Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
will zu Beginn an meine Vorrednerin anknüpfen und un-
terstreichen, dass sich der Parlamentarische Beirat durch-
aus als Fürsprecher dafür versteht, dass wir als Deutscher
Bundestag mit dem, was wir hier tun, Vorreiter für nach-
haltige Entwicklung sind und dass das, was wir fordern,
beispielsweise im Bereich der nachhaltigen Mobilität,
sich als Erwartung an das eigene Haus, an den eigenen
Fahrdienst richtet .
Ich will in diesem Zusammenhang auch betonen,
dass es – sicher nach langem Ringen und vielen Dis-
kussionen – gelungen ist, die Grenzwerte für die Autos
im Fahrdienst des Bundestages zu verschärfen und die-
se verschärften Grenzwerte auch einzuhalten . Der Par-
lamentarische Beirat fordert jetzt, dass hier verstärkt
Elektroautos eingesetzt werden . Nach Gesprächen mit
dem Ältestenrat vertrauen wir darauf, dass es genau so
kommt . Ich möchte diesen Ort dafür nutzen, dieser For-
derung noch einmal Nachdruck zu verleihen . Wenn wir
Elektromobilität insgesamt voranbringen wollen, dann
müssen wir selber mit diesen Autos fahren . Deshalb ist
es der richtige Weg, das hier zu betonen .
Wir sprechen heute über den Indikatorenbericht, mit
dem das Vorankommen der Nachhaltigkeitsstrategie
geprüft wird . Die Nachhaltigkeitsstrategie sind qua-
si die Zehn Gebote für eine nachhaltige Entwicklung
in Deutschland, und dieser Bericht ist die unabhängige
Überprüfung als Vorlage für das Beichtgespräch . Dabei
stellt sich die Frage: Wo kommen wir gut voran, und wo
kommen wir weniger gut voran?
Ich will zunächst einmal die internationalen Entwick-
lungen aufgreifen, die schon angesprochen worden sind .
Da kann man nun sagen, dass wir in diesem Jahr ausge-
sprochen gut vorangekommen sind . Wir haben gestern
in der Aktuellen Stunde über den Weltklimavertrag dis-
kutiert, der nach langem Ringen in Paris endlich verab-
schiedet werden konnte, ein Erfolg dieser Bundesregie-
rung .
Ich will heute verstärkt auf den Nachhaltigkeitsver-
trag, den Weltzukunftsvertrag, eingehen, der auch durch
den Einsatz der Bundesregierung mit den internationalen
Partnern im September dieses Jahres in New York ver-
abschiedet werden konnte und der einen Paradigmen-
wechsel in der internationalen Politik für Nachhaltigkeit
darstellt . 13 Jahre nach dem Umweltgipfel von Rio ist es
endlich gelungen, in diesem Jahr in beiden Bereichen,
Entwicklung und Umwelt, Verträge zu schließen und
damit einen Knopf dranzumachen . Damit wird in New
York ein Wechsel vollzogen: von den Millenniumszie-
len – damals vertrat man noch die Denkweise: das sind
Entwicklungsziele für die Entwicklungsländer; sie sollen
im Prinzip so werden wie wir, dann wird alles gut – hin
zu der Denkweise: Wir alle müssen uns entwickeln; denn
wenn die Menschen in den Entwicklungsländern mit
Ressourcen, Energie und Flächen so umgehen würden
wie wir, dann bräuchten wir zwei Planeten . Wir haben
aber nur einen, und den müssen wir gemeinsam bewah-
ren . Deshalb sind diese Verträge ein Erfolg . Sie sind aber
jetzt vor allem auch Auftrag .
Zu diesem Auftrag gehört unsere internationale Ver-
antwortung. Ich will an dieser Stelle betonen: Ich fin-
Sabine Leidig
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 147 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . Dezember 2015 14521
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de, es ist ein großer Erfolg, dass es gelungen ist, den
Etat für Entwicklungshilfe in den nächsten Jahren um
8,3 Milliarden Euro aufwachsen zu lassen . Das ist ein
ganz erheblicher Fortschritt . Wir können sagen: Wenn es
die Bundesregierungen vor uns genauso gemacht hätten
wie diese Bundesregierung, dann müssten wir uns keine
Sorgen über die Einhaltung des 0,7-Prozent-Ziels – also
0,7 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts für Entwick-
lungshilfe bereitzustellen – machen . Da haben wir jetzt
einen wichtigen Punkt gemacht .
Trotzdem müssen wir, weil das in der Vergangen-
heit eben nicht erfolgt ist, den Finger immer wieder in
die Wunde legen und sagen: Das müssen wir erreichen .
Dieses Versprechen wurde über Jahre und Jahrzehnte
von unterschiedlichen Bundesregierungen gegeben . Das
muss eingehalten werden . Dafür brauchen wir einen ganz
konkreten Stufenplan, der auch gegenüber den Partnern
in den Entwicklungsländern zeigt: Wir nehmen unsere
Verantwortung wahr, und wir lösen unsere Versprechen
ein . – Das gehört zur Glaubwürdigkeit dazu . Das müssen
wir auch tun .
In dem Bericht wird mit Blick auf die internationale
Verantwortung darauf hingewiesen, dass unser Handel
mit Entwicklungsländern stagniert . Da müssen wir vor-
ankommen . Wir brauchen Wertschöpfung in diesen Län-
dern . Nur durch diese Wertschöpfung wird es dort auch
Perspektiven geben . Nur dann werden die Menschen dort
ihre Zukunft sehen und vor Ort bleiben .
Deshalb brauchen wir Fortschritte – das betrifft das
Ressort von Gerd Müller –: Wir müssen die Transparenz
der Lieferketten engagiert angehen und uns dafür einset-
zen, dass das, was dort produziert und hier verkauft wird,
sich nicht in einer Sphäre vollzieht, in der unsere sozialen
und ökologischen Standards nicht eingehalten werden .
Das Beispiel der T-Shirts ist bereits angesprochen wor-
den . Wir haben uns im Beirat mit Kakao und Schokolade
aus nachhaltigem Anbau beschäftigt . Das, was wir hier
konsumieren, muss nachhaltig produziert werden . Dafür
tragen auch wir Verantwortung, und deshalb unterstützen
wir diese Aktivitäten .
Was das angeht, was in letzter Zeit nicht so gut ge-
laufen ist, will ich die Europäische Union ansprechen .
Wir werden den Prozess einer internationalen Nachhal-
tigkeit nur dann prägen können, wenn wir als Europäer
geschlossen auftreten . Das war bei der Konferenz in New
York der Fall . Aber die Europäische Union wollte ihre
eigene Nachhaltigkeitsstrategie einstampfen . Sie sollte
nur noch ein Unterpunkt der Strategie Europa 2020 sein .
Dazu haben wir als Beirat über alle Fraktionsgrenzen
hinweg gesagt: Das kann nicht sein .
Die Bundesregierung hat uns in Brüssel unterstützt .
Wir haben gefordert, dass die Strategie fortgeführt wird,
und nach langem Ringen und vielen Gesprächen gibt es
jetzt Anzeichen, dass die EU die Nachhaltigkeitsstrategie
fortführt .
Das ist wichtig und notwendig . Alles andere wäre auch
ein Armutszeugnis gewesen .
Zu dem, was wir in Deutschland machen, gibt es in
dem Bericht vieles, das einen optimistisch stimmen
kann . Andreas Lenz hat auf die ausgeglichenen Haushal-
te hingewiesen . Ich will hinzufügen: Dazu tragen auch
die Quote der Jugendlichen, die eine qualifizierte Aus-
bildung abschließen, die hohe Beschäftigungsquote und
die geringe Arbeitslosenquote bei . Das ist ein Beitrag
zur Generationengerechtigkeit und zur nachhaltigen Ent-
wicklung . Damit sind wir auf einem guten Weg, und den
gilt es weiter voranzuschreiten .
Ich will aber zum Schluss auch ansprechen, dass wir
Hausaufgaben haben . Ich will einige wenige Bereiche
ansprechen . Wir haben vor allem Hausaufgaben im Be-
reich der Artenvielfalt . Die Zahlen sind drastisch und
dramatisch: Arten verschwinden, und wenn eine Art erst
einmal verschwunden ist, dann kann man das nicht mehr
korrigieren; dann ist sie für immer weg . Deshalb müssen
wir jetzt konsistent über alle Ressorts und Fachbereiche
hinweg – Umwelt, Landwirtschaft, Forsten und Städte-
bau – handeln; da besteht Handlungsbedarf .
Ich will noch einen Bereich hinzufügen: Das gilt auch für
das Vorankommen des Ökolandbaus . Da sind die Öster-
reicher noch besser als wir, und wir sollten entsprechend
aufholen .
Es gibt also noch einiges zu tun . Wir werden das als
Parlamentarischer Beirat beherzt angehen . Ich will mich
zum Ende dieses Jahres bei allen Kolleginnen und Kolle-
gen für die ausgesprochen gute und konstruktive gemein-
same Arbeit an der Sache und für die Sache bedanken .
Alles Gute .