Plenarprotokoll 18/124
            Deutscher Bundestag
            Stenografischer Bericht
            124. Sitzung
            Berlin, Donnerstag, den 24. September 2015
            Inhalt
            Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord-
            neten Wilfried Lorenz, Gabriele Groneberg
            und Heike Baehrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11943 A
            Wahl der Abgeordneten Kerstin Radomski
            als ordentliches Mitglied der Parlamentari-
            schen Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11943 B
            Wahl des Abgeordneten Ansgar Heveling als
            stellvertretendes Mitglied des Verwaltungsra-
            tes der Filmförderungsanstalt . . . . . . . . . . . 11943 B
            Erweiterung und Abwicklung der Tagesord-
            nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11943 B
            Absetzung des Tagesordnungspunktes 23 a . . 11944 A
            Tagesordnungspunkt 3:
            a) Abgabe einer Regierungserklärung durch
            die Bundeskanzlerin: zu den Ergebnis-
            sen des Informellen Treffens der Staats-
            und Regierungschefs der Europäischen
            Union am 23. September 2015 in Brüs-
            sel und zum VN-Gipfel für Nachhaltige
            Entwicklung vom 25. bis 27. September
            2015 in New York . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11946 C
            b) Antrag der Abgeordneten Dr . Wolfgang
            Strengmann-Kuhn, Dr . Valerie Wilms,
            Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 1
            in Deutschland schon jetzt umsetzen –
            Armut in jeder Form und überall been-
            den
            Drucksache 18/6045 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 B
            c) Antrag der Abgeordneten Friedrich
            Ostendorff, Dr . Valerie Wilms, Nicole
            Maisch, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            UN-Nachhaltigkeitsziel 2 in Deutsch-
            land schon jetzt umsetzen – Den Hunger
            beenden, Ernährungssouveränität und
            eine bessere Ernährung erreichen und
            eine nachhaltige Landwirtschaft fördern
            Drucksache 18/6046 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 B
            d) Antrag der Abgeordneten Maria Klein-
            Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Elisabeth
            Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            UN-Nachhaltigkeitsziel 3 in Deutschland
            schon jetzt umsetzen – Gesundes Leben
            für alle ermöglichen und fördern
            Drucksache 18/6047 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 C
            e) Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu,
            Beate Walter-Rosenheimer, Kai Gehring,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach-
            haltigkeitsziel 4 in Deutschland schon
            jetzt umsetzen – Inklusive, gerechte und
            hochwertige Bildung gewährleisten und
            Möglichkeiten des lebenslangen Lernens
            für alle fördern
            Drucksache 18/6048 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 C
            f) Antrag der Abgeordneten Ulle Schauws,
            Katja Dörner, Dr . Franziska Brantner,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach-
            haltigkeitsziel 5 in Deutschland schon
            jetzt umsetzen – Geschlechtergerech-
            tigkeit und Selbstbestimmung für alle
            Frauen und Mädchen erreichen
            Drucksache 18/6049 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 D
            Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015II
            g) Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald,
            Dr . Valerie Wilms, Britta Haßelmann,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach-
            haltigkeitsziel 6 in Deutschland schon
            jetzt umsetzen – Verfügbarkeit und
            nachhaltige Bewirtschaftung von Was-
            ser und Sanitärversorgung für alle ge-
            währleisten
            Drucksache 18/6050 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 D
            h) Antrag der Abgeordneten Dr . Julia Verlin-
            den, Dr . Valerie Wilms, Oliver Krischer,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach-
            haltigkeitsziel 7 in Deutschland schon
            jetzt umsetzen – Zugang zu bezahlbarer,
            verlässlicher, nachhaltiger und zeitge-
            mäßer Energie für alle sichern
            Drucksache 18/6051 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 D
            i) Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae,
            Dr . Valerie Wilms, Claudia Roth (Augs-
            burg), weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            UN-Nachhaltigkeitsziel 8 in Deutschland
            schon jetzt umsetzen – Dauerhaftes, in-
            klusives und nachhaltiges Wirtschafts-
            wachstum, produktive Vollbeschäfti-
            gung und menschenwürdige Arbeit für
            alle fördern
            Drucksache 18/6052 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 A
            j) Antrag der Abgeordneten Dr . Valerie
            Wilms, Kerstin Andreae, Claudia Roth
            (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            UN-Nachhaltigkeitsziel 9 in Deutschland
            schon jetzt umsetzen – Eine belastbare
            Infrastruktur aufbauen, inklusive und
            nachhaltige Industrialisierung fördern
            und Innovationen unterstützen
            Drucksache 18/6053 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 A
            k) Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae,
            Dr . Frithjof Schmidt, Dr . Valerie Wilms,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach-
            haltigkeitsziel 10 in Deutschland schon
            jetzt umsetzen – Ungleichheit innerhalb
            und zwischen Staaten verringern
            Drucksache 18/6054 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 B
            l) Antrag der Abgeordneten Christian Kühn
            (Tübingen), Dr . Valerie Wilms, Britta Ha-
            ßelmann, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            UN-Nachhaltigkeitsziel 11 in Deutsch-
            land schon jetzt umsetzen – Städte und
            Siedlungsflächen inklusiv, sicher, stabil
            und nachhaltig zu machen
            Drucksache 18/6055 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 B
            m) Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch,
            Dr . Valerie Wilms, Luise Amtsberg, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
            NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig-
            keitsziel 12 in Deutschland schon jetzt
            umsetzen – Für nachhaltige Konsum-
            und Produktionsmuster sorgen
            Drucksache 18/6056 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 C
            n) Antrag der Abgeordneten Annalena Baer-
            bock, Dr . Valerie Wilms, Bärbel Höhn,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach-
            haltigkeitsziel 13 in Deutschland schon
            jetzt umsetzen – Umgehend Maßnah-
            men zur Bekämpfung des Klimawandels
            und seiner Auswirkungen ergreifen
            Drucksache 18/6057 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 C
            o) Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke,
            Dr . Valerie Wilms, Peter Meiwald, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
            NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig-
            keitsziel 14 in Deutschland schon jetzt
            umsetzen – Ozeane, Meere und Meeres-
            ressourcen im Sinne einer nachhaltigen
            Entwicklung erhalten und nachhaltig
            nutzen
            Drucksache 18/6058 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 D
            p) Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke,
            Dr . Valerie Wilms, Harald Ebner, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
            NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig-
            keitsziel 15 in Deutschland schon jetzt
            umsetzen – Nachhaltige Nutzung terre-
            strischer Ökosysteme schützen, wieder-
            herstellen und fördern, Wälder nachhal-
            tig bewirtschaften, die Wüstenbildung
            bekämpfen, die Bodendegradation auf-
            halten und umkehren sowie den Verlust
            der biologischen Vielfalt stoppen
            Drucksache 18/6059 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 D
            q) Antrag der Abgeordneten Katja Keul,
            Volker Beck (Köln), Dr . Valerie Wilms,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach-
            haltigkeitsziel 16 in Deutschland schon
            jetzt umsetzen – Friedliche und inklusi-
            ve Gesellschaften im Sinne einer nach-
            haltigen Entwicklung fördern, allen
            Menschen Zugang zur Justiz ermögli-
            chen und effektive, rechenschaftspflich-
            tige und inklusive Institutionen auf allen
            Ebenen aufbauen
            Drucksache 18/6060 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11946 A
            r) Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz,
            Anja Hajduk, Dr . Valerie Wilms, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
            NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig-
            keitsziel 17 in Deutschland schon jetzt
            Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 III
            umsetzen – Globale Partnerschaft für
            nachhaltige Entwicklung jetzt wiederbe-
            leben
            Drucksache 18/6061 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11946 B
            s) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Menschenrechte und
            humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Ab-
            geordneten Tom Koenigs, Claudia Roth
            (Augsburg), Uwe Kekeritz, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN: Menschenrechte in der
            neuen Nachhaltigkeits- und Entwick-
            lungsagenda der Vereinten Nationen
            stärken
            Drucksachen 18/5208, 18/5451 . . . . . . . . . 11946 B
            Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 11946 C
            Dr . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . 11950 B
            Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11952 A
            Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11955 B
            Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11957 A
            Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11959 D
            Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 11961 A
            Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11961 C
            Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11962 C
            Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 11963 A
            Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11964 D
            Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11966 A
            Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . . 11966 D
            Carsten Träger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11967 D
            Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11968 C
            Tagesordnungspunkt 4:
            a) Antrag der Abgeordneten Jutta Krell-
            mann, Klaus Ernst, Sabine Zimmermann
            (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion DIE LINKE: Kettenbefristun-
            gen abschaffen
            Drucksache 18/4098 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11970 A
            b) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Arbeit und Soziales zu
            dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krell-
            mann, Klaus Ernst, Matthias W . Birkwald,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            DIE LINKE: Das unbefristete Arbeits-
            verhältnis zur Regel machen
            Drucksachen 18/1874, 18/2783 . . . . . . . . . 11970 A
            Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 11970 A
            Wilfried Oellers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11971 C
            Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 11972 D
            Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11974 A
            Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 11975 B
            Uwe Lagosky (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 11977 B
            Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11979 A
            Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11980 C
            Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11981 C
            Wilfried Oellers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11982 C
            Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11983 B
            Bernd Rützel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11984 C
            Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11986 A
            Tagesordnungspunkt 5:
            a) Antrag der Abgeordneten Ingbert Liebing,
            Artur Auernhammer, Norbert Barthle,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
            Bernhard Daldrup, Johannes Kahrs, Doris
            Barnett, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion der SPD: Für gleichwertige Le-
            bensverhältnisse – Kommunalfreundli-
            che Politik des Bundes konsequent fort-
            setzen
            Drucksache 18/6062 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11986 D
            b) Antrag der Abgeordneten Kerstin Kassner,
            Susanna Karawanskij, Caren Lay, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Kommunen von den Kosten für
            bauliche Maßnahmen an Kreuzungen von
            Eisenbahnen und Straßen befreien
            Drucksache 18/3051 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11987 A
            c) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Innenausschusses zu dem Antrag der Ab-
            geordneten Kerstin Kassner, Susanna
            Karawanskij, Caren Lay, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion DIE LINKE:
            Verbindliches Mitwirkungsrecht für Kom-
            munen bei der Erarbeitung von Gesetzent-
            Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015IV
            würfen und Verordnungen sowie im Ge-
            setzgebungsverfahren
            Drucksachen 18/3413, 18/6085 . . . . . . . . . 11987 A
            in Verbindung mit
            Zusatztagesordnungspunkt 3:
            Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann,
            Christian Kühn (Tübingen), Luise Amts-
            berg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dauerhafte
            und strukturelle Entlastungen für Kommu-
            nen in Not
            Drucksache 18/6069 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11987 B
            Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11987 C
            Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11989 A
            Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11990 C
            Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11992 B
            Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11994 A
            Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11995 D
            Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 11996 C
            Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 11997 D
            Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11999 A
            Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12000 B
            Tagesordnungspunkt 27:
            a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu dem Protokoll vom 17. März 2014
            zur Änderung des Abkommens vom
            30. März 2010 zwischen der Bundes-
            republik Deutschland und dem Verei-
            nigten Königreich Großbritannien und
            Nordirland zur Vermeidung der Dop-
            pelbesteuerung und zur Verhinderung
            der Steuerverkürzung auf dem Gebiet
            der Steuern vom Einkommen und vom
            Vermögen
            Drucksache 18/5575 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12001 D
            b) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu dem Abkommen vom 19. Okto-
            ber 2010 zwischen der Bundesrepublik
            Deutschland und der Föderation St. Kitts
            und Nevis über die Unterstützung in
            Steuer- und Steuerstrafsachen durch In-
            formationsaustausch
            Drucksache 18/5576 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12001 D
            c) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
            setzes zu dem Partnerschafts- und Ko-
            operationsabkommen vom 11. Mai 2012
            zwischen der Europäischen Union und
            ihren Mitgliedstaaten einerseits und der
            Republik Irak andererseits
            Drucksache 18/5577 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12001 D
            d) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
            setzes zu dem Abkommen vom 21. Au-
            gust 2014 zwischen der Bundesrepublik
            Deutschland und dem Staat Israel zur
            Vermeidung der Doppelbesteuerung
            und der Steuerverkürzung auf dem Ge-
            biet der Steuern vom Einkommen und
            vom Vermögen
            Drucksache 18/5578 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 A
            e) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu dem Protokoll vom 3. Dezember
            2014 zur Änderung des Abkommens
            vom 30. März 2011 zwischen der Bun-
            desrepublik Deutschland und Irland
            zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
            und zur Verhinderung der Steuerver-
            kürzung auf dem Gebiet der Steuern
            vom Einkommen und vom Vermögen
            Drucksache 18/5579 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 B
            f) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
            Gesetzes zur Änderung des Batteriege-
            setzes
            Drucksache 18/5759 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 B
            g) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
            Gesetzes zur Änderung des Energiever-
            brauchskennzeichnungsgesetzes
            Drucksache 18/5925 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 B
            h) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbe-
            helfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils
            des Europäischen Gerichtshofs vom
            7. November 2013 in der Rechtssache
            C-72/12
            Drucksache 18/5927 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 B
            Zusatztagesordnungspunkt 4:
            a) Antrag der Abgeordneten Maria Klein-
            Schmeink, Dr . Konstantin von Notz,
            Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN: Sicher vernetzt, gut ver-
            Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 V
            sorgt – Digitalisierung im Gesundheits-
            wesen im Dienste der Patienten gestalten
            Drucksache 18/6068 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 C
            b) Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn
            (Dresden), Oliver Krischer, Matthias Gas-
            tel, weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zum
            Schutz der Verbraucher – Unzutreffen-
            de Angaben beim Spritverbrauch und
            Schadstoffausstoß von PKW beenden
            Drucksache 18/6070 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 C
            Tagesordnungspunkt 28:
            a) Zweite und dritte Beratung des vom Bun-
            desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge-
            setzes zur Abwicklung der staatlichen
            Notariate in Baden-Württemberg
            Drucksachen 18/5218, 18/6087 . . . . . . . . . 12002 D
            b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung
            des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
            Protokoll vom 14. Oktober 2005 zum
            Übereinkommen vom 10. März 1988 zur
            Bekämpfung widerrechtlicher Handlun-
            gen gegen die Sicherheit der Seeschiff-
            fahrt und zu dem Protokoll vom 14. Ok-
            tober 2005 zum Protokoll vom 10. März
            1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher
            Handlungen gegen die Sicherheit fester
            Plattformen, die sich auf dem Festland-
            sockel befinden
            Drucksachen 18/5268, 18/6084 . . . . . . . . . 12003 B
            c) Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
            eines Gesetzes über die internationale
            Zusammenarbeit zur Durchführung von
            Sanktionsrecht der Vereinten Nationen
            und über die internationale Rechtshilfe
            auf Hoher See sowie zur Änderung see-
            rechtlicher Vorschriften
            Drucksachen 18/5269, 18/6089 12003 B
            d) Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
            eines Zweiten Gesetzes zur Änderung
            des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes
            Drucksachen 18/5273, 18/6071 . . . . . . . . . 12003 C
            e)–h)
            Beratung der Beschlussempfehlungen des
            Petitionsausschusses: Sammelübersich-
            ten 220, 221, 222 und 223 zu Petitionen
            Drucksachen 18/5957, 18/5958, 18/5959,
            18/5960 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12003 D
            j) Beratung der Beschlussempfehlung des
            Petitionsausschusses: Sammelübersicht
            225 zu Petitionen
            Drucksache 18/5962 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12004 B
            Zusatztagesordnungspunkt 1:
            Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
            der CDU/CSU und SPD: Neue Dynamik zur
            politischen Lösung der Syrien-Krise nutzen
            Dr . Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12004 C
            Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 12005 C
            Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12006 C
            Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12007 D
            Elisabeth Motschmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 12009 A
            Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 12010 A
            Dr . Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 12011 A
            Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12012 A
            Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12013 A
            Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12014 A
            Dagmar G . Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 12015 A
            Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12016 B
            Tagesordnungspunkt 6:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
            schusses für Arbeit und Soziales zu dem An-
            trag der Abgeordneten Uwe Schummer, Karl
            Schiewerling, Jutta Eckenbach, weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion der CDU/CSU
            sowie der Abgeordneten Kerstin Tack, Katja
            Mast, Dr . Matthias Bartke, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion der SPD: Integra-
            tionsbetriebe fördern – Neue Chancen für
            schwerbehinderte Menschen auf dem ers-
            ten Arbeitsmarkt eröffnen
            Drucksachen 18/5377, 18/6086 . . . . . . . . . . . 12017 B
            Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12017 B
            Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 12018 C
            Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12019 D
            Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12021 B
            Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015VI
            Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12022 B
            Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 12023 B
            Tagesordnungspunkt 7:
            a) Antrag der Abgeordneten Dr . Franziska
            Brantner, Katja Dörner, Beate Walter-Ro-
            senheimer, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            Betreuungsgeld in Kitas investieren
            Drucksache 18/6063 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12024 C
            b) Antrag der Abgeordneten Norbert Müller
            (Potsdam), Sigrid Hupach, Nicole Gohl-
            ke, weiterer Abgeordneter und der Frakti-
            on DIE LINKE: Betreuungsgeld für den
            Kitaausbau nutzen
            Drucksache 18/6041 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12024 C
            Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12024 D
            Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12025 D
            Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE) . . . . 12027 C
            Dr . Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12029 A
            Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 12030 B
            Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12032 B
            Tagesordnungspunkt 8:
            – Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
            eines Gesetzes zur Anpassung des natio-
            nalen Bankenabwicklungsrechts an den
            Einheitlichen Abwicklungsmechanis-
            mus und die europäischen Vorgaben zur
            Bankenabgabe (Abwicklungsmechanis-
            musgesetz – AbwMechG)
            Drucksachen 18/5009, 18/5325, 18/5458
            Nr . 3, 18/6091 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12033 D
            – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß
            § 96 der Geschäftsordnung
            Drucksache 18/6092 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12033 D
            Alexander Radwan (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12033 D
            Dr . Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12035 A
            Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12036 B
            Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12037 C
            Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12038 D
            Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 12040 A
            Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12041 D
            Tagesordnungspunkt 9:
            a) Antrag der Abgeordneten Matthias W .
            Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau),
            Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion DIE LINKE: Erziehungsleis-
            tung von Adoptiveltern würdigen – Müt-
            terrente anerkennen
            Drucksache 18/6043 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12043 C
            b) Zweite und dritte Beratung des von den
            Abgeordneten Matthias W . Birkwald, Sa-
            bine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst,
            weiteren Abgeordneten und der Fraktion
            DIE LINKE eingebrachten Entwurfs ei-
            nes Gesetzes zur Änderung des Sechsten
            Buches Sozialgesetzbuch – Anrechnung
            von Zeiten des Mutterschutzes
            Drucksachen 18/4107, 18/5279 . . . . . . . . . 12043 C
            Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 12043 D
            Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12045 A
            Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 12046 D
            Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12047 B
            Markus Kurth (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12047 D
            Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 12048 D
            Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12050 B
            Dr . Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 12051 A
            Tagesordnungspunkt 10:
            Antrag der Bundesregierung: Beteiligung
            bewaffneter deutscher Streitkräfte an
            der EU-Operation EUNAVFOR MED als
            ein Teil der Gesamtinitiative der EU zur
            Unterbindung des Geschäftsmodells der
            Menschenschmuggel- und Menschenhan-
            delsnetzwerke im südlichen und zentralen
            Mittelmeer
            Drucksache 18/6013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12052 C
            Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär
            BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12052 D
            Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 12054 A
            Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12055 B
            Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . 12056 A
            Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 VII
            Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12057 A
            Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 12058 B
            Katja Keul (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12059 A
            Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12059 C
            Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 12060 A
            Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12060 D
            Tagesordnungspunkt 11:
            Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Luise
            Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN: Gesetzliche Grundlage für
            Angehörigenschmerzensgeld schaffen
            Drucksache 18/5099 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12061 D
            Katja Keul (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12062 A
            Dr . Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU) . . . . . . 12063 A
            Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12064 B
            Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 12065 B
            Dr . Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 12066 B
            Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12067 C
            Tagesordnungspunkt 12:
            – Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
            eines Gesetzes zur Umsetzung der Pro-
            tokollerklärung zum Gesetz zur An-
            passung der Abgabenordnung an den
            Zollkodex der Union und zur Änderung
            weiterer steuerlicher Vorschriften
            Drucksachen 18/4902, 18/6094 . . . . . . . . . 12068 B
            – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß
            § 96 der Geschäftsordnung
            Drucksache 18/6095 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12068 C
            Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 12068 C
            Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12069 C
            Dr . Jens Zimmermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 12070 B
            Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12071 A
            Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12072 A
            Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12073 C
            Tagesordnungspunkt 13:
            Antrag der Abgeordneten Sigrid Hupach, Dr .
            Petra Sitte, Halina Wawzyniak, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ver-
            leihbarkeit digitaler Medien entsprechend
            analoger Werke in Öffentlichen Bibliothe-
            ken sicherstellen
            Drucksache 18/5405 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12074 B
            Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 12074 B
            Dr . Stefan Heck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12075 B
            Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12076 B
            Christian Flisek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12077 A
            Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 12077 D
            Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12078 D
            Tagesordnungspunkt 14:
            a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zur Verlängerung der Befristung von
            Vorschriften nach den Terrorismusbe-
            kämpfungsgesetzen
            Drucksache 18/5924 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12079 D
            b) Unterrichtung durch die Bundesregierung:
            Evaluation nach Artikel 9 des Gesetzes
            zur Änderung des Bundesverfassungs-
            schutzgesetzes
            Drucksache 18/5935 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12080 A
            Tagesordnungspunkt 15:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Finan-
            zausschusses zu dem Antrag der Abgeord-
            neten Dr . Gerhard Schick, Kerstin Andreae,
            Dr . Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter
            und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
            NEN sowie der Abgeordneten Richard Pit-
            terle, Susanna Karawanskij, Dr . Axel Troost,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Sonderermittler zur Aufarbeitung
            der Cum-Ex-Geschäfte einsetzen
            Drucksachen 18/3735, 18/6088 . . . . . . . . . . . 12080 B
            Tagesordnungspunkt 16:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
            schusses für Bildung, Forschung und Technik-
            folgenabschätzung
            – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/
            CSU und SPD: Prinzipien des deutschen
            Bildungswesens stärken – Gleichwertig-
            keit und Durchlässigkeit der beruflichen
            Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015VIII
            und der akademischen Bildung durch-
            setzen
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Ro-
            semarie Hein, Sigrid Hupach, Sabine
            Zimmermann (Zwickau), weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion DIE LINKE:
            Ausbildungsqualität sichern – Gute Aus-
            bildung für alle schaffen
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Beate
            Walter-Rosenheimer, Brigitte Pothmer, Kai
            Gehring, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            Mit einer echten Ausbildungsgarantie
            das Recht auf Ausbildung umsetzen
            Drucksachen 18/4928, 18/4931, 18/4938,
            18/6040 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12080 C
            Dr . Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 12080 C
            Dr . Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 12081 C
            Rainer Spiering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12082 C
            Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12083 C
            Uda Heller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12084 C
            Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12085 C
            Tagesordnungspunkt 17:
            a) Antrag der Abgeordneten Niema Movas-
            sat, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, wei-
            terer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Versöhnung mit Namibia – Ge-
            denken an und Entschuldigung für den
            Völkermord in der ehemaligen Kolonie
            Deutsch-Südwestafrika
            Drucksache 18/5407 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12086 D
            b) Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs,
            Uwe Kekeritz, Kordula Schulz-Asche,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Bezie-
            hungen zwischen Deutschland und Na-
            mibia stärken und unserer historischen
            Verantwortung gerecht werden
            Drucksache 18/5385 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12087 A
            Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 12087 A
            Dr . Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12088 A
            Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12088 D
            Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12089 C
            Dr . Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12090 D
            Tagesordnungspunkt 18:
            Erste Beratung des von der Bundesregierung
            eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
            Bereinigung des Rechts der Lebenspartner
            Drucksache 18/5901 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12091 D
            Christian Lange, Parl . Staatssekretär
            BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12092 A
            Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 12093 A
            Dr . Sabine Sütterlin-Waack (CDU/CSU) . . . . 12094 A
            Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12095 A
            Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12095 D
            Dr . Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 12097 A
            Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . 12097 D
            Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 A
            Tagesordnungspunkt 19:
            a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zu der Mehrseitigen Vereinbarung
            vom 29. Oktober 2014 zwischen den
            zuständigen Behörden über den auto-
            matischen Austausch von Informationen
            über Finanzkonten
            Drucksache 18/5919 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 C
            b) Erste Beratung des von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zum automatischen Austausch von
            Informationen über Finanzkonten in
            Steuersachen und zur Änderung weite-
            rer Gesetze
            Drucksache 18/5920 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 C
            c) Antrag der Abgeordneten Lisa Paus,
            Dr . Thomas Gambke, Britta Haßelmann,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abgel-
            tungsteuer abschaffen
            Drucksache 18/6064 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 C
            d) Antrag der Abgeordneten Lisa Paus,
            Dr . Thomas Gambke, Britta Haßelmann,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transpa-
            renz von Kapitaleinkommen stärken
            – Automatischen Austausch von Infor-
            mationen über Kapitalerträge auch im
            Inland einführen
            Drucksache 18/6065 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 D
            Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 IX
            Tagesordnungspunkt 20:
            Erste Beratung des von der Bundesregierung
            eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten
            Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes
            Drucksache 18/5865 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 D
            Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12099 C
            Anlage 1
            Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 12101 A
            Anlage 2
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung:
            – des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlänge-
            rung der Befristung von Vorschriften nach
            den Terrorismusbekämpfungsgesetzen
            – der Unterrichtung durch die Bundesregie-
            rung: Evaluation nach Artikel 9 des Geset-
            zes zur Änderung des Bundesverfassungs-
            schutzgesetzes
            (Tagesordnungspunkt 14 a und b) . . . . . . . . . . 12101 C
            Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12101 C
            Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12102 B
            Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 12102 D
            Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12103 C
            Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär
            BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12104 A
            Anlage 3
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            der Beschlussempfehlung und des Berichts des
            Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sonderermitt-
            ler zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte
            einsetzen (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . 12104 C
            Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 12104 D
            Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . . 12105 C
            Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 12106 C
            Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12108 B
            Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12108 D
            Anlage 4
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung:
            – des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zu der Mehr-
            seitigen Vereinbarung vom 29 . Oktober
            2014 zwischen den zuständigen Behörden
            über den automatischen Austausch von In-
            formationen über Finanzkonten
            – des von der Bundesregierung eingebrach-
            ten Entwurfs eines Gesetzes zum automa-
            tischen Austausch von Informationen über
            Finanzkonten in Steuersachen und zur Än-
            derung weiterer Gesetze
            – des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN: Abgeltungsteuer abschaf-
            fen
            – des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN: Transparenz bei Kapital-
            einkommen stärken – Automatischen Aus-
            tausch von Informationen über Kapitaler-
            träge auch im Inland einführen
            (Tagesordnungspunkt 19 a bis d) . . . . . . . . . . 12110 A
            Dr . Mathias Middelberg (CDU/CSU) . . . . . . . 12110 A
            Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12111 A
            Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12112 A
            Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 12112 D
            Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär
            BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12114 A
            Anlage 5
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            des von der Bundesregierung eingebrachten
            Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Än-
            derung des Atomgesetzes (Tagesordnungs-
            punkt 20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12115 A
            Steffen Kanitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12115 A
            Florian Oßner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 12116 D
            Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12117 D
            Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12118 D
            Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12119 B
            Textrahmenoptionen:
            30,5 mm Abstand oben
            (A) (C)
            (B) (D)
            Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 11943
            124. Sitzung
            Berlin, Donnerstag, den 24. September 2015
            Beginn: 9 .00 Uhr
        
        
        
        
          
          
        Vizepräsidentin Ulla Schmidt
        (A) (C)
        (B) (D)
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12101
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        Abgeordnete(r)
        entschuldigt bis
        einschließlich
        Becker, Dirk SPD 24 .09 .2015
        Dağdelen, Sevim DIE LINKE 24 .09 .2015
        Feiler, Uwe CDU/CSU 24 .09 .2015
        Hartmann (Wackern-
        heim), Michael
        SPD 24 .09 .2015
        Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        24 .09 .2015
        Irlstorfer, Erich CDU/CSU 24 .09 .2015
        Karawanskij, Susanna DIE LINKE 24 .09 .2015
        Kiziltepe, Cansel SPD 24 .09 .2015
        Kolbe, Daniela SPD 24 .09 .2015
        Kühn (Tübingen),
        Christian
        BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        24 .09 .2015
        Lach, Günter CDU/CSU 24 .09 .2015
        Lenkert, Ralph DIE LINKE 24 .09 .2015
        Möhring, Cornelia DIE LINKE 24 .09 .2015
        Müller (Chemnitz),
        Detlef
        SPD 24 .09 .2015
        Nick, Dr . Andreas CDU/CSU 24 .09 .2015
        Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 24 .09 .2015
        Röspel, René SPD 24 .09 .2015
        Scheuer, Andreas CDU/CSU 24 .09 .2015
        Schlecht, Michael DIE LINKE 24 .09 .2015
        Tressel, Markus BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        24 .09 .2015
        Ulrich, Alexander DIE LINKE 24 .09 .2015
        Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 24 .09 .2015
        Wicklein, Andrea SPD 24 .09 .2015
        Wiese, Dirk SPD 24 .09 .2015
        Zimmermann
        (Zwickau), Sabine
        DIE LINKE 24 .09 .2015
        Anlage 2
        Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung:
        – des von der Bundesregierung eingebrachten
        Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der
        Befristung von Vorschriften nach den Terroris-
        musbekämpfungsgesetzen
        – der Unterrichtung durch die Bundesregierung
        Evaluation nach Artikel 9 des Gesetzes zur Än-
        derung des Bundesverfassungsschutzgesetzes
        (Tagesordnungspunkt 14 a und b)
        Clemens Binninger (CDU/CSU): Der internationale
        Terrorismus ist unverändert eine weltweite Gefahr, die
        auch in Deutschland und Europa mittlerweile Realität ist .
        Das machen die Nachrichten deutlich, die uns besonders
        auch in den letzten Monaten viel zu häufig erreichten. Ob
        in Paris im Januar dieses Jahres, in Kopenhagen nur ei-
        nen Monat später oder erst kürzlich im August im Thalys
        von Amsterdam nach Paris .
        Die Zahl der radikalislamischen Salafisten in Deutsch-
        land steigt . Viele von ihnen, mittlerweile über 700, haben
        sich aufgemacht, um in Syrien und Irak für die IS-Terror-
        miliz zu kämpfen . Einige kehren zurück, manche desillu-
        sioniert, manche aber auch radikalisiert . Damit steigt das
        Gefährdungspotenzial in Deutschland weiter erheblich,
        denn es ist nicht auszuschließen, dass Anschläge auch
        in Deutschland geplant werden . Dabei stehen auch die
        Nachrichtendienste vor besonderen Herausforderungen .
        Unsere Aufgabe ist es deshalb, die Dienste weiter mit
        geeigneten Befugnissen auszustatten, um die erforderli-
        che Aufklärungsarbeit leisten zu können . Das Terroris-
        musbekämpfungsgesetz ermöglicht Nachrichtendiensten
        bisher, bei Luftfahrtunternehmen, Kreditinstituten und
        Telekommunikationsdiensten Auskünfte einzuholen . Es
        geht jetzt darum, die Fristen für diese Befugnisse zu ver-
        längern . Die Grundlage für den heute behandelten Ge-
        setzentwurf ist ein Evaluierungsbericht des Instituts für
        Gesetzesfolgenabschätzung . Durch die Evaluierung ist
        erneut deutlich geworden, dass die Befugnisse für den
        Erkenntnisgewinn wesentlich sind:
        Durch die erhobenen Verkehrsdaten stellte etwa das
        Bundesamt für Verfassungsschutz im vergangenen Jahr
        zahlreiche Kontakte von Angehörigen des gewaltbe-
        reit-salafistischen Spektrums fest und war so in der Lage,
        Beziehungen und Netzwerke aufzuklären . Einer Person
        konnte daraufhin die Werbung und Unterstützung einer
        terroristischen Vereinigung nachgewiesen werden . In
        weiteren Fällen konnten Syrien-Rückkehrer erkannt oder
        auch die Mitgliedschaft in der PKK erwiesen werden .
        Leidvolle Erfahrungen hat es in Deutschland in
        jüngster Zeit auch mit Terrorakten rechtsextremistisch
        motivierten Hintergrunds gegeben . Die Gefährdung ist
        angesichts der zunehmenden, sich radikalisierenden Sze-
        ne längst nicht gebannt . Im Gegenteil, Waffenbeschaf-
        fungen und Waffendeals in der rechtsextremen Szene
        waren und sind eine reale Gefahr . Die Befugnisse der
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512102
        (A) (C)
        (B) (D)
        Nachrichtendienste aus dem Terrorismusbekämpfungs-
        gesetz sind deswegen auch in diesem Bereich Grundlage
        für wertvolle Erkenntnisse: So konnten im Rahmen einer
        Finanzermittlungsmaßnahme gegen einen Verdächtigen
        wegen möglicher Waffenbeschaffung für die rechtsext-
        remistische Szene Kontakte in die Schweiz festgestellt
        werden . Darüber hinaus war feststellbar, dass der Ver-
        dächtige über ein Konto im Ausland verfügte, auf das
        Gelder unbekannter Herkunft einbezahlt wurden, und
        auch, dass der Verdächtige selbst immer wieder hohe
        Bargeldbeträge auf sein Konto einzahlte . Zudem zeig-
        ten Finanztransaktionen an regionale und überregionale
        Größen der rechtsextremen Szene die Einbindung und
        Bedeutung des Rechtsextremisten in der Szene .
        Die Evaluierung hat deutlich gezeigt, dass die Befug-
        nisse notwendig sind . Ich höre auch immer wieder aus
        den Reihen der Opposition, es bestehe die Gefahr, die
        Dienste würden ihre Befugnisse maßlos einsetzen . Aber
        auch hier hat ist das Ergebnis eindeutig: Die Dienste
        handeln sehr maßvoll . Genau, wie es der Bundestag als
        Gesetzgeber beabsichtigt hat . So wurden im Jahr 2014
        insgesamt gerade einmal 72 besondere Auskunftsverlan-
        gen angeordnet . 33 davon sind bei Telekommunikations-
        diensteanbietern ergangen, um Verkehrsdaten-Auskünfte
        einzuholen. Von flächendeckender Überwachung kann
        nicht einmal im Ansatz die Rede sein .
        Es geht nun darum, die Empfehlungen aus der Eva-
        luierung umzusetzen und die Befugnisse erneut zu be-
        fristen . Mit einer weiteren Befristung gewährleisten wir,
        dass die weitere Entwicklung im Blick bleibt . Alle Ex-
        perten bestätigen, dass die Gefährdungslage ernst ist . Wir
        sollten deshalb nicht zur Hysterie neigen, aber wir soll-
        ten das Notwendige tun für die Sicherheit der Menschen
        und die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörden . Die
        Sicherheitsbehörden verdienen unser Vertrauen . Es gibt
        keinen Grund, eine weitere Befristung abzulehnen .
        Uli Grötsch (SPD): Heute beraten wir den Entwurf
        eines Gesetzes zur Verlängerung der Befristung von Vor-
        schriften nach den Terrorismusbekämpfungsgesetzen,
        die wir nach den Anschlägen am 11 . September 2001
        eingeführt haben . Bei diesem Wortungetüm handelt es
        sich um die nachrichtendienstlichen Befugnisse unserer
        Sicherheitsbehörden zur Auskunftseinholung bei etwa
        Luftfahrtunternehmen, Kreditinstituten und Telekommu-
        nikationsdienstleistern .
        Für die SPD war es von entscheidender Bedeutung,
        dass wir diese Anti-Terrorgesetze erneut befristen, bis
        2021 . Es wird dann erneut auf seine Wirksamkeit hin ge-
        prüft .
        Diese zugegebenermaßen weitreichenden Befugnisse
        haben sich bewährt: Unsere Sicherheitsbehörden arbei-
        ten auf Hochtouren: Erst im April dieses Jahres konnten
        in Oberursel Terrorverdächtige verhaftet werden . Um nur
        ein Beispiel zu nennen .
        Diese und andere Anschlagspläne konnten unter ande-
        rem dank dieser Befugnisse verhindert werden . Meiner
        Meinung nach stellt sich heute und hier deshalb die Frage
        nicht, ob wir das Gesetz verlängern .
        Das ist nun die dritte Verlängerung . Ich kann Ihnen
        heute keine Hoffnung machen, dass die Bedrohung durch
        den internationalen Terrorismus, den islamischen Terro-
        rismus, nachlässt . Wir wissen, dass schreckliche Terro-
        ranschläge wie im Mai 2014 in einem jüdischen Museum
        in Brüssel oder wie im Januar dieses Jahres auf das Sati-
        reblatt Charlie Hebdo in Paris auch bei uns in Deutsch-
        land passieren können . Die Terrormiliz IS ruft ganz kon-
        kret zu individuellen Terrortaten in Deutschland auf . Wir
        können und dürfen uns aber nicht darauf verlassen, dass
        „zivile“ Helden wie im Thalys-Schnellzug in Frankreich
        ihr Leben für uns riskieren .
        Unsere Sicherheitsbehörden sind deshalb gut aufge-
        stellt, in den aktuellen Haushaltsberatungen stocken wir
        beispielsweise das BKA mit 200 zusätzlichen Beamten
        und 12 Millionen Euro Sachmitteln auf . Die Bundespoli-
        zei bekommt 3 000 neue Beamtenstellen .
        Wir wissen, dass Paragraphen alleine noch keine ef-
        fektive Terrorbekämpfung sind: Ich setze auf Prävention .
        In den letzten Wochen und Monaten habe ich mich mit
        sehr vielen im Bereich Extremismusprävention engagier-
        ten Vereinen und Trägern getroffen und mir ein Bild von
        ihrer Arbeit gemacht . Ihre Arbeit ist nachgefragter, denn
        je . Ich denke da an die Beratungsstelle „Hayat“, die Aus-
        steigern und Angehörigen von radikalisierten Personen
        Hilfe anbietet .
        Und auch an das Violence Prevention Network (VPN),
        in dem erfahrene Fachkräfte sich in Justizvollzugsanstal-
        ten um jugendliche Gewalttäter kümmern, um nicht den
        islamistischen Rattenfängern das Feld zu überlassen . In
        einem weiteren Projekt betreuen sie von Rekrutierungs-
        maßnahmen des IS betroffene junge Frauen . Es gibt in
        den Bundesländern viele solcher niedrigschwelligen
        Projekte, die sich gegen den gewaltorientierten Islamis-
        mus wenden und erfolgreich sind . Deshalb war es rich-
        tig, letztes Jahr das neue Bundesprogramm „Demokratie
        Leben“ um 10 Millionen Euro auf jetzt 40,5 Millionen
        Euro aufzustocken . Das ist der richtige Weg, und deshalb
        danke ich unserer Bundesministerin für Familie, Senio-
        ren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig, die früher
        als andere erkannt hat, dass es auf Prävention ankommt .
        Wir alle haben in den letzten Monaten Videos und
        Bilder vom Terrorregime des IS sehen müssen, die men-
        schenunwürdig sind . Wir sind fassungslos angesichts
        dieser Enthemmtheit, aber wir dürfen nicht sprachlos
        sein . Lassen Sie uns als gesamtes Haus ein deutliches Si-
        gnal senden und unsere Entschlossenheit zeigen .
        Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die Bundesregierung be-
        antragt die weitere Verlängerung einer ganzen Reihe so-
        genannter Antiterrorgesetze, die seit 2001 nach und nach
        eingeführt wurden . Auf die Kritik, diese Gesetze griffen
        unverhältnismäßig in die Grundrechte ein, hieß es bei
        ihrer Einführung beschwichtigend, sie seien ja befristet,
        würden also nur vorübergehend gelten .
        Tatsächlich werden sie aber routinemäßig verlängert,
        ohne dass die Grundrechtseingriffe überhaupt noch the-
        matisiert werden. Wir von der Linken finden jedenfalls:
        Den Geheimdiensten immer mehr Macht einzuräumen,
        ist nicht Teil einer Lösungsstrategie, es ist Teil des Prob-
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12103
        (A) (C)
        (B) (D)
        lems . Nun gilt es, wieder abzurüsten und den Grundrech-
        ten die Priorität einzuräumen, die sie verdienen .
        Die Gesetze, um die es hier geht, berechtigen die
        Geheimdienste etwa dazu, Kontodaten abzufragen, Ver-
        kehrsdaten von Telekommunikationsunternehmen und
        Flugdaten einzusehen, Handy-Standorte zu erfassen
        und Gespräche abzuhören . Die Anzahl der durchge-
        führten Maßnahmen beläuft sich im Schnitt nur auf eine
        zweistellige Zahl pro Jahr . Das allein gibt aber noch kei-
        nen Aufschluss über deren Verhältnismäßigkeit .
        Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder dar-
        auf hingewiesen, dass es bei Grundrechtseingriffen auch
        auf deren kumulative Wirkung ankommt . Das heißt:
        Angesichts der Vielzahl von Geheimdienstbefugnissen
        und der heutigen technischen Möglichkeiten muss jedes
        Gesetz im Rahmen einer Gesamtschau und in der Wech-
        selwirkung mit anderen Gesetzen bewertet werden . Aber
        in der Evaluation, die jetzt die Verlängerung der Gesetze
        legitimieren soll, ist diese Prüfung einfach unterblieben .
        In dem Papier heißt es wörtlich: „Eine solch umfas-
        sende Analyse ist jedoch vom Evaluationsauftrag nicht
        abgedeckt gewesen“ . Weiter heißt es, eine umfassende
        Auswertung sei schon – Zitat – ,,mit Blick auf die Be-
        sonderheiten nachrichtendienstlichen Arbeitens nicht
        realisierbar .“ Auch eine Langzeitbeobachtung sei weder
        beauftragt gewesen noch mit den Geheimdiensten über-
        haupt möglich, heißt es .
        Schuld daran ist das Bundesinnenministerium, das
        den Rahmen für dieses Gutachten erstellt hat . Es hat den
        Auftrag bewusst eng formuliert, um einen Bericht zu
        bekommen, der die Regierungslinie unterstützt . Anders
        ausgedrückt: Das Bundesinnenministerium hat sich ein
        Gefälligkeitsgutachten besorgt .
        Das zeigt sich zum Beispiel auch bei der Frage nach
        der Wirksamkeit der Überwachungsgesetze . Da tappen
        wir auch nach der Evaluation weiterhin im Dunkeln .
        Denn die Bewertung der Gesetze wurde von den Nach-
        richtendiensten selbst vorgegeben . Deren Behauptung,
        die Gesetze seien notwendig und wirksam, sollen wir
        einfach glauben ohne die Möglichkeit einer unabhängi-
        gen Nachprüfung .
        Entschuldigung, aber eine solche Blauäugigkeit zu
        verlangen, nach Jahren voller NSU- und NSA-Skanda-
        le, das ist wirklich eine Beleidigung des Parlaments und
        auch der Bürgerinnen und Bürger .
        Es gibt für eine solche Art von Bewertungen ein Wort:
        Gefälligkeitsgutachten .
        Die Linke ist sehr dafür, Terroristen das Handwerk zu
        legen . Aber wir werden keinem Gesetz zustimmen, das
        die Kompetenzen der Geheimdienste erweitert, ohne die
        Folgen für die Grundrechte zu beachten . Der Nutzen der
        Gesetze ist nicht erwiesen, daher kann man sie Ende des
        Jahres getrost auslaufen lassen .
        Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        NEN): Die Ursprünge des Gesetzes, dessen Geltung zum
        dritten Mal verlängert werden soll, reichen in die Zeit un-
        mittelbar nach den Anschlägen vom 11 . September 2001
        zurück . Damals wurden den Geheimdiensten mit dem
        Terrorismusbekämpfungsgesetz Befugnisse eingeräumt,
        in Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern einzugrei-
        fen . Sie sollten Kontendaten, Flugdaten, Passdaten und
        Verkehrsdaten von Telekommunikationsmedien abfragen
        dürfen . Auch ging es um den Einsatz von so genannten
        IMSI-Catchern . Weil es um Grundrechtseingriffe ging,
        sollten diese an enge Einschränkungen gebunden sein .
        Schon die Anordnung sollte von höchster Stelle und nur
        mit parlamentarischer Kontrolle möglich sein . Die Be-
        troffenen sollten nachträglich informiert werden . Die
        Regelungen sollten nur dem Kampf gegen Terrorismus
        dienen und befristet auf zehn Jahre gelten . Wegen der
        gewollt stark einschränkenden Bedingungen wurde das
        Gesetz nur restriktiv und in wenigen Fällen angewandt .
        Befürchtungen, das Gesetz könnte zu massenhaften
        Grundrechtsverletzungen führen, bewahrheiteten sich
        nicht .
        Flugdaten, Kontodaten, Verkehrsdaten wurden im ein-
        stelligen und unteren zweistelligen Bereich pro Jahr erho-
        ben, insgesamt 64#$# bis 77#$#mal pro Jahr, Postdaten
        gar nicht . Gleichwohl wurde die Geltung des Gesetzes
        2007 für fünf Jahre verlängert . Die Bedingungen wur-
        den etwa für Kontodaten gemildert . Nicht mehr Minister
        mussten die Anordnungen genehmigen . 2011 wurde die
        Gesetzesanwendung erneut um fünf Jahre verlängert .
        Beiden Verlängerungen lagen keine unabhängigen
        Überprüfungen des Nutzens der Verlängerung zugrun-
        de . Deshalb wurde nun erstmals eine Evaluierung durch
        Wissenschaftler durchgeführt . Das Ergebnis liegt seit
        April 2015 vor . Wieder wurde festgestellt, dass das Ge-
        setz nur in wenigen Fällen angewandt wurde . So gab es
        zum Beispiel von November 2013 bis November 2014:
        23 Kontoabfragen, zwei für Flugverbindungen, für Ver-
        kehrsdaten 33 und Kontostammdaten 21#$#mal Abfra-
        gen . Unterrichtungen der Betroffenen erfolgten all die
        Jahre nur in etwa in einem Drittel der Fälle .
        Jetzt soll das Gesetz zum dritten Mal verlängert wer-
        den bis 2021 . Schon angesichts der geringen Zahl der
        Anwendungsfälle ist zu bezweifeln, ob dies zwingend
        notwendig ist . Schließlich geht es nicht nur um irgend-
        welche Befugnisse für die Geheimdienste, sondern um
        Grundrechtseingriffe . Deshalb wurde das Gesetz 2002
        nur beschlossen, um Aufklärungsmöglichkeiten in der
        besonders angespannten und gefährlichen Situation zu
        schaffen . Ein Dauergesetz für Jahrzehnte war nicht be-
        absichtigt .
        Ein einfaches Durchwinken einer Verlängerung
        kommt für uns nicht in Betracht . Zur Vorbereitung einer
        vertretbaren Entscheidung müssen die konkreten Ergeb-
        nisse der Gesetzesanwendung in den letzten fünf Jahren
        darauf anhand der konkreten Fälle überprüft werden,
        wie relevant diese für den Kampf gegen den Terrorismus
        gewesen sind . Das bisherige Evaluationsergebnis bringt
        dazu keine ausreichenden Erkenntnisse . Also muss die
        Bundesregierung uns konkrete Zahlen nachliefern, wie
        oft durch die Anwendung der fraglichen Befugnisse
        schwere Terrordelikte verhindert oder aufgeklärt werden
        konnten . Ohne solche Belege können Grüne dem Ent-
        wurf nicht zustimmen .
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512104
        (A) (C)
        (B) (D)
        Dr. Günter Krings, Parl . Staatssekretär im Bundes-
        ministerium des Innern: Der internationale djihadistische
        Terrorismus ist nach wie vor eine globale Bedrohung für
        das friedliche Zusammenleben und die zentrale Heraus-
        forderung für unsere Sicherheitsbehörden .
        Erfolgreiche und zum Teil in letzter Minute verhinder-
        te Anschläge haben sich in jüngster Zeit in unmittelbarer
        Nähe zu uns ereignet: in Brüssel, Paris und Kopenhagen
        und im Thalys-Schnellzug in Nordfrankreich . Das zeigt,
        dass der Terror längst Mitteleuropa erreicht hat . Und es
        gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass nicht auch Deutsch-
        land längst im Fadenkreuz des islamistischen Terror
        steht . Ja, und auch bislang mussten wir schon deutsche
        Terror-Tote und Terror-Tote in Deutschland beklagen .
        Ein konkretes Anzeichen für die Gefährdung der Men-
        schen in Deutschland sind vor allem die über 700 Perso-
        nen mit salafistischem Hintergrund, die aus Deutschland
        in die Krisenregion Syrien/Irak ausgereist sind . Von den
        Rückkehrern aus dieser Gruppe geht eine besondere Ge-
        fahr aus . Sie sind weiter radikalisiert, oft kampferprobt,
        verroht und zu ungeheurer Brutalität fähig .
        Die gesetzgeberischen Antworten auf diese Ter-
        ror-Gefahr basieren auf einer rationalen Gefährdungs-
        analyse . Und das Terrorismusbekämpfungsgesetz ist ein
        Herzstück bei dieser besonnenen und rationalen Antwort
        des Gesetzgebers .
        Mit dem heute in erster Lesung behandelten Gesetz-
        entwurf wollen wir die bewährten nachrichtendienstli-
        chen Befugnisse verlängern, um den Kampf gegen den
        internationalen Terrorismus fortsetzen zu können . Im
        Wesentlichen geht es um Vorschriften zur Auskunftsein-
        holung bei Luftfahrtunternehmen, Kreditinstituten und
        Telekommunikationsdiensten, die bis Januar 2016 be-
        fristet sind .
        Grundlage des Gesetzentwurfs ist der Evaluierungsbe-
        richt unabhängiger Wissenschaftler des Instituts für Ge-
        setzesfolgenabschätzung und Evaluation . Die Auswahl
        des Instituts war zusammen mit dem Bundestag erfolgt .
        Lassen Sie mich zu den Evaluierungsergebnissen zwei
        besonders praxisbedeutsame Maßnahmen herausstellen .
        Besondere Auskunftsverlangen: Im Untersuchungs-
        zeitraum November 2013 bis November 2014 wurden
        gerade einmal 72 Auskunftseinholungen bei Luftfahrtun-
        ternehmen, Kreditinstituten, Telediensten und Telekom-
        munikationsdiensten angeordnet . Das ist maßvoll und
        zeigt wie streng wir die Regelungen gefasst haben .
        Vielfach konnten dabei Kontakte, Beziehungen und
        Netzwerkstrukturen auf geklärt werden . Einer Person
        konnte etwa die Unterstützung einer terroristischen Ver-
        einigung nachgewiesen werden .
        Ausschreibung im SJS II: Eine weitere, wichtige
        Vorschrift ermöglicht den drei Nachrichtendiensten,
        Personen im Schengenerinformationssystem II auszu-
        schreiben . Wird dann die ausgeschriebene Person im
        Schengenraum kontrolliert, erhält die ausschreibende
        Behörde Informationen über Reisebewegungen und
        eventuell mitreisende Personen .
        Im Erhebungszeitraum der Evaluation wurden
        329 Personen im SIS II ausgeschrieben, überwiegend
        durch das Bundesamt für Verfassungsschutz . So konn-
        ten zum Beispiel wichtige und dringend notwendige Er-
        kenntnisse über Syrien-Rückkehrer gewonnen werden .
        Die wissenschaftliche Untersuchung des evaluieren-
        den Instituts kommt zu glasklaren Ergebnissen:
        Die Anwendung der nachrichtendienstlichen Befug-
        nisse ist auch im aktuellen Auswertungszeitraum wiede-
        rum fokussiert und verantwortungsvoll erfolgt . Und sie
        hat unverzichtbare Erkenntnisse erbracht .
        Das Terrorismusbekämpfungsgesetz wahrt die Balan-
        ce zwischen Freiheit und Sicherheit . Wer diese Befug-
        nisse beseitigen will, der opfert unsere Sicherheit – und
        zwar nicht zugunsten der Freiheit . Nein, er beseitigt un-
        sere Freiheit dabei gleich mit .
        Ich bitte den Deutschen Bundestag daher um eine
        ebenso sorgfältige wie zügige Beratung dieses Gesetzes
        zum Schutze der Menschen in unserem Lande .
        Anlage 3
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
        Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der
        Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sonderer-
        mittler zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte
        einsetzen
        (Tagesordnungspunkt 15)
        Olav Gutting (CDU/CSU): Bereits im Januar, als
        wir hier im Parlament zum Thema Dividendenstripping,
        auch bekannt als Cum-/Ex-Trade, debattiert hatten, habe
        ich klargestellt, dass es sich dabei um kein Steuergestal-
        tungsmodell findiger Berater, sondern nach meinem Da-
        fürhalten schlicht um Betrug zulasten des Fiskus gehan-
        delt hat .
        Auch wir halten die Rückforderung von Kapitalertrag-
        steuer, welche tatsächlich nie gezahlt wurde, nicht nur
        für höchst problematisch und unmoralisch, sondern für
        rechtswidrig .
        Auch das Bundesfinanzministerium hatte stets die
        Rechtsauffassung, dass nur einmal abgeführte Kapitaler-
        tragssteuer nie doppelt bescheinigt werden darf . Zweck
        dieses unrechtsmäßigen Geschäftsmodels war es, bei
        Leerverkäufen über den Dividendenstichtag Zusatzren-
        diten zu erzielen, weil die deutsche Kapitalertragsteuer
        durch das Auseinanderfallen von rechtlichem und wirt-
        schaftlichem Eigentum mehrfach bescheinigt wurde .
        Jedem, der die doppelte Bescheinigung zu seiner
        Renditesteigerung nutzte, muss klar gewesen sein, dass
        er unrechtmäßig doppelt kassiert und damit den Fiskus
        schädigt .
        Bereits im Januar habe ich bei meiner Rede gefordert,
        die rechtliche Einordnung dieser Handlungen den zustän-
        digen staatlichen Strafverfolgungsbehörden und unserer
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12105
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        Gerichtsbarkeit zu überlassen . Im Übrigen laufen hierzu
        bereits verschiedene Ermittlungsverfahren .
        Der Bundestag und auch die Bundesregierung haben
        sich aus staatsanwaltlichen Ermittlungen rauszuhalten .
        Dies gebietet schon unsere Verfassung, in der – mit sehr
        guten Gründen – die Gewaltenteilung festgeschrieben ist .
        Gegen die Einsetzung eines Sonderermittlers bestehen
        auch deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil un-
        sere Verfassung einen solchen Ermittlertyp schlichtweg
        nicht kennt .
        Ihr Antrag lässt auch nicht erkennen, welchen Mehr-
        wert Sie sich von der Einsetzung eines solchen verfas-
        sungsrechtlich bedenklichen Sonderermittlers erhoffen?
        Schließlich sind alle Erkenntnisse der Bundesregierung
        hierzu bekannt, weil dieses Thema Gegenstand mehrerer
        Anfragen war .
        Der Antrag zur Einsetzung eines unabhängigen Son-
        derermittlers ist deshalb völlig unnötig, man kann auch
        sagen schlicht Unfug . Er stellt nur eine Nebelkerze
        dar, um das zu verschleiern, was Sie mit Ihrem Antrag
        tatsächlich bezwecken, nämlich die Klärung einer ver-
        meintlichen politischen Verantwortung, für die es aber
        das Instrument des Untersuchungsausschusses gibt .
        Obwohl die Grünen sonst nicht so zimperlich bei der
        Forderung zur Einsetzung von Untersuchungsausschüs-
        sen sind, begnügen sie sich hinsichtlich der Cum-Ex-Ge-
        schäfte mit der Bestellung eines verfassungsrechtlich
        problematischen Sonderermittlers .
        Die jeweilige Bundesregierung hat gemeinsam mit
        dem zuständigen Bundesfinanzministerium – dies muss
        in diesem Zusammenhang festgehalten werden – stets
        mit Erlassen auf entsprechende konkrete Hinweise re-
        agiert . Auch der Gesetzgeber selbst blieb nicht untätig .
        Ein politisches Aufklärungsbedürfnis sehe ich daher
        nicht .
        Ihr Sonderermittler soll auch klären, welche Stellen
        und welche Personen auf der staatlichen Seite für den
        entstandenen Schaden zum einen formal und zum ande-
        ren tatsächlich verantwortlich sind . Mit Verlaub! Dieses
        Ansinnen ist nun wirklich Unfug, denn eine Mitverant-
        wortung setzt eine Beteiligung an dem rechtwidrigen
        Geschäftsmodell voraus . Eine solche Unterstellung ist
        absurd .
        Der Bundestag hat in den Jahren 2007 und 2009 sowie
        zuletzt im Jahr 2011 mit dem OGAW-IV-Umsetzungs-
        gesetz den Cum-Ex-Geschäften die Grundlage vollends
        entzogen . Somit liegt die nachträgliche strafrechtliche
        Aufarbeitung allein bei den zuständigen Staatsanwalt-
        schaften .
        Ihr Antrag ist daher abzulehnen .
        Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): Im Antrag
        wird gefordert, einen unabhängigen Sonderermittler ein-
        zusetzen, der klären soll, wie es dazu gekommen ist, dass
        die sogenannten Cum-Ex-Transaktionen zehn Jahre nicht
        unterbunden wurden, wer letztendlich verantwortlich
        für den entstandenen Schaden war, ob die getroffenen
        Maßnahmen zur Schadensbegrenzung adäquat sind und
        ob Vorkehrungen getroffen wurden, ähnliche Probleme
        frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden .
        Zunächst einmal stellt sich die Frage, ob ein Sonde-
        rermittler tatsächlich eingesetzt werden kann . Dem ste-
        hen nämlich erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken
        gegenüber . Unsere Verfassung kennt die Funktion eines
        Sonderermittlers nicht .
        Die Einsetzung eines Sonderermittlers ist also verfas-
        sungsrechtlich zumindest zweifelhaft und schon allein
        daher abzulehnen . Es stellt sich aber auch die Frage,
        warum die beiden Oppositionsfraktionen diesen Sonde-
        rermittler fordern, der ja wohl von der Bundesregierung
        eingesetzt werden sollte und damit auch erst einmal nur
        der Bundesregierung gegenüber berichtspflichtig wäre.
        Das Parlament wäre damit zunächst einmal außen vor .
        Wenn man so erheblichen Zweifel an der Korrektheit der
        Vorgehensweise bei den Vorfällen der Cum-Ex-Trans-
        aktionen anmeldet, dann wäre das geeignete parlamen-
        tarische Instrument zur Aufklärung aller Fragen und zur
        Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen ein Untersu-
        chungsausschuss .
        Im übrigen wäre zu klären, wer denn überhaupt so die
        Rolle eines Sonderermittlers übernehmen könnte . Wer
        hätte das geeignete Fachwissen und gegebenenfalls auch
        den ausreichend geschulten Apparat, um eine so umfang-
        reiche Überprüfung der vielen, durchaus unterschiedli-
        chen Sachverhalte durchzuführen . Die Transaktionen
        erstreckten sich ja nicht nur auf inländische Kreditinsti-
        tute, sondern auch auf das Ausland . Auch Landesbanken
        waren in diese Transaktionen verwickelt . Müsste man
        dazu dann auch noch entsprechende Landesbehörden be-
        auftragen?
        Die Cum-Ex-Transaktionen sind hochgradig kompli-
        zierte Geschäfte, die nur mit umfänglichen Spezialwissen
        und mit großem Sachverstand geprüft werden können .
        Das Bundeszentralamt für Steuern hat bereits zusätzli-
        che personelle Ressourcen bereitgestellt, damit auffällige
        Erstattungsanträge, auch aus der Vergangenheit, geprüft
        werden können . Den Bundesländern wurde vom Bundes-
        zentralamt in diesem Zusammenhang eine Unterstützung
        bei Außenprüfungen angeboten . Dabei wird auf Initiative
        des Bundesministeriums für Finanzen ein Wissenstrans-
        fer zwischen den mit Cum-Ex-Transaktionen befassten
        Stellen aus Bund und Ländern ermöglicht, um ständig
        weitere Erkenntnisse zu dieser komplexen Materie und
        zur börsentechnischen Abwicklung dieser Geschäfte zu
        gewinnen .
        Um den aus Cum-Ex-Transaktionen resultierenden
        Steuerausfällen entgegenzuwirken, wurden im Jahres-
        steuergesetz 2007 Dividendenausgleichszahlungen der
        materiellen Steuerpflicht und damit der Kapitalsteuer-
        pflicht unterworfen. Abzuführen war damit die Kapita-
        lertragsteuer auf Rechnung des Erwerbers durch das in-
        ländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut, das
        für den Veräußerer der Aktien dessen Verkaufsauftrag
        ausführte . Die von dem Kredit- bzw . Finanzdienstleis-
        tungsinstitut abgeführte Kapitalertragsteuer wurde dem
        Konto des Veräußerers zusammen mit der Dividenden-
        ausgleichszahlung belastet .
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512106
        (A) (C)
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        Die Anwendung dieser Vorschrift erfasst allerdings
        nicht Geschäfte, die ohne Intermediär oder über einen
        ausländischen Intermediär abgewickelt wurden .
        Ab 1 . Januar 2012 wurde deshalb eine weitere ge-
        setzliche Maßnahme ergriffen, um die missbräuchlichen
        Gestaltungen unter Einbeziehung ausländischer Ban-
        ken zu unterbinden . Dividenden müssen jetzt von der
        ausschüttenden Aktiengesellschaft als Bruttodividende,
        sprich ohne Kapitalertragsteuerabzug, an die auszahlen-
        den Stellen weitergeleitet werden .
        Die Abzugsverpflichtung liegt damit bei dem inlän-
        dischen Institut, das die Kapitalerträge gutschreibt bzw .
        auszahlt oder – falls die Gutschrift bzw . Auszahlung
        durch eine ausländische Stelle erfolgt – bei der letzten
        inländischen Stelle, die die Beträge an die ausländische
        Stelle weitergeleitet hat . Steuerausfälle sind mit dem
        neuen System damit ausgeschlossen .
        Es wurden also sämtliche gesetzliche Maßnahmen er-
        griffen, um dem Missbrauch bei Cum-Ex-Transaktionen
        zu begegnen .
        Vergangenheitsfälle werden immer wieder aufgedeckt
        und führen zu entsprechenden Steuer- und Strafzahlun-
        gen . Ein besonders augenfälliger Streitfall in diesem Zu-
        sammenhang ist die Klage von einem Steuerpflichtigen
        gegen die Bank Sarrasin in der Schweiz, in dem meh-
        rere Kläger Schadensersatz in Millionenhöhe von der
        Bank wegen falscher Beratung fordert . Die Bank Sarasin
        in Basel hatte das Cum-Ex-Vehikel im Frühling 2010
        aufgebaut mit dem Ziel, dieses groß in Deutschland zu
        vermarkten . Jetzt sieht sich die Bank und ihr Eigentümer
        allerdings neben den Privatklagen auch umfänglichen
        Ermittlungen schweizerischer und deutscher Strafverfol-
        gungsbehörden ausgesetzt .
        Die Finanzverwaltung war immer der Auffassung,
        dass es sich bei diesen Geschäften nicht um ein steuer-
        liches Gestaltungsmodell handelt, sondern um unzuläs-
        sige Gestaltungen . Diese Haltung wurde auch vom BFH
        mehrfach bestätigt .
        Frühe Hinweise auf diese Handhabungen waren aller-
        dings so unkonkret, dass erst entsprechende Prüfungen
        zu den heutigen Erkenntnissen führten . Die Modelle wa-
        ren außerdem mit größtmöglicher Verschleierung konst-
        ruiert, womit eine Entdeckung äußerst schwierig war .
        Alle diese Sachverhalte wurden vom zuständigen Mi-
        nisterium auf zahlreiche Anfragen von Mitgliedern des
        Hohen Hauses immer wieder vollumfänglich dargestellt .
        Es ist nicht notwendig, diese Sachverhalte nochmals
        durch einen Sonderermittler prüfen zu lassen, weil es zu
        keiner neuen Erkenntnis führen würde .
        Für die Einsetzung eines Sonderermittlers gibt es kei-
        ne Rechtsgrundlage . Die illegalen Machenschaften wer-
        den von den Steuerbehörden und von der Staatsanwalt-
        schaft verfolgt .
        Es wurden auch alle Maßnahmen ergriffen, um miss-
        bräuchliche Gestaltungen für die Zukunft zu unterbinden
        und für die Vergangenheit aufzuarbeiten .
        Aus diesen Gründen wird dieser Antrag von uns ab-
        gelehnt .
        Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Cum ex? Bei
        den Cum-Ex-Geschäften handelt es sich um einen der
        größten Fälle von Steuerbetrug in Deutschland . Einzel-
        ne Banken und Fonds haben aus dem Steuerbetrug ein
        Geschäftsmodell gemacht . Der entstandene Schaden für
        den Fiskus ist immens . Im Kern haben sich die Finanz-
        marktakteure vom Fiskus Kapitalertragsteuer erstatten
        lassen, die sie gar nicht bezahlt haben . Aufgrund der
        Komplexität und Intransparenz der Geschäfte konnten
        diese Machenschaften lange Zeit nicht aufgedeckt wer-
        den . Es bedurfte auch mehr als eines Anlaufs, um diesen
        Geschäften die Grundlage zu entziehen . Die Gestaltun-
        gen konnten erst durch eine vollständige Umstrukturie-
        rung des Erhebungsverfahrens der Kapitalertragsteuer
        abgestellt werden .
        Grundlage der „Geschäfte“ waren Leerverkäufe von
        Aktien rund um den Dividendenstichtag . Es wurde dabei
        ausgenutzt, dass die Stelle, die die Kapitalertragsteuer
        an den Fiskus abführte, und die Stelle, die die Kapita-
        lertragssteuerzahlung bescheinigte, auseinanderfielen. Es
        konnten deshalb mehrere Steuerbescheinigungen erlangt
        werden, die unberechtigte Erstattungsansprüche begrün-
        deten .
        In verschiedenen Gerichtsverfahren geht es inzwi-
        schen um die Frage, ob die „Geschäfte“ legal waren
        oder nicht . Die Dreistigkeit der Betrüger ist beispiellos .
        Sie pochen auf die Legalität der mehrfachen Erstattung
        einer einmal gezahlten Steuer . Einen rechtmäßigen Er-
        stattungsanspruch kann es aber nur auf eine zuvor durch
        einen Steuerabzug erhobene Kapitalertragsteuer geben .
        Wir sehen erneut: In einer Unkultur, in der alles als er-
        laubt gilt, was nicht verboten ist, gibt es praktisch keine
        Grenzen für die Gier – wer „den Staat“ dermaßen be-
        trügt, betrügt jeden seiner Nachbarn, jeden seiner Freun-
        de, denn alle anderen im Staat müssen für den Schaden
        aufkommen, also mehr Steuern bezahlen .
        Klaus Ott schreibt in der Süddeutschen Zeitung vom
        28 . Februar 2015:
        Bei dieser speziellen Form des Börsenhandels
        muss sich der Verkäufer der Aktien dieselben erst
        noch beschaffen, obwohl er die Papiere bereits
        einem Abnehmer verbindlich zugesagt hat . Bei
        Cum-Ex-Leerverkäufen konnte es passieren, dass
        eine- und dieselbe Aktie rein formal betrachtet zwei
        Eigentümer hatte . Den alten Inhaber mit (Cum) Di-
        vidende, bei dem sich der Leerverkäufer erst noch
        mit den von ihm bereits weiter verkauften Papieren
        eindecken musste . Und den neuen Inhaber, dem der
        Leerverkäufer das Papier fest versprochen hatte,
        inklusive (Cum) einer Kompensationszahlung für
        die Dividende . Zwei Eigentümer, zwei Mal Cum,
        zumindest auf dem Papier, das bedeutete für den
        Fiskus bis 2012 in zahlreichen Fällen: Es gab zwei
        Bescheinigungen über gezahlte Dividende und die
        darauf fällige Kapitelertragsteuer; ausgestellt von
        den am Aktienhandel beteiligten Banken . Mit die-
        sen Bescheinigungen konnten sich beide Aktien-
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12107
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        besitzer die Kapitalertragsteuer später vom Fiskus
        wieder erstatten lassen; im Wege der Verrechnung
        mit anderen Abgaben . Tatsächlich aber war die Di-
        vidende nur einmal geflossen und die darauf fällige
        Steuer auch nur einmal an das Finanzamt gezahlt
        worden . Bei Cum-Ex-Leerverkäufen im Inland war
        es ab 2007 nicht mehr möglich, den Fiskus auszu-
        nehmen . Doch eine Abwicklung über ausländische
        Banken machte das noch bis 2012 möglich .
        Grüne und Linke fordern mit ihrem Antrag – wir wer-
        den an die USA erinnert – die Einsetzung eines „Son-
        derermittlers“ zur Aufklärung dieser Cum-Ex-Geschäfte .
        Für die Einsetzung eines „Sonderermittlers“ gibt es aber
        weder eine Rechtsgrundlage noch ist sein Nutzen erkenn-
        bar .
        Allerdings kein Sonderermittler des Parlaments,
        sondern der Regierung . Also: Die Regierung soll einen
        Sonderermittler beauftragen, der gegen die Arbeit der
        Regierung auf der Grundlage der von der Regierung zur
        Verfügung gestellten Unterlagen und anschließend dem
        Parlament – natürlich objektiv – berichtet . Das entspricht
        in etwa dem naiven Aufsichtsrat, der den Vorstand ent-
        lastet, weil er die Vorlage des Vorstandes kritisch geprüft
        hat und deshalb ja 100#$#prozentig Bescheid weiß . Ist ja
        klar . Wenn der Vorstand das sagt .
        Natürlich kann ein Sonderermittler der Bundesregie-
        rung nur von der Bundesregierung eingesetzt werden .
        Und das ist ihr jederzeit und unbeschränkt möglich . Das
        Parlament kann das fordern, hat aber keinen Anspruch
        darauf . Es gibt keine Regelung, keine Rechtsgrundlage .
        Wir schauen mal auf den Geheimdienst-Untersu-
        chungsausschuss des Bundestages: Dort ging es um eine
        „unabhängige Vertrauensperson“ . Die Bundesregierung
        hatte zur Wahrung der Rechte des Untersuchungsaus-
        schusses (UA) dem UA den Vorschlag gemacht, einen
        „Sonderermittler“ einzusetzen, den der UA benennt und
        der dem UA dann Bericht erstattet . Eingesetzt hat ihn
        aber die Bundesregierung .
        Das war ein Kompromiss, weil die Bundesregierung
        nicht bereit war, den Kolleginnen und Kollegen des UA
        unmittelbar Akteneinsicht zu gewähren . Die Grünen ha-
        ben das zusammen mit den Linken gefordert . Sie haben
        die Vertrauensperson abgelehnt, weil sie sich aus Arti-
        kel 44 GG berechtigt sahen, selbst Einblick zu nehmen .
        In diesem Fall gehen die Grünen und Linken vehe-
        ment gegen einen Sonderermittler vor, obwohl dies mit
        ein wenig Abstraktionsvermögen eine ganz ähnliche
        Konstruktion ist, wie sie für die Cum-Ex-Geschäfte nun
        gefordert wird .
        Grüne und Linke wollen also selber Einsicht nehmen .
        Merkwürdigerweise wollen sie das bei der Aufarbeitung
        der Cum-Ex-Geschäfte einem „Sonderermittler“ überlas-
        sen, obwohl dort die Verhältnisse offen liegen .
        Nachfolgend sei nochmal Klaus Ott aus der SZ vom
        28 .2 .1015 zitiert:
        Die Empörung war groß und parteiübergreifend, als
        der Bundestag am 15 . Januar 2015 über spezielle
        Börsengeschäfte mit Namen Cum-Ex diskutierte .
        Abgeordnete von Union und SPD, Grünen und den
        Linken entrüsteten sich über „skrupellose“ Metho-
        den . Von „Betrug“ und „Schweinerei“ war die Rede,
        und von einem „Raubzug“ von „Multimillionären“ .
        Gierige Kapitalanleger, gerissene Fondsbetreiber
        und abgebrühte Banker hätten, so der Tenor, syste-
        matisch die Staatskasse geplündert . Das sei krimi-
        nell gewesen . Mit der Einigkeit war es aber sofort
        vorbei, als die Opposition wissen wollte, warum
        die Bundesregierung diese Steuertricks in Milli-
        ardenhöhe erst 2012 endgültig unterbunden hatte,
        und einen Sonderermittler forderte . Union und SPD
        spotteten, Grüne und Linke könnten ja einen Unter-
        suchungsausschuss beantragen .
        Solch ein Ausschuss ist aber gar nicht nötig, um auf-
        zuklären, was schief gelaufen ist . Die Süddeutsche
        Zeitung hat nach dem Informations-Freiheitsgesetz
        (IFG), das die Bundesbehörden zu weitreichen-
        den Auskünften verpflichtet, Einblick in mehrere
        tausend Seiten umfassenden Cum-Ex-Akten des
        Bundesfinanzministeriums genommen. Die SZ hat
        zudem interne Dokumente großer Banken sowie Er-
        mittlungsunterlagen gesichtet und mit Akteuren auf
        allen Seiten gesprochen . Akten und Auskünfte ge-
        ben Aufschluss über das Versagen der Politik; über
        die fragwürdige Rolle großer Banken und weiterer
        Profiteure; und über die schleppende Aufklärung.
        So weit Klaus Ott .
        Wir sehen, dass die Forderung nach einem Sonderer-
        mittler ein wenig Marketing für die Opposition ist . Tat-
        sächlich ist hier eine andere staatliche Gewalt gefragt .
        Die Strafprozessordnung sieht die Staatsanwaltschaften
        als Ermittlungsorgane vor . Diese ermitteln in eigener
        Zuständigkeit als zur Objektivität verpflichtete Organe
        der Rechtspflege. Einen Sonderermittler sieht unsere
        Strafprozessordnung dagegen nicht vor . Der Beitrag, den
        ein Sonderermittler für die politische Aufklärung liefern
        könnte, ist unklar . Ein Mangel an Aufklärung besteht
        nicht . Die Bundesregierung hat parlamentarische Anfra-
        gen ausführlich beantwortet . Der Presse wurde umfas-
        sender Einblick in die Akten des Bundesfinanzministeri-
        ums gewährt . Klaus Ott, der für die Süddeutsche Zeitung
        die Vorgänge um die Cum-Ex-Geschäfte recherchiert
        hat, stellt dies, wie sich aus den Zitaten leicht ergibt,
        ausdrücklich in seinem Artikel vom 28 . Februar dieses
        Jahres fest .
        Derzeit werden verschiedene Gerichtsverfahren über
        die Frage der Legalität der Cum-Ex-Geschäfte geführt .
        Die Gestalter sind der Auffassung, dass die Cum-Ex-Ge-
        schäfte rechtmäßig waren und sie einen Erstattungsan-
        spruch hätten . Dies begründen sie damit, dass sie ein
        wirtschaftliches Eigentum an den Aktien erworben hät-
        ten .
        BMF vertritt dagegen Auffassung, dass unabhängig
        von der Erlangung eines wirtschaftlichen Eigentums an
        einer Aktie nur die durch Steuerabzug erhobene Kapita-
        lertragsteuer einmal erstattet werden könne – außerdem
        seien solche Geschäfte von jeher rechtswidrig gewesen
        und gesetzlich nicht gedeckt .
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512108
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        (B) (D)
        Die Cum-Ex-Geschäfte wurden zuletzt am Mittwoch
        eingehend im Finanzausschuss beraten .
        Konsequent, jedenfalls formal gedacht, wäre die For-
        derung nach einem Untersuchungsausschuss . Da Grüne
        und Linke auf die Einsetzung eines solchen Untersu-
        chungsausschusses verzichten, scheint ihr Aufklärungs-
        interesse doch begrenzt zu sein .
        Seit der Umstellung des Erhebungsverfahrens der
        Kapitalertragsteuer sind die betrügerischen Cum-Ex-Ge-
        schäfte ausgeschlossen . Versuche des Steuerbetrugs wird
        es leider auch in Zukunft geben . Notwendig ist deshalb
        die Herstellung transparenter Besteuerungsverfahren und
        die enge Zusammenarbeit der Finanzverwaltung über
        Grenzen hinweg . Die SPD wird sich auch weiterhin kon-
        sequent für solche Maßnahmen zur Vorbeugung und Ver-
        folgung von Steuerbetrug einsetzen .
        Richard Pitterle (DIE LINKE): Zusammen mit den
        Grünen fordert die Fraktion Die Linke die Einsetzung ei-
        nes Sonderermittlers zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Ge-
        schäfte . Nochmal zur Erinnerung: Bei den sogenannten
        Cum-Ex-Geschäften handelte es sich um Aktiengeschäf-
        te, durch welche der deutsche Staat und damit die Steu-
        erzahlerinnen und Steuerzahler von 2002 bis 2012 um
        geschätzt zwölf Milliarden Euro gebracht wurde . Dieser
        Schaden entstand, weil bei diesen Geschäften zweimal
        Kapitalertragsteuer vom Staat zurückerstattet oder ver-
        rechnet wurde, obwohl sie nur einmal gezahlt worden
        war . Banken und Großinvestoren lachten sich ins Fäust-
        chen und machten ordentlich Kasse . Ob diese Praktiken
        legales Ausnutzen einer Regelungslücke oder schlicht
        Betrug waren, ist noch nicht abschließend geklärt, aber
        das ist bei dem vorliegenden Antrag auch gar nicht die
        Frage . Die Frage ist: Warum hat die Bundesregierung
        und insbesondere das Bundesfinanzministerium trotz
        verschiedener Hinweise auf diese Geschäfte zehn Jah-
        re lang fast nichts unternommen, um diese Praxis zu
        unterbinden? Bereits 2002 kam der erste Hinweis des
        Bankenverbandes an das Ministerium, nichts ist pas-
        siert . Trifft es zu, dass es nicht nur diesen Hinweis des
        Bankenverbands gegeben hat, sondern zugleich die War-
        nung aus den Lobbykreisen davor, gesetzgeberisch ein-
        zugreifen, weil die Cum-Ex-Geschäfte dann nach Lon-
        don abwandern würden, womit der Standort Frankfurt
        gefährdet wäre? Diese Untätigkeit zugunsten der Finan-
        zindustrie hat die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler
        zwölf Milliarden Euro gekostet, und das lassen wir so
        nicht durchgehen .
        Meine Damen und Herren von der großen Koalition,
        leider haben Sie in den Beratungen zu diesem Antrag
        kein Interesse an der Aufklärung dieses zahlenmäßig
        wohl größten Finanzskandals in der Geschichte der Bun-
        desrepublik gezeigt . Sie haben immer nur abgewiegelt,
        dass das Ganze ja ohnehin als Betrug zu klassifizieren
        und dementsprechend strafbar sei . Man müsse stattdes-
        sen nach vorne schauen, für die Vergangenheit sei alles
        geklärt .
        Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, das
        kann doch nicht Ihr Ernst sein . Selbst wenn die Gerich-
        te abschließend zu der Feststellung kommen, dass die
        Cum-Ex-Geschäfte illegal waren – das Geld der Steu-
        erzahlerinnen und Steuerzahler ist weg . Um nach vorne
        schauen zu können, muss erst mal geklärt werden, wel-
        che Abläufe im Ministerium und bei der Bundesanstalt
        für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, strukturell
        diese Vorgänge befördert haben, damit sich so etwas eben
        nicht wiederholt . Und wenn Sie schon stets betonen, dass
        es sich bei den Cum-Ex-Geschäften um Straftaten han-
        delte, dann nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass es
        Aufgabe des Staates ist, Straftaten von vornherein zu ver-
        hindern, insbesondere, wenn diverse Hinweise auf ihre
        fortwährende Begehung vorliegen .
        In der ersten Lesung zu diesem Antrag hat der ge-
        schätzte Kollege Binding von der SPD immerhin ein-
        gestanden, dass sich hier keiner freisprechen könne und
        dass dieser gewaltige Schaden zulasten der Steuerzahle-
        rinnen und Steuerzahler unter den Augen der Politik über
        Jahre hinweg entstehen konnte . Ich begrüße Ihre Selbst-
        kritik, sehr geehrter Herr Kollege, aber wieso sehen Sie
        dann keinen Aufklärungsbedarf?
        Noch einmal: Zwölf Milliarden Euro Schaden! Zehn
        Jahre hat das Bundesfinanzministerium fast tatenlos zu-
        geschaut! Dass Sie, meine Damen und Herren von der
        großen Koalition, angesichts dieser Eckwerte trotzdem
        keinen Aufklärungsbedarf sehen wollen, ist unbegreif-
        lich . Geben Sie sich also einen Ruck und sorgen Sie ge-
        meinsam mit Grünen und Linken dafür, dass die Steu-
        erzahlerinnen und Steuerzahler erfahren, wie es dazu
        kommen konnte, dass sie um zwölf Milliarden Euro ge-
        bracht wurden .
        Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Zehn Jahre lang konnten Betrüger am Finanzmarkt die
        Bürgerinnen und Bürger unseres Land ausplündern .
        Schätzungsweise 12 Milliarden Euro konnten uns ge-
        stohlen werden, weil die verschiedenen staatlichen Stel-
        len nicht in der Lage waren, diese Betrügereien recht-
        zeitig zu stoppen. Profitiert haben die beteiligten Banken
        und die Millionäre, die in die entsprechenden Finanz-
        produkte investiert haben . Verloren haben die ehrlichen
        Steuerzahler, deren Geld nicht für öffentliche Leistungen
        verwendet, sondern ohne Gegenleistung an Millionä-
        re überwiesen wurde . Das ist der Skandal, der sich mit
        dem Stichwort Cum-Ex verbindet . Und das schlimme ist,
        dass das Hase-und-Igel-Spiel am Finanzmarkt unverän-
        dert weitergeht . Mit den Cum-Cum-Geschäften haben
        wir ja bereits die nächste Runde in diesem Spiel, bei der
        es wieder um Milliarden Euro an Steuergeld geht . Umso
        wichtiger ist es, dass dieser Skandal aufgeklärt wird und
        daraus Konsequenzen gezogen werden, damit so etwas
        künftig nicht mehr vorkommen kann .
        Die Finanzverwaltungen versuchen inzwischen, den
        Schaden für den Steuerzahler zu mindern . Zahlreiche zi-
        vilrechtliche Verfahren sind anhängig, in denen die Frage
        geklärt wird, wie die Geschäfte steuerlich zu behandeln
        sind, wer Steuern nachzahlen oder erstattete Steuer zu-
        rückzahlen muss . Doch die Frage, warum die Behörden
        eigentlich dem Treiben an den Finanzmärkten so spät auf
        die Spur kamen und nicht in der Lage waren, den Fiskus
        vor dem Betrug zu schützen, wird in diesen Gerichtsver-
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12109
        (A) (C)
        (B) (D)
        fahren nicht geklärt, das müssen wir politisch klären . Das
        fehlt bisher .
        Die Staatsanwaltschaften ermitteln inzwischen gegen
        eine Reihe von Beteiligten . Natürlich müssen diese Be-
        trüger bestraft werden . Ich hoffe, dass anders als in vielen
        anderen Fällen am Finanzmarkt tatsächlich die Verant-
        wortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können .
        Was aber die Staatsanwaltschaften nicht untersuchen,
        sind die Fehler aufseiten der Politik . Das zu klären, ist
        unsere Aufgabe . Wir müssen doch verstehen, warum wir
        diese Betrügereien überhaupt ermöglicht haben . Um es
        in einem Bild zu sagen: Wir wissen alle, dass Einbruch
        illegal ist . Trotzdem schließen wir unsere Türen ab, wenn
        wir morgens das Haus verlassen . Was würde Ihre Fami-
        lie Ihnen sagen, wenn Sie ihre Haustüre und ihre Fenster
        weit geöffnet gelassen hätten und Einbrecher ihre Woh-
        nung verwüstet hätten? Was müssten Sie sich anhören,
        wenn Sie dies nicht einmal aus Versehen gemacht hätten,
        sondern zehn Jahre lang, jeden Tag die Türen offen gelas-
        sen hätten und jeden Tag die Einbrecher bei Ihnen ein –
        und ausgegangen wären? Würde Ihre Familie sich damit
        zufrieden geben, wenn Sie auf die Gesetze hinweisen
        würden, dass Einbruch illegal sei? Nein, die Erwartung
        wäre, dass man die Türen verschließt . Genau das aber
        ist doch die Situation mit den Cum-Ex-Geschäften . Das
        Finanzministerium hat die Tür zum Finanzamt weit offen
        gelassen . Tag für Tag, zehn Jahre lang durften Einbre-
        cher die Steuergelder Ihrer und unser aller Familien aus-
        plündern . Niemand hat die Türe abgeschlossen, obwohl
        es laute Warnung gab, dass sie weit offen stand . Und
        die Verantwortung dafür und die Konsequenzen daraus
        müssen geklärt werden, damit in Zukunft das Steuergeld
        geschützt ist .
        Durch eine Gesetzesänderung wurden die Verfahren
        verändert, sodass heute die damaligen Trickerseien in
        genau dieser Form wohl nicht mehr nötig sind . Doch
        warum geschah das erst, nachdem schon Milliarden ver-
        loren waren? Im Jahr 2002 hat der Bankenverband die
        Bundesregierung schriftlich darauf hingewiesen, dass
        das System der Kapitalertragsteuer in Deutschland be-
        trugsanfällig sei . Banken und sehr vermögende Privat-
        personen könnten sich die Kapitalertragsteuer zweimal
        vom Fiskus erstatten lassen, obwohl sie nur einmal abge-
        führt worden sei . In seinem Schreiben hatte der Banken-
        verband nicht nur abstrakt auf eine Betrugsmöglichkeit
        hingewiesen, sondern diese klar beschrieben: Es ging
        um Leerverkäufe von Aktien während des Dividenden-
        stichtags, sogenannte Cum-Ex-Geschäfte . Besonders
        betrugsanfällig seien diese Cum-Ex-Geschäfte zwischen
        einer ausländischen und einer inländischen Bank . Die
        Bundesregierung ignorierte dieses Schreiben fünf Jahre
        lang. Warum? Waren das Bundesfinanzministerium und
        die Länderfinanzministerien so naiv, zu meinen, dass Fi-
        nanzmarktakteure eine solche Möglichkeit nicht nutzen
        würden? Oder sollte aus Gründen der Finanzmarktförde-
        rung möglichst nicht gegengesteuert werden?
        Im Jahressteuergesetz 2007 wurden Regelungen ein-
        geführt, die Betrügereien mittels Cum-Ex-Geschäften
        zwischen inländischen Banken mindern sollten . Die
        Bundesregierung war sich dessen bewusst, dass es sich
        hier nur um eine Teillösung handelte und die Betrugs-
        möglichkeiten durch das Gesetz nur „verringert“ wur-
        den, wie es in der Begründung des Finanzministeriums
        zum Gesetz hieß (BT Drucks . 16/2712, Anlage 3, S . 47) .
        Warum gelang es 2007 nicht, dem Treiben ein Ende zu
        machen? Das sind auch Fragen, denen wir uns im Finan-
        zausschuss kritisch stellen müssen .
        Besonders peinlich für den Staat wird es, wenn man
        sich die Rolle der Landesbanken anschaut . Warum haben
        öffentliche Banken mitgemacht beim Betrug an der Öf-
        fentlichkeit? Auch hier gibt es bislang keine Antworten,
        wie das geschehen konnte .
        Angesichts all dieser offenen Fragen ist es dringend
        erforderlich, aufzuarbeiten, was aufseiten des öffentli-
        chen Sektors – Bankenaufsicht, Bundeszentralamt für
        Steuern, Landesbanken, Landesfinanzministerien und
        Bundesfinanzministerium – politisch, strukturell und or-
        ganisatorisch schiefgelaufen ist . Wir müssen Fehler ver-
        stehen, sonst werden wir sie wieder machen .
        Die Koalition argumentiert nun widersprüchlich . Ei-
        nerseits wird so getan, als sei der Koalition das Thema
        auch sehr wichtig und nur das von uns vorgeschlagene
        Instrument Sonderermittler passe nicht . Andererseits gab
        es aber keine Bereitschaft für einen anderen Weg der
        Aufklärung . Wir hatten in mehreren Gesprächen in den
        letzten Wochen deutlich gemacht, dass wir auch für an-
        dere Wege der Aufarbeitung dieses Skandals bereit wä-
        ren . Doch die Koalition hat keinen Vorschlag gemacht,
        wie es denn anders gehen könnte . Das macht deutlich,
        was die eigentliche Position der Koalition ist – und das
        wurde dann in den Ausschussberatungen ja auch am
        Schluss ehrlich zugegeben: Die Koalition will nicht, dass
        hier etwas aufgearbeitet wird .
        Ein anderes Argument gegen unseren Antrag war: Die
        Unterlagen sind doch alle öffentlich . Doch das stimmt
        nicht . Über das Handeln oder Nicht-Handeln der Ban-
        kenaufsicht gibt es keine öffentlichen Informationen .
        Auch nicht über die interne Kontrolle bei den Landes-
        banken oder die Meinungsbildung zwischen Bund und
        Ländern . Vor allem aber ist das eine sehr komplexe Mate-
        rie, bei der es nicht um eine einzelne Fehlentscheidunge
        geht, sondern um eine ganze Phase von offenbar unzu-
        reichendem Handeln staatlicher Organe und Behörden .
        Sinnvoll wäre daher – und deshalb haben wir genau das
        vorgeschlagen –, dass ein sachkundiger und unabhängi-
        ger Experte Zugang zu den entsprechenden Dokumenten
        bekommt und uns die Zusammenhänge, Ursachen und
        die Reaktionen der Exekutive aufarbeitet und bewertet .
        Auf dieser Grundlage könnten wir im Finanzausschuss
        dann fundiert über notwendige Konsequenzen aus die-
        sem Skandal für Gesetzgebung und Administration dis-
        kutieren . In anderen Ländern, aber auch bei uns gibt es
        zahlreiche Vorbilder für eine solche Vorgehensweise .
        Ich finde es vor dem Hintergrund des entstandenen
        Schadens unverständlich und aus der Perspektive der ge-
        schädigten Bürgerinnen und Bürger unverständlich, dass
        Sie sich einer solchen konstruktiven Vorgehensweise
        verweigern .
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512110
        (A) (C)
        (B) (D)
        Anlage 4
        Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung:
        – des von der Bundesregierung eingebrachten
        Entwurfs eines Gesetzes zu der Mehrseitigen
        Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen
        den zuständigen Behörden über den automa-
        tischen Austausch von Informationen über Fi-
        nanzkonten
        – des von der Bundesregierung eingebrachten
        Entwurfs eines Gesetzes zum automatischen
        Austausch von Informationen über Finanzkon-
        ten in Steuersachen und zur Änderung weiterer
        Gesetze
        – des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
        GRÜNEN: Abgeltungsteuer abschaffen
        – des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
        GRÜNEN: Transparenz bei Kapitaleinkommen
        stärken – Automatischen Austausch von Infor-
        mationen über Kapitalerträge auch im Inland
        einführen
        (Tagesordnungspunkt 19 a bis d)
        Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Bei der Be-
        kämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermei-
        dung gehen wir heute einen weiteren – grundlegenden –
        Schritt voran .
        Bei der Bekämpfung der illegalen Steuerhinterzie-
        hung – das sind Fälle wie Hoeneß oder Alice Schwarzer –
        sind wir einen ganz wesentlichen Schritt vorangekom-
        men . Im Oktober vergangenen Jahres haben insgesamt
        51 Staaten hier in Berlin die multilaterale Vereinbarung
        über den automatischen Informationsaustausch über Fi-
        nanzkonten unterzeichnet, die maßgeblich durch diese
        Bundesregierung initiiert wurde . Danach werden ab 2017
        die Steuerbehörden in den Unterzeichnerstaaten in einem
        automatisierten Verfahren Kontoinformationen von den
        in ihrem Staat oder Gebiet ansässigen Banken und Fi-
        nanzdienstleistern erhalten, und sie werden diese Daten
        untereinander austauschen . Das ist ein grundlegender
        Schritt im Kampf gegen Steuerhinterziehung . Länder, die
        sich daran beteiligen, stehen als Fluchtort für Kapitalver-
        mögen nicht mehr zur Verfügung .
        Dazu beraten wir heute zwei Gesetzentwürfe, mit
        denen der automatische Informationsaustausch über Fi-
        nanzkonten in Steuersachen mit den anderen EU-Mit-
        gliedstaaten und Drittstaaten ab 2017 in Deutschland
        umgesetzt wird .
        Mit der Mehrseitigen Vereinbarung verpflichten sich
        die Vertragsparteien, die in dieser Vereinbarung bezeich-
        neten und für das Besteuerungsverfahren in den ande-
        ren Vertragsstaaten erforderlichen Informationen über
        Finanzkonten regelmäßig zu erheben und dem anderen
        Vertragsstaat automatisch zu übermitteln . Mit dem Ge-
        setz zum automatischen Austausch von Informationen
        über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung
        weiterer Gesetze soll die Anwendung des Gemeinsamen
        Meldestandards für den Informationsaustausch zwischen
        den zuständigen Behörden geregelt werden . Es wird ein
        eigenes Stammgesetz zum automatischen Austausch
        von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen
        geschaffen . Informationen sollen aber nur mit den Län-
        dern ausgetauscht werden, die unsere hohen deutschen
        Datenschutzstandards erfüllen . Dazu wird Deutschland
        eine besondere Datenschutzklausel bei der OECD hin-
        terlegen .
        Durch den jährlichen Informationsaustausch wird es
        für die Finanzbehörden künftig einfacher, für eine ge-
        rechte Besteuerung zu sorgen . Indem wir bestehende
        Steueransprüche durchsetzen, sichern wir die Grundla-
        gen unseres Gemeinwesens . Unser Bildungswesen, unse-
        re Verkehrsinfrastruktur, unsere innere Sicherheit, unsere
        hohe soziale Absicherung – all das hängt davon ab, dass
        die öffentlichen Haushalte zuverlässig und auskömmlich
        finanziert sind. Niemand soll sich auf Kosten der Allge-
        meinheit seiner Steuerpflicht entziehen können.
        Wir haben aber nicht nur die illegale Steuerhinterzie-
        hung im Blick, sondern genauso die Probleme legaler
        Steuervermeidung, vor allem durch international tätige
        Konzerne .
        Gemeinsam mit seinem britischen Kollegen hat Fi-
        nanzminister Schäuble dazu bereits vor vier Jahren auf
        Ebene der G 20 und im Rahmen der OECD das internati-
        onale Projekt „Gegen die Aushöhlung von Steuerbemes-
        sungsgrundlagen und Gewinnverlagerung“ (Base Eros-
        ion and Profit Shifting – kurz BEPS) initiiert. Ziel des
        BEPS-Projekts ist es, international abgestimmte Stan-
        dards zu vereinbaren, um die Möglichkeiten multinati-
        onal tätiger Unternehmen zur kreativen Steuergestaltung
        zu begrenzen . Es ist ein veritabler Erfolg, dass Anfang
        Oktober in Lima die abschließenden Berichte zu BEPS
        vorgestellt werden . Die nationale Umsetzung steht dann
        unmittelbar an .
        Mit dem automatischen Informationsaustausch und
        der BEPS-Initiative gehen wir deshalb gleichermaßen
        entschieden gegen Steuerbetrug und legale Steuerver-
        meidung vor .
        Die Anträge der Opposition lehnen wir ab .
        Es bedarf keiner schrankenlosen Transparenz über
        alle Kapitaleinkünfte und keiner weiteren Lockerung
        des Bankgeheimnisses . Die Finanzbehörden – das ist
        entscheidend – werden die Informationen über Kapital-
        einkünfte im Ausland durch den Informationsaustausch
        umfassend erhalten . Im Inland werden Kapitaleinkünfte
        bereits heute durch die flächendeckende Kapitalertrag-
        steuer erfasst. Schlupflöcher bestehen nicht, denn die
        Kapitalertragsteuer wird automatisch durch die Banken
        erhoben und in anonymisierter Form an die Finanzver-
        waltung abgeführt .
        Eine Abschaffung der Abgeltungsteuer steht jetzt nicht
        zur Debatte . Zwar erklären sich immer mehr Staaten zum
        Informationsaustausch über Kapitaleinkünfte bereit,
        noch ist aber nicht gesichert, dass wir alle Auslandsein-
        künfte erfassen können . Im Interesse der Wettbewerbsfä-
        higkeit unseres Finanzstandortes, der damit verbundenen
        Arbeitsplätze sowie der daran anknüpfenden Steuerein-
        nahmen ist die Abgeltungsteuer sinnvoll und richtig .
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12111
        (A) (C)
        (B) (D)
        Andreas Schwarz (SPD): Die vorliegenden Umset-
        zungsgesetze zum automatischen Informationsaustausch
        sind ein Meilenstein in der Bekämpfung der Steuerkri-
        minalität . Seit vielen Jahrzehnten diskutiert die Politik,
        wie man Steuerhinterziehern auf die Schliche kommt, die
        ihre Zinsgewinne vor dem Fiskus im Ausland verstecken .
        Steuerbetrug kann auch mit nationaler Gesetzgebung
        wirksam bekämpft werden . Das haben wir mit der Ver-
        schärfung der strafbefreienden Selbstanzeige im vergan-
        genen Jahr eindrucksvoll unter Beweis gestellt . Bereits
        die Ankündigung, die Bedingungen für die Selbstanzeige
        ab 1 .1 .2015 zu verschärfen und vor allem deutlich teurer
        zu machen, hat im letzten Jahr über 40 000 Steuerflüchti-
        ge dazu bewogen, sich selbst anzuzeigen . Auch in diesem
        Jahr wird mit rund 20 000 Selbstanzeigen gerechnet . Das
        war in dieser Höhe nicht unbedingt zu erwarten .
        Trotz dieses großen Erfolges eines nationalen Geset-
        zes: Steuerhinterziehung ist mit nationalstaatlicher Ge-
        setzgebung alleine nicht beizukommen . Das erreichen
        wir nur durch internationale Zusammenarbeit .
        Bereits am 13 . Oktober 1931 hatte der damalige sozial-
        demokratische Reichstagsabgeordnete Dr . Rudolf Breit-
        scheid in einem Antrag die Reichsregierung Brüning auf-
        gefordert – ich zitiere –, „der frevelhaften Kapital- und
        Steuerflucht deutscher Staatsangehöriger“ zu begegnen.
        Breitscheid forderte die damalige Reichsregierung auf,
        ich zitiere–, „über eigene gesetzgeberische Maßnah-
        men zur Bekämpfung der Steuer- und Kapitalflucht hinaus
        in Verhandlungen mit den Regierungen anderer Staaten
        einzutreten mit dem Ziele, eine internationale Rechtshilfe
        gegen Kapital- und Steuerfluchthandlungen zu vereinba-
        ren“ . Dieses über 80 Jahre alte Zitat drückt sehr gut aus,
        um was es geht . Es bedarf nationaler, aber vor allem auch
        internationaler Gesetze und Vereinbarungen, um Steuer-
        kriminalität wirksam bekämpfen zu können .
        Es fehlte viel zu lange an dieser unerlässlichen inter-
        nationalen Zusammenarbeit, wobei wiederum nicht jedes
        internationale Abkommen zielführend sein muss . Das
        deutsch-schweizerische Steuerabkommen ist so ein Bei-
        spiel . Bei Inkrafttreten dieses Abkommens wären sämt-
        liche Steuerhinterzieher anonym und straffrei geblieben .
        Das haben wir damals aus guten Gründen zum Glück
        verhindern können .
        Aber was wurde in den letzten Jahrzehnten tatsächlich
        auf internationaler Ebene unternommen, um ein wirksa-
        mes Instrument zur Aufdeckung grenzüberschreitender
        Steuerhinterziehung zu schaffen?
        1962 erarbeitete Fritz Neumark im Auftrag der
        EG-Kommission ein Konzept, das die EG-weite Ein-
        führung einer einheitlichen anrechenbaren Quellensteu-
        er sowie einen gemeinschaftlichen Auskunftsdienst für
        eine wirksame Steuerkontrolle vorsah . Realisiert wurde
        es nicht .
        1989 war der Vorschlag der Europäischen Kommissi-
        on, eine Quellensteuer in Höhe von 15 Prozent auf die
        Zinserträge ausländischer Anleger einzuführen, von den
        Mitgliedstaaten mehrheitlich abgelehnt worden . Es dauer-
        te viele weitere Jahre, bis dann im Juni 2003 die EU-Zins-
        richtlinie verabschiedet wurde . Nach einigen Verzöge-
        rungen trat sie im Juli 2005 in Kraft . Lediglich Belgien,
        Österreich und Luxemburg scherten aus und erhoben zur
        Wahrung ihres Bankgeheimnisses eine Quellensteuer . Es
        hat also über 40 Jahre gedauert, bis endlich ein Instru-
        ment für eine effektive Besteuerung grenzüberschreiten-
        der Zinszahlungen zur Verfügung stand . Über 40 Jahre!
        In der heutigen Zeit kommt es aber vor allem bei den
        Kapitalströmen entscheidend darauf an, dass wir schnell
        reagieren, wenn wir einen Missstand beheben wollen .
        Mit der Umsetzung der Mehrseitigen Erklärung spitzen
        wir nicht nur den Mund, wir pfeifen auch . Denn bereits
        ein knappes Jahr nach der Unterzeichnung der Mehrsei-
        tigen Erklärung Ende Oktober 2014 schaffen wir nun
        die gesetzlichen Grundlagen für die Anwendung des
        OECD-Standards . Für diese Leistung spreche ich allen
        Beteiligten meinen herzlichen Dank aus .
        Die im Jahre 2014 überarbeitete Zinsrichtlinie ist ein
        guter Zwischenschritt zum Automatischen Informations-
        austausch nach OECD-Standard . Ein Zwischenschritt
        deshalb, weil der OECD-Standard weiter geht als die
        EU-Zinsrichtlinie . Denn künftig werden zum Beispiel
        auch Beteiligungs- und Veräußerungserträge erfasst .
        Mit der Ratifizierung der Mehrseitigen Vereinbarung
        von Ende Oktober 2014 über den automatischen Aus-
        tausch von Informationen über Finanzkonten nach dem
        OECD-Standard und dem Finanzkonten-Informations-
        austauschgesetz, das die Anwendung des Gemeinsamen
        Meldestandards für diesen automatischen Informations-
        austausch über Finanzkonten mit den EU-Mitgliedstaa-
        ten auf Grundlage der EU-Amtshilferichtlinie sowie mit
        Drittstaaten auf Grundlage der Mehrseitigen Vereinba-
        rung regelt, kommen wir endlich den globalen Erfor-
        dernissen nach . Von Januar 2016 an werden die teilneh-
        menden Staaten Daten über Konten erheben, die diese ab
        September 2017 untereinander austauschen .
        Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt ausdrücklich,
        dass es für unsere Steuerbehörden somit künftig deut-
        lich einfacher wird, die notwendigen Informationen über
        Privatkonten deutscher Staatsbürger von ausländischen
        Steuerbehörden zu erhalten .
        Die Übermittlung der Finanzkonten-Daten sind uner-
        lässlich, um Steuerflucht noch wirksamer zu bekämpfen
        und damit dem Staat die Mittel zukommen zu lassen, die
        er für die Erfüllung seiner Aufgaben dringend braucht .
        Das damit einhergehende faktische Ende des Bankge-
        heimnisses war unumgänglich . Es diente in den vergan-
        genen Jahrzehnten leider allzu oft als Deckmantel für
        Steuerhinterziehung . Damit wird jetzt endlich Schluss
        gemacht . Steuerhinterziehung darf sich nicht lohnen . Es
        lohnt sich deshalb nicht, weil die Gefahr erwischt zu wer-
        den immer größer wird . Mit dem neuen OECD-Standard
        existiert jetzt ein neues Instrument zur Aufdeckung von
        Steuerstraftaten, das hoffentlich auch dem Letzten klar
        macht, welche Stunde es geschlagen hat .
        Ich komme zum Schluss . Die Bekämpfung von Steu-
        erbetrug bedeutet für uns Sozialdemokraten immer auch
        ein Stück Steuergerechtigkeit . Mit der heutigen ersten
        Lesung und der endgültigen Verabschiedung am 13 . No-
        vember kommen wir auch hier wieder ein gutes Stück
        voran .
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512112
        (A) (C)
        (B) (D)
        Richard Pitterle (DIE LINKE): Vor einem Jahr wur-
        de das völkerrechtliche Abkommen über den Austausch
        von Kontodaten zwischen Finanzbehörden der Unter-
        zeichnerstaaten geschlossen . Ziel des Abkommens ist
        es, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung durch
        die Nutzung von Konten im Ausland zu bekämpfen . Das
        Abkommen gibt den Steuerbehörden die Möglichkeit,
        Auslandskonten durch einen Datenaustausch weltweit
        nachzuspüren .
        Dieses Abkommen erfüllt eine langjährige Forderung
        der Linken . Wir werden daher das Zustimmungsgesetz
        zum Abkommen selbstverständlich unterstützen .
        Was uns der Bundesfinanzminister darüber hinaus zur
        Beratung vorgelegt hat, verdient nicht einmal die Note
        ungenügend . Mit dem Finanzkonten-Informationsaus-
        tauschgesetz soll der vereinbarte Datenaustausch gesetz-
        lich geregelt werden . Die Stümperhaftigkeit dieses Wer-
        kes lässt mich fassungslos und ratlos zurück .
        Es ist eine Ansammlung 1:1 kopierter Textpassagen
        aus der EU-Amtshilferichtlinie und dem Abkommen .
        So ist zum Beispiel § 25 des Gesetzentwurfes - mit der
        schon unverständlichen amtlichen Überschrift „Trusts,
        die passive NFEs sind“ - der Text der Nr . 5 Anhang II der
        EU-Amtshilferichtlinie . Der strukturlose Entwurf wim-
        melt von unverständlichen Formulierungen, Doppelun-
        gen und Leerplätzen. Unzählige Definitionen sind völlig
        sinnfrei: Ein „Neukonto natürlicher Personen“ ist überra-
        schend definiert als „ein Neukonto, dessen Inhaber eine
        natürliche Person ist“ . Ein „passiver NFE“ ist ein „NFE,
        der kein aktiver NFE ist“ .
        Offenkundig ist im Bundesfinanzministerium we-
        der das vom Bundesjustizministerium herausgegebene
        Handbuch der Rechtsförmlichkeit noch die seit 2009 be-
        stehende Sprachberatung in den Bundesministerien für
        verständliche Gesetze bekannt . Im Vorwort zum Hand-
        buch der Rechtsförmlichkeit heißt es mahnend: „Es geht
        aber nicht nur darum, dass eine Vorschrift juristisch stim-
        mig ist . Wenn sie die Bürgerinnen und Bürger, die Unter-
        nehmen und die Rechtsanwender erreichen soll, muss die
        Norm auch übersichtlich gestaltet, klar und verständlich
        formuliert sein“ . Nichts, aber auch gar nichts davon er-
        füllt dieser Entwurf!
        Auch scheint das Bundesfinanzministerium nicht zu
        wissen, dass Richtlinien und völkerrechtliche Verträge
        weder nach ihrer Entstehungsgeschichte, ihrer Struktur
        noch nach ihrer Zielgruppe überhaupt dazu geeignet sind,
        wörtlich übernommen zu werden . Das nationale Recht
        ist den Richtlinien anzupassen und hat völkerrechtliche
        Verträge umzusetzen . Verbindlich ist das Ziel, nicht die
        Form . So steht es im Vertrag über die Arbeitsweise der
        Europäischen Union .
        Schon formell ist das Gesetz handwerklich ein Total-
        schaden und so miserabel, dass sich die Fehler in unse-
        rem Haus nicht mehr beheben lassen .
        Ich habe aber auch inhaltliche Bedenken . Als Finanz-
        politiker streite ich für maximale Transparenz im Kampf
        gegen die Steuerhinterziehung . Als Rechtspolitiker sehe
        ich, dass der automatische Datenaustausch Fragen des
        Datenschutzes - und damit Grundrechte - vital berührt .
        Bei der Unterzeichnung des Abkommens hat die Bun-
        desrepublik zwar die Verwendung der Daten für andere
        Zwecke als die Besteuerung untersagt und die Zustim-
        mung an die Wahrung des Datenschutzes geknüpft . Nur
        finden diese richtigen Beschränkungen keinen Nieder-
        schlag im Ausführungsgesetz . Mit dem Gesetz werden
        Finanzinstitute verpflichtet, Daten - wie zum Beispiel
        Namen, Geburtsort, Geburtstag, Steuernummer, Konten-
        salden, Zinsen - zu erheben und an das Bundeszentralamt
        für Steuern zu übermitteln . Dieses speichert und über-
        trägt die Daten automatisch auf Abruf ins Ausland .
        Der automatische Austausch von Informationen über
        Finanzkonten ist damit die anlasslose Vorratsdatenspei-
        cherung im Steuerrecht. Ich bezweifle, dass der Entwurf
        der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesverfas-
        sungsgerichtes zur Vorratsdatenspeicherung und zum
        automatisierten Kontenabruf gerecht wird . Ich sehe im
        Entwurf keine klaren und präzisen Regelungen hinsicht-
        lich der Datensicherheit, der Datenverwendung, der
        Transparenz und des Rechtsschutzes . Ich sehe auch keine
        Regelungen, die einen wirksamen Schutz personenbezo-
        gener Daten vor Missbrauchsrisiken, vor unberechtigtem
        Zugang und unberechtigter Nutzung gewährleisten . Ein
        Schutz, der bei einer Vielzahl von Unterzeichnerstaaten
        mit völlig unzureichendem Datenschutzniveau zwingend
        ist .
        Abschließend lassen Sie mich erneut für die Abschaf-
        fung der Abgeltungssteuer werben . Lieber „25 Prozent
        von X, statt 42 Prozent von nix“ ließ der damalige Bun-
        desfinanzminister Steinbrück verlauten. Der tragende
        Grund für die Abgeltungssteuer war die Angst vor einer
        Kapitalflucht ins Ausland. Mit der Umsetzung des Ab-
        kommens entfällt dieser Grund . Lassen Sie uns endlich
        mehr Steuergerechtigkeit herstellen und Kapitalerträge
        in Zukunft wenigstens genauso besteuern wie Arbeits-
        einkommen .
        Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Ein-
        führung des automatischen Informationsaustauschs for-
        dern wir Grüne im Bundestag seit vielen Jahren . Finanz-
        minister Schäuble hat sich solch einem automatischen
        Informationsaustausch lange verweigert . Indem er mit
        der Schweiz ein auf Anonymität basierendes Steuerab-
        kommen aushandelte bewies er, dass ihm nichts an ei-
        nem automatischen Informationsaustausch lag . Erst die
        rot-grüne Ablehnung dieses Abkommens im Bundesrat
        hat den Weg für den automatischen Informationsaus-
        tausch frei gemacht . Ohne unseren Einsatz würden wir
        heute diesen Gesetzentwurf nicht diskutieren .
        Die Einführung des automatischen Informationsaus-
        tauschs ist nur ein erster Schritt hin zu einem gerechte-
        ren Steuersystem, das Steuerhinterziehung konsequent
        unterbindet . Meine Fraktion bringt daher zwei Anträge
        zu dem vorliegenden Gesetzentwurf ein, mit denen wir
        weitere notwendige Schritte einfordern .
        Mit dem ersten Antrag fordern wir die längst überfälli-
        ge Abschaffung der Abgeltungsteuer . Von Anfang an war
        die Abgeltungsteuer ungerecht und verfassungsrechtlich
        zweifelhaft, weil sie Kapitaleinkünfte gegenüber zum
        Beispiel Arbeitseinkommen stark privilegiert . Die steu-
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12113
        (A) (C)
        (B) (D)
        erliche Begünstigung von Fremdkapital gegenüber Ei-
        genkapital führte zudem zu ökonomischen Verzerrungen
        bei der Finanzierung und Investitionstätigkeit von Unter-
        nehmen .
        Die einzige Begründung für die Abgeltungsteuer war,
        dass die deutsche Regierung vermeintlich keine Hand-
        habe gegen illegale Kapitalflucht ins Ausland hatte. Die
        damalige Bundesregierung kapitulierte und machte den
        Steuerflüchtigen das Angebot: Ihr bleibt mit eurem Ver-
        mögen in Deutschland, versteuert eure Kapitalerträge,
        aber nicht mehr mit bis zu 45 Prozent progressiv, son-
        dern anonym und linear mit 25 Prozent . Dieser Steuer-
        satz gilt selbst bei Kapitaleinkünften in Millionenhöhe .
        Schon die vielen Steuerhinterziehungsskandale wie zum
        Beispiel Swiss-Leaks, Commerzbank-Leaks und der
        Fall Uli Hoeneß zeigen deutlich, dass diese Rechnung
        nie aufging . Auch 25 Prozent sind zu hoch, wenn man
        woanders gar keine Steuern zahlt . Mit Einführung des
        automatischen Informationsaustauschs mit allen wichti-
        gen internationalen Finanzzentren ist die Begründung für
        die Abgeltungsteuer endgültig hinfällig . Es besteht eine
        Handhabe gegen Steuerhinterziehung .
        Im Vergleich zu Arbeitseinkommen liegt der Steuer-
        satz bei Kapitaleinkünften durch die Abgeltungsteuer um
        bis zu 20 Prozent niedriger . Das verstößt nicht nur gegen
        jegliches Gerechtigkeitsempfinden, es verstößt auch ge-
        gen den Gleichheitsgrundsatz . Spätestens mit der Einfüh-
        rung des automatischen Informationsaustauschs besteht
        keine Rechtfertigung mehr für diese steuerliche Begüns-
        tigung von Kapitaleinkünften . Die Abgeltungsteuer wird
        somit verfassungswidrig . In unserem Antrag fordern wir
        daher, dass Kapitaleinkünfte noch in dieser Legislatur-
        periode dem progressiven Einkommensteuertarif unter-
        worfen werden .
        In unserem zweiten Antrag „Transparenz von Kapi-
        taleinkommen“ setzen wir uns dafür ein, dass deutsche
        Banken verpflichtet werden, sämtliche Kapitalerträge an
        die Finanzbehörden zu melden, unabhängig davon, wo
        der Konteninhaber ansässig ist . Denn für die Frage der
        Transparenz bei Kapitaleinkommen ist eine Unterschei-
        dung von ausländischen und inländischen Inhabern deut-
        scher Konten nicht gerechtfertigt .
        Spätestens wenn die Abgeltungsteuer abgeschafft ist
        und Kapitaleinkommen wieder im Rahmen der Einkom-
        mensteuer erklärt werden, brauchen die Finanzbehörden
        mehr Befugnisse, um die Richtigkeit der Steuererklärun-
        gen überprüfen zu können . Die einfachste und gerech-
        teste Lösung ist dabei ein automatischer Informations-
        austausch zwischen Banken und Finanzbehörden auch
        im Inland . Die Meldung sämtlicher Kapitalerträge hätte
        zum einen den Vorteil, dass die Banken die Ansässigkeit
        der Kunden nicht mehr aufwendig prüfen müssen, wie es
        im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen ist .
        Zum anderen wäre die Besteuerung der Kapitalerträge
        in Deutschland weitestgehend sichergestellt, wenn die
        Finanzbehörden automatisch Informationen über die Ka-
        pitalerträge erhalten . Bei Arbeitseinkommen ist es selbst-
        verständlich, dass die Löhne vom Arbeitgeber an das Fi-
        nanzamt gemeldet werden . Wir sehen keinen Grund für
        die Ungleichbehandlung von Löhnen und Zinsen – hier
        völlige Transparenz, dort völlige Verschwiegenheit . Die
        Daten müssen natürlich durch das strikte deutsche Steu-
        ergeheimnis geschützt werden, um sicherzustellen, dass
        diese Daten nicht für andere Zwecke verwendet oder an
        andere Stellen weitergeleitet werden .
        In den vergangenen Jahren erlebten wir eine Vielzahl
        an Steuerhinterziehungs-Skandalen, die das Verstecken
        von Geldern in Steuersümpfen, auf Offshore-Konten
        oder in Offshore-Firmen zum Hintergrund hatten . Be-
        zeichnend war, dass die Informationen zu den Steuer-
        betrügern nicht auf offiziellem Wege zugänglich waren,
        sondern zufällig durch Datenlecks an die Öffentlichkeit
        gelangten . Dass die Zahl der Selbstanzeigen während der
        Berichterstattung über diese Steuerskandale signifikant
        gestiegen ist, macht deutlich: Nicht die Anonymität von
        Konten oder gar die Begünstigung von Kapitalerträgen
        durch eine Abgeltungsteuer führen zu Steuerehrlichkeit
        bei Steuerbetrügern, sondern ein hohes Entdeckungsri-
        siko . Ein automatischer Informationsaustausch für sämt-
        liche Kapitalerträge in Verbindung mit der Abschaffung
        der Abgeltungsteuer wird die Entdeckungsgefahr erhö-
        hen . Das ist ein großer Fortschritt im Kampf gegen Steu-
        erhinterziehung .
        Einige offensichtliche Schwächen enthält aber auch
        der vorliegende Gesetzentwurf . Ein mit Vorsatz begange-
        ner Verstoß gegen die zukünftigen Meldeverpflichtungen
        der Banken soll lediglich als Ordnungswidrigkeit gelten,
        die mit maximal 5 000 Euro Geldbuße geahndet wird .
        Es ist abzusehen, dass von dieser Regelung keine große
        Abschreckungswirkung ausgeht . Dass wir in Deutsch-
        land kein Unternehmensstrafrecht haben, darf nicht dazu
        führen, dass vorsätzlich gegen die Vorschriften handeln-
        de Personen nicht strafrechtlich belangt werden . Hier
        bedarf es unbedingt einer Klarstellung oder aber einer
        Verschärfung der Straf- und Bußgeldvorschriften . An-
        dernfalls gleicht diese Regelung eher einer Einladung,
        Konteninformationen von zum Beispiel politisch expo-
        nierten Personen weiterhin vorsätzlich nicht zu melden .
        Auch die Regelung, nach der es gerade die Banken selbst
        sind, die die Ansässigkeit der Konteninhaber und Melde-
        pflicht prüfen sollen, lässt viel Spielraum für Steuerhin-
        terziehung . Bei fehlender Strafandrohung darf vermutet
        werden, dass diese Prüfung eher lax ausfällt . Zielführen-
        der wäre eine Überprüfung durch die Finanzämter .
        Weiterhin dürfen wir natürlich nicht vergessen: Es
        ist gut, dass bisher fast 100 Länder beim automatischen
        Informationsaustausch mitmachen . Aber das bedeutet
        eben auch, dass ungefähr 100 Staaten noch fehlen . Der
        automatische Informationsaustausch wirkt umso besser
        gegen Steuerhinterziehung, wenn weltweit alle Staaten
        mitmachen . Deshalb muss die Bundesregierung dafür
        sorgen, dass sich die Zahl der Teilnehmerstaaten weiter
        erhöht .
        Mit unseren Anträgen wollen wir das deutliche Sig-
        nal setzen, dass wir beim internationalen automatischen
        Informationsaustausch nicht stehen bleiben dürfen und
        auch zu Hause unsere Hausaufgaben machen sollten .
        Zusätzlich zur Einführung des automatischen Informati-
        onsaustausches ist die Abgeltungsteuer abzuschaffen und
        eine Meldepflicht für sämtliche Kapitalerträge unabhän-
        gig von der Ansässigkeit der Konteninhaber einzuführen .
        Dadurch erfolgt die Besteuerung von Kapitalerträgen
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512114
        (A) (C)
        (B) (D)
        nicht mehr anonym und steuerbegünstigt, sondern pro-
        gressiv nach der tatsächlichen Leistungsfähigkeit .
        Dr. Michael Meister, Parl . Staatssekretär beim Bun-
        desminister der Finanzen: Die Welt hat sich durch mo-
        derne Kommunikationstechnologie maßgeblich gewan-
        delt; sie hat sich vernetzt . Damit ist es leichter geworden,
        Gelder innerhalb kürzester Zeit auf andere Kontinente zu
        verschieben und damit auch vor nationalen Steuerbehör-
        den zu verbergen .
        Es war daher ein großer Erfolg unserer Politik, als sich
        fast genau vor einem Jahr hier in Berlin über 50 Staaten
        und Gebiete mit der Unterzeichnung der Mehrseitigen
        Vereinbarung zu dem OECD-Standard zu Transparenz
        und effektivem Informationsaustausch für Besteuerungs-
        zwecke bekannt und sich entsprechend verpflichtet ha-
        ben, diesen umzusetzen . Inzwischen sind es übrigens
        schon 61 Staaten und Gebiete und es werden immer mehr .
        Der grenzüberschreitende Steuerbetrug und die gren-
        züberschreitende Steuerhinterziehung haben die einzel-
        nen Staaten in den zurückliegenden Jahren vor erhebli-
        che und von den einzelnen Ländern nicht mehr allein zu
        bewältigende Herausforderungen gestellt . Steuergerech-
        tigkeit und die Gewährleistung der Gleichmäßigkeit der
        Besteuerung sind unabdingbare Voraussetzungen für ein
        funktionierendes Gemeinwesen und einen handlungsfä-
        higen Staat . Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen
        den nationalen Steuerbehörden ist daher unerlässlich,
        um die ordnungsgemäße Ermittlung der Steuerpflicht
        zu gewährleisten und damit internationale Steuerhin-
        terziehung zu bekämpfen . Dabei kommt insbesondere
        der Schaffung von Transparenz in Steuerangelegenhei-
        ten und dem automatischen Informationsaustausch eine
        entscheidende Rolle zu . Das ist ein neues wichtiges In-
        strument im Bereich der internationalen Amtshilfe . Wir
        schaffen hierdurch mehr Transparenz und mehr Fairness
        für unsere globalisierte Welt im 21 . Jahrhundert .
        Die Bundesregierung wird sich im Rahmen dieses
        vorgesehenen Informationsaustauschs weiter dafür ein-
        setzen, dass eine möglichst große Anzahl von Staaten an
        diesem Informationsaustausch teilnehmen wird . Nur so
        ist es möglich, weltweit einen einheitlichen internationa-
        len Standard für einen fairen internationalen
        Steuerwettbewerb zu schaffen . Steuerhinterziehung
        kann letztlich nur auf globaler Ebene wirkungsvoll be-
        kämpft werden .
        Aufgrund der vorliegenden Mehrseitigen Vereinba-
        rung erhalten deutsche Finanzbehörden künftig von den
        anderen Unterzeichnerstaaten Informationen, die zur Si-
        cherung und dem Erhalt deutschen Steuersubstrats bei-
        tragen . Ein erster Informationsaustausch ist bereits in
        2017 vorgesehen .
        Durch das Vertragsgesetz soll dieses Abkommen die
        Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften erhal-
        ten .
        Die von der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich
        geprägte Mehrseitige Vereinbarung zum automatischen
        Austausch von Informationen über Finanzkonten ist ein
        weiterer wesentlicher Beitrag in unseren Bemühungen
        um einen internationalen fairen Steuerwettbewerb, der
        eben nicht auf Verzerrungen und mangelnde Transparenz
        aufbaut .
        Nicht zuletzt unsere Bemühungen im Rahmen des
        G20-Prozesses haben dazu geführt, dass es zu einer be-
        schleunigten Umsetzung des bei der OECD entwickelten
        einheitlichen Common Reporting Standard zum Infor-
        mationsaustausch für Besteuerungszwecke gekommen
        ist .
        Die Bundesregierung wird sich für eine rasche Ent-
        wicklung von wirksamen Einzelregelungen auf der
        Grundlage der Mehrseitigen Vereinbarung einsetzen .
        Hierzu zählt auch der vorliegende eingebrachte Entwurf
        eines Gesetzes zum automatischen Austausch von In-
        formationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur
        Änderung weiterer Gesetze . All diese Gesetze dienen der
        konsequenten nationalen Umsetzung der von uns einge-
        gangenen völkerrechtlichen Verpflichtung zum interna-
        tionalen Informationsaustausch . Hierdurch soll national
        gewährleistet werden, dass wir der durch die Zeichnung
        der Mehrseitigen Vereinbarung eingegangenen völ-
        kerrechtlichen Verpflichtung zum ersten Informations-
        austausch ab 2017 nachkommen . Durch dieses Gesetz
        werden daher deutsche Finanzinstitute verpflichtet, die
        entsprechenden Informationen an das Bundeszentralamt
        für Steuern zu übermitteln . Das Bundeszentralamt für
        Steuern leitet diese Informationen dann an die Staaten
        weiter, die diese Informationen für eigene Steuerzwecke
        benötigen .
        Ich möchte nicht verhehlen, dass der vorgegebene
        Zeitplan sowohl in rechtlicher als auch in technischer
        Hinsicht sehr ambitioniert ist . Das Bundesministerium
        der Finanzen arbeitet daher in enger Zusammenarbeit
        mit dem Bundeszentralamt für Steuern mit Hochdruck an
        der rechtzeitigen technischen Implementierung des Stan-
        dards . Wir sind davon überzeugt, die vorgegebenen An-
        forderungen zeitgerecht umzusetzen . Dies gilt auch für
        die Umsetzung durch die von dem vorliegenden Gesetz
        verpflichteten Finanzinstitute.
        Mit den Gesetzesentwürfen wird der automatische
        internationale Informationsaustausch in Steuerangele-
        genheiten als effizientes und wirkungsvolles Instrument
        der Verwaltungszusammenarbeit in der Bundesrepublik
        Deutschland implementiert und stellt einen Pfeiler für
        unsere Brücke zu mehr internationaler Steuergerechtig-
        keit dar .
        Von Beginn an war dabei auch der Schutz der im Rah-
        men des automatischen Informationsaustauschs zu über-
        mittelnden Daten ein wesentliches Anliegen der Bundes-
        regierung . Sowohl bei den Beratungen auf OECD-Ebene
        als auch bei der Erstellung des Gesetzentwurfs wurde
        dafür Sorge getragen, dass die Sicherheit und der Schutz
        dieser personenbezogenen Daten gewährleistet werden .
        Die Bundesrepublik Deutschland wird durch die Hinter-
        legung einer sehr umfangreichen Erklärung zu Verwen-
        dungsbeschränkungen und Datenschutzbestimmungen
        gewährleisten, dass Informationen, die ein anderer Staat
        von Deutschland erhält, dem gleichen datensicherheits-
        rechtlichen Schutz unterliegen, wie Daten die wir von an-
        deren Staaten erhalten . Zudem stellt die Erklärung klar,
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12115
        (A) (C)
        (B) (D)
        dass die von der Bundesrepublik Deutschland übersand-
        ten Daten nicht für Zwecke verwandt werden dürfen, die
        gegen den „Ordre public“ der Bundesrepublik Deutsch-
        land verstoßen .
        Zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
        (Abgeltungsteuer abschaffen)
        Ein abschließendes Wort zu dem Antrag der Fraktion
        Bündnis 90/Die Grünen: Die Bundesregierung ist der
        Auffassung, dass eine Evaluierung der Notwendigkeit
        der Abgeltungsteuer erst vorgenommen werden sollte,
        wenn der internationale Informationsaustausch über Fi-
        nanzkonten etabliert ist und wirksam umgesetzt wurde .
        Zieldatum für die Umsetzung des automatischen Infor-
        mationsaustausches ist 2017 . Die Frage der Evaluierung
        der Abgeltungsteuer stellt sich vor diesem Hintergrund
        derzeit nicht .“
        Anlage 5
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des von der Bundesregierung einge-
        brachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur
        Änderung des Atomgesetzes
        (Tagesordnungspunkt 20)
        Steffen Kanitz (CDU/CSU): Mir ist wichtig, dass wir
        in Deutschland eine tragfähige und verantwortungsvolle
        Gesamtstrategie der nuklearen Entsorgung entwickeln .
        Dafür müssen wir in Sachen sichere Endlagerung in
        Deutschland endlich weiterkommen . Alles andere wäre
        weder im Sinne der Sicherheit noch im Sinne der Wirt-
        schaftlichkeit und damit auch nicht im Sinne der jungen
        Generation. Beide Prinzipien finden sich übrigens im
        Standortauswahlgesetz . Wir täten gut daran, diese zu be-
        herzigen .
        Die nationale Entsorgungsstrategie im Nuklearbe-
        reich wird maßgeblich von den Empfehlungen der End-
        lagerkommission mitbestimmt, die diesem Parlament bis
        Mitte 2016 ihren Abschlussbericht vorlegen wird . Denn
        das Nationale Entsorgungsprogramm steht explizit unter
        Revisionsvorbehalt der Ergebnisse dieser Kommission .
        Um das Ziel eines tragfähigen Gesamtkonzeptes zu
        erreichen, muss die Endlagerkommission ihren Arbeits-
        auftrag stringent und pünktlich abarbeiten . Aber die End-
        lagerkommission ist eben nur ein Meilenstein auf dem
        Weg zu einer erfolgreichen Gesamt-Entsorgungsstrate-
        gie .
        In der Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik wird
        derzeit im Nuklearbereich nicht nur die Arbeit der End-
        lagerkommission diskutiert, sondern auch Stresstests,
        Rückstellungen, Unternehmensabspaltungen, mögliche
        Atomstiftungen und zuletzt insbesondere ein mögliches
        Nachhaftungsgesetz . Leider geht in der öffentlichen De-
        batte dabei vieles durcheinander .
        Mein Appell ist: Lassen Sie uns die verschiedenen
        Prozesse im Nuklearbereich miteinander denken: Wenn
        wir es ernst meinen mit einem vernünftigen Gesamtkon-
        zept für den Ausstieg aus der Kernenergie, dann müssen
        wir systematisch vorgehen und nicht das Pferd von hin-
        ten aufzäumen . Es gibt offene Fragen, die wir zügig und
        in der richtigen Reihenfolge klären müssen .
        Um diese noch offenen Fragen zu klären haben wir
        drei Prozesse in Gang gebracht:
        Erstens . Wir haben die noch laufende Endlagerkom-
        mission eingerichtet, die bis Mitte 2016 Empfehlungen
        für das Verfahren einer neuen Endlagersuche formulieren
        wird . Das ist auch für die Frage eines Nachhaftungsge-
        setzes relevant . Denn von dem noch festzulegenden Ver-
        fahren wird auch der Kostenrahmen der Endlagersuche
        abhängen . Dieser hängt maßgeblich von der Frage ab,
        wie viele potenzielle Endlagerstandorte erkundet werden
        sollen . Erst wenn der Kostenrahmen feststeht, wird man
        wirklich beurteilen können, ob die 39 Milliarden Euro
        an Rückstellungen, die die Kernkraftwerkbetreiber bis-
        her gebildet haben, ausreichen werden . Solange wir das
        nicht wissen, können wir auch nicht mit dem Finger auf
        die Unternehmen zeigen und kritisieren, dass die Rück-
        stellungen nicht ausreichen . Das macht für mich keinen
        Sinn und ist auch nicht zielführend . Ob die 39 Milliarden
        ausreichen, kann zurzeit keiner sagen .
        Auch Zeitungsberichte zu aktuellen Prognosen von
        Wirtschaftsprüfern würde ich mit Vorsicht genießen . Die
        Wirtschaftsprüfer haben offenbar mit einem negativen
        Realzins gerechnet, was dazu führt, dass die notwendi-
        gen Rückstellungen finanzmathematisch ins unendliche
        steigen . Dieses Szenario ist völlig unrealistisch .
        Interessant finde ich, dass die Opposition vor wenigen
        Jahren noch lautstark kritisiert hat, dass die Kernkraft-
        werksbetreiber zu HOHE Rückstellungen in ihre Bücher
        geschrieben hätten mit dem Ziel, Steuern zu sparen . Sie
        müssen sich schon auf eine Argumentationslinie einigen,
        wenn Sie glaubwürdig sein möchten .
        Deutsche Konzerne sind dafür bekannt, dass sie mit
        einem konservativen Realzins von nur einem Prozent
        rechnen, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Ländern .
        Ich sehe uns als Politik in der Pflicht, anhand der
        Empfehlungen der Endlagerkommission den betroffenen
        KKW-Betreibern Planungssicherheit zu gewähren . Das
        erreichen wir, indem das vorgeschriebene Verfahren zur
        Endlagersuche mit einem Kosten- und Terminplan bele-
        gen, der dann den KKW-Betreibern vorzugeben ist .
        Bis dahin gilt es, den Arbeitsergebnissen der Endla-
        gerkommission nicht durch ein Haftungsgesetz vorzu-
        greifen, sondern die Robustheit der bestehenden Rück-
        stellungen zu prüfen und diese in einem sinnvollen
        Modell zu sichern . Genau zu diesem Zweck haben wir
        neben der Endlagerkommission zwei weitere Prozesse in
        Gang gesetzt:
        Zweitens . Wir haben die noch laufenden Stresstests
        eingeführt, die Aufschluss über den Status Quo der vor-
        handenen Rückstellungen und deren Robustheit geben
        sollen. Ein offizielles Ergebnis liegt uns nicht vor.
        Drittens . Zusätzlich soll eine Rückstellungskommis-
        sion eingerichtet werden, die die verschiedenen Modelle
        zur Sicherung der Rückstellungen diskutiert und Emp-
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512116
        (A) (C)
        (B) (D)
        fehlungen erarbeitet – Stichwort öffentlich-rechtliche
        Stiftung oder Fondsmodell . Ich würde es sehr begrüßen,
        wenn diese Kommission zeitnah ihre Arbeit aufnähme .
        Als Blaupause für eine öffentlich-rechtliche Stiftung
        im Entsorgungsbereich wird häufig die RAG-Stiftung
        für Ewigkeitslasten genannt . Die RAG-Stiftung ist eine
        in der deutschen Wirtschaft einzigartige Konstruktion
        zur Übernahme von langfristiger Verantwortung für die
        Ära nach dem Steinkohlebergbau; ein Modell das funk-
        tioniert .
        Die Herausforderung ist dort eine ähnliche, wie die
        Unsere, sowohl mit Blick auf den Zeitfaktor, als auch vor
        dem Hintergrund der Tragweite der Aufgabe .
        Die RAG-Stiftung finanziert sich durch ihre Anteile
        an den Gewinnen der abgespalteten RAG-Nachfolge-
        konzerne – Evonik und Vivawest –, die ihre Profitabilität
        u .a . durch Unternehmensbeteiligen dynamisch steigern
        und auf diese Weise hohe Erträge erwirtschaften . Wir
        sprechen jährlich etwa 330 Millionen Euro, um mal eine
        Hausnummer zu nennen . Wenn man das Stiftungsver-
        mögen stattdessen langfristig in Staatsanleihen anlegte,
        käme man angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase auf
        eine Wertsteigerung von gerade einmal 1,5 Prozent, das
        ist weniger als die Inflation und käme somit einem Wer-
        teverlust gleich .
        Zudem hat die RAG-Stiftung einen sozialverträgli-
        chen Anpassungsprozess des Bergbaus ermöglicht, den
        auch wir anstreben sollten . Bisher wurde kein Bergbau-
        mitarbeiter frühzeitig entlassen, und alles deutet darauf
        hin, dass dies bis zum endgültigen Ausstieg aus dem Ber-
        gbau im Jahr 2018 so bleiben wird . Das sollte auch unser
        Leitmotiv sein .
        Wenn es um das Lieblingsthema der Opposition – ei-
        nen externen Fonds mit unbegrenzter Nachschusspflicht
        der Konzerne – geht, dann kann ich nur den Kopf schüt-
        teln und mahnen: Haftung und Kontrolle müssen schon
        zusammengehören . Wenn öffentlicher Fonds, dann muss
        die Haftung und die Verantwortung für vernünftige Ren-
        diten auch dort liegen . Sonst schlachten Sie die Kuh, die
        Sie melken wollen, liebe Kollegen von der Opposition .
        Vor dem Hintergrund der laufenden Prozesse im Be-
        reich der nuklearen Entsorgung – Endlagerkommission,
        Stresstests, Rückstellungskommission – ist es derzeit
        wenig sinnvoll, ein Haftungsgesetz zu verabschieden .
        Übrigens wäre ein solches Gesetz im sonstigen Gesell-
        schaftsrecht ohne Beispiel .
        Unabhängig von rechtlichen Fragen, sehe ich aber
        noch eine ganz andere Gefahr: nämlich dass ein solches
        Gesetz zum Startschuss für die Deindustrialisierung unse-
        res Landes wird . Eine zeitlich und inhaltlich unbegrenzte
        Haftung kann nicht verhältnismäßig sein und entfaltet
        eine gefährliche Signalwirkung für andere, risikobehaf-
        tete Branchen . Heute wollen Sie ein Einzelfallgesetz für
        die Energieversorgungsunternehmen und morgen disku-
        tieren wir über weitere Branchen mit langfristigen Risi-
        ken – ein verheerendes Signal für den Industriestandort
        Deutschland! Das Nachhaftungsgesetz geht von der ver-
        fassungsrechtlich unzutreffenden Prämisse aus, die EVU
        hätten alles zu bezahlen, was der Staat für gesellschafts-
        politisch wünschenswert hält . Das ist ein Irrglaube!
        Als Mitglied der Endlagerkommission liegt mir de-
        ren Arbeit besonders am Herzen . Daher erlauben Sie
        mir noch eine kurze Bemerkung: In den letzten Wochen
        ging das Thema Asseabfälle und die Frage, ob diese in
        der Endlagerkommission auch behandelt werden sol-
        len, durch die Presse . Und damit verbunden kamen vie-
        le besorgte Fragen, ob denn der gesetzte Zeitrahmen bis
        Mitte 2016 dann noch einzuhalten sei . Dazu möchte ich
        sagen:
        Wir werden das Thema „Wohin mit den Asse-Abfäl-
        len“ in der Kommission bearbeiten und aufzeigen, wel-
        che Auswirkungen diese Abfälle auf ein Endlager für
        insbesondere hochradioaktive Abfälle hätten . Und laut
        unseres Vorsitzenden der entsprechenden Arbeitsgruppe
        ist das bis Mitte 2016 auch leistbar .
        Klar muss aber auch sein, dass der Schwerpunkt un-
        serer Arbeit der Kriterienkatalog für ein HAW-Endlager
        bleibt . Denn wir haben den Auftrag, einen robusten Weg
        zur Lösung der Endlagerfrage in Deutschland zu finden.
        Sollte sich der Zeitplan zur Rückholung der Abfälle aus
        der Asse verzögern, dann muss das HAW-Endlager trotz-
        dem unabhängig davon geplant und umgesetzt werden
        können . Alles andere wäre verantwortungslos .
        In diesem Sinne werde ich mich weiter für ein konst-
        ruktives und wissenschaftsbasiertes Ergebnis der Endla-
        gerkommission einsetzen .
        Florian Oßner (CDU/CSU): Mit dem vorliegenden
        Entwurf eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des
        Atomgesetzes kommt die Bundesrepublik Deutschland
        nicht nur ihren vertraglichen Verpflichtungen nach, die
        Richtlinie 2011/70/Euratom in nationales Recht um-
        zusetzen, sondern es wird mit dem hierdurch erstellten
        Nationalen Entsorgungsprogramm auch eine unschätzbar
        nützliche Übersicht geschaffen .
        Für die Bewältigung der Jahrhundertaufgabe einer si-
        cheren Einlagerung des radioaktiven Abfalls bietet das
        Nationale Entsorgungsprogramm ein Verzeichnis, das
        uns ermöglicht, den nötigen Umfang von Endlagern für
        Atomabfälle besser einschätzen zu können . Alle derzei-
        tigen und zukünftig noch anfallenden radioaktiven Ab-
        fallarten sind hier ebenso aufgelistet wie der Zeitumfang
        und die Prognose der zu erwartenden Kosten . Über diese
        Anpassung im Atomgesetz durch die Einführung der Pa-
        ragrafen 2 c und 2 d sowie 9 h und 9 i werden weitere
        Vorgaben der Richtlinie 2011/70/Euratom in bundes-
        deutsches Recht umgesetzt . Bereits mit dem Standor-
        tauswahlgesetz haben wir 2013 zentrale Vorgaben dieser
        EU-Richtlinie in Angriff genommen .
        Wir sind bei der durch das Standortauswahlgesetz
        vorgegeben Aufgabe, Kriterien und Verfahren für die
        Endlagerung von insbesondere hoch radioaktiven Abfall-
        stoffen zu erarbeiten, auch schon ein gutes Stück voran-
        gekommen . So haben wir in der Kommission Lagerung
        hoch radioaktiver Abfallstoffe, der sogenannten „Endla-
        gerkommission“, als eines der zentralen Elemente des
        Standortauswahlgesetzes beispielsweise erste Grundla-
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12117
        (A) (C)
        (B) (D)
        gen für eine mögliche Behördenstruktur der Endlagerung
        skizziert . Ziel muss eine klare und vernünftige Struktur
        sein, die im Einklang mit den EU-Vorgaben steht . So
        sollte die Regulierung und der Betrieb der Endlagerung
        in einer Bundesbehörde und einer Gesellschaft getrennt
        voneinander organisiert werden, die unter der Aufsicht
        unterschiedlicher Bundesministerien stehen .
        Doch verdeutlicht uns das Nationale Entsorgungspro-
        gramm auch, dass die Endlagerkommission noch weitere
        komplexe Fragen zu beantworten hat . Uns wird ausdrück-
        lich vor Augen geführt, dass wir sowohl hoch radioaktive
        als auch schwach- und mittelradioaktive Abfallstoffe zu
        entsorgen haben . Obwohl mit dem Schacht Konrad vor-
        aussichtlich 2022 ein Endlager für die schwach- und mit-
        telradioaktiven Abfälle für 303 000 Kubikmeter in Be-
        trieb gehen wird, bleibt zu klären, was beispielsweise mit
        den im Nationalen Entsorgungsprogramm aufgeführten
        47 000 Kubikmetern schwach- und mittelradioaktivem
        Abfall aus der Schachtanalage Asse II geschehen soll .
        Doch darf uns dieser Aspekt nicht daran hindern,
        im vorgesehenen gesetzlichen Zeitrahmen der Endla-
        gerkommissionsarbeit bis zum 30 . Juni 2016 einen Ab-
        schlussbericht zu erstellen . In diesem Bericht sollten wir
        ein Verfahren für die Suche nach einem Endlager mit
        Schwerpunkt hoch radioaktive Abfälle entwickeln . Die
        Verfahrensentwicklung für die Endlagersuche der ande-
        ren Abfallarten könnte beispielsweise im Anschluss er-
        folgen .
        Wir müssen uns der Verantwortung für zukünftige Ge-
        nerationen bewusst sein . Verschiebungen oder Verzöge-
        rungen verunsichern und tragen massiv zum Unverständ-
        nis innerhalb der Bevölkerung bei .
        Daher ist die Einhaltung der Zeitvorgabe ein klares
        Zeichen an die Menschen, dass wir das Thema ernst neh-
        men und pragmatische Lösungsvorschläge zügig erarbei-
        ten .
        Gerade für die Bürgerinnen und Bürger an den
        Standorten der Kernkraftwerke ist es wichtig, zu er-
        fahren, dass und wann sie mit einem Endlager rechnen
        können . Schließlich lagern bei ihnen die abgebrannten
        Brennelemente aus den Kernkraftwerken in den dorti-
        gen Zwischenlagern . Zudem muss der Rückbau stillge-
        legter Anlagen zur „grünen Wiese“ schnellstmöglich in
        Angriff genommen werden, um die vor Ort vorhandene
        Fachkräftekapazität zu nutzen . Durch die Vorgaben des
        Standortauswahlgesetzes werden jetzt auch noch 26 Cas-
        tor-Behälter mit hoch radioaktivem Abfall aus den Wie-
        deraufbereitungsanlagen La Hague und Sellafield in vier
        der Kernkraftwerk-Standorte verbracht .
        Damit die möglichen Zwischenlagerstandorte sich
        nicht schleichend in Endlager verwandeln, ist es mehr als
        notwendig, die vorgegeben zeitlichen Fristen im Stand-
        ortauswahlgesetz einzuhalten . In der Frage der Casto-
        ren-Rückführung müssen auch die betroffenen Länder
        und Standortgemeinden rechtzeitig einbezogen werden .
        So schaffen wir gegenüber den Betroffenen Vertrauen
        und können gleichzeitig transparente Verfahren der Öf-
        fentlichkeitsbeteiligung anwenden .
        Vertrauen und Glaubwürdigkeit sollten wir bei der
        Ausarbeitung von Kriterien auch in Bezug auf die Stand-
        orte beachten . Es gilt, dass kein infrage kommender mög-
        licher Standort vorab ausgeschlossen wird . Die besonde-
        re Geschichte des Erkundungsbergwerks in Gorleben in
        diesem Zusammenhang ist mir bewusst . Doch heißt das
        nicht, dass dieser Standort per se ausscheidet . Das Stand-
        ortauswahlgesetz spricht hier in Paragraf 29 eine klare
        Sprache . Das Bundesamt für Strahlenschutz als zustän-
        dige Bundesbehörde ist daher gefordert, alle rechtlichen,
        bergmännischen und technisch erforderlichen Maßnah-
        men zu veranlassen, dass das Grubengebäude in Gorle-
        ben für eine mögliche Erkundung offen bleibt .
        Das Nationale Entsorgungsprogramm führt auch die
        Menge der Abfälle durch Forschungsreaktoren wie zum
        Beispiel in München/Garching auf . Diese Tatsache sollte
        uns jedoch nicht dazu veranlassen, ein generelles Export-
        verbot von hoch radioaktiven Abfällen in der Debatte um
        die Endlagersuche zu fordern, das auch entsprechende
        Abfälle aus Forschungsreaktoren betreffen würde . Es
        gilt, die Grundlagenforschung weiterhin aufrechtzuerhal-
        ten, um weitere Entwicklungen in der Nuklearmedizin,
        der Radiologie sowie bei Krebsbehandlungen zu ermög-
        lichen . Gerade im Hinblick auf die Spitzenstellung des
        Forschungsstandorts Deutschland sollten wir Augenmaß
        walten lassen und nicht kopflos unsere Zukunft verspie-
        len . Das Nationale Entsorgungsprogramm darf hier nicht
        als Begründung für ein komplettes Exportverbot von ab-
        gebrannten Brennelementen zweckentfremdet werden,
        weil man unzutreffend befürchtet, über die Beibehaltung
        der Atomforschung eine Hintertür für den Wiedereinstieg
        in die friedliche Nutzung der Kernenergie offen zu hal-
        ten .
        Für die nun beginnende Behandlung im Umweltaus-
        schuss fordere ich ein, dass das Nationale Entsorgungs-
        programm entsprechend sachlich behandelt wird und
        nicht im parteipolitischen Streit für einseitige Sichtwei-
        sen auf das Thema Endlagerung missbraucht wird . Die
        konsensorientierte Arbeitsweise in der Endlagerkommis-
        sion könnte bei diesem sensiblen Thema auch beispielge-
        bend für die Behandlung in den beteiligten Ausschüssen
        sein .
        Hiltrud Lotze (SPD): uns liegt der Gesetzentwurf
        der Bundesregierung zur 14 . Novelle des Atomgesetzes
        vor . Damit soll eine EU-Richtlinie in nationales Recht
        umgesetzt werden . Für uns in der Legislative ein an sich
        normaler, ja manchmal schon routinemäßiger Vorgang .
        Aber es lohnt, wie immer, eine intensive Beschäftigung
        mit dem Inhalt und Vorgang .
        Die EU-Richtlinie 2011/70/Euratom, die nun in wei-
        teren Teilen in unser Recht aufgenommen wird, ist inso-
        fern sehr bemerkenswert, weil sie die Grundlage für ganz
        Europa bildet . Sie setzt den Rahmen dafür, wie wir hier
        in Zukunft mit den Folgen der Atomwirtschaft umgehen
        wollen .
        Es ist eine Gemeinschaftsanstrengung, und das Ziel
        ist, vergleichbare Bedingungen in ganz Europa zu schaf-
        fen . Auf dieser Gemeinsamkeit basiert Europa, auch
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512118
        (A) (C)
        (B) (D)
        wenn es sich in der Flüchtlingsfrage gerade anders dar-
        stellt, leider .
        In Fragen des Umgangs mit dem Atommüll jedenfalls
        sind wir ein gutes Stück weiter . Künftige Generationen
        sollen sich darauf verlassen können, dass in allen Län-
        dern nach den gleichen Rahmenbedingungen mit dem
        Müll verfahren wird .
        Der erste große Schritt, die europäische Norm in nati-
        onales Recht umzusetzen, ist mit dem Standortauswahl-
        gesetz vom 23 . Juli 2013 gegangen worden .
        Einen weiteren Schritt stellt nun die 14 . Novelle des
        Atomgesetztes dar, wobei der wichtigste Teil die Regeln
        für die Erstellung eines Nationalen Entsorgungspro-
        gramms festlegt .
        Das Nationale Entsorgungsprogramm – kurz NaPro –
        ist im August endgültig vom Kabinett verabschiedet wor-
        den, und zwar schon nach den Leitlinien, die wir jetzt erst
        ins Gesetz aufnehmen wollen .
        Jetzt zeigt sich auch, wie entscheidend es ist, dass das
        NaPro explizit unter Vorbehalt der Ergebnisse der End-
        lager-Suchkommission steht – und nicht umgekehrt, wie
        von den Linken gefordert .
        In der letzten Woche vor der Sommerpause haben wir
        den Antrag der Linken debattiert, in dem gefordert wird,
        den Auftrag der Endlagerkommission dem Nationalen
        Entsorgungsprogramm anzupassen .
        Nun hat das federführende Umweltministerium, ab-
        weichend von den ersten Entwürfen, ein gemeinsames
        Lager vorgeschlagen für die Endlagerung von schwach-
        und mittelradioaktivem Müll, insbesondere dem Müll,
        der aus der Asse herausgeholt werden soll . Ein höchst
        umstrittener Vorschlag, der zahlreiche Konsequenzen mit
        sich bringt .
        In der Endlagerkommission gab es folgerichtig heftige
        Debatten über den Umfang des Auftrags der Kommis-
        sion, über das Ziel und den Zeitplan . Denn laut Gesetz
        dient die Kommission der Kriterienfestlegung für die
        Suche nach einem Lager für „insbesondere“ hoch radi-
        oaktiven Müll . Einige Mitglieder legten den Begriff „ins-
        besondere“ so aus, dass definitiv ein Endlager nur für den
        hochradioaktiven Müll gesucht werden soll .
        Wären wir dem Antrag der Linken gefolgt – ich er-
        innere: den Auftrag der Endlagerkommission dem Na-
        tionalen Entsorgungsprogramm anzupassen – hätte die
        Kommission wieder bei Null anfangen müssen . Denn:
        Ob man einen Standort und eine geologische Formati-
        on für 30 000 Kubikmeter hochradioaktiven Müll sucht
        oder für zusätzlich 300 000 Kubikmeter schwach- und
        mittelradioaktiven Müll, das macht einen erheblichen
        Unterschied .
        Auch ich bin alarmiert, wenn ich lese, dass bei einem
        möglicherweise so riesigen Kombilager eigentlich nur
        noch eine geologische Formation in Frage kommt, näm-
        lich Salz .
        Mit dem Nationalen Entsorgungsprogramm hat die
        Bundesregierung eine offene und ehrliche Bestandsauf-
        nahme des vorhandenen und noch anfallenden Mülls ge-
        macht .
        Und ich werbe dafür, dass wir jetzt auch so weiterma-
        chen: offen und ehrlich, ohne Vorfestlegungen . Denn nur
        dann können wir letztlich zu einer Endlagersuche kom-
        men, die möglichst breit akzeptiert wird .
        Ich meine, es ist der richtige Weg, wenn die Kommis-
        sion weiterhin insbesondere die Kriterien für die Endla-
        gerung hochradioaktiven Mülls erarbeitet, gleichzeitig
        aber in einem Kapitel des Endberichts auf die Implikati-
        onen eines möglichen Kombilagers eingeht .
        Ob wir, angesichts dieser veränderten Situation, mehr
        Zeit für die Endlagerkommission benötigen oder die
        Kommission womöglich nur eine Art Zwischenbericht
        abliefern kann, müssen wir hier noch einmal intensiv de-
        battieren .
        Diese Debatte heute ist aber auch ein guter Anlass,
        um hier einmal explizit unseren Ministern Barbara
        Hendricks und Sigmar Gabriel zu danken, denn es be-
        wegt sich unter ihrer Verantwortung so vieles mehr in
        und um die Frage des Atommülls als in vielen, vielen
        Jahren vorher . Sigmar Gabriel hat sich ausdrücklich der
        Frage angenommen, ob und wie die Atomkonzerne ihren
        Verpflichtungen auch in Zukunft gerecht werden können
        und wie wir vermeiden, dass die Allgemeinheit auf den
        Kosten sitzen bleibt, nachdem die Konzerne die Gewinne
        eingestrichen haben .
        Barbara Hendricks hat nicht nur für eine ehrliche Bi-
        lanz des vorhandenen Atommülls gesorgt, sondern auch
        dafür, dass sich wieder Vertrauen in diesen Fragen bilden
        kann .
        Mit der 14 . Atomrechtsnovelle gehen wir weiter den
        richtigen Weg, um die Bürden der verfehlten Atompoli-
        tik der Vergangenheit für die künftigen Generationen so
        klein wie möglich zu halten .
        Hubertus Zdebel (DIE LINKE): Schon wieder
        Atommüll – und das Thema wird der Republik noch
        viele Jahre erhalten bleiben . Direkt vor der Sommerpau-
        se hat der Bundestag bereits über das neue „Nationale
        Entsorgungsprogramm“ diskutiert . Auf Anforderung der
        EU hat die Bundesregierung einen Plan erstellt, in dem
        sie über die immer noch wachsenden Atommüllberge
        und was sie damit vorhat, berichtet . Und jetzt muss mit
        der 14 . Atomgesetznovelle der Rechtsrahmen für diesen
        Atommüllbericht geschaffen werden .
        Fast 70 000 Menschen, Initiativen und auch Kommu-
        nen haben zum Bericht des Nationalen Entsorgungspro-
        gramms (NaPro) Einsprüche erhoben . Die Öffentlichkeit
        schaut also hin, wenn es um Atommüll und die mit seiner
        Lagerung verbundenen Risiken geht . Das ist gut so, und
        der Bundestag ist gut beraten, sich mit diesen Einsprü-
        chen intensiv zu befassen .
        Auch deswegen hat Die Linke schon vor den Sommer-
        ferien einen Antrag zum NaPro-Bericht und zur Kritik
        daran in den Bundestag eingebracht, und es dürfte sinn-
        voll sein, den Bericht im Zusammenhang mit der Ge-
        setzesnovelle hier im Bundestag weiter zu diskutieren .
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12119
        (A) (C)
        (B) (D)
        Hier mal eben schnell die ATG-Novelle durchzuziehen
        und dann den Deckel drauf zu setzen, wäre kein gutes
        Signal für den angeblichen Neustart beim Umgang mit
        Atommüll, bei dem doch ein gesellschaftlicher Konsens
        angestrebt wird .
        Wir Linken fordern beim Umgang mit den radioak-
        tiven Abfällen mehr Transparenz und Ehrlichkeit . Der
        Bericht hat dazu durchaus einige positive Ansätze, die
        wir ausdrücklich begrüßen . Aber wir sehen auch die er-
        heblichen Mängel im Nationalen Entsorgungsprogramm .
        An dieser Stelle nur zwei Hinweise, wo aus unserer Sicht
        nachzubessern ist:
        An diversen Standorten sind in den letzten Jahren ver-
        rostete Atommüllfässer gefunden worden, in Brunsbüttel
        und in Karlsruhe zum Beispiel . Von diesen Problemen
        wird im Bericht mit keiner Silbe gesprochen, und es ist
        nicht gut, wenn diese Wirklichkeit beim Umgang mit
        Atommüll einfach nicht genannt wird .
        Der Bericht spricht ferner von einem Eingangslager
        für Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll .
        Dieses Lager soll dort neu gebaut werden, wo irgend-
        wann mal ein „Endlager“ für diesen Müll entstehen soll .
        Doch der Bericht schweigt darüber, dass dort die enorme
        Menge von bis zu 500 Castoren mit hochgefährlichem
        Atommüll oberirdisch gelagert werden soll und dass das
        für Jahrzehnte so sein wird . Diese Information fehlt völ-
        lig, und damit wird ein ganz wichtiger Aspekt im Grun-
        de unter den Tisch gefegt . Für Insider ist das völlig klar:
        Dieses neue Eingangslager ist von zentraler Bedeutung .
        Nur kann das niemand erkennen, der den Bericht als ge-
        bildeter Laie liest .
        Deswegen braucht es nach Auffassung der Linken –
        und das ist in der jetzt anstehenden Beratung über die
        14 . ATG-Novelle dann zu klären und gesetzlich umzu-
        setzen – klare und ehrliche Anforderungen, wie solche
        NaPro-Berichte erstellt werden . Ein solcher Bericht muss
        auch die Probleme beim Umgang mit dem Atommüll be-
        nennen, er sollte die möglichen Alternativen nennen und
        auch die Abwägungen beschreiben, warum die eine oder
        andere Variante am Ende vorgeschlagen wird . Das würde
        die Qualität und die Ehrlichkeit eines solchen Berichts
        deutlich verbessern .
        Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Der Nationale Entsorgungsplan, um den es bei der
        14 . AtG-Novelle geht, steht unter Revisionsvorbehalt .
        Die Endlager-Kommission hat das Recht, ihn durch ihre
        Empfehlungen zu verändern, und das ist gut so . Denn in
        der Kommission werden die Dinge – anders als in Aus-
        schüssen und Plenum mit den eng begrenzten Redezeiten
        für die Opposition – zwischen allen Beteiligten ausdis-
        kutiert .
        Die Grundausrichtung des NaPro ist positiv: das Be-
        kenntnis zur Inlandsentsorgung, die erstmalige Benen-
        nung der Abfälle aus der Urananreicherung in Gronau
        als Atommüll . Doch dieser Grundausrichtung fehlt die
        klare Konsequenz . Das Bekenntnis zur Inlandsentsor-
        gung endet an den Forschungsreaktoren . Und der Er-
        kenntnis, dass Urantails Atommüll sind, folgt nicht die
        Konsequenz, die Menge des Atommülls festzulegen, in-
        dem gemäß dem Atomausstieg ein Abschaltdatum für die
        Urananreicherungsanlage in Gronau verfügt wird .
        Nein, Urenco soll unbegrenzt weiter Uran anreichern
        und unbegrenzt Atommüll produzieren dürfen . Das macht
        diesen Atommüll innerhalb der Aufgabe, die BMUB mit
        dem NaPro an die Endlager-Kommission weiterreicht, zu
        einem unberechenbaren Faktor . Das Umweltministerium
        weiß, dass es für die Suche nach einem Endlager Zahlen
        nennen muss . Für die Urantails nennt es 100 000 m³ . Die-
        se Zahl ist logischerweise völlig gegriffen . So unseriös
        kann die Endlager-Kommission nicht arbeiten .
        Es wäre eine gute Gelegenheit, Frau Ministerin, die
        Lücke im Atomausstieg, die die beiden Atomfabriken in
        Deutschland bilden – die Urananreicherung in Gronau,
        die Brennelementefabrik in Lingen – zu schließen . Bun-
        destag und Bundesregierung sollten das Ziel ins Auge
        fassen, die Atomfabriken in Deutschland abzuschalten,
        um den Atomausstieg voranzubringen und eine gelingen-
        de Endlagersuche zu ermöglichen .
        Der vorgelegte Nationale Entsorgungsplan und die
        entsprechende 14 . Atomgesetz-Novelle, über die wir heu-
        te beraten, weist eine entscheidende Veränderung zum
        ursprünglichen Entwurf auf: Sowohl die Urenco-Abfälle
        wie auch die Asse-Abfälle nach geglückter Rückholung
        sollen nicht mehr für das Endlager Schacht Konrad vor-
        gesehen werden, sondern es soll prioritär geprüft werden,
        ob diese Abfälle auch im noch zu findenden Standort des
        Endlagers für hochradioaktiven Atommüll eingelagert
        werden können . Darüber soll die Endlager-Kommission
        beraten und eine Empfehlung abgeben . BMUB reagiert
        hier auf über 70 000 Einwendungen aus der Bevölke-
        rung, die sich gegen den ursprünglichen Plan verwahren .
        Ich finde diese Reaktion richtig. Schacht Konrad ist
        in der Bevölkerung nach wie vor umstritten, es fand kein
        vergleichendes Auswahlverfahren statt, das Endlager
        entspricht bei Inbetriebnahme nicht dem Stand von Wis-
        senschaft und Technik, wenn es nicht in einem neuen An-
        lauf auf diesen gebracht wird. Im NaPro findet sich dazu
        allerdings keine Absichtserklärung, sondern ganz im
        Gegenteil der Hinweis, dass der Stand von Wissenschaft
        und Technik laut Planfeststellungsbeschluss erst zum
        Betriebsende hin nachgewiesen sein muss . Frau Minis-
        terin, so machen Sie den Menschen um Schacht Konrad
        das Leben mit dem Endlager zusätzlich schwer . Schacht
        Konrad muss vor der Einlagerung von Atommüll auf den
        Stand von Wissenschaft und Technik gebracht werden .
        Hier haben Sie noch nachzuarbeiten . Gleichwohl be-
        grüße ich, dass Sie der Bevölkerung um Schacht Konrad
        nicht auch noch zumuten wollen, sich mit der Einlage-
        rung von doppelt so viel Atommüll wie die Genehmi-
        gung bisher vorsieht konfrontiert zu sehen .
        Die Arbeit der Endlager-Kommission wird durch die
        neue Aufgabe erheblich erschwert . Niemand kann heu-
        te sagen, wie die Asse-Abfälle genau zusammengesetzt
        sind und wieviel kontaminiertes Salz mit zu entsorgen
        sein wird . Das macht es mindestens schwer – einige
        Kommissionsmitglieder sagen: unmöglich – Sicherheits-
        kriterien für das Endlager zu erstellen . Klar ist dagegen
        heute schon, dass Wechselwirkungen zwischen Wärme
        entwickelnden bzw . hochradioaktiven und nicht Wärme,
        Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512120
        (A) (C)
        (B) (D)
        dafür aber Gas entwickelnden schwach- und mittelradi-
        oaktiven Abfällen verhindert werden müssen . Das heißt,
        die Abfälle werden in zwei klar voneinander getrenn-
        te Endlager eingelagert werden müssen, was an einem
        Standort entweder ein Wirtsgestein von besonders großer
        Mächtigkeit erfordert oder zwei eventuell übereinander
        liegende günstige Wirtsgesteine . Die Zahl geeigneter
        Standorte wird sich definitiv drastisch verringern.
        Wir nehmen uns der neuen Aufgabe in der Kommissi-
        on, an ohne zu wissen, ob wir sie lösen können . Vielleicht
        können wir zum Ende unserer Tätigkeit im Juni 2016 nur
        einen Zwischenbericht abgeben, vielleicht müssen wir
        sagen, dass eine Suche nach einem gemeinsamen Stand-
        ort für diese unterschiedlichen Abfälle in überschaubarer
        Zeit aussichtslos ist . Klar muss aber für alle Kommissi-
        onsmitglieder sein, dass wir die Gesamtgemengelage in
        den Blick nehmen müssen . Sich mit einer Art Tunnelblick
        auf die hochradioaktiven Abfälle zu konzentrieren, weil
        die Verfahrensentwicklung dann immer noch schwer ge-
        nug, aber einfacher ist, das füllt die Verantwortung nicht
        aus, die Bundestag und Bundesrat der Kommission über-
        tragen haben .
        Letzter Punkt: große Kritik an der laut NaPro beab-
        sichtigten Errichtung eines Eingangslagers mit der ersten
        Teilgenehmigung des Endlagers . Liebe Frau Ministerin,
        wenn man mit dem A . . . wieder einreißen will, was man
        mit den Händen aufgebaut hat, dann errichtet man nach
        einer langen ergebnisoffenen transparenten und parti-
        zipativen Endlagersuche ein Eingangslager am Endla-
        ger-Standort, bevor es genehmigt ist . So landet man am
        Ende dann doch wieder beim Prinzip Gorleben . Ich weiß,
        dass wir mit den Zwischenlagern in schweres Wasser
        kommen, weil wir aus allen Genehmigungen rauslaufen .
        Das heilen wir aber damit nicht . Über die Zwischenla-
        ger-Situation müssen wir uns gesondert Gedanken ma-
        chen . Die Endlagersuche darf nicht am Ende durch un-
        angemessenes Faktenschaffen desavouiert werden . Da
        dürfen Sie, Frau Ministerin, mit unserem erbitterten Wi-
        derstand rechnen .
        Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
        Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de
        Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
        124. Sitzung
        Inhaltsverzeichnis
        TOP 3 Regierungserklärung zum Informellen Treffen der EU-Regierungschefs und zum VN-Nachhaltigkeitsg
        TOP 4 Befristete Arbeitsverhältnisse
        TOP 5, ZP 3 Unterstützung der Kommunen
        TOP 27, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren
        TOP 28 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
        ZP 1 Aktuelle Stunde zur Syrienkrise
        TOP 6 Förderung von Integrationsbetrieben
        TOP 7 Investitionen in Kindertagesstätten
        TOP 8 Anpassung des Bankenabwicklungsrechts an EU-Recht
        TOP 9 Erziehungsleistungen und Mutterschutz in der Rente
        TOP 10 Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED
        TOP 11 Angehörigenschmerzensgeld
        TOP 12 Anpassung der Abgabenordnung an den EU-Zollkodex
        TOP 13 Verleihbarkeit digitaler Medien in Bibliotheken
        TOP 14 Evaluierung von Terrorismusbekämpfungsvorschriften
        TOP 15 Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte
        TOP 16 Berufliche und akademische Bildung
        TOP 17 Beziehungen zu Namibia
        TOP 18 Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner
        TOP 19 Austausch von Informationen über Finanzkonten
        TOP 20 Änderung des Atomgesetzes
        Anlagen
        Anlage 1
        Anlage 2
        Anlage 3
        Anlage 4
        Anlage 5