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    Plenarprotokoll 18/136 Textrahmenoptionen: 16 mm Abstand oben Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 136. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Inhalt: Würdigung von Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13233 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 13234 D Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 13235 A Begrüßung des Vorsitzenden des Auswär- tigen Ausschusses des Europäischen Par- laments, Herrn Elmar Brok, und des Gene- ralsekretärs der OSZE, Herrn Lamberto Zannier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13266 C Tagesordnungspunkt 4: Vereinbarte Debatte: 60 Jahre Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13235 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13235 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 13236 D Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13238 A Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13240 A Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13241 C Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 13243 B Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13244 B Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13246 C Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13247 B Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13248 C Tagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Ulla Jelpke, Jutta Krellmann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Flüchtlinge auf dem Weg in Arbeit unterstützen, Integration befördern und Lohndumping bekämpfen Drucksache 18/6644 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13250 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13250 B Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13251 D Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13253 C Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13254 C Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 13255 C Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13257 A Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13258 B Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13259 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13259 D Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13260 C Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13262 B Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13263 A Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13264 A Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 13265 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015II Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13266 D Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13267 D Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: 40 Jahre nach Helsinki, 25 Jahre nach Paris – Den deutschen OSZE-Vor- sitz 2016 für neue Impulse hin zu einer auf Dialog, Vertrauen und Sicherheit ruhenden Friedensordnung in Europa nutzen Drucksache 18/6641 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13269 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Inge Höger, Andrej Hunko, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Den deutschen Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa im Jahr 2016 für Frieden und Abrüstung nutzen Drucksachen 18/5108, 18/6377 . . . . . . . . . 13269 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Agnieszka Brugger, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den deutschen OSZE-Vorsitz 2016 zur Stärkung der OSZE nutzen Drucksachen 18/6199, 18/6375 . . . . . . . . . 13269 B Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13269 C Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13271 C Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 13272 D Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13274 A Franz Thönnes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13274 D Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . . 13276 A Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13276 D Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13278 A Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU). . . . . . . . . . . 13279 A Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . 13280 A Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Aner- kennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hil- fe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“) für bundesrechtlich geregelte Heilberufe und andere Berufe Drucksache 18/6616 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13281 C Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Doris Wagner, Agnieszka Brugger, Dr. Tobias Lindner, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Radargeschädigte der Bundeswehr und der ehemaligen NVA zügig entschädigen Drucksache 18/6649 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13281 C Tagesordnungspunkt 34: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittelspezialitätengesetzes Drucksachen 18/6164, 18/6670 . . . . . . . . . 13281 D b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 28. März 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen Drucksachen 18/6449, 18/6666 . . . . . . . . . 13282 A c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 und zur Ablösung des Textilkennzeichnungsge- setzes Drucksachen 18/6488, 18/6662 . . . . . . . . . 13282 A d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Ralph Lenkert, Birgit Menz, Caren Lay, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Meeresumweltschutz national und international stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Peter Meiwald, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 III Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Schutz der Meere weltweit ver- ankern Drucksachen 18/4809, 18/4814, 18/5243 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13282 C e) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und humani- täre Hilfe zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Groth, Inge Höger, Azize Tank, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Tom Koenigs, Omid Nouripour, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doppelstandards beenden – Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt zeichnen und ratifizieren Drucksachen 18/4332, 18/6184 . . . . . . . . . 13282 D f)–k) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 243, 244, 245, 246, 247 und 248 zu Petitionen Drucksachen 18/6561, 18/6562, 18/6563, 18/6564, 18/6565, 18/6566 . . . . . . . . . . . . 13282 D Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13283 B Tagesordnungspunkt 7: Wahl eines Mitglieds des Vertrauensgremi- ums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaus- haltsordnung Drucksache 18/6629 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13284 B Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13284 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13285 C Tagesordnungspunkt 8: Wahl von Mitgliedern des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsme- chanismusgesetzes Drucksache 18/6630 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13284 C Wahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13284 C Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13293 A Tagesordnungspunkt 9: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Anja Weisgerber, Marie-Luise Dött, Andreas Jung, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU sowie der Abgeordne- ten Frank Schwabe, Dr. Matthias Miersch, Marco Bülow, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Klimakonferenz in Paris muss ehrgeiziges Abkommen beschließen Drucksache 18/6642 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13285 C b) Antrag der Abgeordneten Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Auf der Klimakonferenz in Paris die Weichen für mehr Klimaschutz und globale Gerechtigkeit stellen Drucksache 18/6648 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13285 D c) Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Deutscher Beitrag zu den UN-Kli- maverhandlungen – Kohlendioxid als Umweltschadstoff definieren, Betriebszei- ten von Kohlekraftwerken begrenzen Drucksache 18/3313 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13285 D Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13286 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 13287 B Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 13288 B Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13290 A Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . 13290 C Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13291 D Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 13293 B Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Katja Dörner, Dr. Konstantin von Notz, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Besonders gefährdete Flüchtlinge in Erstaufnahmeein- richtungen und Gemeinschaftsunterkünf- ten besser schützen Drucksache 18/6646 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13294 C Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13294 D Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13296 A Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE) . . . . 13298 A Gülistan Yüksel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13299 C Gudrun Zollner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13300 C Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13302 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015IV Tagesordnungspunkt 11: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zum automati- schen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze Drucksachen 18/5920, 18/6290 . . . . . . 13303 A – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu der Mehrsei- tigen Vereinbarung vom 29. Okto- ber 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten Drucksachen 18/5919, 18/6291, 18/6667 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13303 A – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6682 . . . . . . . . . . . . . . 13303 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, Susanna Karawanskij, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Ab- geltungsteuer abschaffen – Kapita- lerträge wie Löhne besteuern – zu dem Antrag der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Abgeltungsteuer abschaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Transparenz von Kapitalein- kommen stärken – Automatischen Austausch von Informationen über Kapitalerträge auch im Inland ein- führen Drucksachen 18/2014, 18/6064, 18/6065, 18/6667 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13303 B Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) . . . . . . . 13303 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13305 A Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13305 D Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 13307 A Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . . 13308 D Sarah Ryglewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13310 A Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für ein menschenwür- diges Existenz- und Teilhabeminimum Drucksache 18/6589 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13311 D Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 13312 A Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU) . . . . . . 13313 A Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 13315 C Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 13316 C Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 13317 A Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13318 D Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 13320 A Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13321 A Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2014) Drucksachen 18/4349, 18/6681 . . . . . . . . . . . 13322 A Dr. Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 13322 A Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13323 C Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . 13324 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13325 D Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13327 A Metin Hakverdi (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13328 A Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13328 D Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Agnieszka Brugger, Katja Keul, Katharina Dröge, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Panzerlieferung nach Katar so- fort stoppen Drucksache 18/6647 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13330 A Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13330 A Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13331 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 V Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13333 A Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13334 A Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13334 D Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . 13335 B Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 13335 D Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 13337 D Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 13338 D Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13339 C Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13340 B Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13341 B Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13341 D Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . . 13342 C Petra Ernstberger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13343 B Tagesordnungspunkt 15: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der von den Vereinten Nationen geführten Friedensmission in Südsudan (UNMISS) auf Grundlage der Resolution 1996 (2011) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen vom 8. Juli 2011 und Folgeresolutionen, zuletzt 2241 (2015) vom 9. Oktober 2015 Drucksachen 18/6504, 18/6638 . . . . . . . . . 13344 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6683 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13344 B Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13344 C Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13345 C Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 13346 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13347 B Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13348 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13349 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13355 D Tagesordnungspunkt 16: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Dr. André Hahn, Frank Tempel, Ulla Jelpke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung des Gesetzes über die parlamenta- rische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes Drucksache 18/6640 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13349 B b) Antrag der Abgeordneten Dr. André Hahn, Frank Tempel, Ulla Jelpke, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Parlamentarische Kontrolle der nach- richtendienstlichen Tätigkeit des Bun- des verbessern Drucksache 18/6645 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13349 C Dr. André Hahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13349 C Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13350 C Dr. André Hahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13352 D Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13353 B Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13353 C Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13354 D Tagesordnungspunkt 17: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Be- teiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an der AU/UN-Hybrid-Operation in Darfur (UNAMID) auf Grundlage der Resolution 1769 (2007) des Sicherheitsra- tes der Vereinten Nationen vom 31. Juli 2007 und folgender Resolutionen, zuletzt 2228 (2015) vom 29. Juni 2015 Drucksachen 18/6503, 18/6639 . . . . . . . . . 13358 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6684 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13358 B Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13358 D Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 13360 A Michael Vietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13361 A Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13361 D Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13362 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13363 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13366 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015VI Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Tabea Rößner, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Netzneutralität als Voraus- setzung für eine gerechte und innovative di- gitale Gesellschaft effektiv gesetzlich sichern Drucksachen 18/5382, 18/6402 . . . . . . . . . . . 13363 D Matthias Ilgen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13364 A Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 13365 A Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13368 D Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13370 D Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13371 D Tagesordnungspunkt 19: Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Berufsqualifikations- feststellungsgesetzes und anderer Gesetze Drucksachen 18/5326, 18/6632 . . . . . . . . . . . 13372 D Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Anerkennung von Kriegsdienstverweige- rungen erleichtern Drucksache 18/6363 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13373 B Tagesordnungspunkt 21: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie Drucksachen 18/6283, 18/6673 . . . . . . . . . 13373 C – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6685 . . . . . . . . . . . . . . . . . 13373 C Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zwölften Bu- ches Sozialgesetzbuch und weiterer Vor- schriften Drucksachen 18/6284, 18/6674 . . . . . . . . . . . 13373 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Roland Claus, Matthias W. Birkwald, Caren Lay, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Anrechnung von NVA-Verletztenrente auf Grundsicherung im Alter Drucksachen 18/3170, 18/5278 . . . . . . . . . . . 13373 D Tagesordnungspunkt 23: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seear- beitsgesetzes Drucksachen 18/6162, 18/6675 . . . . . . . . . . . 13374 B Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Nachhaftung für Rückbau- und Ent- sorgungskosten im Kernenergiebereich (Rückbau- und Entsorgungskostennach- haftungsgesetz – Rückbau- und Entsor- gungskostennachhaftungsG) Drucksachen 18/6615, 18/6671 . . . . . . . . . . . 13374 C Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulstatistikgesetzes Drucksache 18/6560 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13374 C Tagesordnungspunkt 26: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Verkehrs- infrastrukturfinanzierungsgesellschaftsge­ setzes Drucksachen 18/6487, 18/6669 . . . . . . . . . . . 13374 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13375 B Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 13377 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 VII Anlage 2 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl eines Mit- glieds des Vertrauensgremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung teilge- nommen haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13378 A Anlage 3 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl eines Mitglieds und der Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 Ab- satz 3 des Stabilisierungsmechanismusgeset- zes teilgenommen haben . . . . . . . . . . . . . . . . . 13380 B Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und anderer Gesetze (Tagesordnungspunkt 19) . . . 13383 A Cemile Giousouf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13383 A Xaver Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13384 D Dr . Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13385 D Dr . Daniela De Ridder (SPD) . . . . . . . . . . . . . 13386 B Dr . Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 13387 A Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13387 D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Anerkennung von Kriegsdienstverweigerun- gen erleichtern (Tagesordnungspunkt 20) . . . . 13388 D Jörg Hellmuth (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13388 D Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13389 B Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13389 D Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13390 C Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13391 C Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie (Tagesordnungs- punkt 21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13392 B Dr . Martin Pätzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13392 C Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13393 A Ralf Kapschack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13393 C Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . . 13394 C Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13395 D Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag der Abgeordneten Roland Claus, Matthias W. Birkwald, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Frakti- on DIE LINKE: Keine Anrechnung von NVA-Verletztenrente auf Grundsicherung im Alter (Tagesordnungspunkt 22 und Zusatztagesord- nungspunkt 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13396 C Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13396 D Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13397 C Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . . 13398 B Dr . Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 13399 A Dr . Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . . 13399 D Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13400 B Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seearbeitsgesetzes (Tagesordnungspunkt 23) . . 13401 A Wilfried Oellers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13401 A Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13402 A Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13402 C Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13403 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015VIII Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kern- energiebereich (Rückbau- und Entsorgungs- kostennachhaftungsgesetz – Rückbau- und EntsorgungskostennachhaftungsG) (Tagesord- nungspunkt 24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13404 A Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13404 A Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13405 A Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13406 A Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13406 C Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulstatistikgesetzes (Tagesordnungs- punkt 25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13407 C Katrin Albsteiger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13407 C Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 13408 B Martin Rabanus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13409 A Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13409 C Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13410 A Stefan Müller, Parl . Staatssekretär BMBF . . . 13411 A Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesell- schaftsgesetzes (Tagesordnungspunkt 26) . . . 13411 D Reinhold Sendker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13412 A Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13412 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13413 B Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 13414 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13233 136. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Beginn: 9.02 Uhr
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    Vizepräsidentin Claudia Roth (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13377 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bülow, Marco SPD 12.11.2015 Erler, Dr. h. c. Gernot SPD 12.11.2015 Ernst, Klaus DIE LINKE 12.11.2015 Grundmann, Oliver CDU/CSU 12.11.2015 Gundelach, Dr. Herlind CDU/CSU 12.11.2015 Hampel, Ulrich SPD 12.11.2015 Hintze, Peter CDU/CSU 12.11.2015 Höger, Inge DIE LINKE 12.11.2015 Janecek, Dieter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.11.2015 Jung, Andreas CDU/CSU 12.11.2015 Kelber, Ulrich SPD 12.11.2015 Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.11.2015 Klare, Arno SPD 12.11.2015 Krellmann, Jutta DIE LINKE 12.11.2015 Lanzinger, Barbara CDU/CSU 12.11.2015 Ludwig, Daniela CDU/CSU 12.11.2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Malecha-Nissen, Dr. Birgit SPD 12.11.2015 Merkel, Dr. Angela CDU/CSU 12.11.2015 Pfeiffer, Dr. Joachim CDU/CSU 12.11.2015 Post, Florian SPD 12.11.2015 Ramsauer, Dr. Peter CDU/CSU 12.11.2015 Rüthrich, Susann SPD 12.11.2015 Saathoff, Johann SPD 12.11.2015 Scho-Antwerpes, Elfi SPD) 12.11.2015 Terpe, Dr. Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.11.2015 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.11.2015 Werner, Katrin DIE LINKE 12.11.2015 Westphal, Bernd SPD 12.11.2015 Wicklein, Andrea SPD 12.11.2015 Wiese, Dirk SPD 12.11.2015 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 12.11.2015 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 12.11.2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513378 (A) (C) (B) (D) Anlage 2 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl eines Mitglieds des Vertrauensgremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung teilgenommen haben CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Artur Auernhammer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. André Berghegger Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Iris Eberl Jutta Eckenbach Dr. Bernd Fabritius Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsru- he-Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Fritz Güntzler Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich (Chemnitz) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann (Dortmund) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Silke Launert Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Reiner Meier Dr. Michael Meister Jan Metzler Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Volker Mosblech Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller (Braun- schweig) Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Dr. Andreas Nick Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Wolfgang Schäuble Karl Schiewerling Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Christian Schmidt (Fürth) Gabriele Schmidt (Ühlingen) Ronja Schmitt (Althengstett) Patrick Schnieder Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wies- baden) Bernhard Schulte-Drüggelte Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13379 (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Dr. Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Tino Sorge Jens Spahn Carola Stauche Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Erika Steinbach Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Rita Stockhofe Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Stritzl Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Sabine Sütterlin-Waack Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Kees de Vries Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Kai Wegner Albert Weiler Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Doris Barnett Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Sören Bartol Bärbel Bas Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Edelgard Bulmahn Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Ulrich Freese Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Ulrike Gottschalck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Wolfgang Gunkel Bettina Hagedorn Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Sebastian Hartmann Michael Hartmann (Wackernheim) Dirk Heidenblut Hubertus Heil (Peine) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Marina Kermer Cansel Kiziltepe Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Dr. Hans-Ulrich Krüger Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Bettina Müller Detlef Müller (Chemnitz) Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir (Duisburg) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Jeannine Pflugradt Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Achim Post (Minden) Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Petra Rode-Bosse Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Bernd Rützel Sarah Ryglewski Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer (Bochum) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt (Aachen) Matthias Schmidt (Berlin) Dagmar Schmidt (Wetzlar) Carsten Schneider (Erfurt) Ursula Schulte Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Claudia Tausend Michael Thews Dr. Karin Thissen Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Gabi Weber Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513380 (A) (C) (B) (D) Manfred Zöllmer Brigitte Zypries DIE LINKE. Jan van Aken Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Annette Groth Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller (Potsdam) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold (Havelland) Richard Pitterle Martina Renner Michael Schlecht Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Dr. Kirsten Tackmann Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Birgit Wöllert Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann (Zwickau) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Dr. Franziska Brantner Agnieszka Brugger Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Dr. Thomas Gambke Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Britta Haßelmann Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Stephan Kühn (Dresden) Christian Kühn (Tübingen) Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Corinna Rüffer Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn Hans-Christian Ströbele Markus Tressel Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Dr. Valerie Wilms Anlage 3 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl eines Mitglieds und der Wahl eines stellvertre- tenden Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes teilge- nommen haben CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Artur Auernhammer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. André Berghegger Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Iris Eberl Jutta Eckenbach Dr. Bernd Fabritius Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Fritz Güntzler Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13381 (A) (C) (B) (D) Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich (Chemnitz) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann (Dortmund) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Silke Launert Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Reiner Meier Dr. Michael Meister Jan Metzler Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Volker Mosblech Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller (Braunschweig) Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Dr. Andreas Nick Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Wolfgang Schäuble Karl Schiewerling Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Christian Schmidt (Fürth) Gabriele Schmidt (Ühlingen) Ronja Schmitt Patrick Schnieder Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Tino Sorge Jens Spahn Carola Stauche Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Erika Steinbach Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Rita Stockhofe Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Stritzl Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Sabine Sütterlin-Waack Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Kees de Vries Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Kai Wegner Albert Weiler Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Doris Barnett Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Sören Bartol Bärbel Bas Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Edelgard Bulmahn Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513382 (A) (C) (B) (D) Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Ulrich Freese Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Ulrike Gottschalck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Wolfgang Gunkel Bettina Hagedorn Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Sebastian Hartmann Michael Hartmann (Wackernheim) Dirk Heidenblut Hubertus Heil (Peine) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Marina Kermer Cansel Kiziltepe Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Dr. Hans-Ulrich Krüger Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Bettina Müller Detlef Müller (Chemnitz) Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir (Duisburg) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Jeannine Pflugradt Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Achim Post (Minden) Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Petra Rode-Bosse Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Bernd Rützel Sarah Ryglewski Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer (Bochum) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt (Aachen) Matthias Schmidt (Berlin) Dagmar Schmidt (Wetzlar) Carsten Schneider (Erfurt) Ursula Schulte Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Claudia Tausend Michael Thews Dr. Karin Thissen Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Gabi Weber Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries DIE LINKE. Jan van Aken Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Annette Groth Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller (Potsdam) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold (Havelland) Richard Pitterle Martina Renner Michael Schlecht Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Dr. Kirsten Tackmann Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Birgit Wöllert Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann (Zwickau) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Dr. Franziska Brantner Agnieszka Brugger Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Dr. Thomas Gambke Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Britta Haßelmann Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Stephan Kühn (Dresden) Christian Kühn (Tübingen) Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13383 (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Özcan Mutlu Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Corinna Rüffer Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn Hans-Christian Ströbele Markus Tressel Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Dr. Valerie Wilms Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und anderer Gesetze (Tagesordnungspunkt 19) Cemile Giousouf (CDU/CSU): Heute diskutieren wir den vorliegenden Gesetzentwurf zur Anpassung un- seres Anerkennungsgesetzes an EU-Richtlinien. Erlau- ben Sie einige Worte über die Arbeitsmarktintegration von Neuzuzüglern, die wir mit dem Anerkennungsgesetz in unseren Arbeitsmarkt integrieren wollen. Wir haben im Moment einen sehr hohen Beschäftigungsstand in un- serem Land, unser Arbeitsmarkt ist aufnahmefähig wie lange nicht mehr, und auch wenn die Wachstumskraft im zweiten Halbjahr etwas schwächer war, haben wir insge- samt in diesem Jahr einen starken wirtschaftlichen Auf- schwung erlebt. Wenn wir uns die Flüchtlingszahlen angucken – wir rechnen mit einer Anerkennungsquote von 40 bis 50 Pro- zent – werden von den erwarteten Menschen in diesem Jahr eine halbe Million Menschen bei uns bleiben. Nach Meinung des DIW-Präsidenten erwirtschaftet ein Flücht- ling spätestens nach sieben Jahren mehr, als er den Staat kostet. Deshalb sind auch die Wirtschaftsweisen im Übri- gen der Auffassung, dass wir zwar jetzt in die Integration der Menschen investieren müssen, aber langfristig diese sich eben für unser Land auszahlt. Ich habe mich gefreut, dass vorgestern der neue Lei- ter des BAMF, Hans-Jürgen Weise, in unserer AG-Innen sehr deutlich gemacht hat, dass die Behauptung, 80 Pro- zent der Asylbewerber seien in den deutschen Arbeits- markt nicht integrierbar, schlicht falsch ist. Natürlich haben diese keine duale Ausbildung nach unseren Krite- rien und Standards durchlaufen, aber sie haben auch Ar- beitserfahrung und genau diese sollten wir nutzen – so, wie sich bislang jede Einwanderergruppe für unser Land ausgezahlt hat. Bei den Nachkommen jeder Einwande- rergruppe – auch denen der Gastarbeiter, deren Großteil als ungelernte Arbeiter in unser Land kamen können wir einen hohen Bildungsanstieg, eine hohe Bildungsaspira- tion und höhere Berufsabschlüsse verzeichnen, als dies in der Elterngeneration der Fall war. Das ist ein großes Kompliment an unser Bildungs- system und unsere duale Ausbildung. Es gibt endlose Beispiele von Kindern, die aus sogenannten Arbeiterfa- milien kommend – dabei ist es egal, ob mit oder ohne Migrationshintergrund – heute verantwortungsvolle Po- sitionen bekleiden, auch hier im hohen Hause. Ich habe Verständnis für Fragen und Sorgen; die haben ihre Be- rechtigung. Aber die Fakten, die haben eben auch Ihre Berechtigung. Vor diesem Hintergrund habe ich auch ein Problem damit, wenn bei einer Prognose von einer halben Mil- lion Menschen allzu düstere Weltuntergangsszenarien gezeichnet werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass es einzig und allein an uns liegt, ob diese Zuwanderung zu einem Problem oder einer Chance für unser Land wird. Es hängt maßgeblich davon ab, wie schnell und wie gut wir Menschen in Arbeit bringen können. Und dafür haben wir schon viel Gutes auf den Weg gebracht. Der Fachkräftemangel in Deutschland war der Grund, warum wir seit 2009 viele Anstrengungen unternommen haben, viele Gesetze liberalisiert haben, damit Menschen mit Einwanderungsgeschichte, aber auch Asylbewerber schneller auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Das war auch der Grund, warum 2012 das Anerkennungsge- setz ins Leben gerufen wurde. Heute diskutieren wir den vorliegenden Gesetzent- wurf. Er dient dazu, Vorgaben der novellierten EU-Richt- linie zur Berufsanerkennung in deutsches Recht umzu- setzen. Die wichtigsten Änderungen sind: Erstens. Wollen wir mit dem Gesetz ein einheitliches Anerkennungsverfahren innerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraumes schaf- fen. Es soll ein europäischer Berufsausweis für regle- mentierte Berufe eingeführt werden, der die Mobilität in Europa maßgeblich fördert. Zweitens. Die Verfahren der Anerkennung sollen durch die elektronische Antragsabgabe weiter moderni- siert und vereinfacht werden. Es wird die Möglichkeit geschaffen, für reglementierte Berufe Informationen durch Nutzung eines einheitlichen Systems elektronisch zu übermitteln. Die Antragsbearbeitung durch die zustän- digen Stellen kann dadurch verbessert, die Kommunika- tion beschleunigt werden. Für die Antragsteller werden Kosten reduziert, da die Beglaubigung von Unterlagen zunächst entfällt, bei Bedarf jedoch durch die zuständi- gen Stellen angefordert werden kann. Drittens. Der Antragsteller wird in Zukunft bei regle- mentierten Berufen die Möglichkeit bekommen, inner- halb von sechs Monaten eine Eignungsprüfung abzule- gen. Damit wird ein zügiges Verfahren gewährleistet, das die anerkennende Stelle leisten muss. Viertens. Wir wollen die Umsetzung des Anerken- nungsgesetzes weiter beobachten, und das Bundesinsti- tut für Berufsbildung wird das Monitoring des Anerken- nungsgesetzes kontinuierlich weiterführen. Das müssen wir auch tun, wenn wir das Potenzial die- ses Gesetzes in seiner vollen Wirkung nutzen wollen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513384 (A) (C) (B) (D) Bei der öffentlichen Anhörung haben die Sachverstän- digen die Erfolge aber auch den weiteren Handlungsbe- darf aufgezeigt. Zu den wichtigen Punkten gehört: Erstens. Laut Statistischem Bundesamt wurden seit dem Inkrafttreten des Gesetzes im April 2012 bis Ende 2013 rund 26 500 Anträge auf Anerkennung ge- stellt. Nahezu 96 Prozent aller beschiedenen Verfahren wurden mit der Feststellung einer Gleichwertigkeit des ausländischen Berufsabschlusses beendet. Zweitens. Besonders groß ist das Interesse an einer Anerkennung im Bereich der Gesundheitsberufe. In die- sen Berufen sind in Deutschland bereits erhebliche Eng- pässe zu verzeichnen. Wir begrüßen in diesem Zusam- menhang, dass endlich eine zentrale Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe bei der KMK eingeleitet wird. Drittens. Die Sachverständigen haben die Bedeutung guter Beratungsstrukturen deutlich gemacht. Deshalb freue ich mich, dass das BMBF das Beratungsnetzwerk „Integration durch Qualifizierung – IQ“ zu einer kosten- losen Verfahrensbegleitung und Qualifizierungsberatung im Kontext des Anerkennungsgesetzes weiterentwickeln wird. Viertens. Wir haben durch das Anerkennungsgesetz schon heute die Möglichkeit, sogenannte Qualifikati- onsanalysen durchzuführen, wenn zum Beispiel Unter- lagen fehlen oder nicht ausreichend vorgelegt werden können. Gerade dieses Instrument ist bei der Erfassung der Flüchtlinge, die ja oftmals ohne Dokumente aufbre- chen mussten, eine wichtige Stütze zur Erkennung von Berufsqualifikationen. Doch es gibt eben auch noch Verbesserungsmöglich- keiten – bei einem jungen sehr komplexen Gesetz ist dies nur allzu natürlich. Folgende Punkte möchte ich heraus- stellen: Viele Betriebe haben noch keine konkreten Erfahrun- gen mit dem Gesetz gemacht. Der Nutzen des Anerken- nungsgesetzes als Instrument der Personalgewinnung muss noch viel besser verdeutlicht werden. Gerade klei- ne und mittlere Betriebe benötigen auch konkrete Unter- stützung bei Fragen zum Thema Anerkennung. Wir brau- chen also eine stärkere Bekanntmachung. Die Akzeptanz der Bescheide bei den Unternehmen hängt maßgeblich von der Qualität der Bescheide ab, weshalb es notwendig ist, dass wir einen einheitlichen Verwaltungsvollzug brauchen. Die Verfahren müssen vereinheitlicht und Kompetenzen der entscheidenden Stellen gebündelt werden. Andererseits zieht eine Beratung nicht in jedem Fall eine Antragstellung nach sich. Die Ergebnisse hierzu durchgeführter Befragungen zeigen unterschiedliche Gründe auf. So können zum Beispiel die Kosten für die Durchführung eines Anerkennungsverfahrens Interes- sierte davon abhalten, einen Antrag zu stellen. Mit an- deren Worten: Es wird also immer dann problematisch, wenn die Frage der Bildungsrendite nicht eindeutig zu beantworten ist. Genau an dieser Stelle setzt der Entschließungsantrag von meinem Kollegen Karamba Diaby und mir an. Wir brauchen weitere Finanzierungsmöglichkeiten für Qualifizierungsmaßnahmen. Das ist auch erklärtes Ziel der Bundesregierung. So steht es auch im Koalitionsver- trag. Wir wollen ein Darlehensprogramm und Stipendi- enprogramm. Ich freue mich deshalb, dass das BMBF angekündigt hat, ein bundesweites Stipendiumprogramm anzulegen, sobald eine valide Einschätzung der Bedarfe möglich ist. Der gestern von der Grünen-Fraktion einge- reichte Entschließungsantrag macht sich ja auch für diese Forderung stark – Schnellschüsse bringen uns aber kei- nen Schritt weiter. Lieber Özcan Mutlu, ich möchte auch noch etwas zu der Deckelung der Verfahrenskosten sagen, wie in eurem Antrag gefordert: Die Forderung ist goldrichtig – nur leider ist es der falsche Adressat! Die Verwaltungsauf- gaben, die in den Bereich der Länder fallen, sind auch vollständig von diesen zu übernehmen. Für öffentliche Verwaltungsaufgaben werden zudem üblicherweise kos- tendeckende Gebühren erhoben. Verfassungsrechtlich ist das aber nun einmal Sache der Länder, und es gibt nur eingeschränkte Einwirkungsmöglichkeiten der Bundes- regierung. Erstmals hat nunmehr jeder und jede auf Grundlage dieses Gesetzes Anspruch, dass der im Ausland erwor- bene Abschluss geprüft wird. Dieser Rechtsanspruch auf Prüfung, markiert ebenfalls einen Paradigmenwechsel. Dieses Verfahren sucht in Europa seinesgleichen. Die Tatsache, dass viele Zuwanderer durch das Anerken- nungsgesetz de jure und de facto mehr Wertschätzung für ihre früher erworbenen Qualifikationen bekommen, ist auf eine erfolgreiche Regierungsinitiative der Union zu- rückzuführen. Wir sollten uns diese Erfolge nicht klein- reden lassen. Ich plädiere daher als Berichterstatterin wärmstens für die Annahme der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses. Xaver Jung (CDU/CSU): Unsere Wirtschaft boomt und den sozialen Sicherungssystemen geht es so gut, wie lange nicht. Wir haben heute so viele offene Stellen wie seit der Deutschen Einheit nicht mehr und werden in den nächsten Jahren Millionen Fachkräfte ersetzen müssen, die in den Ruhestand gehen. Demgegenüber hoffen vie- le Einwanderer und Schutzsuchende mit Qualifikationen aus dem Ausland auf einen Job in Deutschland. Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz erfährt zunehmend größeren Anklang bei der Zielgruppe der Zugewanderten. Im abgelaufenen Jahr gab es mit rund 20 000 Verfahren zur Anerkennung rund 20 Prozent mehr Anträge als im Vorjahr. Von den beschiedenen Verfahren endeten ca. 80 Prozent mit einer vollen Gleichwertigkeit. Nicht einmal 4 Prozent wurden abgelehnt. Besonders in den Gesundheits- und Pflegeberufen bestand erfreuli- cherweise großes Interesse. Die öffentliche Anhörung hat sehr wohl gezeigt, dass das Berufsfeststellungsförderunggesetz sich in den letz- ten Jahren als notwendiges und im Kern richtiges und erfolgreiches Instrument zur Verbesserung der Aner- kennungssituation und Arbeitsmarktintegration von Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13385 (A) (C) (B) (D) Migranten erwiesen hat. Wir haben aber auch erfahren, dass es bei der praktischen Umsetzung noch häufig zu Problemen kommt. Diese liegen meist nicht im Verant- wortungsbereich des Gesetzgebers. Es fehlt an einer gesetzeskonformen Umsetzungspraxis einiger zuständi- ger Anerkennungsstellen im Verantwortungsbereich der Länder. Daher begrüßen wir die Vereinbarung der Länder, die für die Anerkennung zuständigen Stellen und die von den Ländern finanzierte Zentralstelle für das ausländische Bildungswesen, angemessen auszustatten. Damit kann der erwartete Aufwuchs von Anträgen zügiger bearbeitet werden. Darüber hinaus brauchen wir begleitende finanzielle Unterstützungsangebote für Nachqualifizierungsmaß- nahmen in Ergänzung zu den bestehenden Angeboten. Auch die Verfahrenskosten müssen sozialverträglich ausgestaltet werden. Das Anerkennungsgesetz ist aber nur eine Maßnahme von vielen, um die Menschen die zu uns kommen besser zu integrieren. Im September haben die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten bereits ein Finanzpaket ver- abredet. Bund, Länder und Kommunen (und unzählige Ehrenamtliche) packen gemeinsam an. Herzlichen Dank an dieser Stelle! Dem Ministerium für Bildung und Forschung kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. Zahlreiche gezielte Maß- nahmen werden unter dem Stichwort „ Integration durch Bildung“ vom BMBF mit mindestens 130 Millionen Euro unterstützt! Wir stärken das Kommunale Bildungs- management. In allen 400 Kreisen oder kreisfreien Städ- ten wird mit Beginn 2016 ein Koordinator zur Organi- sation von Bildungsangeboten für Flüchtlinge finanziert. Auch der JOBSTARTER-Programmbereich KAUSA unterstützt die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Das KAUSA-Netzwerk wird ausgebaut und die Zahl der Stellen wird verdoppelt. In den lokalen Bündnissen für Bildung im Programm „Kul- tur macht stark“ werden die zusätzlichen Angebote für junge Flüchtlinge jetzt auch auf die Altersgruppe der jun- gen Erwachsenen ausgeweitet. Das Förderprogramm „Integration durch Bildung“ existiert bereits seit zehn Jahren. In der Förderperio- de 2015-2018 wurde das Programm erweitert um den Schwerpunkt: „ESF-Qualifizierung im Kontext Aner- kennungsgesetz“. So wird das Programm künftig noch mehr auf die Bedürfnisse der Geflüchteten zugeschnitten. Unabhängig vom Aufenthaltstitel werden Personen mit Migrationshintergrund in den Bereichen Bildung, Be- rufsbildung und lebenslangem Lernen unterstützt. Wer in Deutschland einen beruflichen Neustart ver- sucht, hat einen langen Weg vor sich. Viele Menschen suchen derzeit bei uns Zuflucht vor Terror und Gewalt. Viele haben alles zurückgelassen. Wir geben ihnen eine Chance, so wie wir auch Menschen in Deutschland nach langer Arbeitslosigkeit eine Chance für den Neustart bie- ten. Unser Ziel ist, dass jeder Mensch etwas erreichen kann und ihm dabei geholfen wird. Jeder der einen Neu- start wagt hat eine Chance verdient. Aber, wo es Rechte gibt, gibt es auch Pflichten. Um hier Fuß fassen zu können, muss man die Sprache kön- nen, und wer Schutz und Sicherheit, in Anspruch nimmt (die das Grundgesetz garantiert), muss selbst auch unse- re demokratische und freiheitliche Verfassungsordnung, kennen, anerkennen und leben. Nur wer bereit ist sich an- zustrengen, kann auf die volle Solidarität und Unterstüt- zung der Bevölkerung zählen. Von Anfang an sollen sie durch die Teilnahme an Integrationskursen erfahren, wie eine offene, pluralistische Gesellschaft funktioniert und welche Rechts- und Werteordnung in Deutschland gilt. Sie sollen aber auch Informationen bekommen, wel- che Möglichkeiten sie haben, sich bei uns einzubringen. Denn: Viele wissen gar nicht worin die Vorteile einer du- alen Ausbildung liegen, oder wie sie sich ihre im Ausland erworbenen Qualifikationen anrechnen lassen können! Leider können viele Flüchtlinge die notwendigen Un- terlagen nicht vorlegen. Sie haben aufgrund einer über- stürzten Flucht nicht alle Papiere mitnehmen können oder sie sind verloren gegangen. Durch Fachgespräche und Arbeitsproben besteht nun die Möglichkeit, Kompe- tenzen festzustellen und einzustufen. Vielen Dank an die Kooperationspartner der Handwerkskammern sowie der Industrie- und Handelskammern. Sie sorgen weiterhin für die Einhaltung von Qualitätsstandards. Denn genau darin, in der Qualität der Bescheide, liegt der wesentliche Vorteil des Anerkennungsverfahrens. So- wohl Antragsteller wie Arbeitgeber können ersehen, was einem ausländischen Bewerber an Qualifikationen fehlt und wo man ihn nachqualifizieren, oder in die Weiterbil- dung integrieren kann. Anerkennungsberatung und Qua- lifizierungsberatung werden wichtige Anlaufstellen und sorgen für Transparenz über ausländische Abschlüsse. Und hier liegt noch viel mehr Potential; denn auch viele Betriebe kennen diese Möglichkeiten bisher nicht, hier werden wir mit verstärkter Aufklärung ansetzen. Zum Schluss ein aufmunterndes Zitat einer Antrag- stellerin: „Man braucht viel Geduld für den ganzen Pa- pierkram. Am Ende lohnt es sich aber und man hat die Genugtuung, endlich in dem Beruf arbeiten zu können, der einem liegt und Spaß macht.“ Das wünsche ich jedem Antragsteller, jedem hier im Hause und jedem der in un- serem Land arbeitet. Dr. Karamba Diaby (SPD): Seit 2012 verkörpert das Anerkennungsgesetz gelebte Anerkennungskultur. Es steht für: Chancengleichheit von Eingewanderten. End- lich können sie seit drei Jahren ihre Qualifikationen an- erkennen lassen. Und es hat Signalwirkung an die Wirt- schaft, nämlich dass wir hier in Deutschland ein großes Reservoir an Fachkräften haben. Der vorliegende Entwurf zur Änderung des BQFG setzt die Anpassung an die EU-Richtlinie um. Das Ge- setz wird damit modernisiert. Das begrüßt meine Frakti- on ausdrücklich. 1. Künftig soll die Prüfung der Gleichwertigkeit inner- halb von sechs Monaten abgeschlossen sein. 2. Ebenfalls wird die elektronische Antragsbearbei- tung ausgebaut. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513386 (A) (C) (B) (D) 3. Wichtig ist zudem: Es wird künftig mehr Stellen geben, die Anträge auf Anerkennung annehmen. Das Ge- setz wird damit nutzerfreundlicher. 4. Und nicht zuletzt: Die Weitergabe elektronischer Daten zwischen dem BiBB und dem Statistischen Bun- desamt wird verbessert. Das sind positive Aspekte. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass meine Frakti- on mehr will. Nach immer sehen wir in drei wesentlichen Aspekten Handlungsbedarf! Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass wir erstens einen Rechtsanspruch auf eine unabhän- gige Beratung brauchen. Länder wie Hamburg und Sach- sen-Anhalt sind dem Bund hier einen Schritt voraus. Da- mit steht und fällt ein mögliches Anerkennungsverfahren. Wir wollen einen Rechtsanspruch auf individuelle und unabhängige Beratung für alle Anerkennungssuchenden, unabhängig davon, ob der Beruf nach Landes- oder Bun- desrecht geregelt ist. Von einem solchen Rechtsanspruch versprechen wir uns noch mehr Anerkennungsverfahren! Wir fordern zweitens ein Einstiegsdarlehen. Aus- nahmslos alle Sachverständigen unserer Anhörung wa- ren einhellig der Ansicht: Nur mit finanzieller Ausstat- tung wird das Anerkennungsgesetz seine volle Wirkung entfalten. Meine Fraktion meint, dass wir an Finanzierungsinstru- ment nicht vorbeikommen werden. Die Antragszahlen insgesamt sind uns noch zu niedrig und auch die Quote der Teilanerkennungen ist recht hoch. Das heißt wir brau- chen zwingend flankierende Angebote für die Ausgleich- maßnahmen. Hier brauchen wir Planungssicherheit und Rechtssicherheit für Anerkennungssuchende. Und das geht nur über die Einführung eines Einstiegsdarlehens! Und drittens müssen wir für angemessene, sprich sozi- alverträgliche, Verfahrenskosten sorgen. Wir wissen aus dem Bericht, dass eine hohe Varianz der Verfahrenskos- ten existiert, die sich nach Berufsgruppen und Regionen unterscheidet. Die Verfahrenskosten sind bestimmender Faktor und genau da müssen ran. Der heutige Beschluss ist nur eine Wegmarke hin zu einem kraftvollen Anerkennungsgesetz. Das drückt auch der Entschließungsantrags des Ausschusses aus. Zum Schluss bedanke ich mich bei allen Akteuren in den Ministerien, Verwaltungen, den Beratungsstellen und nicht zuletzt den Kammern für ihren Einsatz. Sie tra- gen maßgeblich zum Erfolg des Gesetzes bei. Aber wir müssen sie dabei noch stärker unterstützen. Deshalb wiederhole ich: Unser Ziel muss sein, dass jeder Mensch entsprechend seiner Qualifikation arbeiten kann. Wir dürfen uns daher mit dem Status Quo nicht zufrieden geben. Lassen Sie uns das Anerkennungsgesetz zu einem kraftvollen Instrument echter Teilhabe machen. Dr. Daniela De Ridder (SPD): Das Anerkennungs- gesetz stellt eine zentrale Maßnahme zur Integration von zugewanderten Menschen in den Arbeitsmarkt dar. Dabei gilt es, die in den jeweiligen Heimatländern erworbenen Qualifikationen zu würdigen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Ja, das gilt auch für Geflüchtete, die Sie ja ausdrücklich in Ihrem Antrag erwähnen. Aber: Dies gilt auch für Men- schen, die schon lange bei uns leben, und ebenso für Menschen, die über kurzfristige Auslandsaufenthalte Qualifikationen erworben haben. In der Vergangenheit haben wir viele Fehler durch die Nichtanerkennung von ausländischen Abschlüssen ge- macht. Da hieß es aber auch, Deutschland sei kein Ein- wanderungsland. Welch fataler Irrtum! Die Fehler der Vergangenheit dürfen wir auf keinen Fall wiederholen. Wir müssen vielmehr mit den Lebens- chancen von Menschen, die zu uns kommen, sorgfältiger umgehen. Auch ist das Anerkennungsgesetz ist ein Grundpfeiler unserer Willkommens- und Begleitkultur. Ja, wir sagen „hartelijk welcomen“ zur niederländi- schen Krankenschwester, wenn sie in Deutschland ar- beiten möchte. Ihr Berufungsanerkennungsverfahre be- schleunigen wir, denn wir brauchen sie. Und wir sagen auch „Marhaba“ zu syrischen Ingeni- euren, auch wenn das viele Menschen in unserem Land derzeit nicht gefällt. Wir sind nämlich imstande, auch auf Arabisch „Willkommen“ zu sagen. Ja, Verfahren der Anerkennung von Berufen sind in- nerhalb der EU modernisiert und vereinfacht worden. Auch die entsprechenden Beratungsangebote werden häufiger genutzt. Aber reicht uns das? Nein, auch wir sehen deutlichen Verbesserungsbedarf: Die Reform des Anerkennungsgesetzes ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber mit dem Entschlie- ßungsantrag haben wir Koalitionspartner noch einmal Bewegung in die Sache gebracht. Was wollen wir? Transparentere Verfahren, Unterstützung für die Nach- qualifizierung – das kann man sehr gut durch Darlehens- und Stipendienprogramme tun, auch an die Senkung der Kosten für das Anerkennungsverfahren denken wir, die müssen nämlich sozial verträglich sein; ja, so können wir die Zahlen der Anerkennungen noch einmal deutlich steigern. Ich weiß mich in guter Gesellschaft, denn ich werde darauf häufig von den Unternehmen in meinem Wahlkreis angesprochen. Lassen Sie mich bitte noch auf einen Punkt aufmerk- sam machen, der mir besonders wichtig ist: Mir geht es auch um die Stärkung der Beratungsangebote in den Hei- matländern der Mobilitätswilligen. Dadurch können wir noch einmal Informationen streuen und zur Transparenz beitragen. Dazu gehört auch eine enge Kooperation mit den Außenhandelskammern. Zudem entspricht dies dem gestiegenen Beratungsbedarf. Schließlich wird es insgesamt um den Ausbau von in- novativen Konzepten zur Integration von Zugewanderten in den Arbeitsmarkt gehen müssen. Ja, ich leugne nicht, dass die Herausforderungen groß sind – und sie wachsen noch – wenn täglich viele Men- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13387 (A) (C) (B) (D) schen zu uns kommen, weil sie hier Schutz und Hilfe su- chen – aber auch einen Arbeitsplatz. Wir sollten dies aber nicht als Last empfinden, son- dern als Chance begrüßen: Wenn wir besser hinsehen, erkennen wir vielerorts die Potenziale und Talente. Dazu müssen aber viele von uns die Scheuklappen ablegen und den Mut für Verbesserungen aufbringen. Helmut Schmidt, dessen Tod wir heute Morgen hier betrauert haben, sagte einst: „In der Krise beweist sich der Charakter!“ Wir haben jetzt alle miteinander die Möglichkeit, dies unter Beweis zu stellen. Wir sollten nicht verzagen, sondern „Yalla“ rufen, denn das bedeutet „Lasst uns aufbrechen!“ Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, Schukran! Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Um es gleich am Anfang zu sagen: Das Gesetz zur Anerkennung er- worbener Berufsqualifikationen, das wir heute hier bera- ten, ist lediglich eine Umsetzung einer lange bekannten EU-Richtlinie, der wir bis zum Beginn des neuen Jahres nachkommen müssen. Insofern erscheint der Regelungs- spielraum gering. Darum werden wir uns bei der Ab- stimmung zu diesem Gesetz enthalten. Wir enthalten uns auch in der Abstimmung zum Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen, weil darin uns wichtige Dinge fehlen. Ich will es noch einmal betonen: Die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse ist für uns vor allem darum wichtig, weil es um die Wertschätzung von Men- schen und ihrer Fähigkeiten geht, die wir anerkannt wis- sen wollen, und nicht zuerst um die Möglichkeit, Fach- kräfteengpässe in Deutschland auszugleichen. Darum halten wir es auch für erforderlich, auch bei nicht reglementierten Berufen, mit denen man im Prinzip auch ohne Anerkennung in Deutschland arbeiten darf, die Verfahren zur Anerkennung erheblich zu erleichtern, damit nicht Arbeitskräfte erster und zweiter Klasse ent- stehen und alle Anspruch auf tarifliche Bezahlung haben. Auch Lohndumping muss verhindert werden! Für die Anerkennung der Berufe, die ohne diese nicht ausgeübt werden könnten, erwarten wir, dass kein Un- terschied gemacht wird zwischen den Abschlüssen, die im europäischen Raum erworben wurden, und jenen aus sogenannten Drittstaaten. Darum sollten auch die- se Unterlagen künftig elektronisch übermittelt werden können. Wir halten es auch für wenig sinnvoll, die nun einzurichtenden einheitlichen Ansprechpartner nur mit der Weitergabe der Anträge zu betrauen und ihnen nicht gleichzeitig eine Beratungsfunktion zu übertragen. Büro- kratie gibt es doch im Verfahren schon genug. Wir begrüßen, dass für die Gesundheits- und Heilberu- fe nun die Gutachterstelle beim Bund mit 16 zusätzlichen Stellen versehen werden soll. Doch alle Sachverständi- gen haben uns gemahnt, dass 16 Stellen nicht ausrei- chen, die vielen erforderlichen Gutachten zu erstellen. Auch darum schlagen wir vor, für alle Abschlüsse, deren Gleichwertigkeit von irgendeiner zuständigen Stelle in Bund oder Ländern festgestellt wurde, eine zentrale Da- tenbank zu errichten, auf die zugegriffen werden kann. Dann könnten Gleichwertigkeitsfeststellungen schneller und unbürokratischer getroffen werden und es würde auch kostengünstiger. Es ist doch unlogisch, in einer Zeit, in der nach jewei- ligem Landesrecht ausgebildete Erzieherinnen zum Bei- spiel in anderen Bundesländern mit Kusshand genommen werden, obwohl die Ausbildungen höchst unterschied- lich sind, bei Ausbildungen, die im Ausland, noch dazu auf höherem Niveau erworben wurden, erst umständliche Gleichwertigkeitsfeststellungen vorzuschalten. Und eine Zahnärztin, die zum Beispiel in der Ukraine ausgebildet wurde, sollte doch auch bei uns praktizieren dürfen. Ich jedenfalls hätte keine Bedenken, mich bei ihr auf den Be- handlungsstuhl zu setzen. Übrigens, bei den neu ankommenden Flüchtlingen habe ich selten einen Aktenordner mit Zeugnissen un- term Arm gesehen und nicht alle werden Handyfotos gemacht haben. Da gab es auf der Flucht wirklich ande- re Sorgen. Wenn wir ihnen eine Zukunft in Deutschland geben wollen, brauchen wir auch klarere Regelungen zur Feststellung von Qualifikationen ohne Vorlage von Zeug- nissen – da sind Anfänge gemacht – und wir brauchen die Möglichkeit des Nachholens von Schulabschlüssen auch nach Ende der Schulpflicht – das ist Ländersache! Und dann die Kosten. In der Anhörung wurde gefor- dert, einen einheitlichen Gebührenkorridor festzulegen. Das halten wir für sinnvoll und auch über die Höhe der Kosten muss noch einmal geredet werden. Wenn es schon stimmt, dass wir über Zuwanderung und Berufs- anerkennung wenigstens einen Teil des Fachkräftepro- blems in wichtigen Berufszweigen lösen, dann können wir die Finanzierung doch nicht auf die Einzelpersonen übertragen, die das vielleicht nicht leisten können, ohne sich erheblich zu verschulden. Hier muss eine gerechte Lösung für alle her. Doch das bleibt künftigen Gesetzesänderungen vorbe- halten und die müssen auch mit den Ländern abgestimmt werden. Was in einem Land anerkannt ist, muss auch in allen anderen Ländern anerkannt sein. Sonst haben wir weiter einen Flickenteppich in den Regelungen und der Anerkennungstourismus wird fortgesetzt. Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir alle wissen: Die Zuwanderung von qualifizierten Fach- kräften spielt eine immer wichtigere Rolle bei der De- ckung des Fachkräftebedarfs unserer Landes. Ich glaube, da sind wir uns auch fraktionsübergreifend alle einig – auch wenn es bei manchen etwas länger gedauert hat... Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat in seiner aktuellen Studie errechnet, dass bis 2050 jährlich durchschnittlich bis zu 491 000 Menschen aus Drittstaaten einwandern müssen, um das Erwerbsper- sonenpotenzial konstant zu halten. Und was macht die Große Koalition? Minimalpolitik! Auch in Ihrer Novelle des Anerkennungsgesetzes machen Sie nur das, was EU-Richtlinien zwingend vor- schreiben. Das reicht nicht! Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513388 (A) (C) (B) (D) Gerade angesichts der großen Zahl der Geflüchteten mit beruflicher Qualifikation und Erfahrung ist das ein echter arbeitsmarkt- und integrationspolitischer Fehler. Seit der Einführung des Gesetzes hat die Bundesre- gierung keine nennenswerten Initiativen ergriffen, um die Lage für die Betroffenen ernsthaft zu verbessern. So sind zum Beispiel im Haushalt für 2016 keine zusätzli- chen Mittel eingestellt. Wir hatten im Bildungsausschuss eine sehr ausführliche Anhörung. Alle Sachverständigen haben klar und deutlich die Probleme und den Hand- lungsbedarf beim Anerkennungsgesetz benannt. Wir se- hen unsere Kritik darin bestätigt. Die Bundesagentur für Arbeit, das Forschungsinstitut berufliche Bildung, zentrale Anerkennungsanlaufstellen, Gewerkschaften, usw. die Expertinnen und Experten aus der Praxis sagen uns, was zu tun ist und Sie ignorieren es. Wozu veranstalten wir denn solche Anhörungen, wenn Sie sich nichts daraus machen? Wir Grüne jedenfalls nehmen im Unterschied zu Ihnen die Hinweise und den Auftrag der Expertinnen und Experten und direkt Betroffenen ernst. Unser Ent- schließungsantrag zeigt auf, was jetzt dringend nötig ist. Wir wollen: Bürokratische Hürden abbauen, Unterstüt- zungsangebote ausbauen und Mittel für entsprechende Förderprogramme bereitstellen, Beratungsstrukturen und Rahmenbedingungen verbessern und vereinfachen, damit mehr Menschen vom BQFG profitieren können, Standardisierte Kostenstrukturen. Verfahrens- und Kos- tenstrukturen. Lustigerweise haben Sie im Ausschuss als Koalitions- fraktionen auch einen Entschließungsantrag gestellt und fordern die von Ihnen getragene Regierung auf, einige Sachverhalte zu prüfen, und stellen darin wieder mal fest, wofür Sie nicht zuständig sind, bzw. verweisen wieder auf die Verantwortung der Bundesländer. Der Hammer ist aber, dass sie als GroKo die Bundes- regierung auffordern, zu prüfen, inwiefern begleitende finanzielle Unterstützungsangebote für Nachqualifizie- rungsmaßnahmen notwendig sind. Geht‘s noch? Unter- stützungsangebote und Nachqualifizierungsmaßnahmen sind dringend vonnöten. Das war eine der wesentlichen Forderungen der Sachverständigen. Da gibt es nichts zu prüfen. Warum setzen Sie das als Regierungsfraktionen nicht einfach um und unterfüttern es finanziell?! Wir fordern ein Darlehensprogramm für Nachquali- fizierungmaßnahmen und ein Stipendienprogramm für Anerkennungssuchende. Wir fordern im laufenden Haushaltsverfahren eine entsprechende Öffnung des „Meister-BAföGs“ und die Ausstattung mit zusätzlichen 200 Millionen Euro. Sie hingegen kleckern nur mit Kleinstbeträgen: 14 Millionen für das Meister-BAföG, ohne weitere Öff- nung. Das ist halbherzig und kleinmütig. Wir brauchen standardisierte Verfahren und einheitli- che Kostenstrukturen. Das sind wichtige und überfällige Schritte für mehr Integrationschancen. Ihre „Novelle“ und Ihr dürftiger Entschließungsan- trag – den sie nur im Ausschuss vorgestellt haben – rei- chen bei weitem nicht aus. Daher können wir uns bei Ihrem Gesetz leider nicht mal enthalten und müssen ab- lehnen. Dabei ist es eigentlich ganz einfach, vorhandene Hür- den abzubauen. Ihnen fehlt einfach der Wille oder der Mut. Das zeigt sich beispielsweise beim Aufenthaltsge- setz: Dieses sieht eine Verordnungsermächtigung vor, den für Hochschulabsolventen vorgesehenen Aufent- haltstitel „Blaue Karte EU“ auch Ausländerinnen und Ausländern zu erteilen, die keinen Hochschulabschluss besitzen, aber eine mindestens fünfjährige vergleichbare Berufsqualifikation besitzen. Mit dieser simplen Verordnung können wir erreichen, dass qualifizierte Nichtakademikerinnen und Nichtaka- demiker aus Drittstaaten mit Berufserfahrung bei uns arbeiten können. Das zuständige Ministerium – Frau Nahles ist nicht hier – prüft und prüft, aber die notwendige Verordnung kommt nicht! Warum nicht? Das Anerkennungsgesetz ist richtig und wichtig! Aber damit es noch besser wird und damit noch mehr Men- schen und damit unsere Gesellschaft noch mehr davon profitieren können, müssen wir jenseits der Anpassung des Gesetzes an EU-Richtlinien mehr tun. Das hat die Anhörung gezeigt, dass zeigt auch der Bericht der Bun- desregierung zum Anerkennungsgesetz. Daher bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Entschlie- ßungsantrag zu. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LIN- KE: Anerkennung von Kriegsdienstverweigerun- gen erleichtern (Tagesordnungspunkt 20) Jörg Hellmuth (CDU/CSU): Im Grundgesetz Arti- kel 4 Absatz 3 steht ganz klar: „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Näheres regelt ein Bundesgesetz.“ Im Jahre 2003 wurde das Gesetz über die Verweige- rung des Kriegsdienstes mit der Waffe aus Gewissens- gründen vom Bundestagtag beschlossen. Bei der Einbrin- gung der Drucksache in die parlamentarische Beratung begrüßte der damalige Kollege Winfried Nachtwei von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in seinem Redebei- trag die Neuregelung des Kriegsdienstverweigerungsge- setzes und bezog dabei auch alle Verbände mit ein, die sich seit Jahren für die Kriegsverweigerer einsetzen. Das mündliche Verfahren zur Prüfung der Kriegsdienstver- weigerungs-Gewissensentscheidung wurde abgeschafft, und die Ausschüsse und Kammern für Kriegsdienstver- weigerung entfielen. Heute müssen die Anträge bei den zuständigen Kar- rierecentern schriftlich oder zur Niederschrift gestellt Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13389 (A) (C) (B) (D) werden. Von dort aus werden sie, spätestens 4 Wochen nach Eingang, an das Bundesamt für Familie und zivil- gesellschaftliche Aufgaben weitergeleitet und dort ent- schieden. Im § 2 Absatz 2 des Kriegsdienstverweigerungsge- setzes sind die Voraussetzungen für die Antragstellung eindeutig definiert, die für die Anerkennung auf Kriegs- dienstverweigerung nach Artikel 4 Absatz 3 des Grund- gesetzes nötig und aus meiner Sicht unverzichtbar sind und bleiben müssen. Das sind der vollständige tabellari- sche Lebenslauf des Antragstellers und eine persönliche ausführliche Darlegung der Beweggründe für die Gewis- sensentscheidung. Dem Antrag können Stellungnahmen und Beurteilungen Dritter zur Person und zum Verhal- ten der Antragstellerin und des Antragsstellers beigefügt oder beim Bundesamt eingereicht werden. Eine Aner- kennung durch das Bundesamt ist unanfechtbar. Bei Ab- lehnung des Antrages durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben kann der Antragstel- ler innerhalb eines Monats in Widerspruch gehen. Wird auch der Widerspruch abgelehnt, hat der Antragssteller die Möglichkeit einer Klage vor dem zuständigen Ver- waltungsgericht. In diese Darlegungen gehören auch die Begründungen der Soldatinnen und Soldaten, die Sie in den Punkten 4 und 5 Ihres Antrages so anschaulich schildern. Denn jede Entscheidung über die Anerkennung auf Kriegsdienst- verweigerung ist eine Einzelfallentscheidung, hinter der ein Einzelschicksal steht. Wie Sie sehen, handelt es sich bei der derzeitigen gesetzlichen Regelung zur Anerkennung von Kriegs- dienstverweigerung um ein rechtsstaatliches Verfahren, das einer angemessenen Überprüfung der Gewissensent- scheidung gerecht wird. Ihr Antrag, statt dieser Begrün- dungspflicht künftig nur die einfache Willenserklärung in Schriftform oder zur Niederschrift zu setzen, entspricht nicht dem Grundsatz einer Prüfung eines Grundrechtes, worum es sich bei einem Antrag auf Kriegsdienstverwei- gerung nach Artikel 4 Absatz 3 Grundgesetz handelt. Im Übrigen ist die Bundeswehr eine Parlamentsarmee und steht fest zu den demokratischen Grundwerten unse- rer Gesellschaft. Auslandseinsätze der Bundeswehr wer- den im Bundestag erörtert und entschieden. Von kriegs- willigen Soldaten zu sprechen, wie in Ihrem Antrag, widerspricht nicht nur dem Auftrag der Bundeswehr, sondern auch der Einstellung ihrer Soldatinnen und Sol- daten. Aus den genannten Gründen kann meine Fraktion Ih- ren Antrag nur ablehnen. Julia Obermeier (CDU/CSU): Beim öffentlichen Gelöbnis leisten die deutschen Soldatinnen und Soldaten einen feierlichen Schwur: Sie schwören, der Bundesre- publik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. – Mit diesen Worten bekennen sie sich zum Dienst bei der Bundeswehr. Sie gehen damit – aus freien Stücken – eine Verpflichtung von großer Tragweite ein. Der Soldatenberuf ist kein Beruf wie jeder andere. Er ist in der modernen Welt einzigartig und vielseitig: Ob Instandsetzungsfeldwebel, Piloten von Kampfjets, Sonarmaat, Scharfschützen, Flugzeugmechaniker oder Sanitäter: Alle Angehörigen der Bundeswehr haben den Auftrag, uns und unser Land zu verteidigen. So sieht es das Grundgesetz vor. Diese für die äußere Sicherheit un- seres Staates wesentliche Aufgabe legen wir Tag für Tag in die Hände unserer Soldatinnen und Soldaten. Das feierliche Gelöbnis ist Ausdruck dieser Besonder- heit des Soldatenberufs. Niemand wird einen derartigen Eid leichtfertig sprechen. Auch wird niemand gezwun- gen, diesen Eid zu leisten oder sich für den Dienst bei der Bundeswehr zu verpflichten. Unsere Soldatinnen und Soldaten treffen eine bewusste Entscheidung für den Dienst an der Waffe. Natürlich können sich auch bewusst getroffene Ent- scheidungen ändern. Entsprechend ist das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen im Grundgesetz verankert. Antragsteller müssen, so sehen es die aktuellen gesetzlichen Regelungen vor, ihre Be- weggründe für die Gewissensentscheidung glaubhaft darlegen. Wie kam es zur Abkehr von der bewussten Entscheidung für den Dienst an der Waffe? Gab es ein Schlüsselerlebnis oder liegt der Entscheidung ein länge- rer intensiver Wandlungsprozess zugrunde? Diese Begründungspflicht im Kriegsdienstverweige- rungsgesetz ist notwendig und angemessen. Eine einfa- che schriftliche Willenserklärung ohne Begründung ist nicht ausreichend – vor allem mit Blick auf die besonde- re Verpflichtung, die Soldatinnen und Soldaten eingehen, und die besondere Verantwortung, die sie für die Sicher- heit unsers Landes tragen. Natürlich – und dies wird bereits bei der Karrierebe- ratung der Bundeswehr thematisiert – müssen sich junge Menschen, die sich für Aufgaben bei den deutschen Streitkräften interessieren, mit den Besonderheiten des Soldatenberufs und seinen speziellen Anforderungen in- tensiv befassen. Hierauf legt die Bundeswehr viel Wert. Natürlich wollen wir das Grundrecht auf Kriegs- dienstverweigerung keinesfalls antasten. Allerdings darf auch das Recht des Dienstherren nicht eingeschränkt werden, von Kriegsdienstverweigerern eine persönliche und ausführliche Darstellung ihrer Beweggründe zu er- halten. Wenn jemand bei der Bundeswehr beispielsweise ein Medizinstudium mit Facharztausbildung genossen hat – eine Ausbildung, in die die Bundeswehr zigtausen- de Euro investiert – und plötzlich Gewissensbisse wegen des Dienstes an der Waffe bekommt, dann ist eine aus- führliche Darstellung seiner Beweggründe das Mindeste, was wir verlangen können und verlangen sollten! Deshalb lehnen wir diesen Antrag der Linken ab. Dr. Fritz Felgentreu (SPD): In den 70er-Jahren mussten sich Kriegsdienstverweigerer noch einem hoch- notpeinlichen Tribunal stellen, um ihr Verfassungsrecht auf die Verweigerung des Dienstes an der Waffe geltend zu machen. Dieser Kampf ist längst ausgekämpft. Spätes- tens seitdem der Gesetzgeber 1983 den schriftlichen An- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513390 (A) (C) (B) (D) trag zur Entscheidungsgrundlage des zuständigen Bun- desamtes gemacht hat, ist aus dem politischen Kampf um die Rechte wehrpflichtiger KDVler „die Luft raus“. Im Ergebnis leisteten in den letzten Jahren der Wehrpflicht bis zu ihrer Aussetzung mehr junge Männer Zivildienst als Wehrdienst, ohne dass deswegen noch jemand ernst- haft ihre Gewissensgründe oder ihren Patriotismus infra- ge gestellt hätte. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht machen heute ei- gentlich nur noch Soldatinnen und Soldaten von ihrem Recht Gebrauch, den Dienst an der Waffe zu verwei- gern, die sich zuvor freiwillig zu genau diesem Dienst verpflichtet haben. Der Antrag der Linksfraktion, den wir heute beraten, führt einige Gründe auf, die einen solchen Sinneswandel herbeiführen können. Bei der Bewertung der Vorschläge der Linksfraktion möchte ich die rechtli- che, die politische und die handwerkliche Ebene getrennt betrachten. Rechtlich ist der Antrag unnötig. In seinem ersten Teil referiert er korrekt das gegenwärtige Verfahren, das jedem Soldaten und jeder Soldatin, die auf dem Wege der Kriegsdienstverweigerung ihren Dienst in der Bun- deswehr beenden wollen, eine angemessene Würdigung ihres Anliegens und einen Bescheid garantiert, gegen den die jeweils betroffenen Personen jederzeit klagen können, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum dieses Verfahren, das die individuelle Betrachtung eines individuellen Entfrem- dungs- und Entscheidungsprozesses ermöglicht, über den bestehenden Rahmen hinaus standardisiert werden sollte. Es geht hier um die einzelne Person und ihre persönli- chen Erfahrungen. Wir sollten gar nicht erst versuchen, alle Anträge über ein und denselben Kamm zu scheren. Politisch ist das Recht auf Kriegsdienstverweigerung auch für aktive Soldaten, die sich freiwillig zu ihrem Dienst verpflichtet haben, für die SPD-Fraktion ein ho- hes Gut. Es können immer Umstände eintreten, durch die sich ein Mensch von dem eigenen Selbstverständnis ent- fremdet, sodass er für sich neue Wege suchen und gehen muss. Sein Recht auf Irrtum – in diesem Falle: über sich selbst – wollen und werden wir dem Staatsbürger in Uni- form so wenig vorenthalten wie allen anderen. Andererseits sehen wir natürlich auch, dass ein Sin- neswandel weg vom Freiwilligen hin zum Kriegsdienst- verweigerer der Begründung bedarf. Es liegt auch im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die seine Ausbildung als Soldat bezahlt haben, opportunis- tische Gründe für die Verweigerung, wo das möglich ist, auszuschließen. Eine Vereinfachung des Verfahrens, die darauf hinausläuft, dass ein Soldat fast schon auf Zuruf die Bundeswehr verlassen kann, lehnen wir deshalb ab. Auch diese Soldatinnen und Soldaten sind gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und ihren Bürgern eine Verpflichtung eingegangen. Die Entscheidung darüber, sie aus dieser Verpflichtung zu entlassen, bedarf sorgfäl- tiger Prüfung und Begründung, und dem trägt das beste- hende Verfahren Rechnung. Es hat sich bewährt. Handwerklich schließlich wird die Koalition sicher- lich keinen Antrag beschließen, in dem der Bundestag aufgefordert wird, festzustellen, dass das Grundgesetz gilt. Davon gehen wir aus. Im Übrigen ist die im Antrag der Linksfraktion enthaltene Aufforderung an die Bun- desregierung, dem Bundestag einen Gesetzentwurf vor- zulegen, nicht nur inhaltlich unbegründet, sondern auch parlamentarisch ein Armutszeugnis. Das Kriegsdienst- verweigerungsgesetz ist wahrlich kein kompliziertes Re- gelungswerk. Wenn Sie, verehrte Kolleginnen und Kol- legen von der Linken, daran etwas ändern wollen, dann bringen Sie doch einfach selbst einen Gesetzentwurf ein. Ablehnen würden wir allerdings aller Voraussicht nach auch einen solchen. Katrin Kunert (DIE LINKE): Am 8. Mai 1945 en- dete der Zweite Weltkrieg. Unter unermesslichen Op- fern bezwang die Anti-Hitler-Koalition den deutschen Faschismus. Die deutsche Wehrmacht hat in dem von Deutschland angezettelten Raub- und Vernichtungs- krieg an schwersten Verbrechen gegen die Zivilbevölke- rung mitgewirkt. Dennoch haben zahlreiche ehemalige Wehrmachtsangehörige später ihre Beteiligung an den Massenverbrechen oft mit dem Befehlsgehorsam ent- schuldigt. Mit dieser Traditionslinie des deutschen Mili- tarismus sollte gebrochen werden – das war der Gedanke der Mütter und Väter des Grundgesetzes, wonach jeder und jede das Recht auf Kriegsdienstverweigerung haben soll. Auch Soldatinnen und Soldaten sind für ihr Handeln selbst verantwortlich und sollen ihr Handeln an ethische Prinzipien binden. Ich weiß schon, Sie werden wieder sagen, das sei doch alles prima und unser Antrag somit überflüssig. Dem ist aber nicht so! Leider wurde bei dieser zivilisatorischen Errungenschaft auf halber Strecke haltgemacht. Die kon- kreten Bestimmungen sind in einem eigenen Gesetz ge- regelt, dem Kriegsdienstverweigerungsgesetz. Es stellt hohe, und die Linke meint, zu hohe Hürden für die Aner- kennung einer Kriegsdienstverweigerung. Die Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst an der Waffe wird nur auf schriftlichen Antrag gewährt, den die Betroffenen ausführlich begründen müssen. Zu- sätzlich müssen sie ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis nachweisen, dass sie in eine schwere Gewissensnot ge- raten würden, wenn sie zur Teilnahme am Kriegsdienst gezwungen wären. Das gelingt nur wenigen im ersten Anlauf, sodass trotz bestehender Gewissensnot viele An- träge abgelehnt werden. Es ist auch kein Argument, zu sagen, jetzt, wo die Wehrpflicht ausgesetzt ist, bestehe das Problem praktisch nicht mehr. Das Gegenteil ist der Fall! Die Zahlen sind eindeutig: Immer mehr Soldatin- nen und Soldaten wollen den Kriegsdienst verweigern. Innerhalb eines Dreivierteljahres, vom 1. Juli 2014 bis 30. April 2015, haben nach Angaben des Bundesvertei- digungsministeriums 132 Berufs- und Zeitsoldaten einen entsprechenden Antrag gestellt. Es sind alle Dienstränge betroffen, auch Offiziere. Hinzu kommen noch einige freiwillige Wehrdienstleistende. Männer wollen in der Bundeswehr den Kriegsdienst häufiger verweigern als Frauen. Dafür gibt es triftige Gründe: Der veränderte Auftrag der Bundeswehr, mehr Auslandseinsätze in Konfliktge- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13391 (A) (C) (B) (D) bieten durchzuführen, betrifft vor allem Männer und hat zur Folge, dass mehr Soldaten an realen Kampf- und Gefechtssituationen teilnehmen. Sie erleben erstmals am eigenen Leib, was es heißt, töten zu müssen oder getötet werden zu können. Das ist nicht kleinzureden. Die Fälle von Soldaten, die schwer traumatisiert aus Auslandsein- sätzen der Bundeswehr zurückkehren, sind in den letz- ten Jahren deutlich gestiegen. Damit sind persönliche Schlüsselerlebnisse verbunden, weshalb sie den weiteren Kriegsdienst ablehnen. Die Bürokratie wirft ihnen hierbei Knüppel zwischen die Beine. Ein exklusiver Zirkel von gerade mal vier Personen ist im Bundesamt für Familie und zivilgesell- schaftliche Aufgaben für die Anerkennungsverfahren zuständig. Es besteht ein enormer Bearbeitungsstau, und die Verfahren dauern zu lange. Die Betroffenen werden zusätzlich zermürbt, obwohl sie im Erfolgsfall ohnehin die komplette Veränderung ihrer Lebensumstände be- wältigen müssen. Sie haben sich vor diesem Hintergrund ihre Gewissensentscheidung sicher nicht leicht gemacht. Das verdient Respekt. Deshalb darf mit den Soldatinnen und Soldaten so nicht umgegangen werden! Die Entscheidungsfindung, ob einem Antrag stattge- geben wird oder nicht, ist zudem völlig intransparent. Da es sich um eine Gewissensentscheidung handelt, gibt es kein wissenschaftlich abgesichertes Überprüfungsver- fahren dafür, ob jemand die Wahrheit sagt. Folglich darf nicht nach Gutsherrenart mit der Logik des Lügendetek- tortests vorgegangen werden. Mir sind einige Betroffene persönlich bekannt, deren Anträge abgelehnt wurden, obwohl Militärseelsorger und andere Gutachter zu dem Ergebnis kamen, dass sie vollkommen kriegsdienstun- fähig seien. Schlimmer noch: Sie könnten bei weiterem Dienstverbleib sogar zur Gefahr für die eigene Truppe werden, weil sie auch im Verteidigungsfall nicht auf an- dere Menschen schießen würden. Das können Sie doch nicht ignorieren! Durch die Neuausrichtung der Bundeswehr mit der Orientierung auf eine „Armee im Einsatz“ ist die Dau- eraufgabe verbunden, stets ausreichend kriegsdienstwil- liges Personal zu rekrutieren. Die Linke befürchtet, dass es dadurch künftig noch schwerer wird, als Kriegsdienst- verweigerin oder Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden. Das im Artikel 4 des Grundgesetzes verbriefte Recht würde dadurch weiter ausgehöhlt und zur bloßen Makulatur. Mit unserem Vorschlag sollen Kriegsdienstverwei- gerungen einfacher anerkannt werden, indem die freie Willensbekundung ausreicht und die Begründungspflicht entfällt. Wir wollen dem deutschen Militarismus keine Chance zur Wiederauferstehung geben, auch nicht durch die Hintertür unter dem Deckmantel von sogenannten „humanitären Interventionen“. Es nimmt Ihnen sowie- so niemand mehr ab, dass es bei den Auslandseinsät- zen der Bundeswehr vordringlich um die Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten ginge oder um die Rechte von Frauen. Das sind bestenfalls nützliche Nebenprodukte des militärischen Eingreifens. Deshalb zollt die Linke allen Soldatinnen und Soldaten, die aus eigener Einsicht den Kriegsdienst aus Gewissengründen verweigern wollen, ihren tiefen Respekt. Sie zeigen, dass die Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg aktuell bleibt: Von deutschem Boden soll nie wieder ein Krieg ausgehen! Darüber sollten wir in den Fachausschüssen beraten. Ich freue mich auf die Diskussion. Doris Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Nie- mand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“ So steht es in Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes. Dieses Grundrecht zählt zu den wichtigsten Errungenschaften unserer Verfassung. Und wir müssen Sorge dafür tragen, dass dieses Grund- recht von den Bürgerinnen und Bürgern auch tatsächlich genutzt werden kann – ohne dass allzu hohe Hürden sie dabei behindern. In diesem Sinne verstehe ich auch den Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der Linken. Und trotzdem werden wir diesen Antrag nicht unterstüt- zen. Denn wir sind zwar durchaus offen dafür, das Ver- fahren zur Anerkennung einer Kriegsdienstverweigerung im Sinne der betroffenen Soldatinnen und Soldaten zu vereinfachen. Hierzu einfach die Begründungspflicht ab- zuschaffen, ist jedoch der falsche Weg. Die Pflicht, den Antrag auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen, diente früher vor allem zur Gängelung der Verweigerer. Heute, nach Aussetzung der Wehrpflicht, entfaltet sie einen andere, wie ich finde: heilsame, Wir- kung. Die Begründungspflicht unterstreicht nämlich, dass die Entscheidung, Soldat oder Soldatin zu werden, schwerwiegende Konsequenzen nach sich zieht – und dass diese Entscheidung wohlüberlegt sein will. Wer mit dem Gedanken spielt, sich als Soldat oder Soldatin zu verpflichten, dem wird von Anfang an verdeutlicht: Die Bundeswehr lässt dich nicht so einfach wieder gehen. Und diese Mahnung führt im Idealfall dazu, dass nur sol- che Männer und Frauen der Bundeswehr beitreten, die sich vorher ernsthaft damit auseinandergesetzt haben, was das eigentlich bedeutet; Soldat oder Soldatin zu sein. Den Streitkräften beizutreten, ist etwas anderes, als einen Arbeitsvertrag mit der örtlichen Sparkasse oder der Gärtnerei an der Ecke zu unterschreiben. Wer Soldat oder Soldatin wird, muss eine gehörige Portion Opfer- bereitschaft und Verantwortungsgefühl mitbringen. Beim „Bund“ gilt es nicht nur, anstrengende Geländemärsche zu absolvieren, stets korrekt zu grüßen und täglich aufs Neue die Spindordnung herzustellen. Soldat oder Solda- tin zu sein, bedeutet vor allem, bereit zu sein, demokra- tisch legitimierte Gewalt anzuwenden, über Leben und Tod anderer Menschen zu entscheiden – und dabei viel- leicht auch das eigene Leben zu verlieren. Es gibt also viele gute Gründe, sich gegen den Be- ruf der Soldatin oder des Soldaten zu entscheiden. Und wer sich nicht sicher ist, ob die Bundeswehr wirklich der richtige Arbeitsplatz ist, der wird durch die Pflicht, einen eventuellen, späteren Antrag auf Kriegsdienstverweige- rung schlüssig zu begründen, noch einmal aufgefordert: Überleg es Dir noch mal! Vielleicht ist es besser, Du unterschreibst erst einmal nur eine vorläufige Verpflich- tungserklärung. Oder Du meldest Dich erst mal nur für den Freiwilligen Wehrdienst. Die Begründungspflicht für den KDV-Antrag nährt also eventuelle Zweifel und verhindert so manch vorei- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513392 (A) (C) (B) (D) lige Entscheidung. Und diese präventive, abschreckende Wirkung der Begründungspflicht liegt nicht nur im Inter- esse der Bundeswehr, sondern vor allem im Interesse der betroffenen Menschen. Trotzdem kommt es natürlich vor, dass junge Männer und Frauen sich falsch entscheiden: Da ist der Alltag in der Kaserne dann doch so ganz anders, als man es sich vorgestellt hatte. Da kommt man mit den Kolleginnen und Kollegen so gar nicht zurecht. Und vor allem: Die Einstellung zu allem, was mit Einsatz, Gewalt, Verwun- dung und Tod zu tun hat, kann sich durch einige Jahre in der Bundeswehr tatsächlich fundamental verändern. Wir wollen, dass niemand gezwungen wird, gegen seinen Willen in der Bundeswehr zu bleiben. Und des- halb sind wir durchaus offen, wenn es darum geht, das bisherige Verfahren zur Kriegsdienstverweigerung einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Ist es wirklich ausreichend, dass die KDV-Anträge im Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben nur von Sachbearbeitern und Juristen geprüft werden? Sollten hier nicht zumindest in Zweifelsfällen auch Psychologen mit einbezogen werden? Und wie könnten wir wirklich zweifelsfrei sicherstellen, dass die Bundeswehr keinerlei Einfluss auf die Prüfung durch das Bundesamt nimmt? Darüber hinaus könnte auch die Bun- deswehr einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass junge Menschen gar nicht erst in die Situation kommen, einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung zu stellen. Zum einen müssen die Karrierecenter potenzielle Be- werberinnen und Bewerber viel stärker als bisher auch über die Schattenseiten und die Risiken des Berufes aufklären. Zum anderen müssen insbesondere Offiziere viel früher mit der Realität des Truppenalltags und der Einsätze konfrontiert werden. Die lange Schonfrist in der Offiziersausbildung und an der Universität führt nach Abschluss des Studiums oft zu einem bösen Erwachen und bringt die Betroffenen dann in den Verruf, lediglich die gute und bezahlte Ausbildung „abgegriffen“ zu haben und sich nun aus dem Staub machen zu wollen. Langwierige Verweigerungsverfahren sind für die betroffenen Soldatinnen und Soldaten extrem belas- tend. Und für die Bundeswehr sind sie nicht gerade ein Imagegewinn. Deshalb: Lassen Sie uns alles tun, um die Anzahl der Kriegsdienstverweigerer möglichst klein zu halten! Lassen wir die Begründungspflicht, wie sie ist. Sorgen wir dafür, dass alle Rekrutinnen und Rekruten genau wissen, worauf sie sich einlassen! Und überprüfen wir, was wir noch tun können, damit das Verfahren zur KDV-Anerkennung wirklich fair und frei von politischer Einflussnahme abläuft! Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie (Tagesordnungs- punkt 21) Dr. Martin Pätzold (CDU/CSU): Die schnelle Umset- zung der EU-Mobilitätsrichtlinie ist der CDU/CSU-Bun- destagsfraktion ein wichtiges Anliegen, geht es dabei doch im Kern um die Stärkung des Rechts auf Freizügig- keit nach Artikel 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und die Zukunft der heute erst in den Arbeitsmarkt hineinwachsenden Arbeitnehmergene- rationen. Denn wir leben in einer Zeit, wo die nationalen Arbeitsmärkte der Europäischen Union einerseits noch höchst unterschiedlich ausgestaltet sind, sich anderer- seits aber viele junge Europäer beruflich längst europa- weit orientieren. Diese geradezu „grenzenlose“ Freizü- gigkeit muss deshalb auch vor allem aus Sicht junger, weit noch von einer Rente entfernter Arbeitnehmer ihren Niederschlag im Abbau unnötiger Mobilitätshindernisse finden, wie sie etwa die Regelungen zur betrieblichen Al- tersvorsorge mit sich bringen. Solche potenziellen Hindernisse sind beispielsweise zu lange Unverfallbarkeitsfristen für den Erwerb von Be- triebsrentenanwartschaften, die fehlende Wahrung von Betriebsrentenanwartschaften bei einem Arbeitgeber- wechsel, Abfindungen von Kleinstanwartschaften ohne Zustimmung der Beschäftigten sowie nicht ausreichende Informationen der Beschäftigten über ihre Betriebsren- tenansprüche. Diese werden wir durch die nötigen Ände- rungen im Betriebsrentengesetz und im Einkommensteu- ergesetz beseitigen. Durch die erst zum 1. Januar 2018 erfolgende Umsetzung geben wir den Arbeitgebern für die Beschäftigungszeiten ab diesem Zeitpunkt die Pla- nungs- und Rechtssicherheit einer schonenden Umset- zung. Mit den Änderungen bei der Unverfallbarkeitsfrist stärken wir auch die Arbeitnehmer, indem wir diese Frist nämlich von heute fünf Jahren auf drei Jahre verkürzen und die Unverfallbarkeit dabei vom 25. auf das 21. Le- bensjahr absenken. In dieser Weise helfen wir den vielen jungen Arbeitnehmern in der Europäischen Union, die grenzüberschreitend den Arbeitsplatz und Arbeitgeber wechseln. Damit diese nicht an Betriebsrentenregelungen beim Arbeitgeberwechsel scheitern, gelten die neuen Rege- lungen nicht nur, wie in der Richtlinie vorgesehen, für zu- und abwandernde Beschäftigte, sondern eben für alle Beschäftigen – also auch für diejenigen, die innerhalb Deutschlands den Arbeitgeber wechseln. So stärken wir die zweite Säule der Altersvorsorge „europakonform“, indem wir sie nun in den grenzüberschreitenden Arbeits- markt einbetten. Der europäische Arbeitsmarkt und die europäische Wirtschaft hatten in den vergangenen Jahren vielen He- rausforderungen standzuhalten. Hier sind wir aber auf einem guten Weg und werden die kommenden Heraus- forderungen ebenso gut bewältigen. Die Arbeitslosigkeit ist sowohl in der Euro-Zone von 11,5 Prozent im Sep- tember 2014 innerhalb eines Jahres auf 10,8 Prozent ge- sunken, als auch in der gesamten Europäischen Union im gleichen Zeitraum von 10,1 Prozent auf 9,3 Prozent. Die Bundesrepublik Deutschland trägt an diesem ge- samteuropäischen Erfolg mit ihrer guten nationalen Ar- beitsmarktpolitik bei und ist eines der Zugpferde dieser Entwicklung. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13393 (A) (C) (B) (D) Um Deutschland auch weiterhin als attraktiven Ar- beitsmarkt in der Europäischen Union zu positionieren, setzen wir diese Richtlinie nicht nur eins zu eins um, son- dern gehen noch einen Schritt weiter: Wir verhindern mit diesem Gesetzentwurf gleichzeitig jegliche ungewünsch- te Diskriminierung der in Deutschland bleibenden Be- schäftigten. Schon allein das sollte Grund genug sein, meine ich, diesen Gesetzesentwurf voll zu unterstützen. Matthäus Strebl (CDU/CSU): In den letzten Wochen haben wir uns im Plenum, im Ausschuss und in der öf- fentlichen Anhörung mit der betrieblichen Altersvorsor- ge befasst. Das begrüße ich sehr, denn es ist ungemein wichtig, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland mit allen Säulen ihre Altersvorsorge si- chern. In vielen Fällen ermöglicht gerade die betriebli- che Altersvorsorge Rentnerinnen und Rentnern, ihren gewohnten Lebensstandard zu erhalten und Altersarmut zu vermeiden. Unsere Aufgabe ist, die besten Rahmenbe- dingungen dafür zu ermöglichen. Ein erster Schritt ist die Umsetzung der EU-Mobili- täts-Richtlinie in deutsches Recht. Der Gesetzesentwurf der Koalition verbessert insbesondere die Betriebsren- tenanwartschaften für jüngere Beschäftigte. Er geht so- gar in den wichtigsten Bestandteilen über eine Eins-zu- eins-Umsetzung der Richtlinie hinaus. Damit vermeiden wir eine Diskriminierung der inländischen Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer. Bereits in der ersten Lesung bin ich auf die Herab- setzung der Unverfallbarkeitsfristen und die Auskunfts- ansprüche ausführlich eingegangen und möchte es nicht erneut wiederholen. Hervorheben möchte ich, dass sei- tens der Sachverständigen in der Anhörung die Umset- zung in deutsches Recht als sachgerecht bewertet wurde. Die öffentliche Anhörung hat uns auch die Möglich- keit geboten, insbesondere von den Sozialpartnern, der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Bewertung des Änderungsantrags zu erhalten. Der Än- derungsantrag wird es Unternehmen mit Pensionsfonds ermöglichen, eine risikoreichere Kapitalanlage zu be- treiben. Ich stimme den Kritikern zu, dass eine risikorei- chere Anlage gerade für Betriebsrenten auch Nachteile haben kann. Die Beschäftigten müssen aber schon auch einen Überblick haben, mit welchem Betrag sie neben ihrer Rente rechnen können. Deshalb finde ich es sinnvoll, dass eine Mindest-Rente garantiert werden muss, und der Arbeitgeber finanzielle Mittel nachfließen lassen muss, wenn diese nicht erreicht wird. Ebenso stärkt es zwei- felsfrei auch die Zustimmung der Beteiligten, wenn bei- de Tarifvertragsparteien ausdrücklich ihr Einverständnis erklärt haben müssen. Eine garantierte Mindestrente und die Zustimmung der Tarifvertragsparteien sind Voraus- setzungen, die ich für ungemein wichtig halte. In der öffentlichen Anhörung am Montag haben uns sowohl die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitge- berverbände als auch der Deutsche Gewerkschaftsbund bestätigt, dass sie die Neuregelung begrüßen. Ich zitiere Herrn Abel vom DGB: „Wir stehen voll hinter diesem Änderungsantrag.“ Die Neuregelung ist sinnvoll, und ich setze darauf, dass viele Neurentnerinnen und Neu- rentner davon profitieren werden. Entgegen dem ersten Eindruck, handelt es sich eben nicht um eine „lex bosch“. Neben der EU-Mobilitäts-Richtlinie wollen wir auch das umsetzen, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, nämlich: „Wir werden die betriebliche Altersvor- sorge stärken.“ Deshalb widmen wir uns auch weiterhin Fragen der zweiten Säule der Alterssicherung. Im Koa- litionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir unser Au- genmerk insbesondere auf zwei Personengruppen richten wollen: – Beschäftigte mit einem geringeren Einkommen und – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Ebenso dürfen wir auch nicht die Arbeitnehmerinnen mit flexiblen Arbeitszeiten, die in vielen Fällen nicht in Vollzeit tätig sind, vergessen. Denn besonders viele Frau- en müssen unter Altersarmut leiden. Unsere Aufgabe ist es, besonders für diese Beschäftigten die betriebliche Al- tersvorsorge attraktiver zu gestalten. Deshalb werden wir Anreize schaffen und Hemmnisse abbauen. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung der erste Schritt zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge ist und freue mich auf den weiteren Austausch. Ralf Kapschack (SPD): Am vergangenen Wochen- ende hatte ich wirklich Grund zur Freude, nicht nur, weil mein Verein das traditionelle Revierderby gegen Schalke 04 gewonnen hat. Nein, ich hatte tatsächlich auch aus- gesprochene Freude an unserem Koalitionspartner. Der Vorsitzende der christlich-demokratischen Arbeitneh- merschaft, Karl-Josef Laumann, hat ja am Wochenende eine obligatorische betriebliche Altersversorgung gefor- dert. Das finde ich prima. Und deshalb habe ich mich gefreut. Die betriebliche und tarifvertraglich abgesicherte Al- tersversorgung ist aus Sicht der SPD die beste Form der privaten und zugleich kollektiven Altersversorgung. Wir wollen sie stärken und durch die Erleichterung der Allge- meinverbindlichkeit auch in Regionen und Branchen in Deutschland durchsetzen, in denen sie derzeit aufgrund der geringen Tarifbindung noch viel zu wenig genutzt wird. Eine Stärkung und größere Verbreitung der betrieb- lichen Altersvorsorge ist für uns eine wünschenswerte Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung. Da müssen wir einiges tun. Nach letzten Untersuchungen haben etwa sechzig Prozent der Beschäftigten Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung. In Großbetrieben gibt es nahezu für alle ein Angebot. Im Handwerk aber hat nur jeder Zehn- te einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung. Auch für Mittel- und Kleinbetriebe muss betriebliche Al- tersversorgung selbstverständlich werden. So ist das im Koalitionsvertrag formuliert. Und das ist gut so! Wenn kleine Betriebe damit überfordert sind, muss es nach unserer Ansicht Branchenlösungen geben, die vor Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513394 (A) (C) (B) (D) allem kleinen Unternehmen Risiko und Organisations- aufwand abnehmen. Gleichzeitig können solche Einrich- tungen durch die entsprechende Größe Kostenvorteile beim Vertrieb, bei Verwaltungskosten und bei möglichen Anlagen realisieren. Das Arbeitsministerium arbeitet an entsprechenden Vorschlägen. Um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärker zu motivieren, eine betriebli- che Altersversorgung aufzubauen, braucht es nach unse- rer Meinung aber auch an anderer Stelle Veränderungen. Heute muss jedem Beschäftigten auf Nachfrage ein Angebot zur betrieblichen Entgeltumwandlung gemacht werden. Die SPD will, dass in Zukunft jedes Unterneh- men eine entsprechende Möglichkeit anbietet, wenn die Arbeitnehmerin, der Arbeitnehmer nicht selbst darauf verzichtet. Die Erfahrung in Nachbarländern zeigt, dass eine solche Opt-out-Regelung zu einer deutlich besseren Verbreitung führt. Attraktive Altersversorgung wird in Zukunft sicher- lich auch ein Argument sein, um Arbeitskräfte zu binden oder neue zu gewinnen. Deshalb ist das für Unternehmen nicht nur ein Kostenfaktor. Um betriebliche Altersversor- gung für Beschäftigte lukrativer zu machen, sollten die Ersparnisse der Arbeitgeber bei der Entgeltumwandlung eingebaut werden. Die Anrechnung auf die Grundsicherung ist eine Hürde für Geringverdiener, sich mit betrieblicher Al- tersversorgung zu beschäftigen. Auch da müssen wir ran. Gerade Geringverdiener brauchen eine zusätzliche Ab- sicherung im Alter. Die bisherige staatliche Förderung muss deshalb auf den Prüfstand. In den nächsten Wochen sollen ja die Ergebnisse ei- nes Gutachtens vorliegen, das vom Finanzministerium in Auftrag gegeben worden ist. Davon erhoffen wir uns Erkenntnisse über die Wirkungen der steuerlichen För- derung auch der betrieblichen Altersversorgung. Ich ver- mute, wir werden in Zukunft auch bei der betrieblichen Altersversorgung mit Zulagen arbeiten müssen, um Ge- ringverdienern den Zugang zu ermöglichen. Von steuerli- cher Förderung haben sie wegen ihres geringen Einkom- mens in der Regel nichts. Wir brauchen eine Stärkung der betrieblichen Altersversorgung. Dazu dient auch dieser Gesetzentwurf. In der Anhörung am Montag ist ja deutlich geworden, dass die wesentlichen Punkte des Entwurfs unstrittig sind: – Die Verringerung der Unverfallbarkeitsfristen kommt vor allem jungen und mobilen Arbeitskräften zugute. – Der Arbeitgeberwechsel hat keine negativen Auswir- kungen auf die bereits erworbenen Ansprüche an die betriebliche Altersversorgung. – Die Regelung über Abfindungen wird präzisiert. – Die Informationspflicht der Arbeitgeber oder Versor- gungsträger wird ausgeweitet. Ein Wort noch zu dem Vorschlag, die Anlagemöglich- keiten für Pensionsfonds zu verbreitern. Klar heißt das unter Umständen mehr Risiko. Aber anders als Kollege Birkwald das im Ausschuss gesagt hat, bedeutet dies nicht ein Zocken auf Kosten der Beschäftigten. Es gibt ein paar Reißleinen, die das verhindern sollen: Zum einen darf ein Mindestversorgungsniveau nicht un- terschritten werden, zum anderen bedürfen Veränderun- gen der bisherigen Politik der Pensionsfonds der Zustim- mung der Tarifvertragsparteien. Das heißt, da werden die Interessen der Beschäftigten sehr konkret berücksichtigt. Zum Dritten wird eine Einstandspflicht des Arbeitgebers festgeschrieben. All dies sichert für uns eine vertretbare Lösung vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase, die betriebliche Altersversorgung an der einen oder anderen Stelle in Schwierigkeiten bringt. Wir wollen die betriebliche Al- tersversorgung stärken. Dazu dient in gewissem Umfang auch dieser Gesetzentwurf. Aber nötig ist deutlich mehr. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Die Umset- zung der EU-Mobilitätsrichtlinie wird in der Gesamt- bewertung vielen Beschäftigten mit einer betriebli- chen Altersversorgung, die das Unternehmen innerhalb Deutschlands oder innerhalb der EU wechseln, das Le- ben leichter machen. Betriebsrenten gelten ab 2018 nach drei und nicht mehr nach fünf Beschäftigungsjahren als unverfallbar und damit als mehr oder weniger garantiert. Für diese Garantie wird auch das Mindestalter der Be- schäftigten von 25 auf 21 Jahre gesenkt. In der Anhörung der Sachverständigen, die dazu am Montag stattfand, hat Herr Kleinlein vom Bund der Ver- sicherten noch mal positiv hervorgehoben, dass mit der betrieblichen Altersversorgung oft ein kostengünstiger Schutz vor Berufsunfähigkeit verbunden ist, der deshalb auch bei sehr kurzen Vertragslaufzeiten erhalten bleiben sollte. Zukünftig dürfen sogenannte Kleinstanwartschaften auch nicht mehr ohne Zustimmung der Beschäftigten abgefunden werden. Dies gilt allerdings nicht bei einem Wechsel innerhalb Deutschlands. Außerdem werden die Informationsrechte der Beschäftigten über ihre Betriebs- rentenansprüche gestärkt, wobei diese nur auf deren aus- drückliches Verlangen hin erteilt werden. Da sind wir mit den jährlichen Renteninformationen der gesetzlichen Rentenversicherung schon viel weiter, und das sollte auch für Zusatzversicherungen der Standard sein. Union und SPD haben ja in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die betriebliche Altersversorgung zu stärken. Der Erwartung, dass durch die Umsetzung der EU-Mo- bilitätsrichtlinie die betriebliche Altersversorgung insge- samt an Attraktivität gewinnen werden würde, wurde in der Anhörung ein deutlicher Dämpfer verpasst. Nichtsdestotrotz hätten wir dem Gesetzentwurf zuge- stimmt, da er eben durchaus auch die Rechte der Ver- sicherten stärkt. Aber leider hat die Große Koalition wieder in letzter Minute einen Änderungsantrag dazu ge- packt, der erstens mit der Richtlinie nichts zu tun hat und zweitens in völlig unzureichender Weise auf ein wirklich strukturelles und großes Problem der betrieblichen Al- tersversorgung reagiert. Worum geht es dabei? Die Deutsche Bundesbank verweist darauf, dass das Niedrigzinsumfeld es Unter- nehmen oder ihren Pensionskassen, Pensionsfonds und Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13395 (A) (C) (B) (D) Unterstützungskassen – ich zitiere – „erschwert, mit dem dafür angelegten Deckungsvermögen die zugesagten Versorgungsleistungen zu erwirtschaften.“ (Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht 2013, Versiche- rer zwischen niedrigen Zinsen und erhöhten Eigenka- pitalanforderungen, S. 13). Das Risiko „besteht darin, dass die Erträge aus den Kapitalanlagen bei ungünstiger Marktentwicklung eventuell nicht ausreichen, um die den Kunden zugesagten Garantieleistungen und darüber hinausgehende Überschusszahlungen zu erbringen. Dies ist besonders bei der Neuanlage in einem dauerhaften Niedrigzinsumfeld von Bedeutung.“ (ebd., S. 74), heißt es im Finanzstabilitätsbericht 2013 der Bundesbank. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, in der Anhörung haben wir erfahren, dass der konkrete Anlass für Ihren Änderungsantrag die Tatsache war, dass der Pensionsfonds der Robert Bosch GmbH genau diese Schwierigkeiten hat und die Startrente für Neurentne- rinnen und Neurentner gegenüber 2015 um 17 Prozent hätte gesenkt werden müssen. Darauf hat Bosch in einer eigenen Stellungnahme zur Anhörung auf Drucksache 18(11)474 explizit hingewiesen. Die Aufsichtsbehörde BaFin hat das bestätigt. Zur Veranschaulichung einige Zahlen: Der Bosch-Pen- sionsfonds ist mit einer Bilanzsumme von 2,5 Milliar- den Euro der viertgrößte, der bei der BaFin gemeldeten 31 Pensionsfonds. Er verwaltet Kapitalanlagen im Wert von 2,4 Milliarden Euro für 127 000 Anwärterinnen und Anwärter und 39 000 Rentnerinnen und Rentner. Pensionsfonds wurden 2002 eingeführt und sind damit der jüngste der fünf Durchführungswege der betriebli- chen Altersversorgung. Mittlerweile summieren sich laut dem Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank von 2013 die Leistungsansprüche der Versicherten aus allen Pensi- onsfonds auf 117 Milliarden Euro (S. 84). Pensionsfonds haben im Gegensatz zu den anderen Durchführungswe- gen der BAV großzügigere – ich würde sagen: riskantere – Kapitalanlagevorschriften. Sie sollen im Vergleich zu Festzinsanlagen die vermeintlich höheren Renditechan- cen der Börse nutzen und im Gegenzug müssen Sparerin- nen und Sparer gegebenenfalls Abstriche bei den Renten- leistungen hinnehmen. Wie aber reagiert der Pensionsfonds von Bosch auf das Niedrigzinsumfeld? Er überzeugt Union und SPD davon, noch riskantere Anlagestrategien zu erlauben und die Garantien für Betriebsrenten noch weiter abzusen- ken, und er spekuliert im doppelten Wortsinn auf höhere Renditen. Der DGB hat das in seiner Stellungnahme sehr gut zusammengefasst. Durch die Gesetzesänderung – Zitat – „könnten Pensionsfonds auch in der Rentenbezugszeit versuchen, höhere Renditen zu erwirtschaften. Gleichzei- tig steht damit bei Eintritt in die Auszahlungsphase noch nicht für deren gesamte Laufzeit fest, welche Höhe die monatlichen Zahlungen haben werden, es besteht also die Gefahr, dass die Zahlungen in ihrer Höhe schwanken und ggf. geringer ausfallen als erhofft.“ Bosch und Union und SPD wetten also auf zukünftig steigende Aktienkurse und setzen damit eine auskömm- liche und verlässliche Alterssicherung der Beschäftigten aufs Spiel. Das ist für uns nicht akzeptabel! Die Betriebs- rentnerinnen und -rentner wissen in Zukunft also nicht mal mehr während der Auszahlungsphase, wieviel Geld sie bekommen. Die ausgezahlte Betriebsrente ist also auch sehr kurzfristig vom Ertrag des Pensionsfonds, also seinen Spekulationserfolgen auf den Kapitalmärkten, ab- hängig. Garantiert wird nur noch eine Mindestleistung. Union und SPD gestehen immer noch nicht ein, dass viele Unternehmen in den 1990er-Jahren ihre Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter und auch sich selbst von zu optimistischen Ertragserwartungen haben ködern lassen. Entsprechend hoch wurden die Anfangsrenten angesetzt bzw. entsprechend wenig zahlten die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ein. Da die Rendite dann aber in der Folge der Finanzkrise geringer ausfiel als angenommen und die Rückstellungen aus dem Ruder laufen, müssten die Betriebsrentenzusagen jetzt laufend gekürzt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD, mit diesem Änderungsantrag wird es Ihnen vielleicht gelingen, den Pensionsfonds der Robert Bosch GmbH kurzfristig zu stabilisieren, aber nur, indem Sie ihm er- lauben, die Anlagestrategie noch riskanter zu gestalten, sich noch mehr vom Kapitalmarkt abhängig zu machen. Damit liefern Sie die Beschäftigten dem Kasino des Fi- nanzmarktes aus. Damit machen Sie deren Altersvorsor- ge zum reinen Spekulationsobjekt. Ganz offensichtlich haben Sie aus der Finanzkrise nichts gelernt. Die Linke sagt: Ziehen Sie endlich die Schlussfol- gerung daraus, dass kapitalmarktgestützte Altersver- sorgung nicht nur für die Beschäftigten hochriskant ist, sondern auch noch die Unternehmen in den Ruin führt. Deshalb noch einmal unser dringender Appell: Stärken Sie die gesetzliche Rentenversicherung und sorgen Sie dafür, dass das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent an- gehoben wird. Wir haben deshalb den Änderungsantrag abgelehnt und werden uns insgesamt enthalten. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Koalition kann der Europäischen Union durchaus dank- bar sein. Schließlich ist es die EU-Mobilitätsrichtlinie, die die Bundesregierung nun letztlich zwingt, zumindest einen kleinen Teil dessen umzusetzen, was der Koaliti- onsvertrag verspricht. Die betriebliche Altersversorgung sei zu stärken, heißt es dort. Doch eigenmächtig gelingt wenig. Der Vorschlag von Andrea Nahles, das sogenannte Neue Sozialpartner- modell Betriebsrente, droht gerade am Widerstand der Sozialpartner zu scheitern. Bereits zwei Entwürfe aus dem Bundesarbeitsministerium mussten angesichts der massiven Gewerkschafts- und Arbeitgeber-Kritik ver- worfen werden. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Und selbst wenn sie es wäre: Die bisherigen Vorschläge zur Nahles-Rente schei- nen kaum geeignet, tatsächlich wie geplant eine umfas- sende Verbreitung von Betriebsrenten zu erreichen. Denn dazu bedürfte es, wenn man sich ehrlich macht, weniger einer tarifvertraglichen Lösung als einer gesetzlichen Regelung. Jeder neue Arbeitsvertrag müsste automatisch Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513396 (A) (C) (B) (D) mit einem Angebot zur betrieblichen Altersversorgung sowie mit einer freiwilligen Opt-out-Option für die Be- schäftigten verbunden sein. Ob die Bundesregierung ein solches Modell durchsetzen könnte, ist vor dem Hinter- grund der bisherigen Entwicklung allerdings zu bezwei- feln. Immerhin: Die Umsetzung der EU-Vorgaben, zu der die Bundesregierung bis 2018 verpflichtet ist, wird Ver- besserungen nach sich ziehen. Die im entsprechenden Gesetzentwurf vorgesehenen verkürzten Unverfallbar- keitsfristen und die Reduzierung des Mindestalters für den Erhalt von Versorgungsanwartschaften dürften die Mobilität von Betriebsrenten erhöhen und ihre Attrakti- vität steigern. Gerade Jüngere und Frauen werden davon profitieren. Ebenso zu begrüßen ist, dass künftig auch die Anwartschaften eher unverfallbar sind und diejeni- gen von ausgeschiedenen Beschäftigten auch nach deren Ausscheiden dynamisiert werden sollen. Die Ungleich- behandlung zwischen ehemaligen und aktiven Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmern hat damit ein Ende. Allerdings: Die Bundesregierung hätte bei der Trans- formation der Mobilitätsrichtlinie in nationales Recht durchaus weiter gehen können. Wenig couragiert er- scheint auch der geplante – überaus späte – Termin des lnkrafttretens des Gesetzes. Erst im nahezu letztmögli- chen Moment, nämlich am 1. Januar 2016, werden die Regelungen Realität. Im Zusammenhang mit der Mobilitätsrichtlinie disku- tieren wir heute auch einen Änderungsantrag der Koali- tionsfraktionen. Geplant ist, Pensionsfonds in der Aus- zahlungsphase die Möglichkeit zu eröffnen, nicht mehr nur versicherungsförmige Anlagestrategien zu verfolgen. Durch die Option, auch risikoreicher zu agieren, sollen während der Rentenbezugszeit höhere Erträge erzielt werden können als bislang. Wie die öffentliche Anhö- rung im Ausschuss Arbeit und Soziales am vergangenen Montag zeigte, ist diese Einschätzung durchaus realis- tisch. Wir werden uns diesem Vorschlag deshalb nicht entgegenstellen. Wir täten aber gut daran, den Blick zu weiten. Dass nun bei angelegtem Kapital, das im Zeitraum des Ren- tenbezugs eigentlich ein sicheres Auskommen gewähr- leisten sollte, aggressive Anlagestrategien notwendig erscheinen, ist kein Zufall. Dass selbst ein Großunter- nehmen wie der Bosch-Konzern, der ein erhebliches In- teresse an der Umsetzung des Änderungsantrags hat, die erforderlichen Renditen für kaum erreichbar hält, weist auf ein grundsätzliches Problem kapitalgedeckter Syste- me: nämlich ihre Anfälligkeit für die schwankende Ent- wicklung der Finanzmärkte. Kapitalgedeckte Altersvor- sorgesysteme sind seit Jahren unter Druck. Ein Ende der Niedrigzinsphase ist nicht absehbar. Vor diesem Hinter- grund ist auch die Forderung – unter anderem von der Ar- beitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung – zu verstehen, Unternehmen künftig Pensionsrückstellungen zu erleichtern, indem die Berechnungsvorschrift für den Rechnungszins angepasst wird. Übrigens: Bei der Riester-Rente ist die Situation der- zeit nicht besser. Bereits mehrere Versicherungsunter- nehmen haben das Geschäft mit Neu-Verträgen einge- stellt. Auch hier also wackelt das System angesichts der ungesunden wirtschaftlichen Entwicklung. Welche Schlussfolgerungen ziehen wir daraus? Ohne Frage: Das Drei-Säulen-System ist nach wie vor das rich- tige Modell für die Alterssicherung. Wir setzen uns dafür ein, dass die Betriebsrenten künftig auch all denjenigen Beschäftigten offen stehen, die bisher faktisch ausge- schlossen sind. Die Mobilitätsrichtlinie leistet dazu einen Beitrag, reicht aber bei weitem nicht aus. Die dritte Säule ist endlich auf eine solide Grundlage zu stellen, die eine faire und transparente Altersvorsorge ermöglicht. Eine zentrale Erkenntnis aus der Entwicklung in den vergan- genen Jahren ist indes, dass sich gerade die gesetzliche Rentenversicherung als ein Fels in der Brandung erwie- sen hat. Ihr Image als zukunftsunfähiger Dinosaurier konnte sie auch deshalb inzwischen ablegen. Wir wollen gerade die erste Säule weiter stärken und ihr Leistungs- vermögen so stabil wie möglich halten. Ein Absinken des Rentenniveaus auf unter 40 Prozent, wie in der heute veröffentlichten Prognos-Studie für die Zeit nach 2030 vorhergesagt, ist jedenfalls mit uns nicht zu machen. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften – der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Antrag der Abgeordneten Roland Claus, Matthias W. Birkwald, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kei- ne Anrechnung von NVA-Verletztenrente auf Grundsicherung im Alter (Tagesordnungspunkt 22 und Zusatztagesord- nungspunkt 3) Marlene Mortler (CDU/CSU): Wir haben lange diskutiert. Wir haben uns mit Wissenschaftlern, Sozial- richtern, den zuständigen Beamten und, das ist für mich eine Selbstverständlichkeit, mit den Betroffenen beraten: mit älteren Landwirten, dem landwirtschaftlichen Nach- wuchs und den Ehepartnerinnen von Landwirten. Nun ist es soweit: Mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Zwölften Gesetzes Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften setzen wir eine der komplexesten agrarpolitischen Verabredungen unseres Koalitionsver- trages um: die Reform der Hofabgabeklausel im Rahmen der Alterssicherung der Landwirte. Für alle Nichtlandwirte im Saal: Die Landwirtschaft verfügt über ein eigenes System der Alterssicherung. Bauern und Bäuerinnen erhalten mit Vollendung des 67. Lebensjahres eine Teilrente in Hohe von bis zu 660 Euro. Voraussetzung ist, dass die Landwirte ihren Hof nicht weiterführen, sondern abgeben. Um diese so- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13397 (A) (C) (B) (D) genannte Hofabgabeklausel geht es bei dem Gesetz, über das wir hier abstimmen. Warum ist die Hofabgabe so wichtig? Über 90 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland sind nach wie vor Familienunternehmen. Auf jedem dieser Bauernhöfe, es sind über 250 000, stellt sich, wenn der Betriebsleiter das Rentenalter erreicht, die Frage nach der Zukunft: Wie geht es weiter mit dem Hof? Bleibt er bestehen? Oder schließt er die Tore und der Strukturwan- del setzt sich fort? Die Hofabgabeklausel ist das Instrument, mit dem wir einen klaren und rechtzeitigen Übergang der Verantwor- tung von einer Generation auf die nächste unterstützen. Ich sage es aus eigener Erfahrung: Wenn die ältere Ge- neration nicht bereit ist, den Jungen das Zepter oder bes- ser den Traktorschlüssel in die Hand zu geben, dann ist der Hof in Gefahr. Nach 30 Jahren braucht ein landwirt- schaftlicher Betrieb neuen Schwung, neue Tatkraft, neue Fachkompetenz und auch einen neuen Blick auf das, was notwendig ist, um einen Betrieb erfolgreich in die Zu- kunft zu führen. Andererseits gilt: Auch wenn niemand zur Hofabgabe gezwungen wird, darf die Klausel natürlich nicht zu un- billigen Härten führen. Die abgebende Generation muss wirtschaftlich in der Lage sein, trotz Hofabgabe aus- kömmlich zu leben. Dafür braucht sie weiter Einnahmen, etwa aus Pacht- oder Veräußerungserlösen. Denn das System der landwirtschaftlichen Alterssi- cherung gewährt ja gerade keine Voll-, sondern nur eine Teilrente. Diese Einnahmen müssen wir möglich ma- chen. Und natürlich kann der Gesetzgeber keine Hofab- gabe verlangen, wenn sich in einer Region gar keine Hof- nachfolger finden. Auch dafür braucht man Lösungen. Deshalb haben wir drei Dinge gemacht: Die Abga- be flexibilisiert, das Nebeneinkommen gestärkt und die Eigenständigkeit der Ehegattenversicherung vollendet: Statt einer Veräußerung oder Verpachtung des Betriebs kann die Hofabgabe in Zukunft auch durch den Über- gang an eine Gesellschaft erfolgen, sofern der Landwirt an der Unternehmensführung nicht beteiligt ist. Persönlich hätte ich gern auch die Hofabgabe an den Ehepartner in den Fällen der Teilerwerbsminderung er- möglicht. lm Ergebnis haben wir davon abgesehen, weil die Option der Gesellschaftsgründung die meisten mög- lichen Fälle erfasst und wir keine darüber hinausgehende Missbrauchsgefahr entstehen lassen wollten. Flexibilisiert haben wir auch den Renteneintritt: Wie auch in der gesetzlichen Rentenversicherung wird in Zukunft derjenige, der über die Regelaltersgrenze hi- naus arbeitet, einen Rentenzuschlag erhalten. Es geht um 0,5 Prozent pro Monat − immerhin. Außerdem stärken wir das Nebeneinkommen. Mir ist völlig klar, dass viele Landwirte darauf angewiesen sind, einen Teil des Betriebes weiter zu bewirtschaften. Eben deshalb heben wir den rentenunschädlichen Rückbehalt auf 99 Prozent der sozialversicherungsrechtlichen Min- destgröße an. Mehr geht nicht, ohne dass Sozialversiche- rungsbeitrage anfallen. Konkret bedeutet dies: 8 Hektar Ackerland, 2 Hektar Obstflächen und 75 Hektar Wald können neben der Rente weiter bewirtschaftet werden. 75 Hektar Wald − das ist schon etwas! Der dritte Reformbaustein liegt mir besonders am Herzen: die vollständige Verwirklichung der Eigenstän- digkeit der Ehegattenrente. Bisher hat ein versicherter Ehepartner erst dann Alterssicherung erhalten, wenn der Landwirt den Hof abgegeben hatte – selbst dann, wenn man längst geschieden war. Und auch einem voll erwerbsgeminderten Landwirt, der seinen Betrieb vor Jahren an die Ehefrau abgegeben hat, wurde die Rente wieder entzogen, wenn die Ehefrau den Betrieb über die Regelaltersgrenze hinaus weiter ge- führt hat. Die Rente des einen wird von der Rente des anderen unabhängig. Das ist eine echte Errungenschaft für die Frauen in der Landwirtschaft, im Jahr 2016 aber auch eine absolute Notwendigkeit! Auch wenn nie alle zufrieden sind: Das ist wirklich ein ausgewogenes Paket, ein Paket im Interesse der ganz großen Mehrheit unserer Bäuerinnen und Bauern. Ich mochte Sie alle um Zustimmung zum vorliegenden Ge- setzentwurf bitten. Jana Schimke (CDU/CSU): Mit der heutigen ab- schließenden Beratung zum 12. Sozialgesetzbuch-Ände- rungsgesetz schaffen wir Verbesserungen in verschiede- nen Bereichen. 1. Wir verbessern die sozialpolitischen Rahmenbe- dingungen in Deutschland! Das betrifft Bezieher von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Wir führen für Sparer einen jährlichen Freibetrag von 26 Euro für Einnahmen aus Kapitalvermögen und somit insbesondere für Zinseinnahmen ein. Sparen wird sich künftig also auch für Grundsicherungsempfänger wieder mehr lohnen. Wenn jemand einmalige Einnahmen erzielt, werden diese künftig erst im Folgemonat angerechnet, und sollten diese einmaligen Einnahmen bedarfsdeckend sein, sind sie in der Regel auf 6 Monate zu verteilen. Hier sorgen wir für existenzielle Erleichterungen und Verein- fachungen für Menschen im Leistungsbezug. 2. Wir unterstützen die Kommunen! Bereits seit 2 Jahren finanziert der Bund vollumfänglich die Grund- sicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Schon damit unterstützen wir die Kommunen in hohem Maße. Mit dem heutigen Gesetzentwurf gehen wir noch einen Schritt weiter. Die Bundesländer dürfen künftig eine vereinfachte Nachweisführung über die Verwendung der Gelder anwenden. Damit leisten wir einen wichtigen Schritt auch zum Bürokratieabbau. 3. Wir gestalten Europa! Seit dem 1. Juli dieses Jah- res besteht die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügig- keit für Kroatien. Diesen Status verankern wir jetzt im SGB III, im Aufenthaltsgesetz und im Freizügigkeitsge- setz. Wir profitieren von der Arbeitnehmerfreizügigkeit, weil wir dadurch auch qualifizierte Fachkräfte für Man- gelberufe gewinnen. Letztes Jahr waren 93 000 Kroaten vorwiegend im verarbeitenden, im Baugewerbe und im Gesundheits- und Sozialwesen sozialversicherungs- pflichtig beschäftigt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513398 (A) (C) (B) (D) Für die Zukunft wird weiterhin von jährlich etwa 10 000 weiteren kroatischen Arbeitskräften ausgegan- gen. Dadurch kann unser Fachkräftemangel abgemildert werden und wird den insbesondere auch jungen Men- schen in Europa eine Beschäftigungschance geboten. Denn mit einer Arbeitslosenquote von 17,3 Prozent und einer Jugendarbeitslosigkeit von rund 43 Prozent ähnelt die Arbeitsmarktsituation in Kroatien der in Spanien oder auch Griechenland. Die uneingeschränkte Arbeitnehmer- freizügigkeit Kroatiens ist gelebtes Europa und kommt Unternehmen und Arbeitsuchenden gleichermaßen zu- gute. 4. Wir fördern Integration! Geduldete Ausländer dür- fen künftig ausbildungsbegleitende Hilfen schneller in Anspruch nehmen. Wir werden die bisherige Voraufent- haltsdauer von 4 Jahren auf 15 Monate herabsetzen. 5. Wir stärken unseren Arbeitsmarkt! Auch das Kurz- arbeitergeld verhalf uns in den letzten Jahren, übermäßi- gen Arbeitsplatzabbau durch wirtschaftliche Krisen gut zu überstehen. Ein entscheidendes Instrument war und ist dabei auch die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes: Wieviel Zeit räumen wir also unseren Betrieben ein, Krisenzeiten zu bewältigen? Die bisher erfolgreich prak- tizierte Bezugsdauer von 12 Monaten werden wir jetzt auch im Gesetz verankern. Das gibt sowohl den Unter- nehmen, als auch der Bundesagentur für Arbeit mehr Pla- nungssicherheit. Ebenso widmen wir uns der Gruppe der kurz befristet Beschäftigten. Das sind unter anderem Bürofachkräfte, Lagerarbeiter, Gästebetreuer oder auch Künstler. Sie er- halten auch weiterhin, bis Ende Dezember 2016, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I nach einer nur 6-mona- tigen Versicherungszeit. Abschließend werden bereits mit dem Gesetzentwurf sowie mit dem Änderungsantrag mehrere Änderungen des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte vorgenommen. Künftig sollen die agrarpolitische Steue- rungs- und sozialpolitische Sicherungsfunktion besser in Einklang gebracht werden. Dazu werden zum Beispiel die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessert und die Ab- gabemöglichkeiten zwischen Ehegatten erleichtert. Heute leisten wir einen Beitrag zur sozialen Markt- wirtschaft, indem wir mit dem SGB-12-Änderungsgesetz sowohl den sozialen Ausgleich fördern als auch arbeits- marktpolitische Belange berücksichtigen. Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD): Wir diskutieren heute zu fortgeschrittener Zeit über ein Gesetz mit Än- derungen im Sozialgesetzbuch XII, das vielfältige Än- derungen mit sich führt und das man mit Fug und Recht als Sammelsurium bezeichnen kann – angefangen bei rein technischen Änderungen im SGB XII bis hin zur Alterssicherung bei Landwirten. Die in dem Entwurf ent- haltenen Änderungen kommen verschiedenen Leuten im Kleinen aber auch im Großen zu Gute. Zusätzlich ent- lasten wir die Kommunen durch eine Reduzierung ihrer Nachweispflichten. Wir schaffen endlich rechtliche Klarheit bei der Be- zugsdauer des Kurzarbeitergeldes. Die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes wurde in den letzten 35 Jahren je- weils per Rechtsverordnung des Arbeits- und Sozialmi- nisterium von sechs auf mindestens zwölf Monate ver- längert. Mit der gesetzlichen Festlegung auf nun zwölf Monate bieten wir vor allem den Unternehmen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Planungssicherheit. Wir schaffen Gerechtigkeit bei ehemaligen Wehr- dienstleistenden der NVA. Für Leistungsberechtigte, die während ihres Wehr- dienstes in der Nationalen Volksarmee der DDR eine Be- schädigung erlitten haben, wird für die in diesen Fällen gezahlte Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallver- sicherung ein Freibetrag in Höhe der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz eingeführt. Die Verletz- tenrente wird dann in Höhe dieses Freibetrages nicht als Einkommen auf die Grundsicherung im Alter und auf die Erwerbsminderung angerechnet. Damit werden im Wehrdienst verletzte Soldaten der NVA mit denen der Bundeswehr gleichgestellt. Und wir entlasten die Kommunen hinsichtlich ihres Verwaltungsaufwandes. Durch den Wegfall einer differenzierten Nachweis- pflicht der Länder bei der Übernahme der Kosten für die Leistung der Grundsicherung im Alter durch den Bund bieten wir den Ländern und Kommunen den nötigen Freiraum, Informationen zum Bildungs- und Teilhabepa- ket zu erheben, die uns bei der Beurteilung helfen. Neben den zahlreichen Verbesserungen regeln wir in dem Gesetzentwurf auch technische Details, die aber auch zu kleinen materiellen und organisatorischen Ver- besserungen führen können, wie zum Beispiel die Erhö- hung des Freibetrages um 26 Euro für Einnahmen aus dem Schonvermögen auf Leistungen des SGB XII oder die Anrechnung von einmaligen Einnahmen im Folge- monat. Ein großer Punkt ist die Verbesserung der Arbeits- und Ausbildungsunterstützung für Flüchtlinge. Durch die Öffnung der ausbildungsbegleitenden Hilfen für Ge- duldete nach einer Voraufenthaltszeit von 15 Monaten ergreifen wir Maßnahmen, die Ausbildungsabbrüche verhindern können und damit den Weg zu Arbeit und In- tegration erleichtern. Die vom Bundesrat, vom Deutschen Verein und ande- ren Verbänden in ihren Stellungnahmen geäußerte Kritik, dass sich in dem Gesetzentwurf keine Regelung zur Lö- sung der sogenannten „Erstrentenproblematik“ und der Anpassung der Regelbedarfsstufe 3 wiederfindet, kann ich nachvollziehen. Wir beschäftigen uns schon seit ge- raumer Zeit mit dieser Thematik und werden alsbald Lö- sungsvorschläge darlegen. Und last, but not least: Zu den Verbesserungen bei der Hofabgabe, vor allem bei der Hofabgabe an den Ehegat- ten oder die Ehegattin, wird mein Kollege Dr. Wilhelm Priesmeier reden. Wir regeln in diesem vielfältigen Gesetzentwurf viel Kleines und viel Großes. Doch jede Regelung bringt Verbesserung mit sich oder sorgt für mehr Rechts- und Planungssicherheit. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13399 (A) (C) (B) (D) In diesem Sinne lade ich Sie ein, dem Gesetz zuzu- stimmen. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Die SPD hat sich immer zu dem sozialen Sicherungssystem in der Land- wirtschaft bekannt und tut das auch heute. Die Hofab- gabe als Voraussetzung für den Bezug einer Rente war bei der Einführung der Landwirtschaftlichen Alterssiche- rung 1957 sicher richtig. Sie hat den Strukturwandel in der Landwirtschaft seit fast 60 Jahren begleitet und ist immer wieder an die aktuellen Erfordernisse angepasst worden. Heute müssen wir uns jedoch die Frage stellen, ob das bloße Größenwachstum der Betriebe noch Ziel unserer Agrarpolitik sein sollte. Brauchen wir denn immer grö- ßere Betriebe? Will die Gesellschaft das heute überhaupt noch? Der damals gewünschte Strukturwandel hin zu einer wettbewerbsfähigen Landwirtschaft ist längst eingetre- ten. Wir haben nur noch 180 000 Vollerwerbsbetriebe. Die Hofabgabeverpflichtung schafft zunehmend soziale Ungerechtigkeiten. Für Inhaber kleinerer Betriebe, die es durchaus noch gibt, ist die soziale Absicherung allein durch den Rentenbezug häufig nicht gewährleistet. Sie sind häufig auf zusätzliches Einkommen neben dem Ren- tenbezug angewiesen. Aus diesem Grund hat die SPD 2012 auch die Ab- schaffung der Hofabgabe gefordert. Im Koalitionsvertrag haben wir durchgesetzt, dass die Hofabgabeverpflichtung neu gestaltet wird. Eine Abschaffung ist uns leider nicht gelungen und am Widerstand der Union gescheitert. In der Öffentlichen Anhörung am Montag hat der Sachverständige Mehl vom Thünen Institut darauf ver- wiesen, dass in Zukunft nur noch ein Drittel der Betriebe von der Hofabgabe betroffen sein wird. Man müsse sich dann in der Tat die Frage stellen, ob es gerechtfertigt sei, für so einen kleinen Prozentsatz der Betriebe eine Sank- tion aufrechtzuerhalten, die eben zwei Drittel der Berufs- kollegen nicht mehr betrifft. Die heute hier vorliegende Novellierung der Hofabga- beklausel ist eindeutig eine Verbesserung im Unterschied zur bisherigen Situation. Für 64 Prozent der Betriebe ist die Hofabgabeverpflichtung damit faktisch abgeschafft und für weitere 15 Prozent der Betriebe erheblich ent- schärft worden. Die verschiedenen Optionen ermöglichen einem Großteil der Betroffenen, ihre Rentenansprüche zu realisieren und gleichzeitig ausreichend zusätzliche Ein- künfte zu erzielen. 21 Prozent der Landwirte lassen wir jedoch immer noch ohne wirtschaftliche Lösung für das Alter zurück. Wir haben einen Kompromiss erarbeitet, nicht mehr und nicht weniger. Ja, wir haben die Alterssicherung der Landwirte ein großes Stück voran gebracht. Wir stärken den eigen- ständigen Rentenanspruch des abgebenden Landwirtes gegenüber seinem Ehegatten, insbesondere den der Bäu- erinnen. Die Bäuerinnenrente war bisher abhängig von der Entscheidung des Ehemannes den Hof abzugeben. Alleinstehende landwirtschaftliche Unternehmer, das sind 21 Prozent der Betriebe, profitieren jedoch gar nicht. Weitere 15 Prozent der Betriebe profitieren nur teilweise, wenn der Landwirt und sein Ehegatte beide in der AdL versichert sind. Die Neuregelung führt bei dieser Kon- stellation dazu, dass nur einer von beiden Partnern die Rente bekommen kann. Auch die Erhöhung des rentenunschädlichen Rück- behalts von derzeit 2 Hektar auf fast 8 Hektar landwirt- schaftlicher Nutzfläche bedeutet eine erhebliche Verbes- serung. Winzer dürfen in Zukunft zwei Hektar, Besitzer von Sonderkulturen 2,2 Hektar und Forstwirte 75 Hektar zurückbehalten. Auch das ist eine deutliche Verbesse- rung. Mit der Flexibilisierung des Renteneintrittes nehmen wir eine weitere Anpassung an das allgemeine Renten- system vor. Gezahlte Beiträge gehen nicht mehr verloren, auch wenn der Hof später abgegeben wird. Das Modell der flexiblen Rente entspricht dem aktuellen Übergangs- modell in der allgemeinen Rentenversicherung. Ich halte es daher für zeitgemäß, diese individuelle Entscheidung für den Renteneintritt rentenunschädlich auch im land- wirtschaftlichen Bereich umzusetzen. Weitere Hofabgabemöglichkeiten wie die rentenun- schädliche Einbringung des Unternehmens in eine Ge- sellschaft halte ich für sinnvolle Ergänzungen des vor- geschlagenen Gesetzentwurfes, um individuelle Modelle umzusetzen. Am Ende wird erst eine Evaluierung in ei- nigen Jahren zeigen, ob die Neuregelungen in der Praxis den Landwirten den Bezug ihrer Rente erleichtern und zu einem angemessenen Auskommen im Alter beitragen. An dieser Stelle möchte ich noch einmal besonders die Leistungen der Mitglieder des Arbeitskreises zur Abschaffung der Hofabgabe um Herrn Hugenberg und Herrn Eickmeyer würdigen. Mit viel Sachverstand und unermüdlichem Engagement haben sie den Dialog und die Diskussion zur Hofabgabe seit Jahren ganz wesent- lich mitbefördert. Zu gegebener Zeit müssen wir die Si- tuation neu bewerten. Es bleibt weiterhin unsere Forderung, bei der nächsten sich für uns Sozialdemokraten bietenden Gelegenheit das umzusetzen, was uns in dem gegenwärtigen Kompromiss nicht gelungen ist: Die vollständige Abschaffung der Hofabgabeverpflichtung. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Die heu- te vorliegenden Änderungen des SGB XII lösen leider wieder viele Probleme nicht. Aber eine längst überfälli- ge Korrektur gibt es immerhin. Die Verletztenrente von Wehrdienstleistenden der NVA wird nicht länger auf die Grundsicherung angerechnet. Die Linke hat dafür lange gekämpft und war nun endlich erfolgreich! Dagegen wird die sogenannte Hofabgabeklausel lei- der nur aufgeweicht. Seit den 1950er-Jahren regelt sie, dass eine landwirtschaftliche Rente nur beziehen kann, wer vorher den Hof abgibt. Das ist auch kein Problem, solange der Betrieb in der Familie bleibt. Aber das ist längst ein Auslaufmodell, zum Beispiel weil die Kinder sich beruflich anders orientiert haben und die Enkel zwar interessiert, aber noch zu jung sind. Dann steht der Hofinhaber vor einem Dilemma: Entwe- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513400 (A) (C) (B) (D) der er behält den Hof, verliert aber zumindest vorläufig seine Rentenbeiträge. Oder er verkauft oder verpachtet den Hof, für eine Minirente von 450 Euro! Das ist ein drastischer staatlicher Eingriff in die Entscheidung zur Hofnachfolge. Und es stellt sich die Frage: Ist das angemessen? Ziel soll die Beförderung des Generationswechsels und damit einer gesunden Agrarstruktur sein. Aber das Problem ist doch längst, überhaupt eine Hofnachfolge zu finden. Deshalb gehört diese antiquierte Regelung abgeschafft, wie das auch der Bundesrat fordert. Aber stattdessen legt die Koalition heute eine veritable Verschlimmbesserung vor. Ja, es ist gut, dass jetzt Frauen einen eigenständigen Rentenanspruch haben und nicht mehr darauf angewie- sen sind, dass der Hof abgegeben wird. Aber wenn nach Aussage von Dr. Mehl vom Thünen lnstitut am Montag in der Anhörung heute der Hofabgabezwang für 64 Prozent der Betriebe faktisch abgeschafft und für weitere 15 Pro- zent erheblich entschärft wird, warum denn nicht für alle abschaffen? Dr. Mehl warnte am Montag doch völlig zu Recht, dass es schwer würde, die Hofabgabe für 21 Prozent der Betriebe noch mit agrarstrukturellen Zielen zu rechtferti- gen. Wieso soll ein alleinstehender oder unverheirateter Landwirt weiter den Betrieb an Dritte abgeben müssen, während Verheiratete ihre Rente beziehen, wenn der Gatte oder die Gattin den Hof übernimmt? Diese Diskri- minierung von Unverheirateten und Alleinstehenden ist inakzeptabel! Für Waldbesitzer wurde auch eine absurde Regelung gefunden. Sie sollen für eine Minirente ihren Wald ent- weder verkaufen, 9 Jahre verpachten oder stilllegen. Aber in unserem Land wird Wald traditionell gar nicht verpachtet. Und Stilllegung heißt kein Erlös, also nur Minirente und Altersarmut. Das geht doch so nicht! Vie- le Kleinstwaldflächen werden von Forstbetriebsgemein- schaften bewirtschaftet. Sie würden durch Zwangsver- kauf oder Stilllegung Bewirtschaftungsflächen verlieren. Das ist einfach Unsinn. Der Bodenverkauf mit dem Hof ist überhaupt ein spannendes Thema. Die Preisexplosion auf dem Bo- denmarkt ist doch bekannt. Man muss nicht besonders hellseherisch begabt sein, um zu behaupten, dass diese Flächen nicht an Junglandwirte verkauft werden, sondern zur Aufstockung der Minirente an Meistbietende. Statt den Generationenwechsel fördert die Hofabgabeklausel also den Ausverkauf des Bodens an vagabundierendes Kapital. Das geht gar nicht! Und dann bleibt der Abgebende oft auch noch auf den Unterhaltskosten der Hofstelle sitzen, die nicht gekauft wird. Wer also wirklich die breite Streuung des Bodenei- gentums und vor Ort verankerte Landwirtschaftsbetrie- be sichern will, muss die Hofabgabeklausel abschaffen. Jetzt und für alle. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Willkommen in der Gegenwart, auch auf dem Lande. Die Anhörung zur Hofabgabeverpflichtung der Bäue- rinnen und Bauern, um eine kleine Rente zu erhalten, am Montag, zeigte einmal mehr, dass Sie von der CDU/CSU in der Vergangenheit, als alles noch so schön einfach war, verharren. Sie halten den Schein einer Verpflichtung aufrecht, die völlig ausgehöhlt und inhaltsleer ist. Nur noch 36 Prozent der Alterskassenmitglieder sind von ihr betroffen. Alle anderen sind nach dem Reförmchen von heute von der Abgabe befreit. Vor allem sind aber die Alleinstehenden − immerhin 21 Prozent − betroffen. Das zeigt: Sie akzeptieren neben dem Trauschein nach wie vor keine anderen Partner- schaften. Auch ohne Trauschein wird oft Verantwortung füreinander übernommen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU. Das gilt auch für schwule Bauern oder lesbische Bäuerinnen mit Kind, wie in der Anhörung vom Jungbauern Phillip Brändle von der AG bäuerliche Landwirtschaft deutlich gemacht wurde. Streichen Sie endlich diese anachronistische inhalts- leere Hofabgabeverpflichtung von 1957. Ist ja schon ein bisschen her, aber Sie denken ja in vatikanischen Zeitrau- men. Sie denken in Zeiten, als Opa mit 85 Jahren auf dem Sterbebett an seinen 62-jährigen Sohn den Hof übergab. Der Jungbauer Brändle machte auch deutlich, dass für die jetzigen Hofübernehmer die Hofabgabepflicht der Alten keine Bedeutung mehr hat. Er sich vor Hofüber- nahmeangeboten nicht retten kann. Also Ihr Argument, die jungen Bäuerinnen und Bauern brauchen das für ihre Zukunft, ist gar keines. Auch dem Bund der deutschen Landjugend können wir nur zurufen: Kommen Sie bitte endlich in der Ge- genwart an. Seien Sie doch ehrlich: Sie vom Deutschen Bauernverband und CDU/CSU wollen doch gar nicht den jahrzehntelang Einzahlenden im Alter ihre wohlver- diente Rente als soziale Anerkennung zukommen lassen, sondern sie wollen nur eines: eiskalte, knallharte Struk- turpolitik. Das unterscheidet Sie fundamental von uns. Für uns Grüne ist das Altersgeld die wohlverdiente Rente für un- sere Alten. Wir wollen die Kleinbauern nicht auch noch um ihre paar Hektar Land bringen. Das erkennen Sie ja immerhin etwas an mit der Erhöhung der Rückbehaltsflä- chen auf 7,9 Hektar. Noch ein Drittes. Dass nach wie vor Bäuerinnen und Bauern mit teilweiser Beeinträchtigung der Erwerbsfä- higkeit erst abgeben müssen, ist überhaupt nicht nach- vollziehbar in einer Gesellschaft, die sich gerade um die Chancen von Menschen mit Beeinträchtigungen große Mühe der Anerkennung und des Ausgleiches gibt. Dieses Reförmchen zeigt wieder einmal, dass es CDU/ CSU nur um Schaufensterpolitik geht. Man hat es dem Bauernverband versprochen, deshalb darf die Hofabga- bepflicht nicht ersatzlos gestrichen werden. Klientelpo- litik statt Sozialpolitik gegen die Schwächsten, unsere Alten. Und zum Schluss meine Damen und Herren von der CDU/CSU: Gerade die kleinen Waldbauern pflegen den Wald oft sehr nachhaltig, aber Sie von der CDU/CSU pflegen nicht die Waldbauern, sondern zwingen sie, ih- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13401 (A) (C) (B) (D) ren Wald zu verpachten und damit oft der Ausplünderung anheimzugeben. Beerdigen Sie endlich das ausgehöhlte, inhaltsleere Potemkinsche Dorf, die Hofabgabepflicht! Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seearbeitsgesetzes (Tagesordnungs- punkt 23) Wilfried Oellers (CDU/CSU): Wir beraten heute in 2. und 3. Lesung den von der Bundesregierung einge- brachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seearbeitsgesetzes. Das am 1. August 2013 in Kraft getretene Seearbeitsgesetz hat das Seearbeitsüberein- kommen 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in nationales Recht umgesetzt und löste damit das völlig veraltete Seemanngesetz von 1957 ab. Mit diesem Gesetz hat Deutschland 2013 die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute an Bord von Kauffahrteischiffen gründlich verbessert und die Mindeststandards eingehalten werden. Es war der Union ein wichtiges Anliegen, die beson- ders schwierigen Arbeitsbedingungen sowie sozialen Be- dingungen der Seeleute unter die Lupe zu nehmen und klare sowie weltweit verbindliche Arbeitsbedingungen in deutsches Recht umzusetzen. Damit ist ein deutliches Si- gnal zugunsten eines fairen Wettbewerbs im Bereich der Schifffahrt und für die Seeleute klare Voraussetzung für eine gute soziale Absicherung gesetzt worden. Nun hat die Internationale Arbeitskonferenz der IAO auf ihrer Tagung in Genf am 11. Juni 2015 eine weitere Anpassung des Seearbeitsübereinkommens beschlossen. Ziel der Konferenz, das die Bundesregierung unterstützt, ist es, eine bessere Absicherung der Seeleute gegen fi- nanzielle Risiken in Gefährdungssituationen zu gewähr- leisten. Die Vertragsstaaten werden verpflichtet, ein effektives System der finanziellen Sicherheit zu etablieren. Dies wollen wir nun in deutsches Recht umsetzen. Wir in der Union begrüßen diese Verbesserung der Lage der Seeleu- te, die ihre Arbeit unter schweren körperlichen und psy- chischen Bedingungen verrichten. Es ist daher unerläss- lich, dass die Schiffer und Matrosen auch in finanziellen Schwierigkeiten nicht allein gelassen werden. Das bedeutet konkret, dass im Falle eines Fehlverhal- tens durch den Reeder, wie bei einem „Imstichlassen“, Seeleute finanziell entschädigt werden. Besonders wich- tig bei der Gesetzesänderung ist die Klärung des Begriffs „Imstichlassen“, der in der deutschen Sprachfassung der IAO als „Zurücklassen“ richtigerweise nicht übernom- men worden ist. Im nationalen Recht haben wir eine andere Belegung dieses Begriffes und daher ist es von großer Bedeutung, dass die Neuregelung durch das Ge- setz die rechtswidrige Pflichtverletzung des Reeders als „Imstichlassen“ bezeichnet. Wir haben noch die Pressemeldungen des Jahres 2013 in Erinnerung mit dem Fall von Schiffsbesatzungen, die monatelang vor der deutschen Küste ankern mussten, weil der ausländische Schiffseigentümer sich nicht mehr um sie gekümmert hatte und sie ohne Lohn, Proviant und Kraftstoff zurückgelassen hatte. Diese unhaltbare Situa- tion wollen wir verhindern und vor allem für die Klärung und Absicherung der finanziellen Ansprüche der beschä- digten Seeleute sorgen. Wir schaffen also die Voraussetzungen dafür, dass die Schiffsbesatzungen im Falle eines Bruchs des Ar- beitsverhältnisses durch den Reeder ihre Heuer erhalten, und dies bis zu einer Dauer von vier Monaten, dass die Kosten ihrer Heimschaffung bis zu ihrem Wohnort vom Reeder übernommen werden, und nicht zuletzt, dass die grundlegenden Bedürfnisse der Besatzungsmitglieder wie zum Beispiel ausreichende Ernährung, Trinkwasser- vorräte, Unterkunft, aber auch Kraftstoff für das Schiff sowie ärztliche Betreuung an Bord finanziell abgesichert sind. Dabei möchte ich hervorheben, dass Fälle des Im- stichlassens durch deutsche Reeder bislang nicht bekannt sind. Beachtenswert ist, dass es seit 1958 keinen einzi- gen Heimschaffungsfall auf Schiffen deutscher Reeder gegeben hat. Erfreulich ist, dass die deutsche Flagge im internationalen Vergleich als sicher und verantwortungs- bewusst gilt. Die Gesetzesänderung soll dies nicht infra- ge stellen. Sie sichert vielmehr die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seeschifffahrt im internationalen Kontext. Eine weitere Änderung, die wir sehr begrüßen, ist die Pflicht des Reeders zur Entschädigung aller Seeleute oder deren Hinterbliebenen bei Tod oder Erwerbsunfä- higkeit aufgrund von Arbeitsunfällen oder Berufskrank- heiten. Hier geht es darum, dass alle an Bord Beschäf- tigten abgesichert werden. Also sind auch diejenigen Seeleute betroffen, die nicht in der deutschen gesetzli- chen Unfallversicherung pflichtversichert sind und die nach Deutschland entsandt worden sind, aber in ihren Heimatländern versichert bleiben. Der Reeder garantiert nun die Entschädigung mit einer privaten Versicherung auch für diese an Bord tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Von besonderer Bedeutung bei dem Gesetzentwurf ist die Vereinfachung der Förderung der Sozialeinrichtun- gen für Seeleute von einer projektbezogenen Förderung auf eine institutionelle Förderung. Diese Anlaufstellen für deutsche und ausländische Seeleute sind wichtige Treffpunkte in den Hafenstädten. Es sind meistens kirchliche Träger, die dank vieler eh- renamtlich Engagierten Seelsorge leisten und gegen die soziale Isolation der Schiffer und Matrosen arbeiten. An dieser Stelle muss das Engagement der Missionen gebüh- rend gelobt werden. Mit dem neuen Gesetz vereinfacht sich der Verwaltungsaufwand für die Förderung. Und von der Umstellung profitieren nicht nur die Sozialein- richtungen sondern auch die Seeleute. Die Träger der Missionen können sich auf ihre wertvolle seelsorgerische und unterstützende Aufgabe konzentrieren, und wären nicht mehr mit bürokratischen Angelegenheiten belastet. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513402 (A) (C) (B) (D) Im Ergebnis führt dieser Gesetzentwurf der Bundes- regierung also für alle Betroffenen zu positiven Ände- rungen. Fairer Wettbewerb, angemessene Arbeitsbedin- gungen und finanzielle Absicherung der Seeleute, dafür setzten wir uns von der Union ein. Michael Gerdes (SPD): Wir beraten heute Änderun- gen im Seearbeitsgesetz, welches für alle Personen gilt, die an Bord eines Schiffes unter deutscher Flagge tätig sind. In der Summe geht es um verbindliche Mindest- standards hinsichtlich der Arbeits- und Lebensbedingun- gen von Seeleuten. Ausgangspunkt ist das Seearbeitsübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (International La- bour Organisation, ILO), welches bereits von 66 Staaten ratifiziert wurde (Stand 18. Mai 2015). Das genannte Ab- kommen gilt schätzungsweise für 1,2 Millionen Seeleute weltweit. Diese Zahl zeigt die immense Bedeutung der globalen Schifffahrt. Die Anpassungen des Seearbeitsgesetzes, die wir heute beraten, betreffen die bessere Absicherung von Seeleuten gegen finanzielle Risiken in Gefährdungssitu- ationen. Konkret beziehen sich die Änderungen auf die Verpflichtung von Reedern zum Abschluss einer Versi- cherung für den Fall des „Imstichlassens“ der Besatzung, die Entschädigung von Seeleuten oder Hinterbliebenen bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten sowie die in- stitutionelle Förderung von Seemannsmissionen. SPD und Union bringen einen Änderungsantrag zum vorliegenden Gesetzentwurf ein. Wir wollen, dass die institutionelle Förderung von Sozialeinrichtungen in deutschen Häfen nicht erst zum 1. Januar 2017 beginnt, sondern bereits am Tag nach Verkündung des Gesetzes. So steht den Missionen mehr Geld für ihre sinnvolle Ar- beit zur Verfügung und verschafft ihnen insgesamt mehr Planungssicherheit. Positiv hervorheben möchte ich, dass mit der Än- derung des Seearbeitsgesetzes eine genaue Definition des „Imstichlassens“ einhergeht. Ein Reeder lässt sei- ne Mannschaft im Stich, wenn er die Kosten für die Heimschaffung nicht übernimmt, nicht für medizinische Betreuung sorgt, mit dem Lohn in Verzug ist, schlech- te Unterkünfte oder ungenügende Verpflegungs- oder Trinkwasservorräte bereithält oder das Schiff nicht mit ausreichend Kraftstoff ausgestattet ist. All diese Anforderungen an ein gutes Arbeitsverhält- nis zwischen Reeder und Seemann klingen in meinen Ohren eigentlich selbstverständlich. Der raue Alltag auf manchen internationalen Handelsschiffen macht die kon- krete Benennung von Mindeststandards aber scheinbar notwendig. Keine Frage, wir unterstützen diese Gesetzesände- rung. Denn jenseits aller Seefahrerromantik, die ich als „Landratte“ maximal aus Seemannsliedern kenne, ist das Arbeiten und Leben auf hoher See sehr anspruchsvoll. Ein Schiffsmechaniker zum Beispiel muss verschie- denste Fähigkeiten mitbringen. Es braucht Sorgfalt, etwa beim Ablesen nautischer Messinstrumente, Verantwor- tungsbewusstsein beim Überprüfen der Sicherheitsein- richtungen, Umsicht beim Bedienen von Kränen und Winden, Reaktionsgeschwindigkeit zum Erkennen und Beseitigen von Störungen sowie grundsätzliches tech- nisches Verständnis für Motoren oder Umschlags und Ankereinrichtungen. Wer solch anspruchsvolle Arbeit verrichtet, hat vernünftige soziale Bedingungen und gu- ten Arbeitsschutz verdient. Das ist der Kern des Seear- beitsgesetzes. Erkrankt ein Seemann bei der Arbeit, liegt ein rie- siges Meer zwischen ihm und seiner Heimat. Schwere Unfälle und Krankheiten gehörten vor Jahrzehnten auf dem gefährlichen Arbeitsplatz Schiff zur Tagesordnung. Jahrhundertelang waren Seeleute im Notfall auf die allei- nige Fürsorge ihres Reeders oder Kapitäns angewiesen. So etwas ist heute nicht mehr vorstellbar. Die Schifffahrt wird immer moderner, somit braucht es auch moderne Rahmenbedingungen für die Arbeit auf See. Was die Sicherheit auf Schiffen unter deutscher Flag- ge angeht, brauchen wir uns nicht zu verstecken. Im in- ternationalen Vergleich stehen wir gut da. Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge sind automatisch in der gesetzlichen Unfallversicherung abgesichert. Die meis- ten Seeleute sind zusätzlich durch die deutsche Kran- ken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der Seemannskasse abgesichert. So muss es sein! Das SPD-Credo „Gute Arbeit“ gilt nicht nur an Land, sondern auch auf hoher See. Herbert Behrens (DIE LINKE): Seeleute haben ei- nen harten Job. Lange Schichten, kurze Liegezeiten in den Häfen und wochenlange Abwesenheit von Zuhau- se sind das Gegenteil von Seefahrer-Romantik. Darum müssen Regeln sein, damit die Seeleute geschützt sind vor Ausbeutung und unfairer Behandlung. Die Gewerkschaft Verdi hat deshalb für die Besatzun- gen auf deutschen Schiffen Tarifverträge mit den Reedern abgeschlossen, in denen die Arbeitszeit, die Ruhezeiten und Urlaubsanspruche und die sogenannte Heimschaf- fung geregelt sind. Heimschaffung heißt: Kosten und Transport für die Heimreise haben die Arbeitgeber zu übernehmen. Aber wie im wirklichen Leben halten sich die Reeder als Arbeitgeber nicht immer an das, was sie unterschrieben haben, und versuchen, sich einen Vorteil zu verschaffen. Wenn’s ganz hart wird, dann macht sich ein Reeder sogar aus dem Staub und lässt Mannschaft Mannschaft sein. Darum ist es sinnvoll, dass nicht ausschließlich im Tarifvertrag geregelt ist, wer für die so genannte Heim- schaffung bezahlt. Deshalb sollen Seeleute künftig ge- setzlich geschützt werden. Die Linke begrüßt die gesetz- liche Regelung. Wir wollen gute Arbeit auch auf See. Wir stimmen dem Gesetz zur Änderung des Seearbeitsgeset- zes zu. Künftig sind Reeder verpflichtet, eine Versicherung für den Fall des Imstichlassens der Besatzung abzu- schließen. Imstichlassen heißt, der Reeder bricht den Heuervertrag und die Mannschaft sitzt fern der Heimat und muss ihre Heimreise organisieren. Zusätzlich bietet dieses Gesetz einen besseren Schutz bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13403 (A) (C) (B) (D) Eigentlich gute Voraussetzungen, um den Seemanns- beruf attraktiv zu machen. Wie aber sieht die Realität aus? Die Zahl der Arbeitsplätze auf Schiffen unter deut- scher Flagge schrumpft und schrumpft. Denn die deut- schen Reeder flüchten immer noch scharenweise aus dem Zuständigkeitsbereich des deutschen Seerechts. Sie wechseln mit ihren Schiffen unter anderen Flaggen, wo sie nicht die Standards einhalten müssen, die über das hi- nausgehen, was auf internationaler Ebene vereinbart ist. Regeln müssen dort eingeführt werden, wo der freie Markt nichts mehr regelt, oder wenn Selbstverpflichtun- gen nicht eingehalten werden. Darum will die Linke auch erreichen, dass die Reeder in die Pflicht genommen werden, wenn sie Subventio- nen aus dem Bundeshalt kriegen. Die Bundesregierung hat den Reedern zugesagt, sie können künftig die Lohn- steuer vom Seemannslohn vollständig einbehalten und brauchen nicht an den Staat abzuführen. Bisher waren es 40 Prozent. Auch Versicherungssteuern auf Erträge aus dem so genannten Erlöspool fallen jetzt dauerhaft weg. Die Reeder sollen Marktschwankungen besser abfedern können und internationale konkurrenzfähig bleiben, wird argumentiert. Und das Ergebnis: Die Zahl der Handels- flotte unter deutscher Falle ist auf einem historischen Tiefstand. 395 von knapp 3500 Schiffen der Handelsflot- te fallen noch unter die Regeln der deutschen Gesetzge- bung. Das lassen wir nicht zu. Wir bleiben bei unserer For- derung: keine Leistung ohne Gegenleistung. Für Aus- flaggen gibt’s kein Geld. Bei Einflaggungen lassen wir mit uns reden. Aber noch ein paar Worte zum Gesetz. Die Seemanns- mission wird jetzt gesichert gefördert. Man muss sich dort nicht mehr von Projekt zu Projekt hecheln. Das ist eine gute Nachricht sowohl für die Seemannsmission als auch für die Seeleute, die sich gern dorthin wenden. Das lief zwar in der Vergangenheit immer ganz gut, hat aber doch zu erheblicher Unsicherheit geführt, weil man eben nicht wusste, ob ein Projekt akzeptiert wird oder nicht. Nun also eine sogenannte institutionelle Förderung. Die anderen Unterstützer der Seemannsmission Evan- gelische Kirche Deutschland (EKD), Verband Deutscher Reeder (VDR), Internationalen Transportarbeiter-För- derung (itf), die Hamburger Firma vesseltracker wird‘s freuen. Die Linke stimmt dem ausdrücklich zu, denn wir wissen, dass die Seemannsmission gute Arbeit leistet. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Immer wieder kommt es vor, dass ein Schiffseigentümer insolvent geht oder das Schiff aufgrund ausstehender Forderungen arrestiert, also festgehalten wird. Häufig wurden dann die Seeleute zurückgelassen und waren auf sich alleine gestellt. Verpflegung, Unterkunft und Rück- reise in den Heimatort mussten sie aus der eigenen Kasse zahlen. Danach waren sie oft selbst pleite. Mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben verhindern wir, dass Seeleute von ihren Arbeitgebern völlig im Stich gelassen werden können. Auch wenn es solche Fälle an Bord deutsch beflaggter Schiffe seit knapp 60 Jahren nicht mehr gab. Doch Beispiele für im Stich gelassene Seeleute gibt es viele: Erst 2013 haben drei Frachter vor Wangeroo- ge festgemacht, weil der marokkanische Schiffseigner pleite ging. Das hieß: Kein Treibstoff mehr, keine Ver- sorgung mit Lebensmitteln mehr, kein Lohn für die Be- satzung. Deutsche Behörden und andere Einrichtungen haben sich um die Mannschaft gekümmert. Die Schiffe sind letztlich versteigert worden. Auch 2008 gab es in Brunsbüttel einen ähnlichen Fall mit einer kroatisch-let- tischen Reederei. Die genannten Beispiele zeigen, dass der Gesetzesvorschlag wichtig ist. Eine darin enthaltene Versicherungspflicht für solche Fälle begrüßen wir au- ßerordentlich. Die Situation der Seeleute ist dabei, sich weltweit ein wenig zu verbessern. Ein großer Fortschritt war das im Jahr 2006 verabschiedete Seearbeitsübereinkommen, das in Deutschland 2013 in Kraft trat. Dadurch gelten für die Rechte von Seeleuten endlich weltweite Standards. Oft waren die Schiffsbesatzungen aus den Augen und aus dem Sinn ihrer Arbeitgeber. Vielen Reedern und mit ihnen gewissen Flaggenstaaten war das Schicksal ihrer Besatzungen vielfach egal. Entsprechend mies waren die hygienischen Bedingungen an Bord einiger Schiffe oder auch die Arbeitszeitregelungen und die Entlohnung. In- zwischen müssen die wesentlichen Arbeitsbedingungen auch vertraglich festgehalten werden, und es gibt An- spruch auf eine Heuerfortzahlung im Krankheitsfall. Das ist ein richtiger Fortschritt. Es wird Zeit, dass das inter- nationale Abkommen auch durch weitere Staaten, etwa China oder die USA, ratifiziert wird. Aber Deutschland als große Seefahrtnation darf sich nicht zurücklehnen. Hierzulande ist es die maritime Aus- bildung, die vielen angehenden Seeleuten seit Jahren sehr große Sorgen bereitet. Das ist es auch, was ich im Gespräch mit den Seeleuten immer wieder höre. Die große Stillstands-Koalition muss daher endlich Lösungen für eine zukunftsfähige und bedarfsgerechte maritime Ausbildung schaffen. Das ist bei der letzten Maritimen Konferenz in Bremerhaven versäumt wor- den. Es darf uns nicht weiter der maritime Nachwuchs wegbrechen. Gerade die Lotsen oder die Schifffahrts- verwaltung suchen händeringend nautische Fachkräfte. Alleine bei den Lotsen an der deutschen Küste müssen bis 2025 rund 500 Nautikerstellen neu besetzt werden. Aber durch unser starres Ausbildungssystem blockieren wir uns selbst. Den eingebrachten Änderungsantrag begrüßen wir sehr. Er ist eine Maßnahme zum Bürokratieabbau, der den Seemannsmissionen zugutekommt. Sie müssen sich nicht mehr von Projektförderung zu Projektförderung hangeln, sondern erhalten zukünftig direkte Unterstüt- zung für ihre wirklich gute Arbeit. Dem Gesetzentwurf stimmen wir zu. Aber packen Sie endlich Reformen bei der maritimen Ausbildung an und nehmen endlich die Sorgen der Seeleute um den Schiff- fahrtsstandort Deutschland ernst! Die Auszubildenden und Studierenden in maritimen Berufen warten darauf. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513404 (A) (C) (B) (D) Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Nach- haftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kern energiebereich (Rückbau- und Entsorgungs- kostennachhaftungsgesetz – Rückbau- und Ent- sorgungskostennachhaftungsG) (Tagesordnungs- punkt 24) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Nach Fukushima haben wir nicht nur einen schnellen Kernenergieausstieg bis 2022 beschlossen, sondern auch den Grundstein ge- legt für viele weitere Folgeentscheidungen. Wer einen erfolgreichen und damit sicheren und wirtschaftlichen Ausstieg organisieren will, braucht mehr als einen Aus- stiegsfahrplan für die einzelnen Kernkraftwerke. Er braucht ein tragfähiges Gesamtkonzept. Daher haben wir eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht: Entscheidungen zur Endlagersuche, zur Zwischenlagerung und zur Finanzierung des Kernener- gie-Ausstiegs. Stück für Stück müssen jetzt tragfähige und sinnvolle Lösungen gefunden werden. Wir – die CDU/CSU – stellen uns der Verantwortung! Und ich warne hier irgendwelche Parteipolitischen Spielchen zu betreiben. Die sind vorbei! Wir brauchen ein verantwortungsvolles Gesamtkon- zept im Sinne aller Beteiligten: Dabei steht die Sicherheit ganz zentral im Mittelpunkt. Der Steuerzahler darf nicht der Dumme sein und auf den Kosten sitzen bleiben. Und die Unternehmen brauchen faire und verlässliche Bedingungen. Ich will es auch bei dieser Debatte nochmals unter- streichen: Wir wollen die Unternehmen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Das gesetzliche Verursacher- prinzip gilt. Die Unternehmen müssen für den Rückbau der Kernkraftwerke und die Entsorgung des radioaktiven Abfalls aufkommen. Da gibt es keine Diskussion. Aber sie können nur dann dafür aufkommen, wenn wir einen verlässlichen Rahmen für den Ausstieg aus der Kerne- nergie schaffen. Das gilt für alle Bereiche, angefangen von der Endlagersuche bis hin zur Finanzierung des Aus- stiegs. Manchmal habe ich den Eindruck, bei den Grünen geht es demgegenüber darum, RWE, Eon und EnBW ka- putt zu machen. Das wollen wir nicht. Denn bei mir auf dem Land würde man dazu sagen: Man sollte die Kuh nicht schlachten, die man noch melken will. Die Finanzierung des Kernenergieausstiegs muss im Gesamtpaket gelöst werden. Zum Gesamtpaket gehören der Stresstest, die Arbeit der Rückstellungskommission sowie das Nachhaftungsgesetz. Diese Punkte müssen ge- meinsam entschieden werden. In einem ersten Schritte haben wir im Stresstest die Rückstellungen der Unternehmen geprüft. Das Gutach- ten eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers hat gezeigt: Die betroffenen Unternehmen haben die notwendigen Rückstellungen vollständig gebildet. Der zweite Schritt ist jetzt, dass die Rückstellungs- kommission Empfehlungen erarbeitet, wie die Sicherung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs langfristig ausgestaltet werden muss. Die Kommission wird die Er- gebnisse bis Anfang nächsten Jahres vorlegen. Mit dabei ist ja auch Jürgen Trittin; damit sollten sie ja dem Ergeb- nis trauen. Der dritte Schritt ist dann die Einleitung gesetzlicher Maßnahmen; dazu gehört das Nachhaftungsgesetz. Der skizzierte Weg macht aus meiner Sicht Sinn. Alles andere wären jetzt Schnellschüsse. Ich will betonen – bevor falsche Schlüsse gezogen werden –: Das Anliegen des Nachhaftungsgesetzes ist nachvollziehbar. Eine Absicherung gegen gesellschafts- rechtliche Veränderungen in den Unternehmen ist richtig. Unternehmen dürfen sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Die Unternehmen sind und bleiben verantwort- lich für den Rückbau der Kernkraftwerke und deren Ent- sorgung. Mit der Einbringung des Gesetzes hat die Bundes- regierung ein wichtiges Signal gesetzt, das auch schon Wirkung gezeigt hat: Eon hat entgegen ursprünglichen Plänen entschieden, die Kernenergiesparte beim Mut- terkonzern zu belassen. Schon allein der Gesetzentwurf zeigt also Wirkung, und die Politik ist kein Zaungast, sondern allein wir bestimmen die Spielregeln. Der Bun- destag hat jetzt ausreichend Zeit, die notwendigen Punkte im Rahmen des Gesamtkontexts zu prüfen und zu lösen. Wir brauchen jetzt etwas Zeit, um das vorliegende Nachhaftungsgesetz genauer zu prüfen. Denn trotz der Kürze des Gesetzes – es hat gerade mal fünf Paragrafen – gibt es aus meiner Sicht zwei elementare Schwachstellen im Gesetz: Die Verfassungskonformität der Ewigkeits- haftung und die Ausweitung der Haftung auf bisher nicht betroffene Körperschaften. Mit dem Nachhaftungsgesetz soll eine gesetzliche Nachhaftung von Konzerngesellschaften für die von ih- nen beherrschten Betreibergesellschaften von Kernkraft- werken eingeführt werden, die auch mit einem Ende des Beherrschungsverhältnisses bestehen bleibt. Die Haftung endet erst zu dem Zeitpunkt, zu dem die ablieferungs- pflichtigen Stoffe vollständig in einem Endlager abgelie- fert wurden und dieses verschlossen ist. Es gibt meiner Einschätzung nach ernsthafte Stim- men, die sagen, dass eine zeitliche und in der Höhe un- begrenzte Nachhaftung verfassungsrechtlich bedenklich ist. Das sollten wir ernst nehmen. Um es an dieser Stelle nochmals deutlich zu sagen, auch die Politik ist in der Pflicht. Wir müssen zeitnah verbindliche und verlässliche Rahmenbedingungen für die Endlagerung schaffen. Ein ewiger Such- und Erkun- dungsprozess der Endlager hilft in der Sache nicht und den können die Unternehmen auch nicht tragen. Deshalb hoffe ich, dass die Endlagerkommission bald zu Ergeb- nissen kommt. Daran arbeiten wir ja alle gemeinsam. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13405 (A) (C) (B) (D) Ich will noch einen zweiten Punkt ansprechen. Mit dem Gesetz werden auch einzelne Landkreise und Län- der in die Verantwortung genommen, die bisher gar nicht in der Haftung standen. Denn im Gesetz wird eine ei- gene Definition von herrschenden Unternehmen vor- genommen, mit der auch Baden-Württemberg und die kommunalen Eigner der EnBW in die Haftung genom- men werden. Diese standen jedoch bisher gar nicht in der Haftung. Die Haftung endet also nicht bei der EnBW, sondern wird direkt auf das Land, sogar auf die Land- kreise ausgedehnt. Solch eine neue Regelung halte ich schlichtweg für nicht umsetzbar. Wir brauchen einen sinnvollen Rahmen für den Kerne- nergieausstieg und keine Schnellschüsse. Deshalb wollen wir jetzt die gebotene Reihenfolge einhalten. Wir wollen die Ergebnisse der Rückstellungskommission abwarten und uns dann des Nachhaftungsgesetzes annehmen. Hubertus Zdebel (DIE LINKE): Die Bundesregie- rung legt heute einen Gesetzentwurf zur Haftungssiche- rung der Atomkonzerne vor. Damit sollen die Atomkon- zerne daran gehindert werden, sich durch Abspaltungen und Bad-Bank-Konstruktionen aus der Verantwortung und der Finanzierung ihrer radioaktiven Hinterlassen- schaften stehlen zu können. Dieses Gesetz wäre vermut- lich nicht notwendig, hätten diese und frühere Bundesre- gierungen rechtzeitig ihre Hausaufgaben gemacht! Schon seit mehr als einem Jahrzehnt ist klar, dass die bisherigen Regelungen zu den Entsorgungs-Rückstellun- gen unverantwortlich und nur zugunsten der Atomkon- zerne ausgerichtet waren. Sie sind Teil der jahrzehnte- langen staatlichen Begünstigungen, mit denen sich die Bundesrepublik den Ausbau der Atomenergie organi- sierte – auch, damit Deutschland international als Atom- macht auf Abruf mitspielen konnte. Auch für diesen Zweck wurde über Jahrzehnte den Atomkonzernen jeder nur erdenkliche wirtschaftliche Vorteil angedient. Und diese Vorteile haben die Konzerne auch ohne jede Scheu ausgenutzt und Milliardengewinne eingestrichen. Die Kritik an den Regelungen zur Kos- ten-Finanzierung des Atommülls durch die Konzerne ist mehr als zwei Jahrzehnte von allen Bundesregierungen praktisch ignoriert worden. „Kriegskassen“ nannte man die Praxis der Entsor- gungs-Rückstellungen, weil die Atomunternehmen quasi mit einer Hausbank ausgestattet waren. Diese Entsor- gungs-Rückstellungen nutzten die Konzerne für ihre gescheiterten Investitionen seit der Liberalisierung der Strommärkte. Vattenfall kaufte mit den Rückstellungen der damaligen Hamburgischen Electricitäts Werke – HEW – die Berliner BEWAG und die ostdeutsche Braun- kohle! Eon und RWE finanzierten aus dieser Kriegskasse ihre Beutezüge in Ost- und Südeuropa. Jetzt, wo sich bei ihnen wegen dieser Fehlspekulati- onen enorme Schuldenberge aufgebaut haben, wollen sich die Atomkonzerne aus dem Staub machen. Nicht nur Hermann Scheer hat in diesem Haus die Forderungen nach einer grundsätzlichen Neuordnung in Form eines öffentlichen rechtlichen Fonds für die Finanzierung der atomaren Erblasten schon Ende der 1990er-Jahre erho- ben. Man kann es nicht anders sagen: Es ist auch eine Ver- antwortung der damaligen rot-grünen Bundesregierung, die dieses Problem damals nicht angepackt hat und da- mit für das heutige Desaster auch eine Mitverantwortung trägt! Ein solcher Fonds, wäre er rechtszeitig eingerichtet worden, hätte die Gelder aus der Verfügung der Atom- konzerne genommen und damit die Finanzmittel – die heute so sehr gefährdet sind – gesichert. Den entspre- chenden Antrag unserer Fraktion zur Gründung eines solchen Fonds gegen die Bad-Bank-Pläne der Konzerne hat aber die Mehrheit der Großen Koalition im Bundes- tag am 16. Oktober dieses Jahres abgelehnt. Hinzukommt: Der Gesetzentwurf hat erhebliche Män- gel. Das Gesetz soll verhindern, dass Konzernmütter nicht für abgespaltene AKW-Töchter haften. Es funktio- niert aber nicht umgekehrt, wenn die Reaktoren, wie jetzt im Falle Eon, bei der Mutter bleiben, aber große Vermö- genswerte aus dem Konzern ausgegliedert werden, die dann nicht mehr zur Haftung herangezogen werden kön- nen. Am letzten Freitag hat der Bundesrat in seiner Stel- lungnahme zum Nachhaftungsgesetz genau auf dieses Problem hingewiesen: „Der Gesetzentwurf kann nicht verhindern, dass die Energiekonzerne selbst vermögens- los werden, zum Beispiel durch Abspaltung werthaltiger Vermögensbestandteile oder Aktiensplitting.“ Deswegen fordern wir, das Gesetz entsprechend zu verschärfen. Außerdem fordern wir, das Gesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich aus unserer Sicht dadurch, dass mindestens einer der Atomkonzerne zum 1. Januar 2016 Schritte unternehmen wird, die Einfluss auf die mit dem Gesetz angestrebte Si- cherung der Nachhaftung der Unternehmen haben. Diese Auffassung wird unterstützt durch das Schrei- ben des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesmi- nisterium für Wirtschaft und Energie, Uwe Beckmeyer, vom gestrigen Tage, in dem die Bundesregierung das Parlament davor warnt, das Gesetz zur Haftung der Stromkonzerne bei den Kosten des Atomausstiegs zu verzögern. Das Gesetz müsse unbedingt spätestens zum 1. Januar 2016 in Kraft treten, andernfalls würden sich für den Bund „erhebliche Risiken“ ergeben. Diese War- nung der Bundesregierung geht in Richtung CDU/CSU, die gestern noch die Verabschiedung des Gesetzes auf die längere Bank schieben wollte. Trotz der bekannten Risiken. Schon die neue Atom-Kommission ist ein Alarmsignal für die Steuerzahler. Ihre Zusammensetzung lässt erah- nen, dass es der Bundesregierung darum geht, den Atom- konzernen Rabatte bei den Kosten für die Atommülllage- rung zuzuschanzen. Nach den Milliardengeschenken bei den Braunkohlekraftwerken wird nun das nächste Steuer- geschenk für die Stromkonzerne vorbereitet. Dass die Bundesregierung eine Kommission einsetzt, in der die Linke nicht einmal vertreten ist, spottet jedem Demokratieverständnis und ist kein Zufall: Mit uns ist Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513406 (A) (C) (B) (D) eine Verlagerung der Kosten für den Atommüll auf die Bürger nicht zu machen! Am Ende des Tages muss klar sein: Die atomare Ze- che müssen diejenigen zahlen, die die wirtschaftlichen Vorteile jahrzehntelang eingefahren haben: Die Atom- konzerne und nicht die Steuerzahler. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir befassen uns heute mit dem Nachhaftungsgesetz. Es regelt die Frage, wer im Falle einer Zahlungsunfähigkeit von Atomkraftwerksbetreibern für die Kosten von Rück- bau ihrer AKW und Endlagerung ihres Atommülls haftet. Diese Regelung ist keine Aufgabe der inzwischen instal- lierten „Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK)“. Die Haftungsregelung ist ganz im Gegenteil eine Voraussetzung für die Arbeit der KFK. Denn erst wenn klar ist, dass Konzerne sich nicht durch Umstrukturierungen und Aufspaltungen der umfassenden Haftung für die Kosten von Rückbau und Endlagerung entziehen können – einfach durch Verringe- rung ihres Haftungsvermögen –, erst dann kann auf ehr- licher Basis über die Sicherung der Rückstellungen für diese Aufgaben verhandelt werden. Insofern sind alle Bestrebungen, den Beschluss des „Gesetzes zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsor- gungskosten im Kernenergiebereich“ zeitlich hinter die Ergebnisse der KFK zu schieben oder gar in die Ergeb- nisse einfließen zu lassen, ein Spiel mit falschen Karten und werden von uns Grünen nicht akzeptiert. In beiden Fällen – der Nachhaftung wie der Sicherung der Rückstellungen – geht es nichtsdestoweniger um das gleiche Ziel: die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler davor zu schützen, dass die Kosten für das dicke Ende der Atomkraft auf sie abgewälzt werden. Genau das ist das offensichtliche Ziel der Atomkonzerne: möglichst viel der auf sie zukommenden Kosten auf die öffentli- che Hand abzuwälzen. Die Begründungen dafür wer- den derzeit bei jeder Gelegenheit wiederholt: Es sei der Staat gewesen, der den Einstieg in die Atomkraft gewollt habe – also müsse der auch für die Kosten geradestehen. Der Neustart bei der Endlagersuche werde so viel teu- rer, als wenn man Gorleben fertig gebaut hätte – diese Mehrkosten seien schon gar nicht den Energiekonzernen zuzuordnen. Vergessen die Milliarden, die mit den Atom- kraftwerken verdient wurden? Vergessen die immensen Subventionen, mit denen der Staat den Energieversor- gern den Einstieg in die Atomkraft versüßte? Bisher haben die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gezahlt, die Konzerne verdient. Auf dieses gewohnte Muster wol- len die Konzerne nicht verzichten. Dieses Muster wird aber nun eines ohne Wert. Die Vereinbarungen, wer den Rückbau der Atomkraftwerke und die Endlagerung des Atommülls bezahlt, sind nicht neu, sondern schon lange in Gesetzesform gegossen. Gut, wenn der Staat sich hier nicht erpressen und nicht unter Druck setzen lässt. Gut, dass es als ersten Schritt ein Nachhaftungsgesetz geben wird. Bisher haben wir eine Nachhaftung von fünf Jahren. Lächerlich angesichts der Zeiträume für Stillle- gung der AKW, Endlagersuche und Endlagerbetrieb. Und wirkungslos angesichts der Unternehmensaufspaltungen von Eon und Vattenfall oder Kündigungen von Beherr- schungs- und Abführungsverträgen. „Eltern haften für ihre Kinder“ ist ein guter Grundsatz, auch in der Atom- wirtschaft. Allerdings hat Eon auf die Ankündigung des Nachhaftungsgesetzes schnell reagiert und angekündigt, seine Atomsparte nicht in die geplante neue Gesellschaft „Uniper“ auszugliedern, sondern beim Mutterkonzern zu belassen Warum wohl! Weil Kinder für ihre Eltern eben nicht haften. Anders als im wirklichen Leben muss das hier aber sein, und deshalb muss an dieser Stelle im Ge- setzgebungsverfahren nachgearbeitet werden. Wichtig ist – das hat uns Staatssekretär Beckmeyer heute noch mal schriftlich gegeben –, dass das Gesetz noch in die- sem Jahr beschlossen wird, damit es seine Wirkmacht auch auf die für den 1. Januar 2016 angekündigte Auf- spaltung von Eon ausüben kann. Insofern ist es erfreulich, dass die Union ihren hartnä- ckigen Widerstand, die Anhörung zum Gesetz nicht wie geplant noch in diesem Monat, sondern erst im nächsten Jahr durchzuführen, aufgegeben hat. Das heißt hoffent- lich, dass die Abgeordneten von CDU und CSU auch be- reit sind, die zweite und dritte Lesung des Nachhaftungs- gesetzes noch in diesem Jahr durchzuführen. Sie werden sich – so hoffe ich – nicht vorwerfen lassen wollen, dass sie Komplize der Konzerne statt Anwalt der Steuerzahle- rinnen und Steuerzahler sind. Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär beim Bundes- minister für Wirtschaft und Energie: Nach den Ereignis- sen in Fukushima im Jahr 2011 hat der Gesetzgeber den schrittweisen Ausstieg aus der nuklearen Stromerzeugung in Deutschland beschlossen. Bis zum Jahr 2022 werden die derzeit acht noch im Leistungsbetrieb befindlichen Kernkraftwerke vom Netz gehen. Sie müssen dann still- gelegt und zurückgebaut werden. Die radioaktiven Ab- fälle müssen verpackt, zwischengelagert und in Endlager verbracht werden. Dies wird hohe Kosten verursachen. Diese Kosten müssen die Betreiber der Kernkraftwerke tragen. Das ergibt sich aus dem Atomgesetz und ist der Kern des atomrechtlichen Verursacherprinzips. Dieses Verursacherprinzip ist nicht neu. Es steht schon immer im Atomgesetz. Neu ist hingegen die Situation, die durch den Ausstiegsbeschluss entstanden ist. Für die Betreiber bedeutet die seit dem Jahr 2011 geltende Rechtslage, dass einerseits die Einnahmen aus dem Be- trieb der Kernkraftwerke wegfallen und anderseits die Rückbau- und Entsorgungskosten nun unmittelbar anste- hen. Um die öffentlichen Haushalte vor fremdverursachten Risiken zu schützen und dem Verursacherprinzip auch langfristig zur Anwendung zu verhelfen, hat die Bundes- regierung mit dem „Gesetz zur Nachhaftung für Rück- bau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich“ ein Gesetzesvorhaben beschlossen, das bestehende Rechts- lücken schließen soll. Ich möchte Ihnen kurz erläutern, worin wir diese Re- gelungslücke sehen: Gegenwärtig sind die Betreiber von Kernkraftwerken in Konzerne eingegliedert. Aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen sind die herrschenden Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13407 (A) (C) (B) (D) Konzerngesellschaften verpflichtet, für Verbindlichkei- ten der Betreiber einzustehen. Aber diese Verträge können in der Zukunft geändert und die Konzerne neu strukturiert werden. Nach jetziger Rechtslage besteht in der Regel eine befristete Nachhaf- tung der Konzerne für die Verpflichtungen der Kernkraft- werksbetreiber – und zwar für einen Zeitraum von fünf Jahren. Diese Frist halten wir für zu kurz, weil die Entsor- gungsverpflichtungen voraussichtlich erst im Verlauf der nächsten Jahrzehnte anstehen werden. Wir schlagen da- her mit dem Entwurf eines „Gesetzes zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebe- reich“ eine Sonderregelung speziell für diesen Bereich vor. Statt einer allgemeinen Nachhaftung von fünf Jahren soll nun eine den spezifischen Verhältnissen beim Rück- bau von Kernkraftwerken und der nuklearen Entsorgung angemessene Befristung gelten. Wir möchten sie für die- sen Bereich erheblich erweitern und bis zum Verschluss eines zukünftigen Endlagers erstrecken. Es geht also um die gesetzliche Absicherung einer Konzernhaftung für den nuklearen Entsorgungsbereich. Ich möchte aber auch klar aufzeigen, was wir mit dem Gesetz nicht bezwecken. Das sind vor allem zwei Dinge: Erstens ändert das Gesetzesvorhaben nichts an den ei- gentlichen atomrechtlichen Verpflichtungen. Der Gesetz- entwurf beschränkt sich auf eine Regelung zur Sicherung der Finanzierung. Zweitens ändern wir nichts an der unternehmerischen Freiheit der Energieversorgungsunternehmen, sich durch gestalterische Maßnahmen weiter zu entwickeln. Eine Vermögenssicherung dergestalt, dass konkrete Vermö- gensgegenstände für eine Haftung der Entsorgungsver- bindlichkeiten zugeordnet werden, bezweckt das Geset- zesvorhaben nicht. Dieses Gesetzesvorhaben ist zeitkritisch. Wir wollen erreichen, dass es noch in diesem Jahr in Kraft tritt, da- mit wir nicht noch auf den letzten Metern von betroffe- nen Konzernen vor vollendete Tatsachen gestellt und mit Rückwirkungsfragen konfrontiert werden. Der Bundes- rat hat diese Eilbedürftigkeit bei der Terminierung seiner Beratungen berücksichtigt. Wenn wir es hier im Bundes- tag genauso halten und umgehend in die Ausschussbera- tungen einsteigen, ist ein rechtzeitiges Inkrafttreten vor Ende dieses Jahres erreichbar. Für weitergehende Fragen und eine umfassende Überprüfung der Finanzierung der nuklearen Entsor- gungslasten hat die Bundesregierung die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieaus- stiegs – kurz: KFK – eingesetzt. Sie soll bis Frühjahr nächsten Jahres hierzu Empfehlungen entwickeln. Einige von Ihnen sind ja Mitglieder der Kommission und wer- den zu ihrem Gelingen beitragen. Ich glaube, dass wir mit dem Gesetzentwurf zur Kon- zernnachhaftung einen wichtigen ersten Schritt zur Si- cherstellung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs setzen. Er ist – ich will es noch einmal betonen – eilbe- dürftig. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulstatistikgesetzes (Tagesordnungs- punkt 25) Katrin Albsteiger (CDU/CSU): Statistik wird als die Lehre von Methoden zum Umgang mit quantitativen Informationen definiert. Im Allgemeinen also eine sehr trockene und von den meisten unterschätzte Materie. Aber die Hochschulstatistik ist für die verschiedenen Bildungs- und Forschungsinstitutionen eine enorm wich- tige Arbeitsgrundlage. Auch für uns politische Entschei- dungsträger sind die erhobenen Kennzahlen eine sehr wichtige Informationsquelle, um die jeweilige politische Lage besser beurteilen zu können. Den großen Stellen- wert, den die Hochschulstatistik genießt, zeigt sich da- ran, dass der Ausschuss für die Hochschulstatistik dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen- abschätzung regelmäßig einen detaillierten Bericht über den Sachstand der Datenlage liefert. Die Grundlage dieses Berichts ist das Gesetz, über das wir heute sprechen und das wir als Große Koalition no- vellieren wollen. Der 15. Bericht des Ausschusses für die Hochschulstatistik mahnte ebenfalls an, dass Änderun- gen im Gesetz notwendig seien, weil die Bereitstellung von steuerungsrelevanten Informationen für die Hoch- schulpolitik, die Hochschulplanung und Hochschulver- waltung vor dem Hintergrund des Wandels in den Uni- versitäten auch in Zukunft sichergestellt werden muss. Dieser Wandel war und ist ja tatsächlich enorm. Der Reformprozess – nach Beginn des Bologna-Pro- zesses und der damit einhergehenden Einführung der ge- stuften Studiengänge – hat sich rasant entwickelt und ist bereits weit vorangeschritten. Das Hochschulstatistikge- setz in der jetzigen Fassung kann aber die jetzige Situati- on an den deutschen Hochschulen nicht mehr genügend abbilden. Insbesondere Daten zu Übergängen zwischen dem Bachelor- und Masterstudium sowie über den Stu- dienerfolg und den Studienabbruch werden als Grundla- ge für die ressourcenschonende Planung von Kapazitäten sowie für Steuerungsaufgaben im Hochschulbereich be- nötigt. Durch die Verlängerung des Hochschulpaktes bis 2023 wird sich der Bund mit zusätzlich mit 9,9 Milliar- den Euro beteiligen. Bei dieser richtigen, aber auch sehr großen finanziellen Beteiligung des Bundes muss sich diese Investition aber auch auszahlen. Wir wünschen uns wenige Studienabbrecher; das heißt, das Geld sollte auch zielgenau investiert werden. Ob all die Instrumente und eingesetzten Mittel wirksam sind, werden uns die Daten, Fakten und Hintergrundinformationen künftig besser sa- gen können. Auch bei vielen anderen Programmen, bei denen wir uns als Bund engagieren, wie beispielsweise der Exzel- lenzinitiative oder dem Qualitätspakt für Forschung und Lehre, müssen wir wissen, ob die Beteiligung des Bundes trägt. Das novellierte Hochschulstatistikgesetz wird uns Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513408 (A) (C) (B) (D) dabei eine sehr gute Arbeitsgrundlage sein. Schließlich wird auch die Qualifikationsphase nach dem Hochschul- abschluss nach erfolgreicher Novellierung abgebildet. Erstmals wird eine Verlaufsstatistik vom ersten Hoch- schulsemester bis zum Studienabschluss einschließlich der Promotionsphase eingeführt. Dabei wird ein Ver- schlüsselungsverfahren verwendet, das mit datenschutz- rechtlichen Anforderungen vereinbar ist. Die Einführung dieser Promovierendenstatistik ist neben der Novellie- rung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes und dem Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nach- wuchses ein wichtiger Baustein, der uns helfen wird, in Zukunft die Verbesserung der Situation des wissen- schaftlichen Nachwuchses voranzutreiben. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der uns vorgelegte Gesetzentwurf der Bundesregierung zu be- grüßen ist. Erstens verfügt die Wissenschaftspolitik nun über eine verbesserte Datenlage zu Übergängen zwi- schen dem Bachelor- und Masterstudium sowie über den Studienerfolg und den Studienabbruch. Wir haben somit erstmals Informationen über den Ablauf eines Studiums, sowie eines Fach- oder Hochschulwechsels. Zweitens wird mit der Novelle eine Promovierendenstatistik ein- geführt. Dieser bisherige Graubereich kann jetzt sehr ge- nau abgebildet werden. Die Novellierung des Hochschulstatistikgesetzes fügt sich daher uneingeschränkt in die guten Maßnahmen die- ser Regierung im Bereich Bildung und Forschung ein. Oliver Kaczmarek (SPD): Seit der Bologna-Reform und der Einführung von Bachelor- und Masterstudien- gängen vor über zehn Jahren haben sich Studienverläufe stark gewandelt. Zunehmende Autonomie der Hochschu- len, Diversifizierung der Studierendenschaft, neue Auf- gabenfelder der Hochschulen wie Weiterbildung schaf- fen Bedarf für mehr und bessere Informationen zum Studienverlauf. Die bestehende Hochschulstatistik erfasst diese neuen Herausforderungen noch nicht ausreichend. Wir können uns aber bei wichtigen hochschulpolitischen Entschei- dungen nicht allein auf repräsentative Befragungen oder Forschungsprojekte berufen. Die amtliche Statistik muss für die modernen Anforderungen fit gemacht werden. Sie ist ein unverzichtbarer Datenpool, der Aufschluss über die Situation an den Hochschulen liefert und für die Poli- tik unverzichtbares Steuerungswissen bereitstellt. Auf diesem Weg haben wir als Politik nicht nur Ent- scheidungsgrundlagen, sondern werden auch von Zeit zu Zeit über die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnah- men informiert. Hochschulstatistik ist deshalb weder Ni- schen- noch Spezialistenthema. Hochschulstatistik liefert neben den normativen bildungspolitischen Vorstellungen ein empirisches Grundgerüst für die Weiterentwicklung der Hochschulpolitik! Derzeit wissen wir noch zu wenig über die Auswir- kungen der Veränderungen an den Hochschulen. So wis- sen wir beispielsweise lediglich, dass im vergangenen Jahr 28 von Hundert Bachelorstudierenden ihr Studium abgebrochen haben. Unklar bleibt, ob sie tatsächlich die Hochschule verlassen oder etwa das Studienfach ge- wechselt haben. Diese Wissenslücken wollen wir schlie- ßen. Zugleich müssen wir die Statistik anpassen, um un- sere Lieferpflichten gegenüber der EU für internationale Statistiken erfüllen zu können. Hier setzt die Novelle des Hochschulstatistikgesetzes an. Lassen Sie mich wesentliche Verbesserungen in den drei Haupt-Themenbereichen skizzieren: Erstens wird es künftig eine Verlaufsstatistik vom ersten Hochschulsemester bis zum Studienabschluss ge- ben. Die Hochschulen werden in jedem Semester Infor- mationen über Fachwechsel, Abbrüche und Übergänge zwischen Bachelor- und Masterstudium semesterweise statistisch erfassen. Dabei werden die Daten aller Studie- renden individuell erfasst, aber so sicher verschlüsselt, dass damit die Datenschutzvorgaben sicher eingehalten werden können. Wir erhalten damit erstmals belastbare Daten zur Abbildung von Studienabbrüchen und zum Studienerfolg, aber auch zu internationaler Mobilität und Wanderungsbewegungen der Studierenden. Der zweite Bereich betrifft die Erfassung des wissen- schaftlichen Nachwuchses. Hier ist die Datenlage bislang dürftig. Dies soll sich ändern durch eine neue Promovie- rendenstatistik. Die erfassten Daten werden aber leider nur einen Teil der Promovierenden abbilden können – eine lückenlose Erfassung kann nicht gewährleistet wer- den. Ursächlich hierfür ist die mangelhafte verbindliche Regelung für die Meldung von Promovierenden. Wün- schenswert wäre deshalb die Schaffung eines eigenen hochschulrechtlichen Status für Promovierende, der eine kontinuierliche Meldung der Promovierenden beinhaltet. Das liegt jedoch in Länderzuständigkeit und kann des- halb nicht durch das Hochschulstatistikgesetz geliefert werden. An dritter Stelle steht die Aufnahme sozialer Merk- male in den Datenkatalog – selbstverständlich so wie alle erhobenen Daten vollständig anonymisiert. Daten zur Bildungsherkunft etwa werden bislang nicht erfasst, können aber dazu beitragen, das zielgruppenspezifische Angebot an den Hochschulen zu verbessern. Dadurch werden bewährte Erhebungen wie etwa die Sozialerhe- bung des Deutschen Studentenwerkes nicht ersetzt, aber es wird eine zusätzliche solide Datenbasis geschaffen, die auch für wissenschaftliche Zwecke hilfreich sein kann. Mit den durch die Novelle des Hochschulstatistik- gesetzes gewonnenen, zusätzlichen Informationen sind Steuerungsinstrumente von Politik, Hochschulen und Verwaltung gezielter einsetzbar – und an die Bedürfnis- se der Studierenden anpassbar. Die Weiterentwicklung ist somit ein richtiger und konsequenter Schritt, der die notwendige Voraussetzung schafft zur Verbesserung von Lehre und Forschung. An dieser Stelle gilt deshalb schon einmal der Dank denjenigen Statistikexperten aus dem Bund und den Ländern, die die Novelle in detaillierter Vorarbeit vorbereitet haben. Wir können diese sehr gute Vorlage im Gesetzgebungsverfahren gut verwerten und damit schon bald für mehr Transparenz hochschulpoliti- scher Entscheidungen sorgen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13409 (A) (C) (B) (D) Martin Rabanus (SPD): Eine verlässliche und objek- tive Hochschulstatistik ist nach meiner Auffassung eine unverzichtbare Basis für bildungspolitische Entschei- dungen. Wegen der föderalen Struktur unseres Staates gilt dies umso mehr, da die Entscheidungsträger in Bund und Ländern für ihre Beratungen und Entscheidungen auf neutral und objektiv erhobene Daten angewiesen sind. Bevor ich zu den aus meiner Sicht wichtigsten Aspek- ten des Gesetzentwurfs komme, möchte ich aber auch Danke sagen. Mein Dank gilt den Kolleginnen und Kol- legen in den Hochschulen, den statistischen Landesäm- tern und im Statistischen Bundesamt in Wiesbaden, die mit großer Sorgfalt und viel Engagement in der Sache die Hochschulstatistik erstellen und uns eine wichtige Grundlage für unsere Arbeit liefern. Und ich danke all denjenigen, die bei der Entwicklung des Gesetzentwurfs mitgewirkt haben, denn er enthält tatsächlich entschei- dende Verbesserungen. In der Vergangenheit haben wir immer wieder festge- stellt, dass die Hochschulstatistik nicht ausreicht, nicht alle Daten bereithält, die wir benötigen. Dies betrifft aus meiner Sicht in erster Linie die Studienverlaufsstatis- tik, die wir mit diesem Gesetzentwurf einführen wollen. Denn bisher wissen wir nicht viel über die Bewegungen der Studierenden im Hochschulsystem. Ist jeder gezählte Studienabbruch tatsächlich ein Abbruch, der schnell als ein Scheitern im System gewertet wird? Oder ist es „nur“ ein Fach- oder ein Ortswechsel? Das können wir in Zukunft präzise nachzeichnen. Wir erhalten die Informationen über Fachwechsel, Abbrüche und Übergänge vom Bachelor zum Master sowie vom Master zur Promotion. Und wir können feststellen, bei welcher Hochschule welche Ausprägungen in besonde- rer Weise stattfinden. Das liefert auch den Hochschulen eine hervorragende Datenlage, auf der sie eigene Evalu- ierungsprozesse aufsetzen können. Die Studienverlaufs- statistik wird uns viele wertvolle Erkenntnisse liefern. Zwei Punkte aus dem Gesetzentwurf möchte ich noch hervorheben: Erstens werden wir eine Promovierendenstatistik auf- nehmen. Auch das ist neu, auch ist es ein echter Gewinn an Erkenntnis, auch wenn es vor allem auf Anforderun- gen der Europäischen Union zurückzuführen ist. Aber natürlich ist es gerade für die strategische Steuerung unserer Bemühungen um den wissenschaftlichen Nach- wuchs hilfreich – ich nenne beispielhaft die Förderung von Frauen in der Wissenschaft und das Stichwort In- ternationalisierung – hier zukünftig auf eine gesicherte Datenbasis zurückgreifen zu können. Zum Zweiten weise ich auch auf die Schaffung der zentralen Auswertungsdatenbank hin. Denn natürlich sind die Daten nicht Selbstzweck, sondern müssen ver- nünftig recherchierbar und vor allem aggregierbar sein, sonst sind Erkenntnisse daraus nicht möglich. Und der Zugriff auf die und der Umgang mit den Daten muss na- türlich auch unseren hohen Anforderungen an den Daten- schutz genügen. Das letztere ist aus Sicht der SPD-Bun- destagsfraktion unabdingbar. Mit diesen und anderen Fragen werden uns aber sicher auch im parlamentarischen Verfahren noch beschäftigen, und darauf freue ich mich. Nicole Gohlke (DIE LINKE): Wir diskutieren heute die von der Bundesregierung geplanten Änderungen im Hochschulstatistikgesetz. In der Begründung des Gesetz- entwurfs heißt es: „Die Hochschullandschaft hat sich seit der Einführung der gestuften Studiengänge grundlegend verändert und kann mit dem geltenden Hochschulsta- tistikgesetz nicht mehr hinreichend abgebildet werden. Insbesondere Daten zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudium werden als Grundlage für die Planung von Kapazitäten im Hochschulbereich benötigt.“ Zu dieser Erkenntnis muss man der Bundesregierung ja wirklich gratulieren – ganze 16 Jahre nach der Ein- führung der Bologna-Reform. Angesichts dessen hätte die Forderung nach einer Veränderung im Hochschul- statistikgesetz wohl schon etwas früher kommen müs- sen. Insgesamt hört es sich so an, als mache es sich die Bundesregierung mal wieder leicht und das fehlende Da- tenmaterial für den seit Jahren anhaltenden Mangel an Studienplätzen verantwortlich. Wenn sie nur das richtige Datenmaterial zur Verfügung gehabt hätte, dann wären ausreichend Studienkapazitäten an den Hochschulen geschaffen worden und dann gäbe es auch ausreichend Masterstudienplätze? Dem kann ich nur entgegenhalten: Die Aussetzung der Wehrpflicht und die doppelten Abiturjahrgänge wa- ren auch ohne die Veränderungen in der Hochschulsta- tistik absehbar und planbar – dass dem so ungenügend begegnet wurde, ist schlicht politisches Versagen. Die erhöhte Studierneigung wäre aber auch mit den Mitteln der Hochschulstatistik nicht vorhersehbar gewesen, denn auch eine Statistik für die aktuell Studierenden lässt ei- nen nicht in die Zukunft schauen. Dies sollten Sie zumin- dest einmal bedenken, bevor Sie sich jetzt so beherzt an die Änderungen der Hochschulstatistik machen. Und ich frage mich: Wenn bereits jetzt erhobene Daten nicht zu politischer Aktivität führen, warum müssen wir dann noch mehr erheben? Bereits jetzt wird zum Beispiel immer wieder festgestellt, dass die soziale Selektivität im hiesigen Hochschulsystem enorm ist. Doch diesen Er- kenntnissen folgten doch bislang kaum Taten. Ich frage mich wirklich, warum noch mehr Daten erhoben werden sollen, wenn schon die vorhandenen nicht genutzt wer- den. Daten alleine bringen keine Lösung der Probleme! Insgesamt suggeriert der Gesetzentwurf, die beste- henden Probleme in den Bereichen Internationalisierung, Mobilität, Studienverlauf, Beschäftigungsverhältnisse, Heterogenität der Studierendenschaft, Diversität, etc. lösen zu können. Ich sage Ihnen eines: Wenn die Hoch- schulen endlich bedarfsgerecht ausfinanziert wären, müssten viele der Daten, die Sie jetzt neu in das Hoch- schulstatistikgesetz aufnehmen wollen, gar nicht erst er- hoben werden. Das wäre doch mal ein Handlungsansatz! Des Weiteren gewähren die vorgesehenen Maßnah- men zu Anonymisierung und Pseudonymisierung in dem Gesetzentwurf aus unserer Sicht nicht das notwendige Maß an Datenschutz der einzelnen Personen. Zukünftig Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513410 (A) (C) (B) (D) soll es nicht nur den einzelnen Hochschulen ermöglicht werden, persönliche Profile von ihren Studierenden zu erstellen, sondern ebenso Bund und Ländern – und dann sogar von allen Studierenden in Deutschland. Und zu guter Letzt wird immer wieder argumentiert, dass man die Hochschulstatistik an die erforderlichen Daten von Eurostat anpassen müsse. Nach meinem Kenntnisstand müsste man lediglich einen Punkt zur Mo- bilität von Studierenden in der bisherigen Hochschulsta- tistik ersetzen, um dies zu erfüllen. Alle anderen Anfor- derungen wären mit der bisherigen Erhebung von Daten bereits lieferbar. Daten hin oder her, letztendlich kommt es auf den po- litischen Willen an, Probleme frühzeitig und mit adäqua- ten Mitteln entgegenzuwirken. Anhand verschiedener Beispiele zum Beispiel beim Zulassungschaos zeigt sich allerdings, dass die Bundesregierung offenbar gar nicht an der Lösung dieser Probleme interessiert ist. Mit dem Hochschulstatistikgesetz wird eine Schaufensterpolitik betrieben, um Problembewusstsein und Handlungsfähig- keit vorzutäuschen. Diese Sammelwut an Daten ist mit der Linken nicht machbar. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zur Geisterstunde beraten wir heute den Regierungsentwurf für eine Novelle des Hochschulstatistikgesetzes. Ich freue mich, dass die Regierung endlich ihre Änderungs- vorschläge zur Debatte stellt. Denn es ist schon zweiein- halb Jahre her, dass der Ausschuss für Hochschulstatistik klargemacht hat, an welchen Stellen und wie die Hoch- schulstatistik verbessert werden muss, um für politische Entscheidungen eine bessere Datengrundlage bereitzu- stellen. Wir teilen das Ziel des Gesetzes, Politik und Verwal- tung – also Parlamenten und Ministerien –, genauere Da- ten bereitzustellen, um die dynamische Entwicklung der Hochschullandschaft und die Wirkung von politischen Entscheidungen abbilden zu können. Zahlreiche Verän- derungen gab es in den letzten Jahren, aber bei vielen Fragen scheitert die Antwort an fehlenden Daten: Wie hat sich die Bologna-Reform ausgewirkt, zum Beispiel der Übergang vom Bachelor-Studium in den Master? Wie haben und müssen sich Lehrkapazität und Lehrinhalte entwickeln, wenn es mehr Studierende der ersten Gene- ration gibt oder auch mehr mit beruflicher Qualifikation? Nicht zuletzt haben sich auch die Lieferverpflichtungen gegenüber Eurostat – dem statistischen Amt der Europä- ischen Union – verändert. Dem trägt die Novelle Rech- nung. Mit ihr dürfte sich arbeiten lassen. Wir begrüßen die Einführung einer Studienverlaufs- statistik. Diese haben wir politisch mehrmals eingefor- dert. Sie beseitigt unter anderen eine große Wissenslü- cke – die über den Studienabbruch. Bisher gab es keine Chance, einen echten Abbruch zu unterscheiden vom bloßen Wechsel des Studienfachs oder des Studienortes. Die Studienverlaufsstatistik ermöglicht das. Auch kön- nen damit endlich auch die gestuften Studiengänge Ba- chelor/Master und die Promotionsphase erfasst werden. Wir begrüßen auch, dass mehr Informationen über die Hochschulleitungen erfasst werden, damit das Monito- ring zur Gleichstellung von Frauen in der Wissenschaft besser stattfinden kann. Außerdem begrüßen wir ausdrücklich, dass der Migrationshintergrund nun besser erfasst werden kann. Durch das Erhebungsmerkmal „weitere Staatsangehö- rigkeit“ werden vor allem junge Menschen, die aufgrund des „Optionsmodells“ mit ihrem 23. Geburtstag eine Entscheidung treffen müssen, besser erfasst. Doppel- staatlichkeit wird damit von der gesellschaftlichen Wirk- lichkeit endlich auch zur statistisch abbildbaren Größe. Bisher ist es so: Vor dem Stichtag werden sie als al- lein „deutsch“ geführt. Nach dem Stichtag, wenn sie sich für die andere Staatsbürgerschaft entscheiden, als allein „ausländisch“. Dieser spurenlose Wechsel macht ihre „Bildungssozialisation“ unkenntlich. Die bevorstehende Aufnahme des Erhebungsmerkmals „weitere Staatsange- hörigkeit“ in der Hochschulstatistik ist aus bildungspoli- tischer Perspektive zwingend notwendig, damit sichtbar wird, ob wir die angestrebte hohe Bildungsbeteiligung aller gesellschaftlichen Schichten tatsächlich erreichen. Nicht zuletzt ist ebenfalls erfreulich, dass laut Gesetz- entwurf für die Statistik die ohnehin von den Hochschu- len erfassten Verwaltungsdaten genutzt werden können. Das wäre eine Verbesserung in doppelter Hinsicht: Für mehr Daten ist nicht mehr Bürokratie nötig, weil diese Daten schon erfasst worden sind. Und wenn sie nur noch übertragen werden müssen, stehen sie sicher schneller zur Verfügung. Zurzeit diskutieren wir die Reform des Wissenschafts- zeitvertragsgesetzes. Wir hoffen, dass das Erweitern des Merkmalskatalogs zum wissenschaftlichen Personal und das Aufnehmen aller Promovierenden dazu führen, dass wir alle ein noch besseres Bild über die Situation des wis- senschaftlichen Nachwuchses bekommen. Dies leistet auch die geplante Erfassung der „Art der Qualifizierungs- position“. Damit können die unterschiedlichen Karrie- rewege und -verläufe des wissenschaftlichen Nachwuch- ses abgebildet und analysiert werden. So werden die seit den rot-grünen Reformen Anfang der 2000er-Jahre differenzierten Qualifikations- bzw. Karrierewege von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern wie etwa die Juniorprofessur und die Nachwuchsgrup- penleitungen in der Statistik etabliert. Trotz dieser vielen sinnvollen Änderungen muss auch diese Gesetzesnovelle einem kritischen Blick unterzogen werden. Mit den Ländern diskutiert die Bundesregierung derzeit noch über die zentrale Auswertungsdatenbank. Es ist gut, dass das Gesetz die notwendige rechtliche Grund- lage schafft für eine zentrale Auswertungsdatenbank. Denn die kann und soll die flexible und zeitnahe Erstel- lung von Standard- und Sonderauswertungen sichern. Allerdings haben die Länder im Bundesrat diese Re- gelung mehrheitlich kritisiert: Aus ihrer Sicht muss die zentrale Auswertungsdatenbank nicht zwingend beim Statistischen Bundesamt angesiedelt sein. Stattdessen sollen darüber nach geübter Praxis die Statistikämter entscheiden und das per Verwaltungsvereinbarung festle- gen. Das sollten wir diskutieren, denn es gibt Argumente Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13411 (A) (C) (B) (D) dafür. Die Statistikämter haben unterschiedliche Schwer- punktkompetenzen, sodass durchaus fachliche Gründe bestehen können, warum ein Landesamt für die Hoch- schuldaten zuständig sein sollte. Warum ausgerechnet die Bundesregierung so darauf pocht, dass die zentrale Auswertungsdatenbank beim Statistischen Bundesamt angesiedelt sein muss, über- rascht ein wenig. Denn die Regierung und allen voran Bundesbildungsministerin Wanka waren in der Vergan- genheit nie müde zu betonen, dass die Hochschulen Län- derangelegenheit seien. Vielleicht ist über die Debatte zur Erarbeitung der Hochschulstatistikgesetz-Novelle die Einsicht gewach- sen, dass der Bund eine stärkere Rolle bei der Weiter- entwicklung von Hochschulen spielen sollte. Wir unter- stützen gerne dabei, die richtigen Schlüsse aus neuem Steuerungswissen zu ziehen. Nur Daten an Eurostat zu übermitteln, wäre nicht unser Verständnis einer aktiven Wissenschaftspolitik. Stefan Müller, Parl . Staatssekretär bei der Bundes- ministerin für Bildung und Forschung: Politik muss sich immer wieder neu an den Bedarfen der Gesellschaft ori- entieren – das gilt für alle Bereiche und besonders auch für Deutschlands Rolle als Wissenschaftsstandort. Die Hochschulen stehen vielfältigen Herausforderun- gen gegenüber: Die Bologna-Reform hat die Studiengän- ge grundlegend reformiert. Mit dem Hochschulpakt und der Exzellenzinitiative haben wir neue und erfolgreiche Instrumente geschaffen. Eine evidenzbasierte Wissen- schaftspolitik ist dabei selbstverständlich geworden. Da- für brauchen wir zuverlässige Daten auf der Grundlage des Hochschulstatistikgesetzes. Dieses Gesetz wurde vor 25 Jahren zum letzten Mal wesentlich geändert. Die Folge liegt auf der Hand: Das Gesetz kann heute seiner Aufgabe nicht mehr gerecht werden. Wir wissen zum Beispiel nicht, wie hoch genau die Zahl der Studienabbrecher ist, wie die Übergänge vom Bachelor- zum Masterstudium aussehen, wie sich die Auslandsmobilität der Studierenden entwickelt, wie viele Promovierende es an den Hochschulen gibt und welche Qualifizierungswege der wissenschaftliche Nachwuchs einschlägt. Die dazu regelmäßig veröffentlichten Daten stammen aus gesonderten Studien und sind von daher unvollstän- dig und nur schwer miteinander vergleichbar. Dies wird mit dieser Novelle anders. Darüber hinaus bestehen Lie- ferverpflichtungen nach EU-Recht, für die wir eine nati- onale gesetzliche Grundlage brauchen. Bundes- und Ländervertreter haben vor diesem Hin- tergrund gemeinsam mit Vertretern von Hochschulen und Verbänden im Ausschuss für die Hochschulstatistik Vorschläge für die Novellierung des Hochschulstatistik- gesetzes erarbeitet. Diese Vorschläge waren die Basis für den vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung. Vier wesentliche Elemente der Änderung sind: Erstens. Die Einführung einer Studienverlaufssta- tistik. Erstmalig erhalten wir damit Informationen über den genauen Ablauf des Studiums, über Fach- und Hoch- schulwechsel. Die Übergänge vom Bachelor zum Master sowie zur Promotion können dargestellt werden. Studi- enabbrüche und Studienerfolge werden umfassend und vor allem zeitnah abgebildet. Zweitens. An dieser Stelle will ich einen sensiblen Punkt ansprechen, auf den die Datenschützer zu Recht immer wieder hingewiesen haben: Um Studienverläufe genau beschreiben zu können, ist es notwendig, perso- nenbezogene Daten miteinander zu verknüpfen. In enger Zusammenarbeit mit der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit fiel daher die Entscheidung für ein Verschlüsselungsverfahren, das den hohen datenschutzrechtlichen Anforderungen Stand hält. Ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich für die gute und konstruktive Zusammenarbeit. Drittens: Wichtiges Ziel der Hochschulpolitik ist, dass die Studierenden international mobiler werden. Die Hochschulstatistik erfasst künftig auch die Auslandsmo- bilität besser als bisher. Viertens: Zentrales Anliegen der Bundesregierung ist, die Bedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu verbessern. Deshalb soll eine Promovierenden-Sta- tistik eingeführt werden. Merkmale wie beispielsweise Bildungsabschlüsse und Vorqualifikationen bei der Erst- berufung zur Professur erlauben künftig Analysen von Qualifizierungs- und Karrierewegen. Dies sind unver- zichtbare Informationen, wenn wir eventuell bestehende Hürden im wissenschaftlichen Werdegang beseitigen und den Übergang an den Schnittstellen der Wissenschafts- karriere optimieren wollen. Fünftens. Wir sind verpflichtet, Daten an Eurostat zu liefern. Sechstens. Nicht nur für die staatlichen und privaten Hochschulen, auch für die Berufsakademien müssen nach der EU-Verordnung Daten geliefert werden. Hierfür schaffen wir jetzt die gesetzliche Grundlage. Mit der Novellierung wird darüber hinaus die rechtli- che Basis geschaffen, ein zentrales Auswertungssystem aufzubauen. So können die sehr umfangreichen Daten aus der Hochschulstatistik noch umfassender, schneller, flexibler und kostengünstiger genutzt werden. Bei all diesen Überlegungen war uns wichtig, die Ar- beitsbelastung für die Datenlieferanten in Grenzen zu halten. Daher konzentrieren wir uns überwiegend auf Verwaltungsdaten, die den Hochschulen bereits vorlie- gen, und streichen die Personalstellenstatistik und die Gasthörerstatistik. Ich denke, dies ist in jeder Hinsicht eine ausgewogene Gesetzvorlage, die allen Interessen entgegenkommt. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Än- derung des Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsge- sellschaftsgesetzes (Tagesordnungspunkt 26) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513412 (A) (C) (B) (D) Reinhold Sendker (CDU/CSU): In der Haushalts- bewirtschaftung unserer Verkehrsprojekte hat sich in den letzten Jahren Bemerkenswertes getan: In 2011 die Einführung des Finanzkreislaufes Straße, im Ergebnis mit deutlich mehr Transparenz und folglich mit mehr Akzeptanz. In dieser Wahlperiode nun die Herstellung der Überjährigkeit, nun der Wendepunkt zum Investiti- onshochlauf, und schließlich die Stärkung der Nutzerfi- nanzierung durch unsere Koalition. Das sind ganz her- ausragende Botschaften für unsere Verkehrsanlagen in Deutschland! Im Übrigen eine starke Momentaufnahme zur Halbzeit unserer Koalition, und liebe Kolleginnen und Kollegen in den Koalitionsfraktionen: Diese Erfolge hätten doch schon längst auch den Beifall der Opposition verdient! Nun kommt ein weiterer Baustein hinzu: nämlich die Komplettbewirtschaftung aller Mittel des Bundesfern- straßenausbaus durch die Verkehrsinfrastrukturfinan- zierungsgesellschaft (VIFG). Das heißt Bau, Erhalt und Betrieb der Bundesfernstraßen sollen zukünftig über das Finanzmanagementsystem der VIFG – bewirtschaftet werden. Unsere VIFG ist ja schon einige Jahre sehr er- folgreich und vor allem kompetent in der Abwicklung der Straßeninvestitionsprojekte unterwegs, sprich in der Bewirtschaftung der LKW-Maut. Insgesamt hat der Bund im Jahr 2014 rund 5,5 Milli- arden Euro in die Bundesfernstraßen investiert. Davon wurden 3,4 Milliarden Euro über die VIFG abgewickelt. Beteiligte des Systems sind alle Bundesländer sowie die Projektgesellschaft Deutsche Einheit. Das Finanzma- nagement der VIFG ermöglicht nun auch für die Gesamt- betrachtung tagesaktuelle Berichte der Mittelverwendung und weitere Infos über unseren Verkehrsinvest mit Blick auf ihre die Auswertungsmöglichkeiten: je Maßnahme, je Bundesland, je Amt, je Kreditor, für diverse Zeiträume, und dergleichen mehr. Das ist die Transparenz, die wir uns wünschen, das ist zukunftsfähige Verkehrspolitik für unser Land. Gegenwärtig bestehen noch zwei Abrechnungssys- teme: Ein Teil der Mittel wird über die VIFG abgewi- ckelt, die restlichen Mittel werden bekanntlich über das HKR-Verfahren des Bundes bewirtschaftet. Dieses Ne- beneinander der Systeme wollen wir nun im Ergebnis mit deutlich mehr Transparenz auflösen. Die Finanzie- rung und Bewirtschaftung der Bundesfernstraßen wird ab 2016 also konsistent und vollständig innerhalb eines Bewirtschaftungssystems ausgewiesen. Mit dem Haus- halt 2016 weisen wir daher im Einzelplan 12 nicht mehr die Maut- und Steuermittel getrennt aus, sondern in ei- nem gemeinsamen Titel. Und mit der Komplettbewirtschaftung durch die VIFG können ferner der Politik, dem Bund und den Auf- tragsverwaltungen der Länder Daten für unterschiedliche Informationsbedürfnisse bereitgestellt werden. Regie- rung und Parlament erhalten zukünftig weitere Optionen, auch vermehrt betriebswirtschaftliche Elemente nutzen zu können. Grundlage dafür ist das Finanzmanagement der VIFG, das auf einer betriebswirtschaftlichen SAP Software basiert. Ein echter Fortschritt also! Die Option betriebswirtschaftlicher Betrachtungen, das ist ja auch das, was Sie wollen, liebe Kollegin Willms. Dann gehen wir doch gemeinsam diesen Weg! Wenn wir schon nicht beim Thema ÖPP zusammen- kommen, dann eben hier bei der VIFG! Im Ergebnis bringt das neue System nicht nur mehr Information und Controlling. Das ist alles in allem ein deutliches Plus an Haushaltswahrheit und -klarheit, also eine Stärkung des Parlaments, und die lassen Sie uns heute gemeinsam be- schließen! Nach meinem Wissenstand befindet sich die VIFG nach einigen Testläufen auch in der Lage, die Verände- rungen schnell umzusetzen. Man rechnet wohl bei der Durchführung des „Zahlungsverkehrs Bundesfernstra- ßen“ über das neue System für das kommende Jahr mit rund 500 000 Buchungen. Im Vergleich zu 2015 verzehn- facht sich damit die Gesamtzahl der Geschäftsvorfälle. Diese gewaltige Erhöhung erklärt sich auch durch die Übernahme der Betriebsdienste. Exakt dafür benötigt die VIFG lediglich drei zusätzliche Vollzeitkräfte. Diese ex- zellente Vorbereitung und das erhöhte Aufgabenvolumen schultert die VIFG mit nur wenig mehr an Personal und ich denke genau das verdient an dieser Stelle auch einmal Dank und Anerkennung! Und noch ein Positivum: Denn der Bund wird zu- künftig auch seine Verantwortung für die Finanzierung der Straßenbaulast und Fachaufsicht gegenüber den Auf- tragsverwaltungen umfassender wahrnehmen können. Der hier häufig zitierte Bundesrechnungshof fordert ja schon länger dazu auf, eine umfassendere Fachaufsicht auszuüben. Dem kommen wir nun ausdrücklich nach. Und auch die Arbeitsebene der Länder steht dem Entwurf durchaus positiv gegenüber. So zum Beispiel kann man eine Entlastung bei der Erstellung der Verwen- dungsnachweise erwarten. Fast alle Landesbauverwal- tungen sind doch bei zu wenig Fachpersonal teils völlig überlastet. Und es ist richtig: Für unsere Bauverwaltun- gen ergibt sich durch das neue System zunächst auch noch ein Umstellungsaufwand, mittel- und langfristig aber eine deutliche Entlastung. Also ohne Zweifel ein Kraftakt für alle Beteiligten, aber er lohnt sich auch für alle. Mehr Transparenz im Bundeshaushalt, das ist unser aller Anliegen. Mit diesem Gesetzentwurf erweisen wir diesem Ziel einen großen Dienst. Deshalb bitte ich Sie alle um Ihre Zustimmung hier und heute in zweiter und dritter Lesung. Wie lautet doch das Logo der VIFG: „Wir bahnen Wege!“. Und für diese neuen Wege stellen wir heute die Ampel auf grünes Licht. Sebastian Hartmann (SPD): Die Verabschiedung des VIFG-Änderungsgesetzes ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer transparenten, nachvollziehbaren In- frastrukturfinanzierung im Bundesstraßenbau. Gemäß dem Beschluss des Haushaltsausschusses Ende 2014 werden ab dem Haushaltsjahr 2016 im Kapitel 12 die einzelnen Straßenbautitel umorganisiert, sodass aus den bisher getrennt behandelten Titeln für ÖPP-Projekte und solchen in Durchführung der öffentlichen Hand ein gemeinsamer Titel 1201 geworden ist. Damit in Zukunft Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 13413 (A) (C) (B) (D) Verwaltung und Controlling beider Finanzierungssyste- me im selben Finanzmanagementsystem zusammenge- führt werden können, verabschieden wir dieses Gesetz. Das FMS der VIFG leistet genau dies: Es schafft eine gemeinsame Basis zur Vergleichbarkeit der Zahlungs- ströme im konventionellen wie im ÖPP-Straßenbau, und es verschafft dem Parlament dabei entscheidende Vortei- le bezüglich der Nachvollziehbarkeit und der politischen Steuerungsgewalt für den Straßenbau des Bundes. Vergleichbarkeit von konventioneller Beschaffung von Infrastruktur und ÖPP ist hier das Stichwort: Wir greifen bislang vor einer Projektentscheidung auf die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zurück, doch dies ist ja eine Prognoseentscheidung. Der dafür benötigte Da- tenraum wird durch die heutige Entscheidung für dieses Gesetz deutlich verbessert. Stellen wir in Zukunft die Va- rianten auch im Zahlungsstrom und damit unter realen Bedingungen nebeneinander! Die Auftragsverwaltungen der Länder haben bei der Vorbereitung des Software-Einsatzes der VIFG große Flexibilität bewiesen. Wenn am 1. Januar die Umstellung vom bisherigen HKR-System zur Datenerfassung im FMS der VIFG beginnt, hat vorher eine intensive Ein- arbeitung dafür gesorgt, dass der Übergang geräuschlos und sauber vollzogen werden kann. Die VIFG hat die Auftragsverwaltungen der Bundesländer hier individuell betreut und eventuell drohende Inkompatibilitäten oder Schnittstellenprobleme vollständig ausgeräumt. Alle Straßenbauverwaltungen der Länder werden zur Bedie- nung des Systems in der Lage sein, und auf der anderen Seite auch umgehend davon profitieren, dass sie Auswer- tungen ihrer Daten inklusive aller Zahlungsströme ta- gesaktuell für jede einzelne und die Gesamtmenge ihrer Baumaßnahmen vornehmen können. Auch die Opposition scheint mittlerweile zu der Über- zeugung gelangt zu sein, dass diese Änderung sinnvoll und nötig ist. Man kann sich darüber hinaus durchaus offen zeigen für eine Erweiterung des FMS für die An- lagenbuchhaltung, wie es die Grünen fordern, muss sich aber natürlich darüber im Klaren sein, dass dafür eine weitergehende Gesetzesänderung benötigt würde. Dass es sich hier insgesamt um ein mustergültiges Beispiel für Bürokratieabbau handelt, wie Sie es im Ausschuss bejubelt haben, geht an der Sache zwar vorbei, liebe Frau Kollegin Wilms, aber über die Bewertung von An- lagevermögen der Bundesfernstraßen können wir bei Gelegenheit sicher gern reden. Wir werden uns dieser Aufgabe ohnehin bei der Fortentwicklung der Wegekos- tenrechnung zu widmen haben. Dort ist der richtige Platz und auch Zeitpunkt. Sabine Leidig (DIE LINKE): Die Bundesregierung beabsichtigt, mit dem „Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Verkehrsinfrastrukturfinanzierungs- gesetzes“ der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesell- schaft (VIFG) weitere Aufgaben und Zuständigkeiten zu übertragen. Im Zentrum steht dabei, dass die VIFG neben den Einnahmen aus der Lkw-Maut zukünftig auch die im Bundeshaushalt veranschlagten Mittel für Neubau, Aus- bau, Erhaltung, Betrieb und Unterhaltung von Bundes- fernstraßen verwalten und verteilen soll. Ich habe nichts gegen ein einheitliches Finanzmanage- mentsystem für alle Bundesfernstraßen. Ich habe aber etwas dagegen, dass dies eine Gesellschaft übernehmen soll, die sich als Kompetenzzentrum für ÖPP bezeichnet. Deshalb freue ich mich auch sehr darüber, dass der Bun- desrat ähnliche Bedenken hat wie wir. Denn – Sie können das leugnen, solange sie wollen – dieses Gesetz ist ein weiterer Schritt hin zu einer Bundes- fernstraßengesellschaft. Ein erster großer Schritt war der sogenannte „Finanzierungskreislauf Straße“, weswegen seit 2011 aus den Mauteinnahmen nur noch Straßenbau finanziert wird. 2016 nun folgt ein weiterer Schritt mit der einheitlichen – schon mal ausgelagerten – Mittelver- waltung. Vorbild aller Überlegungen für eine solche Gesell- schaft ist die österreichische ASFINAG. Dabei gibt es aber einen entscheidenden Unterschied. Die ASFINAG macht kein ÖPP, sie lehnt es soagr rundheraus ab. Es gab ein einziges derartiges Projekt bei der ASFINAG – und das reichte dieser. Die VIFG hingegen verwaltet nur die Mauteinnahmen – und ist ansonsten eben „Kompetenz- zentrum“ für ÖPP. Deswegen wird die VIFG niemals zur deutschen ASFINAG werden, sondern eine Gesellschaft, die nur dem Zweck dient, privates Kapital für den Stra- ßenbau zu mobilisieren. Alle, die davon reden, die VIFG zur ASFINAG aus- zubauen, würden den Bock zum Gärtner machen. Das sollten sich vor allem die Grünen zu Herzen nehmen, die ÖPP verhindern, aber die VIFG umbauen wollen. Beides zusammen geht nicht! Die VIFG, hochbezahlter Versor- gungsposten für altgediente Beamte des BMVI, sollte man sofort abwickeln. Wir lehnen PPP konsequent ab, weil das Ganze am Ende erheblich teurer wird als die konventionelle Be- schaffung. Dies hat der Bundesrechnungshof mehrmals sehr deutlich nachgewiesen. Ja, die Koalition will das nicht hören und behauptet das Gegenteil. Wenn Sie sich so sicher sind: Lassen Sie doch mal nachrechnen, wie teuer 5 durchschnittliche Ausbauprojekte pro Kilometer waren, wie teuer der Betrieb ist etc. und setzen Sie das gegen die Kosten für die Betreibermodelle. Legen Sie uns doch bitte ein Mal einen entsprechend Bericht vor, der in einer Ex-Post-Analyse ganz klar belegt, dass ÖPP günstiger ist. Ich bezweifle sehr, dass Ihnen das gelingen wird. Meine Fraktion beantragt, dass die Planung und Vor- bereitung für eine Bundesfernstraßengesellschaft sofort eingestellt wird. Und wir lehnen die hier vorgelegte Änderung des Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesell- schaftsgesetz deshalb ab. Übrigens – und das finde ich wirklich bemerkenswert – hat auch die CSU-Landtags- fraktion in Bayern gerade in einem Dringlichkeitsantrag eine Fernstraßengesellschaft entschieden abgelehnt. Die Bundesländer wollen eine gründliche Problem- analyse vornehmen und danach Schritte zur Verbesse- rung der Straßenbauverwaltung (Auftragsverwaltung) vorschlagen. Und das ist auch aus unserer Sicht die rich- tige Reihenfolge. Die Ergebnisse der „Kommission Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes“ liegen im Früh- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 201513414 (A) (C) (B) (D) jahr 2016 vor und bis dahin sollte der Bund jetzt nicht schon Veränderungen an der Struktur beschließen. Wir verlangen stattdessen, dass eine ganz andere Re- form der Straßenbauverwaltung stattfindet. Die muss vor allem bei der Bundesregierung selber ansetzen, die ihrer Aufsicht bislang nicht gerecht wird. Eine effektive Steu- erung des Bundes im Sinne einer prioritären Umsetzung von Straßenprojekten ließe sich dabei durch einfach- oder untergesetzlich umzusetzende Maßnahmen sicherstellen, beispielsweise durch frühzeitige Finanzierungszusagen des Bundes (wie bei Investitionen in die Bundesschie- nenwege), durch mehrjährige Finanzierungspläne für Einzelprojekte oder durch die Erhöhung des Bundesan- teils an den Planungskosten. Darüber hinaus soll nach Vorliegen des Endberichts der von den Bundesländern ins Leben gerufenen Kom- mission „Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes“ noch in dieser Legislaturperiode gemeinsam mit den Ländern Vorschläge für eine Reform der Auftragsverwal- tung Straße zu erarbeiten und umzusetzen. Dabei müssen die sachkundigen Beschäftigen aus den entsprechenden Bereichen unbedingt einbezogen werden, weil deren Ver- änderungsvorschläge in der Regel aus fundierter Erfah- rung resultieren und der Sache dienen. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In den Beratungen ist deutlich geworden: Die einheitliche Abrechnung von Straßenprojekten ist sinnvoll. In den Ausschüssen wurde der Entwurf schließlich ohne Gegen- stimmen bewilligt. Es ist schon sehr viel zu den Vorzü- gen des neuen Abrechnungssystems gesagt worden. Jetzt muss es umgesetzt werden, und zwar zügig. Das alles ist jedoch nur ein klitzekleines Lösungsdetail für eine sehr viel umfassendere Problemlage. Deswegen müssen wir uns die Gesamtsituation ansehen. Wir sind weit von einem effizienten System entfernt. Das Grundprinzip ist: Die Länder planen und bauen, der Bund zahlt. Das ist, als ob man mit der goldenen Kredit- karte eines Freundes einkaufen geht. Der prüft zwar seine Kontoauszüge, schießt aber im Zweifel immer nach. Die Länder können sich darauf verlassen, dass begonnene Projekte immer fertig gebaut werden – oft mit teilweise absurden Kostensteigerungen. Wer sich damit etwas intensiver beschäftigt, dem ist klar: In diesem Finanzierungssystem werden falsche Anreize gesetzt. Es macht Projekte teurer. Es führt dazu, dass Mittel anders verteilt werden als vorgesehen. Schauen wir uns mal genauer an, was wir in diesem Haus machen. Jedes Jahr verbringen wir sehr viel Zeit damit, einen Haushalt zu verabschieden. Wir legen fest, welches Verkehrsprojekt mit welchen Mittel realisiert werden soll. Wirklich interessant ist aber, was das Ver- kehrsministerium aus den Beschlüssen des Bundestages macht: 2014 wurden die Mittel für Schienenprojekte zu einem Viertel nicht ausgegeben. Bei den Wasserstraßen sieht es kaum besser aus: Hier wurden 185 Millionen Euro nicht verbaut. Noch krasser steht der Kombinierte Verkehr da. Von 92,7 Millionen Euro wurden nur 17,9 Millionen Euro genutzt – das ist weniger als ein Fünftel. Richtig ärgerlich wird es aber, wenn man sieht, wo das Geld hingeht: Fast alles landet im Straßenbau. Von 2012 bis 2014 wurden hier 1,3 Milliarden Euro mehr ausgege- ben, als von diesem hohen Haus vorgesehen war. Es gibt einen eindeutigen Profiteur: Zu über einem Drittel landen die Mittel in bayrischen Straßen. Besonders dreist ist der Minister selbst: Letztes Jahr hat er sich die teuerste Ortsumgehung Bayerns für sei- nen Wahlkreis genehmigen lassen. Jetzt kommt heraus: Schon vor der Genehmigung wusste er, dass die ganze Sache durch den Tunnel fast 32 Millionen Euro teurer wird! Trotzdem stand im Haushaltsentwurf weiter die alte Summe. Für Herrn Dobrindt ist der Bundeshaushalt offensichtlich nicht viel mehr als eine Art Empfehlung. Dass Sie sich das in der Koalition gefallen lassen! Dieses Beispiel macht deutlich: Die Finanzierung von Verkehrsprojekten muss reformiert werden. Es kann nicht sein, dass manche Länder mit ihren Straßenverwal- tungen sich besonders auf die Fehler im System ausge- richtet haben. Ein richtiger Schritt ist jetzt der Auftrag der Landes- verkehrsminister, eine eigene Kommission unter Herrn Bodewig zu beauftragen. Eine gründliche Analyse ist die Voraussetzung für eine dauerhafte Lösung der Probleme. Das sehen die Kolleginnen und Kollegen der Linken lei- der anders. Sie haben schon vor der Analyse eine Lösung – und lehnen eine Fernstraßengesellschaft rundweg ab. So machen Sie eben Politik: Besitzstandwahrung statt einen unbefangenen Blick nach vorne. Sie haben immer eine Lösung. Ob die auch zum Problem passt, ist ihnen nicht so wichtig. Man kann eine Fernstraßengesellschaft entweder rich- tig oder falsch machen. Auch die Länder müssen etwas davon haben. Know-how und Synergien dürfen nicht verloren gehen. Wichtig ist: So wie es ist, kann es nicht bleiben. Denn unser Auftrag ist, mit Steuergeldern ver- antwortungsbewusst umzugehen. Trauen wir uns endlich an die notwendigen Änderungen heran. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2015 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 136. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 4 Vereinbarte Debatte: 60 Jahre Bundeswehr TOP 5 Unterstützung von Flüchtlingen TOP 6 Deutscher OSZE-Vorsitz 2016 TOP 33, ZP 2 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 34 Abschließende Beratungen ohne Aussprache TOP 7 Wahl Vertrauensgremium TOP 8 Wahl Sondergremium gemäß StabMechG TOP 9 Klimakonferenz in Paris TOP 10 Schutz besonders gefährdeter Flüchtlinge TOP 11 Austausch von Informationen über Finanzkonten TOP 12 Menschenwürdiges Existenz-und Teilhabeminimum TOP 13 Aktienrechtsnovelle 2014 TOP 14 Panzerlieferung nach Katar TOP 15 Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS) TOP 16 Kontrolle bundesnachrichtendienstlicher Tätigkeit TOP 17 Bundeswehreinsatz in Darfur (UNAMID) TOP 18 Netzneutralität TOP 19 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz TOP 20 Anerkennung von Kriegsdienstverweigerungen TOP 21 Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie TOP 22, ZP 3 Änderung des SGBXII undweitererVorschriften TOP 23 Änderung des Seearbeitsgesetzes TOP 24 Nachhaftung für Rückbau imKernenergiebereich TOP 25 Änderung des Hochschulstatistikgesetzes TOP 26 Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kerstin Griese


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Deshalb möchte ich erwähnen – auch das ist ein
    wichtiger Punkt –, dass wir für die Menschen aus den
    Westbalkanländern eine Möglichkeit der legalen Arbeits-
    migration geschaffen haben. Auch das erleichtert das
    Bearbeiten der vielen, vielen unerledigten Anträge, die
    es beim BAMF gibt; denn es ist besser, wenn die Leu-
    te auf dem Westbalkan wissen, dass sie, wenn sie einen
    Arbeitsplatz in Deutschland haben, einen Antrag auf le-
    gale Zuwanderung durch Arbeit stellen können. Das ist
    der richtige Weg gerade für die Menschen, die aus die-
    sen Ländern zu uns kommen wollen. Das ist ein guter
    und wichtiger Schritt, übrigens auch ein erster Schritt in
    Richtung eines Einwanderungsgesetzes.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den
    letzten Wochen viele gesetzliche Regelungen geschaf-
    fen, die für Asylbewerber und Geduldete – ich betone
    das noch einmal – leichter und schneller den Zugang zu
    Spracherwerb, zur deutschen Sprache schaffen und die
    dafür sorgen, dass ihre Qualifikationen frühzeitig fest-
    gestellt werden. Viele bringen ja auf ihren Smartphones
    Fotos ihrer Zeugnisse aus dem Heimatland mit und le-
    gen sie hier vor, damit man sehen kann, welche Ausbil-
    dung sie haben. Wir haben beschlossen, dass sie auf ih-
    rem Weg in Arbeit gefördert werden. Wir sehen da auch
    viel Kooperation vonseiten der Wirtschaft. Ich sage ganz
    klar: Egal ob jemand bei uns aufgewachsen ist oder zu
    uns gekommen ist, der Mindestlohn gilt für alle. Diese

    Regeln auf dem Arbeitsmarkt gelten für alle. Diese Ord-
    nung auf dem Arbeitsmarkt werden wir selbstverständ-
    lich beibehalten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deshalb sage ich: Es geht um praktische Maßnah-
    men. Es geht darum, dass jetzt alle zusammenhalten, die
    Zivilgesellschaft, die schon zu Recht so gelobt worden
    ist, unsere kommunalen Behörden, unsere Arbeitsämter
    und Jobcenter. Sie alle müssen jetzt zusammen an dieser
    wichtigen Aufgabe arbeiten. Wir investieren viel in neue
    Stellen und stellen zusätzliche Mittel bereit. Wir wollen
    das schaffen, und deshalb machen wir das.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Johannes Singhammer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt die Kollegin

Luise Amtsberg.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Luise Amtsberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Wenn man mit Flüchtlingen in den Erstaufnahmeeinrich-
    tungen und Gemeinschaftsunterkünften über ihr Leben
    in Deutschland und das, was sie von der Zukunft erwar-
    ten, spricht, ist das Erste, was man feststellt: Flüchtlin-
    ge wollen arbeiten. Ein Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz
    ist die beste Integration in unsere Gesellschaft. Deswe-
    gen begrüßen wir ausdrücklich den besseren Zugang zu
    Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung und zu Integra-
    tionskursen für viele Flüchtlinge. Das Hereinkommen
    in den Arbeitsmarkt bedeutet für viele – deshalb ist die
    Motivation da sehr hoch – den Herausfall aus den Abhän-
    gigkeiten von sozialen Leistungen: raus aus den Erstauf-
    nahmeeinrichtungen, rein in ein selbstbestimmtes Leben.
    Deshalb ist es schön, festzustellen, dass die Motivation
    da ist und wir nur noch den richtigen Weg brauchen, um
    diese umzusetzen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Trotzdem muss man, wenn man diese Debatte hier
    verfolgt, sagen: Bei aller Einigkeit im Ton ist es doch
    so, dass man nicht von Obergrenzen, Belastungsgrenzen
    oder irgendwelchen anderen Grenzen sprechen kann,
    wenn man nicht alle Maßnahmen, die möglich sind, aus-
    geschöpft hat, um diese Herausforderung, der wir jetzt
    gegenüberstehen, zu bewältigen. Ich würde mir einfach
    wünschen, dass Sie mehr auf die Bundesagentur für Ar-
    beit, auf die Unternehmen und die Verbände und Betriebe
    hören, die sagen: Die Vorrangprüfung ist ein unnötiges
    bürokratisches Hindernis.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Passend dazu hat es das Bleiberecht für junge Auszubil-
    dende, für junge Flüchtlinge bedauerlicherweise nicht in
    das letzte Gesetzespaket geschafft. Eine Duldung – das
    muss man hier ganz deutlich sagen – ist für die Betrie-

    Heike Hänsel






    (A) (C)



    (B) (D)


    be – da kann man jeden einzelnen fragen – keine sichere
    Bleibeperspektive.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Unternehmen und ihre Verbände, ganz besonders auch
    die Industrie- und Handelskammern und die Handwer-
    kerschaft, weisen zu Recht auf die Chancen hin, die sich
    aus der Altersstruktur von Flüchtlingen in Deutschland
    für den Arbeitsmarkt ergeben.

    Die Kammern verfügen zusammen mit den bei ihnen
    organisierten Unternehmen über hervorragende Struk-
    turen, Flüchtlingen den Eintritt in das Arbeitsleben zu
    erleichtern. Deshalb sollten Wirtschaft und Kammern
    ihren Teil der Verantwortung tragen, gemeinsam mit
    dem Bund. Wir Grünen haben deshalb vorgeschlagen –
    um nicht nur zu meckern –, dass man einen Deutsch-
    land-Fonds für Integration auflegt, getragen von Unter-
    nehmen und vom Bund, der – gerade weil hier ja auch
    immer wieder angesprochen wurde, dass die Sprache ein
    zentraler Schlüssel ist – Kommunen und Initiativen of-
    fenstehen soll, um zum Beispiel die Sprachförderung und
    die berufliche Aus- und Weiterbildung für die Menschen
    zu finanzieren,


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    die keine oder nur geringe Sprachkenntnisse vorweisen
    können.

    Da gebe ich dem Kollegen Schiewerling ja recht: Die
    Sprache ist das zentrale Moment, und ihr Erlernen wird
    natürlich hauptsächlich in der praktischen Arbeit selbst
    erfolgen. Bloß, man muss auch einmal mit der Praxis
    sprechen: Die Handwerkerschaft sagt, dass es für sie ein
    Problem ist, Ausbildungs- oder Arbeitsplätze zur Verfü-
    gung zu stellen, denn Menschen, die die Grundlagen der
    deutschen Sprache nicht beherrschen, können auch nicht
    mit Kunden kommunizieren. Da haben Betriebe einfach
    eine Riesenbarriere. Das heißt, irgendeine Grundvoraus-
    setzung müssen wir auf den Weg bringen. Da hakt es an
    allen Ecken und Enden. Wenn in der Vereinbarung der
    Parteichefs geschrieben wird, dass es eine Beteiligung
    an den Kosten von Integrationskursen geben soll, dann
    ist das doch genau das Gegenteil von dem, was wir hier
    eigentlich erreichen wollen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Laut Bundesagentur für Arbeit verfügt rund die Hälfte
    der Flüchtlinge über eine akademische oder berufliche
    Ausbildung. Das Modellprojekt „Early Intervention“
    wurde angesprochen. Dort haben 40 Prozent der Teil-
    nehmerinnen und Teilnehmer einen Hochschulabschluss,
    ein weiteres Viertel eine Berufsausbildung. Ich bin fest
    davon überzeugt, dass diese Menschen mit der richtigen
    Unterstützung schnell die Chance haben, selbstständig in
    Deutschland zu leben.


    (Katja Mast [SPD]: Das kommt ja auch! – Kerstin Griese [SPD]: Das machen wir!)


    – Ich habe mich ja auch auf Sie bezogen, Frau Griese.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme aus der
    Innenpolitik.


    (Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Macht nichts! Man kann sich ja noch verbessern!)


    Deshalb finde ich es schön, dass, wenn das stimmt, der
    Geist in der Sozialpolitik ein anderer ist als in der Innen-
    politik; dort ist das ein bisschen anders. Innenpolitik und
    asylrechtliche Fragen müssen mit dieser Frage zusam-
    mengedacht werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wenn ich sehe, dass wir bisher die Gruppe der syri-
    schen Bürgerkriegsflüchtlinge besonders in den Fokus
    gerückt haben – das war ja auch Konsens hier im Haus –
    und gesagt haben: „Da müssen wir besonders in Inte-
    gration investieren, die berufliche Qualifikation dieser
    Menschen muss schnell festgestellt werden, und diese
    Menschen sollten so schnell wie möglich Deutsch lernen
    und in den Arbeitsmarkt integriert werden“, dann ist das
    ein Widerspruch zu dem, was jetzt vom Innenminister
    bezüglich syrischer Asylsuchender geplant ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Die Asylverfahren werden deutlich länger dauern; wir
    reden hier nicht von ein paar Wochen, wir reden hier von
    Monaten der verschenkten Zeit. Es bleibt die Ungewiss-
    heit zurück, ob man nach Ungarn oder Bulgarien zurück-
    geführt wird und ob man seine Familie in absehbarer Zeit
    wiedersieht – denkbar schlechte Voraussetzungen für die
    Konzentration auf Integration in Deutschland.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Um es wieder konstruktiv zu machen: Wir Grünen for-
    dern verschiedene Punkte: Das Erlernen der deutschen
    Sprache muss ab dem ersten Tag ermöglicht werden.
    Denn die Realität zeigt: Auch wenn Menschen hier in
    Duldung leben, leben sie Jahre hier. Das ist eine ver-
    schenkte Zeit. Das hilft ihnen auch nicht dabei, an ihrer
    Bleibeperspektive in Deutschland zu arbeiten. Potenziale
    müssen so früh wie möglich erfasst werden. Wenn wir
    mit der Handwerkerschaft sprechen, erleben wir, dass
    gesagt wird – es gibt übrigens etwa 1 000 unbesetzte
    Ausbildungsstellen in Schleswig-Holstein –: Wir wollen
    ausbilden. Aber wir wissen überhaupt nicht: Wo sind die
    Leute, und was bringen sie mit? Gibt es überhaupt je-
    manden für meinen Betrieb? – Diese Fragen müssen so
    schnell wie möglich geklärt werden. Da muss auch eine
    Verbindung hergestellt werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Qualifikationen müssen schnell und unbürokratisch
    anerkannt werden; da sind wir uns, denke ich, alle einig.
    Wenn bestimmte Teilqualifikationen fehlen, dann müs-
    sen diese unkompliziert nachgeholt werden können. Die
    Finanzierung der Weiterbildung überfordert viele Flücht-
    linge, Asylsuchende und Geduldete und zwingt sie in der
    Folge – auch das muss man anerkennen –, unterhalb ihres
    Qualifikationsniveaus für entsprechend geringe Einkom-
    men zu arbeiten.

    Luise Amtsberg






    (A) (C)



    (B) (D)


    Zur Beratung und Förderung in den Arbeitsagenturen
    und Jobcentern und zur Sicherheit junger Auszubildender
    haben wir viel gesagt; darauf möchte ich jetzt nicht weiter
    eingehen. Aber ein Punkt, der die Debatte vielleicht kon-
    struktiv anfeuert, ist: Wir Grünen haben gesagt, dass es
    ein denkbarer Schritt wäre, einen aufenthaltsrechtlichen
    Statuswechsel zu ermöglichen. Man könnte Flüchtlingen
    die Möglichkeit geben, ihren Aufenthaltsstatus zu wech-
    seln und ihn gegen eine dauerhafte Bleibeperspektive
    einzutauschen, etwa als Fachkraft in einem Mangelberuf.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Das klingt erst einmal sehr technisch, ist aber in einer
    Zeit, in der Menschen in sehr großer Unsicherheit leben
    und in der wir vor allen Dingen auf dem Arbeitsmarkt die
    Chance sehen, die Herausforderung, der wir gegenüber-
    stehen, zu bewältigen, eigentlich der richtige Schritt und
    Ansatzpunkt. Warum sollen die Menschen ewig lang in
    einem Asylverfahren verharren, wenn sie ihre Perspek-
    tive von einem auf den nächsten Tag mit einem Arbeits-
    platz verbessern können?

    Besonders nach dem Beitrag der Kollegin Griese glau-
    be ich, dass wir uns hinsichtlich der Zielrichtung an vie-
    len Stellen einig sind. Trotzdem: Bevor diese Dinge pas-
    sieren können, müssen wir alle bürokratischen Hürden
    abbauen. Das fängt mit der Abschaffung der Vorrangprü-
    fung und dem Schutz von jungen Auszubildenden an. Ich
    denke, hier gibt es noch sehr viel zu tun.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Matthias Zimmer [CDU/ CSU])