel, Ulla Jelpke, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Netz- neutralität im Rahmen der Vorgaben der EU-Verordnung gesetzlich absichern Drucksache 18/6876 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16193 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 V Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 16194 A Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 16194 D Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16195 D Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16196 D Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . 16197 C Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 16198 C Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16199 B Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Novellierung von Fi- nanzmarktvorschriften auf Grund europä- ischer Rechtsakte (Erstes Finanzmarktno- vellierungsgesetz – 1. FiMaNoG) Drucksachen 18/7482, 18/7826, 18/8099 . . . . 16200 D Matthias Hauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 16201 A Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 16202 C Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16203 C Sarah Ryglewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 16204 C Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Kordula Schulz- Asche, Uwe Kekeritz, Ulle Schauws, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die AIDS-Epidemie in Deutschland und weltweit bis 2030 beenden Drucksache 18/6775 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16205 C Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16205 C Emmi Zeulner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 16206 C Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 16207 C Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 16208 B Dr. Georg Kippels (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 16209 B Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung (Inves- tmentsteuerreformgesetz – InvStRefG) Drucksache 18/8045 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16210 C Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16210 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 16211 D Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 16212 C Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16213 D Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Geset- zes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften Drucksache 18/8034 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16215 C Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aktualisierung der Strukturreform des Ge- bührenrechts des Bundes Drucksache 18/7988 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16215 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16215 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 16217 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ursula Groden-Kranich, Dr. Heribert Hirte, Jan Metzler, Karsten Möring und Elisabeth Winkelmeier-Becker (alle CDU/CSU) zu der Abstimmung über den von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurf eines Fünfzehn- ten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrs- gesetzes (Tagesordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . 16217 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) zu der Ab- stimmung über den von den Fraktionen CDU/ CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Tagesord- nungspunkt 25 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16218 A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Harald Weinberg (DIE LINKE) zu der Ab- stimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Be- kämpfung von Korruption im Gesundheitswe- sen (Tagesordnungspunkt 8 a) . . . . . . . . . . . . 16218 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund euro- päischer Rechtsakte (Erstes Finanzmarktno- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016VI vellierungsgesetz – 1. FiMaNoG) (Tagesord- nungspunkt 14) Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16218 D Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Reform der Invest- mentbesteuerung (Investmentsteuerreformge- setz – InvStRefG) (Tagesordnungspunkt 16) Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16219 D Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschrif- ten (Tagesordnungspunkt 17) Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 16220 D Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16222 A Martina Stamm-Fibich (SPD) . . . . . . . . . . . . . 16223 C Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 16224 D Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16225 C Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aktualisierung der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes (Tagesordnungspunkt 18) Oswin Veith (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 16226 B Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 16227 A Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 16227 D Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 16228 A Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16228 D (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16071 164. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Beginn: 9.01 Uhr
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    1) Anlage 7 2) Anlage 8 Fritz Güntzler (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16217 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.04.2016 Bär, Dorothee CDU/CSU 14.04.2016 Barthle, Norbert CDU/CSU 14.04.2016 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.04.2016 Ernstberger, Petra SPD 14.04.2016 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 14.04.2016 Huber, Charles M. CDU/CSU 14.04.2016 Jung, Andreas CDU/CSU 14.04.2016 Jung, Dr. Franz Josef CDU/CSU 14.04.2016 Kaster, Bernhard CDU/CSU 14.04.2016 Koenigs, Tom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.04.2016 Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.04.2016 Kühn (Tübingen), Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.04.2016 Launert, Dr. Silke CDU/CSU 14.04.2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 14.04.2016 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.04.2016 Müller-Gemmeke, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.04.2016 Müntefering, Michelle SPD 14.04.2016 Nietan, Dietmar SPD 14.04.2016 Pfeiffer, Dr. Joachim CDU/CSU 14.04.2016 Schmitt, Ronja CDU/CSU 14.04.2016 Steinbach, Erika CDU/CSU 14.04.2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Thönnes, Franz SPD 14.04.2016 Veit, Rüdiger SPD 14.04.2016 Wicklein, Andrea SPD 14.04.2016 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ursula Groden-Kranich, Dr. Heribert Hirte, Jan Metzler, Karsten Möring und Elisabeth Winkelmeier-Becker (alle CDU/ CSU) zu der Abstimmung über den von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurf eines Fünf- zehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrs- gesetzes (Tagesordnungspunkt 3) Dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftver- kehrsgesetzes stimmen wir zu. Mit dem heutigen Beschluss stärken wir die Öffent- lichkeitsbeteiligung beim Fluglärmschutz. Das Bundes- verwaltungsgericht hatte im Juli 2012 klargestellt, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Planfeststel- lung eines Flughafens den gesamten Einwirkungsbereich des Flughafens erfassen muss. Dazu gehören auch künf- tig mögliche Änderungen der Flugrouten, die sich auf bis dahin nicht betroffene Bereiche um einen Flughafen aus- wirken können. Die Gesetzesänderung stellt sicher, dass die Prüfung der Umweltauswirkungen eines Flughafens auch die Bereiche in Betracht zieht, in denen An- und Abflugverkehr nicht ausgeschlossen werden kann. Über die Konsultations- und Anhörungsverfahren bei der Um- weltverträglichkeitsprüfung werden auch die Interessen der Bevölkerung stärker in die Planungen von Flughäfen und Flugrouten eingebunden. Bei diesen rechtlichen Anpassungen dürfen wir es allerdings nicht bewenden lassen. Die öffentliche Anhö- rung im federführenden Ausschuss für Verkehr und digi- tale Infrastruktur hat klar gezeigt, dass noch Handlungs- spielraum zur weiteren Lärmentlastung bei Anwohnern von Flughäfen besteht. Dies betrifft insbesondere die gültigen Grenzwerte im Fluglärmschutzgesetz. Gleichzeitig verweisen wir auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, wonach wir noch in dieser Wahlperio- de eine stärkere Differenzierung nach Flugzeugtypen und eine deutlichere Spreizung der Tag- und Nachttarife bei lärmabhängigen Flughafenentgelten rechtlich verankern werden. Aspekte des Fluglärms und der Lärmentlastung bei Anwohnern von Flughäfen sollten sich auch an zen- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616218 (A) (C) (B) (D) traler Stelle im nationalen Luftverkehrskonzept der Bun- desregierung widerspiegeln. Hier besteht noch dringen- der Handlungsbedarf. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Reinhard Brandl (CDU/ CSU) zu der Abstimmung über den von den Frak- tionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Geset- zes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Tages- ordnungspunkt 25 a) Die Zahl der deutschen Bevölkerung im Wahlkreis 217 Ingolstadt (künftig 216) überschreitet zum Stichtag 30. Juni 2015 die durchschnittliche Zahl je Wahlkreis um 27,6 Prozent. Die maximal zulässige Abweichung von ±25 Prozent wird damit überschritten, und eine Neuein- teilung ist zwingend erforderlich. Das Gesetz zur Ände- rung des Bundeswahlgesetzes folgt dem Vorschlag der Wahlkreiskommission und ordnet die zum Landkreis Neuburg-Schrobenhausen gehörende Stadt Schroben- hausen sowie die Verwaltungsgemeinschaft Schroben- hausen, bestehend aus den Gemeinden Berg im Gau, Brunnen, Gachenbach, Langenmosen und Waidhofen, dem Wahlkreis 215 Freising (künftig 214) zu. Der Ab- weichungswert des Wahlkreises Ingolstadt kann dadurch auf 18,0 Prozent gesenkt werden. Der Abweichungswert des Wahlkreises Freising beträgt danach 15,9 Prozent. Mit Blick auf ganz Oberbayern führt diese Lösung, in Kombination mit der Bildung eines neuen Wahlkreises im Südwesten Oberbayerns, nur zu geringen Veränderun- gen in den bestehenden Wahlkreisen und trägt damit dem Prinzip der Wahlkreiskontinuität Rechnung. Ich trage die Änderung des Bundeswahlgesetzes deshalb mit. Aus Sicht des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen darf dies aber kein Dauerzustand bleiben. Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen wurde erst bei der Gebietsre- form 1972 neu gebildet. Bis heute bemüht sich die Kom- munalpolitik, die Einheit des Landkreises zwischen den beiden Mittelzentren Neuburg und Schrobenhausen her- zustellen. Eine Trennung des Landkreises in zwei Wahl- kreise ist vor diesem Hintergrund absolut kontraproduk- tiv. Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen trägt bei dieser Lösung die Last dafür, dass andere Wahlkreise in Oberbayern nicht neu zusammengesetzt werden müssen. Es wäre heute schon möglich, in der Region 10 aus den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen an der Ilm, Eichstätt sowie der Stadt Ingolstadt zwei Wahl- kreise zu bilden. Eine solche Lösung würde auch dem starken Wachstum der Region gerecht werden. Aufgrund der langfristigen Bevölkerungsentwicklung ist es absehbar, dass Oberbayern bei einer der zukünfti- gen Bundestagswahlen einen weiteren Wahlkreis erhalten wird. Ich bitte den dann amtierenden Deutschen Bundes- tag, die Einheit des Landkreises Neuburg-Schrobenhau- sen im Wahlkreis wiederherzustellen und erwarte in die- sem Fall von den möglicherweise negativ betroffenen Landkreisen in Oberbayern die gleiche Solidarität, die mit diesem Gesetz jetzt dem Landkreis Neuburg-Schro- benhausen abverlangt wird. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Harald Weinberg (DIE LINKE) zu der Abstimmung über den von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswe- sen (Tagesordnungspunkt 8 a) Ein Gesetz, welches Korruption im Gesundheitssys- tem und speziell bei der Ärzteschaft regelt, ist spätestens seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs 2012 überfällig. Denn das Gericht stellte fest, dass mit den geltenden Ge- setzen Ärztinnen und Ärzte nicht wegen Bestechlichkeit verurteilt werden können. Das wird der herausragenden Verantwortung und der vertrauensvollen Rolle dieser Be- rufsgruppe in der Gesellschaft nicht gerecht. Der nun vorliegende Gesetzentwurf ist aber leider nicht zustimmungsfähig. Denn er schützt nicht die Pati- entinnen und Patienten, sondern stellt nur Regeln gegen unlauteren Wettbewerb im Gesundheitssystem auf. So soll es Ärztinnen und Ärzten verboten sein, Vorteile von einzelnen Wettbewerbern entgegenzunehmen und dann diese mit ihrem Verordnungsverhalten zu unterstützen. Wenn es aber gar keine Wettbewerber gibt, sondern nur einen Monopolisten, zum Beispiel weil auf das Medika- ment noch Patentschutz gilt oder weil es keine Behand- lungsalternative gibt, dann bleibt Vorteilsnahme weiter- hin erlaubt. Hersteller und Anbieter haben damit Anreize, weiterhin auf die Ärzteschaft zuzugehen und Einfluss zu nehmen. Ärztinnen und Ärzte haben weiterhin den An- reiz, bei ihren Verordnungen großzügig zu sein und auch den Patientinnen und Patienten eine Therapie angedeihen zu lassen, die eigentlich keine brauchen. Wir fordern als Linke, dass Vorteilsnahme und Be- stechlichkeit bei Ausübung jedes Berufes unter Strafe gestellt wird, sei es bei Ärztinnen und Ärzten oder an- deren Berufen. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Erstes Finanz- marktnovellierungsgesetz – 1. FiMaNoG) (Tages- ordnungspunkt 14) Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): „Rigorose und abschreckende Sanktionen, die auch effektiv durchgesetzt werden“, so lautete die Ziel- vorgabe, welche die EU-Expertengruppe um Jaques de Larosière 2009 unter dem Eindruck der Finanzkrise ver- fasste. Finanzmarktregulierung und -aufsicht sollten ge- stärkt, Sanktionssysteme vereinheitlicht und Bußgeldan- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16219 (A) (C) (B) (D) drohungen deutlich erhöht werden. Diese Erkenntnisse mündeten in der Marktmissbrauchsrichtlinie, um deren Umsetzung es heute geht. Bei dieser Umsetzung zeigt sich: Genau wie beim Ak- tionismus in Folge der Panama Papiere, genau wie bei der jahrelang verschleppten Geldwäschebekämpfung, genau wie beim Abschlussprüfungsreformgesetz: Der Bundesfinanzminister geht die schwierigen systemischen Probleme im Finanzsystem erst auf äußeren Druck hin an und setzt nur das in nationales Recht um, wozu Deutsch- land international verpflichtet ist. So sind beispielsweise die Anpassungen der Vor- schriften im Bereich Marktmissbrauch an neue techno- logische Entwicklungen wie den Hochfrequenzhandel notwendig. Auch die Erweiterung des Regelungsregimes über Eigengeschäfte von Führungskräften – Directors’ Dealings –, beispielsweise auf Anleihen des Unterneh- mens, sowie die Einführung von Basisinformationsblät- tern für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte sind zu begrüßen. Aber wann immer es zulässig ist, beschränkt sich Schäuble da- rauf, bestenfalls den Mindestanforderungen gerecht zu werden, und vereitelt so eine effektive Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie. Warum nutzt eigentlich die Bundesregierung nicht die Möglichkeiten, die die Richtlinie bieten würde, um in Deutschland scharfe Sanktionen einzuführen und wirk- sam durchzusetzen? Nach der Richtlinie genügt bereits das Geben falscher oder irreführender Signale für eine Strafbarkeit wegen Marktmanipulation. Der Regierungs- entwurf sieht dagegen vor, dass es zu einer Einwirkung auf den Marktpreis gekommen sein muss. Das heißt, die Ermittlungsbehörden müssen neben einer Manipulations- handlung zusätzlich den oft schwierigen Nachweis eines Manipulationserfolges erbringen. Eine Versuchsstrafbar- keit soll zwar endlich eingeführt werden, sich aber auf bestimmte Manipulationshandlungen beschränken. Ich frage mich: Warum sieht der Gesetzentwurf bezüglich Waren eine generelle Strafbarkeit vor, im Falle von vor- sätzlichen Fehlinformationen bei Aktien aber nur, wenn es wirklich die Erlangung eines großen Vermögensvor- teils gegeben hat? Den großen Manipulationsskandalen der jüngeren Zeit ist gemein, dass sie, selbst wenn deutsche Wirtschafts- oder Finanzmarktunternehmen betroffen waren, nicht in Deutschland aufgedeckt wurden. Beim Libor-Skan- dal waren es die britischen und amerikanischen, beim Volkswagen-Skandal nur die amerikanischen Behörden. In Anbetracht dieses offensichtlich bestehenden großen Handlungsbedarfs in Deutschland kann es nicht ausrei- chen, nur die Mindestanforderungen einer EU-Richtlinie zum Marktmissbrauch in das deutsche Recht umzuset- zen. Stattdessen muss man gerade die deutschen Proble- me endlich angehen. Dazu müssen die Ziele, die auf EU-Ebene zum Richt- linienerlass geführt haben, auch in Deutschland beherzigt werden. Das zulässige Höchstmaß für Geldbußen gegen Unternehmen muss ganz massiv heraufgestuft werden. Bis 2013 lag es nach dem Gesetz über Ordnungswidrig- keiten selbst bei vorsätzlichen Taten bei nicht mehr als 1 Million Euro; für leichtfertiges Handeln durften so- gar nur 500 000 Euro verhängt werden. Heute liegt es auf Druck der Organisation für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung im Falle von vorsätzlichen Straftaten bei immerhin 10 Millionen Euro. Aber wie abschreckend wirkt eine Höchststrafe von 10 Millionen Euro wohl für Unternehmen wie die Deutsche Bank mit über 1,5 Billionen Euro Bilanzsumme und 30 Milliarden Euro Umsatz? Die Kosten selbst für vorsätzliche Straf- taten lassen sich da als Rundungsdifferenzen einpreisen. Zudem darf individuelle Verantwortung nicht in Un- ternehmensstrukturen verloren gehen. Das Spiel des absichtlichen Nichtwissens von Vorgesetzten und Ent- scheidungsträgern, das regelmäßig vor strafrechtlichen Verurteilungen schützt, muss unterbunden werden. Im britischen Parlament sind hierfür überzeugende Vor- schläge gemacht worden. Für die einzelnen Unterneh- mensbereiche soll zum Beispiel jeweils ein Vorstand auch strafrechtlich verantwortlich sein und die Beweis- last für aktive Compliance tragen. Ich frage mich: Wa- rum sehen wir so etwas hier im Bundestag nicht als Ge- setzesinitiative von Ihnen? Gleichzeitig müssen aufrichtige, ehrliche Mitarbeiter, die schmutzige Geschäfte von Unternehmen öffentlich machen, geschützt werden. Die Bundesanstalt für Fi- nanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, hat im Internet eine Meldeplattform für Whistleblower eingerichtet. Das ist sicher kein falscher Schritt, aber ebenso sicher nicht ge- nug. Während auf europäischer Ebene vorgeschlagen wurde, finanzielle Anreize für Whistleblower zu setzen, um deren drohenden Arbeitsplatzverlust abzumildern, sieht der Gesetzentwurf keine proaktive Lösung zum Schutz von Whistleblowern vor. Die jüngsten gesetzge- berischen Aktivitäten, insbesondere die Einführung des neuen Straftatbestands der Datenhehlerei, führen viel- mehr zu einer weiteren Kriminalisierung von Whistle- blowern. Schließlich enthält der Gesetzentwurf auch kein Re- gime, nach dem Whistleblower bei Untätigkeit der Ba- Fin an die Öffentlichkeit gehen dürfen. Insbesondere die Panama Papiere zeigen aber, dass in manchen Situatio- nen nur durch Öffentlichkeit Missstände beseitigt werden können. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreform- gesetz – InvStRefG) (Tagesordnungspunkt 16) Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Um seine Steuerbelastung erheblich zu senken, muss man heutzutage keine Briefkastenfirma in Panama oder einem anderen Offshore-Finanzzentrum gründen. Für große Vermögen setzen die Experten deutscher Banken gern auch einen deutschen Publikumsfonds mit nur ei- nem Anleger auf. Dabei ist das deutsche Investmentsteu- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616220 (A) (C) (B) (D) errecht fast genauso komplex und damit für Außenste- hende undurchsichtig wie das nun aufgedeckte Geflecht von Briefkastenfirmen. Die mit der Komplexität ver- bundene Gestaltungsanfälligkeit nutzen die wenigen Experten in deutschen Banken und großen Steuer- und Rechtsberaterkanzleien schonungslos für aggressive Steuergestaltungen aus. Die dabei entstehenden Trans- aktionskosten für komplexe Gestaltungen können sich in der Regel nur sehr große Vermögen leisten. Bei 2,6 Bil- lionen Euro in Investmentfonds investierten Vermögen lohnt es sich jedoch für die Gestaltungsindustrie, immer neue Gestaltungsmodelle zu entwickeln und gewinnbrin- gend zu verkaufen. Der im Grundgesetz verankerte Grundsatz der Gleich- mäßigkeit der Besteuerung ist damit für große Kapital- vermögen aufgehoben. Reiche sind damit steuerrechtlich gleicher als der Normalbürger. Das Steuerrecht verstärkt durch seine Gestaltungsanfälligkeit die in den letzten Jahrzehnten stark gestiegene Einkommens- und Vermö- gensungleichheit. Seit 2000 ist das Unternehmens- und Vermögenseinkommen um 64 Prozent gewachsen, die Arbeitnehmerentgelte hingegen nur um 38 Prozent. Das Phänomen „Die Reichen werden immer reicher“ erfährt eine erhebliche Verstärkung, wenn mit geschickter Ge- staltung die eh schon niedrigere Besteuerung von Un- ternehmensgewinnen und Kapitaleinkünften weiter ge- drückt werden kann. Im Ergebnis dieser Entwicklung wird der notwendige Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gefährdet. Es ist daher höchste Zeit, im Steuerrecht den verlorengegangen Gleichheitsgrundsatz wiederherzustellen. Der Ansatz des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfes zur Reform der Investmentbesteuerung ist daher zwar zu begrüßen: Einzelne erkannte aggressive Steuergestaltungen sollen verhindert werden, und die Gestaltungsanfälligkeit des Investmentsteuerrechts soll insgesamt reduziert werden. Der Bundesregierung meint es jedoch mit den The- men Steuergerechtigkeit und gleichmäßige Besteuerung nicht ernst. Dies wird an drei Punkten offensichtlich: Erstens. Das Gesetz kommt zu spät. Die Bundesre- gierung hat jahrelang bei zahlreichen Steuerbetrügereien und aggressiven Steuergestaltungen über Investment- fonds zugeschaut. Leaks wurden nur zögerlich und im Wege der Flickschusterei geschlossen. Teilweise wurden diese Leaks erst durch Flickschusterei an anderer Stelle erzeugt. Dass mit Flickschustereien dem Hase-und-Igel- Spiel im Investmentsteuerrecht nicht beizukommen ist, konnte die Bundesregierung jedenfalls spätestens mit dem Bericht der Arbeitsgruppe zur „Neukonzeption der Investmentbesteuerung“ Anfang 2012 nicht mehr igno- rieren. Dort heißt es explizit, dass immer wieder neue Gestaltungen und Umgehungen auf Grundlage des beste- henden Investmentsteuerrechts auftreten werden, wenn man nicht die grundlegenden Angriffspunkte des Invest- mentsteuersystems angeht. Die Bundesregierung muss sich daher an dieser Stel- le fragen lassen: Wieso haben Sie vier Jahre gebraucht, um bei dieser Ausgangslage einen Reformvorschlag zu machen? Schlimmer noch: Als zweiten Hauptkritikpunkt muss sich die Bundesregierung fragen lassen, wieso sie vier Jahre gebraucht hat, um bei dieser Ausgangslage einen Reformvorschlag zu machen, der in der Fachliteratur bereits jetzt zerrissen wird. Die vorgeschlagene Reform sei zu komplex. Die generelle Anfälligkeit des Invest- mentsteuerrechts für Gestaltungen werde mit ihr nicht ausgeräumt werden, ist da zu lesen. Auch der Versuch, sogenannte Cum/Cum-Geschäfte zu unterbinden, droht zu scheitern: Im Fernsehen erklären bereits jetzt Steuer- experten, wie man die dazu vorgesehenen Regelungen umgehen kann. Soweit man hört, sind auch ein Teil der Länder mit der Lückenhaftigkeit der vorgeschlagenen Cum/Cum-Regelung nicht glücklich. Insofern ist zu er- warten, dass auch der Bundesrat hier Nachbesserungen fordern wird. Es ist jedoch an dieser Stelle müßig, die vielen un- zureichenden Regelungen des Reformvorschlages aufzu- zählen. Generell – und damit bin ich bei meinem dritten Kritikpunkt – stellt sich vielmehr die Frage: Warum hat die Bundesregierung nicht hier und heute einen – gege- benenfalls auch längerfristig umzusetzenden – Reform- vorschlag vorgelegt, wie das überkomplexe System der Kapitalertragsteuer und der grenzüberschreitenden Ka- pitaleinkommensbesteuerung reformiert wird. Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne unterliegen alle unterschiedlichen Besteuerungsregimen. Gestaltungs- willige lassen daher ihre Kapitalerträge in der jeweils steuergünstigsten Form anfallen. Dies ist ein zentraler Ausgangspunkt auch für die Probleme im Investment- steuerrecht, die Sie mit dem vorliegenden Entwurf ver- suchen in den Griff zu bekommen. Statt das Problem an der Wurzel zu packen, verlieren Sie sich dabei jedoch in neuer Komplexität. Mit der vorgesehenen Differenzie- rung zwischen Publikums- und Spezialfonds, den Aus- nahmeregelungen für begünstigte Anleger und dem nach Anlageklassen differenzierenden Teilfreistellungssystem schlagen Sie Pflöcke für neue Gestaltungsmodelle ein. Wenn man erkennt, dass die Komplexität eines Systems zu massiven Gestaltungsproblemen führt, kann die Lö- sung nicht ein noch komplexeres System sein. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Än- derung arzneimittelrechtlicher und anderer Vor- schriften (Tagesordnungspunkt 17) Michael Hennrich (CDU/CSU): Nach langer Zeit beraten wir heute wieder einmal arzneimittelpolitische Themen im Deutschen Bundestag. Gegenstand der Beratung ist das Vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschrif- ten. Schwerpunkt dieses Gesetzes ist die Transformation europarechtlicher Vorgaben in nationales Recht. Hierbei ist wichtig, dass wir den uns zustehenden Spielraum des europäischen Normgebers richtig nutzen. Gerade beim Thema klinische Forschung und deren Voraussetzungen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16221 (A) (C) (B) (D) dürfen wir unsere Rechtstradition sowie unser ethisches Fundament, welches sich über Jahrzehnte ausgeprägt und ausgeformt hat, nicht einfach beiseiteschieben und blind irgendwelchen europäischen Idealvorstellungen folgen – trotz allen berechtigen Wünschen nach einem einheitli- chen europäischen Rahmen. Hier gibt es unterschiedliche Vorstellungen in Europa, und das müssen auch die Eu- ropäische Kommission und der europäische Normgeber akzeptieren. Es geht darum, europäisches Denken in Ein- klang zu bringen mit unseren Traditionen und Wertvor- stellungen. Aber auch die Themen Lieferengpässe, Strahlen- schutzverordnung und Medikamente, Berufsbild des Apothekers oder das Arzt-Patienten-Verhältnis bei der Arzneimitteltherapie sind Regelungsbereiche, mit denen wir uns bei dieser AMG-Novelle befassen. Diese Bera- tungen finden vor dem Hintergrund der Veröffentlichun- gen der Ergebnisse des Pharmadialogs statt, die ja am letzten Dienstag präsentiert wurden. Wenn es im Gesetzesentwurf heißt, dass das Arznei- mittelgesetz an eine EU-Verordnung angepasst werden soll, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es um gewichtige Fragen geht. Gerade die Rolle der Ethikkom- missionen bei der Genehmigung von Arzneimittelstudien ist ein Punkt, mit welchem wir uns auch im Gesetzge- bungsverfahren auseinandersetzen müssen. Insofern will ich auch noch einmal deutlich herausstellen, dass die Fra- gen nach dem Zusammenspiel zwischen Ethikkommis- sionen und Bundesoberbehörden ein Schwerpunkt der parlamentarischen Beratung sein werden. Da geht es nicht um die zwei Institutionen und die Frage, wer welche Kompetenzen hat. Da geht es um den bestmöglichen Schutz der Probanden und um die effek- tive Wahrnehmung von deren Rechte und Interessen. In- sofern danke ich auch der Bundesärztekammer und der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft für exzellente Darstellung der Situation und der Problembe- schreibung. Ich tue das gerade vor dem Hintergrund, dass es in Europa Tendenzen gibt, arzneimittelrechtliche Zu- lassungen schneller als bisher zu erteilen. Die Stichworte sind: Conditional Approval und Adaptive Pathways. Hier stehen wir in besonderer Verantwortung. Dabei müssen wir deutlicher machen, dass es nicht um Industrieinteres- sen geht, sondern um den schnelleren Zugang der Patien- ten zu Innovationen. Auch die Einrichtung einer Bundesethikkommission ist vor diesem Hintergrund einer kritischen Bewertung zu unterziehen. Es ist wichtig, dass wir deutlich machen, dass die Interessen der Patienten nicht hinter die Inte- ressen der Industrie zurücktreten. Wir müssen gewähr- leisten, dass die Ethikkommissionen auch in Zukunft unabhängig und im Interesse der Probanden tätig wer- den. Deswegen sehe ich das Gesetz auch noch einmal als Chance, mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen und diesen zentralen Punkt noch einmal von allen Seiten zu beleuchten. Ich habe bewusst gleich zu Beginn auf den zentralen, kritischen Punkt hingewiesen. Ich will aber auch deutlich machen, dass wir mit dem Gesetz mehr Transparenz sowie erweitere Veröffentlichungspflichten schaffen, die ja gerade dem Schutz der Versicherten, Pa- tienten und Probanden dienen. Ich will im Rahmen meiner Rede auf zwei Punkte des Gesetzes eingehen, die mir persönlich sehr wichtig sind: Erstens. Die Neufassung des § 48 des Arzneimittelgeset- zes, wonach Arzneimittel nicht abgegeben werden dür- fen, wenn vor der ärztlichen Verschreibung offenkundig kein direkter Kontakt zwischen Patient und Arzt stattge- funden hat. Zweitens. Die Änderung der Bundes-Apo- thekerordnung, mit welcher wir das Berufsbild der Apo- theker umfassender beschreiben. Direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient vor Ver- schreibung: Natürlich kann man sich die Frage stellen, ob dies im Zeitalter von Telemedizin, E-Health etc. noch zeitgemäß ist. Die Diskussion um Dr. Ed hat ja gezeigt, wie schnell man da auf eine schiefe Ebene geraten kann: Telefonkontakt nach England mit anschließender Ver- schreibung. Das kann nicht unser Anspruch an eine qua- litativ hochwertige medizinische Versorgung sein. Das Arzt-Patienten-Verhältnis ist geprägt von persönlichem Vertrauen und von Zuwendung. In jüngster Zeit haben wir immer wieder beklagt, dass zu wenig Zeit für das Gespräch bleibe. Außerdem haben wir gerade in jüngster Zeit in unserer Politik Wert darauf gelegt, dass die spre- chende Medizin aufgewertet wird. Da ist es nur konse- quent, wenn wir dies auch zum Maßstab nehmen bei der Verschreibung von Medikamenten. Wir haben natürlich im Blick, dass es Folgeverschrei- bungen gibt und dass wir Routinearbeiten nicht unnötig blockieren dürfen. Deswegen haben wir ja auch die Mög- lichkeit geschaffen, dass in begründeten Ausnahmefäl- len davon abgewichen werden darf, insbesondere dann, wenn aus einem vorausgegangenen Kontakt der Patient dem Arzt bekannt ist. Insofern haben wir eine Regelung mit Augenmaß gefunden, die aus meiner Sicht der Fort- entwicklung von telemedizinischen Leistungen nicht im Wege steht. Ein weiterer Punkt, den ich noch ansprechen will, ist die Änderung der Bundes-Apothekerordnung, wo wir das Berufsbild der Apothekerinnen und Apotheker noch umfassender beschreiben. Wir kommen damit einer Bit- te des Bundesrates nach und halten Wort gegenüber den Apothekern, denen wir versprochen hatten, nach der Um- setzung der Berufsanerkennungsrichtlinie die Tätigkei- ten der Pharmazeuten noch einmal zu präzisieren bzw. zu erweitern. Insofern möchte ich meinem Kollegen Rudolf Henke danken, dem das ein persönliches Anliegen war. Die nähere Beschreibung der Tätigkeiten hat noch ein- mal deutlich gemacht, wie wichtig die Apothekerinnen und Apotheker im Versorgungsalltag sind. Wir sollten uns auch die Frage stellen, ob wir in der Politik dieser Tätigkeit auch die Würdigung zuteilwerden lassen, die dieser Berufsstand unzweifelhaft verdient hat. Insofern gehe ich davon aus, dass diese Tätigkeitsbeschreibung nur ein erster Aufschlag ist. Spannend wird es auch sein, zu sehen, ob wir das Thema „Apotheken – Fragen rund um die Vergütung“ sowie das leidige Thema „Retaxati- onen“ im Spätsommer noch einmal aufgreifen werden. Viele andere Dinge, die wir noch regeln, lasse ich unerwähnt. Insgesamt geht es hier um viele technische Detailfragen. Aber gerade das Thema Ethikkommissio- nen zeigt, dass wir auch hier besondere Aufmerksamkeit walten lassen müssen. Insofern freue ich mich auf die Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616222 (A) (C) (B) (D) weitere Beratung des Gesetzes und lade alle Beteiligten zum konstruktiven Dialog mit uns ein. Hubert Hüppe (CDU/CSU): Bislang gibt die EU-Richtlinie 2001/20/EG den EU-weiten Rahmen für klinische Arzneimittelprüfungen vor. Wir haben sie vor zwölf Jahren in deutsches Recht umgesetzt. Das damals eingeführte Verfahren mit klaren Zuständigkeiten, mit Genehmigung der Bundesoberbehörde und mit zustim- mendem Votum einer Ethikkommission hat sich seither bewährt. So bestätigte der Verband Forschender Arzneimittel- hersteller, vfa, in einer Kurzstellungnahme 2012, dass aufgrund der Erfahrungen seiner Mitgliedsunternehmen die Arbeit der Bundesoberbehörden und Ethikkommis- sionen positiv zu bewerten sei. Dies sei, so der vfa wei- ter, mit ein Grund, warum Deutschland bei der Anzahl klinischer Studienprojekte seit einigen Jahren führend in Europa ist. Im gerade vorgelegten Bericht über die Ergebnisse des Pharmadialogs heißt es, dass in den vergangenen zehn Jahren deutsche Forscherinnen und Forscher an mehr als 10 000 klinischen Prüfungen beteiligt waren. Dank guter Rahmenbedingungen liege Deutschland sowohl bei der Zahl der klinischen Prüfungen als auch bei der Zahl der Prüfstätten weltweit auf Platz zwei. Nur die USA, ein hochentwickeltes Land mit einer immerhin viermal grö- ßeren Bevölkerung als Deutschland, liegen noch vor uns. Es ist also nicht zutreffend, dass völlig verfehlte Regu- lierungsansätze die klinischen Arzneimittelprüfungen in Scharen aus Deutschland heraus in Drittländer vertrieben hätten. Das Gegenteil ist der Fall. Der internationale Spitzenplatz Deutschlands in der klinischen Prüfung belegt, dass unser hohes, ethisch und grundrechtlich gebotenes Schutzniveau für Patienten und Probanden kein Forschungshindernis ist. Vielmehr schafft ein solches Schutzniveau das Vertrauen, dass klinische Prüfungen unter ethisch und wissenschaftlich einwandfreien Bedingungen stattfinden. Dies wiederum ist eine notwendige Voraussetzung für Teilnahmebereit- schaft und zügige Rekrutierung von Probanden bzw. Pa- tienten in klinischen Studien. Das Schutzniveau ist ein Standortfaktor. Dennoch war Ausgangspunkt des 2012 veröffent- lichten Vorschlags der EU-Kommission für die neue EU-Verordnung die Annahme, die Richtlinie 2001/20/EG habe maßgeblich zum EU-weiten Rückgang der Zahl der Anträge für klinische Prüfungen im Zeitraum von 2007 bis 2011 um 25 Prozent beigetragen. Dass in die- sem Zeitraum eine schwere weltweite Wirtschaftskrise zu einem massiven Rückgang von Investitionen in allen Wirtschaftsbereichen führte und dies mutmaßlich auch Produktentwicklungsprogramme der pharmazeutischen Industrie betroffen haben könnte, bezog die Kommission nicht in ihre Überlegungen ein. Vielmehr erkannte sie in den geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2001/20/EG eine Behinderung klinischer Prüfungen in Europa und er- klärte daher Handlungsbedarf. Zum Kommissionsvorschlag von 2012 wurden mit dem Beschluss des Bundestages vom 31. Januar 2013, Drucksache 17/12183, sowie dem Beschluss des Bun- desrates vom 12. Oktober 2012, Drucksache 413/12, we- sentliche Änderungen verlangt. Kernpunkte waren dabei unter anderem das Fehlen der obligaten Einbeziehung einer Ethikkommission, unangemessen kurze Geneh- migungsfristen und ethische Fragen wie die Forschung an nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen ohne direk- ten individuellen Nutzen. Es ist der Bundesregierung in den anschließenden Verhandlungen gelungen, zahlreiche der von Bundesrat und Bundestag geforderten Ände- rungen durchzusetzen bzw. dort, wo dies nicht möglich war, immerhin Opt-out-Regelungen zu erreichen, die es Deutschland erlauben, sein derzeitiges Schutzniveau für Patienten und Probanden beizubehalten. Die Verordnung ist unmittelbar geltendes Recht und erlaubt bei der nationalen Umsetzung nur dort Spielraum, wo dieser ausdrücklich vorgesehen ist. Unser nationales Recht zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln muss umfangreich angepasst werden. Es gibt Änderungen vor allem im Arzneimittelgesetz, AMG, die Abschaffung der GCP-Verordnung sowie eine Reihe von Folgeänderun- gen der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverord- nung, AMWHV, der Verordnung über radioaktive oder mit ionisierenden Strahlen behandelte Arzneimittel, AMRadV, der DIMDI-Arzneimittelverordnung der Apo- thekenbetriebsordnung, ApBetrO, und der Arzneimittel- farbstoffverordnung, AMFarbV. Nach bisherigem Recht werden multinationale klini- sche Studien in jedem Mitgliedstaat einzeln genehmigt. Kern der EU-Verordnung ist hingegen, dass es bei mul- tinationalen klinischen Studien nur noch einen einzigen Antrag über das Internet-EU-Portal“ gibt – dies wird von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA bereitge- stellt –, der eine zentrale Bewertung durchläuft. „Betrof- fene Mitgliedstaaten“ sind alle Mitgliedstaaten, in denen Prüfzentren liegen, an denen die Studie durchgeführt werden soll. „Berichterstattender Mitgliedstaat“ ist ein vom Sponsor der klinischen Prüfung vorgeschlagener be- troffener Mitgliedstaat, der eine zentrale Bewertung vor- nimmt. Der berichterstattende Mitgliedstaat erstellt Teil I des Bewertungsberichts – Nutzen-Risiko-Abwägung – im Benehmen mit den betroffenen Mitgliedstaaten. Alle betroffenen Mitgliedstaaten sind grundsätz- lich an diesen Bewertungsbericht gebunden, sofern sie nicht abschließend aufgezählte Opt-out-Gründe geltend machen, wie zum Beispiel, dass Patienten in der Studie eine schlechtere Therapie erhalten als im MS üblich, ein nationales Verbot von bestimmten Stammzellen, Abtrei- bungs- und Betäubungsmitteln; formal erhobene Ein- wände gegen die Sicherheitsbewertung aus Teil I. Jeder betroffene Mitgliedstaat erstellt Teil II des Bewertungs- berichts unter anderem zu Patienteninformation, Einwil- ligung, Qualifikation der Prüfer, Eignung der Prüfstelle, Versicherung und erteilt eine nationale Genehmigung. Ethikkommission und zuständige Behörde wirken bei der Bewertung zusammen. Am Ende gibt es je betroffe- nem Mitgliedstaat nur eine Genehmigung. Im Gegensatz dazu sind derzeit in Deutschland sowohl die „zustimmen- de Bewertung“ der Ethikkommission als auch die Geneh- migung der Bundesoberbehörde separat erforderlich. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16223 (A) (C) (B) (D) Es gibt im Gesetzentwurf einige Punkte, die wir im Verfahren genauer zu diskutieren haben werden. Dies be- trifft zum einen das Verhältnis zwischen Ethikkommis- sion und Bundesoberbehörde, die nicht nur die klinische Prüfung genehmigt, sondern auch das zu prüfende Arz- neimittel gegebenenfalls zulässt. Es geht um die Unab- hängigkeit der Ethikkommission, um die Frage, welche Ethikkommission jeweils zuständig ist, und darum, wie verbindlich ihre Stellungnahme für die Genehmigung der Behörde ist. Zum Zweiten betrifft es die Frage der fremdnützigen Forschung an Nichteinwilligungsfähigen, die für den betroffenen Patienten keinen Nutzen hat, die aber Erkenntnisse zugunsten der Krankheitsgruppe er- bringen soll; es geht um die sogenannte gruppennützige Forschung. Um vorab einem eventuellen Missverständnis vorzu- beugen: Bereits heute darf selbstverständlich an Nicht- einwilligungsfähigen geforscht werden, unter der Vo- raussetzung, dass sie selbst einen möglichen eigenen therapeutischen Nutzen davon haben; diese Regelung findet sich in § 41 Absatz 3 AMG. Das findet in der Praxis vielfach statt. Diese Menschen sind keine „For- schungswaisen“. Der ethische Knackpunkt ist, dass ein Nichteinwilli- gungsfähiger per definitionem unfähig ist, seine höchst- persönliche informierte Einwilligung, den „informed consent“, in eine für ihn nicht auch eigennützige Studie zu erteilen. Wir werden im Verfahren zwei Aspekte zu klären ha- ben: Erstens. Es muss zunächst eine überzeugende Begrün- dung geben, dass eine unabweisbare Notwendigkeit für Forschung an Nichteinwilligungsfähigen ohne direkten Nutzen für diese Patienten besteht. Bisher habe ich eine Begründung, dass eine solche Absenkung unseres bis- herigen Schutzniveaus erforderlich und alternativlos ist, nicht gefunden. Auch die forschenden Arzneimittelher- steller haben rein gruppennützige Forschung an Nicht- einwilligungsfähigen nicht gefordert. Zweitens. Wenn diese Notwendigkeit rein gruppen- nütziger Forschung an Nichteinwilligungsfähigen bejaht wird, muss geklärt werden: Was sind die Mindestanfor- derungen an eine Patientenverfügung, mit der jemand vorab in zukünftige lediglich gruppennützige Studien- teilnahmen für den Fall seiner Nichteinwilligungsfähig- keit einwilligt? Denn einem durchschnittlichen Laien kann keineswegs unterstellt werden, dass er Kenntnisse hinsichtlich klinischer Studien im Allgemeinen sowie des Merkmals der Gruppennützigkeit besitzt, die den in Artikel 29 der EU-Verordnung beschriebenen Aufklä- rungsinhalten vor einer Einwilligung entsprechen. Zuletzt eine Anmerkung zu einem schon lange be- stehenden Ärgernis in der klinischen Forschung: Seit Jahren beklagen die Sponsoren von klinischen Studien, in denen aufgrund studienbedingter Begleitdiagnostik – Röntgen – eine Strahlenschutzgenehmigung erforderlich ist, überlange Genehmigungsdauern des Bundesamtes für Strahlenschutz, BfS. In anderen EU-Mitgliedstaaten werden Strahlenschutzgenehmigungen synchron mit der Genehmigung der klinischen Studie erteilt, sodass dann sofort mit der Rekrutierung von Patienten begonnen wer- den kann. In Deutschland hingegen muss die BfS-Geneh- migung abgewartet werden, bevor der erste Patient rekru- tiert werden kann. Das macht die Einbeziehung deutscher Prüfstellen in multinationale Studien mit studienbeding- ter Strahlendiagnostik fast unmöglich. In der Praxis führt das nach übereinstimmenden Aussagen von Industrie und akademischer Forschung dazu, dass in Deutschland solche Studien nicht mehr beantragt werden, sondern im Wesentlichen nur noch im Ausland durchgeführt werden. Eine fehlende Frist für die Strahlenschutzgenehmigung bedeutet faktisch den Ausschluss Deutschlands von ei- nem Teil hochrangiger klinischer Forschung. Nun sieht der vorliegende Gesetzentwurf keine Lösung dieses Problems vor. Sie wird aber in einem Strahlenschutzgesetz angegangen, das anstelle des ver- einfachten Genehmigungsverfahrens nach der Strahlen- schutzverordnung und der Röntgenverordnung ein An- zeigeverfahren mit Fristen vorsieht, die den Fristen der EU-Verordnung nicht zuwiderlaufen. Dies ist im Grund- satz zu begrüßen. Allerdings sollte anstelle eines reinen Anzeigeverfahrens eine Genehmigungsfiktion gewählt werden, um der Behörde für den Notfall und im Sinne des Patientenschutzes die Möglichkeit des Widerrufs bzw. der Rücknahme offenzuhalten. Martina Stamm-Fibich (SPD): Diese Woche steht für mich ganz unter dem Zeichen „Arzneimittel“. Am Montag hat der Petitionsausschuss in einer öffentlichen Sitzung über die Nutzenbewertung bei Epilepsie-Medi- kamenten beraten. Am Dienstag folgte die Präsentation der Ergebnisse des Pharmadialogs. Heute nun Teil drei: Die erste Lesung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vor- schriften, kurz: die 4. AMG-Novelle. Mit ihr setzen wir die EU-Verordnung 536/2014 in nationales Recht um. Ich denke, dieses Haus hat schon über strittigere Gesetze debattiert. Dennoch möchte ich einige Punkte heraus- greifen, über die ein Nachdenken lohnt. Regelung zu Liefer- und Versorgungsengpässen: Eine Umfrage im November 2015 hat ergeben, dass 94 Pro- zent der Apotheker mehrmals in der Woche Medikamen- te nicht auftreiben können. „Hersteller defekt“ heißt es dann auf den Zetteln an leeren Regalfächern in den Medi- kamentenlagern. Besonders betroffen sind die Impfstof- fe: 24 listet das Paul-Ehrlich-Institut aktuell auf seiner Liste. Diese Liste beruhte bislang auf einer freiwilligen Meldung der Arzneimittelhersteller. Doch Lieferengpäs- se können Leben gefährden. Denn Krankheiten richten sich nicht nach der Verfügbarkeit von Arzneimitteln auf dem Markt. Die 4. AMG-Novelle schafft nun die Rechtsgrundlage für mehr Transparenz über die verfügbaren Arzneimittel- chargen. Die Ständige Impfkommission und die medi- zinischen Fachgesellschaften sollen künftig Handlungs- empfehlungen zum Umgang mit Lieferengpässen geben können. Das ist richtig und wichtig. Denn wer nicht weiß, was fehlt, kann auch keine Schritte zur Vermeidung eines Lieferengpasses in die Wege leiten. Transparenz und die Veröffentlichung von Informationen sind ein wichtiger Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616224 (A) (C) (B) (D) Schritt, um Versorgungsengpässe künftig vermeiden zu können. Klinische Studien: Auch die Verfahren bei klinischen Studien werden in der 4. AMG-Novelle neu geregelt. Neue Medikamente können ein großer Fortschritt sein. Aber ob neue Arzneimittel Fluch oder Segen sind, weiß man erst, nachdem sie getestet wurden. Klinische Stu- dien sind immer auch Experimente am Menschen. Dass Experimente schiefgehen können, hat vor nicht allzu lan- ger Zeit ein Todesfall in Frankreich gezeigt. Das Wohl der Probanden, die an klinischen Studien teilnehmen, muss an erster Stelle stehen. Deshalb brau- chen wir klare und verbindliche Regelungen für die Ge- nehmigung, Durchführung und Überwachung klinischer Studien. Wir brauchen klare Regeln, die zu allererst dem Schutz der Patienten dienen. Das Ziel der EU-Verordnung 536/2014 ist es, die Genehmigung klinischer Prüfungen durch die Arznei- mittelbehörden europaweit zu vereinheitlichen und zu beschleunigen. Die Beschleunigung der Verfahren darf aber am Ende nicht dazu führen, dass Patienten unnöti- gen Risiken ausgesetzt werden. Bislang sind die Ethik- kommissionen strenge Prüfer der Anträge. Häufig ver- langen sie Änderungen zum Schutze der Probanden. Ihre Unabhängigkeit ermöglicht einen sorgfältigen Blick auf die Risiken klinischer Studien. Mit der 4. AMG-Novelle werden Bedingungen defi- niert, die Ethikkommissionen erfüllen müssen, um sich registrieren lassen zu können. Einheitliche Kriterien halte ich für sinnvoll. Neu wird die Einrichtung einer Bundesethikkommission sein. Diese Kommission wird durch das BMG per Rechtsverordnung eingesetzt. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Au- ßerdem soll die zuständige Bundesoberbehörde die Stel- lungnahmen der Ethikkommissionen nur „maßgeblich zu berücksichtigen“ haben. Das darf aber nicht dazu führen, dass die zuständigen Ethikkommissionen nichts mehr zu sagen haben. Hier müssen wir jetzt genau prüfen, wie wir die Unabhängigkeit der Ethikkommissionen auch weiter- hin gewährleisten. Auch die sogenannte gruppennützige Forschung an nicht einwilligungsfähigen Patienten regelt die 4. AMG-Novelle. Sie bleibt auch künftig grundsätzlich verboten. Sie ist nur dann zulässig, wenn es eine Patien- tenverfügung ausdrücklich gestattet und der gesetzliche Betreuer in die konkrete klinische Prüfung einwilligt. Voraussetzung hierfür ist die umfassende Aufklärung des gesetzlichen Betreuers. Arzt-Patienten-Kontakt: Dr. Ed wird sich in Zukunft neue Patienten suchen müssen. Denn die 4. AMG-No- velle stärkt den direkten und persönlichen Arzt-Patien- ten-Kontakt. Schon jetzt regelt die Musterberufsordnung für Ärzte die Rechte und Pflichten von Ärzten gegenüber ihren Patienten. § 7 Absatz 4 legt fest, dass Ärztinnen und Ärzte die Behandlung nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen dürfen. Es besteht zwar kein ausdrückliches „Fernbehandlungs- verbot“; einer Fernbehandlung sind aber schon jetzt sehr enge Grenzen gesetzt. Die 4. AMG-Novelle geht nun einen Schritt weiter: Künftig sind sogenannte Fernverschreibungen verboten, wenn zwischen Arzt und Patient noch niemals ein direk- ter Kontakt bestand. Konkret bedeutet das: Wer sich von Dr. Ed oder anderen Anbietern telemedizinischer Leis- tungen behandeln lässt, kann sein Rezept in der Apothe- ke nicht mehr einlösen. Diese Regelung ist richtig. Denn Tests haben erge- ben, dass das Risiko von Fehldiagnosen und damit von Falschbehandlungen erheblich steigt, wenn der persön- liche Arzt-Patienten-Kontakt fehlt. Meist reicht ein Fra- gebogen nämlich nicht aus, um eine Diagnose stellen zu können. Um hier Falschbehandlungen zu vermeiden, sind klare Regelungen zum Arzt-Patienten-Kontakt sinn- voll. Die Regelung führt aber auch zu Konflikten: Im anstehenden parlamentarischen Beratungsver- fahren müssen wir prüfen, ob die Regelung gegen EU- Recht verstößt. Denn das Verbot von Fernverschreibun- gen kommt mit zwei EU-Richtlinien in Konflikt: mit der Richtlinie zur wechselseitigen Anerkennung von Arz- neimittelverschreibungen aus anderen Behandlungsmit- gliedstaaten und mit der Patientenmobilitätsrichtlinie. Darüber hinaus wollen wir ja eigentlich den Ausbau der Telemedizin in Deutschland stärken. Dafür haben wir im letzten Jahr das E-Health-Gesetz auf den Weg gebracht. Gerade im ländlichen Raum brauchen wir den Ausbau der Telemedizin. Denn Menschen nutzen die Möglichkeiten, die das Internet bietet. Sie sorgen selbst für kürzere Wartezeiten in Arztpraxen, wenn sie Arzt- praxen gar nicht erst aufsuchen. Und ja: Bevor jemand Dr. Google befragt, soll er lieber per Videokonsultation einen echten Arzt fragen. Der ist zwar weit weg, aber er ist Arzt. Wir müssen aufpassen, dass wir mit dem Gesetz eine positive Entwicklung nicht ausbremsen, dass wir die Möglichkeiten der Telemedizin nicht abschreiben, bevor wir sie überhaupt nutzen. Aber die 4. AMG-Novelle erlaubt hier eine sinnvolle Ausnahme: Eine Fernverschreibung ist möglich, wenn der Patient dem Arzt aus einem vorangegangenen Kon- takt hinreichend bekannt ist. Die Erstdiagnose erfordert einen direkten Arzt-Patienten-Kontakt. Das schützt den Patienten und ist deshalb richtig. Denn der persönliche Kontakt schließt viel mehr Möglichkeiten einer Diagnose ein als die Kommunikation über Video oder Fragebogen. Die Weiterbehandlung nach einem persönlichen Kontakt kann aber durchaus per Fernbehandlung erfolgen. Gera- de für chronisch Kranke kann dies eine immense Erleich- terung bedeuten. Die offenen Fragen werden wir im nun anstehenden parlamentarischen Verfahren kritisch angehen; denn am Ende soll das Gesetz den Menschen Nutzen bringen und kein Hindernis sein. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Heute diskutieren wir eine Novelle zum Arzneimittelgesetz, die vor allem euro- päisches Recht umsetzen soll und in der vieles, aber lei- der nicht alles unstrittig ist. Die Vorgeschichte zu diesem Gesetzentwurf ist eine EU-Verordnung zur Durchfüh- rung von klinischen Studien. In diesem Zusammenhang Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16225 (A) (C) (B) (D) möchte ich an etwas erinnern, was es in diesem Hause nicht alle Tage gibt: Unter den Gesundheitspolitikern konnten wir uns nämlich vor drei Jahren auf gemeinsame Forderungen ei- nigen, für die sich die Bundesregierung in Brüssel bei der Erstellung dieser EU-Verordnung einsetzen sollte. Dabei waren sich alle Fraktionen des Hauses einig. Gemeinsam kritisierten wir damals – ich zitiere aus den wortgleichen Anträgen von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und Lin- ken –: „Der Verordnungsvorschlag sieht nicht länger das zustimmende Votum einer unabhängigen, interdiszipli- när besetzten Ethikkommission verpflichtend vor. Somit muss das geplante Forschungsvorhaben nicht zwingend vor seinem Beginn einer von der Zulassungsbehörde un- abhängigen Einrichtung zur Beratung und Zustimmung vorgelegt werden.“ Und darum forderten alle Fraktionen dieses Hauses: „Unabhängige, interdisziplinär besetzte Ethikkommissionen müssen weiterhin in das Genehmi- gungsverfahren … einbezogen werden. Dabei darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn die Ethikkom- mission die im Antrag enthaltenen ethischen Aspekte … zustimmend bewertet hat.“ Herr Minister Gröhe, Sie waren damals nicht für Ge- sundheitspolitik zuständig und können sich deshalb viel- leicht nicht an diese einstimmige Entscheidung erinnern. Aber trotzdem wundert es mich, warum Sie nun gleich an zwei Stellen diesen erklärten Willen des Bundestages ignorieren: Erstens wollen Sie mit dem vorliegenden Gesetzent- wurf die Genehmigung klinischer Studien nicht mehr zwingend von der zustimmenden Stellungnahme der zuständigen Ethikkommission abhängig machen. Einem solchen Rückfall hinter die einst gemeinsam gefassten Beschlüsse wird meine Fraktion nicht zustimmen kön- nen. Zweitens wollen Sie die Unabhängigkeit der Ethik- kommissionen beschneiden, indem sie das Bundesins- titut für Arzneimittel und Medizinprodukte für die Re- gistrierung von Ethikkommissionen zuständig machen wollen. Warum ist dies eine Gefahr für deren Unabhängigkeit? Weil das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin- produkte gleichzeitig für die Genehmigung der Studien zuständig ist. Die Verquickung, dass ein und dieselbe Bundesbehörde dafür zuständig sein soll, Studien zu überwachen, zu genehmigen und gleichzeitig deren ethi- sche Kontrolle zu regulieren, ist ein potenzielles Einfalls- tor für Korruption und wird deshalb von uns abgelehnt. Belassen Sie es doch bei dem bewährten Zwei-Säu- len-Prinzip, bei dem ein Antrag auf Durchführung einer klinischen Prüfung unabhängig voneinander durch eine Bundesoberbehörde und durch nach Landesrecht ge- formte Ethikkommissionen bewertet wird. Darüber hinaus möchte ich Sie aber auch auffordern, diese Gesetzesnovelle zu nutzen, um einige wichtige und drückende Probleme im Arzneimittelbereich anzugehen: Erstens. Machen Sie nicht weiter die Augen zu vor den Gefahren der Lieferengpässe. Im Pharmadialog haben Sie mit den Unternehmen lediglich regelmäßige Gesprächstermine verabredet. Was wir aber benötigen, wären zumindest eindeutige Meldepflichten! Zweitens. Verschließen Sie auch die Augen nicht wei- ter vor den Bemühungen der Pharmakonzerne, Einfluss auf das Verordnungsverhalten von Ärztinnen und Ärz- ten zu nehmen. Im Antikorruptionsgesetz fehlt jeglicher Hinweis auf diejenigen Anwendungsbeobachtungen, die in großem Stile reine Marketingmaßnahmen der Indus- trie sind. Etwa 100 Millionen Euro jährlich fließen hier weitgehend unkontrolliert und unbeobachtet von der Pharmaindustrie an die beteiligten Ärzte. Dieses Pro- blem lösen Sie mit dem heute verabschiedeten Antikor- ruptionsgesetz nicht, und auch im Pharmadialog haben Sie nicht eine Runde darauf verschwendet. Es wird al- lerhöchste Zeit, dass hier ein Riegel vorgeschoben wird und zur Überwachung von Arzneimittelwirkungen auch nach der Zulassung nur noch ordentliche Studien nach wissenschaftlichen Kriterien erlaubt werden. In diesem Sinne hoffe ich, dass das Gesetz in den an- stehenden Beratungen noch verbessert wird. Die Linke wird sich dafür starkmachen. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir reden heute über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung im Arzneimittelgesetz, die durch die EU-Verordnung 536/2011 notwendig ge- worden ist. Aus grüner Sicht gibt es noch erheblichen Diskussionsbedarf. Wir teilen dabei weitgehend die Be- denken, die auch schon vom Arbeitskreis medizinischer Ethikkommissionen und der Bundesärztekammer geäu- ßert wurden. Das gilt in erster Linie für alle Vorschlä- ge, die die Arbeit der unabhängigen Ethikkommissionen betreffen. Diese in Deutschland sehr bewährten Kom- missionen haben die Aufgabe, Wissenschaft in ethischer und rechtlicher Hinsicht zu beraten, zu kontrollieren und zu beaufsichtigen und so Rechte und Sicherheit der Pro- bandinnen und Probanden im Sinne der Deklaration von Helsinki zu schützen. Wir sehen die Harmonisierung auf EU-Ebene als wichtig; aber sie darf nicht zulasten der Ethikkommissionen, nicht zulasten der Unabhängigkeit und nicht zulasten der Studienteilnehmer gehen. Die vorgesehenen Eingriffe, wie die Auswirkungen auf die Arbeitsweise der Kommissionen in den Bun- desländern, die zentrale Registrierung und Lizensierung durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinpro- dukte und das Paul-Ehrlich-Institut sowie die Einrichtung einer Bundes-Ethikkommission, scheinen problematisch. Für die Gewährleistung der Sicherheit von klinischen Studien sind die Unabhängigkeit und Interdisziplinarität der Ethikkommission sicherzustellen, und es müssen alle Phasen von Arzneimittelprüfungen mit gesunden und kranken Menschen genauestens geregelt werden. Wie wichtig eine gute Kontrolle bereits im Studiendesign ist, zeigt sich derzeit auch bei der aktuellen Diskussion über nichtinterventionelle Studien, sogenannte Anwendungs- studien, unter anderem durch die Notwendigkeit zur Auf- klärung und schriftlicher Zustimmung der Patientinnen und Patienten sowie durch Auswertung und Veröffentli- chung durch ein ebenfalls unabhängiges Institut. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616226 (A) (C) (B) (D) Wir unterstreichen, dass grundsätzlich niemand ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wis- senschaftlichen Versuchen unterworfen werden darf. Ein weiterer kritischer Punkt sind deshalb aus unserer Sicht die Voraussetzungen für gruppennützige Forschungen mit nichteinwilligungsfähigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Hier sehen wir aus ethischer Sicht sehr präzisen Klärungsbedarf, um die Patientenrechte zu ge- währleisten. Ein weiterer sehr sensibler Punkt ist das Verbot von Fernbehandlungen bzw. Fernverschreibungen. Ob Aus- nahmen, zum Beispiel bei bestimmten Erkrankungen, für höhere Sicherheit und Versorgungsqualität von chronisch Kranken oder von Patienten in Dauertherapie möglich sind, ist zu diskutieren. Und auch die Frage: Können wir durch eine Lockerung vielleicht auch Versorgungsdefizi- te im ländlichen Raum vermeiden? Wie verträgt sich das Verbot mit neuen Versorgungskonzepten im E- Health- Bereich? Dies sind nur einige Fragen, die sich aus den Vorschlä- gen der Bundesregierung für das Arzneimittelgesetz er- geben. Ohne jeden Zweifel befindet sich der Arzneimit- telbereich derzeit vor großen Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, Unabhängigkeit und Patientenrechte in den Mittelpunkt zu stellen. Die flächendeckende gute Versorgung mit Arzneimit- teln aller Patientinnen und Patienten ist unser Ziel. Wir sind gespannt auf die weiteren Beratungen; denn in der heutigen Form können wir dem Gesetz nicht zustimmen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aktualisie- rung der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes (Tagesordnungspunkt 18) Oswin Veith (CDU/CSU): Bereits in der vorangegan- genen Wahlperiode haben wir die Grundlagen für eine umfassende und zukunftsorientierte Fortentwicklung des Gebührenrechts des Bundes gelegt. Unser Anliegen – damals wie heute – ist, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen vor kostenüberdeckenden Gebühren zu schützen. Warum wollen wir davor schützen? Weil der öffentliche Dienst und seine Dienstleistungen einen er- heblichen Standortvorteil für Deutschland bedeuten, und diesen gilt es zu bewahren. Öffentliche Dienstleistungen haben in Deutschland eine sehr hohe Qualität, und unse- re effiziente und gut organisierte Verwaltung bietet dabei vor allem Anreize für Unternehmen, hier zu investieren. Um einen leistungsfähigen und verlässlichen öffent- lichen Dienst weiterhin garantieren zu können, müssen wir uns – neben der Bereitstellung von funktionierenden Verwaltungsstrukturen und gut ausgebildetem Perso- nal – auch mit den jeweiligen Gebührenordnungen der Verwaltungen und Ministerien beschäftigen. Sicher gibt es spannendere Betätigungsfelder, aber ein ausgewogen gestaltetes Gebührenrecht ist von erheblicher Bedeutung. Strukturierte und nachvollziehbare Gebührenordnungen führen zu mehr Transparenz und weniger Kosten. Zen- trales Ziel ist es, sicherzustellen, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen einen bezahlbaren Zugang zu Verwaltungsleistungen des Bundes haben. Bereits 2013 haben wir angefangen, die in circa 200 Gesetzen und Verordnungen geregelten Verwaltungsge- bühren des Bundes in einheitlich aufgebaute Gebühren- ordnungen der Bundesministerien zusammenzufassen. Dazu gehören auch übersichtliche Gebührenverzeichnis- se. Klarer Vorteil der damals angestoßenen Reform ist die Ausrichtung der Gebührenkalkulation auf betriebswirt- schaftliche Grundsätze. Gebühren werden somit grund- sätzlich auf Grundlage von Kostenpauschalen ermittelt. Die Berechnung der Gebühren für Leistungen wird da- durch einfacher und rechtssicherer. Für unsere Bürge- rinnen und Bürger, Unternehmen und Verwaltungen be- deutet dies eine Entlastung von Rechtsverfolgungskosten und einen erheblicher Abbau des Verwaltungsaufwandes. In einem ersten Schritt ging es um die Gestaltung einer allgemeinen Gebührenordnung. Ziel war es, ein- heitliche und anwenderfreundliche Vorgaben für die Kalkulation von kostendeckenden Gebühren zu schaffen. Dies ist uns schon einmal gelungen. Die Allgemeine Ge- bührenordnung sollte durch die Besonderen Gebühren- verordnungen der Bundesministerien ergänzt werden. Dabei ist geplant, die Besonderen Gebührenordnungen der Bundesministerien auf Grundlage der allgemeinen Gebührenordnungen neu zu bestimmen. Die gebühren- rechtlichen Bestimmungen sollen möglichst gebündelt werden, um diese für jeden nachvollziehbarer zu machen. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen sollen sich möglichst schnell und ohne großen Aufwand über die relevanten Gebühren informieren können. Eine geringe Anzahl an relevanten Gebührenordnungen schafft größt- mögliche Anwenderfreundlichkeit. Betrachtet man das Innenressort, muss die hierfür gültige Besondere Gebührenordnung 250 Gebühren- tatbestände in neun Rechtsgebieten umfassend regeln. Das bedeutet einen nicht zu unterschätzenden Abstim- mungsprozess. Was ich damit sagen will, ist, dass wir auch bei dieser hohen Anzahl an Gebührentatbeständen den Anspruch haben, eine ausgewogene Gestaltung der Besonderen Gebührenordnung für das Innenressort zu gewährleisten, und das dauert seine Zeit, wie dieser Ge- setzentwurf zeigt. Geplant war, dass die Besondere Gebührenordnung des Bundesinnenministeriums bis zum 14. August 2016 in Kraft treten soll. Vor drei Jahren waren wir der Ansicht, dass die Besondere Gebührenordnung des Bundesminis- teriums des Innern zu diesem Zeitpunkt fertiggestellt werden kann. Die Mühlen der Justiz mahlen bekannt- lich langsam; die Mühlen des Gesetzgebers manchmal noch langsamer. Wie ich bereits erwähnt habe, handelt es sich bei den Gebührentatbeständen im Innenressort um 250 an der Zahl. Nun müssen wir feststellen, dass unsere Annahme überambitioniert war und weitere Abstimmun- gen notwendig sind. Dafür benötigen wir mehr Zeit. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf tragen wir die- ser Notwendigkeit Rechnung und verlängern diese Frist Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16227 (A) (C) (B) (D) auf den 1. Oktober 2019. Von dieser Fristverlängerung betroffen ist vorerst nur die Besondere Gebührenordnung des Bundesministeriums des Innern. Sollte sich die Not- wendigkeit ergeben, auch die Fristen für die übrigen Res- sorts zu verlängern, werden wir dies in einem späteren Schritt ebenfalls tun. Eine gute Nachricht habe ich dennoch: Finanziell ent- steht durch diese Fristverlängerung keinerlei Nachteil, da die Allgemeine Gebührenordnung eine rechtssiche- re Kalkulation von fachbezogenen Gebührenregelun- gen vorgibt. Dass wir uns für die Ausgestaltung dieser Besonderen Gebührenordnung Zeit nehmen und nichts überstürzen, hat vor allem den Hintergrund, dass diese Besondere Gebührenordnung als Leitbild und Modell für die Besonderen Gebührenordnungen der übrigen Res- sorts dienen soll. Wenn wir also sicherstellen, dass die Besondere Gebührenordnung des Bundesministeriums des Innern möglichst eine einheitliche und transparente Struktur und Methodik zugrunde gelegt wird, schaffen wir auch für alle weiteren Besonderen Gebührenordnun- gen eine sehr gute Grundlage. Am Ende wird auch hier gelten: Was lange währt, wird endlich gut. – Ich bitte um Ihre Unterstützung. Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Wir beraten heu- te den Entwurf eines Gesetzes zur Aktualisierung der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes. Inhalt- lich geht es um Gebühren. Der Gesetzentwurf trägt eine größere Reichweite in sich, als es auf den ersten Blick erscheint. Zunächst möchte ich festhalten, dass der Staat als eine wesentliche Einnahmequelle die Gebühren kennt. Ge- bühren werden von der Verwaltung für die Inanspruch- nahme einer tatsächlichen Leistung erhoben. Der breiten Öffentlichkeit sind besonders die Gebühren für Abwasser oder für die Ausstellung eines Reisepasses bekannt. Die Gebühr erhält ihre Berechtigung durch den Mehrwert der staatlichen Leistung, die dem Bürger zufließt. Die Ver- fassung verpflichtet den Staat zu Sparsamkeit und Wirt- schaftlichkeit, sodass die Gebühr geeignet sein muss, die Kosten der erbrachten Leistung abzudecken. In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass der Staat als großer wirtschaftlicher Akteur mit einem Anteil von über 40 Prozent in unserer Volkswirtschaft handelt. Die Gebühr als Einnahmequelle des Staates entfaltet da- her eine grundlegende Berechtigung. Mit diesem Gesetzentwurf zum Gebührenrecht des Bundes wird mehr Transparenz und Rechtssicherheit ge- schaffen. In der noch zu erlassenden Gebührenordnung des Bundesministeriums des Innern werden 17 Gesetze und Verordnungen zusammengefasst. Alle Gebührentat- bestände werden sich aus einer einzigen Regelung able- sen lassen. Dies führt zu einer einheitlichen Struktur und zur Anwendung gleicher Methodikgrundsätze. Damit schaffen wir einen weiteren Schritt zu einer verbesserten Normenklarheit. Die Normenklarheit wird auch die Rechtssicherheit erhöhen. Der Rechtsanwender erhält einen vereinfachten Zugang zur Regelung, wenn sich die Gebühren aus ei- ner einzigen Verordnung entnehmen lassen. Die Rechts- sicherheit wird aufseiten des Gebührenschuldners, aber auch der Verwaltungsmitarbeiter gestärkt. Darüber hi- naus führt die einheitliche Regelung zu einer verein- fachten Normenpflege. Allgemeine Veränderungen oder Aktualisierungen im Gebührenrecht sind nur in einer ein- heitlichen Gebührenverordnung vorzunehmen. Diese Gebührenordnung soll zugleich einen Modell- entwurf für die anderen Bundesressorts und die Länder darstellen. Dem Gebot der Normenklarheit wird durch eine einheitliche Regelung auf Bundesebene damit noch weiter gehend Rechnung getragen. Eine einheitliche Re- gelung wird letztendlich zu weniger Abstimmungspro- blemen zwischen den einzelnen Ressorts führen, wenn die Grundlage von Gebühren eine einzige Verordnung sein wird. Eine einheitliche Gebührenordnung schafft die Grund- lage für einen weiteren Schritt zu einer funktionierenden, digitalen Verwaltung. Die Gesellschaft digitalisiert zu- nehmend. Zigtausende von Kaufverträgen werden tag- täglich über das Internet abgewickelt. Der Staat darf bei dieser Entwicklung nicht ins Hintertreffen geraten. Die Strukturen von E-Government sind bereits geschaffen. Die Gebührenordnung wird eine weitere Grundlage zur Abwicklung staatlicher Dienstleistungen in der digitalen Welt darstellen. Die Einführung einer einheitlichen Gebührenordnung trägt zu einer Verbesserung des Rechtsstaats bei. Mehr Normenklarheit und Rechtssicherheit dienen dem Staat, der Verwaltung und der Gesellschaft. Um eine reibungs- lose Umsetzung zu gewährleisten, ist eine Verzögerung des Inkrafttretens der Gebührenordnung hinnehmbar. Gabriele Fograscher (SPD): In der letzten Wahl- periode hat der Deutsche Bundestag eine umfassende Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes be- schlossen. Diese war und ist mehr als überfällig; denn das Verwaltungsgebührenrecht findet man derzeit noch in mehr als 200 Gesetzen und Verordnungen. Es ist auf- grund der stark zersplitterten Struktur für Bürgerinnen und Bürger sowie Wirtschaft und Verwaltung intranspa- rent und kaum nachvollziehbar. Ziel des 2013 beschlossenen Gesetzes ist es, das Ge- bührenrecht zu bündeln, es einfacher und unbürokrati- scher zu machen und das Bund-Länder-Recht zu entflech- ten, was auch Intention der Föderalismuskommission II war. Künftig werden das Kostendeckungsprinzip und die Ausrichtung der Gebührenkalkulation auf betriebswirt- schaftliche Grundsätze vorherrschen, das heißt, die Kos- ten für die Verwaltungsleistung dürfen nicht höher sein als die Kosten, die der Verwaltung in Form von Perso- nal- und Sachkosten entstehen. Hohe Gebühren, die die wirklichen Kosten übersteigen, soll es nicht mehr geben. Ausnahmen vom Kostendeckungsprinzip soll es nur geben, um sozialen Belangen Rechnung zu tragen. Nie- mand soll aufgrund der Höhe der Gebühren von einer Verwaltungsleistung ausgeschlossen werden. Zudem sol- len die Gebühren für Verwaltungsleistungen der Länder durch Landesrecht geregelt werden. Damit werden die Rechtsanwendung erleichtert und langwierige Abstim- mungen zwischen Bund und Ländern vermieden. Nur bei Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616228 (A) (C) (B) (D) den Gebühren, bei denen eine bundeseinheitliche Rege- lung gewünscht ist, bestimmt weiterhin der Bund, in Ab- stimmung mit den Ländern, die Gebühren. Die gebührenrechtlichen Bestimmungen im Bereich des Bundesinnenministeriums sollten, so der Gesetzes- beschluss von 2013, am 14. August 2016 zugunsten einer Besonderen Gebührenordnung außer Kraft treten. Leider hat sich nun gezeigt, dass dieses Vorhaben nicht bis Mit- te August umgesetzt werden kann. In der Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfes heißt es, der erhöhte Zeitbedarf ergebe sich, weil vor dem Erlass der Beson- deren Gebührenverordnung weitere mit intensiven Ab- stimmungsprozessen verbundene Rechtsakte nötig seien. Deshalb soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Frist für das Erlassen der Besonderen Gebührenverord- nung im Bereich des Bundesinnenministeriums bis zum 1. Oktober 2019 verlängert werden. Da die Besondere Gebührenordnung des BMI Modelcharakter für die ande- ren Ressorts haben soll und dieselbe Methodik zugrunde gelegt wird, muss die Frist für die anderen Ressorts folg- lich bis zum 1. Oktober 2021 verlängert werden. Durch die Fristverlängerung entsteht fiskalisch kein Nachteil, da die Gebührenerhebung weiterhin durch die Allgemeine Gebührenverordnung gewährleistet ist. Frank Tempel (DIE LINKE): Das Gesetz zur Struk- turreform des Gebührenrechts des Bundes von 2013 sah vor, dass die bisherigen gebührenrechtlichen Bestim- mungen am 14. August 2016 zugunsten der bis dahin zu erlassenden Besonderen Gebührenordnung des BMI außer Kraft treten sollten. Der nun vorliegende Gesetz- entwurf regelt im Wesentlichen, dass die Frist zum Erlass dieser Besonderen Gebührenordnung auf den 1. Oktober 2019 verschoben wird. Die Frist für die gebührenrechtli- chen Bestimmungen im Zuständigkeitsbereich der übri- gen Ressorts und der Länder soll vom 14. August 2018 auf den 1. Oktober 2021 verschoben werden. Es ist dann wieder einmal ein Vorhaben, das von der laufenden Wahl- periode in die nächste Wahlperiode verschoben wird. Der Plan, eine einheitliche Gebührenordnung zu erlassen und in die Zuständigkeit der Fachressorts zu geben, ist von der Fraktion Die Linke im Bundestag grundsätzlich be- grüßt worden. Die bisher in rund 200 Fachgesetzen und Verordnungen enthaltenen Gebührenregelungen in einem einheitlichen Gesetz zu bündeln, kann zu mehr Transpa- renz für Bürgerinnen und Bürger, im innerbehördlichen Finanzgebaren und für die Wirtschaft führen. Mit der Verschiebung auf 2019 bzw. 2021 bleiben die verschie- denen Baustellen im Bereich des Gebührenrechts also bestehen. Das kann man durchaus als Arbeitsverweige- rung seitens der Bundesregierung sehen. Andererseits hatte die Fraktion der Linken im Bundes- tag in der Debatte um das Gesetz zur Strukturreform des Gebührenrechts in der letzten Wahlperiode erhebliche Bedenken formuliert. Diese Kritik gilt es zu erneuern: Da wäre die Ausgestaltung der Eigenständigkeit des Bundes und der Länder bei der Gebührenfestsetzung zu nennen. Wie immer läuft es auf eine Stärkung des Wett- bewerbs zwischen den Ländern hinaus, eines Wettbe- werbs, der letztlich die reichen Länder stärkt und arme Länder schwächt. Reiche Länder können Gebühren mo- derater gestalten, zum Beispiel als indirekte Wirtschafts- förderung oder aus sozialen Gründen. Ärmere Länder werden die maximal möglichen Gebühren nehmen müs- sen. Sie müssen ihre klammen Kassen füllen und Vor- würfen bei neuen Runden des Länderfinanzausgleiches aus dem Weg gehen, sie hätten sich nicht um mögliche Einnahmen bemüht. Die meisten Bundesländer werden aufgrund der un- gerechten Finanzverteilung in Deutschland, der zumeist nicht vorhanden Pensionsrücklagen und der massiv steigenden Kosten für ausscheidende Beamtinnen und Beamte in den kommenden Jahren massive Haushalts- probleme bekommen. So ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass die Entscheidungsfreiheit für die Länder im Wesentlichen darauf setzt, mittels Durchset- zung des Kostendeckungsprinzips das Gebührenaufkom- men insgesamt zu erhöhen, anstatt durch effizientere Strukturen staatliche Leistungen kostengünstiger vorhal- ten zu können. Vermutlich wird aber das Gegenteil der Fall sein: weniger Leistungen mit höheren Gebühren und häufigere Kostensteigerungen bzw. Gebührenerhöhun- gen. Die geringeren Leistungen sind schon deshalb zu erwarten, weil die Bundesländer in den letzten Jahren bis auf wenige Ausnahmen den öffentlichen Dienst personell ausgedünnt und auch keine Einstellungskorridore prakti- ziert haben, die das Ausscheiden Zehntausender Beschäf- tigter aus Altersgründen auffangen könnten. Ein schnell schrumpfender öffentlicher Dienst kann kaum gleiche Leistungen aufrechterhalten. Auch die volle Ausnutzung des Kostendeckungsprin- zips ist zwiespältig und kann bei falscher Anwendung be- denkliche soziale Folgen haben. Erst einmal ist es richtig, Klarheit zu den Kosten eines Verwaltungsvorganges zu haben. So werden zum Beispiel den Kommunen immer wieder Verwaltungsaufgaben überantwortet, ohne dass eine ausreichende Gegenfinanzierung durch die Länder oder den Bund gegeben ist. Mit einer exakten Kosten- ermittlung dürfte eine Delegation von Aufgaben ohne Kostenausgleich argumentativ schwierig werden. An- dererseits besteht die Gefahr, Kostendeckung als Legiti- mation unsozialer Gebühren ohne die konkrete Situation von Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel Behinderter, zu berücksichtigen. Weiterhin ist die Kostendeckung ein dynamischer Pro- zess. Die Lohnkosten steigen, auch die Kosten für Ver- brauchsmaterial, Strom usw. Ein ununterbrochener Pro- zess an Kostensteigerungen bei Gebühren müsste dann an die Bürgerinnen und Bürger weitergegeben werden. Wir schlagen vor, dass Zeiträume definiert werden, nach denen neue Kostensteigerungen erst möglich werden. Wissend, dass solch eine einheitliche Gebührenord- nung von Nöten ist, und bedenkend, dass viele Punkte des Gesetzes problematisch sind, werden wir uns bei der Abstimmung zur Aktualisierung des Gesetzes erneut ent- halten. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In sei- ner Unterrichtung aus dem Jahr 2009 verwies der Bun- desrechnungshof darauf, dass das Bundesinnenminis- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16229 (A) (C) (B) (D) terium den Reformbedarf anerkannt habe und auf seine Empfehlung hin eine grundlegende Reform des Gebüh- renrechts vorbereite. Wer an dieser Stelle ein ungeschrie- benes „endlich“ mitliest, kann sich dabei zumindest auf die vorangegangenen Diskussionen berufen. Der Weg war jedenfalls bereits ein längerer, als drei Jahre später – im Jahr 2012 – der „Entwurf eines Gesetzes zur Struk- turreform des Gebührenrechts des Bundes“ vorgelegt worden ist. Doch es ist nicht nur die Länge des Weges, auf die ich hier hinweisen will; denn zur Rechtfertigung der durch den vorliegenden Antrag bezweckten Verschiebung des Inkrafttretens der „Besonderen Gebührenverordnung des Bundesministeriums des Innern“ um drei Jahre auf das Jahr 2019 beruft sich die Bundesregierung wiederum auf den Bundesrechnungshof, und ich frage mich, ob das ganz redlich ist. In der Begründung heißt es jedenfalls, die Verschiebung sei nötig, weil nach Auffassung des Bundesrechnungshofs auch die Gebührenerhebung der Bundespolizei in die Besondere Gebührenverordnung des Bundesinnenministeriums einbezogen werden soll; dafür müsse zunächst die erforderliche Rechtsgrundlage geschaffen werden. Wie kann es eine entsprechende Ergänzung rechtfer- tigen, ein solches Großprojekt um weitere drei Jahre zu verschieben? Das Ziel der Strukturreform ist schließlich eine Systematisierung bestehender und nicht die Schaf- fung neuer Gebührentatbestände. Da wäre es schon inte- ressant, zu erfahren, für welche Leistungen hier zukünf- tig Gebühren erhoben werden sollen, zumal die bisherige Gebührenpraxis im Bereich der Bundespolizei eher Spe- zialmaterien betrifft. Wir werden daher sehr aufmerksam beobachten, welche Ziele die Bundesregierung hier ver- folgt. Den Bundesrechnungshof in der vorliegenden Sache zum Befürworter einer Verschiebung der Reform zu erklären, finde ich aber auch deshalb kritisch, weil die entsprechenden Prüfungen des Rechnungshofs, auf die sich die Bundesregierung in ihrer Begründung bezieht, der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Das halte ich für undemokratisch. Wir brauchen eine gut informier- te Öffentlichkeit. Die Ergebnisse der abgeschlossenen Prüfungen des Rechnungshofs sollten der Öffentlichkeit grundsätzlich zugänglich gemacht werden. Aber das ist in diesem Zusammenhang nur ein Rand- thema. Entscheidend ist, dass die Bundesregierung ihr selbst gestecktes Umsetzungsziel verfehlt hat. Der vom Bundesrechnungshof 2009 geforderte Reformimpuls ist anscheinend ausgeblieben. Das ist sehr bedauerlich. Im- merhin geht es bei der Reform um mehr Transparenz und mehr materielle Gerechtigkeit. Die Bemessung von Ge- bühren nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und eine grundsätzliche Ausrichtung am Kostendeckungs- prinzip sind wichtig. Immerhin verschaffen die aller- meisten Verwaltungsleistungen den Antragstellern große finanzielle Vorteile. Da ist es unangemessen, wenn die- se geldwerten Leistungen zusätzlich aus Steuergeldern subventioniert werden. Ein konsistentes und lückenloses Gebührenrecht ist auch aus haushalterischen Gründen geboten. Systematische Regelungsstrukturen erleichtern dabei auch die Herstellung und Wahrung sozialer Ge- rechtigkeit. Wenn also heute eine Fristverlängerung um weitere drei Jahre beschlossen wird, sage ich: Nutzt die Zeit. Wir werden die Bundesregierung an den Ergebnis- sen dieser Bemühungen messen. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 164. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3, ZP 2 Änderung des Luftverkehrsgesetzes TOP 4, ZP 3 Aktionsplan für gemeinnützige Wohnungswirtschaft TOP 5 Stärkung der beruflichen Weiterbildung TOP 24, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 25, ZP 5 Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 6 Aktuelle Stunde zu gesundheitsgefährdenden Abgasbelastungen in vielen Städten TOP 6 Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien TOP 7 Menschenrechtsschutz bei Produktion im Ausland TOP 8 Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen TOP 9 Gendergerechte und soziale Filmförderung TOP 10 Bundeswehreinsatz EUTM Mali TOP 11 Schutz des zivilgesellschaftlichen Engagements TOP 12 Bundeswehreinsatz EU NAVOR Atalanta vor Somalia TOP 13 Netzneutralität TOP 14 Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz TOP 15 Beendigung der Aids-Epidemie bis 2030 TOP 16 Reform der Investmentbesteuerung TOP 17 Arzneimittelrechtliche Vorschriften TOP 18 Gebührenrecht des Bundes Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Harald Petzold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Verehrte Kollegin-

    nen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher!
    Liebe Kollegin Zeulner, wenn es so ist, wie Sie sagen,
    dass 16 von 22 Punkten, die im Antrag der Grünen ste-
    hen, schon in der Strategie der Bundesregierung vorkom-
    men: Wieso können Sie dann nicht über Ihren Schatten
    springen und sagen: „Das ist ein guter Antrag“?


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kordula SchulzAsche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke schön!)


    Der Antrag beinhaltet Substanz, mit der wir gemein-
    sam umgehen können. Ich frage Sie dies deshalb, weil
    vor ein paar Tagen auf dem Frühlingsfest der Deutschen
    AIDS-Hilfe eine Politikerin aus Ihren Reihen mit der Eh-
    renmitgliedschaft ausgezeichnet worden ist, nämlich die
    ehemalige Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth.
    Ihr haben wir es zu verdanken, dass wir in dieser Gesell-
    schaft zu einem Umdenken, was den Umgang mit HIV
    und Aids betrifft, gekommen sind.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sie hat damals trotz Widerstandes in den eigenen
    Reihen neue Methoden und vor allen Dingen ein neues
    Denken durchgesetzt, die dazu geführt haben, dass wir
    gemeinsam diese Krankheit angehen konnten. Wir soll-
    ten uns daher nicht gegenseitig vorhalten: Wir sind die
    Guten, und ihr könnt gefälligst mitmachen.

    Es sind in der damaligen Zeit im Bundestag ganz an-
    dere Töne zu hören gewesen. Hier denke ich an Reden
    von Herrn Gauweiler, der eine Meldepflicht oder Reihen-
    untersuchungen für alle schwulen Männer gefordert hat.
    Hiervon sind wir Gott sei Dank weit entfernt, und solche
    Forderungen – das sage ich mit allem Respekt – wurden
    auch nicht wieder vorgebracht, im Gegenteil. Das finde
    ich auch gut so.

    Ich erinnere mich noch an Zeiten, als wir in den
    90er-Jahren in Brandenburg, in Potsdam, die AIDS-Hil-
    fe aufgebaut haben und uns rechtfertigen mussten, wa-
    rum wir für so wenige Menschen da sind. Wir hatten
    glücklicherweise nur eine niedrige Betroffenenrate und
    eine niedrige Infiziertenrate. Allerdings – Sie und auch
    Frau Schulz-Asche haben es gesagt – sterben leider noch

    Emmi Zeulner






    (A) (C)



    (B) (D)


    viel zu viele Menschen daran. Deswegen ist es dringend
    notwendig, dass wir uns neu verständigen, dass wir eine
    neue Konzeption entwickeln.

    Ich finde, dass die Vorschläge, die die Grünen gemacht
    haben, es wert sind, dass man sie unterstützt. Es sind gute
    und richtige Vorschläge, und der Finger wird genau an
    der richtigen Stelle in die Wunde gelegt, zum Beispiel
    bei der Frage des Nichtzugangs zahlreicher Infizierter zu
    lebenswichtigen Medikamenten und des unzureichenden
    Zugangs zu notwendiger spezieller und gesunder Ernäh-
    rung. Sie sprechen davon, dass wir natürlich – das muss
    kritisch angemerkt werden – eingegangene Selbstver-
    pflichtungen mit Blick sowohl auf den internationalen als
    auch auf den nationalen Bereich nicht eingehalten haben.
    Frau Süssmuth hat in ihrer Dankesrede eindeutig gesagt,
    dass wir im Moment vor der Situation stehen, dass es
    ein Rollback gibt, weil in den letzten Jahren die Mittel
    für Prävention leider zurückgegangen sind und weil wir
    wieder eine Zunahme von Diskriminierung haben.

    Warum lassen sich Menschen nicht testen? Weil sie
    natürlich Angst vor einem positiven Testergebnis haben.
    Aber vor allen Dingen haben sie Angst vor der Diskrimi-
    nierung, die damit verbunden ist. Mit ihr sind wir nach
    wie vor konfrontiert. In dem Antrag, den uns die Grünen
    vorgelegt haben, sind zu diesem Punkt gute Vorschläge
    enthalten. Das gilt genauso für die Frage der Verleum-
    dung der Infektionsentwicklung vor allem in osteuropäi-
    schen Ländern. Das Beispiel der Ukraine, mit der wir ja
    immer so hervorragend kooperieren, ist hier zu nennen.
    Es finden dort, was diese Frage angeht, ganz finstere Ent-
    wicklungen statt. Damit müssen wir uns auseinanderset-
    zen.

    Deswegen sage ich: Lassen Sie uns gemeinsam über
    den eigenen Schatten springen. Wenn 16 von den 22 For-
    derungen gut sind, kann man auch laut sagen, dass sie gut
    sind, und man kann sie in die Strategie mit aufnehmen.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank. – Jetzt hat die Kollegin Mechthild

Rawert, SPD-Fraktion, das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Mechthild Rawert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen

    und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
    Liebe Kolleginnen der Grünen, ich bedanke mich dafür,
    dass dieser Antrag eingebracht wurde. Denn so habe ich
    auch die Gelegenheit, darzustellen, dass wir über Ihre
    Forderungen hinaus in vielen Bereichen längst auf der
    Ebene der Handlungserfüllung angekommen sind.


    (Beifall des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])


    Die Strategie zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B
    und C sowie anderen sexuell übertragbaren Infektionen
    ist längst weiter, als dies Ihre Forderungen suggerieren.
    Mit dieser Strategie verfolgen wir einen bedarfsorien-

    tierten und sektorübergreifenden Ansatz, der vor allem
    aber integrierend wirkt. Das ist auch im Hinblick auf die
    Vielfalt der hier zur Debatte stehenden Erkrankungen
    notwendig. Das alles sind nämlich Erkrankungen, die
    durch sexuelle Handlungen übertragen werden. Es ist
    auch logisch, dass wir eine Strategie und nicht nur einen
    reinen Maßnahmenkatalog vorlegen. Denn auf diese Art
    und Weise können wir in den nächsten Jahren viele As-
    pekte aufgreifen.

    Die erste Forderung Ihres Antrages lautet, eine natio-
    nale Strategie zur Bekämpfung von HIV/Aids vorzule-
    gen. Das ist längst – nämlich am 6. April 2016 – passiert.
    Diese Forderung wäre damit also erledigt.

    Selbstverständlich ist der Abbau von Stigmatisierung
    und Diskriminierung ein zentrales Anliegen. Das ist
    ein zentrales Anliegen auch dieser Strategie. Auch die-
    se Forderung von Ihnen erfüllen wir. Schauen Sie sich
    bitte die Seiten 13 und 14 an. Da sind unter der Rubrik
    „Gesellschaftliche Akzeptanz schaffen“ konkrete Hand-
    lungsfelder zur Enttabuisierung, Antistigmatisierung und
    Antidiskriminierung benannt.

    Es werden weitere Maßnahmen – wie zum Beispiel
    das Harm-Reduction-Programm für Drogengebrauchen-
    de – gefordert. Ich übersetze, wofür das Ganze dienen
    soll: Dabei handelt es sich um Programme zur Minde-
    rung von Schäden bei drogengebrauchenden Menschen.
    Dabei geht es zum Beispiel um das Zurverfügungstellen
    von sauberen Spritzbestecken. Auch solche Dinge be-
    rücksichtigen wir in der zugrundeliegenden Strategie.

    Auch prüfen wir bereits die sehr richtige Forderung
    nach Aktualisierung der Hämotherapieleitlinien. Das
    ist ja eine Forderung, über die wir in den letzten Jahren
    schon gemeinschaftlich – über alle Fraktionsgrenzen
    hinweg – diskutiert haben. Selbstverständlich setzen wir
    uns auch dafür ein, dass beim Blutspenden der pauschale
    Ausschluss von Männern, die Sex mit Männern haben,
    beendet wird.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Das ist eine richtige Forderung in dem Antrag, die von
    uns sehr unterstützt wird und an der wir auch arbeiten.

    Zu den internationalen Forderungen gehört, dass in
    Ländern mit hoher HIV-Prävalenz eine Sexualaufklärung
    für Mädchen, junge Frauen und Männer etabliert wird.
    Das ist richtig. Es ist auch ein Kernanliegen des deut-
    schen Beitrages zur internationalen HIV-Bekämpfung.

    Sie sehen, wir brauchen auch hier das Rad nicht neu
    zu erfinden. Ich würde mir sogar manches Mal wün-
    schen, dass die Beschlüsse, die wir im Hinblick auf in-
    ternationale Politik treffen, innenpolitisch leichter durch-
    zusetzen wären. In diesen Programmen sind wir nämlich
    manchmal besser als das, was wir hier vor Ort machen.
    Ich könnte so fortfahren, aber die genannten Beispiele
    sollten jetzt reichen.

    Insgesamt betrachtet, sind der Kampf gegen HIV/Aids,
    der Abbau von Stigma und Diskriminierung sowie die
    Menschenrechte der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter,
    der Drogengebrauchenden, der Menschen ohne Papiere
    und auch der gefährdeten Menschen in Risikoländern

    Harald Petzold (Havelland)







    (A) (C)



    (B) (D)


    längst auf der Tagesordnung der SPD und Bestandteil
    der Strategie. Wir Sozialdemokratinnen sind hier sogar
    Vorreiterinnen: Die erste HIV/Aids-Bekämpfungsstrate-
    gie der Bundesregierung von 2005 kam auf Initiative der
    Ministerinnen Ulla Schmidt und Heidemarie Wieczorek-
    Zeul zustande. Der erste Aktionsplan zur Umsetzung der
    HIV/Aids-Bekämpfungsstrategie kam 2007 auf Initiative
    von Ulla Schmidt zustande. Ehre, wem Ehre gebührt!


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Margaret Horb [CDU/CSU])


    Wir haben uns des Weiteren für eine ausreichende Fi-
    nanzierung in diesem Bereich eingesetzt. Die SPD-Frak-
    tion hat 2015 eine Erhöhung der Mittel für die Aids-
    prävention und auch für Aufklärung und Forschung in
    diesem Bereich durchgesetzt. Diese Mittel sind im Haus-
    halt 2016 verstetigt worden.

    Die Aufklärung und die Prävention sind selbstver-
    ständlich in unserem Blick. Ein gutes Beispiel ist das
    Webportal www.zanzu.de, ein Projekt des Familien-
    ministeriums und der Bundeszentrale für gesundheitli-
    che Aufklärung, das sich gezielt an Migrantinnen und
    Migranten und auch an geflüchtete Menschen wendet;
    denn Aufklärung tut hier not. Es ist alles richtig, was hier
    im Hinblick auf eine Konkretisierung der Zielgruppen-
    arbeit gesagt worden ist. Da haben wir sehr genau zu ar-
    beiten.

    Es kann sich durchaus sehen lassen, was wir als SPD
    bereits unternommen haben. Auf eines möchte ich gegen
    Ende meiner Rede aber noch hinweisen: Das, was den
    gemeinsamen Kampf gegen HIV/Aids, gegen sexuell
    übertragbare Erkrankungen ausgemacht hat, war eine
    hohe Einigkeit zwischen sämtlichen Fraktionen in die-
    sem Haus. Diese Einigkeit hat nicht nur dazu geführt,
    dass wir breite Debatten geführt haben, sondern hat auch
    wesentlich zum Erfolg der Bekämpfung von HIV/Aids
    beigetragen.

    Es ist gesagt worden: Wir müssen mehr im Bereich
    der Prävention tun. Ja, das stimmt; denn seitdem insbe-
    sondere viele junge Menschen Aids als chronische Er-
    krankung, aber nicht mehr als Todesdrohung empfinden,
    kommt es wieder zu mehr Sorglosigkeit. Hier ist tatsäch-
    lich ein Mehr an Aufklärung zu leisten. Daran können
    wir alle uns beteiligen.

    In diesem Sinne: Machen wir in dieser Gemeinsam-
    keit im Kampf gegen HIV/Aids und andere sexuell über-
    tragbare Erkrankungen weiter!


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)