Rede von
Markus
Kurth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! 500 Milliarden Euro, das sind
100-mal die Kosten des unvollendeten Flughafens BER .
500 Milliarden Euro, das sind 23 Monatsausgaben der
gesetzlichen Rentenversicherung . 500 Milliarden Euro
würde es kosten, wenn man die Vorschläge der Linken
Karl Schiewerling
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 147 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . Dezember 2015 14531
(C)
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zur Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent umset-
zen würde .
Um dies zu finanzieren, müsste man, auch nach den eige-
nen Berechnungen von Matthias Birkwald, den Beitrags-
satz in der gesetzlichen Rentenversicherung auf 28 Pro-
zent anheben .
Ich frage Sie wirklich: Was denken Sie sich politisch?
Wo leben Sie denn?
Ich sage nicht, dass Sie falsch gerechnet haben; Sie
haben es ja vorgerechnet .
– Sie wollen mir das jetzt wahrscheinlich alles noch ein-
mal darlegen, was die 28 Prozent betrifft . Wir haben hier
ja schon mehrfach gehört, dass Sie die Riester-Beiträge
sozusagen umrechnen .
– Ja, die klassische Mathematik . – Darum möchte ich
eine Zwischenfrage an dieser Stelle nicht zulassen . Das,
was Herr Birkwald jetzt vorrechnen würde, kenne ich
nämlich schon .
Aber Politik ist nicht die Fortsetzung der Mathematik mit
anderen Mitteln . Politik ist der Kampf um gesellschaftli-
che Mehrheiten .
Eigentlich ist das, was Sie hier vorlegen, im Vergleich
zu dem, was Klaus Ernst in einem, wie ich finde, bemer-
kenswerten Artikel in der Frankfurter Rundschau jüngst
geschrieben hat, ein Rückschritt . Herr Ernst hat nämlich
geschrieben – das war das erste Mal, dass man das als
klare Analyse so lesen konnte –, die Linke müsse „runter
von der Zuschauertribüne“ . Er schrieb auch, man müsse
sich die Frage stellen, ob es sich die Linke in ihrer Bie-
dermeierwelt noch lange so kuschelig machen kann .
Ich habe das als erste vernünftige strategische Überle-
gung bewertet, wie man in diesem Parlament vielleicht
auch andere Mehrheiten herstellen kann .
Ich habe das als Bereitschaft verstanden, endlich Verant-
wortung zu übernehmen – etwas, was Sie in den ganzen
letzten Jahren, gerade in der Sozialpolitik, sehr oft nicht
getan haben .
Ihr Antrag macht genau das, was Herr Ernst in seinem
Artikel auch gefordert hat, nicht . Er eröffnet nämlich kei-
ne strategische Perspektive . Das ist schade . Sie schaden
mit diesem Antrag nicht nur sich selbst – das könnte mir
ja völlig egal sein –, sondern Sie schaden auch einer ver-
nünftigen Debatte darüber, wie man das Rentensystem
weiterentwickeln kann, und Sie machen es den Regie-
rungsfraktionen wahnsinnig leicht . Deshalb ist es ganz
einfach, Ihren Antrag abzulehnen .