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    Plenarprotokoll 18/95 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 95. Sitzung Berlin, Freitag, den 20. März 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstech- nischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz) Drucksache 18/4096 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9037 A Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9037 B Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9038 D Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9040 C Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9042 C Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 9044 B Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9045 D Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 9047 A Christina Kampmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9048 A Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9050 A Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9051 B Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9053 B Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . 9054 C Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9056 A Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Gesund- heitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) Drucksache 18/4282 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9057 C b) Antrag der Abgeordneten Birgit Wöllert, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gesundheits- förderung und Prävention konsequent auf die Verminderung sozial bedingter gesundheitlicher Ungleichheit ausrich- ten Drucksache 18/4322 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9057 C c) Antrag der Abgeordneten Kordula Schulz- Asche, Maria Klein-Schmeink, Dr. Harald Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gesundheit für alle ermöglichen – Ge- rechtigkeit und Teilhabe durch ein mo- dernes Gesundheitsförderungsgesetz Drucksache 18/4327 . . . . . . . . . . . . . . . . . 9057 D Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9058 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9059 D Helga Kühn-Mengel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9061 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9061 B Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9063 A Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9064 D Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9066 B Birgit Wöllert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 9067 A Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9068 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9069 D Reiner Meier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 9070 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. März 2015 Marina Kermer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9072 A Heiko Schmelzle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9073 B Martina Stamm-Fibich (SPD) . . . . . . . . . . . . 9074 C Dietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 9076 A Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Lisa Paus, Katja Dörner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Cannabiskontrollgesetzes (CannKG) Drucksache 18/4204 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9077 C Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9077 D Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9079 B Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9081 B Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9082 A Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 9082 C Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 9083 D Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 9085 A Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9086 A Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9087 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9087 C Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 9088 D Bettina Müller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9089 D Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring, Sigrid Hupach, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gleichen Lohn für gleiche und gleichwer- tige Arbeit für Frauen und Männer durch- setzen Drucksache 18/4321 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9091 A Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 9091 B Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU) . . . . . . . 9092 C Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9093 D Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9094 D Ingrid Pahlmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9096 A Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9097 C Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9098 D Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9099 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 9101 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9102 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. März 2015 9037 (A) (C) (D)(B) 95. Sitzung Berlin, Freitag, den 20. März 2015 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. März 2015 9101 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Barthel, Klaus SPD 20.03.2015 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 20.03.2015 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 20.03.2015 Brugger, Agnieszka BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.03.2015 Buchholz, Christine DIE LINKE 20.03.2015 Bülow, Marco SPD 20.03.2015 Daldrup, Bernhard SPD 20.03.2015 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 20.03.2015 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 20.03.2015 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 20.03.2015 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 20.03.2015 Göppel, Josef CDU/CSU 20.03.2015 Gottschalck, Ulrike SPD 20.03.2015 Groth, Annette DIE LINKE 20.03.2015 Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.03.2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 20.03.2015 Held, Marcus SPD 20.03.2015 Dr. Hendricks, Barbara SPD 20.03.2015 Hinz (Essen), Petra SPD 20.03.2015 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.03.2015 Dr. Hoppenstedt, Hendrik CDU/CSU 20.03.2015 Jung, Xaver CDU/CSU 20.03.2015 Kassner, Kerstin DIE LINKE 20.03.2015 Dr. Krüger, Hans-Ulrich SPD 20.03.2015 Lämmel, Andreas G. CDU/CSU 20.03.2015 Dr. Launert, Silke CDU/CSU 20.03.2015 Dr. von der Leyen, Ursula CDU/CSU 20.03.2015 Lotze, Hiltrud SPD 20.03.2015 Menz, Birgit DIE LINKE 20.03.2015 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 20.03.2015 Dr. Middelberg, Mathias CDU/CSU 20.03.2015 Mißfelder, Philipp CDU/CSU 20.03.2015 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 20.03.2015 Dr. Ramsauer, Peter CDU/CSU 20.03.2015 Dr. Reimann, Carola SPD 20.03.2015 Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 20.03.2015 Rix, Sönke SPD 20.03.2015 Dr. Rosemann, Martin SPD 20.03.2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.03.2015 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.03.2015 Schimke, Jana CDU/CSU 20.03.2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 20.03.2015 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 20.03.2015 Schwabe, Frank SPD 20.03.2015 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 20.03.2015 Spiering, Rainer SPD 20.03.2015 Steinbach, Erika CDU/CSU 20.03.2015 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 20.03.2015 Westermayer, Waldemar CDU/CSU 20.03.2015 Wicklein, Andrea SPD 20.03.2015 Dr. Zimmer, Matthias CDU/CSU 20.03.2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 9102 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 95. Sitzung. Berlin, Freitag, den 20. März 2015 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 931. Sitzung am 6. März 2015 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen – Gesetz zur Teilumsetzung der Energieeffizienz- richtlinie und zur Verschiebung des Außerkraft- tretens des § 47g Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Ferner hat der Bundesrat folgende Entschließung ge- fasst: 1. Der Bundesrat begrüßt, dass mit dem vorliegenden Ge- setz ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Energie- effizienz bei Unternehmen und damit zu verstärkter Energieeinsparung und CO2-Reduktion erfolgt. 2. Der Bundesrat stellt fest, dass die Umstellung auf ein Energieaudit für viele Unternehmen eine große orga- nisatorische wie auch finanzielle Herausforderung darstellt, vor allem auch, da sie in kurzer Zeit bewäl- tigt werden muss (Stichtag ist der 5. Dezember 2015). Daher ist in der Umsetzung des Gesetzes da- rauf zu achten, dass der Aufwand für die betroffenen Unternehmen so gering wie möglich gehalten wird. 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, beim Voll- zug des Gesetzes insbesondere zu prüfen, ob bei vie- len gleichartigen Standorten eines Unternehmens so genannte Multi-Site-Verfahren zugelassen werden können, mit denen vermieden wird, dass ein umfas- sendes Energieaudit für jeden einzelnen Standort er- folgen muss. – Gesetz zu dem Abkommen vom 5. Dezember 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zum Export besonderer Leis- tungen für berechtigte Personen, die im Hoheits- gebiet der Republik Polen wohnhaft sind Offsetdruc Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Te Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) hat mitgeteilt, dass er gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Indikatorenbericht 2014 zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt Drucksachen 18/3995, 18/4147 Nr. 5 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sechster Bericht der Bundesregierung über die Forschungsergebnisse in Bezug auf die Emissions- minderungsmöglichkeiten der gesamten Mobilfunk- technologie und in Bezug auf gesundheitliche Auswir- kungen Drucksachen 18/3752, 18/3890 Nr. 3 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahr 2012 Drucksachen 18/708, 18/891 Nr. 2 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 18/3362 Nr. A.2 Ratsdokument 14910/14 Ausschuss für Wirtschaft und Energie Drucksache 18/2533 Nr. A.39 Ratsdokument 11976/14 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/4152 Nr. A.12 Ratsdokument 5867/15 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 lefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 95. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 17 IT-Sicherheitsgesetz TOP 18 Gesundheitsförderung und Prävention TOP 19 Cannabiskontrollgesetz TOP 20 Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Henke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Bitte. Ja.



Rede von Frank Tempel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Danke schön, dass Sie meine Frage noch zulassen. –

Sie haben mehrfach auf eine generalpräventive Wirkung
des Verbots verwiesen. Ich würde gerne wissen, woher
Sie die Annahme haben, dass das Verbot eine general-
präventive Wirkung hat. Ich verweise auf die Zahlen der
Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Dro-
gensucht in Lissabon – das sind Zahlen von 2011 –: Die
Lebenszeitprävalenz von Cannabiskonsum ist in Holland
fast auf das Zehntel genau so hoch wie in Deutschland.
In Holland wird aber der Cannabiserwerb in Coffee-
shops toleriert; er ist nicht legal, wird aber toleriert. Dort
droht keine Strafanzeige. In keinem Land, das von dem
Cannabisverbot abgerückt ist, ist die Zahl der Konsu-
menten gestiegen. Das beobachten wir langfristig in Por-
tugal, das beobachten wir kurzfristig in amerikanischen
Bundesstaaten, selbst in der Schweiz und in anderen
Ländern. Überall dort, wo man das Mittel der Strafver-
folgung abmildert, wo die Gefahr einer Strafanzeige ab-
nimmt, steigt die Zahl der Konsumenten nicht an.

Sie reden hier aber trotzdem von einer generalpräven-
tiven Wirkung. Sie reden auch von einem Signal, das
von einer Legalisierung ausgehen würde. Sie wissen
aber schon, dass ein Verbot immer ein Eingriff in Grund-
rechte der Bürger ist, manchmal legitim, manchmal nicht
legitim. Auf alle Fälle gibt es dafür einen verfassungs-
mäßigen Grundsatz, nämlich den der Verhältnismäßig-





Frank Tempel


(A) (C)



(D)(B)

keit. Es geht also nicht darum, dass von der Abschaffung
eines Verbotes ein Signal ausgehen könnte. Vielmehr
geht es darum, dass ein Verbot funktionieren muss: ge-
eignet, erforderlich und angemessen.

Die Hälfte aller Strafrechtsprofessoren – über 120 in
Deutschland – hat festgestellt, dass genau diese Verhält-
nismäßigkeit in allen drei Punkten – geeignet, erforder-
lich, angemessen – nicht gewährleistet ist. Deshalb ha-
ben sie sich mit einer Resolution an den Deutschen
Bundestag gewandt. Übrigens, nur sieben Straf-
rechtsprofessoren haben deutlich geäußert, dass sie sich
dieser Resolution nicht anschließen wollen; die anderen
haben sich einfach nicht beteiligt. Aber mehr als die
Hälfte aller Strafrechtsprofessoren in Deutschland hat
aktiv gesagt, dass die verfassungsgemäße Verhältnismä-
ßigkeit dieses Verbots nicht gegeben ist; es ist weder ge-
eignet noch erforderlich oder angemessen.

Sie reden trotzdem von einer generalpräventiven Wir-
kung. Haben Sie dazu entsprechende Zahlen? Wie ist das
belegt? Sagen Sie das hier einfach aus Ihrem Bauchge-
fühl heraus, oder gibt es da belegbare Zahlen? Diese
würde ich mir natürlich ganz gerne ansehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Henke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Vielen Dank für die Frage. – Zunächst einmal, Herr

    Kollege, gibt es keinen Zweifel daran, dass die Akzep-
    tanz von Nikotin und von Alkohol – beide sind erlaubt –
    natürlich viel verbreiteter ist als die von Cannabis.


    (Frank Tempel [DIE LINKE]: Es geht hier um Cannabis!)


    Durch die Tatsache, dass wir es mit einer Substanz zu
    tun haben, deren Besitz, Handel und Herstellung bzw.
    Anbau strafbar ist, haben Sie jedenfalls schon einmal
    eine andere Relation in der Wahrnehmung dieses Risikos
    als bei anderen Suchtstoffen, jedenfalls bei den von den
    Grünen beklagten. Ich finde es jedenfalls hoch wider-
    sprüchlich, zu sagen: Der Beleg dafür, dass es keine ge-
    neralpräventive Wirkung des Verbotes gibt, liegt darin,
    dass der Konsum niedriger als bei anderen Suchtstoffen
    ist. Deswegen glaube ich, dass man schon davon ausge-
    hen kann, dass diese Wirkung existiert.

    Sie fragen zu Recht nach der Verhältnismäßigkeit.
    Wenn Sie die Verhältnismäßigkeit betrachten – das
    würde ja im Zweifel verfassungsrechtlich geprüft wer-
    den müssen –, kann man feststellen, dass wir wissen-
    schaftliche Befunde in Hülle und Fülle haben, die die
    diagnostizierte Substanzabhängigkeit für Cannabiskon-
    sumenten nachweisen. Rund 20 Prozent der regelmäßig
    konsumierenden Personen erfüllen die Kriterien eines
    schädlichen Gebrauchs nach F 10.1 der internationalen
    Diagnosen-Klassifikation. Bei 10 Prozent dieser Perso-
    nen sehen wir eine Abhängigkeit. Nach den Daten von
    Petersen und Thomasius aus 2007 finden wir bei etwa
    zwei von drei Cannabisabhängigen eine körperliche Ab-
    hängigkeitssymptomatik mit und ohne Toleranzbildung.
    Zudem sehen wir, dass die Entwicklung einer Psychose
    durch Cannabiskonsum um das Zwei- bis Dreifache
    wahrscheinlicher wird als in der Normalbevölkerung. Je
    jünger die Konsumenten sind, umso größer ist das Ri-
    siko.

    Ich glaube, man würde sich mit solchen Argumenten
    – im Gesetzentwurf der Grünen werden diese übrigens in
    einer, ich sage mal, homöopathischen Dosis angespro-
    chen – dann im Zusammenhang mit der Frage der Ver-
    hältnismäßigkeit auseinandersetzen müssen. Wenn es
    diese Frage der Verhältnismäßigkeit gar nicht gäbe, dann
    würden die Grünen ja auch nicht schreiben, dass man
    verhindern muss, dass Kinder und Jugendliche an diese
    Stoffe herankommen. Das ist natürlich auch ihr Ziel. In-
    sofern haben wir an dieser Stelle möglicherweise eine
    politische Kontroverse über die Bewertung der Verhält-
    nismäßigkeit. Meine Prognose ist, dass das Bundesver-
    fassungsgericht dem Gesetzgeber an dieser Stelle eine
    große Einschätzungsprärogative zubilligen würde, so-
    dass wir das dann zu beurteilen hätten. Ich habe Ihnen ja
    bereits gesagt, welche Einschätzung wir da haben.

    Ich will mit dem Hinweis darauf schließen – das ist
    wichtig, damit es niemand missversteht –, dass die Bun-
    desregierung bekräftigt hat, schwer chronisch erkrankten
    Patientinnen und Patienten den Zugang zu Cannabisarz-
    neimitteln erleichtern zu wollen, hierzu die betäubungs-
    mittelrechtliche Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit
    zu erweitern und Regelungen über einen Erstattungsan-
    spruch in der gesetzlichen Krankenkasse zu schaffen.
    Das heißt, dass ein legaler Gebrauch von THC-reichem
    Cannabis nur für medizinische Zwecke und nur im Rah-
    men einer ärztlichen Therapie vertretbar wäre. Das ist
    eine Position, die wir als Union nicht beanstanden, nicht
    kritisieren, sondern stützen. Insofern, glaube ich, werden
    wir an dieser Stelle eine Veränderung erleben. Aber wir
    werden keine Veränderung in dem Sinne Ihres Gesetz-
    entwurfs erleben.

    Ich bedanke mich sehr für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)