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ID1809200100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/92 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 92. Sitzung Berlin, Freitag, den 6. März 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 19: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes für die gleichbe- rechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentli- chen Dienst Drucksachen 18/3784, 18/4053, 18/4227 8739 A – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/4228 . . . . . . . . . . . . . . 8739 B b) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Ulle Schauws, Renate Künast, Katja Dörner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gremien und Führungs- ebenen (Führungskräftegesetz) Drucksachen 18/1878, 18/4227 . . . . . . . . 8739 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Zweiter Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Bundes- gleichstellungsgesetz – (Berichtszeit- raum 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2009) – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Fünfter Gremien- bericht der Bundesregierung zum Bundesgremienbesetzungsgesetz – (Berichtszeitraum 30. Juni 2005 bis 30. Juni 2009) Drucksachen 17/4307, 17/4308 (neu), 18/4227 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8739 B Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8739 D Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 8741 B Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . 8743 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8744 C Birgit Kömpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8746 B Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . 8747 C Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 8748 B Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8750 A Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8751 B Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . 8752 B Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8754 A Gudrun Zollner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 8755 A Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8756 B Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8757 A Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 8757 C Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8758 C Christina Jantz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8760 B Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sofortmaßnahmen für die Agrar- wende – Für eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft und gutes Essen Drucksache 18/4191 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8762 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8762 C Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . 8763 C Ingrid Pahlmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8764 B Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 8766 A Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 8767 A Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU) . . 8768 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 8770 C Rita Hagl-Kehl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8771 B Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8772 B Rita Stockhofe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8773 A Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8774 D Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8775 B Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8776 C Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung Drucksachen 18/4097, 18/4199 . . . . . . . . . . . 8778 A Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8778 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 8779 D Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8780 D Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8782 D Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8784 A Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8785 C Tagesordnungspunkt 22: a) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gewährleistung des Schienenpersonen- fernverkehrs Drucksache 18/4186 . . . . . . . . . . . . . . . . . 8786 A b) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mehrwertsteuerreduktion im Schienen- personenfernverkehr Drucksache 18/3746 . . . . . . . . . . . . . . . . . 8786 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur zu dem Antrag der Abgeord- neten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rückzug der Deutschen Bahn AG bei Nacht- und Autoreisezügen stoppen – Nachhaltige Reisekultur in Europa fördern Drucksachen 18/2494, 18/4080 . . . . . . . . 8786 B Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8786 C Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . 8787 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 8788 B Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8789 C Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8789 D Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8790 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 8791 B Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8792 A Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8793 C Michael Donth (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8794 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Perspektiven für Klimaschutz und Energieeffizienz nach Absage der Bundesregierung an einen Steuerbonus für eine energetische Gebäu- desanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8795 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8796 A Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 8797 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . 8798 B Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8799 C Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 8800 D Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 8802 A Dr. Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8803 A Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8804 A Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 8805 B Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8806 B Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 8807 C Klaus Mindrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8808 D Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 8809 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8810 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 8811 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 III Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Petra Sitte und Kathrin Vogler (beide DIE LINKE) zu den Abstimmungen über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teil- habe von Frauen und Männern an Führungs- positionen in der Privatwirtschaft und im öf- fentlichen Dienst (Tagesordnungspunkt 19 a) 8812 A Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstim- mungen über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privat- wirtschaft und im öffentlichen Dienst (Tages- ordnungspunkt 19 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8812 D Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 8812 D Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8812 D Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8813 B Anlage 4 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8813 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 8739 (A) (C) (D)(B) 92. Sitzung Berlin, Freitag, den 6. März 2015 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 8811 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Binder, Karin DIE LINKE 06.03.2015 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 06.03.2015 Dr. Brandl, Reinhard CDU/CSU 06.03.2015 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 06.03.2015 Dinges-Dierig, Alexandra CDU/CSU 06.03.2015 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 06.03.2015 Gohlke, Nicole DIE LINKE 06.03.2015 Gottschalck, Ulrike SPD 06.03.2015 Gröhe, Hermann CDU/CSU 06.03.2015 Grötsch, Uli SPD 06.03.2015 Dr. Gundelach, Herlind CDU/CSU 06.03.2015 Hartmann (Wackernheim), Michael SPD 06.03.2015 Heil, Mechthild CDU/CSU 06.03.2015 Held, Marcus SPD 06.03.2015 Dr. Hendricks, Barbara SPD 06.03.2015 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 06.03.2015 Klare, Arno SPD 06.03.2015 Klein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 06.03.2015 Mißfelder, Philipp CDU/CSU 06.03.2015 Möhring, Cornelia DIE LINKE 06.03.2015 Müller (Potsdam), Norbert DIE LINKE 06.03.2015 Müller (Erlangen), Stefan CDU/CSU 06.03.2015 Obermeier, Julia CDU/CSU 06.03.2015 Petry, Christian SPD 06.03.2015 Poschmann, Sabine SPD 06.03.2015 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 06.03.2015 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Scheuer, Andreas CDU/CSU 06.03.2015 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Schimke, Jana CDU/CSU 06.03.2015 Schummer, Uwe CDU/CSU 06.03.2015 Spinrath, Norbert SPD 06.03.2015 Steinbach, Erika CDU/CSU 06.03.2015 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 06.03.2015 Tank, Azize DIE LINKE 06.03.2015 Terpe, Dr. Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.03.2015 Thönnes, Franz SPD 06.03.2015 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 06.03.2015 Weinberg, Harald DIE LINKE 06.03.2015 Weiss (Wesel I), Sabine CDU/CSU 06.03.2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 8812 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Petra Sitte und Kathrin Vogler (beide DIE LINKE) zu den Abstimmun- gen über den von der Bundesregierung einge- brachten Entwurf eines Gesetzes für die gleich- berechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Tagesordnungspunkt 19 a) Wir haben bei den getrennten Abstimmungen zu Arti- kel 1 (Bundesgremienbesetzungsgesetz – BGremBG) und Artikel 2 (Bundesgleichstellungsgesetz – BGleiG) abgelehnt, während wir den Regelungen für die Privat- wirtschaft zugestimmt haben. Bei der Abstimmung über den gesamten Gesetzentwurf der Bundesregierung haben wir uns enthalten. Unser Abstimmungsverhalten beruht auf folgenden Erwägungen: Der Ausgangspunkt von Gleichstellungspolitik ist es, bestehende Benachteiligungen zu beseitigen – so steht es in Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes. Es ist hingegen nicht ihre Aufgabe alle und alles gleich zu behandeln. Aus der strukturellen Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt ergibt sich daher der staatliche Auftrag der Frauenförderung, nicht zuletzt in den eigenen Struktu- ren. Obwohl es an einer konsequenten Umsetzung des BGremBG und des BGleiG mangelt, sind darin wichtige Regelungen für die Frauenförderung enthalten. Diese müssten geschärft und durchgesetzt werden. So müsste etwa der gängigen Unterwanderung des § 8 BGleiG – der die bevorzugte Berücksichtigung weiblicher Be- werberinnen bei gleicher Eignung vorsieht – ein Riegel vorgeschoben werden. In der Verwaltungspraxis werden die Vergleichskriterien so stark ausdifferenziert, bis schließlich ein Qualitätsrückstand – meistens der Frau – festgestellt werden kann. Darauf hat auch der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Professor Papier, aufmerksam gemacht. Statt hier nachzubessern, fällt der vorliegende Ent- wurf einer Neugestaltung dieser beiden Gesetze in zen- tralen Punkten hinter den erreichten Stand zurück: Im BGremBG wird die derzeitige Regel der paritätischen Nominierung zu einer 30-Prozent-Quote. Nach heftiger Kritik durch fast alle Sachverständigen an der geplanten verfassungswidrigen Männerförderung durch das neue BGleiG haben die Koalitionsfraktionen diese nicht ge- strichen, sondern unter den Vorbehalt der „strukturellen Diskriminierung“ gestellt. Ein solches Vorhaltegesetz für bis dato unbekannte gesellschaftliche Entwicklungen ist mehr als absurd und zeigt, dass die Große Koalition sich nicht zur Gleichstellung von Frauen mit Männern be- kennt. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Ver- hältnisse ist dieser Perspektivwechsel nicht zu begrün- den, wird aber in der Praxis zu zahlreichen Problemen führen. Des Weiteren wird für das Votum von Gleichstel- lungsbeauftragten eine Frist eingeführt, ohne jedoch ihre Ausstattung mit Personal- und Sachmitteln zu verbes- sern. Angesichts der ohnehin hohen Belastung von Gleichstellungsbeauftragten – manche sind für bis zu 150 Dienststellen in bis zu fünf Bundesländern zuständig – behindert das faktisch ihre Arbeit. Es ist daher nicht überraschend, aber auch nicht zu rechtfertigen, dass eine Begründung dieser Neuregelung durch die Praxis bisher ausblieb. Die Regelungen für die Privatwirtschaft sind hinge- gen ein – wenn auch kleiner – Schritt in die richtige Richtung. Gegenüber den nutzlosen freiwilligen Selbst- verpflichtungen der Vergangenheit wird nun für börsen- notierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen eine Frauenquote von 30 Prozent gelten. Sicher ist, dass das aber noch nicht das Ende sein kann: Die Linke for- dert eine Frauenquote von 50 Prozent für die Aufsichts- räte wie für Vorstände aller Unternehmen – und nicht nur der 108 im jetzigen Geltungsbereich. Der Einführung der Frauenquote in der Wirtschaft ha- ben wir daher zugestimmt, werden uns aber nicht damit zufrieden geben. Die Praxis hat gezeigt: Verbindliche Frauenquoten sind notwendig, um der Benachteiligung von Frauen ent- gegenzuwirken. Die Anwendung auf nur 108 Unterneh- men in der Privatwirtschaft wiegt die Verschlechterun- gen im öffentlichen Dienst allerdings nicht auf. Bei der Abstimmung über das Gesamtpaket haben wir uns daher enthalten. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstimmungen über den von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurf eines Ge- setzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Tagesordnungspunkt 19 a) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Ich lehne die Einfüh- rung einer gesetzlichen starren Frauenquote ab. Sie ver- letzt die unternehmerische Freiheit und unterläuft somit ein Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft. Die Frauenquote nimmt Menschen in Haftung für ihr Geschlecht. Dieser staatliche Eingriff vermindert Chan- cen des Einzelnen und bringt neue Ungerechtigkeiten hervor, nur weil andere Angehörige seines Geschlechts tatsächlich oder vermeintlich Vorteile genossen haben. Das ist weder mit meinem Verständnis zur Rolle des Staates in unserer Gesellschaft und Wirtschaft noch mit meinem Menschenbild vereinbar. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich werde heute dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bun- desregierung „Entwurf eines Gesetzes für die gleichbe- rechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Füh- rungskräften in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst und der Ergänzung: Artikel 3 bis 23 zustimmen. Mit der Berliner Erklärung habe ich mit zivilgesell- schaftlichen Gruppen und mit Frauen aus allen Fraktio- nen im Bundestag ein Bündnis für die Frauenquote ge- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 8813 (A) (C) (D)(B) schmiedet. Für mich ist es ein Teil meiner politischen Glaubwürdigkeit, heute mit meiner Stimme zu diesem Bündnis zu stehen. Politisch habe ich seit jeher für eine Frauenquote ge- kämpft. Jetzt serviert die Koalition zwar nur ein „Quöt- chen“, dennoch werde ich zustimmen. Wie vielen ande- ren geht auch mir das Gesetz nicht weit genug. Meine Fraktion hat einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der zeigt, wie es deutlich besser gehen würde. Aber so- fern die Richtung stimmt, helfen auch kleine Schritte auf dem Weg in eine geschlechtergerechte Arbeitswelt, in der nicht mehr nur Männerrunden Entscheidungen tref- fen. Frauen in Führungspositionen können dann nicht nur mitreden, sondern auch nach und nach die Arbeits- welt den Bedürfnissen der Frauen – ihren Bedürfnissen – anpassen. Und ein Kulturwandel, der dazu führt, dass Frauen auch nach vorne streben, weil sie kompetent sind, weil es flexible Kinderbetreuung gibt, weil nicht mehr nur Schein, sondern Sein belohnt wird, weil es möglich ist, Karriere zu machen und dabei auch noch ein Privateben existiert, ein solcher Kulturwandel ist bitter nötig. Und er lohnt sich: Geschlechtergerechtigkeit schreibt schwarze Zahlen, denn heterogene Teams arbei- ten erfolgreicher. Die Wirtschaft, die sich immer noch gegen eine Quote sträubt, wird bald erkennen, dass mehr Frauen in verantwortlichen Positionen klare Vorteile bringen. Ein Grundstein wird heute gelegt, der uns anspornen wird, noch mehr für Frauenförderung zu kämpfen, bis sich die Arbeitswelt auch an die Frauen angepasst hat und sich in ihr beide Geschlechter gleichermaßen zu- rechtfinden. Deshalb ist auch dieser kleine Schritt einer in die richtige Richtung. Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) (CDU/CSU): Ich lehne die Einführung einer gesetzlichen starren Frau- enquote ab. Zum einen stellt sie einen empfindlichen Eingriff in die unternehmerische Freiheit dar. Zum ande- ren gilt, was gegen die kurzzeitig geplante sogenannte „Männerquote“ vorgebracht wurde, auch in Hinblick auf Frauen in Führungspositionen: Aus einer Unterrepräsen- tanz lässt sich nicht zwangsläufig auf eine Diskriminie- rung schließen. Vor allem aber nimmt die Frauenquote Menschen in Haftung für ihr Geschlecht. Sie maßt sich an, durch ei- nen staatlichen Eingriff die Chancen eines Individuums zu vermindern, weil andere Angehörige seines Ge- schlechts tatsächlich oder vermeintlich Vorteile genos- sen haben. Diese kollektivistische Logik der Frauen- quote führt zu individueller Ungerechtigkeit und ist daher weder mit meinem Menschenbild noch mit mei- nem Staatsverständnis vereinbar. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Delegation des Deutschen Bundes- tages in der Interparlamentarischen Konferenz gemäß Arti- kel 13 des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskal- vertrag) Tagung der Interparlamentarischen Konferenz für die wirtschaftliche und finanzielle Steuerung der Europäi- schen Union vom 29. bis 30. September 2014 in Rom, Italien Drucksachen 18/3783, 18/3890 Nr. 6 Ausschuss für Wirtschaft und Energie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Erster Fortschrittsbericht Energiewende Drucksachen 18/3487, 18/3617 Nr. 5 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ab 1. Juli 2014 Drucksache 18/2200 – Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 2015 der Bundesregierung Drucksache 18/3840 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Rechenschaftsbericht 2013 zur Umsetzung der Nationa- len Strategie zur biologischen Vielfalt Drucksachen 17/13390, 18/770 Nr. 28 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technik- folgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56a GO-BT Technikfolgenabschätzung (TA) Fernerkundung: Anwendungspotenziale in Afrika Drucksache 18/581 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/3898 Nr. A.6 EP P8_TA-PROV(2014)0103 Drucksache 18/3898 Nr. A.8 Ratsdokument 15164/14 Innenausschuss Drucksache 18/1524 Nr. A.3 Ratsdokument 9212/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.20 Ratsdokument 12013/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.1 Ratsdokument 14639/14 Drucksache 18/3898 Nr. A.10 EP P8_TA-PROV(2014)0105 8814 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 92. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. März 2015 (A) (C) (B) Haushaltsausschuss Drucksache 18/3898 Nr. A.12 Ratsdokument 5093/15 Ausschuss für Wirtschaft und Energie Drucksache 18/822 Nr. A.23 Ratsdokument 6651/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/3898 Nr. A.14 Ratsdokument 17022/14 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 18/3765 Nr. A.8 EP P8_TA-PROV(2014)0060 (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 92. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 19 Gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen TOP 20 Agrarwende TOP 21 Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung TOP 22 Schienenpersonenfernverkehr ZP 4 Aktuelle Stunde Klimaschutz und Energieeffizienz Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Petra Pau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

    Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

    Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a bis 19 c auf:

    a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
    desregierung eingebrachten Entwurfs eines
    Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe
    von Frauen und Männern an Führungs-
    positionen in der Privatwirtschaft und im
    öffentlichen Dienst

    Drucksachen 18/3784, 18/4053

    Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
    schusses für Familie, Senioren, Frauen und
    Jugend (13. Ausschuss)


    Drucksache 18/4227


    (8. Ausschuss)


    Drucksache 18/4228

    b) Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
    ordneten Ulle Schauws, Renate Künast, Katja
    Dörner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
    BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
    Entwurfs eines Gesetzes zur geschlechterge-
    rechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gre-

    (Führungskräftegesetz)


    Drucksache 18/1878

    Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
    schusses für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
    gend (13. Ausschuss)


    Drucksache 18/4227

    c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
    richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
    Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


    – zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
    rung
    Zweiter Erfahrungsbericht der Bundesre-
    gierung zum Bundesgleichstellungsgesetz

    (Berichtszeitraum 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2009)


    – zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
    rung
    Fünfter Gremienbericht der Bundesregie-
    rung zum Bundesgremienbesetzungsge-
    setz

    (Berichtszeitraum 30. Juni 2005 bis 30. Juni 2009)


    Drucksachen 17/4307, 17/4308 (neu), 18/4227
    Beschlussfassung

    Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt ein
    Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
    vor.

    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
    die Aussprache 96 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
    nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

    Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Bundes-
    ministerin Manuela Schwesig.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie,
    Senioren, Frauen und Jugend:

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen
    und Herren Abgeordnete! Der erste Internationale Frau-
    entag 1911 war eine Kundgebung für das Frauenwahl-
    recht. In der Resolution hieß es damals – Zitat –: Millio-
    nen Frauen erheben mit allem Nachdruck Anspruch auf
    soziale und politische Gleichberechtigung. – 2015 erhe-
    ben wir Frauen immer noch diesen Anspruch; denn die
    tatsächliche Durchsetzung der sozialen und politischen
    Gleichberechtigung steht noch aus. Aber zwei Tage vor
    dem Internationalen Frauentag machen wir in Deutsch-
    land einen historischen Schritt für die Gleichberechti-
    gung der Frauen. Die Quote kommt.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

    So selbstverständlich wie die Frauen heute wählen

    und gewählt werden können, so selbstverständlich wer-





    Bundesministerin Manuela Schwesig


    (A) (C)



    (D)(B)

    den zukünftig Frauen in Führungsetagen von Unterneh-
    men und im öffentlichen Dienst mitbestimmen. So
    fremd uns heute die Vorstellung ist, dass Frauen poli-
    tisch nicht mitbestimmen dürfen, so fremd muss in Zu-
    kunft die Vorstellung sein, dass Frauen in Unternehmen
    nicht mitbestimmen dürfen,


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    zum Beispiel in einem DAX-30-Unternehmen der Ge-
    sundheitswirtschaft: 178 000 Mitarbeiterinnen und Mit-
    arbeiter weltweit, 54 000 davon in Deutschland, zwei
    Drittel Frauen. Diese Frauen organisieren diesem Unter-
    nehmen Milliardenumsätze und -gewinne. Ich kenne
    diese Frauen; sie arbeiten zum Beispiel im Catering, im
    Putzdienst, in Krankenhäusern. Sie haben bis vor kur-
    zem weniger als den Mindestlohn bekommen. Sie sind
    teilweise ungewollt auf Teilzeit gedrückt worden.

    Wer glaubt, dass sich für diese Frauen etwas ändert,
    wenn es in der Führungsetage der Unternehmen keine
    Frau gibt, die dort mit hinschaut? In diesem Unterneh-
    men ist keine einzige Frau im Vorstand, keine einzige
    Frau im Aufsichtsrat. Das muss sich ändern.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Frauen müssen dort, wo über Lohn und Arbeitsbedin-
    gungen entschieden wird, präsent sein. Sie müssen an
    der Spitze dieser Unternehmen vertreten sein.

    Das zeigt, dass dieses Gesetz nicht nur auf die Füh-
    rungsetagen wirkt, sondern ganz konkret bei den Frauen
    vor Ort ankommt. Es ist ein Gesetz, das für Millionen
    von Frauen wirkt: für die Frauen, die in den großen Un-
    ternehmen mit der festen Quote arbeiten, aber auch für
    die Frauen, die in mittleren Unternehmen arbeiten, für
    die Zielvorgaben gelten.

    Sehr geehrte Abgeordnete, ein Gesetz mit einer Idee,
    die seit 1982 diskutiert wird, braucht auf seinem Weg
    zur Verabschiedung viele Unterstützerinnen und Unter-
    stützer. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich sagen: Das
    hätte ich alles alleine geschafft. – Aber das bin ich zum
    Glück nicht.


    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Ich hatte viele Unterstützerinnen und Unterstützer aus
    Verbänden, Initiativen, aus der Wissenschaft, und es gab
    politischen Druck von starken Frauen und modernen
    Männern. Viele davon sind heute hier. Einer dieser mo-
    dernen Männer ist unser Bundesjustizminister Heiko
    Maas. Vielen Dank, lieber Heiko! Es hat Spaß gemacht,
    mit dir diese Schlacht zu schlagen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Eine starke Frau ist Andrea Nahles, die dieses Gesetz
    mit gestaltet hat. Vielen Dank, liebe Andrea! Es hat Spaß
    gemacht, diese Schlacht mit dir zu schlagen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    In allen Fraktionen, in den Regierungsfraktionen, die
    zum großen Teil an meiner Seite gestanden haben, aber
    auch in den Oppositionsfraktionen, gibt es Frauen, die
    die Berliner Erklärung initiiert haben, die auch heute
    Grundlage ist. Deshalb werbe ich: Unterstützen Sie die-
    ses Gesetz im Geiste der Berliner Erklärung! Das heißt:
    Über Klein-Klein hinweggehen, den Konsens suchen
    und heute ein starkes Signal an die Frauen geben!


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Mitstreiterinnen sitzen auch auf der Besuchertribüne.
    Ich will stellvertretend Frau Schulz-Strelow von FidAR
    danken, die seit 2006 an unserer Seite kämpft.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Ich freue mich, dass Sie alle gekommen sind. Das ist
    heute auch Ihr Tag.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Ich möchte mich auch bei denen bedanken, die Wi-
    derstand geleistet haben. Dieser Widerstand hat gezeigt,
    welche Widerstände Frauen in der Arbeitswelt aushalten
    müssen: dass ihre Kompetenzen nicht honoriert werden,
    dass ihre Leistung nicht anerkannt wird, dass sie oft
    schlechter bezahlt werden, dass sie Nachteile haben,
    wenn sie Beruf und Familie vereinbaren wollen, und
    dass sie trotz guter Qualifikation nicht in den Füh-
    rungsetagen ankommen. Diese Widerstände zeigen: Ver-
    änderung und Gerechtigkeit für Frauen kommen nicht
    von allein. Wir müssen gemeinsam dafür kämpfen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Der Widerstand zeigt auch: Veränderung ist möglich;
    der Kulturwandel kommt. – Allein die Diskussion um
    dieses Gesetz hat zu Veränderungen geführt: in den Un-
    ternehmen, aber auch in Bereichen, die gar nicht vom
    Gesetz betroffen sind. Zum Beispiel sagt der Deutsche
    Caritasverband: 80 Prozent der Menschen, die bei uns
    arbeiten, in Bereichen wie Kita oder Pflege, sind Frauen.
    Aber in den Führungsetagen sind nur 20 Prozent Frauen.
    Auch das muss sich ändern. – Sie sehen: Dieses Gesetz
    strahlt in viele Bereiche aus, in denen Frauen mehr An-
    erkennung für ihre Leistung verdient haben: in die Ge-
    sellschaft, in die Wirtschaft, in den öffentlichen Bereich.

    Ich freue mich, dass der Verfassungsjurist Professor
    Joachim Wieland in der Anhörung dargestellt hat, dass
    dieses Gesetz verfassungsfest ist. Es ist mit dem An-
    spruch, moderne Gleichberechtigung für Frauen und
    Männer zu schaffen und auch moderne Männer zu för-
    dern, zum Beispiel bei der Vereinbarkeit von Beruf und
    Familie, verfassungsgemäß. Man muss sich politisch
    entscheiden, welchen Weg man gehen will.

    Ich habe mich entschieden: Ich möchte moderne
    Gleichberechtigung, die auf Frauenförderung setzt, die
    aber auch die modernen Männer mitnimmt:


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wollen wir nicht alle Männer mitnehmen?)






    Bundesministerin Manuela Schwesig


    (A) (C)



    (D)(B)

    die Männer, die mit ihrer Partnerin partnerschaftlich zu-
    sammenleben wollen, die Männer, die ihre Partnerin bei
    der Berufstätigkeit unterstützen, die modernen Männer,
    die sagen: Auch ich möchte Zeit für Familie haben; auch
    ich nehme einmal Elternzeit oder arbeite Teilzeit. – Das
    müssen wir unterstützen. Es gibt Gleichberechtigung für
    Frauen nur, wenn wir diese modernen Männer mitneh-
    men und sie starkmachen, sodass die Männer von ges-
    tern weniger werden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sehr geehrte Damen und Herren, zum Abschluss: Es
    ist ein weiter Weg bis zur tatsächlichen Gleichberechti-
    gung von Frauen und Männern. Das Motto der Vereinten
    Nationen zum Internationalen Frauentag 2015 heißt
    „Make It Happen“. – Sorgt dafür, dass es passiert. – Das
    werden wir tun.

    Heute ist ein Tag, auf den wir stolz sein können. Wir
    feiern den Internationalen Frauentag seit 1911. Dieses
    Mal werden wir erstmalig einen Internationalen Frauen-
    tag feiern, an dem der Deutsche Bundestag eine Quote
    beschlossen hat. Das ist ein historischer Schritt. Die
    Quote kommt.

    Vielen Dank für Ihre Unterstützung.


    (Langanhaltender rhythmischer Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Das Wort hat die Kollegin Caren Lay für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Caren Lay


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

    schon ein bisschen die Woche der klitzekleinen Fort-
    schritte.


    (Widerspruch bei der SPD)


    Gestern ging es um ein Mietpreisbremschen, und heute
    diskutieren wir ein Frauenquötchen.


    (Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ein Frauenknöllchen?)


    Wissen Sie, eines ist völlig unstrittig: Die Frauen-
    quote für die Wirtschaft ist längst überfällig.


    (Christine Lambrecht [SPD]: Genau!)


    Die jahrelangen Appelle an die Wirtschaft haben nichts
    genutzt. Selbstverpflichtungen haben nicht geholfen. In
    den meisten Führungsetagen gibt es nicht per Gesetz,
    aber doch in der Praxis eine Männerquote von gut und
    gerne 80 Prozent. Das müssen wir wirklich ändern.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Viele Frauen scheitern auf dem Weg nach oben nicht
    etwa daran, dass sie schlechter ausgebildet sind oder we-
    niger können, sondern sie scheitern an Männerbünden in
    den Vorstandsetagen und an der unsichtbaren gläsernen
    Decke. Auch das kann tatsächlich nur eine Quote behe-
    ben. Deswegen freuen wir uns natürlich im Prinzip, dass
    die Quote für die Privatwirtschaft endlich kommt.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei Lichte be-
    trachtet muss man natürlich unterm Strich feststellen,
    dass die feste Quote gerade einmal für 180 Frauen in
    dieser Republik kommt. 180 Frauen in dieser Republik
    dürfen sich jetzt über die Quote, die wir heute beschlie-
    ßen, freuen.


    (Ulli Nissen [SPD]: Das ist doch super!)


    Ich finde, das ist besser als nichts, aber ich finde auch, da
    wäre mehr drin gewesen.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Mehr geht immer!)


    Für die restlichen 3 500 Unternehmen, die entweder
    börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, soll es
    lediglich Zielgrößen geben. Dazu sagen wir: Das ist ei-
    gentlich nichts anderes als die Selbstverpflichtung im
    neuen Gewand, und die ist schon einmal gescheitert.
    Deswegen sagen wir als Linke ganz deutlich: Eine wirk-
    liche Frauenquote muss für alle Unternehmen gelten.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Gerade weil wir hier tatsächlich über gerade einmal
    180 Frauen reden, die von diesem Gesetz profitieren
    werden, kann man sich natürlich schon fragen: Warum
    eigentlich der ganze Widerstand? Warum mussten die
    Frauen aus Initiativen und Verbänden sowie aus allen
    Fraktionen so lange dafür kämpfen? Der ganze Wider-
    stand, der vor allen Dingen aus Wirtschaftskreisen kam,
    aber auch aus der Union mitgetragen wurde, begleitet
    auch von dem einen oder anderen sexistischen Spruch,
    war einfach völlig unangemessen und steht in gar kei-
    nem Verhältnis zu dem, was im Gesetzentwurf tatsäch-
    lich geregelt wird.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Jetzt schreiben wir heute für die 108 Unternehmen
    eine feste Frauenquote von 30 Prozent vor. Warum so
    zaghaft? Wir hätten uns schon gefreut, wenn wir hier
    eine Frauenquote von 50 Prozent hätten beschließen
    können. Ich stelle fest – das ist in der Tat begrüßens-
    wert –, dass in dieser Frage die Debatte tatsächlich wei-
    tergegangen ist. Das erkennt man, wenn man – vor ein
    paar Tagen habe ich das gemacht – beispielsweise die
    Lokalzeitungen aufschlägt. Da ging es um den Schützen-
    verein im niederbayerischen Obergessenbach. Der hat
    sich in der Lokalpresse damit gerühmt, dass er einen
    neuen Vorstand gewählt und eine Frauenquote von fast
    50 Prozent eingeführt hat.


    (Sönke Rix [SPD]: Sehr gut! Und das ohne Gesetz!)






    Caren Lay


    (A) (C)



    (D)(B)

    Dazu muss ich sagen: Daran hätte sich die CSU in den
    letzten Jahren einmal ein Beispiel nehmen können.
    Diese Praxis, die es jetzt in Niederbayern gibt, hätte auch
    locker bundesweit zur Geltung kommen können.


    (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Leider, verehrte Kollegen aus der Union, ist der Fort-
    schritt mit Ihnen eine Schnecke. Wenn wir mit dieser
    Geschwindigkeit weitermachen, müssen wir noch wei-
    tere 100 Jahre warten, bis wir endlich eine gleichberech-
    tigte Teilhabe von Frauen in allen Unternehmen haben.
    Hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir ein-
    fach noch ein bisschen mehr Tempo machen.


    (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Es ist uns unverständlich – das wird ja auch von Ge-
    werkschaftsseite heftig kritisiert –, dass die 30-Prozent-
    Quote für den gesamten Aufsichtsrat gelten soll. Das
    Problem ist, dass die Quote von der Arbeitnehmerseite
    häufig schon eingehalten wird, von der Kapitalseite aber
    so gut wie gar nicht. Bei einer Gesamtbetrachtung kann
    sich die Arbeitgeberseite also ein Stück zurücknehmen
    und muss an diesem Fortschritt selber nicht teilhaben.
    Deswegen sagen wir: Die Gesamtbetrachtung des Auf-
    sichtsrates ist eine falsche Regelung. Man hätte das mit
    minimalem Aufwand ändern können. Ich verstehe nicht,
    warum wir das heute nicht einfach tun.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich finde es auch sehr bedauerlich, dass bei Nicht-
    einhaltung der Quote eigentlich nichts folgt. Wenn die
    108 Unternehmen die Quote nicht einhalten, heißt das:
    Der Stuhl bleibt leer. Bei den anderen 3 500 Unterneh-
    men folgt bei Nichteinhaltung der Quote im Grunde
    nichts. Das macht die sogenannte Flexiquote endgültig
    wirkungslos.

    Meine Damen und Herren, trotz all dieser Einschrän-
    kungen begrüßen wir natürlich den ersten Einstieg in
    eine Frauenquote in der Privatwirtschaft und können die-
    sem Teil des Gesetzentwurfs bei einer getrennten Ab-
    stimmung auch zustimmen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Aber leider ändern Sie ohne Not – mir erschließt sich
    nicht, warum – gute Gesetze zum Schlechteren. Ja, Sie
    hören richtig: Die Einführung der Frauenquote in der
    Privatwirtschaft wird erkauft mit einer deutlichen Ver-
    schlechterung im öffentlichen Dienst. Das finde ich
    wirklich absurd.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Eine bestehende Quote von 50 Prozent bei Bundesgre-
    mien wird nun auf 30 Prozent gesenkt. Es ist völlig klar,
    dass es an der Umsetzung der Quote hapert; aber die
    Quote abzusenken, anstatt zu schauen, wie wir sie durch-
    setzen können, ist nun wirklich der falsche Weg.
    Noch umstrittener sind die Änderungen im Bundes-
    gleichstellungsgesetz. Hier ging es um die klassische
    Frauenförderung. Nach einem neumodischen Grundsatz
    der Geschlechteransprache soll es nun darum gehen,
    dass nicht länger Frauen gefördert werden, sondern das
    jeweils unterrepräsentierte Geschlecht, also beispiels-
    weise im Vorzimmer die Männer.

    In der Anhörung ist Ihnen diese sogenannte Männer-
    quote ordentlich um die Ohren geflogen. Ich muss sagen,
    dass ich wirklich selten eine Anhörung erlebt habe, in
    der ein Gesetzentwurf von den Sachverständigen, die
    von den Koalitionsfraktionen benannt wurden, so ein-
    deutig verrissen wurde. Diese Männerquote ist nichts an-
    deres als die Verkennung der Tatsache, dass es Frauen
    sind, die immer noch strukturell benachteiligt werden,
    wie es die Regierung selber feststellt. Aber wir sind froh,
    dass im Ausschuss mit einem Änderungsantrag auf den
    letzten Metern zumindest dafür gesorgt wurde, dass die
    diesbezügliche Formulierung vielleicht nicht mehr ver-
    fassungswidrig ist, was viele Sachverständige befürchtet
    haben. Aber es ist noch völlig unklar, was die neue For-
    mulierung in der Praxis bedeutet.

    Ich möchte ganz ehrlich sagen: Auch wir begrüßen ei-
    nen Ansatz, der Männer mitnimmt. Auch ich fände es
    sehr begrüßenswert, wenn wir mehr Männer in Vorzim-
    mern, als Grundschullehrer oder als Kindergärtner hät-
    ten. Die Frage ist nur: Wie kann man das tatsächlich re-
    geln? Die Männer sind in diesen Berufen ja nicht
    deswegen unterrepräsentiert, weil sie strukturell benach-
    teiligt sind, sondern weil diese Berufe so schlecht be-
    zahlt sind. Deswegen sagen wir: Sorgen Sie für eine bes-
    sere Bezahlung in diesen Berufen! Das ist der beste Weg,
    damit sich endlich mehr Männer für diese Berufe bewer-
    ben.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich
    noch sagen, was aus meiner Sicht der richtige Weg ge-
    wesen wäre: Wir als Linke fordern eine Frauenquote von
    50 Prozent


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Bloß?)


    ohne Wenn und Aber, die nicht nur für die Aufsichtsräte,
    sondern bitte schön auch für die Vorstände gelten sollte.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Verlangen Sie das auch in der Fraktionsführung? 50 Prozent?)


    Das wäre konsequent. Ich finde es bedauerlich, dass wir
    uns darauf heute nicht verständigen können.

    Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der LINKEN)