Rede:
ID1810407000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 13
    1. Als: 1
    2. nächster: 1
    3. Redner: 1
    4. hat: 1
    5. Volker: 1
    6. Beck: 1
    7. von: 1
    8. der: 1
    9. FraktionBündnis: 1
    10. 90/Die: 1
    11. Grünen: 1
    12. das: 1
    13. Wort.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/104 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 104. Sitzung Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010 bis 2013 Drucksachen 18/2900, 18/3108 Nr. 2, 18/4416 9927 A Christoph Strässer, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechts- politik und Humanitäre Hilfe . . . . . . . . . . . 9927 B Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 9928 D Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9930 C Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9932 B Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 9933 D Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 9935 A Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9936 B Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9937 B Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 9938 D Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Peter Meiwald, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schutz der Meere weltweit ver- ankern Drucksache 18/4814 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9940 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Ralph Lenkert, Birgit Menz, Caren Lay, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Meeresum- weltschutz national und international stär- ken Drucksache 18/4809 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9940 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9940 C Karsten Möring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9941 D Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 9943 D Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . 9945 A Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9946 C Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9947 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9948 D Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU) . . . . . . 9950 A Michael Thews (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9951 B Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Starke Städte und Quartiere – Die Erfolgsgeschichte der Städtebauförderung fortschreiben Drucksache 18/4806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9952 B Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . 9952 C Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 9953 C Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 9954 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9956 C Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9957 D Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9959 A Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu dem Vor- schlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Klonen von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Equiden, die für landwirtschaftliche Zwecke gehalten und reproduziert wer- den – KOM(2013) 892 endg.; Ratsdok. 18152/13 – und – zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das Inverkehr- bringen von Lebensmitteln von Klontie- ren – KOM(2013) 893 endg.; Ratsdok. 18153/13 – hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Kein Klonfleisch in der EU – Für mehr Tier- und Verbraucherschutz Drucksache 18/4808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9960 A Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9960 C Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 9962 B Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 9963 B Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9964 C Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9965 C Christina Jantz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9966 C Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Sevim Dağdelen, Caren Lay, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden Drucksache 18/4333 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9967 B Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 9967 C Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9968 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9969 D Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9971 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9972 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . 9973 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9973 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 9927 (A) (C) (D)(B) 104. Sitzung Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 Beginn: 10.30 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 9973 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Becker, Dirk SPD 08.05.2015 Dr. Bergner, Christoph CDU/CSU 08.05.2015 Buchholz, Christine DIE LINKE 08.05.2015 Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Ehrmann, Siegmund SPD 08.05.2015 Freitag, Dagmar SPD 08.05.2015 Gohlke, Nicole DIE LINKE 08.05.2015 Gröhe, Hermann CDU/CSU 08.05.2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 08.05.2015 Hintze, Peter CDU/CSU 08.05.2015 Hinz (Essen), Petra SPD 08.05.2015 Hornhues, Bettina CDU/CSU 08.05.2015 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 08.05.2015 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 08.05.2015 Kovac, Kordula CDU/CSU 08.05.2015 Krellmann, Jutta DIE LINKE 08.05.2015 Dr. Lücking-Michel, Claudia CDU/CSU 08.05.2015 Menz, Birgit DIE LINKE 08.05.2015 Motschmann, Elisabeth CDU/CSU 08.05.2015 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 08.05.2015 Nietan, Dietmar SPD 08.05.2015 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Pflugradt, Jeannine SPD 08.05.2015 Dr. Rosemann, Martin SPD 08.05.2015 Roth (Heringen), Michael SPD 08.05.2015 Rüffer, Corinna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 08.05.2015 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 08.05.2015 Steinbrück, Peer SPD 08.05.2015 Strothmann, Lena CDU/CSU 08.05.2015 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 08.05.2015 Ulrich, Alexander DIE LINKE 08.05.2015 Dr. Weisgerber, Anja CDU/CSU 08.05.2015 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 08.05.2015 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) hat mit Schreiben vom 6. Mai 2015 mitgeteilt, dass er entgegen seinem Schreiben vom 25. März 2015 nicht von einer Bericht- erstattung zu der nachstehenden Vorlage gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung abgesehen hat. Die Amtliche Mitteilung ohne Verlesung vom 27. März 2015 (98. Sitzung) wird insoweit aufgehoben. – Unterrichtung durch die Bundesregierung Baukulturbericht 2014/15 der Bundesstiftung Baukul- tur und Stellungnahme der Bundesregierung Drucksache 18/3020 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 9974 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 (A) (C) (B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 18/642 Nr. C.7 Ratsdokument 8229/13 Drucksache 18/1707 Nr. A.2 Ratsdokument 9550/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.5 Ratsdokument 15013/14 Drucksache 18/3898 Nr. A.9 EP P8_TA-PROV(2014)0102 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/4749 Nr. A.32 Ratsdokument 7252/15 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/4253 Nr. A.3 Ratsdokument 5095/15 (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 104. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 18 Deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010/2013 ZP 5,6 Meeresschutz TOP 20 Städtebauförderung TOP 21 EU-Richtlinie über das Klonen von Nutztieren TOP 14 Tag der Befreiung als Gedenktag Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Tim Ostermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

    Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
    Heute vor 70 Jahren hat die deutsche Wehrmacht bedin-
    gungslos gegenüber den Alliierten kapituliert. Ein sechs-
    jähriger Weltkrieg fand damit in Europa sein Ende. An
    diesem Krieg waren mehr als 60 Staaten beteiligt. Mehr
    als 50 Millionen Menschen – wir haben es eben schon
    gehört – sind ihm zum Opfer gefallen. Am 8. Mai 1945
    war dieser grauenvolle Krieg endlich beendet. Das Töten
    hörte auf.

    Das Ende des Zweiten Weltkrieges bedeutete die mili-
    tärische Niederlage Deutschlands. Mit dem Ende des
    Krieges ging aber auch das Ende der NS-Diktatur einher.
    Zwölf Jahre lang haben die Nationalsozialisten Deutsch-
    land und Europa mit ihrer Schreckensherrschaft terrori-
    siert. Wer nicht in das Idealbild der Nationalsozialisten
    passte, wurde verfolgt, drangsaliert, getötet. Der traurige
    und auch heute noch schwer zu fassende Tiefpunkt war
    dabei der Holocaust. Über 6 Millionen Menschen jüdi-
    schen Glaubens wurden von den Nationalsozialisten sys-
    tematisch und auf bestialische Weise ermordet.

    Anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung der
    Konzentrationslager haben wir viele Zeitzeugenberichte
    hören können, die das Grauen noch einmal anschaulich
    machten. Magda Hollander-Lafon, eine Überlebende des
    Konzentrationslagers Auschwitz, berichtete vor einigen
    Monaten in der Süddeutschen Zeitung Folgendes:

    Der Gestank von verbranntem Fleisch war uner-
    träglich. Wir wurden gedemütigt und mit Peitschen
    geschlagen. Die Nazis haben mit uns gemacht, was
    ihnen in den Sinn kam. Ziel war, dass wir schnellst-
    möglich draufgingen. Das übersteigt jegliche Vor-
    stellungskraft. Wir waren bereit zu sterben. Ich
    hatte akzeptiert, dass es so sein sollte. Der Tod war
    Realität, genau wie der Hass und die Angst.

    Wenn ich diese und andere Berichte von Zeitzeugen
    höre, besteht für mich kein Zweifel daran, dass der Un-
    tergang des NS-Regimes für die Menschen in Europa
    eine Befreiung war, und es besteht kein Zweifel daran,
    dass das Ende des Zweiten Weltkrieges auch für die
    Deutschen eine Befreiung darstellte.

    Es war keine Selbstbefreiung. Hieran hat unser Präsi-
    dent in der heutigen Gedenkveranstaltung erinnert. Es
    bedurfte der Befreiung von außen. Hierfür sind wir den
    Alliierten gerade an diesem 70. Jahrestag zu außeror-
    dentlichem Dank verpflichtet.

    Was dem 8. Mai 1945 folgte, brachte jedoch nicht für
    jeden Freiheit. Im Westen setzte sich die Befreiung fort.
    Entnazifizierung und Demokratisierung: Unter diesen
    Stichworten wurde in den westdeutschen Besatzungs-
    zonen ein Neuanfang ermöglicht. Diejenigen, die sich an
    den bestialischen Verbrechen des NS-Regimes beteiligt
    hatten, wurden zur Rechenschaft gezogen und vor Ge-
    richt gestellt, wenn auch leider nicht alle und teilweise
    viel zu spät. Auch heute noch dauern die juristische Aus-
    einandersetzung und die juristische Aufarbeitung dieser
    schrecklichsten Periode der deutschen Geschichte an,
    wie das Beispiel des Prozesses gegen Oskar Gröning vor
    dem Landgericht Lüneburg zeigt.

    Trotz der großen Schuld, die viele – viel zu viele –
    Deutsche auf sich geladen hatten, gaben die westlichen
    Alliierten den Deutschen in ihren Besatzungszonen eine
    neue Perspektive, eine zweite Chance. Die westdeutsche
    Gesellschaft wurde demokratisiert. Politische Stabilität,
    Wohlstand und sozialer Ausgleich waren die Folge. Der
    Schutz und die Achtung der Würde des Menschen wur-
    den zur zentralen Verpflichtung des Staates, so wie es in
    dem allerersten Artikel unseres Grundgesetzes zum Aus-
    druck kommt. Mit Ende des Krieges wurde Westdeutsch-
    land eine Entwicklung ermöglicht, die am 8. Mai 1945
    keiner für möglich gehalten hätte.

    Unsere Landsleute in der Sowjetischen Besatzungs-
    zone empfanden den 8. Mai 1945 dagegen weit überwie-
    gend nicht als Tag der Befreiung,


    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)






    Dr. Tim Ostermann


    (A) (C)



    (D)(B)

    wohl als Tag der Befreiung von der NS-Gewaltherr-
    schaft, nicht aber als Tag der Befreiung von Diktatur,
    Unfreiheit und Unrecht.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gabriele Fograscher [SPD] – Zuruf von der LINKEN: Buh!)


    In den ersten Jahren nach Einrichtung der Sowjetischen
    Besatzungszone wurden mehr als 120 000 Deutsche
    ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. Zehntausende wurden
    in die Sowjetunion deportiert, um dort in Zwangslagern
    zu arbeiten. Mehr als 40 000 Deutsche kamen dort um.

    Auf Geheiß der Sowjetunion wurde die sogenannte
    Deutsche Demokratische Republik gegründet. Das ein-
    gängigste Symbol für die Unfreiheit in der DDR


    (Zuruf von der LINKEN: Alter Krieger!)


    stellt der Bau der Berliner Mauer dar. Die Bürger Ost-
    berlins und die in den übrigen Gebieten der DDR wur-
    den buchstäblich eingemauert, damit sie dem Regime
    nicht entfliehen konnten. Innerhalb von Zaun und Mau-
    ern eingesperrt, mussten die DDR-Bürger die Exzesse
    von Staat und Partei ertragen: Erschießung beim Ver-
    such, die Grenze zu überqueren, Folter und Misshand-
    lungen in den Gefängnissen,


    (Widerspruch bei der LINKEN)


    Ausforschung und Terrorisierung durch die Stasi, keine
    Meinungsfreiheit, keine Pressefreiheit.


    (Ulrich Freese [SPD]: Ihre Schwesterpartei hat mitgemacht!)


    Für diejenigen, die in den Jahren danach unter Dikta-
    tur, Unfreiheit und Unrecht litten, war der 8. Mai 1945
    kein Tag der Befreiung.


    (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Das ist ja unglaublich!)


    Die vollständige Befreiung der Deutschen in der DDR
    trat erst am 9. November 1989 ein: mit dem Fall der
    Mauer und des Eisernen Vorhangs.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Was ist denn das für ein Geschichtsbild?)


    Ebenfalls nicht vergessen darf man die weit über
    10 Millionen Vertriebenen, die nach 1945 die ehemali-
    gen Ostgebiete des Deutschen Reiches verlassen muss-
    ten. Ja, es ist richtig: Die Vertreibung stellt eine Folge
    der Gewaltherrschaft des NS-Regimes und des von ihm
    angezettelten Krieges dar. Unabhängig von der Frage der
    Verursachung sollte man aber nicht verkennen, dass
    durch die Vertreibung, aber auch durch Kriegsgefangen-
    schaft millionenfaches Leid über die Menschen gebracht
    wurde. Darum ist es nachvollziehbar, dass auch diese
    Menschen den 8. Mai in erster Linie nicht als Tag der
    Befreiung empfanden und empfinden.


    (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ach so! Weiterhin den Faschismus! Das wäre besser gewesen!)

    Keine Frage: Der 8. Mai ist ein Datum, das in der
    deutschen Geschichte einen wichtigen Platz einnimmt.


    (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das ist ja pfui!)


    Daher wird in der Bundesrepublik jedes Jahr an das
    Kriegsende erinnert, auch in diesem Plenarsaal. Lassen
    Sie mich an dieser Stelle sagen: Ich finde, dass wir heute
    Morgen herausragende und – im positiven Sinne – denk-
    würdige Redebeiträge erleben durften.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Sie haben bloß nicht zugehört!)


    Heinrich August Winkler gab uns mit auf den Weg
    – ich zitiere ihn –:

    Niemand erwartet von den Nachgeborenen, dass sie
    sich schuldig fühlen angesichts von Taten, die lange
    vor ihrer Geburt von Deutschen im Namen
    Deutschlands begangen wurden. Zur Verantwor-
    tung für das eigene Land gehört aber immer auch
    der Wille, sich der Geschichte dieses Landes im
    Ganzen zu stellen.

    Am 8. Mai werden wir uns der Geschichte dieses
    Landes in besonderer Weise bewusst. Ich möchte aber
    auch daran erinnern, dass wir uns dessen alljährlich auch
    am 27. Januar bewusst werden. Am 27. Januar 1945 be-
    freite die Rote Armee das Konzentrationslager Ausch-
    witz. An diesem Tag wird bundesweit der Opfer des Na-
    tionalsozialismus gedacht. Die Initiative hierzu ging im
    Jahr 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman
    Herzog aus.


    (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigentlich von Antje Vollmer!)


    Er proklamierte einen Gedenktag. Wir glauben, dass da-
    neben kein weiterer gesetzlicher Gedenktag eingeführt
    werden sollte.

    Roman Herzog begründete seine damalige Initiative
    wie folgt – ich zitiere ihn, und damit möchte ich schlie-
    ßen –:

    Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch
    künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen.
    Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns
    zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer
    über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken
    an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der
    Wiederholung entgegenwirken.

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Als nächster Redner hat Volker Beck von der Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Beck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

    Heinrich Böll sagte 1985:





    Volker Beck (Köln)



    (A) (C)



    (D)(B)

    Ihr werdet die Deutschen immer wieder daran er-
    kennen können, ob sie den 8. Mai als Tag der Nie-
    derlage oder der Befreiung bezeichnen.

    Ich finde, da sind wir 30 Jahre später ein gehöriges Stück
    weiter. Heute konnte der Bundestagspräsident mit Zu-
    stimmung und Applaus aus allen Fraktionen sagen: Der
    8. Mai ist ein Tag der Befreiung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


    Das ist ein Fortschritt, und das sollten wir festhalten.

    Ich will hinzufügen: Es ist der Tag der Befreiung, und
    ich bin den Befreiern dankbar – allen Befreiern: der Ro-
    ten Armee, den Amerikanern, den Franzosen, den Bri-
    ten, den Polen und allen, die daran mitgewirkt haben,
    auch den deutschen Widerstandskämpfern, die gemein-
    sam mit den Alliierten den Hitler-Faschismus niederge-
    rungen haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Diese Dankbarkeit ist nicht selbstverständlich im Ho-
    hen Hause. Ich habe gerade am Donnerstag im Fernse-
    hen eine CDU-Kollegin, Frau Steinbach, gehört, der das
    Wort Dankbarkeit immer noch nicht über die Lippen ge-
    hen will.


    (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Auch heute nicht!)


    Herr Ostermann, ich fand an dieser Stelle auch Ihre
    Rede nicht angemessen.


    (Beifall der Abg. Ulrich Freese [SPD] und Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])


    Der 8. Mai war eine Zäsur und eine Befreiung auch für
    die Menschen hinter dem Eisernen Vorhang. Der Holo-
    caust war zu Ende. Das massenhafte, systematische und
    rassebiologisch begründete Morden hatte damit in Eu-
    ropa ein Ende. Das war eine Befreiung für alle Men-
    schen, die darunter zu leiden hatten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU)


    Ich will nichts kleinreden. Meine Mutter ist beim
    17. Juni 1953 dabei gewesen und aus der DDR geflohen.
    Mein Vater wurde aus dem Sudetenland vertrieben.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann wissen Sie doch, wie es war!)


    Ich will nicht kleinreden, dass es danach Unfreiheit und
    Unrecht gab. Aber das hatte eine andere Dimension als
    der Hitler-Faschismus, unter dem Millionen Menschen
    nicht nur in deutschem Namen, sondern auch von vielen
    Deutschen ermordet wurden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


    Liebe Kollegen von der Linken, ich finde, wir müssen
    sehr sorgfältig diskutieren, wenn es um Gedenkpolitik
    geht. Ich möchte nicht, dass wir uns in Gedenkritualen
    erschöpfen und dass dann kein wirkliches Gedenken
    mehr stattfindet. Ich bin Antje Vollmer dankbar, dass sie
    damals den Bundespräsidenten Herzog überzeugt hat,
    den 27. Januar als Gedenktag für die Opfer des National-
    sozialismus zu proklamieren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Das ist wichtig und hat sich mittlerweile in der Gedenk-
    kultur unseres Landes tief verankert und verwurzelt.

    Bevor wir Ihren Antrag annehmen – Sie stellen ihn
    zum wiederholten Mal im Hohen Hause – und den 8.
    Mai zum gesetzlichen Gedenktag erheben, müssten wir
    darüber reden, was wir an diesem Tag tatsächlich ma-
    chen würden und was wir anders machen würden. Wir
    können nicht mehrmals im Jahr die gleichen Veranstal-
    tungen durchführen. Dann erschöpft es sich und verliert
    seine Ausstrahlungskraft. Es gibt sicherlich Wichtigeres,
    als weitere Gedenktage zu proklamieren. Andere mögli-
    che Gedenktage wären der Kriegsbeginn, der Anschluss
    des Sudetenlandes und das Desaster des Münchner Ab-
    kommens. Das alles sind Meilensteine des Unrechts im
    20. Jahrhundert. Auch dessen könnte man gedenken,
    weil die Ereignisse an diesen Tagen mit in die Katastro-
    phe geführt haben, die schließlich am 8. Mai 1945 en-
    dete.

    Ich meine, dass eine andere Aufgabe viel wichtiger
    ist. Wenn wir uns genau anschauen, wessen wir geden-
    ken, dann stellen wir fest, dass wir Lücken in unserem
    Gedenken haben. Es gab viele Millionen Tote im Zwei-
    ten Weltkrieg. Den größten Blutzoll haben die Völker
    der ehemaligen Sowjetunion und die Polen zu zahlen ge-
    habt. Die Sowjetunion hatte 14 Millionen tote Zivilisten
    und 13 Millionen tote Soldaten zu beklagen. Die zweit-
    größte Opfergruppe des systematischen, rassistischen
    Ermordens ist noch immer ein dunkler Fleck in unserem
    Gedenken. Neben 6 Millionen Juden wurden im Deut-
    schen Reich 3 Millionen sowjetische Kriegsgefangene
    ermordet. Ich frage Sie: Wo haben wir als Bundestag an-
    erkannt, dass das nationalsozialistisches Unrecht ist? Wo
    ist ein Denkmal für diese ermordeten Menschen? Diese
    Menschen wurden rassebiologisch begründet ermordet
    und wurden nicht wie die westalliierten Kriegsgefange-
    nen behandelt, für die die Genfer Konventionen galten.
    Diese Konventionen wurden für diese Kriegsgefangenen
    systematisch ausgesetzt. Diese Menschen verhungerten
    und erfroren, wurden totgeschlagen und krepierten an
    Krankheiten elendig, weil das von den Nazis so gewollt
    und verordnet war. Deshalb bin ich dem Bundespräsi-
    denten dankbar, der diese Woche gesagt hat:

    Aus mancherlei Gründen ist dieses grauenhafte
    Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen in
    Deutschland nie angemessen ins Bewusstsein ge-
    kommen – es liegt bis heute in einem Erinnerungs-
    schatten.

    Wir haben heute in vielen Reden gesagt – so auch der
    Bundestagspräsident und unser Gastredner Professor
    Winkler in der Gedenkfeier –, dass die Verantwortung,





    Volker Beck (Köln)



    (A) (C)



    (D)(B)

    die wir für die Vergangenheit tragen, bedeutet, dass wir
    uns der Vergangenheit stellen müssen. Diesem Unrecht
    müssen wir uns noch stellen. Deshalb fordere ich Sie
    auf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition:
    Lassen Sie uns in diesem Jahr endlich feststellen, dass
    die sowjetischen Kriegsgefangenen Opfer nationalsozia-
    listischen Unrechts waren. Lassen Sie uns ihnen mit ei-
    ner humanitären Geste die Hand zur Versöhnung rei-
    chen. Lassen Sie uns darüber nachdenken, wie wir dieses
    Unrechts angemessen gedenken. Das ist mir wichtiger
    als ein weiterer Gedenktag.

    Ich kann Ihnen sagen: Wir haben am Mittwoch da-
    rüber in der Bundesstiftung „Denkmal für die ermorde-
    ten Juden Europas“ diskutiert. Der Beirat schlägt vor,
    dass man sich dieses Themas annimmt. Ich finde, wir
    sollten uns als Bundestag diesen Fragen gemeinsam öff-
    nen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)