Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kol-
leginnen und Kollegen! Die Alterssicherung in Deutsch-
land steht nach wie vor auf drei Säulen: auf der gesetz-
lichen Rente, auf der betrieblichen Altersvorsorge und
auf der privaten Altersvorsorge . Alle drei Säulen sind
abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung: ohne
gute wirtschaftliche Entwicklung keine stabile Alterssi-
cherung .
Vor einer Woche hat die Deutsche Rentenversicherung
Westfalen ihr 125-jähriges Jubiläum gefeiert, nicht nur in
Anwesenheit des vorhin zitierten ehemaligen Arbeitsmi-
nisters Norbert Blüm, sondern auch seines Nachfolgers
Franz Müntefering, vor allem aber mit einem vielbeachte-
ten Vortrag des Präsidenten des Deutschen Bundestages,
der auf die Entwicklung hingewiesen hat, dass natürlich
alle Altersvorsorgesysteme, auch die gesetzliche Rente,
auch die betriebliche Altersvorsorge und auch die priva-
te Altersvorsorge, von der demografischen Entwicklung
abhängen. Diese demografische Entwicklung dürfen wir
nicht ausblenden: keine Kinder, keine Zukunft oder eine
teure Zukunft – in der Phase stecken wir .
Meine Damen und Herren, auch wenn der Kollege
Birkwald jetzt dargestellt hat, wie hell der Tag wird,
nachdem so viele Menschen zuwandern, nachdem einige
Kinder mehr geboren werden, als ursprünglich gedacht,
nachdem sich offensichtlich die ein oder andere Ent-
wicklung positiv am Horizont auftut, können wir doch
auf Grundlage dieser Entwicklung im Augenblick keine
ungedeckten Schecks ausstellen und sagen: Das wird
schon alles, damit kriegen wir die rentenpolitischen Fra-
gen geklärt .
Das ist Politik der Linken: Sie stellt Schecks aus, die
nicht gedeckt sind, und man weiß nicht, wohin es geht .
Das ist nicht verlässlich . Das ist nicht vernünftig geplant .
Auch beim vorliegenden Antrag wird deutlich: Die
Linken sind mindestens auf einem Auge blind . Es geht
ihnen ausschließlich um die Frage des Rentenniveaus .
Die Deutsche Rentenversicherung hat aber verschiedene
Stellschrauben . Sie ist vor allen Dingen ein solidarisches
Sicherungssystem, das ohne diese vier Stellschrauben
letztendlich nicht auskommt, und zwar erstens die Bei-
träge, zweitens das Rentenniveau, die dritte Stellschrau-
be ist die Frage der Laufzeit von Renten und die vierte
ist der Bundeszuschuss . Alle vier Aspekte müssen im
Gleichgewicht bleiben und abgewogen werden, sonst ist
die Rente auf Dauer gesehen nicht zu finanzieren.
Meine Damen und Herren, es geht uns in der Tat im
Augenblick gut: niedrige Arbeitslosigkeit, hohe Beschäf-
tigung . Wir haben hohe Rücklagen im Bereich der Ren-
tenversicherung . Ich glaube, dass das eine gute Vorausset-
zung ist, die Zukunft vernünftig zu gestalten . Allerdings
sehe auch ich, dass mit den Ausgaben, die gerade durch
das Rentenpaket anfallen, die Rücklage abschmilzt . Des-
wegen bin ich nachdrücklich dafür, dass wir die untere
Grenze der Nachhaltigkeitsrücklage sukzessive von 0,2
auf mindestens 0,4 bis 0,5 durchschnittliche Montags-
ausgaben anheben, um genügend Liquidität für schwieri-
ge Zeiten zu haben und um nicht wieder Darlehen beim
Bund aufnehmen zu müssen .
Es geht auch um die Frage der Stabilisierung der Ren-
te; denn die Rente ist ein Generationenvertrag . Und der
Generationenvertrag kann nur erfüllt werden, wenn ihn
alle Generationen akzeptieren . Das betrifft nicht nur die
Generation der Rentnerinnen und Rentner, das betrifft
auch die Generation derjenigen, die heute einzahlen, und
die Generation, die noch gar nicht so weit ist, dass sie
einzahle müsste, aber all die Lasten für die Altersvorsor-
ge übernehmen muss, die jetzt schon aufgehäuft sind .
Ich kann nicht nur von einem Rentenniveau reden,
sondern ich muss auch zusehen, dass das ganze System
bezahlbar bleibt .
Dazu gehört auch, dass die Menschen länger fit bleiben,
dass sie länger arbeiten können . Deswegen haben wir in
der Koalition vor dem Hintergrund der demografischen
Entwicklung die Flexirente vereinbart mit einem ganz
starken Anteil an Rehabilitation und Prävention und mit
einem ganz starken Anteil an Flexibilität, damit die Men-
schen länger in Arbeit bleiben können und nicht zu früh
in Rente gehen .
Was den Nachhaltigkeitsfaktor und den Riester-Faktor
angeht, sage ich: Ja, Herr Kollege Birkwald, man kann
das so machen, wie Sie das gemacht haben: Rückwärts
rechnen, aufrechnen, was man in der Zeit an Rente alles
nicht bekommen hat; unter dem Strich steht dann eine
Summe, die einen schwindelig werden lässt . – Ich kann
aber auch sagen: Der Nachhaltigkeitsfaktor und der Ries-
ter-Faktor sind im Interesse der Generationengerechtig-
keit eingeführt worden, damit sich die jetzige und die zu-
künftige Rentnergeneration an den zukünftigen Kosten
beteiligt .
Deswegen ist das, was damals eingeführt wurde, übri-
gens unter Rot-Grün, in der Sache richtig .
Deswegen gehen wir an diese Frage nicht heran .
Im Übrigen ist der Riester-Faktor längst ausgelaufen .
Er wirkt natürlich nach .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 147 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . Dezember 201514530
(C)
(D)
Den Nachhaltigkeitsfaktor werden wir nicht aushebeln
können . Würden wir das tun, würden wir den Umstand
nicht ernst nehmen, dass, unabhängig davon, dass im Au-
genblick ein paar Kinder mehr geboren werden, dann die
beitragszahlenden Generationen eine wesentlich kleinere
Gruppe bilden als die Generation der Rentner . Wir dürfen
keine ungedeckten Schecks auf die Zukunft ausstellen .