1) Anlage 7
        2) Anlage 8
        Fritz Güntzler
        (A) (C)
        (B) (D)
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16217
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        Abgeordnete(r)
        entschuldigt bis
        einschließlich
        Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        14.04.2016
        Bär, Dorothee CDU/CSU 14.04.2016
        Barthle, Norbert CDU/CSU 14.04.2016
        Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        14.04.2016
        Ernstberger, Petra SPD 14.04.2016
        Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 14.04.2016
        Huber, Charles M. CDU/CSU 14.04.2016
        Jung, Andreas CDU/CSU 14.04.2016
        Jung, Dr. Franz Josef CDU/CSU 14.04.2016
        Kaster, Bernhard CDU/CSU 14.04.2016
        Koenigs, Tom BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        14.04.2016
        Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        14.04.2016
        Kühn (Tübingen),
        Christian
        BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        14.04.2016
        Launert, Dr. Silke CDU/CSU 14.04.2016
        Lerchenfeld, Philipp
        Graf
        CDU/CSU 14.04.2016
        Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        14.04.2016
        Müller-Gemmeke, Beate BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        14.04.2016
        Müntefering, Michelle SPD 14.04.2016
        Nietan, Dietmar SPD 14.04.2016
        Pfeiffer, Dr. Joachim CDU/CSU 14.04.2016
        Schmitt, Ronja CDU/CSU 14.04.2016
        Steinbach, Erika CDU/CSU 14.04.2016
        Abgeordnete(r)
        entschuldigt bis
        einschließlich
        Thönnes, Franz SPD 14.04.2016
        Veit, Rüdiger SPD 14.04.2016
        Wicklein, Andrea SPD 14.04.2016
        Anlage 2
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Ursula Groden-Kranich,
        Dr. Heribert Hirte, Jan Metzler, Karsten Möring
        und Elisabeth Winkelmeier-Becker (alle CDU/
        CSU) zu der Abstimmung über den von der Bun-
        desregierung eingebrachten Entwurf eines Fünf-
        zehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrs-
        gesetzes (Tagesordnungspunkt 3)
        Dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf
        eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftver-
        kehrsgesetzes stimmen wir zu.
        Mit dem heutigen Beschluss stärken wir die Öffent-
        lichkeitsbeteiligung beim Fluglärmschutz. Das Bundes-
        verwaltungsgericht hatte im Juli 2012 klargestellt, dass
        die Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Planfeststel-
        lung eines Flughafens den gesamten Einwirkungsbereich
        des Flughafens erfassen muss. Dazu gehören auch künf-
        tig mögliche Änderungen der Flugrouten, die sich auf bis
        dahin nicht betroffene Bereiche um einen Flughafen aus-
        wirken können. Die Gesetzesänderung stellt sicher, dass
        die Prüfung der Umweltauswirkungen eines Flughafens
        auch die Bereiche in Betracht zieht, in denen An- und
        Abflugverkehr nicht ausgeschlossen werden kann. Über
        die Konsultations- und Anhörungsverfahren bei der Um-
        weltverträglichkeitsprüfung werden auch die Interessen
        der Bevölkerung stärker in die Planungen von Flughäfen
        und Flugrouten eingebunden.
        Bei diesen rechtlichen Anpassungen dürfen wir es
        allerdings nicht bewenden lassen. Die öffentliche Anhö-
        rung im federführenden Ausschuss für Verkehr und digi-
        tale Infrastruktur hat klar gezeigt, dass noch Handlungs-
        spielraum zur weiteren Lärmentlastung bei Anwohnern
        von Flughäfen besteht. Dies betrifft insbesondere die
        gültigen Grenzwerte im Fluglärmschutzgesetz.
        Gleichzeitig verweisen wir auf die Vereinbarung im
        Koalitionsvertrag, wonach wir noch in dieser Wahlperio-
        de eine stärkere Differenzierung nach Flugzeugtypen und
        eine deutlichere Spreizung der Tag- und Nachttarife bei
        lärmabhängigen Flughafenentgelten rechtlich verankern
        werden. Aspekte des Fluglärms und der Lärmentlastung
        bei Anwohnern von Flughäfen sollten sich auch an zen-
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616218
        (A) (C)
        (B) (D)
        traler Stelle im nationalen Luftverkehrskonzept der Bun-
        desregierung widerspiegeln. Hier besteht noch dringen-
        der Handlungsbedarf.
        Anlage 3
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Dr. Reinhard Brandl (CDU/
        CSU) zu der Abstimmung über den von den Frak-
        tionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE
        GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Geset-
        zes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Tages-
        ordnungspunkt 25 a)
        Die Zahl der deutschen Bevölkerung im Wahlkreis
        217 Ingolstadt (künftig 216) überschreitet zum Stichtag
        30. Juni 2015 die durchschnittliche Zahl je Wahlkreis um
        27,6 Prozent. Die maximal zulässige Abweichung von
        ±25 Prozent wird damit überschritten, und eine Neuein-
        teilung ist zwingend erforderlich. Das Gesetz zur Ände-
        rung des Bundeswahlgesetzes folgt dem Vorschlag der
        Wahlkreiskommission und ordnet die zum Landkreis
        Neuburg-Schrobenhausen gehörende Stadt Schroben-
        hausen sowie die Verwaltungsgemeinschaft Schroben-
        hausen, bestehend aus den Gemeinden Berg im Gau,
        Brunnen, Gachenbach, Langenmosen und Waidhofen,
        dem Wahlkreis 215 Freising (künftig 214) zu. Der Ab-
        weichungswert des Wahlkreises Ingolstadt kann dadurch
        auf 18,0 Prozent gesenkt werden. Der Abweichungswert
        des Wahlkreises Freising beträgt danach 15,9 Prozent.
        Mit Blick auf ganz Oberbayern führt diese Lösung, in
        Kombination mit der Bildung eines neuen Wahlkreises
        im Südwesten Oberbayerns, nur zu geringen Veränderun-
        gen in den bestehenden Wahlkreisen und trägt damit dem
        Prinzip der Wahlkreiskontinuität Rechnung. Ich trage die
        Änderung des Bundeswahlgesetzes deshalb mit.
        Aus Sicht des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen
        darf dies aber kein Dauerzustand bleiben. Der Landkreis
        Neuburg-Schrobenhausen wurde erst bei der Gebietsre-
        form 1972 neu gebildet. Bis heute bemüht sich die Kom-
        munalpolitik, die Einheit des Landkreises zwischen den
        beiden Mittelzentren Neuburg und Schrobenhausen her-
        zustellen. Eine Trennung des Landkreises in zwei Wahl-
        kreise ist vor diesem Hintergrund absolut kontraproduk-
        tiv. Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen trägt bei
        dieser Lösung die Last dafür, dass andere Wahlkreise in
        Oberbayern nicht neu zusammengesetzt werden müssen.
        Es wäre heute schon möglich, in der Region 10 aus den
        Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen an
        der Ilm, Eichstätt sowie der Stadt Ingolstadt zwei Wahl-
        kreise zu bilden. Eine solche Lösung würde auch dem
        starken Wachstum der Region gerecht werden.
        Aufgrund der langfristigen Bevölkerungsentwicklung
        ist es absehbar, dass Oberbayern bei einer der zukünfti-
        gen Bundestagswahlen einen weiteren Wahlkreis erhalten
        wird. Ich bitte den dann amtierenden Deutschen Bundes-
        tag, die Einheit des Landkreises Neuburg-Schrobenhau-
        sen im Wahlkreis wiederherzustellen und erwarte in die-
        sem Fall von den möglicherweise negativ betroffenen
        Landkreisen in Oberbayern die gleiche Solidarität, die
        mit diesem Gesetz jetzt dem Landkreis Neuburg-Schro-
        benhausen abverlangt wird.
        Anlage 4
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Harald Weinberg (DIE LINKE)
        zu der Abstimmung über den von der Bundesre-
        gierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
        Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswe-
        sen (Tagesordnungspunkt 8 a)
        Ein Gesetz, welches Korruption im Gesundheitssys-
        tem und speziell bei der Ärzteschaft regelt, ist spätestens
        seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs 2012 überfällig.
        Denn das Gericht stellte fest, dass mit den geltenden Ge-
        setzen Ärztinnen und Ärzte nicht wegen Bestechlichkeit
        verurteilt werden können. Das wird der herausragenden
        Verantwortung und der vertrauensvollen Rolle dieser Be-
        rufsgruppe in der Gesellschaft nicht gerecht.
        Der nun vorliegende Gesetzentwurf ist aber leider
        nicht zustimmungsfähig. Denn er schützt nicht die Pati-
        entinnen und Patienten, sondern stellt nur Regeln gegen
        unlauteren Wettbewerb im Gesundheitssystem auf. So
        soll es Ärztinnen und Ärzten verboten sein, Vorteile von
        einzelnen Wettbewerbern entgegenzunehmen und dann
        diese mit ihrem Verordnungsverhalten zu unterstützen.
        Wenn es aber gar keine Wettbewerber gibt, sondern nur
        einen Monopolisten, zum Beispiel weil auf das Medika-
        ment noch Patentschutz gilt oder weil es keine Behand-
        lungsalternative gibt, dann bleibt Vorteilsnahme weiter-
        hin erlaubt. Hersteller und Anbieter haben damit Anreize,
        weiterhin auf die Ärzteschaft zuzugehen und Einfluss zu
        nehmen. Ärztinnen und Ärzte haben weiterhin den An-
        reiz, bei ihren Verordnungen großzügig zu sein und auch
        den Patientinnen und Patienten eine Therapie angedeihen
        zu lassen, die eigentlich keine brauchen.
        Wir fordern als Linke, dass Vorteilsnahme und Be-
        stechlichkeit bei Ausübung jedes Berufes unter Strafe
        gestellt wird, sei es bei Ärztinnen und Ärzten oder an-
        deren Berufen.
        Anlage 5
        Zu Protokoll gegebene Rede
        zur Beratung des von der Bundesregierung ein-
        gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
        Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf
        Grund europäischer Rechtsakte (Erstes Finanz-
        marktnovellierungsgesetz – 1. FiMaNoG) (Tages-
        ordnungspunkt 14)
        Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        NEN): „Rigorose und abschreckende Sanktionen, die
        auch effektiv durchgesetzt werden“, so lautete die Ziel-
        vorgabe, welche die EU-Expertengruppe um Jaques de
        Larosière 2009 unter dem Eindruck der Finanzkrise ver-
        fasste. Finanzmarktregulierung und -aufsicht sollten ge-
        stärkt, Sanktionssysteme vereinheitlicht und Bußgeldan-
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16219
        (A) (C)
        (B) (D)
        drohungen deutlich erhöht werden. Diese Erkenntnisse
        mündeten in der Marktmissbrauchsrichtlinie, um deren
        Umsetzung es heute geht.
        Bei dieser Umsetzung zeigt sich: Genau wie beim Ak-
        tionismus in Folge der Panama Papiere, genau wie bei
        der jahrelang verschleppten Geldwäschebekämpfung,
        genau wie beim Abschlussprüfungsreformgesetz: Der
        Bundesfinanzminister geht die schwierigen systemischen
        Probleme im Finanzsystem erst auf äußeren Druck hin an
        und setzt nur das in nationales Recht um, wozu Deutsch-
        land international verpflichtet ist.
        So sind beispielsweise die Anpassungen der Vor-
        schriften im Bereich Marktmissbrauch an neue techno-
        logische Entwicklungen wie den Hochfrequenzhandel
        notwendig. Auch die Erweiterung des Regelungsregimes
        über Eigengeschäfte von Führungskräften – Directors’
        Dealings –, beispielsweise auf Anleihen des Unterneh-
        mens, sowie die Einführung von Basisinformationsblät-
        tern für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und
        Versicherungsanlageprodukte sind zu begrüßen. Aber
        wann immer es zulässig ist, beschränkt sich Schäuble da-
        rauf, bestenfalls den Mindestanforderungen gerecht zu
        werden, und vereitelt so eine effektive Umsetzung der
        Marktmissbrauchsrichtlinie.
        Warum nutzt eigentlich die Bundesregierung nicht die
        Möglichkeiten, die die Richtlinie bieten würde, um in
        Deutschland scharfe Sanktionen einzuführen und wirk-
        sam durchzusetzen? Nach der Richtlinie genügt bereits
        das Geben falscher oder irreführender Signale für eine
        Strafbarkeit wegen Marktmanipulation. Der Regierungs-
        entwurf sieht dagegen vor, dass es zu einer Einwirkung
        auf den Marktpreis gekommen sein muss. Das heißt, die
        Ermittlungsbehörden müssen neben einer Manipulations-
        handlung zusätzlich den oft schwierigen Nachweis eines
        Manipulationserfolges erbringen. Eine Versuchsstrafbar-
        keit soll zwar endlich eingeführt werden, sich aber auf
        bestimmte Manipulationshandlungen beschränken. Ich
        frage mich: Warum sieht der Gesetzentwurf bezüglich
        Waren eine generelle Strafbarkeit vor, im Falle von vor-
        sätzlichen Fehlinformationen bei Aktien aber nur, wenn
        es wirklich die Erlangung eines großen Vermögensvor-
        teils gegeben hat?
        Den großen Manipulationsskandalen der jüngeren Zeit
        ist gemein, dass sie, selbst wenn deutsche Wirtschafts-
        oder Finanzmarktunternehmen betroffen waren, nicht
        in Deutschland aufgedeckt wurden. Beim Libor-Skan-
        dal waren es die britischen und amerikanischen, beim
        Volkswagen-Skandal nur die amerikanischen Behörden.
        In Anbetracht dieses offensichtlich bestehenden großen
        Handlungsbedarfs in Deutschland kann es nicht ausrei-
        chen, nur die Mindestanforderungen einer EU-Richtlinie
        zum Marktmissbrauch in das deutsche Recht umzuset-
        zen. Stattdessen muss man gerade die deutschen Proble-
        me endlich angehen.
        Dazu müssen die Ziele, die auf EU-Ebene zum Richt-
        linienerlass geführt haben, auch in Deutschland beherzigt
        werden. Das zulässige Höchstmaß für Geldbußen gegen
        Unternehmen muss ganz massiv heraufgestuft werden.
        Bis 2013 lag es nach dem Gesetz über Ordnungswidrig-
        keiten selbst bei vorsätzlichen Taten bei nicht mehr als
        1 Million Euro; für leichtfertiges Handeln durften so-
        gar nur 500 000 Euro verhängt werden. Heute liegt es
        auf Druck der Organisation für wirtschaftliche Zusam-
        menarbeit und Entwicklung im Falle von vorsätzlichen
        Straftaten bei immerhin 10 Millionen Euro. Aber wie
        abschreckend wirkt eine Höchststrafe von 10 Millionen
        Euro wohl für Unternehmen wie die Deutsche Bank mit
        über 1,5 Billionen Euro Bilanzsumme und 30 Milliarden
        Euro Umsatz? Die Kosten selbst für vorsätzliche Straf-
        taten lassen sich da als Rundungsdifferenzen einpreisen.
        Zudem darf individuelle Verantwortung nicht in Un-
        ternehmensstrukturen verloren gehen. Das Spiel des
        absichtlichen Nichtwissens von Vorgesetzten und Ent-
        scheidungsträgern, das regelmäßig vor strafrechtlichen
        Verurteilungen schützt, muss unterbunden werden. Im
        britischen Parlament sind hierfür überzeugende Vor-
        schläge gemacht worden. Für die einzelnen Unterneh-
        mensbereiche soll zum Beispiel jeweils ein Vorstand
        auch strafrechtlich verantwortlich sein und die Beweis-
        last für aktive Compliance tragen. Ich frage mich: Wa-
        rum sehen wir so etwas hier im Bundestag nicht als Ge-
        setzesinitiative von Ihnen?
        Gleichzeitig müssen aufrichtige, ehrliche Mitarbeiter,
        die schmutzige Geschäfte von Unternehmen öffentlich
        machen, geschützt werden. Die Bundesanstalt für Fi-
        nanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, hat im Internet eine
        Meldeplattform für Whistleblower eingerichtet. Das ist
        sicher kein falscher Schritt, aber ebenso sicher nicht ge-
        nug. Während auf europäischer Ebene vorgeschlagen
        wurde, finanzielle Anreize für Whistleblower zu setzen,
        um deren drohenden Arbeitsplatzverlust abzumildern,
        sieht der Gesetzentwurf keine proaktive Lösung zum
        Schutz von Whistleblowern vor. Die jüngsten gesetzge-
        berischen Aktivitäten, insbesondere die Einführung des
        neuen Straftatbestands der Datenhehlerei, führen viel-
        mehr zu einer weiteren Kriminalisierung von Whistle-
        blowern.
        Schließlich enthält der Gesetzentwurf auch kein Re-
        gime, nach dem Whistleblower bei Untätigkeit der Ba-
        Fin an die Öffentlichkeit gehen dürfen. Insbesondere die
        Panama Papiere zeigen aber, dass in manchen Situatio-
        nen nur durch Öffentlichkeit Missstände beseitigt werden
        können.
        Anlage 6
        Zu Protokoll gegebene Rede
        zur Beratung des von der Bundesregierung einge-
        brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der
        Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreform-
        gesetz – InvStRefG) (Tagesordnungspunkt 16)
        Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Um seine Steuerbelastung erheblich zu senken, muss
        man heutzutage keine Briefkastenfirma in Panama oder
        einem anderen Offshore-Finanzzentrum gründen. Für
        große Vermögen setzen die Experten deutscher Banken
        gern auch einen deutschen Publikumsfonds mit nur ei-
        nem Anleger auf. Dabei ist das deutsche Investmentsteu-
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616220
        (A) (C)
        (B) (D)
        errecht fast genauso komplex und damit für Außenste-
        hende undurchsichtig wie das nun aufgedeckte Geflecht
        von Briefkastenfirmen. Die mit der Komplexität ver-
        bundene Gestaltungsanfälligkeit nutzen die wenigen
        Experten in deutschen Banken und großen Steuer- und
        Rechtsberaterkanzleien schonungslos für aggressive
        Steuergestaltungen aus. Die dabei entstehenden Trans-
        aktionskosten für komplexe Gestaltungen können sich in
        der Regel nur sehr große Vermögen leisten. Bei 2,6 Bil-
        lionen Euro in Investmentfonds investierten Vermögen
        lohnt es sich jedoch für die Gestaltungsindustrie, immer
        neue Gestaltungsmodelle zu entwickeln und gewinnbrin-
        gend zu verkaufen.
        Der im Grundgesetz verankerte Grundsatz der Gleich-
        mäßigkeit der Besteuerung ist damit für große Kapital-
        vermögen aufgehoben. Reiche sind damit steuerrechtlich
        gleicher als der Normalbürger. Das Steuerrecht verstärkt
        durch seine Gestaltungsanfälligkeit die in den letzten
        Jahrzehnten stark gestiegene Einkommens- und Vermö-
        gensungleichheit. Seit 2000 ist das Unternehmens- und
        Vermögenseinkommen um 64 Prozent gewachsen, die
        Arbeitnehmerentgelte hingegen nur um 38 Prozent. Das
        Phänomen „Die Reichen werden immer reicher“ erfährt
        eine erhebliche Verstärkung, wenn mit geschickter Ge-
        staltung die eh schon niedrigere Besteuerung von Un-
        ternehmensgewinnen und Kapitaleinkünften weiter ge-
        drückt werden kann.
        Im Ergebnis dieser Entwicklung wird der notwendige
        Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gefährdet. Es ist
        daher höchste Zeit, im Steuerrecht den verlorengegangen
        Gleichheitsgrundsatz wiederherzustellen.
        Der Ansatz des von der Bundesregierung vorgelegten
        Entwurfes zur Reform der Investmentbesteuerung ist
        daher zwar zu begrüßen: Einzelne erkannte aggressive
        Steuergestaltungen sollen verhindert werden, und die
        Gestaltungsanfälligkeit des Investmentsteuerrechts soll
        insgesamt reduziert werden.
        Der Bundesregierung meint es jedoch mit den The-
        men Steuergerechtigkeit und gleichmäßige Besteuerung
        nicht ernst. Dies wird an drei Punkten offensichtlich:
        Erstens. Das Gesetz kommt zu spät. Die Bundesre-
        gierung hat jahrelang bei zahlreichen Steuerbetrügereien
        und aggressiven Steuergestaltungen über Investment-
        fonds zugeschaut. Leaks wurden nur zögerlich und im
        Wege der Flickschusterei geschlossen. Teilweise wurden
        diese Leaks erst durch Flickschusterei an anderer Stelle
        erzeugt. Dass mit Flickschustereien dem Hase-und-Igel-
        Spiel im Investmentsteuerrecht nicht beizukommen ist,
        konnte die Bundesregierung jedenfalls spätestens mit
        dem Bericht der Arbeitsgruppe zur „Neukonzeption der
        Investmentbesteuerung“ Anfang 2012 nicht mehr igno-
        rieren. Dort heißt es explizit, dass immer wieder neue
        Gestaltungen und Umgehungen auf Grundlage des beste-
        henden Investmentsteuerrechts auftreten werden, wenn
        man nicht die grundlegenden Angriffspunkte des Invest-
        mentsteuersystems angeht.
        Die Bundesregierung muss sich daher an dieser Stel-
        le fragen lassen: Wieso haben Sie vier Jahre gebraucht,
        um bei dieser Ausgangslage einen Reformvorschlag zu
        machen?
        Schlimmer noch: Als zweiten Hauptkritikpunkt muss
        sich die Bundesregierung fragen lassen, wieso sie vier
        Jahre gebraucht hat, um bei dieser Ausgangslage einen
        Reformvorschlag zu machen, der in der Fachliteratur
        bereits jetzt zerrissen wird. Die vorgeschlagene Reform
        sei zu komplex. Die generelle Anfälligkeit des Invest-
        mentsteuerrechts für Gestaltungen werde mit ihr nicht
        ausgeräumt werden, ist da zu lesen. Auch der Versuch,
        sogenannte Cum/Cum-Geschäfte zu unterbinden, droht
        zu scheitern: Im Fernsehen erklären bereits jetzt Steuer-
        experten, wie man die dazu vorgesehenen Regelungen
        umgehen kann. Soweit man hört, sind auch ein Teil der
        Länder mit der Lückenhaftigkeit der vorgeschlagenen
        Cum/Cum-Regelung nicht glücklich. Insofern ist zu er-
        warten, dass auch der Bundesrat hier Nachbesserungen
        fordern wird.
        Es ist jedoch an dieser Stelle müßig, die vielen un-
        zureichenden Regelungen des Reformvorschlages aufzu-
        zählen. Generell – und damit bin ich bei meinem dritten
        Kritikpunkt – stellt sich vielmehr die Frage: Warum hat
        die Bundesregierung nicht hier und heute einen – gege-
        benenfalls auch längerfristig umzusetzenden – Reform-
        vorschlag vorgelegt, wie das überkomplexe System der
        Kapitalertragsteuer und der grenzüberschreitenden Ka-
        pitaleinkommensbesteuerung reformiert wird. Zinsen,
        Dividenden und Veräußerungsgewinne unterliegen alle
        unterschiedlichen Besteuerungsregimen. Gestaltungs-
        willige lassen daher ihre Kapitalerträge in der jeweils
        steuergünstigsten Form anfallen. Dies ist ein zentraler
        Ausgangspunkt auch für die Probleme im Investment-
        steuerrecht, die Sie mit dem vorliegenden Entwurf ver-
        suchen in den Griff zu bekommen. Statt das Problem an
        der Wurzel zu packen, verlieren Sie sich dabei jedoch in
        neuer Komplexität. Mit der vorgesehenen Differenzie-
        rung zwischen Publikums- und Spezialfonds, den Aus-
        nahmeregelungen für begünstigte Anleger und dem nach
        Anlageklassen differenzierenden Teilfreistellungssystem
        schlagen Sie Pflöcke für neue Gestaltungsmodelle ein.
        Wenn man erkennt, dass die Komplexität eines Systems
        zu massiven Gestaltungsproblemen führt, kann die Lö-
        sung nicht ein noch komplexeres System sein.
        Anlage 7
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des von der Bundesregierung einge-
        brachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Än-
        derung arzneimittelrechtlicher und anderer Vor-
        schriften (Tagesordnungspunkt 17)
        Michael Hennrich (CDU/CSU): Nach langer Zeit
        beraten wir heute wieder einmal arzneimittelpolitische
        Themen im Deutschen Bundestag.
        Gegenstand der Beratung ist das Vierte Gesetz zur
        Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschrif-
        ten. Schwerpunkt dieses Gesetzes ist die Transformation
        europarechtlicher Vorgaben in nationales Recht. Hierbei
        ist wichtig, dass wir den uns zustehenden Spielraum des
        europäischen Normgebers richtig nutzen. Gerade beim
        Thema klinische Forschung und deren Voraussetzungen
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16221
        (A) (C)
        (B) (D)
        dürfen wir unsere Rechtstradition sowie unser ethisches
        Fundament, welches sich über Jahrzehnte ausgeprägt und
        ausgeformt hat, nicht einfach beiseiteschieben und blind
        irgendwelchen europäischen Idealvorstellungen folgen –
        trotz allen berechtigen Wünschen nach einem einheitli-
        chen europäischen Rahmen. Hier gibt es unterschiedliche
        Vorstellungen in Europa, und das müssen auch die Eu-
        ropäische Kommission und der europäische Normgeber
        akzeptieren. Es geht darum, europäisches Denken in Ein-
        klang zu bringen mit unseren Traditionen und Wertvor-
        stellungen.
        Aber auch die Themen Lieferengpässe, Strahlen-
        schutzverordnung und Medikamente, Berufsbild des
        Apothekers oder das Arzt-Patienten-Verhältnis bei der
        Arzneimitteltherapie sind Regelungsbereiche, mit denen
        wir uns bei dieser AMG-Novelle befassen. Diese Bera-
        tungen finden vor dem Hintergrund der Veröffentlichun-
        gen der Ergebnisse des Pharmadialogs statt, die ja am
        letzten Dienstag präsentiert wurden.
        Wenn es im Gesetzesentwurf heißt, dass das Arznei-
        mittelgesetz an eine EU-Verordnung angepasst werden
        soll, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es um
        gewichtige Fragen geht. Gerade die Rolle der Ethikkom-
        missionen bei der Genehmigung von Arzneimittelstudien
        ist ein Punkt, mit welchem wir uns auch im Gesetzge-
        bungsverfahren auseinandersetzen müssen. Insofern will
        ich auch noch einmal deutlich herausstellen, dass die Fra-
        gen nach dem Zusammenspiel zwischen Ethikkommis-
        sionen und Bundesoberbehörden ein Schwerpunkt der
        parlamentarischen Beratung sein werden.
        Da geht es nicht um die zwei Institutionen und die
        Frage, wer welche Kompetenzen hat. Da geht es um den
        bestmöglichen Schutz der Probanden und um die effek-
        tive Wahrnehmung von deren Rechte und Interessen. In-
        sofern danke ich auch der Bundesärztekammer und der
        Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft für
        exzellente Darstellung der Situation und der Problembe-
        schreibung. Ich tue das gerade vor dem Hintergrund, dass
        es in Europa Tendenzen gibt, arzneimittelrechtliche Zu-
        lassungen schneller als bisher zu erteilen. Die Stichworte
        sind: Conditional Approval und Adaptive Pathways. Hier
        stehen wir in besonderer Verantwortung. Dabei müssen
        wir deutlicher machen, dass es nicht um Industrieinteres-
        sen geht, sondern um den schnelleren Zugang der Patien-
        ten zu Innovationen.
        Auch die Einrichtung einer Bundesethikkommission
        ist vor diesem Hintergrund einer kritischen Bewertung
        zu unterziehen. Es ist wichtig, dass wir deutlich machen,
        dass die Interessen der Patienten nicht hinter die Inte-
        ressen der Industrie zurücktreten. Wir müssen gewähr-
        leisten, dass die Ethikkommissionen auch in Zukunft
        unabhängig und im Interesse der Probanden tätig wer-
        den. Deswegen sehe ich das Gesetz auch noch einmal als
        Chance, mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen
        und diesen zentralen Punkt noch einmal von allen Seiten
        zu beleuchten. Ich habe bewusst gleich zu Beginn auf den
        zentralen, kritischen Punkt hingewiesen. Ich will aber
        auch deutlich machen, dass wir mit dem Gesetz mehr
        Transparenz sowie erweitere Veröffentlichungspflichten
        schaffen, die ja gerade dem Schutz der Versicherten, Pa-
        tienten und Probanden dienen.
        Ich will im Rahmen meiner Rede auf zwei Punkte des
        Gesetzes eingehen, die mir persönlich sehr wichtig sind:
        Erstens. Die Neufassung des § 48 des Arzneimittelgeset-
        zes, wonach Arzneimittel nicht abgegeben werden dür-
        fen, wenn vor der ärztlichen Verschreibung offenkundig
        kein direkter Kontakt zwischen Patient und Arzt stattge-
        funden hat. Zweitens. Die Änderung der Bundes-Apo-
        thekerordnung, mit welcher wir das Berufsbild der Apo-
        theker umfassender beschreiben.
        Direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient vor Ver-
        schreibung: Natürlich kann man sich die Frage stellen,
        ob dies im Zeitalter von Telemedizin, E-Health etc. noch
        zeitgemäß ist. Die Diskussion um Dr. Ed hat ja gezeigt,
        wie schnell man da auf eine schiefe Ebene geraten kann:
        Telefonkontakt nach England mit anschließender Ver-
        schreibung. Das kann nicht unser Anspruch an eine qua-
        litativ hochwertige medizinische Versorgung sein. Das
        Arzt-Patienten-Verhältnis ist geprägt von persönlichem
        Vertrauen und von Zuwendung. In jüngster Zeit haben
        wir immer wieder beklagt, dass zu wenig Zeit für das
        Gespräch bleibe. Außerdem haben wir gerade in jüngster
        Zeit in unserer Politik Wert darauf gelegt, dass die spre-
        chende Medizin aufgewertet wird. Da ist es nur konse-
        quent, wenn wir dies auch zum Maßstab nehmen bei der
        Verschreibung von Medikamenten.
        Wir haben natürlich im Blick, dass es Folgeverschrei-
        bungen gibt und dass wir Routinearbeiten nicht unnötig
        blockieren dürfen. Deswegen haben wir ja auch die Mög-
        lichkeit geschaffen, dass in begründeten Ausnahmefäl-
        len davon abgewichen werden darf, insbesondere dann,
        wenn aus einem vorausgegangenen Kontakt der Patient
        dem Arzt bekannt ist. Insofern haben wir eine Regelung
        mit Augenmaß gefunden, die aus meiner Sicht der Fort-
        entwicklung von telemedizinischen Leistungen nicht im
        Wege steht.
        Ein weiterer Punkt, den ich noch ansprechen will, ist
        die Änderung der Bundes-Apothekerordnung, wo wir
        das Berufsbild der Apothekerinnen und Apotheker noch
        umfassender beschreiben. Wir kommen damit einer Bit-
        te des Bundesrates nach und halten Wort gegenüber den
        Apothekern, denen wir versprochen hatten, nach der Um-
        setzung der Berufsanerkennungsrichtlinie die Tätigkei-
        ten der Pharmazeuten noch einmal zu präzisieren bzw. zu
        erweitern. Insofern möchte ich meinem Kollegen Rudolf
        Henke danken, dem das ein persönliches Anliegen war.
        Die nähere Beschreibung der Tätigkeiten hat noch ein-
        mal deutlich gemacht, wie wichtig die Apothekerinnen
        und Apotheker im Versorgungsalltag sind. Wir sollten
        uns auch die Frage stellen, ob wir in der Politik dieser
        Tätigkeit auch die Würdigung zuteilwerden lassen, die
        dieser Berufsstand unzweifelhaft verdient hat. Insofern
        gehe ich davon aus, dass diese Tätigkeitsbeschreibung
        nur ein erster Aufschlag ist. Spannend wird es auch sein,
        zu sehen, ob wir das Thema „Apotheken – Fragen rund
        um die Vergütung“ sowie das leidige Thema „Retaxati-
        onen“ im Spätsommer noch einmal aufgreifen werden.
        Viele andere Dinge, die wir noch regeln, lasse ich
        unerwähnt. Insgesamt geht es hier um viele technische
        Detailfragen. Aber gerade das Thema Ethikkommissio-
        nen zeigt, dass wir auch hier besondere Aufmerksamkeit
        walten lassen müssen. Insofern freue ich mich auf die
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616222
        (A) (C)
        (B) (D)
        weitere Beratung des Gesetzes und lade alle Beteiligten
        zum konstruktiven Dialog mit uns ein.
        Hubert Hüppe (CDU/CSU): Bislang gibt die
        EU-Richtlinie 2001/20/EG den EU-weiten Rahmen für
        klinische Arzneimittelprüfungen vor. Wir haben sie vor
        zwölf Jahren in deutsches Recht umgesetzt. Das damals
        eingeführte Verfahren mit klaren Zuständigkeiten, mit
        Genehmigung der Bundesoberbehörde und mit zustim-
        mendem Votum einer Ethikkommission hat sich seither
        bewährt.
        So bestätigte der Verband Forschender Arzneimittel-
        hersteller, vfa, in einer Kurzstellungnahme 2012, dass
        aufgrund der Erfahrungen seiner Mitgliedsunternehmen
        die Arbeit der Bundesoberbehörden und Ethikkommis-
        sionen positiv zu bewerten sei. Dies sei, so der vfa wei-
        ter, mit ein Grund, warum Deutschland bei der Anzahl
        klinischer Studienprojekte seit einigen Jahren führend in
        Europa ist.
        Im gerade vorgelegten Bericht über die Ergebnisse des
        Pharmadialogs heißt es, dass in den vergangenen zehn
        Jahren deutsche Forscherinnen und Forscher an mehr als
        10 000 klinischen Prüfungen beteiligt waren. Dank guter
        Rahmenbedingungen liege Deutschland sowohl bei der
        Zahl der klinischen Prüfungen als auch bei der Zahl der
        Prüfstätten weltweit auf Platz zwei. Nur die USA, ein
        hochentwickeltes Land mit einer immerhin viermal grö-
        ßeren Bevölkerung als Deutschland, liegen noch vor uns.
        Es ist also nicht zutreffend, dass völlig verfehlte Regu-
        lierungsansätze die klinischen Arzneimittelprüfungen in
        Scharen aus Deutschland heraus in Drittländer vertrieben
        hätten. Das Gegenteil ist der Fall.
        Der internationale Spitzenplatz Deutschlands in der
        klinischen Prüfung belegt, dass unser hohes, ethisch und
        grundrechtlich gebotenes Schutzniveau für Patienten
        und Probanden kein Forschungshindernis ist. Vielmehr
        schafft ein solches Schutzniveau das Vertrauen, dass
        klinische Prüfungen unter ethisch und wissenschaftlich
        einwandfreien Bedingungen stattfinden. Dies wiederum
        ist eine notwendige Voraussetzung für Teilnahmebereit-
        schaft und zügige Rekrutierung von Probanden bzw. Pa-
        tienten in klinischen Studien. Das Schutzniveau ist ein
        Standortfaktor.
        Dennoch war Ausgangspunkt des 2012 veröffent-
        lichten Vorschlags der EU-Kommission für die neue
        EU-Verordnung die Annahme, die Richtlinie 2001/20/EG
        habe maßgeblich zum EU-weiten Rückgang der Zahl
        der Anträge für klinische Prüfungen im Zeitraum von
        2007 bis 2011 um 25 Prozent beigetragen. Dass in die-
        sem Zeitraum eine schwere weltweite Wirtschaftskrise
        zu einem massiven Rückgang von Investitionen in allen
        Wirtschaftsbereichen führte und dies mutmaßlich auch
        Produktentwicklungsprogramme der pharmazeutischen
        Industrie betroffen haben könnte, bezog die Kommission
        nicht in ihre Überlegungen ein. Vielmehr erkannte sie in
        den geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2001/20/EG
        eine Behinderung klinischer Prüfungen in Europa und er-
        klärte daher Handlungsbedarf.
        Zum Kommissionsvorschlag von 2012 wurden mit
        dem Beschluss des Bundestages vom 31. Januar 2013,
        Drucksache 17/12183, sowie dem Beschluss des Bun-
        desrates vom 12. Oktober 2012, Drucksache 413/12, we-
        sentliche Änderungen verlangt. Kernpunkte waren dabei
        unter anderem das Fehlen der obligaten Einbeziehung
        einer Ethikkommission, unangemessen kurze Geneh-
        migungsfristen und ethische Fragen wie die Forschung
        an nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen ohne direk-
        ten individuellen Nutzen. Es ist der Bundesregierung in
        den anschließenden Verhandlungen gelungen, zahlreiche
        der von Bundesrat und Bundestag geforderten Ände-
        rungen durchzusetzen bzw. dort, wo dies nicht möglich
        war, immerhin Opt-out-Regelungen zu erreichen, die es
        Deutschland erlauben, sein derzeitiges Schutzniveau für
        Patienten und Probanden beizubehalten.
        Die Verordnung ist unmittelbar geltendes Recht und
        erlaubt bei der nationalen Umsetzung nur dort Spielraum,
        wo dieser ausdrücklich vorgesehen ist. Unser nationales
        Recht zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln muss
        umfangreich angepasst werden. Es gibt Änderungen vor
        allem im Arzneimittelgesetz, AMG, die Abschaffung der
        GCP-Verordnung sowie eine Reihe von Folgeänderun-
        gen der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverord-
        nung, AMWHV, der Verordnung über radioaktive oder
        mit ionisierenden Strahlen behandelte Arzneimittel,
        AMRadV, der DIMDI-Arzneimittelverordnung der Apo-
        thekenbetriebsordnung, ApBetrO, und der Arzneimittel-
        farbstoffverordnung, AMFarbV.
        Nach bisherigem Recht werden multinationale klini-
        sche Studien in jedem Mitgliedstaat einzeln genehmigt.
        Kern der EU-Verordnung ist hingegen, dass es bei mul-
        tinationalen klinischen Studien nur noch einen einzigen
        Antrag über das Internet-EU-Portal“ gibt – dies wird von
        der Europäischen Arzneimittelagentur EMA bereitge-
        stellt –, der eine zentrale Bewertung durchläuft. „Betrof-
        fene Mitgliedstaaten“ sind alle Mitgliedstaaten, in denen
        Prüfzentren liegen, an denen die Studie durchgeführt
        werden soll. „Berichterstattender Mitgliedstaat“ ist ein
        vom Sponsor der klinischen Prüfung vorgeschlagener be-
        troffener Mitgliedstaat, der eine zentrale Bewertung vor-
        nimmt. Der berichterstattende Mitgliedstaat erstellt Teil I
        des Bewertungsberichts – Nutzen-Risiko-Abwägung –
        im Benehmen mit den betroffenen Mitgliedstaaten.
        Alle betroffenen Mitgliedstaaten sind grundsätz-
        lich an diesen Bewertungsbericht gebunden, sofern sie
        nicht abschließend aufgezählte Opt-out-Gründe geltend
        machen, wie zum Beispiel, dass Patienten in der Studie
        eine schlechtere Therapie erhalten als im MS üblich, ein
        nationales Verbot von bestimmten Stammzellen, Abtrei-
        bungs- und Betäubungsmitteln; formal erhobene Ein-
        wände gegen die Sicherheitsbewertung aus Teil I. Jeder
        betroffene Mitgliedstaat erstellt Teil II des Bewertungs-
        berichts unter anderem zu Patienteninformation, Einwil-
        ligung, Qualifikation der Prüfer, Eignung der Prüfstelle,
        Versicherung und erteilt eine nationale Genehmigung.
        Ethikkommission und zuständige Behörde wirken bei
        der Bewertung zusammen. Am Ende gibt es je betroffe-
        nem Mitgliedstaat nur eine Genehmigung. Im Gegensatz
        dazu sind derzeit in Deutschland sowohl die „zustimmen-
        de Bewertung“ der Ethikkommission als auch die Geneh-
        migung der Bundesoberbehörde separat erforderlich.
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16223
        (A) (C)
        (B) (D)
        Es gibt im Gesetzentwurf einige Punkte, die wir im
        Verfahren genauer zu diskutieren haben werden. Dies be-
        trifft zum einen das Verhältnis zwischen Ethikkommis-
        sion und Bundesoberbehörde, die nicht nur die klinische
        Prüfung genehmigt, sondern auch das zu prüfende Arz-
        neimittel gegebenenfalls zulässt. Es geht um die Unab-
        hängigkeit der Ethikkommission, um die Frage, welche
        Ethikkommission jeweils zuständig ist, und darum, wie
        verbindlich ihre Stellungnahme für die Genehmigung
        der Behörde ist. Zum Zweiten betrifft es die Frage der
        fremdnützigen Forschung an Nichteinwilligungsfähigen,
        die für den betroffenen Patienten keinen Nutzen hat, die
        aber Erkenntnisse zugunsten der Krankheitsgruppe er-
        bringen soll; es geht um die sogenannte gruppennützige
        Forschung.
        Um vorab einem eventuellen Missverständnis vorzu-
        beugen: Bereits heute darf selbstverständlich an Nicht-
        einwilligungsfähigen geforscht werden, unter der Vo-
        raussetzung, dass sie selbst einen möglichen eigenen
        therapeutischen Nutzen davon haben; diese Regelung
        findet sich in § 41 Absatz 3 AMG. Das findet in der
        Praxis vielfach statt. Diese Menschen sind keine „For-
        schungswaisen“.
        Der ethische Knackpunkt ist, dass ein Nichteinwilli-
        gungsfähiger per definitionem unfähig ist, seine höchst-
        persönliche informierte Einwilligung, den „informed
        consent“, in eine für ihn nicht auch eigennützige Studie
        zu erteilen.
        Wir werden im Verfahren zwei Aspekte zu klären ha-
        ben:
        Erstens. Es muss zunächst eine überzeugende Begrün-
        dung geben, dass eine unabweisbare Notwendigkeit für
        Forschung an Nichteinwilligungsfähigen ohne direkten
        Nutzen für diese Patienten besteht. Bisher habe ich eine
        Begründung, dass eine solche Absenkung unseres bis-
        herigen Schutzniveaus erforderlich und alternativlos ist,
        nicht gefunden. Auch die forschenden Arzneimittelher-
        steller haben rein gruppennützige Forschung an Nicht-
        einwilligungsfähigen nicht gefordert.
        Zweitens. Wenn diese Notwendigkeit rein gruppen-
        nütziger Forschung an Nichteinwilligungsfähigen bejaht
        wird, muss geklärt werden: Was sind die Mindestanfor-
        derungen an eine Patientenverfügung, mit der jemand
        vorab in zukünftige lediglich gruppennützige Studien-
        teilnahmen für den Fall seiner Nichteinwilligungsfähig-
        keit einwilligt? Denn einem durchschnittlichen Laien
        kann keineswegs unterstellt werden, dass er Kenntnisse
        hinsichtlich klinischer Studien im Allgemeinen sowie
        des Merkmals der Gruppennützigkeit besitzt, die den in
        Artikel 29 der EU-Verordnung beschriebenen Aufklä-
        rungsinhalten vor einer Einwilligung entsprechen.
        Zuletzt eine Anmerkung zu einem schon lange be-
        stehenden Ärgernis in der klinischen Forschung: Seit
        Jahren beklagen die Sponsoren von klinischen Studien,
        in denen aufgrund studienbedingter Begleitdiagnostik –
        Röntgen – eine Strahlenschutzgenehmigung erforderlich
        ist, überlange Genehmigungsdauern des Bundesamtes
        für Strahlenschutz, BfS. In anderen EU-Mitgliedstaaten
        werden Strahlenschutzgenehmigungen synchron mit der
        Genehmigung der klinischen Studie erteilt, sodass dann
        sofort mit der Rekrutierung von Patienten begonnen wer-
        den kann. In Deutschland hingegen muss die BfS-Geneh-
        migung abgewartet werden, bevor der erste Patient rekru-
        tiert werden kann. Das macht die Einbeziehung deutscher
        Prüfstellen in multinationale Studien mit studienbeding-
        ter Strahlendiagnostik fast unmöglich. In der Praxis führt
        das nach übereinstimmenden Aussagen von Industrie
        und akademischer Forschung dazu, dass in Deutschland
        solche Studien nicht mehr beantragt werden, sondern im
        Wesentlichen nur noch im Ausland durchgeführt werden.
        Eine fehlende Frist für die Strahlenschutzgenehmigung
        bedeutet faktisch den Ausschluss Deutschlands von ei-
        nem Teil hochrangiger klinischer Forschung.
        Nun sieht der vorliegende Gesetzentwurf keine
        Lösung dieses Problems vor. Sie wird aber in einem
        Strahlenschutzgesetz angegangen, das anstelle des ver-
        einfachten Genehmigungsverfahrens nach der Strahlen-
        schutzverordnung und der Röntgenverordnung ein An-
        zeigeverfahren mit Fristen vorsieht, die den Fristen der
        EU-Verordnung nicht zuwiderlaufen. Dies ist im Grund-
        satz zu begrüßen. Allerdings sollte anstelle eines reinen
        Anzeigeverfahrens eine Genehmigungsfiktion gewählt
        werden, um der Behörde für den Notfall und im Sinne
        des Patientenschutzes die Möglichkeit des Widerrufs
        bzw. der Rücknahme offenzuhalten.
        Martina Stamm-Fibich (SPD): Diese Woche steht
        für mich ganz unter dem Zeichen „Arzneimittel“. Am
        Montag hat der Petitionsausschuss in einer öffentlichen
        Sitzung über die Nutzenbewertung bei Epilepsie-Medi-
        kamenten beraten. Am Dienstag folgte die Präsentation
        der Ergebnisse des Pharmadialogs. Heute nun Teil drei:
        Die erste Lesung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes
        zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vor-
        schriften, kurz: die 4. AMG-Novelle. Mit ihr setzen wir
        die EU-Verordnung 536/2014 in nationales Recht um.
        Ich denke, dieses Haus hat schon über strittigere Gesetze
        debattiert. Dennoch möchte ich einige Punkte heraus-
        greifen, über die ein Nachdenken lohnt.
        Regelung zu Liefer- und Versorgungsengpässen: Eine
        Umfrage im November 2015 hat ergeben, dass 94 Pro-
        zent der Apotheker mehrmals in der Woche Medikamen-
        te nicht auftreiben können. „Hersteller defekt“ heißt es
        dann auf den Zetteln an leeren Regalfächern in den Medi-
        kamentenlagern. Besonders betroffen sind die Impfstof-
        fe: 24 listet das Paul-Ehrlich-Institut aktuell auf seiner
        Liste. Diese Liste beruhte bislang auf einer freiwilligen
        Meldung der Arzneimittelhersteller. Doch Lieferengpäs-
        se können Leben gefährden. Denn Krankheiten richten
        sich nicht nach der Verfügbarkeit von Arzneimitteln auf
        dem Markt.
        Die 4. AMG-Novelle schafft nun die Rechtsgrundlage
        für mehr Transparenz über die verfügbaren Arzneimittel-
        chargen. Die Ständige Impfkommission und die medi-
        zinischen Fachgesellschaften sollen künftig Handlungs-
        empfehlungen zum Umgang mit Lieferengpässen geben
        können. Das ist richtig und wichtig. Denn wer nicht weiß,
        was fehlt, kann auch keine Schritte zur Vermeidung eines
        Lieferengpasses in die Wege leiten. Transparenz und die
        Veröffentlichung von Informationen sind ein wichtiger
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616224
        (A) (C)
        (B) (D)
        Schritt, um Versorgungsengpässe künftig vermeiden zu
        können.
        Klinische Studien: Auch die Verfahren bei klinischen
        Studien werden in der 4. AMG-Novelle neu geregelt.
        Neue Medikamente können ein großer Fortschritt sein.
        Aber ob neue Arzneimittel Fluch oder Segen sind, weiß
        man erst, nachdem sie getestet wurden. Klinische Stu-
        dien sind immer auch Experimente am Menschen. Dass
        Experimente schiefgehen können, hat vor nicht allzu lan-
        ger Zeit ein Todesfall in Frankreich gezeigt.
        Das Wohl der Probanden, die an klinischen Studien
        teilnehmen, muss an erster Stelle stehen. Deshalb brau-
        chen wir klare und verbindliche Regelungen für die Ge-
        nehmigung, Durchführung und Überwachung klinischer
        Studien. Wir brauchen klare Regeln, die zu allererst dem
        Schutz der Patienten dienen.
        Das Ziel der EU-Verordnung 536/2014 ist es, die
        Genehmigung klinischer Prüfungen durch die Arznei-
        mittelbehörden europaweit zu vereinheitlichen und zu
        beschleunigen. Die Beschleunigung der Verfahren darf
        aber am Ende nicht dazu führen, dass Patienten unnöti-
        gen Risiken ausgesetzt werden. Bislang sind die Ethik-
        kommissionen strenge Prüfer der Anträge. Häufig ver-
        langen sie Änderungen zum Schutze der Probanden. Ihre
        Unabhängigkeit ermöglicht einen sorgfältigen Blick auf
        die Risiken klinischer Studien.
        Mit der 4. AMG-Novelle werden Bedingungen defi-
        niert, die Ethikkommissionen erfüllen müssen, um sich
        registrieren lassen zu können. Einheitliche Kriterien
        halte ich für sinnvoll. Neu wird die Einrichtung einer
        Bundesethikkommission sein. Diese Kommission wird
        durch das BMG per Rechtsverordnung eingesetzt. Eine
        Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Au-
        ßerdem soll die zuständige Bundesoberbehörde die Stel-
        lungnahmen der Ethikkommissionen nur „maßgeblich zu
        berücksichtigen“ haben. Das darf aber nicht dazu führen,
        dass die zuständigen Ethikkommissionen nichts mehr zu
        sagen haben. Hier müssen wir jetzt genau prüfen, wie wir
        die Unabhängigkeit der Ethikkommissionen auch weiter-
        hin gewährleisten.
        Auch die sogenannte gruppennützige Forschung
        an nicht einwilligungsfähigen Patienten regelt die
        4. AMG-Novelle. Sie bleibt auch künftig grundsätzlich
        verboten. Sie ist nur dann zulässig, wenn es eine Patien-
        tenverfügung ausdrücklich gestattet und der gesetzliche
        Betreuer in die konkrete klinische Prüfung einwilligt.
        Voraussetzung hierfür ist die umfassende Aufklärung des
        gesetzlichen Betreuers.
        Arzt-Patienten-Kontakt: Dr. Ed wird sich in Zukunft
        neue Patienten suchen müssen. Denn die 4. AMG-No-
        velle stärkt den direkten und persönlichen Arzt-Patien-
        ten-Kontakt. Schon jetzt regelt die Musterberufsordnung
        für Ärzte die Rechte und Pflichten von Ärzten gegenüber
        ihren Patienten. § 7 Absatz 4 legt fest, dass Ärztinnen
        und Ärzte die Behandlung nicht ausschließlich über
        Print- und Kommunikationsmedien durchführen dürfen.
        Es besteht zwar kein ausdrückliches „Fernbehandlungs-
        verbot“; einer Fernbehandlung sind aber schon jetzt sehr
        enge Grenzen gesetzt.
        Die 4. AMG-Novelle geht nun einen Schritt weiter:
        Künftig sind sogenannte Fernverschreibungen verboten,
        wenn zwischen Arzt und Patient noch niemals ein direk-
        ter Kontakt bestand. Konkret bedeutet das: Wer sich von
        Dr. Ed oder anderen Anbietern telemedizinischer Leis-
        tungen behandeln lässt, kann sein Rezept in der Apothe-
        ke nicht mehr einlösen.
        Diese Regelung ist richtig. Denn Tests haben erge-
        ben, dass das Risiko von Fehldiagnosen und damit von
        Falschbehandlungen erheblich steigt, wenn der persön-
        liche Arzt-Patienten-Kontakt fehlt. Meist reicht ein Fra-
        gebogen nämlich nicht aus, um eine Diagnose stellen
        zu können. Um hier Falschbehandlungen zu vermeiden,
        sind klare Regelungen zum Arzt-Patienten-Kontakt sinn-
        voll. Die Regelung führt aber auch zu Konflikten:
        Im anstehenden parlamentarischen Beratungsver-
        fahren müssen wir prüfen, ob die Regelung gegen EU-
        Recht verstößt. Denn das Verbot von Fernverschreibun-
        gen kommt mit zwei EU-Richtlinien in Konflikt: mit der
        Richtlinie zur wechselseitigen Anerkennung von Arz-
        neimittelverschreibungen aus anderen Behandlungsmit-
        gliedstaaten und mit der Patientenmobilitätsrichtlinie.
        Darüber hinaus wollen wir ja eigentlich den Ausbau
        der Telemedizin in Deutschland stärken. Dafür haben
        wir im letzten Jahr das E-Health-Gesetz auf den Weg
        gebracht. Gerade im ländlichen Raum brauchen wir den
        Ausbau der Telemedizin. Denn Menschen nutzen die
        Möglichkeiten, die das Internet bietet. Sie sorgen selbst
        für kürzere Wartezeiten in Arztpraxen, wenn sie Arzt-
        praxen gar nicht erst aufsuchen. Und ja: Bevor jemand
        Dr. Google befragt, soll er lieber per Videokonsultation
        einen echten Arzt fragen. Der ist zwar weit weg, aber er
        ist Arzt. Wir müssen aufpassen, dass wir mit dem Gesetz
        eine positive Entwicklung nicht ausbremsen, dass wir die
        Möglichkeiten der Telemedizin nicht abschreiben, bevor
        wir sie überhaupt nutzen.
        Aber die 4. AMG-Novelle erlaubt hier eine sinnvolle
        Ausnahme: Eine Fernverschreibung ist möglich, wenn
        der Patient dem Arzt aus einem vorangegangenen Kon-
        takt hinreichend bekannt ist. Die Erstdiagnose erfordert
        einen direkten Arzt-Patienten-Kontakt. Das schützt den
        Patienten und ist deshalb richtig. Denn der persönliche
        Kontakt schließt viel mehr Möglichkeiten einer Diagnose
        ein als die Kommunikation über Video oder Fragebogen.
        Die Weiterbehandlung nach einem persönlichen Kontakt
        kann aber durchaus per Fernbehandlung erfolgen. Gera-
        de für chronisch Kranke kann dies eine immense Erleich-
        terung bedeuten.
        Die offenen Fragen werden wir im nun anstehenden
        parlamentarischen Verfahren kritisch angehen; denn am
        Ende soll das Gesetz den Menschen Nutzen bringen und
        kein Hindernis sein.
        Kathrin Vogler (DIE LINKE): Heute diskutieren wir
        eine Novelle zum Arzneimittelgesetz, die vor allem euro-
        päisches Recht umsetzen soll und in der vieles, aber lei-
        der nicht alles unstrittig ist. Die Vorgeschichte zu diesem
        Gesetzentwurf ist eine EU-Verordnung zur Durchfüh-
        rung von klinischen Studien. In diesem Zusammenhang
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16225
        (A) (C)
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        möchte ich an etwas erinnern, was es in diesem Hause
        nicht alle Tage gibt:
        Unter den Gesundheitspolitikern konnten wir uns
        nämlich vor drei Jahren auf gemeinsame Forderungen ei-
        nigen, für die sich die Bundesregierung in Brüssel bei der
        Erstellung dieser EU-Verordnung einsetzen sollte. Dabei
        waren sich alle Fraktionen des Hauses einig. Gemeinsam
        kritisierten wir damals – ich zitiere aus den wortgleichen
        Anträgen von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und Lin-
        ken –: „Der Verordnungsvorschlag sieht nicht länger das
        zustimmende Votum einer unabhängigen, interdiszipli-
        när besetzten Ethikkommission verpflichtend vor. Somit
        muss das geplante Forschungsvorhaben nicht zwingend
        vor seinem Beginn einer von der Zulassungsbehörde un-
        abhängigen Einrichtung zur Beratung und Zustimmung
        vorgelegt werden.“ Und darum forderten alle Fraktionen
        dieses Hauses: „Unabhängige, interdisziplinär besetzte
        Ethikkommissionen müssen weiterhin in das Genehmi-
        gungsverfahren … einbezogen werden. Dabei darf die
        Genehmigung nur erteilt werden, wenn die Ethikkom-
        mission die im Antrag enthaltenen ethischen Aspekte …
        zustimmend bewertet hat.“
        Herr Minister Gröhe, Sie waren damals nicht für Ge-
        sundheitspolitik zuständig und können sich deshalb viel-
        leicht nicht an diese einstimmige Entscheidung erinnern.
        Aber trotzdem wundert es mich, warum Sie nun gleich
        an zwei Stellen diesen erklärten Willen des Bundestages
        ignorieren:
        Erstens wollen Sie mit dem vorliegenden Gesetzent-
        wurf die Genehmigung klinischer Studien nicht mehr
        zwingend von der zustimmenden Stellungnahme der
        zuständigen Ethikkommission abhängig machen. Einem
        solchen Rückfall hinter die einst gemeinsam gefassten
        Beschlüsse wird meine Fraktion nicht zustimmen kön-
        nen.
        Zweitens wollen Sie die Unabhängigkeit der Ethik-
        kommissionen beschneiden, indem sie das Bundesins-
        titut für Arzneimittel und Medizinprodukte für die Re-
        gistrierung von Ethikkommissionen zuständig machen
        wollen.
        Warum ist dies eine Gefahr für deren Unabhängigkeit?
        Weil das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-
        produkte gleichzeitig für die Genehmigung der Studien
        zuständig ist. Die Verquickung, dass ein und dieselbe
        Bundesbehörde dafür zuständig sein soll, Studien zu
        überwachen, zu genehmigen und gleichzeitig deren ethi-
        sche Kontrolle zu regulieren, ist ein potenzielles Einfalls-
        tor für Korruption und wird deshalb von uns abgelehnt.
        Belassen Sie es doch bei dem bewährten Zwei-Säu-
        len-Prinzip, bei dem ein Antrag auf Durchführung einer
        klinischen Prüfung unabhängig voneinander durch eine
        Bundesoberbehörde und durch nach Landesrecht ge-
        formte Ethikkommissionen bewertet wird.
        Darüber hinaus möchte ich Sie aber auch auffordern,
        diese Gesetzesnovelle zu nutzen, um einige wichtige und
        drückende Probleme im Arzneimittelbereich anzugehen:
        Erstens. Machen Sie nicht weiter die Augen zu vor
        den Gefahren der Lieferengpässe. Im Pharmadialog
        haben Sie mit den Unternehmen lediglich regelmäßige
        Gesprächstermine verabredet. Was wir aber benötigen,
        wären zumindest eindeutige Meldepflichten!
        Zweitens. Verschließen Sie auch die Augen nicht wei-
        ter vor den Bemühungen der Pharmakonzerne, Einfluss
        auf das Verordnungsverhalten von Ärztinnen und Ärz-
        ten zu nehmen. Im Antikorruptionsgesetz fehlt jeglicher
        Hinweis auf diejenigen Anwendungsbeobachtungen, die
        in großem Stile reine Marketingmaßnahmen der Indus-
        trie sind. Etwa 100 Millionen Euro jährlich fließen hier
        weitgehend unkontrolliert und unbeobachtet von der
        Pharmaindustrie an die beteiligten Ärzte. Dieses Pro-
        blem lösen Sie mit dem heute verabschiedeten Antikor-
        ruptionsgesetz nicht, und auch im Pharmadialog haben
        Sie nicht eine Runde darauf verschwendet. Es wird al-
        lerhöchste Zeit, dass hier ein Riegel vorgeschoben wird
        und zur Überwachung von Arzneimittelwirkungen auch
        nach der Zulassung nur noch ordentliche Studien nach
        wissenschaftlichen Kriterien erlaubt werden.
        In diesem Sinne hoffe ich, dass das Gesetz in den an-
        stehenden Beratungen noch verbessert wird. Die Linke
        wird sich dafür starkmachen.
        Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        NEN): Wir reden heute über den Gesetzentwurf der
        Bundesregierung zur Anpassung im Arzneimittelgesetz,
        die durch die EU-Verordnung 536/2011 notwendig ge-
        worden ist. Aus grüner Sicht gibt es noch erheblichen
        Diskussionsbedarf. Wir teilen dabei weitgehend die Be-
        denken, die auch schon vom Arbeitskreis medizinischer
        Ethikkommissionen und der Bundesärztekammer geäu-
        ßert wurden. Das gilt in erster Linie für alle Vorschlä-
        ge, die die Arbeit der unabhängigen Ethikkommissionen
        betreffen. Diese in Deutschland sehr bewährten Kom-
        missionen haben die Aufgabe, Wissenschaft in ethischer
        und rechtlicher Hinsicht zu beraten, zu kontrollieren und
        zu beaufsichtigen und so Rechte und Sicherheit der Pro-
        bandinnen und Probanden im Sinne der Deklaration von
        Helsinki zu schützen. Wir sehen die Harmonisierung auf
        EU-Ebene als wichtig; aber sie darf nicht zulasten der
        Ethikkommissionen, nicht zulasten der Unabhängigkeit
        und nicht zulasten der Studienteilnehmer gehen.
        Die vorgesehenen Eingriffe, wie die Auswirkungen
        auf die Arbeitsweise der Kommissionen in den Bun-
        desländern, die zentrale Registrierung und Lizensierung
        durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinpro-
        dukte und das Paul-Ehrlich-Institut sowie die Einrichtung
        einer Bundes-Ethikkommission, scheinen problematisch.
        Für die Gewährleistung der Sicherheit von klinischen
        Studien sind die Unabhängigkeit und Interdisziplinarität
        der Ethikkommission sicherzustellen, und es müssen alle
        Phasen von Arzneimittelprüfungen mit gesunden und
        kranken Menschen genauestens geregelt werden. Wie
        wichtig eine gute Kontrolle bereits im Studiendesign ist,
        zeigt sich derzeit auch bei der aktuellen Diskussion über
        nichtinterventionelle Studien, sogenannte Anwendungs-
        studien, unter anderem durch die Notwendigkeit zur Auf-
        klärung und schriftlicher Zustimmung der Patientinnen
        und Patienten sowie durch Auswertung und Veröffentli-
        chung durch ein ebenfalls unabhängiges Institut.
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616226
        (A) (C)
        (B) (D)
        Wir unterstreichen, dass grundsätzlich niemand ohne
        seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wis-
        senschaftlichen Versuchen unterworfen werden darf. Ein
        weiterer kritischer Punkt sind deshalb aus unserer Sicht
        die Voraussetzungen für gruppennützige Forschungen
        mit nichteinwilligungsfähigen Teilnehmerinnen und
        Teilnehmern. Hier sehen wir aus ethischer Sicht sehr
        präzisen Klärungsbedarf, um die Patientenrechte zu ge-
        währleisten.
        Ein weiterer sehr sensibler Punkt ist das Verbot von
        Fernbehandlungen bzw. Fernverschreibungen. Ob Aus-
        nahmen, zum Beispiel bei bestimmten Erkrankungen, für
        höhere Sicherheit und Versorgungsqualität von chronisch
        Kranken oder von Patienten in Dauertherapie möglich
        sind, ist zu diskutieren. Und auch die Frage: Können wir
        durch eine Lockerung vielleicht auch Versorgungsdefizi-
        te im ländlichen Raum vermeiden? Wie verträgt sich das
        Verbot mit neuen Versorgungskonzepten im E- Health-
        Bereich?
        Dies sind nur einige Fragen, die sich aus den Vorschlä-
        gen der Bundesregierung für das Arzneimittelgesetz er-
        geben. Ohne jeden Zweifel befindet sich der Arzneimit-
        telbereich derzeit vor großen Herausforderungen. Umso
        wichtiger ist es, Unabhängigkeit und Patientenrechte in
        den Mittelpunkt zu stellen.
        Die flächendeckende gute Versorgung mit Arzneimit-
        teln aller Patientinnen und Patienten ist unser Ziel. Wir
        sind gespannt auf die weiteren Beratungen; denn in der
        heutigen Form können wir dem Gesetz nicht zustimmen.
        Anlage 8
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des von der Bundesregierung einge-
        brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aktualisie-
        rung der Strukturreform des Gebührenrechts des
        Bundes (Tagesordnungspunkt 18)
        Oswin Veith (CDU/CSU): Bereits in der vorangegan-
        genen Wahlperiode haben wir die Grundlagen für eine
        umfassende und zukunftsorientierte Fortentwicklung des
        Gebührenrechts des Bundes gelegt. Unser Anliegen –
        damals wie heute – ist, Bürgerinnen und Bürger sowie
        Unternehmen vor kostenüberdeckenden Gebühren zu
        schützen. Warum wollen wir davor schützen? Weil der
        öffentliche Dienst und seine Dienstleistungen einen er-
        heblichen Standortvorteil für Deutschland bedeuten, und
        diesen gilt es zu bewahren. Öffentliche Dienstleistungen
        haben in Deutschland eine sehr hohe Qualität, und unse-
        re effiziente und gut organisierte Verwaltung bietet dabei
        vor allem Anreize für Unternehmen, hier zu investieren.
        Um einen leistungsfähigen und verlässlichen öffent-
        lichen Dienst weiterhin garantieren zu können, müssen
        wir uns – neben der Bereitstellung von funktionierenden
        Verwaltungsstrukturen und gut ausgebildetem Perso-
        nal – auch mit den jeweiligen Gebührenordnungen der
        Verwaltungen und Ministerien beschäftigen. Sicher gibt
        es spannendere Betätigungsfelder, aber ein ausgewogen
        gestaltetes Gebührenrecht ist von erheblicher Bedeutung.
        Strukturierte und nachvollziehbare Gebührenordnungen
        führen zu mehr Transparenz und weniger Kosten. Zen-
        trales Ziel ist es, sicherzustellen, dass Bürgerinnen und
        Bürger sowie Unternehmen einen bezahlbaren Zugang
        zu Verwaltungsleistungen des Bundes haben.
        Bereits 2013 haben wir angefangen, die in circa 200
        Gesetzen und Verordnungen geregelten Verwaltungsge-
        bühren des Bundes in einheitlich aufgebaute Gebühren-
        ordnungen der Bundesministerien zusammenzufassen.
        Dazu gehören auch übersichtliche Gebührenverzeichnis-
        se. Klarer Vorteil der damals angestoßenen Reform ist die
        Ausrichtung der Gebührenkalkulation auf betriebswirt-
        schaftliche Grundsätze. Gebühren werden somit grund-
        sätzlich auf Grundlage von Kostenpauschalen ermittelt.
        Die Berechnung der Gebühren für Leistungen wird da-
        durch einfacher und rechtssicherer. Für unsere Bürge-
        rinnen und Bürger, Unternehmen und Verwaltungen be-
        deutet dies eine Entlastung von Rechtsverfolgungskosten
        und einen erheblicher Abbau des Verwaltungsaufwandes.
        In einem ersten Schritt ging es um die Gestaltung
        einer allgemeinen Gebührenordnung. Ziel war es, ein-
        heitliche und anwenderfreundliche Vorgaben für die
        Kalkulation von kostendeckenden Gebühren zu schaffen.
        Dies ist uns schon einmal gelungen. Die Allgemeine Ge-
        bührenordnung sollte durch die Besonderen Gebühren-
        verordnungen der Bundesministerien ergänzt werden.
        Dabei ist geplant, die Besonderen Gebührenordnungen
        der Bundesministerien auf Grundlage der allgemeinen
        Gebührenordnungen neu zu bestimmen. Die gebühren-
        rechtlichen Bestimmungen sollen möglichst gebündelt
        werden, um diese für jeden nachvollziehbarer zu machen.
        Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen sollen sich
        möglichst schnell und ohne großen Aufwand über die
        relevanten Gebühren informieren können. Eine geringe
        Anzahl an relevanten Gebührenordnungen schafft größt-
        mögliche Anwenderfreundlichkeit.
        Betrachtet man das Innenressort, muss die hierfür
        gültige Besondere Gebührenordnung 250 Gebühren-
        tatbestände in neun Rechtsgebieten umfassend regeln.
        Das bedeutet einen nicht zu unterschätzenden Abstim-
        mungsprozess. Was ich damit sagen will, ist, dass wir
        auch bei dieser hohen Anzahl an Gebührentatbeständen
        den Anspruch haben, eine ausgewogene Gestaltung der
        Besonderen Gebührenordnung für das Innenressort zu
        gewährleisten, und das dauert seine Zeit, wie dieser Ge-
        setzentwurf zeigt.
        Geplant war, dass die Besondere Gebührenordnung
        des Bundesinnenministeriums bis zum 14. August 2016
        in Kraft treten soll. Vor drei Jahren waren wir der Ansicht,
        dass die Besondere Gebührenordnung des Bundesminis-
        teriums des Innern zu diesem Zeitpunkt fertiggestellt
        werden kann. Die Mühlen der Justiz mahlen bekannt-
        lich langsam; die Mühlen des Gesetzgebers manchmal
        noch langsamer. Wie ich bereits erwähnt habe, handelt es
        sich bei den Gebührentatbeständen im Innenressort um
        250 an der Zahl. Nun müssen wir feststellen, dass unsere
        Annahme überambitioniert war und weitere Abstimmun-
        gen notwendig sind. Dafür benötigen wir mehr Zeit.
        Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf tragen wir die-
        ser Notwendigkeit Rechnung und verlängern diese Frist
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16227
        (A) (C)
        (B) (D)
        auf den 1. Oktober 2019. Von dieser Fristverlängerung
        betroffen ist vorerst nur die Besondere Gebührenordnung
        des Bundesministeriums des Innern. Sollte sich die Not-
        wendigkeit ergeben, auch die Fristen für die übrigen Res-
        sorts zu verlängern, werden wir dies in einem späteren
        Schritt ebenfalls tun.
        Eine gute Nachricht habe ich dennoch: Finanziell ent-
        steht durch diese Fristverlängerung keinerlei Nachteil,
        da die Allgemeine Gebührenordnung eine rechtssiche-
        re Kalkulation von fachbezogenen Gebührenregelun-
        gen vorgibt. Dass wir uns für die Ausgestaltung dieser
        Besonderen Gebührenordnung Zeit nehmen und nichts
        überstürzen, hat vor allem den Hintergrund, dass diese
        Besondere Gebührenordnung als Leitbild und Modell für
        die Besonderen Gebührenordnungen der übrigen Res-
        sorts dienen soll. Wenn wir also sicherstellen, dass die
        Besondere Gebührenordnung des Bundesministeriums
        des Innern möglichst eine einheitliche und transparente
        Struktur und Methodik zugrunde gelegt wird, schaffen
        wir auch für alle weiteren Besonderen Gebührenordnun-
        gen eine sehr gute Grundlage.
        Am Ende wird auch hier gelten: Was lange währt,
        wird endlich gut. – Ich bitte um Ihre Unterstützung.
        Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Wir beraten heu-
        te den Entwurf eines Gesetzes zur Aktualisierung der
        Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes. Inhalt-
        lich geht es um Gebühren. Der Gesetzentwurf trägt eine
        größere Reichweite in sich, als es auf den ersten Blick
        erscheint.
        Zunächst möchte ich festhalten, dass der Staat als eine
        wesentliche Einnahmequelle die Gebühren kennt. Ge-
        bühren werden von der Verwaltung für die Inanspruch-
        nahme einer tatsächlichen Leistung erhoben. Der breiten
        Öffentlichkeit sind besonders die Gebühren für Abwasser
        oder für die Ausstellung eines Reisepasses bekannt. Die
        Gebühr erhält ihre Berechtigung durch den Mehrwert der
        staatlichen Leistung, die dem Bürger zufließt. Die Ver-
        fassung verpflichtet den Staat zu Sparsamkeit und Wirt-
        schaftlichkeit, sodass die Gebühr geeignet sein muss, die
        Kosten der erbrachten Leistung abzudecken. In diesem
        Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass der
        Staat als großer wirtschaftlicher Akteur mit einem Anteil
        von über 40 Prozent in unserer Volkswirtschaft handelt.
        Die Gebühr als Einnahmequelle des Staates entfaltet da-
        her eine grundlegende Berechtigung.
        Mit diesem Gesetzentwurf zum Gebührenrecht des
        Bundes wird mehr Transparenz und Rechtssicherheit ge-
        schaffen. In der noch zu erlassenden Gebührenordnung
        des Bundesministeriums des Innern werden 17 Gesetze
        und Verordnungen zusammengefasst. Alle Gebührentat-
        bestände werden sich aus einer einzigen Regelung able-
        sen lassen. Dies führt zu einer einheitlichen Struktur und
        zur Anwendung gleicher Methodikgrundsätze. Damit
        schaffen wir einen weiteren Schritt zu einer verbesserten
        Normenklarheit.
        Die Normenklarheit wird auch die Rechtssicherheit
        erhöhen. Der Rechtsanwender erhält einen vereinfachten
        Zugang zur Regelung, wenn sich die Gebühren aus ei-
        ner einzigen Verordnung entnehmen lassen. Die Rechts-
        sicherheit wird aufseiten des Gebührenschuldners, aber
        auch der Verwaltungsmitarbeiter gestärkt. Darüber hi-
        naus führt die einheitliche Regelung zu einer verein-
        fachten Normenpflege. Allgemeine Veränderungen oder
        Aktualisierungen im Gebührenrecht sind nur in einer ein-
        heitlichen Gebührenverordnung vorzunehmen.
        Diese Gebührenordnung soll zugleich einen Modell-
        entwurf für die anderen Bundesressorts und die Länder
        darstellen. Dem Gebot der Normenklarheit wird durch
        eine einheitliche Regelung auf Bundesebene damit noch
        weiter gehend Rechnung getragen. Eine einheitliche Re-
        gelung wird letztendlich zu weniger Abstimmungspro-
        blemen zwischen den einzelnen Ressorts führen, wenn
        die Grundlage von Gebühren eine einzige Verordnung
        sein wird.
        Eine einheitliche Gebührenordnung schafft die Grund-
        lage für einen weiteren Schritt zu einer funktionierenden,
        digitalen Verwaltung. Die Gesellschaft digitalisiert zu-
        nehmend. Zigtausende von Kaufverträgen werden tag-
        täglich über das Internet abgewickelt. Der Staat darf bei
        dieser Entwicklung nicht ins Hintertreffen geraten. Die
        Strukturen von E-Government sind bereits geschaffen.
        Die Gebührenordnung wird eine weitere Grundlage zur
        Abwicklung staatlicher Dienstleistungen in der digitalen
        Welt darstellen.
        Die Einführung einer einheitlichen Gebührenordnung
        trägt zu einer Verbesserung des Rechtsstaats bei. Mehr
        Normenklarheit und Rechtssicherheit dienen dem Staat,
        der Verwaltung und der Gesellschaft. Um eine reibungs-
        lose Umsetzung zu gewährleisten, ist eine Verzögerung
        des Inkrafttretens der Gebührenordnung hinnehmbar.
        Gabriele Fograscher (SPD): In der letzten Wahl-
        periode hat der Deutsche Bundestag eine umfassende
        Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes be-
        schlossen. Diese war und ist mehr als überfällig; denn
        das Verwaltungsgebührenrecht findet man derzeit noch
        in mehr als 200 Gesetzen und Verordnungen. Es ist auf-
        grund der stark zersplitterten Struktur für Bürgerinnen
        und Bürger sowie Wirtschaft und Verwaltung intranspa-
        rent und kaum nachvollziehbar.
        Ziel des 2013 beschlossenen Gesetzes ist es, das Ge-
        bührenrecht zu bündeln, es einfacher und unbürokrati-
        scher zu machen und das Bund-Länder-Recht zu entflech-
        ten, was auch Intention der Föderalismuskommission II
        war. Künftig werden das Kostendeckungsprinzip und die
        Ausrichtung der Gebührenkalkulation auf betriebswirt-
        schaftliche Grundsätze vorherrschen, das heißt, die Kos-
        ten für die Verwaltungsleistung dürfen nicht höher sein
        als die Kosten, die der Verwaltung in Form von Perso-
        nal- und Sachkosten entstehen. Hohe Gebühren, die die
        wirklichen Kosten übersteigen, soll es nicht mehr geben.
        Ausnahmen vom Kostendeckungsprinzip soll es nur
        geben, um sozialen Belangen Rechnung zu tragen. Nie-
        mand soll aufgrund der Höhe der Gebühren von einer
        Verwaltungsleistung ausgeschlossen werden. Zudem sol-
        len die Gebühren für Verwaltungsleistungen der Länder
        durch Landesrecht geregelt werden. Damit werden die
        Rechtsanwendung erleichtert und langwierige Abstim-
        mungen zwischen Bund und Ländern vermieden. Nur bei
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 201616228
        (A) (C)
        (B) (D)
        den Gebühren, bei denen eine bundeseinheitliche Rege-
        lung gewünscht ist, bestimmt weiterhin der Bund, in Ab-
        stimmung mit den Ländern, die Gebühren.
        Die gebührenrechtlichen Bestimmungen im Bereich
        des Bundesinnenministeriums sollten, so der Gesetzes-
        beschluss von 2013, am 14. August 2016 zugunsten einer
        Besonderen Gebührenordnung außer Kraft treten. Leider
        hat sich nun gezeigt, dass dieses Vorhaben nicht bis Mit-
        te August umgesetzt werden kann. In der Begründung
        des vorliegenden Gesetzentwurfes heißt es, der erhöhte
        Zeitbedarf ergebe sich, weil vor dem Erlass der Beson-
        deren Gebührenverordnung weitere mit intensiven Ab-
        stimmungsprozessen verbundene Rechtsakte nötig seien.
        Deshalb soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die
        Frist für das Erlassen der Besonderen Gebührenverord-
        nung im Bereich des Bundesinnenministeriums bis zum
        1. Oktober 2019 verlängert werden. Da die Besondere
        Gebührenordnung des BMI Modelcharakter für die ande-
        ren Ressorts haben soll und dieselbe Methodik zugrunde
        gelegt wird, muss die Frist für die anderen Ressorts folg-
        lich bis zum 1. Oktober 2021 verlängert werden.
        Durch die Fristverlängerung entsteht fiskalisch kein
        Nachteil, da die Gebührenerhebung weiterhin durch die
        Allgemeine Gebührenverordnung gewährleistet ist.
        Frank Tempel (DIE LINKE): Das Gesetz zur Struk-
        turreform des Gebührenrechts des Bundes von 2013 sah
        vor, dass die bisherigen gebührenrechtlichen Bestim-
        mungen am 14. August 2016 zugunsten der bis dahin
        zu erlassenden Besonderen Gebührenordnung des BMI
        außer Kraft treten sollten. Der nun vorliegende Gesetz-
        entwurf regelt im Wesentlichen, dass die Frist zum Erlass
        dieser Besonderen Gebührenordnung auf den 1. Oktober
        2019 verschoben wird. Die Frist für die gebührenrechtli-
        chen Bestimmungen im Zuständigkeitsbereich der übri-
        gen Ressorts und der Länder soll vom 14. August 2018
        auf den 1. Oktober 2021 verschoben werden. Es ist dann
        wieder einmal ein Vorhaben, das von der laufenden Wahl-
        periode in die nächste Wahlperiode verschoben wird. Der
        Plan, eine einheitliche Gebührenordnung zu erlassen und
        in die Zuständigkeit der Fachressorts zu geben, ist von
        der Fraktion Die Linke im Bundestag grundsätzlich be-
        grüßt worden. Die bisher in rund 200 Fachgesetzen und
        Verordnungen enthaltenen Gebührenregelungen in einem
        einheitlichen Gesetz zu bündeln, kann zu mehr Transpa-
        renz für Bürgerinnen und Bürger, im innerbehördlichen
        Finanzgebaren und für die Wirtschaft führen. Mit der
        Verschiebung auf 2019 bzw. 2021 bleiben die verschie-
        denen Baustellen im Bereich des Gebührenrechts also
        bestehen. Das kann man durchaus als Arbeitsverweige-
        rung seitens der Bundesregierung sehen.
        Andererseits hatte die Fraktion der Linken im Bundes-
        tag in der Debatte um das Gesetz zur Strukturreform des
        Gebührenrechts in der letzten Wahlperiode erhebliche
        Bedenken formuliert. Diese Kritik gilt es zu erneuern:
        Da wäre die Ausgestaltung der Eigenständigkeit des
        Bundes und der Länder bei der Gebührenfestsetzung zu
        nennen. Wie immer läuft es auf eine Stärkung des Wett-
        bewerbs zwischen den Ländern hinaus, eines Wettbe-
        werbs, der letztlich die reichen Länder stärkt und arme
        Länder schwächt. Reiche Länder können Gebühren mo-
        derater gestalten, zum Beispiel als indirekte Wirtschafts-
        förderung oder aus sozialen Gründen. Ärmere Länder
        werden die maximal möglichen Gebühren nehmen müs-
        sen. Sie müssen ihre klammen Kassen füllen und Vor-
        würfen bei neuen Runden des Länderfinanzausgleiches
        aus dem Weg gehen, sie hätten sich nicht um mögliche
        Einnahmen bemüht.
        Die meisten Bundesländer werden aufgrund der un-
        gerechten Finanzverteilung in Deutschland, der zumeist
        nicht vorhanden Pensionsrücklagen und der massiv
        steigenden Kosten für ausscheidende Beamtinnen und
        Beamte in den kommenden Jahren massive Haushalts-
        probleme bekommen. So ist der Verdacht nicht von der
        Hand zu weisen, dass die Entscheidungsfreiheit für die
        Länder im Wesentlichen darauf setzt, mittels Durchset-
        zung des Kostendeckungsprinzips das Gebührenaufkom-
        men insgesamt zu erhöhen, anstatt durch effizientere
        Strukturen staatliche Leistungen kostengünstiger vorhal-
        ten zu können. Vermutlich wird aber das Gegenteil der
        Fall sein: weniger Leistungen mit höheren Gebühren und
        häufigere Kostensteigerungen bzw. Gebührenerhöhun-
        gen. Die geringeren Leistungen sind schon deshalb zu
        erwarten, weil die Bundesländer in den letzten Jahren bis
        auf wenige Ausnahmen den öffentlichen Dienst personell
        ausgedünnt und auch keine Einstellungskorridore prakti-
        ziert haben, die das Ausscheiden Zehntausender Beschäf-
        tigter aus Altersgründen auffangen könnten. Ein schnell
        schrumpfender öffentlicher Dienst kann kaum gleiche
        Leistungen aufrechterhalten.
        Auch die volle Ausnutzung des Kostendeckungsprin-
        zips ist zwiespältig und kann bei falscher Anwendung be-
        denkliche soziale Folgen haben. Erst einmal ist es richtig,
        Klarheit zu den Kosten eines Verwaltungsvorganges zu
        haben. So werden zum Beispiel den Kommunen immer
        wieder Verwaltungsaufgaben überantwortet, ohne dass
        eine ausreichende Gegenfinanzierung durch die Länder
        oder den Bund gegeben ist. Mit einer exakten Kosten-
        ermittlung dürfte eine Delegation von Aufgaben ohne
        Kostenausgleich argumentativ schwierig werden. An-
        dererseits besteht die Gefahr, Kostendeckung als Legiti-
        mation unsozialer Gebühren ohne die konkrete Situation
        von Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel Behinderter, zu
        berücksichtigen.
        Weiterhin ist die Kostendeckung ein dynamischer Pro-
        zess. Die Lohnkosten steigen, auch die Kosten für Ver-
        brauchsmaterial, Strom usw. Ein ununterbrochener Pro-
        zess an Kostensteigerungen bei Gebühren müsste dann
        an die Bürgerinnen und Bürger weitergegeben werden.
        Wir schlagen vor, dass Zeiträume definiert werden, nach
        denen neue Kostensteigerungen erst möglich werden.
        Wissend, dass solch eine einheitliche Gebührenord-
        nung von Nöten ist, und bedenkend, dass viele Punkte
        des Gesetzes problematisch sind, werden wir uns bei der
        Abstimmung zur Aktualisierung des Gesetzes erneut ent-
        halten.
        Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In sei-
        ner Unterrichtung aus dem Jahr 2009 verwies der Bun-
        desrechnungshof darauf, dass das Bundesinnenminis-
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16229
        (A) (C)
        (B) (D)
        terium den Reformbedarf anerkannt habe und auf seine
        Empfehlung hin eine grundlegende Reform des Gebüh-
        renrechts vorbereite. Wer an dieser Stelle ein ungeschrie-
        benes „endlich“ mitliest, kann sich dabei zumindest auf
        die vorangegangenen Diskussionen berufen. Der Weg
        war jedenfalls bereits ein längerer, als drei Jahre später –
        im Jahr 2012 – der „Entwurf eines Gesetzes zur Struk-
        turreform des Gebührenrechts des Bundes“ vorgelegt
        worden ist.
        Doch es ist nicht nur die Länge des Weges, auf die ich
        hier hinweisen will; denn zur Rechtfertigung der durch
        den vorliegenden Antrag bezweckten Verschiebung des
        Inkrafttretens der „Besonderen Gebührenverordnung des
        Bundesministeriums des Innern“ um drei Jahre auf das
        Jahr 2019 beruft sich die Bundesregierung wiederum auf
        den Bundesrechnungshof, und ich frage mich, ob das
        ganz redlich ist. In der Begründung heißt es jedenfalls,
        die Verschiebung sei nötig, weil nach Auffassung des
        Bundesrechnungshofs auch die Gebührenerhebung der
        Bundespolizei in die Besondere Gebührenverordnung
        des Bundesinnenministeriums einbezogen werden soll;
        dafür müsse zunächst die erforderliche Rechtsgrundlage
        geschaffen werden.
        Wie kann es eine entsprechende Ergänzung rechtfer-
        tigen, ein solches Großprojekt um weitere drei Jahre zu
        verschieben? Das Ziel der Strukturreform ist schließlich
        eine Systematisierung bestehender und nicht die Schaf-
        fung neuer Gebührentatbestände. Da wäre es schon inte-
        ressant, zu erfahren, für welche Leistungen hier zukünf-
        tig Gebühren erhoben werden sollen, zumal die bisherige
        Gebührenpraxis im Bereich der Bundespolizei eher Spe-
        zialmaterien betrifft. Wir werden daher sehr aufmerksam
        beobachten, welche Ziele die Bundesregierung hier ver-
        folgt.
        Den Bundesrechnungshof in der vorliegenden Sache
        zum Befürworter einer Verschiebung der Reform zu
        erklären, finde ich aber auch deshalb kritisch, weil die
        entsprechenden Prüfungen des Rechnungshofs, auf die
        sich die Bundesregierung in ihrer Begründung bezieht,
        der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Das halte ich
        für undemokratisch. Wir brauchen eine gut informier-
        te Öffentlichkeit. Die Ergebnisse der abgeschlossenen
        Prüfungen des Rechnungshofs sollten der Öffentlichkeit
        grundsätzlich zugänglich gemacht werden.
        Aber das ist in diesem Zusammenhang nur ein Rand-
        thema. Entscheidend ist, dass die Bundesregierung ihr
        selbst gestecktes Umsetzungsziel verfehlt hat. Der vom
        Bundesrechnungshof 2009 geforderte Reformimpuls ist
        anscheinend ausgeblieben. Das ist sehr bedauerlich. Im-
        merhin geht es bei der Reform um mehr Transparenz und
        mehr materielle Gerechtigkeit. Die Bemessung von Ge-
        bühren nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und
        eine grundsätzliche Ausrichtung am Kostendeckungs-
        prinzip sind wichtig. Immerhin verschaffen die aller-
        meisten Verwaltungsleistungen den Antragstellern große
        finanzielle Vorteile. Da ist es unangemessen, wenn die-
        se geldwerten Leistungen zusätzlich aus Steuergeldern
        subventioniert werden. Ein konsistentes und lückenloses
        Gebührenrecht ist auch aus haushalterischen Gründen
        geboten. Systematische Regelungsstrukturen erleichtern
        dabei auch die Herstellung und Wahrung sozialer Ge-
        rechtigkeit. Wenn also heute eine Fristverlängerung um
        weitere drei Jahre beschlossen wird, sage ich: Nutzt die
        Zeit. Wir werden die Bundesregierung an den Ergebnis-
        sen dieser Bemühungen messen.
        Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
        Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de
        Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
        164. Sitzung
        Inhaltsverzeichnis
        TOP 3, ZP 2 Änderung des Luftverkehrsgesetzes
        TOP 4, ZP 3 Aktionsplan für gemeinnützige Wohnungswirtschaft
        TOP 5 Stärkung der beruflichen Weiterbildung
        TOP 24, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren
        TOP 25, ZP 5 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
        ZP 6 Aktuelle Stunde zu gesundheitsgefährdenden Abgasbelastungen in vielen Städten
        TOP 6 Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien
        TOP 7 Menschenrechtsschutz bei Produktion im Ausland
        TOP 8 Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen
        TOP 9 Gendergerechte und soziale Filmförderung
        TOP 10 Bundeswehreinsatz EUTM Mali
        TOP 11 Schutz des zivilgesellschaftlichen Engagements
        TOP 12 Bundeswehreinsatz EU NAVOR Atalanta vor Somalia
        TOP 13 Netzneutralität
        TOP 14 Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz
        TOP 15 Beendigung der Aids-Epidemie bis 2030
        TOP 16 Reform der Investmentbesteuerung
        TOP 17 Arzneimittelrechtliche Vorschriften
        TOP 18 Gebührenrecht des Bundes
        Anlagen
        Anlage 1
        Anlage 2
        Anlage 3
        Anlage 4
        Anlage 5
        Anlage 6
        Anlage 7
        Anlage 8