Rede:
ID1813900600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 11
    1. Für: 1
    2. die: 1
    3. SPD-Fraktion: 1
    4. hat: 1
    5. nun: 1
    6. der: 1
    7. Kollege: 1
    8. ThomasOppermann: 1
    9. das: 1
    10. Wort: 1
    11. .\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/139 Textrahmenoptionen: 16 mm Abstand oben Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 139. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 25. November 2015 Inhalt: Begrüßung einer Delegation der Nationalver- sammlung der Republik Korea . . . . . . . . . . 13605 B Tagesordnungspunkt I: (Fortsetzung) a) Zweite Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushalts- jahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016) Drucksachen 18/5500, 18/5502 . . . . . . . . . 13605 A b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Finanz- plan des Bundes 2015 bis 2019 Drucksachen 18/5501, 18/5502, 18/6127 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13605 B I .9 Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzler- amt Drucksachen 18/6124, 18/6125 . . . . . . . . 13605 B Dr . Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 13605 C Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 13610 A Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13616 D Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13621 A Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13624 C Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13627 C Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13628 C Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13630 B Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13631 C Aydan Özoguz, Staatsministerin BK . . . . . . . 13633 A Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13635 B Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13636 D Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 13638 B Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13639 B Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 13640 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13641 B Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13642 D Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13644 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13645 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13646 D I .10 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Drucksachen 18/6105, 18/6124 . . . . . . . . 13645 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13645 C Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13649 B Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13651 C Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13652 C Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13653 D Dr . Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 13654 C Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13656 D Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13658 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 139 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 25 . November 2015II Dr . Franz Josef Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 13660 A Dr . Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 13661 A Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13661 C Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13663 B Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13664 C Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13665 D Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 13667 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13668 C Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 13668 D I .11 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Drucksachen 18/6113, 18/6124 . . . . . . . . 13669 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13669 C Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13670 C Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13672 D Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 13675 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13676 C Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13678 D Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13679 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 13679 B Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13680 C Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13682 C Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13684 B Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13685 D Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13687 C Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13687 D I .12 Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksachen 18/6120, 18/6124 . . . . . . . . 13688 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13688 B Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13689 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13691 D Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13692 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13693 C Dr . Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 13695 B Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13696 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 13696 D Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . 13698 B Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13699 D Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . . 13701 B Dr . Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13703 B Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13705 A Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13706 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13708 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 13709 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 139 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 25 . November 2015 13605 139. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 25. November 2015 Beginn: 9 .01 Uhr
  • folderAnlagen
    Sonja Steffen (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 139 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 25 . November 2015 13709 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albsteiger, Katrin CDU/CSU 25 .11 .2015 Beckmeyer, Uwe SPD 25 .11 .2015 Brantner, Dr . Franziska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25 .11 .2015 Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25 .11 .2015 Ernst, Klaus DIE LINKE 25 .11 .2015 Ernstberger, Petra SPD 25 .11 .2015 Gundelach, Dr . Herlind CDU/CSU3 25 .11 .2015 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 25 .11 .2015 Hartmann, Sebastian SPD 25 .11 .2015 Heiderich, Helmut CDU/CSU 25 .11 .2015 Höger, Inge DIE LINKE 25 .11 .2015 Jarzombek, Thomas CDU/CSU 25 .11 .2015 Kekeritz, Uwe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25 .11 .2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25 .11 .2015 Lagosky, Uwe CDU/CSU 25 .11 .2015 Launert, Dr . Silke CDU/CSU 25 .11 .2015 Nüßlein, Dr . Georg CDU/CSU 25 .11 .2015 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25 .11 .2015 Schnieder, Patrick CDU/CSU 25 .11 .2015 Spinrath, Norbert SPD 25 .11 .2015 Strässer, Christoph SPD 25 .11 .2015 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25 .11 .2015 Warken, Nina CDU/CSU 25 .11 .2015 Westphal, Bernd SPD 25 .11 .2015 Wicklein, Andrea SPD 25 .11 .2015 Zimmermann, Pia DIE LINKE 25 .11 .2015 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 139. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt EPL 05 Auswärtiges Amt EPL 14 Verteidigung EPL 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Anton Hofreiter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



    Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun-
    deskanzlerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind
    tief erschüttert von den Pariser Terroranschlägen . Wir
    sind fassungslos über die Brutalität und die Grausamkeit,
    mit der so viele Menschen ermordet wurden . Ich schlie-
    ße mich meinen Vorrednern an, und auch ich sage für
    meine Fraktion: Wir stehen zu den Menschen in Paris .
    Wir stehen auch zu den Menschen in Beirut und Bamako .
    Wir stehen zu den Menschen in Tunis . Und wir gedenken
    auch der Opfer der abgeschossenen russischen Zivilma-

    Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel






    (A) (C)



    (B) (D)


    schine . All jene, die in den letzten Tagen durch Terroris-
    ten ermordet wurden, sind unschuldige Menschen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Wieder einmal müssen wir uns fragen: „Wie antwor-
    ten wir auf den Terror?“ – eine Frage, die wir uns in den
    letzten Jahren zu oft stellen mussten: nach dem 11 . Sep-
    tember, nach den Anschlägen von Madrid und London .
    Diese Serie ließe sich fortsetzen .

    Was wir in diesen Tagen in Brüssel sehen, ist bedrü-
    ckend . Wenn es den Terroristen gelingt, die westlichen
    Metropolen dauerhaft in Angst und Schrecken zu verset-
    zen, in Misstrauen und gegenseitigen Hass, dann haben
    sie eines ihrer zentralen Ziele erreicht und haben fast
    gewonnen . Der Ausnahmezustand von Paris und Brüs-
    sel darf daher nicht zum Normalfall werden . Wir dürfen
    uns von den Terroristen nicht einschüchtern lassen! Wir
    dürfen uns unsere Freiheit und unser Leben nicht weg-
    nehmen lassen!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Auch wenn es sicher schwerfällt: Wir müssen beson-
    nen, durchdacht und mit kühlem Kopf handeln, statt hys-
    terisch und reflexhaft.

    Leider ein trauriges Musterbeispiel für eine dumme
    und falsche Reaktion hat wieder einmal die CSU ge-
    liefert . Herrn Söder fällt keine 24 Stunden nach dem
    Terroranschlag ein, man solle jetzt sofort die Grenzen
    schließen für die Menschen, die vor genau dieser Art von
    Terror fliehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der
    CSU, so etwas ist beschämend, und Sie sollten sich ganz
    schnell einmal überlegen, wie Sie diesem Herrn Anstand
    beibringen können .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben sie viel zu tun!)


    Viele haben in den Tagen nach dem Anschlag in Paris
    von Krieg gesprochen . Es ist sicher verständlich, wenn
    man auf diesen Begriff kommt . Aber wir sollten uns fra-
    gen, ob die Rhetorik des Krieges angemessen und klug
    ist . Wer bei Terror von Krieg redet, gerät in eine Logik,
    die mehr vernebelt als klärt . Die Kriegslogik führt zu fal-
    schen Fronten . ISIS führt sicher Krieg, aber dieser Krieg
    findet in Syrien und im Irak statt. Die Hauptleidtragen-
    den des islamistischen Terrors sind die Menschen in
    diesen Ländern . Zehntausende von ihnen sind ihm zum
    Opfer gefallen . Auch ihnen sind wir Solidarität und Hilfe
    schuldig .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg . Thomas Oppermann [SPD])


    Der Kriegslogik folgt der sogenannte War on Terror
    seit 14 Jahren . Klar: ISIS muss auch militärisch bekämpft
    werden . Aber: Was ist denn die Bilanz des sogenannten

    War on Terror seit 14 Jahren? Wenn ich auf die Bilanz
    dieser 14 Jahre Terrorbekämpfung schaue, dann ist diese
    Bilanz wirklich ernüchternd . Die Lage ist in den vergan-
    genen 14 Jahren doch nicht besser geworden . Al-Qaida
    ist in Teilen geschwächt, aber dafür sind andere terroristi-
    sche Organisationen wie IS und Boko Haram deutlich ge-
    stärkt . Tausende junger Menschen sind aus Europa nach
    Syrien und in den Irak gegangen, um dort als Terroristen
    zu kämpfen und zu morden . Es herrscht in mehr Ländern
    Krieg und Bürgerkrieg . Wir haben doch die Begrenztheit
    militärischer Mittel in Afghanistan erlebt . Wir haben ihre
    ungewollten und katastrophalen Konsequenzen im Irak
    gesehen . Wir sehen, wenn man an den Drohnenkrieg
    denkt, die destabilisierende Wirkung des Drohnenkrie-
    ges in Pakistan . Deshalb: Besonnenheit, kühler Kopf und
    kluge Analyse sind das Gebot der Stunde und nicht, die
    alten Fehler seit 14 Jahren zu wiederholen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Es braucht eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung des
    IS . Es ist richtig, dass gegen IS militärisch gekämpft wer-
    den muss . Aber es ist auch klar, dass er am Ende nur po-
    litisch besiegt werden kann . Der Abschuss des russischen
    Kampfflugzeuges durch türkische Kampfflugzeuge hat
    diesen Bemühungen einen schweren Rückschlag zuge-
    fügt . Aber wir müssen uns bemühen und dafür sorgen und
    alles daransetzen, dass es bei den Gesprächen in Wien zu
    einer internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen
    den IS kommt: zwischen den regionalen und den inter-
    nationalen Kräften, zwischen Iran und der Türkei, zwi-
    schen den USA und Russland . Wir müssen auch dafür
    sorgen, dass es gelingt, dass ein Waffenstillstand erzielt
    wird zwischen den Überresten des Baath-Regimes, den
    Überresten der gemäßigten Rebellen und der syrischen
    Kurden, damit eine Chance besteht, dass dieser Kampf
    auch erfolgreich ist . Den Terror und ISIS zu bekämpfen,
    ist die eine Sache; aber sie erfolgreich zu bekämpfen, ist
    die andere Sache . Dafür braucht es eine politische Eini-
    gung .

    Dafür braucht es auch eine Lösung für das Problem
    Assad . Eines sollten wir auch nie vergessen: Assad ist die
    Quelle der Ursache . Ein Großteil der in Syrien ermorde-
    ten Menschen ist von Assad ermordet worden . Deshalb
    müssen wir uns überlegen: Wie kann es gelingen, Assad
    da herauszunehmen, eine Regierung der nationalen Ein-
    heit in Syrien zu schaffen und dann, nach der politischen
    Einigung, einen gemeinsamen, von der UN getragenen
    Kampf gegen ISIS zu organisieren, damit man nicht nur
    militärisch agiert, sondern auch erfolgreich?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Besonnenheit und kluge Analyse bedeuten natürlich
    nicht Untätigkeit . „Krieg“ ist für das, was wir in Europa
    haben, in meinen Augen der falscheste Begriff . Es geht
    darum, den Terror zu bekämpfen . Wir müssen natürlich
    für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger sor-
    gen . Aber auch hier heißt das, nach klarer Analyse vorzu-
    gehen . Nach dem 11 . September wurde schon einmal im
    Namen des Krieges die Freiheit unverhältnismäßig ein-
    geschränkt . Mit welchem Ergebnis? Überall in Europa
    entfalteten die Geheimdienste ein Eigenleben . Wir konn-

    Dr. Anton Hofreiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    ten erleben, wie Geheimdienste aus Europa die US-ame-
    rikanischen Geheimdienste bei Entführungen, bei Folter
    unterstützt haben . Guantánamo und Abu Ghuraib sind
    die symbolhaften Namen für diese Fehlentwicklung .
    Aber es gab nicht nur schwere Menschenrechtsverletzun-
    gen, sondern es war auch noch massiv kontraproduktiv .
    Die Bilder von Abu Ghuraib haben mehr Terroristen pro-
    duziert als viele andere Maßnahmen . Deshalb dürfen wir
    diese Fehler nicht wiederholen, erstens wegen der Men-
    schenrechte und zweitens wegen der kontraproduktiven
    Wirkung .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Beim Kampf gegen den Terror brauchen wir echte
    Politik, brauchen wir Maßnahmen, die wirken, und nicht
    reine Symbolpolitik . Wir brauchen deshalb eine gut aus-
    gestattete Polizei, die ausreichend Personal und Mittel
    hat. Wir brauchen nicht wieder den reflexhaften Ruf nach
    einem Einsatz der Bundeswehr im Innern .


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Bundeswehr kann vieles gut, aber sie ist nicht dafür
    ausgebildet, Terror im Innern zu bekämpfen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen na-
    türlich eine Überwachung der Terrorverdächtigen . Wir
    brauchen eine bessere Zusammenarbeit der Polizei über
    die Grenzen hinweg . Aber die totale Überwachung durch
    die Geheimdienste kann doch nicht die Antwort sein .
    Ich kann nicht erkennen, dass das irgendein Beitrag zur
    Terrorbekämpfung ist, wenn der BND den französischen
    Außenminister oder die europäischen Botschaften über-
    wacht .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Wenn wir unserem Inlandsgeheimdienst gestatten, alle
    hier im Saal, alle Bürger zu überwachen, dann bekom-
    men wir sicherlich einen gigantischen Datenwust, mit
    dem am Ende nicht mehr viel anzufangen ist; aber es ist
    ganz sicher kein Beitrag zur Bekämpfung des Terrors .
    Man muss fokussieren und die Polizei so ausstatten, dass
    sie in der Lage ist, die Terrorverdächtigen zu überwa-
    chen – nicht uns alle hier im Saal oder alle Bürger in
    diesem Land .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Das macht doch niemand, es sei denn, Sie wollen einen Terroranschlag machen!)


    Was wir im Kampf gegen den Terror allerdings vor
    allem brauchen, ist die Prävention . Wie kann es sein,
    dass junge Menschen, die hier bei uns aufgewachsen
    sind, sich solchen menschenverachtenden Ideologien an-
    schließen und in den Dschihad ziehen? Darauf gibt es si-
    cherlich keine einfache und keine schnelle Antwort . Inte-
    grationsarbeit, Bildungsarbeit, Jugendarbeit, Sozialarbeit
    bilden den wichtigsten Teil der Prävention von Terror .

    Wir müssen unseren jungen Menschen Chancen bieten .
    Natürlich müssen wir auch den radikalen Hasspredigern
    das Handwerk legen . Da haben wir auch in Deutschland
    einen massiven Nachholbedarf . Selbst der BKA-Präsi-
    dent sagt uns: Die wichtigste Maßnahme im Kampf ge-
    gen den Terror ist, dafür zu sorgen, dass sich junge Men-
    schen deradikalisieren bzw . erst gar nicht radikalisieren;
    denn wenn die Zahl der Gefährder so hoch bleibt, dann
    können wir gar nicht genug Polizisten einstellen, um sie
    alle zu überwachen . Deshalb ist gute Sozialpolitik harte,
    echte und wichtige Sicherheitspolitik .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen kei-
    ne Scheinpolitik und keine Symbolpolitik, sondern Po-
    litik mit Weitsicht . Eine Politik, die vorsagt, die über
    den Tag hinaus denkt – das wäre heute notwendig . Aber
    wenn ich mir anschaue, was Sie machen, wie Sie mit
    der fundamentalen Klimakrise, den großen Flucht- und
    Migrationsbewegungen, der großen Investitionslücke,
    die wir schließen müssen, damit unsere Gesellschaft eine
    Zukunft hat, und mit der Zunahme rechtspopulistischer
    Umtriebe umgehen, dann stelle ich mir die Frage: Was
    macht eigentlich diese Regierung?

    Wir wissen doch: Wenn eine Regierung handlungsun-
    fähig und zerstritten wirkt, dann erhalten rechtsextreme
    und rechtspopulistische Organisationen Zulauf .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt!)


    Ich nehme an, Sie wissen das auch, Herr Kauder


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das habe ich schon mehrfach gesagt!)


    und Herr Oppermann, Herr de Maizière und Herr
    Altmaier, Herr Gabriel und Frau Merkel . Aber was für
    ein Schauspiel bietet uns die Große Koalition?


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Ein großes!)


    Da ignoriert der Innenminister de Maizière, was die
    Bundeskanzlerin und der Kanzleramtsminister Altmaier
    vorgeben, und arbeitet auf eigene Rechnung . Da redet
    der CSU-Vorsitzende von Notwehr gegenüber der eige-
    nen Bundesregierung . Da vergleicht ein Finanzminister
    schutzsuchende Menschen mit Naturkatastrophen und
    denunziert die Kanzlerin als die Auslöserin des Ganzen .
    Da taumelt ein Vizekanzler auf der Suche nach Schlag-
    zeilen zwischen Pegida-Besuch und „Pack“-Beschimp-
    fung, zwischen Menschenrechten und Abschottung, bis
    den SPD-Beobachtern nur noch das Grausen kommt . Da
    stellt sich ein Ministerpräsident von der CSU hin und
    maßregelt die Bundeskanzlerin auf offener Bühne, als
    wenn sie ein Schulmädchen wäre, und dann hat er noch
    nicht einmal die Größe, sich bei ihr zu entschuldigen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nun
    könnte man sich als Opposition darüber freuen, dass man
    es mit so einer zerstrittenen, so einer armseligen und so

    Dr. Anton Hofreiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    einer handlungsunfähigen Regierung zu tun hat . Aber da-
    für sind die Probleme wirklich zu ernst .


    (Johannes Kahrs [SPD]: Na, die Opposition ist auch nicht gerade toll!)


    Die Probleme sind wirklich zu groß, als dass wir uns eine
    zerstrittene Regierung leisten können . Deshalb: Reißen
    Sie sich endlich zusammen! Machen Sie Schluss mit die-
    sem Theater!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Unser Land hat wirklich große Aufgaben vor sich . Wir
    müssen die vielen Schutzsuchenden bei uns integrieren,
    und wir müssen unverzüglich damit anfangen . Ja, Frau
    Merkel, wir schaffen das . Aber es muss auch geklärt
    werden, wie wir das schaffen, und dazu braucht es nicht
    nur Anregungen der Opposition, sondern dazu braucht es
    auch Beschlüsse der Bundesregierung . Deshalb kann ich
    nur sagen: Stimmen Sie unseren Anträgen zum Haushalt
    zu . Wie wäre es denn mit 600 Millionen Euro mehr für
    Integrationskurse, wie wir sie beantragen und gegenfi-
    nanzieren?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wie wäre es denn mit 350 Millionen Euro mehr für die
    Jobcenter, wie wir sie beantragen und gegenfinanzieren?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Oder wie wäre es mit einem 2-Milliarden-Paket für den
    sozialen Wohnungsbau – der sowieso dringend notwen-
    dig ist –, wie wir es beantragen und gegenfinanzieren?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sie haben doch selbst gesagt: Die Randbedingungen
    sind gut, die Zinsen sind so niedrig wie nie, und unsere
    Steuereinnahmen sind entsprechend gut . – Ja, darüber
    kann man sich freuen, aber man muss auch etwas daraus
    machen . Man darf keinen Haushalt vorlegen, der keinen
    Mut hat, kein Herz und keinen Plan . Machen Sie endlich
    was, und reden Sie nicht bloß!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das war jetzt aber sehr allgemein!)


    Frau Merkel, ich gebe gerne zu: Ich freue mich wirk-
    lich – und wir werden oft dafür getadelt, dass wir Frau
    Merkel zu sehr loben –, dass Sie dem Sperrfeuer aus Ih-
    ren eigenen Reihen bisher standgehalten haben .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Aber wenn Sie es zulassen, dass die jüngsten Planungen
    für ein neues Asylgesetz umgesetzt werden – geplant
    sind Schnellverfahren, die quasi jeden Flüchtling treffen
    können, eine Aussetzung des Familiennachzugs, Ab-
    schiebung auch schwerkranker Flüchtlinge –, dann, Frau
    Merkel, zeigt Deutschland leider kein freundliches Ge-
    sicht mehr, sondern dann zeigt es eine hässliche Fratze .

    Überlegen Sie sich das also noch einmal gut, und verhin-
    dern Sie das .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Überlegen wir uns doch einmal, was das Aussetzen
    des Familiennachzugs perspektivisch bedeutet:


    (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das geht gar nicht!)


    Das Aussetzen des Familiennachzugs bedeutet perspekti-
    visch, dass sich Frauen und Kinder auf den gefährlichen
    Weg machen, vielleicht über das Mittelmeer, und ein Teil
    von ihnen unter Umständen ertrinkt . Wollen wir das ver-
    antworten? Ich will das nicht verantworten . Ich glaube,
    das kann man auch nicht verantworten .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
    Sie behaupten doch immer, dass Ihnen die Familie wich-
    tig ist . Das kann doch nicht nur für deutsche Familien
    gelten . Artikel 6 Grundgesetz gilt für alle Familien . Ge-
    ben Sie sich einen Ruck, seien Sie anständig, und sorgen
    Sie dafür, dass Frauen und Kinder nicht auf den lebens-
    gefährlichen Weg über das Mittelmeer gezwungen wer-
    den . Das kann nicht deutsche Politik sein . Das darf nicht
    deutsche Politik sein .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Während die Regierung gelähmt zu sein scheint, der
    Kanzleramtsminister und Flüchtlingskoordinator auf der
    einen Seite und der Innenminister auf der anderen Sei-
    te gegeneinander arbeiten, schuften draußen im Lande
    Unmengen Menschen . Ich muss sagen: Ich bin den Eh-
    renamtlichen wirklich sehr dankbar für all das, was sie
    leisten,


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir auch!)


    und ich bin auch den Hauptamtlichen sehr dankbar für
    all das, was sie leisten; denn sie beweisen jeden Tag all
    denen, die das Kippen der Stimmung herbeireden wol-
    len, die herbeireden wollen, dass wir das nicht schaffen:
    Doch, wir schaffen das; wir können das, und wir packen
    das .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Es ist häufig von der Bekämpfung von Fluchtursachen
    die Rede. Es fliehen Menschen aus vielen Ländern. Wir
    haben Probleme mit dem islamistischen Terror in vielen
    Ländern und Bürgerkriege in vielen Ländern . Schauen
    wir uns Mali an, wo die Bundeswehr bereits im Einsatz
    ist . Man muss klar sagen: Die Bundeswehr gibt sich sehr
    viel Mühe . Wir unterstützen diese Einsätze . Ich danke
    den Soldaten dafür, dass sie diese schwierige und zum
    Teil auch sehr gefährliche Aufgabe wahrnehmen . Es gibt
    auch eine ganze Reihe ziviler und ehrenamtlicher Hel-
    fer, die diesem Land auf die Beine helfen wollen . Ich
    war vor kurzem in Mali und habe mir das angeschaut . In
    Mali läuft vieles richtig . Was in Mali aber nicht in Gang

    Dr. Anton Hofreiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    kommt, ist die einheimische Wirtschaft . Eines der Haupt-
    produkte von Mali ist Baumwolle . Des Weiteren werden
    dort andere landwirtschaftliche Produkte produziert .

    Jetzt ist es so, dass die Baumwolle und die landwirt-
    schaftlichen Produkte Malis nicht konkurrenzfähig sind .
    Warum sind sie nicht konkurrenzfähig? Dafür, dass die
    Baumwolle Malis nicht konkurrenzfähig ist, sind nicht
    wir verantwortlich . Dafür ist nicht Europa verantwort-
    lich, sondern dafür sind die USA verantwortlich . Die
    USA haben in den vergangenen 20 Jahren 30 Milliarden
    US-Dollar an ihre Baumwollfarmer bezahlt . Dass die
    anderen landwirtschaftlichen Produkte Malis nicht kon-
    kurrenzfähig sind, das liegt an uns, an Europa . Wir zah-
    len 50 Milliarden Euro Subventionen, und mit unseren
    subventionierten Lebensmitteln, wovon ein erheblicher
    Anteil exportiert wird, machen wir die Wirtschaft in Län-
    dern wie Mali kaputt .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Da ist leider was dran!)


    Wenn wir in vielleicht 10 oder 15 Jahren hier stehen
    und darüber sprechen, warum der Einsatz in Mali schief-
    gegangen ist – das kann hoffentlich verhindert werden –,
    warum es nicht gelungen ist, dieses Land zu stabilisieren
    und zu wirtschaftlichem Wohlstand zu führen, obwohl
    wir doch einen Bundeswehreinsatz hatten, obwohl wir
    diesen Bundeswehreinsatz ausgeweitet haben, obwohl
    wir viel Entwicklungshilfe gezahlt haben, obwohl wir
    uns doch alle Mühe gegeben haben, dann könnte man
    bei folgender Ursache landen: Weil man sich nicht an die
    Subventionen für die industrielle Landwirtschaft bei uns
    und in den USA herangetraut hat . – Das ist schlichtweg
    ein Problem . Man muss die Probleme halt an den Ursa-
    chen anpacken .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf des Abg . Max Straubinger [CDU/CSU])


    Wenn es in einem Land keine ökonomische Entwicklung
    gibt, dann kann das daran liegen, dass wir die ökonomi-
    sche Entwicklung in diesem Land mit subventionierten
    Produkten kaputtmachen . Da können Sie von der CSU
    lachen und schreien; das macht es nicht besser . Es soll-
    te doch in unserem Interesse sein, dass es diesem Land
    besser geht .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Schauen Sie sich doch einfach einmal die Tatsachen an .

    Dass Sie dieses Problem nicht angehen, ist aus Ihrer
    Sicht ja zu verstehen: Da muss man sich mit Lobbyisten
    anlegen, und es wird kurzfristig ökonomische Auseinan-
    dersetzungen geben .


    (Zuruf des Abg . Max Straubinger [CDU/ CSU])


    Das mag alles lästig und schwierig sein; aber man muss
    doch dafür sorgen, dass die Probleme an der Wurzel an-
    gepackt werden . Wir sollten nicht nur dafür sorgen, dass
    es einen ordentlichen Bundeswehreinsatz in Mali gibt,
    sondern auch dafür, dass die einheimische Wirtschaft

    von Mali die Chance hat, zu funktionieren . Deswegen
    sollten wir aufhören, diese einheimische Wirtschaft mit
    subventionierten Produkten aus Europa, aus Deutschland
    und aus den USA kaputtzumachen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Nieder mit den deutschen Bauern!)


    Ein weiteres Beispiel . Schauen wir uns den Umgang
    mit Saudi-Arabien an . Navid Kermani hat uns darauf
    hingewiesen, dass das Lehrmaterial, das in Saudi-Arabi-
    en verwendet wird, und das Lehrmaterial, das bei ISIS
    verwendet wird – die haben sogar Schulen –, zu 95 Pro-
    zent identisch sind . In Saudi-Arabien wurden dieses Jahr
    schon mehr Menschen geköpft als im Territorium des
    sogenannten „Islamischen Staats“, den man, glaube ich,
    besser Da‘isch nennen sollte .


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Saudi-Arabien ist das Zentrum des Wahhabismus, ei-
    ner islamistischen Ideologie, die von der Ideologie der
    Terroristen kaum zu unterscheiden ist . Aus Saudi-Arabi-
    en wird nach allem, was man erkennen kann, ISIS finan-
    ziert . In Saudi-Arabien haben Frauen fast keine Rechte .
    In Saudi-Arabien ist das Ausüben anderer Religionen bei
    schwerster Strafe verboten . Menschenrechtler wie Bada-
    wi werden ausgepeitscht und zu barbarischen Strafen
    verurteilt . Saudi-Arabien exportiert diese fundamentalis-
    tische Ideologie in viele Länder . Saudi-Arabien führt im
    Jemen einen barbarischen Krieg mit vielen zivilen Toten .

    Wenn man sich das anschaut – das ist einfach nur eine
    nüchterne Aufzählung –, dann müsste man doch denken:
    Das ist ein Land, auf das die Bundesregierung, auf das
    der demokratische Westen massiv Druck ausüben sollte,
    sein Verhalten zu ändern . – Aber was ist der Fall? Die
    Bundesregierung behandelt Saudi-Arabien als engsten
    Verbündeten, liefert dorthin Waffen und kauft dort billi-
    ges Öl . Wenn wir diese Politik nicht verändern, die nach
    diesem ganz alten und schlechten Muster „He may be a
    bastard, but he is our bastard“ funktioniert, dann werden
    wir nie in der Lage sein, die Probleme wirklich anzupa-
    cken .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Als allerletzten Punkt schaue ich mir an, wie Sie Kli-
    mapolitik machen . Ja, Sie sprechen davon, dass wir das
    2-Grad-Ziel einhalten müssen . Ja, wir wissen, dass wir
    das 2-Grad-Ziel einhalten müssen, dass wir es dringend
    einhalten müssen, weil sonst unsere eigenen Lebens-
    grundlagen zerstört werden . Das sagt uns die gesamte
    Wissenschaft . Sie sagen es ja selbst, Frau Merkel . Wenn
    ich mir die Politik in der Bundesrepublik Deutschland
    anschaue, muss ich sagen: Es passiert viel zu wenig im
    Kampf gegen den Klimawandel in Deutschland . Wir ge-
    ben jetzt 1,6 Milliarden Euro als Subventionen für die
    Braunkohle . Im Bereich des Verkehrs und der Mobilität
    passiert überhaupt nichts; das wundert einen vielleicht
    nicht bei diesem Minister . Im Bereich der Wärmedäm-
    mung kommen wir nicht voran .

    Dr. Anton Hofreiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    Sie werden Ihre Ziele, die Sie sich in Ihrer ersten Ko-
    alition selbst gesetzt haben, ganz massiv verfehlen . Das
    alles geschieht in der Bundesrepublik Deutschland, der
    viertgrößten Industrienation . Es hilft doch nichts, wenn
    Sie auf den großen Konferenzen immer nur nett lächeln,
    sich feiern lassen, sich als Klimakanzlerin darstellen, und
    dann, wenn Sie nach Hause kommen, von Dekarbonisie-
    rung und Klimaschutz nichts mehr wissen wollen . Kli-
    maschutz ist konkret . Klimaschutz fängt in den einzel-
    nen Ländern an . Handeln Sie endlich! Sorgen Sie dafür,
    dass wir zu einer anderen Mobilität kommen, dass wir zu
    einer anderen Energieversorgung kommen und dass es
    endlich mit der Wärmedämmung vorangeht .

    Vielen Dank .


    (Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Thomas

Oppermann das Wort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Thomas Oppermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Terror-

    angriffe der letzten Tage und Wochen, gestern in Tunesi-
    en, davor in Mali, in Frankreich, auf der Sinai-Halbinsel,
    haben die Menschen weltweit verunsichert und ein gro-
    ßes Mitgefühl ausgelöst . Insbesondere die Terroranschlä-
    ge in Paris vor zehn Tagen haben die französische Ge-
    sellschaft schwer getroffen . Deshalb möchte ich gleich
    am Anfang meiner Rede der Bundeskanzlerin, aber auch
    dem Vizekanzler meinen Dank aussprechen . Sie haben
    sofort unmissverständlich klargemacht: Wir stehen an
    der Seite von Frankreich . Wir haben eine tief empfunde-
    ne Freundschaft und Solidarität mit Frankreich . Präsident
    Hollande hat uns um unseren Beistand gebeten . Es ist
    völlig klar, dass wir unseren Beitrag dazu leisten werden .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich finde, es war eine besonnene Entscheidung des
    französischen Präsidenten, sich nicht auf den Bündnisfall
    nach Artikel 5 des NATO-Vertrages zu berufen, sondern
    auf die Beistandsklausel nach dem EU-Vertrag; denn das
    Bündnis gegen den IS muss breiter angelegt werden als
    die NATO . Dieser Kampf kann nur erfolgreich sein, wenn
    auch Russland, wenn auch Regionalmächte wie Iran und
    Saudi-Arabien eingebunden werden, es also eine breite
    Allianz der internationalen Staatengemeinschaft gibt .

    Diese Allianz droht jetzt durch den Abschuss eines
    Kampfflugzeuges an der syrisch-türkischen Grenze ge-
    fährdet zu werden . Frank-Walter Steinmeier hat nach dem
    Terroranschlag von Paris an den Wiener Verhandlungen
    teilgenommen und gesagt: Nach diesem Terroranschlag
    ist die Welt ein bisschen näher zusammengerückt . – Die
    Allianz gegen den IS-Terror schien in greifbarer Nähe zu
    sein . Jetzt darf die Welt aber nicht wieder auseinander-
    rücken .

    Auch wenn es für uns alle schwer verständlich ist,
    wie es in einer solch angespannten Lage dazu kommen
    konnte, dass trotz wiederholter Grenzverletzungen ein
    Flugzeug abgeschossen wird, muss doch klar sein: Der
    Stellvertreterkrieg auf syrischem Boden kann doch nur
    beendet werden, wenn es jetzt nicht zu einer Auswei-
    tung des Konfliktes kommt, indem sich die Stellvertreter
    selbst gegenseitig attackieren .


    (Beifall bei der SPD)


    Deshalb muss alles für eine Deeskalation dieses Konflik-
    tes getan werden . Das ist eine Chance, die auf keinen Fall
    vertan werden darf .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Diese Art der Terroranschläge – mit Selbstmordat-
    tentätern – gibt es schon lange . Aber das ist für uns in
    Europa eine neue Erfahrung . Den Terroristen der RAF
    ging es darum, die Repräsentanten des Staates zu treffen .
    Als al-Qaida das Attentat gegen das World Trade Center
    durchführte, ging es auch darum, ein Symbol des interna-
    tionalen Finanzkapitalismus zu treffen . Als der Terroran-
    schlag gegen Charlie Hebdo durchgeführt wurde, ging es
    auch darum, die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit
    zu treffen . Aber bei den Anschlägen vom 13 . November
    dieses Jahres ging es nicht mehr um Symbole oder Ins-
    titutionen . Es ging darum, die Menschen direkt in ihrem
    Alltag zu treffen: in Cafés und Restaurants, beim Fuß-
    ballspiel oder bei Konzertveranstaltungen . Das war ein
    direkter Angriff auf unsere Gesellschaft .

    Ich kann verstehen, wenn jetzt auch Menschen bei uns
    Angst haben und unsicher sind . Aber das darf nicht dazu
    führen, dass wir jetzt kopflos agieren; denn genau das
    wollen die Terroristen . Sie wollen Angst verbreiten . Das
    dürfen und werden wir nicht zulassen .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Bilder, die uns vom vergangenen Wochenende
    aus Paris erreicht haben, machen auch Mut . Die Berliner
    Schaubühne hatte in den letzten Tagen ein Gastspiel in
    Paris . Die Befürchtung, dass viele Theaterkarten zu-
    rückgegeben werden, traf nicht ein . Im Gegenteil: Die
    Anrufer wollen nicht stornieren, sondern mit ihrem Be-
    such ganz bewusst ein Zeichen des Widerstandes gegen
    den Terror setzen . Unser stärkstes Argument gegen den
    Terror ist es, keine Angst zu haben, hat Barack Obama
    gesagt . Das ist richtig . Wir müssen entschlossen handeln .
    Aber vor allem müssen wir besonnen bleiben .

    Deshalb möchte ich Ihnen, Herr de Maizière, aus-
    drücklich für das danken, was Sie letzte Woche bei der
    BKA-Tagung gesagt haben – ich zitiere sinngemäß –:
    Welches Extrem in der Sicherheitspolitik gerade über-
    wiegt, hängt von der gefühlten Bedrohungslage ab, oft
    auch von dem Bedürfnis nach Stimmungsmache . Ich
    warne allerdings davor, von einem Extrem in das ande-
    re zu fallen . Egal aus welcher Richtung der Wind weht:
    Wir müssen Kurs halten, mit Maß und Mitte . – Herr de
    Maizière, ich kann mich Ihren Worten nur anschließen .

    Dr. Anton Hofreiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    Wir werden unsere freiheitliche Gesellschaft entschlos-
    sen, aber mit Maß und Mitte verteidigen .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg . Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    „Besonnen handeln“ heißt für mich: Wir dürfen die
    Debatte über die innere Sicherheit nicht auf dem Rücken
    der Flüchtlinge austragen . Natürlich kann niemand aus-
    schließen, dass sich auch ein Terrorist oder Kriminelle
    unter die Flüchtlinge mischen . Es gab ja auch den Ver-
    dacht . Offenkundig hat es sich aber um eine gelegte Spur
    gehandelt .

    All das rechtfertigt in keinem Fall einen Generalver-
    dacht gegen Flüchtlinge . Wir dürfen die Opfer, die vor
    dem Terror zu uns fliehen, nicht zu Tätern machen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg . Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Ein Ziel der Terroristen ist es auch, die moderaten und
    gemäßigten Muslime in Misskredit zu bringen . Deshalb
    ist es richtig, dass Navid Kermani sagt: Dagegen müs-
    sen sich auch die Muslime zur Wehr setzen . – Er hat sie
    aufgefordert, dagegen aufzubegehren, dass Terroristen
    im Namen ihrer Religion handeln, und das tun auch die
    meisten gemäßigten Muslime in diesem Lande .

    Im Übrigen müssen wir der Tatsache ins Auge schau-
    en: Der islamistische Terror ist in vielen Bereichen ein
    hausgemachtes, ein europäisches Problem . Die Drahtzie-
    her der Anschläge von Paris sind in Europa geboren und
    aufgewachsen . 750 Deutsche sind nach Syrien gereist,
    um für den IS zu kämpfen . Nicht 750 Syrer sind nach
    Deutschland gereist, um hier Terroranschläge auszuüben,
    sondern umgekehrt: 750 Deutsche sind nach Syrien ge-
    gangen . Über 420 hochgefährliche, gewaltbereite Isla-
    misten leben in Deutschland . Manche von ihnen müssen
    die Sicherheitsbehörden rund um die Uhr im Auge haben .

    Das alles erfordert ein hohes Maß an Wachsamkeit .
    Dies ist ein Kraftakt für unsere Polizei . Wir können froh
    sein, dass sie es mit großem Einsatz, mit Geschick und
    auch mit ein bisschen Glück geschafft hat, uns bisher vor
    schweren Terroranschlägen zu bewahren . Dafür möchte
    ich allen Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden ganz aus-
    drücklich danken .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Auch deshalb ist es richtig, dass wir jetzt 3 000 neue
    Stellen für die Bundespolizei schaffen. Ich finde es gut
    und bin froh, dass die Zeit, in der die Finanzminister von
    Bund und Ländern bei der Polizei Stellen abbauen konn-
    ten, endgültig der Vergangenheit angehört .

    Zur Besonnenheit gehört für mich aber auch, dass
    nicht nach jedem Terroranschlag eine Grundsatzdebatte
    über die exakt definierte Rolle der Bundeswehr in unse-
    rem Grundgesetz geführt wird .


    (Beifall bei der SPD)


    Wir wollen und wir brauchen keine Militarisierung der
    inneren Sicherheit . Soldaten werden für ganz andere Sa-
    chen ausgebildet als die Polizei . Deshalb bleibt es dabei:

    Die Polizei ist zuständig für die innere, die Bundeswehr
    ist zuständig für die äußere Sicherheit .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Was wir in diesen Zeiten neben einer guten Polizei
    dringend brauchen, sind funktionierende Nachrichten-
    dienste, die sich mit ihren Partnern austauschen und
    Fundamentalisten und potenzielle Gewalttäter im Blick
    haben . Dass wir starke Nachrichtendienste wollen, kann
    man daran sehen, dass wir im Haushalt erhebliche Mittel
    für zusätzliches Personal bereitstellen .

    Was wir aber nicht brauchen, ist ein Bundesnachrich-
    tendienst, der den französischen Außenminister Laurent
    Fabius abhört, meine Damen und Herren . Was ist das für
    ein grotesker Vorgang!


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg . Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Einmal abgesehen davon, dass sich so etwas unter Freun-
    den nicht gehört: Wer so etwas macht, ist ganz offenkun-
    dig nicht auf die eigentlichen Gefahren fokussiert, die
    unserem Gemeinwesen im Augenblick drohen .

    Es gibt sehr viele Mitarbeiter beim BND, die unter
    schwierigen Bedingungen hervorragend arbeiten und de-
    nen ich dafür danken möchte . Es ist aber auch im Interes-
    se dieser Mitarbeiter, wenn ich sage: Es muss bei diesem
    Nachrichtendienst einiges anders werden .

    Ich kann die Kritik der Opposition verstehen, aber wir
    können den BND nicht komplett neu aufbauen . Wir müs-
    sen die Reformen im laufenden Betrieb vornehmen . Ich
    bin froh, dass wir darüber eine Einigung in der Koalition
    haben . Die Fachleute haben sich geeinigt .

    Es ist klar: In einem demokratischen Staat haben
    Nachrichtendienste kein Recht auf ein Eigenleben . Sie
    dürfen nur das tun, was demokratisch legitimiert ist .
    Deshalb muss der BND-Präsident wissen, ob es in sei-
    ner Behörde Eigenmächtigkeiten gibt, und er muss sie
    abstellen, wenn es sie gibt . Für den Präsidenten muss es
    eine Aufsicht geben, die sicherstellt, dass er das auch tut .


    (Beifall bei der SPD)


    Meine Damen und Herren, die größte Gefahr für un-
    sere innere Sicherheit sind ganz sicher nicht die Flücht-
    linge, die ins Land kommen, sondern die eigentliche
    Gefahr droht, wenn wir es versäumen, diese Flüchtlin-
    ge gut zu integrieren . Was nicht passieren darf, ist, dass
    jetzt weitere Parallelgesellschaften entstehen, die zu so-
    zialen Brennpunkten werden . Ein Molenbeek darf es in
    Deutschland nicht geben . Wo es das im Kleinen schon
    gibt, müssen wir gezielt etwas dagegen unternehmen .
    Gut integrierte Flüchtlinge sind am besten gegen Salafis-
    ten und Hassprediger immunisiert .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Integration ist die große innenpolitische Herausfor-
    derung für ein ganzes Jahrzehnt . Sprache, Kita, Schule,
    Ausbildung, Arbeit, Wohnung, aber auch Werte und Re-
    geln, das ist das ABC der Integration . Dieses ABC muss
    auf jeder Stufe durchbuchstabiert werden . Wir sagen

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    ganz klar: Da dürfen wir nicht kleckern, sondern da müs-
    sen wir klotzen .

    Wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt .
    Was wir heute investieren, wird sich schon in zehn Jahren
    doppelt auszahlen . Was wir heute versäumen, das lässt
    sich nicht mehr nachholen . Deshalb: Ran an die Sache!


    (Beifall bei der SPD)


    Wir müssen auch mehr Anreize schaffen, damit sich
    Integration lohnt. Kriegsflüchtlinge haben hier eine
    Schutzzeit von zunächst drei Jahren . Wir müssen ganz
    klar sagen: Wer es in drei Jahren schafft, unsere Sprache
    zu lernen, wer es schafft, eine Ausbildung zu machen,
    wer es schafft, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, der
    muss eine dauerhafte Perspektive, unabhängig von sei-
    nem Flüchtlingsstatus, bekommen . Aber diejenigen, die
    das nicht schaffen oder auch nicht wollen, müssen sich
    darauf einstellen, dass sie gegebenenfalls in ihre Länder
    zurückkehren müssen, wenn dort wieder sichere Lebens-
    verhältnisse herrschen. Ich finde, wir brauchen auch in
    der Integrationspolitik klare Maximen: fördern und for-
    dern . Alle müssen wissen, woran sie sind . Jeder hat hier
    eine Chance . Das sollten wir beherzigen und es nicht
    wieder so machen wie beim letzten Mal .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Antwort auf die Frage, ob wir Flüchtlinge mit
    Bleiberecht gut integrieren können, hängt auch davon ab,
    ob es uns gelingt, von den hohen Zahlen an Flüchtlin-
    gen herunterzukommen . Im November dieses Jahres sind
    180 000 Flüchtlinge gekommen . Das ist fast so viel wie
    im ganzen letzten Jahr . Wir müssen die Geschwindigkeit
    des Zuzugs deutlich verringern .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Viele europäische Länder, ja fast alle europäischen
    Länder wollen sich nicht an der Aufnahme von Flücht-
    lingen beteiligen; die Bundeskanzlerin hat darauf hinge-
    wiesen . Wir müssen weiter darum kämpfen, dass es zu
    einer fairen Verteilung der Flüchtlinge, aber auch der
    Verantwortung dafür in Europa kommt . Die Länder, die
    bisher aufnahmebereit waren, wie Schweden, erklären
    inzwischen, dass ihre Kapazität erschöpft ist . So kann es
    im nächsten Jahr nicht weitergehen .

    Deshalb müssen wir uns auf drei Dinge konzentrie-
    ren, die uns helfen können, das Problem an der Wurzel
    zu packen . Erstens: die Befriedung des syrischen Bürger-
    krieges durch die Verhandlungen in Wien . Daran muss
    natürlich weiter gearbeitet werden, trotz des Rückschla-
    ges, den wir gestern erlebt haben . Zweitens: die Verbes-
    serung der Lage von Flüchtlingen in der Krisenregion, in
    den Flüchtlingslagern, wo sich im Augenblick die meis-
    ten Flüchtlinge aufhalten . Drittens: die Sicherung der
    EU-Außengrenzen, unter anderem mithilfe der Türkei .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Zur Sicherung der Außengrenzen . In der Tat spielt die
    Türkei dabei eine Schlüsselrolle . Im Augenblick kom-
    men über 80 Prozent der Flüchtlinge über die Türkei und
    den Balkan nach Europa . Die türkisch-griechische Gren-

    ze ist praktisch offen . Die Schleuser haben dort allein das
    Heft in der Hand . Das kann so nicht bleiben . Das müssen
    wir zwischen zwei NATO-Partnern in der Tat ändern;
    denn nur mit sicheren Außengrenzen können wir verhin-
    dern, dass es zu einer Renationalisierung der Grenzen in
    Europa kommt . Schengen können wir nur verteidigen,
    Reisefreiheit wird es in Zukunft nur geben, wenn wir es
    schaffen, zu sicheren Außengrenzen zu kommen .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Wenn uns die Türkei jetzt hilft, die Außengrenzen zu
    sichern, dann würden die Flüchtlinge zunächst in der
    Türkei bleiben . Dort sind sie zwar vor Bürgerkrieg ge-
    schützt und sicher; aber natürlich kann die Türkei allein
    nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, nur um die anderen
    Länder in Europa zu verschonen . Die Türkei hat schon
    jetzt mehr Flüchtlinge aufgenommen als alle anderen
    Länder in Europa zusammen . Das muss man – bei all der
    Kritik, die immer wieder an der Türkei geäußert wird –
    auch einmal anerkennen . Das ist eine große Leistung, die
    Respekt verdient .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Wenn also die Türkei uns hilft, die europäischen Au-
    ßengrenzen zu sichern, dann müssen wir der Türkei im
    Gegenzug auch helfen, und zwar nicht nur finanziell,
    sondern auch, indem wir ihr einen Teil der Flüchtlinge
    abnehmen . Das können wir in der Tat über Kontingente
    nach dem Resettlement-Verfahren laufen lassen . Damit
    können wir mehrere Probleme auf einmal lösen: Ers-
    tens . Wir würden die Kontrolle über die Außengrenzen
    zurückgewinnen . Zweitens . Die chaotische Einwande-
    rung von Flüchtlingen würde in ein geordnetes Verfahren
    unter Beteiligung des UNHCR überführt oder dadurch
    ersetzt . Drittens . Die Schleuserkriminalität würde ausge-
    schaltet . Viertens . Bei diesem Verfahren haben nicht nur
    kräftige junge Männer, sondern auch Frauen und Kinder
    eine faire Chance, als Flüchtlinge in Europa aufgenom-
    men zu werden .

    Diesen Weg sollten wir verfolgen . Der könnte funk-
    tionieren . Die Debatte über abstrakte Obergrenzen führt
    überhaupt nicht weiter . Sie führt insbesondere nicht dazu,
    dass ein einziger Flüchtling weniger nach Europa kommt .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Meine Damen und Herren, wir stellen in diesem Haus-
    halt 8 Milliarden Euro für die Aufnahme und Integrati-
    on von Flüchtlingen zur Verfügung . Zusätzlich werden
    400 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und 800 Milli-
    onen Euro für wirtschaftliche Zusammenarbeit bereitge-
    stellt . Wir haben zusätzliche Milliarden für Investitionen
    in die Infrastruktur – insbesondere für den Ausbau von
    schnellen Netzen sowie für den sozialen Wohnungsbau –
    bereitgestellt . Damit kümmern wir uns darum, dass die-
    ses Land auch in Zukunft stark bleiben kann .

    Aber wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als
    ob wir damit die Probleme in Deutschland schon gelöst
    hätten . Was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben,
    daran halten wir auch fest . Wir wollen, dass für Frauen

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    und Männer gilt: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, und
    werden entsprechende Maßnahmen ergreifen .


    (Beifall bei der SPD)


    Wir wollen die Teilhabe behinderter Menschen . Wir
    wollen das überkommene Fürsorgesystem abschaffen
    und die Teilhabe behinderter Menschen in diesem Land
    verbessern . Damit wollen wir auch die UN-Konvention
    zum Schutz der Behinderten umsetzen, meine Damen
    und Herren .


    (Beifall bei der SPD)


    Wir werden auch Leiharbeit und Werkverträge ver-
    nünftig regulieren .


    (Beifall bei der SPD)


    Natürlich sind Werkverträge ein unverzichtbares Instru-
    ment in unserem Wirtschaftsleben . Wir wollen sie des-
    halb nicht abschaffen; aber wir müssen dem Missbrauch
    eindeutige Grenzen setzen . Insbesondere in der Flei-
    schindustrie wie auch in einigen anderen Branchen wer-
    den Werkverträge benutzt, um die Schutzmechanismen
    unseres Arbeitsrechtes praktisch auszuhebeln . Wenn am
    Ende ganze Belegschaften nicht mehr auf der Basis von
    Arbeitsverträgen, sondern von Werkverträgen arbeiten,
    dann ist das mit dem eigentlichen Zweck eines Werk-
    vertrages nicht mehr vereinbar . Es hat damit nichts, aber
    auch gar nichts zu tun . Diese Werkvertragsunternehmer
    sind in Wirklichkeit Scheinselbstständige . Das ist ein so
    offenkundiger Missbrauch in unserer sozialen Markt-
    wirtschaft, dass wir den sofort stoppen müssen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Machen, machen, machen! – Dr . Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Wir machen mit! Wir schaffen das!)


    Auch bei der Leiharbeit gibt es Unternehmen, die
    über viele Jahre hinweg ganze Teile ihrer Produktion
    über Leiharbeit fertigen . Dabei geht es nicht mehr um die
    Abfederung von Auftragsspitzen – dafür ist die Leihar-
    beit einst eingeführt worden –, sondern nur noch darum,
    Löhne zu drücken und Festanstellungen zu vermeiden .
    Ich finde, Andrea Nahles hat hier sehr vernünftige Vor-
    schläge gemacht, die genügend Flexibilität für Unterneh-
    mer vorsehen, mit denen wir aber in der Lage sind, die
    schwarzen Schafe zu stoppen .


    (Beifall bei der SPD)


    Meine Damen und Herren, wir werden die Flücht-
    lingskrise nur dann gut bewältigen, wenn wir uns jetzt
    auch um die Menschen in Deutschland kümmern . Sie
    dürfen nicht den Eindruck bekommen, dass sie wegen
    der Flüchtlingskrise zurückstecken müssen . Sie dürfen
    nicht das Gefühl bekommen, dass die Lösung ihrer Prob-
    leme auf die lange Bank geschoben wird . Lassen Sie uns
    daran gemeinsam arbeiten .

    Vielen Dank .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)