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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Plenarprotokoll 18/134 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 134. Sitzung Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Inhalt: Tagesordnungspunkt 26: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler, Dr. Harald Terpe und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung Drucksachen 18/5373, 18/6573 . . . . . . . . . 13065 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Karl Lauterbach, Burkhard Lischka und weiteren Abgeordneten einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Re- gelung der ärztlich begleiteten Lebens- beendigung (Suizidhilfegesetz) Drucksachen 18/5374, 18/6573 . . . . . . . . . 13065 B – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Renate Künast, Dr. Petra Sitte, Kai Gehring, Luise Amtsberg und weiteren Abgeordneten eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über die Straffrei- heit der Hilfe zur Selbsttötung Drucksachen 18/5375, 18/6573 . . . . . . . . . 13065 B – Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Dr. Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer, Hubert Hüppe und weiteren Abgeordneten eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über die Strafbar- keit der Teilnahme an der Selbsttötung Drucksachen 18/5376, 18/6573 . . . . . . . . . 13065 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Dr. Sabine Sütterlin-Waack, Brigitte Zypries, Matthias W. Birkwald und weiterer Abgeordneter: Keine neuen Straftatbestände bei Sterbehilfe Drucksache 18/6546 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13065 C Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13070 B Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13071 C Peter Hintze (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 13072 D Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13073 D Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 13075 A Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13075 D Hermann Gröhe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13077 A Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13077 D Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 13078 D Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13080 A Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU/CSU) . . . . 13081 B Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13082 A Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13083 A Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 13084 A Bettina Hornhues (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13085 A Brigitte Zypries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13086 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015II Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13087 B Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13088 A Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 13089 B Andrea Nahles (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13090 A Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 13090 D Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13091 D Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13092 D Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13093 D Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13094 C Dr. Katarina Barley (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13095 C Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . 13096 C Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 13097 C Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13098 D Namentliche Abstimmungen . . . . . . . 13066 C, 13100 C Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13067 C, 13101 A Tagesordnungspunkt 27: Antrag der Abgeordneten Beate Müller- Gemmeke, Ulle Schauws, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frauen verdienen gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit Drucksache 18/6550 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13104 B Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13104 C Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU) . . . . . . . 13105 C Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 13107 C Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13109 A Karin Maag (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 13110 C Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13112 B Birgit Kömpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13113 B Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13114 A Ursula Schulte (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13115 D Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungs- gesetzes Drucksache 18/6419 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13117 A Florian Post (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13117 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 13118 C Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13119 C Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13121 B Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset- zes zur Änderung des Gesetzes über Bau- sparkassen Drucksache 18/6418 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13122 B Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13122 B Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . . 13123 B Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13124 A Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13125 C Alexander Radwan (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13126 B Tagesordnungspunkt 30: Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Matthias W. Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gerechte Kranken- versicherungsbeiträge für Direktversiche- rungen und Versorgungsbezüge – Doppel- verbeitragung vermeiden Drucksache 18/6364 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13127 B Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 13127 C Dietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13128 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13129 C Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13130 B Erich Irlstorfer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13131 B Dirk Heidenblut (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13132 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13133 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 III Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13133 B Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 13135 C Anlage 2 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung im Stimmzettelverfahren über – den von den Abgeordneten Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler, Dr. Harald Terpe und weiteren Abgeordneten einge- brachten Entwurf eines Gesetzes zur Straf- barkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung – den von den Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Karl Lauterbach, Burkhard Lischka und weiteren Abgeord- neten eingebrachten Entwurf eines Geset- zes zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung (Suizidhilfegesetz) – den von den Abgeordneten Renate Künast, Dr. Petra Sitte, Kai Gehring, Luise Amtsberg und weiteren Abgeordneten ein- gebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung – den von den Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer, Hubert Hüppe und weiteren Abgeordne- ten eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 13136 A Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentli- chen Abstimmungen über – den von den Abgeordneten Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler, Dr. Harald Terpe und weiteren Abgeordneten einge- brachten Entwurf eines Gesetzes zur Straf- barkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung – den von den Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Karl Lauterbach, Burkhard Lischka und weiteren Abgeord- neten eingebrachten Entwurf eines Geset- zes zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung (Suizidhilfegesetz) – den von den Abgeordneten Renate Künast, Dr. Petra Sitte, Kai Gehring, Luise Amtsberg und weiteren Abgeordneten ein- gebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung – den von den Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer, Hubert Hüppe und weiteren Abgeordne- ten eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 13151 A Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13151 A Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13151 D Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 13152 A Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13152 B Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 13152 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 13153 B Micheal Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13153 C Dr . Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU) . . . . . . 13154 A Axel Knoerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 13154 C Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13154 D Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13156 A Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von den Abgeordneten Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler, Dr. Harald Terpe und weiteren Abgeordneten ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förde- rung der Selbsttötung – des von den Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Karl Lauterbach, Burkhard Lischka und weiteren Abgeord- neten eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung (Suizidhilfegesetz) – des von den Abgeordneten Renate Künast, Dr. Petra Sitte, Kai Gehring, Luise Amtsberg und weiteren Abgeordneten ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung – des von den Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer, Hubert Hüppe und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung (Tagesordnungspunkt 26) . . . . . . . . . . . . . . . . 13156 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015IV Heike Brehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13156 C Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13157 D Dr . Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU) . . . . 13159 D Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13161 A Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13161 B Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13162 D Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13163 B Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . 13164 A Dr . Dorothee Schlegel (SPD) . . . . . . . . . . . . . 13164 D Dr . Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13165 C Christian Schmidt, Bundesminister BMEL . . . 13166 B Anlage 5 Amtliche Mitteilungen 13167 B (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13065 134. Sitzung Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Beginn: 9.00 Uhr
    2. folderAnlagen
      Vizepräsidentin Petra Pau Berichtigung 133. Sitzung, Seite 12928 B, letzter Zuruf ist wie folgt zu lesen: (Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Dann fragen Sie einmal Ihren Klempner!) (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13135 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bluhm, Heidrun DIE LINKE 06.11.2015 Bülow, Marco SPD 06.11.2015 Feiler, Uwe CDU/CSU 06.11.2015 Gabriel, Sigmar SPD 06.11.2015 Glöckner, Angelika SPD 06.11.2015 Kelber, Ulrich SPD 06.11.2015 Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.11.2015 Klimke, Jürgen CDU/CSU 06.11.2015 Kolbe, Daniela SPD 06.11.2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lay, Caren DIE LINKE 06.11.2015 Maizière, Dr. Thomas de CDU/CSU 06.11.2015 Petzold (Havelland), Harald DIE LINKE 06.11.2015 Schröder (Wiesbaden), Dr. Kristina CDU/CSU 06.11.2015 Thönnes, Franz SPD 06.11.2015 Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.11.2015 Wicklein, Andrea SPD 06.11.2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513136 (A) (C) (B) (D) Anlage 2 Endgültiges Ergebnis der ersten namentlichen Abstimmung im Stimmzettelverfahren über vier Gesetzentwürfe zur Sterbebegleitung Abgegebene Stimmen insgesamt: 602 Ungültige Stimmen: 3 Gültige Stimmen: 599 Nein-Stimmen: 70 Enthaltungen: 3 Es entfielen auf die Gesetzentwürfe der Abgeordneten Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler und weiterer Abgeordneter Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung – Drucksache 18/5373 und 18/6573 – 309 Stimmen der Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Karl Lauterbach und weiterer Abgeordneter Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung – Drucksache 18/5374 und 18/6573 – 128 Stimmen der Abgeordneten Renate Künast, Dr. Petra Sitte, Kai Gehring und weiterer Abgeordneter Entwurf eines Gesetzes über die Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung – Drucksache 18/5375 und 18/6573 – 52 Stimmen der Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer und weiterer Abgeordneter Entwurf eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung – Drucksache 18/5376 und 18/6573 – 37 Stimmen Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. CDU/CSU Stephan Albani x Katrin Albsteiger x Peter Altmaier x Artur Auernhammer x Dorothee Bär x Thomas Bareiß x Günter Baumann x Maik Beermann x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13137 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Manfred Behrens (Börde) x Veronika Bellmann x Sybille Benning x Dr. André Berghegger x Dr. Christoph Bergner x Ute Bertram x Peter Beyer x Steffen Bilger x Clemens Binninger x Peter Bleser x Dr. Maria Böhmer x Wolfgang Bosbach x Norbert Brackmann x Klaus Brähmig x Michael Brand x Dr. Reinhard Brandl x Helmut Brandt x Dr. Ralf Brauksiepe x Heike Brehmer x Ralph Brinkhaus x Cajus Caesar x Gitta Connemann x Alexandra Dinges-Dierig x Alexander Dobrindt x Michael Donth x Thomas Dörflinger x Marie-Luise Dött x Hansjörg Durz x Iris Eberl x Jutta Eckenbach x Dr. Bernd Fabritius x Hermann Färber x Dr. Thomas Feist x Enak Ferlemann x Ingrid Fischbach x Dirk Fischer (Hamburg) x Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) x Dr. Maria Flachsbarth x Klaus-Peter Flosbach x Thorsten Frei x Dr. Astrid Freudenstein x Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) x Michael Frieser x Dr. Michael Fuchs x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513138 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Hans-Joachim Fuchtel x Alexander Funk x Ingo Gädechens x Dr. Thomas Gebhart x Alois Gerig x Eberhard Gienger x Cemile Giousouf x Josef Göppel x Reinhard Grindel x Ursula Groden-Kranich x Hermann Gröhe x Klaus-Dieter Gröhler x Michael Grosse-Brömer x Astrid Grotelüschen x Markus Grübel x Manfred Grund x Oliver Grundmann x Monika Grütters x Dr. Herlind Gundelach x Fritz Güntzler x Olav Gutting x Christian Haase x Florian Hahn x Dr. Stephan Harbarth x Jürgen Hardt x Gerda Hasselfeldt x Matthias Hauer x Mark Hauptmann x Dr. Stefan Heck x Dr. Matthias Heider x Helmut Heiderich x Mechthild Heil x Frank Heinrich (Chemnitz) x Mark Helfrich x Uda Heller x Jörg Hellmuth x Rudolf Henke x Michael Hennrich x Ansgar Heveling x Peter Hintze x Christian Hirte x Dr. Heribert Hirte x Robert Hochbaum x Alexander Hoffmann x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13139 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Thorsten Hoffmann (Dortmund) x Karl Holmeier x Franz-Josef Holzenkamp x Dr. Hendrik Hoppenstedt x Margaret Horb x Bettina Hornhues x Charles M. Huber x Anette Hübinger x Hubert Hüppe x Erich Irlstorfer x Thomas Jarzombek x Sylvia Jörrißen x Andreas Jung x Dr. Franz Josef Jung x Xaver Jung x Dr. Egon Jüttner x Bartholomäus Kalb x Hans-Werner Kammer x Steffen Kampeter x Steffen Kanitz x Alois Karl x Anja Karliczek x Bernhard Kaster x Volker Kauder x Dr. Stefan Kaufmann x Roderich Kiesewetter x Dr. Georg Kippels x Volkmar Klein x Axel Knoerig x Jens Koeppen x Markus Koob x Carsten Körber x Hartmut Koschyk x Kordula Kovac x Michael Kretschmer x Gunther Krichbaum x Dr. Günter Krings x Rüdiger Kruse x Bettina Kudla x Dr. Roy Kühne x Günter Lach x Uwe Lagosky x Dr. Karl A. Lamers x Andreas G. Lämmel x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513140 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Dr. Norbert Lammert x Katharina Landgraf x Ulrich Lange x Barbara Lanzinger x Dr. Silke Launert x Paul Lehrieder x Dr. Katja Leikert x Dr. Philipp Lengsfeld x Dr. Andreas Lenz x Philipp Graf Lerchenfeld x Dr. Ursula von der Leyen x Antje Lezius x Ingbert Liebing x Matthias Lietz x Andrea Lindholz x Dr. Carsten Linnemann x Patricia Lips x Wilfried Lorenz x Dr. Claudia Lücking-Michel x Dr. Jan-Marco Luczak x Daniela Ludwig x Karin Maag x Yvonne Magwas x Thomas Mahlberg x Gisela Manderla x Matern von Marschall x Hans-Georg von der Marwitz x Andreas Mattfeldt x Stephan Mayer (Altötting) x Reiner Meier x Dr. Michael Meister x Jan Metzler x Maria Michalk x Dr. h. c. Hans Michelbach x Dr. Mathias Middelberg x Dietrich Monstadt x Karsten Möring x Marlene Mortler x Volker Mosblech x Elisabeth Motschmann x Dr. Gerd Müller x Carsten Müller (Braunschweig) x Stefan Müller (Erlangen) x Dr. Philipp Murmann x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13141 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Dr. Andreas Nick x Michaela Noll x Helmut Nowak x Dr. Georg Nüßlein x Julia Obermeier x Wilfried Oellers x Florian Oßner x Dr. Tim Ostermann x Henning Otte x Ingrid Pahlmann x Sylvia Pantel x Martin Patzelt x Dr. Martin Pätzold x Ulrich Petzold x Dr. Joachim Pfeiffer x Sibylle Pfeiffer x Eckhard Pols x Thomas Rachel x Kerstin Radomski x Alexander Radwan x Alois Rainer x Dr. Peter Ramsauer x Eckhardt Rehberg x Lothar Riebsamen x Josef Rief x Dr. Heinz Riesenhuber x Johannes Röring x Dr. Norbert Röttgen x Erwin Rüddel x Albert Rupprecht x Anita Schäfer (Saalstadt) x Dr. Wolfgang Schäuble x Andreas Scheuer x Karl Schiewerling x Jana Schimke x Norbert Schindler x Tankred Schipanski x Heiko Schmelzle x Christian Schmidt (Fürth) x Gabriele Schmidt (Ühlingen) x Ronja Schmitt x Patrick Schnieder x Nadine Schön (St. Wendel) x Bernhard Schulte-Drüggelte x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513142 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Dr. Klaus-Peter Schulze x Uwe Schummer x Armin Schuster (Weil am Rhein) x Christina Schwarzer x Detlef Seif x Johannes Selle x Reinhold Sendker x Dr. Patrick Sensburg x Bernd Siebert x Thomas Silberhorn x Johannes Singhammer x Tino Sorge x Jens Spahn x Carola Stauche x Dr. Frank Steffel x Dr. Wolfgang Stefinger x Albert Stegemann x Peter Stein x Erika Steinbach x Sebastian Steineke x Johannes Steiniger x Christian Frhr. von Stetten x Dieter Stier x Rita Stockhofe x Gero Storjohann x Stephan Stracke x Max Straubinger x Matthäus Strebl x Karin Strenz x Thomas Stritzl x Lena Strothmann x Michael Stübgen x Dr. Sabine Sütterlin-Waack x Dr. Peter Tauber x Antje Tillmann x Astrid Timmermann-Fechter x Dr. Hans-Peter Uhl x Dr. Volker Ullrich x Arnold Vaatz x Oswin Veith x Thomas Viesehon x Michael Vietz x Volkmar Vogel (Kleinsaara) x Sven Volmering x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13143 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Christel Voßbeck-Kayser x Kees de Vries x Dr. Johann Wadephul x Marco Wanderwitz x Nina Warken x Kai Wegner x Albert Weiler x Marcus Weinberg (Hamburg) x Dr. Anja Weisgerber x Peter Weiß (Emmendingen) x Sabine Weiss (Wesel I) x Ingo Wellenreuther x Karl-Georg Wellmann x Marian Wendt x Waldemar Westermayer x Kai Whittaker x Peter Wichtel x Annette Widmann-Mauz x Heinz Wiese (Ehingen) x Elisabeth Winkelmeier-Becker x Oliver Wittke x Dagmar G. Wöhrl x Barbara Woltmann x Tobias Zech x Heinrich Zertik x Emmi Zeulner x Dr. Matthias Zimmer x Gudrun Zollner x SPD Niels Annen x Ingrid Arndt-Brauer x Rainer Arnold x Heike Baehrens x Ulrike Bahr x Heinz-Joachim Barchmann x Dr. Katarina Barley x Doris Barnett x Klaus Barthel x Dr. Matthias Bartke x Sören Bartol x Bärbel Bas x Lothar Binding (Heidelberg) x Burkhard Blienert x Willi Brase x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513144 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Dr. Karl-Heinz Brunner x Edelgard Bulmahn x Martin Burkert x Dr. Lars Castellucci x Petra Crone x Bernhard Daldrup x Dr. Daniela De Ridder x Dr. Karamba Diaby x Sabine Dittmar x Martin Dörmann x Elvira Drobinski-Weiß x Siegmund Ehrmann x Michaela Engelmeier x Dr. h. c. Gernot Erler x Petra Ernstberger x Saskia Esken x Karin Evers-Meyer x Dr. Johannes Fechner x Dr. Fritz Felgentreu x Elke Ferner x Dr. Ute Finckh-Krämer x Christian Flisek x Gabriele Fograscher x Dr. Edgar Franke x Ulrich Freese x Dagmar Freitag x Michael Gerdes x Martin Gerster x Iris Gleicke x Angelika Glöckner x Ulrike Gottschalck x Kerstin Griese x Gabriele Groneberg x Michael Groß x Uli Grötsch x Wolfgang Gunkel x Bettina Hagedorn x Rita Hagl-Kehl x Metin Hakverdi x Ulrich Hampel x Sebastian Hartmann x Dirk Heidenblut x Hubertus Heil (Peine) x Gabriela Heinrich x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13145 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Marcus Held x Wolfgang Hellmich x Dr. Barbara Hendricks x Heidtrud Henn x Gustav Herzog x Gabriele Hiller-Ohm x Petra Hinz (Essen) x Thomas Hitschler x Dr. Eva Högl x Matthias Ilgen x Christina Jantz x Frank Junge x Thomas Jurk x Oliver Kaczmarek x Johannes Kahrs x Ralf Kapschack x Gabriele Katzmarek x Ulrich Kelber x Marina Kermer x Cansel Kiziltepe x Arno Klare x Lars Klingbeil x Dr. Bärbel Kofler x Birgit Kömpel x Anette Kramme x Dr. Hans-Ulrich Krüger x Helga Kühn-Mengel x Christine Lambrecht x Christian Lange (Backnang) x Dr. Karl Lauterbach x Steffen-Claudio Lemme x Burkhard Lischka x Gabriele Lösekrug-Möller x Hiltrud Lotze x Kirsten Lühmann x Dr. Birgit Malecha-Nissen x Caren Marks x Katja Mast x Hilde Mattheis x Dr. Matthias Miersch x Klaus Mindrup x Susanne Mittag x Bettina Müller x Detlef Müller (Chemnitz) x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513146 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Michelle Müntefering x Dr. Rolf Mützenich x Andrea Nahles x Dietmar Nietan x Ulli Nissen x Thomas Oppermann x Mahmut Özdemir (Duisburg) x Aydan Özoguz x Markus Paschke x Christian Petry x Jeannine Pflugradt x Detlev Pilger x Sabine Poschmann x Joachim Poß x Florian Post x Achim Post (Minden) x Dr. Wilhelm Priesmeier x Florian Pronold x Dr. Sascha Raabe x Dr. Simone Raatz x Martin Rabanus x Mechthild Rawert x Stefan Rebmann x Gerold Reichenbach x Dr. Carola Reimann x Andreas Rimkus x Sönke Rix x Petra Rode-Bosse x Dennis Rohde x Dr. Martin Rosemann x René Röspel x Dr. Ernst Dieter Rossmann x Michael Roth (Heringen) x Susann Rüthrich x Bernd Rützel x Sarah Ryglewski x Johann Saathoff x Annette Sawade x Dr. Hans-Joachim Schabedoth x Axel Schäfer (Bochum) x Dr. Nina Scheer x Marianne Schieder x Udo Schiefner x Dr. Dorothee Schlegel x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13147 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Ulla Schmidt (Aachen) x Matthias Schmidt (Berlin) x Dagmar Schmidt (Wetzlar) x Carsten Schneider (Erfurt) x Elfi Scho-Antwerpes x Ursula Schulte x Swen Schulz (Spandau) x Ewald Schurer x Frank Schwabe x Stefan Schwartze x Andreas Schwarz x Rita Schwarzelühr-Sutter x Rainer Spiering x Norbert Spinrath x Svenja Stadler x Martina Stamm-Fibich x Sonja Steffen x Peer Steinbrück x Christoph Strässer x Kerstin Tack x Claudia Tausend x Michael Thews x Dr. Karin Thissen x Carsten Träger x Rüdiger Veit x Ute Vogt x Dirk Vöpel x Gabi Weber x Bernd Westphal x Dirk Wiese x Gülistan Yüksel x Dagmar Ziegler x Stefan Zierke x Dr. Jens Zimmermann x Manfred Zöllmer x Brigitte Zypries x DIE LINKE. Jan van Aken x Dr. Dietmar Bartsch x Herbert Behrens x Karin Binder x Matthias W. Birkwald x Christine Buchholz x Eva Bulling-Schröter x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513148 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Roland Claus x Sevim Dagdelen x Dr. Diether Dehm x Klaus Ernst x Wolfgang Gehrcke x Nicole Gohlke x Annette Groth x Dr. André Hahn x Heike Hänsel x Dr. Rosemarie Hein x Inge Höger x Andrej Hunko x Sigrid Hupach x Ulla Jelpke x Susanna Karawanskij x Kerstin Kassner x Katja Kipping x Jan Korte x Jutta Krellmann x Katrin Kunert x Sabine Leidig x Ralph Lenkert x Stefan Liebich x Dr. Gesine Lötzsch x Thomas Lutze x Birgit Menz x Cornelia Möhring x Niema Movassat x Norbert Müller (Potsdam) x Dr. Alexander S. Neu x Thomas Nord x Petra Pau x Richard Pitterle x Martina Renner x Michael Schlecht x Dr. Petra Sitte x Kersten Steinke x Dr. Kirsten Tackmann x Azize Tank x Dr. Axel Troost x Alexander Ulrich x Kathrin Vogler x Halina Wawzyniak x Harald Weinberg x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13149 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Katrin Werner x Birgit Wöllert x Jörn Wunderlich x Hubertus Zdebel x Pia Zimmermann x Sabine Zimmermann (Zwickau) x BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Luise Amtsberg x Kerstin Andreae x Annalena Baerbock x Marieluise Beck (Bremen) x Volker Beck (Köln) x Dr. Franziska Brantner x Agnieszka Brugger x Katja Dörner x Katharina Dröge x Harald Ebner x Dr. Thomas Gambke x Matthias Gastel x Kai Gehring x Katrin Göring-Eckardt x Anja Hajduk x Britta Haßelmann x Dr. Anton Hofreiter x Bärbel Höhn x Dieter Janecek x Uwe Kekeritz x Katja Keul x Maria Klein-Schmeink x Tom Koenigs x Sylvia Kotting-Uhl x Oliver Krischer x Stephan Kühn (Dresden) x Christian Kühn (Tübingen) x Renate Künast x Markus Kurth x Monika Lazar x Steffi Lemke x Dr. Tobias Lindner x Nicole Maisch x Peter Meiwald x Irene Mihalic x Beate Müller-Gemmeke x Özcan Mutlu x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513150 (A) (C) (B) (D) Name Brand/ Griese Hintze/ Reimann Künast/ Sitte Sensburg/ Dörflinger Nein Ent- haltg. Ungült. Dr. Konstantin von Notz x Omid Nouripour x Friedrich Ostendorff x Cem Özdemir x Lisa Paus x Brigitte Pothmer x Tabea Rößner x Claudia Roth (Augsburg) x Corinna Rüffer x Manuel Sarrazin x Elisabeth Scharfenberg x Ulle Schauws x Dr. Gerhard Schick x Dr. Frithjof Schmidt x Kordula Schulz-Asche x Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn x Hans-Christian Ströbele x Dr. Harald Terpe x Markus Tressel x Jürgen Trittin x Dr. Julia Verlinden x Beate Walter-Rosenheimer x Dr. Valerie Wilms x Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13151 (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentlichen Abstimmungen über – den von den Abgeordneten Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler, Dr. Harald Terpe und weiteren Abgeordneten eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung – den von den Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Karl Lauterbach, Burkhard Lischka und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Re- gelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendi- gung (Suizidhilfegesetz) – den von den Abgeordneten Renate Künast, Dr. Petra Sitte, Kai Gehring, Luise Amtsberg und weiteren Abgeordneten eingebrachten Ent- wurf eines Gesetzes über die Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung – den von den Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer, Hubert Hüppe und weiteren Abgeordneten eingebrachten Ent- wurf eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung (Tagesordnungspunkt 26) Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was es für jeden Einzelnen bedeutet, in Würde und selbstbestimmt zu sterben, ist so unterschiedlich wie die Natur des Menschen selbst. Trotzdem gibt es einen Trend, der aus meiner Sicht in den Mittelpunkt der De- batte gehört, wenn wir aktuell darüber diskutieren, ob die Beihilfe zum Suizid unter Strafe gestellt werden soll oder nicht: So geben Menschen über 60 Jahre als Grund für ihren Sterbewunsch neben der Angst vor Schmerzen und Abhängigkeit von Apparatemedizin vor allem an, Angst davor zu haben, jemandem zur Last zu fallen oder einsam zu sein. Zudem gibt es klare Hinweise darauf, dass gera- de bei älteren Menschen depressive Erkrankungen nicht ausreichend diagnostiziert und behandelt werden. Forde- rungen nach einer Lockerung der Sterbehilfe gerade über Vereine sind eine Reaktion auf diese Ängste – vor allem aber ein Alarmsignal. Zugleich gibt es Situationen, in denen die Schmerzlin- derung eben nicht mehr ausreicht und Ärzte, Nahestehen- de und Sterbende spüren, dass das Leiden unerträglich ist und dass die Kraft nicht reicht. Wann dieser Moment ge- kommen ist, werden wir nicht allgemeinverbindlich und mit letzter Rechtssicherheit, und gerade nicht mit dem Strafrecht, regeln können. Um Schwerstleidende und ihre nahestehenden Personen in einer solch individuel- len Notsituation zu unterstützen, müssen und dürfen wir die Sterbehilfe nicht weiter institutionalisieren. Aber wir sollten Rechtssicherheit für Ärzte und Patientinnen und Patienten herstellen. Um die Selbstbestimmung von un- heilbar erkrankten Patienten zu stärken, ist es daher sinn- voll, eine Regelung zu schaffen, die es Ärztinnen und Ärzten ausdrücklich ermöglicht, in Ausnahmesituationen dem Wunsch des Patienten nach Hilfe bei der selbstvoll- zogenen Lebensbeendigung entsprechen zu können – so wie das auch der Gesetzentwurf von Hintze/Reimann formuliert, während der Entwurf von Brand/Griese dies einschränken will bzw. das Strafrecht verschärft. Ein einfaches Weiter-so ist aus meiner Sicht schwie- rig, weil die derzeitige Situation unklar ist, da das ärztli- che Standesrecht derzeit in der Mehrzahl der Ärztekam- merbezirke in Deutschland Ärztinnen und Ärzten die Suizidassistenz untersagt, in sieben jedoch nicht. Ich unterstütze, dass der Gesetzentwurf von Hintze/ Reimann –anders als beispielsweise der Entwurf von Künast/Sitte – aufgrund der Entscheidungstiefe und zur Vermeidung von Missbräuchen die ärztliche Suizidas- sistenz an bestimmte Voraussetzungen bindet: Die ster- bewillige Person ist volljährig und einwilligungsfähig, wurde intensiv durch einen Arzt beraten und leidet unter einer schweren, unumkehrbaren, zum Tode führenden Krankheit, was auch bedeutet, dass Depression oder Demenz nicht erfasst sind, was für mich zentral ist. Ein zweiter Arzt soll dies kontrollieren und bestätigen. Die Anhörung und die parlamentarischen Beratungen haben jedoch verdeutlicht, dass der Eingriff ins ärztliche Standesrecht in allen Gesetzentwürfen nicht rechtssicher ist, auch bei Hintze/Reimann. Zudem wurde in der Be- ratung deutlich, dass das Rechtsverhältnis Arzt-Patient unklar bliebe, weil die Suizidhilfe nicht Teil des Behand- lungsvertrages sein soll. Auch wären Vereine von diesen Regelungen nicht erfasst, was ich für problematisch hal- te. Aus diesem Grund favorisiere ich zwar den Gesetz- entwurf von Hintze/Reimann. Aber aufgrund des aus meiner Sicht auch dort bestehenden Nachbesserungs- bedarfs kann die heutige Abstimmung für mich kein Schlussstrich sein. Vielmehr waren die letzten eineinhalb Jahre Debatte ein wichtiger Zwischenschritt. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der Deutsche Bundestag hat sich entschlossen, über eine rechtliche Neuregelung der Beihilfe zum Su- izid zu entscheiden. Ich bin nicht davon überzeugt, dass es möglich ist, das vielfältige Gesicht von menschlicher Not, Leiden und Sterben in ein Gesetz zu pressen. Vor allem gehört dieser Sachverhalt nicht ins Strafrecht. Alle heute vorliegenden Gesetzentwürfe werden zu rechtlichen Unklarheiten und möglicherweise zu Verfah- ren vor dem Bundesverfassungsgericht führen. Ich gehe davon aus, dass es einem juristisch nicht perfekten Ge- setz dennoch gelingen kann, gesellschaftlichen Rechts- frieden herzustellen. Ich möchte den Grundsatz des Respekts vor der selbst- bestimmten Entscheidung über das eigene Leben ge- wahrt sehen. Ich begrüße deshalb die Botschaft des Ge- setzentwurfs der Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Karl Lauterbach, Burkhard Lischka und weiterer Abgeordneter, dem ich zustimme. Die Beratung und Begleitung in so existenziellen Fra- gen von Leben und Tod gehört in die Hand von Personen, die in einem Vertrauensverhältnis zu dem betreffenden Menschen stehen. Deshalb sollten sich gesetzliche Re- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513152 (A) (C) (B) (D) gelungen darauf beschränken, Missbrauch zu verhindern und der Gefahr einer Unterscheidung von „lebenswer- tem“ und vermeintlich „nicht lebenswertem“ Leben ent- gegenzuwirken. Es bleibt weiterhin die Aufgabe von Politik und Ge- sellschaft, die Palliativmedizin für alle Sterbenskranken vorzuhalten, das Hospizwesen flächendeckend auszu- bauen und die würdige und zugewandte Begleitung von Sterbenden in den Pflegeheimen und im privaten Raum zu ermöglichen. Christine Buchholz (DIE LINKE): Selbstbestim- mung und optimale Versorgung statt Strafrecht: Das Thema Sterbehilfe hat zu einer breiten gesellschaftliche Diskussion über die Lebenssituation schwer kranker und sterbender Menschen geführt. Das ist positiv, denn die- se öffentliche Debatte ist eine wichtige Voraussetzung für die dringend notwendige Verbesserung der medizi- nischen Versorgung und Pflege im Allgemeinen und der Palliativ- und Hospizversorgung im Speziellen. Denn noch immer haben viele Menschen keinen Zugang zu ei- ner optimalen medizinischen, pflegerischen und psycho- soziale Begleitung am Lebensende. Es hilft den Betroffenen nicht, wenn man diejenigen, die sie bei der Selbstbestimmung am Lebensende unter- stützen, strafrechtlich verfolgt. Schwerkranke und Ster- bende brauchen neben der optimalen Versorgung empha- tische Unterstützung und Beratung, um frei ihre eigene Entscheidung treffen zu können. Ein würdevolles Leben und Sterben ist ein soziales Menschenrecht. Deshalb habe ich heute im Bundestag gegen die Ver- schärfung der geltenden Gesetze gestimmt. Petra Crone (SPD): Nach reiflicher Überlegung komme ich zu dem Schluss, meine im Juni 2015 erklärte Unterstützung zum Antrag „Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbst- tötung“ zurückzuziehen. In vielen Gesprächen und Fachrunden wurde regel- mäßig auf die schwierige Rechtslage für unser medizi- nisches Fachpersonal hingewiesen. Ich möchte keinen Arzt oder keine Ärztin bestraft wissen, weil er oder sie Menschen auch im Rahmen ihres Sterbens hilft. Diese Skepsis kann der oben genannte Antrag nicht ausräumen. Aus diesem Grund schließe ich mich den Ini- tiatoren des Antrags „Keine neuen Straftatbestände bei Sterbehilfe“ an. Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie ein würdevolles Lebensende aussieht, kann jede und jeder nur für sich selbst entscheiden. Jeder Mensch hat seine Vorstellung von persönlicher Würde; niemand an- deres kann diese stellvertretend definieren. Neben allen medizinischen Möglichkeiten, die wir haben, gibt es Menschen, die psychisch gesund und bei vollem Be- wusstsein, jedoch unheilbar krank sind und darüber Ge- wissheit haben. Diese Menschen wollen und sollen nicht ihre Selbstbestimmung verlieren, unabhängig davon, ob sie einen Zugang zur Palliativmedizin haben, ob sie An- gehörige haben, die für sie da sind oder die sie brauchen. Mir geht es darum, dass jeder Einzelne und jede Einzelne die Möglichkeit behält, selbst über das Ende des eigenen Lebens bestimmen zu können. Politikerinnen und Politi- ker haben nicht das Recht, höchst persönliche Entschei- dungen, Entscheidungen, die den eigenen Tod betreffen, zu bewerten oder zu erschweren. Und sie haben nicht das Recht, darüber zu urteilen, was ein würdevolles Le- bensende ist. Um diese Selbstbestimmung weiterhin zu ermöglich, muss der assistierte Suizid straffrei bleiben. Moralvor- stellungen dürfen nicht Ratgeber für Gesetze sein, die für alle gelten. Glauben, Ansichten und ethische Vorstellun- gen gehören nicht ins Strafgesetzbuch. Vielmehr sollten praktikable Lösungen gefunden werden, die es allen er- möglichen, eigene Entscheidungen zu treffen. Diese um- fassen für mich auch, dass es möglich sein muss, eine Person seiner/ihrer Wahl um Beihilfe zur Selbsttötung zu bitten. Denn: Ein selbstbestimmtes und menschenwür- diges Leben schließt auch selbstbestimmtes Sterben mit ein. Ärztinnen und Ärzte, die schwer kranken Menschen bei der Fragestellung nach dem Ende des Lebens zur Sei- te stehen, sollen nicht kriminalisiert werden. Patientinnen und Patienten sollen deren Rat suchen können und deren Unterstützung in Anspruch nehmen können – natürlich nur, wenn die Ärztinnen und Ärzte dies selbst wollen und mit ihrem Gewissen vereinbaren können. In dem Antrag von Brand/Griese sehe ich – wie viele namhafte Straf- rechtsexpertinnen und –experten auch – das Risiko, dass Ärztinnen und Ärzten die Strafverfolgung droht, wenn sie Menschen in ihrem Wunsch zu sterben, beraten oder unterstützen. Eine solche Verschärfung lehne ich ab. Nur wenn sich Menschen in ihrer existentiellen Not vertrauensvoll beispielsweise. an Ärztinnen und Ärzte wenden können, ist die Möglichkeit der Suizidprävention noch gegeben. Ein beratendes Gespräch kann die Selbst- tötung eventuell verhindern. Eine Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzte könnte jedoch dazu führen, dass Menschen andere Formen des Suizids wählen. Mir ist aber wichtig, dass mit Sterbehilfe kein Profit gemacht wird. Dafür müssen jedoch seriöse Angebote wie die Konsultation von Ärztinnen und Ärzten sowie nichtkom- merziellen Sterbehilfevereinen gestärkt werden. Viele Menschen möchten explizit nicht ihre Angehö- rigen bitten, sie beim Suizid zu unterstützen, zum, Bei- spiel weil sie diese nicht belasten wollen. Darüber hi- naus haben besonders viele ältere Menschen gar keine Angehörigen mehr; andere Menschen haben wiederum kein Vertrauensverhältnis zu diesen. Die Möglichkeit der nichtkommerziellen, außerfamiliären Sterbehilfe ist mei- ner Meinung nach eine wichtige Form der Unterstützung. Diese sollte weder verwehrt werden noch sollten die As- sistentInnen, die dann die Beihilfe leisten, kriminalisiert werden. Eine strafrechtliche Ahndung bewirkt das Ge- genteil. Menschen werden gezwungen sein, ins Ausland zu reisen oder zu illegalen Mitteln greifen müssen, um sich ihren letzten Wunsch zu erfüllen. Im Rahmen der Debatte zur Sterbebegleitung wurde auch über die Situation von Schwerkranken diskutiert. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13153 (A) (C) (B) (D) Schwer kranke und alte Menschen sollen am Ende ihres Lebens besser und individueller betreut, ihre Schmerzen gelindert und Ängste genommen werden. Leider fehlt es nach wie vor an einer gesellschaftlichen Würdigung von Pflege und Pflegenden allgemein und insbesondere auch in der Palliativ- und Hospizversorgung. Die unzu- reichende Wertschätzung zeigt sich besonders deutlich in der fehlenden finanziellen und personellen Ausstattung. Deshalb setze ich mich für eine flächendeckende Hos- piz- und Palliativversorgung ein. Ein menschenwürdiges Sterben muss überall möglich sein, egal ob zu Hause, im Krankenhaus oder im Heim. Die grüne Bundestagsfrakti- on hat in einem Antrag eine verbesserte Trauerbegleitung für Angehörige gefordert, was von der Bundesregierung im gestern vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung auf- gegriffen wurde. Künftig sollen ambulante Hospizdiens- te mehr Geld erhalten, um auch die so wichtige Trau- erbegleitung von Angehörigen leisten zu können und insgesamt den Einsatz von Ehrenamtlichen zu stärken. Es gilt aber, unterschiedliche Fragestellungen nicht miteinander vermischen. Die Gründe für den Mangel im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung liegen in der (finanziellen) Anerkennung der Berufe darin, dass Pflege noch viel zu oft als Privatangelegenheit verstan- den wird, darin, dass im Bereich der Palliativmedizin zu wenig Plätze vorhanden sind, aber nicht darin, dass Sui- zidbeihilfe nicht unter Strafe steht. Selbstbestimmung muss auch am Lebensende mög- lich sein. Der assistiere Suizid muss deshalb weiterhin straffrei bleiben. Aus diesem Grund spreche ich mich ge- gen jede Form der Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten und gegen eine Verschärfung der gegenwärtigen Rechtslage aus. Aus diesem Grund habe ich heute den Gesetzentwurf von Renate Künast inhaltlich unterstützt. In der namentlichen Abstimmung habe ich mit „Nein“ gestimmt, um eine Verschärfung der Rechtlage mit Blick auf die Beihilfe zum Suizid zu verhindern. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Ich habe für den Text Künast Sitte gestimmt, weil aus meiner Sicht gibt es das nicht einzuschränkende Recht über den eigenen Körper. Dieses Recht steht am Beginn des Lebens, es ist das uneingeschränkte Recht der Frau, zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft austrägt oder beendet. Es ist das Recht eines jeden Menschen, zu entscheiden, ob er sein Leben fortführen oder beenden will. Leben ist im- mer – aus meiner Sicht – ein soziales Ensemble. Gründe zum Weiterleben oder zur Beendigung des eigenen Le- bens liegen im Ermessen der oder des Betroffenen. Es darf keinen Zwang geben, es darf auch keine Einschrän- kung geben. Krankheit, Alter sind Gründe, aber nicht die alleinigen. Mich hat über Jahrzehnte die Entscheidung von Laura Marx und Paul Lafargue tief beeindruckt. Beide ent- schieden sich, nach langen Jahren des Zusammenlebens ihrem Leben gemeinsam ein Ende zu setzen. Nach einem Opernbesuch 1911 gingen sie gemeinsam in den Freitod. Für die Entscheidung, sein eigenes Leben zu beenden, muss der Gesetzgeber Hilfen zulassen, wenn es die oder der Betroffene wollen. Meinen Vorstellungen am nächs- ten kommt der Entwurf Künast/Sitte, auch wenn meine eigenen Vorstellungen darüber hinausgehen. Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass nicht wirt- schaftliche Not darüber entscheidet, ob der Anspruch des Grundgesetzes, die Würde des Menschen sei unantastbar, eingelöst werden kann oder nicht. Die Entscheidung, eine Schwangerschaft auszutragen oder sie zu beenden, hing über Jahrzehnte an der Frage, ob sich die Frau eine Reise in die Niederlande leisten kann. Eine große Mehrheit von Frauen musste dagegen unter erbärmlichen Bedingungen einen Schwangerschaftsabbruch mit hohen Risiken für Leib und Leben erfahren. Heute hängt oftmals die Frage, ob ein Mensch seinem Leben würdevoll ein Ende setzen kann, daran, ob er das Geld hat, in die Schweiz zu fahren oder nicht. Würde, Leben und Tod dürfen nicht weiterhin vom sozialen Status abhängen. Micheal Groß (SPD): Das Leben in Würde ist unser höchstes Gut. Jeder Mensch hat das Recht, ein selbstbe- stimmtes Leben zu führen, und dazu gehört, aus meiner ganz persönlichen Sicht, auch das Sterben in Würde. Die vorliegenden Gesetzesentwürfe bringen in meinen Augen keine Lösung für das eigentliche Problem: Ein Antrag zielt auf Strafbarkeit bei der Teilnahme an der Selbsttö- tung, was aus meiner Sicht eine deutliche Verschlechte- rung der derzeit bestehenden Rechtslage ist und ich daher ablehne. Ein Gesetzentwurf gewährt die Sterbehilfe nur dem Arzt durch eine zivilrechtliche Regelung und dem Schutz vor dem Entzug der Approbation. Dieser Antrag hat meine größte Unterstützung. Letztendlich erfasst kei- ner der Vorschläge das Thema in seinem Umfang. Wir haben in unserer Gesellschaft das Sterben lange Zeit an den Rand gedrängt. Es ist kein schönes Thema, kein po- litisches Thema – es ist ein sehr persönliches und auch familiäres Thema. Sich mit der Endlichkeit des eigenen Seins auseinanderzusetzen, machen wir meist nur aus persönlicher Betroffenheit, weil wir jemanden Naheste- henden verloren haben oder selbst mit schweren Krank- heiten oder Unfällen konfrontiert werden. Dennoch ist in den vergangenen Jahren ein Prozess des gesellschaftli- chen Umdenkens in Gang gekommen. Das Patientenver- fügungsgesetz, wonach jeder Umfang lebenserhaltende Maßnahmen Pflegestärkungsgesetz zur Unterstützung vorab entscheiden kann, ob und in welchem durchgeführt werden können oder das der Pflegebedürftigen und der pflegenden Angehörigen, ist Teil der Auseinandersetzung und wichtige erste Weichenstellung in einem Umden- kungsprozess. Ich selber musste mich aus persönlicher Erkrankung intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Für mich persönlich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass für mich in einem solchen Falle lediglich Familie, sehr enge Freunde und der Arzt meines persönlichen Vertrauens die richtigen Ansprechpartner wären. Die Palliativ- und Hospizversorgung in Deutschland ist immer noch zu gering. Es geht nicht nur um Schmerz- linderung, um medizinische und psychologische Betreu- ung, sondern um Abschiednehmen. Eine stationäre und ambulante Versorgung ist unbedingt flächendeckend si- cherzustellen und finanziell abzusichern. In der bisheri- gen Praxis sind viele Palliativzentren immer noch stark Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513154 (A) (C) (B) (D) auf Spenden angewiesen, um ihre wertvolle Arbeit in der Form leisten zu können. Um den Menschen ihren letzten Weg in Würde und selbstbestimmt gehen lassen zu können, rein rechtlich betrachtet, ist unsere Gesetzgebung derart gestaltet, dass erlaubt ist, was nicht gesetzlich verboten ist. Eine spe- zifische Erlaubnis bestimmter Gruppierungen schließt somit andere aus. Daher brauchen wir keinen Ausbau der erlaubten Sterbehilfe in den vorliegenden Entwürfen. Wichtig ist, dass sie Zugang zu ergebnisoffener Beratung und Unterstützung haben, um auf diesem Weg der irre- versiblen Entscheidung, eventuell. auch wieder Abstand nehmen zu können von dem Weg. Aus diesem Grund leh- ne ich die Gesetzesentwürfe und Anträge ab. Sterbehilfe darf keine Frage des Geldes und von Interessen sein. Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU): Beginnend mit einer vierstündigen Orientierungsdebatte am 13. No- vember 2014 hat der Deutsche Bundestag intensiv über die Frage der Sterbehilfe beraten. Bis zur ersten Lesung am 2. Juli 2015 wurden vier Gruppenanträge erarbeitet, die zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen wurden. Der federführende Ausschuss für Recht und Ver- braucherschutz hat die Gesetzentwürfe insbesondere am 23. September 2015 in öffentlicher Anhörung mit Sach- verständigen über fünf Stunden ausführlich diskutiert. Aufgrund dieser Beratungen und nach reiflicher Über- legung habe ich heute für den Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung auf BT-Drucksache 18/5373 (Brand/Griese) gestimmt. Derzeit ist die Beihilfe zur Selbsttötung in Deutsch- land nicht strafbar. Gemäß § 27 Absatz 1 StGB wird als Gehilfe bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu des- sen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe ge- leistet hat. Da die Selbsttötung nicht strafbar ist, fehlt es an der rechtswidrigen Haupttat. Aktivitäten von sogenannten Sterbehilfevereinen und auch einzelnen Personen, die organisiert oder gar ge- werbsmäßig legal Beihilfe zum Suizid anbieten, sehe ich äußerst kritisch und lehne ich ab. Dazu muss die Rechts- lage geändert werden. Ein umfassendes Verbot der Sterbehilfe, wie es der Gesetzentwurf von Sensburg/Dörflinger vorsieht, halte ich allerdings nicht für erforderlich. Mit der Ermögli- chung einer zulässigen Suizidbeihilfe durch Ärzte, wie sie der Entwurf von Hintze/Reimann/Lauterbach vor- sieht, oder gar dem Entwurf von Künast/Sitte, die nur die gewerbsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe stellen wollen, würde der Gesetzgeber demgegenüber de facto die Voraussetzungen eines Angebots für Suizidbeihilfe regeln. Damit würden einerseits beispielsweise Ärzte unter Zugzwang gesetzt, diese Tätigkeit anzubieten. An- dererseits haben viele Menschen Angst, im Alter oder bei schwerer Krankheit anderen zur Last zu fallen. Insbeson- dere aufgrund dieses Empfindens könnten bereits An- gebote der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid einen Erwartungsdruck erzeugen, diese Angebote wahrzuneh- men, um durch einen Suizid die eigene Familie von einer vermeintlichen „Last“ zu befreien. Aus meiner Sicht ist bereits die geschäftsmäßige Or- ganisation von Sterbehilfe, auch ohne kommerzielle Ab- sicht, ethisch problematisch und strafwürdig, da sie eine explizite oder auch implizite Werbung für den Suizid be- deutet. Deshalb habe ich für die Schaffung eines neuen § 217 StGB gestimmt, mit dem die geschäftsmäßige För- derung der Selbsttötung unter Strafe gestellt wird. Darunter fällt eine auf Wiederholung angelegte Tätig- keit in der Absicht, Suizid zu fördern. Geschäftsmäßig heißt, dass jemand die Sterbehilfe zum wiederkehrenden Bestandteil seiner Tätigkeit macht. Nicht davon betroffen ist hingegen die normale ärzt- liche heilende, beratende, lindernde Tätigkeit eines Me- diziners. Straffrei bleibt aber auch der Arzt, der eine Suizidbeihilfe im Einzelfall und aus altruistischen Mo- tiven leistet, weil das gerade nicht unter die Definition „geschäftsmäßig“ fällt. Anders als ein Sterbehilfeverein, dessen Zweck auf die Beihilfe zum Suizid gerichtet ist, will ein normaler Arzt, auch ein Arzt, der im Hospiz tätig ist, oder ein Pal- liativmediziner, geschäftsmäßig Leiden lindern. Er will gerade nicht wiederholt Suizidhilfe leisten. Axel Knoerig (CDU/CSU): Ich spreche mich für eine Wahrung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende aus, die nicht durch staatliche Intervention und straf- rechtliche Sanktionen beeinflusst werden darf. Ich stim- me daher für den Gesetzentwurf von Hintze / Reimann / Lauterbach / Lischka (Drucksache 18/5374), fordere aber darüber hinaus folgende Anpassungen: Die Institutionalisierung von Ad-hoc-Beratungsstel- len zur Sterbehilfe, die ohne Fristen aufgesucht werden können und Schwerstkranke im Sinne einer Suizidprä- vention beraten, ist dringend geboten. Diese Beratungs- stellen müssen zivilgesellschaftlich organisiert werden. Ihre Arbeit muss in Geschäftsberichten evaluiert werden. Die ärztliche Begleitung eines Suizides muss in Be- richten dokumentiert werden, die ebenfalls in bestimm- ten Abständen evaluiert werden. Der Gesetzentwurf (Drucksache 18/5374) muss insbe- sondere vor dem Hintergrund eines Schutzes Dritter vor den Folgen von Suiziden gesehen werden. Mechthild Rawert (SPD): Ich bin in einem Alter, in dem ich Erfahrung mit dem Sterben und Tod von Famili- enangehörigen und von FreundInnen habe. Zum Thema Sterbehilfe habe ich in den vergangenen Monaten viele Gespräche geführt, zahlreiche persönliche Briefe sowie Schreiben von Organisationen haben mich erreicht. Die bisherigen Debatten und die entsprechende Anhörung zur Sterbebegleitung im Deutschen Bundestag wurden intensiv verfolgt. Weitere Impulse zur Entscheidungsfin- dung gaben mir auch die BürgerInnen meines Wahlkrei- ses Tempelhof-Schöneberg auf der Fraktion-vor-Ort-Ver- anstaltung am 22. September 2015. Die Mehrheit der Bevölkerung befürchtet eine „Neu- kriminalisierung“ der Sterbehilfe: Sie empfinden einen derart gravierenden Eingriff als einen illegitimen Über- griff des Staates. Darunter sind auch viele überzeugte Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13155 (A) (C) (B) (D) ChristInnen beider Konfessionen, über die Haltungen von Mitgliedern anderer Religionsangehöriger weiß ich leider zu wenig. Über 140 deutsche Strafrechtslehrende sprechen sich ebenfalls dagegen aus. Gleiches meint die überwiegende Mehrheit der MedizinerInnen: Nur eine Minderheit von 20 Prozent der ÄrztInnen möchte ein strafrechtliches Verbot. Die Mehrheit insbesondere der PalliativmedizinerInnen und der OnkologInnen lehnen Strafverschärfungen ab. Auch ich bin zu der Auffassung gekommen, dass eine Strafbewehrung der Suizidhilfe nicht nötig – und vor al- lem nicht hilfreich– ist. Im Unterschied zu anderen euro- päischen Nachbarstaaten, wie Belgien oder Niederlande, ist in Deutschland die Tötung auf Verlangen bereits unter Strafe gestellt. Eine gewichtige Sorge, die mich und viele BürgerIn- nen umtreibt, ist die mögliche Kriminalisierung genau der Berufsgruppe, die für die Option eines vertrauens- vollen Gespräches zur assistierten Suizidbeihilfe und als potenzielle UnterstützerInnen in Frage kommen: die Me- dizinerInnen. Allein die Aussicht, dass MedizinerInnen mit der Drohung der Strafbewehrung leben müssen, wird das ÄrztInnen-PatientInnen-Verhältnis prägen - sofern Möglichkeiten des vertrauensvollen Gespräches über- haupt noch gewährleistet werden. Ohne ÄrztInnen fehlt aber die kompetente medikamentöse Möglichkeit. Menschen, die professionell mit PatientInnen in Kontakt treten, handeln in jeder Hinsicht geschäftsmä- ßig – und zwar nicht nur im Hinblick auf die eigentli- che Behandlung, sondern auch im Hinblick auf die er- gebnisoffene Beratung von lebensmüden PatientInnen. ÄrztInnen, die in verantwortungsvoller Ausübung ihrer durch das Grundgesetz geschützten Gewissensfreiheit nur in sehr wenigen Ausnahmefällen eine Suizidhilfe leisten, würden in den Verdacht geraten, mit Wiederho- lungsabsicht zu handeln. Ein Verbot geschäftsmäßiger Suizidhilfe zielt auf „WiederholungstäterInnen“. Dadurch trifft ein solches Gesetz vor allem ÄrztInnen, die viele sterbenskranke PatientInnen betreuen, also insbesondere Palliativmedi- zinerInnen oder KrebsärztInnen. Gerade hier ist aber das besondere Vertrauensverhältnis notwendig. Sie müssen offen sein können für die Wünsche und Nöte der Ster- benskranken. Wenn sie dies nicht mehr sein dürfen, ver- größert sich doch die Gefahr, dass windige Geschäftema- cherInnen durch Deutschland reisen und im Falle eines Strafrechtsverbots die Preise deutlich anziehen können. „Dann haben nur noch Reiche die Wahl zwischen der teu- ren Begleitung in der Schweiz oder zwielichtiger Sterbe- hilfe gegen Bargeld. Sozial Schwachen bleibt Bahngleis, Strick oder Hochhaus.“ Profitorientierte sogenannte SterbehelferInnen han- deln nicht nur sittenwidrig. Gegen sie kann die Staatsan- waltschaft wegen des Verdachts auf Totschlag ermitteln. Die derzeitige Gesetzeslage reicht also aus, um der Ge- schäftemacherei mit dem Tod Einhalt zu bieten. Der Sor- ge der kommerziellen Ausbeutung des Sterbewunsches eines Menschen kann durch gewerberechtliche Regulie- rung außerhalb des Strafrechts entgegengetreten werden. Entscheidend sind auch die Vorschriften im Arzneimit- telgesetz und Betäubungsmittelgesetz. Die bestehende Rechtslage hat schon bisher verhindert, dass organisierte Sterbehilfe in Deutschland zu einem Massenphänomen geworden ist. Ich bin der Auffassung, dass Menschen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, mit dem Gedanken tra- gen, ihr Leben selbst zu beenden, uneingeschränkt Zu- gang zu ergebnisoffener Beratung und Unterstützung haben sollen. Erfahrungen zeigen, dass gerade viele Sterbenskranke unter diesen Umständen auch von ihrem Vorhaben wieder Abstand nehmen. Allein die Gewissheit der PatientInnen, dass ihre ÄrztInnen ihnen weiterhelfen würden, reicht den meisten. Unbestritten ist, dass alles zu tun ist, damit wir deutschlandweit eine gute Hospiz- und Palliativkultur entwickeln. Daher begrüße ich das gestern vom Deut- schen Bundestag beschlossene Hospiz- und Palliativge- setz außerordentlich. Auf der von mir organisierten Frak- tion-vor-Ort-Veranstaltung zur Sterbehilfe berichteten MitarbeiterInnen der Telefonseelsorge und aus der Pal- liativ- und Hospizarbeit, dass häufig der Satz falle: „Ich will so nicht mehr leben“. Seltener zu hören sei die Aus- sage: „Ich will nicht mehr leben“. Grund seien schwere Beschwerden der PatientInnen. Werden diese gelindert, verschwinde der Wunsch oft. Aber es bleibt der traurige Fakt: Selbst mit der palliativen Sedierung (Narkoseschlaf bis zum Tod) können auch die besten Palliativmediziner- Innen nicht alle Qualen nehmen. Das Lesen von Stellungnahmen und Diskussionserfah- rungen zeigt mir, dass es nicht – wie häufig behauptet – die Schwachen und Einsamen sind, die ihren Wunsch zu sterben gegenüber einer ÄrztIn äußern. Es sind zumeist selbstbewusste und gebildete Menschen, die nicht auf- grund der Schmerzen oder aufgrund von äußerem Druck so agieren, sondern denen es um Selbstbestimmung, um ihre Würde geht. Ich teile die Ansicht nicht, dass es bei keiner Ausweitung der Strafbewehrung zu einem soge- nannten Dammbruch kommt. Ich sehe unsere Gesell- schaft nicht in einem so miserablen Zustand. Außerdem ist es unsere Aufgabe als gewählte PolitikerInnen, eine entsprechend vorbeugende „gute Politik“ zu machen. Ich sehe die Klärung der hier behandelten Fragestel- lungen vor allem bei den MedizinerInnen selbst. Nie- mand soll gegen sein Gewissen handeln müssen. Derzeit ist es für MedizinerInnen und PatientInnen aber sehr sehr unbefriedigend, dass es eine Frage des Wohnortes ist, ob ein solch vertrauensvolles Gespräch, ob ein unein- geschränkter Zugang zu ergebnisoffener Beratung und Unterstützung gegeben ist. Zehn von 17 Landesärzte- kammern verbieten die ärztliche Suizidassistenz. Gefragt sind die ÄrztInnen in ihrer Selbstverwaltung. Sie müssen sich so organisieren, dass der Mehrheitswille auch poli- tisch relevant wird. Ich schließe mich nachdrücklich der Empfehlung des Deutschen Ethikrats an, wonach „die Ärztekammern einheitlich zum Ausdruck bringen sollten, dass unge- achtet des Grundsatzes, dass Beihilfe zum Suizid keine ärztliche Aufgabe ist, im Widerspruch dazu stehende Gewissensentscheidungen in einem vertrauensvollen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513156 (A) (C) (B) (D) ÄrztIn-PatientIn-Verhältnis bei Ausnahmesituationen re- spektiert werden“. Aus all diesen Gründen habe ich den Antrag „Keine neuen Straftatbestände bei Sterbehilfe“ der Abgeord- neten Katja Keul, Dr. Sabine Sütterlin-Waack, Brigitte Zypries, Matthias W. Birkwald zusammen mit weiteren Abgeordneten unterzeichnet und lehne die vier vorgeleg- ten Gesetzesentwürfe ab. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Heute hat der Bundestag über ein Verbot der or- ganisierten Sterbehilfe entschieden. Damit eng verknüpft ist die Frage, wie ein würdevolles Sterben aussehen kann. Darüber gab und gibt es in der Bevölkerung und auch im Bundestag quer durch alle Fraktionen sehr unterschied- liche Meinungen, über die in den letzten Monaten heftig diskutiert wurde. Ich halte das Recht auf Selbstbestimmung auch am Lebensende für ein sehr hohes Gut. Die Intention des von mir mitunterzeichneten „Entwurfs eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“, Drucksache 18/5373, der von Abgeordne- ten aller Fraktionen initiiert wurde, ist es nicht, die Arbeit der Palliativmedizin zu erschweren, sondern dubiosen Vereinen oder Personen, die eine zu bezahlende Dienst- leistung bewerben und anbieten, das Handwerk zu legen. Die Sterbehilfe wollen wir daher auf besondere Vertrau- ensverhältnisse beschränken. Ärztinnen und Ärzte hin- gegen können auch weiterhin ohne Einschränkungen für ihre Patientinnen und Patienten da sein. Damit bleiben die letzte Lebensphase und das Sterben individuelle Er- eignisse. Für mich ist nicht die uneigennützige Beratung und Begleitung bei einem Suizid das Problem, sondern der as- sistierte Suizid als Geschäftsmodell. Statt kommerzieller Sterbehilfe, die nur schwer zu kontrollieren ist, brauchen wir eine starke Förderung des bürgerschaftlichen En- gagements im Bereich der Begleitung von Menschen am Lebensende, um ihnen ein menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen. Dazu gehören die vielen Hospize und die professionelle Begleitung der dort ehrenamtlich Tätigen. Ja, und wir brauchen dringend einen Ausbau der Pallia- tivversorgung: nicht in Form der häufigen Politikerlyrik, sondern in knallharter Finanzierung für eine integrierte, ganzheitliche Versorgung schwerstkranker Menschen. Nur so können wir die Autonomie und Selbstbestim- mung von Individuen am Lebensende respektieren und ihnen das Recht auf ein menschenwürdiges Umfeld und auch das Recht auf einen natürlichen Tod ermöglichen. Gerade die gestrige Verabschiedung des Hospiz- und Pal- liativgesetzes, Drucksache 18/6585, auch mit den Stim- men der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ist hierfür ein erster wichtiger Schritt. Ich trete weiterhin für ein gesellschaftliches Klima ein, in dem kein Leben als nutzlos oder gar unwürdig betrachtet wird. Ich gebe zu, dass mir die Entscheidung nicht leichtge- fallen ist. Ich werde sehr genau beobachten, welche Aus- wirkungen das nun verabschiedete Gesetz in der Umset- zung haben wird. Gegebenenfalls sind dann Änderungen notwendig. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von den Abgeordneten Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler, Dr. Harald Terpe und weiteren Abgeordneten eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttö- tung – des von den Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Karl Lauterbach, Burkhard Lischka und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Re- gelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendi- gung (Suizidhilfegesetz) – des von den Abgeordneten Renate Künast, Dr. Petra Sitte, Kai Gehring, Luise Amtsberg und weiteren Abgeordneten eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über die Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung – des von den Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer, Hubert Hüppe und weiteren Abgeordneten eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung (Tagesordnungspunkt 26) Heike Brehmer (CDU/CSU): Wir reden heute in abschließender Beratung zu den Gruppenanträgen zum Thema Sterbebegleitung. Das Thema Sterbebegleitung bewegt die Menschen in unserem Land. Es ist eine höchst emotionale und zum Teil sehr kontrovers geführte Debat- te. Schließlich geht es im Kern um die Frage, wie wir in unserer Gesellschaft mit Alter, Krankheit, Pflege und Tod umgehen wollen. Durch den medizinischen Fortschritt und die demografische Entwicklung steigt die Lebens- erwartung erfreulicherweise stetig an. Dadurch gewinnt die Frage, wie wir mit dem Ende des Lebens umgehen, zunehmend an Bedeutung. Laut Berechnungen des Bundesgesundheitsministeri- ums wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen bis zum Jahr 2030 auf über 3,2 Millionen ansteigen. Die meisten Menschen möchten, dass das medizinisch Not- wendige und Sinnvolle für sie getan wird. Gerade in der letzten Phase des menschlichen Lebens, die häufig durch Krankheit und Schwäche gekennzeichnet ist, sind Men- schen besonders schutz- und pflegebedürftig. Als Gesetzgeber ist es daher unsere Aufgabe, Rah- menbedingungen für ein menschenwürdiges Leben und Sterben zu schaffen. Dabei geht es um Menschenwürde, den Schutz des Lebens und das Recht auf Selbstbestim- mung. Dies wird in dem Gruppenantrag meiner Kollegen Thomas Dörflinger und Dr. Patrick Sensburg (Drucksa- che 18/5376), den ich persönlich unterstütze, besonders deutlich. Der Entwurf schafft klare gesetzliche Regelun- gen, indem neben der aktiven Sterbehilfe auch die assis- tierte Suizidbeihilfe verboten wird. Gleichzeitig werden alle anderen Formen des Begleitens in den Tod gestärkt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13157 (A) (C) (B) (D) Die passive Sterbehilfe bleibt unberührt und wird nicht angetastet. Der Entwurf meiner Kollegen Dörflinger und Dr. Sensburg ist hinreichend bestimmt und klar, sodass er verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht. Diejenigen Entwürfe, die eine Freigabe der Suizidassistenz wollen, werden letztlich den Ärzten die Entscheidung aufbürden, wer ein Sterbemittel bekommt und wer nicht. Es ist aber nicht die Aufgabe eines Arztes, den Tod herbeizuführen. Erst recht ist es nicht Aufgabe des Arz- tes, Sterbehelfer zu sein, sondern seine Aufgabe ist, den Sterbenden im Rahmen der Möglichkeiten zu begleiten und mit einer verbesserten Palliativmedizin den Men- schen die große Angst vor dem Sterben zu nehmen. Der von mir unterstützte Antrag sieht vor, mittels ei- nes neuen § 217 des Strafgesetzbuches Anstiftung und Beihilfe zu einer Selbsttötung zu verbieten. Die Gefahr, dass jemand mit dem Leid und der Verzweiflung von Menschen sein Geld verdient, ist mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde nicht vereinbar. Die Schutzwürdigkeit der Menschenwürde gilt vom Anfang bis zum Ende des Lebens und gehört zu den Kernaufgaben unseres demokratischen Gemeinwesens. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir eine organisierte Sterbehilfe als Dienstleistung wollen. Darüber hinaus ist die Frage, wann Suizidbeihilfe zulässig sein soll, kaum durch ein Gesetz regelbar. Das Verbot der Tötung auf Verlangen findet schließlich ihre pragmatische Begrün- dung in der Überlegung, dass die Behauptung des Tä- ters, auf Verlangen gehandelt oder nur Beihilfe geleistet zu haben, im Nachhinein schwer lösbare Beweisfragen aufwirft. Sollte sich erst einmal eine scheinbare Normalität der unterstützten Selbsttötung für schwerkranke Menschen einstellen, steht zu befürchten, dass bei diesen Menschen ein Erwartungsdruck entsteht. Sie wollen ihren Angehö- rigen oder der Gemeinschaft nicht dauerhaft zur Last zu fallen. Je selbstverständlicher und einfacher die Option zur Suizidbeihilfe erscheint, desto eher ist zu befürchten, dass sich Menschen dazu verleitet sehen könnten, von dieser Option Gebrauch zu machen. Das dürfen wir nie- mals zulassen. In der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum Thema Sterbebeglei- tung am 23. September hat der Rechtswissenschaftler Professor Dr. Christian Hillgruber das Verbot von Anstif- tung und Beihilfe zur Selbsttötung und das Festhalten am Leben als schützenswertes Gut als angemessen und ver- fassungskonform bezeichnet. Für ihn ist ein neuer § 217 StGB eine sinnvolle Ergänzung des Strafrechts, „weil die Abgrenzung zwischen Fremdtötung (auf Verlangen) und bloßer Mitwirkung am Suizid prekär ist und die Grenzen in der Praxis verschwimmen …“. Darüber hinaus hat eine im Oktober veröffentlichte empirische Untersuchung der britischen Wissenschaft- ler David Jones und David Paton am Beispiel der USA gezeigt, dass eine Legalisierung ärztlicher Suizidbeihil- fe mit einer signifikanten Zunahme der Gesamtzahl von Selbstmorden einhergeht. Vielmehr scheint die Einfüh- rung ärztlicher Suizidbeihilfe mehr Selbsttötungen aus- zulösen als zu verhindern! Die Resultate aus den USA decken sich mit Beobachtungen aus der Schweiz, wo das geschäftsmäßige Angebot der Suizidbeihilfe zu einer Steigerung der Selbsttötungen geführt hat. Auch in den Niederlanden ist zu beobachten, wie un- befriedigend gesetzliche Regelungen sein können und dass sie mehr Unsicherheiten als Klarheit bringen. Das Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung hängt un- trennbar mit dem Ausbau der Hospiz- und Palliativ- versorgung zusammen. Wir benötigen einen weiteren Ausbau der Beratungsangebote zum Thema Sterbebe- gleitung, da diese Angebote den Betroffenen die notwen- dige Hilfe in der letzten Lebensphase bieten. Die flächendeckende medizinische, pflegerische und seelsorgerische Betreuung schwer kranker und sterben- der Menschen muss im Mittelpunkt all unserer Über- legungen stehen. Es ist bekannt, dass eine qualitativ hochwertige und professionelle palliative Begleitung den Menschen Schmerz und Angst vor dem Tod nehmen kann. Die wenigsten Menschen halten aktiv am Suizid fest, wenn ihnen Ängste genommen und aktive Angebote zur Unterstützung gemacht werden. Die Gewissheit, am Ende des Lebens nicht allein zu sein, entlastet die Betrof- fenen und nimmt ihnen ihre Ängste. Der Gruppenantrag von Thomas Dörflinger und Dr. Patrick Sensburg (Drucksache 18/5376) behandelt das Thema Sterbehilfe mit der notwendigen Verantwor- tung vor Gott und den Menschen und schafft ebenso Klarheit im Strafrecht. Jeder Mensch hat das Recht auf ein menschenwürdiges Leben und ein ebenso menschen- würdiges Lebensende. Wenn wir diesen Grundsatz be- herzigen, werden wir den Menschen gemeinsam mit Fa- milien, Hospizen und medizinischem Fachpersonal ein Lebensende in Würde und Geborgenheit ermöglichen. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu. Nur so können wir die Würde des Menschen bis zu seinem Lebensende schützen und bewahren und klare gesetzliche Regelun- gen schaffen. Wir müssen eine Begleitung bis zum Tod fördern und nicht die Beförderung in den Tod. Hubert Hüppe (CDU/CSU): Von Suizid besonders gefährdet sind generell Menschen, die depressiv, alt, behindert, chronisch krank, pflegebedürftig, verwitwet, arbeitslos oder alleinstehend und einsam sind. Oft treten alle diese Merkmale gemeinsam auf. Viele treffen oft auf Menschen mit Behinderung zu. Wir wissen, dass schon aus demografischen Gründen die Gruppe der Älteren in den nächsten Jahren stark an- wachsen wird. Die Babyboom-Generation kommt ins Rentenalter, während immer weniger junge Leute nach- kommen. Es ist daher schon hinterfragt worden, ob es ein reiner Zufall ist, dass wir die Debatte über den as- sistierten Suizid zu einem Zeitpunkt führen, an dem der demografische Wandel intensiv wie nie zuvor in Politik und Medien behandelt wird. Aus der Suizidforschung wissen wir, dass es jährlich etwa 100 000 Suizidversuche in Deutschland gibt, von denen 10 Prozent tödlich enden. Zugleich weist uns die Forschung darauf hin, dass hinter fast allen Suiziden und Suizidversuchen eine psychische Erkrankung oder sozi- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513158 (A) (C) (B) (D) ale Probleme wie Vereinsamung stehen. Hiergegen kann man mit medizinischer, psychologischer und sozialer Hilfe angehen – die Fachleute der Suizidprävention ha- ben wirksame Konzepte erarbeitet. Vor wenigen Wochen, am 10. September, war der Weltsuizidpräventionstag. Er sollte uns diese Zusammenhänge ins Bewusstsein rufen. Dieser Weltsuizidpräventionstag ist übrigens keine Ver- anstaltung von Außenseitern; dahinter steht neben der Internationalen Vereinigung für Suizidprävention (Asso- ciation for Suicide Prevention – IASP) die Weltgesund- heitsorganisation (WHO). Dass echte Hilfe bei Suizidgefährdung möglich und erfolgreich ist, erkennen Sie daran, dass die wenigsten Menschen, die nach einem Suizidversuch professionelle Hilfe erhalten, jemals wieder einen Suizidversuch ma- chen. Ein Kernpunkt der Debatte um assistierten Suizid ist: Wenn es erst einmal gesellschaftlich akzeptiert ist, erst recht, wenn es ein gesetzlich festgeschriebenes Recht da- rauf gibt, dass ich mithilfe eines Arztes oder einer Orga- nisation aus dem Leben scheiden kann, und wenn das als meine autonome, verantwortungsbewusste Entscheidung gilt, dann trage schließlich ich selbst die Verantwortung dafür, wenn ich weiterleben und die Ressourcen der All- gemeinheit weiter in Anspruch nehmen oder meinen An- gehörigen zur Last fallen will. Wenn die unterstützte Selbsttötung eine legitime Entscheidung des Einzelnen ist, werden kranke und be- hinderte und pflegebedürftige Menschen unter Erwar- tungsdruck kommen. Es reicht übrigens, wenn sie diesen Erwartungsdruck nur empfinden. Davon werden nicht in erster Linie prominente Fern- sehintendanten oder bekannte Schauspieler mit hohem Einkommen und guter sozialer Vernetzung betroffen sein. Es wird vielmehr die Bezieher kleiner Renten, Al- leinstehende und vor allem Menschen mit Behinderun- gen betreffen. Ich habe kürzlich mit einem pensionierten Arzt ge- sprochen, der deutschlandweit Beihilfe zum Suizid leis- tet. Er hat mir als Beispiel seinen jüngsten Fall geschil- dert: Eine Frau Mitte siebzig ist durch einen Schlaganfall gelähmt und pflegebedürftig, sie kommt in ein Heim. Ihr Sohn hat eine sechsstellige Summe für den geplanten Hauskauf angespart. Er muss monatlich einen Anteil von über 1 500 Euro für das Pflegeheim zahlen. Die Mutter wolle Sterbehilfe – aber kommuniziert hatte der pensio- nierte Arzt bisher nur mit dem Sohn; er hatte die Mutter noch nie gesehen. Die unterstützte Selbsttötung ist – so sagen die Befür- worter – angeblich dauerhaft begrenzbar auf Menschen, die im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte – also „einwil- ligungsfähig“ – und psychisch gesund sind. Wie lange würden solche Grenzen dem Diskussionsdruck standhal- ten? Was wäre mit Menschen, die einwilligungsunfähig geworden sind (durch Unfall, Krankheit oder Altersde- menz)? Was wäre mit Menschen, die aufgrund einer Be- hinderung nie einwilligungsfähig waren? Wäre es nicht naheliegend, einem aus der Außenperspektive aussichts- los leidenden Menschen, der nicht selbst um Sterbehilfe bitten kann, auch ohne diese Bitte zu „helfen“? Wir können von der Erfahrung des Auslandes lernen: In den Niederlanden, wo Euthanasie ausschließlich für einwilligungsfähige, unheilbar körperlich Kranke ein- geführt wurde, befürwortet heute jeder dritte nieder- ländische Arzt Euthanasie bei Dementen, bei psychisch Kranken und bei gesunden Lebensmüden, so eine im Frühjahr 2015 veröffentlichte Studie. Ende 2012 bekamen zwei belgische Zwillinge, die von Geburt an gehörlos waren, tödliche Injektionen. Der Grund war, dass sie befürchteten, zu erblinden. 2013 ließ sich ein ansonsten gesunder 44-jähriger Belgier nach einer missglückten Geschlechtsumwandlung wegen un- erträglicher psychischer Leiden töten. 2014 legalisierte das belgische Parlament Euthanasie auch an Kindern. Ebenfalls 2014 wurde der Euthanasieantrag des körper- lich gesunden, aber psychisch leidenden belgischen Se- xualstraftäters Frank Van Den Bleeken akzeptiert. Als man ihm spezielle Therapie anbot, ließ er die Tötung absetzen. Das Ausland zeigt, dass die angeblich strenge Eingrenzbarkeit nicht dauerhaft hält. In der aktuellen Diskussion spielt die Tatherrschaft des Sterbewilligen eine zentrale Rolle. Der Arzt leiste nur Beihilfe, die Haupttat werde vom Suizidenten ausge- führt. Lassen Sie mich die Tragfähigkeit dieser Vorstel- lung einmal hinterfragen. Bitte stellen Sie sich vor, Ihr Arzt verschreibt Ihnen ein Antibiotikum, das Sie vorschriftsmäßig einnehmen, und Sie werden wieder gesund. Wäre es jetzt richtig, zu sagen: „Der Arzt hat den Patienten geheilt“, oder wäre es korrekt, zu sagen: „Der Patient hat sich selbst geheilt, der Arzt hat nur geholfen“? Jetzt stellen Sie sich vor, der Arzt verschreibt ein töd- liches Mittel, das der Patient einnimmt und stirbt. Wie würden wir hier den Beitrag des Arztes bewerten? Ich will damit unterstreichen, dass die Tatherrschaft des Patienten – das juristische Kriterium, das den assis- tierten Suizid von der aktiven Sterbehilfe trennt – eine hauchdünne Grenze ist. Sie würde nicht auf Dauer halten. Selbst Urban Wiesing, einer der vier Autoren des Ster- behilfeentwurfes nach dem Vorbild von Oregon, sagte in einem taz-Interview 2014 zur Tatherrschaft des Pati- enten: „Wir würden andernfalls eine Grenze überschrei- ten, die wir im Augenblick politisch nicht überschreiten können und sollten, weil sie überhaupt nicht zur Debatte steht.“ Offensichtlich wird bereits an das Überschreiten gedacht. Das liegt auch in der Logik der Argumentation. Wenn das Leiden und die Selbstbestimmung des Sterbewilligen die entscheidenden Kriterien sind – wird man ihm dann die vermeintlich moralisch geschuldete „Hilfe“ verwei- gern, weil er selbst das Glas nicht mehr leeren kann? Der Deutsche Ärztetag 2011 hat mit einer Dreivier- telmehrheit beschlossen, dass Beihilfe zum Suizid keine ärztliche Aufgabe ist; eine große Mehrheit der Ärzte- schaft lehnt das ab. Das hat aber auch eine absehbare praktische Konse- quenz: Wer sich selbst töten will, der hat also mit ho- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13159 (A) (C) (B) (D) her Wahrscheinlichkeit einen Hausarzt, der Beihilfe zur Selbsttötung ablehnt. Es ist daher nicht realistisch – wie Befürworter des ärztlich assistierten Suizids sagen –, dass ich denjenigen Arzt um „letzte Hilfe“ bitte, der mich schon viele Jah- re kennt. Typischerweise müsste ich einen anderen Arzt finden, der dazu bereit ist und der mich noch nie zuvor gesehen hat. Es könnte wieder auf reisende Suizidärzte wie den pensionierten Urologen Uwe-Christian Arnold hinauslaufen, der mit Gasflasche und Kaffeemühle durch Deutschland reist und bis heute bei etwa 300 Suiziden assistiert hat. In Oregon – das uns von manchen als Vorbild hin- gestellt wird – ist es typischerweise so, dass dort über 90 Prozent der ärztlich assistierten Suizide mithilfe von solchen Ärzten stattfinden, die von einem Sterbehilfever- ein vermittelt werden. In Oregon gibt es eine weitere brisante Entwicklung, auf die ich hinweisen will. Ich habe hier die aktuelle so- genannte Priorisierungsliste aus Oregon. Darin stehen die medizinischen Leistungen, die diejenigen bekom- men, die nur die soziale Mindestkrankenversorgung Medicaid haben. Die von Medicaid noch finanzierten Therapien werden nach ihrer „Kosten-Effektivität“ auf- gelistet. Interessant ist, dass assistierter Suizid von der Rationierung ausdrücklich nicht betroffen ist und auch in Zukunft nicht sein soll. Therapie wird rationiert, assis- tierter Suizid bleibt garantiert. Interessant ist auch, dass in Oregon inzwischen die Mehrheit der ärztlich assistierten Suizide sozial schwa- che Menschen betrifft, die nur den sozialen Mindest- krankenversicherungsschutz Medicaid haben. Ihr Anteil ist 2014 auf 60,2 Prozent angestiegen, viel höher als ihr Bevölkerungsanteil. Wo es wie im US-Staat Oregon ein gesetzliches Recht auf ärztlich assistierten Suizid gibt, ist die Gesamtselbst- tötungsrate nachweislich höher als in Staaten ohne Le- galisierung des ärztlich assistierten Suizids. Dies belegt eine kürzlich veröffentlichte aufwendige statistische Analyse des Medizinethikers David Jones aus Oxford und des Wirtschaftswissenschaftlers David Paton aus Nottingham, die unter anderem die Daten aus Oregon, Washington, Montana und Vermont untersucht und mit anderen US-Bundesstaaten verglichen haben. Die Er- gebnisse widerlegen die „Oregon-Legende“, der zufolge die ausdrückliche gesetzliche Gestattung der ärztlichen Suizidassistenz suizidpräventiv wirken, also zu niedrige- ren Selbstmordraten führen soll. Im Gegenteil geht lega- lisierter ärztlich assistierter Suizid mit steigenden Raten aller Suizide einher. Wenn wir also hören, wir sollten uns Oregon zum Vor- bild nehmen, dann bitte schauen wir auch genau hin, was sich in Oregon entwickelt hat! Warum soll gerade ein Arzt bei der Selbsttötung „hel- fen“? Doch wegen seiner Sachkunde und damit es „si- cher funktioniert“. Was aber macht der Arzt, wenn etwas schiefgeht – zum Beispiel spontanes Erbrechen durch den Suizidenten, in Oregon in 2,5 Prozent der Fälle of- fiziell als „Komplikation“ registriert –, und in welche Richtung greift der Arzt dann ein? Würde er riskieren, dass der Suizident mit weiteren Schädigungen wieder aufwacht? Immerhin hat er den Patienten aufgesucht mit dem Ziel, ihm zum Tod zu verhelfen. Wir sollten den verhängnisvollen Weg nicht beschrei- ten, den Arzt zum Todeshelfer zu machen, denn der Arzt repräsentiert dem Patienten gegenüber die Bejahung sei- ner Existenz durch die Solidargemeinschaft der Leben- den. Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836) hat das vor fast 200 Jahren so formuliert: „Er [der Arzt] soll und darf nichts anderes thun, als Leben erhalten; ob es ein Glück oder Unglück sei, ob es Werth habe oder nicht, dies geht ihn nichts an, und maaßt er sich einmal an, diese Rücksicht mit in sein Geschäft aufzunehmen, so sind die Folgen unabsehbar, und der Arzt wird der gefährlichste Mensch im Staate.“ Und wir sollten uns in der aktuellen Debatte bewusst sein, dass Begründungen und Voraussetzungen des ärzt- lich assistierten Suizids wie Selbstbestimmung über das eigene Leben, aussichtsloses Leiden und Tatherrschaft des Suizidenten nicht dauerhaft halten. Die Argumente werden teilweise heute schon vorge- tragen: Mit Udo Reiter plädieren manche für die tödliche Selbstbestimmung über das eigene Leben, auch wenn kein aussichtsloses Leiden vorliegt – solange der Suizi- dent die Tatherrschaft hat. Mit Urban Wiesing ist die Tatherrschaft des Patien- ten „im Augenblick“ noch eine nicht zu überschreiten- de politische Grenze – woraus man schließen kann, dass für ihn letztlich Selbstbestimmung und Leiden genügen könnten. Das wäre Tötung auf Verlangen. Für besonders gefährlich halte ich eine Argumentati- on, die jedes Leiden für sinnlos erklärt. Damit wird of- fensichtlich auch das Leiden des einwilligungsunfähigen Behinderten, der auch zur Tatherrschaft unfähig ist, für sinnlos erklärt. Das betrifft ebenso den Patienten, der die Tatherrschaft nicht mehr ausüben kann, der vielleicht genau deshalb zusätzlich leidet, der aber einwilligungsfähig, psychisch gesund und volljährig ist. Wird man ihn „sinnlos leiden“ lassen? Wir dürfen uns nicht auf diese schiefe Ebene begeben. Daher schlagen wir in unserem Gesetzentwurf die grund- sätzliche Strafbarkeit jeder Beihilfe zum Suizid vor – wie es beispielsweise in Österreich, Italien, Finnland, Spani- en, Polen und England gilt. Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU): Wie Sie wissen, habe ich mit meinen Bundestagskollegen Michael Brand, Kerstin Griese und Michael Frieser einen der Gesetzentwürfe zum Thema Sterbehilfe verfasst. Un- ser Gesetzentwurf sieht dabei die Einführung der Straf- barkeit für geschäftsmäßige, auf Wiederholung angelegte Förderung zum assistierten Suizid vor. Wir haben in den vergangenen Monaten mit Unter- stützung sachkundiger Expertinnen und Experten diesen Gesetzentwurf erarbeitet, der in moderater Weise das Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513160 (A) (C) (B) (D) Thema Suizidbeihilfe regelt. Unser Gruppenantrag be- inhaltet, im Gegensatz zu Entwürfen anderer Gruppen, weder weitreichende neue Strafbarkeiten wie ein Total- verbot, noch lässt er eine Öffnungsklausel für eine Aus- weitung des ärztlich assistierten Suizids zu. Wir glauben, damit den Erfordernissen eines ausgewogenen Entwurfs gerecht geworden zu sein. Wir wollen nicht, dass Suizidhilfe zu einem normalen Dienstleistungsangebot wird, das gleichberechtigt neben anderen besteht. Wir befürchten, dass dadurch der Druck auf ältere, kranke, behinderte oder pflegebedürftige Men- schen steigen wird, diese Angebote auch in Anspruch zu nehmen. Oder dass die Betroffenen selbst aus falsch ver- standener Rücksichtnahme gegenüber ihren Familien zu dieser Option greifen. Darüber hinaus sollen alte, kran- ke und behinderte Menschen nicht das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie in unserer Gesellschaft nicht mehr erwünscht sind und dass Suizid eine schnelle Lösung des Problems sei. Unser Entwurf berücksichtigt aber andererseits auch Konfliktlagen von Familienangehörigen und Ärzten, die mit schrecklichem Leid konfrontiert werden und sich im Einzelfall nicht anders zu helfen wussten, als dem Wunsch des Sterbenden nach Unterstützung bei der Selbsttötung nachzukommen, indem die Beihilfe zur Selbsttötung ebenfalls straffrei bleibt. Das allein wird dem Vertrauensverhältnis des leidenden Patienten zum behandelnden Arzt sowie zu Angehörigen und Freunden gerecht. Eine Einschränkung durch formalisierte Verfah- ren, gleichgültig, in welchem Rechtsgebiet sie geregelt sind, entspricht nach meiner Auffassung nicht einem hu- manen Umgang mit schwer leidenden Menschen. Die Anhörung zu den Gesetzentwürfen zur Sterbe- begleitung im Rechtsausschuss mit Experten aus Recht, Ethik und Medizin hat erfreulicherweise sehr konkrete Klärungen in komplexen Fragestellungen ergeben. Vor allem hat die Anhörung am 23. September eines er- bracht: Der von mir und meinen Kollegen Brand/Griese eingebrachte Gesetzentwurf wurde auch in den zentralen Punkten bestätigt – er ist juristisch solide, insbesondere verfassungsgemäß, und ethisch wie medizinisch ange- messen. Dies betrifft vor allem den zentralen Punkt, dass Ärz- te nach dem Gesetzentwurf und seiner Definition von Geschäftsmäßigkeit nicht vom Strafrecht bedroht sind, wenn sie ihrer verantwortungsvollen ärztlichen Tätigkeit auch in den Grenzfällen zwischen Leben und Tod nach- gehen. So hat die Sachverständige und frühere Vorsitzen- de Richterin am Bundesgerichtshof Professor Dr. Ruth Rissing-van Saan überzeugend dargelegt, dass der Be- griff der Geschäftsmäßigkeit – ich zitiere – „in unserer Rechtsordnung ein gängiger und von der Rechtsprechung stets im selben Sinn verwendeter Begriff (ist), der auf Wiederholung angelegte Tätigkeiten oder Verhaltenswei- sen kennzeichnet, die nicht auf Gewinnerzielung ausge- richtet sein müssen. Das wird in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausführlich und erschöpfend dargelegt.” Etwaigen Unterstellungen, behandelnde Ärzte würden hier generell oder regelmäßig in strafrechtliche Konflikte gebracht, widersprach Rissing-van Saan deutlich; Zitat: „Die Gefahr, dass medizinische, insbesondere pallia- tiv-medizinische Behandlungen zur Heilung oder Lei- denslinderung von den genannten tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen nicht in genügender Deutlichkeit un- terschieden werden könnten, besteht nicht.” Starke Unterstützung kommt nach der Anhörung auch weiterhin von der Ärzteschaft: „Der Entwurf sieht ein klares Verbot von Sterbehilfeorganisationen vor, verzich- tet aber auf weitere gesetzliche Regelungen”, schreibt die Bundesärztekammer und betont, „dass es die Auf- gabe von Ärzten ist, Hilfe beim Sterben zu leisten, aber nicht Hilfe zum Sterben”. Der Präsident der Bundesärz- tekammer, Frank Ulrich Montgomery, hat in dieser Wo- che noch einmal in einem Brief an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestags deutlich betont – ich zitiere –: „Es wird behauptet, der Gesetzentwurf Brand/Griese krimi- nalisiere die Ärzte. Dies ist nicht wahr. Nach eingehender inhaltlicher und rechtlicher Prüfung kann die Bundesärz- tekammer keine Gefahr der Kriminalisierung der Ärzte- schaft erkennen. Dieses Argument dient ausschließlich der Verunsicherung der Abgeordneten (und auch einiger Ärzte).“ Zu den bitteren Wirklichkeiten gehört aber auch, dass unendlich viele Menschen in unserem Land unnötig viel leiden müssen, weil die heutigen Möglichkeiten der Pal- liativmedizin und der entsprechenden pflegerischen Be- gleitung nicht zur Verfügung stehen. Das ist das Ergebnis von Verdrängung, von Ignoranz und von falschen Priori- tätensetzungen im Einsatz der vorhandenen Mittel. Die überzeugende Antwort kann nur heißen: konsequenter Ausbau der Strukturen und Angebote von Palliativmedi- zin. Die Palliativmedizin muss aus ihrer Randexistenz in das Zentrum der Gesundheitspolitik! Der Ausbau eines flächendeckenden Netzwerkes ambulanter und statio- närer Dienste ist möglich. Dafür braucht es die entspre- chenden rechtlichen und finanziellen Bedingungen. Hier haben wir gestern im Plenum mit der Verabschie- dung des Hospiz- und Palliativgesetzes einen wichtigen Schritt getan. Mein Dank geht vor allem an unseren Bun- desgesundheitsminister Hermann Gröhe für seine uner- müdliche Arbeit. Sterben muss jeder von uns alleine. Als Gesellschaft sind wir aber verantwortlich dafür, unter welchen Bedin- gungen Menschen sterben: alleine oder liebevoll beglei- tet, schwer leidend oder optimal palliativ versorgt. Wenn aber Beihilfe zum Suizid erst mal zum Standar- drepertoire bei uns gehört, muss ich mich entscheiden; dann bin ich nicht mehr frei, mich nicht zu dieser Option zu verhalten. So eine Situation möchte ich für unser Land verhindern. Namhafte Pro-Suizidbeihilfe-Politiker haben in den vergangenen Tagen verlauten lassen, keine Regelung wäre besser als unsere, nämlich das Verbot geschäfts- mäßiger Suizidassistenz. Da kann man nur fassungslos fragen: Wie bitte? Nichts tun ist keine Option. Denn dann hätten organisierte Sterbehelfer leichteres Spiel denn je. Wir haben uns bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs von folgender Aussage leiten lassen: Eine Gesellschaft Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13161 (A) (C) (B) (D) mit menschlichem Gesicht muss Menschen in Not einen menschlichen Ausweg anbieten, keinen technischen. Ich bitte deshalb um eine breite Unterstützung unseres Antrages. Maria Michalk (CDU/CSU): Am Anfang unseres Le- bens steht das Geschenk des Lebens, weil jeden von uns eine Mutter geboren hat. Am Ende des Lebens steht die Ungewissheit, wie unser Leben enden wird. Die Hoffnung auf die vertraute Umgebung in der Fa- milie und eine gute medizinische Begleitung ist zu Recht groß. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies eintritt, nimmt Unsicherheit und Angst. In stabilen Zeiten unseres Le- bens darüber zu reden, die persönlichen Wünsche im vertrauten Kreis der Familie und Freunde zu äußern, sich über Möglichkeiten und Grenzen aller Hilfen, auch der medizinischen, zu informieren, seinen Willen in einer Patientenverfügung zu dokumentieren, hilft, in extremen Lebenssituationen das Notwendige tun zu können. Nie- mand muss am Ende seines Lebens leiden. Die medizi- nischen Hilfsmöglichkeiten verbessern sich ständig. Die Palliativmedizin in ihren vernetzten Möglichkeiten wird sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich ständig ausgebaut. Ehrenamtliche Hospizbegleiter und stationäre Hospize erleichtern die Entscheidung für die jeweils sehr individuelle Situation. Ein gut versorgter Pa- tient kann sich frei entscheiden und seinen Willen zum Ausdruck bringen und die Natürlichkeit des Todes nicht in dem Zwang erleben, sich dem eigenen Schicksal zu er- geben oder zu resignieren und seinem Leben selbst oder mithilfe eines Dritten ein Ende zu setzen. Erst aus dieser Zwangssituation wächst wohl der Wunsch nach Selbsttö- tung. Diese Widersprüche aufzulösen, darum geht es in dieser Debatte. Unsere Rechtsordnung ist stumm zum Tatbestand des Suizids. Aber ein staatlich legitimiertes Verlangen auf Suizidhilfe darf es nicht geben. Ärzte dürfen in ihren Entscheidungen nicht eingeschränkt werden. Sie sind zur Hilfe in schwierigen Lebenssituationen verpflichtet und tun es seit Jahrhunderten in verantwortungsvoller Weise. Die aktuelle Rahmengesetzgebung und die sich ständig verbessernden medizinischen Möglichkeiten sind Basis für diese Aufgabe. Ein Abweichen davon darf es in unserem Land nicht geben. Dies hat nichts mit einer Kriminalisierung der Ärzteschaft zu tun, wie es in bemerkenswerter Weise in dieser Debatte getan wurde. Beihilfe zum Suizid darf es in unserem Land nicht geben und muss verboten bleiben. Aber mit ganzer Kraft müssen wir weiter für eine große Sensibilisierung für diese Fragen und echte Hilfen arbei- ten. Karl Schiewerling (CDU/CSU): In Artikel 2 Ab- satz 2 unseres Grundgesetzes heißt es: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Gibt es dann im Umkehrschluss auch das Recht auf Tod? Aktuell diskutieren wir darüber, ob es auch ein Recht auf einen selbstbestimmten und frei gewählten Tod gibt. Es ist eine Gewissensentscheidung, die wie alle Grund- satzfragen nicht einfach zu entscheiden ist. Meine Entscheidungsfindung wird dabei von zwei Seiten beeinflusst: Im September 2014 fand eine fraktionsoffene Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag zu dem Thema „Suizidbeihilfe, Palliativ- und Hospizversor- gung“ statt. Die Diskussion war bemerkenswert vielfäl- tig. Unter den Gästen war auch Udo Reiter, ehemaliger Intendant des MDR. Bei der fraktionsoffenen Sitzung setzte er sich sehr stark für das Selbstbestimmungsrecht ein. Er berichtete von einem Medikamentencocktail, den er gerne irgendwann bei sich zu Hause, in gewohnter Umgebung, einnehmen würde und welcher ihn einschla- fen lassen würde. Dieses „irgendwann“ war zwei Wo- chen später. Es war kein Medikamentencocktail, sondern eine Pistole, mit der er sich das Leben nahm. In meinem privaten Umfeld begegnet mir ein ande- rer Weg, mit einer schweren Krankheit umzugehen. Ein guter Freund ist an ALS erkrankt. ALS ist eine Erkran- kung des Nervensystems. Es kommt zu einer irreversib- len Schädigung oder Degeneration der Nervenzellen. Die Muskulatur wird nach und nach immer mehr gelähmt, bis schließlich auch die Atemmuskulatur nicht mehr funk- tioniert. Diese Krankheit ist nicht heilbar. Als ich mei- nen guten Freund das letzte Mal gesehen habe, konnte er kaum gehen, nicht mehr sprechen und wurde über eine Sonde ernährt. Nur mithilfe eines Sprachcomputers konnten wir uns unterhalten. Als ich ihn fragte, was ich für ihn tun könne, meinte er nur: Bete für mich. – Zu dem Zeitpunkt wartete er noch auf einen Platz im Hos- piz. Seine Frau stand immer an seiner Seite, unterstützte und begleitete ihn. Wenige Tage nach der Aufnahme in ein Hospiz starb er. Zu keinem Zeitpunkt ist das Wort Sterbehilfe gefallen. Das Ende des Lebens ist kein leichter und kein ein- facher Weg. Die Herausforderung besteht darin, diesen Weg als Teil des Lebens zu verstehen und zu begleiten. Bestmöglich zu begleiten. Sowohl menschlich als auch medizinisch. Befürworter der Sterbehilfe beziehen sich oft auf Ar- tikel 1 Absatz 1 unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Scheinbar ist ein Sterben mit Würde nicht möglich, wenn der Weg hin zum Tod ein schwieriger ist. Auch ich beziehe mich bei der Diskussion auf diesen Artikel. Dabei prägt mich aber vor allem mein Menschen- bild. Als gläubiger Christ glaube ich fest daran, dass das Leben ein Geschenk Gottes ist. Über Beginn und Ende dieses Geschenks können wir nicht frei verfügen. Diese Sichtweise gilt dabei nicht exklusiv für Christen. Unse- re gesamte Verfassung spiegelt ein zutiefst christliches Menschenbild wider. Bereits in der Präambel heißt es: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ...“ Darauf folgt Artikel 1 Absatz 1, den ich bereits genannt habe. Dieses Menschenbild ist Bestand- teil unserer Verfassung und daher allgemeingültig. Diese unantastbare Würde eines jeden Menschen ist in der letzten Phase seines Lebens besonders schutzbe- dürftig. Unsere Aufgabe besteht darin, bestmögliche Voraussetzungen zu gestalten, die ein menschwürdiges Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513162 (A) (C) (B) (D) Leben und Sterben schaffen. Menschen müssen ihren Lebensweg bis zu Ende gehen dürfen und würdig sterben können – nicht durch die Hand eines anderen, sondern an der Hand eines anderen. Natürlich berühren mich bei der Debatte auch die per- sönlichen Geschichten und Schicksale anderer Betroffe- ner, die bei einem allgemeingültigen Gesetz berücksich- tigt werden müssen. Obwohl 70 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen eine aktive Sterbehilfe befürworten, zeigt eine Umfrage, dass circa 60 Prozent der repräsentativ Be- fragten sich über die derzeit geltenden Regelungen nicht hinreichend informiert fühlen. Die jetzige Rechtslage zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende ist vielen Menschen nicht bekannt. Oft wird Sterbehil- fe mit „objektiv schwerem oder extremem“ Leiden ge- rechtfertigt. Aber kann Leiden objektiv gemessen wer- den? Können wir, wenn wir über verschiedene Formen von Sterbehilfe sprechen, das Leiden von Menschen in leicht, mittelschwer und schwer kategorisieren? Ich habe da meine Zweifel. Deshalb sollte aus meiner Sicht nur das gesetzlich ge- regelt werden, was notwendig ist und dem im Grundge- setz zugrundeliegenden Menschenbild entspricht. Die häufig vertretene Meinung, dass sich ein Mensch mit aktiver Sterbehilfe würdig aus seinem Leben verab- schieden kann, teile ich nicht. Die Palliativmedizin ist ein bewährter und hilfreicher Begleiter von Menschen auf ihrem letzten Lebensweg. Sie hat hohe Achtung vor dem leidenden und sterbenden Menschen; sie sieht ihre Aufgabe nicht in der Heilung, sondern vielmehr in der Linderung, Begleitung und Tröstung. Bei der Palliativ- betreuung stehen nicht nur der Kranke und der Leidende im Mittelpunkt, sondern auch ihr soziales Umfeld. Der würdevolle Sterbeprozess zeichnet sich bei der Palliativ- medizin und der hospizlichen Betreuung durch den ver- antwortungsvollen und bewussten Umgang mit dem Tod aus. Besonders die ehrenamtliche Hospizbewegung hat hieran einen maßgeblichen Anteil. Der Tod wird dabei als Teil des menschlichen Lebens verstanden und akzep- tiert. Denn der Tod gehört zum Leben dazu. Wir müssen einen gesetzlichen Rahmen finden, der sowohl die Interessen der Gemeinschaft wie auch die ei- nes jeden Einzelnen in Einklang bringt. Diese Frage wird sicherlich jeder der hier Anwesenden auf seine Art beant- worten. Weil keiner mit letzter Gewissheit sagen kann, was denn das gesamtgesellschaftliche Interesse ist. Wenn das Selbstbestimmungsrecht die Begründung für aktive Sterbehilfe ist, dann kann man auch einem Gesunden dieses Recht nicht absprechen. Eine Gesell- schaft, in der sich jeder zu jedem Zeitpunkt das Leben nehmen darf, lehne ich ab. Es wäre eine Gesellschaft des Todes und nicht des Lebens. Eine gesellschaftliche Normalisierung von Suizidbeihilfe halte ich für riskant. Insbesondere alte und kranke Menschen können sich da- durch zu einem assistierten Suizid verleiten lassen oder sich sogar gedrängt fühlen. Meines Erachtens würde die- se Bedrängung verstärkt werden, wenn wir, ähnlich wie in Belgien bereits üblich, Formulare einführen würden, durch die Menschen bei Einzug in ein Altenheim durch ihre Unterschrift einer späteren assistierten Suizidbeihil- fe zustimmen. Ich lehne jede Form organisierter Sterbehilfe – durch Verbände, Vereine und Einzelpersonen, die ihren Dienst dauerhaft und immer wieder anbieten – ab. Infolgedes- sen schließe ich mich dem Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbst- tötung an. Dieser Gesetzentwurf spricht sich ganz klar gegen jegliche Form der geschäftsmäßigen, also auf Wiederholung angelegten Sterbehilfe aus. Das gilt so- wohl für Vereine als auch für Einzelpersonen. Die Wie- derholungsabsicht ist hier maßgebend, nicht etwa eine Einnahme- oder Gewinnerzielungsabsicht. Als Lösung wird die Schaffung eines neuen Strafbestandes im Straf- gesetzbuch gesehen, der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt. Dabei sollen Angehö- rige des Suizidwilligen oder ihm nahestehende Personen, die sich als nicht geschäftsmäßig handelnde Teilnehmer an der Tat beteiligen, von der Strafandrohung ausgenom- men werden. Gleichzeitig verletzt der Entwurf nicht das Recht auf Selbstbestimmung, welches Ausfluss der Menschenwür- de ist. Somit lässt der Gesetzentwurf Freiraum für den Einzelfall, welcher dramatisch sein kann. Sowohl das Recht auf Selbstbestimmung als auch das Vertrauens- verhältnis zwischen Sterbenden und Angehörigen oder dem behandelndem Arzt werden nicht berührt und ein- geschränkt. Dieser Entwurf regelt nur das, was geregelt werden muss, und lässt Raum für jeden individuellen Einzelfall. Deshalb plädiere ich für diesen Gesetzent- wurf. Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Ich werde heute für den Gesetzentwurf von Brand/Griese stimmen, der die gewerbsmäßige und geschäftsmäßige Beihilfe zum Su- izid zukünftig unter Strafe stellen wird. Es ist ein von Vernunft und Empathie getragener Gesetzentwurf, der die Selbstbestimmung am Lebensende wahrt, zugleich aber verhindert, dass künftig kommerzielle Sterbehilfe- vereine oder Gesellschaften ein Geschäftsmodell mit der Hilfe zum Sterben entwickeln. Dies kann der wertegebundene Staat nicht zulassen, weil wir damit eine Entwicklung billigen würden, deren Ende sicher weder von uns gewollt, geschweige denn ak- zeptiert werden könnte. Der Tod eines Menschen, die Hinführung zum Sterben und die Hilfeleistung beim Suizid kann niemals Teil einer Dienstleistung oder gar eines Geschäftsmodells sein. Ich möchte noch einmal an das Wesentliche erinnern: Alles beginnt mit der Würde des Menschen und Artikel 1 unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist un- antastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Auftrag aller staatlicher Gewalt.“ Dieser Anspruch ist absolut. Nicht in einem religiös zu verstehendem Sinne, sondern vielmehr als eine bewusste Orientierung des Verfassungsgebers an Werten, die eine freiheitliche und ethische Ordnung erst gewährleisten, ohne sie aus sich selbst heraus begründen zu können. Der absolute Wert des menschlichen Lebens und un- sere Menschlichkeit sind in jeder Lebenslage zu respek- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13163 (A) (C) (B) (D) tieren, weil wir sonst nicht leben könnten. Der Mensch kann die Begründung für das Menschsein nicht schaffen oder gar definieren. Daraus erwächst für die staatliche Ordnung die Pflicht, Leben zu schützen. Das gilt aber gleichermaßen für den Einzelnen. Die staatliche Ordnung lebt durch das Han- deln der Menschen. Sie ist davon nicht getrennt, sondern ergibt sich erst daraus. Leben mit ethischen und solida- rischen Regeln ist das Band, das die Menschen zusam- menhält. Deswegen trennt dieses Band, wer das Leben eines anderen beendet oder dies gezielt fördert. Er stellt sich somit außerhalb des notwendigen und akzeptab- len Grundkonsenses. Der Philosoph Robert Spaemann spricht daher zu Recht von einer „ungeheuerlichen Zu- mutung“, wenn von Menschen verlangt würde, an der Beendigung des Lebens behilflich zu sein. Es würde sich am Ende gegen die Leidenden und somit auch gegen uns selbst richten. Andererseits muss die Frage erlaubt sein, welches Leid und welche Linderung wir den Menschen zumu- ten dürfen oder gestatten müssen. Von der Erduldung von Leid zu sprechen, fällt leichter, wenn man davon nicht betroffen ist. Es ändert aber nichts an der Reali- tät des Schmerzes. Daher gibt es die Situationen, in de- nen Leben nicht mehr ertragbar erscheint. Darauf muss eine Antwort geben, wer Leben schützen und bewahren möchte. Dies ist die Stunde für richtige und mitfühlende Palliativ- und Hospizmedizin. Das gestern verabschie- dete Gesetzespaket zur Hospiz- und Palliativversorgung geht damit den richtigen Weg. Die Antwort auf Aspekte des Leids darf nicht in der aktiven Hilfe zum Sterben liegen. Erst recht nicht, wenn diese Hilfe zum Sterben als Teil des Lebens kommerzi- alisiert oder regelmäßig wäre. Dies würde eine ethische Entwicklung aufzeigen, die entgrenzt und kaum zu be- herrschen wäre. Wird ein Aspekt des Lebens zur Dis- position gestellt und ihm daher weniger Würde zuge- schrieben, dann ist es nicht völlig fernliegend, dass auch Menschen in anderen Lebenslagen infrage gestellt oder gar unter Gesichtspunkten der Nützlichkeit betrachtet werden. Auch gesetzgebungstechnisch ist der Gesetzentwurf ein guter Kompromiss. Er bestraft nur die geschäfts- mäßige Beihilfe zum Suizid. Ärzte werden gerade nicht kriminalisiert. Dies haben führende Vertreter der Ärzte- verbände als auch zahlreiche Strafrechtler mit sehr guten Argumenten dargelegt. Diese sind beachtlich. In einzel- nen, ausweglosen Situationen dagegen erhebt der Staat gerade keinen Strafanspruch. Die Balance gelingt diesem Gesetzentwurf. Daher plädiere ich dafür, den Gesetzentwurf Brand/ Griese anzunehmen. Marian Wendt (CDU/CSU): „Mein Leben lang habe ich gespart, auf dass wir ein Häuschen haben, das möch- te ich meinen Kindern vermachen, das soll nicht für meine Pflege draufgehen. Ich will niemandem zur Last fallen.“ Diese drastische Aussage eines Sterbewilligen verdeutlicht die ganze Dramatik des heute zu beratenden Sachverhalts. Der Bundestagspräsident hat recht: Wir stehen vor dem vielleicht anspruchsvollsten Gesetzge- bungsprojekt dieser Legislaturperiode. Nicht so oft wird der Gesetzgeber gefragt, zu den „letzten Fragen des Le- bens“ Stellung zu beziehen. Und trotzdem bringt uns der Fortschritt in Medizin, Technik und Pflege immer wieder in Entscheidungsnot, über schwere Gewissenskonflikte und komplexe medizinethische Grundfragen urteilen zu müssen. Gleichzeitig erfüllen wir heute einen Auftrag des Ko- alitionsvertrages und wollen das Geschäft mit dem Tod, wo das Leiden und die Nöte der Menschen ausgenutzt werden, endgültig unterbinden. Dafür brauchen wir eine gesetzliche Regelung und dürfen nicht, wie in letzter Zeit vermehrt suggeriert, untätig bleiben. Auf eine klä- rende Änderung der Rechtslage zu verzichten, wie einer der Anträge nahelegt, ist keine Alternative. Die geltende Gesetzeslage reicht offensichtlich nicht aus, um Fehlent- wicklungen zu verhindern. Halbherzige Regelungen, also Grauzonen und Rechtsunsicherheit, können wir uns ge- nauso wenig leisten. Es gilt, konsequent das menschliche Leben an seinem Ende zu schützen. Ein altes, todkrankes und gebrechliches Leben ist genauso wertvoll wie ein junges, gesundes, und kraftvolles – und das ist eine Kern- frage der Menschenwürde. Diese Würde kommt jedem Menschen voraussetzungslos zu und darf nicht durch eine Überbetonung des Selbstbestimmungsrechts und eines vermeintlichen Autonomieschutzes ausgehebelt werden. Deshalb ist bei aller Komplexität des Themas eine völlige Freigabe jeglicher Beihilfe zur Selbsttötung gefährlich, verfehlt und ein falsches Signal. Einen in die Diskussion mitunter eingebrachten kons- truierten „inhumanen Zwang zum Leiden“ gibt es nicht; deshalb akzeptiere ich den Vorwurf des Paternalismus nicht. Auch die Erwägung einer strafrechtlichen Lösung ist kein Ausdruck von Bevormundung, sondern ent- spricht dem Ernst und der Komplexität des Sachverhalts. Die Praxis sowie zahlreiche Studien bestätigen: Ein an- fänglicher Sterbewunsch – sei es durch Tötung auf Ver- langen oder Suizidbeihilfe – bleibt selten stetig. Im Laufe einer vernünftigen Therapie und Hospizbegleitung wird er in den allermeisten Fällen zurückgenommen und nicht wiederholt. Es ist mehrmals in anderen europäischen Ländern em- pirisch belegt: Mit jedem Schritt in Richtung der Legali- sierung der Suizidbeihilfe sinkt die Hemmschwelle und steigt die Zahl der Selbsttötungen. Aus mehreren Grün- den ist eine wie auch immer geartete sogenannte ärztliche Suizidassistenz, für die sich wiederum einer der Anträge starkmacht, ebenfalls inakzeptabel. Die Konstellation ei- ner ärztlichen Beteiligung am Suizid führt zu einem fun- damentalen besorgniserregenden Wandel der Rolle der Ärzte und des Arzt-Patient-Verhältnisses. Mein Bild vom Arzt ist eines des Begleiters, des Helfers und des Kämp- fers für das Leben und nicht des Richters über den Tod oder gar des Henkers. „Nicht durch die Hand, sondern an der Hand soll der Mensch sterben.“ Sehr dankbar bin ich, dass der Bundespräsident sich diesen einfachen Satz vor wenigen Tagen öffentlich zu eigen gemacht hat. „Starke Schmerzen, Atemnot, Angst vor dem Ersti- cken – all das können wir heute mit Palliativversorgung und Hospizbegleitung gut in den Griff bekommen“, be- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513164 (A) (C) (B) (D) stätigte Professor Radbruch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Heute muss keiner in Deutschland wegen unerträglicher Schmerzen den Frei- tod anstreben. Auch die seelische Belastung, den Stress, die existenziellen Ängste, eine mögliche Belastung durch Krankheit, die sozialen Probleme – auch dies kann durch eine qualitätsvolle Palliativbegleitung und ein multipro- fessionelles Hospizteam weitreichend gemildert und neutralisiert werden. Jeder der deutschlandweit mehreren Tausend Selbstmordversuche ist ein verzweifelter Schrei nach Aufmerksamkeit, der uns allen als Gesellschaft, aber insbesondere Angehörigen gilt. Die geforderte „Ent- tabuisierung“ der Sterbehilfe ginge einher mit einer Er- wartungshaltung oder gar Druck auf kranke und gebrech- liche Menschen, niemandem zur Last zu fallen. In einer für sich Humanität und Solidarität beanspruchenden Ge- sellschaft können menschliche Zuwendung und Fürsorge die einzige Antwort auf körperliches und menschliches Leiden, auf Hilflosigkeit und Einsamkeit sein. Ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Leben darf kei- ne Alternative zur Therapie und eine Freitodbegleitung darf nicht zu einem üblichen medizinischen Leistungsan- gebot werden. Eine Selbsttötung kann keine Reaktion auf schwierige Lebenssituationen werden. Nicht für den Tod, sondern für das Leben werde ich heute votieren, und das aus tiefster christlicher Überzeugung! Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Ich unterstütze den Antrag Brand, Griese et alii. Die Diskussion um die Grenzen der Beihilfe zum Su- izid berührt uns in unserer Einstellung zum Schutz des Lebens in all seinen Phasen. In den vergangenen Jahren hat der medizinische Fortschritt dazu geführt, dass in vielen Fällen Krankheiten nicht mehr zum schnellen Tod führen, sondern zu langandauerndem Leiden, das für die Betroffenen und ihr Umfeld manchmal schwer erträglich ist. Zugleich droht der gesellschaftliche – nicht zuletzt christlich begründete – Konsens, dass die Selbsttötung grundsätzlich ein Tabu darstellt, wegzufallen. Lange Zeit hat diese gemeinsame Grundhaltung Men- schen davon abgehalten, sich für einen Suizid zu ent- scheiden, und sie damit auch vor jeder Beeinflussung von außen geschützt. Die Erfahrungen in anderen Län- dern zeigen nun, dass sich hier schnell ein Geschäfts- feld entwickeln kann, das der Beihilfe zum Suizid den „fatalen Anschein der Normalität“ gibt. Was zunächst als Erweiterung der selbstbestimmten Entscheidung zum Suizid erscheint, wirkt sich tatsächlich oft als Ein- schränkung der Entscheidung zum Leben aus; denn wer weiter Kosten und Mühen für seine Pflege, Therapie und schmerzlindernde Behandlung in Anspruch nehmen will, wer das naheliegend erscheinende Angebot zur Selbst- tötung nicht annimmt, obwohl er dies früher für einen solchen Fall bejaht hat, kann sich dann unter Rechtfer- tigungsdruck gesetzt sehen. Es wäre aber inakzeptabel, wenn bei kranken oder alten Menschen der Eindruck ent- stünde, sich für ihr Weiterleben rechtfertigen zu müssen, weil es mit einer aufwendigen medizinische Behandlung oder Pflege verbunden ist. Durch organisierte Sterbehil- fe würde dann Menschen Sterbe“hilfe“ geleistet, deren Todeswunsch nicht wirklich frei ist, sondern aus Einsam- keit, Angst oder Schmerz erfolgt, oder im schlimmsten Fall gar auf einer empfundenen Erwartungshaltung einer Gesellschaft beruht, die dem Kranken die Nutzung dieses vermeintlich naheliegenden Angebots nahelegt. Dass es hier keineswegs nur um die letzte Phase des Sterbens geht, zeigt ein Blick in unsere Nachbarländer, in denen eine liberalere Sterbehilfepraxis existiert; hier werden teilweise depressive Menschen und einsame Senioren im Heim bei ihrem Suizid unterstützt. Ich bin überzeugt, dass wir in dieser Hinsicht auch bei uns wei- tere Veränderungen erleben werden, dass der ärztlich vorgeschlagene Suizid zur normalen Therapiealternative wird, für die es dann auch irgendwann eine Stelle in der Gebührenordnung geben wird, wenn wir heute nichts ge- gen gewerbliche und geschäftsmäßige Suizidbeihilfe tun. Deshalb befürworte ich auch keine Ausnahme für ärztli- ches Handeln. Dabei ist wichtig, dass geschäftsmäßiges Handeln nicht nur Wiederholungsabsicht voraussetzt, sondern zusätzlich erfordert, dass das Handeln mit dem Willen verbunden ist, dies zum dauerhaften Bestandteil des ärztlichen Handelns zu machen. Wer Beihilfe zum Suizid nicht in sein normales ärztliches Behandlungsan- gebot aufnimmt, sondern seine ärztliche Aufgabe wei- terhin im Erhalt des Lebens und im Lindern von Leiden sieht, erfüllt dieses Merkmal nicht. Hilfe in möglichen extremen Einzelfällen, in denen der Wunsch nach einem sofortigen Tod auch durch palliative Versorgung und menschliche Zuwendung nicht aufzuheben ist, erfüllt diese Voraussetzung nicht, sie bleibt damit – selbst bei wiederholten Fällen – möglich; dies belässt den Spiel- raum, den die ärztlichen Berufsordnungen einräumen, und schränkt diesen nicht ein. Wenn Krankheit und Sterben mit großen Schmerzen, Pflegebedürftigkeit und Unselbstständigkeit verbunden sind, brauchen wir noch bessere Möglichkeiten, durch Palliativmedizin das Leiden zu lindern. Deshalb ist es so wichtig, dass wir am Tag vor der Entscheidung über die Suizidbeihilfe die Gesetze für eine echte Verbesserung der Palliativversorgung verabschiedet haben, die immer auf Linderung des Leidens, nicht auf Tötung ausgerichtet ist. Sie ist und bleibt strafrechtlich völlig unangetastet. Suizidbeihilfe darf nicht zum normalen Angebot wer- den. Deshalb ist das Verbot gewerblicher und geschäfts- mäßiger Suizidhilfe notwendig. Dr. Dorothee Schlegel (SPD): Das Motto des dies- jährigen Evangelischen Kirchentages in Stuttgart „damit wir klug werden“ hätte zwar nicht als Leitmotto, aber zu- mindest in den Köpfen und Debatten durch den Zu- oder besser Vorsatz ergänzt werden mögen: „Mensch, beden- ke, dass du sterben musst, auf dass du klug wirst.“ Wenn ich dies bedenke, was so selbstverständlich zum Leben dazugehört wie das Geborenwerden, dann werde ich mir über die letzten Dinge Gedanken zu machen ha- ben. Das kann auch die Gesellschaft zusammen mit mir tun, aber nicht stellvertretend für mich. Damit sind wir bei dem, was Politik „nur“ leisten kann, aber leisten muss: da gesetzliche Regelungen zu treffen, wo eine Institution beginnt, „dem Menschen“ Entscheidungen abzunehmen oder sie zu manipulieren. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13165 (A) (C) (B) (D) Da wo es Menschen leichter gemacht wird, nicht über Sterben nachzudenken, da, meine ich, beginnt nicht die Freiheit des Einzelnen, sondern da wird der Mensch zur Ware eines Geschäftsmodells und bleibt nicht Herr oder Frau über sein/ihr Leben und somit sein/ihr Lebensende. Wir haben, ausgehend von Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen, jederzeit die Möglichkeit, Men- schen unseres Vertrauens in unsere Wünsche, Ängste und Vorstellungen von unseren letzten Aus-, Um- und Abwe- gen einzuweihen. Dazu zählen Ärzte, die Angehörigen, Freunde und Menschen, die sich um Körper und Seele kümmern. So vieles im Leben gemeistert, Familien gemanagt, Häuser gebaut, junge und ältere Menschen auch in schwierigeren Lebenslagen begleitet zu haben und Her- ausforderungen erfolgreich angenommen zu haben, nach Hals- und Beinbrüchen selbst wieder auf die Füße ge- kommen zu sein! Da haben wir an unsere inneren Kräfte geglaubt und darauf vertraut. Mit dem Gesetzentwurf Griese/Brand, an dem ich von Anfang an mitgedacht habe, ist ein Rahmen vorgelegt, der nichts anderes vorsieht, als die Selbstverantwortung für das eigene Leben zu behalten – und aus dem Sterben eben kein Geschäftsmodell zu machen. Einwenden könnte man nun: Dafür braucht man doch keine Bundestagsdebatte oder ein neues Gesetz. Aber einwenden muss man: Wenn genau dieses Nichtvorhan- densein eines Verbots oder Ausschlusses einer auf Wie- derholung angelegten geschäftsmäßigen Sterbehilfe den Weg ebnet, dann „verkaufen“ wir unsere auf humanis- tischen und christlichen Maßstäben angelegte Werteord- nung. Es ist in unserer Geschichte – nach 1945, vereinzelt auch vorher – gesagt worden: Nicht nur das Falsche tun, sondern auch das Gute nicht getan zu haben, möge sich nicht wiederholen. Auch Schweigen fällt in diese Kategorie. Schweigen ist das Gegenteil von dem, was wir mit dieser nunmehr über eineinhalbjährigen Debatte in vielen Diskussionen, Informationsveranstaltungen mit Fachleuten und mit je- dermann und -frau geleistet haben. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, die Bewusstheit vieler zu stärken, nachzudenken und vorzudenken, mitei- nander zu reden, Lösungen zu überlegen, Wege zu ebnen für den Fall, dass ich – den Zeitpunkt nicht kennend – nicht mehr entscheiden oder artikulieren kann, wie mein letzter Weg gestaltet sein soll. Für einen nahestehenden Menschen kann ich nur mit dessen Einwilligung entscheiden – dazu muss ich, wie das Wort bereits sagt, um seinen Willen wissen. Diesen Willen, so habe ich es in den letzten Jahren sehr persön- lich erlebt, werde ich nicht brechen. In unserer zunehmend singularisierten Gesellschaft gibt es junge, aber auch immer mehr ältere Alleinleben- de. Wenn wir nun im Bereich der ambulanten und der stationären Hospizarbeit mehr tun, ehren- wie hauptamt- lich, wenn wir mehr über palliative Versorgung wissen und sie auch einfordern, wenn wir Initiativen stärken, die neue Wohnformen initiieren, und wenn das Füreinan- der-da-Sein in den verschiedenen Lebensmodellen und Netzwerken im Vordergrund steht, dann brauchen wir nichts an der bisherigen Gesetzeslage zu ändern, außer dass die guten Tage ebenso wie die weniger guten und letzten Tage an der Hand lieber Menschen und nicht al- leine mit einem teuer erkauften Schierlingsbecher erlebt werden. Denn letztendlich ist jedes gekaufte Sterben ein sehr einsames Sterben – meist an fremdem Ort. Ein gutes Leben machen auch Beziehungen aus, so Peter Dabrock, evangelischer Theologe aus Erlangen, in denen man sich fallenlassen könne. Wer so sterben möchte, wie er gelebt hat, müsste sich also in diese Be- ziehungen fallenlassen können. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“ Das hat schon Montesquieu festgestellt. Genau an dieser Stelle stehen wir heute. Der Bundes- tag hat sich dem Thema „Assistierter Suizid“ mit viel Zeit und großer Ernsthaftigkeit angenommen. Es gab eine offene Debatte, eine weitere Debatte zu den ent- standenen Gesetzentwürfen und eine große Anhörung. Es gab zahllose Artikel und Veranstaltungen. Das Thema Sterben ist aus der Tabuecke raus, und das ist richtig so. Froh bin ich allerdings auch darüber, dass es gelungen ist, eine echte Alternative zu den bislang vorliegenden Entwürfen vorzulegen und zur heutigen Debatte einzu- bringen. Alle bislang vorliegenden Gesetzentwürfe ent- halten Einschränkungen der jetzigen Rechtslage. Das kann und werde ich nicht unterstützen. Ich möchte nicht, dass die Möglichkeit zum assistierten Suizid in welcher Form auch immer eingeschränkt wird. Das sieht auch der weit überwiegende Teil der Bürgerinnen und Bürger so. Die vertreten wir ja hier im Bundestag. Deshalb unter- stütze ich den Antrag „Keine neuen Straftatbestände bei Sterbehilfe“. Man kann es offensichtlich nicht oft genug wiederho- len: Der assistierte Suizid ist seit 150 Jahren straffrei. Es geht nicht darum, den assistierten Suizid zu liberalisieren oder aktive Sterbehilfe zuzulassen, auch wenn ich damit kein Problem hätte. Den Warnern und Angstmachern möchte ich noch einmal deutlich machen: Es gibt kei- ne Tür, die heute geöffnet werden könnte. Die Tür steht offen, seit anderthalb Jahrhunderten. Bislang sind die Massen nicht gekommen, die da durchwollen. Ich sehe keinen einzigen Grund, warum sich das plötzlich ändern sollte. Ich habe auch noch keinen überzeugenden Grund gehört. Es wird hier auch nicht der Weg zur aktiven Ster- behilfe bereitet; es liegt ja kein einziger wirklich liberaler Entwurf vor, auch wenn gerne anderes behauptet wird. Es geht heute nur darum, Menschen, die in höchster Not um Hilfe bitten, diese Hilfe nicht in Zukunft verweigern zu müssen und die Helfer dann auch noch zu kriminali- sieren. Bei der Debatte um den assistierten Suizid scheint es mir vor allem um irrationale Ängste Einzelner und um Moral- und Glaubensvorstellungen zu gehen. Diese Din- ge haben aber in der Gesetzgebung nichts zu suchen! Das Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513166 (A) (C) (B) (D) sagen uns auch die Menschen draußen, die sich zu einem Großteil dagegen wehren, dass eine so elementar persön- liche Entscheidung wie das eigene Sterben so stark ein- geschränkt wird, wie es zum Beispiel durch den Entwurf von Brand/Griese geschehen würde. Ich vertrete ein liberales Menschenbild, das den Men- schen als eigenverantwortliches Individuum begreift. Ich halte das auch für ein konstituierendes Merkmal einer Demokratie. Diese Gesetzgebung entfernt sich weit da- von, den Menschen als eigenverantwortliches Individu- um zu respektieren. Das ist ein verheerendes Signal für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Der Gesetzgeber hat nicht das Recht, individuelle Moralvor- stellungen mithilfe des Strafrechts zu allgemeingültigen Regeln zu erklären. Das wäre der Dammbruch, vor dem die Befürworter einer Strafrechtsverschärfung immer warnen. Die Gesetzentwürfe und die Debatte im Parlament, mit der Zivilgesellschaft und fachlichen Vertretern wie Juristen und Ärzten haben eines gezeigt: Die eine Wahr- heit gibt es nicht. Vieles, was die einen als unumstößliche Tatsache verkaufen, wird von der Gegenseite mit Leich- tigkeit widerlegt. Es ist eben nicht so, dass die Legalisie- rung von Sterbehilfevereinen die Menschen in den Suizid drängt. Das müsste ja bereits eingetreten sein. Es ist eben nicht so, dass Ärzte, die im Palliativbereich arbeiten, nicht von Strafverfolgung bedroht sind. Sie be- kommen schon jetzt regelmäßig Besuch von Polizei und Staatsanwalt. Bislang werden solche Verfahren richti- gerweise immer eingestellt. Das wird sich aber bei ei- ner Verschärfung logischerweise ändern. Das hindert die Ärzte am Helfen. Wie kann das dem Schutz der Patienten dienen? Diese werden dann eben alleingelassen. Wenn Palliativärzte fürchten müssen, für ihre Arbeit strafrechtlich belangt zu werden, werden sie bestimm- te Angebote wie die Überlassung größerer Mengen an Schmerzmitteln nicht mehr machen. Dem einzelnen han- delnden Arzt kann man daraus keinen Vorwurf machen. Nein, diesen Vorwurf, Menschen in großer Not von Hilfe ausgeschlossen zu haben, den muss sich dann das Parla- ment machen. Ich sage Ihnen: Es ist kein Zeichen von Handlungsun- fähigkeit, wenn heute am Ende des Tages kein neues Ge- setz steht, das die Beihilfe zum Suizid einschränkt. Nein, es ist ein Zeichen dafür, dass die Volksvertreter, die heute hier versammelt sind, Debatten und Argumente ernstneh- men, abwägen und auch zu ihren Erkenntnissen stehen. Manchmal kann es, nach reiflicher Abwägung, auch bes- ser sein, nicht zu handeln. Heute ist so ein Tag. Deshalb werde ich heute – und ich bitte Sie herzlich, das auch zu tun – viermal mit Nein stimmen. Den Antrag „Keine neuen Straftatbestände bei Sterbehilfe“ unterstütze ich. Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft: Mit der heutigen Entscheidung über die gesetzliche Regelung der Sterbebegleitung fassen wir die intensiven Diskussionen der vergangenen Monate in den Rahmen eines Gesetzes. Wie ich haben sicherlich viele Kolleginnen und Kollegen sich mit ethischen und sehr unmittelbaren Fragen, Wünschen und Anmerkungen vieler Menschen, von Angehörigen, Ärzten, Theologen und engagierten Bürgerinnen und Bürgern, beschäftigt. Nun ist es an der Zeit, zu handeln. Diese Debatten, dieser Raum für Diskussionen und intensive Gespräche, haben der schwierigen Entschei- dungsfindung, der tiefgründigen Besinnung und der Reflexion sehr gut getan, fast kann man sagen: Sie sind schon ein Wert an sich. Mehrfach konnte ich bei öffentlichen Veranstaltun- gen mit Ärzten, Theologen und betroffenen Angehöri- gen über das Thema Sterbehilfe zuhören und beitragen. Auch konnte ich sehr viele intensive und vertrauliche Gespräche führen. Die Sorgen und Ängste der Menschen insbesondere vor einem qualvollen Sterben, vor einem Sterben womöglich an Apparaten ohne eigene Willens- entscheidung und davor, der eigenen Familie „zur Last“ zu werden – diese Sorgen bestehen. Und natürlich stellt sich jeder von uns bei diesem schwierigen Thema auch selbst die Frage: Was wünsche ich mir für das Ende mei- nes Lebens? In der Verantwortung, die uns kraft unseres Mandats für die gesamte Gesellschaft übertragen worden ist, ge- ben wir heute eine Orientierung, die angelehnt ist an un- sere wertegegründeten Überzeugungen. Es wäre falsch, zu glauben oder zu suggerieren, wir könnten oder würden heute für jede Situation Regelungen treffen oder treffen können. Wir sind nicht Herren über Leben und Tod. Wir stellen heute wichtige Marksteine für eine menschen- würdige Sterbebegleitung auf. Für mich lauten diese aus- gehend von meiner Wertorientierung als evangelischer Christ: Eine organisierte oder gewerbsmäßige Beihilfe zum Suizid stünde meinem Verständnis von Selbstbestim- mung entgegen und missachtet, dass das Sterben un- trennbar zum Leben gehört. Suizidhilfe darf nicht zu ei- ner professionalisierten Dienstleistung zum Beispiel von „Sterbehilfevereinen“ und zu einer regulären Alternative und somit zur akzeptierten Fremdbestimmung werden. Werden solche Wege „salonfähig“, besteht zudem die große Gefahr, dass der soziale Druck auf die Schwer- kranken, sich für das Angebot zu entscheiden, sehr groß wird. Jeder Mensch ist einzigartig – im Leben und Sterben. Nach christlichem Verständnis ist der von Gott geschaf- fene Mensch von ihm mit einem besonderen Auftrag für die Schöpfung versehen – in Freiheit und Verantwortung. Gewisse Handlungsoptionen, die stattdessen eine im Er- gebnis als „sozialverträglich“ beschriebene Option zulas- sen und fördern, spiegeln mehr gesellschaftliche Erwar- tung an den Menschen als umgekehrt wider. Die Anerkennung der unveräußerlichen Würde des Menschen gilt unabhängig von seinen Eigenschaften oder seiner Leistungsfähigkeit, und sie gilt übrigens auch für das ungeborene Leben, für den Sterbenden oder den Menschen mit Behinderung. Sie ist nicht differenzierbar. Es ist daher auch eine Frage der gesamtgesellschaftli- chen Solidarität, darum, dass man zeigt, dass das mensch- liche Leben auch in der Phase von Krankheit, Leid oder Alter und den damit verbundenen Anstrengungen für die Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 2015 13167 (A) (C) (B) (D) Gesellschaft wertvoll ist. Aus diesem Grund ist die De- batte um menschenwürdiges Sterben in die Mitte der Ge- sellschaft zurückzuholen und zu enttabuisieren. Einen wichtigen Schritt auf diesem Weg haben wir gestern mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Ver- besserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland gemacht. Unser Ziel ist, Hospiz- und Pallia- tivversorgung in unserem Land auszubauen und flächen- deckend anzubieten. Diese Form der Sterbebegleitung und Pflege in der letzten Lebensphase, die die Menschen- würde und Selbstbestimmung der Schwerstkranken und Sterbenden achtet, wollen wir auch darüber hinaus stär- ken, und daher werden wir diesen Weg weitergehen. Ich freue mich sehr, dass dieses eindrucksvolle, ursprünglich aus der Bürgergesellschaft und den Kirchen erwachsene Engagement für die Schwachen in unserer Mitte so ge- stärkt wird. Mein Dank gilt den vielen engagierten und sorgenden Ärzten, Pflegern, Bürgerinnen und Bürgern in den vielen Hospizvereinen. Ich erlebe in meiner Hei- mat, wie segensreich und wirksam dieses Handeln ist, am Beispiel des Hospizvereins und des gemeinnützigen Palliativ-Care-Teams in Fürth, deren engagiertes Wirken gerade erst mit einer hervorragenden Platzierung im Ber- telsmann-Palliativ-Ranking anerkannt worden ist. Mit dem Gesetzentwurf zur Strafbarkeit der geschäfts- mäßigen Förderung der Selbsttötung, der eine verant- wortliche Sterbebegleitung regelt, bewegen wir uns in diesem Rahmen. An der Grenze des Lebens wollen wir bestmögliche Hilfe beim Sterben zum Beispiel durch An- gehörige von Heilberufen in Krankenhäusern und Hos- pizen ermöglichen, lehnen die Hilfe zum Sterben aber kategorisch ab. Wenn die Hilfen und Formen der Hospiz- und Palliativmedizin an ihre Grenzen stoßen, sollen Me- diziner unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände im Einzelfall das Leiden der Betroffenen lindern können. Ich erkenne nicht, dass diese Regelungen rechtliche Unsicherheit für Ärztinnen und Ärzte schaffen würden. Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient wird weiterhin geschützt. Der Arzt ist kein Ge- werbetreibender, sondern Partner des Erkrankten in schwierigen Lebenssituationen. Ich danke den Initiatoren des Gesetzentwurfs, ins- besondere Michael Brand und Kerstin Griese, für ihr Engagement und ihre Umsicht in dieser schwierigen Debatte. Mit dem Gesetzentwurf, dem ich heute meine Stimme gebe, schützen wir die Würde des Sterbenden, das Selbstbestimmungsrecht und das Leben – im Ein- klang mit unserer Rechtstradition. Ich bitte Sie um Unterstützung für diesen maßvollen Gesetzentwurf, der sich darauf konzentriert, der Praxis der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung wirksam zu begegnen. Anlage 5 Amtliche Mitteilung Der Bundesrat hat in seiner 937. Sitzung am 16. Ok- tober 2015 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zu- zustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Steueränderungsgesetz 2015 – Gesetz zur Anpassung des nationalen Bankenab- wicklungsrechts an den Einheitlichen Abwick- lungsmechanismus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmechanismusge- setz – AbwMechG) – Gesetz zur Abwicklung der staatlichen Notariate in Baden-Württemberg – Gesetz über die internationale Zusammenarbeit zur Durchführung von Sanktionsrecht der Verein- ten Nationen und über die internationale Rechts- hilfe auf Hoher See sowie zur Änderung seerechtli- cher Vorschriften – Zweites Gesetz zur Änderung des Binnenschiff- fahrtsaufgabengesetzes – Gesetzes zu dem Protokoll vom 14. Oktober 2005 zum Übereinkommen vom 10. März 1988 zur Be- kämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt und zu dem Protokoll vom 14. Oktober 2005 zum Protokoll vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlun- gen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden – Drittes Gesetz zur Änderung des Regionalisie- rungsgesetzes – Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Ver- sorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher – Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz – … Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregister- gesetzes Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie ge- mäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Innenausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Evaluierungsbericht nach Artikel 9 des Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes Drucksache 18/5935 Finanzausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Zweiter Bericht des Ausschusses für Finanzstabili- tät zur Finanzstabilität in Deutschland Drucksachen 18/5457, 18/5976 Nr. 1.3 Ausschuss für Wirtschaft und Energie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Nationaler Energieeffizienz-Aktionsplan 2014 der Bundesrepublik Deutschland Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. November 201513168 (A) (C) (B) (D) Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de Drucksachen 18/1860, 18/2048 Nr. 3 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätig- keit in den Jahren 2013/2014 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet und Stellungnahme der Bundesregierung Drucksachen 18/5210, 18/5976 Nr. 1.1 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpoli- tik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 2014 (Rüstungsexportbericht 2014) Drucksachen 18/5340, 18/5458 Nr. 5 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Neufassung der Geschäftsordnung des Bundessi- cherheitsrates Drucksachen 18/5773, 18/6138 Nr. 1 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur – Unterrichtung durch die Bundesregierung Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichts- jahr 2013 Drucksachen 18/5520, 18/5976 Nr. 1.4 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak- torsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahr 2013 Drucksachen 18/5565, 18/5976 Nr. 1.5 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Uni- onsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/4504 Nr. A.1 Ratsdokument 6841/15 Drucksache 18/6146 Nr. A.1 Ratsdokument 11877/15 Drucksache 18/6417 Nr. A.2 EP P8_TA-PROV(2015)0319 Drucksache 18/6417 Nr. A.3 Ratsdokument 11870/15 Innenausschuss Drucksache 18/6146 Nr. A.4 Ratsdokument 11845/15 Drucksache 18/6146 Nr. A.5 Ratsdokument 11846/15 Ausschuss für Wirtschaft und Energie Drucksache 18/4504 Nr. A.9 Ratsdokument 6594/15 Drucksache 18/4504 Nr. A.10 Ratsdokument 6595/15 Drucksache 18/5982 Nr. A.28 Ratsdokument 9964/15 Drucksache 18/5982 Nr. A.33 Ratsdokument 11018/15 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/5165 Nr. A.11 Ratsdokument 6915/15 Drucksache 18/5459 Nr. A.15 Ratsdokument 9455/15 134. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 26, ZP 2 Regelung der Sterbebegleitung TOP 27 Lohngleichheit für Frauen und Männer TOP 28 Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes TOP 29 Änderung des Gesetzes über Bausparkassen TOP 30 Krankenversicherungsbeitrag aufDirektversicherungen Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5
    • insert_commentVorherige Rede als Kontext
      Rede von Dr. Eva Högl


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


      Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

      Kollegen! Jeder Mensch kann frei entscheiden, sein Le-
      ben zu beenden. Das ist nicht schön; aber es gibt kei-
      nen Zwang zum Leben. Wenn Menschen sterben wollen,
      dann formulieren sie diesen Wunsch häufig, weil sie ein
      sehr hohes Alter erreicht haben, weil sie an einer schwe-
      ren, unheilbaren Krankheit leiden, weil sie Angst haben
      vor Schmerzen, vor Einsamkeit oder davor, anderen
      Menschen, insbesondere Angehörigen, zur Last zu fallen.
      Deswegen muss es unser gemeinsames Bestreben sein,
      am Lebensende bei schweren Krankheiten das Allerbeste
      für diese Menschen zu tun, Ängste zu nehmen, Sorgen
      und Nöte ernst zu nehmen. Aber wir dürfen auf diese
      Sterbewünsche auf keinen Fall damit reagieren, dass wir
      den Tod als Dienstleistung anbieten.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


      Ärzte haben einen großen Freiraum. Sie müssen den
      Willen der Patientinnen und Patienten berücksichtigen,
      und sie tun das auch: Sie unterlassen Behandlungen, sie
      nehmen sie gar nicht erst auf. Sie müssen Behandlungen
      abbrechen, wenn der Patient das nicht mehr möchte, und
      sie dürfen sogar Behandlungen aufnehmen, die schnel-
      ler zum Tod führen, als es ohne Behandlung der Fall
      wäre. – Die Ärzte haben also einen großen Spielraum,
      und die Patientinnen und Patienten verfügen über eine
      größtmögliche Selbstbestimmung. Genau das wollen wir
      alle erhalten.

      Mit dem Gesetzentwurf Brand/Griese, für den ich
      spreche, sollen nur diejenigen bestraft werden, die es
      darauf anlegen, wiederholt Suizidbeihilfe zu betreiben.
      Gemeint sind Sterbehilfevereine und Einzelpersonen, die
      die Förderung des Suizids anderer bewusst und gewollt
      zum regelmäßigen Gegenstand ihrer Tätigkeit machen.
      Genau darum geht es.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


      Ich bin schon ein wenig erstaunt und auch ein bisschen
      erschüttert, mit welchen Unterstellungen und mit wel-
      cher Kampagne auf unseren Gesetzentwurf reagiert wird.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


      Ärztinnen und Ärzte lindern Schmerzen und Leiden.
      Aber der Beruf des Arztes ist nicht darauf ausgelegt,
      Menschen den Tod zu bringen. Wer hilft und Leiden lin-

      Burkhard Lischka






      (A) (C)



      (B) (D)


      dert, ist und bleibt straffrei – auch nach dem Gesetzent-
      wurf Brand/Griese.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


      Ein paar Bemerkungen zu dem Gesetzentwurf von Pe-
      ter Hintze und anderen. Er verspricht viel und hält nichts.
      Er verspricht Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte
      und kann diese gar nicht bieten; denn die vorgesehenen
      Regelungen können wir hier im Deutschen Bundestag
      überhaupt nicht verabschieden, weil wir dafür gar keine
      Gesetzgebungskompetenz haben. Im Gesetzentwurf ist
      von einem Freiraum für Ärzte die Rede. Wenn Sie sich
      das aber genau anschauen, dann stellen Sie fest, dass in
      Wahrheit der bereits vorhandene Spielraum der Ärztin-
      nen und Ärzte ganz entscheidend eingeschränkt wird.


      (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])


      Er nimmt Ärztinnen und Ärzten die Handlungsmöglich-
      keiten.

      Ein weiterer Gesichtspunkt ist mir sehr wichtig. Der
      Gesetzentwurf fingiert Selbstbestimmung von Menschen
      und unterscheidet – das ist nach unserer Verfassung sogar
      unzulässig – nach dem Lebenswert der einzelnen Person.
      Einzelne sollen Sterbehilfe von Ärztinnen und Ärzten
      bekommen, anderen wird das verwehrt. Das ist mit unse-
      rem Rechtssystem überhaupt nicht vereinbar.


      (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])


      Das ist ein absolut untauglicher Regelungsvorschlag. Er
      verspricht, was er nicht halten kann. Deswegen wundert
      mich in dieser Debatte heute fast gar nicht, dass niemand
      mehr für diesen Gesetzentwurf wirbt, sondern nur noch
      versucht wird, unseren Gesetzentwurf zu verhindern.


      (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Claudia Roth Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


      (Augsburg) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] –


      Unser Gesetzentwurf – Brand/Griese und andere – hat
      als entscheidenden Gesichtspunkt, dass es keinen Zwang
      gibt, sich für den Tod und gegen das Leben zu entschei-
      den. Es ist ein Gesetzentwurf, der den Freiraum und die
      Selbstbestimmung aller betroffenen Menschen und auch
      der Ärztinnen und Ärzte erhält. Wer aber das unsägliche
      Treiben der Sterbehilfevereine und auch Einzelner unter-
      binden will, der darf Sterben nicht als Dienstleistung an-
      bieten. Dafür braucht es das Strafrecht, liebe Kolleginnen
      und Kollegen.


      (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


      Ja, wir nehmen das Strafrecht in die Hand. Ja, das ist ein
      scharfes Schwert. Aber ohne Strafrecht geht es nicht. Wir
      haben in den letzten anderthalb Jahren wirklich sorgfältig
      geprüft, ob wir ohne das Strafrecht auskommen, und sind
      zu dem Ergebnis gekommen, dass das nicht geht.

      Was aber auch nicht geht, liebe Kolleginnen und Kol-
      legen, ist Folgendes: Wir sind der Deutsche Bundestag,
      wir sind der Gesetzgeber. Für mich ist heute viermal
      Nein als Beendigung einer zweijährigen Debatte über-
      haupt keine Alternative. Wir brauchen eine gesetzliche
      Regelung.


      (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der LINKEN sowie der Abg. Claudia Roth GRÜNEN])


      Deshalb bitte ich Sie: Unterstützen Sie den Gesetzent-
      wurf Brand/Griese und andere.

      Vielen Dank.


      (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Claudia Roth Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Dr. Katarina Barley das Wort. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


      (Augsburg) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Dr. Katarina Barley


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


      Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

      legen! Liebe Gäste! Wir stimmen heute über vier Gesetz-
      entwürfe ab, drei davon im Bereich des Strafrechts, einer
      im Bereich des Zivilrechtes; das haben wir schon gehört.

      Auch ich werde mich zunächst mit dem Gesetzent-
      wurf Brand/Griese auseinandersetzen, weil ich ihn für
      hochproblematisch halte. Ich will Ihnen auch sagen, wa-
      rum. Es geht immer um die Kriminalisierung der Ärzte.
      Auch ich unterstelle nicht, dass die Autoren das wollen.
      Aber schauen Sie sich bitte einmal den Wortlaut an.


      (Volker Kauder [CDU/CSU]: Reden Sie doch über Ihren!)


      Über den Begriff der Geschäftsmäßigkeit hat die Kol-
      legin Brigitte Zypries bereits etwas gesagt. Es gibt aber
      noch einen anderen Punkt. Das Problem liegt in der
      Formulierung, dass einem anderen geschäftsmäßig Su-
      izidbeihilfe geleistet wird. Das muss in der Absicht ge-
      schehen, die Selbsttötung eines anderen zu fördern. So
      steht es im Gesetzentwurf. Darauf habe ich die Verfasser
      dieses Gesetzentwurfs sehr frühzeitig hingewiesen. Das
      heißt, bestraft wird die auf Wiederholung angelegte Sui-
      zidbeihilfe, aber ausgeführt worden sein muss sie nur an
      einem anderen. Das ist der entscheidende Punkt; denn
      spätestens beim zweiten Mal muss geprüft werden, ob
      Geschäftsmäßigkeit vorliegt. Womöglich genügt es sogar
      schon, wenn Sie einen Arzt haben, der öffentlich bekun-
      det, dass er Sterbehilfe richtig findet, dass er bereit ist,
      das zu tun. Dann haben Sie einen ersten Verdachtsfall.
      Ich will nicht sagen, dass derjenige dann verurteilt wird;
      aber ganz sicher wird in diesem Fall die Staatsanwalt-
      schaft tätig. Das muss sie, weil es dem Gesetzeswortlaut
      entspricht. Daran kommen Sie nicht vorbei.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


      Dr. Eva Högl






      (A) (C)



      (B) (D)


      Ich vermute, dass Sie mit dem Element der Absicht
      diejenigen herausnehmen wollten, die Palliativ- und
      Hospizmedizin betreiben. Das ist auch gut und richtig
      so. Aber diejenigen Ärzte, die ganz bewusst sagen: „In
      diesem Einzelfall möchte ich meinem Patienten helfen;
      ich sehe die existenzielle Not, in der er sich befindet, und
      wir haben gemeinsam im ArztPatientVerhältnis alles ver-
      sucht, alle Möglichkeiten der Behandlung, alle Möglich-
      keiten der Hospiz- und Palliativversorgung besprochen;
      wir sind gemeinsam der Meinung, dass es keinen besse-
      ren Weg gibt“, treffen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf. Ich
      halte das für fatal, weil wir dann keine Ärzte mehr finden,
      die sich so für ihre Patienten einsetzen.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


      Grundsätzlich muss ich sagen: Bis auf den Gesetzent-
      wurf Sensburg, dem ich ganz grundsätzlich nicht zustim-
      men kann, merkt man allen Gesetzentwürfen an, dass die
      Autoren bestimmte Einzelfälle im Kopf hatten, die sie
      regeln wollten, die sie erlauben oder verbieten wollten.
      Das ist nie gut, wenn man ein Gesetz macht. Wenn man
      ein Gesetz schafft, um einen konkreten Fall, den man vor
      Augen hat, zu regeln, dann besteht die Gefahr, dass man
      damit auch Fälle erfasst, die man nicht erfassen möchte.
      Das kann man nicht immer verhindern. Aber weil das so
      ist, muss man auf dem Gebiet des Strafrechts ganz beson-
      ders vorsichtig sein und darf zu diesem scharfen Schwert
      schlichtweg nicht greifen.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


      Mit Blick auf die Uhr will ich zum Entwurf Hintze/
      Reimann nur noch wenige Sätze sagen. Es wird immer
      gesagt, er sei verfassungswidrig, weil wir nicht die Ge-
      setzgebungskompetenz haben. Ich halte das für falsch.
      Aus welchen Gründen?

      Erstens. Ich glaube, dass damit nicht wir unsere Zu-
      ständigkeiten überschreiten, sondern dass die Ärztekam-
      mern ihre Kompetenzen bei weitem überschritten haben.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


      Das Standesrecht ist dazu da, die Rechtssituation der
      Ärzte untereinander sehr niedrigschwellig zu regeln – da
      geht es um Werbung und solche Dinge –; aber es ist de-
      finitiv nicht dazu da, um ein Thema zu regeln, mit dem
      sich der Deutsche Bundestag anderthalb Jahre lang be-
      schäftigt hat und bei dem wir das Abstimmungsverhalten
      zu einer Gewissensentscheidung erklären.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause – Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Aber Sie muten es ihnen zu!)


      Zweitens. Es gibt im BGB ein Beispiel dafür, dass das
      geht. Die §§ 630 a BGB ff. enthalten ganz ausführliche
      Regelungen zum Verhältnis von Arzt und Patienten, dazu,
      was Ärzte tun müssen, worüber sie informieren müssen,
      was sie dokumentieren müssen. Das alles steht schon im
      BGB; das ist überhaupt nicht das Problem.

      Aus den Gründen, die ich Ihnen genannt habe, stimme
      ich für den Entwurf Hintze/Lauterbach. Wenn er nicht
      durchkommen wird, werde ich zu allen Entwürfen, die
      sich auf dem Gebiet des Strafrechts bewegen, Nein sa-
      gen.

      Vielen Dank.


      (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)