Rede:
ID1809206800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 14
    1. Vielen: 1
    2. Dank.: 1
    3. –: 1
    4. Als: 1
    5. nächste: 1
    6. Rednerin: 1
    7. hat: 1
    8. LuiseAmtsberg: 1
    9. von: 1
    10. Bündnis: 1
    11. 90/Die: 1
    12. Grünen: 1
    13. das: 1
    14. Wort.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/92 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 92. Sitzung Berlin, Freitag, den 6. März 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 19: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes für die gleichbe- rechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentli- chen Dienst Drucksachen 18/3784, 18/4053, 18/4227 8739 A – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/4228 . . . . . . . . . . . . . . 8739 B b) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Ulle Schauws, Renate Künast, Katja Dörner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gremien und Führungs- ebenen (Führungskräftegesetz) Drucksachen 18/1878, 18/4227 . . . . . . . . 8739 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Zweiter Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Bundes- gleichstellungsgesetz – (Berichtszeit- raum 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2009) – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Fünfter Gremien- bericht der Bundesregierung zum Bundesgremienbesetzungsgesetz – (Berichtszeitraum 30. Juni 2005 bis 30. Juni 2009) Drucksachen 17/4307, 17/4308 (neu), 18/4227 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8739 B Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8739 D Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 8741 B Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . 8743 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8744 C Birgit Kömpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8746 B Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . 8747 C Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 8748 B Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8750 A Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8751 B Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . 8752 B Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8754 A Gudrun Zollner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 8755 A Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8756 B Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8757 A Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 8757 C Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8758 C Christina Jantz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8760 B Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sofortmaßnahmen für die Agrar- wende – Für eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft und gutes Essen Drucksache 18/4191 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8762 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8762 C Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . 8763 C Ingrid Pahlmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8764 B Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 8766 A Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 8767 A Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU) . . 8768 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 8770 C Rita Hagl-Kehl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8771 B Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8772 B Rita Stockhofe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8773 A Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8774 D Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8775 B Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8776 C Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung Drucksachen 18/4097, 18/4199 . . . . . . . . . . . 8778 A Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8778 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 8779 D Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8780 D Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8782 D Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8784 A Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8785 C Tagesordnungspunkt 22: a) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gewährleistung des Schienenpersonen- fernverkehrs Drucksache 18/4186 . . . . . . . . . . . . . . . . . 8786 A b) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mehrwertsteuerreduktion im Schienen- personenfernverkehr Drucksache 18/3746 . . . . . . . . . . . . . . . . . 8786 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur zu dem Antrag der Abgeord- neten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rückzug der Deutschen Bahn AG bei Nacht- und Autoreisezügen stoppen – Nachhaltige Reisekultur in Europa fördern Drucksachen 18/2494, 18/4080 . . . . . . . . 8786 B Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8786 C Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . 8787 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 8788 B Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8789 C Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8789 D Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8790 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 8791 B Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8792 A Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8793 C Michael Donth (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8794 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Perspektiven für Klimaschutz und Energieeffizienz nach Absage der Bundesregierung an einen Steuerbonus für eine energetische Gebäu- desanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8795 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8796 A Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 8797 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . 8798 B Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8799 C Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 8800 D Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8802 A Dr. Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8803 A Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8804 A Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 8805 B Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8806 B Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8807 C Klaus Mindrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8808 D Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 8809 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8810 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 8811 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 III Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Petra Sitte und Kathrin Vogler (beide DIE LINKE) zu den Abstimmungen über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teil- habe von Frauen und Männern an Führungs- positionen in der Privatwirtschaft und im öf- fentlichen Dienst (Tagesordnungspunkt 19 a) 8812 A Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstim- mungen über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privat- wirtschaft und im öffentlichen Dienst (Tages- ordnungspunkt 19 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8812 D Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8812 D Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8812 D Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8813 B Anlage 4 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8813 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 8739 (A) (C) (D)(B) 92. Sitzung Berlin, Freitag, den 6. März 2015 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 8811 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Binder, Karin DIE LINKE 06.03.2015 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 06.03.2015 Dr. Brandl, Reinhard CDU/CSU 06.03.2015 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 06.03.2015 Dinges-Dierig, Alexandra CDU/CSU 06.03.2015 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 06.03.2015 Gohlke, Nicole DIE LINKE 06.03.2015 Gottschalck, Ulrike SPD 06.03.2015 Gröhe, Hermann CDU/CSU 06.03.2015 Grötsch, Uli SPD 06.03.2015 Dr. Gundelach, Herlind CDU/CSU 06.03.2015 Hartmann (Wackernheim), Michael SPD 06.03.2015 Heil, Mechthild CDU/CSU 06.03.2015 Held, Marcus SPD 06.03.2015 Dr. Hendricks, Barbara SPD 06.03.2015 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 06.03.2015 Klare, Arno SPD 06.03.2015 Klein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 06.03.2015 Mißfelder, Philipp CDU/CSU 06.03.2015 Möhring, Cornelia DIE LINKE 06.03.2015 Müller (Potsdam), Norbert DIE LINKE 06.03.2015 Müller (Erlangen), Stefan CDU/CSU 06.03.2015 Obermeier, Julia CDU/CSU 06.03.2015 Petry, Christian SPD 06.03.2015 Poschmann, Sabine SPD 06.03.2015 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 06.03.2015 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Scheuer, Andreas CDU/CSU 06.03.2015 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Schimke, Jana CDU/CSU 06.03.2015 Schummer, Uwe CDU/CSU 06.03.2015 Spinrath, Norbert SPD 06.03.2015 Steinbach, Erika CDU/CSU 06.03.2015 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 06.03.2015 Tank, Azize DIE LINKE 06.03.2015 Terpe, Dr. Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Thönnes, Franz SPD 06.03.2015 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 06.03.2015 Weinberg, Harald DIE LINKE 06.03.2015 Weiss (Wesel I), Sabine CDU/CSU 06.03.2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 8812 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Petra Sitte und Kathrin Vogler (beide DIE LINKE) zu den Abstimmun- gen über den von der Bundesregierung einge- brachten Entwurf eines Gesetzes für die gleich- berechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Tagesordnungspunkt 19 a) Wir haben bei den getrennten Abstimmungen zu Arti- kel 1 (Bundesgremienbesetzungsgesetz – BGremBG) und Artikel 2 (Bundesgleichstellungsgesetz – BGleiG) abgelehnt, während wir den Regelungen für die Privat- wirtschaft zugestimmt haben. Bei der Abstimmung über den gesamten Gesetzentwurf der Bundesregierung haben wir uns enthalten. Unser Abstimmungsverhalten beruht auf folgenden Erwägungen: Der Ausgangspunkt von Gleichstellungspolitik ist es, bestehende Benachteiligungen zu beseitigen – so steht es in Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes. Es ist hingegen nicht ihre Aufgabe alle und alles gleich zu behandeln. Aus der strukturellen Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt ergibt sich daher der staatliche Auftrag der Frauenförderung, nicht zuletzt in den eigenen Struktu- ren. Obwohl es an einer konsequenten Umsetzung des BGremBG und des BGleiG mangelt, sind darin wichtige Regelungen für die Frauenförderung enthalten. Diese müssten geschärft und durchgesetzt werden. So müsste etwa der gängigen Unterwanderung des § 8 BGleiG – der die bevorzugte Berücksichtigung weiblicher Be- werberinnen bei gleicher Eignung vorsieht – ein Riegel vorgeschoben werden. In der Verwaltungspraxis werden die Vergleichskriterien so stark ausdifferenziert, bis schließlich ein Qualitätsrückstand – meistens der Frau – festgestellt werden kann. Darauf hat auch der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Professor Papier, aufmerksam gemacht. Statt hier nachzubessern, fällt der vorliegende Ent- wurf einer Neugestaltung dieser beiden Gesetze in zen- tralen Punkten hinter den erreichten Stand zurück: Im BGremBG wird die derzeitige Regel der paritätischen Nominierung zu einer 30-Prozent-Quote. Nach heftiger Kritik durch fast alle Sachverständigen an der geplanten verfassungswidrigen Männerförderung durch das neue BGleiG haben die Koalitionsfraktionen diese nicht ge- strichen, sondern unter den Vorbehalt der „strukturellen Diskriminierung“ gestellt. Ein solches Vorhaltegesetz für bis dato unbekannte gesellschaftliche Entwicklungen ist mehr als absurd und zeigt, dass die Große Koalition sich nicht zur Gleichstellung von Frauen mit Männern be- kennt. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Ver- hältnisse ist dieser Perspektivwechsel nicht zu begrün- den, wird aber in der Praxis zu zahlreichen Problemen führen. Des Weiteren wird für das Votum von Gleichstel- lungsbeauftragten eine Frist eingeführt, ohne jedoch ihre Ausstattung mit Personal- und Sachmitteln zu verbes- sern. Angesichts der ohnehin hohen Belastung von Gleichstellungsbeauftragten – manche sind für bis zu 150 Dienststellen in bis zu fünf Bundesländern zuständig – behindert das faktisch ihre Arbeit. Es ist daher nicht überraschend, aber auch nicht zu rechtfertigen, dass eine Begründung dieser Neuregelung durch die Praxis bisher ausblieb. Die Regelungen für die Privatwirtschaft sind hinge- gen ein – wenn auch kleiner – Schritt in die richtige Richtung. Gegenüber den nutzlosen freiwilligen Selbst- verpflichtungen der Vergangenheit wird nun für börsen- notierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen eine Frauenquote von 30 Prozent gelten. Sicher ist, dass das aber noch nicht das Ende sein kann: Die Linke for- dert eine Frauenquote von 50 Prozent für die Aufsichts- räte wie für Vorstände aller Unternehmen – und nicht nur der 108 im jetzigen Geltungsbereich. Der Einführung der Frauenquote in der Wirtschaft ha- ben wir daher zugestimmt, werden uns aber nicht damit zufrieden geben. Die Praxis hat gezeigt: Verbindliche Frauenquoten sind notwendig, um der Benachteiligung von Frauen ent- gegenzuwirken. Die Anwendung auf nur 108 Unterneh- men in der Privatwirtschaft wiegt die Verschlechterun- gen im öffentlichen Dienst allerdings nicht auf. Bei der Abstimmung über das Gesamtpaket haben wir uns daher enthalten. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstimmungen über den von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurf eines Ge- setzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Tagesordnungspunkt 19 a) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Ich lehne die Einfüh- rung einer gesetzlichen starren Frauenquote ab. Sie ver- letzt die unternehmerische Freiheit und unterläuft somit ein Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft. Die Frauenquote nimmt Menschen in Haftung für ihr Geschlecht. Dieser staatliche Eingriff vermindert Chan- cen des Einzelnen und bringt neue Ungerechtigkeiten hervor, nur weil andere Angehörige seines Geschlechts tatsächlich oder vermeintlich Vorteile genossen haben. Das ist weder mit meinem Verständnis zur Rolle des Staates in unserer Gesellschaft und Wirtschaft noch mit meinem Menschenbild vereinbar. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich werde heute dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bun- desregierung „Entwurf eines Gesetzes für die gleichbe- rechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Füh- rungskräften in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst und der Ergänzung: Artikel 3 bis 23 zustimmen. Mit der Berliner Erklärung habe ich mit zivilgesell- schaftlichen Gruppen und mit Frauen aus allen Fraktio- nen im Bundestag ein Bündnis für die Frauenquote ge- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 8813 (A) (C) (D)(B) schmiedet. Für mich ist es ein Teil meiner politischen Glaubwürdigkeit, heute mit meiner Stimme zu diesem Bündnis zu stehen. Politisch habe ich seit jeher für eine Frauenquote ge- kämpft. Jetzt serviert die Koalition zwar nur ein „Quöt- chen“, dennoch werde ich zustimmen. Wie vielen ande- ren geht auch mir das Gesetz nicht weit genug. Meine Fraktion hat einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der zeigt, wie es deutlich besser gehen würde. Aber so- fern die Richtung stimmt, helfen auch kleine Schritte auf dem Weg in eine geschlechtergerechte Arbeitswelt, in der nicht mehr nur Männerrunden Entscheidungen tref- fen. Frauen in Führungspositionen können dann nicht nur mitreden, sondern auch nach und nach die Arbeits- welt den Bedürfnissen der Frauen – ihren Bedürfnissen – anpassen. Und ein Kulturwandel, der dazu führt, dass Frauen auch nach vorne streben, weil sie kompetent sind, weil es flexible Kinderbetreuung gibt, weil nicht mehr nur Schein, sondern Sein belohnt wird, weil es möglich ist, Karriere zu machen und dabei auch noch ein Privateben existiert, ein solcher Kulturwandel ist bitter nötig. Und er lohnt sich: Geschlechtergerechtigkeit schreibt schwarze Zahlen, denn heterogene Teams arbei- ten erfolgreicher. Die Wirtschaft, die sich immer noch gegen eine Quote sträubt, wird bald erkennen, dass mehr Frauen in verantwortlichen Positionen klare Vorteile bringen. Ein Grundstein wird heute gelegt, der uns anspornen wird, noch mehr für Frauenförderung zu kämpfen, bis sich die Arbeitswelt auch an die Frauen angepasst hat und sich in ihr beide Geschlechter gleichermaßen zu- rechtfinden. Deshalb ist auch dieser kleine Schritt einer in die richtige Richtung. Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) (CDU/CSU): Ich lehne die Einführung einer gesetzlichen starren Frau- enquote ab. Zum einen stellt sie einen empfindlichen Eingriff in die unternehmerische Freiheit dar. Zum ande- ren gilt, was gegen die kurzzeitig geplante sogenannte „Männerquote“ vorgebracht wurde, auch in Hinblick auf Frauen in Führungspositionen: Aus einer Unterrepräsen- tanz lässt sich nicht zwangsläufig auf eine Diskriminie- rung schließen. Vor allem aber nimmt die Frauenquote Menschen in Haftung für ihr Geschlecht. Sie maßt sich an, durch ei- nen staatlichen Eingriff die Chancen eines Individuums zu vermindern, weil andere Angehörige seines Ge- schlechts tatsächlich oder vermeintlich Vorteile genos- sen haben. Diese kollektivistische Logik der Frauen- quote führt zu individueller Ungerechtigkeit und ist daher weder mit meinem Menschenbild noch mit mei- nem Staatsverständnis vereinbar. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Delegation des Deutschen Bundes- tages in der Interparlamentarischen Konferenz gemäß Arti- kel 13 des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskal- vertrag) Tagung der Interparlamentarischen Konferenz für die wirtschaftliche und finanzielle Steuerung der Europäi- schen Union vom 29. bis 30. September 2014 in Rom, Italien Drucksachen 18/3783, 18/3890 Nr. 6 Ausschuss für Wirtschaft und Energie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Erster Fortschrittsbericht Energiewende Drucksachen 18/3487, 18/3617 Nr. 5 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ab 1. Juli 2014 Drucksache 18/2200 – Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 2015 der Bundesregierung Drucksache 18/3840 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Rechenschaftsbericht 2013 zur Umsetzung der Nationa- len Strategie zur biologischen Vielfalt Drucksachen 17/13390, 18/770 Nr. 28 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56a GO-BT Technikfolgenabschätzung (TA) Fernerkundung: Anwendungspotenziale in Afrika Drucksache 18/581 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/3898 Nr. A.6 EP P8_TA-PROV(2014)0103 Drucksache 18/3898 Nr. A.8 Ratsdokument 15164/14 Innenausschuss Drucksache 18/1524 Nr. A.3 Ratsdokument 9212/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.20 Ratsdokument 12013/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.1 Ratsdokument 14639/14 Drucksache 18/3898 Nr. A.10 EP P8_TA-PROV(2014)0105 8814 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 (A) (C) (B) Haushaltsausschuss Drucksache 18/3898 Nr. A.12 Ratsdokument 5093/15 Ausschuss für Wirtschaft und Energie Drucksache 18/822 Nr. A.23 Ratsdokument 6651/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/3898 Nr. A.14 Ratsdokument 17022/14 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 18/3765 Nr. A.8 EP P8_TA-PROV(2014)0060 (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 92. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 19 Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen TOP 20 Agrarwende TOP 21 Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung TOP 22 Schienenpersonenfernverkehr ZP 4 Aktuelle Stunde Klimaschutz und Energieeffizienz Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rüdiger Veit


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Ulla
    Jelpke, bei aller persönlichen Wertschätzung kann ich
    dem Zerrbild, das hier von dir von dem Gesetzentwurf
    entworfen worden ist, nun wirklich nicht folgen. Ich
    werde versuchen, das im Einzelnen zu widerlegen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich habe eine ähnliche Debatte im Jahr 2007 mit den
    Worten Aristide Briands eingeleitet: Ein guter Kompro-
    miss sei immer dann gegeben, wenn alle Beteiligten über
    das Ergebnis gleichermaßen unzufrieden seien. – Das
    war damals richtig. Da ging es um das Richtlinienumset-
    zungsgesetz. Auch ich war nicht zufrieden. Heute sind
    wir, wie ich finde, ein großes Stück weiter, und zwar auf-
    grund der Umsetzung einer Koalitionsvereinbarung, die
    in einigen Punkten über das hinausgeht, was mancher für
    möglich gehalten hätte. Das betrifft zum Beispiel auch
    die Fragen von Arbeitsverboten und Residenzpflicht.

    (B)






    Rüdiger Veit


    (A) (C)



    (D)(B)

    Hier hat diese Koalition in den zurückliegenden Mona-
    ten bereits wichtige Verbesserungen vorgenommen.

    Wir haben in diesen Wochen immer wieder über die
    Frage der Einwanderung geredet. Wir wollen Menschen,
    die noch nicht bei uns leben, gewinnen, zu uns zu kom-
    men. Im Rahmen der Debatte über das Bleiberecht reden
    wir über das Schicksal derjenigen, die schon hier sind,
    was sachlich und logisch gesehen eigentlich vorrangig
    ist. Deswegen bin ich froh, dass wir uns mit diesem Ge-
    setz dieser Personengruppe zuwenden können.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Damit eines klar ist – da will ich einmal in die Ver-
    gangenheit zurückblenden –: Wir Sozialdemokraten
    wollten, als wir das Zuwanderungsgesetz entworfen und
    dann in den Jahren 2003 und 2004 in den Gremien be-
    handelt haben, die Duldung gänzlich abschaffen. Wir
    wollten nur noch zwei Aufenthaltstitel haben: den befris-
    teten und den unbefristeten. Wir wollten dazu überge-
    hen, zu sagen: Wenn jemand nicht ausreisen kann oder
    nicht abgeschoben werden kann, dann muss er nach spä-
    testens 18 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis bekom-
    men. § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes würde ich
    gerne unverändert lassen. Herr Minister, darüber und
    über die Streichung des Verweises auf § 11 des Aufent-
    haltsgesetzes werden wir hoffentlich noch reden. Das ist
    dann aber eine Fachdebatte, die wir an anderer Stelle
    führen müssen.

    Wir wollten die Duldung eigentlich grundsätzlich ab-
    schaffen. Das ging damals mit der Union aber nicht. Die
    Union musste zu rot-grünen Zeiten als Partner in An-
    spruch und ernst genommen werden, weil es damals im
    Bundesrat keine Mehrheit für diese Vorschriften gege-
    ben hat; daran will ich einmal erinnern. Insofern versu-
    chen wir seit über zehn Jahren, dieses Problem zu lösen.
    Schon im Zusammenhang mit dem Richtlinienumset-
    zungsgesetz wollten wir dann bereits im Jahre 2007 eine
    sehr viel weiter gehende Bleiberechts- und Altfallrege-
    lung schaffen.

    Bei der Gelegenheit – wenn man so lange dabei ist,
    bleibt es nicht aus, dass man sich erinnert – ist mir wie-
    der eingefallen, wie es damals war. Das möchte ich
    gerne einmal in Form einer Anekdote zum Besten geben.
    Damals, als wir über das Richtlinienumsetzungsgesetz
    und eine Bleiberechtsregelung gesprochen haben, hat Ihr
    Amtsvorgänger, der damalige Innenminister Wolfgang
    Schäuble, gemeinsam mit Franz Müntefering, der da-
    mals Arbeitsminister war, eine sehr weitgehende Bleibe-
    rechtsregelung und Altfallregelung entworfen und vor-
    geschlagen. Dieser Vorschlag wurde aber im Ergebnis
    der politischen Realität nur ungefähr vier Tage alt, weil
    er dann in einer Länderinnenministerkonferenz – das
    war am 17. November 2006 in Nürnberg – von Innen-
    ministern der Union zerrupft worden ist. Es gab damals
    erheblichen Ärger von den auf der Seite der Union Be-
    teiligten. Davon ist im Augenblick keiner im Raum. Ich
    kann mich aber noch gut an die Berichte dieser Innen-
    ministerkonferenz erinnern.
    Die herbste Kritik war übrigens diejenige des vorma-
    ligen niedersächsischen Innenministers Schünemann,
    der damals zu Herrn Schäuble gesagt hat, er – der Herr
    Schäuble – habe keine Ahnung von der Praxis. Das war
    schon eine ziemliche Unverschämtheit, weil Wolfgang
    Schäuble zuvor schon einmal Innenminister war, und
    zwar zu einer Zeit, als jedenfalls Herr Schünemann noch
    lange nicht Innenminister, sondern vielleicht bestenfalls
    dem Grundschulalter entwachsen war.

    Da wir hier große Volksparteien repräsentieren, ver-
    treten nicht alle die gleiche Meinung. Ich erinnere mich
    noch – diesen Teil der Anekdote gebe ich auch noch zum
    Besten –, dass wir auf einer Klausurtagung der SPD-
    Fraktion in Brüssel im Plenarsaal des Europäischen Par-
    laments über die richtige Umsetzung der Bleiberechts-
    regelung gesprochen haben. Damals hat ein anderer Ih-
    rer Amtsvorgänger, Otto Schily, uns davor gewarnt, eine
    Bleiberechtsregelung gesetzlich festzuschreiben, die
    mehr als höchstens 20 000 oder 30 000 Menschen be-
    günstigt. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich ein-
    mal in die Verlegenheit kommen würde, einen gemeinsa-
    men Vorschlag von Franz Müntefering und Wolfgang
    Schäuble gegen Otto Schily verteidigen zu müssen. Es
    kam dann übrigens nicht mehr dazu. Der Flieger ging,
    und deswegen kam meine Wortmeldung nicht mehr zum
    Tragen. – So viel zur Geschichte.

    Heute sind wir Gott sei Dank, wie ich finde, mit einer
    derartigen Bleiberechtsregelung sehr viel weiter. Dem
    Nichtfachpublikum sei einmal gesagt, worum es hier
    geht. Menschen, die in Deutschland nicht abgeschoben
    werden können oder nicht ausreisen können, die aber
    nicht den Status eines Flüchtlings oder Asylberechtigten
    zuerkannt bekommen, halten sich mit sogenannten Dul-
    dungen in Deutschland auf. Das ist nichts anderes als der
    Abschiebeverzicht vonseiten des Staates. Das ist aber
    kein Titel. Man sollte meinen, dass die Duldungen nicht
    länger als ein paar Monate dauern. Das ist mitnichten so.
    Die Statistik weist aus, dass es 11 000 Menschen gibt,
    die mit Duldungen schon mehr als 15 Jahre in der Bun-
    desrepublik leben. Immerhin 31 000 Menschen leben be-
    reits seit über sechs Jahren hier. Für die Betroffenen und
    ihre Familien heißt das, dass ihnen in der Regel alle drei
    Monate gesagt wird, ob sie abgeschoben werden und
    ausreisen müssen oder ob sie hier bleiben dürfen.

    In der Zwischenzeit durften sie nach altem Recht
    nicht einmal arbeiten und so sich und ihre Familien ver-
    sorgen. Den Teufelskreis, nicht arbeiten zu dürfen, weil
    man keine Aufenthaltserlaubnis hat, aber keine Aufent-
    haltserlaubnis zu erhalten, weil man keine Arbeit hat, ha-
    ben wir schon bei der letzten Änderung des Bleiberechts
    – damals § 104 a – durchbrochen. Das setzen wir jetzt
    konsequent fort. Dafür bin ich im Interesse der betroffe-
    nen Menschen und insbesondere im Interesse der in
    Deutschland geborenen und/oder aufgewachsenen Kin-
    der und Jugendlichen außerordentlich froh und dankbar.


    (Beifall bei der SPD)


    Deswegen ist das ein gutes und hoffentlich auch bald zu
    Ende kommendes Gesetzgebungsvorhaben, hinter dem
    ich auch persönlich stehe.





    Rüdiger Veit


    (A) (C)



    (D)(B)

    Herr Minister – auf kritische Punkte komme ich noch
    zu sprechen, damit keine Verwirrung eintritt –, Sie haben
    zu Recht erwähnt, dass wir mit diesem Gesetz erfreuli-
    cherweise den Status der Opfer von Menschenhandel
    verbessern werden. Sie haben – hierzu gab es insbeson-
    dere Kritik aus dem NGO-Bereich – darauf hingewiesen,
    dass der Familiennachzug bei subsidiär Geschützten neu
    geregelt wird. Sie haben noch einen Punkt vergessen, der
    mir aber auch wichtig ist und den ich vielleicht ergänzen
    darf. Wir haben jetzt eine gesetzliche Grundlage dafür,
    sogenannte Resettlement-Flüchtlinge in Deutschland
    aufzunehmen und ihnen ebenfalls die Möglichkeit des
    Familiennachzugs einzuräumen. Denjenigen, die nicht
    Bescheid wissen, möchte ich erklären, dass es sich bei-
    spielsweise bei den Flüchtlingen, die aus Syrien kom-
    men, um Resettlement-Flüchtlinge handelt. Diese haben
    nach der Flucht aus ihrer Heimat in Nachbarstaaten oder
    anderswo vorläufig Zuflucht gefunden. Wir haben sie
    dann aus humanitären Gründen – im Falle Syriens vor-
    bildlich, aber auf europäischer Ebene immer noch zu
    wenige – aufgenommen, um ihnen hier auf Dauer eine
    Perspektive zu geben.

    Es gibt aber auch eine kritische Bewertung. Ein biss-
    chen Kompromiss heißt aus unserer Sicht auch, ein biss-
    chen nachzugeben. Richtig ist: Das Ausweisungsrecht
    insgesamt musste dringend geändert werden. Da ich
    daran, ob wir das in jedem einzelnen Punkt perfekt
    hinbekommen haben, meine Zweifel habe, melde ich
    Gesprächsbedarf an. Das betrifft insbesondere die Haft-
    gründe. Insoweit hat Ulla Jelpke zu Recht darauf hinge-
    wiesen, dass es als Flüchtling technisch kaum anders
    machbar ist, nach Deutschland zu kommen, als sich ei-
    nes Schleusers zu bedienen. Das muss man deswegen
    nicht gutheißen. Das tue ich auch nicht. Das tut niemand
    von uns. Das ist aber ein aus den geografischen Gege-
    benheiten resultierendes Faktum, das wir nicht negieren
    können.


    (Beifall der Abg. Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Automatisch kann man deswegen also nicht auf Flucht-
    gefahr schließen.

    Damit sind wir bei der Fluchtgefahr angekommen.
    Bei der Abschiebehaft von sogenannten Dublin-Flücht-
    lingen verlangt die Richtlinie eine erhebliche Fluchtge-
    fahr als Voraussetzung. Das haben wir in diesem Gesetz-
    entwurf so noch nicht übernommen. Insofern ist es
    durchaus notwendig, an dieser Stelle nachzubessern.

    Schöner wäre übrigens auch gewesen – wenn ich
    auch diesen kritischen Punkt ansprechen darf –, wenn
    wir an den ursprünglich vorgesehenen 27 Lebensjahren
    als zeitliche Grenze für einen Antrag auf Aufenthalts-
    erlaubnis festgehalten hätten. Jetzt sind wir wieder auf
    21 Lebensjahre zurückgegangen. Auch darüber wird
    man noch reden können.

    Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, bei
    dem wir hoffentlich parteiübergreifend zu einer Lösung
    kommen werden. Es handelt sich dabei um die Rechts-
    stellung derjenigen jungen Leute, die sich in einer Be-
    rufsausbildung oder in einem Studium befinden. Neh-
    men wir als günstigen Fall an: Es ist einem Flüchtling
    gelungen, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Wenn er
    nur eine Duldung hat, ist das nicht immer ganz so ein-
    fach. Dieser Flüchtling muss damit leben, eventuell ab-
    geschoben zu werden, noch bevor er seine Ausbildung
    abgeschlossen hat. Es gibt zu Recht eine Initiative der
    Ministerpräsidenten und des Bundesrates, die darauf ab-
    zielt, den betreffenden jungen Leuten bis zum Erreichen
    ihres Ausbildungsabschlusses eine gesicherte Aufent-
    haltsperspektive zu bieten. Ich persönlich bin der Mei-
    nung, dass eine Duldung allein dafür nicht ausreichend
    ist. Ich will versuchen, kurz zu begründen, warum. Wenn
    ein Handwerksmeister vor der Frage steht, ob er einen
    jungen Mann oder eine junge Frau mit einer Duldung als
    Auszubildenden einstellt, dann muss er davon ausgehen,
    dass der Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung
    – so sie denn erfolgreich war, was hoffentlich in der Re-
    gel der Fall ist – gehen muss und nicht bei ihm im Be-
    trieb bleiben kann. Das macht keinen Sinn und führt zu
    Verwerfungen. Obwohl ein solcher Handwerksmeister
    die Verantwortung und die Last bzw. die Kosten der
    Ausbildung trägt, ist er anschließend nicht in der Lage,
    den betreffenden Auszubildenden zu übernehmen.

    Es ist wünschenswert und richtig – das könnte uns in
    diesem Gesetzgebungsvorhaben noch gelingen –, eine
    Regelung zu finden, die besagt: Wer hier berechtigter-
    weise bzw. erlaubterweise eine Ausbildung absolviert,
    der erhält zu diesem Zweck eine entsprechende Aufent-
    haltserlaubnis. Das ist ein ganz konkreter Wunsch vor
    unseren jetzt beginnenden Koalitionsgesprächen zu die-
    sem Gesetzentwurf. Nach der Anhörung werden wir be-
    ginnen, darüber zu beraten. Ich wünsche mir, dass wir
    auch in diesem Punkt zu einer Einigung kommen.

    Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Luise

Amtsberg von Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Luise Amtsberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Um das gleich vorwegzunehmen: Dieser Gesetzentwurf
    ist Schatten, aber auch Licht. Der Kürze halber fange ich
    mit dem Licht an. Wir freuen uns, dass sich die Bundes-
    regierung endlich dazu durchgerungen hat, die Rechts-
    grundlage für das Resettlement-Programm – das wurde
    noch nicht erwähnt – zu schaffen.

    Gut ist auch der Vorschlag, eine stichtags- und al-
    tersunabhängige Bleiberechtsregelung ins Leben zu ru-
    fen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Damit sollen langjährig hier lebende Menschen mit dem
    Status der Duldung – wie wir gehört haben, leben diese
    zum Teil seit 10, 16 oder sogar seit 20 Jahren hier – end-
    lich eine Perspektive zum Bleiben bekommen. Dieses
    Ziel verfolgen wir alle hier schon lange, und es ist gut,





    Luise Amtsberg


    (A) (C)



    (D)(B)

    dass jetzt entsprechende Regelungen auf den Weg ge-
    bracht werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wie gut ein solches Gesetz und wie ehrlich solch
    grundlegende Bekenntnisse sind, entscheidet aber nicht
    die Prosa, sondern die Praxis. Damit sind wir beim
    Schatten, der über Ihrem Gesetzentwurf liegt. Die Bun-
    desregierung hat die prekäre Situation von langjährig in
    Duldung lebenden Menschen zwar erkannt, unterläuft in
    unseren Augen mit kleineren diskriminierenden Rege-
    lungen im eigenen Gesetzentwurf aber das Ziel, dass
    diese Menschen auch bleiben können. Das wird durch
    § 11 Absatz 6 des Gesetzentwurfs deutlich. Dieser zielt
    nämlich auf die typische Duldungssituation ab. Wer zum
    Beispiel nicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist
    ausgereist ist, obwohl die Pflicht dazu bestand, kann
    vom Bleiberecht ausgeschlossen werden. Dieses „Kann“
    ist ganz entscheidend. Der Gesetzgeber ermöglicht es
    den Behörden damit, das Bleiberecht zu gewähren oder
    eben auch nicht – je nach Ermessen. Allein der Umstand,
    dass diese Anwendungspraxis von Behörde zu Behörde
    und von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich
    sein kann, gibt Anlass zu einer Neuregelung bzw. Präzi-
    sierung dieses Paragrafen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Die Schutzsuchenden können es sich nämlich nicht aus-
    suchen, an welchen Ort sie kommen und welche Be-
    hörde sie betreut.

    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, junge Menschen,
    die hier mit einer Duldung leben und das hiesige Bil-
    dungssystem durchlaufen – das wurde eben angespro-
    chen –, haben genauso wie alle anderen Menschen sehr
    viele Potenziale. Diese sollten wir nutzen, und wir soll-
    ten ihnen die Chance geben, sie zu entfalten; denn davon
    profitieren nicht nur sie selbst, sondern auch unsere ge-
    samte Gesellschaft und insbesondere unser Arbeits-
    markt. Genau diesen jungen Menschen bleiben Sie mit
    Ihrem Gesetzentwurf leider eine Antwort schuldig. Für
    die Dauer der Ausbildung brauchen sie in unseren Au-
    gen eine Aufenthaltserlaubnis, und diese muss bei er-
    folgreichem Abschluss auch verlängert werden können.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Das ist kein Populismus, Herr Minister; denn die In-
    dustrie- und Handelskammern und auch die Handwerks-
    kammern liegen uns seit Ewigkeiten in den Ohren.
    Schleswig-Holstein konnte im letzten Jahr 1 000 Ausbil-
    dungsplätze nicht besetzen. Man sieht: Es liegen Puzzle-
    teile auf dem Tisch, die zusammenpassen, aber man geht
    nicht den entscheidenden Schritt, das Puzzle zu vervoll-
    ständigen.

    Die Betriebe fordern Sicherheit. Sie wollen, dass die
    jungen Menschen, die eine Ausbildung machen, vor der
    Abschiebung geschützt werden. Das unterstreiche ich
    ausdrücklich, und das gilt auch für den Gedanken mei-
    nes Kollegen Rüdiger Veit, den er am Ende seiner Rede
    geäußert hat. Es wäre nicht nur pragmatisch gesund und
    wirtschaftlich gedacht, sondern für diese Menschen auch
    eine große Chance auf eine verlässliche Perspektive, die-
    sen Schritt zu gehen, und das wollen Sie mit diesem Ge-
    setz erreichen. Auch hier gibt es also noch Nachbesse-
    rungsbedarf.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rüdiger Veit [SPD])


    Nachdem wir eben beim Schatten waren, muss ich
    jetzt natürlich auch noch auf die Dunkelheit, die Finster-
    nis dieses Gesetzentwurfs eingehen, die es durchaus
    gibt. Ich will sehr deutlich sagen: Haft ist das schärfste
    Schwert, das unser Staat in die Hand nehmen kann. Es
    ist das höchste Strafmaß in unserem Rechtsstaat, das mit
    Bedacht eingesetzt werden muss; denn es greift in funda-
    mentale Grundrechte ein. Anders als bei der Strafhaft hat
    ein Abschiebehäftling keine Straftat begangen.

    Ihre Pläne, Herr Minister, die Haft auf all die Men-
    schen auszuweiten, die über einen anderen EU-Staat
    eingereist sind, ist wirklich – so positiv und wohlmei-
    nend man diesem Gesetzentwurf auch gegenüberstehen
    möchte – eine nur schwer zu schluckende Kröte. Bislang
    verlangt das Gesetz den begründeten Verdacht, dass sich
    der oder die Betroffene einer Abschiebung entziehen
    will. Auch das ist schon sehr subjektiv formuliert. Dieser
    „begründete Verdacht“ spielt jetzt gar keine Rolle mehr;
    denn seit neuestem findet das Innenministerium, dass
    eine Fluchtgefahr schon allein dann gegeben ist, wenn
    eine Person über einen anderen EU-Staat nach Deutsch-
    land gekommen ist. Das ist vor dem Hintergrund zu se-
    hen, dass es kaum andere legale Wege nach Deutschland
    gibt; meine Kollegin Ulla Jelpke hat das schon angespro-
    chen. Da niemand, der aus Syrien, Afghanistan oder Eri-
    trea flieht, über Deutschland einfach vom Himmel fällt,
    ist dieser Ansatz wirklich mehr als zynisch.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Darüber einmal nachzudenken, Herr Minister, ist nicht
    zu viel verlangt und auch kein Populismus. Wir stehen
    im Übrigen mit dieser Kritik nicht alleine. Kirchen,
    Wohlfahrtsverbände und NGOs sehen das genauso. Da-
    rüber hinaus ist das nicht mit Artikel 28 der Dublin-III-
    Verordnung vereinbar.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion ver-
    tritt die Auffassung, dass wir mehr darüber reden sollten,
    welche Alternativen es zur Abschiebehaft gibt. Zumin-
    dest aber sollte die Abschiebehaft immer Ultima Ratio
    bleiben. So wird das in den Ländern auch gehandhabt.
    Viele inhaftieren de facto gar nicht mehr. Diese werden
    sich angesichts dieser Pläne bei Ihnen bedanken; denn
    die Kosten für die Vorhaltung von Abschiebehaftplätzen
    verbleiben bei den Ländern.

    Zum Schluss ein Punkt, der auch noch wichtig ist: der
    Spracherwerb beim Ehegattennachzug. Wir haben im
    Petitionsausschuss – ich weiß nicht, ob gerade Kollegen
    aus diesem Ausschuss da sind – eigentlich jede Woche
    damit zu tun, dass Familienmitglieder voneinander ge-
    trennt sind, Ehepartner für Jahre auseinandergerissen
    werden, weil der Sprachennachweis nicht erbracht wer-
    den konnte. Das alles geschieht, obwohl die Bundesre-





    Luise Amtsberg


    (A) (C)



    (D)(B)

    gierung die Familie besonders schützen will. Das passt
    nicht zusammen. Auch hier brauchen wir eine Überar-
    beitung dieses Gesetzentwurfs.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Es gibt noch viele Themen, die dabei eine Rolle spie-
    len und die wir noch ansprechen könnten. Der Gesetz-
    entwurf in der jetzigen Form könnte die Überschrift tra-
    gen: mehr Haft, mehr Restriktionen und weniger Schutz
    für Schutzsuchende. – Ich glaube, das können wir besser.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)