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ID1810101600

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    Plenarprotokoll 18/101 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 101. Sitzung Berlin, Freitag, den 24. April 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 25: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren Drucksache 18/4684 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9653 D b) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 100. Jahresgedenken des Völ- kermords an den Armenierinnen und Armeniern 1915/1916 – Deutschland muss zur Aufarbeitung und Versöh- nung beitragen Drucksache 18/4335 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9654 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Peter Meiwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gedenken an den 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern – Versöhnung durch Auf- arbeitung und Austausch fördern Drucksache 18/4687 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9654 A Präsident Dr. Norbert Lammert . . . . . . . . . . . 9653 A Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9654 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 9655 B Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . 9656 C Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9657 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9659 C Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9660 C Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9661 D Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9663 A Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9664 B Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Jutta Krellmann, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Programm für gute öffentlich geförderte Beschäftigung aufle- gen Drucksache 18/4449 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9665 C Heike Werner, Ministerin (Thüringen) . . . . . . 9665 C Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9667 D Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9669 D Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9670 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9670 D Daniela Kolbe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9672 B Kai Whittaker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9674 B Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9676 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9677 D Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 9678 B Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9678 D Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . 9679 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9679 C Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU) . . . . . . 9680 B Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 9681 D Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9683 A Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9684 B Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 9685 C Tagesordnungspunkt 23: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung der Zusammenar- beit im Bereich des Verfassungsschutzes Drucksache 18/4654 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9686 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über den Umsetzungsstand der Empfehlungen des 2. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages in der 17. Wahlperiode (NSU-Untersuchungs- ausschuss) Drucksache 18/710 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9686 D c) Antrag der Abgeordneten Petra Pau, Jan Korte, Dr. André Hahn, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Wirksame Alternativen zum nachrich- tendienstlich arbeitenden Verfassungs- schutz schaffen Drucksache 18/4682 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9686 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele, Irene Mihalic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine Zäsur und einen Neustart in der deutschen Sicherheitsarchitektur Drucksache 18/4690 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9687 A Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9687 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9689 B Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9690 B Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9691 B Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9692 B Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 9693 C Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9695 C Dr. André Hahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 9696 C Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9697 D Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9699 B Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9700 B Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9702 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9704 A Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) 9705 A Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9705 C Dr. André Hahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . 9706 B Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Die NVV-Überprüfungskonferenz zum Erfolg führen Drucksache 18/4685 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9708 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die europäische Sicherheitsstruktur retten – Übereinkommen in Gefahr Drucksache 18/4681 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9708 C Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 9708 C Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 9709 D Dr. Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9710 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9711 D Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9712 D Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9713 D Dr. Katja Leikert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9714 B Tagesordnungspunkt 27: Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gute Versorgung am Lebensende sichern – Palliativ- und Hospizversorgung stärken Drucksache 18/4563 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9715 C Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9715 D Emmi Zeulner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9717 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 III Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 9718 B Helga Kühn-Mengel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9719 B Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 9720 A Bettina Müller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9720 D Dr. Roy Kühne (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9721 D Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus Drucksache 18/4655 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9722 D Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9722 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 9723 B Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9724 B Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9725 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9726 C Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Drucksache 18/4683 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9727 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9727 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . 9729 B Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9730 A Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9731 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9732 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 9733 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9733 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 9653 (A) (C) (D)(B) 101. Sitzung Berlin, Freitag, den 24. April 2015 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 9733 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albsteiger, Katrin CDU/CSU 24.4.2015 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 24.4.2015 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 24.4.2015 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 24.4.2015 Gröhe, Hermann CDU/CSU 24.4.2015 Groth, Annette DIE LINKE 24.4.2015 Grund, Manfred CDU/CSU 24.4.2015 Hartmann (Wackernheim), Michael SPD 24.4.2015 Hochbaum, Robert CDU/CSU 24.4.2015 Dr. Högl, Eva SPD 24.4.2015 Hunko, Andrej DIE LINKE 24.4.2015 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 24.4.2015 Kassner, Kerstin DIE LINKE 24.4.2015 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 24.4.2015 Dr. Krings, Günter CDU/CSU 24.4.2015 Kühn (Tübingen), Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Dr. Lauterbach, Karl SPD 24.4.2015 Dr. von der Leyen, Ursula CDU/CSU 24.4.2015 Meiwald, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 24.4.2015 Rebmann, Stefan SPD 24.4.2015 Dr. Rosemann, Martin SPD 24.4.2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 24.4.2015 Schimke, Jana CDU/CSU 24.4.2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 24.4.2015 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.4.2015 Vogel (Kleinsaara), Volkmar CDU/CSU 24.4.2015 Werner, Katrin DIE LINKE 24.4.2015 Zertik, Heinrich CDU/CSU 24.4.2015 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 932. Sitzung am 27. März 2015 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Fünftes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzgebung und anderer Gesetze (5. SGB IV- ÄndG) Der Bundesrat hat ferner nachstehende Entschließung gefasst: 1. Der Bundesrat begrüßt, dass im Rahmen der Assis- tierten Ausbildung mit dem vorliegenden Gesetz ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Unterstützung förderungsbedürftiger junger Menschen und deren Ausbildungsbetriebe erfolgt. Dadurch könnten mehr erfolgreiche Abschlüsse der Berufsausbildung er- reicht werde. 2. Die Kammern unterhalten, wie auch gesetzlich fest- gelegt, sogenannte Ausbildungsberater. Der Bundes- rat bittet die Bundesregierung, bei der Umsetzung des Gesetzes dafür Sorge zu tragen, dass die Betreuer der Assistierten Ausbildung während der Berufsaus- bildung mit diesen Ausbildungsberatern verstärkt zu- sammenarbeiten. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 9734 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 (A) (C) (D)(B) – Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst – Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des Diens- tes in der Bundeswehr (Bundeswehr-Attraktivi- tätssteigerungsgesetz – BWAttrakt StG) – Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf ange- spannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermitt- lung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließung ge- fasst: Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, für eine praxistaugliche Ausgestaltung der im Wirt- schaftsgesetz 1954 (WiStrG 1954) enthaltenen Rege- lungen zur unangemessenen Mietpreisüberhöhung Sorge zu tragen, da es sich hierbei nach wie vor um ein notwendiges Instrument zum Schutz der Mieter vor überhöhten Mieten handelt. Bei der erforderli- chen Überarbeitung bietet sich der Rückgriff auf Zif- fer 8 des Beschlusses des Bundesrates vom 7. November 2014, BR-Drucksache 447/14 (Be- schluss), an. Begründung: Nach § 5 Absatz 1 WiStrG 1954 handelt ordnungs- widrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Ver- mietung von Räumen zum Wohnen oder damit ver- bundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder an- nimmt. Es handelt sich um ein sogenanntes Verbots- gesetz gemäß § 134 BGB, sodass die Erfüllung des Ordnungswidrigkeitstatbestandes durch den Vermie- ter im Sinne eines umfassenden Mieterschutzes zu- gleich zivilrechtliche Rückzahlungsansprüche des Mieters begründen kann. Die von der höchstrichterli- chen Rechtsprechung für die Bestimmung eines „un- angemessenen Entgelts“ an die Tatbestandsmerkmale „Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleich- baren Räumen“ geknüpften Voraussetzungen haben jedoch dazu geführt, dass nach einhelliger Meinung die Norm in der heutigen Fassung für die Praxis un- tauglich ist. Die Überarbeitung der oben genannten Norm ist auch nicht durch die im Mietrechtsnovellierungsge- setz vorgesehenen Neuregelungen im BGB zur Be- grenzung der Wiedervermietungsmiete entbehrlich geworden. Da hiernach selbst der vorsätzlich han- delnde Vermieter eine gesetzeswidrig überhöhte Miete nur zurückzahlen muss, wenn der Mieter einen Verstoß gegen die Regelungen der §§ 556d ff. BGB gerügt hat und die zurückverlangte Miete nach Zu- gang der Rüge fällig geworden ist (§ 556g Absatz 2 Satz 1 BGB), sind zum Schutz der Mieter weitere Regelungen im Wirtschaftsgesetz 1954 geboten. – Gesetz zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge (Elektromobili- tätsgesetz – EmoG) – Gesetz zu dem Abkommen vom 19. September 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen über Soziale Sicherheit – Gesetz zu dem Übereinkommen vom 11. April 2014 über die Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Internationale Förderung von Kohlekraftwerken beenden auf Drucksache 18/2623 zu- rückzieht. Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Ausschuss für Wirtschaft und Energie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Zwölfter Bericht der Bundesregierung über die Aktivi- täten des Gemeinsamen Fonds für Rohstoffe und der einzelnen Rohstoffabkommen Drucksachen 18/3725, 18/3890 Nr. 2 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Eine Agenda für den Wandel zu nachhaltiger Entwick- lung weltweit – Die deutsche Position für die Verhand- lungen über die Post 2015-Agenda für nachhaltige Ent- wicklung Drucksachen 18/3604 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/4152 Nr. A.2 Ratsdokument 5096/15 Drucksache 18/4375 Nr. A.1 Ratsdokument 6031/15 Innenausschuss Drucksache 18/3362 Nr. A.3 Ratsdokument 14911/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.4 Ratsdokument 14915/14 Drucksache 18/3765 Nr. A.3 Ratsdokument 15783/14 Haushaltsausschuss Drucksache 18/3898 Nr. A.13 Ratsdokument 14886/14 Drucksache 18/4152 Nr. A.4 Ratsdokument 5317/15 Drucksache 18/4152 Nr. A.5 Ratsdokument 5375/15 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. April 2015 9735 (A) (C) (B) Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/4375 Nr. A.5 EP P8_TA-PROV(2015)0034 Verteidigungsausschuss Drucksache 18/4152 Nr. A.8 Ratsdokument 17036/1/14 REV 1 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Drucksache 18/1048 Nr. A.15 Ratsdokument 7220/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.55 Ratsdokument 11592/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.56 Ratsdokument 11598/14 Drucksache 18/2845 Nr. A.11 Ratsdokument 12867/14 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 18/3765 Nr. A.14 EP P8_TA-PROV(2014)0066 Drucksache 18/4375 Nr. A.8 EP P8_TA-PROV(2015)0040 (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 101. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 25, ZP 5 Vertreibung und Massaker an Armeniern 1915/16 TOP 24 Öffentlich geförderte Beschäftigung TOP 23, ZP 6 Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes TOP 26, ZP 7 NVV-Überprüfungskonferenz (Atomwaffensperrvertrag) TOP 27 Palliativ- und Hospizversorgung TOP 28 Recht des Energieleitungsbaus TOP 29 Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Erika Steinbach-Hermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (Plos)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

    haben uns heute Vormittag hier versammelt, um Anteil
    an dem Schicksal der Opfer des Genozids im Osmani-
    schen Reich zu nehmen. Wir haben uns nicht versam-
    melt, um irgendjemanden an den Pranger zu stellen. Wir
    wollen derer gedenken, die Opfer geworden sind, und
    daraus auch die Lehren ziehen.

    Auf den Tag genau vor 100 Jahren begann der Völ-
    kermord an den Armeniern, den Aramäern, den Assy-
    rern, den Chaldäern und auch den Pontosgriechen im
    Osmanischen Reich. Es waren alle dort ansässigen
    christlichen Religionsgemeinschaften davon betroffen.

    „Dieses schreckliche Geschehen sollte als das be-
    zeichnet werden, was es war: ein Genozid“, stellte Josef
    Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in
    Deutschland, mit Recht fest. Und er fügte an: „Hitler hat
    sich später den Völkermord an den Armeniern quasi zum
    Vorbild für die Vernichtung der Juden genommen“.

    Prophetisch hat Franz Werfel in seinem Roman „Die
    vierzig Tage des Musa Dagh“ die Todesmärsche als
    wandernde Konzentrationslager geschildert. Es kommt
    nicht von ungefähr, dass Peter Glotz und ich seinerzeit,
    vor 15 Jahren, den Menschenrechtspreis der Stiftung
    „Zentrum gegen Vertreibungen“ nach Franz Werfel be-
    nannt haben, um damit einen Denkstein zu setzen. Der
    erste Preisträger im Jahr 2003 war Mihran Dabag, der
    Armenier, der sich mit der Genozidforschung beschäftigt
    hat.

    Aufarbeitung und Gedenken beginnen mit der Aus-
    einandersetzung über das Geschehene. Es ist gut, dass
    Künstler, Intellektuelle und Teile der türkischen Bevöl-
    kerung längst über das Stadium der stillen innerlichen
    Artikulation hinaus sind. Die Reflektion erfolgt öffent-
    lich. Man setzt sich mit dem Schicksal der früheren ar-
    menischen Mitbürger auseinander und nimmt Anteil da-
    ran.

    So haben im Jahr 2008 viele Menschen in der Türkei
    eine Erklärung veröffentlicht und das unerträgliche lang-
    jährige Schweigen durchbrochen. Das war ein wichtiger
    und mutiger Schritt. Denn Mut gehörte damals wie heute
    dazu, und diesen Mut sollten wir unterstützen. Das lässt
    sich schon daran ermessen, wie auch heute noch seitens
    der türkischen Regierung mit diesem Teil ihrer eigenen
    Geschichte umgegangen wird, wenn beispielsweise Bot-
    schafter nur deshalb abgerufen werden, weil eine Voka-
    bel verwendet wurde, mit der man sich nicht auseinan-
    dersetzen möchte.

    Unverständlich und für mich unbegreiflich ist die Ve-
    hemenz, mit der heute noch auch bei uns in Deutschland
    in Teilen von Politik und Gesellschaft gegen eine unge-
    schönte und unrelativierende Benennung dieses Geno-
    zids als Genozid reagiert wird. Ich kann es nicht verste-
    hen.

    In dem vorliegenden Antrag wird mit Fug und Recht
    die seinerzeitige viel zu große Rücksichtnahme der deut-
    schen Reichsregierung auf den türkischen Bündnispart-
    ner im Ersten Weltkrieg angeprangert. Frau Kollegin
    Jelpke hat darauf hingewiesen: Karl Liebknecht war ei-
    ner derjenigen, der das öffentlich angeprangert hat. Aber
    es gab noch jemanden, der das getan hat, und zwar der
    Zentrumspolitiker Matthias Erzberger. Ganze zwei Poli-
    tiker im Deutschen Reich haben sich öffentlich mit die-
    ser Thematik auseinandergesetzt.

    Angesichts der Zurückhaltung, etwas eindeutig zu be-
    nennen, das eindeutig ist, stellt sich die Frage, ob es
    nicht auch heute eine unangemessene Rücksichtnahme
    auf den NATO-Bündnispartner Türkei ist, die verhindern
    will, dass der Genozid im Osmanischen Reich ohne Um-
    schweife und Verbrämung schlicht und wahrheitsgemäß
    Genozid genannt wird. Die vorangegangenen Diskussio-
    nen in den letzten Wochen haben das im Grunde genom-
    men deutlich gemacht. Was ist denn die Folge daraus?
    Wir fallen damit den mutigen Kräften in der Türkei in
    den Rücken. Das kann nicht unser Anliegen sein.

    Was mit dem Genozid seinerzeit verbunden war, ist
    für uns unvorstellbar. Es war nicht nur die Tötung einer
    ganzen Gruppe von Menschen; es ging mit einer un-
    glaublichen Brutalität vor sich. Man massakrierte die
    Menschen. Martin Niepage, von 1913 bis 1916 Lehrer
    an der Deutschen Schule in Aleppo, berichtete:

    Viel entsetzlichere Dinge erzählten die Ingenieure
    der Baghdad-Bahn, nachdem sie nach Hause zu-
    rückgekehrt waren. Sie berichteten, dass am Bahn-
    damm bei Tel Abbait und Rasulain geschändete
    Frauenleichen massenhaft herumlagen. Vielen von
    ihnen hatte man Knüppel in den After hineingetrie-
    ben.

    Der deutsche Konsul aus Mosul, Herr Holstein, be-
    richtete, er habe auf manchen Stücken des Weges
    von Mosul nach Aleppo so viele abgehackte Kin-
    derhände liegen sehen, dass man damit den ganzen
    Weg hätte pflastern können.

    Ja, es war wohl wahr: Kinder und Frauen wurden
    auch in die Sklaverei geschickt. Die Zerstörung und die
    Entweihung unzähliger Kirchen und Klöster, die Ver-
    nichtung ganzer Dörfer gehörten zu dem perfiden Plan.

    Die Vertreibung geschah systematisch zur Vernich-
    tung der Menschen. Opfer starben auf den Todesmär-
    schen in der syrischen Wüste. Ein Beamter des deut-
    schen Konsulats beschreibt die Lage im Juli 1916 in
    einem Schreiben an den Reichskanzler – die deutschen





    Erika Steinbach


    (A) (C)



    (D)(B)

    Diplomaten haben immer wieder darauf hingewiesen
    und gemahnt, aber es ist nichts erfolgt – wie folgt:

    … die Strecke von Sabkha über Hammam nach
    Meskene sei mit … Kleidungsstücken übersät; sie
    sähe aus, als ob dort eine Armee zurückgegangen
    wäre.

    Er schrieb weiter, dass allein in Meskene 55 000 Arme-
    nier begraben seien.

    Von mancher Seite kommt heute der Rat, die Arme-
    nier und andere Opfergruppen sollten sich auf die Gegen-
    wart und die Zukunft konzentrieren, statt Kraft darauf zu
    verwenden, die Staaten der Welt zur Anerkennung des
    Genozids am eigenen Volk aufzufordern. Die Frage
    drängt sich direkt auf, ob die Wirkung eines solchen Ver-
    brechens an einem Volk alle Zukunftsorientierung über
    Generationen hinweg lahmlegt oder sie gar gänzlich
    nimmt.

    Ich glaube, dieses Leid zu teilen, es anzuerkennen, es
    beim Namen zu nennen, hilft den Nachfahren der Opfer,
    ihre eigenen Kräfte wieder zu stärken, zu bündeln und
    die Zukunft besser zu bewältigen. Man braucht Solidari-
    tät von anderen, die keine Opfer waren, oder von ande-
    ren, die auch Opfer waren und sich an die Seite stellen.

    Das hat Papst Franziskus sehr deutlich gemacht. Ihm
    zufolge ist das Gedenken eine unabdingbare Pflicht der
    Menschen; „… denn“, so Papst Franziskus, „wo es keine
    Erinnerung gibt, hält das Böse die Wunde … offen“.
    Deshalb ist es gut, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass
    wir uns heute gemeinsam erinnern und an der Seite der
    Nachfahren der Opfer stehen.

    Danke.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Zum Schluss dieser Aussprache erhält der Kollege

Bernd Fabritius für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dr. h.c. Bernd Fabritius


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geehrte

    Gäste! Lassen Sie es mich gleich beim Namen nennen:
    Wir gedenken heute des Völkermordes an den Armeni-
    ern, und wir beraten Anträge. Die abscheulichen und
    brutalen Ereignisse vor nunmehr 100 Jahren im Osmani-
    schen Reich sind von meinen Vorrednern bereits be-
    leuchtet worden. Nicht übersehen dürfen wir hier im
    Deutschen Bundestag die unrühmliche Rolle des Deut-
    schen Reiches, das über die Vorgänge bestens informiert
    war und nichts dagegen unternommen hat.

    Daraus erwächst für uns Deutsche heute eine ganz be-
    sondere Verantwortung. Diese gebietet uns erstens, das
    geschehene Grauen niemals zu vergessen, zweitens, die
    bedrückende, aber unzweifelhafte historische Wahrheit
    zu fördern, drittens – und aus meiner Sicht am wichtigs-
    ten –, die Versöhnung zwischen Armenien und der Tür-
    kei voranzubringen.

    Grundlage jeder Versöhnung ist eine wahrheitsgetreue,
    kritische Auseinandersetzung mit der jeweils eigenen Ge-
    schichte, eine ungeschönte historische Wahrhaftigkeit.
    Das wissen gerade auch die deutschen Heimatvertriebe-
    nen sehr genau. Dazu gehört auch die zutreffende Ein-
    ordnung der an den Armeniern verübten Verbrechen.
    Dabei geht es beileibe nicht um bloße juristische Kate-
    gorisierung. Davon zeugt allein schon die intensive De-
    batte der vergangenen Tage. Es geht um Anerkennung
    des Leides in seinem vollen Umfang.

    Der Vorwurf des Völkermordes wiegt schwer. Die
    völkerrechtliche Definition wurde heute schon mehrfach
    zitiert. Diese Definition hat übrigens keinesfalls eine
    zeitlich einschränkende Komponente, etwa erst ab In-
    krafttreten der einschlägigen UN-Konvention im Jahr
    1951. Diese regelt nämlich nur die Konsequenzen für ei-
    nen schrecklichen Sachverhalt, der vor Inkrafttreten die-
    ser Konvention nicht etwa weniger schrecklich gewesen
    ist. Es kommt auch niemand auf die Idee, andere Völker-
    morde vor 1951 mit dem gleichen Argument zu beschö-
    nigen.

    Mit einem solchen Vorwurf geht man nicht leichtfer-
    tig um. Wenn wir jedoch unserer Verpflichtung zur
    Wahrheitsförderung gerecht werden wollen, müssen wir
    aus meiner Sicht anerkennen: Die Vertreibung und Er-
    mordung der Armenier vor 100 Jahren war Völkermord.
    Eine solche Feststellung ist schon allein deshalb so
    wichtig, weil sie die Opfer und deren Nachfahren vor der
    ständig präsenten Relativierung oder gar Leugnung des
    Erlittenen befreit und somit angemessenes – auch ge-
    meinsames – Gedenken und Erinnern ohne Rechtferti-
    gungsnot ermöglicht. Nicht nur aus diesem Grund bin
    ich froh, dass mit dem vorliegenden Koalitionsantrag ein
    Weg begonnen wurde, sich historischen Tatsachen zu nä-
    hern und diese beim Namen zu nennen. Ich verstehe
    auch den Ansatz hinter der gewählten Formulierung. Die
    Aufarbeitung des Geschehens und die Versöhnung zwi-
    schen Armeniern und Türken – unsere Hauptanliegen –
    können nicht bei uns in Deutschland erfolgen. Wir kön-
    nen dafür aber Impulse geben.

    Ich sage ganz aufrichtig: Eine klare Formulierung
    halte ich für unerlässlich, und dafür plädiere ich. Ob ein
    Völkermord als solcher bezeichnet wird oder nicht,
    macht das Geschehene um nichts besser. Beschönigun-
    gen hingegen perpetuieren Unrecht in die Zukunft.
    Schon deswegen ermuntere ich die Türkei, hier etwas
    mutiger zu werden. Gleichzeitig liegt mir viel daran,
    deutlich zu machen, dass sich die Bezeichnung der Ver-
    brechen als Völkermord in keiner Weise gegen die Tür-
    kei oder gar ihre Bevölkerung richtet. Es ist kein Angriff
    auf das Ansehen der modernen Türkei, wenn wir an das
    Leid der Opfer des Völkermords an den Armeniern erin-
    nern und das auch so nennen. Ganz im Gegenteil: Ein
    Staat, der auch zu den dunkelsten Seiten der eigenen Ge-
    schichte steht, zeigt Stärke und wahre Souveränität.

    Gerade wir Deutschen haben unsere Erfahrungen mit
    der Aufarbeitung der eigenen Geschichte gemacht. Vor
    Jahrzehnten hätte kaum jemand zu hoffen gewagt, dass





    Dr. Bernd Fabritius


    (A) (C)



    (D)(B)

    Deutschland – nach der Schoah und den Verbrechen der
    Nazis – im Jahre 2015 nicht nur mit seinen Nachbarstaa-
    ten, sondern gerade auch mit Israel in enger Freund-
    schaft verbunden sein würde. Wir haben gelernt, dass ein
    Prozess der Aufarbeitung auch schmerzhafte Erkennt-
    nisse erfordert. Diese auszuhalten, macht aber stärker.
    Verzögerung wichtiger Aufklärungsarbeit oder gar
    Schönfärberei begangener Verbrechen hingegen ist si-
    cher nicht der richtige Weg, um mit der eigenen Vergan-
    genheit umzugehen.

    Bedauerlich finde ich, dass in der Türkei diesbezüg-
    lich eher das Muster „einen Schritt vor, zwei Schritte zu-
    rück“ zu beobachten war. Das den Armeniern zugefügte
    Leid wird dort inzwischen zwar offener diskutiert; ermu-
    tigenden Signalen aus der türkischen Zivilgesellschaft
    folgen jedoch allzu oft Rückschläge seitens der Regie-
    rung. Jenen, die es wagten, die Wahrheit offen auszu-
    sprechen – und Orhan Pamuk ist nur ein Beispiel –, wur-
    den Strafen angedroht, und wenn der Papst, das
    Europäische Parlament oder der Europarat den Völker-
    mord an den Armeniern als solchen benennen, reagiert
    die türkische Regierung mit wütenden verbalen Ausfäl-
    len und mit Drohungen.

    Die ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen
    Vergangenheit wäre jedoch unabdingbare Voraussetzung
    für einen echten, nachhaltigen Versöhnungsprozess mit
    den armenischen Nachbarn. Von diesen erwarte ich Of-
    fenheit, Versöhnungsbereitschaft und den Verzicht auf
    verbale Rache. Die türkische Regierung fordere ich auf,
    sich offen mit der Vergangenheit des Osmanischen
    Reichs auseinanderzusetzen und eine systematische Auf-
    arbeitung der Ereignisse vor 100 Jahren anzugehen. Das
    wäre letztlich auch im Interesse der Türkei selbst.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)