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ID1814319600

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    Plenarprotokoll 18/143 Textrahmenoptionen: 16 mm Abstand oben Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 143. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 3. Dezember 2015 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Heinz Riesenhuber . . . . . . . . . . . . 13931 A Begrüßung des Präsidenten der Knesset des Staates Israel, Herrn Yuli-Yoel Edelstein . . . 13931 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13931 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 8 und 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13931 C Tagesordnungspunkt 3: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand der Entwicklung des Tierschutzes 2015 (Tierschutzbe- richt 2015) Drucksache 18/6750 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13931 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Landwirt- schaft zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Steffi Lemke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tierschutz ernst nehmen – Tierleid ver- hindern Drucksachen 18/2616, 18/3107 . . . . . . . . . 13931 D Christian Schmidt, Bundesminister BMEL . . 13932 A Birgit Menz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 13934 B Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13935 A Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13936 B Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13938 A Dr . Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 13940 A Elfi Scho-Antwerpes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 13941 A Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13942 D Kordula Kovac (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13944 A Dr . Karin Thissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13945 D Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13946 C Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . . 13947 D Tagesordnungspunkt 4: a) Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umsetzung des Aktionsprogramms Kli- maschutz 2020 Drucksachen 18/5489, 18/6763 . . . . . . . . . 13949 C b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Klimaschutzbericht 2015 Drucksache 18/6840 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13949 D Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 13949 D Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 13951 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 13952 C Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13953 D Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) . 13955 A Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13957 B Klaus Mindrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13958 B Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13959 C Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . 13959 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015II Oliver Grundmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13960 D Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13961 D Arno Klare (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13963 B Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 13964 A Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13965 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13966 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13969 D Tagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Schutz von Menschenrechtsverteidi- gerinnen und -verteidigern weltweit ver- stärken Drucksache 18/6880 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13966 C Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13966 C Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 13968 B Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13972 B Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13973 D Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13975 B Dr . Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13976 A Dr . Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 13977 D Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 13978 C Tagesordnungspunkt 30: a) Antrag der Abgeordneten Annette Groth, Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LIN- KE: Freiheit für Leonard Peltier Drucksache 18/2622 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13980 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zur Risikoanalyse im Bevölke- rungsschutz 2013 Drucksache 18/208 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13980 C c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zur Risikoanalyse im Bevölke- rungsschutz 2014 Drucksache 18/3682 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13980 C d) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zur Verordnung über Vereinba- rungen zu abschaltbaren Lasten: Erfor- derlichkeit und Eignung abschaltbarer Lasten, um Gefährdungen oder Störun- gen der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu beseitigen Drucksache 18/6096 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13980 D Tagesordnungspunkt 31: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD: Die Alpen – Vielfalt in Europa – Ziele der Alpenkonvention voranbringen und nachhaltig gestal- ten – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Dr . Anton Hofreiter, Steffi Lemke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tourismusprotokoll der Alpenkonvention umsetzen – Win- tertourismus nachhaltig gestalten Drucksachen 18/6187, 18/4816, 18/6848 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13981 A b)–f) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 255, 256, 257, 258 und 259 zu Petitio- nen Drucksachen 18/6819, 18/6820, 18/6821, 18/6822, 18/6823 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13981 B Tagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Ver- teidigungsausschusses zu der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten: Jahresbe- richt 2014 (56. Bericht) Drucksachen 18/3750, 18/6093 . . . . . . . . . . . 13981 C Dr . Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . 13981 D Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . 13983 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 13984 D Heidtrud Henn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13986 A Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13987 D Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13988 D Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine militärische Antwort auf Terror Drucksache 18/6874 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13989 D Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13990 A Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13991 C Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . . . 13993 D Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13994 A Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13994 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 III Thomas Hitschler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13995 B Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13997 A Thomas Hitschler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13997 C Volker Mosblech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13998 A Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13999 A Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte am NATO-geführten Einsatz Reso- lute Support für die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen natio- nalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in Afghanistan Drucksache 18/6743 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14000 A Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 14000 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 14001 B Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14002 C Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 14004 A Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14004 B Dr . Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14004 C Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 14005 C Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14006 C Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14007 D Dr . Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 14008 D Tagesordnungspunkt 9: a) Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Omid Nouripour, Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan Drucksache 18/6774 . . . . . . . . . . . . . . . . . 14009 D b) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Frank Tempel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LIN- KE: Abschiebestopp und Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan Drucksache 18/6869 . . . . . . . . . . . . . . . . . 14010 A Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14010 A Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 14011 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 14013 B Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 14014 C Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 14016 B Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an der NATO-geführten Operation ACTIVE ENDEAVOUR im Mittelmeer Drucksache 18/6742 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14018 A Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 14018 A Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . . . 14019 C Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 14020 D Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14021 C Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 14022 B Tagesordnungspunkt 11: a) Antrag der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Cornelia Möhring, Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LIN- KE: Lebenssituation von Alleinerziehen- den deutlich verbessern Drucksache 18/6651 . . . . . . . . . . . . . . . . . 14023 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordne- ten Jörn Wunderlich, Halina Wawzyniak, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Alleinerziehen- de entlasten – Unterhaltsvorschuss aus- bauen Drucksachen 18/983, 18/6902 . . . . . . . . . . 14023 B Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 14023 C Gudrun Zollner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 14024 B Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14025 C Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 14026 C Ingrid Pahlmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 14028 A Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Partei- engesetzes Drucksache 18/6879 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14029 B Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 14029 C Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 14030 C Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 14031 C Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14032 D Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 14033 C Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14034 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015IV Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Kordula Schulz-Asche, Omid Nouripour, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Gewalt in Burundi stoppen – Weitere massive Menschenrechts- verletzungen verhindern Drucksache 18/6883 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14035 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14035 B Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 14035 D Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 14037 C Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14038 B Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Geset- zes über Bausparkassen Drucksachen 18/6418, 18/6680, 18/6903 . . . . 14039 D Anja Karliczek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 14039 D Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 14040 D Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 14041 D Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14043 A Alexander Radwan (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 14043 D Tagesordnungspunkt 15: a) Beratung der Antwort der Bundesregie- rung auf die Große Anfrage der Abgeord- neten Katrin Werner, Jan Korte, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Entwicklungsstand und Umsetzung des Inklusionsgebotes in der Bundesrepu- blik Deutschland Drucksachen 18/3460 (neu), 18/6533 . . . . 14045 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Corinna Rüffer, Maria Klein-Schmeink, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Empfehlungen der Vereinten Nationen zur Behindertenrechtskonvention zügig umsetzen Drucksachen 18/4813, 18/5163 . . . . . . . . . 14045 B Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 14045 B Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 14046 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14047 B Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14048 B Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 14049 C Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14050 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus Drucksachen 18/4655, 18/5581, 18/6909 . . . . 14051 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14051 C Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 14052 D Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 14053 D Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 14054 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14056 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Kraft-Wär- me-Kopplungsgesetzes Drucksachen 18/6419, 18/6746, 18/6910 . . . . 14057 D Florian Post (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14058 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 14059 B Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 14060 A Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14061 C Tagesordnungspunkt 17: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über alterna- tive Streitbeilegung in Verbraucheran- gelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeile- gung in Verbraucherangelegenheiten Drucksache 18/5089 . . . . . . . . . . . . . . . . . 14063 C – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richt- linie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucher- angelegenheiten Drucksachen 18/5295, 18/5760, 18/6904 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14063 C – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6914 . . . . . . . . . . . . . . . . . 14063 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 V Tagesordnungspunkt 18: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformge- setz) Drucksachen 18/4621, 18/6906 . . . . . . . . . . . 14064 B Tagesordnungspunkt 19: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes für sichere digitale Kom- munikation und Anwendungen im Ge- sundheitswesen Drucksachen 18/5293, 18/6012, 18/6138 Nr . 9, 18/6905 . . . . . . . . . . . . . . . 14064 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Jan Korte, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LIN- KE: Elektronische Gesundheitskarte stoppen – Patientenorientierte Alter- native entwickeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Dr . Konstantin von Notz, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Sicher ver- netzt, gut versorgt – Digitalisierung im Gesundheitswesen im Dienste der Patienten gestalten Drucksachen 18/3574, 18/6068, 18/6905 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14064 D Dr . Katja Leikert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 14064 D Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 14066 A Hermann Gröhe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 14067 A Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 14067 A Dirk Heidenblut (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14067 B Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14069 A Reiner Meier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 14070 A Tagesordnungspunkt 20: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der auf- sichts- und berufsrechtlichen Regelun- gen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorga- ben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Inte- resse (Abschlussprüferaufsichtsreform- gesetz – APAReG) Drucksachen 18/6282, 18/6907 . . . . . . . . . 14071 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6908 . . . . . . . . . . . . . . . . . 14071 B Brigitte Zypries, Parl . Staatssekretärin BMWi 14071 B Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 14071 D Dr . Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 14072 C Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14074 B Matthias Ilgen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14075 A Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset- zes zur Änderung des Telemediengesetzes Drucksache 18/6745 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14076 A Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richt- linie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften be- treffend bestimmte Organismen für gemein- same Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstel- le, die Vergütungspolitik und Sanktionen Drucksache 18/6744 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14076 B Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än- derung des Einkommensteuergesetzes zur Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts in der Seeschifffahrt Drucksache 18/6679 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14076 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14076 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 14077 A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energielei- tungsbaus (Zusatztagesordnungspunkt 3) . . . . 14077 B Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . . 14077 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015VI Albert Rupprecht (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 14078 B Dr . Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 14078 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jens Koeppen (CDU/CSU) zu der Abstim- mung über den von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neure- gelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (Zusatztagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . 14078 D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucher- angelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset- zung der Richtlinie über alternative Streit- beilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbrau- cherangelegenheiten (Tagesordnungspunkt 17) . . . . . . . . . . . . . . . . 14079 C Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 14079 C Dr . Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 14080 C Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14081 B Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 14081 D Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14082 D Ulrich Kelber, Parl . Staatssekretär BMJV . . . 14083 C Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Op- ferrechte im Strafverfahren (3 . Opferrechtsre- formgesetz) (Tagesordnungspunkt 18) . . . . . . 14084 A Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 14084 B Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 14085 B Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14086 A Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 14087 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14087 D Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Telemediengesetzes (Tagesordnungs- punkt 21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14088 D Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 14088 D Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 14089 D Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14090 B Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14091 A Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 14091 C Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14092 B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23 . Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungs- vorschriften betreffend bestimmte Organis- men für gemeinsame Anlagen in Wertpapie- ren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen (Tagesordnungspunkt 22) . . . . . . . 14094 B Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 14094 B Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14095 C Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 14096 C Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14097 C Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14098 B Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Einkom- mensteuergesetzes zur Erhöhung des Lohn- steuereinbehalts in der Seeschifffahrt (Tages- ordnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14099 B Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 14099 B Dr . Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 14099 D Dr . Birgit Malecha-Nissen (SPD) . . . . . . . . . . 14100 D Dr . Jens Zimmermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 14101 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 14102 C Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14103 C (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 13931 143. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 3. Dezember 2015 Beginn: 9 .00 Uhr
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    2) Anlage 7 3) Anlage 8 Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14077 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Behrens, Herbert DIE LINKE 03 .12 .2015 Gleicke, Iris SPD 03 .12 .2015 Grindel, Reinhard CDU/CSU 03 .12 .2015 Gunkel, Wolfgang SPD 03 .12 .2015 Högl, Dr . Eva SPD 03 .12 .2015 Jantz, Christina SPD 03 .12 .2015 Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 03 .12 .2015 Kömpel, Birgit SPD 03 .12 .2015 Krellmann, Jutta DIE LINKE 03 .12 .2015 Lagosky, Uwe CDU/CSU 03 .12 .2015 Lamers, Dr . Karl A . CDU/CSU 03 .12 .2015 Maizière, Dr . Thomas de CDU/CSU 03 .12 .2015 Nahles, Andrea SPD 03 .12 .2015 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 03 .12 .2015 Schlegel, Dr . Dorothee SPD 03 .12 .2015 Schnieder, Patrick CDU/CSU 03 .12 .2015 Schröder (Wiesbaden), Dr . Kristina CDU/CSU 03 .12 .2015 Spinrath, Norbert SPD 03 .12 .2015 Steinmeier, Dr . Frank- Walter SPD 03 .12 .2015 Wicklein, Andrea SPD 03 .12 .2015 Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zu der Abstimmung über den von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Ener- gieleitungsbaus (Zusatztagesordnungspunkt 3) Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Dem vor- liegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung kann ich nach reiflicher Abwägung des Für und Wider in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie nicht zustimmen und werde mich der Stimme enthalten . Unbestritten besteht Handlungsbedarf, um infolge der Energiewende den Ausbau der deutschen Höchstspan- nungsnetze stärker mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu synchronisieren und für diese Infrastruktur- investitionen die notwendige Akzeptanz in der Bevöl- kerung und den betroffenen Regionen zu verbessern . Daher begrüße ich es ausdrücklich, dass der geänderte Gesetzentwurf Erleichterungen für die Erdverkabelung im Gleichstrombereich und für ausgewählte Pilotpro- jekte im Drehstrombereich auf den Weg bringt, um auf diese Weise die Realisierung der Vorhaben zu beschleu- nigen, die auch angesichts des wachsenden europäischen Stromhandels geboten sind . Nicht nachvollziehen kann ich allerdings die im Ge- setzentwurf vorgesehene Festlegung auf den Netzver- knüpfungspunkt (NVP) „Cloppenburg Ost“ innerhalb des Vorhabens Nr . 6 „Conneforde – Cloppenburg – Westerkappeln; Drehstrom Nennspannung 380 kV“ des Bundesbedarfsplangesetzes (BBPIG) vom 23 . Juli 2013 . So ist weder die netztechnische Begründung für eine Offshore-Anbindung mit Konverterstationen im Raum Cloppenburg nachvollziehbar noch ist verständlich, wa- rum der Gesetzentwurf bei diesem NVP eine weitere räumliche Begrenzung auf „Cloppenburg Ost“ vorsieht . Eine solche räumliche Eingrenzung ist weder tech- nisch noch fachlich zielführend . Vor allem deshalb, weil gegenwärtig vom Träger des Vorhabens im Nachgang zur Antragskonferenz des entsprechenden Raumordnungs- verfahrens mindestens vier unterschiedliche Grobkorri- dore für eine vertiefende Untersuchung möglicher Tras- senkorridore geprüft bzw . entwickelt werden, die über 30 km auseinander liegen . Die Auffassung, dass eine Festlegung auf „Cloppenburg Ost“ die Planungen vor Ort unnötig beeinträchtigen könnte, teilt auch das Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems, das als zu- ständige Planungsbehörde das Raumordnungsverfahren für die 380 kV-Leitung verantwortet . In diesem Zusammenhang hat nicht zuletzt die nieder- sächsische Landesregierung in ihrer Stellungnahme zum 2 . Öffentlichen Konsultationsverfahren des Offshore- Netzentwicklungsplans 2014 vom 13 . Mai 2015 darauf hingewiesen, dass bei der Festlegung der NVP noch gro- ßer Prüfbedarf hinsichtlich der Standorte und der Raum- verträglichkeit besteht . Sowohl hinsichtlich der Offsho- re-Anbindungen als auch hinsichtlich des Ausbaus des Übertragungsnetzes gebe es für die in Rede stehenden Projekte bislang keine Vorfestlegungen und keine tech- nischen Erfordernisse, die nur bestimmte Lösungen zulassen würden . Grundsätzlich müsse zudem die Be- stimmung der Standorte aller NVP unter intensiver Be- teiligung der betroffenen Kommunen erfolgen . Hier ha- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514078 (A) (C) (B) (D) ben die örtlichen Städte und Gemeinden gemeinsam mit dem Landkreis Cloppenburg bereits mehrfach deutlich gemacht, dass ein solcher NVP in Cloppenburg aufgrund des Flächendrucks durch die intensive agrarstrukturelle Nutzung sowie aufgrund der für das Oldenburger Müns- terland typischen Siedlungsstruktur mit Streusiedlungen und einer weitgehend flächenhaften Bebauung mit Ein- zelhäusern im Außenbereich kaum realisierbar ist . Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass Kommunen insbesondere im Raum Cloppenburg bereits heute große Probleme haben, Flächen für neue Wohn-und Gewerbe- gebiete zu akquirieren . Aus den genannten Gründen stellt sich die Frage, wa- rum man sich für die Gleichstromeinbindung auf den NVP „Cloppenburg Ost“ derart fixiert, ohne Alternativen im Auge zu behalten, die möglicherweise eine geeigne- tere Anbindung gewährleisten . Insbesondere mit Blick auf die erhebliche Reduzierung elektrischer Transport- verluste ist meines Erachtens der niedersächsischen Lan- desregierung beizupflichten, die vorschlägt, Offshore- Netzanschlussleitungen im westlichen Niedersachsen, wo eine Vielzahl von Offshore Windpark-Projekten an- landet, als Gleichstromsysteme ohne Abzweig bis in die Lastzentren in West-und Süddeutschland weiterzuführen . Für die Erhöhung der Versorgungssicherheit ist dazu un- ter anderem der netzplanerische Ansatz, die NVP wei- ter nach Süden zu verlagern, sinnvoll . Auf diese Weise ließen sich in den kommenden 10 Jahren zusätzliche Gleichstromtrassenkorridore und damit zusätzliche öko- nomische und ökologische Belastungen vermeiden . Leider war die SPD-Bundestagsfraktion nicht zu einer Streichung oder wenigstens einer praxistauglichen Än- derung des NVP „Cloppenburg Ost“ auf „Cloppenburg“ bereit . Das bedauere ich sehr . Darüber hinaus wäre es aus meiner Sicht erforderlich gewesen, im Rahmen dieses Gesetzgebungsvorhabens Regelungen für eine Reduzierung des Flächenverbrauchs insbesondere bei der Kompensation sowie Änderungen bei der bisherigen Entschädigungspraxis der Grundei- gentümer mitaufzugreifen, da vielfach landwirtschaft- liche Flächen für den Anlagenbau der erneuerbaren Energien und den Ausbau der Stromnetze in Anspruch genommen werden . Vor allem dürfen unsere Landwirte, die beim Umbau unserer Energieversorgung eine zentrale Rolle spielen und vielfach erhebliche Investitionen in eine dezentrale Stromerzeugung getätigt haben, nicht zunehmend den Eindruck gewinnen, zu den Verlierern der Energiewen- de zu werden . Ohne Verbesserungen in diesem Bereich werden wir ansonsten beim Netzausbau den Rückhalt auf dem Land verlieren . Albert Rupprecht (CDU/CSU): Für das im Bundes- bedarfsplan genannte Vorhaben Nummer 5, die Höchst- spannungsleitung zwischen Wolmirstedt und Isar, wird im Energieleitungsausbaugesetz der Endpunk Landshut/ Isar gesetzlich festgeschrieben . Die Entscheidung für den Endpunkt Isar halte ich für falsch . Frühzeitig habe ich die gewichtigen Gegenargumente gegen den Endpunkt Isar unter anderem an den zuständi- gen Bundesminister für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel kommuniziert . Bis heute wurden meine Gegen- argumente nicht schriftlich entkräftet, weshalb ich mich weiterhin gegen den Endpunkt Isar ausspreche . Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf wird zum einen der Vorrang der Erdverkabelung beim Bau von HGÜ Leitungen festge- schrieben . Zum anderen wird der Bundesbedarfsplan novelliert, mit dem die Anfangs- und Endpunkte der energiewirtschaftlich notwendigen Vorhaben beim Netz- ausbau nach derzeitigem Stand gesetzlich festgelegt wer- den . Die Änderungen, mit denen für die Planung und den Bau von HGÜ-Leitungen ein Vorrang der Erdverkabe- lung in der Bundesfachplanung eingeführt wird, begrüße ich ausdrücklich . Die breite Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger ist ein zentrales Element für das Gelingen der Energiewende . Der verstärkte Einsatz von Erdkabeln kann dazu beitragen, die Akzeptanz für diese dringend erforderlichen Vorhaben zu stärken . Mit den im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenen Änderungen des Bundesbedarfsplangesetzes, das an den derzeit bestätigten Netzentwicklungsplan (NEP) 2024 angepasst werden soll, bin ich nicht einverstanden . Die Regierungskoalition hat sich in den Eckpunkten vom 1 . Juli 2015 darauf verständigt, für die geplanten Drehstrommaßnahmen Mecklar-Grafenrheinfeld und Altenfeld-Grafenrheinfeld Neuberechnungen vorzuneh- men . Diese Neuberechnungen sind im NEP 2024 noch nicht enthalten . Ich erwarte, dass die Eckpunkte vom l . Juli 2015 bei der Erarbeitung des Netzentwicklungs- plans 2025 konsequent umgesetzt werden . Mit dem bislang gültigen Netzentwicklungsplan wür- de Grafenrheinfeld zur Stromdrehscheibe Deutschlands . Deshalb hat die Regierungskoalition vereinbart, beim Netzausbau eine Entlastung der Region um Grafenrhein- feld zu erreichen . Dazu sollen die beiden Drehstrommaß- nahmen Mecklar Grafenrheinfeld und Altenfeld-Grafen- rheinfeld entfallen . Stattdessen sollen diese Maßnahmen in Bestandstrassen mitgeführt und neue Endpunkte für diese Stromleitungen gefunden werden . An diesem Ziel halte ich nach wie vor fest . Es darf nicht zu einer Über- lastung des Netzknotenpunktes im Raum Grafenrhein- feld kommen . Die im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltene Fest- schreibung des Vorrangs der Erdverkabelung unterstütze ich ausdrücklich . Der im Gesetzentwurf ebenfalls vor- gesehenen Änderung des Bundesbedarfsplans kann ich jedoch nicht zustimmen . Deshalb werde ich mich bei der Abstimmung zum gesamten Gesetzentwurf der Stimme enthalten . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jens Koeppen (CDU/CSU) zu der Abstimmung über den von der Bundesregie- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14079 (A) (C) (B) (D) rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgeset- zes (Zusatztagesordnungspunkt 4) Ich habe dem Gesetzesvorhaben trotz großer Beden- ken zugestimmt, weil KWK eine sehr effiziente und kli- maverträgliche Technologie ist, die weitergeführt werden muss . Zudem ist mir die dringende Notwendigkeit der Förderung von Gas-Bestandsanlagen, die sich überwie- gend im Eigentum der Stadtwerke befinden, bewusst. Die problematische Situation in diesem Bereich kann ohne veränderte Förderung auf die kommunalen Haushalte durchschlagen und somit viele notwendige Investitionen in anderen Bereichen, wie der Breitbandinfrastruktur oder der Modernisierung von Schulen und Turnhallen, unmöglich machen . Zudem ist zu befürchten, dass Anla- gen, die dazu beitragen, C02-Emmissionen zu reduzieren, vom Netz genommen werden . Dennoch halte ich einen Großteil der nun beschlos- senen Regelungen nicht für zielführend, um KWK als sichere und bezahlbare Säule für unsere Energieversor- gung zu verankern und um die industriellen Potenziale von Emissionseinsparungen durch diese Technologie zu heben . Das nun beschlossene Gesetz ist ein Ausstieg aus der ursprünglich verfolgten Technologieförderung und der Einstieg in die Förderung des fossilen Energieträgers Gas . Die Energiewende soll jedoch aus meiner Sicht das Ziel verfolgen, unsere Energieversorgung immer stärker durch erneuerbare Energieträger abzusichern, und es soll nicht der Umstieg von einem fossilen Energieträger auf einen anderen fossilen Energieträger vorangetrieben werden . Solange wir fossile Energieträger im Energie- mix benötigen, sollte die Effizienzsteigerung der Ener- gienutzung im Vordergrund unserer Bemühungen stehen und nicht eine staatliche Lenkung auf den teuren, im We- sentlichen importierten Energieträger Gas . Mit der nun erhöhten KWK-Förderung – 1,5 Milliar- den Euro pro Jahr – hätte deutlich mehr erreicht werden können . Durch die Änderungsanträge der Koalitions- fraktionen wurden Verschlechterungen des Entwurfes gegenüber der geltenden Gesetzeslage teilweise zurück- genommen . Durch die Änderungsanträge der Koalitions- fraktionen wurden Verbesserungen bei der Mini-KWK, die Verlängerung der Übergangsfrist, die Verlängerung der Gültigkeit des Gesetzes insgesamt, die Förderung von KWK in Industrieparks und auch die Aufnahme von Verordnungsermächtigungen im Bereich der Überprü- fung der Unterstützung von Kohle-KWK erreicht und damit wichtige Signale an die KWK-Branche gegeben . Das neue Gesetz bleibt jedoch weiterhin hinter der Un- terstützung für die Technologie des bisherigen Gesetzes weit zurück . Sollen die selbstgesetzten KWK-Ziele der Koalition erreicht werden, sind Nachbesserungen in naher Zukunft unumgänglich . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Fraktion der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetztes zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online- Streitbeilegung in Verbraucherangele- genheiten – des von der Bunderegierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtli- nie über alternative Streitbeilegung in Verbrau- cherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten Tagesordnungspunkt 17 Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Die erste Lesung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtli- nie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherange- legenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten war bereits am 11 . Juni 2015 . Sodann fand am 30 . September eine Sachverstän- digenanhörung statt . Sowohl durch diese Anhörung als natürlich auch durch die vielen Gespräche zu dem vorge- legten Gesetz konnten noch einige Änderungen an dem Gesetz vorgenommen werden, die das Gesetz deutlich verbessern konnten . An dieser Stelle darf ich mich für die gute Zusammen- arbeit der Berichterstatterinnen und Berichterstatter und mit dem Ministerium bedanken . Im Folgenden werde ich die wichtigsten Änderungen vorstellen . Allem voran ist hier die Schaffung einer Uni- versalschlichtungsstelle und eine diese begleitende und abschließende Evaluation zu nennen Der Referentenentwurf und der ursprüngliche Gesetz- entwurf übertrugen den Ländern die Verantwortung, ein flächendeckendes Angebot an ADR-Stellen zu gewähr- leisten, wenn sich nicht genügend freiwillige Träger fin- den . Hier war zu prüfen, ob die Schaffung einer einzigen, bundesweit zuständigen Universalschlichtungsstelle nicht personell und finanziell leichter umzusetzen wäre. Das nun gefundene Ergebnis sieht vor, dass das Bun- desministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bis zum 31 . Dezember 2019 die Arbeit einer ausgewählten Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle, die bundes- weit tätig ist, fördert . Träger dieser Verbraucherschlich- tungsstelle muss nach § VSBG ein eingetragener Verein sein . Die für die Finanzierung notwendigen Mittel wur- den bereits in den Haushalt des Bundes, wie in § 42 Ab- satz 1 VSBG vermerkt, eingestellt . Gemäß § 43 Absatz 2 VSBG wird diese Stelle, die bis zum 31 . Dezember 2019 gefördert wird, begleitend evaluiert . Hierbei wird in einem wissenschaftlichen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514080 (A) (C) (B) (D) Forschungsvorhaben die Funktionsweise dieser Allge- meinen Verbraucherschlichtungsstelle untersucht, um Erkenntnisse in Bezug auf Inanspruchnahme, Fallzahlen, Arbeitsweise, Verfahrensdauer, Erfolgsquoten, Kosten und Entgelte zu sammeln und auszuwerten . Der Abschlussbericht erfolgt dann am 31 . Dezember 2020 . Ein Zwischenbericht wird nach § 43 Absatz 3 aber be- reits am 30 . Juni 2018 vorgelegt . Dies ist für die Länder besonders wertvoll, weil diese dann bereits die ersten Er- kenntnisse frühzeitig nutzen können, um zu planen, wie sie ihrer Verantwortung, eine flächendeckendes Angebot an ADR-Stellen zu gewährleisten, nachkommen wollen . Hier sei aber noch gesondert darauf hingewiesen, dass bei der Evaluation berücksichtigt werden sollte, wie sich die in § 4 Absatz 3 VSBG enthaltene Öffnungsklausel auf die Rechtswirklichkeit auswirkt . Mit dieser Öffnungs- klausel geht das VBSG über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus . Es muss dabei untersucht werden, ob durch die Öffnungsklausel möglicherweise mittel- oder langfristig eine niedrigschwellige parallele Struktur zur bestehenden Justiz entsteht, die zudem Unternehmer und Dienstleister im Ergebnis einseitig finanziell belastet. Hinsichtlich der Gebührenlast ist keine Änderung zum ursprünglichen Entwurf vorgenommen worden . Die Verfahrensbeteiligung ist für Verbraucher grundsätzlich kostenlos . Das Gesetz regelt nun ausdrücklich die Ge- bührenerhebung bei der Universalschlichtungsstelle . Diese Regelung in § 31 VSBG verlangt zum Beispiel in § 31 Absatz 1 Nummer 1 VSBG bei Streitwerten bis ein- schließlich 100 Euro eine Gebühr von 190 Euro . Ich hätte mir an dieser Stelle eine stärkere Ausdifferenzierung vor- stellen können . Diese erste Gebühr orientiert sich allerdings an den Kosten eines durchschnittlichen Schlichtungsverfahrens . Da die Universalschlichtungsstelle ja eigentlich nur in den Ausnahmefällen, dass es keine andere Schlichtungs- stelle gibt, angerufen werden soll, soll hier keine gerin- gere Gebühr erhoben werden, weil sonst private Schlich- tungsangebote nicht wettbewerbsfähig arbeiten können . Besonders erfreulich ist, dass die Qualifizierung des Streitmittlers nach § 6 Absatz 2, 2 . Satz VSBG geändert wurde . Hier heißt es nun: „Der Streitmittler muss die Befähigung zum Richteramt besitzen oder zertifizierter Mediator sein .“ Mit der Verabschiedung des Mediationsgesetzes ha- ben wir in der vergangenen Legislaturperiode die rich- tigen Weichen gestellt, die Mediation in Deutschland zu fördern . Leider steht der Erlass der Mediationsausbil- dungsverordnung immer noch aus . Hier wird das Bun- desministerium der Justiz und für Verbraucherschutz aber sicher bald eine Lösung vorstellen . Durch die Aufnahme des zertifizierten Mediators kann nun einerseits der Prozess der Zertifizierung der Media- toren vorangebracht werden, und es gelingt uns weiter, die Mediation zu stärken und keine Parallelstrukturen herzustellen . Im Gegenteil, mit dem vorliegenden Gesetz kann nun eine Brücke zu anderen Formen der außerge- richtlichen Streitbeilegung, wie der Mediation, geschaf- fen werden . Die Regelungen zu den Informationspflichten des Unternehmers nach § 36 und § 37 VSBG treten erst am ersten Tag des 12 . auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft, sodass die Unternehmen hier noch ausreichend Zeit haben, sich auf das neue Gesetz einzustellen . Der nun vorliegende Gesetzentwurf enthält viele be- grüßenswerte Regelungen . Es ist uns gelungen, im par- lamentarischen Verfahren noch einige wichtige Verbes- serungen anzubringen, sodass nun ein ausgewogenes Gesetz zur Abstimmung vorliegt . Ich darf daher um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz werben . Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Ich erinnere mich noch, wie im März 2013, gegen Ende meiner Zeit als Europaabgeordnete, die alternative Streitbeilegung im Europäischen Parlament verabschiedet wurde . Die Diskussionen waren schwierig und zäh . Am Ende ist es aber gelungen, etwas Zukunftsweisendes für alle Ver- braucherinnen und Verbraucher in Europa auf den Weg zu bringen . Denn die Richtlinie ermöglicht eine einfa- che, schnelle, kostengünstige und zugleich effektive Art der Beilegung von rechtlichen Streitigkeiten . Und: Sie orientiert sich an der Lebenswirklichkeit, indem sie den Onlinehandel einschließt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt . Beispiele wie die USA und Kanada zeigen, dass die außergerichtliche Streitbeilegung gut funktionieren kann . Deshalb soll dieses Instrument auch allen Europä- ern offenstehen . Die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht ist damit eines der wichtigsten verbraucherschützenden Gesetzesvorhaben in dieser Legislaturperiode geworden . Es war uns daher ein besonderes Anliegen, dass wir die Umsetzung praxisnah ausgestalten und gleichzeitig auch die Wirtschaft motivieren, an dem Projekt teilzunehmen . Die Umsetzung der EU-Richtlinie verdeutlicht darüber hinaus, wie wir die Verbraucherschutzpolitik verstehen . Für uns ist das eine Politik, die nicht bevormundet oder den Verbraucher in eine bestimmte Richtung lenkt . Das Leitbild unserer Verbraucherschutzpolitik ist der Ver- braucher auf Augenhöhe . Auf Augenhöhe mit der Wirt- schaft und den Dienstleistern . Ein Verbraucher, der die Informationen erhält, um eine bewusste Entscheidung zu treffen . Wenn wir die Verbraucher befähigen, im Binnenmarkt zu agieren, und mit entsprechenden Rechten ausstatten, dann müssen sie diese Rechte auch durchsetzen können . Ein Weg ist das gerichtliche Verfahren als klassische Form der Rechtsdurchsetzung . Es gibt aber eben auch noch einen anderen Weg, nämlich den der alternativen Streitbeilegung . Für viele Verbraucher, die sich im Un- recht sehen, jedoch den klassischen Rechtsweg, vielleicht auch wegen eines relativ geringen Streitwerts, scheuen, wird die alternative Streitbeilegung eine Chance sein, zu ihrem Recht zu kommen . Bis 2019 wird die neue Univer- salschlichtungsstelle beim Bundesamt für Justiz angesie- delt sein und danach auf die Länder übergehen . Eine strittige Frage von Anfang an war die Kostenver- teilung . Obwohl vielfach gefordert wurde, dass sich die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14081 (A) (C) (B) (D) Verbraucher auch an den Kosten der Schlichtung beteili- gen müssen, sieht der vorliegende Gesetzentwurf weiter- hin vor, dass vornehmlich die Unternehmen eine Gebühr zu entrichten haben . Auch wenn dies zunächst wie eine ungerechte Lastenverteilung anmutet, so können in die- ser Regelung auch Chancen bestehen, Chancen für die Verbraucher sowie für die Unternehmen . Zum einen ist die Hemmschwelle für die Verbraucher niedriger, sich auch bei einem geringen Streitwert an die Schlichtungs- stelle zu wenden . Nur wenn die Verbraucherin oder der Verbraucher das Verfahren missbräuchlich in Anspruch genommen hat, soll sie oder er zur Kasse gebeten wer- den . Zum anderen werden die verschiedenen Branchen dadurch indirekt aufgefordert, eigene Schlichtungsstel- len einzurichten . Dies ist nichts vollkommen Neues . In vielen Berei- chen gibt es schließlich bereits entsprechende Schlich- tungsstellen . Ich denke hier zum Beispiel an die Om- budsleute, die schon heute von einigen Branchen, wie Banken, Energieversorgungsunternehmen oder Versiche- rungen, auf freiwilliger Basis eingerichtet wurden . Auch die Kammern bieten kostenfreie Schlichtungsverfahren zwischen Kammermitgliedern und den Verbrauchern an . In der letzten Legislaturperiode wurde als weitere Grundlage für die außergerichtliche Streitbeilegung das Mediationsgesetz auf den Weg gebracht . Damit sind die Grundlagen für eine schnelle Streitbeilegung in zahlrei- chen Rechtsbereichen gelegt . Die alternative Streitbeile- gung ist damit ein Fortschritt – für die Verbraucher und die Wirtschaft . Dennis Rohde (SPD): Mit der Umsetzung der Richt- linie zur alternativen Streitbeilegung für Verbrauche- rinnen und Verbraucher sorgen wir dafür, dass jede und jeder in Deutschland künftig Zugang zu einem außerge- richtlichen Schlichtungsverfahren haben wird, statt den Rechtsweg einschlagen zu müssen . Wir erkennen damit an, dass in Verbraucherangelegenheiten oft der Weg der Aussprache und Einigung der richtige sein kann, nicht nur die Konfrontation vor Gericht . Und wir entlasten so zugleich unsere Gerichtsbarkeit . Der vorliegende Änderungsantrag der Koalitionsfrak- tionen schreibt die großen Linien des Gesetzentwurfes nicht neu, aber er enthält mehrere sinnvolle verbraucher- freundliche Verbesserungen, mit denen wir ein auch in seinen Feinheiten besser abgestimmtes Gesetz verab- schieden . Entscheidend für den Erfolg der Schlichtung wird auch weiterhin sein, dass die Menschen sich darauf ver- lassen können, an einem geordneten, sicheren und sach- kundig geleiteten Prozess teilzunehmen . Wir sind darum der Meinung, dass die Qualifikation der Streitmittler höchsten Ansprüchen genügen muss . Deswegen sorgen wir nun per Änderungsantrag dafür, dass Streitmittler die Befähigung zum Richteramt besitzen oder zertifi- zierte Mediatoren sein müssen . So stärken wir das Ver- trauen der Verbraucherinnen und Verbraucher darin, dass Schiedssprüche fachkundig und rechtlich einwandfrei sind . Zudem tragen wir einem Anliegen des Bundesrates Rechnung, in § 14 des neu zu schaffenden Verbraucher- streitbeilegungsgesetzes (VSBG) klar zu regeln, dass die Einreichung eines Schlichtungsantrags nicht auf Umwegen die Verjährung bestehender Rechtsansprüche zur Folge haben kann . Die Regelung des Regierungs- entwurfes hätte hier einen dahingehenden Fehlanreiz setzen können, dass Unternehmen auf Forderungen der Verbraucher nicht reagieren und so die Verjährungsfrist ablaufen „lassen“ . Unser Ziel war jedoch von Anfang an, dass die Schlichtung eine Ergänzung zum Gang vor Ge- richt ist, nicht jedoch in Konkurrenz zu diesem steht oder gar Menschen daran hindern darf, ihre Rechte einzukla- gen . Die Neuregelung ist daher sowohl sinnvoll als auch verbraucherschützend . Zuletzt möchte ich kurz auf die Unabhängigkeit des Streitmittlers eingehen . Nach wie vor wollen wir eine unparteiische Schlichtung sicherstellen, indem Personen, die für Unternehmer- oder Verbraucherverbände tätig gewesen sind, eine Karenzzeit von drei Jahren einlegen müssen, ehe sie Streitmittler werden dürfen . Nun exis- tieren jedoch bereits Schlichtungsstellen, für die diese Regelung ein Problem darstellt, da ihre Streitmittler eben für solche Arbeitgeber tätig gewesen sind – oftmals geht es hier um Schlichtungsstellen, die von Wirtschaft und Verbraucherverbänden gemeinsam betrieben werden . Wir stellen nun klar, dass diese Karenzzeitregelung nicht greift, wenn man bisher ebenfalls als Streitmittler – auch für Unternehmen oder Verbraucherverbände – tätig ge- wesen ist . So sorgen wir dafür, dass existierende sach- kundige Streitmittler nicht außen vor gelassen, sondern bestehende Einrichtungen geschützt und die Schlichtung so gefördert wird . Es war gerade in der Abstimmung zwischen Bund und Ländern kein ganz leichter Weg zur Umsetzung der ADR-Richtlinie . Ich bin jedoch überzeugt, dass das Er- gebnis sich sehen lassen kann . Ein gewährleisteter Zu- gang zur Verbraucherschlichtung für alle – das wird der Erfolg dieses Gesetzes sein . Aufgabe des Gesetzgebers ist nun, die weitere Entwicklung der Schlichtungskultur in Deutschland aufmerksam zu verfolgen und wo nötig gestaltend zu unterstützen . Caren Lay (DIE LINKE): Kennen Sie das nicht – ner- vige Briefwechsel und Telefonate mit Unternehmen zum Beispiel wegen einer nicht nachvollziehbaren Rechnung für eine Gratis-App, wegen ungewollter versteckter Ver- träge oder so hoher Abrechnungen? Nicht selten gibt man irgendwann auf, und das Unternehmen behält Recht? Die Erfahrung zeigt dann, dass viele Verbraucherin- nen und Verbraucher gerichtliche Auseinandersetzungen scheuen . Denn eine gerichtliche Klage kostet Zeit, Ner- ven und auch Geld . Darauf spekulieren Unternehmen . Nicht selten wird sogar mit Angriff auf Beschwerden reagiert, wenn Kundinnen und Kunden beispielsweise Geld einbehalten . Dann wird anstatt mit Kooperation mit einschüchternden Inkasso-Briefen reagiert . Durch die Schlichtung könnte es hier bald zu Verbesserungen kommen . Sie ist kostenfrei und kann schnell zum Erfolg führen . Daher unterstützt Die Linke die Idee der Streit- schlichtung . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514082 (A) (C) (B) (D) In Deutschland haben sich in den vergangenen Jah- ren zahlreiche branchenbezogene Schlichtungsstellen und Ombudseinrichtungen entwickelt . Die bekannteste ist wohl die der Fahrgastbranche – Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr (SÖP) . Wenn die Flugge- sellschaft die Entschädigung für den ausgefallenen Flug verweigert oder die Eisenbahngesellschaft den Gutschein nicht anerkennt, kann man sich hierhin wenden . Bekannt sind außerdem der Versicherungsombudsmann, die Schlichtungsstelle Energie oder die Schlichtungsstelle Telekommunikation bei der Bundesnetzagentur . Der Gesetzentwurf der Koalition sieht nunmehr vor, dass es für alle Branchen Schlichtungsstellen geben soll . Doch wie so oft: Die Bundesregierung ist hier nicht selbst aktiv geworden, sondern hat auf eine Verpflichtung durch die EU gewartet . So wichtig die Stärkung der Schlichtung auch ist, der Gesetzentwurf hat einen entscheidenden Konstruktions- fehler: Die Teilnahme an der Schlichtung ist für die Un- ternehmen freiwillig, und sie sind nicht an den Schlich- tungsvorschlag gebunden . Ein Berichterstattergespräch hat ergeben, dass eine verpflichtende Teilnahme der Un- ternehmer die einfache und damit beste Lösung ist . Die Energieschlichtung zeigt: Vor allem die unseriösen Un- ternehmen wehren sich mit Händen und Füßen gegen die Schlichtung . Das EU-Recht schreibt Freiwilligkeit nur für die Verbraucherseite vor, nicht aber für die Unterneh- merseite . Aber wie so oft fehlt der Regierung der Mumm, die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Dabei zeigt die Verbraucherpolitik seit vielen Jahren, dass freiwillige Selbstverpflichtungen nicht helfen. Denn einer freiwilligen Schlichtung werden sich vor allem unseriöse Unternehmen entziehen . Aber gerade bei diesen gibt es besondere viele Beschwerden . Aber auch die „großen“ Unternehmen machen gern einen großen Bogen um die Verbraucherstreitschlichtung . Beispiel: So ist die Lufthansa vor zwei Jahren nicht ganz freiwillig der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenver- kehr (SÖP) beigetreten . Jahre wurde vergeblich darum gerungen, dass sich die großen Airlines für Vermittlungs- verfahren in der SÖP öffnen . Sie haben erst mitgemacht, nachdem gesetzlich festgelegt wurde, dass für Flugge- sellschaften, die sich keiner privat organisierten Stelle anschließen wollen, das Bundesamt für Justiz als staatli- cher Schlichter verpflichtend zuständig ist. Hier hatte die Koalition also noch reichlich Luft für Verbesserungen . Denn Die Linke will nicht nur eine gute Idee, sondern auch wirksame Gesetze . Das würde auch den privaten Schlichtungsstellen dienen, schließlich müssen die sich selber finanzieren. Kritisch bewertet Die Linke, dass die Bundesre- gierung durch ihren Gesetzentwurf in der Zukunft mit 100 Schlichtungsstellen deutschlandweit rechnet . Das sind zu viele . Die Linke hätte sich hier eine Beschrän- kung auf wenige große Stellen gewünscht . Erfahrungen in Großbritannien, Schweden und Österreich zeigen, dass das die Wahrnehmung und Auffindbarkeit für Ver- braucherinnen und Verbraucher erleichtert . Österreich, zum Beispiel, richtet acht branchenbezogene und eine Auffangschlichtungsstelle ein . Denn vielen Verbrauche- rinnen und Verbrauchern sowie Unternehmen sind die bereits jetzt in Deutschland bestehenden Schlichtungs- stellen und diese Art der Streitschlichtung unbekannt . Die Linke begrüßt, dass nunmehr der Bund die An- erkennung privater Schlichtungsstellen übernimmt . Ur- sprünglich sollten das die Länder machen . Das hätte zu unterschiedlichen Standards, zu Rechtszersplitterung und damit zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt . Und es wäre bei bundesweit tätigen Schlichtungsstellen unvernünftig gewesen . Neben den privaten Schlichtungsstellen muss in je- dem Land eine Universalschlichtungsstelle in Form einer Behörde eingerichtet werden . Der Bundesrat for- derte jedoch eine zentrale Anlaufstelle beim Bund . Nur so könne Fachwissen gebündelt und den Unternehmen auf Augenhöhe begegnet werden . Diese sogenannte Auf- fangschlichtungsstelle arbeitet branchenübergreifend und muss jede Schlichtung bearbeiten, für die es keine private Schlichtungsstelle gibt . Das Bundesverbraucher- ministerium hat das abgelehnt . Die Länder bleiben zu- ständig . Aber der Bund fördert zumindest bis Ende 2019 eine Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle . Das unterstützen wir . Völlig ungewiss bleibt jedoch, wie es danach weitergeht . Die Linke ist der Meinung, dass die Auffangschlichtung durch den Bund erfolgen sollte, wie es bereits im Luftverkehr geregelt ist . Der Bund könnte eine Universalschlichtungsstelle mit einem bedarfsge- recht ausgestalteten flächendeckenden Filialnetz betrei- ben, wie es der Normenkontrollrat vorschlug . Dem kann sich Die Linke anschließen . Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit den Gesetzentwürfen zur Verbraucherstreitschlichtung wird – nach vielen Jahren der Diskussion – nunmehr eine Lücke zwischen dem unternehmenseigenen Beschwer- demanagement und Gerichtsverfahren geschlossen . Nach meiner Meinung und nach Meinung der Bun- destagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen bietet das Instru- ment der Schlichtung Vorteile für die Verbraucherinnen und Verbraucher: Schlichtung kann die Durchsetzung von Verbraucherrechten verbessern, indem sie die Lücke zwischen unternehmenseigenen Beschwerdemanage- ment und Gerichtsverfahren füllt . Verbraucherinnen und Verbraucher scheuen häufig Gerichtsverfahren für kleine Beträge . Selbst dann, wenn diese Beträge ihnen viel wert sind . Und selbst dann, wenn gute Aussichten bestehen zu obsiegen . Doch die Belas- tung eines Zivilverfahrens, der Kontakt mit dem Gericht oder einer Anwältin bzw . einem Anwalt, die – meist un- begründete – Sorge vor ausufernden Verfahrenskosten, all dies hält viele Verbraucherinnen und Verbraucher da- von ab, den Zivilrechtsweg zu beschreiten . Wir sprechen da vom „rationalen Desinteresse“ . Unternehmen kalkulieren dies zuweilen ein . Für diese Gruppe Verbraucherinnen und Verbraucher bietet die Schlichtung eine Chance . Schlichtungen können zügig abgewickelt werden und sind mit keinen oder sehr gerin- gen Kosten verbunden . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14083 (A) (C) (B) (D) Der Gesetzentwurf der Bundesregierung geht in die richtige Richtung, weist aber auch erhebliche Mängel auf . Die wichtigsten sind diese beiden: Erstens ist durch die im Gesetzentwurf vorgesehene freiwillige Beteili- gung von Unternehmen fraglich, ob das Gesetz tatsäch- lich das intendierte Ziel erreichen wird, dass sich mehr Unternehmen einer Schlichtungsstelle anschließen und dadurch Verbraucherinnen und Verbraucher einen bes- seren Zugang zu Schlichtungsverfahren erhalten . Zwei- tens wären branchenspezialisierte Schlichtungsstellen zielführender statt der im Gesetzentwurf vorgesehenen Universalschlichtungsstellen auf Länderebene . Mit dem Änderungsantrag der Koalition wird es nun zwar für die ersten Jahre, bis Ende 2019, eine bundesweite Univer- salschlichtungsstelle in Form eines Forschungsprojekts geben – doch damit ist nicht sichergestellt, dass auch nach 2019 noch eine bundesweite Stelle existiert . Denn die Zuständigkeit für die Universalschlichtungsstellen bleibt in dem Gesetz weiterhin bei den Ländern . Wir von Bündnis 90/Die Grünen haben in einem eige- nen Entschließungsantrag aufgezeigt, wie eine tatsächli- che Stärkung der außergerichtlichen Streitbeilegung aus- sehen muss . Wir wollen erstens eine Verbindlichkeit für Unternehmen: Unternehmen können sich einer Schlich- tungsstelle ihrer Wahl anschließen oder werden von einer Auffangschlichtungsstelle erfasst . Diese Regelung hat im Bereich des Flugverkehrs dazu geführt, dass wir mittler- weile eine von allen Seiten akzeptierte Schlichtungsstelle für diese gesamte Branche haben . Deswegen sollte man diese Regelung auch auf andere Branchen übertragen . Zweitens wollen wir die Einrichtung einer bundesweiten Universalschlichtungsstelle: Die bis 2019 im Rahmen eines Forschungsprojekts eingerichtete Allgemeine Ver- braucherschlichtungsstelle ist nicht ausreichend, da sie nicht sicherstellt, dass auch nach 2019 eine bundesweite Universalschlichtungsstelle existiert . Drittens machen wir uns Gedanken über die Qualifi- kation der Streitmittler: Hier hat die Koalition zum Glück nach der Anhörung im Ausschuss nachgebessert . Es ist wichtig, dass Streitmittlerinnen und Streitmittler über die Befähigung zum Richteramt und über kommunikative Fähigkeiten verfügen, die gerade bei außergerichtlichen Verfahren zentrale Fähigkeiten sind . Und auch bei un- serer vierten Forderung bezüglich der Freiwilligkeit und Gebührenfreiheit hat die Koalition nachgebessert und da- für gesorgt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nicht durch AGB dazu gezwungen werden können, zuerst ein Streitbeilegungsverfahren durchzuführen, bevor sie vor Gericht gehen können . Aber ebenso muss auch sicherge- stellt werden, dass über eine Rechtsschutzversicherung kein Zwang zur Teilnahme an einer Schlichtung besteht . Fünftens wollen wir die Beteiligung von Verbraucherver- bänden stärken: Wesentliche strukturelle Entscheidungen sollten nur mit Zustimmung des Verbraucherverbandes getroffen werden dürfen, zum Beispiel die Bestellung des Streitmittlers . Sechstens wollen wir mehr Transparenz schaffen und die Rechtsfortbildung sicherstellen . Hierfür sollte eine Datenbank eingerichtet werden, in der Fälle anonymisiert eingestellt und zugänglich gemacht wer- den . Zudem wollen wir eine Musterverfahrensordnung und eine Evaluation des Gesetzes, außerdem Regelungen für bestimmte Branchen: Verbesserungen bei den Anfor- derungen an Schlichtung im Finanzbereich, Regelung für Telekommunikationsunternehmen und Prüfungen, wie Schlichtung auch für Wohneigentümergemeinschaften ermöglicht werden kann . Wie gesagt: Es geht in die richtige Richtung . Aber: Dem Gesamt–Gesetzentwurf stimmen wir aufgrund der oben genannten Kritikpunkte nicht zu, sondern enthalten uns . Ulrich Kelber, Parl . Staatssekretär beim Bundesmi- nister der Justiz und für Verbraucherschutz: Bei dem Gesetzentwurf zur Verbraucherschlichtung geht es um Gerechtigkeit im Alltag . Es geht um die faire Lösung von Konflikten bei den zahlreichen Verträgen, die Ver- braucherinnen und Verbraucher täglich schließen . Dieses wichtige Gesetz wird für die Verbraucher und für die Wirtschaft insgesamt große praktische Bedeutung und großen Nutzen haben . Verbraucher werden künftig ihre vertraglichen An- sprüche ohne Kostenrisiko bei einer Verbraucherschlich- tungsstelle geltend machen können . Unternehmer können durch ihre Teilnahme an Ver- braucherschlichtung ihren Service verbessern, Kunden erhalten und sich positiv von der Konkurrenz abheben . Zugleich differenzieren wir die Möglichkeiten zur Lö- sung von Streitigkeiten über vertragliche Ansprüche wei- ter aus: ein Beitrag zu einer differenzierten Streitkultur und zur Stärkung alternativer Konfliktlösung. Das Gesetz wurde mit großem Engagement und durchaus auch kontrovers diskutiert . Das Ergebnis ist ein ausgewogener und guter Kompromiss, den die Praxis nun mit Leben erfüllen muss . Künftig wird es ein flächendeckendes Netz von Ver- braucherschlichtungsstellen geben, die den Anforderun- gen der Richtlinie entsprechen . Jeder Verbraucher kann bei Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen künftig eine Verbraucherschlichtungsstelle anrufen . Schlichtung ist erfolgreich, wenn sie durch Qualität überzeugt . Beide Seiten müssen Vertrauen in das Verfah- ren haben . Daher setzt der Entwurf einerseits auf Fortent- wicklung des in Deutschland erprobten Systems privat organisierter, branchenspezifischer Verbraucherschlich- tungsstellen . Andererseits stellt der Gesetzentwurf hohe Anforde- rungen an die Ausgestaltung dieser Verbraucherschlich- tungsstellen . Die Streitmittler, die für die Unabhängig- keit und Neutralität der Schlichtungsstelle verantwortlich sind, müssen hohe Qualitätsanforderungen erfüllen . Die Anerkennungsbehörden werden auf die Einhaltung der gesetzlich festgelegten Anforderungen achten . Der Aufbau der Verbraucherschlichtung ist eine Aufga- be für die Zukunft . Das heute vorliegende Gesetz schafft dafür den gesetzlichen Rahmen . Zu den Herausforde- rungen gehört es, flächendeckend Verbraucherschlich- tungsstellen vorzuhalten . Daher haben die Länder die Aufgabe, etwaige Lücken im Schlichtungsangebot Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514084 (A) (C) (B) (D) durch die Gründung von Universalschlichtungsstellen zu schließen . Diese können angerufen werden, wenn kei- ne andere zuständige Verbraucherschlichtungsstelle zur Verfügung steht . Zunächst wird aber das BMJV in einem Forschungs- projekt von 2016 bis 2019 eine privat organisierte Allge- meine Verbraucherschlichtungsstelle fördern . Denn wir wissen heute noch nicht genau, wie viele Anträge es ge- ben wird und wie sich die Gründung von branchenspezi- fischen Verbraucherschlichtungsstellen entwickelt. Es ist daher gut, zunächst in einem Pilotprojekt zu erkunden, wie sich die Arbeit einer solchen „allgemeinen Verbrau- cherschlichtungsstelle“ gestaltet . Positiver Nebeneffekt ist, dass die Länder zunächst von der Einrichtung von Universalschlichtungsstellen absehen können und mehr Zeit und bessere Entschei- dungsgrundlagen haben werden, um über ihr weiteres Vorgehen bei der Erfüllung ihrer neuen Aufgabe zu ent- scheiden . Alles in allem wird das Gesetz einen wirklichen und ganz konkreten und praktischen Mehrwert für das täg- liche Leben der Bürgerinnen und Bürger bringen . Ich hoffe, dass es breite Unterstützung findet, nicht nur im Parlament, sondern auch in der praktischen Anwendung . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opfer- rechtsreformgesetz) (Tagesordnungspunkt 18) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Die erste Le- sung zum Gesetzentwurf zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren war bereits am 23 . April 2015 . Heute können wir dieses Gesetz nun mit einigen wichtigen Än- derungen zum ersten Entwurf verabschieden . Hierbei darf ich zunächst die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken . Mein Dank gilt hier besonders dem Weißen Ring, der durch sein Engagement das Rechts- setzungsverfahren begleitet hat . Den Sachverständigen, die den parlamentarischen Prozess mit ihren Erkenntnis- sen reifen ließen, unter anderen Frau Professor Dr . Rita Haverkamp, Herrn Dr . Olaf Witt und vor allem Frau Roswitha Müller-Piepenkötter, darf ich meine Dankbar- keit aussprechen . Schließlich darf ich mich für die gute Zusammenarbeit zwischen den Berichterstattern und dem Ministerium bedanken, die nun auch in einem aus- gewogenen Gesetz gemündet ist . Im Folgenden will ich mich vor allem auf die Ände- rungen konzentrieren, die seit der ersten Lesung an dem Gesetzentwurf erfolgt sind . Diesen Änderungen gingen mehrere Gespräch und die Anhörung der Sachverständi- gen am 17 . Juni 2015 voraus . Rein formal ist die größte Änderung darin zu sehen, dass die Ausgestaltung der psychosozialen Prozessbe- gleitung nach § 406 g StPO nun in einem gesonderten Gesetz, dem Gesetz über die psychosoziale Prozessbe- gleitung im Strafverfahren (PsychPbG), geregelt ist . Weiter wurde das Kostenverzeichnis im Gerichtskos- tengesetz – wie vom Bundesrat vorgeschlagen – ange- passt . Der Resozialisierungsgedanke rechtfertigte es nicht, dass selbst vermögende Täter von vornherein nur mit einem Teil der Kosten der Prozessbegleitung belastet werden . Für die übrigen Täter besteht natürlich grund- sätzlich die Möglichkeit der Stundung, Ratenzahlung, Niederschlagung oder des Erlasses . Die gesetzliche Darlegung der Aufgaben und Funkti- onen der verschiedenen Beistände erfolgt nun in einem Opfermerkblatt . Das ist wichtig, um den Verletzten früh- zeitig und umfassend zu informieren . Da verschiedene Personen zur Unterstützung besonders schutzbedürftiger Verletzter vor, während und nach dem Hauptverfahren mit unterschiedlichen Funktionen in der StPO vorgese- hen sind, ist hier eine überschaubare Regelung zum be- gleitenden Personenkreis mit seinen jeweiligen Zustän- digkeiten, aber auch mit seinen Rechten und Pflichten wichtig . Auch der bereits diskutierte § 48 StPO-E wurde geän- dert . § 48 Absatz 3 Satz 4 StPO-E wurde gestrichen . Bei § 48 Absatz 3 StPO-E handelt es sich um eine zentrale Einstiegsnorm für die Feststellung, ob ein Verletzter be- sonders schutzbedürftig ist oder nicht . Bei dieser Prüfung sind sämtliche Kriterien heranzuziehen, aus denen sich eine besondere Schutzbedürftigkeit ergeben kann . Das kann auch die Einschätzung einer Opferhilfeeinrichtung sein . Um die Vorschriften der StPO weiterhin übersicht- lich und schlank zu halten, kann aufgrund des lediglich klarstellenden Charakters des Satzes 4 auf dessen Anfü- gung in § 48 Absatz 3 StPO-E verzichtet werden . Dies führt die Begründung nun aus . Leider gelang es nicht, legal zu definieren, wer Ver- letzter im Sinne der StPO ist . Der Begriff ist durch die Rechtsprechung aber bereits ausreichend und umfas- send definiert. Hierauf kann auch an dieser Stelle ver- wiesen werden . Insbesondere für die Fälle, die § 48 Absatz 3 StPO-E und auch die Opferschutzrichtlinie im Blick haben, ist die Frage, wer Verletzter ist, nicht pro- blematisch . Die Opferschutzrichtlinie stellt in ihrer Begriffsbe- stimmung auf natürliche Personen ab . § 48 Absatz 3 StPO-E stellt auf besonders schutzbe- dürftige Verletzte ab . Das sind Personen, die von schwe- ren Straftaten, zum Beispiel schweren Gewalt- oder Se- xualdelikten – ihre tatsächliche Begehung unterstellt –, unmittelbar in ihren Rechtsgütern – zum Beispiel kör- perliche Integrität – betroffen sind . Diese Personen sind „Verletzte“ . Unproblematisch sind auch die Fälle, in denen der Gesetzgeber bereits eine bewusste Entscheidung wie bei der Nebenklagebefugnis gemäß § 395 StPO getroffen hat . Wer nebenklagebefugt ist, ist Verletzter im Sinne der StPO . Daher gehören auch die Angehörigen gemäß § 395 Absatz 2 Nummer 1 StPO zu den Verletzten . Das sind die Kinder, Eltern, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspart- ner des durch eine rechtswidrige Tat Getöteten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14085 (A) (C) (B) (D) Die Regelung des § 9 PsychPbG wurde in der Begrün- dung konkretisiert . § 9 PsychPbG regelt das Erlöschen des Anspruchs . Das Gesetz legt fest, dass 15 Monate nach der Einstellung der Vergütungsanspruch erlischt . Die Be- gründung präzisiert dann noch weiter: Wird ein Verfah- ren in zwei Etappen eingestellt, wie bei § 153 a StPO, so kommt es für die Frage des Zeitpunkts, ab wann die Frist des § 9 zu laufen beginnt, nicht auf die vorläufige, sondern auf die endgültige Einstellung des Verfahrens an . Hintergrund ist der, dass der Anspruch auf Vergütung nach nicht unerheblicher, aber doch auch angemessener Zeit erlöschen soll . Schließlich konnte man sich noch darauf verstän- digen, dass in § 11 PsychPbG eine Übergangsregelung eingeführt wird, um es Personen, die bereits eine von einem Land anerkannte Aus- oder Weiterbildung im Sin- ne dieses Gesetzes begonnen, aber noch nicht beendet haben, bis zum 31 . Juli 2017 zu ermöglichen, psycho- soziale Prozessbegleitung vorzunehmen . Erst ab diesem Zeitpunkt dürfen nur noch Personen mit abgeschlossener Ausbildung die Begleitung vornehmen . Hiermit habe ich die wichtigsten Änderungen, die seit der ersten Lesung des Gesetzes vorgenommen wurden, dargestellt . Hieran freut auch, dass viele Regelungen auch im Sinne der Länder und der sachkundigen Verbän- de geändert werden konnten . Entscheidend ist aber, dass wir ein Gesetz mit Blick auf die Opfer geschaffen haben . Das heute vorliegende Gesetz stellt nun eine ausge- wogene Regelung dar, die die Rechte der Opfer im Straf- verfahren angemessen stärkt und dabei gleichzeitig der Systematik des Strafverfahrens Rechnung trägt . Ich darf daher um Ihre breite Zustimmung werben . Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Ein Strafprozess richtet sich ist in erster Linie an den Angeklagten . Es gilt, den Sachverhalt festzustellen und straferschweren- de oder strafmildernde Umstände herauszuarbeiten . Am Ende hat das Gericht ein gerechtes Urteil zu sprechen . Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bildet für einen Angeklagten meist eine Zäsur für das ganze Leben . Jedoch darf es nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch ein Opfer einer schweren Straftat während eines Strafverfahrens großen Belastungen ausgesetzt ist . Be- reits die Entscheidung, eine Strafanzeige zu stellen, birgt einen schweren Gewissenskonflikt. Das erlittene Unrecht und die anschließende Durchführung eines Strafverfah- rens stellen für das Opfer eine viel größere Zäsur im Le- ben dar . Der Staat hat die Pflicht, den Täter zu bestrafen und die Strafe zu vollstrecken . Der Staat hat aber auch die Pflicht, sich vor die Opfer zu stellen. Die Schutzpflicht erstreckt sich auf die Gewährung bestmöglicher Hilfe . Die Belange der Opfer sind von der Erstattung der Straf- anzeige bis zur rechtskräftigen Verurteilung des Täters zu sichern . Dieser Schutzpflicht ist der Staat bereits in weitem Maße nachgekommen . Die Nebenklage verschafft den Opfern eine eigene Po- sition in einem Strafprozess . Für die Durchsetzung der Opferbelange besteht der Anspruch auf einen Rechtsan- walt . Als Verfahrensbeteiligter wirkt der Nebenkläger mit einem eigenen Antragsrecht an der Urteilsfindung mit. Nicht zuletzt zeigt die Tatsache, dass wir das dritte Opferrechtsreformgesetz behandeln, dass der parlamen- tarische Gesetzgeber bereits große Bemühungen unter- nommen hat, die Rechte der Opfer von schweren Straf- taten zu erweitern . Der heute zu behandelnde Gesetzentwurf geht noch einen weiteren Schritt . Es handelt sich um Vorgaben aus einer Richtlinie der Europäischen Union, die in allen 28 Mitgliedstaaten umzusetzen sind . Dies ist ein alltäglicher Vorgang, und dennoch sollten wir es uns nochmals vor Augen führen: In jedem Mitgliedstaat gilt das gleiche Schutzniveau für Opfer von Straftaten . Die Unterstützung und Hilfe, die von der deutschen Justiz gewährt wird, kann an jedem Ort innerhalb der Europäischen Union eingefordert wer- den . Ausländische Opfer sind im Besonderen über die Rechte in einer ihnen verständlichen Sprache zu infor- mieren . Inhaltlich werden die Schutzpflichten des Staates zugunsten der Opfer erweitert . Ob es um Maßnahmen der psychosozialen Prozessbegleitung oder besondere Rücksichtnahmepflichten für Zeugen in der Hauptver- handlung geht, dies sind alles Maßnahmen, um weitere Belastungen für die Opfer zu vermeiden . Der Staat ist es den Opfern schuldig, ihnen eine möglichst große Hilfe- stellung zukommen zu lassen . Es ist schlimm genug, dass eine Straftat gegen sie begangen wurde . Der Staat verpflichtet sich auch zu weiter gehenden Informationspflichten. Die Rechte der Opfer sind diesen auch bekannt zu machen . Es sind grundsätzliche Infor- mationen über das Recht zur Strafanzeige und zum Straf- antrag zu geben . Die Hilfestellung erstreckt sich aber auch auf die Unterrichtung über Möglichkeiten der ver- mögensrechtlichen Entschädigung oder die Durchfüh- rung eines Täter-Opfer-Ausgleichs . In § 158 Strafprozessordnung soll künftig stehen: „Dem Verletzten ist auf Antrag der Eingang seiner Anzei- ge schriftlich zu bestätigen .“ Die Vorschrift zum Nach- weis für eine gestellte Anzeige steht am Anfang eines Ermittlungsverfahrens . Ich denke, dass wir auch einen Blick auf das Ende werfen sollten . Es seien mir folgende Überlegungen er- laubt: Zum Glück kann vielen Opfern schwerer Gewalttaten die Aussage vor Gericht erspart werden, und nicht jedes Opfer entscheidet sich für den Weg der Nebenklage . In diesen Fällen ist aber nicht sichergestellt, dass diese auch vom Urteil Kenntnis erlangen . Ich denke, dass die Informationspflichten sich auch auf den Ausgang eines Strafverfahrens erstrecken sollten . Durch ein Antragsrecht wird den Opfern ein vereinfach- tes Verfahren an die Hand gegeben, um letztendlich das ausgesprochene Urteil in Händen halten zu können . Für das Vertrauen in den Rechtsstaat wäre dies nur förderlich . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514086 (A) (C) (B) (D) Ein Urteil schafft für alle Beteiligten zumindest Gewiss- heit über den Ausgang eines Verfahrens . Die Umsetzung der Vorgaben aus der Richtlinie der Europäischen Union in diesem Gesetzesvorschlag schützt die Opfer von Straftaten und gibt ihnen weiterge- hende Informationen über ihre Rechte an die Hand . Ich kann daher mit voller Überzeugung um die Zustimmung für den Gesetzesvorschlag werben . Dirk Wiese (SPD): Mit der Verabschiedung des heute hier vorliegenden Gesetzentwurfs wird die rot-schwarze Regierungskoalition neue Maßstäbe beim Schutz von Opfern schwerer Straftaten setzen . Denn Bundesminister Heiko Maas hat die zugrunde liegende Umsetzung der EU-Richtlinie als Chance genutzt und Regelungen ge- schaffen, die weit über die EU-Richtlinie hinausgehen . Ein Strafverfahren kann Opfer schwerer Straftaten oftmals noch ein zweites Mal traumatisieren, gerade wenn die Opfer im Strafverfahren alleingelassen werden . Mit dem heute zu verabschiedenden Gesetzentwurf stel- len wir Menschen, die Opfer von schwersten Straftaten geworden sind und besonders schutzbedürftig sind, nun einen psychosozialen Prozessbegleiter an die Seite, der ihnen eine Stütze im Prozess ist und verhindert, dass sie durch den Prozess ein weiteres Mal traumatisiert werden . Damit geben wir ihnen die emotionale und psychologi- sche Unterstützung mit, die sie in diesen schweren Stun- den benötigen . Umfasst vom 3 . Opferrechtsreformgesetz werden die Betreuung durch qualifizierte Mitarbeiter, Informa- tionsvermittlung und eine grundsätzliche Unterstützung im Strafverfahren . Anspruch haben Kinder und Jugend- liche sowie Menschen, die Opfer bestimmter besonders schwerer und traumatisierender Straftaten geworden sind . Darüber hinaus ist ein Katalog von Taten vorgese- hen, bei denen das Gericht im Einzelfall und auf Antrag der Geschädigten entscheidet . Die psychosoziale Prozessbegleitung darf nicht an den Kosten scheitern oder dadurch zum Luxusgut für finanzi- ell besser gestellte Opfer werden . Deshalb ist auch vorgesehen, psychosoziale Prozess- begleitung für Kinder oder vergleichbar schutzbedürftige Personen als Opfer schwerer Gewalt- und Sexualstrafta- ten kostenlos zu halten . Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, welche herausragende Rolle wir dem Opferschutz mit Verab- schiedung der heutigen Vorlage geben werden . Wir haben uns in den Ausschussberatungen ausgiebig mit dem Ge- setzesvorhaben beschäftigt und an einigen Stellen nach- gebessert. Im Ergebnis kommt somit das Struckʼsche Ge- setz zur vollen Anwendung . Auch dieses Gesetz verlässt das Parlament nicht mit dem Inhalt, mit dem es hinein- gekommen ist . Besonders wichtig war mir, in den parlamentarischen Verhandlungen Rücksicht auf die Bundesländer zu neh- men, die die Ausbildung der psychosozialen Prozess- begleiter in Eigenregie übernehmen . Denn es handelt sich bei der Vorlage nicht um ein Zustimmungsgesetz . Das ist selbstverständlich und ergibt sich aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zwischen Bund und Ländern . Dementsprechend haben wir in den Beratungen eine Übergangsfrist bis zum 31 . Juli 2017 für die Länder geschaffen, in der auch bereits in Ausbildung stehende psychosoziale Prozessbegleiter schon Opfer von Strafta- ten begleiten dürfen . Ansonsten hätten die Länder nicht die notwendige Zeit investieren können, um ordentlich und fachgerecht auszubilden . Bei so einer wichtigen Rol- le, wie sie die Prozessbegleiter aber innehaben, muss bei der Ausbildung ganz klar der Grundsatz gelten: Gründ- lichkeit vor Schnelligkeit . Mit der Einführung der Über- gangsfrist haben wir den Ländern deshalb die Möglich- keit zu einer adäquaten Ausbildung der Prozessbegleiter gegeben . Wir haben außerdem eine Vielzahl von Punkten ge- ändert, die teils von systematischer Natur sind . So haben wir beispielsweise die Regelungen über die Prozessbe- gleitung aus der StPO herausgenommen und ein eige- nes Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren geschaffen . Das haben wir getan, um zum einen die Strafprozessordnung nicht überzustrapazieren und zum anderen durch die Schaffung eines eigenen Ge- setzes die Wichtigkeit der psychosozialen Prozessbeglei- tung zu unterstreichen . Hervorheben möchte ich auch noch, dass wir den letz- ten Satz in § 48 Absatz 3 Nummer 3 des Regierungs- entwurfs gestrichen haben, nach dem Hinweise auf eine besondere Schutzbedürftigkeit des Opfers sich insbeson- dere aus der Stellungnahme einer Opferhilfeeinrichtung ergeben können . Kurz zum Hintergrund: Eine Einbringung der Stel- lungnahme der Opferhilfeeinrichtung in das Verfahren hätte der Zustimmung des Opfers bedurft . Angehörige von Opferhilfeeinrichtungen sind im Strafverfahren aber auch immer mögliche Zeuginnen und Zeugen . Sie zählen nicht zum Kreis der Zeugnisverweigerungsberechtigten nach §§ 53, 53 a StPO . Auch Angaben in einer ohne oder gegen den Willen des Opfers abgegebenen Stellungnah- me sind uneingeschränkt verwertbar und unterliegen dem Amtsaufklärungsgrundsatz . Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtun- gen sind zu Zeugenaussagen auch gegen den Willen des Opfers sogar verpflichtet. Dies entspricht dem hohen Wert der Wahrheitsfindung im Strafverfahren. Mit der zur Erörterung gestellten Formulierung würde für den genannten Personenkreis womöglich „durch die Hinter- tür“ ein in das Belieben des Opfers gestelltes Zeugnisver- weigerungsrecht eingeführt . Dieses mittelbare Zeugnisverweigerungsrecht, also Angaben von Zeuginnen und Zeugen, denen kein Zeug- nisverweigerungsrecht zusteht, von der Genehmigung anderer Zeuginnen und Zeugen – hier der Opfer – ab- hängig zu machen, ist in der Systematik dem Strafver- fahrensrecht aber völlig fremd und hätte vor allem dem obersten Ziel eines Strafprozesses, der Wahrheitsfindung, entgegengewirkt . Überdies wäre es auch ein unvertretba- rer Eingriff in die Verteidigungsrechte gewesen . Unse- re Lösung, eine Streichung des Satzes, bietet nun einen guten Mittelweg zwischen Wahrheitsfindung im Prozess und Rechten der Opfer . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14087 (A) (C) (B) (D) Abschließend bleibt festzustellen, dass wir hier in hervorragender Zusammenarbeit mit unserem Koaliti- onspartner ein wirklich gutes Gesetz geschaffen haben . Es steht in einer Reihe mit verschiedenen Gesetzesvorha- ben der rot-schwarzen Koalition, die zeigen, dass Opfer- schutz bei uns Sozialdemokraten groß geschrieben wird . Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Die EU-Opfer- schutzrichtlinie (2012/29/EU) war eigentlich schon bis zum 16 . November 2015 umzusetzen . Nun geschieht es zwar mit vier Wochen Verspätung, aber immerhin, es ge- schieht . Soweit die Bundeszuständigkeit berührt ist, sind viele der in der Richtlinie vorgesehenen Rechtsinstru- mente zum Schutz des Verletzten bereits in der Strafpro- zessordnung geregelt und gehen in Teilen gar über den neuen europäischen Mindeststandard hinaus . Dennoch löste die Richtlinie Umsetzungsbedarf aus . Soweit die Opferschutzrichtlinie erweiterte Informati- onsrechte des Verletzten vorsieht, sind diese in den Vor- schriften der §§ 406 d ff. StPO zu finden, die sprachlich und inhaltlich übersichtlicher gefasst werden . Daneben gibt es wichtige Neuerungen wie die erweiterten Infor- mationsrechte des Verletzten bei Anzeigeerstattung nach § 158 StPO und die neue Ausgangsnorm für die besonde- re Schutzbedürftigkeit von Verletzten in § 48 StPO . Die Richtlinienumsetzung im Bereich des Opferschutzes ist daneben zum Anlass genommen worden, die in der Jus- tizpraxis bereits bewährte psychosoziale Prozessbeglei- tung im deutschen Strafverfahrensrecht zu verankern, was wir ausdrücklich begrüßen, ebenso wie die erweiter- ten Informationsrechte, Hinweis- und Belehrungspflich- ten sowie Dolmetsch- und Übersetzungsdienste gegen- über potenziellen Opfern . Der Gesetzentwurf enthält insgesamt viele sinnvolle Ergänzungen der Strafprozessordnung (StPO) . Denn es ist wichtig, das potenzielle Opfer bei der Aufarbeitung der Tat zu unterstützen und vor weiterer Traumatisierung zu schützen . Es ist aber auch immer zu bedenken, dass erst im Verlauf des Strafverfahrens geklärt wird, ob über- haupt eine Straftat stattgefunden hat und es tatsächlich ein Opfer gibt . Erst am Ende des Strafverfahrens werden die Schuld des potenziellen Täters und die Rollenvertei- lung zwischen Täter und Opfer festgestellt . Die Berück- sichtigung von Opferinteressen während des Verfahrens darf nicht zulasten der Rechtsstellung der Beschuldig- ten gehen, die im reformiert inquisitorisch konzipierten Strafverfahren der Strafprozessordnung angesichts der beherrschenden Rolle der Staatsanwaltschaft im Ermitt- lungsverfahren und der überragenden Stellung des Ge- richts in der Hauptverhandlung ohnehin nur schwach ausgestaltet ist . Unter Berücksichtigung des Opferschutzes einerseits und der Beschuldigtenrechte andererseits wies der Ge- setzentwurf der Bundesregierung, wie auch die öffent- liche Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbrau- cherschutz ergeben hat, noch Schwächen auf, die es zu beheben galt und welche wir in unserem Antrag aufge- nommen haben . Durch den Änderungsantrag der Koa- lition haben sich unsere Forderungen teilweise erledigt; schade, dass nicht alle Änderungen, die in der Anhörung ganz überwiegend gefordert wurden, umgesetzt sind . Unter anderem ist durch den Änderungsantrag der in § 406 g Absatz 1 StPO-E verwendete Begriff „Aussage- tüchtigkeit“ gestrichen worden, denn Ziel der Prozessbe- gleitung ist nicht, die Aussagequalität der potenziell Ver- letzten zu verbessern, sondern allein die Unterstützung der betroffenen Zeuginnen und Zeugen . Die Qualifikationsstandards für die Prozessbegleitung werden in einem eigenen Bundesgesetz, „Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren“, de- finiert; dort wird auch die Trennung zwischen rechtlicher Beratung und Prozessbegleitung ausdrücklich genannt und die Vergütung der Begleiterinnen und Begleiter ge- regelt . Darüber hinaus ist in § 406 g Absatz 4 StPO-E neu ge- regelt, dass „einem nicht beigeordneten psychosozialen Prozessbegleiter die Anwesenheit bei einer Vernehmung des Verletzten untersagt werden kann, wenn dies den Un- tersuchungszweck gefährden könnte . Die Entscheidung trifft die die Vernehmung leitende Person; die Entschei- dung ist nicht anfechtbar . Die Gründe einer Ablehnung sind aktenkundig zu machen .“ Diese Regelung erscheint sachgerecht . Außerdem werden weitere Belehrungs- pflichten gegenüber den Verletzten eingeführt und weni- ge redaktionelle Änderungen . Der Begriff des Verletzten hätte noch analog dem ös- terreichischen Recht definiert werden können; dies wur- de sowohl in der Anhörung als auch aus rechtsanwaltli- cher und richterlicher Sicht gefordert . Eine Evaluationsklausel fehlt leider nach wie vor, ge- nauso wie die Sicherstellung der Barrierefreiheit für In- formation und Dolmetscherleistungen . Man hätte auch noch ergänzend das Beratungshilfe- recht reformieren können, um den Zugang zur anwaltli- chen Erstberatung zu erleichtern . Gut, das sind die nicht umgesetzten Forderungen der Linken . Aufgrund der Er- fahrungen der letzten Jahre bin ich mir sicher, dass diese Änderungen auch kommen werden; es braucht nur etwas Zeit, bis sich die guten Ideen der Linken im Regierungs- lager durchsetzen . Alles in allem kann man feststellen: Mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf gibt es einige Verbesserungen für die mutmaßlichen Opfer, die wenig Belastungen für die Beschuldigten und ihre Rechtsposition bedeuten . Die noch fehlenden Änderungen wird es dann irgendwann auch noch geben . Der Änderungsantrag der Koalition beinhaltet wesentliche Forderungen von uns . Und daher können wir sowohl dem Änderungsantrag als auch dem so geänderten Gesetzentwurf zustimmen . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es ist gut und richtig, dass wir das vorliegende „Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren“ ausführlich diskutiert haben . Ebenso, dass einige der Ver- besserungsvorschläge, die Sachverständige im Rahmen der Anhörung gemacht hatten und die wir hier bei der ersten Beratung schon aufzählten, übernommen wurden . Das Gesetz ist auch die Fortsetzung eines Paradig- menwechsels im Strafprozess, der sich über die Jahre mehr und mehr durchsetzt . Ursprünglich war der Ange- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514088 (A) (C) (B) (D) klagte alleiniges Subjekt des Strafverfahrens, die verletz- te Person allenfalls Zeuge, mehr oder weniger auf sich gestellt im Dickicht eines oft schwer zu durchschauenden Strafverfahrens . Nebenklage und Zeugenbeistand gab es schon, aber wenig bekannt und kaum genutzt . Infolge einer geläuterten Rechtsauffassung ändert sich das auch mit den heute zu beschließenden Vorschlägen, die die Rechte der Verletzten im Strafverfahren stärken sollen, nochmals deutlich . Das haben wir, wie auch Op- ferverbände, immer wieder gefordert . Trotzdem muss man im Blick behalten, dass dies nicht auf Kosten der Beschuldigtenrechte im Strafprozess ge- schehen darf . Diese müssen weiterhin wie gehabt erhal- ten bleiben, sie sind ein elementarer Bestandteil unserer Strafprozessordnung . Hilfreich wäre in diesem Kontext, würde der Begriff des „Verletzten“ legal definiert, um deutlich zu machen, dass es sich immer nur um einen „möglichen“ Verletzten handelt, die Einordnung also nur vorläufig ist – bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens . Dieser Vorschlag wurde leider nicht in den Gesetzentwurf über- nommen . Bei dem Punkt der psychosozialen Prozessbegleitung wurde der Gesetzentwurf nochmals erheblich nachge- bessert . Die Grundsätze der psychosozialen Prozessbe- gleitung sowie die Anforderungen an die Qualifikation und Vergütung des psychosozialen Prozessbegleiters werden nun in einem eigenständigen Gesetz geregelt . So sind zumindest die wesentlichen Anforderungen an die Qualifikation bundesweit einheitlich vorgegeben. Das ist gut . Die Aufgaben einer Prozessbegleitung sind äußerst anspruchsvoll: Es geht einerseits darum, potenziell Ver- letzte eines schweren Gewalt- und/oder Sexualdeliktes zu unterstützen, möglichst schonend durch die Verhand- lungen, weitere Vernehmungen und gegebenenfalls die Konfrontation mit Tätern zu kommen. Häufig werden die Verletzten zudem stark traumatisiert sein . Andererseits darf die Prozessbegleitung sich nicht in das Strafver- fahren einmischen, das heißt den Verletzten auch nicht bezüglich des Prozesses beraten oder mit ihm über pro- zessrelevante Inhalte sprechen . Damit könnte er dem Ver- letzten sogar eher schaden als nützen . Die Verteidigung des Angeklagten könnte sich auf eine Beeinflussung der Zeugenaussage berufen . Zudem steht dem psychosozia- len Prozessbegleiter, im Gegensatz zum Rechtsbeistand, kein Zeugnisverweigerungsrecht zu . Insofern ist die in § 2 Absatz 2 des neuen „Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafver- fahren“ eingefügte Klarstellung über die zwingend neut- rale Stellung der Prozessbegleitung und die strikte Tren- nung von – rechtlicher – Beratung und Begleitung nur folgerichtig . Leider nicht übernommen wurde die Forderung, allen Opfern schwerer Gewalt- und Sexualdelikte einen An- spruch auf eine kostenlose psychosoziale Prozessbeglei- tung zu gewähren . Für Kinder und Jugendliche, die Opfer von den in § 397 a Absatz 1 Nummern 4 und 5 StPO genannten schweren Gewalt- und Sexualstraftaten sind, ist im Ge- setzentwurf richtigerweise grundsätzlich ein Rechtsan- spruch auf kostenlose psychosoziale Prozessbegleitung vorgesehen, für erwachsene Opfer solcher Delikte hin- gegen nur dann, wenn eine besondere Schutzbedürftig- keit besteht . Ob eine solche anzunehmen ist, liegt im Er- messen des Gerichts . Ich habe es schon in meiner letzten Rede gesagt: Man muss sich das dann so vorstellen, dass jemand, der Opfer einer schweren Gewalttat oder sexu- ell missbraucht wurde, dem Gericht erst mal ausführlich darlegen muss, warum er besonders „schutzwürdig“ ist – wie es im Gesetzentwurf heißt – und die Unterstützung der kostenlosen psychosozialen Begleitung in Anspruch nehmen möchte . Das aber sollte doch gerade vermieden werden, denn die Verletzten sollen nicht ein zweites Mal in eine Opferrolle gedrängt werden . Besser wäre daher gewesen, den Gesetzentwurf so zu ändern, dass auch für volljährige Opfer der genannten Straftaten eine Beglei- tung vorgesehen sein „soll“ oder sogar zwingend vorzu- sehen „ist“ . In diese Richtung gingen auch verschiedene Stellungnahmen zum Gesetzentwurf . Auch wenn nicht alle von uns unterstützten Ände- rungsvorschläge übernommen wurden, so sehen wir doch, dass das Gesetz in der vorliegenden Fassung ein großer Schritt in die richtige Richtung ist, und stimmen ihm deshalb zu . Durch zusätzliche Belehrungsvorschrif- ten, die Verbesserungen der Informationsrechte der Ver- letzten und deren Unterstützung innerhalb und außerhalb des Strafverfahrens sowie die psychosoziale Prozessbe- gleitung ist zu erwarten, dass Verletzte künftig besser für den Strafprozess gewappnet sind . Allerdings wird es schwer sein, nachzuprüfen, wie praxisnah die Vorschriften tatsächlich ausgestaltet sind, wie sie sich auswirken und was an Verbesserungen in der Praxis überhaupt ankommt . Warum wurde der Vorschlag, eine Evaluationsklausel in das Gesetz aufzunehmen, nicht aufgriffen? Damit hätte zeitnah und begleitend er- hoben werden können, ob die Vorschriften den Verletzten tatsächlich den Schutz und die Unterstützung gewähren, die sie brauchen und wollen . Ich rate daher dringend, eine solche Evaluationsklau- sel alsbald im Gesetz zu verankern . Darüber hinaus sollten die mit diesem Gesetz weiter- geführten Verbesserungen langfristig dahin gehend aus- gebaut werden, dass die verschiedenen Opferrechte im Strafverfahrensrecht übersichtlich und in einem eigenen Abschnitt zusammengefasst werden . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Telemediengesetzes (Tagesordnungs- punkt 21) Hansjörg Durz (CDU/CSU): Die Digitalisierung ist ein extrem dynamischer Prozess . Politik kann oft erst mit zeitlicher Verzögerung auf die sehr schnell eintretenden Veränderungen und Entwicklungen reagieren . Unsere Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14089 (A) (C) (B) (D) Aufgabe als Politik ist es, den richtigen Rahmen für die Digitalisierung zu setzen . Eine ganz konkrete Herausforderung ist dabei, die Urheber von Rechten, etwa aus dem Bereich Film und Musik, aber auch aus dem Bereich des Sports im Blick zu haben . Diese sind zum Teil massiv von Rechtsverletzun- gen im Internet in Bezug auf geistiges Eigentum betrof- fen . Der dabei jährlich entstehende Schaden durch Um- satzeinbußen wird auf über 1 Milliarde Euro geschätzt . Wir diskutieren heute einen Gesetzentwurf, der sich im Wesentlichen mit der sogenannten „Störerhaftung“ auseinandersetzt . Von Störerhaftung sprechen wir, wenn für eine Rechtsverletzung die unfreiwillige Unterstüt- zung eines Dritten in Anspruch genommen wird . Dies kann beispielsweise zutreffen, wenn ein unerlaubter Download eines urheberrechtlich geschützten Musikti- tels deshalb durchgeführt werden kann, weil das dafür genutzte WLAN unzureichend verschlüsselt wurde . In diesem Fall haftet der WLAN-Betreiber als „Störer“ . Der vorliegende Gesetzentwurf wird in der Öffentlich- keit vornehmlich unter diesem Aspekt diskutiert . Er ver- sucht, die Frage zu beantworten, welche Anforderungen zu erfüllen sind, damit die Störerhaftung beseitigt und damit eine stärkere Verbreitung offener WLAN-Zugänge erreicht wird . Kaum in der öffentlichen Wahrnehmung ist der ande- re Teil der Gesetzesänderung – § 10 –, der sich mit den sogenannten Hostprovidern befasst . Hostprovider sind Diensteanbieter, die eine technische Infrastruktur Dritten zur Verfügung stellen, um dort Daten zu speichern . „Hos- ting“ umfasst dabei sehr unterschiedliche Geschäftsmo- delle und Tätigkeiten . Dazu gehören neben dem Spei- chern von Daten und dem Hosten von Websites auch Angebote wie Foren, Bewertungsportale, Soziale Medi- en, Verkaufs- und Video-Plattformen oder Cloud-Ange- bote . Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland circa 30 000 Unternehmen unter dem Begriff des Host- providers fallen . Auch im Bereich der Hostprovider sind Konstellati- onen denkbar, in denen die Diensteanbieter als Störer in Haftung genommen werden . Beispielsweise dann, wenn ein anonymer Nutzer einen diskreditierenden Eintrag über einen Arzt auf einem Bewertungsportal verfasst, der eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arztes darstellt . In diesem Fall kann der Betreiber der Seite als Störer in Haftung genommen werden, wenn er die Äußerung nicht entfernt, obwohl er über die Rechts- widrigkeit der Äußerung informiert wurde . Generell ge- sprochen: Wird ein Hostprovider von einem Rechteinha- ber über eine Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt, ist er dazu verpflichtet, die Rechtsverletzung zu beseitigen. Der Hostprovider ist also so lange nicht für die bei ihm gespeicherten Inhalte verantwortlich, solange er keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Inhalte hat . Er ge- nießt dadurch ein Haftungsprivileg . Dieser Ansatz folgt der Logik, dass Hostprovider lediglich einen technischen Dienst bereitstellen, sie jedoch nicht die Urheber und da- mit die Verantwortlichen für den jeweiligen Inhalt sind . Vorrangig haften soll derjenige, der für die Inhalte ver- antwortlich ist, der Hostprovider hat dagegen die Rolle des Vermittlers zu den fremden Inhalten inne . Diese Logik stößt jedoch dann an Grenzen, wenn zum Beispiel eine Abgrenzung zwischen Inhalt und techni- scher Dienstleistung nicht eindeutig möglich ist . Ein typisches Beispiel für eine solche Vermischung sind die sogenannten Sharehoster . Dort werden zum Teil frem- de Inhalte rechtswidrig vermarktet . Dennoch fällt eine Rechtsdurchsetzung für Rechteinhaber schwer, da die Betreiber sich weiterhin auf das Haftungsprivileg beru- fen . Entsprechend haben sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Rechtsdurch- setzung gegenüber Plattformen zu verbessern, deren Ge- schäftsmodell sich im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten stützt . Die Bundesregierung hat mit der vorgeschlagenen Neuregelung des § 10 nun den entsprechenden Vorschlag präsentiert . Sie will das Haftungsprivileg dergestalt neu- fassen, dass es nicht mehr auf die tatsächliche Kenntnis eines Diensteanbieters ankommt, sondern darauf, ob es sich bei dem gehosteten Dienst um einen „gefahrenge- neigten Dienst“ handelt. Zur Identifizierung eines sol- chen Dienstes werden vier Regelbeispiele im Gesetzent- wurf genannt . Die vorgeschlagenen Regelungen sind bereits im Vor- feld des Kabinettsbeschlusses kontrovers von den einzel- nen Branchen diskutiert worden . Sowohl vonseiten der Rechteinhaber als auch der Internetwirtschaft wurden deutliche Vorbehalte artikuliert . Es wird zu berücksichtigen sein, ob einerseits mithilfe der vorgeschlagenen Regelungen der angestrebte Zweck tatsächlich erfüllt wird, und ob andererseits legale Ge- schäftsmodelle in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit beein- trächtigt werden . Fakt ist, dass in den Anwendungsbereich des § 10 TMG die unterschiedlichsten Geschäftsmodelle fallen . Daher werden wir im parlamentarischen Verfah- ren die Auswirkungen auf sämtliche Dienste der Branche unter die Lupe nehmen . Wir werden darauf achten, dass ein ausgewogenes System an Verantwortlichkeiten wei- ter bestehen bleibt . In diesem Zusammenhang wird vor allem auch das kürzlich ergangene Urteil des BGH zu Internetsperren zu beleuchten sein und in unsere Über- legungen mit einbezogen werden . Wir sehen also noch intensiven Diskussionsbedarf über den vorliegenden Ent- wurf . Axel Knoerig (CDU/CSU): WLAN-Betreiber müs- sen haften, wenn ihre Nutzer sich im Internet rechtswid- rig verhalten . Das sieht in Deutschland die Störerhaftung vor . In den USA oder Asien kennt man diese Regelung nicht . Dort sind offene Netze weit verbreitet . Es reicht meist ein Klick auf die Startseite des Anbieters und schon kann man kostenlos surfen . Der Zugang zum WLAN wird gerade den Kunden leicht gemacht, wie in Fast-Food-Ketten und Cafés . Ver- schlüsselung und Registrierung sind in diesen Ländern eher bei kostenpflichtiger Internetnutzung üblich. In Deutschland hat die Rechtsprechung dazu geführt, dass private WLAN-Netze heute überwiegend verschlüs- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514090 (A) (C) (B) (D) selt sind . Inzwischen bieten aber auch immer mehr Un- ternehmen öffentliche Hotspots an . Anders als oft in der Öffentlichkeit dargestellt, gibt es hierzulande bereits über eine Million Hotspots . Aller- dings sind diese meistens zugangsgesichert . Die Störerhaftung stellt gerade Hoteliers und Café-Be- sitzer vor ein rechtliches Dilemma: Um wettbewerbsfä- hig zu sein, müssen sie kostenloses WLAN anbieten . Zu- gleich haften sie aber auch für die Rechtsverstöße ihrer Gäste . Die einzige Alternative ist bisher die Einrichtung von Hotspots verschiedener Anbieter . Hier will der Gesetzentwurf ansetzen und Rechtssi- cherheit schaffen . Der § 8 des Telemedienänderungsgesetzes soll ergänzt werden . WLAN-Betreiber sollen von der Störerhaftung befreit werden . Allerdings nur, wenn sie „zumutbare Maßnahmen“ treffen . Dazu gehört, dass man den Inter- netzugang mit einem Passwort schützt und die Zustim- mung der Nutzer einholt, sich rechtskonform zu verhal- ten . Die Zielsetzung dieses Gesetzentwurfs, offene WLAN-Netze zu fördern, ist gut und verdient Anerken- nung . Grundsätzlich besteht aber noch Klärungsbedarf, da viele Konflikte nicht gelöst werden. Da müssen wir nacharbeiten . Eine praktikable Handhabung, Datensi- cherheit und der Schutz von Urheberrechten müssen in Einklang gebracht werden . Auch müssen wir bereits ge- tätigte Investitionen unserer Wirtschaft in WLAN-Sys- teme schützen . Die jetzt geplanten Änderungen würden einen Mehraufwand bedeuten . Ebenso muss der Zugriff von Sicherheitsbehörden bei Ermittlungen gewährleistet sein . Die Praxis zeigt: In frei zugänglichen Netzen besteht wenig Schutz vor Ausspähen und Abhören . Dennoch werden diese im gewerblichen Bereich bevorzugt, weil sie für die Kundschaft leicht zugänglich sind . Individuell verschlüsselte Netze können die Kommu- nikation intern schützen . Allerdings sind lange Zugangs- codes wenig praktikabel . Zugleich hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass private WLAN-Betreiber ihre Netze verschlüsseln müs- sen . Das sind die Konflikte, die es noch zu lösen gilt. Marcus Held (SPD): Heute beraten wir in erster Le- sung den von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Teleme- diengesetzes . Konkret geht es dabei um die Paragrafen 8 und 10 TMG-E . Ich möchte im Einzelnen nun auf die beiden Paragra- fen eingehen . Welche Ziele verfolgt der Gesetzentwurf? Deutsch- land hinkt in Sachen WLAN-Hotspots-Abdeckung ge- waltig hinterher . Nur 1,9 freie Hotspots pro 10 000 Ein- wohner kann Deutschland aufweisen . Zum Vergleich: In Südkorea sind es 37,4, in Großbritannien 28,7 und in Taiwan 10,4 . Nur Russland und Japan mit 1,2 und China mit nur 0,8 Hotspots sind schlechter als Deutschland . Wir haben den Ausbau von WLAN-Hotspots regelrecht ver- schlafen und werden jetzt von anderen Ländern überholt . Was muss getan werden? Wir müssen den § 8 TMG dahin gehend ändern, dass wir Rechtssicherheit in Haftungsfragen für die Betreiber schaffen . Im Koalitionsvertrag hatten wir dies als „drin- gend geboten“ bezeichnet . Betreiber von öffentlichen WLANs dürfen künftig nicht mehr für fremde Rechtsverletzungen verantwort- lich gemacht werden . Wir werden den Gesetzentwurf des Bundesministeriums hierzu genauestens im parlamen- tarischen Verfahren prüfen, damit wir dieses Ziel auch erreichen . Wir als SPD-Bundestagsfraktion hatten dazu bereits mehrere Gespräche geführt und Experten zu dem The- ma angehört . So hat beispielsweise der Handelsverband Deutschland in einer Händlerumfrage ermittelt, dass fast die Hälfte der Händler gerne WLAN anbieten würden, jedoch mehr als die Hälfte der Händler rechtliche Risiken als Hauptgrund sehen, kein WLAN anzubieten . Auch die zahlreichen Freifunkinitiativen dürfen wir nicht im Regen stehen lassen, sondern müssen auch ih- nen Rechtssicherheit dahin gehend geben, den Ausbau der digitalen Infrastruktur weiter voranzubringen . An beiden Beispielen sieht man deutlich, welche Un- sicherheiten herrschen und vor allem, an welchen Stel- len wir handeln müssen . Meiner Meinung nach muss die WLAN-Störerhaftung in Deutschland endlich abge- schafft werden . Auch werden wir uns eingehend mit dem § 10 TMG-E beschäftigen müssen . Wir hatten im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir die „Rechtsdurchsetzung insbeson- dere gegenüber Plattformen verbessern (wollen), deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten aufbaut .“ Wir haben dafür zu sorgen, „dass sich solche Diensteanbieter nicht länger auf das Haftungsprivileg, das sie als sogenannte Hostprovider genießen, zurückziehen können und insbesondere keine Werbeeinnahmen mehr erhalten .“ So der Koalitionsver- trag auf Seite 133/134 . Zahlreiche Stellungnahmen haben uns zum § 10 er- reicht, und auch hierzu haben wir uns als SPD-Bundes- tagsfraktion eingehend mit Experten ausgetauscht . Wir werden die uns zugegangenen Stellungnahmen hierzu prüfen . Der Bundesrat hat zum Entwurf des Telemediengeset- zes bereits am 6 . November 2015 Stellung genommen und sich für eine Streichung von § 10 TMG-E und die Abschaffung der Störerhaftung für WLAN-Anbieter in § 8 TMG-E ausgesprochen . Die Bundesregierung hat hierzu in ihrer Gegenäußerung bereits eingehende Prü- fung zugesagt . Auch werden wir uns als SPD-Bundestagsfraktion eingehend mit der Stellungnahme des Bundesrates befas- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14091 (A) (C) (B) (D) sen . Weiterhin müssen wir auch darauf achten, dass der Gesetzentwurf nicht gegen europäisches Recht verstößt . Ich freue mich darauf, dass nun endlich die parla- mentarischen Beratungen beginnen können, wir uns bald schon in einer öffentlichen Anhörung mit Experten austauschen können, und wir hoffentlich zu einem an- ständigen Ergebnis kommen, indem wir für mehr Rechts- klarheit sorgen und mit der Digitalisierung schneller vo- ranschreiten können . Lars Klingbeil (SPD): Der vorgelegte Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Telemedienge- setzes geht zweifelsfrei in die richtige Richtung . Mit die- sem Entwurf werden zwei Ziele verfolgt: Zum einen sollen die Potenziale von WLAN-Netzen als Bestandteil der digitalen Infrastruktur gehoben wer- den . Es ist nicht länger hinnehmbar, dass diese Potenziale von WLAN-Netzen im öffentlichen Raum für Kreativität und gesellschaftliche Teilhabe aufgrund der bestehen- den Haftungsrisiken brachliegen . Es muss endlich auch in Deutschland eine Selbstverständlichkeit werden, dass in öffentlichen Einrichtungen wie Ämtern, Bibliotheken, Universitäten oder Schulen aber auch in Restaurants, Ca- fés, Praxen, Flughäfen oder Ladenzeilen ein öffentlicher Zugang zum Netz möglich ist . Auch die Potenziale von privaten WLAN-Netzen liegen brach, weil Privatperso- nen, Haus- und Wohngemeinschaften, Familien, Nach- barschaftsinitiativen aufgrund der derzeitigen Rechtspre- chung daran gehindert sind, ihre Internetzugänge mit anderen zu teilen . Zum Zweiten verfolgt der Gesetzentwurf das Ziel, wirksamer gegen die sogenannten illegalen Plattformen vorzugehen, deren Geschäftsmodell auf der Verletzung von Urheberrechtsverletzungen beruht . Beide Ziele sind richtig . Allerdings sehen wir an eini- gen Stellen des vorliegenden Gesetzentwurfes noch er- heblichen Änderungsbedarf, um diese Ziele tatsächlich zu erreichen . Bei dem Entwurf handelt es sich um einen schwierigen Kompromiss innerhalb der Bundesregie- rung . Wir haben nun im parlamentarischen Verfahren die Möglichkeit, den Gesetzentwurf an den entscheidenden Stellschrauben zu überarbeiten, um im Ergebnis das Ziel, mehr freies WLAN in Deutschland zu ermöglichen und Rechtssicherheit für alle WLAN-Anbieter zu schaffen, tatsächlich zu erreichen . Das gleiche gilt für den Kampf gegen die illegalen Plattformen . Der Bundesrat hat hierzu auf Initiative der SPD-ge- führten Länder entsprechende Vorschläge gemacht . Un- sere Überlegungen zielen in die gleiche Richtung . Wir wollen im parlamentarischen Verfahren die bestehende Hürden bei der Haftungsfreistellung für WLAN-Betrei- ber abbauen, deutlich mehr freie WLAN-Zugänge im öffentlichen Raum ermöglichen und alle WLAN-An- bieter, auch die zahlreichen Freifunk-Initiativen, zwei- felsfrei absichern . Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir uns auf die notwendigen Klarstellungen in § 8 Telemedi- engesetz im parlamentarischen Verfahren verständigen werden . Ich hoffe, dass wir auch unseren Koalitions- partner davon überzeugen können, dass die Ängste vor offenen WLAN-Netzen unbegründet sind und dass es dadurch nicht zu massenhaften Urheberrechtsverletzun- gen kommt . So hat beispielsweise der durch die Medien- anstalt Berlin-Brandenburg ermöglichte groß angelegte Versuch mit öffentlichen Hotspots ohne aufwendiges An- meldeverfahren gezeigt, dass es keinen Missbrauch sei- tens der Nutzer gab, der eine Einschränkung des Zugangs oder eine verschärfte Überwachung von Hotspots recht- fertigen könnte . Wörtlich heißt es in einer Erklärung der Mabb: „Im Rahmen unseres seit 2012 laufenden Projekts mit Kabel Deutschland wurden die Public-Wifi-Hotspots nicht für Urheberrechtsverletzungen genutzt . Es gab bei Kabel Deutschland in dieser Zeit keine IP-Adressabfra- gen wegen Urheberrechtsverletzungen .“ Was den Kampf gegen illegalen Plattformen und die vorgesehenen Änderungen bei der Hostproviderhaftung anbelangt, werden wir uns die zahlreichen Stellungnah- men und Hinweise, die uns bisher erreicht haben, sehr genau ansehen und überprüfen, ob die vorgeschlagene Regelung ihr berechtigtes Ziel tatsächlich bestmöglich erreichen kann . Ziel muss es sein, kreative Leistungen zu schützen . All diese Fragen werden wir in den nächsten Wochen und im Rahmen einer öffentlichen Anhörung sehr inten- siv diskutieren, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier im parlamentarischen Verfahren zu Verbesserungen kommen, um diese wichtigen beide Ziele des Gesetzent- wurfes tatsächlich zu erreichen . Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Ich gebe zu, ich habe kurz überlegt, ob ich hier dieselbe Rede noch ein- mal halte, die ich vor einem Jahr schon einmal gehalten habe . Damals hatte ich den Gesetzentwurf zur Abschaf- fung der Störerhaftung bei offenen WLANs begründet, den meine Fraktion zusammen mit Bündnis 90/Die Grü- nen eingebracht hatte . Offensichtlich hat bei der damali- gen Debatte die Bundesregierung nicht zugehört . Anders kann ich mir zumindest den Gesetzentwurf, den sie hier vorgelegt hat, nicht erklären . Aber der Reihe nach: Seit einigen Jahren diskutieren wir nun bereits die Auswirkungen eines BGH-Urteils, wonach Betreiber von offenen WLANs für Rechtsverlet- zungen, die Nutzer dieses WLANs begehen, haftbar ge- macht werden können . Mit der Netzkompetenz des BGH ist es nicht allzu weit her, wie wir an einem aktuellen Urteil sehen, wonach sinnlose Netzsperren erlaubt sind . Und so hatte dieses Urteil verheerende Auswirkungen auf die Verbreitung von offenen WLANs in Deutschland . Während es in anderen Ländern kein Problem ist, in Bus- sen, Bahnen, Cafés, Bibliotheken etc . ein offenes WLAN zu finden, muss man hierzulande schon sehr viel Glück haben . Kürzlich war der Ausschuss Digitale Agenda in Estland, einem Land, in dem die Digitalisierung schon viel weiter fortgeschritten ist als hier in Deutschland . Als wir versuchten, das Problem der Störerhaftung zu erklä- ren, schauten wir nur in ratlose Gesichter . Umso unverständlicher ist es, dass Sie diesen ganzen Unfug nicht einfach komplett abschaffen . Nein, Sie ma- nifestieren die Störerhaftung sogar und stellen Betrei- bern offener WLANs Hürden auf . All das wegen einer diffusen Angst davor, dass über offene WLANs plötzlich Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514092 (A) (C) (B) (D) Rechtsverletzungen im ganz großen Stil begangen wer- den und die Verursacher nicht ermittelt werden können . Aber fragen Sie doch mal in anderen Ländern nach, ob diese Befürchtungen dort eingetroffen sind . Sie werden ein klares „Nein!“ als Antwort bekommen . Wieso Sie also trotzdem Maßnahmen gegen Phantome ergreifen, versteht keiner . Nicht einmal die EU-Kommission, die in einer vernichtenden Stellungnahme bemerkte, dass die von Ihnen geforderten Sicherheitsmaßnahmen weder erforderlich noch geeignet sind, um das Ziel einer Ver- meidung von Rechtsverletzungen zu erreichen . Das Er- gebnis ist, dass Ihr Gesetzentwurf genau das Gegenteil von dem bewirkt, was er schaffen will . Anstatt Sicherheit schafft er Unsicherheit . Anstatt einer Verbreitung von of- fenen WLANs schafft er eine Verhinderung von offenen WLANs . Es gibt natürlich jemanden, der sich über Ihr Gesetz sehr freuen wird . Das sind große Anbieter wie die Tele- kom, die nun ihre teuren Lösungen schön verkaufen kön- nen, weil insbesondere Privatpersonen die von dem Ge- setzentwurf geschaffenen Hürden verunsichern werden . Wer wird schon sein WLAN öffnen, wenn nicht ausge- schlossen werden kann, dass man für Rechtsverletzungen haftbar gemacht wird? Am meisten ärgert mich an Ihrem Entwurf aber, dass Sie bestehende Initiativen wie die Freifunker gefährden . Die kümmern sich beispielsweise gerade darum, dass Flüchtlingsheime mit dringend benötigten offenen Inter- netzugängen per WLAN versorgt werden, und dem le- gen Sie jetzt noch mehr Steine in den Weg . Das wurde in einem Gespräch mit Flüchtlingsinitiativen im Ausschuss Digitale Agenda von Christian Heise vom Förderverein Freie Netzwerke eindrücklich dargelegt . Wie man es dreht und wendet, ihr Gesetzentwurf ist nicht dazu geeignet, das Problem der Störerhaftung bei offenen WLANs aus dem Weg zu räumen . Es verschärft das Problem vielmehr, weil er noch mehr Unsicherheiten bringt . Es liegt mit dem Gesetzentwurf der Grünen und Linken aber zum Glück eine sehr geeignete Alternative vor . Vielleicht nutzen Sie die Zeit bis zur abschließen- den Beratung Ihres Gesetzentwurfes und lesen sich un- seren noch einmal durch . Das Ergebnis kann dann nur sein, Ihren Gesetzentwurf zurückzuziehen und unserem zuzustimmen . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Themen „Störerhaftung“ und „Providerpri- vilegierung“ im Telemediengesetz (TMG) beschäftigen dieses Hohe Haus seit Jahren . Durch das sogenannte „Sommer unseres Lebens“-Urteil des Bundesgerichts- hofs (BGH) aus 2010 ist eine Rechtsunsicherheit in Sachen entstanden, die Sie in ihrem Koalitionsvertrag selbst feststellen . Dreh- und Angelpunkt der Diskussion ist die Frage nach der Haftung bei Rechtsverletzungen bei offenem WLAN . In seinem Urteil stellt der BGH klar, dass der Betrieb eines offenen WLAN grundsätzlich eine Gefah- renquelle – für Rechtsverletzungen durch Dritte – dar- stellt . Demjenigen, der ein WLAN in Betrieb nimmt, legt er gewisse Pflichten zu dessen Sicherung auf, um Rechts- verstöße zu vermeiden . Unterbleiben diese Sicherungs- maßnahmen, greift die sogenannte Störerhaftung . Um es Internetcafés, Hotels, aber eben auch Privatpersonen zu ermöglichen, Kunden bzw . anderen Personen auch wei- terhin ein (ungesichertes) WLAN anzubieten, wird seit Jahren die Frage diskutiert, inwieweit die vom Gesetzge- ber vorgesehenen Privilegierungen für Access-Provider aus dem TMG auch für andere WLAN-Betreiber Anwen- dung finden können. Kritiker des Urteils weisen darauf hin, dass der BGH sich in dem Urteil gar nicht mit den einschlägigen Para- grafen des TMG (§ 8) beschäftigt hat und die Ablehnung der im TMG vorgesehenen Privilegierung vor allem des- wegen nicht nachvollziehbar sei, da es sich im Zuge der Bereitstellung eines WLAN lediglich um eine Durch- leitung von Informationen Dritter handele, nicht jedoch um eine Speicherung, ein Betreiber eines WLAN somit durchaus auch als Access-Provider angesehen werden kann, weshalb sich der BGH zwingend mit der Vorschrift des § 8 TMG hätte beschäftigen müssen . Aber das nur am Rande . Seit Jahren kündigen Sie nunmehr an, eine rechtliche Klarstellung vornehmen und für die dringend benötigte Rechtsklarheit sorgen zu wollen . Eine solche rechtliche Klarstellung, die der eigentlichen Intention des Gesetzes wieder Geltung verschafft, hatte die letzte Bundesregie- rung trotz anderslautender Absichtserklärungen stets ver- säumt . Eine rechtssichere Regelung für diejenigen, die ihre Netze anderen gegenüber öffnen wollen, darunter auch viele Wirtschaftsbetriebe, ist somit lange überfäl- lig . Zuletzt hat auch der Bundesrat Sie noch einmal mit Nachdruck aufgefordert, eine solche endlich vorzulegen . Eigentlich war die Einigkeit, so haben wir es zumin- dest immer wahrgenommen, die im TMG verankerte Providerprivilegierung nach dem BGH-Richterspruch, der dazu führte, dass Privatleute, aber auch der Einzel- handel, aus Sorge, für Rechtsverletzungen Dritter in Haftung genommen zu werden, entsprechende Angebote zurückfuhren, auszubauen, groß . Umso mehr hat es dann alle Beteiligten überrascht, als im Zuge der Vorlage der Digitalen Agenda, die Sie selbst ja nur „Hausaufgabenheft“ nennen, deutlich wur- de, dass Sie zwar irgendwann eine Regelung vorlegen wollen, jedoch eine Unterscheidung zwischen privaten und kommerziellen Anbietern vornehmen und zugleich sehr weitreichende Verpflichtungen für Anbieter von Funknetzen gesetzlich vorschreiben wollten . Der schnel- le Bezahlvorgang an der Supermarktkasse über Mobi- le-Payment-Modelle wird damit verhindert . Private trifft es noch härter: Sie sollen sogar verpflichtet werden, eine namentliche Registrierung ihrer Nutzer zu verlangen . Eine solche Verpflichtung kennen wir bisher nur aus au- toritären Ländern . Sie erinnert stark an Debatten um ein „Vermummungsverbot“ im Internet, die wir längst über- wunden glaubten . Die Bundesregierung, die in ihrer Di- gitalen Agenda doch verspricht, die Anonymität im Netz auszubauen, geht auch hier, statt dass sie die Chancen einer größeren Verbreitung von freien Funknetzen auf- greift, in die exakt andere Richtung . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14093 (A) (C) (B) (D) Schnell wurde klar: Statt die bestehende Rechtsunsi- cherheit zu beheben, ging der vorgelegte Entwurf in eine genau andere Richtung . Im Grunde genommen nahm er die von allen als für die bestehende Rechtsunsicherheit verantwortlich wahrgenommenen Kriterien und goss die- se in Gesetzesform . Deutlich wurde: Dieser Entwurf, das ist schon heute offensichtlich, wird letztendlich nieman- dem helfen. Seine bisherige Kommentierung fiel voll- kommen zu Recht verheerend aus . Dies lag auch an den – eine sehr weitreichende Ah- nungslosigkeit bezüglich der Materie offenbarenden – Ausführungen zum Vorhaben der „drei federführenden Minister“ in der Bundespressekonferenz im Zuge der Vorstellung der Digitalen Agenda: Auf die Frage einer sichtlich irritierten Journalistin der New York Times, warum es in Deutschland eigentlich nicht mehr offene WLAN-Netze gebe, die ja nun in beinahe jedem ande- ren europäischen Land überall zu finden seien, antworte ausgerechnet der Wirtschaftsminister und Vizekanzler Gabriel, dass man keinen „Freiraum für Kriminalität“ schaffen wolle, woraufhin der CDU-Innenministerkolle- ge den SPD-Minister lobte, dass er das nun auch nicht hätte schöner formulieren können . Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten alle Alarmglocken bei der SPD schrillen müssen . Das tun sie aber offenbar bis heute nicht . So sah sich ein Ministeriumsmitarbeiter in einem Gastbeitrag genötigt, dem Minister zu erklären, dass die Frage der Störerhaftung allein die zivilrechtliche Haftung betrifft und nicht mit der strafrechtlichen Verantwortlich- keit verwechselt werden dürfe . So gäbe es schon heute keine Störerhaftung im Strafrecht . Insgesamt zeigte der Vorgang und der weitere Verlauf der Debatte einmal mehr, dass die Bundesregierung trotz massiver Kritik auch weiterhin nicht gewillt ist, derart stichhaltige Argumente zu berücksichtigen . Sie haben hier heute, trotz aller Kritik an Ihrem Entwurf, der Ihnen in den letzten Monaten aus allen Richtungen und in aller Deutlichkeit entgegenschlug, von Verbraucherschutzor- ganisationen, aus der Wirtschaft, vom Bundesrat oder von der EU-Kommission Ihren bisherigen Entwurf ein- gebracht . Dass zeigt, man kann es einfach nicht anders sagen, Ihre ganze Ignoranz im digitalpolitischen Bereich, die Sie in den letzten Monaten zur Genüge unter Beweis gestellt haben . Während Sie beispielsweise bei der endgültigen Auf- kündigung der Netzneutralität, die Sie hier vor wenigen Wochen noch bestritten, die heute aber auch von Ihren eigenen Abgeordneten in Publikationen festgestellt wird, wenigstens klar erkennbar und für jeden nachvollziehbar Wirtschaftsinteressen einiger weniger großer Firmen vor die Interessen von 500 Millionen europäischen Bürge- rinnen und Bürger und ihren Verbraucherrechten gestellt haben, ist hier nicht einmal mehr ein solcher Kurs er- kennbar . Aus einer völlig diffusen und insgesamt unbe- gründeten Angst schlagen Sie hier selbst die klaren Auf- forderungen aus der Wirtschaft in den Wind und halten an Ihrer völlig verkorksten Regelung unbeirrt fest . Ihr Verhalten erinnert an das eines störrischen Kindes, nicht an das des Gesetzgebers, der Argumente abwägt und sich auch überzeugen lässt . Auch angesichts Ihres Versagens beim Breitbandaus- bau wäre es dringend geraten, diejenigen, die ihre Netze gegenüber Dritten öffnen wollen und Teilhabe in der di- gitalen Gesellschaft ermöglichen, hierbei zu unterstützen . Doch statt dies zu tun und diejenigen zu unterstützen, die sich seit Jahren ehrenamtlich in Freifunkinitiativen zu- sammenschließen und dafür Sorge tragen, dass es auch Zugang zum Netz gibt, wo es diesen bisher nicht gab, oder dass sich auch Menschen diesen leisten können, de- nen dies vorher verwehrt war, sorgen Sie mit Ihrem Ent- wurf für weitere, massive Verunsicherung . Statt Respekt und Anerkennung für diese wichtige Arbeit für das Ge- meinwohl zu zeigen, sorgen Sie dafür, dass es bald we- niger statt mehr offene Funknetze gibt . Dabei sehen wir doch gerade bei der Anbindung von Flüchtlingsheimen durch ehrenamtliche Initiativen, wie mit Herzblut und Enthusiasmus dafür gesorgt wird, dass möglichst alle bei uns lebenden Menschen die Vorzüge der Digitalisierung nutzen können . Eine steigende Verbreitung von Netzan- bindungen durch Privatpersonen und Freifunkinitiativen, die ihren Anschluss bereitwillig mit anderen teilen, wird so blockiert . Damit konterkarieren Sie ihre Ausbauziele beim schnellen Internet . Ihre Unterscheidung zwischen privaten und kommer- ziellen Anbietern bei der Störerhaftung ist schlicht unsin- nig . Auch Ihr Sinnieren darüber, wie man die Provider noch stärker in die Verantwortung nehmen und zu Hilfs- sheriffs machen kann, geht angesichts der Tatsache, dass wir – bislang gemeinsam – die Providerprivilegierung ausbauen, statt einschränken wollten, völlig an der Sache vorbei . Zudem steht die EU-Rechtskompatibilität Ihres Entwurfs offen infrage . Auch verfassungsrechtlich ist er durchaus umstritten . Ihr Entwurf wimmelt zudem nur so von unklaren Rechtsbegriffen . Insgesamt ist die von Ihnen vorgeschla- gene Änderung des Telemediengesetzes nichts anderes als ein netzpolitischer Rollback par excellence . Während offene Netze überall auf der Welt längst Standard sind, baut die deutsche Bundesregierung weitere Zugangsbar- rieren auf . Das ist absurd und ein weiteres, verheerendes digitalpolitisches Signal . Ihr Vorgehen ist nach all den Diskussionen der vergangenen Jahre bitter . Ihre eigene netzpolitische Agenda, alle schönen IT-Gipfel, alle netz- politischen Kongresse und Beteuerungen der letzten Mo- nate werden so zur Makulatur . Ich darf Ihnen an dieser Stelle noch einmal die Formu- lierung aus Ihrem eigenen Koalitionsvertrag vorhalten . Sie war – im Vergleich zu Ihrem jetzigen Entwurf – ge- radezu progressiv . Zur Störerhaftung hieß es: „Die Po- tenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum müssen ausgeschöpft werden . Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist . Wir werden die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung dieser offe- nen Netze und deren Anbieter schaffen . Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ist dringend geboten, etwa durch Klarstellung der Haftungsregelungen (Analog zu Access- providern) .“ Hiervon heute leider kein Wort mehr . Stattdessen haben Sie im Zuge der Erarbeitung Ihrer Digitalen Agenda in Sachen Störerhaftung einen Kom- promiss zwischen den beteiligten Häusern ausgeklün- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514094 (A) (C) (B) (D) gelt, der weder mit Ihren bisherigen Ankündigungen zu vereinbaren ist, noch die seit Jahren bekannten Defizite tatsächlich behebt . Selbst die Abgeordneten von CDU/ CSU und SPD machen mittlerweile keinen Hehl daraus, dass sie die Vorlage der Bundesregierung für völlig ver- fehlt halten – ein schon bemerkenswerter Vorgang, zu- mindest in Zeiten dieser Großen Koalition . Dass Sie Ih- ren Entwurf um 23 .30 Uhr hier heute und in dieser Form debattieren lassen, ist mehr als bezeichnend und zeigt gut, wie peinlich Ihnen diese Vorlage mittlerweile – voll- kommen zu Recht – eigentlich selbst ist . Auf die weiteren Beratungen im Zuge der nun noch Hals über Kopf anberaumten Ausschussanhörung sind wir sehr gespannt, genauso auf die sicherlich sehr weit- reichenden Änderungen durch die Regierungskoalitio- nen . Konkrete Gesetzesvorschläge aus der Mitte der Zi- vilgesellschaft, die aufzeigen, wie eine ausgewogene und Rechtsicherheit schaffende Regelung aussehen könnte, liegen seit nunmehr mehreren Jahren auf dem Tisch . In dieser Legislaturperiode hat sie meine Fraktion gemein- sam mit der Fraktion Die Linke eingebracht . Nicht zuletzt vor der seit Jahren anhaltenden Ver- weigerungshaltung im Bereich des Urheberrechts und Ihrer bislang desaströsen netzpolitischen Bilanz in die- ser Wahlperiode kann ich Sie an dieser Stelle nur noch einmal und mit Hochdruck auffordern, sich an den seit Jahren vorliegenden, konkreten Gesetzesvorschlägen zu orientieren . Sie selbst haben leider einmal mehr gezeigt, dass Sie mit den Herausforderungen des digitalen Wan- dels als Gesetzgeber maßlos überfordert sind . Sie tau- meln nicht nur weiter orientierungslos durchs Neuland, mittlerweile haben Sie sich heillos verlaufen . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parla- ments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Ände- rung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betref- fend bestimmte Organismen für gemeinsame Anla- gen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen (Tagesordnungspunkt 22) Fritz Güntzler (CDU/CSU): Wir beraten heute in erster Lesung das Gesetz zur Umsetzung der Richtli- nie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23 . Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Ver- waltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergü- tungspolitik und Sanktionen . Ein sperriger Titel für ein Gesetz, mit dem wir die überarbeitete europäische OGAW-V-Richtlinie in das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), also in nationales Recht, überführen . Unter OGAW sind Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren zu verstehen . Hierbei handelt es sich um detailliert regulierte Invest- mentfonds, die nur in bestimmte Arten von Wertpapieren und anderen Finanzinstrumenten investieren dürfen und sich insbesondere an Privatanleger richten . Bevor ich auf die Einzelheiten des vorliegenden Ge- setzentwurfs eingehe, lassen Sie mich kurz einen Blick zurück auf die Entstehung des KAGB werfen . Seit etwas mehr als zwei Jahren ist das Gesetz nun in Kraft und bil- det die rechtliche Grundlage für Verwalter offener und geschlossener Fonds . Das KAGB hat das bis dahin gel- tende Investmentgesetz abgelöst und ist das Ergebnis der Umsetzung der europäischen Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) . Ziel des Gesetzgebers bei der Einführung war es, für den Schutz der Anleger einen einheitlichen Standard zu schaffen und den grauen Kapitalmarkt einzudämmen . Die Anforderungen des KAGB gelten dabei sowohl für Verwalter offener als auch geschlossener Fonds . Erstma- lig müssen damit auch Verwalter geschlossener Fonds gesetzliche Vorgaben erfüllen, die für offene Fonds be- reits seit langem gelten . Bis heute hat die BaFin 125 deutschen Kapitalver- waltungsgesellschaften eine Erlaubnis nach dem KAGB erteilt . Daneben ließen sich bislang 243 Kapitalverwal- tungsgesellschaften registrieren . Die Aufsicht genehmig- te insgesamt 294 neue Publikumsfonds und bearbeitete 3 958 Vertriebsanzeigeverfahren von inländischen und ausländischen Fonds . Seit dem Jahr 2013 haben wir das KAGB immer wie- der angepasst . Die letzten umfangreicheren Änderungen haben wir 2014 mit dem Gesetz zur Anpassung von Ge- setzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes (Finanzmarkt- anpassungsgesetz) vorgenommen . Heute beraten wir über die Umsetzung der EU-Richt- linie 2014/91 zur Koordinierung der Rechts- und Ver- waltungsvorschriften von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-V-Richtlinie), die bis März 2016 im sogenannten OGAW-V-Umsetzungsge- setz vollzogen sein soll . Neben der Implementierung der Vorgaben der OGAW-V-Richtlinie im nationalen Recht sollen auch gesetzliche Voraussetzungen geschaffen werden, unter denen alternative Investmentfonds Darlehen vergeben dürfen . Auf diesen Punkt komme ich später noch zurück . Mir scheint, dass es einer der wenigen in diesem Gesetz- gebungsverfahren ist, die noch strittig sein könnten . Überwiegend handelt es sich um ein sogenanntes technisches Gesetz mit wenigen „politischen“ Punkten . Neben der schon angesprochenen Möglichkeit der Darle- hensvergabe für Fonds sehe ich hier vor allem die Maß- nahmen zur Anpassung des KAGB an die Vorgaben des mit den USA geschlossenen FATCA-Abkommens . Derzeit befindet sich noch eine erhebliche Anzahl von Anteilscheinen an Sondervermögen als effektive Stücke im Umlauf . Mithilfe einer gesetzlichen Regelung (§ 356 -neu- KAGB), die besagt, dass Gewinnanteilscheine an Sondervermögen, die nach dem 31 . Dezember 2016 noch Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14095 (A) (C) (B) (D) im Umlauf sind, nicht mehr als Wertpapiere verkehrsfä- hig sind, soll erreicht werden, dass Anteilseigner ihre An- teile in Verwahrung geben . Ziel dieser Regelung ist, dass die Kapitalverwal- tungsgesellschaften (KVG) ihre Anteilseigner kennen . Mit dieser FATCA-konformen Anteilscheinverwahrung können KVGs sicherstellen, dass es nicht zu einer Straf- besteuerung von deutschen Investmentvermögen mit US-Geschäft kommt . Diese Maßnahmen sind zwar nicht Teil der Umset- zung der OGAW-V-Richtlinie, gleichwohl sind sie inter- national vorgegeben . Bei den sogenannten technischen Maßnahmen handelt es sich im Wesentlichen um eine 1:1-Umsetzung der eu- ropäischen OGAW-V-Richtlinie . Die neuen Vorgaben für OGAW werden teilweise über den Anwendungsbereich der OGAW-Richtlinie hinaus auch auf den Bereich der alternativen Investmentfonds (AIF) erweitert . Lassen sie mich auf die wichtigsten Maßnahmen kurz eingehen: Die Vergütungssysteme von OGAW-Kapi- talverwaltungsgesellschaften werden durch das Gesetz besser auf die langfristigen Interessen der Anleger und das Erreichen der Anlageziele des OGAW abgestimmt . Sie dürfen künftig keine Anreize mehr für das Eingehen übermäßiger Risiken enthalten . Wir stärken die Haftung der Verwahrstellen . Diese haben im Wesentlichen zwei Aufgaben . Zum einen ver- wahren sie die Vermögenswerte des OGAW . Zum ande- ren überwachen sie die Verwaltungsgesellschaften zum Schutze der Anleger . Künftig werden sich OGAW-Ver- wahrstellen nicht mehr exkulpieren können, wenn einem von ihnen in Anspruch genommenen sogenannten Unter- verwahrer Finanzinstrumente abhandenkommen . Außerdem werden aufgrund der Richtlinienvorgaben die im KAGB vorgesehenen Sanktionen bei Rechtsver- stößen verschärft und insgesamt neu strukturiert . Das Gesetz enthält neben den Anpassungen an die OGAW-V-Richtlinie auch noch Anpassungen an weite- re europarechtliche Vorgaben . Beispielsweise soll das KAGB an die unmittelbar geltende Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) an- gepasst werden . Mit dieser Verordnung wird eine neue Kategorie von AIF geschaffen, die langfristige Finanzie- rungsmittel für Infrastrukturprojekte, nicht börsennotier- te Unternehmen oder börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen zur Verfügung stellen . Die Darlehensvergabe durch AIF hatte ich zu Beginn meiner Rede schon angesprochen . Der Gesetzentwurf sieht nationale Regelungen vor, die über die Richtlinie hinausgehen . Ich will den parlamentarischen Beratungen nicht vorgreifen, vermute aber schon jetzt, dass wir uns diese Regelungen noch einmal genau anschauen werden . Mit diesem Gesetz soll national ein Rahmen für die Darlehensvergabe durch AIF geschaffen werden . Er- klärtes Ziel ist es, durch diese nichtbankgestützte Fi- nanzierungsform einen Beitrag für die Finanzierung der Realwirtschaft zu schaffen . Gleichzeitig wollen wir eine uferlose Darlehensvergabe verhindern – Stichwort: „Schattenbankproblematik“ – und dem Anlegerschutz Rechnung tragen . Der Rahmen ist also eng gesteckt . Im Gesetzentwurf steht, dass nur geschlossene – keine Rückgaberechte für Anleger – Spezial-AIF – keine Privatanleger – Darlehen vergeben dürfen und diese AIF auch nur begrenzt Kredite aufnehmen dürfen . Zudem müssen diese AIF ihr Risiko streuen und dürfen keine Darlehen an Verbraucher ver- geben . Die Vergabe von Gesellschafterdarlehen soll durch neu geschaffene Bedingungen erleichtert werden . Hier- bei berücksichtigt der Gesetzentwurf unter anderem das entsprechende Bedürfnis von Wagniskapitalfonds zur Darlehensvergabe an Beteiligungsunternehmen . Wie gesagt vermute ich, dass wir diesen Bereich in den Beratungen und der Anhörung vertiefen werden . Ich freue mich auf die anstehenden Gespräche und Beratun- gen mit Ihnen . Christian Petry (SPD): Mit Blick auf die Lehren der Finanzmarktkrise haben wir in dieser Legislaturpe- riode – neben wichtigen nationalen Gesetzen wie dem Kleinanlegerschutzgesetz von Verbraucherschutzminis- ter Heiko Maas – umfangreiche europäische Gesetzes- vorhaben umgesetzt . Dabei stand für uns der Schutz von Anlegerinnen und Anlegern stets im Vordergrund . Ein Gesetz, das primär auf europäischen Vorgaben fußt, ist das vorliegende OGAW-V-Umsetzungsgesetz, welches wir heute erstmalig beraten . Der Regierungsent- wurf basiert auf der OGAW-V-Richtlinie, die bis März 2016 in allen Staaten der Europäischen Union in nationa- les Recht umgesetzt sein muss . Seit 1985 definiert das OGAW-Regelwerk die Anfor- derungen, Aufgaben und Pflichten von Wertpapierfonds und ihren Verwahrern . Hierdurch gewährleistet der euro- päische Gesetzgeber europaeinheitliche Standards beim Anlegerschutz im Wertpapierfondsbereich . Durch die Überarbeitung der Richtlinie wird nun den Erfahrungen der Akteure am Markt Rechnung getragen . In der Bundesrepublik werden die Anforderungen der Richtlinie durch das Umsetzungsgesetz in das Kapitalan- lagegesetzbuch (KAGB) überführt . Hier kommt es mit Blick auf die Aufgaben der Ver- wahrstelle, der Vergütungspolitik von Fonds sowie die Sanktionsmöglichkeiten der Bundesanstalt für Finanz- dienstleistungsaufsicht (BaFin) zu umfangreichen Neu- erungen . Es ist zu begrüßen, dass es mit den geplanten Änderun- gen im KAGB zu einer Angleichung der Regelungen bei OGAW und alternativen Investmentfonds (AIF) kommen soll . Bislang gab es hier erhebliche Unterschiede . Klar ist: Das Schutzniveau für OGAW-Anleger muss ebenso umfassend sein wie für AIF-Anleger . Das übergeordnete Ziel des Umsetzungsgesetzes ist daher folgerichtig: Das OGAW-System soll an die bisherigen AIF-Regelungen im KAGB angepasst werden . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514096 (A) (C) (B) (D) In diesem Zusammenhang ist die gemäß der Richtlinie umzusetzende umfassende Ausweitung der Befugnisse der BaFin positiv hervorzuheben . Neben der allgemeinen Erhöhung des Bußgeldrah- mens sowie der Einführung umsatzbezogener Bußgelder kann die BaFin bei Fehlverhalten zukünftig Berufsverbo- te aussprechen . Sanktionsmaßnahmen der Bundesanstalt müssen zudem im Internet öffentlich gemacht werden und können dort bis zu fünf Jahren angezeigt werden . Zudem muss für Wertpapierfondsanleger zukünftig das interne Vergütungssystem eines OGAW öffentlich gemacht werden . Diese Transparenzanforderungen gal- ten bislang nur für Investmentfonds . Je nachdem, ob die Parameter der Vergütungspraxis eines Fonds an lang- oder kurzfristigen Zielen orientiert sind, kann die Anlagestrategie eines Investmentvermö- gens zukünftig besser abgeschätzt und beurteilt werden . Vor diesem Hintergrund sollen Anlegerinnen und Anle- ger ihre individuelle Investitionsentscheidung validierter treffen können . Neben der Angleichung bestehender Regeln für OGAW und AIF kommt es im Regierungsentwurf zum OGAW-V-Umsetzungsgesetz auch zu ganz grundlegen- den Neuerungen im KAGB: Genossenschaften werden zukünftig nicht mehr als Investmentvermögen im Sinne des KAGB klassifiziert. Die Regelungen, wonach Genossenschaften bislang Anforderungen aus dem Bereich des Fondswesens zu er- füllen hatten, um von der BaFin zugelassen zu werden, basieren auf dem Umstand, dass die dem KAGB zugrun- de liegende europäische Regelung nicht zwischen unter- schiedlichen Rechtsformen unterscheidet . Genossenschaften sind jedoch keine Fonds . Dies hat die BaFin bereits erkannt und ihre Verwaltungspraxis bezüglich Genossenschaften im März grundlegend geän- dert . Eingetragene Genossenschaften fallen seither nicht unter die Regelungen des KAGB . Die Bundesregierung stellt sich mit ihrem Gesetzent- wurf klar hinter diese Sicht der BaFin . Die geänderte Verwaltungspraxis der Bundesanstalt fußte bislang auf einem Auslegungsschreiben der Behörde selbst . Durch die Regelungen im Gesetzesentwurf wird die Intention des Auslegungsschreibens nun verbindlich in Gesetzes- form gegossen . Es obliegt nun den genossenschaftlichen Prüfverbän- den, sicherzustellen, dass die fortan weniger stark regu- lierte Rechtsform der eingetragenen Genossenschaften nicht zum gezielten Missbrauch genutzt wird . Neben den zu begrüßenden Regelungen des Gesetz- entwurfs, die zu einer größeren Transparenz im Fonds- bereich führen werden, gibt es aber auch Punkte, die wir in den anstehenden parlamentarischen Verhandlungen intensiv diskutieren müssen . Hierzu zählt die Neuerung, dass Fonds zukünftig in definierten Grenzen Darlehen vergeben dürfen. In den parlamentarischen Beratungen werden wir über den Um- fang und das Volumen dieser Vergabemöglichkeit disku- tieren müssen . Dabei gilt es einerseits, dem Ziel, neue Finanzierungs- möglichkeiten für die Wirtschaft zu schaffen, Rechnung zu tragen . Andererseits müssen wir sicherstellen, dass sich hierdurch keine Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher ergeben . Nicht erst seit der jüngsten War- nung der EZB und der Bundesbank über die Aktivitäten von Schattenbanken gilt der Kreditvergabe außerhalb des etablierten Bankensektors unsere erhöhte Aufmerksam- keit . Regelungen und Anforderungen im Fondsbereich müssen im Sinne der Anlegerinnen und Anleger ein- heitlich geregelt werden, unabhängig von der Form des Investmentvermögens . Der Regierungsentwurf stellt diesbezüglich die Harmonisierung zwischen den Anfor- derungen an OGAW und AIF sicher . Daneben bildet er eine gute Grundlage, um über die Stellung der Fondsbranche als Alternative und als Ergän- zung zu bestehenden und etablierten Finanzierungsstruk- turen in Europa zu diskutieren . Susanna Karawanskij (DIE LINKE): Ring frei für die nächste OGAW-Runde: Die OGAW-Richtlinie soll in der gesamten Europäischen Union für ein einheitliches regulatorisches System für offene Investmentfonds sor- gen . Es geht also um einen einheitlichen Binnenmarkt für Investmentfonds . In OGAW V werden insbesondere das Verwahrstellensystem (Wertpapierfirma oder Kreditins- titut) sowie Vergütungs- und Sanktionsregeln harmoni- siert . Das neue Gesetz verpflichtet dazu, eine einzige Ver- wahrstelle zu benennen, die die Zahlungen der Anleger in den Fonds überwacht . Damit soll unmissverständlich geklärt sein, wer für die Anlegergelder verantwortlich ist . Das Guthaben der Anleger muss von den eigenen Anla- gen der Treuhänder getrennt sein . Sie dürfen die ihnen anvertrauten Gelder weder als Sicherheit bei anderen Geschäften verwenden noch auf eigene Rechnung inves- tieren . Fondsmanager werden angehalten, keine Investitions- risiken einzugehen, denen ihre Investoren nicht zuge- stimmt haben . Interessant ist hierbei, dass ihnen, wenn ein OGAW Verluste macht, ihre Vergütung gekürzt werden kann . Die Linke unterstützt diesen Plan, um für langfris- tiges Investieren zu sorgen . Fraglich ist, wie ein wirklich demokratisches, transparentes Verfahren gewährleistet werden soll, um die Zustimmung für bestimmte Invest- mentvorhaben bei den Anlegenden abzufragen . Alle EU-Staaten sollen zudem Sanktionen für Fonds vorsehen, die die nationalen Regeln für Genehmigung und die Berichterstattung für OGAW missachten . Diese Sanktionen können öffentliche Verwarnungen, ein zeit- weiliges oder permanentes Fondsmanagement-Verbot für die Verantwortlichen und die Einziehung von Verwal- tungsgebühren einschließen . Wir sehen die Neuordnung der Bußgeldvorschriften in dem Umsetzungsgesetz als Schritt in die richtige Richtung an . Die drei Säulen von OGAW V könnten tatsächlich da- für sorgen, dass Kleinanleger besser geschützt werden, gerade wenn Investmentfonds mit dem Geld ihrer Kun- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14097 (A) (C) (B) (D) den riskante Geschäfte tätigen . Es ist richtig, die Fonds- manager in die Verantwortung zu nehmen und dafür zu sorgen, dass weniger auf kurzfristige Gewinne durch Spekulation und dafür auf langfristige Anlageerfolge ge- schaut wird . In dem Gesetzentwurf sind jedoch auch einige Än- derungen versteckt, die kritikwürdig erscheinen . Die §§ 261 bis 263 Kapitalanlagegesetzbuch – Anlagegren- zen, Risikomischung, Beschränkung von Leverage bei geschlossenen Publikums-AIF – werden dahin gehend geändert, dass Anknüpfungspunkt nicht mehr die Werte und Verkehrswerte der Vermögensgegenstände sind (bis- her § 263: 60 Prozent bezogen auf Verkehrswert), son- dern das eingeworbene, eingebrachte Kapital . In § 263 wird sich sogar nur auf das zugesagte Kapital bezogen . Künftig soll eine Kreditaufnahme bis 150 Prozent des eingebrachten und zugesagten Kapitals erlaubt sein . Ich habe den Eindruck, diese Regelung läuft dem ei- gentlichen Ansinnen des Gesetzes, riskante Anlagestrate- gien zu vermindern, zuwider . Es ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Gesetzgeber den Emittenten hier entgegenkommt . Bestehende Regeln drohen nach und nach aufgeweicht zu werden . Dies kann letztlich wieder zulasten der Finanzmarktstabilität und der Verbraucher gehen . Ferner stößt uns eine Änderung im KAGB und Kre- ditwesengesetz übel auf . Die erleichterte Vergabe von Gelddarlehen sehen wir kritisch . Ursprünglich sollten die AIFM, die alternativen Investmentfonds, den Schat- tenbanken entgegenwirken und das Regulationsgefälle einebnen . Schattenbanken, Kapitalsammelstellen ohne Banklizenz, sollten erfasst und reguliert werden . Nun plötzlich gibt es eine Deregulierung mit Befreiungen zu- gunsten von AIF im Kreditwesengesetz . Dies ist wirklich bedenklich . Der Gesetzentwurf soll schließlich dem Ziel der Bun- desregierung Rechnung tragen, mehr Beteiligungskapital und private Investoren für die Finanzierung von öffent- licher Infrastruktur zu gewinnen . Hier kommt dann die ELTIF-Verordnung ins Spiel, an die das KAGB ange- passt werden muss . Die Linke lehnt es ab, den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur der Privatisierung durch eine weitere Öff- nung der Anlagemöglichkeit freizugeben . Es wird Geld von privaten und institutionellen Anlegern eingesam- melt, häufig wird über öffentlich-private Partnerschaften investiert . In Wirklichkeit darf der Staat gar kein öffent- liches Infrastrukturprojekt als Einrichtung der Daseins- vorsorge ausfallen lassen . Er haftet, während die Fonds wachsen und immer größer werden . Dies ist aus unse- rer Sicht falsch . Es darf einer Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge und Infrastruktur nicht weiter Vorschub geleistet werden . Es sollen mit diesem Umsetzungsgesetz durchaus sinnvolle Regelungen gerade für Kleinanleger verab- schiedet werden . Umso bedauerlicher ist es, dass einige Änderungen dann doch wieder riskanteres Anlagever- halten fördern, was zum einen die Finanzmarktstabilität gefährden und zum anderen zu finanziellen Verlusten bei Verbrauchern führen kann . Insofern steht man diesem Gesetzentwurf mit einem weinenden und einem lachen- den Auge gegenüber . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auf den ersten Blick sind bei dem vorliegenden Gesetz- entwurf viele Sachen richtig . Es ist zu begrüßen, dass die durch den Madoff-Skandal und die Insolvenz der Invest- mentbank Lehman Brothers zutage getretenen Unzuläng- lichkeiten bei der OGAW-Regulierung angegangen wer- den . So sollen sich Verwahrstellen ihrer Haftung nicht länger entziehen können, wenn sie ihre Pflichten auf Unterverwahrer übertragen . Genau diese Möglichkeit hatte Madoff zum Schaden von Tausenden Anlegern in Luxem burg-Fonds ausgenutzt . Nicht zu begrüßen ist jedoch, dass Sie diese Lücke nicht bei inländischen Spezial-AIF schließen wollen, obwohl Publikumsfonds in gewissem Umfang in Spezi- al-AIF investieren dürfen . Auch an anderer Stelle verzich- ten Sie aus falsch verstandener Standortpolitik darauf, Spielräume bei der Umsetzung der OGAW-V-Richtlinie zugunsten des Anlegerschutzes zu nutzen . Das ist der Hauptvorwurf, den man Ihnen hier machen muss: Sie nutzen die Umsetzung der OGAW-V-Richtli- nie nicht, um die von Ihnen in der letzten Wahlperiode selbst erkannten Unzulänglichkeiten im Kapitalanlage- gesetzbuch zu beseitigen . So haben Sie als SPD-Fraktion vor zwei Jahren zum Schutz der Anleger bei geschlos- senen Publikums-AIF gefordert, die Grenze, bis zu der nur eine Minimalregulierung der Verwalter greift, von 100 Millionen auf 20 Millionen Euro abzusenken . Wei- terhin haben Sie gefordert, das Leverage dieser Fonds von 60 auf 30 Prozent des Wertes des Fonds zu be- schränken . Schließlich haben Sie die Einsetzung eines Sachverständigenausschusses zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Bewertung der zu erwerbenden Ver- mögengegenstände gefordert . Auch in einer Koalition mit der Union wäre zu er- warten, dass wenigstens eine dieser berechtigten Forde- rungen Eingang in den nun vorliegenden Gesetzentwurf findet. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wollen sie nunmehr das Gegenteil Ihrer ursprünglichen Forderun- gen regeln . So sollen geschlossene inländische Publikums-AIF zukünftig 150 Prozent des zugesagten Kapitals als Kredit aufnehmen können . Wie stellen Sie sicher, dass Kleinan- leger nicht mit Renditeversprechen in risikoreiche, kre- ditfinanzierte geschlossene inländische Publikums-AIF gelockt werden? Wie stellen sie sicher, dass zunächst nur ein Teil des zugesagten Kapitals eingezahlt werden muss? Sie erhöhen auch nicht die Belastbarkeit der exter- nen Bewertung von Vermögenswerten . Im Gegenteil, Sie wollen bei der Kreditvergabe an Beteiligungsun- ternehmen auf die Notwendigkeit jeglicher externen Werthaltigkeitsprüfung verzichten . Damit laden Sie zur Umgehung der Bewertungsregeln ein . Geschlossene Pu- blikums-AIF werden bei Bestandsbeteiligungen zukünf- tig einen Kredit gewähren können anstelle der Zeichnung einer Kapitalerhöhung . Nur bei letzterer soll eine externe Bewertung erforderlich sein . Dies ist falsch . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514098 (A) (C) (B) (D) Auch in der Gesamtschau sind die im Gesetzentwurf für die Kreditvergabe von Investmentfonds vorgesehe- nen Regelungen als unausgegoren zu bewerten . Offen- sichtlich haben Sie hier zu weiten Teilen dem Druck der Industrie nachgegeben . Besonders plastisch wird dies bei verbrieften Kreditforderungen: Nach dem Referentenent- wurf sollten diese bei offenen Spezial-AIF aufgrund der Fristenproblematik auf 50 Prozent des Wertes des Fonds beschränkt werden . Im nun vorliegenden Gesetzentwurf ist auf Druck des BVI diese aus Stabilitätssicht sinnvolle Regelung nicht mehr enthalten . Der zweite Hauptkritikpunkt an Ihrer Politik ist Ihr fehlender Wille, die Lehren aus der Pleite von Leh- man Brothers vollständig zu ziehen . Wie soll man den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes erklären, dass Zertifikate – trotz der bei Lehman-Zertifikaten entstan- denen Verluste für Zehntausende deutsche Anlegerinnen und Anleger – weiterhin im Wesentlichen unreguliert bleiben? Sie ignorieren vollständig, dass Investment- vermögen und Zertifikate Substitutionsgüter sind. Dies können sie beispielsweise an Index-ETFs und Index-Tra- cker-Zertifikaten erkennen. Eine sachgerechte Bewer- tung der Regulierung der Investmentfonds bedarf daher auch einer Bewertung der den Banken belassenen Mög- lichkeiten zur Regulierungsarbitrage . Die Ausschussbe- ratungen zum vorliegenden Gesetzentwurf werden sich daher auch mit diesem Thema befassen müssen . Zwei Punkte sind dabei zentral: Anders als bei Investmentvermögen droht den Klein- anlegerinnen und Kleinanlegern bei Zertifikaten im Fall der Insolvenz des Emittenten auch weiterhin der Total- verlust . Ein sachlicher Grund für dieses unterschiedliche Schutzniveau bei substituierbaren Produkten ist jedoch nicht erkennbar . Insbesondere sind mögliche Regelungen zum Schutz von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern vor der Insolvenz des Zertifikateemittenten offensicht- lich: Zertifikate könnten wie OTC-Derivate über Zentra- le Kontrahenten gecleart werden oder wie zum Beispiel die Zertifikate am COSI- bzw. ETP-Segment der Schwei- zer Börse besichert werden . Jedenfalls sollten Zertifikatestrukturen endlich ver- boten werden, die offensichtlich für den Kleinanleger ungeeignet sind . Es ist nicht verständlich, wieso Struk- turen, mit denen Kleinanleger 2008 erhebliche Verluste erlitten, auch weiterhin Kleinanlegern angeboten werden können . Bei diesen Cobald-, Colibri- oder First-to-De- fault-Bonitätsanleihen sind die Rückzahlungen und die Zinszahlungen von der Solvenz von bis zu fünf Refe- renzunternehmen abhängig . Bereits die Insolvenz eines der Referenzunternehmen kann zum Totalverlust führen . Es ist schlicht inakzeptabel, wenn Banken auch weiter- hin auf diese Weise Risiken auf Kleinanlegerinnen und Kleinanleger verlagern können . Dr. Michael Meister, Parl . Staatssekretär beim Bun- desminister der Finanzen: Mit dem vorliegenden Gesetz- entwurf werden europäische Vorgaben umgesetzt, aber auch eigene nationale Regelungen getroffen . Im Hinblick auf die europäischen Vorgaben setzt der Entwurf zunächst die jüngsten Änderungen der soge- nannten OGAW-Richtlinie um . Unter OGAW sind Organismen für gemeinsame An- lagen in Wertpapieren zu verstehen . Hierbei handelt es sich um detailliert regulierte Investmentfonds, die nur in bestimmte Arten von Wertpapieren und anderen Finanz- instrumenten investieren dürfen und sich insbesondere an Privatanleger richten . Die neuen Vorgaben für OGAW werden zudem teil- weise über den Anwendungsbereich der OGAW-Richt- linie hinaus auch auf den Bereich der alternativen In- vestmentfonds erweitert . Alternative Investmentfonds sind Investmentvermögen, die keine OGAW sind, zum Beispiel offene Immobilienfonds, Hedgefonds und Pri- vate-Equity-Fonds . Zu den Vorgaben der OGAW-Richtlinie: Die Vergütungssysteme von OGAW-Kapitalverwal- tungsgesellschaften dürfen keine Anreize für das Ein- gehen übermäßiger Risiken enthalten und müssen bes- ser auf die langfristigen Interessen der Anleger und das Erreichen der Anlageziele des OGAW abgestimmt sein . Verwahrstellen haben zwei Aufgaben . Zum einen verwahren diese die Vermögenswerte des OGAW . Zum anderen überwachen sie die Verwaltungsgesellschaften zum Schutze der Anleger . OGAW-Verwahrstellen kön- nen sich künftig nicht mehr exkulpieren, wenn sie einen Unterverwahrer in Anspruch nehmen und Finanzinstru- mente bei diesem Unterverwahrer abhandenkommen . Aufgrund der Richtlinienvorgaben werden die im Kapitalanlagegesetzbuch vorgesehenen Sanktionen bei Rechtsverstößen verschärft und insgesamt neu struktu- riert . Anpassung an weitere europarechtliche Vorgaben: Darüber hinaus wird das Kapitalanlagegesetzbuch an die unmittelbar geltende Verordnung über europäi- sche langfristige Investmentfonds angepasst . Mit dieser Verordnung wird eine neue Kategorie von alternativen Investmentfonds geschaffen, die langfristige Finanzie- rungsmittel für Infrastrukturprojekte, nicht börsennotier- te Unternehmen oder börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen zur Verfügung stellen . Nationale Regelungen zur Darlehensvergabe durch AIF: Schließlich soll mit diesem Gesetzentwurf ein natio- naler Rahmen für die Darlehensvergabe durch alternative Investmentfonds geschaffen werden . Dadurch kann diese nichtbankgestützte Finanzierungsform einen Beitrag für die Finanzierung der Realwirtschaft bilden . Gleichzeitig verhindert dieser Rahmen eine uferlose Darlehensverga- be – „Schattenbankproblematik“ – und trägt dem Anle- gerschutz Rechnung . Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nur geschlossene Spezial-AIF – das heißt: Alternative Investmentfonds, bei denen kein Rückgaberecht für Anleger besteht und die sich nicht an Privatanleger richten – Darlehen verge- ben, und diese alternativen Investmentfonds dürfen auch Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14099 (A) (C) (B) (D) nur begrenzt Kredite aufnehmen . Zudem müssen diese alternativen Investmentfonds ihr Risiko streuen und dür- fen keine Darlehen an Verbraucher vergeben . Gesellschafterdarlehen können unter erleichterten Be- dingungen vergeben werden . Hiermit wird unter anderem das entsprechende Bedürfnis von Wagniskapitalfonds zur Darlehensvergabe an Beteiligungsunternehmen berück- sichtigt . Die Schaffung dieses nationalen Rahmens für die Dar- lehensvergabe durch alternative Investmentfonds soll aus unserer Sicht nur ein erster Schritt sein . Denn man muss wissen: Alternative Investmentfonds, die Darlehen vergeben, können aufgrund des sogenann- ten Europäischen Passes europaweit an professionelle Anleger vertrieben werden . Auch können alternative In- vestmentfonds grenzüberschreitend Darlehen gewähren . Chancen und Risiken dieser neuen Finanzierungsform sind also europäisch . Wir brauchen daher auch eine euro- päische Regulierung . Dies haben wir gegenüber der Eu- ropäischen Kommission deutlich gemacht . Wir begrüßen daher, dass die Europäische Kommissi- on im Rahmen ihrer Arbeiten zur Schaffung einer Kapi- talmarktunion bis Ende nächsten Jahres prüfen will, ob ein europäisches Rahmenwerk für darlehensvergebende alternative Investmentfonds notwendig ist . Wir werden dafür eintreten . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden Zur Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Ein- kommensteuergesetzes zur Erhöhung des Lohn- steuereinbehalts in der Seeschifffahrt (Tagesord- nungspunkt 23) Olav Gutting (CDU/CSU): Wir beraten heute in ers- ter Lesung einen Gesetzentwurf des Bundesrates, durch den der Lohnsteuereinbehalt der Arbeitgeber in der See- schifffahrt von derzeit 40 Prozent auf 100 Prozent be- fristet bis Ende 2020 angehoben werden soll . Die Maß- nahme soll den deutschen Reedern einen Kostenvorteil in Höhe der eigentlich abzuführenden Lohnsteuer bringen und diese damit direkt unterstützen . Ziel dieser Unterstützung ist es, den seemännischen Sachverstand für den Standort Deutschland nachhaltig zu sichern und unsere maritime Wirtschaft zu stärken . Un- sere maritime Wirtschaft ist für unser exportorientiertes Land von hoher gesamtwirtschaftlicher Relevanz und deshalb ein überaus wichtiger Wirtschaftszweig . Gerade weil fast 95 Prozent des interkontinentalen Warenaustau- sches über die Seewege erfolgt, haben wir als eine der führenden Exportnationen ein überragendes Interesse an einer leistungsstarken und international wettbewerbsfä- higen deutschen maritimen Wirtschaft . Ein Großteil der deutschen Warenexporte und der Rohstoffimporte werden mit dem Schiff transportiert. Unsere umfangreichen Exporte von Autos und Maschi- nen wäre ohne eine schlagkräftige Seeschifffahrt nicht denkbar . Zudem sichern unsere Häfen einen wichtigen Teil der industriellen Rohstoffversorgung . Wir wissen, dass jeder zweite Arbeitsplatz in Deutsch- land vom Export abhängt . Unsere maritime Wirtschaft sichert bundesweit insgesamt über 400 000 Arbeitsplätze und trägt mit circa 50 Milliarden Euro Umsatz jährlich zur deutschen Wirtschaftsleistung bei . Beunruhigend ist, dass sich trotz anhaltender Export- erfolge unsere Handelsflotte in den letzten Jahren stark reduziert hat . Obwohl sich knapp 3 000 Handelsschiffe im Eigentum deutscher Reedereien befinden, fahren je- doch nur rund 360 unter deutscher Flagge . Die Anzahl der unter deutscher Flagge fahrenden Handelsschiffe hat sich somit seit dem Jahr 2000 halbiert . Die Gründe für die zunehmende Ausflaggung und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Be- schäftigung und Ausbildung unserer Seeleute sind leicht zu erklären . Die unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe sind hinsichtlich der Lohnkosten und der Lohnnebenkosten dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt . Hier erge- ben sich Mehrkosten für die unter deutscher Flagge fah- renden Schiffe, die im internationalen Vergleich zuneh- mend zu einem Wettbewerbsnachteil führen . Um diesen Kostendruck auf die Reedereien abzumil- dern und eine weitere Abwanderung der deutschen Schif- fe ins Ausland zu verhindern, wollen wir handeln . Wir halten die aktuelle Förderung für nicht ausreichend, um das seemännische Know-how nachhaltig in Deutschland zu erhalten, zumal der zulässige Förderrahmen von an- deren EU-Staaten in dieser Beziehung im Vergleich zu Deutschland mehr ausgeschöpft wird . Die deutschen Schiffe stehen damit auch im innereuropäischen Kosten- wettbewerb . Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kön- nen daher die Anhebung des Lohnsteuereinbehalts auf 100 Prozent nur befürworten . Wir reduzieren damit den Kostendruck und sichern die Beschäftigung unter deut- scher Flagge . Sicherlich werden wir im Laufe der weiteren Beratun- gen zu diesem Gesetzentwurf Detailfragen, insbesondere die derzeit bestehende sogenannte 183-Tage-Regelung, genauer zu besprechen haben . Nach dieser Regel ist für die Inanspruchnahme des Lohnsteuereinbehalts – neben dem Führen der deutschen Flagge – ein Arbeitsverhältnis von mehr als 183 Tagen erforderlich . Wir sollten auch darüber diskutieren, ob die durch den Gesetzentwurf vorgesehene Befristung des erhöhten Lohnsteuereinbehalts zur Planungssicherheit der Reeder auf das Jahr 2025 zu verlängern ist . Ich freue mich auf die weiteren Beratungen zu diesem Gesetzentwurf . Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): Oft und gerne diskutieren wir in Deutschland darüber, dass Vorgaben der EU nicht 1:1 umgesetzt werden . Wir beklagen da- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514100 (A) (C) (B) (D) bei meist, dass wir hier zusätzliche bürokratische Hürden einbauen . Ob diese Kritik immer richtig ist oder nicht, will ich an dieser Stelle nicht bewerten . Hier – beim Lohnsteuerein- behalt – geht es mir aber darum, dass Spielräume, die die Europäische Union zulässt, von Deutschland eben gerade nicht genutzt werden, wohl aber von unseren Konkurren- ten im Bereich maritime Wirtschaft . Wir diskutieren heute also über eine Regelung, die zum einen EU-Vorgaben entspricht . Zum anderen wird der 100-prozentige Lohnsteuereinbehalt bei unseren eu- ropäischen Mitbewerbern bereits vollständig oder fast vollständig umgesetzt . Es geht also um eine Anglei- chung, damit unsere deutsche Seeschifffahrt auch in Zu- kunft wettbewerbsfähig bleibt . Gut 70 Prozent der etwa 400 Reedereien in Deutsch- land haben weniger als 10 Schiffe . Und gerade für diese mittelständischen Unternehmen – die meisten davon üb- rigens Familienunternehmen – wollen wir die Rahmen- bedingungen verbessern, damit sie besser im internatio- nalen Wettbewerb mithalten können . „Internationaler Wettbewerb“ heißt in diesem Fall: direkte und indirekte staatliche Subventionen, staatliche Finanzierungsmodelle oder gar staatseigene Betriebe, und dies teilweise sogar innerhalb der Europäischen Uni- on, in jedem Fall aber verbreitet in Asien . Ja, es ist klar: Wir wollen und können keine Subven- tionsspirale in Gang setzen . Aus marktwirtschaftlicher Sicht sind Ausnahmetatbestände bei Steuern natürlich immer schwierig . Aber: Um die Voraussetzungen für unsere mittelstän- dischen Unternehmen der maritimen Wirtschaft zu ver- bessern, ist es legitim, den Spielraum, den die EU in die- sem Fall zulässt, auch tatsächlich auszunutzen . Daher meine ich: Die Anhebung des Lohnsteuerein- behalts ist gut für die Branche und ein gutes Signal für unsere mittelständischen Reeder . Der Bund hat in den letzten Jahren die Rahmenbedin- gungen für unsere maritime Wirtschaft in vielen Berei- chen deutlich verbessert . Stichworte dafür sind: „Nati- onaler Masterplan Maritime Technologien“, Einbindung der Branche in die Hightech-Strategie der Bundesregie- rung oder jüngst die Entfristung der Schiffserlöspools von der Versicherungssteuer . Daher freue ich mich, dass auf unser Drängen nun auch die norddeutschen Länder – man könnte auch sagen „endlich“ – einmal einen Vorschlag machen, um unsere maritime Wirtschaft international voranzubringen . Und dies wollen wir nun auch gemeinsam umsetzen . Der Vorschlag, den wir heute beraten, geht in die rich- tige Richtung . Leider bleibt er aber hinter dem zurück, was wir in der Großen Koalition gemeinsam (!) mit un- serem Antrag zur maritimen Wirtschaft Mitte Oktober beschlossen haben . Aber: Das macht nichts . Im anstehenden parlamentari- schen Verfahren werden Änderungen beraten . Im Antrag zur maritimen Wirtschaft haben wir uns als Union und SPD zum einen darauf verständigt, neben der Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts vor allem die 183-Tage-Rege- lung zu streichen . Und zum anderen sind wir uns einig, dass wir erst nach gut zehn Jahren eine Evaluierung die- ser Maßnahmen benötigen . Warum sind diese gemeinsamen Beschlüsse der Gro- ßen Koalition wichtig? Die 183-Tage-Regelung hat nicht nur zu immensem bürokratischem Aufwand geführt . Vor allem aber wird ein Wegfall dieser Regelung dafür sorgen, dass Reederei- en ihr Personal flexibler und wirtschaftlicher einsetzen können . Das ist gut für die Unternehmen und vor allem auch gut für die Arbeitnehmer . Eine Evaluierung – und eine damit einhergehende mögliche Veränderung erst nach zehn Jahren, und nicht schon nach fünf Jahren – erhöht die Planbarkeit für die Reedereien und sorgt für langfristige Beschäftigungs- möglichkeiten . Und genau dies ist doch wichtig . Wir wollen mit dem vorliegenden Entwurf und mit den Ergänzungen, die wir vorschlagen vor allem eines: Wir wollen die Ausbildung und das maritime Know-how in Deutschland erhalten . Wir sprechen hier einerseits über deutsche Seeleute, die auf Schiffen ihren Dienst tun . Aber wir reden hierbei vor allem auch über seemännisches Know-how, das abseits der Schiffe benötigt wird: bei den Lotsen, bei maritimen Dienstleistern und nicht zuletzt bei Behörden . Wir wollen und müssen die Wettbewerbsfähigkeit unserer maritimen Wirtschaft weiter stärken und die Zu- kunftsfähigkeit dieser global immens wichtigen Branche sichern . In China heißt es: „Nicht der Wind, sondern das Segel bestimmt die Richtung“ . Ich glaube: Wir sind in dieser Frage dabei, die Segel richtig zu setzen . Und daher freue ich mich auf die nun anstehenden parlamentarischen Beratungen, in denen wir noch wei- tere Verbesserungen für unsere maritime Wirtschaft her- beiführen werden . Schon heute möchte ich an die Länder appellieren: Verschließen Sie sich diesen Verbesserungen nicht, son- dern unterstützen auch Sie diese für ganz Deutschland wichtige Branche . Dr. Birgit Malecha-Nissen (SPD): Schifffahrt und maritime Wirtschaft gehören zu den wichtigsten Wirt- schaftszweigen in unserem Land und haben wesentlich zu Deutschlands führender Position im Exportbereich beigetragen . Damit liefern sie einen wesentlichen Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung im ganzen Land . Die deutsche Seeschifffahrt hat eine enorme Bedeutung für Arbeitsplätze und Wertschöpfung am Standort Deutsch- land . Die maritime Wirtschaft sichert etwa 480 000 Ar- beitsplätze und trägt mit rund 30 Milliarden Euro zur deutschen Wirtschaftsleistung bei . Mehr als 370 Ree- dereien betreiben ihre rund 2 900 Schiffe von Deutsch- land aus . Doch die Arbeitssituation in der deutschen Seeschiff- fahrt ist in Seenot geraten . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14101 (A) (C) (B) (D) Die langanhaltende Krise in der Seeschifffahrt und die Veränderungen im internationalen Markt haben ihre Spuren hinterlassen . Die mittelständisch geprägte Schiff- fahrtsbranche befindet sich im Umbruch. Deutsche Ree- dereien haben sich dafür entschieden, ihre Schiffe aus- zuflaggen. Lediglich 354 Handelsschiffe führen immer noch die deutsche Flagge . Im internationalen Schiffsver- kehr sind es sogar weniger als 200 . Zum Vergleich wa- ren es im Jahr 2000 knapp 700 . Mit jedem Schiff, das Deutschland verloren geht, verliert der Standort seemän- nisches Know-how und wichtige Steuereinnahmen . Deswegen brauchen wir neue Arbeitsplätze und Planungssicherheit bei den bereits vorhandenen . Die Absolventen der Hoch- und Fachhochschulen müssen Anstellungsplätze finden, um die vorgeschriebene Erfah- rungsseefahrtzeit und somit auch ihre Ausbildung abzu- schließen . Nach Angaben des Verbands Deutscher Reeder ist zu Beginn 2015 die Zahl deutscher Seeleute auf rund 6 700 gesunken . Betroffen vom Verlust des maritimen Know- how sind die Hafenbetreiber, die Wasserschutzpolizei, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, die ganze Zu- lieferindustrie sowie Forschung und Entwicklung . Be- sonders betroffen sind die Lotsenbrüderschaften – kein Schiff kann den Nord-Ostsee-Kanal ohne Lotsen befah- ren oder den Hamburger Hafen ohne Lotsen ansteuern . Wir müssen dafür sorgen, dass die weitere Ausflag- gung deutscher Schiffe verhindert wird . Die Entscheidung für die Ausflaggung wird mit erheb- lichen Mehrkosten für das Führen der deutschen Flag- ge im internationalen Vergleich begründet . Deutschland schöpft den zulässigen EU-Rahmen für die Schifffahrts- förderung bislang nur zum Teil aus . Es wird höchste Zeit, dass auch wir die Möglichkeiten nutzten, die uns die EU-Kommission in der Beihilfeleitlinie für den Seever- kehr bietet . Zur Förderung der Beschäftigung in der deutschen Seeschifffahrt haben wir bereits umfangreiche Maßnah- men eingeführt . Mit der Tonnagesteuer, dem Lohnsteuer- einbehalt von 40 Prozent, den Fördermitteln zur Senkung der Lohnnebenkosten, der Ausbildungsförderung und der Schiffsbesetzungsverordnung hat der Bund in den vergangenen Jahren wichtige Weichen gestellt, um den Schifffahrtsstandort zu stärken . Mit unserem Antrag „Die maritime Wirtschaft stärken und ihre Bedeutung für Deutschland hervorheben“ zur 9 . Nationalen Maritimen Konferenz haben wir uns das Ziel gesetzt, Anpassungen vorzunehmen, um Arbeits- plätze und Know-how am Standort Deutschland langfris- tig zu sichern . Damit wir die deutsche Flagge weiterhin international wettbewerbsfähig halten können, haben wir eine Reihe von Maßnahmen aufgezeigt . Wir haben die Bundesregie- rung aufgefordert, ein Gesamtkonzept zur Entwicklung der Schifffahrt zu gestalten . Die Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts von 40 auf 100 Prozent für Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge ist ein weiteres wesentliches Element dieses Maß- nahmenpaketes . Die Steuerbefreiung haben wir jedoch zeitlich bis zum 31 . Dezember 2025 begrenzt . Mit dieser Frist möchten wir dem Gesetzgeber zeitnah die Möglich- keit zur Evaluierung der Maßnahmen geben . Als Bedin- gung für die Steuererleichterungen fordern wir von den Reedern, weiterhin die deutsche Flagge zu führen und die Beschäftigung von Seeleuten mit Wohn- und Lebensmit- telpunkt in Deutschland zu sichern . Unser Ziel ist es, maritimes Know-how dauerhaft zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern . Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir ein umfangreiches Maßnahmenpa- ket auf den Weg gebracht . Das „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes zur Erhöhung des Lohnsteu- ereinbehalts in der Seeschifffahrt“ ist ein weiteres Instru- ment zur Förderung unserer Seeschifffahrt . Um die Beschäftigung von deutschen Seeleuten zu si- chern, brauchen wir jetzt eine klare, verbindliche Zusage der deutschen Reeder für bessere, sozialverträgliche und tarifgebundene Arbeitsverträge . Dr. Jens Zimmermann (SPD): Wir beraten heute in erster Lesung den Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung des Einkommensteuergesetzes zur Erhöhung des Lohnsteuereinbehaltes in der Seeschifffahrt . Der Gesetzentwurf des Bundesrates hat zum Ziel, Arbeitsplätze in der Seeschifffahrt zu sichern und den Schifffahrtsstandort Deutschland international konkur- renzfähig zu halten . Mit dem Entwurf soll vermieden werden, dass die Zahl der Schiffe unter deutscher Flagge weiterhin rückläufig ist. Die maritime Wirtschaft ist nicht nur für die Küsten- länder, sondern für ganz Deutschland von großer Be- deutung . Mehr als 400 000 Arbeitsplätze, fast 3 000 in diesem Bereich tätige Unternehmen sowie etwa 60 Pro- zent deutscher Exporte, die über den Seeweg erfolgen, sprechen hier für sich. Deutschlandweit profitieren viele Wirtschaftszweige von einem starken Schifffahrtsstand- ort . In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren, allerdings stetig reduziert . Die Reedereien begründen dies häufig mit den Mehrkos- ten, die Fahren unter deutscher Flagge im Vergleich zu anderen Flaggen mit sich bringt . Auch die Koalitionsfraktionen haben erkannt, dass die Situation für deutsche Reedereien im internationalen Konkurrenzkampf in den letzten Jahren nicht einfacher geworden ist . Deshalb teilen wir mit dem Bundesrat die Absicht, hier gesetzgeberisch tätig zu werden, und begrü- ßen die Gesetzesinitiative des Bundesrates . Dass auch wir es mit einer Stärkung der maritimen Wirtschaft ernst meinen, haben wir mit einem Antrag der Großen Koalition – „Die maritime Wirtschaft stär- ken und ihre Bedeutung für Deutschland hervorheben“, Drucksache 18/6328 – gezeigt, der Mitte Oktober vom Deutschen Bundestag verabschiedet wurde . In den parlamentarischen Beratungen zu dem hier vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesrates werden wir uns an den steuerlichen Maßnahmen orientieren, die wir in dem gemeinsamen Antrag der Großen Koalition fest- geschrieben haben: Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514102 (A) (C) (B) (D) Wir haben – gleichlautend zu dem Vorschlag des Bun- desrates – ebenfalls eine Erhöhung des Lohnsteuerein- behaltes von 40 auf 100 Prozent festgeschrieben . Die Anhebung des Lohnsteuereinbehaltes führt dazu, dass von der an den Fiskus abzuführenden Lohnsteuer ein bestimmter Teil stattdessen bei den Arbeitgebern – den Reedereien – verbleibt . So erhalten deutsche Reedereien einen Kostenausgleich, weil der Betrieb unter deutscher Flagge wegen der Sozialabgaben vergleichsweise teuer ist. Diese finanzielle Unterstützung können und sollten die Reedereien wiederum in die deutsche maritime Wirt- schaft und in Arbeitsplätze investieren . Bisherige Voraussetzung für den Lohnsteuereinbehalt war die Anwendung der sogenannten 183-Tage-Rege- lung . Die 183-Tage-Regelung ist im Steuerrecht insbe- sondere im Zusammenhang mit Doppelbesteuerungsab- kommen wichtig . Denn diese gilt als ein Indikator für die Feststellung, in welchem Staat der Arbeitslohn versteuert werden muss . Nach dem jeweils geschlossenen Doppel- besteuerungsabkommen liegt das Besteuerungsrecht re- gelmäßig beim Tätigkeitsstaat, nicht beim Ansässigkeits- staat . Hierfür ist allerdings erforderlich, dass die Arbeit im Tätigkeitsstaat jährlich an mindestens 183 Tagen – also mehr als ein halbes Jahr – erfolgt ist . Damit der Lohnsteuereinbehalt bisher greifen konnte, mussten Seeleute also für mehr als die Hälfte des Jah- res in einem ununterbrochenen Heuerverhältnis zu einer Reederei gestanden haben . Oft werden Heuerverhältnis- se aber für einen kürzeren Zeitraum abgeschlossen . Häu- fig scheint gerade die 183-Tage-Regelung zu verhindern, dass überhaupt Heuerverhältnisse abgeschlossen werden . Für die Steuerbehörden ist die Anwendung der 183-Ta- ge-Regelung im Zusammenhang mit dem Lohnsteuer- einbehalt außerdem oft mit einem erheblichen Aufwand verbunden . Um den Mechanismus des Lohnsteuereinbehaltes einem breiteren Beschäftigtenkreis in den Reedereien zukommen zu lassen und um andererseits den Steuerbe- hörden ihre Arbeit zu erleichtern, haben wir für diesen Bereich die Abschaffung der sogenannten 183-Tage-Re- gelung vorgeschlagen . Die Abschaffung der Regelung soll den Reedern auch den Lohnsteuereinbehalt für See- leute ermöglichen, die weniger als 183 Tage am Stück in einem Heuerverhältnis unter deutscher Flagge stehen . Diese Maßnahme ist im vorliegenden Gesetzentwurf bis- her nicht vorgesehen . Wir teilen innerhalb der Koalitionsfraktionen und auch mit dem Bundesrat das gleiche Ziel: Niemand möchte, dass die deutsche Seeschifffahrt gegenüber der internati- onalen Konkurrenz nicht mehr wettbewerbsfähig ist . Die deutsche Flagge muss deshalb wieder attraktiver werden . Über den Weg dahin haben wir allerdings mit unserem Koalitionspartner und den eigenen Facharbeitsgruppen, die an der Formulierung des Antrages beteiligt waren, intensiv diskutiert . Denn beide Maßnahmen – der Lohnsteuereinbehalt ebenso wie Abschaffung der 183-Tage-Regelung – sind ohne Frage ein erheblicher Eingriff in das deutsche Steu- errecht . Steuersystematisch habe ich als Finanzpoliti- ker – und da spreche ich für die gesamte AG Finanzen der SPD-Fraktion – berufsmäßig immer dann Bedenken, wenn es um steuerliche Ausnahmeregelungen für einzel- ne Branchen geht . Bei beiden steuerlichen Maßnahmen ist deren lang- fristiger Nutzen für die deutsche maritime Wirtschaft nicht so einfach vorauszusehen. Aufgrund der finanziel- len Größenordnung der jährlichen Steuermindereinnah- men sollte deshalb nach einiger Zeit überprüft werden können, wie die zusätzlichen finanziellen Mittel von den Reedereien eingesetzt wurden . Wir haben uns als SPD-Fraktion deshalb in den Bera- tungen zu dem Antrag dafür eingesetzt, für beide Maß- nahmen eine Befristung bis Ende 2025 festzuschreiben . Alle Beteiligten sind sich in den Beratungen zu dem An- trag am Ende einig geworden, dass eine Befristung bei- der Maßnahmen sinnvoll ist . So kann der Gesetzgeber nach einem belastbaren Zeitraum von zehn Jahren evalu- ieren, ob beide Maßnahmen die deutsche Seeschifffahrt nachhaltig stärken konnten und gegebenenfalls gesetzge- berisch nachsteuern . Mit einem Befristungszeitraum von zehn Jahren, doppelt so lange wie im Gesetzentwurf des Bundesrates vorgeschlagen, stellen wir außerdem sicher, dass die maritime Wirtschaft Planungssicherheit hat . Ich gehe davon aus, dass wir uns in den Beratungen im Bundestag zügig auf die eben dargestellten Änderungen zu dem vorliegenden Gesetzentwurf einigen werden . Richard Pitterle (DIE LINKE): Nach dem Zusam- mentritt der griechischen Regierung unter dem neuen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras im Januar 2015 wur- de der deutschen Öffentlichkeit ein neues Feindbild prä- sentiert: der griechische Reeder . Es sei jetzt höchste Zeit, dass Griechenland seine Reeder besteuert, tönte es aus den vorderen Reihen der Union . Denn wer die Reichsten der Reichen nicht besteuere, könne auch keine europäi- sche Solidarität einfordern . Äußerungen, die so manchen deutschen Reeder ins Schwitzen gebracht haben dürften . Die Großzügigkeit gegenüber deutschen Reedern und der maritimen Wirt- schaft hierzulande braucht den Vergleich mit Griechen- land nicht scheuen . Zwar garantiert das Grundgesetz nicht deren Besteuerungsfreiheit . Mit Artikel 27 GG ist aber auch die deutsche Handelsflotte in der Verfassung fest verankert . 1995 adelte das Bundesverfassungsge- richt die deutsche Handelsflotte als quasi unverzichtbar und erteilte dem Gesetzgeber aufgrund des kaum be- einflussbaren Wettbewerbs der Handelsschifffahrt in in- ternationalen Gewässern eine Blankovollmacht bei der Rechtsetzung . Bei Lobbyisten knallten die Sektkorken . Geht nicht, gab es nicht mehr . Schließlich haben die Reeder ein Druckmittel, von dem andere Branchen nur träumen: die „Ausflaggung“. Wenn deutsche Industriebetriebe mit Standortwechseln drohen, ist das oft nicht mehr als ein Säbelrasseln . So einfach ist es nicht, Produktionsstätten und Know-how aus dem Inland zu verlagern . Welches Recht jedoch auf einem Schiff gilt, das in den Meeren der Welt unterwegs ist, überlässt das Völkerrecht der Flagge, also dem Hoheitszeichen eines Staates . Allein die Flagge bestimmt somit die Geltung von Steuerrecht, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 2015 14103 (A) (C) (B) (D) Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht . Wem das deut- sche Recht zu kostenintensiv erscheint, der flaggt aus. Wem das deutsche Recht zu umweltfreundlich erscheint, der flaggt aus. Wem das deutsche Recht zu viele Ar- beitsschutzvorgaben macht, der flaggt aus. Ein spröder Verwaltungsvorgang, der sich wie der Kauf von Schu- hen online erledigen lässt . Und so kommt es, dass zwar deutsche Reeder mit 3 000 Schiffen derzeit die viertgröß- te Handelsflotte weltweit stellen. Nach der Beflaggung landet Deutschland mit höchstens 500 Schiffen aber weit abgeschlagen auf dem 16 . Platz . Die Sieger sind Panama und Liberia . Selbst Griechenland landet nur auf Platz 8 – hinter Malta mit gerade 400 000 Einwohnern . Und während die Steuer- und Finanzpolitik weltweit gegen Steueroasen und Schattenfinanzzentren kämpft, ergibt sich die Wirtschafts- und Verkehrspolitik dem scheinbar unvermeidlichen Schicksal und der unverhoh- lenen Erpressung der Reeder . Unter Federführung des schwarz-gelb dominierten Verkehrsausschusses wurden 1999 unter Beifall der SPD die Tonnagebesteuerung und der Lohnsteuereinbehalt eingeführt . Bei der Tonnagebesteuerung wird der Gewinn anhand der Größe des Schiffes bestimmt . Das ist so, als würden Juweliere ihren Gewinn anhand der Umverpackungen von Brillantringen ermitteln . Allein dadurch sind in den Jahren 2003 bis 2014 Steuermindereinnahmen in Höhe von 4 Milliarden Euro entstanden . Beim Lohnsteuereinbehalt teilen sich Fiskus und Reeder die von ihren Arbeitnehmern gezahlten Steuern . 40 Prozent darf der Reeder derzeit in die eigene Tasche umleiten . Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf soll er 100 Prozent behalten dürfen . Eine Forderung, die von Bündnis 90/Grüne schon 1999 erhoben wurde . Der Staat erhält vom Besatzungsmitglied dann nicht nur keine Lohnsteuer mehr, er müsste sogar bei der Veranlagung lediglich auf dem Papier an ihn überzahlte Steuern er- statten . Zusätzlich gewährt der Staat jährlich großzügig Zuschüsse zu Lohnnebenkosten von circa 50 Millionen Euro . Und doch ist das nur die Spitze des Subventions- und Steuervergünstigungseisberges . Ob das alles überhaupt etwas nützt, ist der Bundes- regierung aber nicht bekannt . Untersuchungen zu Rück- flüssen an Steuern und Sozialabgaben lägen ihr nicht vor. Trotzdem wurden die Vergünstigungen immer weiter ausgebaut . Inzwischen schadet selbst das vorübergehen- de Ausflaggen nicht mehr, um Steuervorteile in Anspruch zu nehmen . Ich stehe hier vor Ihnen als Steuerpolitiker . Nur zufäl- lig ist nicht der Verkehrs- oder Wirtschafts-, sondern der Finanzausschuss federführend . Und wie auch meine Kol- leginnen und Kollegen im Finanzausschuss des Bundes- rates lehne ich diesen Gesetzentwurf ab . Ich erkenne an, dass die maritime Wirtschaft ein wichtiger Wirtschafts- faktor Deutschlands und in einer besonderen Wettbe- werbssituation ist . Der Verzicht auf Steuern ist aber keine sinnvolle wirtschaftspolitische Maßnahme . Steuerliche Vorteile als Lenkungszweck verpuffen oft. Die Ausflag- gung bleibt trotz Milliardensubventionen seit über einem Jahrzehnt unverändert hoch . Steuerliche Vorteile führen darüber hinaus schnell zu Fehlanreizen . Eine Lektion, die gerade Millionen Kleinanleger von Schiffsfonds mit mehr als 50 Milliarden Euro und oft dem Verlust der Al- tersvorsorge schmerzlich bezahlen . Deutsche wie griechische Reeder braucht das nicht zu stören, solange es von Politikern, wie dem griechischen Schifffahrtsminister Dritsas, auf griechischer wie auch auf deutscher Seite im Gleichklang heißt: „Für uns ist es sehr wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit der Schifffahrts- industrie zu bewahren“ . Um jeden Preis . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir be- raten heute einen Gesetzentwurf, auf den die Koalition offenbar selbst nicht gerade stolz ist . Anders lässt es sich nicht erklären, warum dieser skurrile Entwurf ohne De- batte und ohne Anhörung verabschiedet werden sollte . Vor uns liegt ein Triumph der Schifffahrtslobby, der an po- litischer Doppelzüngigkeit nur schwer zu überbieten ist, wenn man an die schrille Griechenlanddebatte der letzten Jahre denkt . Während Griechenland zu Recht von allen Seiten für die Steuerfreiheit der Reeder kritisiert wurde, scheint die Koalition kein Problem damit zu haben, die heimische Branche großzügig aufzupäppeln . Was nur wenige wissen: Schon lange gilt auch in Deutschland die sogenannte Tonnagebesteuerung . Diese ist eine nur für die Seeschifffahrt eingeführte besondere Gewinnermitt- lungsmethode im deutschen Einkommensteuerrecht . Im Kern handelt es sich auch hierbei um nichts anderes als eine steuerliche Subvention . Die pauschale Gewinner- mittlung anhand von Ladung und Größe der Schiffe führt im Gewinnfall zu einer Steuerbelastung für Reedereien von rund 5 Prozent, während andere Unternehmen einer Gesamtsteuerbelastung von rund 48 Prozent ausgesetzt sind . Bei dieser Begünstigung sind die Reeder zu kei- ner konkreten Gegenleistung verpflichtet. Die maritime Wirtschaft ist bereits hochsubventioniert . Sie zahlt schon jetzt faktisch keine Steuern . Mit dem vorliegenden Ge- setz erhält sie nun sogar noch zusätzlich Geld obendrauf . Geräuschlos soll den Reedern auch noch die vollständige Lohnsteuer ihrer Mitarbeiter geschenkt werden . Reinste Klientelpolitik, willkürlich und interessengeleitet, wie sie in Griechenland gar nicht schlimmer sein könnte . Bei allem Verständnis für unsere Bundesländer an den Küsten, die ihre Schifffahrtsunternehmen berechtigter- weise unterstützen wollen: Als Steuerpolitikerin fällt es mir außerordentlich schwer, in diesem Gesetzentwurf ein – wie es in der Begründung heißt – „geeignetes In- strument“ zu erkennen, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seeschifffahrt zu fördern . Um was geht es genau bei diesem Gesetzentwurf? Der „Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt!“ klingt zunächst einmal unverdächtig . Die Lohnsteuer gehört zu den Erhebungsformen der Einkommensteuer . Sie stellt eine Art Vorauszahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die am Ende des Jahres festzuset- zende Einkommensteuer dar . Schifffahrtsunternehmen, wie auch alle anderen Unternehmen, sind als Arbeitge- ber gesetzlich verpflichtet, die Lohnsteuer für ihre in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzubehalten . Selbstverständlich müssen sie diese aber im zweiten Schritt an das zuständige Fi- nanzamt abführen . An dieser Stelle schlägt die Koalition Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514104 (A) (C) (B) (D) eine erstaunliche Neuregelung vor: Der zweite Schritt, die Abführung an das Finanzamt, soll in Zukunft ausfal- len . Das ist nichts anderes als ein großzügiges Steuer- geschenk . Voraussetzung ist lediglich, dass sie die deut- sche Flagge führen . Eine dreiste Zweckentfremdung des Lohnsteuerverfahrens zur Umsetzung einer unverhohle- nen Klientelpolitik . Nun wird auch verständlich, warum sich die Koalition sichtlich darum bemüht hat, dass die Öffentlichkeit diesen Zusammenhang nicht richtig ver- stehen und kritisieren kann . Bislang galt, dass die Schifffahrtsunternehmen 40 Prozent der von ihren Arbeitnehmern einbehalte- nen Lohnsteuer vom Staat geschenkt bekommen . Die Regelungen zum Lohnsteuerverfahren sind aber keine Subventionsnormen . Der Bundesrechnungshof kritisiert diese Begünstigung für die Reedereien seit Jahren . Auch verfassungsrechtliche Bedenken wurden laut . Anstatt die Subventionierung über das Steuerrecht abzuschaffen, versucht die Koalition nun klammheimlich das genaue Gegenteil: Die Subventionierung soll maximal ausge- weitet werden, sodass die maritime Wirtschaft keinerlei Lohnsteuer mehr an das Finanzamt abführen muss, sprich nicht mehr 40, sondern 100 Prozent der Lohnsteuer ihrer Arbeitnehmer vom Staat geschenkt bekommt . Begründet wird diese Subvention mit der Wettbe- werbsfähigkeit der deutschen Seeschifffahrt . Ich erkenne an: Es besteht ein eindeutiger Trend zum Ausstieg aus der deutschen Flagge . Und ja, unter Umständen führt das auch dazu, dass sich das negativ auf Ausbildung und Beschäftigung auswirkt . Aber wer kann uns, bitte schön, garantieren, dass eine völlig unverbindliche Steu- ersubventionierung daran etwas ändert? Die Subvention ist an keinerlei Verpflichtungen seitens der Reedereien geknüpft . Die vom Staat verschenkte Lohnsteuer kann theoretisch auch direkt an die Anteilseigner weitergelei- tet werden, ohne dass die Ausbildung von Seeleuten in Deutschland gefördert wird . Bei solchen Methoden kann ich mich nur wundern, gerade vor dem Hintergrund der Griechenlandkrise . Zu Recht wurde sich doch über die reichen griechischen Reeder echauffiert, die in Griechenland keine Steuern zahlen . Wer sich aber darüber empört, dass griechische Reeder per Verfassung steuerbefreit sind – aus den Rei- hen der Koalition war die Kritik besonders lautstark –, der kann doch nicht gleichzeitig der deutschen maritimen Wirtschaft aberwitzige Steuerprivilegien einräumen . Die Griechen haben sich mit dem dritten Hilfspaket immer- hin dazu verpflichtet, die Tonnagebesteuerung zu erhö- hen . Während der Kampf gegen Vetternwirtschaft und überzogene Privilegien damit endlich gesetzlich wirksam wird, können wir in Deutschland doch nicht ernsthaft den Lobbyisten die Steuerpolitik überlassen . Erinnern möchte ich auch daran, dass eine Vielzahl von Gründen bestehen, warum Reedereien es vorziehen, unter ausländischen Flaggen zu fahren . Es sind vor allem auch unzureichende und daher kostengünstige Regelun- gen beim Mitarbeiterschutz sowie nicht vorhandene oder geringere Sicherheits- und Umweltstandards . Wenn man die Logik des Gesetzentwurfs weiterspinnt, müssten wir auch hier in den Wettbewerb treten und die Standards in Deutschland senken . Das kann aber keiner ernsthaft wollen . Eine verantwortungsvolle Politik müsste anders- herum wirken und sich weltweit für gültige hohe Sicher- heits- und Umweltstandards einsetzen . Am Wettbewerb um die niedrigste Steuerbelastung müssen wir hingegen nicht weiter teilnehmen . Hier ist eh schon alles verloren, da die effektive Besteuerung mit der Tonnagesteuer eh schon gegen null tendiert . Soll die Seeschifffahrt in Deutschland gefördert wer- den, dann machen Sie bitte ein explizites Subventions- gesetz . Wir verweigern uns keiner offenen Diskussion zur Unterstützung der Ausbildung von Seeleuten . Aber dieses Gesetz werden wir so nicht mittragen . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 143. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3 Tierschutz TOP 4 Klimaschutz TOP 5 Schutz von Menschenrechtsverteidigern TOP 30 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 31 Abschließende Beratungen ohne Aussprache TOP 6 Jahresbericht 2014 des Wehrbeauftragten TOP 7 Antwort auf Terror TOP 10 Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Resolute Support) TOP 9 Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan TOP 12 Bundeswehreinsatz Mittelmeer (OAE) TOP 11 Lebenssituation von Alleinerziehenden TOP 14 Änderung des Parteiengesetzes TOP 13 Gewalt in Burundi TOP 16 Änderung des Gesetzes über Bausparkassen TOP 15 Umsetzung des Inklusionsgebotes ZP 3 Änderung des Rechts des Energieleitungsbaus ZP 4 NeuregelungdesKraft-Wärme-Kopplungsgesetzes TOP 17 Online-StreitbeilegunginVerbraucherangelegenheiten TOP 18 Opferrechtsreformgesetz TOP 19 Elektronische Gesundheitskarte TOP 20 Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz TOP 21 Änderung des Telemediengesetzes TOP 22 EU-Richtlinie zur Anlegersicherheit (OGAW-V) TOP 23 Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss .



Rede von Gudrun Zollner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Abschließend möchte ich im Hinblick auf den vorlie-

genden Antrag nochmals unterstreichen: Unterstützung
für Alleinerziehende – ja, jederzeit . Luftschlösser ohne
Sicherstellung der Finanzierung – nein, danke .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Dr . Fritz Felgentreu [SPD] – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wofür ihr Geld übrig habt, habe ich ja gesagt! Zur Versorgung der Witwen und Waisen!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Vielen Dank . – Als nächste Rednerin hat die Kollegin

    Dr . Franziska Brantner von der Fraktion Bündnis 90/Die
    Grünen das Wort .


    (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
    Herren! Häufig schreiben mir Mütter und Väter – übri-
    gens fast gleichermaßen Väter wie Mütter –, die für ihre
    Kinder allein verantwortlich sind . Sie fragen: Warum be-
    komme ich weniger Geld vom Staat, obwohl ich meine
    Kinder allein ernähre und betreue? Warum organisiere
    und bezahle ich eine Kinderbetreuung, damit ich Vollzeit
    arbeiten kann, wenn es am Ende des Monats dann doch
    nicht für den Urlaub mit dem Kind reicht?

    Was sollen wir diesen Müttern und Vätern antworten?
    Dass wir alle wissen, dass das aktuelle System ungerecht
    ist, und wir es trotzdem nicht ändern? Sollen wir ihnen
    antworten, dass wir alle Studien dazu haben und alle Stu-
    dien ihnen recht geben, wir aber trotzdem nicht handeln?


    (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Tja, so ist es ja wohl!)


    Was sollen wir diesen Müttern und Vätern eigentlich ant-
    worten?


    (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Da muss man mal zur Union gucken!)


    Dass wir – natürlich zu Recht – 275 Millionen Euro für
    die Erhöhung des Kindergeldes ausgegeben haben, den
    Kinderzuschlag aber nicht wirklich reformiert haben?
    Oder dass es uns immer noch nicht gelungen ist, den Un-
    terhaltsvorschuss so zu reformieren, dass es diese absur-
    den Altersgrenzen und die Begrenzung der Bezugsdauer
    nicht mehr gibt? Es kann doch wirklich keiner von uns
    begründen, warum ein 14-jähriges Kind diese Leistung
    nicht mehr bekommen soll, ein 11-jähriges Kind aber
    schon . Ich habe bis jetzt keine Antwort auf diese Frage
    gehört .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Wie ich sehe, ist der Herr Ausschussvorsitzende gera-
    de nicht da .


    (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Doch, ich bin hier drüben! – Gegenruf der Abg . Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber sehr unhöflich!)


    – Ich wollte gerade etwas zu Ihnen sagen, Herr Lehrieder .


    (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Dann setze ich mich wieder hin!)


    Herr Lehrieder, die Höhe der Rückholquoten ist sehr
    unterschiedlich – Frau Zollner hat das schon gesagt –,
    und das ist natürlich ein Problem . Ich würde mir wün-
    schen, dass wir, wenn wir die Anhörungen durchführen,
    Experten einladen, die sich zur Frage äußern, wie man
    die Rückholquote verbessern kann; denn hier gibt es ei-
    nen Missstand . Er hängt zwar von den Verhältnissen in
    den Bundesländern und vor Ort ab, aber es gibt hier auch

    Gudrun Zollner

    Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 143 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 3 . Dezember 201514026


    (A) (C)



    (B) (D)


    gemeinsame Schwierigkeiten, über die wir nicht nur dis-
    kutieren sollten, sondern die wir endlich auch angehen
    müssen . Wir könnten es hier in diesem Hause doch viel-
    leicht wirklich schaffen, gemeinsam Reformvorschläge
    einzubringen, um wenigstens bei diesem Aspekt voran-
    zukommen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Da wir über Geld sprechen, möchte ich kurz auch
    noch eine aktuelle Reform ansprechen . Es wird gerade
    die Reform und die Vereinfachung der Grundsicherung
    diskutiert . Das betrifft zwar nicht primär unseren Haus-
    halt, aber wenn man weiß, dass jedes zweite Kind, das
    im ALG-II-Bezug ist, in einem Ein-Elternteil-Haushalt
    aufwächst, dann ist auch klar, wie sehr es dabei auch um
    diese Gruppe geht .

    Es bietet sich hier die Chance, diese Reform dazu zu
    nutzen, die Situation der Alleinerziehenden und auch der
    Elternteile, die sich die Erziehung partnerschaftlich auf-
    teilen, zu verbessern und sie besserzustellen . Momentan
    besteht die Gefahr, dass es eher in die andere Richtung
    geht, dass nämlich durch die Reform jene Elternteile be-
    nachteiligt werden, die es schaffen, sich die Sorge um
    ihre Kinder nach ihrer Trennung wenigstens einigerma-
    ßen gleichmäßig aufzuteilen .

    Ich glaube, wir haben hier wirklich eine Verantwor-
    tung, darauf zu schauen und zu sagen: Bei dieser Reform
    darf es nicht zu einer Schwächung der Alleinerziehenden
    kommen . Es darf keine negativen Anreize geben, sodass
    man sich die Sorge nicht teilt, sondern es muss einen An-
    reiz dafür geben, dass man es auch nach der Trennung
    gemeinschaftlich und partnerschaftlich schafft .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dafür ist es notwendig, dass der Regelsatz nur dann
    hälftig gezahlt werden darf, wenn das Kind auch annä-
    hernd hälftig in beiden Haushalten lebt; denn dann gibt
    es auch einen Mehrbedarf für beide . Es ist nämlich nicht
    so, dass man als Mutter einen Raum weniger benötigt,
    nur weil der Vater in der anderen Hälfte der Zeit das
    Kind betreut . Die Miete für den Raum muss immer be-
    zahlt werden . Auch die Milch wird schlecht – unabhän-
    gig davon, ob das Kind am nächsten Tag beim Vater ist –,
    sodass man sie neu kaufen muss . Deswegen gibt es hier
    Mehrbedarfe, wenn sich beide Elternteile die Erziehung
    gleichberechtigt aufteilen . Diese müssen dann auch ent-
    sprechend finanziell gewürdigt werden. Ich glaube, das
    ist ein sehr wichtiger Punkt .

    Wenn wir das in den Ausschüssen nicht erreichen,
    dann können wir einen erheblichen Schaden anrichten .
    Auch hier lautet mein Appell an uns alle: Lassen Sie uns
    gemeinsam daran arbeiten . Die Alleinerziehenden tragen
    sehr viel Verantwortung und schaffen Unglaubliches . Sie
    gehen permanent über ihre Grenzen . Lassen Sie uns diese

    Arbeit würdigen und ihnen das Leben nicht noch schwe-
    rer machen .

    Ich danke Ihnen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)