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    Plenarprotokoll 18/124 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 124. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 24. September 2015 Inhalt Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Wilfried Lorenz, Gabriele Groneberg und Heike Baehrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11943 A Wahl der Abgeordneten Kerstin Radomski als ordentliches Mitglied der Parlamentari- schen Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11943 B Wahl des Abgeordneten Ansgar Heveling als stellvertretendes Mitglied des Verwaltungsra- tes der Filmförderungsanstalt . . . . . . . . . . . 11943 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11943 B Absetzung des Tagesordnungspunktes 23 a . . 11944 A Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zu den Ergebnis- sen des Informellen Treffens der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am 23. September 2015 in Brüs- sel und zum VN-Gipfel für Nachhaltige Entwicklung vom 25. bis 27. September 2015 in New York . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11946 C b) Antrag der Abgeordneten Dr . Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr . Valerie Wilms, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 1 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Armut in jeder Form und überall been- den Drucksache 18/6045 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 B c) Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Dr . Valerie Wilms, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 2 in Deutsch- land schon jetzt umsetzen – Den Hunger beenden, Ernährungssouveränität und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern Drucksache 18/6046 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 B d) Antrag der Abgeordneten Maria Klein- Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 3 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Gesundes Leben für alle ermöglichen und fördern Drucksache 18/6047 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 C e) Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Beate Walter-Rosenheimer, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach- haltigkeitsziel 4 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern Drucksache 18/6048 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 C f) Antrag der Abgeordneten Ulle Schauws, Katja Dörner, Dr . Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach- haltigkeitsziel 5 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Geschlechtergerech- tigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen erreichen Drucksache 18/6049 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015II g) Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald, Dr . Valerie Wilms, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach- haltigkeitsziel 6 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Was- ser und Sanitärversorgung für alle ge- währleisten Drucksache 18/6050 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 D h) Antrag der Abgeordneten Dr . Julia Verlin- den, Dr . Valerie Wilms, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach- haltigkeitsziel 7 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitge- mäßer Energie für alle sichern Drucksache 18/6051 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11944 D i) Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr . Valerie Wilms, Claudia Roth (Augs- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 8 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Dauerhaftes, in- klusives und nachhaltiges Wirtschafts- wachstum, produktive Vollbeschäfti- gung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern Drucksache 18/6052 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 A j) Antrag der Abgeordneten Dr . Valerie Wilms, Kerstin Andreae, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 9 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Eine belastbare Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen Drucksache 18/6053 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 A k) Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr . Frithjof Schmidt, Dr . Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach- haltigkeitsziel 10 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Ungleichheit innerhalb und zwischen Staaten verringern Drucksache 18/6054 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 B l) Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Dr . Valerie Wilms, Britta Ha- ßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltigkeitsziel 11 in Deutsch- land schon jetzt umsetzen – Städte und Siedlungsflächen inklusiv, sicher, stabil und nachhaltig zu machen Drucksache 18/6055 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 B m) Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr . Valerie Wilms, Luise Amtsberg, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig- keitsziel 12 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen Drucksache 18/6056 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 C n) Antrag der Abgeordneten Annalena Baer- bock, Dr . Valerie Wilms, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach- haltigkeitsziel 13 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Umgehend Maßnah- men zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen Drucksache 18/6057 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 C o) Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr . Valerie Wilms, Peter Meiwald, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig- keitsziel 14 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Ozeane, Meere und Meeres- ressourcen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen Drucksache 18/6058 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 D p) Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr . Valerie Wilms, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig- keitsziel 15 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Nachhaltige Nutzung terre- strischer Ökosysteme schützen, wieder- herstellen und fördern, Wälder nachhal- tig bewirtschaften, die Wüstenbildung bekämpfen, die Bodendegradation auf- halten und umkehren sowie den Verlust der biologischen Vielfalt stoppen Drucksache 18/6059 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11945 D q) Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Volker Beck (Köln), Dr . Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nach- haltigkeitsziel 16 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Friedliche und inklusi- ve Gesellschaften im Sinne einer nach- haltigen Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermögli- chen und effektive, rechenschaftspflich- tige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen Drucksache 18/6060 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11946 A r) Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Anja Hajduk, Dr . Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: UN-Nachhaltig- keitsziel 17 in Deutschland schon jetzt Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 III umsetzen – Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung jetzt wiederbe- leben Drucksache 18/6061 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11946 B s) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Ab- geordneten Tom Koenigs, Claudia Roth (Augsburg), Uwe Kekeritz, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Menschenrechte in der neuen Nachhaltigkeits- und Entwick- lungsagenda der Vereinten Nationen stärken Drucksachen 18/5208, 18/5451 . . . . . . . . . 11946 B Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 11946 C Dr . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . 11950 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11952 A Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11955 B Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11957 A Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11959 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 11961 A Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11961 C Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11962 C Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 11963 A Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11964 D Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11966 A Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . . 11966 D Carsten Träger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11967 D Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11968 C Tagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Jutta Krell- mann, Klaus Ernst, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kettenbefristun- gen abschaffen Drucksache 18/4098 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11970 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krell- mann, Klaus Ernst, Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Das unbefristete Arbeits- verhältnis zur Regel machen Drucksachen 18/1874, 18/2783 . . . . . . . . . 11970 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 11970 A Wilfried Oellers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11971 C Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 11972 D Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11974 A Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 11975 B Uwe Lagosky (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 11977 B Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11979 A Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11980 C Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11981 C Wilfried Oellers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11982 C Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11983 B Bernd Rützel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11984 C Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11986 A Tagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Ingbert Liebing, Artur Auernhammer, Norbert Barthle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Bernhard Daldrup, Johannes Kahrs, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für gleichwertige Le- bensverhältnisse – Kommunalfreundli- che Politik des Bundes konsequent fort- setzen Drucksache 18/6062 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11986 D b) Antrag der Abgeordneten Kerstin Kassner, Susanna Karawanskij, Caren Lay, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kommunen von den Kosten für bauliche Maßnahmen an Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen befreien Drucksache 18/3051 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11987 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Kerstin Kassner, Susanna Karawanskij, Caren Lay, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verbindliches Mitwirkungsrecht für Kom- munen bei der Erarbeitung von Gesetzent- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015IV würfen und Verordnungen sowie im Ge- setzgebungsverfahren Drucksachen 18/3413, 18/6085 . . . . . . . . . 11987 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Christian Kühn (Tübingen), Luise Amts- berg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dauerhafte und strukturelle Entlastungen für Kommu- nen in Not Drucksache 18/6069 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11987 B Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11987 C Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11989 A Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11990 C Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11992 B Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11994 A Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11995 D Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 11996 C Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 11997 D Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11999 A Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12000 B Tagesordnungspunkt 27: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 17. März 2014 zur Änderung des Abkommens vom 30. März 2010 zwischen der Bundes- republik Deutschland und dem Verei- nigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Dop- pelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Drucksache 18/5575 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12001 D b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 19. Okto- ber 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderation St. Kitts und Nevis über die Unterstützung in Steuer- und Steuerstrafsachen durch In- formationsaustausch Drucksache 18/5576 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12001 D c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zu dem Partnerschafts- und Ko- operationsabkommen vom 11. Mai 2012 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits Drucksache 18/5577 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12001 D d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zu dem Abkommen vom 21. Au- gust 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Ge- biet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Drucksache 18/5578 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 A e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 3. Dezember 2014 zur Änderung des Abkommens vom 30. März 2011 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerver- kürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Drucksache 18/5579 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 B f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Batteriege- setzes Drucksache 18/5759 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 B g) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Energiever- brauchskennzeichnungsgesetzes Drucksache 18/5925 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 B h) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbe- helfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C-72/12 Drucksache 18/5927 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 B Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Maria Klein- Schmeink, Dr . Konstantin von Notz, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sicher vernetzt, gut ver- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 V sorgt – Digitalisierung im Gesundheits- wesen im Dienste der Patienten gestalten Drucksache 18/6068 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 C b) Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Oliver Krischer, Matthias Gas- tel, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zum Schutz der Verbraucher – Unzutreffen- de Angaben beim Spritverbrauch und Schadstoffausstoß von PKW beenden Drucksache 18/6070 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12002 C Tagesordnungspunkt 28: a) Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Abwicklung der staatlichen Notariate in Baden-Württemberg Drucksachen 18/5218, 18/6087 . . . . . . . . . 12002 D b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 14. Oktober 2005 zum Übereinkommen vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlun- gen gegen die Sicherheit der Seeschiff- fahrt und zu dem Protokoll vom 14. Ok- tober 2005 zum Protokoll vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festland- sockel befinden Drucksachen 18/5268, 18/6084 . . . . . . . . . 12003 B c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die internationale Zusammenarbeit zur Durchführung von Sanktionsrecht der Vereinten Nationen und über die internationale Rechtshilfe auf Hoher See sowie zur Änderung see- rechtlicher Vorschriften Drucksachen 18/5269, 18/6089 12003 B d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes Drucksachen 18/5273, 18/6071 . . . . . . . . . 12003 C e)–h) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 220, 221, 222 und 223 zu Petitionen Drucksachen 18/5957, 18/5958, 18/5959, 18/5960 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12003 D j) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 225 zu Petitionen Drucksache 18/5962 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12004 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Neue Dynamik zur politischen Lösung der Syrien-Krise nutzen Dr . Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12004 C Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 12005 C Dr . Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12006 C Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12007 D Elisabeth Motschmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 12009 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 12010 A Dr . Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 12011 A Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12012 A Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12013 A Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12014 A Dagmar G . Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 12015 A Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12016 B Tagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Uwe Schummer, Karl Schiewerling, Jutta Eckenbach, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Kerstin Tack, Katja Mast, Dr . Matthias Bartke, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: Integra- tionsbetriebe fördern – Neue Chancen für schwerbehinderte Menschen auf dem ers- ten Arbeitsmarkt eröffnen Drucksachen 18/5377, 18/6086 . . . . . . . . . . . 12017 B Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12017 B Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 12018 C Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12019 D Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12021 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015VI Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12022 B Dr . Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 12023 B Tagesordnungspunkt 7: a) Antrag der Abgeordneten Dr . Franziska Brantner, Katja Dörner, Beate Walter-Ro- senheimer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Betreuungsgeld in Kitas investieren Drucksache 18/6063 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12024 C b) Antrag der Abgeordneten Norbert Müller (Potsdam), Sigrid Hupach, Nicole Gohl- ke, weiterer Abgeordneter und der Frakti- on DIE LINKE: Betreuungsgeld für den Kitaausbau nutzen Drucksache 18/6041 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12024 C Dr . Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12024 D Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12025 D Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE) . . . . 12027 C Dr . Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12029 A Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 12030 B Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12032 B Tagesordnungspunkt 8: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des natio- nalen Bankenabwicklungsrechts an den Einheitlichen Abwicklungsmechanis- mus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmechanis- musgesetz – AbwMechG) Drucksachen 18/5009, 18/5325, 18/5458 Nr . 3, 18/6091 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12033 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6092 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12033 D Alexander Radwan (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12033 D Dr . Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12035 A Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12036 B Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12037 C Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12038 D Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 12040 A Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12041 D Tagesordnungspunkt 9: a) Antrag der Abgeordneten Matthias W . Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Erziehungsleis- tung von Adoptiveltern würdigen – Müt- terrente anerkennen Drucksache 18/6043 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12043 C b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Matthias W . Birkwald, Sa- bine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Anrechnung von Zeiten des Mutterschutzes Drucksachen 18/4107, 18/5279 . . . . . . . . . 12043 C Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 12043 D Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12045 A Matthias W . Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 12046 D Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12047 B Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12047 D Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 12048 D Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12050 B Dr . Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 12051 A Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-Operation EUNAVFOR MED als ein Teil der Gesamtinitiative der EU zur Unterbindung des Geschäftsmodells der Menschenschmuggel- und Menschenhan- delsnetzwerke im südlichen und zentralen Mittelmeer Drucksache 18/6013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12052 C Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12052 D Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 12054 A Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12055 B Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . 12056 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 VII Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12057 A Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 12058 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12059 A Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12059 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 12060 A Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12060 D Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Gesetzliche Grundlage für Angehörigenschmerzensgeld schaffen Drucksache 18/5099 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12061 D Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12062 A Dr . Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU) . . . . . . 12063 A Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12064 B Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 12065 B Dr . Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 12066 B Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12067 C Tagesordnungspunkt 12: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Pro- tokollerklärung zum Gesetz zur An- passung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften Drucksachen 18/4902, 18/6094 . . . . . . . . . 12068 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6095 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12068 C Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 12068 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12069 C Dr . Jens Zimmermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 12070 B Dr . Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12071 A Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12072 A Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12073 C Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Sigrid Hupach, Dr . Petra Sitte, Halina Wawzyniak, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ver- leihbarkeit digitaler Medien entsprechend analoger Werke in Öffentlichen Bibliothe- ken sicherstellen Drucksache 18/5405 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12074 B Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 12074 B Dr . Stefan Heck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12075 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12076 B Christian Flisek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12077 A Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 12077 D Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12078 D Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verlängerung der Befristung von Vorschriften nach den Terrorismusbe- kämpfungsgesetzen Drucksache 18/5924 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12079 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Evaluation nach Artikel 9 des Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungs- schutzgesetzes Drucksache 18/5935 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12080 A Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Finan- zausschusses zu dem Antrag der Abgeord- neten Dr . Gerhard Schick, Kerstin Andreae, Dr . Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN sowie der Abgeordneten Richard Pit- terle, Susanna Karawanskij, Dr . Axel Troost, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sonderermittler zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte einsetzen Drucksachen 18/3735, 18/6088 . . . . . . . . . . . 12080 B Tagesordnungspunkt 16: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD: Prinzipien des deutschen Bildungswesens stärken – Gleichwertig- keit und Durchlässigkeit der beruflichen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015VIII und der akademischen Bildung durch- setzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr . Ro- semarie Hein, Sigrid Hupach, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ausbildungsqualität sichern – Gute Aus- bildung für alle schaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer, Brigitte Pothmer, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit einer echten Ausbildungsgarantie das Recht auf Ausbildung umsetzen Drucksachen 18/4928, 18/4931, 18/4938, 18/6040 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12080 C Dr . Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 12080 C Dr . Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 12081 C Rainer Spiering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12082 C Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12083 C Uda Heller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12084 C Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12085 C Tagesordnungspunkt 17: a) Antrag der Abgeordneten Niema Movas- sat, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Versöhnung mit Namibia – Ge- denken an und Entschuldigung für den Völkermord in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika Drucksache 18/5407 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12086 D b) Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Uwe Kekeritz, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Bezie- hungen zwischen Deutschland und Na- mibia stärken und unserer historischen Verantwortung gerecht werden Drucksache 18/5385 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12087 A Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 12087 A Dr . Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 12088 A Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12088 D Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12089 C Dr . Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12090 D Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner Drucksache 18/5901 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12091 D Christian Lange, Parl . Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12092 A Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 12093 A Dr . Sabine Sütterlin-Waack (CDU/CSU) . . . . 12094 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12095 A Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12095 D Dr . Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 12097 A Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . 12097 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 A Tagesordnungspunkt 19: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den auto- matischen Austausch von Informationen über Finanzkonten Drucksache 18/5919 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 C b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weite- rer Gesetze Drucksache 18/5920 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 C c) Antrag der Abgeordneten Lisa Paus, Dr . Thomas Gambke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abgel- tungsteuer abschaffen Drucksache 18/6064 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 C d) Antrag der Abgeordneten Lisa Paus, Dr . Thomas Gambke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transpa- renz von Kapitaleinkommen stärken – Automatischen Austausch von Infor- mationen über Kapitalerträge auch im Inland einführen Drucksache 18/6065 . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 IX Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes Drucksache 18/5865 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12098 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12099 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 12101 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlänge- rung der Befristung von Vorschriften nach den Terrorismusbekämpfungsgesetzen – der Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Evaluation nach Artikel 9 des Geset- zes zur Änderung des Bundesverfassungs- schutzgesetzes (Tagesordnungspunkt 14 a und b) . . . . . . . . . . 12101 C Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12101 C Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12102 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 12102 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12103 C Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12104 A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sonderermitt- ler zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte einsetzen (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . 12104 C Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 12104 D Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . . 12105 C Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 12106 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12108 B Dr . Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12108 D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu der Mehr- seitigen Vereinbarung vom 29 . Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von In- formationen über Finanzkonten – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zum automa- tischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Än- derung weiterer Gesetze – des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Abgeltungsteuer abschaf- fen – des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Transparenz bei Kapital- einkommen stärken – Automatischen Aus- tausch von Informationen über Kapitaler- träge auch im Inland einführen (Tagesordnungspunkt 19 a bis d) . . . . . . . . . . 12110 A Dr . Mathias Middelberg (CDU/CSU) . . . . . . . 12110 A Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12111 A Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12112 A Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 12112 D Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12114 A Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Än- derung des Atomgesetzes (Tagesordnungs- punkt 20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12115 A Steffen Kanitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12115 A Florian Oßner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 12116 D Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12117 D Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12118 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12119 B Textrahmenoptionen: 30,5 mm Abstand oben (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 11943 124. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 24. September 2015 Beginn: 9 .00 Uhr
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    Vizepräsidentin Ulla Schmidt (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12101 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker, Dirk SPD 24 .09 .2015 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 24 .09 .2015 Feiler, Uwe CDU/CSU 24 .09 .2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 24 .09 .2015 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24 .09 .2015 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 24 .09 .2015 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 24 .09 .2015 Kiziltepe, Cansel SPD 24 .09 .2015 Kolbe, Daniela SPD 24 .09 .2015 Kühn (Tübingen), Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24 .09 .2015 Lach, Günter CDU/CSU 24 .09 .2015 Lenkert, Ralph DIE LINKE 24 .09 .2015 Möhring, Cornelia DIE LINKE 24 .09 .2015 Müller (Chemnitz), Detlef SPD 24 .09 .2015 Nick, Dr . Andreas CDU/CSU 24 .09 .2015 Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 24 .09 .2015 Röspel, René SPD 24 .09 .2015 Scheuer, Andreas CDU/CSU 24 .09 .2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 24 .09 .2015 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24 .09 .2015 Ulrich, Alexander DIE LINKE 24 .09 .2015 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 24 .09 .2015 Wicklein, Andrea SPD 24 .09 .2015 Wiese, Dirk SPD 24 .09 .2015 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 24 .09 .2015 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Befristung von Vorschriften nach den Terroris- musbekämpfungsgesetzen – der Unterrichtung durch die Bundesregierung Evaluation nach Artikel 9 des Gesetzes zur Än- derung des Bundesverfassungsschutzgesetzes (Tagesordnungspunkt 14 a und b) Clemens Binninger (CDU/CSU): Der internationale Terrorismus ist unverändert eine weltweite Gefahr, die auch in Deutschland und Europa mittlerweile Realität ist . Das machen die Nachrichten deutlich, die uns besonders auch in den letzten Monaten viel zu häufig erreichten. Ob in Paris im Januar dieses Jahres, in Kopenhagen nur ei- nen Monat später oder erst kürzlich im August im Thalys von Amsterdam nach Paris . Die Zahl der radikalislamischen Salafisten in Deutsch- land steigt . Viele von ihnen, mittlerweile über 700, haben sich aufgemacht, um in Syrien und Irak für die IS-Terror- miliz zu kämpfen . Einige kehren zurück, manche desillu- sioniert, manche aber auch radikalisiert . Damit steigt das Gefährdungspotenzial in Deutschland weiter erheblich, denn es ist nicht auszuschließen, dass Anschläge auch in Deutschland geplant werden . Dabei stehen auch die Nachrichtendienste vor besonderen Herausforderungen . Unsere Aufgabe ist es deshalb, die Dienste weiter mit geeigneten Befugnissen auszustatten, um die erforderli- che Aufklärungsarbeit leisten zu können . Das Terroris- musbekämpfungsgesetz ermöglicht Nachrichtendiensten bisher, bei Luftfahrtunternehmen, Kreditinstituten und Telekommunikationsdiensten Auskünfte einzuholen . Es geht jetzt darum, die Fristen für diese Befugnisse zu ver- längern . Die Grundlage für den heute behandelten Ge- setzentwurf ist ein Evaluierungsbericht des Instituts für Gesetzesfolgenabschätzung . Durch die Evaluierung ist erneut deutlich geworden, dass die Befugnisse für den Erkenntnisgewinn wesentlich sind: Durch die erhobenen Verkehrsdaten stellte etwa das Bundesamt für Verfassungsschutz im vergangenen Jahr zahlreiche Kontakte von Angehörigen des gewaltbe- reit-salafistischen Spektrums fest und war so in der Lage, Beziehungen und Netzwerke aufzuklären . Einer Person konnte daraufhin die Werbung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nachgewiesen werden . In weiteren Fällen konnten Syrien-Rückkehrer erkannt oder auch die Mitgliedschaft in der PKK erwiesen werden . Leidvolle Erfahrungen hat es in Deutschland in jüngster Zeit auch mit Terrorakten rechtsextremistisch motivierten Hintergrunds gegeben . Die Gefährdung ist angesichts der zunehmenden, sich radikalisierenden Sze- ne längst nicht gebannt . Im Gegenteil, Waffenbeschaf- fungen und Waffendeals in der rechtsextremen Szene waren und sind eine reale Gefahr . Die Befugnisse der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512102 (A) (C) (B) (D) Nachrichtendienste aus dem Terrorismusbekämpfungs- gesetz sind deswegen auch in diesem Bereich Grundlage für wertvolle Erkenntnisse: So konnten im Rahmen einer Finanzermittlungsmaßnahme gegen einen Verdächtigen wegen möglicher Waffenbeschaffung für die rechtsext- remistische Szene Kontakte in die Schweiz festgestellt werden . Darüber hinaus war feststellbar, dass der Ver- dächtige über ein Konto im Ausland verfügte, auf das Gelder unbekannter Herkunft einbezahlt wurden, und auch, dass der Verdächtige selbst immer wieder hohe Bargeldbeträge auf sein Konto einzahlte . Zudem zeig- ten Finanztransaktionen an regionale und überregionale Größen der rechtsextremen Szene die Einbindung und Bedeutung des Rechtsextremisten in der Szene . Die Evaluierung hat deutlich gezeigt, dass die Befug- nisse notwendig sind . Ich höre auch immer wieder aus den Reihen der Opposition, es bestehe die Gefahr, die Dienste würden ihre Befugnisse maßlos einsetzen . Aber auch hier hat ist das Ergebnis eindeutig: Die Dienste handeln sehr maßvoll . Genau, wie es der Bundestag als Gesetzgeber beabsichtigt hat . So wurden im Jahr 2014 insgesamt gerade einmal 72 besondere Auskunftsverlan- gen angeordnet . 33 davon sind bei Telekommunikations- diensteanbietern ergangen, um Verkehrsdaten-Auskünfte einzuholen. Von flächendeckender Überwachung kann nicht einmal im Ansatz die Rede sein . Es geht nun darum, die Empfehlungen aus der Eva- luierung umzusetzen und die Befugnisse erneut zu be- fristen . Mit einer weiteren Befristung gewährleisten wir, dass die weitere Entwicklung im Blick bleibt . Alle Ex- perten bestätigen, dass die Gefährdungslage ernst ist . Wir sollten deshalb nicht zur Hysterie neigen, aber wir soll- ten das Notwendige tun für die Sicherheit der Menschen und die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörden . Die Sicherheitsbehörden verdienen unser Vertrauen . Es gibt keinen Grund, eine weitere Befristung abzulehnen . Uli Grötsch (SPD): Heute beraten wir den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Befristung von Vor- schriften nach den Terrorismusbekämpfungsgesetzen, die wir nach den Anschlägen am 11 . September 2001 eingeführt haben . Bei diesem Wortungetüm handelt es sich um die nachrichtendienstlichen Befugnisse unserer Sicherheitsbehörden zur Auskunftseinholung bei etwa Luftfahrtunternehmen, Kreditinstituten und Telekommu- nikationsdienstleistern . Für die SPD war es von entscheidender Bedeutung, dass wir diese Anti-Terrorgesetze erneut befristen, bis 2021 . Es wird dann erneut auf seine Wirksamkeit hin ge- prüft . Diese zugegebenermaßen weitreichenden Befugnisse haben sich bewährt: Unsere Sicherheitsbehörden arbei- ten auf Hochtouren: Erst im April dieses Jahres konnten in Oberursel Terrorverdächtige verhaftet werden . Um nur ein Beispiel zu nennen . Diese und andere Anschlagspläne konnten unter ande- rem dank dieser Befugnisse verhindert werden . Meiner Meinung nach stellt sich heute und hier deshalb die Frage nicht, ob wir das Gesetz verlängern . Das ist nun die dritte Verlängerung . Ich kann Ihnen heute keine Hoffnung machen, dass die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus, den islamischen Terro- rismus, nachlässt . Wir wissen, dass schreckliche Terro- ranschläge wie im Mai 2014 in einem jüdischen Museum in Brüssel oder wie im Januar dieses Jahres auf das Sati- reblatt Charlie Hebdo in Paris auch bei uns in Deutsch- land passieren können . Die Terrormiliz IS ruft ganz kon- kret zu individuellen Terrortaten in Deutschland auf . Wir können und dürfen uns aber nicht darauf verlassen, dass „zivile“ Helden wie im Thalys-Schnellzug in Frankreich ihr Leben für uns riskieren . Unsere Sicherheitsbehörden sind deshalb gut aufge- stellt, in den aktuellen Haushaltsberatungen stocken wir beispielsweise das BKA mit 200 zusätzlichen Beamten und 12 Millionen Euro Sachmitteln auf . Die Bundespoli- zei bekommt 3 000 neue Beamtenstellen . Wir wissen, dass Paragraphen alleine noch keine ef- fektive Terrorbekämpfung sind: Ich setze auf Prävention . In den letzten Wochen und Monaten habe ich mich mit sehr vielen im Bereich Extremismusprävention engagier- ten Vereinen und Trägern getroffen und mir ein Bild von ihrer Arbeit gemacht . Ihre Arbeit ist nachgefragter, denn je . Ich denke da an die Beratungsstelle „Hayat“, die Aus- steigern und Angehörigen von radikalisierten Personen Hilfe anbietet . Und auch an das Violence Prevention Network (VPN), in dem erfahrene Fachkräfte sich in Justizvollzugsanstal- ten um jugendliche Gewalttäter kümmern, um nicht den islamistischen Rattenfängern das Feld zu überlassen . In einem weiteren Projekt betreuen sie von Rekrutierungs- maßnahmen des IS betroffene junge Frauen . Es gibt in den Bundesländern viele solcher niedrigschwelligen Projekte, die sich gegen den gewaltorientierten Islamis- mus wenden und erfolgreich sind . Deshalb war es rich- tig, letztes Jahr das neue Bundesprogramm „Demokratie Leben“ um 10 Millionen Euro auf jetzt 40,5 Millionen Euro aufzustocken . Das ist der richtige Weg, und deshalb danke ich unserer Bundesministerin für Familie, Senio- ren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig, die früher als andere erkannt hat, dass es auf Prävention ankommt . Wir alle haben in den letzten Monaten Videos und Bilder vom Terrorregime des IS sehen müssen, die men- schenunwürdig sind . Wir sind fassungslos angesichts dieser Enthemmtheit, aber wir dürfen nicht sprachlos sein . Lassen Sie uns als gesamtes Haus ein deutliches Si- gnal senden und unsere Entschlossenheit zeigen . Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die Bundesregierung be- antragt die weitere Verlängerung einer ganzen Reihe so- genannter Antiterrorgesetze, die seit 2001 nach und nach eingeführt wurden . Auf die Kritik, diese Gesetze griffen unverhältnismäßig in die Grundrechte ein, hieß es bei ihrer Einführung beschwichtigend, sie seien ja befristet, würden also nur vorübergehend gelten . Tatsächlich werden sie aber routinemäßig verlängert, ohne dass die Grundrechtseingriffe überhaupt noch the- matisiert werden. Wir von der Linken finden jedenfalls: Den Geheimdiensten immer mehr Macht einzuräumen, ist nicht Teil einer Lösungsstrategie, es ist Teil des Prob- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12103 (A) (C) (B) (D) lems . Nun gilt es, wieder abzurüsten und den Grundrech- ten die Priorität einzuräumen, die sie verdienen . Die Gesetze, um die es hier geht, berechtigen die Geheimdienste etwa dazu, Kontodaten abzufragen, Ver- kehrsdaten von Telekommunikationsunternehmen und Flugdaten einzusehen, Handy-Standorte zu erfassen und Gespräche abzuhören . Die Anzahl der durchge- führten Maßnahmen beläuft sich im Schnitt nur auf eine zweistellige Zahl pro Jahr . Das allein gibt aber noch kei- nen Aufschluss über deren Verhältnismäßigkeit . Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder dar- auf hingewiesen, dass es bei Grundrechtseingriffen auch auf deren kumulative Wirkung ankommt . Das heißt: Angesichts der Vielzahl von Geheimdienstbefugnissen und der heutigen technischen Möglichkeiten muss jedes Gesetz im Rahmen einer Gesamtschau und in der Wech- selwirkung mit anderen Gesetzen bewertet werden . Aber in der Evaluation, die jetzt die Verlängerung der Gesetze legitimieren soll, ist diese Prüfung einfach unterblieben . In dem Papier heißt es wörtlich: „Eine solch umfas- sende Analyse ist jedoch vom Evaluationsauftrag nicht abgedeckt gewesen“ . Weiter heißt es, eine umfassende Auswertung sei schon – Zitat – ,,mit Blick auf die Be- sonderheiten nachrichtendienstlichen Arbeitens nicht realisierbar .“ Auch eine Langzeitbeobachtung sei weder beauftragt gewesen noch mit den Geheimdiensten über- haupt möglich, heißt es . Schuld daran ist das Bundesinnenministerium, das den Rahmen für dieses Gutachten erstellt hat . Es hat den Auftrag bewusst eng formuliert, um einen Bericht zu bekommen, der die Regierungslinie unterstützt . Anders ausgedrückt: Das Bundesinnenministerium hat sich ein Gefälligkeitsgutachten besorgt . Das zeigt sich zum Beispiel auch bei der Frage nach der Wirksamkeit der Überwachungsgesetze . Da tappen wir auch nach der Evaluation weiterhin im Dunkeln . Denn die Bewertung der Gesetze wurde von den Nach- richtendiensten selbst vorgegeben . Deren Behauptung, die Gesetze seien notwendig und wirksam, sollen wir einfach glauben ohne die Möglichkeit einer unabhängi- gen Nachprüfung . Entschuldigung, aber eine solche Blauäugigkeit zu verlangen, nach Jahren voller NSU- und NSA-Skanda- le, das ist wirklich eine Beleidigung des Parlaments und auch der Bürgerinnen und Bürger . Es gibt für eine solche Art von Bewertungen ein Wort: Gefälligkeitsgutachten . Die Linke ist sehr dafür, Terroristen das Handwerk zu legen . Aber wir werden keinem Gesetz zustimmen, das die Kompetenzen der Geheimdienste erweitert, ohne die Folgen für die Grundrechte zu beachten . Der Nutzen der Gesetze ist nicht erwiesen, daher kann man sie Ende des Jahres getrost auslaufen lassen . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Ursprünge des Gesetzes, dessen Geltung zum dritten Mal verlängert werden soll, reichen in die Zeit un- mittelbar nach den Anschlägen vom 11 . September 2001 zurück . Damals wurden den Geheimdiensten mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz Befugnisse eingeräumt, in Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern einzugrei- fen . Sie sollten Kontendaten, Flugdaten, Passdaten und Verkehrsdaten von Telekommunikationsmedien abfragen dürfen . Auch ging es um den Einsatz von so genannten IMSI-Catchern . Weil es um Grundrechtseingriffe ging, sollten diese an enge Einschränkungen gebunden sein . Schon die Anordnung sollte von höchster Stelle und nur mit parlamentarischer Kontrolle möglich sein . Die Be- troffenen sollten nachträglich informiert werden . Die Regelungen sollten nur dem Kampf gegen Terrorismus dienen und befristet auf zehn Jahre gelten . Wegen der gewollt stark einschränkenden Bedingungen wurde das Gesetz nur restriktiv und in wenigen Fällen angewandt . Befürchtungen, das Gesetz könnte zu massenhaften Grundrechtsverletzungen führen, bewahrheiteten sich nicht . Flugdaten, Kontodaten, Verkehrsdaten wurden im ein- stelligen und unteren zweistelligen Bereich pro Jahr erho- ben, insgesamt 64#$# bis 77#$#mal pro Jahr, Postdaten gar nicht . Gleichwohl wurde die Geltung des Gesetzes 2007 für fünf Jahre verlängert . Die Bedingungen wur- den etwa für Kontodaten gemildert . Nicht mehr Minister mussten die Anordnungen genehmigen . 2011 wurde die Gesetzesanwendung erneut um fünf Jahre verlängert . Beiden Verlängerungen lagen keine unabhängigen Überprüfungen des Nutzens der Verlängerung zugrun- de . Deshalb wurde nun erstmals eine Evaluierung durch Wissenschaftler durchgeführt . Das Ergebnis liegt seit April 2015 vor . Wieder wurde festgestellt, dass das Ge- setz nur in wenigen Fällen angewandt wurde . So gab es zum Beispiel von November 2013 bis November 2014: 23 Kontoabfragen, zwei für Flugverbindungen, für Ver- kehrsdaten 33 und Kontostammdaten 21#$#mal Abfra- gen . Unterrichtungen der Betroffenen erfolgten all die Jahre nur in etwa in einem Drittel der Fälle . Jetzt soll das Gesetz zum dritten Mal verlängert wer- den bis 2021 . Schon angesichts der geringen Zahl der Anwendungsfälle ist zu bezweifeln, ob dies zwingend notwendig ist . Schließlich geht es nicht nur um irgend- welche Befugnisse für die Geheimdienste, sondern um Grundrechtseingriffe . Deshalb wurde das Gesetz 2002 nur beschlossen, um Aufklärungsmöglichkeiten in der besonders angespannten und gefährlichen Situation zu schaffen . Ein Dauergesetz für Jahrzehnte war nicht be- absichtigt . Ein einfaches Durchwinken einer Verlängerung kommt für uns nicht in Betracht . Zur Vorbereitung einer vertretbaren Entscheidung müssen die konkreten Ergeb- nisse der Gesetzesanwendung in den letzten fünf Jahren darauf anhand der konkreten Fälle überprüft werden, wie relevant diese für den Kampf gegen den Terrorismus gewesen sind . Das bisherige Evaluationsergebnis bringt dazu keine ausreichenden Erkenntnisse . Also muss die Bundesregierung uns konkrete Zahlen nachliefern, wie oft durch die Anwendung der fraglichen Befugnisse schwere Terrordelikte verhindert oder aufgeklärt werden konnten . Ohne solche Belege können Grüne dem Ent- wurf nicht zustimmen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512104 (A) (C) (B) (D) Dr. Günter Krings, Parl . Staatssekretär im Bundes- ministerium des Innern: Der internationale djihadistische Terrorismus ist nach wie vor eine globale Bedrohung für das friedliche Zusammenleben und die zentrale Heraus- forderung für unsere Sicherheitsbehörden . Erfolgreiche und zum Teil in letzter Minute verhinder- te Anschläge haben sich in jüngster Zeit in unmittelbarer Nähe zu uns ereignet: in Brüssel, Paris und Kopenhagen und im Thalys-Schnellzug in Nordfrankreich . Das zeigt, dass der Terror längst Mitteleuropa erreicht hat . Und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass nicht auch Deutsch- land längst im Fadenkreuz des islamistischen Terror steht . Ja, und auch bislang mussten wir schon deutsche Terror-Tote und Terror-Tote in Deutschland beklagen . Ein konkretes Anzeichen für die Gefährdung der Men- schen in Deutschland sind vor allem die über 700 Perso- nen mit salafistischem Hintergrund, die aus Deutschland in die Krisenregion Syrien/Irak ausgereist sind . Von den Rückkehrern aus dieser Gruppe geht eine besondere Ge- fahr aus . Sie sind weiter radikalisiert, oft kampferprobt, verroht und zu ungeheurer Brutalität fähig . Die gesetzgeberischen Antworten auf diese Ter- ror-Gefahr basieren auf einer rationalen Gefährdungs- analyse . Und das Terrorismusbekämpfungsgesetz ist ein Herzstück bei dieser besonnenen und rationalen Antwort des Gesetzgebers . Mit dem heute in erster Lesung behandelten Gesetz- entwurf wollen wir die bewährten nachrichtendienstli- chen Befugnisse verlängern, um den Kampf gegen den internationalen Terrorismus fortsetzen zu können . Im Wesentlichen geht es um Vorschriften zur Auskunftsein- holung bei Luftfahrtunternehmen, Kreditinstituten und Telekommunikationsdiensten, die bis Januar 2016 be- fristet sind . Grundlage des Gesetzentwurfs ist der Evaluierungsbe- richt unabhängiger Wissenschaftler des Instituts für Ge- setzesfolgenabschätzung und Evaluation . Die Auswahl des Instituts war zusammen mit dem Bundestag erfolgt . Lassen Sie mich zu den Evaluierungsergebnissen zwei besonders praxisbedeutsame Maßnahmen herausstellen . Besondere Auskunftsverlangen: Im Untersuchungs- zeitraum November 2013 bis November 2014 wurden gerade einmal 72 Auskunftseinholungen bei Luftfahrtun- ternehmen, Kreditinstituten, Telediensten und Telekom- munikationsdiensten angeordnet . Das ist maßvoll und zeigt wie streng wir die Regelungen gefasst haben . Vielfach konnten dabei Kontakte, Beziehungen und Netzwerkstrukturen auf geklärt werden . Einer Person konnte etwa die Unterstützung einer terroristischen Ver- einigung nachgewiesen werden . Ausschreibung im SJS II: Eine weitere, wichtige Vorschrift ermöglicht den drei Nachrichtendiensten, Personen im Schengenerinformationssystem II auszu- schreiben . Wird dann die ausgeschriebene Person im Schengenraum kontrolliert, erhält die ausschreibende Behörde Informationen über Reisebewegungen und eventuell mitreisende Personen . Im Erhebungszeitraum der Evaluation wurden 329 Personen im SIS II ausgeschrieben, überwiegend durch das Bundesamt für Verfassungsschutz . So konn- ten zum Beispiel wichtige und dringend notwendige Er- kenntnisse über Syrien-Rückkehrer gewonnen werden . Die wissenschaftliche Untersuchung des evaluieren- den Instituts kommt zu glasklaren Ergebnissen: Die Anwendung der nachrichtendienstlichen Befug- nisse ist auch im aktuellen Auswertungszeitraum wiede- rum fokussiert und verantwortungsvoll erfolgt . Und sie hat unverzichtbare Erkenntnisse erbracht . Das Terrorismusbekämpfungsgesetz wahrt die Balan- ce zwischen Freiheit und Sicherheit . Wer diese Befug- nisse beseitigen will, der opfert unsere Sicherheit – und zwar nicht zugunsten der Freiheit . Nein, er beseitigt un- sere Freiheit dabei gleich mit . Ich bitte den Deutschen Bundestag daher um eine ebenso sorgfältige wie zügige Beratung dieses Gesetzes zum Schutze der Menschen in unserem Lande . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sonderer- mittler zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte einsetzen (Tagesordnungspunkt 15) Olav Gutting (CDU/CSU): Bereits im Januar, als wir hier im Parlament zum Thema Dividendenstripping, auch bekannt als Cum-/Ex-Trade, debattiert hatten, habe ich klargestellt, dass es sich dabei um kein Steuergestal- tungsmodell findiger Berater, sondern nach meinem Da- fürhalten schlicht um Betrug zulasten des Fiskus gehan- delt hat . Auch wir halten die Rückforderung von Kapitalertrag- steuer, welche tatsächlich nie gezahlt wurde, nicht nur für höchst problematisch und unmoralisch, sondern für rechtswidrig . Auch das Bundesfinanzministerium hatte stets die Rechtsauffassung, dass nur einmal abgeführte Kapitaler- tragssteuer nie doppelt bescheinigt werden darf . Zweck dieses unrechtsmäßigen Geschäftsmodels war es, bei Leerverkäufen über den Dividendenstichtag Zusatzren- diten zu erzielen, weil die deutsche Kapitalertragsteuer durch das Auseinanderfallen von rechtlichem und wirt- schaftlichem Eigentum mehrfach bescheinigt wurde . Jedem, der die doppelte Bescheinigung zu seiner Renditesteigerung nutzte, muss klar gewesen sein, dass er unrechtmäßig doppelt kassiert und damit den Fiskus schädigt . Bereits im Januar habe ich bei meiner Rede gefordert, die rechtliche Einordnung dieser Handlungen den zustän- digen staatlichen Strafverfolgungsbehörden und unserer Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12105 (A) (C) (B) (D) Gerichtsbarkeit zu überlassen . Im Übrigen laufen hierzu bereits verschiedene Ermittlungsverfahren . Der Bundestag und auch die Bundesregierung haben sich aus staatsanwaltlichen Ermittlungen rauszuhalten . Dies gebietet schon unsere Verfassung, in der – mit sehr guten Gründen – die Gewaltenteilung festgeschrieben ist . Gegen die Einsetzung eines Sonderermittlers bestehen auch deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil un- sere Verfassung einen solchen Ermittlertyp schlichtweg nicht kennt . Ihr Antrag lässt auch nicht erkennen, welchen Mehr- wert Sie sich von der Einsetzung eines solchen verfas- sungsrechtlich bedenklichen Sonderermittlers erhoffen? Schließlich sind alle Erkenntnisse der Bundesregierung hierzu bekannt, weil dieses Thema Gegenstand mehrerer Anfragen war . Der Antrag zur Einsetzung eines unabhängigen Son- derermittlers ist deshalb völlig unnötig, man kann auch sagen schlicht Unfug . Er stellt nur eine Nebelkerze dar, um das zu verschleiern, was Sie mit Ihrem Antrag tatsächlich bezwecken, nämlich die Klärung einer ver- meintlichen politischen Verantwortung, für die es aber das Instrument des Untersuchungsausschusses gibt . Obwohl die Grünen sonst nicht so zimperlich bei der Forderung zur Einsetzung von Untersuchungsausschüs- sen sind, begnügen sie sich hinsichtlich der Cum-Ex-Ge- schäfte mit der Bestellung eines verfassungsrechtlich problematischen Sonderermittlers . Die jeweilige Bundesregierung hat gemeinsam mit dem zuständigen Bundesfinanzministerium – dies muss in diesem Zusammenhang festgehalten werden – stets mit Erlassen auf entsprechende konkrete Hinweise re- agiert . Auch der Gesetzgeber selbst blieb nicht untätig . Ein politisches Aufklärungsbedürfnis sehe ich daher nicht . Ihr Sonderermittler soll auch klären, welche Stellen und welche Personen auf der staatlichen Seite für den entstandenen Schaden zum einen formal und zum ande- ren tatsächlich verantwortlich sind . Mit Verlaub! Dieses Ansinnen ist nun wirklich Unfug, denn eine Mitverant- wortung setzt eine Beteiligung an dem rechtwidrigen Geschäftsmodell voraus . Eine solche Unterstellung ist absurd . Der Bundestag hat in den Jahren 2007 und 2009 sowie zuletzt im Jahr 2011 mit dem OGAW-IV-Umsetzungs- gesetz den Cum-Ex-Geschäften die Grundlage vollends entzogen . Somit liegt die nachträgliche strafrechtliche Aufarbeitung allein bei den zuständigen Staatsanwalt- schaften . Ihr Antrag ist daher abzulehnen . Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): Im Antrag wird gefordert, einen unabhängigen Sonderermittler ein- zusetzen, der klären soll, wie es dazu gekommen ist, dass die sogenannten Cum-Ex-Transaktionen zehn Jahre nicht unterbunden wurden, wer letztendlich verantwortlich für den entstandenen Schaden war, ob die getroffenen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung adäquat sind und ob Vorkehrungen getroffen wurden, ähnliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden . Zunächst einmal stellt sich die Frage, ob ein Sonde- rermittler tatsächlich eingesetzt werden kann . Dem ste- hen nämlich erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber . Unsere Verfassung kennt die Funktion eines Sonderermittlers nicht . Die Einsetzung eines Sonderermittlers ist also verfas- sungsrechtlich zumindest zweifelhaft und schon allein daher abzulehnen . Es stellt sich aber auch die Frage, warum die beiden Oppositionsfraktionen diesen Sonde- rermittler fordern, der ja wohl von der Bundesregierung eingesetzt werden sollte und damit auch erst einmal nur der Bundesregierung gegenüber berichtspflichtig wäre. Das Parlament wäre damit zunächst einmal außen vor . Wenn man so erheblichen Zweifel an der Korrektheit der Vorgehensweise bei den Vorfällen der Cum-Ex-Trans- aktionen anmeldet, dann wäre das geeignete parlamen- tarische Instrument zur Aufklärung aller Fragen und zur Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen ein Untersu- chungsausschuss . Im übrigen wäre zu klären, wer denn überhaupt so die Rolle eines Sonderermittlers übernehmen könnte . Wer hätte das geeignete Fachwissen und gegebenenfalls auch den ausreichend geschulten Apparat, um eine so umfang- reiche Überprüfung der vielen, durchaus unterschiedli- chen Sachverhalte durchzuführen . Die Transaktionen erstreckten sich ja nicht nur auf inländische Kreditinsti- tute, sondern auch auf das Ausland . Auch Landesbanken waren in diese Transaktionen verwickelt . Müsste man dazu dann auch noch entsprechende Landesbehörden be- auftragen? Die Cum-Ex-Transaktionen sind hochgradig kompli- zierte Geschäfte, die nur mit umfänglichen Spezialwissen und mit großem Sachverstand geprüft werden können . Das Bundeszentralamt für Steuern hat bereits zusätzli- che personelle Ressourcen bereitgestellt, damit auffällige Erstattungsanträge, auch aus der Vergangenheit, geprüft werden können . Den Bundesländern wurde vom Bundes- zentralamt in diesem Zusammenhang eine Unterstützung bei Außenprüfungen angeboten . Dabei wird auf Initiative des Bundesministeriums für Finanzen ein Wissenstrans- fer zwischen den mit Cum-Ex-Transaktionen befassten Stellen aus Bund und Ländern ermöglicht, um ständig weitere Erkenntnisse zu dieser komplexen Materie und zur börsentechnischen Abwicklung dieser Geschäfte zu gewinnen . Um den aus Cum-Ex-Transaktionen resultierenden Steuerausfällen entgegenzuwirken, wurden im Jahres- steuergesetz 2007 Dividendenausgleichszahlungen der materiellen Steuerpflicht und damit der Kapitalsteuer- pflicht unterworfen. Abzuführen war damit die Kapita- lertragsteuer auf Rechnung des Erwerbers durch das in- ländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut, das für den Veräußerer der Aktien dessen Verkaufsauftrag ausführte . Die von dem Kredit- bzw . Finanzdienstleis- tungsinstitut abgeführte Kapitalertragsteuer wurde dem Konto des Veräußerers zusammen mit der Dividenden- ausgleichszahlung belastet . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512106 (A) (C) (B) (D) Die Anwendung dieser Vorschrift erfasst allerdings nicht Geschäfte, die ohne Intermediär oder über einen ausländischen Intermediär abgewickelt wurden . Ab 1 . Januar 2012 wurde deshalb eine weitere ge- setzliche Maßnahme ergriffen, um die missbräuchlichen Gestaltungen unter Einbeziehung ausländischer Ban- ken zu unterbinden . Dividenden müssen jetzt von der ausschüttenden Aktiengesellschaft als Bruttodividende, sprich ohne Kapitalertragsteuerabzug, an die auszahlen- den Stellen weitergeleitet werden . Die Abzugsverpflichtung liegt damit bei dem inlän- dischen Institut, das die Kapitalerträge gutschreibt bzw . auszahlt oder – falls die Gutschrift bzw . Auszahlung durch eine ausländische Stelle erfolgt – bei der letzten inländischen Stelle, die die Beträge an die ausländische Stelle weitergeleitet hat . Steuerausfälle sind mit dem neuen System damit ausgeschlossen . Es wurden also sämtliche gesetzliche Maßnahmen er- griffen, um dem Missbrauch bei Cum-Ex-Transaktionen zu begegnen . Vergangenheitsfälle werden immer wieder aufgedeckt und führen zu entsprechenden Steuer- und Strafzahlun- gen . Ein besonders augenfälliger Streitfall in diesem Zu- sammenhang ist die Klage von einem Steuerpflichtigen gegen die Bank Sarrasin in der Schweiz, in dem meh- rere Kläger Schadensersatz in Millionenhöhe von der Bank wegen falscher Beratung fordert . Die Bank Sarasin in Basel hatte das Cum-Ex-Vehikel im Frühling 2010 aufgebaut mit dem Ziel, dieses groß in Deutschland zu vermarkten . Jetzt sieht sich die Bank und ihr Eigentümer allerdings neben den Privatklagen auch umfänglichen Ermittlungen schweizerischer und deutscher Strafverfol- gungsbehörden ausgesetzt . Die Finanzverwaltung war immer der Auffassung, dass es sich bei diesen Geschäften nicht um ein steuer- liches Gestaltungsmodell handelt, sondern um unzuläs- sige Gestaltungen . Diese Haltung wurde auch vom BFH mehrfach bestätigt . Frühe Hinweise auf diese Handhabungen waren aller- dings so unkonkret, dass erst entsprechende Prüfungen zu den heutigen Erkenntnissen führten . Die Modelle wa- ren außerdem mit größtmöglicher Verschleierung konst- ruiert, womit eine Entdeckung äußerst schwierig war . Alle diese Sachverhalte wurden vom zuständigen Mi- nisterium auf zahlreiche Anfragen von Mitgliedern des Hohen Hauses immer wieder vollumfänglich dargestellt . Es ist nicht notwendig, diese Sachverhalte nochmals durch einen Sonderermittler prüfen zu lassen, weil es zu keiner neuen Erkenntnis führen würde . Für die Einsetzung eines Sonderermittlers gibt es kei- ne Rechtsgrundlage . Die illegalen Machenschaften wer- den von den Steuerbehörden und von der Staatsanwalt- schaft verfolgt . Es wurden auch alle Maßnahmen ergriffen, um miss- bräuchliche Gestaltungen für die Zukunft zu unterbinden und für die Vergangenheit aufzuarbeiten . Aus diesen Gründen wird dieser Antrag von uns ab- gelehnt . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Cum ex? Bei den Cum-Ex-Geschäften handelt es sich um einen der größten Fälle von Steuerbetrug in Deutschland . Einzel- ne Banken und Fonds haben aus dem Steuerbetrug ein Geschäftsmodell gemacht . Der entstandene Schaden für den Fiskus ist immens . Im Kern haben sich die Finanz- marktakteure vom Fiskus Kapitalertragsteuer erstatten lassen, die sie gar nicht bezahlt haben . Aufgrund der Komplexität und Intransparenz der Geschäfte konnten diese Machenschaften lange Zeit nicht aufgedeckt wer- den . Es bedurfte auch mehr als eines Anlaufs, um diesen Geschäften die Grundlage zu entziehen . Die Gestaltun- gen konnten erst durch eine vollständige Umstrukturie- rung des Erhebungsverfahrens der Kapitalertragsteuer abgestellt werden . Grundlage der „Geschäfte“ waren Leerverkäufe von Aktien rund um den Dividendenstichtag . Es wurde dabei ausgenutzt, dass die Stelle, die die Kapitalertragsteuer an den Fiskus abführte, und die Stelle, die die Kapita- lertragssteuerzahlung bescheinigte, auseinanderfielen. Es konnten deshalb mehrere Steuerbescheinigungen erlangt werden, die unberechtigte Erstattungsansprüche begrün- deten . In verschiedenen Gerichtsverfahren geht es inzwi- schen um die Frage, ob die „Geschäfte“ legal waren oder nicht . Die Dreistigkeit der Betrüger ist beispiellos . Sie pochen auf die Legalität der mehrfachen Erstattung einer einmal gezahlten Steuer . Einen rechtmäßigen Er- stattungsanspruch kann es aber nur auf eine zuvor durch einen Steuerabzug erhobene Kapitalertragsteuer geben . Wir sehen erneut: In einer Unkultur, in der alles als er- laubt gilt, was nicht verboten ist, gibt es praktisch keine Grenzen für die Gier – wer „den Staat“ dermaßen be- trügt, betrügt jeden seiner Nachbarn, jeden seiner Freun- de, denn alle anderen im Staat müssen für den Schaden aufkommen, also mehr Steuern bezahlen . Klaus Ott schreibt in der Süddeutschen Zeitung vom 28 . Februar 2015: Bei dieser speziellen Form des Börsenhandels muss sich der Verkäufer der Aktien dieselben erst noch beschaffen, obwohl er die Papiere bereits einem Abnehmer verbindlich zugesagt hat . Bei Cum-Ex-Leerverkäufen konnte es passieren, dass eine- und dieselbe Aktie rein formal betrachtet zwei Eigentümer hatte . Den alten Inhaber mit (Cum) Di- vidende, bei dem sich der Leerverkäufer erst noch mit den von ihm bereits weiter verkauften Papieren eindecken musste . Und den neuen Inhaber, dem der Leerverkäufer das Papier fest versprochen hatte, inklusive (Cum) einer Kompensationszahlung für die Dividende . Zwei Eigentümer, zwei Mal Cum, zumindest auf dem Papier, das bedeutete für den Fiskus bis 2012 in zahlreichen Fällen: Es gab zwei Bescheinigungen über gezahlte Dividende und die darauf fällige Kapitelertragsteuer; ausgestellt von den am Aktienhandel beteiligten Banken . Mit die- sen Bescheinigungen konnten sich beide Aktien- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12107 (A) (C) (B) (D) besitzer die Kapitalertragsteuer später vom Fiskus wieder erstatten lassen; im Wege der Verrechnung mit anderen Abgaben . Tatsächlich aber war die Di- vidende nur einmal geflossen und die darauf fällige Steuer auch nur einmal an das Finanzamt gezahlt worden . Bei Cum-Ex-Leerverkäufen im Inland war es ab 2007 nicht mehr möglich, den Fiskus auszu- nehmen . Doch eine Abwicklung über ausländische Banken machte das noch bis 2012 möglich . Grüne und Linke fordern mit ihrem Antrag – wir wer- den an die USA erinnert – die Einsetzung eines „Son- derermittlers“ zur Aufklärung dieser Cum-Ex-Geschäfte . Für die Einsetzung eines „Sonderermittlers“ gibt es aber weder eine Rechtsgrundlage noch ist sein Nutzen erkenn- bar . Allerdings kein Sonderermittler des Parlaments, sondern der Regierung . Also: Die Regierung soll einen Sonderermittler beauftragen, der gegen die Arbeit der Regierung auf der Grundlage der von der Regierung zur Verfügung gestellten Unterlagen und anschließend dem Parlament – natürlich objektiv – berichtet . Das entspricht in etwa dem naiven Aufsichtsrat, der den Vorstand ent- lastet, weil er die Vorlage des Vorstandes kritisch geprüft hat und deshalb ja 100#$#prozentig Bescheid weiß . Ist ja klar . Wenn der Vorstand das sagt . Natürlich kann ein Sonderermittler der Bundesregie- rung nur von der Bundesregierung eingesetzt werden . Und das ist ihr jederzeit und unbeschränkt möglich . Das Parlament kann das fordern, hat aber keinen Anspruch darauf . Es gibt keine Regelung, keine Rechtsgrundlage . Wir schauen mal auf den Geheimdienst-Untersu- chungsausschuss des Bundestages: Dort ging es um eine „unabhängige Vertrauensperson“ . Die Bundesregierung hatte zur Wahrung der Rechte des Untersuchungsaus- schusses (UA) dem UA den Vorschlag gemacht, einen „Sonderermittler“ einzusetzen, den der UA benennt und der dem UA dann Bericht erstattet . Eingesetzt hat ihn aber die Bundesregierung . Das war ein Kompromiss, weil die Bundesregierung nicht bereit war, den Kolleginnen und Kollegen des UA unmittelbar Akteneinsicht zu gewähren . Die Grünen ha- ben das zusammen mit den Linken gefordert . Sie haben die Vertrauensperson abgelehnt, weil sie sich aus Arti- kel 44 GG berechtigt sahen, selbst Einblick zu nehmen . In diesem Fall gehen die Grünen und Linken vehe- ment gegen einen Sonderermittler vor, obwohl dies mit ein wenig Abstraktionsvermögen eine ganz ähnliche Konstruktion ist, wie sie für die Cum-Ex-Geschäfte nun gefordert wird . Grüne und Linke wollen also selber Einsicht nehmen . Merkwürdigerweise wollen sie das bei der Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte einem „Sonderermittler“ überlas- sen, obwohl dort die Verhältnisse offen liegen . Nachfolgend sei nochmal Klaus Ott aus der SZ vom 28 .2 .1015 zitiert: Die Empörung war groß und parteiübergreifend, als der Bundestag am 15 . Januar 2015 über spezielle Börsengeschäfte mit Namen Cum-Ex diskutierte . Abgeordnete von Union und SPD, Grünen und den Linken entrüsteten sich über „skrupellose“ Metho- den . Von „Betrug“ und „Schweinerei“ war die Rede, und von einem „Raubzug“ von „Multimillionären“ . Gierige Kapitalanleger, gerissene Fondsbetreiber und abgebrühte Banker hätten, so der Tenor, syste- matisch die Staatskasse geplündert . Das sei krimi- nell gewesen . Mit der Einigkeit war es aber sofort vorbei, als die Opposition wissen wollte, warum die Bundesregierung diese Steuertricks in Milli- ardenhöhe erst 2012 endgültig unterbunden hatte, und einen Sonderermittler forderte . Union und SPD spotteten, Grüne und Linke könnten ja einen Unter- suchungsausschuss beantragen . Solch ein Ausschuss ist aber gar nicht nötig, um auf- zuklären, was schief gelaufen ist . Die Süddeutsche Zeitung hat nach dem Informations-Freiheitsgesetz (IFG), das die Bundesbehörden zu weitreichen- den Auskünften verpflichtet, Einblick in mehrere tausend Seiten umfassenden Cum-Ex-Akten des Bundesfinanzministeriums genommen. Die SZ hat zudem interne Dokumente großer Banken sowie Er- mittlungsunterlagen gesichtet und mit Akteuren auf allen Seiten gesprochen . Akten und Auskünfte ge- ben Aufschluss über das Versagen der Politik; über die fragwürdige Rolle großer Banken und weiterer Profiteure; und über die schleppende Aufklärung. So weit Klaus Ott . Wir sehen, dass die Forderung nach einem Sonderer- mittler ein wenig Marketing für die Opposition ist . Tat- sächlich ist hier eine andere staatliche Gewalt gefragt . Die Strafprozessordnung sieht die Staatsanwaltschaften als Ermittlungsorgane vor . Diese ermitteln in eigener Zuständigkeit als zur Objektivität verpflichtete Organe der Rechtspflege. Einen Sonderermittler sieht unsere Strafprozessordnung dagegen nicht vor . Der Beitrag, den ein Sonderermittler für die politische Aufklärung liefern könnte, ist unklar . Ein Mangel an Aufklärung besteht nicht . Die Bundesregierung hat parlamentarische Anfra- gen ausführlich beantwortet . Der Presse wurde umfas- sender Einblick in die Akten des Bundesfinanzministeri- ums gewährt . Klaus Ott, der für die Süddeutsche Zeitung die Vorgänge um die Cum-Ex-Geschäfte recherchiert hat, stellt dies, wie sich aus den Zitaten leicht ergibt, ausdrücklich in seinem Artikel vom 28 . Februar dieses Jahres fest . Derzeit werden verschiedene Gerichtsverfahren über die Frage der Legalität der Cum-Ex-Geschäfte geführt . Die Gestalter sind der Auffassung, dass die Cum-Ex-Ge- schäfte rechtmäßig waren und sie einen Erstattungsan- spruch hätten . Dies begründen sie damit, dass sie ein wirtschaftliches Eigentum an den Aktien erworben hät- ten . BMF vertritt dagegen Auffassung, dass unabhängig von der Erlangung eines wirtschaftlichen Eigentums an einer Aktie nur die durch Steuerabzug erhobene Kapita- lertragsteuer einmal erstattet werden könne – außerdem seien solche Geschäfte von jeher rechtswidrig gewesen und gesetzlich nicht gedeckt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512108 (A) (C) (B) (D) Die Cum-Ex-Geschäfte wurden zuletzt am Mittwoch eingehend im Finanzausschuss beraten . Konsequent, jedenfalls formal gedacht, wäre die For- derung nach einem Untersuchungsausschuss . Da Grüne und Linke auf die Einsetzung eines solchen Untersu- chungsausschusses verzichten, scheint ihr Aufklärungs- interesse doch begrenzt zu sein . Seit der Umstellung des Erhebungsverfahrens der Kapitalertragsteuer sind die betrügerischen Cum-Ex-Ge- schäfte ausgeschlossen . Versuche des Steuerbetrugs wird es leider auch in Zukunft geben . Notwendig ist deshalb die Herstellung transparenter Besteuerungsverfahren und die enge Zusammenarbeit der Finanzverwaltung über Grenzen hinweg . Die SPD wird sich auch weiterhin kon- sequent für solche Maßnahmen zur Vorbeugung und Ver- folgung von Steuerbetrug einsetzen . Richard Pitterle (DIE LINKE): Zusammen mit den Grünen fordert die Fraktion Die Linke die Einsetzung ei- nes Sonderermittlers zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Ge- schäfte . Nochmal zur Erinnerung: Bei den sogenannten Cum-Ex-Geschäften handelte es sich um Aktiengeschäf- te, durch welche der deutsche Staat und damit die Steu- erzahlerinnen und Steuerzahler von 2002 bis 2012 um geschätzt zwölf Milliarden Euro gebracht wurde . Dieser Schaden entstand, weil bei diesen Geschäften zweimal Kapitalertragsteuer vom Staat zurückerstattet oder ver- rechnet wurde, obwohl sie nur einmal gezahlt worden war . Banken und Großinvestoren lachten sich ins Fäust- chen und machten ordentlich Kasse . Ob diese Praktiken legales Ausnutzen einer Regelungslücke oder schlicht Betrug waren, ist noch nicht abschließend geklärt, aber das ist bei dem vorliegenden Antrag auch gar nicht die Frage . Die Frage ist: Warum hat die Bundesregierung und insbesondere das Bundesfinanzministerium trotz verschiedener Hinweise auf diese Geschäfte zehn Jah- re lang fast nichts unternommen, um diese Praxis zu unterbinden? Bereits 2002 kam der erste Hinweis des Bankenverbandes an das Ministerium, nichts ist pas- siert . Trifft es zu, dass es nicht nur diesen Hinweis des Bankenverbands gegeben hat, sondern zugleich die War- nung aus den Lobbykreisen davor, gesetzgeberisch ein- zugreifen, weil die Cum-Ex-Geschäfte dann nach Lon- don abwandern würden, womit der Standort Frankfurt gefährdet wäre? Diese Untätigkeit zugunsten der Finan- zindustrie hat die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zwölf Milliarden Euro gekostet, und das lassen wir so nicht durchgehen . Meine Damen und Herren von der großen Koalition, leider haben Sie in den Beratungen zu diesem Antrag kein Interesse an der Aufklärung dieses zahlenmäßig wohl größten Finanzskandals in der Geschichte der Bun- desrepublik gezeigt . Sie haben immer nur abgewiegelt, dass das Ganze ja ohnehin als Betrug zu klassifizieren und dementsprechend strafbar sei . Man müsse stattdes- sen nach vorne schauen, für die Vergangenheit sei alles geklärt . Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, das kann doch nicht Ihr Ernst sein . Selbst wenn die Gerich- te abschließend zu der Feststellung kommen, dass die Cum-Ex-Geschäfte illegal waren – das Geld der Steu- erzahlerinnen und Steuerzahler ist weg . Um nach vorne schauen zu können, muss erst mal geklärt werden, wel- che Abläufe im Ministerium und bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, strukturell diese Vorgänge befördert haben, damit sich so etwas eben nicht wiederholt . Und wenn Sie schon stets betonen, dass es sich bei den Cum-Ex-Geschäften um Straftaten han- delte, dann nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass es Aufgabe des Staates ist, Straftaten von vornherein zu ver- hindern, insbesondere, wenn diverse Hinweise auf ihre fortwährende Begehung vorliegen . In der ersten Lesung zu diesem Antrag hat der ge- schätzte Kollege Binding von der SPD immerhin ein- gestanden, dass sich hier keiner freisprechen könne und dass dieser gewaltige Schaden zulasten der Steuerzahle- rinnen und Steuerzahler unter den Augen der Politik über Jahre hinweg entstehen konnte . Ich begrüße Ihre Selbst- kritik, sehr geehrter Herr Kollege, aber wieso sehen Sie dann keinen Aufklärungsbedarf? Noch einmal: Zwölf Milliarden Euro Schaden! Zehn Jahre hat das Bundesfinanzministerium fast tatenlos zu- geschaut! Dass Sie, meine Damen und Herren von der großen Koalition, angesichts dieser Eckwerte trotzdem keinen Aufklärungsbedarf sehen wollen, ist unbegreif- lich . Geben Sie sich also einen Ruck und sorgen Sie ge- meinsam mit Grünen und Linken dafür, dass die Steu- erzahlerinnen und Steuerzahler erfahren, wie es dazu kommen konnte, dass sie um zwölf Milliarden Euro ge- bracht wurden . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zehn Jahre lang konnten Betrüger am Finanzmarkt die Bürgerinnen und Bürger unseres Land ausplündern . Schätzungsweise 12 Milliarden Euro konnten uns ge- stohlen werden, weil die verschiedenen staatlichen Stel- len nicht in der Lage waren, diese Betrügereien recht- zeitig zu stoppen. Profitiert haben die beteiligten Banken und die Millionäre, die in die entsprechenden Finanz- produkte investiert haben . Verloren haben die ehrlichen Steuerzahler, deren Geld nicht für öffentliche Leistungen verwendet, sondern ohne Gegenleistung an Millionä- re überwiesen wurde . Das ist der Skandal, der sich mit dem Stichwort Cum-Ex verbindet . Und das schlimme ist, dass das Hase-und-Igel-Spiel am Finanzmarkt unverän- dert weitergeht . Mit den Cum-Cum-Geschäften haben wir ja bereits die nächste Runde in diesem Spiel, bei der es wieder um Milliarden Euro an Steuergeld geht . Umso wichtiger ist es, dass dieser Skandal aufgeklärt wird und daraus Konsequenzen gezogen werden, damit so etwas künftig nicht mehr vorkommen kann . Die Finanzverwaltungen versuchen inzwischen, den Schaden für den Steuerzahler zu mindern . Zahlreiche zi- vilrechtliche Verfahren sind anhängig, in denen die Frage geklärt wird, wie die Geschäfte steuerlich zu behandeln sind, wer Steuern nachzahlen oder erstattete Steuer zu- rückzahlen muss . Doch die Frage, warum die Behörden eigentlich dem Treiben an den Finanzmärkten so spät auf die Spur kamen und nicht in der Lage waren, den Fiskus vor dem Betrug zu schützen, wird in diesen Gerichtsver- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12109 (A) (C) (B) (D) fahren nicht geklärt, das müssen wir politisch klären . Das fehlt bisher . Die Staatsanwaltschaften ermitteln inzwischen gegen eine Reihe von Beteiligten . Natürlich müssen diese Be- trüger bestraft werden . Ich hoffe, dass anders als in vielen anderen Fällen am Finanzmarkt tatsächlich die Verant- wortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können . Was aber die Staatsanwaltschaften nicht untersuchen, sind die Fehler aufseiten der Politik . Das zu klären, ist unsere Aufgabe . Wir müssen doch verstehen, warum wir diese Betrügereien überhaupt ermöglicht haben . Um es in einem Bild zu sagen: Wir wissen alle, dass Einbruch illegal ist . Trotzdem schließen wir unsere Türen ab, wenn wir morgens das Haus verlassen . Was würde Ihre Fami- lie Ihnen sagen, wenn Sie ihre Haustüre und ihre Fenster weit geöffnet gelassen hätten und Einbrecher ihre Woh- nung verwüstet hätten? Was müssten Sie sich anhören, wenn Sie dies nicht einmal aus Versehen gemacht hätten, sondern zehn Jahre lang, jeden Tag die Türen offen gelas- sen hätten und jeden Tag die Einbrecher bei Ihnen ein – und ausgegangen wären? Würde Ihre Familie sich damit zufrieden geben, wenn Sie auf die Gesetze hinweisen würden, dass Einbruch illegal sei? Nein, die Erwartung wäre, dass man die Türen verschließt . Genau das aber ist doch die Situation mit den Cum-Ex-Geschäften . Das Finanzministerium hat die Tür zum Finanzamt weit offen gelassen . Tag für Tag, zehn Jahre lang durften Einbre- cher die Steuergelder Ihrer und unser aller Familien aus- plündern . Niemand hat die Türe abgeschlossen, obwohl es laute Warnung gab, dass sie weit offen stand . Und die Verantwortung dafür und die Konsequenzen daraus müssen geklärt werden, damit in Zukunft das Steuergeld geschützt ist . Durch eine Gesetzesänderung wurden die Verfahren verändert, sodass heute die damaligen Trickerseien in genau dieser Form wohl nicht mehr nötig sind . Doch warum geschah das erst, nachdem schon Milliarden ver- loren waren? Im Jahr 2002 hat der Bankenverband die Bundesregierung schriftlich darauf hingewiesen, dass das System der Kapitalertragsteuer in Deutschland be- trugsanfällig sei . Banken und sehr vermögende Privat- personen könnten sich die Kapitalertragsteuer zweimal vom Fiskus erstatten lassen, obwohl sie nur einmal abge- führt worden sei . In seinem Schreiben hatte der Banken- verband nicht nur abstrakt auf eine Betrugsmöglichkeit hingewiesen, sondern diese klar beschrieben: Es ging um Leerverkäufe von Aktien während des Dividenden- stichtags, sogenannte Cum-Ex-Geschäfte . Besonders betrugsanfällig seien diese Cum-Ex-Geschäfte zwischen einer ausländischen und einer inländischen Bank . Die Bundesregierung ignorierte dieses Schreiben fünf Jahre lang. Warum? Waren das Bundesfinanzministerium und die Länderfinanzministerien so naiv, zu meinen, dass Fi- nanzmarktakteure eine solche Möglichkeit nicht nutzen würden? Oder sollte aus Gründen der Finanzmarktförde- rung möglichst nicht gegengesteuert werden? Im Jahressteuergesetz 2007 wurden Regelungen ein- geführt, die Betrügereien mittels Cum-Ex-Geschäften zwischen inländischen Banken mindern sollten . Die Bundesregierung war sich dessen bewusst, dass es sich hier nur um eine Teillösung handelte und die Betrugs- möglichkeiten durch das Gesetz nur „verringert“ wur- den, wie es in der Begründung des Finanzministeriums zum Gesetz hieß (BT Drucks . 16/2712, Anlage 3, S . 47) . Warum gelang es 2007 nicht, dem Treiben ein Ende zu machen? Das sind auch Fragen, denen wir uns im Finan- zausschuss kritisch stellen müssen . Besonders peinlich für den Staat wird es, wenn man sich die Rolle der Landesbanken anschaut . Warum haben öffentliche Banken mitgemacht beim Betrug an der Öf- fentlichkeit? Auch hier gibt es bislang keine Antworten, wie das geschehen konnte . Angesichts all dieser offenen Fragen ist es dringend erforderlich, aufzuarbeiten, was aufseiten des öffentli- chen Sektors – Bankenaufsicht, Bundeszentralamt für Steuern, Landesbanken, Landesfinanzministerien und Bundesfinanzministerium – politisch, strukturell und or- ganisatorisch schiefgelaufen ist . Wir müssen Fehler ver- stehen, sonst werden wir sie wieder machen . Die Koalition argumentiert nun widersprüchlich . Ei- nerseits wird so getan, als sei der Koalition das Thema auch sehr wichtig und nur das von uns vorgeschlagene Instrument Sonderermittler passe nicht . Andererseits gab es aber keine Bereitschaft für einen anderen Weg der Aufklärung . Wir hatten in mehreren Gesprächen in den letzten Wochen deutlich gemacht, dass wir auch für an- dere Wege der Aufarbeitung dieses Skandals bereit wä- ren . Doch die Koalition hat keinen Vorschlag gemacht, wie es denn anders gehen könnte . Das macht deutlich, was die eigentliche Position der Koalition ist – und das wurde dann in den Ausschussberatungen ja auch am Schluss ehrlich zugegeben: Die Koalition will nicht, dass hier etwas aufgearbeitet wird . Ein anderes Argument gegen unseren Antrag war: Die Unterlagen sind doch alle öffentlich . Doch das stimmt nicht . Über das Handeln oder Nicht-Handeln der Ban- kenaufsicht gibt es keine öffentlichen Informationen . Auch nicht über die interne Kontrolle bei den Landes- banken oder die Meinungsbildung zwischen Bund und Ländern . Vor allem aber ist das eine sehr komplexe Mate- rie, bei der es nicht um eine einzelne Fehlentscheidunge geht, sondern um eine ganze Phase von offenbar unzu- reichendem Handeln staatlicher Organe und Behörden . Sinnvoll wäre daher – und deshalb haben wir genau das vorgeschlagen –, dass ein sachkundiger und unabhängi- ger Experte Zugang zu den entsprechenden Dokumenten bekommt und uns die Zusammenhänge, Ursachen und die Reaktionen der Exekutive aufarbeitet und bewertet . Auf dieser Grundlage könnten wir im Finanzausschuss dann fundiert über notwendige Konsequenzen aus die- sem Skandal für Gesetzgebung und Administration dis- kutieren . In anderen Ländern, aber auch bei uns gibt es zahlreiche Vorbilder für eine solche Vorgehensweise . Ich finde es vor dem Hintergrund des entstandenen Schadens unverständlich und aus der Perspektive der ge- schädigten Bürgerinnen und Bürger unverständlich, dass Sie sich einer solchen konstruktiven Vorgehensweise verweigern . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512110 (A) (C) (B) (D) Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automa- tischen Austausch von Informationen über Fi- nanzkonten – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkon- ten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze – des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abgeltungsteuer abschaffen – des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transparenz bei Kapitaleinkommen stärken – Automatischen Austausch von Infor- mationen über Kapitalerträge auch im Inland einführen (Tagesordnungspunkt 19 a bis d) Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Bei der Be- kämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermei- dung gehen wir heute einen weiteren – grundlegenden – Schritt voran . Bei der Bekämpfung der illegalen Steuerhinterzie- hung – das sind Fälle wie Hoeneß oder Alice Schwarzer – sind wir einen ganz wesentlichen Schritt vorangekom- men . Im Oktober vergangenen Jahres haben insgesamt 51 Staaten hier in Berlin die multilaterale Vereinbarung über den automatischen Informationsaustausch über Fi- nanzkonten unterzeichnet, die maßgeblich durch diese Bundesregierung initiiert wurde . Danach werden ab 2017 die Steuerbehörden in den Unterzeichnerstaaten in einem automatisierten Verfahren Kontoinformationen von den in ihrem Staat oder Gebiet ansässigen Banken und Fi- nanzdienstleistern erhalten, und sie werden diese Daten untereinander austauschen . Das ist ein grundlegender Schritt im Kampf gegen Steuerhinterziehung . Länder, die sich daran beteiligen, stehen als Fluchtort für Kapitalver- mögen nicht mehr zur Verfügung . Dazu beraten wir heute zwei Gesetzentwürfe, mit denen der automatische Informationsaustausch über Fi- nanzkonten in Steuersachen mit den anderen EU-Mit- gliedstaaten und Drittstaaten ab 2017 in Deutschland umgesetzt wird . Mit der Mehrseitigen Vereinbarung verpflichten sich die Vertragsparteien, die in dieser Vereinbarung bezeich- neten und für das Besteuerungsverfahren in den ande- ren Vertragsstaaten erforderlichen Informationen über Finanzkonten regelmäßig zu erheben und dem anderen Vertragsstaat automatisch zu übermitteln . Mit dem Ge- setz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze soll die Anwendung des Gemeinsamen Meldestandards für den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden geregelt werden . Es wird ein eigenes Stammgesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen geschaffen . Informationen sollen aber nur mit den Län- dern ausgetauscht werden, die unsere hohen deutschen Datenschutzstandards erfüllen . Dazu wird Deutschland eine besondere Datenschutzklausel bei der OECD hin- terlegen . Durch den jährlichen Informationsaustausch wird es für die Finanzbehörden künftig einfacher, für eine ge- rechte Besteuerung zu sorgen . Indem wir bestehende Steueransprüche durchsetzen, sichern wir die Grundla- gen unseres Gemeinwesens . Unser Bildungswesen, unse- re Verkehrsinfrastruktur, unsere innere Sicherheit, unsere hohe soziale Absicherung – all das hängt davon ab, dass die öffentlichen Haushalte zuverlässig und auskömmlich finanziert sind. Niemand soll sich auf Kosten der Allge- meinheit seiner Steuerpflicht entziehen können. Wir haben aber nicht nur die illegale Steuerhinterzie- hung im Blick, sondern genauso die Probleme legaler Steuervermeidung, vor allem durch international tätige Konzerne . Gemeinsam mit seinem britischen Kollegen hat Fi- nanzminister Schäuble dazu bereits vor vier Jahren auf Ebene der G 20 und im Rahmen der OECD das internati- onale Projekt „Gegen die Aushöhlung von Steuerbemes- sungsgrundlagen und Gewinnverlagerung“ (Base Eros- ion and Profit Shifting – kurz BEPS) initiiert. Ziel des BEPS-Projekts ist es, international abgestimmte Stan- dards zu vereinbaren, um die Möglichkeiten multinati- onal tätiger Unternehmen zur kreativen Steuergestaltung zu begrenzen . Es ist ein veritabler Erfolg, dass Anfang Oktober in Lima die abschließenden Berichte zu BEPS vorgestellt werden . Die nationale Umsetzung steht dann unmittelbar an . Mit dem automatischen Informationsaustausch und der BEPS-Initiative gehen wir deshalb gleichermaßen entschieden gegen Steuerbetrug und legale Steuerver- meidung vor . Die Anträge der Opposition lehnen wir ab . Es bedarf keiner schrankenlosen Transparenz über alle Kapitaleinkünfte und keiner weiteren Lockerung des Bankgeheimnisses . Die Finanzbehörden – das ist entscheidend – werden die Informationen über Kapital- einkünfte im Ausland durch den Informationsaustausch umfassend erhalten . Im Inland werden Kapitaleinkünfte bereits heute durch die flächendeckende Kapitalertrag- steuer erfasst. Schlupflöcher bestehen nicht, denn die Kapitalertragsteuer wird automatisch durch die Banken erhoben und in anonymisierter Form an die Finanzver- waltung abgeführt . Eine Abschaffung der Abgeltungsteuer steht jetzt nicht zur Debatte . Zwar erklären sich immer mehr Staaten zum Informationsaustausch über Kapitaleinkünfte bereit, noch ist aber nicht gesichert, dass wir alle Auslandsein- künfte erfassen können . Im Interesse der Wettbewerbsfä- higkeit unseres Finanzstandortes, der damit verbundenen Arbeitsplätze sowie der daran anknüpfenden Steuerein- nahmen ist die Abgeltungsteuer sinnvoll und richtig . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12111 (A) (C) (B) (D) Andreas Schwarz (SPD): Die vorliegenden Umset- zungsgesetze zum automatischen Informationsaustausch sind ein Meilenstein in der Bekämpfung der Steuerkri- minalität . Seit vielen Jahrzehnten diskutiert die Politik, wie man Steuerhinterziehern auf die Schliche kommt, die ihre Zinsgewinne vor dem Fiskus im Ausland verstecken . Steuerbetrug kann auch mit nationaler Gesetzgebung wirksam bekämpft werden . Das haben wir mit der Ver- schärfung der strafbefreienden Selbstanzeige im vergan- genen Jahr eindrucksvoll unter Beweis gestellt . Bereits die Ankündigung, die Bedingungen für die Selbstanzeige ab 1 .1 .2015 zu verschärfen und vor allem deutlich teurer zu machen, hat im letzten Jahr über 40 000 Steuerflüchti- ge dazu bewogen, sich selbst anzuzeigen . Auch in diesem Jahr wird mit rund 20 000 Selbstanzeigen gerechnet . Das war in dieser Höhe nicht unbedingt zu erwarten . Trotz dieses großen Erfolges eines nationalen Geset- zes: Steuerhinterziehung ist mit nationalstaatlicher Ge- setzgebung alleine nicht beizukommen . Das erreichen wir nur durch internationale Zusammenarbeit . Bereits am 13 . Oktober 1931 hatte der damalige sozial- demokratische Reichstagsabgeordnete Dr . Rudolf Breit- scheid in einem Antrag die Reichsregierung Brüning auf- gefordert – ich zitiere –, „der frevelhaften Kapital- und Steuerflucht deutscher Staatsangehöriger“ zu begegnen. Breitscheid forderte die damalige Reichsregierung auf, ich zitiere–, „über eigene gesetzgeberische Maßnah- men zur Bekämpfung der Steuer- und Kapitalflucht hinaus in Verhandlungen mit den Regierungen anderer Staaten einzutreten mit dem Ziele, eine internationale Rechtshilfe gegen Kapital- und Steuerfluchthandlungen zu vereinba- ren“ . Dieses über 80 Jahre alte Zitat drückt sehr gut aus, um was es geht . Es bedarf nationaler, aber vor allem auch internationaler Gesetze und Vereinbarungen, um Steuer- kriminalität wirksam bekämpfen zu können . Es fehlte viel zu lange an dieser unerlässlichen inter- nationalen Zusammenarbeit, wobei wiederum nicht jedes internationale Abkommen zielführend sein muss . Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen ist so ein Bei- spiel . Bei Inkrafttreten dieses Abkommens wären sämt- liche Steuerhinterzieher anonym und straffrei geblieben . Das haben wir damals aus guten Gründen zum Glück verhindern können . Aber was wurde in den letzten Jahrzehnten tatsächlich auf internationaler Ebene unternommen, um ein wirksa- mes Instrument zur Aufdeckung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung zu schaffen? 1962 erarbeitete Fritz Neumark im Auftrag der EG-Kommission ein Konzept, das die EG-weite Ein- führung einer einheitlichen anrechenbaren Quellensteu- er sowie einen gemeinschaftlichen Auskunftsdienst für eine wirksame Steuerkontrolle vorsah . Realisiert wurde es nicht . 1989 war der Vorschlag der Europäischen Kommissi- on, eine Quellensteuer in Höhe von 15 Prozent auf die Zinserträge ausländischer Anleger einzuführen, von den Mitgliedstaaten mehrheitlich abgelehnt worden . Es dauer- te viele weitere Jahre, bis dann im Juni 2003 die EU-Zins- richtlinie verabschiedet wurde . Nach einigen Verzöge- rungen trat sie im Juli 2005 in Kraft . Lediglich Belgien, Österreich und Luxemburg scherten aus und erhoben zur Wahrung ihres Bankgeheimnisses eine Quellensteuer . Es hat also über 40 Jahre gedauert, bis endlich ein Instru- ment für eine effektive Besteuerung grenzüberschreiten- der Zinszahlungen zur Verfügung stand . Über 40 Jahre! In der heutigen Zeit kommt es aber vor allem bei den Kapitalströmen entscheidend darauf an, dass wir schnell reagieren, wenn wir einen Missstand beheben wollen . Mit der Umsetzung der Mehrseitigen Erklärung spitzen wir nicht nur den Mund, wir pfeifen auch . Denn bereits ein knappes Jahr nach der Unterzeichnung der Mehrsei- tigen Erklärung Ende Oktober 2014 schaffen wir nun die gesetzlichen Grundlagen für die Anwendung des OECD-Standards . Für diese Leistung spreche ich allen Beteiligten meinen herzlichen Dank aus . Die im Jahre 2014 überarbeitete Zinsrichtlinie ist ein guter Zwischenschritt zum Automatischen Informations- austausch nach OECD-Standard . Ein Zwischenschritt deshalb, weil der OECD-Standard weiter geht als die EU-Zinsrichtlinie . Denn künftig werden zum Beispiel auch Beteiligungs- und Veräußerungserträge erfasst . Mit der Ratifizierung der Mehrseitigen Vereinbarung von Ende Oktober 2014 über den automatischen Aus- tausch von Informationen über Finanzkonten nach dem OECD-Standard und dem Finanzkonten-Informations- austauschgesetz, das die Anwendung des Gemeinsamen Meldestandards für diesen automatischen Informations- austausch über Finanzkonten mit den EU-Mitgliedstaa- ten auf Grundlage der EU-Amtshilferichtlinie sowie mit Drittstaaten auf Grundlage der Mehrseitigen Vereinba- rung regelt, kommen wir endlich den globalen Erfor- dernissen nach . Von Januar 2016 an werden die teilneh- menden Staaten Daten über Konten erheben, die diese ab September 2017 untereinander austauschen . Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt ausdrücklich, dass es für unsere Steuerbehörden somit künftig deut- lich einfacher wird, die notwendigen Informationen über Privatkonten deutscher Staatsbürger von ausländischen Steuerbehörden zu erhalten . Die Übermittlung der Finanzkonten-Daten sind uner- lässlich, um Steuerflucht noch wirksamer zu bekämpfen und damit dem Staat die Mittel zukommen zu lassen, die er für die Erfüllung seiner Aufgaben dringend braucht . Das damit einhergehende faktische Ende des Bankge- heimnisses war unumgänglich . Es diente in den vergan- genen Jahrzehnten leider allzu oft als Deckmantel für Steuerhinterziehung . Damit wird jetzt endlich Schluss gemacht . Steuerhinterziehung darf sich nicht lohnen . Es lohnt sich deshalb nicht, weil die Gefahr erwischt zu wer- den immer größer wird . Mit dem neuen OECD-Standard existiert jetzt ein neues Instrument zur Aufdeckung von Steuerstraftaten, das hoffentlich auch dem Letzten klar macht, welche Stunde es geschlagen hat . Ich komme zum Schluss . Die Bekämpfung von Steu- erbetrug bedeutet für uns Sozialdemokraten immer auch ein Stück Steuergerechtigkeit . Mit der heutigen ersten Lesung und der endgültigen Verabschiedung am 13 . No- vember kommen wir auch hier wieder ein gutes Stück voran . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512112 (A) (C) (B) (D) Richard Pitterle (DIE LINKE): Vor einem Jahr wur- de das völkerrechtliche Abkommen über den Austausch von Kontodaten zwischen Finanzbehörden der Unter- zeichnerstaaten geschlossen . Ziel des Abkommens ist es, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung durch die Nutzung von Konten im Ausland zu bekämpfen . Das Abkommen gibt den Steuerbehörden die Möglichkeit, Auslandskonten durch einen Datenaustausch weltweit nachzuspüren . Dieses Abkommen erfüllt eine langjährige Forderung der Linken . Wir werden daher das Zustimmungsgesetz zum Abkommen selbstverständlich unterstützen . Was uns der Bundesfinanzminister darüber hinaus zur Beratung vorgelegt hat, verdient nicht einmal die Note ungenügend . Mit dem Finanzkonten-Informationsaus- tauschgesetz soll der vereinbarte Datenaustausch gesetz- lich geregelt werden . Die Stümperhaftigkeit dieses Wer- kes lässt mich fassungslos und ratlos zurück . Es ist eine Ansammlung 1:1 kopierter Textpassagen aus der EU-Amtshilferichtlinie und dem Abkommen . So ist zum Beispiel § 25 des Gesetzentwurfes - mit der schon unverständlichen amtlichen Überschrift „Trusts, die passive NFEs sind“ - der Text der Nr . 5 Anhang II der EU-Amtshilferichtlinie . Der strukturlose Entwurf wim- melt von unverständlichen Formulierungen, Doppelun- gen und Leerplätzen. Unzählige Definitionen sind völlig sinnfrei: Ein „Neukonto natürlicher Personen“ ist überra- schend definiert als „ein Neukonto, dessen Inhaber eine natürliche Person ist“ . Ein „passiver NFE“ ist ein „NFE, der kein aktiver NFE ist“ . Offenkundig ist im Bundesfinanzministerium we- der das vom Bundesjustizministerium herausgegebene Handbuch der Rechtsförmlichkeit noch die seit 2009 be- stehende Sprachberatung in den Bundesministerien für verständliche Gesetze bekannt . Im Vorwort zum Hand- buch der Rechtsförmlichkeit heißt es mahnend: „Es geht aber nicht nur darum, dass eine Vorschrift juristisch stim- mig ist . Wenn sie die Bürgerinnen und Bürger, die Unter- nehmen und die Rechtsanwender erreichen soll, muss die Norm auch übersichtlich gestaltet, klar und verständlich formuliert sein“ . Nichts, aber auch gar nichts davon er- füllt dieser Entwurf! Auch scheint das Bundesfinanzministerium nicht zu wissen, dass Richtlinien und völkerrechtliche Verträge weder nach ihrer Entstehungsgeschichte, ihrer Struktur noch nach ihrer Zielgruppe überhaupt dazu geeignet sind, wörtlich übernommen zu werden . Das nationale Recht ist den Richtlinien anzupassen und hat völkerrechtliche Verträge umzusetzen . Verbindlich ist das Ziel, nicht die Form . So steht es im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union . Schon formell ist das Gesetz handwerklich ein Total- schaden und so miserabel, dass sich die Fehler in unse- rem Haus nicht mehr beheben lassen . Ich habe aber auch inhaltliche Bedenken . Als Finanz- politiker streite ich für maximale Transparenz im Kampf gegen die Steuerhinterziehung . Als Rechtspolitiker sehe ich, dass der automatische Datenaustausch Fragen des Datenschutzes - und damit Grundrechte - vital berührt . Bei der Unterzeichnung des Abkommens hat die Bun- desrepublik zwar die Verwendung der Daten für andere Zwecke als die Besteuerung untersagt und die Zustim- mung an die Wahrung des Datenschutzes geknüpft . Nur finden diese richtigen Beschränkungen keinen Nieder- schlag im Ausführungsgesetz . Mit dem Gesetz werden Finanzinstitute verpflichtet, Daten - wie zum Beispiel Namen, Geburtsort, Geburtstag, Steuernummer, Konten- salden, Zinsen - zu erheben und an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln . Dieses speichert und über- trägt die Daten automatisch auf Abruf ins Ausland . Der automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten ist damit die anlasslose Vorratsdatenspei- cherung im Steuerrecht. Ich bezweifle, dass der Entwurf der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesverfas- sungsgerichtes zur Vorratsdatenspeicherung und zum automatisierten Kontenabruf gerecht wird . Ich sehe im Entwurf keine klaren und präzisen Regelungen hinsicht- lich der Datensicherheit, der Datenverwendung, der Transparenz und des Rechtsschutzes . Ich sehe auch keine Regelungen, die einen wirksamen Schutz personenbezo- gener Daten vor Missbrauchsrisiken, vor unberechtigtem Zugang und unberechtigter Nutzung gewährleisten . Ein Schutz, der bei einer Vielzahl von Unterzeichnerstaaten mit völlig unzureichendem Datenschutzniveau zwingend ist . Abschließend lassen Sie mich erneut für die Abschaf- fung der Abgeltungssteuer werben . Lieber „25 Prozent von X, statt 42 Prozent von nix“ ließ der damalige Bun- desfinanzminister Steinbrück verlauten. Der tragende Grund für die Abgeltungssteuer war die Angst vor einer Kapitalflucht ins Ausland. Mit der Umsetzung des Ab- kommens entfällt dieser Grund . Lassen Sie uns endlich mehr Steuergerechtigkeit herstellen und Kapitalerträge in Zukunft wenigstens genauso besteuern wie Arbeits- einkommen . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Ein- führung des automatischen Informationsaustauschs for- dern wir Grüne im Bundestag seit vielen Jahren . Finanz- minister Schäuble hat sich solch einem automatischen Informationsaustausch lange verweigert . Indem er mit der Schweiz ein auf Anonymität basierendes Steuerab- kommen aushandelte bewies er, dass ihm nichts an ei- nem automatischen Informationsaustausch lag . Erst die rot-grüne Ablehnung dieses Abkommens im Bundesrat hat den Weg für den automatischen Informationsaus- tausch frei gemacht . Ohne unseren Einsatz würden wir heute diesen Gesetzentwurf nicht diskutieren . Die Einführung des automatischen Informationsaus- tauschs ist nur ein erster Schritt hin zu einem gerechte- ren Steuersystem, das Steuerhinterziehung konsequent unterbindet . Meine Fraktion bringt daher zwei Anträge zu dem vorliegenden Gesetzentwurf ein, mit denen wir weitere notwendige Schritte einfordern . Mit dem ersten Antrag fordern wir die längst überfälli- ge Abschaffung der Abgeltungsteuer . Von Anfang an war die Abgeltungsteuer ungerecht und verfassungsrechtlich zweifelhaft, weil sie Kapitaleinkünfte gegenüber zum Beispiel Arbeitseinkommen stark privilegiert . Die steu- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12113 (A) (C) (B) (D) erliche Begünstigung von Fremdkapital gegenüber Ei- genkapital führte zudem zu ökonomischen Verzerrungen bei der Finanzierung und Investitionstätigkeit von Unter- nehmen . Die einzige Begründung für die Abgeltungsteuer war, dass die deutsche Regierung vermeintlich keine Hand- habe gegen illegale Kapitalflucht ins Ausland hatte. Die damalige Bundesregierung kapitulierte und machte den Steuerflüchtigen das Angebot: Ihr bleibt mit eurem Ver- mögen in Deutschland, versteuert eure Kapitalerträge, aber nicht mehr mit bis zu 45 Prozent progressiv, son- dern anonym und linear mit 25 Prozent . Dieser Steuer- satz gilt selbst bei Kapitaleinkünften in Millionenhöhe . Schon die vielen Steuerhinterziehungsskandale wie zum Beispiel Swiss-Leaks, Commerzbank-Leaks und der Fall Uli Hoeneß zeigen deutlich, dass diese Rechnung nie aufging . Auch 25 Prozent sind zu hoch, wenn man woanders gar keine Steuern zahlt . Mit Einführung des automatischen Informationsaustauschs mit allen wichti- gen internationalen Finanzzentren ist die Begründung für die Abgeltungsteuer endgültig hinfällig . Es besteht eine Handhabe gegen Steuerhinterziehung . Im Vergleich zu Arbeitseinkommen liegt der Steuer- satz bei Kapitaleinkünften durch die Abgeltungsteuer um bis zu 20 Prozent niedriger . Das verstößt nicht nur gegen jegliches Gerechtigkeitsempfinden, es verstößt auch ge- gen den Gleichheitsgrundsatz . Spätestens mit der Einfüh- rung des automatischen Informationsaustauschs besteht keine Rechtfertigung mehr für diese steuerliche Begüns- tigung von Kapitaleinkünften . Die Abgeltungsteuer wird somit verfassungswidrig . In unserem Antrag fordern wir daher, dass Kapitaleinkünfte noch in dieser Legislatur- periode dem progressiven Einkommensteuertarif unter- worfen werden . In unserem zweiten Antrag „Transparenz von Kapi- taleinkommen“ setzen wir uns dafür ein, dass deutsche Banken verpflichtet werden, sämtliche Kapitalerträge an die Finanzbehörden zu melden, unabhängig davon, wo der Konteninhaber ansässig ist . Denn für die Frage der Transparenz bei Kapitaleinkommen ist eine Unterschei- dung von ausländischen und inländischen Inhabern deut- scher Konten nicht gerechtfertigt . Spätestens wenn die Abgeltungsteuer abgeschafft ist und Kapitaleinkommen wieder im Rahmen der Einkom- mensteuer erklärt werden, brauchen die Finanzbehörden mehr Befugnisse, um die Richtigkeit der Steuererklärun- gen überprüfen zu können . Die einfachste und gerech- teste Lösung ist dabei ein automatischer Informations- austausch zwischen Banken und Finanzbehörden auch im Inland . Die Meldung sämtlicher Kapitalerträge hätte zum einen den Vorteil, dass die Banken die Ansässigkeit der Kunden nicht mehr aufwendig prüfen müssen, wie es im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen ist . Zum anderen wäre die Besteuerung der Kapitalerträge in Deutschland weitestgehend sichergestellt, wenn die Finanzbehörden automatisch Informationen über die Ka- pitalerträge erhalten . Bei Arbeitseinkommen ist es selbst- verständlich, dass die Löhne vom Arbeitgeber an das Fi- nanzamt gemeldet werden . Wir sehen keinen Grund für die Ungleichbehandlung von Löhnen und Zinsen – hier völlige Transparenz, dort völlige Verschwiegenheit . Die Daten müssen natürlich durch das strikte deutsche Steu- ergeheimnis geschützt werden, um sicherzustellen, dass diese Daten nicht für andere Zwecke verwendet oder an andere Stellen weitergeleitet werden . In den vergangenen Jahren erlebten wir eine Vielzahl an Steuerhinterziehungs-Skandalen, die das Verstecken von Geldern in Steuersümpfen, auf Offshore-Konten oder in Offshore-Firmen zum Hintergrund hatten . Be- zeichnend war, dass die Informationen zu den Steuer- betrügern nicht auf offiziellem Wege zugänglich waren, sondern zufällig durch Datenlecks an die Öffentlichkeit gelangten . Dass die Zahl der Selbstanzeigen während der Berichterstattung über diese Steuerskandale signifikant gestiegen ist, macht deutlich: Nicht die Anonymität von Konten oder gar die Begünstigung von Kapitalerträgen durch eine Abgeltungsteuer führen zu Steuerehrlichkeit bei Steuerbetrügern, sondern ein hohes Entdeckungsri- siko . Ein automatischer Informationsaustausch für sämt- liche Kapitalerträge in Verbindung mit der Abschaffung der Abgeltungsteuer wird die Entdeckungsgefahr erhö- hen . Das ist ein großer Fortschritt im Kampf gegen Steu- erhinterziehung . Einige offensichtliche Schwächen enthält aber auch der vorliegende Gesetzentwurf . Ein mit Vorsatz begange- ner Verstoß gegen die zukünftigen Meldeverpflichtungen der Banken soll lediglich als Ordnungswidrigkeit gelten, die mit maximal 5 000 Euro Geldbuße geahndet wird . Es ist abzusehen, dass von dieser Regelung keine große Abschreckungswirkung ausgeht . Dass wir in Deutsch- land kein Unternehmensstrafrecht haben, darf nicht dazu führen, dass vorsätzlich gegen die Vorschriften handeln- de Personen nicht strafrechtlich belangt werden . Hier bedarf es unbedingt einer Klarstellung oder aber einer Verschärfung der Straf- und Bußgeldvorschriften . An- dernfalls gleicht diese Regelung eher einer Einladung, Konteninformationen von zum Beispiel politisch expo- nierten Personen weiterhin vorsätzlich nicht zu melden . Auch die Regelung, nach der es gerade die Banken selbst sind, die die Ansässigkeit der Konteninhaber und Melde- pflicht prüfen sollen, lässt viel Spielraum für Steuerhin- terziehung . Bei fehlender Strafandrohung darf vermutet werden, dass diese Prüfung eher lax ausfällt . Zielführen- der wäre eine Überprüfung durch die Finanzämter . Weiterhin dürfen wir natürlich nicht vergessen: Es ist gut, dass bisher fast 100 Länder beim automatischen Informationsaustausch mitmachen . Aber das bedeutet eben auch, dass ungefähr 100 Staaten noch fehlen . Der automatische Informationsaustausch wirkt umso besser gegen Steuerhinterziehung, wenn weltweit alle Staaten mitmachen . Deshalb muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass sich die Zahl der Teilnehmerstaaten weiter erhöht . Mit unseren Anträgen wollen wir das deutliche Sig- nal setzen, dass wir beim internationalen automatischen Informationsaustausch nicht stehen bleiben dürfen und auch zu Hause unsere Hausaufgaben machen sollten . Zusätzlich zur Einführung des automatischen Informati- onsaustausches ist die Abgeltungsteuer abzuschaffen und eine Meldepflicht für sämtliche Kapitalerträge unabhän- gig von der Ansässigkeit der Konteninhaber einzuführen . Dadurch erfolgt die Besteuerung von Kapitalerträgen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512114 (A) (C) (B) (D) nicht mehr anonym und steuerbegünstigt, sondern pro- gressiv nach der tatsächlichen Leistungsfähigkeit . Dr. Michael Meister, Parl . Staatssekretär beim Bun- desminister der Finanzen: Die Welt hat sich durch mo- derne Kommunikationstechnologie maßgeblich gewan- delt; sie hat sich vernetzt . Damit ist es leichter geworden, Gelder innerhalb kürzester Zeit auf andere Kontinente zu verschieben und damit auch vor nationalen Steuerbehör- den zu verbergen . Es war daher ein großer Erfolg unserer Politik, als sich fast genau vor einem Jahr hier in Berlin über 50 Staaten und Gebiete mit der Unterzeichnung der Mehrseitigen Vereinbarung zu dem OECD-Standard zu Transparenz und effektivem Informationsaustausch für Besteuerungs- zwecke bekannt und sich entsprechend verpflichtet ha- ben, diesen umzusetzen . Inzwischen sind es übrigens schon 61 Staaten und Gebiete und es werden immer mehr . Der grenzüberschreitende Steuerbetrug und die gren- züberschreitende Steuerhinterziehung haben die einzel- nen Staaten in den zurückliegenden Jahren vor erhebli- che und von den einzelnen Ländern nicht mehr allein zu bewältigende Herausforderungen gestellt . Steuergerech- tigkeit und die Gewährleistung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sind unabdingbare Voraussetzungen für ein funktionierendes Gemeinwesen und einen handlungsfä- higen Staat . Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den nationalen Steuerbehörden ist daher unerlässlich, um die ordnungsgemäße Ermittlung der Steuerpflicht zu gewährleisten und damit internationale Steuerhin- terziehung zu bekämpfen . Dabei kommt insbesondere der Schaffung von Transparenz in Steuerangelegenhei- ten und dem automatischen Informationsaustausch eine entscheidende Rolle zu . Das ist ein neues wichtiges In- strument im Bereich der internationalen Amtshilfe . Wir schaffen hierdurch mehr Transparenz und mehr Fairness für unsere globalisierte Welt im 21 . Jahrhundert . Die Bundesregierung wird sich im Rahmen dieses vorgesehenen Informationsaustauschs weiter dafür ein- setzen, dass eine möglichst große Anzahl von Staaten an diesem Informationsaustausch teilnehmen wird . Nur so ist es möglich, weltweit einen einheitlichen internationa- len Standard für einen fairen internationalen Steuerwettbewerb zu schaffen . Steuerhinterziehung kann letztlich nur auf globaler Ebene wirkungsvoll be- kämpft werden . Aufgrund der vorliegenden Mehrseitigen Vereinba- rung erhalten deutsche Finanzbehörden künftig von den anderen Unterzeichnerstaaten Informationen, die zur Si- cherung und dem Erhalt deutschen Steuersubstrats bei- tragen . Ein erster Informationsaustausch ist bereits in 2017 vorgesehen . Durch das Vertragsgesetz soll dieses Abkommen die Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften erhal- ten . Die von der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich geprägte Mehrseitige Vereinbarung zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten ist ein weiterer wesentlicher Beitrag in unseren Bemühungen um einen internationalen fairen Steuerwettbewerb, der eben nicht auf Verzerrungen und mangelnde Transparenz aufbaut . Nicht zuletzt unsere Bemühungen im Rahmen des G20-Prozesses haben dazu geführt, dass es zu einer be- schleunigten Umsetzung des bei der OECD entwickelten einheitlichen Common Reporting Standard zum Infor- mationsaustausch für Besteuerungszwecke gekommen ist . Die Bundesregierung wird sich für eine rasche Ent- wicklung von wirksamen Einzelregelungen auf der Grundlage der Mehrseitigen Vereinbarung einsetzen . Hierzu zählt auch der vorliegende eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von In- formationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze . All diese Gesetze dienen der konsequenten nationalen Umsetzung der von uns einge- gangenen völkerrechtlichen Verpflichtung zum interna- tionalen Informationsaustausch . Hierdurch soll national gewährleistet werden, dass wir der durch die Zeichnung der Mehrseitigen Vereinbarung eingegangenen völ- kerrechtlichen Verpflichtung zum ersten Informations- austausch ab 2017 nachkommen . Durch dieses Gesetz werden daher deutsche Finanzinstitute verpflichtet, die entsprechenden Informationen an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln . Das Bundeszentralamt für Steuern leitet diese Informationen dann an die Staaten weiter, die diese Informationen für eigene Steuerzwecke benötigen . Ich möchte nicht verhehlen, dass der vorgegebene Zeitplan sowohl in rechtlicher als auch in technischer Hinsicht sehr ambitioniert ist . Das Bundesministerium der Finanzen arbeitet daher in enger Zusammenarbeit mit dem Bundeszentralamt für Steuern mit Hochdruck an der rechtzeitigen technischen Implementierung des Stan- dards . Wir sind davon überzeugt, die vorgegebenen An- forderungen zeitgerecht umzusetzen . Dies gilt auch für die Umsetzung durch die von dem vorliegenden Gesetz verpflichteten Finanzinstitute. Mit den Gesetzesentwürfen wird der automatische internationale Informationsaustausch in Steuerangele- genheiten als effizientes und wirkungsvolles Instrument der Verwaltungszusammenarbeit in der Bundesrepublik Deutschland implementiert und stellt einen Pfeiler für unsere Brücke zu mehr internationaler Steuergerechtig- keit dar . Von Beginn an war dabei auch der Schutz der im Rah- men des automatischen Informationsaustauschs zu über- mittelnden Daten ein wesentliches Anliegen der Bundes- regierung . Sowohl bei den Beratungen auf OECD-Ebene als auch bei der Erstellung des Gesetzentwurfs wurde dafür Sorge getragen, dass die Sicherheit und der Schutz dieser personenbezogenen Daten gewährleistet werden . Die Bundesrepublik Deutschland wird durch die Hinter- legung einer sehr umfangreichen Erklärung zu Verwen- dungsbeschränkungen und Datenschutzbestimmungen gewährleisten, dass Informationen, die ein anderer Staat von Deutschland erhält, dem gleichen datensicherheits- rechtlichen Schutz unterliegen, wie Daten die wir von an- deren Staaten erhalten . Zudem stellt die Erklärung klar, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12115 (A) (C) (B) (D) dass die von der Bundesrepublik Deutschland übersand- ten Daten nicht für Zwecke verwandt werden dürfen, die gegen den „Ordre public“ der Bundesrepublik Deutsch- land verstoßen . Zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Abgeltungsteuer abschaffen) Ein abschließendes Wort zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass eine Evaluierung der Notwendigkeit der Abgeltungsteuer erst vorgenommen werden sollte, wenn der internationale Informationsaustausch über Fi- nanzkonten etabliert ist und wirksam umgesetzt wurde . Zieldatum für die Umsetzung des automatischen Infor- mationsaustausches ist 2017 . Die Frage der Evaluierung der Abgeltungsteuer stellt sich vor diesem Hintergrund derzeit nicht .“ Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Tagesordnungspunkt 20) Steffen Kanitz (CDU/CSU): Mir ist wichtig, dass wir in Deutschland eine tragfähige und verantwortungsvolle Gesamtstrategie der nuklearen Entsorgung entwickeln . Dafür müssen wir in Sachen sichere Endlagerung in Deutschland endlich weiterkommen . Alles andere wäre weder im Sinne der Sicherheit noch im Sinne der Wirt- schaftlichkeit und damit auch nicht im Sinne der jungen Generation. Beide Prinzipien finden sich übrigens im Standortauswahlgesetz . Wir täten gut daran, diese zu be- herzigen . Die nationale Entsorgungsstrategie im Nuklearbe- reich wird maßgeblich von den Empfehlungen der End- lagerkommission mitbestimmt, die diesem Parlament bis Mitte 2016 ihren Abschlussbericht vorlegen wird . Denn das Nationale Entsorgungsprogramm steht explizit unter Revisionsvorbehalt der Ergebnisse dieser Kommission . Um das Ziel eines tragfähigen Gesamtkonzeptes zu erreichen, muss die Endlagerkommission ihren Arbeits- auftrag stringent und pünktlich abarbeiten . Aber die End- lagerkommission ist eben nur ein Meilenstein auf dem Weg zu einer erfolgreichen Gesamt-Entsorgungsstrate- gie . In der Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik wird derzeit im Nuklearbereich nicht nur die Arbeit der End- lagerkommission diskutiert, sondern auch Stresstests, Rückstellungen, Unternehmensabspaltungen, mögliche Atomstiftungen und zuletzt insbesondere ein mögliches Nachhaftungsgesetz . Leider geht in der öffentlichen De- batte dabei vieles durcheinander . Mein Appell ist: Lassen Sie uns die verschiedenen Prozesse im Nuklearbereich miteinander denken: Wenn wir es ernst meinen mit einem vernünftigen Gesamtkon- zept für den Ausstieg aus der Kernenergie, dann müssen wir systematisch vorgehen und nicht das Pferd von hin- ten aufzäumen . Es gibt offene Fragen, die wir zügig und in der richtigen Reihenfolge klären müssen . Um diese noch offenen Fragen zu klären haben wir drei Prozesse in Gang gebracht: Erstens . Wir haben die noch laufende Endlagerkom- mission eingerichtet, die bis Mitte 2016 Empfehlungen für das Verfahren einer neuen Endlagersuche formulieren wird . Das ist auch für die Frage eines Nachhaftungsge- setzes relevant . Denn von dem noch festzulegenden Ver- fahren wird auch der Kostenrahmen der Endlagersuche abhängen . Dieser hängt maßgeblich von der Frage ab, wie viele potenzielle Endlagerstandorte erkundet werden sollen . Erst wenn der Kostenrahmen feststeht, wird man wirklich beurteilen können, ob die 39 Milliarden Euro an Rückstellungen, die die Kernkraftwerkbetreiber bis- her gebildet haben, ausreichen werden . Solange wir das nicht wissen, können wir auch nicht mit dem Finger auf die Unternehmen zeigen und kritisieren, dass die Rück- stellungen nicht ausreichen . Das macht für mich keinen Sinn und ist auch nicht zielführend . Ob die 39 Milliarden ausreichen, kann zurzeit keiner sagen . Auch Zeitungsberichte zu aktuellen Prognosen von Wirtschaftsprüfern würde ich mit Vorsicht genießen . Die Wirtschaftsprüfer haben offenbar mit einem negativen Realzins gerechnet, was dazu führt, dass die notwendi- gen Rückstellungen finanzmathematisch ins unendliche steigen . Dieses Szenario ist völlig unrealistisch . Interessant finde ich, dass die Opposition vor wenigen Jahren noch lautstark kritisiert hat, dass die Kernkraft- werksbetreiber zu HOHE Rückstellungen in ihre Bücher geschrieben hätten mit dem Ziel, Steuern zu sparen . Sie müssen sich schon auf eine Argumentationslinie einigen, wenn Sie glaubwürdig sein möchten . Deutsche Konzerne sind dafür bekannt, dass sie mit einem konservativen Realzins von nur einem Prozent rechnen, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Ländern . Ich sehe uns als Politik in der Pflicht, anhand der Empfehlungen der Endlagerkommission den betroffenen KKW-Betreibern Planungssicherheit zu gewähren . Das erreichen wir, indem das vorgeschriebene Verfahren zur Endlagersuche mit einem Kosten- und Terminplan bele- gen, der dann den KKW-Betreibern vorzugeben ist . Bis dahin gilt es, den Arbeitsergebnissen der Endla- gerkommission nicht durch ein Haftungsgesetz vorzu- greifen, sondern die Robustheit der bestehenden Rück- stellungen zu prüfen und diese in einem sinnvollen Modell zu sichern . Genau zu diesem Zweck haben wir neben der Endlagerkommission zwei weitere Prozesse in Gang gesetzt: Zweitens . Wir haben die noch laufenden Stresstests eingeführt, die Aufschluss über den Status Quo der vor- handenen Rückstellungen und deren Robustheit geben sollen. Ein offizielles Ergebnis liegt uns nicht vor. Drittens . Zusätzlich soll eine Rückstellungskommis- sion eingerichtet werden, die die verschiedenen Modelle zur Sicherung der Rückstellungen diskutiert und Emp- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512116 (A) (C) (B) (D) fehlungen erarbeitet – Stichwort öffentlich-rechtliche Stiftung oder Fondsmodell . Ich würde es sehr begrüßen, wenn diese Kommission zeitnah ihre Arbeit aufnähme . Als Blaupause für eine öffentlich-rechtliche Stiftung im Entsorgungsbereich wird häufig die RAG-Stiftung für Ewigkeitslasten genannt . Die RAG-Stiftung ist eine in der deutschen Wirtschaft einzigartige Konstruktion zur Übernahme von langfristiger Verantwortung für die Ära nach dem Steinkohlebergbau; ein Modell das funk- tioniert . Die Herausforderung ist dort eine ähnliche, wie die Unsere, sowohl mit Blick auf den Zeitfaktor, als auch vor dem Hintergrund der Tragweite der Aufgabe . Die RAG-Stiftung finanziert sich durch ihre Anteile an den Gewinnen der abgespalteten RAG-Nachfolge- konzerne – Evonik und Vivawest –, die ihre Profitabilität u .a . durch Unternehmensbeteiligen dynamisch steigern und auf diese Weise hohe Erträge erwirtschaften . Wir sprechen jährlich etwa 330 Millionen Euro, um mal eine Hausnummer zu nennen . Wenn man das Stiftungsver- mögen stattdessen langfristig in Staatsanleihen anlegte, käme man angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase auf eine Wertsteigerung von gerade einmal 1,5 Prozent, das ist weniger als die Inflation und käme somit einem Wer- teverlust gleich . Zudem hat die RAG-Stiftung einen sozialverträgli- chen Anpassungsprozess des Bergbaus ermöglicht, den auch wir anstreben sollten . Bisher wurde kein Bergbau- mitarbeiter frühzeitig entlassen, und alles deutet darauf hin, dass dies bis zum endgültigen Ausstieg aus dem Ber- gbau im Jahr 2018 so bleiben wird . Das sollte auch unser Leitmotiv sein . Wenn es um das Lieblingsthema der Opposition – ei- nen externen Fonds mit unbegrenzter Nachschusspflicht der Konzerne – geht, dann kann ich nur den Kopf schüt- teln und mahnen: Haftung und Kontrolle müssen schon zusammengehören . Wenn öffentlicher Fonds, dann muss die Haftung und die Verantwortung für vernünftige Ren- diten auch dort liegen . Sonst schlachten Sie die Kuh, die Sie melken wollen, liebe Kollegen von der Opposition . Vor dem Hintergrund der laufenden Prozesse im Be- reich der nuklearen Entsorgung – Endlagerkommission, Stresstests, Rückstellungskommission – ist es derzeit wenig sinnvoll, ein Haftungsgesetz zu verabschieden . Übrigens wäre ein solches Gesetz im sonstigen Gesell- schaftsrecht ohne Beispiel . Unabhängig von rechtlichen Fragen, sehe ich aber noch eine ganz andere Gefahr: nämlich dass ein solches Gesetz zum Startschuss für die Deindustrialisierung unse- res Landes wird . Eine zeitlich und inhaltlich unbegrenzte Haftung kann nicht verhältnismäßig sein und entfaltet eine gefährliche Signalwirkung für andere, risikobehaf- tete Branchen . Heute wollen Sie ein Einzelfallgesetz für die Energieversorgungsunternehmen und morgen disku- tieren wir über weitere Branchen mit langfristigen Risi- ken – ein verheerendes Signal für den Industriestandort Deutschland! Das Nachhaftungsgesetz geht von der ver- fassungsrechtlich unzutreffenden Prämisse aus, die EVU hätten alles zu bezahlen, was der Staat für gesellschafts- politisch wünschenswert hält . Das ist ein Irrglaube! Als Mitglied der Endlagerkommission liegt mir de- ren Arbeit besonders am Herzen . Daher erlauben Sie mir noch eine kurze Bemerkung: In den letzten Wochen ging das Thema Asseabfälle und die Frage, ob diese in der Endlagerkommission auch behandelt werden sol- len, durch die Presse . Und damit verbunden kamen vie- le besorgte Fragen, ob denn der gesetzte Zeitrahmen bis Mitte 2016 dann noch einzuhalten sei . Dazu möchte ich sagen: Wir werden das Thema „Wohin mit den Asse-Abfäl- len“ in der Kommission bearbeiten und aufzeigen, wel- che Auswirkungen diese Abfälle auf ein Endlager für insbesondere hochradioaktive Abfälle hätten . Und laut unseres Vorsitzenden der entsprechenden Arbeitsgruppe ist das bis Mitte 2016 auch leistbar . Klar muss aber auch sein, dass der Schwerpunkt un- serer Arbeit der Kriterienkatalog für ein HAW-Endlager bleibt . Denn wir haben den Auftrag, einen robusten Weg zur Lösung der Endlagerfrage in Deutschland zu finden. Sollte sich der Zeitplan zur Rückholung der Abfälle aus der Asse verzögern, dann muss das HAW-Endlager trotz- dem unabhängig davon geplant und umgesetzt werden können . Alles andere wäre verantwortungslos . In diesem Sinne werde ich mich weiter für ein konst- ruktives und wissenschaftsbasiertes Ergebnis der Endla- gerkommission einsetzen . Florian Oßner (CDU/CSU): Mit dem vorliegenden Entwurf eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes kommt die Bundesrepublik Deutschland nicht nur ihren vertraglichen Verpflichtungen nach, die Richtlinie 2011/70/Euratom in nationales Recht um- zusetzen, sondern es wird mit dem hierdurch erstellten Nationalen Entsorgungsprogramm auch eine unschätzbar nützliche Übersicht geschaffen . Für die Bewältigung der Jahrhundertaufgabe einer si- cheren Einlagerung des radioaktiven Abfalls bietet das Nationale Entsorgungsprogramm ein Verzeichnis, das uns ermöglicht, den nötigen Umfang von Endlagern für Atomabfälle besser einschätzen zu können . Alle derzei- tigen und zukünftig noch anfallenden radioaktiven Ab- fallarten sind hier ebenso aufgelistet wie der Zeitumfang und die Prognose der zu erwartenden Kosten . Über diese Anpassung im Atomgesetz durch die Einführung der Pa- ragrafen 2 c und 2 d sowie 9 h und 9 i werden weitere Vorgaben der Richtlinie 2011/70/Euratom in bundes- deutsches Recht umgesetzt . Bereits mit dem Standor- tauswahlgesetz haben wir 2013 zentrale Vorgaben dieser EU-Richtlinie in Angriff genommen . Wir sind bei der durch das Standortauswahlgesetz vorgegeben Aufgabe, Kriterien und Verfahren für die Endlagerung von insbesondere hoch radioaktiven Abfall- stoffen zu erarbeiten, auch schon ein gutes Stück voran- gekommen . So haben wir in der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe, der sogenannten „Endla- gerkommission“, als eines der zentralen Elemente des Standortauswahlgesetzes beispielsweise erste Grundla- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12117 (A) (C) (B) (D) gen für eine mögliche Behördenstruktur der Endlagerung skizziert . Ziel muss eine klare und vernünftige Struktur sein, die im Einklang mit den EU-Vorgaben steht . So sollte die Regulierung und der Betrieb der Endlagerung in einer Bundesbehörde und einer Gesellschaft getrennt voneinander organisiert werden, die unter der Aufsicht unterschiedlicher Bundesministerien stehen . Doch verdeutlicht uns das Nationale Entsorgungspro- gramm auch, dass die Endlagerkommission noch weitere komplexe Fragen zu beantworten hat . Uns wird ausdrück- lich vor Augen geführt, dass wir sowohl hoch radioaktive als auch schwach- und mittelradioaktive Abfallstoffe zu entsorgen haben . Obwohl mit dem Schacht Konrad vor- aussichtlich 2022 ein Endlager für die schwach- und mit- telradioaktiven Abfälle für 303 000 Kubikmeter in Be- trieb gehen wird, bleibt zu klären, was beispielsweise mit den im Nationalen Entsorgungsprogramm aufgeführten 47 000 Kubikmetern schwach- und mittelradioaktivem Abfall aus der Schachtanalage Asse II geschehen soll . Doch darf uns dieser Aspekt nicht daran hindern, im vorgesehenen gesetzlichen Zeitrahmen der Endla- gerkommissionsarbeit bis zum 30 . Juni 2016 einen Ab- schlussbericht zu erstellen . In diesem Bericht sollten wir ein Verfahren für die Suche nach einem Endlager mit Schwerpunkt hoch radioaktive Abfälle entwickeln . Die Verfahrensentwicklung für die Endlagersuche der ande- ren Abfallarten könnte beispielsweise im Anschluss er- folgen . Wir müssen uns der Verantwortung für zukünftige Ge- nerationen bewusst sein . Verschiebungen oder Verzöge- rungen verunsichern und tragen massiv zum Unverständ- nis innerhalb der Bevölkerung bei . Daher ist die Einhaltung der Zeitvorgabe ein klares Zeichen an die Menschen, dass wir das Thema ernst neh- men und pragmatische Lösungsvorschläge zügig erarbei- ten . Gerade für die Bürgerinnen und Bürger an den Standorten der Kernkraftwerke ist es wichtig, zu er- fahren, dass und wann sie mit einem Endlager rechnen können . Schließlich lagern bei ihnen die abgebrannten Brennelemente aus den Kernkraftwerken in den dorti- gen Zwischenlagern . Zudem muss der Rückbau stillge- legter Anlagen zur „grünen Wiese“ schnellstmöglich in Angriff genommen werden, um die vor Ort vorhandene Fachkräftekapazität zu nutzen . Durch die Vorgaben des Standortauswahlgesetzes werden jetzt auch noch 26 Cas- tor-Behälter mit hoch radioaktivem Abfall aus den Wie- deraufbereitungsanlagen La Hague und Sellafield in vier der Kernkraftwerk-Standorte verbracht . Damit die möglichen Zwischenlagerstandorte sich nicht schleichend in Endlager verwandeln, ist es mehr als notwendig, die vorgegeben zeitlichen Fristen im Stand- ortauswahlgesetz einzuhalten . In der Frage der Casto- ren-Rückführung müssen auch die betroffenen Länder und Standortgemeinden rechtzeitig einbezogen werden . So schaffen wir gegenüber den Betroffenen Vertrauen und können gleichzeitig transparente Verfahren der Öf- fentlichkeitsbeteiligung anwenden . Vertrauen und Glaubwürdigkeit sollten wir bei der Ausarbeitung von Kriterien auch in Bezug auf die Stand- orte beachten . Es gilt, dass kein infrage kommender mög- licher Standort vorab ausgeschlossen wird . Die besonde- re Geschichte des Erkundungsbergwerks in Gorleben in diesem Zusammenhang ist mir bewusst . Doch heißt das nicht, dass dieser Standort per se ausscheidet . Das Stand- ortauswahlgesetz spricht hier in Paragraf 29 eine klare Sprache . Das Bundesamt für Strahlenschutz als zustän- dige Bundesbehörde ist daher gefordert, alle rechtlichen, bergmännischen und technisch erforderlichen Maßnah- men zu veranlassen, dass das Grubengebäude in Gorle- ben für eine mögliche Erkundung offen bleibt . Das Nationale Entsorgungsprogramm führt auch die Menge der Abfälle durch Forschungsreaktoren wie zum Beispiel in München/Garching auf . Diese Tatsache sollte uns jedoch nicht dazu veranlassen, ein generelles Export- verbot von hoch radioaktiven Abfällen in der Debatte um die Endlagersuche zu fordern, das auch entsprechende Abfälle aus Forschungsreaktoren betreffen würde . Es gilt, die Grundlagenforschung weiterhin aufrechtzuerhal- ten, um weitere Entwicklungen in der Nuklearmedizin, der Radiologie sowie bei Krebsbehandlungen zu ermög- lichen . Gerade im Hinblick auf die Spitzenstellung des Forschungsstandorts Deutschland sollten wir Augenmaß walten lassen und nicht kopflos unsere Zukunft verspie- len . Das Nationale Entsorgungsprogramm darf hier nicht als Begründung für ein komplettes Exportverbot von ab- gebrannten Brennelementen zweckentfremdet werden, weil man unzutreffend befürchtet, über die Beibehaltung der Atomforschung eine Hintertür für den Wiedereinstieg in die friedliche Nutzung der Kernenergie offen zu hal- ten . Für die nun beginnende Behandlung im Umweltaus- schuss fordere ich ein, dass das Nationale Entsorgungs- programm entsprechend sachlich behandelt wird und nicht im parteipolitischen Streit für einseitige Sichtwei- sen auf das Thema Endlagerung missbraucht wird . Die konsensorientierte Arbeitsweise in der Endlagerkommis- sion könnte bei diesem sensiblen Thema auch beispielge- bend für die Behandlung in den beteiligten Ausschüssen sein . Hiltrud Lotze (SPD): uns liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur 14 . Novelle des Atomgesetzes vor . Damit soll eine EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden . Für uns in der Legislative ein an sich normaler, ja manchmal schon routinemäßiger Vorgang . Aber es lohnt, wie immer, eine intensive Beschäftigung mit dem Inhalt und Vorgang . Die EU-Richtlinie 2011/70/Euratom, die nun in wei- teren Teilen in unser Recht aufgenommen wird, ist inso- fern sehr bemerkenswert, weil sie die Grundlage für ganz Europa bildet . Sie setzt den Rahmen dafür, wie wir hier in Zukunft mit den Folgen der Atomwirtschaft umgehen wollen . Es ist eine Gemeinschaftsanstrengung, und das Ziel ist, vergleichbare Bedingungen in ganz Europa zu schaf- fen . Auf dieser Gemeinsamkeit basiert Europa, auch Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512118 (A) (C) (B) (D) wenn es sich in der Flüchtlingsfrage gerade anders dar- stellt, leider . In Fragen des Umgangs mit dem Atommüll jedenfalls sind wir ein gutes Stück weiter . Künftige Generationen sollen sich darauf verlassen können, dass in allen Län- dern nach den gleichen Rahmenbedingungen mit dem Müll verfahren wird . Der erste große Schritt, die europäische Norm in nati- onales Recht umzusetzen, ist mit dem Standortauswahl- gesetz vom 23 . Juli 2013 gegangen worden . Einen weiteren Schritt stellt nun die 14 . Novelle des Atomgesetztes dar, wobei der wichtigste Teil die Regeln für die Erstellung eines Nationalen Entsorgungspro- gramms festlegt . Das Nationale Entsorgungsprogramm – kurz NaPro – ist im August endgültig vom Kabinett verabschiedet wor- den, und zwar schon nach den Leitlinien, die wir jetzt erst ins Gesetz aufnehmen wollen . Jetzt zeigt sich auch, wie entscheidend es ist, dass das NaPro explizit unter Vorbehalt der Ergebnisse der End- lager-Suchkommission steht – und nicht umgekehrt, wie von den Linken gefordert . In der letzten Woche vor der Sommerpause haben wir den Antrag der Linken debattiert, in dem gefordert wird, den Auftrag der Endlagerkommission dem Nationalen Entsorgungsprogramm anzupassen . Nun hat das federführende Umweltministerium, ab- weichend von den ersten Entwürfen, ein gemeinsames Lager vorgeschlagen für die Endlagerung von schwach- und mittelradioaktivem Müll, insbesondere dem Müll, der aus der Asse herausgeholt werden soll . Ein höchst umstrittener Vorschlag, der zahlreiche Konsequenzen mit sich bringt . In der Endlagerkommission gab es folgerichtig heftige Debatten über den Umfang des Auftrags der Kommis- sion, über das Ziel und den Zeitplan . Denn laut Gesetz dient die Kommission der Kriterienfestlegung für die Suche nach einem Lager für „insbesondere“ hoch radi- oaktiven Müll . Einige Mitglieder legten den Begriff „ins- besondere“ so aus, dass definitiv ein Endlager nur für den hochradioaktiven Müll gesucht werden soll . Wären wir dem Antrag der Linken gefolgt – ich er- innere: den Auftrag der Endlagerkommission dem Na- tionalen Entsorgungsprogramm anzupassen – hätte die Kommission wieder bei Null anfangen müssen . Denn: Ob man einen Standort und eine geologische Formati- on für 30 000 Kubikmeter hochradioaktiven Müll sucht oder für zusätzlich 300 000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiven Müll, das macht einen erheblichen Unterschied . Auch ich bin alarmiert, wenn ich lese, dass bei einem möglicherweise so riesigen Kombilager eigentlich nur noch eine geologische Formation in Frage kommt, näm- lich Salz . Mit dem Nationalen Entsorgungsprogramm hat die Bundesregierung eine offene und ehrliche Bestandsauf- nahme des vorhandenen und noch anfallenden Mülls ge- macht . Und ich werbe dafür, dass wir jetzt auch so weiterma- chen: offen und ehrlich, ohne Vorfestlegungen . Denn nur dann können wir letztlich zu einer Endlagersuche kom- men, die möglichst breit akzeptiert wird . Ich meine, es ist der richtige Weg, wenn die Kommis- sion weiterhin insbesondere die Kriterien für die Endla- gerung hochradioaktiven Mülls erarbeitet, gleichzeitig aber in einem Kapitel des Endberichts auf die Implikati- onen eines möglichen Kombilagers eingeht . Ob wir, angesichts dieser veränderten Situation, mehr Zeit für die Endlagerkommission benötigen oder die Kommission womöglich nur eine Art Zwischenbericht abliefern kann, müssen wir hier noch einmal intensiv de- battieren . Diese Debatte heute ist aber auch ein guter Anlass, um hier einmal explizit unseren Ministern Barbara Hendricks und Sigmar Gabriel zu danken, denn es be- wegt sich unter ihrer Verantwortung so vieles mehr in und um die Frage des Atommülls als in vielen, vielen Jahren vorher . Sigmar Gabriel hat sich ausdrücklich der Frage angenommen, ob und wie die Atomkonzerne ihren Verpflichtungen auch in Zukunft gerecht werden können und wie wir vermeiden, dass die Allgemeinheit auf den Kosten sitzen bleibt, nachdem die Konzerne die Gewinne eingestrichen haben . Barbara Hendricks hat nicht nur für eine ehrliche Bi- lanz des vorhandenen Atommülls gesorgt, sondern auch dafür, dass sich wieder Vertrauen in diesen Fragen bilden kann . Mit der 14 . Atomrechtsnovelle gehen wir weiter den richtigen Weg, um die Bürden der verfehlten Atompoli- tik der Vergangenheit für die künftigen Generationen so klein wie möglich zu halten . Hubertus Zdebel (DIE LINKE): Schon wieder Atommüll – und das Thema wird der Republik noch viele Jahre erhalten bleiben . Direkt vor der Sommerpau- se hat der Bundestag bereits über das neue „Nationale Entsorgungsprogramm“ diskutiert . Auf Anforderung der EU hat die Bundesregierung einen Plan erstellt, in dem sie über die immer noch wachsenden Atommüllberge und was sie damit vorhat, berichtet . Und jetzt muss mit der 14 . Atomgesetznovelle der Rechtsrahmen für diesen Atommüllbericht geschaffen werden . Fast 70 000 Menschen, Initiativen und auch Kommu- nen haben zum Bericht des Nationalen Entsorgungspro- gramms (NaPro) Einsprüche erhoben . Die Öffentlichkeit schaut also hin, wenn es um Atommüll und die mit seiner Lagerung verbundenen Risiken geht . Das ist gut so, und der Bundestag ist gut beraten, sich mit diesen Einsprü- chen intensiv zu befassen . Auch deswegen hat Die Linke schon vor den Sommer- ferien einen Antrag zum NaPro-Bericht und zur Kritik daran in den Bundestag eingebracht, und es dürfte sinn- voll sein, den Bericht im Zusammenhang mit der Ge- setzesnovelle hier im Bundestag weiter zu diskutieren . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 . September 2015 12119 (A) (C) (B) (D) Hier mal eben schnell die ATG-Novelle durchzuziehen und dann den Deckel drauf zu setzen, wäre kein gutes Signal für den angeblichen Neustart beim Umgang mit Atommüll, bei dem doch ein gesellschaftlicher Konsens angestrebt wird . Wir Linken fordern beim Umgang mit den radioak- tiven Abfällen mehr Transparenz und Ehrlichkeit . Der Bericht hat dazu durchaus einige positive Ansätze, die wir ausdrücklich begrüßen . Aber wir sehen auch die er- heblichen Mängel im Nationalen Entsorgungsprogramm . An dieser Stelle nur zwei Hinweise, wo aus unserer Sicht nachzubessern ist: An diversen Standorten sind in den letzten Jahren ver- rostete Atommüllfässer gefunden worden, in Brunsbüttel und in Karlsruhe zum Beispiel . Von diesen Problemen wird im Bericht mit keiner Silbe gesprochen, und es ist nicht gut, wenn diese Wirklichkeit beim Umgang mit Atommüll einfach nicht genannt wird . Der Bericht spricht ferner von einem Eingangslager für Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll . Dieses Lager soll dort neu gebaut werden, wo irgend- wann mal ein „Endlager“ für diesen Müll entstehen soll . Doch der Bericht schweigt darüber, dass dort die enorme Menge von bis zu 500 Castoren mit hochgefährlichem Atommüll oberirdisch gelagert werden soll und dass das für Jahrzehnte so sein wird . Diese Information fehlt völ- lig, und damit wird ein ganz wichtiger Aspekt im Grun- de unter den Tisch gefegt . Für Insider ist das völlig klar: Dieses neue Eingangslager ist von zentraler Bedeutung . Nur kann das niemand erkennen, der den Bericht als ge- bildeter Laie liest . Deswegen braucht es nach Auffassung der Linken – und das ist in der jetzt anstehenden Beratung über die 14 . ATG-Novelle dann zu klären und gesetzlich umzu- setzen – klare und ehrliche Anforderungen, wie solche NaPro-Berichte erstellt werden . Ein solcher Bericht muss auch die Probleme beim Umgang mit dem Atommüll be- nennen, er sollte die möglichen Alternativen nennen und auch die Abwägungen beschreiben, warum die eine oder andere Variante am Ende vorgeschlagen wird . Das würde die Qualität und die Ehrlichkeit eines solchen Berichts deutlich verbessern . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Nationale Entsorgungsplan, um den es bei der 14 . AtG-Novelle geht, steht unter Revisionsvorbehalt . Die Endlager-Kommission hat das Recht, ihn durch ihre Empfehlungen zu verändern, und das ist gut so . Denn in der Kommission werden die Dinge – anders als in Aus- schüssen und Plenum mit den eng begrenzten Redezeiten für die Opposition – zwischen allen Beteiligten ausdis- kutiert . Die Grundausrichtung des NaPro ist positiv: das Be- kenntnis zur Inlandsentsorgung, die erstmalige Benen- nung der Abfälle aus der Urananreicherung in Gronau als Atommüll . Doch dieser Grundausrichtung fehlt die klare Konsequenz . Das Bekenntnis zur Inlandsentsor- gung endet an den Forschungsreaktoren . Und der Er- kenntnis, dass Urantails Atommüll sind, folgt nicht die Konsequenz, die Menge des Atommülls festzulegen, in- dem gemäß dem Atomausstieg ein Abschaltdatum für die Urananreicherungsanlage in Gronau verfügt wird . Nein, Urenco soll unbegrenzt weiter Uran anreichern und unbegrenzt Atommüll produzieren dürfen . Das macht diesen Atommüll innerhalb der Aufgabe, die BMUB mit dem NaPro an die Endlager-Kommission weiterreicht, zu einem unberechenbaren Faktor . Das Umweltministerium weiß, dass es für die Suche nach einem Endlager Zahlen nennen muss . Für die Urantails nennt es 100 000 m³ . Die- se Zahl ist logischerweise völlig gegriffen . So unseriös kann die Endlager-Kommission nicht arbeiten . Es wäre eine gute Gelegenheit, Frau Ministerin, die Lücke im Atomausstieg, die die beiden Atomfabriken in Deutschland bilden – die Urananreicherung in Gronau, die Brennelementefabrik in Lingen – zu schließen . Bun- destag und Bundesregierung sollten das Ziel ins Auge fassen, die Atomfabriken in Deutschland abzuschalten, um den Atomausstieg voranzubringen und eine gelingen- de Endlagersuche zu ermöglichen . Der vorgelegte Nationale Entsorgungsplan und die entsprechende 14 . Atomgesetz-Novelle, über die wir heu- te beraten, weist eine entscheidende Veränderung zum ursprünglichen Entwurf auf: Sowohl die Urenco-Abfälle wie auch die Asse-Abfälle nach geglückter Rückholung sollen nicht mehr für das Endlager Schacht Konrad vor- gesehen werden, sondern es soll prioritär geprüft werden, ob diese Abfälle auch im noch zu findenden Standort des Endlagers für hochradioaktiven Atommüll eingelagert werden können . Darüber soll die Endlager-Kommission beraten und eine Empfehlung abgeben . BMUB reagiert hier auf über 70 000 Einwendungen aus der Bevölke- rung, die sich gegen den ursprünglichen Plan verwahren . Ich finde diese Reaktion richtig. Schacht Konrad ist in der Bevölkerung nach wie vor umstritten, es fand kein vergleichendes Auswahlverfahren statt, das Endlager entspricht bei Inbetriebnahme nicht dem Stand von Wis- senschaft und Technik, wenn es nicht in einem neuen An- lauf auf diesen gebracht wird. Im NaPro findet sich dazu allerdings keine Absichtserklärung, sondern ganz im Gegenteil der Hinweis, dass der Stand von Wissenschaft und Technik laut Planfeststellungsbeschluss erst zum Betriebsende hin nachgewiesen sein muss . Frau Minis- terin, so machen Sie den Menschen um Schacht Konrad das Leben mit dem Endlager zusätzlich schwer . Schacht Konrad muss vor der Einlagerung von Atommüll auf den Stand von Wissenschaft und Technik gebracht werden . Hier haben Sie noch nachzuarbeiten . Gleichwohl be- grüße ich, dass Sie der Bevölkerung um Schacht Konrad nicht auch noch zumuten wollen, sich mit der Einlage- rung von doppelt so viel Atommüll wie die Genehmi- gung bisher vorsieht konfrontiert zu sehen . Die Arbeit der Endlager-Kommission wird durch die neue Aufgabe erheblich erschwert . Niemand kann heu- te sagen, wie die Asse-Abfälle genau zusammengesetzt sind und wieviel kontaminiertes Salz mit zu entsorgen sein wird . Das macht es mindestens schwer – einige Kommissionsmitglieder sagen: unmöglich – Sicherheits- kriterien für das Endlager zu erstellen . Klar ist dagegen heute schon, dass Wechselwirkungen zwischen Wärme entwickelnden bzw . hochradioaktiven und nicht Wärme, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 124 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 24 September 201512120 (A) (C) (B) (D) dafür aber Gas entwickelnden schwach- und mittelradi- oaktiven Abfällen verhindert werden müssen . Das heißt, die Abfälle werden in zwei klar voneinander getrenn- te Endlager eingelagert werden müssen, was an einem Standort entweder ein Wirtsgestein von besonders großer Mächtigkeit erfordert oder zwei eventuell übereinander liegende günstige Wirtsgesteine . Die Zahl geeigneter Standorte wird sich definitiv drastisch verringern. Wir nehmen uns der neuen Aufgabe in der Kommissi- on, an ohne zu wissen, ob wir sie lösen können . Vielleicht können wir zum Ende unserer Tätigkeit im Juni 2016 nur einen Zwischenbericht abgeben, vielleicht müssen wir sagen, dass eine Suche nach einem gemeinsamen Stand- ort für diese unterschiedlichen Abfälle in überschaubarer Zeit aussichtslos ist . Klar muss aber für alle Kommissi- onsmitglieder sein, dass wir die Gesamtgemengelage in den Blick nehmen müssen . Sich mit einer Art Tunnelblick auf die hochradioaktiven Abfälle zu konzentrieren, weil die Verfahrensentwicklung dann immer noch schwer ge- nug, aber einfacher ist, das füllt die Verantwortung nicht aus, die Bundestag und Bundesrat der Kommission über- tragen haben . Letzter Punkt: große Kritik an der laut NaPro beab- sichtigten Errichtung eines Eingangslagers mit der ersten Teilgenehmigung des Endlagers . Liebe Frau Ministerin, wenn man mit dem A . . . wieder einreißen will, was man mit den Händen aufgebaut hat, dann errichtet man nach einer langen ergebnisoffenen transparenten und parti- zipativen Endlagersuche ein Eingangslager am Endla- ger-Standort, bevor es genehmigt ist . So landet man am Ende dann doch wieder beim Prinzip Gorleben . Ich weiß, dass wir mit den Zwischenlagern in schweres Wasser kommen, weil wir aus allen Genehmigungen rauslaufen . Das heilen wir aber damit nicht . Über die Zwischenla- ger-Situation müssen wir uns gesondert Gedanken ma- chen . Die Endlagersuche darf nicht am Ende durch un- angemessenes Faktenschaffen desavouiert werden . Da dürfen Sie, Frau Ministerin, mit unserem erbitterten Wi- derstand rechnen . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 124. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3 Regierungserklärung zum Informellen Treffen der EU-Regierungschefs und zum VN-Nachhaltigkeitsg TOP 4 Befristete Arbeitsverhältnisse TOP 5, ZP 3 Unterstützung der Kommunen TOP 27, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 28 Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 1 Aktuelle Stunde zur Syrienkrise TOP 6 Förderung von Integrationsbetrieben TOP 7 Investitionen in Kindertagesstätten TOP 8 Anpassung des Bankenabwicklungsrechts an EU-Recht TOP 9 Erziehungsleistungen und Mutterschutz in der Rente TOP 10 Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED TOP 11 Angehörigenschmerzensgeld TOP 12 Anpassung der Abgabenordnung an den EU-Zollkodex TOP 13 Verleihbarkeit digitaler Medien in Bibliotheken TOP 14 Evaluierung von Terrorismusbekämpfungsvorschriften TOP 15 Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte TOP 16 Berufliche und akademische Bildung TOP 17 Beziehungen zu Namibia TOP 18 Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner TOP 19 Austausch von Informationen über Finanzkonten TOP 20 Änderung des Atomgesetzes Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Matthäus Strebl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Diese Unterstellung möchte ich als Mitglied der CDU/

    CSU-Arbeitnehmergruppe entschieden zurückweisen .
    Die Qualität einer Arbeitsleistung hängt keineswegs da-
    von ab, ob das Arbeitsverhältnis befristet oder unbefristet
    ist .

    Ich möchte noch einmal betonen, dass ich Arbeitsver-
    träge mit unterschiedlichen Befristungsmöglichkeiten
    für ein notwendiges arbeitsmarktrechtliches Instrument
    halte . Als Mitglieder des Bundestages, unabhängig wel-
    cher Partei wir angehören, haben wir die Verpflichtung,
    zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und der Un-
    ternehmen genau abzuwägen .

    Arbeitnehmer haben ein Interesse daran, dass ihre
    Arbeitsplätze sicher sind und ihre Leistung dauerhaft
    gewünscht ist. Unternehmer hingegen müssen flexibel
    auf wirtschaftliche und marktbedingte Veränderungen
    reagieren können . Somit können auch Wettbewerbsnach-
    teile für deutsche Unternehmen verhindert werden . Ein
    gesetzliches Verbot von befristeten Verträgen könnte
    ohne Frage erhebliche Auswirkungen auf den Arbeits-
    markt haben . Beiden Parteien werden damit im Sinne der
    Privatautonomie Rahmenbedingungen für ihre Verträge
    gesetzt .

    Arbeitnehmer und Unternehmer können sich auf die
    gesetzlichen Vorschriften berufen und diese auf dem
    Rechtsweg geltend machen . Die bestehenden gesetzli-
    chen Vorschriften haben sich in der Praxis bewährt . In
    der heutigen Debatte ist es schon gesagt worden: Gera-
    de wegen der guten konjunkturellen Entwicklung ist der
    Anteil der befristeten Arbeitsverträge zurückgedrängt
    worden . Deshalb lehnen wir den Antrag der Fraktion Die
    Linke ab .

    Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit .


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Bärbel Bas [SPD])




Rede von Peter Hintze
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Herzlichen Dank . – Als nächstem Redner erteile ich

das Wort dem Abgeordneten Bernd Rützel, SPD-Frakti-
on .


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Bernd Rützel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

    Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die
    Linke fordert, dass das unbefristete Arbeitsverhältnis zur
    Regel wird . Gabi Hiller-Ohm hat es schon festgestellt:
    Gott sei Dank ist das unbefristete Arbeitsverhältnis die
    Regel – 90 Prozent aller Arbeitsverhältnisse sind unbe-
    fristet . Aber ich will schon sagen, dass 90 Prozent nicht
    automatisch eine hohe Qualität bedeutet . Wenn 90 Pro-
    zent aller Flugzeuge sicher landen oder 90 Prozent aller
    Operationen gelingen, dann möchte ich nicht mehr flie-
    gen und auch nicht mehr krank werden .


    (Beifall bei der SPD und der LINKEN)


    Ich erinnere mich an einen Spruch auf einem Schild
    im Klassenzimmer der dritten Klasse in meiner Grund-
    schule in Rieneck . Darauf stand: „Feuer, Gas und Wasser
    sind drei gute Diener, aber drei schlimme Herren .“ Heu-
    te, 40 Jahre später, müsste man sagen: Befristete Arbeits-
    verhältnisse, Leiharbeit und Werkverträge sind drei gute
    Diener, aber drei schlimme Herren .


    (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg . Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Die Befristung in der Beschäftigung nimmt zu, gerade
    bei jungen Menschen, und das schadet ihnen und unserer
    gesamten Gesellschaft .


    (Beifall bei der SPD und der LINKEN)


    Eine sachgrundlose Befristung verbaut Lebenschancen .
    Beschäftigten wird eine langjährige Perspektive verwei-
    gert . Heute früh, vor zwei Stunden, hat die Kanzlerin auch
    zur Nachhaltigkeit, zur internationalen Zusammenarbeit
    gesprochen . In Artikel 23 der Charta der Menschenrechte
    steht – ich habe es noch einmal nachgelesen –, dass jeder
    das Recht auf „befriedigende Arbeitsbedingungen“ und
    „Schutz vor Arbeitslosigkeit“ hat .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Ein wichtiges Argument!)


    Matthäus Strebl






    (A) (C)



    (B) (D)


    Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen ein
    Mindestmaß an Sicherheit, um eine Familie zu gründen,
    um sich gesellschaftlich zu engagieren . Durch die befris-
    teten Jobs wird eine fundierte Lebensplanung eben behin-
    dert . Wenn junge Menschen ein Haus bauen wollen oder
    eine Wohnung kaufen wollen und zur Bank gehen, um
    einen Kredit aufzunehmen, dann werden sie gefragt: Was
    haben Sie denn für Sicherheiten? Wer dann antwortet:
    „Ich habe noch sechs Monate einen befristeten Arbeits-
    platz“, dem helfen auch die momentan günstigen Zinsen
    nichts . Ständig stecken junge Leute in einer erneuten Be-
    werbungsphase, statt sich auf ihre Arbeit konzentrieren
    zu können . Nur wer ein sicheres Arbeitsverhältnis hat,
    kann gute Arbeitsergebnisse abliefern .

    Wie singt Herbert Grönemeyer – ich bin ein Her-
    bert-Grönemeyer-Fan-:


    (Beifall der Abg . Katja Mast [SPD])


    – da ist noch ein Grönemeyer-Fan –: „Angst stellt ru-
    hig, Angst kriegt klein“ . Das, glaube ich, brauchen wir
    nicht . Wir brauchen, um die Zukunftsherausforderungen
    zu bewältigen, selbstbewusste und gute Mitarbeiter, die
    anpacken, die sich in ihrem Job bestätigt fühlen . Wer als
    Unternehmer ein gutes Geschäftsmodell hat, der stellt
    diese Leute auch unbefristet und auf Dauer ein .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was folgt jetzt daraus?)


    Die Probezeit wird oft als Argument verwendet, um
    befristete Arbeitsverträge zu machen . Das ist eine Hin-
    tertür . Wir haben das heute schon oft gehört . Der Kün-
    digungsschutz wird geschleift . Ich bin mit meiner Partei
    und meiner Fraktion einig darin, dass die sachgrundlose
    Befristung abgeschafft werden muss .


    (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg . Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Bevor die Frage „Warum tut ihr das nicht?“ kommt,
    sage ich: Im geltenden Koalitionsvertrag – auch das ist
    heute schon besprochen worden – konnten wir eine Ab-
    schaffung der sachgrundlosen Befristung leider nicht
    vereinbaren . Das war nicht zu machen . Ich sehe über-
    all Zustimmung, auch in Teilen der Union . Die CDA hat
    einen Antrag auf Ihrem Bundesparteitag gestellt . Es ist
    schade, dass es nicht geklappt hat . Wir haben noch zwei
    Jahre Zeit . Vielleicht können wir noch einmal darüber
    reden .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Reden können wir über alles! – Max Straubinger [CDU/ CSU]: Es ist die Frage, was wir tun!)


    – Reden können wir über alles; ich komme auf Sie zu-
    rück .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber das nützt nichts! – Gegenruf der Abg . Ulli Nissen [SPD]: Dann kommt es ins Protokoll! – Gegenruf des Abg . Volker Kauder [CDU/CSU]: Reden können wir über alles, immer!)


    Ich will zur Ehrenrettung aber schon sagen – jetzt hört
    Herr Kauder nicht mehr zu –, dass wir gemeinsam eine
    Menge erreicht haben . Wir – die SPD, die CDU, die CSU
    und die Grünen – haben den Mindestlohn eingeführt .


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)


    Das war notwendig .


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das reicht nicht, Herr Kollege!)


    Ich glaube, Sie von der Linken ärgern sich ewig, dass Sie
    dem Mindestlohn nicht zugestimmt haben .


    (Beifall bei der SPD)


    Es ist gut, dass der Mindestlohn gerade jetzt gilt, wo auch
    die Flüchtlinge zu uns kommen .

    Andere Themen sind angesprochen worden . Liebe
    Kolleginnen, liebe Kollegen, auch im Bereich des Wis-
    senschaftsbetriebs führen wir Verbesserungen herbei .
    Die Qualifizierungsbefristung muss für die Dauer der
    Qualifizierung gelten. Wenn eine Qualifizierung drei Jah-
    re dauert, dann muss auch der Arbeitsvertrag drei Jahre
    gelten . Das ist eine Menge . Ich glaube, das war in diesem
    Monat im Kabinett .

    Es sind verschiedene Bausteine, die zur Bekämpfung
    prekärer Beschäftigung notwendig sind . Man kann nicht
    das eine tun und das andere lassen . So warnt zum Bei-
    spiel das heute schon zitierte IAB, das Institut für Ar-
    beitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für
    Arbeit, dass eine Abschaffung der sachgrundlosen Be-
    fristung dazu führen kann, dass auf andere Formen wie
    Leiharbeit oder freie Mitarbeit ausgewichen wird .


    (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Muss man regeln!)


    – Genau, das muss man regeln, Klaus; ich bin da bei dir .
    Von daher haben wir das auch vor . Das ist bekannt .


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das wissen wir!)


    Wir sind mitten in den Gesprächen zu Leiharbeit und
    Werkverträgen .


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann kommt das denn?)


    Sie werden es bald erleben, dass wir die Leiharbeit auf
    ihre Funktion zurückführen,


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann kommt denn der Gesetzentwurf?)


    nämlich nicht Herr zu sein, sondern Diener, wie es in
    meiner dritten Klasse auf dem Schild stand . Auch die
    Werkverträge werden wir wieder auf ein vernünftiges
    Maß zurückführen . Dazu werden wir das Arbeitnehme-
    rüberlassungsgesetz an die aktuellen Entwicklungen an-
    passen .

    Bernd Rützel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrte Da-
    men und Herren, es gibt in dieser Koalition noch genug
    zu tun .


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


    Wir haben bisher schon viel erreicht . Wir packen das
    auch weiterhin intensiv an . Auf diese Arbeit freue ich
    mich, und dazu lade ich alle ganz herzlich ein .

    Vielen Dank .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)