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ID1810106800

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    Plenarprotokoll 18/101 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 101. Sitzung Berlin, Freitag, den 24. April 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 25: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren Drucksache 18/4684 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9653 D b) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 100. Jahresgedenken des Völ- kermords an den Armenierinnen und Armeniern 1915/1916 – Deutschland muss zur Aufarbeitung und Versöh- nung beitragen Drucksache 18/4335 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9654 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Peter Meiwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gedenken an den 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern – Versöhnung durch Auf- arbeitung und Austausch fördern Drucksache 18/4687 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9654 A Präsident Dr. Norbert Lammert . . . . . . . . . . . 9653 A Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9654 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 9655 B Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . 9656 C Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9657 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9659 C Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9660 C Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9661 D Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9663 A Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9664 B Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Jutta Krellmann, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Programm für gute öffentlich geförderte Beschäftigung aufle- gen Drucksache 18/4449 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9665 C Heike Werner, Ministerin (Thüringen) . . . . . . 9665 C Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9667 D Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9669 D Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9670 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9670 D Daniela Kolbe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9672 B Kai Whittaker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9674 B Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9676 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9677 D Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 9678 B Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9678 D Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . 9679 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9679 C Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU) . . . . . . 9680 B Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 9681 D Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9683 A Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9684 B Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 9685 C Tagesordnungspunkt 23: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung der Zusammenar- beit im Bereich des Verfassungsschutzes Drucksache 18/4654 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9686 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über den Umsetzungsstand der Empfehlungen des 2. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages in der 17. Wahlperiode (NSU-Untersuchungs- ausschuss) Drucksache 18/710 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9686 D c) Antrag der Abgeordneten Petra Pau, Jan Korte, Dr. André Hahn, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Wirksame Alternativen zum nachrich- tendienstlich arbeitenden Verfassungs- schutz schaffen Drucksache 18/4682 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9686 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele, Irene Mihalic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine Zäsur und einen Neustart in der deutschen Sicherheitsarchitektur Drucksache 18/4690 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9687 A Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9687 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9689 B Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9690 B Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9691 B Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9692 B Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 9693 C Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9695 C Dr. André Hahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 9696 C Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9697 D Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9699 B Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9700 B Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9702 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9704 A Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) 9705 A Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9705 C Dr. André Hahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . 9706 B Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Die NVV-Überprüfungskonferenz zum Erfolg führen Drucksache 18/4685 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9708 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die europäische Sicherheitsstruktur retten – Übereinkommen in Gefahr Drucksache 18/4681 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9708 C Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 9708 C Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 9709 D Dr. Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9710 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9711 D Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9712 D Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9713 D Dr. Katja Leikert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9714 B Tagesordnungspunkt 27: Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gute Versorgung am Lebensende sichern – Palliativ- und Hospizversorgung stärken Drucksache 18/4563 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9715 C Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9715 D Emmi Zeulner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9717 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 III Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 9718 B Helga Kühn-Mengel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9719 B Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 9720 A Bettina Müller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9720 D Dr. Roy Kühne (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9721 D Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus Drucksache 18/4655 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9722 D Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9722 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 9723 B Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9724 B Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9725 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9726 C Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Drucksache 18/4683 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9727 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9727 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . 9729 B Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9730 A Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9731 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9732 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 9733 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9733 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 9653 (A) (C) (D)(B) 101. Sitzung Berlin, Freitag, den 24. April 2015 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 9733 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albsteiger, Katrin CDU/CSU 24.4.2015 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 24.4.2015 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 24.4.2015 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 24.4.2015 Gröhe, Hermann CDU/CSU 24.4.2015 Groth, Annette DIE LINKE 24.4.2015 Grund, Manfred CDU/CSU 24.4.2015 Hartmann (Wackernheim), Michael SPD 24.4.2015 Hochbaum, Robert CDU/CSU 24.4.2015 Dr. Högl, Eva SPD 24.4.2015 Hunko, Andrej DIE LINKE 24.4.2015 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 24.4.2015 Kassner, Kerstin DIE LINKE 24.4.2015 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 24.4.2015 Dr. Krings, Günter CDU/CSU 24.4.2015 Kühn (Tübingen), Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Dr. Lauterbach, Karl SPD 24.4.2015 Dr. von der Leyen, Ursula CDU/CSU 24.4.2015 Meiwald, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 24.4.2015 Rebmann, Stefan SPD 24.4.2015 Dr. Rosemann, Martin SPD 24.4.2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 24.4.2015 Schimke, Jana CDU/CSU 24.4.2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 24.4.2015 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Vogel (Kleinsaara), Volkmar CDU/CSU 24.4.2015 Werner, Katrin DIE LINKE 24.4.2015 Zertik, Heinrich CDU/CSU 24.4.2015 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 932. Sitzung am 27. März 2015 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Fünftes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzgebung und anderer Gesetze (5. SGB IV- ÄndG) Der Bundesrat hat ferner nachstehende Entschließung gefasst: 1. Der Bundesrat begrüßt, dass im Rahmen der Assis- tierten Ausbildung mit dem vorliegenden Gesetz ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Unterstützung förderungsbedürftiger junger Menschen und deren Ausbildungsbetriebe erfolgt. Dadurch könnten mehr erfolgreiche Abschlüsse der Berufsausbildung er- reicht werde. 2. Die Kammern unterhalten, wie auch gesetzlich fest- gelegt, sogenannte Ausbildungsberater. Der Bundes- rat bittet die Bundesregierung, bei der Umsetzung des Gesetzes dafür Sorge zu tragen, dass die Betreuer der Assistierten Ausbildung während der Berufsaus- bildung mit diesen Ausbildungsberatern verstärkt zu- sammenarbeiten. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 9734 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 (A) (C) (D)(B) – Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst – Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des Diens- tes in der Bundeswehr (Bundeswehr-Attraktivi- tätssteigerungsgesetz – BWAttrakt StG) – Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf ange- spannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermitt- lung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließung ge- fasst: Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, für eine praxistaugliche Ausgestaltung der im Wirt- schaftsgesetz 1954 (WiStrG 1954) enthaltenen Rege- lungen zur unangemessenen Mietpreisüberhöhung Sorge zu tragen, da es sich hierbei nach wie vor um ein notwendiges Instrument zum Schutz der Mieter vor überhöhten Mieten handelt. Bei der erforderli- chen Überarbeitung bietet sich der Rückgriff auf Zif- fer 8 des Beschlusses des Bundesrates vom 7. November 2014, BR-Drucksache 447/14 (Be- schluss), an. Begründung: Nach § 5 Absatz 1 WiStrG 1954 handelt ordnungs- widrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Ver- mietung von Räumen zum Wohnen oder damit ver- bundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder an- nimmt. Es handelt sich um ein sogenanntes Verbots- gesetz gemäß § 134 BGB, sodass die Erfüllung des Ordnungswidrigkeitstatbestandes durch den Vermie- ter im Sinne eines umfassenden Mieterschutzes zu- gleich zivilrechtliche Rückzahlungsansprüche des Mieters begründen kann. Die von der höchstrichterli- chen Rechtsprechung für die Bestimmung eines „un- angemessenen Entgelts“ an die Tatbestandsmerkmale „Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleich- baren Räumen“ geknüpften Voraussetzungen haben jedoch dazu geführt, dass nach einhelliger Meinung die Norm in der heutigen Fassung für die Praxis un- tauglich ist. Die Überarbeitung der oben genannten Norm ist auch nicht durch die im Mietrechtsnovellierungsge- setz vorgesehenen Neuregelungen im BGB zur Be- grenzung der Wiedervermietungsmiete entbehrlich geworden. Da hiernach selbst der vorsätzlich han- delnde Vermieter eine gesetzeswidrig überhöhte Miete nur zurückzahlen muss, wenn der Mieter einen Verstoß gegen die Regelungen der §§ 556d ff. BGB gerügt hat und die zurückverlangte Miete nach Zu- gang der Rüge fällig geworden ist (§ 556g Absatz 2 Satz 1 BGB), sind zum Schutz der Mieter weitere Regelungen im Wirtschaftsgesetz 1954 geboten. – Gesetz zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge (Elektromobili- tätsgesetz – EmoG) – Gesetz zu dem Abkommen vom 19. September 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen über Soziale Sicherheit – Gesetz zu dem Übereinkommen vom 11. April 2014 über die Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Internationale Förderung von Kohlekraftwerken beenden auf Drucksache 18/2623 zu- rückzieht. Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Ausschuss für Wirtschaft und Energie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Zwölfter Bericht der Bundesregierung über die Aktivi- täten des Gemeinsamen Fonds für Rohstoffe und der einzelnen Rohstoffabkommen Drucksachen 18/3725, 18/3890 Nr. 2 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Eine Agenda für den Wandel zu nachhaltiger Entwick- lung weltweit – Die deutsche Position für die Verhand- lungen über die Post 2015-Agenda für nachhaltige Ent- wicklung Drucksachen 18/3604 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/4152 Nr. A.2 Ratsdokument 5096/15 Drucksache 18/4375 Nr. A.1 Ratsdokument 6031/15 Innenausschuss Drucksache 18/3362 Nr. A.3 Ratsdokument 14911/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.4 Ratsdokument 14915/14 Drucksache 18/3765 Nr. A.3 Ratsdokument 15783/14 Haushaltsausschuss Drucksache 18/3898 Nr. A.13 Ratsdokument 14886/14 Drucksache 18/4152 Nr. A.4 Ratsdokument 5317/15 Drucksache 18/4152 Nr. A.5 Ratsdokument 5375/15 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 9735 (A) (C) (B) Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/4375 Nr. A.5 EP P8_TA-PROV(2015)0034 Verteidigungsausschuss Drucksache 18/4152 Nr. A.8 Ratsdokument 17036/1/14 REV 1 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Drucksache 18/1048 Nr. A.15 Ratsdokument 7220/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.55 Ratsdokument 11592/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.56 Ratsdokument 11598/14 Drucksache 18/2845 Nr. A.11 Ratsdokument 12867/14 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 18/3765 Nr. A.14 EP P8_TA-PROV(2014)0066 Drucksache 18/4375 Nr. A.8 EP P8_TA-PROV(2015)0040 (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 101. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 25, ZP 5 Vertreibung und Massaker an Armeniern 1915/16 TOP 24 Öffentlich geförderte Beschäftigung TOP 23, ZP 6 Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes TOP 26, ZP 7 NVV-Überprüfungskonferenz (Atomwaffensperrvertrag) TOP 27 Palliativ- und Hospizversorgung TOP 28 Recht des Energieleitungsbaus TOP 29 Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ulla Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Vielen Dank. – Damit ist die Aussprache beendet.

    Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
    Drucksache 18/4449 an die in der Tagesordnung aufge-
    führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
    verstanden? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist die
    Überweisung so beschlossen.

    Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 a bis 23 c sowie
    Zusatzpunkt 6 auf:

    23 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung
    eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
    Verbesserung der Zusammenarbeit im Be-
    reich des Verfassungsschutzes

    Drucksache 18/4654
    Überweisungsvorschlag:
    Innenausschuss (f)

    Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
    Verteidigungsausschuss
    Ausschuss Digitale Agenda
    Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 der GO

    b) Beratung der Unterrichtung durch die Bun-
    desregierung

    Bericht der Bundesregierung über den
    Umsetzungsstand der Empfehlungen des
    2. Untersuchungsausschusses des Deut-
    schen Bundestages in der 17. Wahlperiode

    (NSU-Untersuchungsausschuss)


    Drucksache 18/710
    Überweisungsvorschlag:
    Innenausschuss (f)

    Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

    c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
    Petra Pau, Jan Korte, Dr. André Hahn, weite-
    rer Abgeordneter und der Fraktion DIE
    LINKE





    Vizepräsidentin Ulla Schmidt


    (A) (C)



    (D)(B)

    Wirksame Alternativen zum nachrichten-
    dienstlich arbeitenden Verfassungsschutz
    schaffen

    Drucksache 18/4682
    Überweisungsvorschlag:
    Innenausschuss (f)

    Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

    ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten
    Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian
    Ströbele, Irene Mihalic, weiterer Abgeordneter
    und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

    Für eine Zäsur und einen Neustart in der
    deutschen Sicherheitsarchitektur

    Drucksache 18/4690
    Überweisungsvorschlag:
    Innenausschuss

    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
    die Aussprache 96 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
    nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

    Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Bundes-
    minister Thomas de Maizière für die Bundesregierung.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
    nern:

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
    Meine Damen und Herren! Im November letzten Jahres
    haben wir des dritten Jahrestages – man scheut sich, das
    Wort „Jahrestag“ zu verwenden – der Aufdeckung der
    terroristischen Mordserie des sogenannten Nationalso-
    zialistischen Untergrunds gedacht. Wir haben festgestellt
    und sind uns einig: Das waren nicht nur einzelne Pan-
    nen, das waren nicht nur einzelne Ermittlungsfehler, die
    dafür gesorgt haben, dass diese Mordserie so lange un-
    entdeckt bleiben konnte. Nein, es waren auch Struktu-
    ren, es waren Haltungen von Sicherheitsbehörden, von
    Verantwortlichen, die dazu führten, dass die Ermittlun-
    gen so lange – zu lange – auf das Umfeld der Opfer be-
    grenzt blieben, mit all den Folgen, die wir diskutiert ha-
    ben und an denen wir noch arbeiten. Es ist deshalb
    unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass so etwas in unserem
    Land nicht mehr passiert.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Der Verfassungsschutz von Bund und Ländern stand
    damals stark in der Kritik. Das ging bis hin zu der Forde-
    rung, man solle Verfassungsschutzbehörden abschaffen.
    Ich halte das für falsch. Das würde die Sicherheit unserer
    Bürgerinnen und Bürger und unseres Landes schädigen.
    Die aktuelle Bedrohungslage unterstreicht die Bedeu-
    tung des Verfassungsschutzes für unseren Rechtsstaat,
    bei islamistischem Terrorismus ebenso wie bei massiven
    Gewaltanwendungen, bei Demonstrationen und den Er-
    kenntnissen im Vorfeld dazu oder bei rechtsextremisti-
    scher Hetze zum Thema Flüchtlinge.

    Der Verfassungsschutz ist und bleibt ein wichtiger
    Teil unserer Sicherheitsarchitektur. Gerade deshalb aber
    muss er sich fortentwickeln, weiterentwickeln, sich zu-
    kunftsorientiert aufstellen. Die Aufklärungsarbeit zum
    terroristischen NSU, an der der Untersuchungsausschuss
    dieses Hauses in der letzten Legislaturperiode maßgeb-
    lich beteiligt war, und auch die Debatten in dieser Legis-
    laturperiode haben das eindrücklich aufgezeigt. Der Ver-
    fassungsschutz hat diese Herausforderung seit 2012
    angenommen, sowohl im Verbund der Verfassungs-
    schutzbehörden von Bund und Ländern als auch beim
    Bundesamt, das seine Binnenreform in 230 Einzelpro-
    jekten konzentriert betrieben hat, weiter betreibt und
    weiter betreiben muss.

    Mit dem heute in erster Lesung zu behandelnden Ge-
    setzentwurf der Bundesregierung setzen wir diesen Re-
    formprozess nun auch legislativ um.

    Das ist richtig. Das haben wir uns in der Koalition
    vorgenommen, und das ist sorgfältig mit den Ländern
    abgestimmt. Auch damit folgen wir den Empfehlungen
    des NSU-Untersuchungsausschusses.

    Die zentralen Ziele dieses Gesetzentwurfs sind: Stär-
    kung der Zentralstelle und des Verbundes, Verbesserung
    des Informationsflusses und Ausbau der Analysefähig-
    keit, Klarheit beim Einsatz von V-Leuten. Lassen Sie
    mich dazu im Einzelnen vortragen.

    Erstens: zur Stärkung der Zentralstelle. Für eine bes-
    sere Zusammenarbeit im Verfassungsschutzverbund wird
    das Bundesamt für Verfassungsschutz in seiner Zentral-
    stellenfunktion gestärkt. Es koordiniert das arbeitsteilige
    Zusammenwirken aller Verfassungsschutzbehörden. Ich
    sage dazu aber auch: Wichtiger als Paragrafen im Bun-
    desgesetzblatt ist hier die echte Bereitschaft zu verstärk-
    ter Zusammenarbeit. Dieser Geist der Zusammenarbeit
    wird mit diesem Gesetz gefördert. Im Grunde muss er
    aber von jedem einzelnen Mitarbeiter gelebt werden.
    Hier ist, ehrlich gesagt, noch ziemlich viel zu tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Das wird deutlich, wenn man die Bereitschaft zur Zu-
    sammenarbeit im Polizeibereich mit der im Verfassungs-
    schutzbereich vergleicht. Mit dem Gesetzentwurf wird
    es jedenfalls ein gesetzlicher Auftrag des BfV, also des
    Bundesamtes, dieses Potenzial zu entwickeln.

    Zum anderen kann in Zukunft das Bundesamt, wo es
    nötig ist, bei lediglich regionalen, aber gewaltorientier-
    ten Bestrebungen im Benehmen mit dem Land selbst in
    die Beobachtung eintreten. Das haben manche Länder
    kritisiert, manchmal scharf. Dazu möchte ich hier sagen:
    Manches an dieser Kritik wundert mich, weil exakt dies
    Gegenstand eines Kompromisses mit zum Teil den In-
    nenministern war, die das anschließend kritisiert haben.
    Gut, das mag in der Politik mitunter so sein. Ich will
    jetzt keine Namen nennen, aber doch sagen, dass mich
    das jedenfalls gewundert hat.

    Diese Regelung verdrängt die Länderzuständigkeit
    nicht. Sie hat vielmehr eine Auffangfunktion, die – das
    zeigen die Erfahrungen, die wir gemacht haben – aus
    fachlicher Sicht in der Sache geboten ist. In der Praxis
    wird schon aus Ressourcengründen nicht leichtfertig da-
    von Gebrauch gemacht werden. Hinzu kommt: Das Bun-
    desamt wird nur tätig, wenn es nach dem Benehmen mit





    Bundesminister Dr. Thomas de Maizière


    (A) (C)



    (D)(B)

    dem Land gar nicht anders geht, zum Beispiel, wenn ein
    Land sich weigert, eine regional gewalttätige verfas-
    sungsfeindliche Organisation zu beobachten. Wollen wir
    wirklich, dass das Verfassungsschutzsystem in einem
    solchen Fall blind ist? Wir haben doch gelernt: Beim ge-
    waltorientierten Extremismus darf es in Deutschland
    keine blinden Flecken geben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Zweiter Punkt: Verbesserung des Informationsflusses.
    Der NSU-Untersuchungsausschuss hat gerade hier klare
    Mängel aufgezeigt. Die einen wussten nicht, was die an-
    deren wussten, und haben nicht weitergegeben, was sie
    wussten, und vieles hätte vielleicht verhindert werden
    können. Bund und Länder haben zügig gehandelt, bereits
    im Dezember 2011, mit der Einrichtung des Gemeinsa-
    men Abwehrzentrums gegen Rechtsextremismus. Mit
    diesem Gesetzentwurf vertiefen und verbreitern wir jetzt
    diesen zusammenführenden Ansatz im Verfassungs-
    schutzverbund. Der NSU-Untersuchungsausschuss hat
    zum Verfassungsschutz an erster Stelle klipp und klar
    empfohlen – ich zitiere –: Informationen zentral zusam-
    menführen und gründlich auswerten. – Das ist eigentlich
    selbstverständlich. Das ist jetzt wesentliches Kernele-
    ment des Gesetzentwurfs und trotzdem umstritten.

    Künftig müssen alle relevanten Informationen zwi-
    schen den Verfassungsschutzbehörden ausgetauscht wer-
    den. Ich wiederhole: Das ist eigentlich selbstverständ-
    lich. Nun wird das gesetzlich bekräftigt. Dazu gibt es das
    Verbundsystem NADIS, Nachrichtendienstliches Infor-
    mationssystem. Es muss jetzt auch dafür genutzt werden.
    NADIS ist zugleich das Analysetool, um Beziehungen
    zwischen Personen und Ereignissen zu erkennen und ge-
    zielt Strukturen aufzuklären. Bislang war NADIS jedoch
    teils auf einen bloßen Aktennachweis beschränkt. Diese
    Beschränkung soll entfallen. So vermeiden wir gefährli-
    che Informationsinseln und gewinnen einen verbesserten
    bundesweiten Überblick über extremistische Strukturen.
    Es wäre aus meiner Sicht unverantwortlich, weiter nur in
    regionaler Abschottung zu operieren. All das, worüber
    wir hier reden, nämlich die Nutzung von nachrichten-
    dienstlichen Informationen innerhalb eines Landes, in-
    nerhalb der Verfassungsschutzbehörden eines Landes, ist
    dort längst selbstverständlich und vollständig unproble-
    matisch. Die Analyse länderübergreifender Zusammen-
    hänge erfordert aber eine zentrale Auswertung auf Basis
    der zusammengeführten Daten. Darum geht es bei
    NADIS, um nicht mehr und nicht weniger. Das hat der
    NSU-Untersuchungsausschuss gefordert, und das setzen
    wir jetzt um.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Uli Grötsch [SPD])


    Diese Erweiterung ist auch datenschutzrechtlich ein-
    gebettet; denn wir haben einerseits die Zugriffs- und
    Abfragerechte derer, die darauf zugreifen können, be-
    schränkt und andererseits eine Vollprotokollierung im
    Gesetz festgeschrieben. Es besteht also eine vollständige
    Kontrolle auch im Nachhinein, wer welche Information
    mit welcher Berechtigung nachgefragt hat.
    Dritter Punkt – das wird sicher gleich diskutiert wer-
    den; es ist auch ein schwieriger Punkt –: Einsatz von
    V-Leuten. Wir schaffen hier bei einem wichtigen Punkt
    Klarheit. V-Leute – das will ich noch einmal unterstrei-
    chen – sind keine verdeckten Ermittler, keine Beamten.
    V-Leute sind mitunter Menschen, mit denen man eigent-
    lich nicht so gerne zusammenarbeiten möchte. Sie leben
    in einer Szene, in der es szenetypisches Verhalten gibt,
    das wir politisch und häufig auch rechtlich missbilligen.
    Man braucht sie aber, um an Informationen zu gelangen.
    Für jeden Nachrichtendienst sind sie ein unverzichtbares
    Aufklärungsmittel. Bisher gab es zum Einsatz von
    V-Leuten nähere Regelungen nur in Verwaltungsvor-
    schriften. Das ändern wir jetzt, indem wir eine klare
    rechtsstaatliche Grundlage für den Einsatz von V-Leuten
    schaffen. Auch das hat der NSU-Untersuchungsaus-
    schuss gefordert.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Auswahl und Führung von V-Leuten erhalten jetzt
    erstmalig einen klaren gesetzlichen Rahmen und klare
    Grenzen. Bei der Auswahl gibt es Ausschlusskriterien,
    zum Beispiel Minderjährigkeit oder Vorstrafen. Es gilt
    der Grundsatz: Verurteilung wegen eines Verbrechens
    oder zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung schließen
    die Anwerbung eines V-Manns oder einer V-Frau aus.


    (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Grundsatz!)


    Das ist der Grundsatz. Ausnahmen sind möglich, hier je-
    doch nur durch die Behördenleitung.


    (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tja! Durch wen sonst?)


    Das ist, Herr von Notz, sicher diskussionswürdig,


    (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


    und auch mir ist es nicht leichtgefallen, das so zu regeln.


    (Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten Sie ja anders machen können!)


    Aber wenn wir durch eine solche V-Person Einblicke in
    die Szene bekommen und dadurch die Möglichkeit er-
    halten, Schlimmes zu verhindern, dann kann es unsere
    Verantwortung für die Sicherheit unserer Bürgerinnen
    und Bürger unter wenigen einzelnen Umständen gebie-
    ten, auch eine solche Quelle zu nutzen.

    In der Strafprozessordnung gilt übrigens Ähnliches.
    Selbst Schwerverbrecher sind geeignete Kronzeugen,


    (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht es nicht besser!)


    wenn sie zuverlässige Informationen bieten, die zur Auf-
    klärung oder Verhinderung weiterer schwerer Straftaten
    führen.


    (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist etwas ganz anderes!)


    Ein gegenläufiger Rigorismus bei der nachrichtendienst-
    lichen Informationsbeschaffung ist für mich sachlich
    nicht überzeugend und wäre im Vergleich dazu auch





    Bundesminister Dr. Thomas de Maizière


    (A) (C)



    (D)(B)

    wertungswidersprüchlich. Dazu werden Sie sicher gleich
    vortragen.

    Damit hier kein Missverständnis entsteht, möchte ich
    ausdrücklich betonen: Ich habe von der Vorstrafenrele-
    vanz für eine Anwerbung gesprochen. Im Einsatz selbst
    erhält die V-Person natürlich keine Befugnis, andere zu
    schädigen.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Ausnahmen!)


    Wir legen im Gesetzentwurf konkret fest, was jemand
    als V-Mann darf und was er nicht darf; auch das gab es
    bisher nicht. Klar ist: Um strafbare und terroristische
    Vereinigungen von innen aufzuklären, muss die V-Per-
    son Mitglied einer solchen Organisation sein können
    oder sich im Unterstützungsumfeld betätigen dürfen.
    Daher enthält der Gesetzentwurf dazu eine entspre-
    chende Befugnis. Wenn sich eine solche V-Person in der
    Szene bewegt, so muss sie sich szenetypisch verhalten
    können. Hierbei schaffen wir aber klare rechtliche Gren-
    zen. Voraussetzung ist, dass das Verhalten zur Akzeptanz
    in der Szene unerlässlich und nicht unverhältnismäßig
    ist. In der rechtsextremistischen Szene kann das bei-
    spielsweise die Verwendung verbotener Nazisymbole
    sein, ein Hitlergruß oder Ähnliches. Das ist szenety-
    pisch; das kann man noch akzeptieren. Klare Grenze ist
    jedoch: keine Eingriffe in Individualrechte. Sachbeschä-
    digungen bleiben verboten, egal ob sie szenetypisch sind
    oder nicht; hier gibt es keine Ausnahmen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Wenn die V-Person also nicht nur an einer militanten De-
    monstration teilnimmt, sondern selbst Sachbeschädi-
    gung begeht, ist und bleibt das strafbar. Es bliebe dann
    nur, den situativen Bezug und den Einsatzzusammen-
    hang bei der Frage einer Verfahrenseinstellung zu würdi-
    gen – das kennen wir im Strafprozessrecht auch –, und
    auch dafür setzt der Gesetzentwurf klare Grenzen.

    Alles in allem enthalten die Regelungen zu V-Leuten
    schwierige rechtsstaatliche Abwägungsentscheidungen.
    Sie sind im Gesetzentwurf meines Erachtens ausgewo-
    gen gelungen. Wir können in den Ausschussberatungen
    gerne weiter darüber diskutieren.



Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Ströbele?

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Bitte schön, sonst redet er hinterher sowieso.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulla Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Kollege Ströbele.


    (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Minister, geben Sie mir recht, dass der von Ihnen
    vorgelegte Gesetzentwurf in § 9 a – hier soll das Bun-
    desverfassungsschutzgesetz geändert werden –, der auch
    in § 9 b Anwendung findet, folgende Regelung enthält:

    Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür
    bestehen, dass Verdeckte Mitarbeiter rechtswidrig ei-
    nen Straftatbestand von erheblicher Bedeutung ver-
    wirklicht haben, soll der Einsatz unverzüglich be-
    endet werden;

    – jetzt kommt der entscheidende Satz –

    über Ausnahmen entscheidet der Behördenleiter
    oder sein Vertreter.

    Das heißt, das, was Sie hier so darstellen, als sei es
    Gesetz, hat auch wieder Ausnahmen. Wir wissen, wie
    von diesem Ausnahmerecht Gebrauch gemacht wird.


    (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Interne Abreden!)


    Darauf kommen wir nachher noch zu sprechen. Geben
    Sie mir recht, dass das hier drinsteht?

    Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
    nern:

    Ja, natürlich, ich habe das auch genauso vorgetragen.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


    Diese Ausnahme muss eng begrenzt sein.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht das?)


    – Das können wir da gerne hineinschreiben. Das ist gar
    kein Problem.


    (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja bitte! – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht jetzt im Protokoll!)


    Tatsache ist, dass es eine Sollregelung und ein Grund-
    satz ist. Ein Grundsatz – unter uns Juristen gesprochen,
    Herr Kollege Ströbele – bedeutet immer, dass alles an-
    dere eine Ausnahme ist. Das ist bei jeder Sollregelung
    so. Deswegen kann man trotzdem „Ausnahmen“ hinein-
    schreiben. Entscheidend ist nur, dass in diesen Fällen
    nicht der V-Mann-Führer alleine entscheiden kann, die
    Arbeit fortzusetzen, sondern das muss der Behördenlei-
    ter oder sein Stellvertreter entscheiden.

    Ich will in diesem Zusammenhang gerne noch etwas
    anderes sagen. Es geht nicht nur um die V-Leute, wo wir
    uns einig sind, dass wir vieles von dem, was sie tun,
    missbilligen, sondern es geht auch um den Schutz der
    Mitarbeiter – es sind überwiegend Beamte – in den Ver-
    fassungsschutzbehörden. Denn wenn ein V-Mann eine
    Straftat begeht und der V-Mann-Führer die Arbeit fort-
    setzt, dann könnte es sein, dass gegen diesen Beamten
    ein Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe eingeleitet
    wird.


    (Martina Renner [DIE LINKE]: Zu Recht!)


    Wenn das der Fall ist, dann, glaube ich, kann man das
    V-Mann-Geschäft insgesamt vergessen. Die Linke will





    Bundesminister Dr. Thomas de Maizière


    (A) (C)



    (D)(B)

    dies natürlich: entweder den Verfassungsschutz ganz ab-
    schaffen oder keine V-Leute.


    (Beifall der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])


    Das ist, wenn man so will, schlüssig, aber falsch.


    (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Schlüssig und richtig!)


    – Nein, schlüssig, aber falsch. Konsistent ist das, was Sie
    vortragen; dem kann ich nicht widersprechen.


    (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon mal etwas!)


    Wenn man aber daran festhält, nicht weil diese Men-
    schen besonders sympathisch sind oder weil man sie be-
    sonders schön findet, sondern weil wir ihre Informatio-
    nen brauchen, um Schlimmeres von der Gesellschaft
    abzuwenden, wenn man diesen Grundsatz bejaht, dann
    muss man sich in den schwierigen Abwägungsprozess
    begeben: Was darf der V-Mann, was darf er nicht, und
    was bedeutet das für den V-Mann-Führer? Hierzu haben
    wir einen Vorschlag vorgelegt. Darüber sollten wir in
    den Ausschussberatungen weiter entscheiden.

    Meine Damen und Herren, wir ziehen mit diesem Ge-
    setzentwurf die Lehren aus den festgestellten Mängeln
    bei der Arbeit unserer Sicherheitsbehörden. Wir entwi-
    ckeln den kritisierten Rahmen fort. Wir stellen die Män-
    gel ab, soweit das mit einem Gesetz geht. Der Reform-
    prozess im Übrigen bleibt bestehen. Im Reformprozess
    des Verfassungsschutzes ist dieses Gesetz ein wichtiger
    Baustein, beileibe nicht der einzige. Ich bitte um gründli-
    che und konstruktive Beratungen – dazu sind wir bereit –
    und dann um eine breite Unterstützung.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)