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ID1811902000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/119 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 119. Sitzung Berlin, Dienstag, den 8. September 2015 Inhalt Glückwünsche zum heutigen Geburtstag des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke . . . . . . . . . 11513 A Glückwünsche zum Geburtstag des Bundes- ministers Dr . Gerd Müller sowie der Abge- ordneten Anette Hübinger, Arnold Vaatz, Kees de Vries, Gerda Hasselfeldt, Josef Göppel, Manfred Zöllmer, Dr . Hans-Peter Uhl und Erika Steinbach . . . . . . . . . . . . . . . . 11513 B Nach Deutschland kommende Flüchtlinge . . 11513 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016) Drucksache 18/5500 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11514 C b) Beratung der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Finanzplan des Bundes 2015 bis 2019 Drucksache 18/5501 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11514 C Dr . Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11514 D Allgemeine Finanzdebatte (einschließlich Einzelpläne 08, 20, 32 und 60) Dr . Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . 11520 C Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . 11522 B Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11524 C Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 11526 B Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11528 B Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 11530 B Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11531 B Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11533 A Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 11534 B Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 11535 C Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11537 B Kerstin Radomski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11539 A Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . 11540 D Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 11543 A Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 11544 B Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11546 A Dr . Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11547 B Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11547 D Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . 11548 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 11550 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 119 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 08 . September 2015II Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11551 C Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11553 D Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11555 C Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11557 C Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11558 B Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz und für Ver- braucherschutz Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 11560 C Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11562 D Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 11564 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11565 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 11567 B Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11568 D Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . 11570 A Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11571 D Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11573 A Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . 11574 D Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11576 A Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . 11577 D Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11577 C Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . 11578 B Klaus-Dieter Gröhler (CDU/CSU) . . . . . . . . 11579 C Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern Dr . Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11581 C Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11583 D Dr . Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11584 D Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 11586 C Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . 11587 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 11589 C Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11590 D Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11592 B Dr . André Berghegger (CDU/CSU) . . . . . . . . 11593 C Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 11595 C Dr . Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 11596 D Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . 11598 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11599 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 11601 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 119 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 08 . September 2015 11513 119. Sitzung Berlin, Dienstag, den 8. September 2015 Beginn 10 .00 Uhr
  • folderAnlagen
    Matthias Schmidt (Berlin) (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 119 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 08 . September 2015 11601 Anlagen zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Becker, Dirk SPD 08 .09 .2015 Dröge, Katharina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Groth, Annette DIE LINKE 08 .09 .2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 08 .09 .2015 Heil (Peine), Hubertus SPD 08 .09 .2015 Heller, Uda CDU/CSU 08 .09 .2015 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 08 .09 .2015 Kiziltepe, Cansel SPD 08 .09 .2015 Klein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Kolbe, Daniela SPD 08 .09 .2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenkert, Ralph DIE LINKE 08 .09 .2015 Mihalic, Irene BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 08 .09 .2015 Renner, Martina DIE LINKE 08 .09 .2015 Röspel, René SPD 08 .09 .2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 08 .09 .2015 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 08 .09 .2015 Steinbrück, Peer SPD 08 .09 .2015 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Veit, Rüdiger SPD 08 .09 .2015 Satz: Satzweiss.com, Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de http://www.satzweiss.com http://www.printsystem.de http://www.betrifft-gesetze.de 119. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2016 Epl 08, Epl 20, Epl 32, Epl 60 Allgemeine Finanzdebatte Epl 15 Gesundheit Epl 07 Justiz und Verbraucherschutz Epl 06 Innen Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Lothar Binding


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben von den
    Kollegen des Haushaltsausschusses schon sehr viel ge-
    hört . Sie sind für die Ausgaben im Staat zuständig . Des-
    halb ist das auch so eine dicke Drucksache . Ich bin im
    Finanzausschuss . Wir im Finanzausschuss kümmern uns
    um die Einnahmen . Diese machen in der Drucksache
    zum Haushalt nur ganz wenige Seiten aus . Darin steht,
    wie viele Steuern wir einnehmen .

    Immerhin nehmen wir 312 Milliarden Euro im Bund
    und 640 Milliarden Euro im Gesamtstaat ein . Die Ein-
    nahmen des Staates setzen sich aus denen des Bundes,
    der Länder, der Kommunen, also aller Städte, und der
    Sozialkassen zusammen . Ich möchte hier nun denen dan-
    ken, die das alles zahlen . Das sind nämlich unsere Bürger .


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gute Idee!)


    Egal wie viel und wen wir jetzt auch immer kritisieren:
    Die Bürger, die das gezahlt haben, haben sich wirklich
    angestrengt, das Gemeinwesen zu unterstützen . Das ist
    eine große Leistung .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Minister Schäuble hat gesagt: Die Inlandsnachfra-
    ge ist eine der Hauptursachen dafür, dass der Haushalt
    gut dasteht . – Das stimmt . Er erklärte außerdem: Die
    Inlandsnachfrage gründet auf Vertrauen . – Auch das
    stimmt . Carsten Schneider hat angeführt, dass es nicht
    nur das Vertrauen ist, und auf die günstigen Energiekos-
    ten verwiesen, auf die gegenwärtigen Wachstumsimpul-
    se, auf die Beschäftigung, auf die Reallohnentwicklung
    und ihre Auswirkungen auf die Binnennachfrage, auf die
    Zinslage – für die Geldversorgung –, auf den Wechsel-
    kurs – zur Stärkung des Exports –, aber in diesem Zu-
    sammenhang auch auf die immensen Zinsersparnisse in
    unserem Haushalt .

    Wenn wir all die Effekte dieser günstigen Bedingun-
    gen herausrechnen, dann wissen wir: Steuerpolitik könn-
    te noch einmal wichtig werden; denn zukunftsfähig ist
    der Haushalt ja nur, wenn die Struktur der Einnahmen
    und die Einnahmen auch dann tragen, wenn wir diese Ef-
    fekte nicht mehr haben .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Warum macht ihr dann keine Steuerpolitik? – Sven-Christian Kindler [BÜND Bartholomäus Kalb NIS 90/DIE GRÜNEN]: Was macht ihr in der Steuerpolitik denn?)





    (A) (C)


    (B) (D)


    Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis in Bezug auf die
    Zukunftsfähigkeit des Haushalts . Deshalb stelle ich mit
    Blick auf die 640 Milliarden Euro, die ich erwähnt habe
    und die auch Sie, unsere Gäste auf der Tribüne, zahlen,
    zunächst einmal fest, dass wir ein gutes Steuersystem ha-
    ben. Unser Steuersystem ist manchmal recht komplex;
    das stimmt . Das liegt daran, dass wir alles sehr genau
    machen und unsere Bürger in komplexen Verhältnissen
    leben . Aber wir haben einen sehr guten Vollzug . Ich spre-
    che jetzt von unseren Finanzbeamten . In unseren Ämtern
    arbeiten sehr gute Leute, die es offensichtlich schaffen,
    600 Milliarden Euro von motivierten Bürgern einzuneh-
    men .


    (Beifall der Abg . Margaret Horb [CDU/ CSU])


    - Die Kollegin Finanzbeamtin klatscht, und zwar ver-
    dient . – Warum erwähne ich all das? Der Grund dafür
    ist: Wer unser Land mit dem benachbarten Ausland ver-
    gleicht, der weiß die Arbeit unserer Beamten sehr zu
    schätzen . Deshalb will ich unseren Finanzbeamten aus-
    drücklich danken .


    (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das darf man auch!)


    Allerdings möchte ich jetzt eine politische Aussage
    machen – jetzt komme ich vielleicht zu kleinen Disso-
    nanzen zwischen der CDU/CSU und uns –:


    (Dr . Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nur ganz kleine!)


    Man muss natürlich die Steuereinnahmen, die man haben
    kann, auch haben wollen .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Es ist schon toll, wenn man die Möglichkeiten, die man
    hat, tatsächlich nutzt . Damit das nicht nur an der CDU/
    CSU hängen bleibt, will ich von dem Sonderermittler-
    ausschuss TAXE zu staatlich organisiertem Steuerdum-
    ping in der EU erzählen .

    Die Kollegen im Europäischen Parlament haben dazu
    einen Abschlussbericht vorgelegt . Da kann man sehen,
    dass staatlich organisierte Steuervermeidung kein Verse-
    hen war, sondern ein Geschäftsmodell; das steht explizit
    in diesem Bericht . Das ist kein Einzelfall, sondern das ist
    die Regel . Dabei ist das Unrechtsbewusstsein übrigens
    nur sehr mager entwickelt . Daran könnte man sicherlich
    noch etwas arbeiten . In diesem Abschlussbericht wird
    gefordert, effektive Regeln gegen solche Auswüchse, so
    Peter Simon, einzuführen .

    Also, wir brauchen in Europa einen effektiven Rechtsrah-
    men, mit dem diese Gestaltungsmöglichkeiten, die von
    Staaten bewusst eingerichtet wurden, beendet werden .
    Was passiert eigentlich, wenn das kurzfristige Interesse
    einzelner Staaten, nur marginale, also lächerlich nied-
    rige, Steuern zu erheben, mit dem Interesse bestimmter
    Unternehmen, keine oder geringe Steuern zu zahlen, zu-
    sammenfällt? Dann werden die Privaten immer reicher
    und die Staaten, also die Gesellschaften, immer ärmer .

    Wenn das noch eine Weile so geht, dann können wir al-
    les das, was wir Sozialstaat, soziale Marktwirtschaft und
    Infrastruktur nennen, vergessen, weil dann die Grundlage
    unseres Systems in der Praxis zusammenbricht. Das will
    natürlich keiner . Deshalb muss man sich schon noch Ge-
    danken machen .

    Wir haben ein paar Vorschläge gemacht . Ich will ei-
    nen nennen: Wir wollen in Europa eine einheitliche
    Bemessungsgrundlage; denn im Moment vergleichen
    wir immer auf diese Weise: In Irland werden 12,5 Pro-
    zent Körperschaftsteuer gezahlt, in Deutschland sind es
    15 Prozent . Da denkt jeder, bei uns ist sie höher und bei
    denen niedriger . Aber keiner weiß, ob es vergleichbar ist,
    weil keiner weiß, worauf die Steuer bezahlt wird . Denn
    die Bemessungsgrundlage ist sehr unterschiedlich und
    nicht vergleichbar .

    Es gibt einen zweiten Vorschlag, ein Zauberwort,
    nämlich Transparenz: Wer zahlt wo unter welchen Be-
    dingungen wie viel Steuern in welchem Land? Wenn wir
    das genau wüssten, dann könnten wir eine noch bessere
    Politik machen bzw . unsere Steuerpolitik daran orientie-
    ren .


    (Beifall bei der SPD)


    Ich habe jetzt viel gelobt und auch ein bisschen geta-
    delt . Da, wo Tricks angewendet werden, haben wir eine
    Riesenherausforderung . Und zwar besteht diese in der
    Gewährleistung einer gewissen Gerechtigkeit . Wir sagen:
    Die Steuerlast – das, was der Bürger zahlt – soll nach der
    wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bemessen werden .
    Jetzt merken wir plötzlich, dass da gewisse Dinge nicht
    stimmen . Schauen Sie sich einmal das Durchschnittsein-
    kommen an . Es beträgt im Land 30 000 Euro im Jahr .
    Viele Rentnerinnen und Rentner haben sehr, sehr, sehr
    viel weniger . Aber es gibt auch Leute, die verdienen
    46 000 Euro am Tag . Jetzt merkt man, dass man da eine
    Steuerpolitik machen muss, die nicht ganz leicht ist .

    Es gibt auch Leute – in diesem Fall aus der Branche
    der Reiseanbieter –, die zu uns kommen und sagen, sie
    könnten die Steuern nicht mehr bezahlen . Es sei alles
    ganz schwierig, und sie würden dann in den Ruin getrie-
    ben . Wenn man einmal genauer nachguckt, sieht man: In
    dieser Branche gibt es Gehälter in Höhe von 17 Millio-
    nen Euro im Jahr . Das heißt, wenn zwei Manager ent-
    lassen würden, hätte man schon so viel Geld übrig, wie
    heute überhaupt an Steuern bezahlt wird .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Da merkt man: Es gibt eine Asymmetrie der Wahrneh-
    mung in Bezug darauf, was gezahlt wird und worin die
    Aufgabe besteht .

    Ich will das, was unsere Aufgabe ist, ins Positive
    wenden . In Schweden heißt Steuer „skatt“ . „Skatt“ heißt
    „Schatz des Volkes“ . Die schwedischen Steuerpolitiker
    sehen ihre Aufgabe darin, allen Bürgern möglichst gute
    Gelegenheiten zu geben, sich am Schatz des Volkes zu
    beteiligen. Denn das, was ich an Steuern zahle, finde ich
    als Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben wieder . Das ist
    überall in der Welt so . Darauf kann ich zurückgreifen .
    Manchmal kann ich darauf fahren; manchmal kann ich
    meine Kinder in die Schule schicken . Das sind wichtige

    Lothar Binding (Heidelberg)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Dinge, die die Gemeinschaft braucht . Und dafür lohnt es
    sich, Steuern zu zahlen . Das ist auch sehr wichtig!


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich will abschließend ein Beispiel dafür nennen, wo
    wir noch nicht so richtig zusammenkommen . Die Ver-
    mögensverteilung in Deutschland befindet sich in exor-
    bitanter Schieflage. Gott sei Dank haben wir die Erb-
    schaftsteuer in der Diskussion . Wir versuchen ja, die
    vom Verfassungsgericht bestätigte Überprivilegierung
    der Unternehmen zu kompensieren .

    Ich will jetzt ein Beispiel bringen, damit Sie merken,
    worin ich den CDU-Kollegen nicht folge . Christian von
    Stetten sagt, ich soll mir einmal


    (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sehr guter Mann!)


    – ein sehr guter Mann, aber leider an dieser Stelle mit
    einer schlechten Überlegung; trotzdem ist es aber ein
    netter Mann – einen Studenten vorstellen, der nichts
    hat und den man deswegen bedauert . Plötzlich erbt der
    100 Millionen Euro . Ab dann hat er ein Riesenproblem . –
    Christian von Stetten erklärt mir dann immer, warum der
    Student ein Problem hat . Ich meine, viele andere Bürger
    würden sich solche Probleme wünschen .


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Deshalb müssen wir Steuerpolitik machen, mit der wir
    auf dem Pfad der Gerechtigkeit gehen . Da wäre es toll,
    wenn ihr uns dabei ein bisschen stärker helfen würdet .


    (Beifall bei der SPD)


    Alles Gute und noch einen schönen Tag!


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg . Kerstin Radomski [CDU/CSU])




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank . – Als Nächste hat jetzt die Kollegin

Antje Tillmann, CDU/CSU-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Antje Tillmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Die Debatte hat heute nachvollziehbar sehr unter dem
    Eindruck der wachsenden Asylbewerberzahlen gestan-
    den . Es ist wichtig, dass wir darüber sprechen . Ich würde
    in meinem Beitrag aber gerne wieder auf die Menschen
    zurückkommen, die auch schon gestern hier gelebt ha-
    ben, auch gestern hier Steuern gezahlt haben, auf Fa-
    milien, die hier leben und ihre Kinder großziehen, auf
    Menschen, die hier die Hochschulen besuchen, und auf
    Menschen, die in Deutschland alt werden wollen . Denn
    für all diese Menschen, die auch jetzt schon in Deutsch-
    land leben, ist das ein guter Haushaltsentwurf . Es ist ein
    Entwurf für den Haushalt 2016 – das Jahr, wo die Schul-
    denbremse das erste Mal tatsächlich ziehen würde .

    Ich bin sehr dankbar, dass unser Finanzminister dieses
    Thema schon vor zwei Jahren abgeräumt hat . Wir haben

    die schwarze Null, die mal positiv, mal negativ diskutiert
    wird . Das ist ein Beitrag zur Gerechtigkeit für künftige
    Generationen . Das erlaubt es uns, mit der derzeit schwie-
    rigen Situation einer wachsenden Zahl von Zuwanderern
    umzugehen .

    Dieser Entwurf ist gut für die Steuerzahlerinnen und
    Steuerzahler . Einig bin ich mit meinem Kollegen Lothar
    Binding in dem Dank dafür, dass diese Menschen – Sie
    bzw . wir alle – jeden Morgen aufstehen und diesen Staat
    dadurch am Laufen halten, dass wir uns bemühen, unsere
    Löhne und Gehälter zu verdienen, und einen wesentli-
    chen Teil davon an den Staat abgeben .

    Diese Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entlasten
    wir mit dem Entwurf zum ersten Mal in dieser Legisla-
    turperiode um eine sehr große Summe, nämlich um 5,5
    Milliarden Euro . Lohnerhöhungen, die es Gott sei Dank
    wieder in nennenswertem Umfang gibt, sollen nicht weg-
    besteuert werden, sondern man soll diese Lohnerhöhun-
    gen tatsächlich spüren . Deshalb werden wir einen ersten
    Schritt in Höhe dieser großen Summe unter anderem bei
    der kalten Progression machen .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dieser Entwurf ist gut für Steuerzahlerinnen und
    Steuerzahler, weil wir den Grundfreibetrag erhöhen . Der
    Grundfreibetrag, der das Existenzminimum sicherstellt –
    das gilt erst dann, wenn man überhaupt Steuern zahlen
    muss –, wird im kommenden Jahr auf 8652 Euro erhöht .
    Auf Einkommen unterhalb dieser Grenze zahlt man kei-
    ne Steuern; damit kann man sich auf seinen eigenen Le-
    bensunterhalt konzentrieren .

    Der Gesetzentwurf ist aber auch gut, lieber Lothar
    Binding, weil es keine andere Regierung gibt, die mehr
    für internationale Steuergerechtigkeit getan hat als die-
    se . Dank dem automatischen Informationsaustausch, der
    Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige, dank
    BEPS, den internationalen Standards zur Besteuerung,
    und der Transparenz bei Steuergestaltungen sind in die-
    sem Haushalt auch Einnahmen derjenigen enthalten, die
    bisher versucht haben, sich davor zu drücken: ehemalige
    Steuerhinterzieher, die Gott sei Dank auf den Weg der
    Tugend zurückkommen .


    (Lothar Binding Zwangsweise!)


    Ein Teil der Einnahmen ist auch denen zuzuschreiben .
    Auch das ist ein guter Schritt für die Steuerzahlerin-
    nen und Steuerzahler, die immer schon ordentlich ihren
    Pflichten nachgekommen sind.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Dieser Haushaltsentwurf ist aber auch gut für Steu-
    erzahlerinnen und Steuerzahler, weil bestimmte Dinge
    nicht drinstehen, zum Beispiel Zahlungen für Banken
    und Hilfen für andere Staaten . Denn wir haben im Rah-
    men der Bankenunion viele Risiken in den nächsten
    Jahren abgefedert, die uns in der Vergangenheit Proble-
    me bereitet haben . Die Krisen in Griechenland, Portu-
    gal, Spanien und Zypern waren ganz extrem auch mit
    Schwierigkeiten von Banken verbunden . Wir haben über

    Lothar Binding (Heidelberg)







    (A) (C)



    (B) (D)


    eine gemeinsame Bankenaufsicht, über einen Rettungs-
    schirm, den ESM, über eine Regelung zur Abwicklung
    von Banken und über den Abwicklungsfonds für Banken
    Gelder – und zwar Gelder der Eigentümer – zur Verfü-
    gung gestellt, sodass Steuerzahlerinnen und Steuerzah-
    ler künftig in weitestgehendem Umfang nicht mehr für
    Banken aufkommen müssen . Das tun die Banken bzw .
    die Eigentümer und Gläubige demnächst selbst . Darin
    sind wir in Europa Vorreiter . Finanzminister Schäuble
    hat schon darauf hingewiesen, dass nicht jeder dabei so
    gut und so weit vorangeschritten ist wie wir . Wir werden
    in der nächsten Sitzungswoche mit dem Abwicklungs-
    mechanismusgesetz das Ganze abrunden, sodass wir
    ziemlich optimistisch sind, dass Banken uns im Haushalt
    nicht mehr belasten werden, weil wir Vorsorge getroffen
    haben .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Schön wär’s!)


    Dieser Haushalt ist aber auch gut für Steuerzahlerinnen
    und Steuerzahler, weil wir auf europäischer Ebene etwas
    Ähnliches wie die deutsche Schuldenbremse durchge-
    setzt haben, nämlich den Fiskalvertrag . Der Fiskalvertrag
    besagt, dass alle europäischen Länder, insbesondere auch
    die der Euro-Zone, Schuldenbremsen in ihrer Verfassung
    einführen und auch umsetzen müssen, sodass das, was
    uns mit Griechenland, Portugal und Spanien passiert ist,
    hoffentlich nicht wieder passiert .

    Wir sind auf dem Weg zur Einhaltung des Fiskalver-
    trags, also nie mehr als 60 Prozent Schulden, gemessen
    am BIP, zu machen, ein gutes Stück weiter als andere .
    Wir haben unsere Verschuldung im Verhältnis zum BIP
    erheblich abgebaut, und alle, die meinen, wir müssten
    die schwarze Null nicht so ernst nehmen, sollten sich
    daran erinnern, dass wir Verträge unterschrieben haben .
    Es ist immer leicht, auf andere europäische Partner zu
    zeigen und zu sagen: „Ihr haltet die Verträge nicht ein“;
    wir selber sollten das aber auch tun . Deswegen ist dieser
    Haushaltsentwurf ein Weg hin zur Erfüllung des Fiskal-
    vertrags und ist deshalb gut .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg . Lothar Binding [SPD])


    Dieser Haushaltsentwurf ist aber auch gut für Famili-
    en, die hier leben und ihre Kinder erziehen . Ich füge in
    Klammern hinzu: Wer weiß, was ein unbetreuter minder-
    jähriger Asylbewerber an Kosten verursacht, der dankt
    vielleicht endlich einmal den Familien für die Leistun-
    gen, die sie bei ihren Kindern erbringen: dass sie sie
    pünktlich in die Schule schicken, sie kleiden und ihnen
    eine Leistungsbereitschaft mit auf den Weg geben . Herz-
    lichen Dank an alle Eltern, die das tun! Jeder, der das
    in Zweifel zieht und meint, Familien könnte man durch
    Sozialarbeiter und andere Einrichtungen ersetzen, liegt
    falsch. Das ist finanziell nicht zu schultern, und deshalb
    sage ich an der Stelle neben den Steuerzahlern auch ein
    Riesendankeschön den Eltern, die ihre Kinder zu verant-
    wortungsbewussten Bürgern machen und damit auch den
    Staatshaushalt entlasten .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg . Dr . Karl-Heinz Brunner [SPD])


    Wir geben einen kleinen Teil dieser Leistungen zurück,
    indem wir den Freibetrag für Kinder und das Kindergeld
    sogar zweimal nacheinander erhöhen . Wir erhöhen zu-
    dem den Alleinerziehendenentlastungsbetrag in erhebli-
    chem Umfang, weil Mütter und Väter mit Kindern allein
    weniger leistungsfähig sind als beide Elternteile zusam-
    men . Wir werden ab 1 . Juli 2016 den Kinderzuschlag er-
    höhen . Diesen bekommen Eltern, die zwar ihren eigenen
    Bedarf decken können, nicht aber den ihrer Kinder .

    Wir haben schon lange mit Programmen für Spra-
    chintegration und frühkindliche Sprachförderung begon-
    nen, weil auch deutsche Kinder teilweise Defizite bei
    der deutschen Sprache haben. Auch hier finanziert der
    Bund in erheblichem Umfang mit . Diese Mittel werden
    noch einmal aufgestockt, sodass Logopäden halbtags in
    vielen Kindereinrichtungen dieses Landes auf Kosten
    des Bundes Kindern die deutsche Sprache nahebringen
    können . Wir haben außerdem die Mittel für Bildung und
    Forschung noch einmal um 1 Milliarde Euro erhöht . Das
    ist gut für junge Menschen, die in Deutschland studieren
    wollen .


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Neben den Steuerzahlern und den Familien ist der vor-
    liegende Haushaltsentwurf gut für Länder und Kommu-
    nen . In erheblichem Umfang erledigen wir als Bund Auf-
    gaben, die Länder und Kommunen eigentlich erfüllen
    müssten, wozu sie sich aber nicht in der Lage sehen . Wir
    erhöhen die Investitionen in die öffentliche Infrastruk-
    tur und übernehmen den Finanzierungsanteil der Länder
    beim BAföG, sodass ihnen jährlich 1,2 Milliarden Euro
    mehr zur Verfügung stehen, die beispielsweise dazu ver-
    wendet werden können, sich schulischen Aufgaben zu
    widmen .

    Wir finanzieren zudem Mehrgenerationenhäuser in
    den Kommunen . Wir haben in den letzten Jahren die
    Kommunen, Herr Kollege Kindler, strukturell und dau-
    erhaft um insgesamt 145 Milliarden Euro entlastet, in-
    dem wir als Bund beispielsweise die Finanzierung der
    Grundsicherung im Alter übernehmen und die Kinderta-
    gesbetreuung mitfinanzieren. Wir stehen den Kommunen
    auch bei den Kosten der Versorgung der Asylbewerber
    zur Seite . Wir sind die Regierung – das gilt auch für die
    Koalition in der letzten Legislaturperiode –, die die Kom-
    munen am meisten entlastet hat . Die kommunalen Spit-
    zenverbände wissen trotz all der Probleme, die sie noch
    immer an uns herantragen, sehr genau, dass wir als Re-
    gierung berücksichtigen, dass die Bürgerinnen und Bür-
    ger auf kommunaler Ebene am ehesten merken, wenn es
    finanzielle Sorgen gibt. Auch hier stehen wir zu unserem
    Wort .

    Der nun zur Diskussion stehende Haushaltsplanent-
    wurf ist also gut für alle Generationen, auch für die jün-
    gere Generation, weil wir den Haushalt ohne neue Schul-
    den finanzieren. Das haben wir uns in den letzten Jahren
    zusammen mit dem Finanzminister sowie den Kollegin-
    nen und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss erarbei-
    tet . Wir aus dem Finanzausschuss geben uns Mühe, dazu

    Antje Tillmann






    (A) (C)



    (B) (D)


    beizutragen . Ich bin sicher, dass es in den Beratungen
    noch die eine oder andere Nachbesserung geben wird .
    Aber insgesamt stellt dieser Haushaltsentwurf eine gute
    Grundlage dar, um die Haushaltsberatungen für das Jahr
    2016 fortzusetzen . Die Länder sollten unserem Beispiel
    folgen und nicht wie Thüringen als Erstes nach Steuer-
    mehreinnahmen und Steuererhöhungen schreien .


    (Dr . Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Das stimmt doch gar nicht! Das stimmt überhaupt nicht!)


    Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger mit diesem
    Haushalt entlasten . Das haben sie angesichts der An-
    strengungen in den letzten Jahren auch verdient .

    Ich danke Ihnen .


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)