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ID1810400100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/104 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 104. Sitzung Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010 bis 2013 Drucksachen 18/2900, 18/3108 Nr. 2, 18/4416 9927 A Christoph Strässer, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechts- politik und Humanitäre Hilfe . . . . . . . . . . . 9927 B Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 9928 D Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9930 C Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9932 B Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 9933 D Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 9935 A Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9936 B Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9937 B Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 9938 D Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Peter Meiwald, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schutz der Meere weltweit ver- ankern Drucksache 18/4814 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9940 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Ralph Lenkert, Birgit Menz, Caren Lay, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Meeresum- weltschutz national und international stär- ken Drucksache 18/4809 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9940 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9940 C Karsten Möring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9941 D Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 9943 D Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . 9945 A Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9946 C Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9947 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9948 D Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU) . . . . . . 9950 A Michael Thews (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9951 B Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Starke Städte und Quartiere – Die Erfolgsgeschichte der Städtebauförderung fortschreiben Drucksache 18/4806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9952 B Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . 9952 C Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 9953 C Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 9954 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9956 C Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9957 D Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9959 A Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu dem Vor- schlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Klonen von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Equiden, die für landwirtschaftliche Zwecke gehalten und reproduziert wer- den – KOM(2013) 892 endg.; Ratsdok. 18152/13 – und – zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das Inverkehr- bringen von Lebensmitteln von Klontie- ren – KOM(2013) 893 endg.; Ratsdok. 18153/13 – hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Kein Klonfleisch in der EU – Für mehr Tier- und Verbraucherschutz Drucksache 18/4808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9960 A Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9960 C Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 9962 B Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 9963 B Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9964 C Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9965 C Christina Jantz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9966 C Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Sevim Dağdelen, Caren Lay, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden Drucksache 18/4333 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9967 B Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 9967 C Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9968 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9969 D Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9971 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9972 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . 9973 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9973 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 9927 (A) (C) (D)(B) 104. Sitzung Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 Beginn: 10.30 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 9973 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Becker, Dirk SPD 08.05.2015 Dr. Bergner, Christoph CDU/CSU 08.05.2015 Buchholz, Christine DIE LINKE 08.05.2015 Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Ehrmann, Siegmund SPD 08.05.2015 Freitag, Dagmar SPD 08.05.2015 Gohlke, Nicole DIE LINKE 08.05.2015 Gröhe, Hermann CDU/CSU 08.05.2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 08.05.2015 Hintze, Peter CDU/CSU 08.05.2015 Hinz (Essen), Petra SPD 08.05.2015 Hornhues, Bettina CDU/CSU 08.05.2015 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 08.05.2015 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 08.05.2015 Kovac, Kordula CDU/CSU 08.05.2015 Krellmann, Jutta DIE LINKE 08.05.2015 Dr. Lücking-Michel, Claudia CDU/CSU 08.05.2015 Menz, Birgit DIE LINKE 08.05.2015 Motschmann, Elisabeth CDU/CSU 08.05.2015 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 08.05.2015 Nietan, Dietmar SPD 08.05.2015 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Pflugradt, Jeannine SPD 08.05.2015 Dr. Rosemann, Martin SPD 08.05.2015 Roth (Heringen), Michael SPD 08.05.2015 Rüffer, Corinna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 08.05.2015 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 08.05.2015 Steinbrück, Peer SPD 08.05.2015 Strothmann, Lena CDU/CSU 08.05.2015 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 08.05.2015 Ulrich, Alexander DIE LINKE 08.05.2015 Dr. Weisgerber, Anja CDU/CSU 08.05.2015 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 08.05.2015 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) hat mit Schreiben vom 6. Mai 2015 mitgeteilt, dass er entgegen seinem Schreiben vom 25. März 2015 nicht von einer Bericht- erstattung zu der nachstehenden Vorlage gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung abgesehen hat. Die Amtliche Mitteilung ohne Verlesung vom 27. März 2015 (98. Sitzung) wird insoweit aufgehoben. – Unterrichtung durch die Bundesregierung Baukulturbericht 2014/15 der Bundesstiftung Baukul- tur und Stellungnahme der Bundesregierung Drucksache 18/3020 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 9974 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 (A) (C) (B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 18/642 Nr. C.7 Ratsdokument 8229/13 Drucksache 18/1707 Nr. A.2 Ratsdokument 9550/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.5 Ratsdokument 15013/14 Drucksache 18/3898 Nr. A.9 EP P8_TA-PROV(2014)0102 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/4749 Nr. A.32 Ratsdokument 7252/15 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/4253 Nr. A.3 Ratsdokument 5095/15 (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 104. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 18 Deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010/2013 ZP 5,6 Meeresschutz TOP 20 Städtebauförderung TOP 21 EU-Richtlinie über das Klonen von Nutztieren TOP 14 Tag der Befreiung als Gedenktag Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Claudia Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Guten Morgen! Die Sitzung ist eröffnet – nach einem

    sehr beeindruckenden ersten Teil am heutigen 8. Mai in
    unserem Bundestag.

    Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

    Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
    richts des Ausschusses für Menschenrechte und
    Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu der Unter-
    richtung durch die Bundesregierung

    Bericht der Bundesregierung über die deut-
    sche humanitäre Hilfe im Ausland 2010 bis
    2013

    Drucksachen 18/2900, 18/3108 Nr. 2, 18/4416

    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
    die Aussprache 60 Minuten vorgesehen. – Kein Wider-
    spruch. Dann ist das so beschlossen.

    Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort als ers-
    tem Redner Christoph Strässer, dem Beauftragten der
    Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Huma-
    nitäre Hilfe.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Christoph Strässer, Beauftragter der Bundesregie-
    rung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe:

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich schwierig, an
    diesem 8. Mai nach dieser beeindruckenden Veranstal-
    tung sofort wieder zur Tagesordnung überzugehen. Ich
    glaube aber, dass das heute ganz wichtig ist; denn der
    Tagesordnungspunkt, über den wir jetzt sprechen, ist ge-
    prägt von Bildern und Meldungen, die wir eigentlich
    nicht mehr sehen wollten: Bilder von Vertreibung, von
    Flucht, von gepeinigten Menschen weltweit.

    Wenn man sich die Zahlen vergegenwärtigt, die der
    UNHCR, der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten
    Nationen, veröffentlicht hat, geht es dabei um mittler-
    weile 56 Millionen Menschen weltweit, Menschen, die
    auf der Flucht oder Vertriebene im eigenen Land sind,
    weil Krieg und gewaltsam ausgetragene Konflikte wie in
    Syrien, im Irak, im Jemen, im Südsudan oder in der De-
    mokratischen Republik Kongo ihr Leben bedrohen oder
    ihre Lebensgrundlagen zerstören. Es ist die höchste Zahl
    seit der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges.

    Auch die Zahl der Naturkatastrophen nimmt ständig
    zu. Das Erdbeben vom 25. April in Nepal mit seinen dra-
    matischen Auswirkungen, von denen mehr als 8 Millio-
    nen Menschen betroffen sind, stellt die Helfer und Hel-
    ferinnen vor massive logistische Herausforderungen. Es
    gibt auch immer wieder lokale Katastrophen, die wir in
    unserem Land und auf unserem Kontinent überhaupt
    nicht zur Kenntnis nehmen.

    Wenn man das in Zahlen ausdrücken will, dann heißt
    das, dass der weltweite Bedarf an humanitärer Hilfe seit
    2009 von knapp 10 Milliarden US-Dollar auf über
    19 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 angestiegen ist.
    Der Bundestag hat dem mit einer deutlichen Mittelerhö-
    hung Rechnung getragen. Es ist gut, dass wir nicht nur
    und nicht immer wieder von außerplanmäßigen Haus-
    haltsmitteln Gebrauch machen müssen, sondern dass mit
    dem für dieses Jahr verabschiedeten Haushalt circa
    400 Millionen Euro für Hilfsprogramme zur Verfügung
    gestellt werden. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger
    Beitrag zu besserer Planbarkeit und damit Effizienz von
    humanitärer Hilfe.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben auch in den Strukturen der humanitären
    Hilfe in den letzten Jahren gravierende und wichtige
    Veränderungen durchgeführt. Der Bericht, über den wir
    heute reden, zeigt im Hinblick auf das Spektrum der Kri-
    sen auf, dass die Krisen langandauernd und bleibend
    sind. Sie haben seit 2013 auch nicht haltgemacht. Im Ge-
    genteil: Inzwischen sind in Syrien mehr als 12 Millionen
    Menschen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung, auf hu-
    manitäre Hilfe angewiesen. Weitere Krisen und Kon-
    flikte haben sich verschärft oder sind neu hinzugekom-
    men: Ebola, der Konflikt im Südsudan, die Krise in der





    Beauftragter Christoph Strässer


    (A) (C)



    (D)(B)

    Ukraine, der Vormarsch von ISIS im Irak, der Konflikt
    im Jemen, der Terror der Boko Haram.

    Das – es ist sicherlich schwer, das auszusprechen,
    aber wir müssen es zur Kenntnis nehmen – bedeutet,
    dass Krisen heute den Normalzustand darstellen, dass
    humanitäre Hilfe mehr denn je gefordert ist, um den not-
    leidenden Menschen vor Ort zu helfen. Das ist eine der
    Schlussfolgerungen aus der Feststellung von Bundes-
    außenminister Steinmeier. Er hat gesagt: 2014 ist die
    Welt ein Stück weit aus den Fugen geraten.

    Wir bemühen uns an vielen Stellen um politische Lö-
    sungen. Diese können humanitäre Hilfe aber nicht erset-
    zen. Denn humanitäre Hilfe kann die Menschen befähi-
    gen, auch in größter Not Würde und Selbstständigkeit zu
    wahren. Deshalb ist sie ein Markenzeichen unserer deut-
    schen Politik und insbesondere unserer deutschen Au-
    ßenpolitik.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Es hat die Vereinbarung zwischen den beteiligten
    Ressorts gegeben – das ist aus unserer Sicht eine wich-
    tige strukturelle Veränderung gewesen –, ab dem Jahr
    2012 die humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt zusam-
    menzuführen; das ist geschehen. Ich glaube, diese Struk-
    turveränderung hat sich nicht nur bewährt, sondern wird
    mittlerweile auch von allen unseren Partnern als eine
    gute und wichtige Grundlage für die weitere Arbeit in
    diesem Bereich angesehen; dies sollte nicht infrage ge-
    stellt werden.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Erika Steinbach [CDU/CSU])


    Das bedeutet, dass humanitäre Ernährungshilfe mit an-
    deren Hilfsmaßnahmen verknüpft werden kann, zum
    Beispiel bei der Wasser- und der Sanitärversorgung.
    Dort können wir vorausschauender agieren und Sofort-
    hilfe mit der Stärkung von Kapazitäten vor Ort verbin-
    den.

    Humanitäre Hilfe bedeutet aber längst nicht mehr
    – das ist eine Erkenntnis, die viel zu spät gekommen ist –
    nur schnelles Reagieren, wenn Krisen über uns herein-
    brechen. Schnelles Reagieren ist sicherlich wichtig, wie
    das Erdbeben in Nepal gerade gezeigt hat. Aber gleich-
    zeitig bedeutet verantwortungsvolle humanitäre Hilfe
    auch und gerade – das ist vielleicht in Zukunft wichtiger –,
    vorausschauend zu agieren, Planbarkeit von humanitärer
    Hilfe in komplexen Krisen zu gewährleisten und nega-
    tive Folgen potenzieller Krisen abzumildern. In Syrien
    und in den Nachbarländern beginnt dieses Konzept zu
    greifen. Dort machen wir uns für mehrjährige Pro-
    gramme stark, die Nothilfe mit der Förderung der Selbst-
    ständigkeit von Flüchtlingen verbinden, zum Beispiel
    durch Cash-Programme, die helfen, nationale Märkte
    aufzubauen. Ich glaube, dass die Berliner Flüchtlings-
    konferenz vom Herbst letzten Jahres hierfür einen wich-
    tigen Maßstab gesetzt hat, der international anerkannt
    wird. Auch auf internationaler Ebene gehen die Bemü-
    hungen um die Veränderung bzw. die Verbesserung der
    humanitären Hilfe weiter. Die Experten sprechen von ei-
    nem Paradigmenwechsel, hin zu strategisch-voraus-
    schauender humanitärer Hilfe und zur Förderung von
    Qualität und Effizienz.

    Frühzeitig haben wir – ich glaube, das wird eine der
    Herausforderungen, die uns noch lange beschäftigen
    werden – die Agenda des Klimawandels auf die Tages-
    ordnung der humanitären Hilfe gesetzt. Hier werden
    viele präventive Maßnahmen erforderlich sein. Wir un-
    terstützen zudem – ich glaube, das ist in der nächsten
    Zeit die wichtigste Aufgabe im internationalen Bereich –
    den humanitären Weltgipfel, der auf Initiative des Gene-
    ralsekretärs der Vereinten Nationen einberufen wurde
    und erstmals im Mai 2016 in Istanbul stattfinden wird.
    Wir erwarten von diesem Gipfel und insbesondere von
    den Vorbereitungskonferenzen, die in Bonn stattgefun-
    den haben und im Oktober in Berlin fortgesetzt werden,
    dass es konkrete, verwertbare Gipfelergebnisse gibt, die
    das internationale humanitäre System zukunftsfähig ma-
    chen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    In der humanitären Hilfe geht es nicht – das ist ganz
    wichtig – um politische oder wirtschaftliche Interessen,
    sondern um notleidende Menschen. Es ist unsere ethi-
    sche Verantwortung, diesen Menschen ein Überleben in
    Würde und Sicherheit zu ermöglichen. Die Herausforde-
    rungen an die humanitäre Hilfe werden weiter wachsen.
    Ihr kommt eine zentrale Rolle zu, wenn es darum geht,
    für den Dauerzustand Krise besser aufgestellt zu sein.
    Verantwortungsvolle humanitäre Hilfe braucht Professi-
    onalität und leistungsstarke Partner. Diese haben wir in
    den VN-Organisationen, der Internationalen Rotkreuz-
    und Rothalbmondbewegung sowie den Nichtregierungs-
    organisationen. Auf diese Partnerschaften setzen wir
    weiterhin.

    Lassen Sie mich zum Schluss all den Menschen dan-
    ken, die teilweise ganz spontan ihre Arbeitsplätze verlas-
    sen, um in Krisenregionen zu gehen. Das eine ist, staatli-
    che humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Das
    andere ist, die Menschen zu unterstützen und sich mit ih-
    nen zu solidarisieren, die nach meiner Auffassung die
    wahren Helden unserer Zeit sind. Sie gehen in fremde
    Regionen, um Menschen zu helfen, und setzen dabei ihre
    Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel. Ihnen ein ganz
    herzliches Dankeschön! Ich hoffe, dass wir zusammen
    mit ihnen weiterhin unsere deutsche humanitäre Hilfe
    stärken.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Christoph Strässer. – Nächste Rednerin:

Inge Höger für die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Inge Höger-Neuling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Be-

    richt der Bundesregierung über die deutsche humanitäre





    Inge Höger


    (A) (C)



    (D)(B)

    Hilfe im Ausland steht leider zu einem erschreckend
    passenden Moment auf unserer Tagesordnung. Das ver-
    heerende Erdbeben in Nepal zeigt uns die große Hilfsbe-
    reitschaft vieler Menschen weltweit – Herr Strässer hat
    es eben schon angesprochen –, es zeigt aber auch logisti-
    sche Schwachstellen und Probleme bei der konkreten
    Umsetzung von Hilfe. Humanitäre Hilfe, also die Unter-
    stützung von Menschen in Notlagen, wird absehbar in
    den nächsten Jahren eine immer größere Herausforde-
    rung darstellen. Naturkatastrophen, Dürren, Über-
    schwemmungen und verheerende Stürme nehmen zu.
    Deswegen muss an einer weiteren Verbesserung und
    Ausweitung der humanitären Hilfe gearbeitet werden.
    Doch nicht allein Naturkatastrophen oder Krankheiten
    wie Ebola führen zu humanitären Notlagen. Kriege und
    Konflikte zerstören Menschenleben, die Gesundheit und
    die Zukunft ganzer Gesellschaften.

    Am Mittwoch wurden die aktuellen Zahlen über die
    Menschen veröffentlicht, die 2014 aus ihren Wohnorten
    vertrieben wurden. 60 Prozent flohen infolge von Krie-
    gen und bewaffneten Konflikten. Zu dieser hohen An-
    zahl von Flüchtlingen kommen noch einmal 11 Millio-
    nen Binnenflüchtlinge. Jeden Tag flohen 30 000
    Menschen aus ihrer Heimat. Während des Zeitraums un-
    serer Debatte sind es 1 400. Jan Egeland, Generalsekre-
    tär des Norwegischen Flüchtlingsrates, äußerte seine Be-
    troffenheit wie folgt: In 30 Jahren als Katastrophenhelfer
    habe ich nie solche Zahlen gesehen, solche Zerstörung,
    solches Leid.

    Niemand hier will und kann angesichts dieser drama-
    tischen Situation wegschauen und zur Tagesordnung
    übergehen.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Wir müssen als Antwort auf die humanitären Krisen alle
    Anstrengungen massiv verstärken – und das nicht nur
    mittelfristig, sondern sofort. Damit humanitäre Hilfe
    dort ankommen kann, wo sie nötig ist, muss sie neutral,
    unparteiisch und unabhängig sein.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Es kann nicht akzeptiert werden, dass humanitäre Hilfe
    in Krisengebieten nur bei den Teilen der Zivilbevölke-
    rung ankommt, deren jeweilige Führung der Bundesre-
    gierung nähersteht. So scheint die Hilfe der Bundesre-
    gierung für Syrien zumindest zu Beginn der Krise fast
    nur in den Gebieten der Rebellen angekommen zu sein,
    und da auch nur bei bestimmten Fraktionen.

    Mehrere Kleine Anfragen meiner Fraktion zeigten
    auch einen sehr selektiven Umgang bei der Hilfe für
    Menschen im Irak. Im Schengal-Gebirge ist zum Bei-
    spiel wenig angekommen. Mit einer solchen Praxis wird
    die Glaubwürdigkeit von humanitärer Hilfe gefährdet,
    und damit werden auch ganz konkret die Helferinnen
    und Helfer gefährdet. Deren Arbeit aber ist schwierig
    genug. Wenn sie dann auch als Parteigänger einer Seite
    wahrgenommen werden, verstärkt dies die Gefährdung.
    Und das kann niemand wollen.


    (Beifall bei der LINKEN)

    Erschreckend ist, wenn humanitäre Hilfe und Ent-
    wicklungshilfe von Sicherheitspolitikern als Unterstüt-
    zung für militärische Stärke diskutiert werden. Humani-
    täre Hilfe darf nicht instrumentalisiert werden. Allein die
    Bedürftigkeit muss ausschlaggebend sein, ob Hilfe ge-
    leistet wird oder nicht. Humanitäre Hilfe und Entwick-
    lungspolitik dürfen nicht im Zuge des sogenannten ver-
    netzten Ansatzes als Teil der Sicherheitspolitik diskutiert
    werden.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich fordere deshalb Ursula von der Leyen auf, bei der
    Formulierung des neuen Weißbuches der Bundeswehr
    zivile Hilfe nicht in sicherheitspolitische Strategien ein-
    zubeziehen.

    Wenn wir für die Zukunft etwas verändern wollen,
    dann lohnt es sich, die Gründe für den steigenden Hilfs-
    bedarf zu analysieren. Zumindest für einen Teil der Na-
    turkatastrophen gibt es Verantwortlichkeiten, die auch in
    Deutschland und in den Industrienationen liegen. Die
    Zunahme von Extremwetterlagen, der Klimawandel,
    wurde und wird vorangetrieben durch eine Wachstums-
    ideologie, die trotz aller anderslautenden Sonntagsreden
    weiterverfolgt wird.


    (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Leider!)


    Im vorliegenden Bericht wird zu Recht auf die Men-
    schen verwiesen, die wegen klimabezogener Naturkata-
    strophen ihre Heimat verlassen müssen. Es wird berich-
    tet, dass niemand wirklich weiß, wie viele infolge von
    schleichenden Klimaveränderungen zur Flucht gezwun-
    gen sein werden. Hier stellt sich die Frage nach der
    konkreten und kurzfristigen Hilfe zusammen mit der Er-
    öffnung neuer Perspektiven für Menschen, die mögli-
    cherweise nie wieder in ihre Heimat zurückkehren kön-
    nen. Es geht um die Frage von Rechten, es geht auch um
    die rechtliche Verankerung des Schutzes von Klima-
    flüchtigen. Zu allem fehlen bis heute international ver-
    bindliche Regelungen. Das muss sich ändern.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wenn wir über das Thema Verantwortung reden, dann
    gehört dazu auch eine ehrliche Bilanz der Militärinter-
    ventionen der letzten zwei Jahrzehnte. Wie sähe der Nor-
    den Afrikas aus, wenn nicht eine Koalition der Willigen
    einen Regime Change herbeigebombt hätte? Wie sähe es
    im Nahen und Mittleren Osten ohne den 2003 begonne-
    nen Irakkrieg aus? Mit diesen brutalen Angriffskriegen
    wurden extremistische Kräfte erst geschaffen oder stark
    gemacht, die heute die ganze Region destabilisieren.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Auch der Afghanistan-Krieg hat keinen Frieden ge-
    bracht, sondern für viele Menschen das Elend vergrö-
    ßert. In dem bereits erwähnten Flüchtlingsbericht wird
    ein einheimischer humanitärer Helfer aus einem Slum in
    Kabul zitiert, wo zahlreiche Binnenflüchtlinge nur sehr
    notdürftig Schutz finden. Er sagt: Wir begraben so viele
    Babys, die an der Kälte gestorben sind, dass ich sie nicht
    mehr zählen kann.





    Inge Höger


    (A) (C)



    (D)(B)

    Auch in Gaza erleben die Menschen nach dem Krieg
    eine fortwährende humanitäre Katastrophe. Im Jemen
    wird gerade mit westlichen Waffen und von westlichen
    Verbündeten die Infrastruktur des Landes so zerstört,
    dass kaum noch humanitäre Hilfe in das Land kommt.
    Beenden Sie endlich die Waffenlieferungen in diese Re-
    gion! Beenden Sie Waffenexporte in Krisenregionen!


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das wäre ein wichtiger Beitrag zur Prävention bzw.
    Minderung humanitärer Krisen.

    Die Linke steht für eine Politik, die Sicherheit nicht
    militärisch definiert. Wir setzen uns ein für eine Sicher-
    heit, die bei den grundlegenden Bedürfnissen der Men-
    schen ansetzt. Jean Ziegler schreibt:

    Ein Kind, das am Hunger stirbt, wird ermordet.

    Es gibt auf der Welt genügend Ressourcen zur Vermei-
    dung humanitärer Notlagen. Niemand brauchte zu ver-
    hungern, zu erfrieren, zu verdursten oder an heilbaren
    Krankheiten zu sterben.

    Es ist deswegen gut, dass die ursprünglich für den
    Haushalt 2015 geplante Kürzung der Mittel für die hu-
    manitäre Hilfe im Ausland wieder zurückgenommen
    wurde. Allerdings ändert das nichts daran, dass die UN
    nach wie vor chronisch unterfinanziert sind, zum Bei-
    spiel bei der Nahrungsmittelhilfe für Krisenregionen in
    den Nachbarländern Syriens. Das ändert auch nichts da-
    ran, dass die EU ihre Mittel für humanitäre Hilfe dras-
    tisch kürzt oder einfriert und die Menschen in der Sahel-
    zone oder am Horn von Afrika auf die versprochene
    Hilfe warten müssen. Gleichzeitig werden diejenigen,
    die versuchen, in Europa Schutz zu suchen, durch die
    massive Abschottungspolitik zu Tausenden in den Tod
    getrieben. Internationale Solidarität sieht anders aus.

    Leider erfolgte die Rücknahme der Kürzung im Bun-
    deshaushalt erst infolge der Ebolakrise. Wenn es nicht
    gelingt, weltweit eine dezentrale Gesundheitsversorgung
    zu etablieren, wenn es nicht gelingt, genügend Gesund-
    heitsfachkräfte auszubilden, wenn nicht die Hilfe zur
    Selbsthilfe gestärkt wird, dann ist auch in der Zukunft
    mit ähnlichen Krisen zu rechnen.

    Ein erster Schritt zur Verbesserung der Situation wäre
    eine deutlich bessere Ausstattung der Weltgesundheits-
    organisation.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Allein die 2016 vorgesehenen Mittel zur geplanten Erhö-
    hung des Etats der Bundeswehr um 1,2 Milliarden Euro
    würden ausreichen, um den Etat der WHO zu verdop-
    peln.


    (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: So ist es!)


    Was alles möglich ist, wenn man internationale Soli-
    darität mit hoher Priorität verfolgt, das zeigt das kleine
    Land Kuba. Dieses kleine und arme Land ist mit Ärzten
    und anderen Helferinnen und Helfern schnell und wir-
    kungsvoll aktiv, wo immer Hilfe nötig ist. In vielen Län-
    dern Lateinamerikas, jetzt in Nepal, aber auch in den
    Ebolagebieten gehörte Kuba zu den Ersten, die die Not
    der Menschen linderten.


    (Beifall bei der LINKEN)