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ID1809203800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/92 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 92. Sitzung Berlin, Freitag, den 6. März 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 19: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes für die gleichbe- rechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentli- chen Dienst Drucksachen 18/3784, 18/4053, 18/4227 8739 A – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/4228 . . . . . . . . . . . . . . 8739 B b) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Ulle Schauws, Renate Künast, Katja Dörner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gremien und Führungs- ebenen (Führungskräftegesetz) Drucksachen 18/1878, 18/4227 . . . . . . . . 8739 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Zweiter Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Bundes- gleichstellungsgesetz – (Berichtszeit- raum 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2009) – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Fünfter Gremien- bericht der Bundesregierung zum Bundesgremienbesetzungsgesetz – (Berichtszeitraum 30. Juni 2005 bis 30. Juni 2009) Drucksachen 17/4307, 17/4308 (neu), 18/4227 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8739 B Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8739 D Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 8741 B Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . 8743 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8744 C Birgit Kömpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8746 B Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . 8747 C Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 8748 B Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8750 A Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8751 B Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . 8752 B Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8754 A Gudrun Zollner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 8755 A Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8756 B Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8757 A Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 8757 C Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8758 C Christina Jantz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8760 B Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sofortmaßnahmen für die Agrar- wende – Für eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft und gutes Essen Drucksache 18/4191 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8762 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8762 C Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . 8763 C Ingrid Pahlmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8764 B Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 8766 A Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 8767 A Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU) . . 8768 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 8770 C Rita Hagl-Kehl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8771 B Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8772 B Rita Stockhofe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8773 A Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8774 D Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8775 B Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8776 C Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung Drucksachen 18/4097, 18/4199 . . . . . . . . . . . 8778 A Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8778 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 8779 D Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8780 D Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8782 D Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8784 A Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8785 C Tagesordnungspunkt 22: a) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gewährleistung des Schienenpersonen- fernverkehrs Drucksache 18/4186 . . . . . . . . . . . . . . . . . 8786 A b) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mehrwertsteuerreduktion im Schienen- personenfernverkehr Drucksache 18/3746 . . . . . . . . . . . . . . . . . 8786 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur zu dem Antrag der Abgeord- neten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rückzug der Deutschen Bahn AG bei Nacht- und Autoreisezügen stoppen – Nachhaltige Reisekultur in Europa fördern Drucksachen 18/2494, 18/4080 . . . . . . . . 8786 B Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8786 C Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . 8787 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 8788 B Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8789 C Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8789 D Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8790 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 8791 B Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8792 A Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8793 C Michael Donth (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8794 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Perspektiven für Klimaschutz und Energieeffizienz nach Absage der Bundesregierung an einen Steuerbonus für eine energetische Gebäu- desanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8795 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8796 A Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 8797 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . 8798 B Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8799 C Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 8800 D Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8802 A Dr. Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8803 A Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8804 A Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 8805 B Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8806 B Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8807 C Klaus Mindrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8808 D Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 8809 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8810 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 8811 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 III Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Petra Sitte und Kathrin Vogler (beide DIE LINKE) zu den Abstimmungen über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teil- habe von Frauen und Männern an Führungs- positionen in der Privatwirtschaft und im öf- fentlichen Dienst (Tagesordnungspunkt 19 a) 8812 A Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstim- mungen über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privat- wirtschaft und im öffentlichen Dienst (Tages- ordnungspunkt 19 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8812 D Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8812 D Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8812 D Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8813 B Anlage 4 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8813 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 8739 (A) (C) (D)(B) 92. Sitzung Berlin, Freitag, den 6. März 2015 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 8811 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Binder, Karin DIE LINKE 06.03.2015 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 06.03.2015 Dr. Brandl, Reinhard CDU/CSU 06.03.2015 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 06.03.2015 Dinges-Dierig, Alexandra CDU/CSU 06.03.2015 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 06.03.2015 Gohlke, Nicole DIE LINKE 06.03.2015 Gottschalck, Ulrike SPD 06.03.2015 Gröhe, Hermann CDU/CSU 06.03.2015 Grötsch, Uli SPD 06.03.2015 Dr. Gundelach, Herlind CDU/CSU 06.03.2015 Hartmann (Wackernheim), Michael SPD 06.03.2015 Heil, Mechthild CDU/CSU 06.03.2015 Held, Marcus SPD 06.03.2015 Dr. Hendricks, Barbara SPD 06.03.2015 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 06.03.2015 Klare, Arno SPD 06.03.2015 Klein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 06.03.2015 Mißfelder, Philipp CDU/CSU 06.03.2015 Möhring, Cornelia DIE LINKE 06.03.2015 Müller (Potsdam), Norbert DIE LINKE 06.03.2015 Müller (Erlangen), Stefan CDU/CSU 06.03.2015 Obermeier, Julia CDU/CSU 06.03.2015 Petry, Christian SPD 06.03.2015 Poschmann, Sabine SPD 06.03.2015 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 06.03.2015 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Scheuer, Andreas CDU/CSU 06.03.2015 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Schimke, Jana CDU/CSU 06.03.2015 Schummer, Uwe CDU/CSU 06.03.2015 Spinrath, Norbert SPD 06.03.2015 Steinbach, Erika CDU/CSU 06.03.2015 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 06.03.2015 Tank, Azize DIE LINKE 06.03.2015 Terpe, Dr. Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Thönnes, Franz SPD 06.03.2015 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 06.03.2015 Weinberg, Harald DIE LINKE 06.03.2015 Weiss (Wesel I), Sabine CDU/CSU 06.03.2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 8812 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Petra Sitte und Kathrin Vogler (beide DIE LINKE) zu den Abstimmun- gen über den von der Bundesregierung einge- brachten Entwurf eines Gesetzes für die gleich- berechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Tagesordnungspunkt 19 a) Wir haben bei den getrennten Abstimmungen zu Arti- kel 1 (Bundesgremienbesetzungsgesetz – BGremBG) und Artikel 2 (Bundesgleichstellungsgesetz – BGleiG) abgelehnt, während wir den Regelungen für die Privat- wirtschaft zugestimmt haben. Bei der Abstimmung über den gesamten Gesetzentwurf der Bundesregierung haben wir uns enthalten. Unser Abstimmungsverhalten beruht auf folgenden Erwägungen: Der Ausgangspunkt von Gleichstellungspolitik ist es, bestehende Benachteiligungen zu beseitigen – so steht es in Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes. Es ist hingegen nicht ihre Aufgabe alle und alles gleich zu behandeln. Aus der strukturellen Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt ergibt sich daher der staatliche Auftrag der Frauenförderung, nicht zuletzt in den eigenen Struktu- ren. Obwohl es an einer konsequenten Umsetzung des BGremBG und des BGleiG mangelt, sind darin wichtige Regelungen für die Frauenförderung enthalten. Diese müssten geschärft und durchgesetzt werden. So müsste etwa der gängigen Unterwanderung des § 8 BGleiG – der die bevorzugte Berücksichtigung weiblicher Be- werberinnen bei gleicher Eignung vorsieht – ein Riegel vorgeschoben werden. In der Verwaltungspraxis werden die Vergleichskriterien so stark ausdifferenziert, bis schließlich ein Qualitätsrückstand – meistens der Frau – festgestellt werden kann. Darauf hat auch der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Professor Papier, aufmerksam gemacht. Statt hier nachzubessern, fällt der vorliegende Ent- wurf einer Neugestaltung dieser beiden Gesetze in zen- tralen Punkten hinter den erreichten Stand zurück: Im BGremBG wird die derzeitige Regel der paritätischen Nominierung zu einer 30-Prozent-Quote. Nach heftiger Kritik durch fast alle Sachverständigen an der geplanten verfassungswidrigen Männerförderung durch das neue BGleiG haben die Koalitionsfraktionen diese nicht ge- strichen, sondern unter den Vorbehalt der „strukturellen Diskriminierung“ gestellt. Ein solches Vorhaltegesetz für bis dato unbekannte gesellschaftliche Entwicklungen ist mehr als absurd und zeigt, dass die Große Koalition sich nicht zur Gleichstellung von Frauen mit Männern be- kennt. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Ver- hältnisse ist dieser Perspektivwechsel nicht zu begrün- den, wird aber in der Praxis zu zahlreichen Problemen führen. Des Weiteren wird für das Votum von Gleichstel- lungsbeauftragten eine Frist eingeführt, ohne jedoch ihre Ausstattung mit Personal- und Sachmitteln zu verbes- sern. Angesichts der ohnehin hohen Belastung von Gleichstellungsbeauftragten – manche sind für bis zu 150 Dienststellen in bis zu fünf Bundesländern zuständig – behindert das faktisch ihre Arbeit. Es ist daher nicht überraschend, aber auch nicht zu rechtfertigen, dass eine Begründung dieser Neuregelung durch die Praxis bisher ausblieb. Die Regelungen für die Privatwirtschaft sind hinge- gen ein – wenn auch kleiner – Schritt in die richtige Richtung. Gegenüber den nutzlosen freiwilligen Selbst- verpflichtungen der Vergangenheit wird nun für börsen- notierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen eine Frauenquote von 30 Prozent gelten. Sicher ist, dass das aber noch nicht das Ende sein kann: Die Linke for- dert eine Frauenquote von 50 Prozent für die Aufsichts- räte wie für Vorstände aller Unternehmen – und nicht nur der 108 im jetzigen Geltungsbereich. Der Einführung der Frauenquote in der Wirtschaft ha- ben wir daher zugestimmt, werden uns aber nicht damit zufrieden geben. Die Praxis hat gezeigt: Verbindliche Frauenquoten sind notwendig, um der Benachteiligung von Frauen ent- gegenzuwirken. Die Anwendung auf nur 108 Unterneh- men in der Privatwirtschaft wiegt die Verschlechterun- gen im öffentlichen Dienst allerdings nicht auf. Bei der Abstimmung über das Gesamtpaket haben wir uns daher enthalten. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstimmungen über den von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurf eines Ge- setzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Tagesordnungspunkt 19 a) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Ich lehne die Einfüh- rung einer gesetzlichen starren Frauenquote ab. Sie ver- letzt die unternehmerische Freiheit und unterläuft somit ein Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft. Die Frauenquote nimmt Menschen in Haftung für ihr Geschlecht. Dieser staatliche Eingriff vermindert Chan- cen des Einzelnen und bringt neue Ungerechtigkeiten hervor, nur weil andere Angehörige seines Geschlechts tatsächlich oder vermeintlich Vorteile genossen haben. Das ist weder mit meinem Verständnis zur Rolle des Staates in unserer Gesellschaft und Wirtschaft noch mit meinem Menschenbild vereinbar. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich werde heute dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bun- desregierung „Entwurf eines Gesetzes für die gleichbe- rechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Füh- rungskräften in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst und der Ergänzung: Artikel 3 bis 23 zustimmen. Mit der Berliner Erklärung habe ich mit zivilgesell- schaftlichen Gruppen und mit Frauen aus allen Fraktio- nen im Bundestag ein Bündnis für die Frauenquote ge- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 8813 (A) (C) (D)(B) schmiedet. Für mich ist es ein Teil meiner politischen Glaubwürdigkeit, heute mit meiner Stimme zu diesem Bündnis zu stehen. Politisch habe ich seit jeher für eine Frauenquote ge- kämpft. Jetzt serviert die Koalition zwar nur ein „Quöt- chen“, dennoch werde ich zustimmen. Wie vielen ande- ren geht auch mir das Gesetz nicht weit genug. Meine Fraktion hat einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der zeigt, wie es deutlich besser gehen würde. Aber so- fern die Richtung stimmt, helfen auch kleine Schritte auf dem Weg in eine geschlechtergerechte Arbeitswelt, in der nicht mehr nur Männerrunden Entscheidungen tref- fen. Frauen in Führungspositionen können dann nicht nur mitreden, sondern auch nach und nach die Arbeits- welt den Bedürfnissen der Frauen – ihren Bedürfnissen – anpassen. Und ein Kulturwandel, der dazu führt, dass Frauen auch nach vorne streben, weil sie kompetent sind, weil es flexible Kinderbetreuung gibt, weil nicht mehr nur Schein, sondern Sein belohnt wird, weil es möglich ist, Karriere zu machen und dabei auch noch ein Privateben existiert, ein solcher Kulturwandel ist bitter nötig. Und er lohnt sich: Geschlechtergerechtigkeit schreibt schwarze Zahlen, denn heterogene Teams arbei- ten erfolgreicher. Die Wirtschaft, die sich immer noch gegen eine Quote sträubt, wird bald erkennen, dass mehr Frauen in verantwortlichen Positionen klare Vorteile bringen. Ein Grundstein wird heute gelegt, der uns anspornen wird, noch mehr für Frauenförderung zu kämpfen, bis sich die Arbeitswelt auch an die Frauen angepasst hat und sich in ihr beide Geschlechter gleichermaßen zu- rechtfinden. Deshalb ist auch dieser kleine Schritt einer in die richtige Richtung. Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) (CDU/CSU): Ich lehne die Einführung einer gesetzlichen starren Frau- enquote ab. Zum einen stellt sie einen empfindlichen Eingriff in die unternehmerische Freiheit dar. Zum ande- ren gilt, was gegen die kurzzeitig geplante sogenannte „Männerquote“ vorgebracht wurde, auch in Hinblick auf Frauen in Führungspositionen: Aus einer Unterrepräsen- tanz lässt sich nicht zwangsläufig auf eine Diskriminie- rung schließen. Vor allem aber nimmt die Frauenquote Menschen in Haftung für ihr Geschlecht. Sie maßt sich an, durch ei- nen staatlichen Eingriff die Chancen eines Individuums zu vermindern, weil andere Angehörige seines Ge- schlechts tatsächlich oder vermeintlich Vorteile genos- sen haben. Diese kollektivistische Logik der Frauen- quote führt zu individueller Ungerechtigkeit und ist daher weder mit meinem Menschenbild noch mit mei- nem Staatsverständnis vereinbar. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Delegation des Deutschen Bundes- tages in der Interparlamentarischen Konferenz gemäß Arti- kel 13 des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskal- vertrag) Tagung der Interparlamentarischen Konferenz für die wirtschaftliche und finanzielle Steuerung der Europäi- schen Union vom 29. bis 30. September 2014 in Rom, Italien Drucksachen 18/3783, 18/3890 Nr. 6 Ausschuss für Wirtschaft und Energie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Erster Fortschrittsbericht Energiewende Drucksachen 18/3487, 18/3617 Nr. 5 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ab 1. Juli 2014 Drucksache 18/2200 – Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 2015 der Bundesregierung Drucksache 18/3840 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Rechenschaftsbericht 2013 zur Umsetzung der Nationa- len Strategie zur biologischen Vielfalt Drucksachen 17/13390, 18/770 Nr. 28 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56a GO-BT Technikfolgenabschätzung (TA) Fernerkundung: Anwendungspotenziale in Afrika Drucksache 18/581 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/3898 Nr. A.6 EP P8_TA-PROV(2014)0103 Drucksache 18/3898 Nr. A.8 Ratsdokument 15164/14 Innenausschuss Drucksache 18/1524 Nr. A.3 Ratsdokument 9212/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.20 Ratsdokument 12013/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.1 Ratsdokument 14639/14 Drucksache 18/3898 Nr. A.10 EP P8_TA-PROV(2014)0105 8814 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 (A) (C) (B) Haushaltsausschuss Drucksache 18/3898 Nr. A.12 Ratsdokument 5093/15 Ausschuss für Wirtschaft und Energie Drucksache 18/822 Nr. A.23 Ratsdokument 6651/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/3898 Nr. A.14 Ratsdokument 17022/14 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 18/3765 Nr. A.8 EP P8_TA-PROV(2014)0060 (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 92. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 19 Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen TOP 20 Agrarwende TOP 21 Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung TOP 22 Schienenpersonenfernverkehr ZP 4 Aktuelle Stunde Klimaschutz und Energieeffizienz Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Priesmeier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Kollege Hofreiter, wenn Sie das dänische Bei-

    spiel loben, wie erklären Sie dann die Tatsache, dass in
    Dänemark in den letzten zwei Jahren das Vorkommen
    von MRSA-Keimen in den Proben der Lebensmittel-
    überwachung drastisch zugenommen hat?


    (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    In Dänemark hat das Vorkommen deshalb zugenom-
    men, weil dort inzwischen vernünftig kontrolliert wird.
    Ein Teil der Antibiotikastrategie in Dänemark ist näm-
    lich auch, für entsprechende Kontrollen zu sorgen und
    nicht nur das Ausmaß des Einsatzes von Antibiotika zu
    senken.


    (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das!)


    Wir könnten ein weiteres Beispiel nehmen: Es ist in-
    zwischen in den skandinavischen Ländern gelungen, wie
    zum Beispiel in Norwegen, die Schweinebestände kom-
    plett von resistenten Keimen zu befreien. Nehmen Sie
    sich daran ein Beispiel. Es gibt gute Beispiele. Kommen
    Sie nicht immer mit irgendwelchen Ausreden.


    (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Schwimmen!)


    Nur weil woanders vernünftig gearbeitet wird, glauben
    Sie, nichts machen zu müssen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marlene Mortler [CDU/CSU]: Das war eine Ausrede!)


    Herr Kollege Priesmeier, es tut mir leid, dass ich Sie
    vorhin nicht gesehen habe. Ich habe wahrscheinlich zu
    sehr auf die Kollegen der CDU/CSU geachtet, die, ehr-
    lich gesagt, bei diesem Thema dominanter sind.


    (Rita Stockhofe [CDU/CSU]: Darauf kann man gar nicht genug achten!)


    Aber vielleicht auch eine Frage an die Kollegen von
    der SPD: Warum sorgen Sie nicht dafür – die Möglich-
    keit dazu hätten Sie –, dass jedes Kind, egal welches
    Einkommen die Eltern haben, ein vernünftiges Schules-
    sen, ein vernünftiges Kitaessen bekommt? Warum küm-





    Dr. Anton Hofreiter


    (A) (C)



    (D)(B)

    mern Sie sich als Sozialdemokraten nicht stärker darum?
    Sie hätten die Möglichkeit dazu.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE] – Marlene Mortler [CDU/CSU]: Wie ist das in den grünen Bundesländern? – Rita Stockhofe [CDU/CSU]: So wie in den Ländern, wo die Grünen das Sagen haben!)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Großen Ko-
    alition, liebe Bundesregierung, Sie haben die Mittel in
    der Hand, um entsprechend etwas zu tun. Warum tun Sie
    es nicht? Es geht dabei nicht um wenig. Es geht um
    Klima- und Verbraucherschutz, es geht um Tierschutz,
    und es geht um Artenreichtum, ja, und es geht um eine
    Branche mit mehr als 1 Million Arbeitskräfte. Deshalb:
    Sorgen Sie dafür, dass wir zu einer vernünftigen Agrar-
    wende kommen, sorgen Sie endlich dafür, dass die Land-
    wirte nicht mehr gezwungen sind, unter unwürdigen Be-
    dingungen zu arbeiten.

    Wir Grüne wollen, dass diese 1 Million Jobs erhalten
    bleiben. Wir wollen, dass diese Menschen faire Mög-
    lichkeiten und die Landwirte gute Chancen haben. Wir
    wollen faire Arbeitsbedingungen statt Ausbeutung. Wir
    wollen keine Steuergelder mehr für die Großunterneh-
    men; vielmehr sollten die Steuergelder an die kleinen
    und mittelständischen Unternehmen gerecht verteilt wer-
    den. Wir wollen Investitionen in den Tierschutz und in
    die Umwelt. Wir wollen die Lebensmittelstandards ver-
    bessern und wollen nicht, dass sie bei TTIP und CETA
    verhökert werden.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Großen Ko-
    alition – der Herr Minister ist ja nicht da –, sorgen Sie
    dafür, dass es endlich zu einer Agrarwende kommt! Sor-
    gen Sie endlich dafür, dass Sie Verantwortung überneh-
    men, und steuern Sie bei Ihrer Agrarpolitik um!

    Vielen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marlene Mortler [CDU/CSU]: Schwach! Äußerst schwach!)




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Ingrid

Pahlmann von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Pahlmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren!

    Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich kann nur sagen:
    Und täglich grüßt das Murmeltier. Heute nun wieder mal
    die Forderung nach der Agrarwende: weg von der markt-
    wirtschaftlichen Landwirtschaft,


    (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie es nicht schaffen, müssen wir es täglich wiederholen!)


    hin zu kleinstrukturierten Betrieben; das Ganze verbun-
    den mit der Forderung, dass bäuerliche Betriebe wieder
    besser von der Landwirtschaft leben können sollen. Ich
    sehe nicht, wie Sie das mit Ihren Forderungen, mit Ihrer
    Schwarz-Weiß-Malerei erreichen wollen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Die Trends des Betriebsgrößenwachstums und der
    wachsenden Tiereinheiten je Betrieb sind auch zu Zeiten
    grüner Regierungsverantwortung von 2001 bis 2005
    nicht gestoppt worden, ja nicht einmal verlangsamt wor-
    den. Denn Landwirtschaft – das müssen auch Sie endlich
    einsehen – hat auch etwas mit Wirtschaftlichkeit zu tun.
    Wir Bauern leben nun einmal nicht in einer isolierten
    Märchenwelt, auch wir müssen auskömmliche Einkom-
    men erwirtschaften können.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Mit der Umsetzung der EU-Agrarreform erreichen
    wir durch Zuschläge von 50 Euro für die ersten 30 Hek-
    tar und weiteren 30 Euro für die folgenden 16 Hektar be-
    reits eine Besserstellung für kleine und mittlere Betriebe
    bis 95 Hektar. Auch für Junglandwirte ist ein Programm
    aufgelegt worden, durch das es Zuschläge von 44 Euro
    pro Hektar für die ersten 90 Hektar gibt.

    Wir müssen uns vielmehr die Frage stellen, was das
    Überleben der kleineren Betriebe, die Sie ja so vehement
    fordern und von denen wir Gott sei Dank auch noch
    einige haben, erschwert. Das sind auch die ständigen
    neuen Anforderungen, die an die Betriebe gestellt wer-
    den. Denn eines ist klar: Zusätzliche Auflagen, Nachfor-
    derungen an Stallumbauten, Stalleinrichtungen, überbor-
    dende Bürokratie etc. können die größeren Betriebe viel
    leichter stemmen als die kleinen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Deshalb dürfen wir nicht in einen blinden Aktionis-
    mus verfallen, wenn wir Prozesse ändern wollen, son-
    dern wir sollten Änderungen nur problembezogen, wis-
    senschaftlich fundiert und praxistauglich durchführen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Da hilft dann eben kein blinder Aktionismus. Da reicht
    es auch nicht, die simple Formel aufzustellen: Tierwohl
    ist gleich kleine Einheit. Vielen Tieren – das müssen Sie
    zur Kenntnis nehmen – geht es heute in größeren Einhei-
    ten deutlich besser als früher in kleinen, dunklen Ställen
    mit schlechten Luftverhältnissen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Rita Hagl-Kehl [SPD])


    Dabei haben die Landwirte auch immer bewiesen, dass
    sie durchaus bereit sind, praktikable und sinnvolle Wege
    mitzugehen.

    Die Düngenovelle befindet sich zurzeit in Überarbei-
    tung. Wir treten für eine Reduzierung des Antibiotika-
    einsatzes ein. Ja, wir sind das Land, das bereits eine
    Antibiotikadatenbank besitzt, in der jede Gabe doku-
    mentiert wird. Wir haben das Baugesetzbuch verändert.
    Dadurch haben Kommunen bessere Steuerungsmöglich-
    keiten bei Stallneubauten. Vieles befindet sich also auf
    dem Weg. Es wird für einige Betriebe nicht leicht sein,





    Ingrid Pahlmann


    (A) (C)



    (D)(B)

    das umzusetzen. Zusätzlicher, verfrühter und unnötiger
    Aktionismus hilft jetzt keinem weiter.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Dazu möchte ich Ihnen gern ein Beispiel aus meiner
    niedersächsischen Heimat aufzeigen, wo ein grüner
    Landwirtschaftsminister, der als Höfesterben-Minister
    bekannt ist


    (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo leben Sie denn?)


    – so viel zu der Forderung nach mehr landwirtschaftli-
    chen Betrieben –,


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    das große Problem des Schwanzbeißens bei Schweinen
    mal so eben mit dem Einsatz von 28 Millionen Euro in
    den Jahren 2016 bis 2020 in den Griff bekommen will.
    Ich rede von der sogenannten Ringelschwanz-Prämie.
    Jeder niedersächsische Bauer, der sein Tier mit komplet-
    tem Schwänzchen, unkupiert von seinem Halter und un-
    angeknabbert von seinen Artgenossen zum Schlachthof
    bringt, soll 16, 17 oder 18 Euro extra bekommen.


    (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig viel Geld!)


    Das Problem ist nur, dass diese 28 Millionen Euro bei
    den in Niedersachsen anfallenden Schlachtungen, wenn
    jedes erzeugte Mastschwein prämiert würde, gerade ein-
    mal für einen Monat reichen würden. Das ist keine
    Nachhaltigkeit. Das nenne ich Aktionismus, Augenwi-
    scherei und Geldverbrennen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie lehnen selbst den Anfang ab! Schritte in die richtige Richtung lehnen Sie also rundweg ab!)


    Diese 28 Millionen Euro hätte man sinnvoller einsetzen
    können.

    Solche unausgegorenen Pläne gibt es leider reichlich.
    Ende Februar fand in meiner Heimatstadt der nieder-
    sächsische Junglandwirtetag statt. Ich bin unserem Bun-
    desminister im Nachhinein sehr dankbar, dass er sich die
    Zeit genommen hat, den landwirtschaftlichen Nach-
    wuchs aufzubauen, indem er ihm Zukunftsängste nahm
    und Perspektiven für den ländlichen Berufsstand auf-
    zeigte. Diese jungen Menschen – die übrigens mit zu der
    bestausgebildeten Berufsgruppe zählen – verzweifeln in-
    zwischen manchmal an den ständig wachsenden Anfor-
    derungen der Politik und fragen sich, warum sie über-
    haupt noch an diesem Beruf festhalten sollen, bei dem
    sie unter Generalverdacht gestellt und als Umweltsünder
    und Tierquäler diskreditiert werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Zurück zum Thema Schwanzbeißen. Das Schwanz-
    beißen in Schweinebeständen bekommt man eben leider
    nicht durch das Verbot des Schwänzekupierens in den
    Griff. Es gibt Betriebe, in denen es bei drei oder vier
    Durchgängen super gut läuft. Dann aber geht das Verbei-
    ßen ohne erkennbare Gründe – gleiches Futter, gleicher
    Ferkellieferant, gleiches Stallklima, ausreichend Spiel-
    zeug – los. Das ist übrigens kein alleiniges Problem der
    Intensivtierhaltung. Von diesem Phänomen wird bei al-
    len Haltungsformen berichtet.

    Da hilft reiner Aktionismus nicht. Vielmehr muss erst
    einmal die Forschung weiter betrieben werden. Denn
    glauben Sie mir: Jeder Landwirt wäre froh, wenn er
    diese lästige Arbeit nicht machen müsste. Verbissene
    Schwänze sind für Schweine schmerzhaft, führen zu
    Krankheiten und Entzündungen und damit zu unnötigem
    Medikamenteneinsatz. Wem ist damit geholfen?


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Sie fordern den Stopp des angeblich ausufernden An-
    tibiotikaeinsatzes. In Niedersachsen ist Ihr grüner Land-
    wirtschaftsminister, ein Jahr nachdem die Bundesregie-
    rung die Änderung des Arzneimittelgesetzes mit einem
    Antibiotika-Minimierungskonzept auf den Weg gebracht
    und die Kontrollbefugnisse der Länderbehörden erheb-
    lich erweitert hat, noch immer nicht in der Lage, sein an-
    gekündigtes Antibiotikamonitoring umzusetzen. Also
    bitte: Erforderlich ist die Abkehr von einer Ideologie hin
    zu einer Versachlichung.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Zum Thema „gesunde Ernährung“. Nirgends auf der
    Welt gibt es sicherere Lebensmittel als in Deutschland.
    Lebensmittel auf höchstem Niveau sind hier zu bezahl-
    baren Konditionen zu erhalten. Was noch viel besser ist:
    Deutsche Verbraucher haben die Wahl. Sie können die
    Lebensmittel kaufen, die ihrer Lebensweise und ihren
    Ansprüchen und auch ihrem Geldbeutel entsprechen.
    Wir sind dabei, die Kennzeichnung weiter zu verbessern,
    um die Entscheidung der Verbraucher zu erleichtern. Wir
    fordern Wahrheit statt Klarheit.


    (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    – Wahrheit und Klarheit, Entschuldigung.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Freud’scher Versprecher!)


    Wir wollen die Verbraucher nicht für dumm verkau-
    fen. Die simple Ampelvariante unterfordert die Verbrau-
    cher; die sind nämlich schon viel weiter, als Sie denken.
    Die Ampelvariante reicht nicht aus. Allergieauslösende
    Stoffe müssen heute deklariert sein. Der Verbraucher
    will zunehmend mehr über verarbeitete Lebensmittel
    wissen. Das fordern Sie, und da bin ich auch bei Ihnen.
    Ich bin auch bei Ihnen, wenn Sie fordern, dass das Wis-
    sen über Ernährung besser in die Breite der Gesellschaft
    getragen wird.


    (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na also, dann mal los!)


    In diesem Bereich gibt es bereits viele gute Ansätze. Ich
    verweise auf die Initiative „IN FORM“, Deutschlands
    Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung;





    Ingrid Pahlmann


    (A) (C)



    (D)(B)

    „SchmExperten“ und „Fit im Alter“ sind nur zwei wei-
    tere Beispiele.

    An dieser Stelle sind aber natürlich auch die Länder
    gefragt. Auch die grünen Bundesländer dürfen wir nicht
    aus der Verantwortung entlassen. Tun Sie mir also fol-
    genden Gefallen: Packen Sie Ihren Antrag beiseite, und
    gehen Sie mit uns die von unserem Minister eingeschla-
    genen Wege, gern auch mit kritischen Anregungen, aber
    bitte ohne ideologische grüne Brille, Diffamierungen
    und Pauschalverurteilungen.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Jeannine Pflugradt [SPD] – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ganz schlecht!)