(D)
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8493
(A) (C)
(B)
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
(D)
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Alpers, Agnes DIE LINKE 27.02.2015
Dr. Bartke, Matthias SPD 27.02.2015
Bleser, Peter CDU/CSU 27.02.2015
Bluhm, Heidrun DIE LINKE 27.02.2015
Brase, Willi SPD 27.02.2015
Drobinski-Weiß, Elvira SPD 27.02.2015
Fischer (Karlsruhe-
Land), Axel E.
CDU/CSU 27.02.2015
Gottschalck, Ulrike SPD 27.02.2015
Groneberg, Gabriele SPD 27.02.2015
Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.02.2015
Hartmann (Wackernheim),
Michael
SPD 27.02.2015
Irlstorfer, Erich CDU/CSU 27.02.2015
Jarzombek, Thomas CDU/CSU 27.02.2015
Junge, Frank SPD 27.02.2015
Kekeritz, Uwe BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.02.2015
Kretschmer, Michael CDU/CSU 27.02.2015
Krüger, Dr. Hans-Ulrich SPD 27.02.2015
Lanzinger, Barbara CDU/CSU 27.02.2015
Dr. Lötzsch, Gesine DIE LINKE 27.02.2015
Dr. de Maizière, Thomas CDU/CSU 27.02.2015
Mißfelder, Philipp CDU/CSU 27.02.2015
Mittag, Susanne SPD 27.02.2015
Petzold (Havelland),
Harald
DIE LINKE 27.02.2015
Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.02.2015
Schimke, Jana CDU/CSU 27.02.2015
Spinrath, Norbert SPD 27.02.2015
Strässer, Christoph SPD 27.02.2015
Wichtel, Peter CDU/CSU 27.02.2015
Wunderlich, Jörn DIE LINKE 27.02.2015
Zdebel, Hubertus DIE LINKE 27.02.2015
Ziegler, Dagmar SPD 27.02.2015
Zimmermann, Pia DIE LINKE 27.02.2015
Anlage 2
Amtliche Mitteilung (52. Sitzung)
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions-
dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be-
ratung abgesehen hat.
Auswärtiger Ausschuss
Drucksache 18/419 Nr. A.3
EuB-BReg 53/2013
Drucksache 18/419 Nr. A.18
Ratsdokument 14716/13
Drucksache 18/544 Nr. A.1
EuB-BReg 10/2014
Drucksache 18/544 Nr. A.8
Ratsdokument 18099/13
Drucksache 18/822 Nr. A.3
EuB-BReg 16/2014
Drucksache 18/822 Nr. A.5
EP P7_TA-PROV(2014)0098
Drucksache 18/822 Nr. A.6
EP P7_TA-PROV(2014)0101
Drucksache 18/897 Nr. A.1
Ratsdokument 6902/14
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Drucksache 18/419 Nr. A.38
Ratsdokument 8179/13
Drucksache 18/822 Nr. A.8
EP P7_TA-PROV(2014)0064
Drucksache 18/822 Nr. A.9
Ratsdokument 5445/14
Drucksache 18/1393 Nr. A.26
Ratsdokument 7910/14
Drucksache 18/1393 Nr. A.27
Ratsdokument 8151/14
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Anlagen
8494 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Drucksache 18/1524 Nr. A.9
Ratsdokument 9008/14
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Drucksache 18/1524 Nr. A.12
Ratsdokument 6587/14
Drucksache 18/1524 Nr. A.13
Ratsdokument 8290/14
Drucksache 18/1524 Nr. A.14
Ratsdokument 9143/14
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Drucksache 18/544 Nr. A.49
EP P7_TA-PROV(2013)0546
Drucksache 18/1707 Nr. A.8
Ratsdokument 9802/14
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
Drucksache 18/1524 Nr. A.15
Ratsdokument 8814/14
Drucksache 18/1659 Nr. A.1
KOM(2014)324 endg.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Detlef Seif, Günter Baumann, Sybille Benning,
Ute Bertram, Peter Beyer, Uwe Feiler, Dirk
Fischer (Hamburg), Thorsten Frei, Fritz
Güntzler, Dr. Herlind Gundelach, Christian
Haase, Matthias Hauer, Dr. Stefan Heck,
Dr. Matthias Heider, Frank Heinrich (Chem-
nitz), Dr. Heribert Hirte, Thorsten Hoffmann
(Dortmund), Franz-Josef Holzenkamp, Bettina
Hornhues, Steffen Kanitz, Dr. Georg Kippels,
Dr. Philipp Lengsfeld, Antje Lezius, Ingbert
Liebing, Matern von Marschall, Marlene
Mortler, Helmut Nowak, Dr. Tim Ostermann,
Sylvia Pantel, Lothar Riebsamen, Uwe
Schummer, Reinhold Sendker, Sebastian Steineke,
Thomas Stritzl, Dr. Sabine Sütterlin-Waack,
Astrid Timmermann-Fechter, Sven Volmering,
Christel Voßbeck-Kayser, Marco Wanderwitz,
Albert Weiler, Heinrich Zertik (alle CDU/CSU)
zur namentlichen Abstimmung über den An-
trag des Bundesministeriums der Finanzen: Fi-
nanzhilfen zugunsten Griechenlands; Verlänge-
rung der Stabilitätshilfe – Einholung eines
zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bun-
destages nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2
Nummer 2 des Stabilisierungsmechanismusge-
setzes auf Verlängerung der bestehenden Fi-
nanzhilfefazilität zugunsten der Hellenischen
Republik (Zusatztagesordnungspunkt 4)
Im Rahmen der heutigen namentlichen Abstimmung
werden wir dem Antrag des Bundesministeriums der Fi-
nanzen, Bundestagsdrucksache 18/4079, zustimmen.
Mit allem Nachdruck weisen wir darauf hin, dass mit
unserer Zustimmung kein irgendwie gearteter Verzicht
auf die vertraglichen Verpflichtungen Griechenlands
verbunden ist. Die griechische Regierung darf die Zu-
stimmung insbesondere nicht als Selbstläufer für eine
unkonditionierte griechische Schuldenpolitik verstehen.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem
Antrag des Bundesfinanzministers bezieht sich lediglich
auf eine technische Verlängerung des im März 2012 be-
schlossenen Finanzhilfeprogramms um bis zu vier Mo-
nate. Ohne einen entsprechenden Beschluss des Deut-
schen Bundestages wäre das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 beendet, mit der Folge, dass die noch
offenstehende Tranche des EFSF-Programms, 1,8 Mil-
liarden Euro, und die Überweisung der SMP-Gewinne
– Anleihekaufprogramm der EZB – aus dem Jahr 2014,
1,9 Milliarden Euro, automatisch verfallen wären.
Entgegen den Ausführungen verschiedenster Medien-
vertreter handelt es sich nicht um ein neues Programm.
Durch den Beschluss wird auch kein „frisches Geld“ zur
Verfügung gestellt. Dies ist derzeit auch überhaupt nicht
erforderlich, weil der staatliche Haushalt Griechenlands
bis Juli 2015 durchfinanziert ist – vorausgesetzt, dass
sich die infolge des Regierungswechsels in Griechenland
eingetretenen Steuerausfälle in überschaubaren Grenzen
halten. Eine Auszahlung der im laufenden Programm
noch vorgesehenen restlichen Mittel erfolgt nicht ohne
Weiteres. Vielmehr müssen die EU-Kommission, die
EZB und der IWF – ehemals Troika, auf Wunsch der
griechischen Regierung umbenannt in: „Die Institutio-
nen“ – zustimmen. Eine Auszahlung kann im Übrigen
nur nach einer Beteiligung des Deutschen Bundestages
– zumindest des Haushaltsausschusses – erfolgen.
Damit ist zunächst festzustellen, dass der Beschluss
des Deutschen Bundestages keine spektakulären neuen
Maßnahmen umfasst, sondern lediglich eine Verlänge-
rung der Bereitstellungsfrist bedeutet.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages ist bei
der aktuellen Entwicklung keine Selbstverständlichkeit.
Der Chef der neuen griechischen Regierung – bestehend
aus der linksextremen Partei Syriza und der rechtsextre-
men Partei Anel –, Alexis Tsipras, hat bereits vor der
griechischen Parlamentswahl erklärt, dass er den in den
vergangenen Jahren eingeschlagenen Reformkurs ver-
lassen werde. Die Troika werde aus dem Land gefegt,
Privatisierungen würden gestoppt. Für den öffentlichen
Dienst wurden umfangreiche Wiedereinstellungen ange-
kündigt, ebenso Rentenerhöhungen und die Anhebung
des Mindestlohns. Die griechische Regierung forderte
eine Schuldenkonferenz mit dem Ziel eines erheblichen
Schuldennachlasses. An die Hauptfinanzhilfevereinba-
rung und die im Memorandum of Understanding, MoU,
aufgenommenen Verpflichtungen zur konkreten Durch-
führung des Anpassungsprogramms fühle man sich nicht
gebunden. Man werde gegebenenfalls klagen.
Nach den ersten Umfragen, die in Griechenland eine
Syriza-geführte Regierung prognostizierten, verschlech-
terten sich die finanz- und wirtschaftspolitischen Para-
meter des Landes erheblich. Die Zinssätze für Staatsan-
leihen haben mittlerweile Fantasiewerte erreicht und
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8495
(A) (C)
(D)(B)
übertreffen die Zinssätze der über die EFSF bereitge-
stellten Mittel mehr als um das Zehnfache. Es setzte eine
massive Guthabenflucht von griechischen Konten in der
Größenordnung von über 30 Milliarden Euro ein. Bereits
in den ersten Tagen hat die griechische Regierung in re-
kordverdächtiger Zeit das Vertrauen in die Verlässlich-
keit griechischer Politik erschüttert. Auch die nicht koor-
dinierte unprofessionelle Vorgehensweise – sieht man
einmal von der unvertretbaren Beleidigung Deutsch-
lands und deutscher Spitzenpolitiker ab – dürfte zu einer
erheblichen Belastung des politischen Klimas beigetra-
gen haben.
Die unternehmerische Bereitschaft, in Griechenland
zu investieren, hat durch die Syriza-Anel-Regierung sehr
gelitten.
Die beachtlichen Anpassungsbemühungen, die die
früheren griechischen Regierungen und das griechische
Volk bislang unternahmen, wurden quasi über Nacht um
Monate, wenn nicht Jahre, zurückgeworfen. Zwar war
auch bislang bei den Anpassungsprogrammen und der
Griechenlandhilfe der Erfolg nicht sichergestellt. Grie-
chenland befand sich aber insgesamt auf einem guten
Weg. Nach sechs Jahren der Rezession konnte erstmals
im Jahr 2014 ein Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent
erzielt werden. Für die Jahre 2015 und 2016 wurde ein
Wachstum von 2,5 Prozent und 3,6 Prozent prognosti-
ziert, das jetzt in weite Ferne gerückt ist.
Ohne die gemeinsame Erklärung der Euro-Gruppe
vom 20. Februar 2015 mit dem Bekenntnis der griechi-
schen Regierung zu dem laufenden Reformprozess wäre
die Geschäftsgrundlage für eine weitere Finanzhilfe ent-
fallen. Die griechische Regierung bekräftigte hier, dass
sie ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber den
Gläubigern einhalte und angemessene Primärüber-
schüsse zur Herstellung der Schuldentragfähigkeit be-
reitstellen werde. Da die griechische Regierung die in
den bisherigen Verträgen gegebene Flexibilität nutzen
und auch die „soziale Fairness" verbessern will, hängt
die Zustimmungsfähigkeit ganz maßgeblich davon ab,
ob die griechische Reformagenda das klare Bekenntnis
zur Fortsetzung des bisherigen Reformprogramms auch
trägt.
Die Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hat zu-
treffend festgestellt, dass die jetzt von der griechischen
Regierung vorgelegte Reformliste ausreichend sei, um
das Programm zu verlängern. Das klare Bekenntnis zu
dem Reformprogramm fehle aber.
Griechenland muss in den nächsten Wochen eine rea-
listische und tragfähige Reformagenda vorlegen. Die
Auszahlungen der restlichen Beträge aus dem laufenden
Programm oder Verhandlungen über eine mögliche Fol-
gevereinbarung kommen nur dann in Betracht, wenn es
sich bei den Erklärungen der griechischen Regierung
nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, sondern Grie-
chenland den eingeschlagenen Anpassungsprozess fort-
führt. Luftbuchungen können nicht akzeptiert werden.
Auch ist es nicht vertretbar, wenn die griechische Regie-
rung neue Ausgaben – zum Beispiel Lebensmittel-
marken – mit erst langfristig zu erwartenden Einnahmen
– Korruptionsbekämpfung, verbesserte Steuererhebung
nebst verbessertem Steuereinzug, Optimierung der öf-
fentlichen Verwaltung – „gegenrechnen“ will.
Wenn die griechische Regierung seriös und ernsthaft
den bisherigen Reformprozess fortsetzt, kann Griechen-
land auch weiterhin auf die solidarische Unterstützung
Europas zählen. Sollte die griechische Regierung durch
die Vorlage der konkretisierten Reformagenda, ihr weite-
res Verhalten oder gegenläufige Erklärungen aber deut-
lich machen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fort-
führung des Anpassungsprozesses besteht, wäre im
europäischen Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe
unverzüglich zu beenden.
Derzeit steht nur Griechenland im Fokus des öffentli-
chen Interesses. Bei einer unkonditionierten Finanzhilfe
stünde aber für Europa als Ganzes viel auf dem Spiel.
Erstmals würde eine echte „Bail-Out-Union“ eingeführt
werden, also eine echte verlorene staatliche Finanzie-
rung eines EU-Mitglieds durch andere EU-Mitglieder.
Dies ist nach Artikel 125 AEUV verboten.
Die Europäische Union im Allgemeinen und die euro-
päische Währungsunion im Besonderen werden sich
dauerhaft nur dann erfolgreich behaupten können, wenn
feste Regeln gelten, die die Stabilität sicherstellen. Soll-
ten Griechenland Sonderrechte eingeräumt werden, wür-
den Forderungen weiterer Eurogruppenmitglieder nach
Sonderregelungen folgen. Wenn die bestehenden Rege-
lungen für Griechenland nicht mehr gelten, werden EU-
Mitgliedstaaten auch bei der Frage der Einhaltung der
Maastricht-Kriterien und den länderspezifischen Emp-
fehlungen Sonderrechte einfordern: Ein Fass ohne Bo-
den.
Eine derartige Entwicklung, die mit dem Interesse der
europäischen und deutschen Steuerzahler nicht zu ver-
einbaren wäre, muss unbedingt verhindert werden. Des-
halb weisen wir eine nicht ausreichend konditionierte Fi-
nanzhilfe – sollte diese zukünftig ein Thema werden –
mit aller Entschiedenheit zurück.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Norbert Barthle, Dr. Christoph Bergner, Heike
Brehmer, Dr. Maria Flachsbarth, Eberhard
Gienger, Dr. Stefan Kaufmann, Hartmut Koschyk,
Andreas Mattfeldt, Dr. Mathias Middelberg,
Karsten Möring, Dr. Martin Pätzold, Ingrid
Pahlmann, Josef Rief, Dr. Heinz Riesenhuber,
Ronja Schmitt (Althengstett), Nadine Schön (St.
Wendel), Dr. Frank Steffel, Albert Stegemann,
Dieter Stier, Kai Wegner, Barbara Woltmann
(alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung
über den Antrag des Bundesministeriums der
Finanzen: Finanzhilfen zugunsten Griechen-
lands; Verlängerung der Stabilitätshilfe – Ein-
holung eines zustimmenden Beschlusses des
Deutschen Bundestages nach § 3 Absatz 1
i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stabilisie-
rungsmechanismusgesetzes auf Verlängerung der
8496 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
bestehenden Finanzhilfefazilität zugunsten der
Hellenischen Republik (Zusatztagesordnungs-
punkt 4)
Wir stimmen dem Antrag des Bundesministeriums
der Finanzen, Bundestagsdrucksache 18/4079, die Fi-
nanzhilfefazilität für die Hellenische Republik um bis zu
vier Monate zu verlängern, zu.
Wir setzen dabei voraus, dass
a) diese Verlängerung der Bereitstellungsfrist im Rah-
men der bestehenden Hilfsvereinbarung zwischen der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF)
und Griechenland ausschließlich dem erfolgreichen
Abschluss des jetzt laufenden Anpassungsprogramms
dient,
b) in dieser Verlängerungszeit jede unkonditionierte
Brückenfinanzierung vermieden wird und deshalb
noch offene Auszahlungen erst erfolgen, wenn die im
bestehenden Memorandum of Understanding und im
Programm des IWF festgeschriebenen Bedingungen
zum erfolgreichen Abschluss des Programms ausrei-
chend erfüllt sind,
c) die in der von Griechenland jetzt vorgelegten Liste
enthaltenen Reformbereiche spezifiziert, unter ande-
rem durch einen Zeitplan ergänzt und dabei von der
Troika auf die Vereinbarkeit mit dem heutigen Pro-
gramm überprüft werden, um eine ausreichende
Erfüllung der Programmbedingungen und einen er-
folgreichen Abschluss der laufenden Programmüber-
prüfung zu ermöglichen,
d) der erfolgreiche Abschluss dieser Programmüberprü-
fung eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit
mit einschließt mit dem Ziel, die Gesamtverschul-
dung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen Stand
abzusenken – soziale Maßnahmen mit fiskalischen
Auswirkungen können deshalb nur in Abstimmung
mit der Troika umgesetzt werden; die vereinbarten
Fiskalziele sind einzuhalten –,
e) die Hellenische Republik ihren Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, einschließ-
lich der Griechischen Darlehensvereinbarung von
2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kreditver-
trages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommt,
f) Verhandlungen über eine etwaige Anschlussvereinba-
rung für die Zeit nach der viermonatigen Verlänge-
rung mit dem Ziel, den Marktzugang Griechenlands
wiederherzustellen, nur geführt werden, wenn die be-
stehenden Beteiligungsrechte der nationalen Parla-
mente gewahrt sind.
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Cajus J. Caesar, Michael Donth, Karin Maag,
Eckhard Pols, Tino Sorge (alle CDU/CSU) zur
namentlichen Abstimmung über den Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen: Finanz-
hilfen zugunsten Griechenlands; Verlängerung
der Stabilitätshilfe – Einholung eines zustim-
menden Beschlusses des Deutschen Bundestages
nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Num-
mer 2 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes
auf Verlängerung der bestehenden Finanzhilfe-
fazilität zugunsten der Hellenischen Republik
(Zusatztagesordnungspunkt 4)
Im Rahmen der heutigen namentlichen Abstimmung
werde ich dem Antrag des Bundesministeriums der Fi-
nanzen, Bundestagsdrucksache 18/4079, zustimmen.
Mit allem Nachdruck weise ich darauf hin, dass mit
meiner Zustimmung kein irgendwie gearteter Verzicht
auf die vertraglichen Verpflichtungen Griechenlands
verbunden ist. Die griechische Regierung darf die Zu-
stimmung insbesondere nicht als Selbstläufer für eine
unkonditionierte griechische Schuldenpolitik verstehen.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem
Antrag des Bundesfinanzministers bezieht sich lediglich
auf eine technische Verlängerung des im März 2012 be-
schlossenen Finanzhilfeprogramms um bis zu vier Mo-
nate. Ohne einen entsprechenden Beschluss des Deut-
schen Bundestages wäre das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 beendet, mit der Folge, dass die noch
offenstehende Tranche des EFSF-Programms, 1,8 Mil-
liarden Euro, und die Überweisung der SMP-Gewinne
– Anleihekaufprogramm der EZB – aus dem Jahr 2014,
1,9 Milliarden Euro, automatisch verfallen wären.
Entgegen den Ausführungen verschiedenster Medien-
vertreter handelt es sich nicht um ein neues Programm.
Durch den Beschluss wird auch kein „frisches Geld“ zur
Verfügung gestellt. Dies ist derzeit auch überhaupt nicht
erforderlich, weil der staatliche Haushalt Griechenlands
bis Juli 2015 durchfinanziert ist – vorausgesetzt, dass
sich die infolge des Regierungswechsels in Griechenland
eingetretenen Steuerausfälle in überschaubaren Grenzen
halten. Eine Auszahlung der im laufenden Programm
noch vorgesehenen restlichen Mittel erfolgt nicht ohne
weiteres. Vielmehr müssen die EU-Kommission, die
EZB und der IWF – ehemals Troika, auf Wunsch der
griechischen Regierung umbenannt in: „Die Institutio-
nen“ – zustimmen. Eine Auszahlung kann im Übrigen
nur nach einer Beteiligung des Deutschen Bundestages
– zumindest des Haushaltsausschusses – erfolgen.
Damit ist zunächst festzustellen, dass der Beschluss
des Deutschen Bundestages keine spektakulären neuen
Maßnahmen umfasst, sondern lediglich eine Verlänge-
rung der Bereitstellungsfrist bedeutet.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages ist bei
der aktuellen Entwicklung keine Selbstverständlichkeit.
Der Chef der neuen griechischen Regierung – bestehend
aus der linksextremen Partei Syriza und der rechtsextre-
men Partei Anel –, Alexis Tsipras, hat bereits vor der
griechischen Parlamentswahl erklärt, dass er den in den
vergangenen Jahren eingeschlagenen Reformkurs ver-
lassen werde. Die Troika werde aus dem Land gefegt,
Privatisierungen würden gestoppt. Für den öffentlichen
Dienst wurden umfangreiche Wiedereinstellungen ange-
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8497
(A) (C)
(D)(B)
kündigt, ebenso Rentenerhöhungen und die Anhebung
des Mindestlohns. Die griechische Regierung forderte
eine Schuldenkonferenz mit dem Ziel eines erheblichen
Schuldennachlasses. An die Hauptfinanzhilfevereinba-
rung und die im Memorandum of Understanding, MoU,
aufgenommenen Verpflichtungen zur konkreten Durch-
führung des Anpassungsprogramms fühle man sich nicht
gebunden. Man werde gegebenenfalls klagen.
Nach den ersten Umfragen, die in Griechenland eine
Syriza-geführte Regierung prognostizierten, verschlech-
terten sich die finanz- und wirtschaftspolitischen Para-
meter des Landes erheblich. Die Zinssätze für Staatsan-
leihen haben mittlerweile Fantasiewerte erreicht und
übertreffen die Zinssätze der über die EFSF bereitge-
stellten Mittel mehr als um das Zehnfache. Es setzte eine
massive Guthabenflucht von griechischen Konten in der
Größenordnung von über 30 Milliarden Euro ein. Bereits
in den ersten Tagen hat die griechische Regierung in re-
kordverdächtiger Zeit das Vertrauen in die Verlässlich-
keit griechischer Politik erschüttert. Auch die nicht koor-
dinierte unprofessionelle Vorgehensweise – sieht man
einmal von der unvertretbaren Beleidigung Deutsch-
lands und deutscher Spitzenpolitiker ab – dürfte zu einer
erheblichen Belastung des politischen Klimas beigetra-
gen haben.
Die unternehmerische Bereitschaft, in Griechenland
zu investieren, hat durch die Syriza-Anel-Regierung sehr
gelitten.
Die beachtlichen Anpassungsbemühungen, die die
früheren griechischen Regierungen und das griechische
Volk bislang unternahmen, wurden quasi über Nacht um
Monate, wenn nicht Jahre, zurückgeworfen. Zwar war
auch bislang bei den Anpassungsprogrammen und der
Griechenlandhilfe der Erfolg nicht sichergestellt. Grie-
chenland befand sich aber insgesamt auf einem guten
Weg. Nach sechs Jahren der Rezession konnte erstmals
im Jahr 2014 ein Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent
erzielt werden. Für die Jahre 2015 und 2016 wurde ein
Wachstum von 2,5 Prozent und 3,6 Prozent prognosti-
ziert, das jetzt in weite Ferne gerückt ist.
Ohne die gemeinsame Erklärung der Euro-Gruppe
vom 20. Februar 2015 mit dem Bekenntnis der griechi-
schen Regierung zu dem laufenden Reformprozess wäre
die Geschäftsgrundlage für eine weitere Finanzhilfe ent-
fallen. Die griechische Regierung bekräftigte hier, dass sie
ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Gläubi-
gern einhalte und angemessene Primärüberschüsse zur
Herstellung der Schuldentragfähigkeit bereitstellen werde.
Da die griechische Regierung die in den bisherigen Ver-
trägen gegebene Flexibilität nutzen und auch die „so-
ziale Fairness“ verbessern will, hängt die Zustimmungs-
fähigkeit ganz maßgeblich davon ab, ob die griechische
Reformagenda das klare Bekenntnis zur Fortsetzung des
bisherigen Reformprogramms auch trägt.
Die Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hat zu-
treffend festgestellt, dass die jetzt von der griechischen
Regierung vorgelegte Reformliste ausreichend sei, um
das Programm zu verlängern. Das klare Bekenntnis zu
dem Reformprogramm fehle aber.
Griechenland muss in den nächsten Wochen eine rea-
listische und tragfähige Reformagenda vorlegen. Die
Auszahlungen der restlichen Beträge aus dem laufenden
Programm oder Verhandlungen über eine mögliche Fol-
gevereinbarung kommen nur dann in Betracht, wenn es
sich bei den Erklärungen der griechischen Regierung
nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, sondern Grie-
chenland den eingeschlagenen Anpassungsprozess fort-
führt. Luftbuchungen können nicht akzeptiert werden.
Auch ist es nicht vertretbar, wenn die griechische Regie-
rung neue Ausgaben – zum Beispiel Lebensmittelmar-
ken – mit erst langfristig zu erwartenden Einnahmen –
Korruptionsbekämpfung, verbesserte Steuererhebung,
nebst verbessertem Steuereinzug, Optimierung der öf-
fentlichen Verwaltung – „gegenrechnen“ will. Wenn die
griechische Regierung seriös und ernsthaft den bisheri-
gen Reformprozess fortsetzt, kann Griechenland auch
weiterhin auf die solidarische Unterstützung Europas
zählen. Sollte die griechische Regierung durch die Vor-
lage der konkretisierten Reformagenda, ihr weiteres Ver-
halten oder gegenläufige Erklärungen aber deutlich ma-
chen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fortführung
des Anpassungsprozesses besteht, wäre im europäischen
Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe unverzüglich zu
beenden.
Derzeit steht nur Griechenland im Fokus des öffentli-
chen Interesses. Bei einer unkonditionierten Finanzhilfe
stünde aber für Europa als Ganzes viel auf dem Spiel.
Erstmals würde eine echte „Bail-Out-Union“ eingeführt
werden, also eine echte verlorene staatliche Finanzie-
rung eines EU-Mitglieds durch andere EU-Mitglieder.
Dies ist nach Artikel 125 AEUV verboten.
Die Europäische Union im Allgemeinen und die euro-
päische Währungsunion im Besonderen werden sich
dauerhaft nur dann erfolgreich behaupten können, wenn
feste Regeln gelten, die die Stabilität sicherstellen. Soll-
ten Griechenland Sonderrechte eingeräumt werden, wür-
den Forderungen weiterer Eurogruppenmitglieder nach
Sonderregelungen folgen. Wenn die bestehenden Rege-
lungen für Griechenland nicht mehr gelten, werden EU-
Mitgliedstaaten auch bei der Frage der Einhaltung der
Maastricht-Kriterien und den länderspezifischen Emp-
fehlungen Sonderrechte einfordern: Ein Fass ohne Bo-
den.
Eine derartige Entwicklung, die mit dem Interesse der
europäischen und deutschen Steuerzahler nicht zu ver-
einbaren wäre, muss unbedingt verhindert werden. Des-
halb weise ich eine nicht ausreichend konditionierte Fi-
nanzhilfe – sollte diese zukünftig ein Thema werden –
mit aller Entschiedenheit zurück.
Anlage 6
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Maria Michalk, Tankred
Schipanski, Christina Schwarzer, Nina Warken,
Sabine Weiss (Wesel I) (alle CDU/CSU) zur na-
mentlichen Abstimmung über den Antrag des
Bundesministeriums der Finanzen: Finanzhil-
fen zugunsten Griechenlands; Verlängerung der
8498 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
Stabilitätshilfe – Einholung eines zustimmenden
Beschlusses des Deutschen Bundestages nach
§ 3 Absatz 1 i.V.m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des
Stabilisierungsmechanismusgesetzes auf Ver-
längerung der bestehenden Finanzhilfefazilität
zugunsten der Hellenischen Republik (Zusatz-
tagesordnungspunkt 4)
Wir stimmen dem Antrag des Bundesministeriums
der Finanzen, die Finanzhilfefazilität für die Hellenische
Republik um bis zu vier Monate zu verlängern, zu. Wir
setzen dabei voraus, dass
a) diese Verlängerung der Bereitstellungsfrist im Rah-
men der bestehenden Hilfsvereinbarung zwischen der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF)
und Griechenland ausschließlich dem erfolgreichen
Abschluss des jetzt laufenden Anpassungsprogramms
dient,
b) in dieser Verlängerungszeit jede unkonditionierte
Brückenfinanzierung vermieden wird und deshalb
noch offene Auszahlungen erst erfolgen, wenn die im
bestehenden Memorandum of Understanding und im
Programm des IWF festgeschriebenen Bedingungen
zum erfolgreichen Abschluss des Programms ausrei-
chend erfüllt sind,
c) die in der von Griechenland jetzt vorgelegten Liste
enthaltenen Reformbereiche spezifiziert, unter ande-
rem durch einen Zeitplan ergänzt und dabei von der
Troika auf die Vereinbarkeit mit dem heutigen Pro-
gramm überprüft werden, um eine ausreichende
Erfüllung der Programmbedingungen und einen er-
folgreichen Abschluss der laufenden Programmüber-
prüfung zu ermöglichen,
d) der erfolgreiche Abschluss dieser Programmüberprü-
fung eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit
mit einschließt mit dem Ziel, die Gesamtverschul-
dung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen Stand
abzusenken. Soziale Maßnahmen mit fiskalischen
Auswirkungen können deshalb nur in Abstimmung
mit der Troika umgesetzt werden. Die vereinbarten
Fiskalziele sind einzuhalten.
e) die Hellenische Republik ihren Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, einschließ-
lich der Griechischen Darlehensvereinbarung von
2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kreditver-
trages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommt.
Anlage 7
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Katrin Albsteiger, Dr. Georg
Nüßlein (beide CDU/CSU) zur namentlichen
Abstimmung über den Antrag des Bundes-
ministeriums der Finanzen: Finanzhilfen zu-
gunsten Griechenlands; Verlängerung der Sta-
bilitätshilfe – Einholung eines zustimmenden
Beschlusses des Deutschen Bundestages nach
§ 3 Absatz 1 i.V.m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des
Stabilisierungsmechanismusgesetzes auf Ver-
längerung der bestehenden Finanzhilfefazilität
zugunsten der Hellenischen Republik (Zusatz-
tagesordnungspunkt 4)
Der vorliegende Antrag des Bundesministeriums der
Finanzen bezieht sich ausschließlich auf eine technische
Verlängerung der nach jetzigem Stand zum 28. Februar
2015 auslaufenden Finanzhilfefazilität für die Helleni-
sche Republik Griechenland um vier Monate, so wie wir
dies schon einmal vor den griechischen Wahlen vom
25. Januar 2015 in Aussicht gestellt hatten. Dabei beto-
nen wir: Es geht nicht um neues Geld!
Deshalb stimmen wir diesem Antrag trotz begründe-
ter, durch unakzeptable Rhetorik der griechischen Regie-
rung befeuerter Bedenken zu.
Dies geschieht aus der Überzeugung, dass es nach den
zähen und aus deutscher Sicht erfolgreichen Verhandlun-
gen und dem Einknicken der griechischen Regierung in-
akzeptabel wäre, eine Programmverlängerung zu ver-
weigern und so Bundesfinanzminister Dr. Schäuble
quasi in den Rücken zu fallen.
Bei allen Bewertungen und Entscheidungen in diesem
Zusammenhang stehen für uns als Bundestagsabgeord-
nete die Auswirkungen auf unsere Währung und die
Konsequenzen für den deutschen Anleger oder Steuer-
zahler im Zentrum. Erst danach denken wir an Griechen-
land. Unser Auftrag ist es, dazu beizutragen, das Wohl
des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von ihm
abzuwenden. Mit der heutigen Entscheidung glauben
wir (noch!), mehr Schaden abwenden als entstehen las-
sen zu können. Eine Zustimmung des Deutschen Bun-
destages und der Troika aus EU-Kommission, EZB und
IWF darf aber keinesfalls als Zustimmung für eine wie-
der unkonditionierte griechische Schuldenpolitik miss-
verstanden werden. Im Gegenteil: Die Fortzahlung ist an
strenge Verpflichtungen geknüpft, durchgreifende, teil-
weise von der Regierung Samaras bereits begonnene Re-
formen nicht rückgängig zu machen, sondern vielmehr
zu forcieren. Dies glaubhaft zu machen, dafür haben die
Griechen nun vier Monate zusätzlich Zeit.
Unsere Grundsätze bleiben: Leistungen kann es nur
durch Gegenleistung geben. Solidarität kann nur gegen
Solidität und Respekt nur gegen Respekt eingefordert
werden.
Die griechische Reformagenda darf kein reines Lip-
penbekenntnis bleiben. Die Regierung Tsipras muss sich
klar zu diesen Schritten bekennen und sie – auch gegen
nationale und parteiinterne Widerstände – gesetzgebe-
risch umsetzen. Nur wenn Griechenland den bisherigen
Reformprozess seriös fortsetzt, kann die Hellenische Re-
publik auf die Solidarität Deutschlands und der anderen
Euro-Länder setzen.
Was aber, wenn dies nicht geschieht? Welche Folgen
hätte das insbesondere für die Stabilität der Euro-Zone
und für den deutschen Steuerzahler? Müssen wir dann
ein drittes Hilfspaket schnüren? Nach all dem? Für die-
sen Fall sehen wir nur noch zwei Alternativen: einen
dauerhaften Transfer zugunsten der Griechen, also jene
Schuldenunion, die wir nie wollten und die nach
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8499
(A) (C)
(D)(B)
Artikel 125 AEUV ausdrücklich verboten ist, oder den
Austritt der Griechen aus der Währungsunion, um mit
der Drachme abwerten zu können und (vielleicht) wieder
wettbewerbsfähig zu werden. Beides wäre fatal für alle
Beteiligten.
Anlage 8
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Ansgar Heveling, Dr. Günter
Krings (beide CDU/CSU) zur namentlichen Ab-
stimmung über den Antrag des Bundesministe-
riums der Finanzen: Finanzhilfen zugunsten
Griechenlands; Verlängerung der Stabilitäts-
hilfe – Einholung eines zustimmenden Beschlus-
ses des Deutschen Bundestages nach § 3 Absatz 1
i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stabilisie-
rungsmechanismusgesetzes auf Verlängerung
der bestehenden Finanzhilfefazilität zugunsten
der Hellenischen Republik (Zusatztagesord-
nungspunkt 4)
Der Deutsche Bundestag hat heute über den Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen, die bestehende
Finanzhilfefazilität zugunsten der Hellenischen Repu-
blik zu verlängern, Bundestagsdrucksache 18/4079, zu
entscheiden. Gegenstand des Antrags ist damit aus-
schließlich die technische Verlängerung des im März
2012 beschlossenen und somit bereits bestehenden Fi-
nanzhilfeprogramms um bis zu vier Monate.
Der Deutsche Bundestag entscheidet mithin nicht
über ein neues Finanzhilfeproqramm. Vielmehr geht es
darum, die noch offenstehende Tranche des bestehenden
EFSF-Programms in Höhe von 1,8 Milliarden Euro und
die Überweisung der SMP-Gewinne aus dem Jahr 2014
in Höhe von 1,9 Milliarden Euro im laufenden Pro-
gramm freigeben zu können. Auf Grundlage des Stabili-
sierungsmechanismus-Gesetzes ist auch für die Verlän-
gerung eines bestehenden Programms bereits die
Zustimmung des Deutschen Bundestages erforderlich.
Auch bei einer Programmverlängerung erfolgt die
Auszahlung der im laufenden Programm noch vorgese-
henen restlichen Mittel nicht ohne Weiteres. Vielmehr
müssen die EU-Kommission, die Europäische Zentral-
bank (EZB) und der Internationale Währungsfonds
(IWF) als Institutionen zustimmen. Auch hierbei ist eine
Beteiligung des Deutschen Bundestages im Weiteren er-
forderlich.
Um die Bedingungen der jetzt beantragten Programm-
verlängerung wurde in den letzten Wochen seitens der
beteiligten Regierungen der Euro-Mitgliedstaaten sowie
der europäischen Institutionen heftig gerungen. Es ist
vornehmlich der klaren Positionierung der Bundesregie-
rung und im Besonderen des Bundesministers der Finan-
zen zu verdanken, dass das erklärte Ziel der Regierung
der Hellenischen Republik, eine unkonditionierte Verlän-
gerung bereits des laufenden Programms zu erreichen,
durch die beteiligten Institutionen zurückgewiesen wer-
den konnte. Stattdessen hat sich in der gemeinsamen Er-
klärung der Euro-Gruppe vom 20. Februar 2015 die Re-
gierung der Hellenischen Republik zum laufenden
Reformprozess bekannt und bekräftigt, dass sie ihre fi-
nanziellen Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern
einhalte und angemessene Primärüberschüsse zur Her-
stellung der Schuldentragfähigkeit bereitstellen werde.
Diese Entscheidung der europäischen Institutionen
und der beteiligten Regierungen der Euro-Mitgliedstaa-
ten ist die Grundlage der heute im Deutschen Bundestag
zu treffenden Verlängerungsentscheidung. Hierbei sehen
wir, dass es – insbesondere dank der Haltung der Bun-
desregierung und des Bundesministers der Finanzen –
gelungen ist, entgegen den Forderungen der Regierung
der Hellenischen Republik für das laufende Programm
die bisherige Linie für die Bereitstellung von Finanzhil-
fen beizubehalten. Aus diesem Grund werden wir der
heute beantragten Verlängerung des bestehenden Pro-
gramms zustimmen.
Wir gehen hierbei davon aus, dass die Verlängerung
der Bereitstellungsfrist im Rahmen der bestehenden
Hilfsvereinbarung zwischen der Europäischen Finanzsta-
bilisierungsfazilität (EFSF) und Griechenland ausschließ-
lich dem erfolgreichen Abschluss des jetzt laufenden An-
passungsprogramms dient, in dieser Verlängerungszeit
jede unkonditionierte Brückenfinanzierung vermieden
wird und deshalb noch offene Auszahlungen erst erfol-
gen, wenn die vereinbarten Bedingungen zum erfolgrei-
chen Abschluss des Programms ausreichend erfüllt sind
und die in der von Griechenland jetzt vorgelegten Liste
enthaltenen Reformbereiche spezifiziert, unter anderem
durch einen Zeitplan ergänzt und dabei von den beteilig-
ten Institutionen auf die Vereinbarkeit mit dem heutigen
Programm überprüft werden, um eine ausreichende Er-
füllung der Programmbedingungen und einen erfolgrei-
chen Abschluss der laufenden Programmüberprüfung zu
ermöglichen.
Anlage 9
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel,
Norbert Müller (Potsdam), Dr. Alexander S.
Neu, Katrin Werner (alle DIE LINKE) zur na-
mentlichen Abstimmung über den Antrag des
Bundesministeriums der Finanzen: Finanzhil-
fen zugunsten Griechenlands; Verlängerung der
Stabilitätshilfe – Einholung eines zustimmenden
Beschlusses des Deutschen Bundestages nach
§ 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des
Stabilisierungsmechanismusgesetzes auf Ver-
längerung der bestehenden Finanzhilfefazilität
zugunsten der Hellenischen Republik (Zusatz-
tagesordnungspunkt 4)
Wir haben uns bei der Abstimmung über den Antrag
der Bundesregierung zur Verlängerung der Stabilitäts-
hilfe für Griechenland enthalten. Unser Abstimmungs-
verhalten beruht auf folgenden Erwägungen:
Die neue vom Linksbündnis Syriza geführte griechi-
sche Regierung ist eine riesige Chance nicht nur für das
massiv unter der von der Troika verordneten Kürzungs-
8500 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
politik leidende Griechenland, sondern für ganz Europa.
In Griechenland wird der Kurs zur Beendigung des Kür-
zungsdiktats in einer Umfrage nach der Wahl von einer
überwältigenden Mehrheit von 80 Prozent der griechi-
schen Bevölkerung unterstützt.
Die Bilanz von Merkels Kürzungsdiktat ist auch für
die europäischen und deutschen Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler vernichtend. Griechenland war bereits 2010
vor dem ersten sogenannten Hilfspaket überschuldet.
Trotzdem wurden Banken, Hedgefonds und andere pri-
vate Gläubiger mit öffentlichen Mitteln herausgekauft.
Nun liegen etwa 80 Prozent der Forderungen gegenüber
Griechenland bei den Rettungsschirmen bzw. der öffent-
lichen Hand. Die Griechenland-Kredite kamen zu etwa
90 Prozent nie in Athen an. Sie dienten stattdessen der
Befriedigung des Schuldendienstes und flossen an den
Finanzsektor. Durch das Kürzungsdiktat der Troika ist
die griechische Wirtschaftskraft um 25 Prozent einge-
brochen und die Schuldenquote in der Folge von etwa
109 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, BIP, in 2008 auf
über 170 Prozent des BIP explodiert. Nur durch einen
Kurswechsel der bisherigen Krisenpolitik um 180 Grad
lässt sich ein möglichst großer Teil des Geldes aus den
sogenannten Hilfskrediten zurückbekommen.
Genau für einen solchen Kurswechsel steht die neue
griechische Regierung von Ministerpräsident Alexis
Tsipras. Daher ist es ausdrücklich auch aus der Sicht
der deutschen Bevölkerung zu begrüßen, dass er in den
Verhandlungen mit der von der Bundesregierung ange-
führten Euro-Gruppe erste Erfolge verbuchen konnte:
Die Kürzungskeule eines 3-prozentigen Primärüber-
schusses für dieses Jahr ist vom Tisch, und die Europäi-
sche Zentralbank hat zunächst durch die Verlängerung
der Stabilitätshilfe den Geldhahn für die griechischen
Banken nicht zugedreht. Das ist ein Anfang.
Im heute dem Bundestag zur Abstimmung vorliegen-
den Antrag macht die Bundesregierung aber unzweifel-
haft deutlich, dass sie die bisherige Erpressungspolitik
gegenüber Griechenland nahtlos weiterbetreiben will.
Erstens muss sich, wie im Antrag der Bundesregierung
ausgeführt, die Regierung in Athen von den Institutionen
sämtliche zukünftigen Maßnahmen genehmigen lassen.
Zweitens bleibt das unsägliche Kürzungsprogramm, auf
dessen Grundlage das Land in den letzten Jahren ins
Elend getrieben wurde, nach Ansicht der Bundesregie-
rung unberührt bestehen. Drittens wird der finanzielle
Spielraum der griechischen Regierung nicht erhöht.
Denn der Antrag der Bundesregierung unterstreicht, dass
kein einziger Euro fließt, bis das Troikadiktat aus Sicht
der Institutionen in den nächsten Wochen erfolgreich ab-
gearbeitet wird. Viertens gibt es zudem kein Entgegen-
kommen hinsichtlich der untragbaren Schuldenlast Grie-
chenlands. Im Antrag der Bundesregierung steht
wörtlich: „Griechenland hat zudem sein klares Bekennt-
nis bekräftigt, allen finanziellen Verpflichtungen gegen-
über seinen Gläubigern vollständig und pünktlich nach-
zukommen.“
Vollkommen indiskutabel und zynisch ist zudem, dass
die Bundesregierung ihr Erpressungspotenzial dazu ge-
nutzt hat, um der griechischen Regierung in ihre Re-
formliste hineinzudiktieren, dass sie sicherzustellen hat,
dass „die Haushaltslage durch die Bekämpfung der hu-
manitären Krise nicht beeinträchtigt wird.“ All diese
Punkte legen der griechischen Regierung in einer Weise
Daumenschrauben an, dass der Erfolg ihrer Bemühun-
gen, die Krise zu bewältigen und gleichzeitig die huma-
nitäre Katastrophe in Griechenland abzuwenden, grund-
legend gefährdet wird.
Wir erklären uns mit der Syriza-Regierung solidarisch
und zollen ihrer hartnäckigen und mutigen Verhandlung
unter äußerst schweren Bedingungen unseren tiefen Re-
spekt. Der andauernden Erpressungsstrategie der Bun-
desregierung erteilen wir eine klare Absage. Das bedeu-
tet für uns, dass wir uns bei der heutigen Abstimmung
zum Antrag der Bundesregierung der Stimme enthalten.
Anlage 10
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Christine Buchholz, Inge
Höger, Ulla Jelpke (alle DIE LINKE) zur na-
mentlichen Abstimmung über den Antrag des
Bundesministeriums der Finanzen: Finanzhil-
fen zugunsten Griechenlands; Verlängerung der
Stabilitätshilfe – Einholung eines zustimmenden
Beschlusses des Deutschen Bundestages nach
§ 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des
Stabilisierungsmechanismusgesetzes auf Ver-
längerung der bestehenden Finanzhilfefazilität
zugunsten der Hellenischen Republik (Zusatz-
tagesordnungspunkt 4)
Wir stimmen heute gegen den Antrag des Bundes-
finanzministers Wolfgang Schäuble, weil er die griechi-
sche Regierung erpresst, den Schuldendienst an die Ban-
ken und die katastrophale Kürzungspolitik fortzusetzen.
Schäuble und die Troika tragen die Verantwortung für
das Verhandlungsergebnis, nicht die griechische Regie-
rung, die mit dem Rücken an der Wand steht. Die Troika
hat die Notlage der griechischen Bevölkerung ausge-
nutzt und mit erpresserischen Methoden den Handlungs-
spielraum der neu gewählten Regierung bei der Bekämp-
fung von Armut und sozialem Elend maximal eingeengt.
Sie sind nicht bereit, das demokratische Votum der grie-
chischen Wählerinnen und Wähler zu respektieren, die
die neoliberale Politik der Troika von IWF, EZB und EU
am 25. Januar abgewählt haben.
Erstens. Griechenland bekommt weiterhin Geld nur
gegen harte Auflagen, die von der Troika, dem Interna-
tionalen Währungsfonds, IWF, der Europäischen Zen-
tralbank, EZB, und der Europäischen Union vorgegeben
und kontrolliert werden. Denn die Bewertung der umge-
setzten Maßnahmen „obliegt den Institutionen“ – wie die
Troika nun genannt wird. Die griechische Regierung
musste sich verpflichten, keine „einseitigen“ Schritte zu
unternehmen.
Zweitens. Die EU zwingt Griechenland, den Schul-
dendienst an die europäischen Banken und Institutionen
zu bedienen, statt die humanitäre und soziale Katastro-
phe im Land zu bekämpfen. Die Gelder aus den bisheri-
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8501
(A) (C)
(D)(B)
gen „Rettungspaketen“ sind zu 96 Prozent in den Schul-
dendienst an die europäischen Banken zurückgeflossen.
Alle Haushaltsüberschüsse – auch jene, die durch die
Besteuerung der Reichen erzielt werden – sollen weiter-
hin automatisch in den Schuldendienst gehen.
Drittens. Alle Maßnahmen, die die humanitäre Kata-
strophe lindern sollen, stehen unter dem Vorbehalt der
Zustimmung durch die Troika, ebenso die Anhebung des
Mindestlohnes. Zynisch ist, dass die EU die griechische
Regierung gezwungen hat, zu unterschreiben, dass die
Bekämpfung der humanitären Krise zum Beispiel durch
Lebensmittelmarken „nicht die Haushaltslage beein-
trächtigen wird“.
Viertens. Die griechische Regierung wurde darauf
verpflichtet, keine laufenden Privatisierungen rückgän-
gig zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass „die
Lohnkosten im öffentlichen Dienst nicht steigen“. IWF
und EZB haben bereits angekündigt, dass sie die vier
Monate nutzen wollen, um die „Öffnung“ des staatlichen
Sektors für weitere Privatisierungen zu verhandeln.
Die Politik der Troika hat bereits zu einer humanitä-
ren Katastrophe geführt. Unter ihrem Druck mussten
zum Beispiel 40 Prozent der griechischen Krankenhäu-
ser schließen.
Solidarität mit der Bevölkerung in Griechenland und
mit der griechischen Regierung heißt für uns, maximalen
Druck auf der Straße, aber auch im Parlament auf
Merkel und Schäuble aufzubauen. Mit unserem Nein
zum vorliegenden Antrag von Schäuble und der Erpres-
sung durch die EU möchten wir die Solidarität mit Grie-
chenland und den Widerstand gegen Sozialkürzungen in
Griechenland und anderswo stärken. Eine wirkliche
Atempause für die griechische Bevölkerung wären ein
Schuldenschnitt und Kredite ohne neoliberale Auflagen.
Syriza ist es mit ihrem Wahlsieg gelungen, Millionen
von Menschen Hoffnungen auf ein Ende des Kürzungs-
diktats und auf soziale Verbesserungen zu machen. Sy-
riza hat eine Debatte über einen Kurswechsel in Europa
angestoßen. Daran arbeiten wir gemeinsam weiter. Zu-
sammen stehen wir vor der Herausforderung, die gesell-
schaftlichen Kräfteverhältnisse in Europa zu verändern.
Bereits im November 2012 haben wir das Griechen-
land-Paket abgelehnt. Aus denselben Gründen stimmen
wir heute erneut gegen die Auflagen, die an die Verlän-
gerung der Kredite gebunden sind.
Anlage 11
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Dr. Tobias Lindner, Tabea
Rößner (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
zur namentlichen Abstimmung über den An-
trag des Bundesministeriums der Finanzen: Fi-
nanzhilfen zugunsten Griechenlands; Verlänge-
rung der Stabilitätshilfe – Einholung eines
zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bun-
destages nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2
Nummer 2 des Stabilisierungsmechanismusge-
setzes auf Verlängerung der bestehenden Fi-
nanzhilfefazilität zugunsten der Hellenischen
Republik (Zusatztagesordnungspunkt 4)
Wir haben uns entschlossen, der Verlängerung des be-
stehenden Programms für Griechenland zuzustimmen.
Wir tun dies aus der festen Überzeugung, dass hierdurch
die notwendige Zeit geschaffen wird, damit Griechen-
land und seine europäischen Partner über die Konditio-
nen und Rahmenbedingungen für weitere, notwendige
Unterstützung sprechen können.
Die griechische Regierung selbst hat die Verlänge-
rung des Ende Februar auslaufenden Programms bean-
tragt und die von der Euro-Gruppe geforderte Liste mit
Reformmaßnahmen fristgerecht vorlegt. Die Europäi-
sche Kommission, die Europäische Zentralbank und der
Internationale Währungsfonds haben diese als belastba-
ren Beginn für einen erfolgreichen Abschluss der ausste-
henden Programmüberprüfung bewertet. Diese Verlän-
gerung ist notwendig, und sie ist richtig. Daher stimmen
wir der Verlängerung des laufenden Programms für
Griechenland zu.
Im Gegenzug für finanzielle Hilfen müssen die erfor-
derlichen Reformen umgesetzt werden, die Griechen-
land eine nachhaltige wirtschaftliche Zukunft eröffnen.
Mit der heutigen Zustimmung der Verlängerung werden
keine über die bereits beschlossenen Programme hinaus
gehenden Gelder freigegeben. Vielmehr wird das beste-
hende Reformpaket verlängert. Angesichts der weiterhin
dringend notwendigen Strukturreformen stimmen wir
der Verlängerung zu, ohne damit blind einen Freifahrt-
schein auszustellen. Die griechische Regierung muss
den eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung
beibehalten und die aufgezeigten Reformen zügig ange-
hen. Während der Verlängerung des Programms werden
Mittel aus diesem bestehenden Programm durch den
Deutschen Bundestag entsprechend den gesetzlichen Re-
gelungen nur dann freigegeben, wenn die Überprüfung
vereinbarter Reformmaßnahmen positiv abgeschlossen
wurde.
Griechenland kann durch die Verlängerung der Hilfen
weiterhin Mitglied der Euro-Zone und der Europäischen
Union bleiben. Ein Ausscheiden Griechenlands aus der
Währungsunion – ein Grexit, wie von Hardlinern in Tei-
len der CSU gefordert – wäre nicht nur für Griechenland
und die Euro-Zone wirtschaftlich verheerend, sondern
auch ein nicht zu kalkulierendes Risiko für das europäi-
sche Projekt.
Anlage 12
Erklärungen nach § 31 GO
zur namentlichen Abstimmung über den An-
trag des Bundesministeriums der Finanzen: Fi-
nanzhilfen zugunsten Griechenlands; Verlänge-
rung der Stabilitätshilfe – Einholung eines
zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bun-
destages nach § 3 Absatz 1 i.V.m. § 3 Absatz 2
Nummer 2 des Stabilisierungsmechanismusge-
setzes auf Verlängerung der bestehenden Fi-
8502 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
nanzhilfefazilität zugunsten der Hellenischen
Republik (Zusatztagesordnungspunkt 4)
Dorothee Bär (CDU/CSU): Im Rahmen der heuti-
gen namentlichen Abstimmung werde ich dem Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen, die Finanzhilfe-
fazilität für die Hellenische Republik um bis zu vier Mo-
nate zu verlängern – Bundestagsdrucksache 18/4079 –,
zustimmen.
Ich setze dabei voraus, dass diese Verlängerung der
Bereitstellungsfrist im Rahmen der bestehenden Hilfs-
vereinbarung zwischen der Europäischen Finanzstabi-
lisierungsfazilität, EFSF, und Griechenland ausschließ-
lich dem erfolgreichen Abschluss des jetzt laufenden
Anpassungsprogramms dient. In dieser Verlängerungs-
zeit muss jede unkonditionierte Brückenfinanzierung
vermieden werden, und deshalb dürfen noch offene Aus-
zahlungen erst erfolgen, wenn die im bestehenden Me-
morandum of Understanding und im Programm des IWF
festgeschriebenen Bedingungen zum erfolgreichen Ab-
schluss des Programms ausreichend erfüllt sind.
Weiterhin müssen die in der von Griechenland jetzt
vorgelegten Liste enthaltenen Reformbereiche spezifi-
ziert werden, besonders wichtig ist die Ergänzung durch
einen Zeitplan. Die Troika wird diese Liste auf Verein-
barkeit mit dem heutigen Programm überprüfen, um eine
ausreichende Erfüllung der Programmbedingungen und
einen erfolgreichen Abschluss der laufenden Programm-
überprüfung zu ermöglichen.
Ich erwarte, dass der erfolgreiche Abschluss dieser
Programmüberprüfung eine erneute Prüfung der Schul-
dentragfähigkeit mit einschließt mit dem Ziel, die Ge-
samtverschuldung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähi-
gen Stand abzusenken. Soziale Maßnahmen, die sich auf
die steuerlichen Einnahmen Griechenlands auswirken,
können deshalb nur in Abstimmung mit der Troika um-
gesetzt werden. Die vereinbarten Fiskalziele sind einzu-
halten.
Außerdem setze ich voraus, dass die Hellenische Re-
publik ihren Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber
ihren Gläubigern, einschließlich der Griechischen Darle-
hensvereinbarung von 2010 und des mit der EFSF ge-
schlossenen Kreditvertrages von 2012, rechtzeitig und
vollständig nachkommt. Nur so ist nach den Äußerungen
der griechischen Regierung das Vertrauensverhältnis ge-
genüber ihren europäischen Partnern wiederherzustellen.
Eine etwaige Anschlussvereinbarung für die Zeit
nach der nun gewährten viermonatigen Verlängerung mit
dem Ziel, den Marktzugang Griechenlands wiederherzu-
stellen, darf nur dann verhandelt werden, wenn die be-
stehenden Beteiligungsrechte der nationalen Parlamente
gewahrt sind.
Maik Beermann (CDU/CSU): Im Rahmen der heuti-
gen namentlichen Abstimmung werde ich nach reifli-
cher Überlegung und Abwägung dem Antrag des Bun-
desministeriums der Finanzen, Bundestagsdrucksache
18/4079, zustimmen, da sich der Antrag lediglich auf
eine technische Verlängerung des im März 2012 be-
schlossenen Finanzhilfeprogramms um bis zu vier Mo-
nate bezieht.
Ohne einen entsprechenden Beschluss durch uns als
Parlamentarier wäre das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 beendet, mit der Folge, dass die noch
offenstehende Tranche des EFSF-Programms, 1,8 Mil-
liarden Euro, und die Überweisung der SMP-Gewinne
aus dem Jahr 2014,1,9 Milliarden Euro, automatisch ver-
fallen wären.
Es handelt sich hierbei also nicht um ein neues Hilfs-
programm, wir verlängern nur das bestehende. Den
Griechen werden keine Schulden erlassen, und die grie-
chische Regierung muss in den kommenden Wochen
glaubhafte Strukturreformen entwickeln, die vor allem
finanziell tragfähig sind. Offene Auszahlungen werden
erst dann erfolgen, wenn die im bestehenden Memoran-
dum of Understanding und im Programm des IWF fest-
geschriebenen Bedingungen zum erfolgreichen Ab-
schluss des Programms ausreichend erfüllt sind. Dies ist
eines der Argumente, welches mich zu meiner Zustim-
mung bewogen hat.
Für mich ist ebenso wichtig, dass eine erneute Prü-
fung der Schuldentragfähigkeit mit dem Ziel, die Ge-
samtverschuldung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähi-
gen Stand abzusenken, erfolgt. Soziale Maßnahmen mit
fiskalischen Auswirkungen können deshalb nur in Ab-
stimmung mit der Troika umgesetzt werden. Die verein-
barten Fiskalziele müssen vonseiten Griechenlands ein-
gehalten werden. Einen erneuten Schuldenschnitt lehne
ich ab!
Auch muss Griechenland seinen Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber seinen Gläubigern, einschließ-
lich der griechischen Darlehensvereinbarung von 2010
und des mit der EFSF geschlossenen Kreditvertrages
von 2012, rechtzeitig und vollständig nachkommen.
Die nun viermonatige Verlängerung soll zudem ge-
nutzt werden für Beratungen über ein mögliches Nach-
folgeprogramm. Verhandlungen über eine etwaige An-
schlussvereinbarung für die Zeit nach der viermonatigen
Verlängerung können nur geführt werden, wenn die be-
stehenden Beteiligungsrechte der nationalen Parlamente
gewahrt sind.
Dank des Vorgehens unseres Finanzministers Schäuble
hat die von Syriza angeführte neue griechische Regie-
rung eingesehen, dass die Unterstützung der europäi-
schen Partner an Bedingungen geknüpft ist und dass es
ohne diese Bedingungen keine weitere Unterstützung
geben kann.
Aus meiner Sicht muss sichergestellt sein, dass erst
dann wieder Hilfsgelder nach Griechenland fließen,
wenn die letzte Überprüfung des verlängerten Pro-
gramms erfolgreich abgeschlossen ist. Das gilt sowohl
für die letzte noch ausstehende EFSF-Kredittranche von
1,8 Milliarden Euro als auch für die Überweisung der
Gewinne, welche die nationalen Zentralbanken des
Euro-Systems mit griechischen Staatsanleihen machen,
„SMP-Gewinne“. Aus dem Gewinn der Bundesbank
flossen über den Bundeshaushalt 2013 dadurch 599 Mil-
lionen Euro nach Griechenland, aus 2014 stehen noch
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8503
(A) (C)
(D)(B)
532 Millionen Euro zur Verfügung, für 2015 sind
412 Millionen Euro vorgesehen.
Wenn die griechische Regierung seriös und ernsthaft
den bisherigen Reformprozess fortsetzt, kann Griechen-
land aus meiner Sicht auch weiterhin auf die solidari-
sche Unterstützung Europas zählen. Sollte die griechi-
sche Regierung durch die Vorlage der konkretisierten
Reformagenda oder durch ihr jetziges Verhalten aller-
dings deutlich machen, dass kein ernsthaftes Interesse
an der Fortführung des Anpassungsprozesses besteht,
werde ich mich dafür einsetzen, dass auch im Interesse
der Europäischen Gemeinschaft die Finanzhilfen unver-
züglich zu beenden sind.
Die Europäische Union im Allgemeinen und die euro-
päische Währungsunion im Besonderen werden sich
dauerhaft nur dann erfolgreich behaupten können, wenn
feste Regeln gelten, die die Stabilität sicherstellen.
Ich bin nicht der Meinung, dass Griechenland Sonder-
rechte eingeräumt werden sollten. Denn dies würde For-
derungen weiterer Euro-Gruppenmitglieder nach Son-
derregelungen nach sich ziehen. Wenn die bestehenden
Regelungen für Griechenland nicht mehr gelten, werden
EU-Mitgliedstaaten auch bei der Frage der Einhaltung
der Maastricht-Kriterien und den länderspezifischen
Empfehlungen Sonderrechte einfordern.
Eine derartige Entwicklung, die mit dem Interesse der
europäischen und deutschen Steuerzahler nicht zu ver-
einbaren wäre, muss unbedingt verhindert werden. Des-
halb lehne ich eine nicht ausreichend konditionierte Fi-
nanzhilfe – sollte diese zukünftig ein Thema werden –
ab!
Die Gegenleistung, die alle von den Griechen erwar-
ten, besteht darin, dass sie den begonnenen Reformpro-
zess fortsetzen und vertiefen, gemeinsam mit den euro-
päischen Partnern und eng begleitet von der Troika –
unter welchem Namen auch immer. Aus meiner Sicht
kommt es nun auf eine Mischung aus Strukturreformen,
Finanzsektorstabilisierung und sozialer Ausgewogenheit
an. Ich werde genau beobachten, ob Griechenland seinen
Reformanstrengungen nachkommt. Um es noch einmal
klarzustellen: Meine Zustimmung zur Verlängerung des
zweiten Hilfspaketes ist keine Zustimmung zu einem
neuen dritten Hilfspaket für Griechenland – beide Seiten
müssen die vereinbarten Spielregeln einhalten.
Veronika Bellmann (CDU/CSU): Ich kann dem vor-
liegenden Antrag des Bundesministeriums für Finanzen
„Finanzhilfen zugunsten Griechenland, Verlängerung
der Stabilitätshilfe“ nicht zustimmen. Damit befinde ich
mich in der logischen Abfolge meines bisherigen Ab-
stimmungsverhaltens zu vorherigen Griechenlandhilfen.
Dem ersten Paket hatte ich noch zugestimmt, dem zwei-
ten nicht mehr.
Die uns noch beim ersten Griechenlandprogramm
versprochene Schaffung von Staatsinsolvenzregeln wurde
nie ernsthaft angegangen. Dadurch gibt es ein ständiges
Erpressungspotenzial seitens Griechenlands gegenüber
den Mitgliedstaaten des Euro-Raums und auch der Bun-
desregierung gegenüber dem Parlament.
Ich teile die Rechtsauffassung nicht, dass der Antrag
auf Verlängerung der Stabilitätshilfe lediglich eine Ver-
längerung der vertraglichen Vereinbarungen um vier
Monate sei. Es ist keine Verlängerung, sondern eine Ver-
änderung des Programms in sehr wesentlichen Teilen.
Die letzte Verlängerung – auf Antrag der vormaligen
griechischen Regierung unter Andonis Samaras – ist
kaum mehr als zwei Monate alt. Sie hatte den Zweck,
Zeit für die in der Finanzierungsvereinbarung vorgese-
hene Umsetzung der noch ausstehenden Reformschritte
zu schaffen. Die neue beantragte Verlängerung um vier
Monate durch die neue griechische Regierung unter Ale-
xis Tsipras wird aber benötigt, um bestimmte Reformen,
zu denen sich die Vorgängerregierung verpflichtet hatte,
nicht durchzuführen oder sogar rückgängig zu machen.
Die vorliegenden Texte seitens der griechischen Re-
gierung sind außerdem von einer, wie der griechische
Finanzminister selbst sagt, „sehr auffälligen und kon-
struktiven Zweideutigkeit“. Die „hybriden“ Verhand-
lungstaktiken der Griechen vermitteln weder Vertrauen,
Verlässlichkeit oder gar Glaubwürdigkeit. Es war bisher
ungeschriebenes Gesetz auch im Euro-Raum, dass bei
allen Kontroversen eben Vertragstreue auch heißt, ein
vernünftiges Verhalten während der Vertragsverhandlun-
gen an den Tag zu legen. Die neue griechische Regie-
rung hat sich weder vor, während noch nach den Ver-
handlungen daran gehalten.
Eine modifizierte Verlängerung des Programms löst
nicht die ökonomischen Probleme des Landes wie man-
gelnde Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftskraft, feh-
lende stabile und effiziente Verwaltungsstrukturen vor
allem in Finanz- und Steuerwesen sowie die Modernisie-
rung von Justiz- und Bildungswesen.
Ich fürchte, dass Griechenland unter den jetzigen Be-
dingungen auf Dauer nicht mehr in der Euro-Zone blei-
ben kann. Griechenland wurde durch den Euro zu teuer.
Billiger und wieder wettbewerbsfähig zu werden, geht
nur durch einen Austritt aus dem Währungsverbund und
eine Abwertung der Drachme.
Ein geordneter Euro-Austritt wäre ebenso auszuhan-
deln wie ein Schuldenmoratorium und ein Hilfsprogramm
für die Übergangszeit zur Abmilderung von Preissteige-
rungen bei lebensnotwendigen Produkten und Dienst-
leistungen. Wenn der Drachmekurs sein Gleichgewicht
gefunden hat, sollte durchaus eine Rückkehr in den
Euro-Raum wieder möglich sein.
Die Fortsetzung von Rettungsprogrammen und die
Kredite der anderen Staaten verhindern die dringend not-
wendige Preisanpassung. Sie schieben den Zeitpunkt der
Insolvenz zwar hinaus, können die Insolvenz aber nicht
verhindern. Für den europäischen Steuerzahler entstehen
noch höhere Lasten. Wir Deutsche stehen mit circa
92 Milliarden Euro bereits jetzt schon in der Pflicht. Die
Massenarbeitslosigkeit in Griechenland würde weiter
steigen. Sie ist heute schon doppelt so hoch wie vor fünf
Jahren, obwohl sich die Schulden Griechenlands bei der
Europäischen Zentralbank und der Staatengemeinschaft
inzwischen verfünffacht haben und jetzt bei 263 Milliar-
den Euro und 143 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung
8504 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
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liegen. Die bisherige Rettungspolitik hat für Griechen-
land versagt. Dass ist einerseits dem Unwillen und Un-
vermögen der Griechen und andererseits dem Aufbau
der Rettungspolitik wider alle ökonomischen Grundre-
geln geschuldet.
Es ist heute Konsens, dass im Falle der Insolvenz
Griechenlands mit keinen erheblichen Erschütterungen
mehr zu rechnen wäre. Banken anderer Euro-Staaten ha-
ben nicht mehr in griechische Staatsanleihen investiert,
sodass keine Bankpleiten in anderen Staaten drohen.
Neue Hilfspakete für Griechenland sind nicht mehr not-
wendig, um die Finanzstabilität der Euro-Zone zu si-
chern.
Auch der Rest der Euro-Zone dürfte von einem „Gre-
xit“ profitieren. Zwar wären die Hilfsgelder verloren,
aber das sind sie auch, wenn Griechenland im Euro-
Raum bleibt. Der „Grexit“ hätte aber einen großen Vor-
teil: Er diszipliniert all die Länder, die ihren Reformkurs
lieber heute als morgen beenden würden. Die Chance,
aus der Währungsunion doch noch eine Stabilitätsunion
zu machen, würde steigen. Jetzt ist genau das entstan-
den, was die Väter und Mütter der Währungsunion nie
wollten: eine Haftungs-, Schulden- und Transferunion.
Zu deren Verfestigung möchte ich mit meiner Stimme
nicht beitragen. Deshalb lehne ich den vorliegenden An-
trag ab.
Klaus Brähmig (CDU/CSU): Im Rahmen der heuti-
gen namentlichen Abstimmung werde ich dem Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen, Bundestags-
drucksache 18/4079, zustimmen. Mit allem Nachdruck
weise ich aber darauf hin, dass mit meiner Zustimmung
kein irgendwie gearteter Verzicht auf die vertraglichen
Verpflichtungen Griechenlands verbunden ist. Die grie-
chische Regierung darf die Zustimmung insbesondere
nicht als Selbstläufer für eine unkonditionierte griechi-
sche Schuldenpolitik verstehen.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem
Antrag des Bundesfinanzministers bezieht sich lediglich
auf eine technische Verlängerung des im März 2012 be-
schlossenen Finanzhilfeprogramms um bis zu vier Mo-
nate. Ohne einen entsprechenden Beschluss des Deut-
schen Bundestages wäre das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 beendet, mit der Folge, dass die noch
offenstehende Tranche des EFSF-Programms, 1,8 Mil-
liarden Euro, und die Überweisung der SMP-Gewinne
– Anleihekaufprogramm der EZB – aus dem Jahr 2014,
1,9 Milliarden Euro, automatisch verfallen.
Entgegen den Ausführungen verschiedenster Medien-
vertreter handelt es sich nicht um ein neues Programm.
Durch den Beschluss wird auch kein „frisches Geld“ zur
Verfügung gestellt. Dies ist derzeit auch überhaupt nicht
erforderlich, weil der staatliche Haushalt Griechenlands
bis Juli 2015 durchfinanziert ist – vorausgesetzt, dass
sich die infolge des Regierungswechsels in Griechenland
eingetretenen Steuerausfälle in überschaubaren Grenzen
halten. Eine Auszahlung der im laufenden Programm
noch vorgesehenen restlichen Mittel erfolgt nicht ohne
weiteres. Vielmehr müssen die EU-Kommission, die
EZB und der IWF – ehemals Troika, auf Wunsch der
griechischen Regierung jetzt in: „Die Institutionen“ um-
benannt – zustimmen. Eine Auszahlung kann im Übri-
gen nur nach einer Beteiligung des Deutschen Bundesta-
ges – zumindest des Haushaltsausschusses – erfolgen.
Damit ist zunächst festzustellen, dass der Beschluss
des Deutschen Bundestages keine spektakulären neuen
Maßnahmen umfasst, sondern lediglich eine Verlänge-
rung der Bereitstellungsfrist bedeutet.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages ist bei
der aktuellen Entwicklung dennoch keine Selbstver-
ständlichkeit. Der Chef der neuen griechischen Regie-
rung, Alexis Tsipras, hat bereits vor der griechischen
Parlamentswahl erklärt, dass er den in den vergangenen
Jahren eingeschlagenen Reformkurs verlassen werde.
Die Troika werde aus dem Land gefegt und Privatisie-
rungen gestoppt. Für den öffentlichen Dienst wurden
umfangreiche Wiedereinstellungen angekündigt, ebenso
Rentenerhöhungen und die Anhebung des Mindestlohns
sowie eine Schuldenkonferenz mit dem Ziel eines erheb-
lichen Schuldennachlasses. An die Hauptfinanzhilfever-
einbarung und die im Memorandum of Understanding,
MoU, aufgenommenen Verpflichtungen zur konkreten
Durchführung des Anpassungsprogramms fühle man
sich nicht gebunden. Man werde gegebenenfalls klagen.
Nach den ersten Umfragen, die in Griechenland eine
Syriza-geführte Regierung prognostizierten, verschlech-
terten sich die finanz- und wirtschaftspolitischen Para-
meter des Landes, die sich gerade erholt hatten, erheb-
lich. Die Zinssätze für Staatsanleihen haben mittlerweile
wieder Phantasiewerte erreicht und übertreffen die Zins-
sätze der über die EFSF bereitgestellten Mittel mehr als
um das Zehnfache. Es setzte eine massive Guthaben-
flucht von griechischen Konten in der Größenordnung
von über 30 Milliarden Euro ein. Bereits in den ersten
Tagen hat die griechische Regierung in rekordverdächti-
ger Zeit das Vertrauen in die Verlässlichkeit ihrer Politik
erschüttert. Auch die nicht koordinierte unprofessionelle
Vorgehensweise – sieht man einmal von den unvertret-
baren Beleidigungen Deutschlands und deutscher Spit-
zenpolitiker ab – dürfte zu einer erheblichen Belastung
des politischen Klimas beigetragen haben. Die unterneh-
merische Bereitschaft, in Griechenland zu investieren,
hat durch die Syriza-Anel-Regierung sehr gelitten.
Die beachtlichen Anpassungsbemühungen, die die
früheren griechischen Regierungen und das griechische
Volk bislang unternahmen, wurden quasi über Nacht um
Monate, wenn nicht Jahre, zurückgeworfen. Zwar war
auch bislang bei den Anpassungsprogrammen und der
Griechenlandhilfe der Erfolg nicht sichergestellt, Grie-
chenland befand sich aber insgesamt auf einem guten
Weg. Nach sechs Jahren der Rezession konnte erstmals
im Jahr 2014 ein Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent
erzielt werden. Für die Jahre 2015 und 2016 wurde ein
Wachstum von 2,5 Prozent und 3,6 Prozent prognosti-
ziert, das jetzt wieder in weite Ferne gerückt ist.
Ohne die gemeinsame Erklärung der Euro-Gruppe
vom 20. Februar 2015 mit dem Bekenntnis der griechi-
schen Regierung zu dem laufenden Reformprozess wäre
die Geschäftsgrundlage für eine weitere Finanzhilfe ent-
fallen. Die griechische Regierung bekräftigte hier, dass
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8505
(A) (C)
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sie ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber den
Gläubigern einhalte und angemessene Primärüber-
schüsse zur Herstellung der Schuldentragfähigkeit be-
reitstellen werde. Da die griechische Regierung die in
den bisherigen Verträgen gegebene Flexibilität nutzen
und auch die „soziale Fairness“ verbessern will, hängt
die Zustimmungsfähigkeit ganz maßgeblich davon ab,
ob die griechische Reformagenda das klare Bekenntnis
zur Fortsetzung des bisherigen Reformprogramms auch
trägt.
Die Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hat zu-
treffend festgestellt, dass die jetzt von der griechischen
Regierung vorgelegte Reformliste ausreichend sei, um
das Programm zu verlängern. Das klare Bekenntnis zu
dem Reformprogramm und eine schnelle und tatkräftige
Umsetzung fehle aber.
Griechenland muss in den nächsten Wochen eine rea-
listische und tragfähige Reformagenda vorlegen. Die
Auszahlungen der restlichen Beträge aus dem laufenden
Programm oder Verhandlungen über eine mögliche Fol-
gevereinbarung kommen nur dann in Betracht, wenn es
sich bei den Erklärungen der griechischen Regierung
nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, sondern Grie-
chenland den eingeschlagenen Anpassungsprozess fort-
führt. Luftbuchungen können nicht akzeptiert werden.
Auch ist es nicht vertretbar, wenn die griechische Regie-
rung neue Ausgaben – zum Beispiel Lebensmittelmar-
ken – mit erst langfristig zu erwartenden Einnahmen –
Korruptionsbekämpfung, verbesserte Steuererhebung,
nebst verbessertem Steuereinzug, Optimierung der öf-
fentlichen Verwaltung – „gegenrechnen“ will.
Wenn die griechische Regierung seriös und ernsthaft
den bisherigen Reformprozess fortsetzt, kann Griechen-
land auch weiterhin auf die solidarische Unterstützung
Europas zählen. Sollte die griechische Regierung durch
die Vorlage der konkretisierten Reformagenda, ihr weite-
res Verhalten oder gegenläufige Erklärungen aber deut-
lich machen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fort-
führung des Anpassungsprozesses besteht, ist im
europäischen Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe zu
beenden.
Derzeit steht nur Griechenland im Fokus des öffentli-
chen Interesses. Bei einer unkonditionierten Finanzhilfe
stünde aber für Europa als Ganzes viel auf dem Spiel.
Erstmals würde eine echte „Bail-Out-Union“ eingeführt
werden, also eine echte verlorene staatliche Finanzie-
rung eines EU-Mitglieds durch andere EU-Mitglieder.
Dies ist nach Artikel 125 AEUV verboten.
Die Europäische Union im Allgemeinen und die euro-
päische Währungsunion im Besonderen werden sich
dauerhaft nur dann erfolgreich behaupten können, wenn
feste Regeln gelten, die die Stabilität sicherstellen. Im-
mer wieder wird die Europäische Union als Werte- und
Schicksalsgemeinschaft bemüht. Gerne kann sich Grie-
chenland auf europäische Solidarität berufen, es muss
dann aber auch in den nächsten Monaten unter Beweis
stellen, dass es beim Thema Solidität der Staatsfinanzen
Ernst macht.
Sollten Griechenland bei den im Sommer anstehen-
den Verhandlungen Sonderrechte eingeräumt werden,
würden Forderungen weiterer Eurogruppenmitglieder
nach Sonderregelungen folgen. Wenn die bestehenden
Regelungen für Griechenland nicht mehr gelten, werden
andere EU-Mitgliedstaaten auch bei der Frage der Ein-
haltung der Maastricht-Kriterien und den länderspezifi-
schen Empfehlungen Sonderrechte einfordern: Was
folgt, ist ein Fass ohne Boden.
Eine derartige Entwicklung, die mit dem Interesse der
europäischen und deutschen Steuerzahler nicht zu ver-
einbaren wäre, muss unbedingt verhindert werden. Des-
halb werde ich eine nicht ausreichend konditionierte Fi-
nanzhilfe – sollte diese zukünftig ein Thema werden –
nicht akzeptieren. Nach eingehenden Gewissensprüfun-
gen werde ich dann eine Entscheidung treffen, ob wei-
tere Finanzhilfen noch vertretbar sind.
Abschließend weise ich darauf hin, dass meine Soli-
darität gegenüber Griechenland auch dann erschöpft ist,
wenn griechische Spitzenpolitiker und die griechische
Bevölkerung die verbalen Angriffe auf deutsche Spit-
zenpolitiker fortsetzen. Die kecke Forderung nach Repa-
rationsleistungen und die Dämonisierung „der Deut-
schen“ als wirtschaftliche Hegemonialmacht sind nicht
vereinbar mit der eingeforderten Solidarität. Die Be-
schimpfung und Schmähung des Hauptgläubigers sorgt
nicht für den nötigen Blick in den eigenen Spiegel. Ich
erwarte keine Unterwürfigkeit und keinen ständigen
Dank für solidarisches Handeln, aber ich erwarte, dass
das griechische Volk bei der Ursachensuche für die fi-
nanz-, wirtschafts- und staatspolitische Krise endlich be-
ginnt, mit sich selber und seinen politischen und wirt-
schaftlichen Eliten hart ins Gericht zu gehen.
Michael Brand (CDU/CSU): Ich werde dem Antrag
von Bundesfinanzminister Schäuble zustimmen. Es
stimmt zwar, dass man der neuen griechischen Regie-
rung nicht über den Weg trauen kann – die jüngsten Äu-
ßerungen des dortigen Finanzministers sind nicht part-
nerschaftlich, sondern polemisch und provokativ und im
Übrigen politisch zerstörerisch.
Umso mehr hat Gewicht, dass der deutsche Finanz-
minister und seine Kollegen in der Euro-Gruppe eine
verbindliche Zusage auch der neuen Mehrheit in Grie-
chenland erreicht haben, dass Griechenland entgegen
den Ankündigungen der Radikalen von links und rechts
im Wahlkampf nun doch keine Reform zurückdreht und
stattdessen weitere Reformen einleitet.
Für diese Abstimmung gilt: Es geht um nur vier Mo-
nate, danach wird das Thema Griechenland ohnehin neu
besprochen und verhandelt. Es geht hier nicht um ein
neues Hilfspaket, sondern um eine Fristverlängerung.
Wenn Griechenland Auflagen nicht erfüllt, werden nach
den beschlossenen Regeln die Kredite nicht ausgezahlt.
Klar ist für mich auch: Nach den vier Monaten gibt es
keinen Automatismus für ein neues Hilfspaket. Grie-
chenland war mit der Vorgängerregierung auf einem bes-
seren Weg, hin zu Wachstum, was Tsipras & Co durch
ihr völlig unseriöses und auch inkompetentes Programm
8506 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
riskiert haben. Diese Regierung aus Radikalen von links
und rechts bekommt sozusagen eine Galgenfrist, um Eu-
ropa und den IWF doch noch von ihrem Willen zu Re-
formen zu überzeugen. Ansonsten gibt es keine Kredite,
und der Austritt aus der Euro-Zone wäre dann die rich-
tige Konsequenz.
Zu den Voraussetzungen meiner Zustimmung heute
zählen unter anderem folgende bereits vereinbarte
Punkte, namentlich, dass erstens diese Verlängerung der
Bereitstellungsfrist im Rahmen der bestehenden Hilfs-
vereinbarung zwischen der Europäischen Finanzstabili-
sierungsfazilität, EFSF, und Griechenland ausschließlich
dem erfolgreichen Abschluss des jetzt laufenden Anpas-
sungsprogramms dient, zweitens in dieser Verlänge-
rungszeit jede unkonditionierte Brückenfinanzierung
vermieden wird und deshalb noch offene Auszahlungen
erst erfolgen, wenn die im bestehenden Memorandum of
Understanding und im Programm des IWF festgeschrie-
benen Bedingungen zum erfolgreichen Abschluss des
Programms ausreichend erfüllt sind, drittens die in der
von Griechenland jetzt vorgelegten Liste enthaltenen
Reformbereiche spezifiziert, unter anderem durch einen
Zeitplan ergänzt und dabei von der Troika auf die Ver-
einbarkeit mit dem heutigen Programm überprüft wer-
den, um eine ausreichende Erfüllung der Programmbe-
dingungen und einen erfolgreichen Abschluss der
laufenden Programmüberprüfung zu ermöglichen, vier-
tens der erfolgreiche Abschluss dieser Programmüber-
prüfung eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit
mit einschließt, mit dem Ziel, die Gesamtverschuldung
bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen Stand abzusen-
ken – soziale Maßnahmen mit fiskalischen Auswirkun-
gen können deshalb nur in Abstimmung mit der Troika
umgesetzt werden, die vereinbarten Fiskalziele sind ein-
zuhalten –, fünftens die Hellenische Republik ihren
Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber ihren Gläubi-
gern, einschließlich der griechischen Darlehensvereinba-
rung von 2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kre-
ditvertrages von 2012, rechtzeitig und vollständig
nachkommt, sechstens Verhandlungen über eine etwaige
Anschlussvereinbarung für die Zeit nach der viermonati-
gen Verlängerung mit dem Ziel, den Marktzugang Grie-
chenlands wieder herzustellen, nur geführt werden,
wenn die bestehenden Beteiligungsrechte der nationalen
Parlamente gewahrt sind.
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Stimme für
Solidarität und vorsichtigen Optimismus.
Ich votiere bei der Abstimmung über die Kreditver-
einbarung für Griechenland dieses Mal mit Ja. Mit dieser
Entscheidung stimme ich ausdrücklich nicht dem Wür-
gegriff der EU und insbesondere Wolfgang Schäubles
restriktivem Kurs im Umgang mit Griechenland zu. Es
gibt auch gute Gründe mit Enthaltung zu stimmen, aber
diesmal überwiegen bei mir persönlich eine gewisse Zu-
versicht hinsichtlich der künftigen Schritte und der
Wunsch, mich mit der Syriza-geführten Regierung soli-
darisch zu zeigen. Dies möchte ich im Folgenden be-
gründen:
Dieses Paket gibt der neuen griechischen Regierung
mit unserer Schwesterpartei Syriza eine Atempause und
eine Chance, vieles besser und anders zu machen als bis-
herige Regierungen – es ist noch keine Kehrtwende, aber
ein Umsteuern, aus dem eine Wende werden kann. Ich
möchte Syriza mit meiner Zustimmung einen Vertrau-
ensvorschuss geben, wohl wissend, dass ihre derzeitigen
Möglichkeiten beschränkt sind. Denn natürlich ist uns
allen klar, dass der Handlungsspielraum der griechischen
Regierung – zumal unter diesem Zeitdruck – sehr gering
ist, weil sie weiterhin unter dem Diktat der strikten Vor-
gaben aus der EU steht, die ihr kaum Luft zum Atmen
lassen und kaum Möglichkeiten, vernünftig zu handeln.
Ich habe großen Respekt vor der aufrechten Haltung,
die die griechischen Regierungsvertreter in den Verhand-
lungen der letzten Tage gezeigt haben. Erstmals wird
wieder über Alternativen zur Austeritätspolitik gespro-
chen und breitere Kritik an den verheerenden Vorschrif-
ten der drei Institutionen geübt.
Ein erster Schritt, der die verhängnisvolle Kürzungs-
politik der letzten Jahre zum Stoppen kommen lässt, ist
mit diesem Paket getan, und er lässt mich vorsichtig op-
timistisch nach vorne blicken. Aus meiner Sicht beinhal-
tet die getroffene Vereinbarung diesmal einen Ansatz,
der nicht wie bisher den Banken zugutekommt sowie
nicht Arme und Mittelstand weiter belastet. Dies ist al-
lein das Verdienst der neuen griechischen Verhandler, of-
fensichtlich nicht das von Finanzminister Schäuble.
Ich halte die Vorschläge der griechischen Regierung
für vernünftig und glaubwürdig, die längst überfällige
Besteuerung der Reichen einzuleiten und effektive Maß-
nahmen gegen Korruption zu treffen. Die griechische
Bevölkerung braucht wieder eine Krankenversicherung
und Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Das
Geld muss endlich bei den Leuten ankommen, sonst hilft
es dem Land nicht auf die Beine.
Gitta Connemann (CDU/CSU): Ich stimme dem
Antrag des Bundesministeriums der Finanzen, die Fi-
nanzhilfefazilität für die Hellenische Republik um bis zu
vier Monate zu verlängern, zu.
Anders als in den Medien dargestellt geht es nicht um
ein neues Griechenland-Programm III. Heute geht es le-
diglich um eine technische Verlängerung des Finanzhil-
feprogramms, das im März 2012 beschlossen wurde –
um bis zu vier Monate.
Ohne einen entsprechenden Beschluss des Deutschen
Bundestages würde das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 enden. Dies hätte zur Folge, dass die
noch offenstehende Tranche des EFSF-Programms in
Höhe von 1,8 Milliarden Euro und die Überweisung der
SMP-Gewinne – Anleihekaufprogramm der EZB – aus
dem Jahr 2014 in Höhe von 1,9 Milliarden Euro automa-
tisch verfallen würden.
Durch den Beschluss wird also kein „frisches Geld“
zur Verfügung gestellt. Eine Auszahlung der im laufen-
den Programm noch vorgesehenen restlichen Mittel er-
folgt im Übrigen nur Zug um Zug. Die Troika aus der
EU-Kommission, der EZB und dem IWF müssen jeder
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8507
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(D)(B)
Auszahlung zustimmen. Diese Auszahlung muss dann
auch noch durch den Haushaltsausschuss des Deutschen
Bundestages genehmigt werden.
Der heutige Beschluss des Deutschen Bundestages
umfasst also keine spektakulären neuen Maßnahmen,
sondern bedeutet lediglich eine Verlängerung der Bereit-
stellungsfrist.
Deshalb werde ich heute zustimmen. Ich setze dabei
voraus, dass
a) diese Verlängerung der Bereitstellungsfrist im Rah-
men der bestehenden Hilfsvereinbarung zwischen der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF,
und Griechenland ausschließlich dem erfolgreichen
Abschluss des jetzt laufenden Anpassungsprogramms
dient,
b) in dieser Verlängerungszeit jede unkonditionierte
Brückenfinanzierung vermieden wird und deshalb
noch offene Auszahlungen erst erfolgen, wenn die im
bestehenden Memorandum of Understanding und im
Programm des IWF festgeschriebenen Bedingungen
zum erfolgreichen Abschluss des Programms ausrei-
chend erfüllt sind,
c) die in der von Griechenland jetzt vorgelegten Liste
enthaltenen Reformbereiche spezifiziert, unter an-
derem durch einen Zeitplan ergänzt und dabei von
der Troika auf die Vereinbarkeit mit dem heutigen
Programm überprüft werden, um eine ausreichende
Erfüllung der Programmbedingungen und einen er-
folgreichen Abschluss der laufenden Programm-
überprüfung zu ermöglichen,
d) der erfolgreiche Abschluss dieser Programmüberprü-
fung eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit
mit einschließt mit dem Ziel, die Gesamtverschul-
dung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen Stand
abzusenken. Soziale Maßnahmen mit fiskalischen
Auswirkungen können deshalb nur in Abstimmung
mit der Troika umgesetzt werden. Die vereinbarten
Fiskalziele sind einzuhalten.
e) die Hellenische Republik ihren Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, einschließ-
lich der Griechischen Darlehensvereinbarung von
2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kreditver-
trages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommt,
f) Verhandlungen über eine etwaige Anschlussvereinba-
rung für die Zeit nach der viermonatigen Verlänge-
rung mit dem Ziel, den Marktzugang Griechenlands
wiederherzustellen, nur geführt werden, wenn die be-
stehenden Beteiligungsrechte der nationalen Parla-
mente gewahrt sind.
Jutta Eckenbach (CDU/CSU): Am 24. Februar
2015 wurde ich im Rahmen der Fraktionssitzung der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion über den Antrag des
Bundesministeriums der Finanzen „Einholung eines zu-
stimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages
nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des
Stabilisierungsmechanismusgesetzes auf Verlängerung
der bestehenden Finanzhilfefazilität zugunsten der Hel-
lenischen Republik“ – Bundestagsdrucksache 18/4079 –
informiert.
Diesem Antrag habe ich nicht zugestimmt.
Nach den mir vorliegenden Informationen waren fol-
gende Aspekte für meine Entscheidung ausschlagge-
bend:
Anstelle des bislang für 2015 vereinbarten Primär-
überschusszieles von 3 Prozent des Bruttoinlandspro-
duktes, BIP, soll Griechenland für dieses Jahr nunmehr
auf einen „angemessenen“ Primärüberschuss verpflichtet
werden. Vor dem Hintergrund, dass die griechische Wirt-
schaftsleistung zwar nach sechs Jahren Rezession wieder
gewachsen ist, aber im letzten Quartal 2014 auch wieder
schrumpfte, ist für mich unverständlich, dass dies mit
dieser Aufweichung und der unbestimmten Festlegung
zu einer Stabilisierung beitragen soll. Es ist nicht nach-
vollziehbar und führt meines Erachtens zu einer Ein-
schränkung des Handlungsspielraums der Europäischen
Union.
Griechenland erhält seit Mai 2010 Kredithilfen in
Form bilateraler Hilfskredite der Euro-Staaten und des
IWF und seit März 2011 bis zum Jahr 2014 Kredithilfen
im Rahmen der „Griechenland-II-Rettungsschirme“ mit
einem Volumen von 163,7 Milliarden Euro, sodass sich
das Gesamthaftungsvolumen aller Hilfen auf circa
237 Milliarden Euro beläuft. Für Deutschland beläuft
sich der Haftungsanteil auf circa 56 Milliarden Euro.
Diese Hilfen wurden an Strukturreformen und eine
strenge Haushaltskonsolidierung gekoppelt.
Bereits im Dezember 2014 wurde die Laufzeit von
„Griechenland II“ schon einmal verlängert. Auch diese
Verlängerung war an Bedingungen geknüpft. Eine er-
neute Verlängerung setzt sich laut Bundestagsdrucksa-
che 18/4079 wieder zum Ziel, dass es zu einem „erfolg-
reichen Abschluss der laufenden Programmüberprüfung
auf Basis der bestehenden Vereinbarung“ kommt. Die
Reaktionen auf europäischer Ebene sind bislang verhal-
ten. Zwar stimmen die Entscheidungsträger zu, dies aber
nicht ohne ein großes „Aber“. So schrieb auch die Ge-
schäftsführende Direktorin des IWF, Christine Lagarde,
in ihrem Brief an den Euro-Gruppen-Vorsitzenden, dass
sie in manchen wichtigen Bereichen klare Bekenntnisse
zur Fortführung der Absichtserklärungen aus den Troika-
Berichten – Memorandum of Understanding, MoU –
vermisse, unter anderem das Rentensystem, die Verwal-
tungsreformen und die Privatisierungspolitik.
Selbst bisherige haushaltspolitische Erfolge musste
die griechische Regierung selbst korrigieren, als die
Steuereinnahmen im Januar 2015 um rund 23 Prozent
geringer ausfielen als erwartet.
Meines Erachtens müssen neue Überlegungen zum
Umgang mit der Finanzsituation in Griechenland ange-
dacht werden. Eine sich wiederholende und wohlwol-
lende Unterstützung seitens der Gläubiger gegenüber ei-
nem Schuldner, der kein Wohlverhalten erkennen lässt,
kann ich nicht mittragen.
8508 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU): Dem Antrag des
Bundesministeriums der Finanzen zu den „Finanzhilfen
zugunsten Griechenlands; Verlängerung der Stabilitäts-
hilfen“ werde ich bei der namentlichen Abstimmung am
Freitag, dem 27. Februar 2015, zustimmen, gebe jedoch
folgende persönliche Erklärung ab:
Meine Zustimmung erfolgt aufgrund der Tatsache,
dass mit der zur Abstimmung stehenden Fristverlänge-
rung der Programmüberprüfung keinerlei zusätzliche
Mittel bereitgestellt werden. Die Entscheidung verlän-
gert lediglich den Zeitraum, in welchem Griechenland
die bereits im März 2012 vereinbarten Bedingungen er-
füllen kann. Sie verhindert gleichzeitig ein sofortiges
Ende des bereits beschlossenen Hilfsprogramms und
bietet eine letzte Chance.
Ich setze bei meiner Zustimmung voraus, dass es in
der Zwischenzeit keine unkonditionierte Übergangsfi-
nanzierung geben wird und die ausstehende Tranche nur
ausgezahlt wird, wenn die im bestehenden Memoran-
dum of Understanding und im Programm des IWF fest-
geschriebenen Bedingungen zum erfolgreichen Ab-
schluss des Programms ausreichend erfüllt sind.
Die heutige Entscheidung nimmt in keiner Weise vor-
weg, wie zum Ende der Fristverlängerung am 30. Juni
2015 weiter verfahren wird. Sollte die bis dahin erfol-
gende Überprüfung ergeben, dass Griechenland den
heute gewährten Zeitaufschub nicht genutzt hat, um die
bestehenden Vorgaben ohne Abstriche zu erfüllen, wird
die letzte Tranche des laufenden Programms nicht aus-
gezahlt.
Mit meiner Zustimmung zum vorliegenden Antrag
verbinde ich außerdem die Erwartung, dass Verhandlun-
gen über eine etwaige Anschlussvereinbarung für die
Zeit nach der viermonatigen Verlängerung nur geführt
werden, wenn die bestehenden Beteiligungsrechte der
nationalen Parlamente gewahrt sind.
Ich kann auch deshalb zustimmen, weil die Bundesre-
gierung ihre feste Zusage gegeben hat, die mit Griechen-
land vereinbarten Vorgaben bei der Darlehensvereinba-
rung von 2010 und des mit der EFSF geschlossenen
Kreditvertrages von 2012 genauestens zu überwachen
und auf deren Einhaltung zu achten.
Zusätzlich zu diesen 2010 und 2012 gegebenen Zu-
sagen, zu deren Einhaltung sich die neue griechische Re-
gierung im Zuge des Verlängerungsantrags entgegen an-
derslautenden Verlautbarungen in griechischen Medien
verpflichtet hat, beinhalten die am Montag, dem 23. Fe-
bruar 2015 von Griechenland mitgeteilten Reformvorha-
ben weitere Zusagen.
Bei meiner Entscheidung habe ich Bedenken zurück-
gestellt, die sich aus Gestus und Kommunikationsinhalt
öffentlicher Auftritte des griechischen Finanzministers
Varoufakis für das Vertrauen in die Zuverlässigkeit grie-
chischer Verhandlungspartner ergeben, weil ich aus-
schließlich auf Sachargumente sowie die klare und be-
stimmte Positionierung der Bundesregierung bezüglich
der Überwachung vereinbarter Bedingungen abgestellt
habe.
Diese Tatsachen anerkennend sowie die an meine
Entscheidung geknüpften Erwartungen unterstreichend
kann und werde ich dem Antrag auf Fristverlängerung
zustimmen.
Ingo Gädechens (CDU/CSU): Vorbemerkung: Die
Staatsschuldenkrise in Europa war und ist die schwerste
Bewährungsprobe in der Geschichte der europäischen
Einigung. Ihre Überwindung ist eine große Herausforde-
rung. Viele Schritte wurden eingeleitet, um der hohen
Verschuldung einzelner Staaten und den strukturellen
Fehlern in der Konstruktion der Währungsunion Herr zu
werden. Die Politik der Bundesregierung unter Führung
von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel war und ist
richtig. Auf dem zähen und langwierigen Weg sind in
den vergangenen Jahren bereits einige Fortschritte er-
zielt worden: Die unkontrollierbaren Ansteckungsgefah-
ren in der Euro-Staatsschuldenkrise sind deutlich zu-
rückgegangen und viele betroffene Staaten, wie
beispielsweise Portugal, haben eine harte Reformpolitik
eingeschlagen und befinden sich auf einem guten Kurs.
Griechenland sollte diesem ermutigenden Beispiel wei-
terhin folgen und durch eine konsequente Reformpolitik
und einen ehrlichen Umgang mit seinen europäischen
Partnern seine Probleme lösen. Europäische Hilfe kann
es nur geben, wenn Griechenland auch zu einer ehrli-
chen Reformpolitik bereit ist. Im Folgenden möchte ich
daher meine persönliche Erklärung nach § 31 der Ge-
schäftsordnung des Deutschen Bundestages abgeben.
Zur Abstimmung: Im Rahmen der heutigen namentli-
chen Abstimmung werde ich dem Antrag des Bundes-
ministeriums der Finanzen, Bundestagsdrucksache 18/4079,
zustimmen. Mit allem Nachdruck weise ich darauf hin,
dass mit meiner Zustimmung kein irgendwie gearteter
Verzicht auf die vertraglichen Verpflichtungen Griechen-
lands verbunden ist. Die griechische Regierung darf die
Zustimmung insbesondere nicht als Selbstläufer für eine
unkonditionierte griechische Schuldenpolitik verstehen.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem
Antrag des Bundesfinanzministers bezieht sich lediglich
auf eine technische Verlängerung des im März 2012 be-
schlossenen Finanzhilfeprogramms um bis zu vier Mo-
nate. Ohne einen entsprechenden Beschluss des Deut-
schen Bundestages wäre das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 beendet, mit der Folge, dass die noch
offenstehende Tranche des EFSF-Programms, 1,8 Mil-
liarden Euro, und die Überweisung der SMP-Gewinne,
Anleihekaufprogramm der EZB, aus dem Jahr 2014,
1,9 Milliarden Euro, automatisch verfallen wären.
Entgegen den Ausführungen verschiedenster Medien-
vertreter handelt es sich nicht um ein neues Programm.
Durch den Beschluss wird auch kein „frisches Geld“ zur
Verfügung gestellt. Dies ist derzeit auch überhaupt nicht
erforderlich, weil der staatliche Haushalt Griechenlands
bis Juli 2015 durchfinanziert ist – vorausgesetzt, dass
sich die infolge des Regierungswechsels in Griechenland
eingetretenen Steuerausfälle in überschaubaren Grenzen
halten. Eine Auszahlung der im laufenden Programm
noch vorgesehenen restlichen Mittel erfolgt nicht ohne
Weiteres. Vielmehr müssen die EU-Kommission, die
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8509
(A) (C)
(D)(B)
EZB und der IWF – ehemals Troika, auf Wunsch der
griechischen Regierung umbenannt in „die Institutio-
nen“ – zustimmen. Eine Auszahlung kann im Übrigen
nur nach einer Beteiligung des Deutschen Bundestages
– zumindest des Haushaltsausschusses – erfolgen.
Damit ist zunächst festzustellen, dass der Beschluss
des Deutschen Bundestages keine spektakulären neuen
Maßnahmen umfasst, sondern lediglich eine Verlänge-
rung der Bereitstellungsfrist bedeutet. Die Zustimmung
des Deutschen Bundestages ist bei der aktuellen Ent-
wicklung keine Selbstverständlichkeit. Der Chef der
neuen griechischen Regierung – bestehend aus der links-
extremen Partei Syriza und der rechtsextremen Partei
Anel –, Alexis Tsipras, hat bereits vor der griechischen
Parlamentswahl erklärt, dass er den in den vergangenen
Jahren eingeschlagenen Reformkurs verlassen werde.
Die Troika werde aus dem Land gefegt, Privatisierungen
würden gestoppt. Für den öffentlichen Dienst wurden
umfangreiche Wiedereinstellungen angekündigt, ebenso
Rentenerhöhungen und die Anhebung des Mindestlohns.
Die griechische Regierung forderte eine Schuldenkonfe-
renz mit dem Ziel eines erheblichen Schuldennachlasses.
An die Hauptfinanzhilfevereinbarung und die im Memo-
randum of Understanding, MoU, aufgenommenen Ver-
pflichtungen zur konkreten Durchführung des Anpas-
sungsprogramms fühle man sich nicht gebunden. Man
werde gegebenenfalls klagen.
Nach den ersten Umfragen, die in Griechenland eine
Syriza-geführte Regierung prognostizierten, verschlech-
terten sich die finanz- und wirtschaftspolitischen Para-
meter des Landes erheblich. Die Zinssätze für Staatsan-
leihen haben mittlerweile Phantasiewerte erreicht und
übertreffen die Zinssätze der über die EFSF bereitge-
stellten Mittel um mehr als das Zehnfache. Es setzte eine
massive Guthabenflucht von griechischen Konten in der
Größenordnung von über 30 Milliarden Euro ein. Bereits
in den ersten Tagen hat die griechische Regierung in re-
kordverdächtiger Zeit das Vertrauen in die Verlässlich-
keit griechischer Politik erschüttert. Auch die nicht koor-
dinierte unprofessionelle Vorgehensweise – sieht man
einmal von der unvertretbaren Beleidigung Deutsch-
lands und deutscher Spitzenpolitiker ab – dürfte zu einer
erheblichen Belastung des politischen Klimas beigetra-
gen haben.
Die unternehmerische Bereitschaft, in Griechenland
zu investieren, hat durch die Syriza-Anel-Regierung sehr
gelitten. Die beachtlichen Anpassungsbemühungen, die
die früheren griechischen Regierungen und das griechi-
sche Volk bislang unternahmen, wurden quasi über
Nacht um Monate, wenn nicht Jahre, zurückgeworfen.
Zwar war auch bislang bei den Anpassungsprogrammen
und der Griechenland-Hilfe der Erfolg nicht sicherge-
stellt. Griechenland befand sich aber insgesamt auf ei-
nem guten Weg. Nach sechs Jahren der Rezession
konnte erstmals im Jahr 2014 ein Wirtschaftswachstum
von 1,0 Prozent erzielt werden. Für die Jahre 2015 und
2016 wurde ein Wachstum von 2,5 Prozent und 3,6 Pro-
zent prognostiziert, das jetzt in weite Ferne gerückt ist.
Ohne die gemeinsame Erklärung der Euro-Gruppe
vom 20. Februar 2015 mit dem Bekenntnis der griechi-
schen Regierung zu dem laufenden Reformprozess wäre
die Geschäftsgrundlage für eine weitere Finanzhilfe ent-
fallen. Die griechische Regierung bekräftigte hier, dass
sie ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber den
Gläubigern einhalte und angemessene Primärüber-
schüsse zur Herstellung der Schuldentragfähigkeit be-
reitstellen werde. Da die griechische Regierung die in
den bisherigen Verträgen gegebene Flexibilität nutzen
und auch die „soziale Fairness“ verbessern will, hängt
die Zustimmungsfähigkeit ganz maßgeblich davon ab,
ob die griechische Reformagenda das klare Bekenntnis
zur Fortsetzung des bisherigen Reformprogramms auch
trägt.
Die Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hat zu-
treffend festgestellt, dass die jetzt von der griechischen
Regierung vorgelegte Reformliste ausreichend sei, um
das Programm zu verlängern. Das klare Bekenntnis zu
dem Reformprogramm fehle aber.
Griechenland muss in den nächsten Wochen eine rea-
listische und tragfähige Reformagenda vorlegen. Die
Auszahlungen der restlichen Beträge aus dem laufenden
Programm oder Verhandlungen über eine mögliche Fol-
gevereinbarung kommen nur dann in Betracht, wenn es
sich bei den Erklärungen der griechischen Regierung
nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, sondern Grie-
chenland den eingeschlagenen Anpassungsprozess fort-
führt. Luftbuchungen können nicht akzeptiert werden.
Auch ist es nicht vertretbar, wenn die griechische Regie-
rung neue Ausgaben – zum Beispiel Lebensmittelmar-
ken – mit erst langfristig zu erwartenden Einnahmen
– Korruptionsbekämpfung, verbesserte Steuererhebung
nebst verbessertem Steuereinzug, Optimierung der öf-
fentlichen Verwaltung – „gegenrechnen“ will.
Wenn die griechische Regierung seriös und ernsthaft
den bisherigen Reformprozess fortsetzt, kann Griechen-
land auch weiterhin auf die solidarische Unterstützung
Europas zählen. Sollte die griechische Regierung durch
die Vorlage der konkretisierten Reformagenda, ihr weite-
res Verhalten oder gegenläufige Erklärungen aber deut-
lich machen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fort-
führung des Anpassungsprozesses besteht, wäre im
europäischen Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe
unverzüglich zu beenden.
Derzeit steht nur Griechenland im Fokus des öffentli-
chen Interesses. Bei einer unkonditionierten Finanzhilfe
stünde aber für Europa als Ganzes viel auf dem Spiel.
Erstmals würde eine echte „Bail-out-Union“ eingeführt
werden, also eine echte verlorene staatliche Finanzie-
rung eines EU-Mitglieds durch andere EU-Mitglieder.
Dies ist nach Artikel 125 AEUV verboten.
Die Europäische Union im Allgemeinen und die Eu-
ropäische Währungsunion im Besonderen werden sich
dauerhaft nur dann erfolgreich behaupten können, wenn
feste Regeln gelten, die die Stabilität sicherstellen. Soll-
ten Griechenland Sonderrechte eingeräumt werden, wür-
den Forderungen weiterer Euro-Gruppen-Mitglieder
nach Sonderregelungen folgen. Wenn die bestehenden
Regelungen für Griechenland nicht mehr gelten, werden
EU-Mitgliedstaaten auch bei der Frage der Einhaltung
der Maastricht-Kriterien und den länderspezifischen
8510 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
Empfehlungen Sonderrechte einfordern: ein Fass ohne
Boden.
Eine derartige Entwicklung, die mit dem Interesse der
europäischen und deutschen Steuerzahler nicht zu ver-
einbaren wäre, muss unbedingt verhindert werden. Des-
halb weise ich eine nicht ausreichend konditionierte Fi-
nanzhilfe – sollte diese zukünftig ein Thema werden –
mit aller Entschiedenheit zurück. Meine Zustimmung zu
künftigen Griechenland-Hilfen ist abhängig vom weite-
ren Reformwillen der griechischen Regierung.
Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU): Ich habe mir die
Entscheidung nicht leicht gemacht. Die Argumente der-
jenigen, die den Antrag ablehnen, sind gewichtig. Wa-
rum habe ich dem Antrag zugestimmt? Im Kern, weil es
sich lediglich um die – zeitlich begrenzte – Fortsetzung
eines bereits vereinbarten Finanzhilfeprogramms han-
delt.
Die Bereitstellungsfrist im Rahmen der bestehenden
Hilfsvereinbarung aus dem Jahr 2012 wird um vier Mo-
nate verlängert. Die vereinbarten Bedingungen gelten.
Dies ist insbesondere ein Verdienst des deutschen Fi-
nanzministers Dr. Wolfgang Schäuble. Ende Juni soll
das Programm abgeschlossen werden. Es handelt sich
also um kein zusätzliches Programm.
Das Prinzip der bisherigen Hilfe besteht darin, dass es
nur eine konditionierte Finanzhilfe ist. Wer für eine be-
grenzte Zeit finanzielle Hilfe erhält, muss Maßnahmen
ergreifen, um die Staatsverschuldung in den Griff zu be-
kommen. Es gilt: Wer zu hohe Schulden macht, kommt
um Anpassungen nicht herum. An diesem Prinzip darf
nicht gerüttelt werden. Eine unkonditionierte Hilfe darf
es nicht geben.
Wir dürfen ferner nicht dauerhaft im Regelfall für die
Schulden anderer Länder einstehen. Deshalb lehne ich
im Übrigen entschieden sogenannte Eurobonds ab. Wir
würden permanent für die Schulden, die andere machen,
haften, ohne dass wir die Politik, die zu diesen Schulden
führt, maßgeblich beeinflussen können – dies kann auf
Dauer nicht gut gehen. Die Menschen werden dies nicht
akzeptieren. Die Zustimmung der Bevölkerung zum eu-
ropäischen Integrationsprojekt würde schwinden, und
Europa könnte am Ende großen Schaden nehmen.
In den kommenden Wochen hat es Griechenland – bzw.
die dort gewählten Volksvertreter – in der Hand, den
künftigen Weg des Landes zu bestimmen. Entweder
Griechenland betreibt eine Politik, die ernsthaft darauf
abzielt, den Haushalt in Ordnung zu bringen, oder das
Land muss auf weitere deutsche Finanzhilfen verzichten.
Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Ich habe dem
Antrag des Bundesfinanzministeriums zur Verlängerung
der Stabilitätshilfen für Griechenland zugestimmt.
Meine Gründe für dieses Abstimmungsverhalten lau-
ten wie folgt:
Erstens. Ich verspreche mir von der Annahme dieses
Antrages nur eins: dass die neu gewählte griechische Re-
gierung Zeit gewinnt, um in Griechenland selbst die
Hoffnung auf soziale Reformen zu bestärken und die
griechische Bevölkerung zum aktiven Widerstand gegen
die Troika-Politik zu ermuntern. Aktiver Widerstand ge-
gen die Troika ist in ganz Europa notwendig. Soziale Be-
wegungen in Spanien, Portugal, Italien, Frankreich wer-
fen ihre Schatten voraus.
Zweitens. Ich bin zutiefst empört über das Vorgehen
der EU-Spitze und insbesondere der deutschen Politik
gegen die Länder des Südens. Nach Gutsherrenart hat
man die Bevölkerung Griechenlands von oben herab be-
handelt und vor der Troika strammstehen lassen. Diese
Politik ist mit den Wahlen in Griechenland gescheitert.
Die EU-Kommandowirtschaft wird auch in weiteren
Ländern abgewählt werden.
Drittens. Das Vorgehen der Troika gegen Griechen-
land hat dem europäischen Gedanken schweren Schaden
zugefügt. Die EU hätte dann eine Zukunftschance, wenn
sie demokratisch und sozial und friedfertig umgestaltet
wird. Dafür kämpft die Tsipras-Regierung in Griechen-
land ebenso wie die Linke in Deutschland.
Die griechische Regierung will Verpflegungsmarken
für die am meisten bedürftigen Menschen in Griechen-
land ausgeben. Darüber kann man vom hohen Ross deut-
scher Austeritätspolitik gut spotten. Aber ich erinnere
daran: Ein Liter Milch kostenlos für alle Kinder war das
Markenzeichen der Allende-Regierung in Chile. Gerade
weil ich in Griechenland, angesichts auch der griechi-
schen Geschichte, die Sorgen vor einem rechten Putsch
nicht verdrängen kann, erinnere ich an das Beispiel Al-
lende und hoffe, dass die Verpflegungsmarken für die
Ärmsten in Griechenland zu einem Markenzeichen der
sozialen Fürsorge der Tsipras-Regierung werden.
Nicole Gohlke (DIE LINKE): Ich werde dem soge-
nannten Hilfsprogramm für Griechenland, über das wir
heute im Bundestag abstimmen, nicht zustimmen.
Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht;
denn in der Tat: Das erste Mal ist nun eine linke Regie-
rung an der Aushandlung eines Pakets beteiligt, und an
manchen Stellen konnte die von Alexis Tsipras geführte
Regierung der Euro-Gruppe kleine Zugeständnisse, zu-
mindest in den Formulierungen, abtrotzen. Klar ist, dass
es Syriza innerhalb eines Monats nicht gelingen kann, all
das rückgängig zu machen, was die griechischen
Schwesterparteien der Großen Koalition, Pasok und Nea
Dimokratia, in den letzten Jahrzehnten an sozialen Ver-
werfungen herbeigeführt haben.
In der Summe überwiegen für mich in dem zu verab-
schiedenden Paket diejenigen negativen Fakten und Ar-
gumente, die wahrscheinlich vielen Bauchschmerzen be-
reiten. Das Programm trägt leider nach wie vor in großen
– für mich in zu großen – Teilen die Handschrift der
Troika. Ich befürchte die Fortsetzung der Austeritäts-
und Kürzungspolitik auf Kosten der griechischen Bevöl-
kerung; denn die Gewährung des neuen Kredits ist aber-
mals an viele völlig unsoziale und im Kern neoliberale
Bedingungen geknüpft: eine Absage an Lohn- und Ge-
haltssteigerungen im öffentlichen Dienst, ein Verbot der
Rekommunalisierung/Reprivatisierung, den Abbau von
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8511
(A) (C)
(D)(B)
sogenannten Wettbewerbshindernissen, die Förderung
von PPP-Projekten – Public Private Partnership –, die
beabsichtigte Anhebung von Mindestlöhnen nur in Ab-
stimmung mit den europäischen und internationalen In-
stitutionen, die Zusage, dass die Bekämpfung der huma-
nitären Krise die Haushaltslage nicht beeinträchtigt.
Die griechische Regierung musste sich zudem ver-
pflichten, alle Schulden pünktlich zurückzuzahlen und
alle Überschüsse – also auch mögliche Mehreinnahmen,
die durch eine gerechte Steuerpolitik entstehen – in den
Schuldendienst zu stecken. Die Aufsicht der Troika soll
weiterhin bestehen bleiben.
Mit meinem Abstimmungsverhalten möchte ich deut-
lich machen, dass ich den Weg insbesondere der deut-
schen Regierung nicht mitgehen kann, die die Notlage
der griechischen Regierung ausgenutzt hat, mit erpresse-
rischen Methoden den Handlungsspielraum der neu ge-
wählten Regierung bei der Bekämpfung von Armut und
sozialem Elend maximal eingeengt und somit dem von
der griechischen Bevölkerung gewünschten und in der
letzten Wahl deutlich gemachten Einstieg in einen Poli-
tikwechsel Steine in den Weg gelegt hat.
Nichtsdestotrotz bleibt bestehen: Der neuen griechi-
schen Regierung unter Alexis Tsipras ist es durch ihren
phänomenalen Wahlerfolg und die anschließenden Ver-
handlungen in den letzten Wochen gelungen, den Kurs
der Troika infrage zu stellen und eine neue Debatte um
einen Kurswechsel in der Austeritätspolitik endlich wie-
der möglich zu machen. Daran müssen wir gemeinsam
weiterarbeiten. Es muss jetzt mehr denn je heißen, die
gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse in Europa zu ver-
ändern.
Ursula Groden-Kranich (CDU/CSU): Von Beginn
der internationalen Finanz- und Staatsschuldenkrise an
war klar, dass Solidarität mit unseren europäischen Part-
nern keine Einbahnstraße ist. Daher war es aus meiner
Sicht sehr richtig und zwingend notwendig, dass Hilfe-
leistungen für Staaten, die in Notlage geraten sind,
grundsätzlich an Reformbedingungen geknüpft waren.
Das Beispiel Irland – aber auch Portugal – belegt, dass
dieser Ansatz richtig und zielführend war. Durch die
Übernahme von Garantien hat sich Deutschland in nicht
unerheblichem Umfang an der Stabilisierung Griechen-
lands beteiligt. Zur Erinnerung: Das Gesamtvolumen al-
ler Griechenland-Hilfen beträgt rund 237 Milliarden
Euro, wobei Deutschland für etwa 56 Milliarden Euro
haftet.
Grundsätzlich gilt, dass Verträge einzuhalten sind, al-
lerdings auch für uns.
Teil der Vereinbarung zwischen den europäischen
Partnern und Griechenland ist es, dass die Vertreter von
Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank
und Internationalem Währungsfonds die Umsetzung und
Einhaltung der vereinbarten Reformen überprüfen kön-
nen. Hierbei hat sich Griechenland zu einer umfassenden
Zusammenarbeit bereit erklärt. Nur auf dieser Grundlage
hat der Deutsche Bundestag seine Zustimmung zu den
bisherigen Hilfsmaßnahmen gegeben und im Dezember
2014 einer zweimonatigen Verlängerung zugestimmt.
Dieser Umstand war allen griechischen Parteien und
ihren Spitzenkandidaten im zurückliegenden Parlaments-
wahlkampf bekannt. Die Ankündigung, die Zusammenar-
beit mit den Vertretern der oben genannten Institutionen
zu beenden, kann daher nur als unrealistisches Wahlver-
sprechen verstanden werden. Die Überprüfungen sind
untrennbarer Bestandteil der Vereinbarung.
Durch ihre Politik hat die neue griechische Regierung
in den letzten Wochen sehr viel Vertrauen verspielt. Die
angekündigte Beendigung der Zusammenarbeit mit den
Institutionen, die Entlassung der Privatisierungsexper-
ten, die Wiedereinstellung von Beamten, kurzum: das
Zurückdrehen bisheriger Reformen, hatte katastrophale
Folgen – nicht nur für das Vertrauen, sondern auch für
die wirtschaftlichen Kennzahlen.
Ich habe größten Respekt vor den bisherigen Reform-
leistungen der Bürgerinnen und Bürger in Griechenland.
Ihnen wurde in den zurückliegenden Jahren sehr viel ab-
verlangt. Dies war notwendig, um die Auswirkungen fal-
scher politischer Entscheidungen in der Vergangenheit
zu korrigieren und die Sicherheit und Stabilität unserer
gemeinsamen Währung sicherzustellen. Die Erfolge der
Reformpolitik konnten sich sehen lassen. So ist die Wirt-
schaftsleistung im zweiten und dritten Quartal 2014 erst-
mals seit sechs Jahren wieder gestiegen. Das Bruttoin-
landsprodukt, BIP, stieg im Jahr 2014 gegenüber dem
Vorjahr um circa 0,6 Prozent. Deutliche Fortschritte
wurden ferner sowohl bei der Haushaltskonsolidierung
als auch bei den Arbeitsmarktzahlen erzielt. Die Arbeits-
losenquote sank von 27,5 Prozent 2013 auf 26,8 Prozent
2014. Auch weitere gesamtwirtschaftliche Indikatoren
entwickelten sich positiv. Nach Abschluss des laufenden
Reformprogramms stand gar eine Rückkehr Griechen-
lands an die internationalen Anleihemärkte in greifbarer
Nähe.
Diese Hoffnung hat sich nunmehr zerschlagen. Die
Politik der neuen griechischen Regierung hat zu erhebli-
chen Verwerfungen an den Anleihemärkten geführt.
Griechische Bürgerinnen und Bürger heben ihre Erspar-
nisse von den Bankkonten ab oder transferieren Geld ins
Ausland. Dies wiederum destabilisiert den Finanzsektor
des Landes.
Erst auf internationalen Druck hin hat sich die neue
griechische Regierung bereit erklärt, am vereinbarten
Reformprozess festzuhalten. Dieser müsse jedoch neu
ausgerichtet und neu bewertet werden. Ich bin dem Bun-
desminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble sehr
dankbar für seinen unermüdlichen Einsatz. Zuvorderst
ihm ist es zu verdanken, dass es auf europäischer Ebene
überhaupt zu Verhandlungsergebnissen mit unseren grie-
chischen Partnern gekommen ist. Dieser Erfolg ist umso
höher zu werten, als dass gerade er im Kreuzfeuer der
Kritik steht. Trotz des unsäglichen Verhaltens der Vertre-
ter der griechischen Regierung in Europa und gegenüber
Vertretern der EU sind auch diejenigen Staaten bereit,
einer Verlängerung zuzustimmen, die selbst große An-
strengungen unternommen haben, um ihr eigenes Haus-
haltsdefizit in den Griff zu bekommen, wie beispiels-
8512 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
weise Spanien und Portugal, oder selbst deutlich
geringere Mindestlöhne zahlen als Griechenland, bei-
spielsweise Slowenien.
Vor diesem Hintergrund werde ich mich nur aus Soli-
darität mit meiner Fraktion und allen anderen Euro-Län-
dern enthalten.
Astrid Grotelüschen (CDU/CSU): Mit dem Be-
schluss, den ich bei der Abstimmung im Bundestag am
Freitagmorgen unterstützen werde, wird die Frist für
Griechenland, die im Rettungsprogramm vereinbarten
Reformen umzusetzen, um weitere vier Monate verlän-
gert. Bis dahin werden keine weiteren Finanzhilfen an
Griechenland gewährt. Die letzte im Programm vorgese-
hene Hilfstranche von 3,7 Milliarden Euro (1,8 Milliar-
den Euro EFSF-Mittel und 1,9 Milliarden Euro aus den
Zinsgewinnen des Rettungsschirms) wird weiterhin
nicht ausgezahlt, bis die Troika zu einer positiven Be-
wertung der Reformbemühungen in Griechenland
kommt. Erfüllt die griechische Regierung diese Anfor-
derung bis Ende Juni 2015 nicht, wird es keine letzte
Hilfstranche geben.
Ich setze bei meiner Zustimmung voraus, dass
a) diese Verlängerung der Bereitstellungsfrist im Rah-
men der bestehenden Hilfsvereinbarung zwischen der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF)
und Griechenland ausschließlich dem erfolgreichen
Abschluss des jetzt laufenden Anpassungsprogramms
dient,
b) in dieser Verlängerungszeit jede unkonditionierte
Brückenfinanzierung vermieden wird und deshalb
noch offene Auszahlungen erst erfolgen, wenn die im
bestehenden Memorandum of Understanding und im
Programm des IWF festgeschriebenen Bedingungen
zum erfolgreichen Abschluss des Programms ausrei-
chend erfüllt sind,
c) die in der von Griechenland jetzt vorgelegten Liste
enthaltenen Reformbereiche spezifiziert, unter ande-
rem durch einen Zeitplan ergänzt und dabei von der
Troika auf die Vereinbarkeit mit dem heutigen Pro-
gramm überprüft werden, um eine ausreichende
Erfüllung der Programmbedingungen und einen er-
folgreichen Abschluss der laufenden Programmüber-
prüfung zu ermöglichen,
d) der erfolgreiche Abschluss dieser Programmüberprü-
fung eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit
mit einschließt mit dem Ziel, die Gesamtverschul-
dung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen Stand
abzusenken – soziale Maßnahmen mit fiskalischen
Auswirkungen können deshalb nur in Abstimmung
mit der Troika umgesetzt werden; die vereinbarten
Fiskalziele sind einzuhalten –,
e) die Hellenische Republik ihren Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, einschließ-
lich der Griechischen Darlehensvereinbarung von
2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kreditver-
trages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommt,
f) Verhandlungen über eine etwaige Anschlussvereinba-
rung für die Zeit nach der viermonatigen Verlänge-
rung mit dem Ziel, den Marktzugang Griechenlands
wiederherzustellen, nur geführt werden, wenn die be-
stehenden Beteiligungsrechte der nationalen Parla-
mente gewahrt sind.
g) Für eine Zustimmung gilt für mich die strategische
Dimension des Zusammenhaltens der Europäischen
Union. Deutschland muss ein Signal setzen, dass wir
auch in Krisenzeiten fest zu den Grundgedanken der
Europäischen Union und unseren Partnerländern ste-
hen, so die geltenden Vereinbarungen eingehalten
werden. Dies gilt umso mehr, als Deutschland wirt-
schaftlich vom Zusammenhalt in der EU profitiert.
Angesichts der bedrohlichen Entwicklungen im Osten
Europas ist das Zusammenstehen von Europäischer
Union und NATO unerlässlich.
Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): Ich stimme
dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen, die
Finanzhilfefazilität für die Hellenische Republik um bis
zu vier Monate zu verlängern, zu. Ich setze dabei voraus,
dass
a) diese Verlängerung der Bereitstellungsfrist im Rah-
men der bestehenden Hilfsvereinbarung zwischen der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF,
und der Hellenischen Republik ausschließlich dem er-
folgreichen Abschluss des jetzt laufenden Anpas-
sungsprogramms dient,
b) in dieser Verlängerungszeit jede unkonditionierte Brü-
ckenfinanzierung vermieden wird und deshalb noch
offene Auszahlungen erst erfolgen, wenn die im be-
stehenden Memorandum of Understanding und im
Programm des IWF festgeschriebenen Bedingungen
zum erfolgreichen Abschluss des Programms erfüllt
sind,
c) die im bestehenden Memorandum of Understanding
und im Programm des IWF festgeschriebenen Maß-
nahmen konsequent und rasch umgesetzt werden, um
die durch die Bildung der neuen griechischen Regie-
rung sich verschlechternden finanz- und wirtschafts-
politischen Parameter des Landes – unter anderem
starker Anstieg der Zinssätze für Staatsanleihen –
nachhaltig zu verbessern und die von der neuen grie-
chischen Regierung zu verantwortende Erschütte-
rung des Vertrauens in die Verlässlichkeit griechi-
scher Politik zu korrigieren,
d) die in der von der Hellenischen Republik jetzt vorge-
legten Liste enthaltenen Reformbereiche spezifiziert,
unter anderem um einen Zeitplan ergänzt und dabei
von der Troika auf die Vereinbarkeit mit dem heuti-
gen Programm überprüft werden, um eine ausrei-
chende Erfüllung der Programmbedingungen und ei-
nen erfolgreichen Abschluss der laufenden
Programmüberprüfung zu ermöglichen,
e) der erfolgreiche Abschluss dieser Programmüberprü-
fung eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit
mit einschließt mit dem Ziel, die Gesamtverschul-
dung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen Stand
abzusenken – soziale Maßnahmen mit fiskalischen
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8513
(A) (C)
(D)(B)
Auswirkungen können deshalb nur in Abstimmung
mit der Troika umgesetzt werden; die vereinbarten
Fiskalziele sind einzuhalten –,
f) die Hellenische Republik ihren Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, einschließ-
lich der Griechischen Darlehensvereinbarung von
2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kreditver-
trages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommt,
g) jede Finanzhilfe zugunsten der Hellenischen Republik
im europäischen Gemeinschaftsinteresse unverzüg-
lich zu beenden ist, wenn die neue griechische Regie-
rung den bisherigen Reformprozess, durch den nach
sechsjähriger Rezession im Jahr 2014 erstmals wieder
ein Wirtschaftswachstum erzielt werden konnte und
durch den für die Jahre 2015 und 2016 beachtliche
Wachstumsraten prognostiziert werden konnten, nicht
umgehend seriös fortsetzt.
Mark Hauptmann (CDU/CSU): Im Rahmen der
heutigen namentlichen Abstimmung stimme ich dem
Antrag des Bundesministeriums der Finanzen, Bundes-
tagsdrucksache 18/4079, nicht zu. Ich lehne eine Verlän-
gerung der Finanzhilfen für Griechenland aus folgenden
Gründen ab:
1. Bereits 2012 wurde eine ähnliche Diskussion im Rah-
men der Verabschiedung des zweiten Hilfspaktes für
Griechenland geführt. Damals wurde unterstrichen,
dass eine Verlängerung der Hilfen nur genehmigt
werden könnte, wenn Griechenland die dringend not-
wendigen Konsolidierungsmaßnahmen und Struktur-
reformen erfüllt. Die vergangenen Jahre haben aller-
dings gezeigt, dass die notwendigen Reformen von
der griechischen Regierung nicht mit der benötigten
Konsequenz umgesetzt wurden. Der Aufbau eines
funktionierenden Steuerwesens sowie eine gezielte
Bekämpfung der Korruption wurden in den letzten
Jahren verfehlt. Die neue Regierung Griechenlands
hat bereits bei Amtsantritt deutlich gemacht, dass sie
nicht bereit ist, die erforderlichen Maßnahmen umzu-
setzen.
2. Mit der Wiederaufblähung des Staatsapparats, der Er-
höhung des Mindestlohns, dem Stopp aller laufenden
Privatisierungsmaßnahmen und der verschleppten
Reform des Steuersystems sind die überschaubaren
Reformbemühungen der vergangenen Jahre hinfällig
geworden. Griechenland bewegt sich in die falsche
Richtung.
Als überzeugter Europäer und Anhänger der europäi-
schen Idee sehe ich dadurch den Zusammenhalt in der
Europäischen Union gefährdet. Wir dürfen nicht zu-
lassen, dass sich ein Land den schmerzhaften, aber
notwendigen Reformmaßnahmen und damit der Ver-
antwortung entzieht.
3. Einigen Mitgliedstaaten wurden im Zuge der Finanz-
krise harte Sparmaßnahmen auferlegt. Das stellte und
stellt für die Bevölkerung dieser Länder eine leidvolle
Erfahrung dar. Vor diesem Hintergrund sind ihre Er-
folge und Reformbemühungen besonders hervorzuhe-
ben. Wie im Falle Irlands oder Lettlands macht die
Rückkehr dieser Länder an die Finanzmärkte deut-
lich, dass Reformen in schwierigen Zeiten der richtige
Weg sind.
4. Der konsequente Dialog über die Notwendigkeit von
Reformen hat es der Bevölkerung ermöglicht, diese
Herausforderungen anzunehmen. Ich sehe es daher
persönlich mit großer Sorge, dass die griechische Re-
gierung ihre Bürger nicht in den Dialogprozess über
notwendige Veränderungen miteinbezieht und statt-
dessen unhaltbare sozialpolitische Verheißungen ver-
spricht.
5. Ich erachte die vorliegende Liste der griechischen Re-
gierung über die geplanten Reformen als unzuläng-
lich. Das Schreiben entbehrt einer gezielten program-
matischen Umsetzung und damit der benötigten
Konsequenz, die drängenden Herausforderungen tat-
sächlich anzugehen. Wie auch in den vorangegangen
Jahren bleiben die Reformversprechen vage und un-
bestimmt. Damit ist der vorgelegte Plan nichts anderes
als eine unverbindliche Zusammenfassung einzelner
Maßnahmen, die bereits in den vergangenen Jahren
mit Athen vereinbart wurden.
6. Die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands kann lang-
fristig nur durch einen Austritt aus dem Euro-Raum
und der Wiedereinführung einer eigenen Währung ge-
sichert werden. Damit hat das Land die Möglichkeit,
entsprechend dem eigenen Bedürfnis und ohne per-
manenten internationalen Druck, seine Wettbewerbs-
fähigkeit zu verbessern. Das muss bei unseren Ent-
scheidungen berücksichtigt werden.
7. Ein Entgegenkommen seitens der europäischen Ge-
meinschaft, ohne eine griechische Gegenleistung wird
nicht nur das Vertrauen der deutschen Bürgerinnen
und Bürger erschüttern, sondern auch das unserer eu-
ropäischen Nachbarn. Eine ungerechtfertigte Sonder-
stellung eines einzelnen Landes wird das Vertrauen
und die Freundschaft unter den europäischen Staaten
nachhaltig beeinträchtigen. Ich bin daher der persönli-
chen Überzeugung, dass wir das eigentliche Problem
mit der Fortführung der Finanzhilfen weiter in die Zu-
kunft verschieben.
8. Gegen den Willen der griechischen Regierung können
wir Griechenland nicht zu einem Wechsel seiner
Wirtschaftspolitik bewegen. Die Reformbemühungen
können vonseiten Deutschlands und Brüssels ledig-
lich unterstützt und begleitet werden. Die eigentliche
Entscheidung über den zukünftigen Weg Griechen-
lands kann nur die griechische Regierung treffen.
Mark Helfrich (CDU/CSU): Ich werde heute zum
zweiten Mal einer Verlängerung des zweiten Griechen-
land-Hilfsprogrammes zustimmen. Griechenland hat
dann insgesamt sechs Monate mehr Zeit erhalten, um
seine Verpflichtungen aus diesem Programm zu erfüllen.
Ich kann dem Antrag des Bundesministeriums der Fi-
nanzen nur deshalb zustimmen, weil damit keine neuen
Finanzzusagen verbunden sind und eine Auszahlung der
im laufenden Programm vorgesehenen restlichen Mittel
8514 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
nur erfolgt, sofern die ehemals als Troika bekannten
Institutionen und der Haushaltsausschuss des Deutschen
Bundestages zustimmen. Auch ist mit der Programmver-
längerung keine wesentliche materielle Absenkung der
Reformverpflichtungen der Hellenischen Republik ver-
bunden. Den Verlängerungszeitraum bis Ende Juni
verstehe ich als letztmalige Bewährungsprobe für Grie-
chenland. Bis dahin müssen die eingegangenen Reform-
verpflichtungen belegbar eingehalten bzw. umgesetzt
sein.
Die Bewährungsprobe umfasst für mich auch den bis-
lang kaum noch zu ertragenden Umgang(ston) der grie-
chischen Regierung mit ihren europäischen Partnern. Ich
gebe diese persönliche Erklärung ab, um mein heutiges
Abstimmungsverhalten zu begründen, aber auch eine
Messlatte für meine Entscheidungen bei zukünftigen
Abstimmungen zu Finanzhilfen für Griechenland zu do-
kumentieren.
Eine Zustimmung zu einer weiteren Verlängerung des
zweiten Griechenland-Hilfsprogramms schließe ich be-
reits heute aus.
Robert Hochbaum (CDU/CSU): Im Rahmen der
namentlichen Abstimmung stimme ich dem Antrag des
Bundesministeriums der Finanzen, Bundestagsdrucksa-
che 18/4079, zu.
Mit der Zustimmung des Deutschen Bundestages
wird lediglich die Frist für Griechenland, die im Ret-
tungsprogramm vereinbarten Reformen umzusetzen, um
weitere vier Monate verlängert.
Es geht nicht um ein neues Programm, und durch den
Beschluss wird auch kein „frisches Geld“ zur Verfügung
gestellt. Es wird vielmehr das bereits im März 2012 vom
Deutschen Bundestag beschlossene Finanzhilfeprogramm
für Griechenland zeitlich verlängert. Die in diesem Pro-
gramm vorgesehene dritte Hilfstranche von 3,7 Milliar-
den Euro – 1,8 Milliarden Euro EFSF-Mittel und
1,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen des Rettungsschir-
mes – wird weiterhin nicht ausgezahlt. Stattdessen wer-
den nun die von der griechischen Regierung vorgelegten
Reformvorhaben von der EU-Kommission, der EZB und
dem IWF – vormals Troika, jetzt Institutionen – auf Herz
und Nieren geprüft. Nur wenn diese Institutionen das
Reformpaket für fundiert und plausibel befinden und
sich die Euro-Gruppe dem anschließen kann, wird Grie-
chenland die letzte Tranche wirklich erhalten. Griechen-
land ist hier in der Bringschuld. Griechenland bekommt
kein Geld ohne Reformen.
Mit allem Nachdruck möchte ich darauf hinweisen,
dass die Zustimmung des Deutschen Bundestages be-
sonders aufgrund des jüngsten Verhaltens der neuen
griechischen Regierung keine Selbstverständlichkeit ist.
Insbesondere die stündlich neuen Äußerungen des grie-
chischen Finanzministers Varoufakis sind wenig hilf-
reich. Die Links-Rechts-Regierung Griechenlands stra-
paziert die Solidarität der europäischen Partner in
erheblichem Maße.
Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble war
maßgeblich daran beteiligt, die anderen Euro-Mitglieder
auf eine einheitliche und verbindliche Linie festzulegen.
Diese Linie macht deutlich, dass Griechenland ohne die
uneingeschränkte Fortsetzung der Reformen keine wei-
tere Hilfe erwarten kann. Für teure griechische Wahlver-
sprechen auf Kosten der Solidarität der anderen Euro-
Länder lässt das einheitliche Vorgehen der Euro-Partner
keinen Platz. Diese Botschaft ist auch bei der neuen grie-
chischen Links-Rechts-Regierung angekommen. Für
dieses Engagement und das Vertreten der Interessen der
deutschen und europäischen Steuerzahler danke ich un-
serem Bundesfinanzminister ausdrücklich. Er hat Grie-
chenland – mit seiner klaren Haltung und dem strikten
Einfordern von Reformmaßnahmen – aufgezeigt, dass
geltende Verträge einzuhalten sind, und zwar unab-
hängig davon, wer gerade ein Land regiert. Sollten Grie-
chenland Sonderrechte eingeräumt werden, würden
Forderungen weiterer Euro-Gruppen-Mitglieder nach
Sonderregelungen folgen. Wenn bestehende Regelungen
für Griechenland nicht mehr gelten, werden EU-Mit-
gliedstaaten auch bei Fragen der Maastricht-Kriterien
und den länderspezifischen Empfehlungen Sonderrechte
einfordern. Das wäre ein Fass ohne Boden. Nun liegt es
an Griechenland, mit eigenem Tun die Solidarität der
Euro-Partner zu erwidern.
Wie an Irland, Portugal und Spanien zu sehen ist,
funktioniert das Konzept der Euro-Rettung, welches die
Konsolidierung der Staatsfinanzen, gepaart mit Finanz-
hilfen, zum Inhalt hat. Auch Griechenland hatte unter
der früheren Regierung beachtliche Anpassungsbemü-
hungen unternommen, die ihre Früchte trugen. Nach
sechs Jahren der Rezession konnte erstmals im Jahre
2014 ein Wirtschaftswachstum von 1 Prozent erzielt
werden. Für die Jahre 2015 und 2016 wurde ein Wachs-
tum von 2,5 und 3,6 Prozent prognostiziert. Es gibt da-
her keinen Grund, an der Funktionsfähigkeit des Ret-
tungskonzepts zu zweifeln. Griechenlands aktuelles
Problem ist rein politischer Natur. Durch die Wahlver-
sprechen der neuen griechischen Regierung verschlech-
terten sich die finanz- und wirtschaftspolitischen Pa-
rameter erheblich. Die ursprünglich sehr positiven
Prognosen rücken in weite Ferne.
Für mich gibt es für die Konsolidierung der Staatsfi-
nanzen im Gleichschritt mit Finanzhilfen keine bessere
Alternative. Sollte die griechische Regierung aber kein
Interesse an der Fortsetzung des bisher erfolgreichen Re-
formprogramms haben, müssen die übrigen Euro-Mit-
glieder nach meinem Dafürhalten ihre Unterstützung
und Finanzhilfen für Griechenland unverzüglich einstel-
len.
Dr. Roy Kühne (CDU/CSU): Im Rahmen der heuti-
gen namentlichen Abstimmung werde ich dem Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen, Bundestags-
drucksache 18/4079, zustimmen.
Mit allem Nachdruck weise ich darauf hin, dass mit
meiner Zustimmung kein irgendwie gearteter Verzicht
auf die vertraglichen Verpflichtungen Griechenlands
verbunden ist. Die griechische Regierung darf die Zu-
stimmung insbesondere nicht als einen Selbstläufer für
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8515
(A) (C)
(D)(B)
eine unkonditionierte griechische Schuldenpolitik ver-
stehen.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem
Antrag des Bundesfinanzministers bezieht sich lediglich
auf eine technische Verlängerung des im März 2012 be-
schlossenen Finanzhilfeprogramms um bis zu vier Mo-
nate. Ohne einen entsprechenden Beschluss des Deut-
schen Bundestages wäre das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 beendet, mit der Folge, dass die noch
offenstehende Tranche des EFSF-Programms, 1,8 Mil-
liarden Euro, und die Überweisung der SMP-Gewinne
– Anleihekaufprogramm der EZB – aus dem Jahr 2014,
1,9 Milliarden Euro, automatisch verfallen wären.
Entgegen den Ausführungen verschiedenster Medien-
vertreter handelt es sich nicht um ein neues Programm.
Durch den Beschluss wird auch kein „frisches Geld“ zur
Verfügung gestellt. Dies ist derzeit auch überhaupt nicht
erforderlich, weil der staatliche Haushalt Griechenlands
bis Juli 2015 durchfinanziert ist – vorausgesetzt, dass
sich die infolge des Regierungswechsels in Griechenland
eingetretenen Steuerausfälle in überschaubaren Grenzen
halten. Eine Auszahlung der im laufenden Programm
noch vorgesehenen restlichen Mittel erfolgt nicht ohne
Weiteres. Vielmehr müssen die EU-Kommission, die
EZB und der IWF – ehemals Troika, auf Wunsch der
griechischen Regierung umbenannt in „Die Institutio-
nen“ – zustimmen.
Eine Auszahlung kann im Übrigen nur nach einer Be-
teiligung des Deutschen Bundestages – zumindest des
Haushaltsausschusses – erfolgen.
Damit ist zunächst festzustellen, dass der Beschluss
des Deutschen Bundestages keine spektakulären neuen
Maßnahmen umfasst, sondern lediglich eine Verlänge-
rung der Bereitstellungsfrist bedeutet.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages ist bei
der aktuellen Entwicklung keine Selbstverständlichkeit.
Der Chef der neuen griechischen Regierung, bestehend
aus der linksextremen Partei Syriza und der rechtsextre-
men Partei Anel, Alexis Tsipras, hat bereits vor der grie-
chischen Parlamentswahl erklärt, dass er den in den ver-
gangenen Jahren eingeschlagenen Reformkurs verlassen
werde. Die Troika werde aus dem Land gefegt, Privati-
sierungen würden gestoppt. Für den öffentlichen Dienst
wurden umfangreiche Wiedereinstellungen angekündigt,
ebenso Rentenerhöhungen und die Anhebung des Min-
destlohns. Die griechische Regierung forderte eine
Schuldenkonferenz mit dem Ziel eines erheblichen
Schuldennachlasses. An die Hauptfinanzhilfevereinba-
rung und die im Memorandum of Understanding, MoU,
aufgenommenen Verpflichtungen zur konkreten Durch-
führung des Anpassungsprogramms fühle man sich nicht
gebunden. Man werde gegebenenfalls klagen.
Bereits nach den ersten Umfragen, die in Griechen-
land eine Syriza-geführte Regierung prognostizierten,
verschlechterten sich die finanz- und wirtschaftspoliti-
schen Parameter des Landes erheblich. Die Zinssätze für
Staatsanleihen haben mittlerweile Phantasiewerte er-
reicht und übertreffen die Zinssätze der über die EFSF
bereitgestellten Mittel um mehr als das Zehnfache. Es
setzte eine massive Guthabenflucht von griechischen
Konten in der Größenordnung von über 30 Milliarden
Euro ein. Bereits in den ersten Tagen hat die griechische
Regierung in rekordverdächtiger Zeit das Vertrauen in
die Verlässlichkeit griechischer Politik erschüttert. Auch
die nicht koordinierte unprofessionelle Vorgehensweise
– sieht man einmal von der unvertretbaren Beleidigung
Deutschlands und deutscher Spitzenpolitiker ab – dürfte
zu einer erheblichen Belastung des politischen Klimas
beigetragen haben.
Die unternehmerische Bereitschaft, in Griechenland
zu investieren, hat durch die Syriza/Anel-Regierung sehr
gelitten. Die beachtlichen Anpassungsbemühungen, die
die früheren griechischen Regierungen und das griechi-
sche Volk bislang unternahmen, wurden quasi über
Nacht um Monate, wenn nicht Jahre, zurückgeworfen.
Zwar war auch bislang bei den Anpassungsprogrammen
und der Griechenland-Hilfe der Erfolg nicht sicher-
gestellt. Griechenland befand sich aber insgesamt auf
einem guten Weg. Nach sechs Jahren der Rezession
konnte erstmals im Jahr 2014 ein Wirtschaftswachstum
von 0,6 Prozent erzielt werden. Für die Jahre 2015 und
2016 wurde ein Wachstum von 2,9 Prozent und 3,8 Pro-
zent prognostiziert, das jetzt in weite Ferne gerückt ist.
Ohne die gemeinsame Erklärung der Euro-Gruppe
vom 20. Februar 2015 mit dem Bekenntnis der griechi-
schen Regierung zu dem laufenden Reformprozess wäre
die Geschäftsgrundlage für eine weitere Finanzhilfe ent-
fallen. Die griechische Regierung bekräftigte hier, dass
sie ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber den
Gläubigern einhalte und angemessene Primärüber-
schüsse zur Herstellung der Schuldentragfähigkeit be-
reitstellen werde. Da die griechische Regierung die in
den bisherigen Verträgen gegebene Flexibilität nutzen
und auch „soziale Fairness“ verbessern will, hängt die
Zustimmungsfähigkeit ganz maßgeblich davon ab, ob
die griechische Reformagenda das klare Bekenntnis zur
Fortsetzung des bisherigen Reformprogramms auch
trägt.
Die Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hat zu-
treffend festgestellt, dass die jetzt von der griechischen
Regierung vorgelegte Reformliste ausreichend sei, um
das Programm zu verlängern. Das klare Bekenntnis zu
dem Reformprogramm fehle aber.
Griechenland muss in den nächsten Wochen eine rea-
listische und nachvollziehbare Reformagenda vorlegen.
Die Auszahlungen der restlichen Beträge aus dem lau-
fenden Programm oder Verhandlungen über eine mög-
liche Folgevereinbarung kommen nur dann in Betracht,
wenn es sich bei den Erklärungen der griechischen Re-
gierung nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, son-
dern eine realistische und tragfähige Reformagenda
vorgelegt wird, die den eingeschlagenen Anpassungs-
prozess fortführt. Luftbuchungen können nicht akzep-
tiert werden. Auch ist es nicht vertretbar, wenn die grie-
chische Regierung neue Ausgaben, zum Beispiel
Lebensmittelmarken, mit erst langfristig zu erwartenden
Einnahmen – Korruptionsbekämpfung, verbesserte Steu-
ererhebung nebst verbessertem Steuereinzug, Optimie-
rung der öffentlichen Verwaltung – „gegenrechnen“ will.
8516 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
Wenn die griechische Regierung seriös und ernsthaft
den bisherigen Reformprozess fortsetzt, kann Griechen-
land auch weiterhin auf die solidarische Unterstützung
Europas zählen. Sollte die griechische Regierung durch
die Vorlage der konkretisierten Reformagenda, ihr weite-
res Verhalten oder gegenläufige Erklärungen aber deut-
lich machen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fort-
führung des Anpassungsprozesses besteht, wäre im
europäischen Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe
unverzüglich zu beenden.
Derzeit steht nur Griechenland im Fokus des öffentli-
chen Interesses. Bei einer unkonditionierten Finanzhilfe
stünde aber für Europa als Ganzes viel auf dem Spiel.
Erstmals würde eine echte „Bail-out-Union" eingeführt
werden, also eine echte verlorene staatliche Finanzie-
rung eines EU-Mitglieds durch andere EU-Mitglieder.
Dies ist nach Artikel 125 AEUV verboten.
Die Europäische Union im Allgemeinen und die Eu-
ropäische Währungsunion im Besonderen werden sich
dauerhaft nur dann erfolgreich behaupten können, wenn
feste Regeln gelten, die die Stabilität sicherstellen. Soll-
ten Griechenland Sonderrechte eingeräumt werden, wür-
den Forderungen weiterer Euro-Mitglieder nach Sonder-
regelungen folgen. Wenn die bestehenden Regelungen
für Griechenland nicht mehr gelten, werden Mitglied-
staaten auch bei der Frage der Einhaltung der Maast-
richt-Kriterien und den länderspezifischen Empfehlun-
gen Sonderrechte einfordern: ein Fass ohne Boden.
Dies gilt es zu vermeiden. Eine derartige Politik lehne
ich mit aller Entschiedenheit ab.
Günter Lach (CDU/CSU): Ich stimme dem Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen, die Finanzhilfe-
fazilität für die Hellenische Republik um bis zu vier Mo-
nate zu verlängern, zu. Ich setze dabei voraus, dass
a) diese Verlängerung der Bereitstellungsfrist im Rah-
men der bestehenden Hilfsvereinbarung zwischen der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF,
und Griechenland ausschließlich dem erfolgreichen
Abschluss des jetzt laufenden Anpassungsprogramms
dient,
b) in dieser Verlängerungszeit jede unkonditionierte
Brückenfinanzierung vermieden wird und deshalb
noch offene Auszahlungen erst erfolgen, wenn die im
bestehenden Memorandum of Understanding und im
Programm des IWF festgeschriebenen Bedingungen
zum erfolgreichen Abschluss des Programms ausrei-
chend erfüllt sind,
c) die in der von Griechenland jetzt vorgelegten Liste
enthaltenen Reformbereiche spezifiziert, unter an-
derem durch einen Zeitplan ergänzt und dabei von der
Troika auf die Vereinbarkeit mit dem heutigen Pro-
gramm überprüft werden, um eine ausreichende
Erfüllung der Programmbedingungen und einen er-
folgreichen Abschluss der laufenden Programmüber-
prüfung zu ermöglichen,
d) der erfolgreiche Abschluss dieser Programmüberprü-
fung eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit
mit einschließt mit dem Ziel, die Gesamtverschul-
dung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen Stand
abzusenken – soziale Maßnahmen mit fiskalischen
Auswirkungen können deshalb nur in Abstimmung
mit der Troika umgesetzt werden, die vereinbarten
Fiskalziele sind einzuhalten –,
e) die Hellenische Republik ihren Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, einschließ-
lich der Griechischen Darlehensvereinbarung von
2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kreditver-
trages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommt,
f) Verhandlungen über eine etwaige Anschlussvereinba-
rung für die Zeit nach der viermonatigen Verlänge-
rung mit dem Ziel, den Marktzugang Griechenlands
wiederherzustellen, nur geführt werden, wenn die be-
stehenden Beteiligungsrechte der nationalen Parla-
mente gewahrt sind.
Griechenland muss in den nächsten Wochen eine rea-
listische und tragfähige Reformagenda vorlegen. Die
Auszahlungen der restlichen Beträge aus dem laufenden
Programm oder Verhandlungen über eine mögliche Fol-
gevereinbarung kommen nur dann in Betracht, wenn es
sich bei den Erklärungen der griechischen Regierung
nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, sondern Grie-
chenland den eingeschlagenen Anpassungsprozess fort-
führt. Luftbuchungen können nicht akzeptiert werden.
Auch ist es nicht vertretbar, wenn die griechische Regie-
rung neue Ausgaben – zum Beispiel Lebensmittelmar-
ken – mit erst langfristig zu erwartenden Einnahmen –
Korruptionsbekämpfung, verbesserte Steuererhebung,
nebst verbessertem Steuereinzug, Optimierung der öf-
fentlichen Verwaltung – „gegenrechnen“ will.
Wenn die griechische Regierung seriös und ernsthaft
den bisherigen Reformprozess fortsetzt, kann Griechen-
land auch weiterhin auf die solidarische Unterstützung
Europas zählen. Sollte die griechische Regierung durch
die Vorlage der konkretisierten Reformagenda, ihr weite-
res Verhalten oder gegenläufige Erklärungen aber deut-
lich machen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fort-
führung des Anpassungsprozesses besteht, wäre im
europäischen Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe
unverzüglich zu beenden.
Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU): Dem Antrag zu ei-
ner Verlängerung der Bereitstellungsfrist im Rahmen der
bestehenden Hauptfinanzhilfevereinbarung zwischen der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF, und
der Hellenischen Republik um bis zu vier Monate bis
zum 30. Juni 2015 stimme ich zu.
Dabei setze ich voraus, dass diese Verlängerung der
Bereitstellungsfrist ausschließlich dem erfolgreichen
Abschluss des jetzt laufenden Anpassungsprogramms
dient und jede unkonditionierte Brückenfinanzierung
vermieden wird. Noch offene Auszahlungen können erst
dann erfolgen, wenn die Konditionen zum erfolgreichen
Abschluss des Programms hinreichend erfüllt sind.
Ferner setze ich voraus, dass die in der Bundestags-
drucksache 18/4093 ausgeführten Reformvorschläge der
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8517
(A) (C)
(D)(B)
griechischen Regierung spezifiziert, mit einem Zeitplan
versehen und von der Troika auf die Kompatibilität mit
dem existierenden Programm überprüft werden. An dem
Ziel, die Gesamtverschuldung Griechenlands bis zum
Jahr 2020 abzusenken, muss festgehalten werden. Die
im Rahmen des Programmes vereinbarten Fiskalziele
sind einzuhalten.
Schließlich setze ich bei meiner Entscheidung voraus,
dass der griechische Staat seinen Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber den Gläubigern nachkommt und
Verhandlungen über eine etwaige Anschlussvereinba-
rung nur unter der Bedingung in Betracht kommen, dass
die Beteiligungsrechte der nationalen Parlamente ge-
wahrt bleiben.
Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Im Rahmen der
heutigen namentlichen Abstimmung werde ich dem An-
trag des Bundesministeriums der Finanzen, Bundestags-
drucksache 18/4079, zustimmen. Mit allem Nachdruck
weise ich jedoch darauf hin, dass mit meiner Zustim-
mung kein irgendwie gearteter Verzicht auf die vertragli-
chen Verpflichtungen Griechenlands verbunden ist. Die
griechische Regierung darf die Zustimmung insbeson-
dere nicht als Selbstläufer für eine unkonditionierte grie-
chische Schuldenpolitik verstehen.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem
Antrag des Bundesfinanzministers bezieht sich lediglich
auf eine technische Verlängerung des im März 2012 be-
schlossenen Finanzhilfeprogramms um bis zu vier Mo-
nate. Ohne einen entsprechenden Beschluss des Deut-
schen Bundestages wäre das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 beendet, mit der Folge, dass die noch
offenstehende Tranche des EFSF-Programms, 1,8 Mil-
liarden Euro, und die Überweisung der SMP-Gewinne
– Anleihekaufprogramm der EZB – aus dem Jahr 2014,
1,9 Milliarden Euro, automatisch verfallen wären.
Entgegen den Ausführungen verschiedenster Medien-
vertreter handelt es sich nicht um ein neues Programm,
wird kein „frisches Geld“ zur Verfügung gestellt, erfolgt
eine Auszahlung der im laufenden Programm noch vor-
gesehenen restlichen Mittel nicht ohne die Zustimmung
der Troika – jetzt „Institutionen“. Eine Auszahlung kann
im Übrigen nur nach einer Beteiligung des Deutschen
Bundestages – zumindest des Haushaltsausschusses – er-
folgen.
Ich gehe davon aus, dass die Hellenische Republik
ihre Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber ihren
Gläubigern, einschließlich der Griechischen Darlehens-
vereinbarung von 2010 und des mit der EFSF geschlos-
senen Kreditvertrags von 2012, rechtzeitig und vollstän-
dig erfüllt.
Ich gehe weiterhin davon aus, dass Verhandlungen
über eine etwaige Anschlussvereinbarung für die Zeit
nach der viermonatigen Verlängerung mit dem Ziel, den
Marktzugang Griechenlands wieder herzustellen, nur ge-
führt werden, wenn die bestehenden Beteiligungsrechte
der nationalen Parlamente voll gewahrt sind.
Es bleibt für mich die Feststellung: Die Zustimmung
des Deutschen Bundestages ist bei der aktuellen Ent-
wicklung in Griechenland keine Selbstverständlichkeit.
Der Chef der neuen griechischen Regierung, beste-
hend aus der linksextremen Partei Syriza und der rechts-
extremen Partei Anel, Alexis Tsipras, hat bereits vor der
griechischen Parlamentswahl erklärt, dass er den in den
vergangenen Jahren eingeschlagenen Reformkurs ver-
lassen werde. Die Troika werde aus dem Land gefegt,
Privatisierungen würden gestoppt. Für den öffentlichen
Dienst wurden umfangreiche Wiedereinstellungen ange-
kündigt, ebenso Rentenerhöhungen und die Anhebung
des Mindestlohns. Die griechische Regierung forderte
eine Schuldenkonferenz mit dem Ziel eines erheblichen
Schuldennachlasses. An die Hauptfinanzhilfevereinba-
rung und die im Memorandum of Understanding, MoU,
aufgenommenen Verpflichtungen zur konkreten Durch-
führung des Anpassungsprogramms fühle man sich nicht
gebunden. Man werde gegebenenfalls klagen.
Nach den ersten Umfragen, die in Griechenland eine
Syriza-geführte Regierung prognostizierten, verschlech-
terten sich die finanz- und wirtschaftspolitischen Para-
meter des Landes erheblich. Die Zinssätze für Staatsan-
leihen haben mittlerweile Phantasiewerte erreicht und
übertreffen die Zinssätze der über die EFSF bereitge-
stellten Mittel mehr als um das Zehnfache. Es setzte eine
massive Guthabenflucht von griechischen Konten in der
Größenordnung von über 30 Milliarden Euro ein. Bereits
in den ersten Tagen hat die griechische Regierung in re-
kordverdächtiger Zeit das Vertrauen in die Verlässlich-
keit griechischer Politik erschüttert. Auch die nicht koor-
dinierte unprofessionelle Vorgehensweise – sieht man
einmal von der unvertretbaren Beleidigung Deutsch-
lands und deutscher Spitzenpolitiker ab – dürfte zu einer
erheblichen Belastung des politischen Klimas beigetra-
gen haben.
Die unternehmerische Bereitschaft, in Griechenland
zu investieren, hat durch die Syriza-Anel-Regierung sehr
gelitten. Die beachtlichen Anpassungsbemühungen, die
die früheren griechischen Regierungen und das griechi-
sche Volk bislang unternahmen, wurden quasi über
Nacht um Monate, wenn nicht Jahre, zurückgeworfen.
Zwar war auch bislang bei den Anpassungsprogrammen
und der Griechenlandhilfe der Erfolg nicht sichergestellt.
Griechenland befand sich aber insgesamt auf einem gu-
ten Weg. Nach sechs Jahren der Rezession konnte erst-
mals im Jahr 2014 ein Wirtschaftswachstum von
1,0 Prozent erzielt werden. Für die Jahre 2015 und 2016
wurde ein Wachstum von 2,5 Prozent und 3,6 Prozent
prognostiziert, das jetzt in weite Ferne gerückt ist.
Ohne die gemeinsame Erklärung der Euro-Gruppe
vom 20. Februar 2015 mit dem Bekenntnis der griechi-
schen Regierung zu dem laufenden Reformprozess wäre
die Geschäftsgrundlage für eine weitere Finanzhilfe ent-
fallen. Die griechische Regierung bekräftigte hier, dass
sie ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber den
Gläubigern einhalte und angemessene Primärüber-
schüsse zur Herstellung der Schuldentragfähigkeit be-
reitstellen werde. Da die griechische Regierung die in
den bisherigen Verträgen gegebene Flexibilität nutzen
8518 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
und auch die „soziale Fairness“ verbessern will, hängt
die Zustimmungsfähigkeit ganz maßgeblich davon ab,
ob die griechische Reformagenda das klare Bekenntnis
zur Fortsetzung des bisherigen Reformprogramms auch
trägt.
Die Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hat zu-
treffend festgestellt, dass die jetzt von der griechischen
Regierung vorgelegte Reformliste ausreichend sei, um
das Programm zu verlängern. Das klare Bekenntnis zu
dem Reformprogramm fehle aber.
Griechenland muss in den nächsten Wochen eine rea-
listische und tragfähige Reformagenda vorlegen. Die
Auszahlungen der restlichen Beträge aus dem laufenden
Programm oder Verhandlungen über eine mögliche Fol-
gevereinbarung kommen nur dann in Betracht, wenn es
sich bei den Erklärungen der griechischen Regierung
nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, sondern Grie-
chenland den eingeschlagenen Anpassungsprozess fort-
führt. Luftbuchungen können nicht akzeptiert werden.
Auch ist es nicht vertretbar, wenn die griechische Regie-
rung neue Ausgaben – zum Beispiel Lebensmittelmar-
ken – mit erst langfristig zu erwartenden Einnahmen –
Korruptionsbekämpfung, verbesserte Steuererhebung,
nebst verbessertem Steuereinzug, Optimierung der öf-
fentlichen Verwaltung – „gegenrechnen“ will.
Wenn die griechische Regierung seriös und ernsthaft
den bisherigen Reformprozess fortsetzt, kann Griechen-
land auch weiterhin auf die solidarische Unterstützung
Europas zählen. Sollte die griechische Regierung durch
die Vorlage der konkretisierten Reformagenda, ihr weite-
res Verhalten oder gegenläufige Erklärungen aber deut-
lich machen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fort-
führung des Anpassungsprozesses besteht, wäre im
europäischen Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe
unverzüglich zu beenden.
Sabine Leidig (DIE LINKE): Ich habe mich bei der
Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung zur
Verlängerung der Stabilitätshilfe für Griechenland ent-
halten aus folgenden Erwägungen:
Die neue, vom Linksbündnis Syriza geführte griechi-
sche Regierung ist eine riesige Chance nicht nur für das
massiv unter der von der Troika verordneten Kürzungs-
politik leidende Griechenland, sondern für ganz Europa.
In Griechenland wird der Kurs zur Beendigung des Kür-
zungsdiktats in einer Umfrage nach der Wahl von einer
überwältigenden Mehrheit von 80 Prozent der griechi-
schen Bevölkerung unterstützt.
Die Bilanz von Merkels Kürzungsdiktat ist auch für
die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Deutschland
und Europa vernichtend. Rund 90 Prozent der Griechen-
land-Kredite kamen nie in diesem Land an. Sie dienten
der Befriedigung des Schuldendienstes und flossen an
den Finanzsektor. Banken, Hedgefonds und andere pri-
vate Gläubiger wurden mit öffentlichen Mitteln gerettet.
Durch das Kürzungsdiktat der Troika wurde soziale Not
und Verelendung für die Mehrheit der Bevölkerung or-
ganisiert, brach die griechische Wirtschaft ein und die
Superreichen wurden geschont. Deshalb war es richtig,
die vergangenen Hilfspakete für Griechenland abzuleh-
nen.
Ja, nur durch einen Kurswechsel der bisherigen Kri-
senpolitik um 180 Grad lässt sich in Europa eine gedeih-
liche Entwicklung einleiten. Genau dafür steht die neue
griechische Regierung von Ministerpräsident Alexis
Tsipras.
Syriza hat recht, wenn sie für Griechenland einen
New Deal fordert, eine Entschuldung, wie sie auch
Deutschland 1953 erfahren hat. Um ein Umschuldungs-
programm neu verhandeln zu können, braucht die grie-
chische Regierung Zeit.
In den harten Verhandlungen der vergangenen vier
Wochen hat Syriza der Euro-Gruppe bedeutsame Zuge-
ständnisse für einen alternativen Pfad abgetrotzt und in
der Reformliste festgehalten. Die Nichtbesteuerung und
Steuerflucht der Reichen wird entschieden bekämpft,
und es wird keine weiteren Kürzungen im sozialen Be-
reich oder Steuererhöhungen für Arme und Mittelstand
geben. Damit ist ein Paradigmenwechsel markiert.
Nein zur Absicht der Bundesregierung, die bisherige
Erpressungspolitik gegenüber Griechenland nahtlos wei-
ter zu betreiben, wie sie in dem heute dem Bundestag zur
Abstimmung vorgelegten Antrag zum Ausdruck kommt.
Finanzminister Schäuble unterstreicht, dass kein einzi-
ger Euro fließt, bis das Troika-Diktat aus Sicht der Insti-
tutionen in den nächsten Wochen erfolgreich abgearbei-
tet wird. Zudem gibt es keinerlei Entgegenkommen
hinsichtlich der untragbaren Schuldenlast Griechen-
lands.
Vollkommen indiskutabel und zynisch ist zudem, dass
die Bundesregierung ihr Erpressungspotenzial dazu ge-
nutzt hat, um der griechischen Regierung in ihre Re-
formliste hereinzudiktieren, dass sie sicherzustellen hat,
dass „die Haushaltslage durch die Bekämpfung der hu-
manitären Krise nicht beeinträchtigt wird.
Ich erkläre mich mit der Syriza-Regierung solidarisch
und zolle ihrer hartnäckigen und mutigen Verhandlung
unter äußerst schweren Bedingungen unseren tiefen Re-
spekt. Die andauernde Erpressungsstrategie und neolibe-
rale Ausrichtung der Bundesregierung lehne ich klar ab.
Das bedeutet für mich, dass ich mich bei der heutigen
Abstimmung zum Antrag der Bundesregierung der
Stimme enthalte.
Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): Ich werde heute
dem Antrag des Bundesfinanzministeriums zustimmen.
Ich möchte jedoch dabei Folgendes zum Ausdruck brin-
gen:
Die Aussagen der neuen griechischen Links-Rechts-
Regierung sind sehr besorgniserregend. Die Euro-
Gruppe darf sich nicht von einzelnen nationalen Regie-
rungen hinsichtlich der Konditionen der Finanzhilfen für
die Krisenstaaten erpressen lassen.
So wurden die Forderungen nach einem erneuten
Schuldenschnitt abgelehnt. Ebenso wird es keinen be-
dingungslosen Überbrückungskredit geben. Und letzt-
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8519
(A) (C)
(D)(B)
lich wird die Troika weiter die Bedingungen der Hilfen
festlegen.
Heute wird über die Verlängerung des 2. Rettungspro-
grammes abgestimmt. Das heißt, es geht darum, das im
März 2012 beschlossene Finanzhilfeprogramm bis zu
vier Monate zu verlängern. Die Verlängerung beinhaltet
eine noch offene Tranche über 1,8 Milliarden Euro, au-
ßerdem eine Zahlung der Gewinne aus dem SMP-Anlei-
hekaufprogramm der EZB in Höhe von 1,9 Milliarden
Euro. Das ist sehr viel Geld – das ist mir bewusst. Ich
bin mir auch der Verantwortung bewusst, die mit der
Vergabe dieser Gelder einhergeht.
Die gemeinsame Erklärung der Euro-Gruppe vom 20.
Februar 2015 muss gelten. Das beinhaltet, dass auch zu-
künftig die Reformschritte durch die Troika überwacht
werden. Die Troika stimmt in dieser Erklärung einer
Verlängerung des Programmes unter der Auflage, dass
die Reformen weiter umgesetzt werden, zu. Ziel muss es
nach wie vor sein, dass Griechenland wieder Zugang zu
den internationalen Kapitalmärkten erhält.
Schon jetzt ist klar: Gelöst ist mit der Fortsetzung des
Hilfspakets gar nichts; bereits im Juli muss Griechenland
Kredite des IWF ablösen.
Wir brauchen also grundsätzlich neue Regeln in Eu-
ropa für mehr Eigenverantwortung. Dazu muss man mit-
telfristig die europäischen Verträge ändern. Wir haben
die No-Bail-out-Regelung, die eine Finanzierung eines
EU-Mitglieds durch andere EU-Mitglieder untersagt,
Artikel 125 AEUV. Andererseits ist nicht vorgesehen,
dass ein Land den Euro-Raum verlässt.
Wir brauchen Szenarien, die andere Alternativen er-
möglichen. Dazu muss überprüft werden, welche Aus-
wirkungen ein Austritt eines Landes auf das jeweilige
Land hätte und welche Auswirkungen ein Austritt auf
den Euro-Raum insgesamt hätte. Dabei ist zu berück-
sichtigen, welche. Wir brauchen diese Informationen als
Entscheidungsgrundlage für ein verantwortliches Han-
deln in der Zukunft!
Deshalb gilt es jetzt, nicht zur Tagesordnung überzu-
gehen, sondern tragfähige Konzepte für Griechenlands
Zukunft im Euro-Raum zu entwickeln. Dabei müssen je-
doch auch Optionen für andere Szenarien entwickelt
werden, die die Möglichkeit eines Ausscheidens Grie-
chenlands aus dem Euro-Raum beinhalten.
Andrea Lindholz (CDU/CSU): Ich stimme dem An-
trag des Bundesministeriums der Finanzen, die Finanz-
hilfefazilität für die Hellenische Republik um bis zu vier
Monate zu verlängern, zu. Ziel dieser Verlängerung ist
es, durch die Umsetzung konkreter Reformschritte die
Auszahlung des letzten Teilbetrages zu ermöglichen.
Meine Zustimmung treffe ich unter sechs Voraussetzun-
gen:
Erstens darf die Verlängerung der Bereitstellungsfrist
im Rahmen der seit Februar 2012 bestehenden Hilfsver-
einbarung zwischen der Europäischen Finanzstabilisie-
rungsfazilität, EFSF, und Griechenland ausschließlich
dem erfolgreichen Abschluss des jetzt auslaufenden An-
passungsprogramms dienen.
Zweitens muss jede unkonditionierte Brückenfinan-
zierung vermieden werden. Auszahlungen dürfen erst
erfolgen, wenn die im bestehenden Memorandum of
Understanding, MoU, und im Programm des IWF fest-
geschriebenen Bedingungen zum erfolgreichen Ab-
schluss des Programms ausreichend erfüllt sind.
Drittens müssen die von Griechenland bisher nur
vage skizzierten Reformmaßnahmen spezifiziert wer-
den. Vor allem müssen sie durch einen Zeitplan ergänzt
und durch belastbare Zahlen belegt werden. Anschlie-
ßend müssen sie von der Troika auf die Vereinbarkeit
mit dem laufenden Programm überprüft werden. Die Er-
füllung der Programmbedingungen und ein erfolgreicher
Abschluss der laufenden Programmüberprüfung müssen
sichergestellt werden.
Viertens muss der erfolgreiche Abschluss dieser Pro-
grammüberprüfung eine erneute Prüfung der Schulden-
tragfähigkeit einschließen mit dem Ziel, die Gesamtver-
schuldung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen
Stand abzusenken. Soziale Maßnahmen mit fiskalischen
Auswirkungen können deshalb nur in Abstimmung mit
der Troika umgesetzt werden. Die vereinbarten Fiskal-
ziele sind einzuhalten.
Fünftens muss die Hellenische Republik ihren Rück-
zahlungsverpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern,
einschließlich der Griechischen Darlehensvereinbarung
von 2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kredit-
vertrages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommen.
Sechstens muss der Deutsche Bundestag seine Haus-
haltsverantwortung dauerhaft, umfassend und selbstbe-
stimmt wahrnehmen können.
Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU): An meiner
Haltung hat sich nichts geändert: Die Rettungsstrategie
der Euro-Zone kann und wird die Probleme Griechen-
lands nicht lösen, sondern droht sie sogar zu zementie-
ren. Schlimmstenfalls werden auch die Reformbemü-
hungen in anderen Staaten ins Stocken geraten und
radikale Kräfte an Zulauf gewinnen. Wir brauchen daher
mehr denn je einen Fahrplan, der die Frage beantwortet,
wie wir mit Staaten umgehen, die ihren Auflagen nicht
nachkommen können oder wollen. Von solch einem
Fahrplan in Form einer Insolvenzordnung für verschul-
dete Staaten ist aber weit und breit nichts zu sehen. Da-
her werde ich auch dieses Mal einer Verlängerung der
Finanzhilfen für Griechenland nicht zustimmen.
Yvonne Magwas (CDU/CSU): Im Rahmen der na-
mentlichen Abstimmung stimme ich dem Antrag des
Bundesministeriums der Finanzen, Bundestagsdrucksa-
che 18/4079, zu.
Mit der Zustimmung des Deutschen Bundestages
wird lediglich die Frist für Griechenland, die im Ret-
tungsprogramm vereinbarten Reformen umzusetzen, um
weitere vier Monate verlängert.
8520 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
Es geht nicht um ein neues Programm, und durch den
Beschluss wird auch kein „frisches Geld“ zur Verfügung
gestellt. Es wird vielmehr das bereits im März 2012 vom
Deutschen Bundestag beschlossene Finanzhilfepro-
gramm für Griechenland zeitlich verlängert. Die in
diesem Programm vorgesehene dritte Hilfstranche von
3,7 Milliarden Euro – 1,8 Milliarden Euro EFSF-Mittel
und 1,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen des Rettungs-
schirmes – wird weiterhin nicht ausgezahlt. Stattdessen
werden nun die von der griechischen Regierung vorge-
legten Reformvorhaben von der EU-Kommission, der
EZB und dem IWF – vormals Troika, jetzt Institutio-
nen – auf Herz und Nieren geprüft. Nur wenn diese Insti-
tutionen das Reformpaket für fundiert und plausibel be-
finden und sich die Euro-Gruppe dem anschließen kann,
wird Griechenland die letzte Tranche wirklich erhalten.
Griechenland ist hier in der Bringschuld. Griechenland
bekommt kein Geld ohne Reformen.
Mit allem Nachdruck möchte ich darauf hinweisen,
dass die Zustimmung des Deutschen Bundestages be-
sonders aufgrund des jüngsten Verhaltens der neuen
griechischen Regierung keine Selbstverständlichkeit ist.
Insbesondere die stündlich neuen Äußerungen des grie-
chischen Finanzministers Varoufakis sind wenig hilf-
reich. Die Links-Rechts-Regierung Griechenlands stra-
paziert die Solidarität der europäischen Partner in
erheblichem Maße.
Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble war
maßgeblich daran beteiligt, die anderen Euro-Mitglieder
auf eine einheitliche und verbindliche Linie festzulegen.
Diese Linie macht deutlich, dass Griechenland ohne die
uneingeschränkte Fortsetzung der Reformen keine wei-
tere Hilfe erwarten kann. Für teure griechische Wahlver-
sprechen auf Kosten der Solidarität der anderen Euro-
Länder lässt das einheitliche Vorgehen der Euro-Partner
keinen Platz. Diese Botschaft ist auch bei der neuen grie-
chischen Links-Rechts-Regierung angekommen. Für
dieses Engagement und das Vertreten der Interessen der
deutschen und europäischen Steuerzahler danke ich un-
serem Bundesfinanzminister ausdrücklich. Er hat Grie-
chenland – mit seiner klaren Haltung und dem strikten
Einfordern von Reformmaßnahmen – aufgezeigt, dass
geltende Verträge einzuhalten sind, und zwar unabhängig
davon, wer gerade ein Land regiert. Sollten Griechenland
Sonderrechte eingeräumt werden, würden Forderungen
weiterer Euro-Gruppen-Mitglieder nach Sonderregelun-
gen folgen. Wenn bestehende Regelungen für Griechen-
land nicht mehr gelten, werden EU-Mitgliedstaaten auch
bei Fragen der Maastricht-Kriterien und den länderspezi-
fischen Empfehlungen Sonderrechte einfordern. Das
wäre ein Fass ohne Boden. Nun liegt es an Griechenland,
mit eigenem Tun die Solidarität der Euro-Partner zu er-
widern.
Wie an Irland, Portugal und Spanien zu sehen ist,
funktioniert das Konzept der Euro-Rettung, welches die
Konsolidierung der Staatsfinanzen, gepaart mit Finanz-
hilfen, zum Inhalt hat. Auch Griechenland hatte unter
der früheren Regierung beachtliche Anpassungsbemü-
hungen unternommen, die ihre Früchte trugen. Nach
sechs Jahren der Rezession konnte erstmals im Jahre
2014 ein Wirtschaftswachstum von 1 Prozent erzielt
werden. Für die Jahre 2015 und 2016 wurde ein Wachs-
tum von 2,5 und 3,6 Prozent prognostiziert. Es gibt da-
her keinen Grund, an der Funktionsfähigkeit des Ret-
tungskonzepts zu zweifeln. Griechenlands aktuelles
Problem ist rein politischer Natur. Durch die Wahlver-
sprechen der neuen griechischen Regierung verschlech-
terten sich die finanz- und wirtschaftspolitischen Para-
meter erheblich. Die ursprünglich sehr positiven
Prognosen rücken in weite Ferne.
Für mich gibt es für die Konsolidierung der Staatsfi-
nanzen im Gleichschritt mit Finanzhilfen keine bessere
Alternative. Sollte die griechische Regierung aber kein
Interesse an der Fortsetzung des bisher erfolgreichen Re-
formprogramms haben, müssen die übrigen Euro-Mit-
glieder nach meinem Dafürhalten ihre Unterstützung
und Finanzhilfen für Griechenland unverzüglich einstel-
len.
Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Im Rahmen
der heutigen namentlichen Abstimmung werde ich dem
Antrag des Bundesministeriums der Finanzen, Bundes-
tagsdrucksache 18/4079, mit folgenden Maßgaben zu-
stimmen:
– Die Inhalte der griechischen Reformliste sind zu prä-
zisieren und auf konkrete Maßnahmen herunterzubre-
chen.
– Die in der griechischen Liste enthaltenen Reform-
pläne sind um einen konkreten Zeitplan zu ergänzen.
Die angedachten Strukturreformen sind schon aus
griechischem Eigeninteresse schnellstmöglich umzu-
setzen; soziale Maßnahmen mit fiskalischen Auswir-
kungen dagegen können nur nachrangig umgesetzt
werden, und zwar mit Zustimmung der Troika und so-
weit dafür Spielräume im Haushalt vorhanden sind.
– Auch belastbare Schätzungen zu den fiskalischen
Auswirkungen sind zu benennen.
– Durch die von der griechischen Regierung angekün-
digten Schritte im Bereich der sozialen Sicherheit und
der Strukturreformen im Allgemeinen ist der erfolg-
reiche Abschluss des Hilfsprogramms für Griechen-
land sicherzustellen. Dies ist nur dann erreicht, wenn
die von Griechenland bis April 2015 vorzulegenden
Reformschritte hinreichend und geeignet sind, um die
griechische Gesamtverschuldung bis zum Jahr 2020
auf 120,5 Prozent des BIP zu reduzieren.
– Angesichts der Äußerungen der neuen griechischen
Regierung braucht es eine erneute Prüfung der Schul-
dentragfähigkeit Griechenlands.
– Die Vereinbarungen vom 20. Februar 2015, insbeson-
dere zum Verzicht auf Maßnahmen, die die Haus-
haltsziele infrage stellen, sind einzuhalten.
– Die griechische Regierung muss bei der Erstellung
der endgültigen Liste weiterhin eng mit der Troika zu-
sammenarbeiten.
Mit allem Nachdruck weise ich darauf hin, dass mit
meiner Zustimmung kein irgendwie gearteter Verzicht
auf die vertraglichen Verpflichtungen Griechenlands
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8521
(A) (C)
(D)(B)
verbunden ist. Die griechische Regierung darf die Zu-
stimmung insbesondere nicht als einen Selbstläufer für
eine unkonditionierte griechische Schuldenpolitik ver-
stehen.
Zunächst ist festzustellen, dass der Beschluss des
Deutschen Bundestages keine spektakulären neuen Maß-
nahmen umfasst, sondern lediglich eine Verlängerung
der Bereitstellungsfrist um vier Monate bis 30. Juni 2015
bedeutet.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem
Antrag des Bundesfinanzministers bezieht sich lediglich
auf eine technische Verlängerung des im März 2012 be-
schlossenen Finanzhilfeprogramms um bis zu vier Mo-
nate. Ohne einen entsprechenden Beschluss des Deut-
schen Bundestages wäre das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 beendet, mit der Folge, dass die noch
offenstehende Tranche des EFSF-Programms, 1,8 Mil-
liarden Euro, und die Überweisung der SMP-Gewinne
– Anleihekaufprogramm der EZB – aus dem Jahr 2014,
1,9 Milliarden Euro, automatisch verfallen wären.
Der Ministerpräsident Alexis Tsipras der neuen grie-
chischen Regierung, bestehend aus der linksextremen
Partei Syriza und der rechtsextremen Partei Anel, hat be-
reits vor der griechischen Parlamentswahl erklärt, dass
er den in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Re-
formkurs verlassen werde. Wenn das aktuelle Programm
nun nicht verlängert würde, hätte die neue Regierung in
Griechenland auch gar keinen Anreiz mehr, weiter den
Sparkurs zu verfolgen, und Tsipras könnte die beachtli-
chen Anpassungsbemühungen, die die früheren griechi-
schen Regierungen und das griechische Volk bislang un-
ternommen haben, komplett zunichtemachen. Zwar war
auch bislang bei den Anpassungsprogrammen und der
Griechenlandhilfe der Erfolg nicht sichergestellt, Grie-
chenland befand sich aber insgesamt auf einem guten
Weg. Nach sechs Jahren der Rezession konnte erstmals
im Jahr 2014 ein Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent
erzielt werden. Für die Jahre 2015 und 2016 wurde ein
Wachstum von 2,9 Prozent und 3,8 Prozent prognosti-
ziert, das jetzt in weite Ferne gerückt ist.
Entgegen den Ausführungen verschiedenster Medien-
vertreter handelt es sich nicht um ein neues Programm.
Durch den Beschluss wird auch kein „frisches Geld“ zur
Verfügung gestellt. Eine Auszahlung der im laufenden
Programm noch vorgesehenen restlichen Mittel erfolgt
nicht ohne Weiteres. Vielmehr müssen die EU-Kommis-
sion, die EZB und der IWF, die Troika, zustimmen. Eine
Auszahlung kann im Übrigen nur nach einer erneuten
Beteiligung des Deutschen Bundestages erfolgen.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages ist bei
der aktuellen Entwicklung keine Selbstverständlichkeit.
Wenn die griechische Regierung seriös und ernsthaft den
bisherigen Reformprozess fortsetzt, kann Griechenland
auch weiterhin auf die solidarische Unterstützung Euro-
pas zählen. Sollte die griechische Regierung durch die
Vorlage der konkretisierten Reformagenda, ihr weiteres
Verhalten oder gegenläufige Erklärungen aber deutlich
machen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fortfüh-
rung des Anpassungsprozesses besteht, wäre im europäi-
schen Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe unverzüg-
lich zu beenden.
Derzeit steht nur Griechenland im Fokus des öffentli-
chen Interesses. Bei einer unkonditionierten Finanzhilfe
stünde aber für Europa als Ganzes viel auf dem Spiel.
Erstmals würde eine echte „Bail-out-Union“ eingeführt
werden, also eine echte verlorene staatliche Finanzie-
rung eines EU-Mitglieds durch andere EU-Mitglieder.
Dies ist nach Artikel 125 AEUV verboten.
Die Europäische Union im Allgemeinen und die euro-
päische Währungsunion im Besonderen werden sich
dauerhaft nur dann erfolgreich behaupten können, wenn
feste Regeln gelten, die die Stabilität sicherstellen. Soll-
ten Griechenland Sonderrechte eingeräumt werden, wür-
den Forderungen weiterer Euro-Mitglieder nach Sonder-
regelungen folgen. Wenn die bestehenden Regelungen
für Griechenland nicht mehr gelten, werden Mitglied-
staaten auch bei der Frage der Einhaltung der Maast-
richt-Kriterien und den länderspezifischen Empfehlun-
gen Sonderrechte einfordern: ein Fass ohne Boden.
Dies gilt es zu vermeiden. Eine derartige Politik lehne
ich mit aller Entschiedenheit ab.
Ein weiterer Grund, weshalb ich der Verlängerung der
Finanzhilfe für Griechenland für vier Monate bis zum
30. Juni 2015 zustimme, ist, dass ich der linken Syriza-
Regierung keine Ausredemöglichkeit dergestalt geben
möchte, dass Griechenland wegen der Verweigerung der
Finanzhilfe daran gehindert wurde, seinen Reformpro-
zess fortzusetzen und zum Erfolg zu bringen.
In Hinblick auf ein nötiges und mögliches drittes
Schuldenpaket bleibt abzuwarten, wie verantwortungs-
voll und zuverlässig die neue Regierung in Griechenland
mit den bisher gewährten Finanzhilfeprogrammen um-
geht. Sollte die Syriza-geführte Regierung jedoch an ih-
rem Kurs festhalten und alle bisherigen Bemühungen
zum Nachteil ihres eigenen Staates und dessen Bürgerin-
nen und Bürger sowie der gesamten Europäischen Union
vollends zunichtemachen und den eingeschlagenen Re-
formkurs verlassen, werde ich einem erneuten Finanzhil-
feprogramm nicht zustimmen können.
Jan Metzler (CDU/CSU): Ich stimme dem Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen zu. Ich stelle aber
mit dem größten Nachdruck fest, dass ein für mich maxi-
mal vertretbares Maß an Solidarität mit Griechenland er-
reicht wurde, welches ein weiteres Zugehen für mich
nicht vertretbar macht.
In der Rückbetrachtung kann ich festhalten, dass die
im Zusammenhang mit der Stabilisierung der Euro-Zone
seit 2010 eingeleiteten Maßnahmen – insbesondere die
Einrichtung des EFSF und des ESM sowie die Schaffung
der europäischen Bankenaufsicht – in einer Gesamtab-
wägung unter Berücksichtigung aller Argumente für
mich richtig und notwendig gewesen sind.
Gerade in Hinblick auf einen globalen Kontext er-
achte ich die europäische Wertegemeinschaft als ein un-
schätzbar hohes Gut. Wir teilen gemeinsame Werte wie
Demokratie, Religions- und Meinungsfreiheit. Ich finde
8522 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
es richtig und wichtig, dass in einer solchen Wertege-
meinschaft Solidarität und gegenseitige Unterstützung
nicht allein Lippenbekenntnisse, sondern auch politische
und gesellschaftliche Realität sind.
Dass dies erfolgreich ist, sieht man an den erfreuli-
chen Entwicklungen etwa in Irland, in Portugal, in Spa-
nien und in Teilen auch in Griechenland. Diese sichtba-
ren Erfolge zeigen, dass der eingeschlagene Weg der
europäischen Partner gemeinsam mit der Bundesregie-
rung, allen voran der Bundeskanzlerin Angela Merkel
und des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble,
richtig war und ist.
Die Politik der Bundesregierung hat daher auch in
dieser Frage weiterhin meine Unterstützung. Insbeson-
dere dank der umsichtigen und konsequenten Verhand-
lung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
konnte vonseiten der Euro-Gruppe am vergangenen
Freitag ein sachgerechtes Ergebnis erzielt werden.
Allerdings habe ich nach dem Verlauf der Verhand-
lungen zum heutigen Zeitpunkt wenig Vertrauen in die
Ernsthaftigkeit, Seriosität und Verlässlichkeit der grie-
chischen Regierung, die von ihr gemachten Zusagen und
eingegangenen Verpflichtungen auch tatsächlich einhal-
ten zu wollen und zu können.
Nach eingehender persönlicher Abwägung kann ich
einer Verlängerung der Stabilitätshilfe nur deshalb zu-
stimmen, weil ich damit einen für mich finalen Versuch
sehe, Griechenland bei der Bewältigung seiner struktu-
rellen Probleme zu unterstützen. Ich erwarte von der
griechischen Regierung, dass die Reformpolitik erfolg-
reich fortgesetzt wird. Es liegt nun in der Verantwor-
tung der politisch Handelnden in Athen, durch richtiges
Regierungshandeln über den weiteren Verbleib in der
Euro-Zone selbst zu bestimmen.
Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): Dem An-
trag des Bundesministeriums der Finanzen, die Finanz-
hilfefazilität für die Hellenische Republik um bis zu vier
Monate zu verlängern, kann ich meine Zustimmung
nicht geben.
Diese Entscheidung habe ich mir nicht leicht ge-
macht. Ihr ist ein langer und intensiver Diskussions- und
Meinungsbildungsprozess vorausgegangen. Ich habe
dazu viele Gespräche innerhalb und außerhalb des Parla-
ments geführt. Am Ende dieses Prozesses steht ein Nein
zur zweiten Verlängerung des zweiten Hilfsprogramms.
Vier Gründe sind dafür ausschlaggebend:
Erstens. Die Ziele des Ursprungsprogramms sind
auch in einer zweiten Verlängerung nicht zu erreichen.
Der Umsetzungsrückstand ist zu groß. Damit können die
Haushaltsziele nicht erreicht werden. Hinzu kommt, dass
nach intensivem Lesen aller Unterlagen nicht auszu-
schließen ist, dass im Verlaufe der vier Monate auch zen-
trale Ziele noch geändert werden könnten. Das gilt auch
für die Höhe des Primärüberschusses im griechischen
Haushalt, den die Regierung in Athen in der bisherigen
Höhe gerne schleifen würde. Damit aber wäre die Fort-
setzung des Programms der Einstieg in eine Transfer-
und Schuldenunion und das faktische Ende des schon
arg in Mitleidenschaft gezogenen Stabilitätspaktes.
Zweitens. Die Politik des ständigen Nachgebens ist
ferner ein Akt der Unfairness gegenüber den Menschen
in Spanien, Portugal, Irland, dem Baltikum oder der Slo-
wakei, die sich den Mühen der Anpassungsreformen ge-
stellt haben. Diesen EU-Bürgern kann nicht erklärt wer-
den, dass Reformverweigerer belohnt werden, während
sie selbst die Mühen auf sich genommen haben.
Drittens. Eine Verlängerung des Hilfsprogramms er-
öffnet der EZB die Möglichkeit, ihren Beschluss von
Anfang Februar zurückzunehmen und griechische
Staatsanleihen wieder als Sicherheiten zu akzeptieren.
Das würde dazu führen, dass im Portfolio der EZB zu-
sätzliche Milliardenrisiken bezüglich Griechenland auf-
getürmt würden.
Viertens. Eine Zustimmung zur Verlängerung setzte
auch Vertrauen in die neue griechische Regierung voraus –
insbesondere in deren Reform- und Konsolidierungsbe-
reitschaft. Der letzte Rest von Vertrauen ist bei mir aber
in dieser Woche aufgebraucht worden. In ihrem Sechs-
seitenkatalog hat die Regierung in Athen alles hineinge-
schrieben, was man bei den Partnern gerne hört. Tatsäch-
lich ist die Regierung Tsipras aber mitnichten auf den
Kurs der Partner eingeschwenkt. Den Beweis hat Fi-
nanzminister Varoufakis gerade noch rechtzeitig vor der
Abstimmung im Bundestag geliefert. Herr Varoufakis
hat darin erneut den Schuldenschnitt gefordert und Pri-
vatisierungen abgelehnt. Damit ist einer vertrauensvol-
len Zusammenarbeit die Grundlage entzogen.
Niema Movassat (DIE LINKE): Ich werde mich in
der Abstimmung enthalten. Diese Entscheidung ist Er-
gebnis eines Abwägungsprozesses, in dem für mich so-
wohl ein „Nein“ als auch ein „Ja“ ausscheidet.
Wieso ich nicht mit „Nein“ stimme:
1. Weil ein „Nein“ des Bundestags zum Rettungspaket
den sogenannten „Grexit“, dass also Griechenland aus
dem Euro gedrängt wird, bedeutet. Die Griechinnen
und Griechen haben aber mehrheitlich eine Regierung
gewählt, die den Grexit nicht will und damit deutlich
gemacht, dass sie diesen ebenfalls nicht wünschen.
Ich unterstütze diese Entscheidung der griechischen
Bevölkerung.
2. Weil die griechische Regierung an den Bundestag und
insbesondere auch an die Abgeordneten der Fraktion
Die Linke appelliert hat, nicht mit „Nein“ zu stim-
men. Es widerspricht für mich dem Grundsatz der So-
lidarität, diesen Appell der Syriza-Regierung nicht zu
berücksichtigen.
3. Weil der Katalog der Maßnahmen die Einleitung einer
anderen Politik sein kann. Auch wenn die griechische
Regierung sich in vielen Teilen nicht gegen die Euro-
Gruppe durchsetzen konnte, hat sie es geschafft, den
vorsichtigen Beginn einer Wende der europäischen
Austeritätspolitik einzuleiten. Unter anderem darf sie
endlich ein neues Reformprogramm vorlegen, und da-
mit besteht die Chance, die Last der unsozialen Maß-
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8523
(A) (C)
(D)(B)
nahmen abzuschütteln. Zudem sind die Pflichten hin-
sichtlich des Primärüberschusses gelockert worden.
Angesichts der politischen Kräfteverhältnisse in der
EU, die stark zuungunsten der griechischen Regie-
rung sind, ist dies viel wert.
4. Weil ein „Nein auch verwechselt werden kann mit der
Zustimmung zur unsäglichen Anti-Griechenland-
Kampagne der Bild-Zeitung.
Wieso ich nicht mit „Ja“ stimme:
1. Weil leider in weiten Teilen die alte Austeritäts- und
Diktatpolitik trotz erster Hoffnungsschimmer fortge-
setzt wird. Dies wird insbesondere durch die Pflicht
der griechischen Regierung deutlich, alle zukünftigen
Maßnahmen durch die Institutionen genehmigen las-
sen zu müssen. Und weil nach Interpretation der Bun-
desregierung die unsoziale Kürzungspolitik fortge-
setzt werden muss.
2. Weil es kein Entgegenkommen in der Frage der un-
tragbaren Schuldenlast Griechenlands gibt. Dabei ist
jedem klar, dass Griechenland seine Schulden nie-
mals wird zurückzahlen können.
3. Weil ein „Ja“ für mich auch ein „Ja“ zur deutschen
Verhandlungsführung in der Euro-Gruppe bedeutet,
die nicht bereit ist, einzusehen, welche katastrophalen
sozialen Auswirkungen die Austeritätspolitik hat,
sondern vielmehr darauf beharrt, den fatalen Kurs
fortzusetzen und hierbei auch vor Drohungen gegen
Griechenland nicht zurückschreckt. Dabei hat die
griechische Regierung Veränderungen beim Rettungs-
paket gefordert, die unabdingbar für einen funktionie-
renden Sozialstaat sind und einem sozialen Europa
selbstverständlich sein müssen.
Die Enthaltung ist ein „Ja“ zur Solidarität mit Grie-
chenland und ein „Nein“ zur Politik der Bundesregie-
rung.
Dr. Andreas Nick (CDU/CSU): Die im Zusammen-
hang mit der Stabilisierung der Euro-Zone seit 2010 ein-
geleiteten Maßnahmen – insbesondere die Einrichtung
des EFSF und des ESM sowie die Schaffung der euro-
päischen Bankenaufsicht – habe ich in einer Gesamtab-
wägung unter Berücksichtigung aller Argumente für
richtig und notwendig erachtet. Diese Politik zeigt auch
in den sogenannten Programm-Ländern, insbesondere in
Irland, Portugal und Spanien, aber auch durchaus in
Griechenland, bereits entsprechende Erfolge.
Auch als Mitglied des Deutschen Bundestages seit
Herbst 2013 habe ich diese Politik jederzeit uneinge-
schränkt unterstützt. Dies galt zuletzt auch für die im
Dezember 2014 beschlossene Verlängerung des Hilfs-
programms für Griechenland bis zum 28. Februar 2015.
Die Politik der Bundesregierung hat daher auch in
dieser Frage weiterhin meine uneingeschränkte Unter-
stützung. Insbesondere dank der umsichtigen und konse-
quenten Verhandlungsführung von Bundesfinanzminis-
ter Wolfgang Schäuble konnte in der Euro-Gruppe am
vergangenen Freitag ein grundsätzlich sachgerechtes Er-
gebnis erzielt werden.
Nach dem Verlauf der Verhandlungen und der Viel-
zahl öffentlicher Äußerungen habe ich allerdings zum
heutigen Zeitpunkt keinerlei Vertrauen mehr in die
Ernsthaftigkeit und Verlässlichkeit der griechischen Re-
gierung, die von ihr gemachten Zusagen und eingegan-
genen Verpflichtungen auch tatsächlich einzuhalten.
Ich halte es daher auch für durchaus zweifelhaft, ob
im vorgesehenen Zeitraum bis Ende Juni 2015 tatsäch-
lich ein Programm vereinbart und anschließend umge-
setzt werden kann, mit dem die Schuldentragfähigkeit
Griechenlands und der langfristige Kapitalmarktzugang
dauerhaft wiederhergestellt werden kann. In dieser Auf-
fassung fühle ich mich auch durch die Einschätzung des
IWF bestätigt, wie sie im Schreiben der geschäftsführen-
den Direktorin Christine Lagarde vom 23. Februar 2015
dargelegt wird.
Daher kann ich zum heutigen Zeitpunkt einer erneu-
ten Verlängerung des Hilfsprogramms über den 28. Fe-
bruar 2015 hinaus nur mit größten Bedenken meine Zu-
stimmung geben.
Wilfried Oellers (CDU/CSU): Ich stimme dem An-
trag des Bundesministeriums für Finanzen, die Finanz-
hilfefazilität für die hellenische Republik um bis zu vier
Monaten zu verlängern, zu.
Ausdrückliche betone ich, dass sich meine Zustim-
mung nur auf die Verlängerung der Bereitstellungfrist im
Rahmen der bestehenden Hilfsvereinbarungen zwischen
der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF,
und Griechenland bezieht und diese Verlängerung aus-
schließlich dem erfolgreichen Abschluss des jetzt lau-
fenden Anpassungsprogramms dient. Ich erwarte, dass
in der Verlängerungszeit jede unkonditionierte Brücken-
finanzierung vermieden wird und deshalb noch offene
Auszahlungen erst erfolgen, wenn die im bestehenden
Memorandum of Unterstanding und die im Programm
des IWF festgeschriebenen Bedingungen zum erfolgrei-
chen Abschluss des Programms erfüllt sind.
Die von Griechenland vorgelegte Liste der Reformbe-
reiche muss spezifiziert werden, unter anderem durch ei-
nen Zeitplan ergänzt und dabei von der Troika auf die
Vereinbarung mit dem heutigen Programm überprüft
werden, um eine Erfüllung der Programmbedingungen
und einen erfolgreichen Abschluss der laufenden Pro-
grammüberprüfung zu ermöglichen. Mit meiner Zustim-
mung erkläre ich nicht, dass ich die bisherigen vorgeleg-
ten Pläne für ausreichend halte. Es ist zwar löblich, dass
man Maßnahmen zur Erhöhung der Einnahmen vor-
nimmt. Diese müssen jedoch so gewählt sein, dass sie
zielführend sind und die Entwicklung der Wirtschaft
nicht behindern. Zukünftige Maßnahmen müssen die
Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands verbessern und der
wirtschaftlichen Entwicklung dienen. Die Erhöhung des
Mindestlohns erscheint mir in der jetzigen Situation
nicht zielführend, ebenso wie neue erhebliche Einstel-
lungen in den öffentlichen Dienst und der Stopp von Pri-
vatisierungen. Die Bekämpfung von Korruption begrüße
ich außerordentlich. Allerdings muss im Rahmen der
Haushaltkonsolidierung auch die Ausgabenseite betrach-
tet werden. Mit meiner Zustimmung erkläre ich nicht,
8524 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
dass ich mit den diesbezüglich getroffenen Entscheidun-
gen der hellenischen Regierung einverstanden bin. Auch
wenn natürlich eine soziale Grundsicherung in Grie-
chenland sichergestellt sein muss, so kann es nicht ange-
hen, dass mit der europäischen finanziellen Unterstüt-
zung unverhältnismäßige soziale Leistungen finanziert
werden. Die angekündigte Rentenerhöhung sehe ich sehr
kritisch. Soziale Maßnahmen mit fiskalischen Auswir-
kungen können nur in Abstimmung mit der Troika um-
gesetzt werden.
Die vereinbarten Fiskalziele sind einzuhalten. Der er-
folgreiche Abschluss der Programmüberprüfung schließt
eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit ein, mit
dem Ziel, die Gesamtverschuldung bis zum Jahr 2020
auf einen tragfähigen Stand zu senken. Griechenland hat
seine Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber seinen
Gläubigern einschließlich der Griechischen Darlehens-
vereinbarung von 2010 und des mit der EFSF geschlos-
senen Kreditvertrages von 2012 rechtzeitig und vollstän-
dig zu erfüllen. Auch wenn die griechische Regierung
einen Schuldenschnitt ins Gespräch bringt, so erkläre ich
mich mit einem solchen Schritt trotz meiner Zustim-
mung nicht einverstanden. Meine Zustimmung bezieht
sich lediglich auf die Verlängerung des laufenden Pro-
gramms, das die Rückzahlung und keinen Schulden-
schnitt vorsieht.
Ich betone ausdrücklich, dass ich mit meiner Zustim-
mung nicht das Verhalten, die Art und Weise der Ver-
handlungsführung und des Umgangs mit Deutschland
und insbesondere dessen politischen Vertretern, genannt
seien hier namentlich unsere Kanzlerin Angela Merkel
und Finanzminister Wolfgang Schäuble, sowie den Ver-
tretern der Troika und weiteren Vertretern der EU tole-
riere und akzeptiere. Ich erwarte von der griechischen
Regierung einen adäquaten und anständigen Umgang
mit den genannten Personen und ein Verhalten, dass das
beschädigte Vertrauen wieder aufbaut und eine vertrau-
ensvolle Zusammenarbeit ermöglicht.
Aus meiner jetzigen Zustimmung ist kein zukünftiges
Abstimmungsverhalten bezüglich eventuell weiteren
Hilfsprogrammen für Griechenland beziehungsweise
weiterer Entscheidungen zum Thema Finanzhilfen für
Griechenland abzuleiten.
Florian Oßner (CDU/CSU): Dem Antrag des Bun-
desministeriums der Finanzen, die Finanzhilfefazilität
für die Hellenische Republik um bis zu vier Monate zu
verlängern, stimme ich unter folgenden fünf Vorausset-
zungen zu, dass:
1) diese Verlängerung der Bereitstellungsfrist im Rah-
men der bestehenden Hilfsvereinbarung zwischen der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF,
und Griechenland ausschließlich dem erfolgreichen
Abschluss des jetzt laufenden Anpassungsprogramms
dient.
2) in dieser Verlängerungszeit jede unkonditionierte
Brückenfinanzierung vermieden wird und deshalb
noch offene Auszahlungen erst erfolgen, wenn die im
bestehenden Memorandum of Understanding und im
Programm des IWF festgeschriebenen Bedingungen
zum erfolgreichen Abschluss des Programms ausrei-
chend erfüllt sind,
3) die in der von Griechenland jetzt vorgelegten Liste
enthaltenen Reformbereiche spezifiziert, unter an-
derem durch einen Zeitplan ergänzt und dabei von
der Troika auf die Vereinbarkeit mit dem heutigen
Programm überprüft werden, um eine ausreichende
Erfüllung der Programmbedingungen und einen er-
folgreichen Abschluss der laufenden Programmüber-
prüfung zu ermöglichen,
4) der erfolgreiche Abschluss dieser Programmüberprü-
fung eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit
mit einschließt mit dem Ziel, die Gesamtverschul-
dung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen Stand
abzusenken – soziale Maßnahmen mit fiskalischen
Auswirkungen können deshalb nur in Abstimmung
mit der Troika umgesetzt werden, die vereinbarten
Fiskalziele sind einzuhalten –,
5) die Hellenische Republik ihren Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, einschließ-
lich der Griechischen Darlehensvereinbarung von
2010 und des mit der EFS geschlossenen Kreditver-
trages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommt.
Erwin Rüddel (CDU/CSU): Im Rahmen der heuti-
gen namentlichen Abstimmung werde ich dem Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen, Bundestags-
drucksache 18/4079, zustimmen.
Die heutige Zustimmung des Deutschen Bundestages
zu einer Verlängerung der Stabilitätshilfe für Griechen-
land stellt keinen Verzicht auf die vertraglichen Ver-
pflichtungen Griechenlands dar. Die griechische Regie-
rung darf die Zustimmung insbesondere auch nicht als
Zustimmung zu einer unkonditionierten griechischen
Schuldenpolitik verstehen.
Die Zustimmung bezieht sich lediglich auf eine Ver-
längerung des im März 2012 beschlossenen Finanzhilfe-
programms zwischen der Europäischen Finanzstabilisie-
rungsfazilität und Griechenland um bis zu vier Monate.
Entgegen vieler Meldungen handelt es sich dabei
nicht um ein neues Programm. Durch den Beschluss
wird auch kein „neues Geld“ zur Verfügung gestellt.
Dies ist derzeit auch überhaupt nicht erforderlich, weil
der staatliche Haushalt Griechenlands bis Juli 2015 fi-
nanziert ist – vorausgesetzt, dass sich die infolge des Re-
gierungswechsels in Griechenland eingetretenen Steuer-
ausfälle in überschaubaren Grenzen halten.
Eine Auszahlung der im laufenden Programm noch
vorgesehenen restlichen Mittel erfolgt nicht ohne Weite-
res. Vielmehr müssen die EU-Kommission, die EZB und
der IWF, ehemals Troika, auf Wunsch der griechischen
Regierung umbenannt in: „Die Institutionen“, zustim-
men. Eine Auszahlung kann im Übrigen nur nach einer
Beteiligung des Deutschen Bundestages bzw. des Haus-
haltsausschusses erfolgen Das bedeutet, dass der Be-
schluss des Deutschen Bundestages keine neuen Maß-
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8525
(A) (C)
(D)(B)
nahmen umfasst, sondern lediglich eine Verlängerung
der Bereitstellungsfrist darstellt.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages ist bei
der aktuellen Entwicklung allerdings auch keine Selbst-
verständlichkeit. Der Chef der neuen griechischen Re-
gierung, bestehend aus der linksextremen Partei Syriza
und der rechtsextremen Partei Anel, Alexis Tsipras, hat
bereits vor der griechischen Parlamentswahl erklärt, dass
er den in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Re-
formkurs verlassen werde. Die Troika werde aus dem
Land gefegt, Privatisierungen würden gestoppt. Für den
öffentlichen Dienst wurden umfangreiche Wiedereinstel-
lungen angekündigt, ebenso Rentenerhöhungen und die
Anhebung des Mindestlohns. Die griechische Regierung
forderte eine Schuldenkonferenz mit dem Ziel eines
erheblichen Schuldennachlasses. An die Hauptfinanz-
hilfevereinbarung und die im Memorandum of Under-
standing, MoU, aufgenommenen Verpflichtungen zur
konkreten Durchführung des Anpassungsprogramms
fühle man sich nicht gebunden. Man werde gegebenen-
falls klagen.
Die Reformbemühungen, die die früheren griechi-
schen Regierungen und das griechische Volk bislang un-
ternahmen, wurden dadurch deutlich zurückgeworfen.
Die griechische Regierung hat jedoch inzwischen be-
kräftigt, dass sie ihre finanziellen Verpflichtungen ge-
genüber den Gläubigern einhalten und angemessene
Primärüberschüsse zur Herstellung der Schuldentragfä-
higkeit bereitstellen werde.
Griechenland muss jetzt in den nächsten Wochen eine
realistische und tragfähige Reformagenda vorlegen. Die
Auszahlungen der restlichen Beträge aus dem laufenden
Programm oder Verhandlungen über eine mögliche Fol-
gevereinbarung kommen nur dann in Betracht, wenn es
sich bei den Erklärungen der griechischen Regierung
nicht nur um Lippenbekenntnisse handelt, sondern Grie-
chenland den eingeschlagenen Anpassungsprozess fort-
führt.
Wenn die griechische Regierung den bisherigen Re-
formprozess ernsthaft fortsetzt, kann Griechenland auch
weiterhin auf die solidarische Unterstützung Europas
zählen, so wie beispielsweise Irland und Portugal, die in-
zwischen dabei sind, ihre Kredite abzubezahlen.
Sollte die griechische Regierung aber deutlich ma-
chen, dass kein ernsthaftes Interesse an der Fortführung
des Anpassungsprozesses besteht, muss im europäischen
Gemeinschaftsinteresse die Finanzhilfe unverzüglich be-
endet werden.
Bei einer unkonditionierten Finanzhilfe stünde für
Europa als Ganzes viel auf dem Spiel. Erstmals würde
eine echte „Bail-Out-Union“ eingeführt werden, also
eine Haftungsübernahme der Schulden eines EU-Mit-
glieds durch andere EU-Mitglieder. Dies ist nach
Artikel 125 AEUV verboten.
Die Europäische Union im Allgemeinen und die Eu-
ropäische Währungsunion im Besonderen werden sich
dauerhaft nur dann erfolgreich behaupten können, wenn
feste Regeln gelten, die die Stabilität sicherstellen. Soll-
ten Griechenland Sonderrechte eingeräumt werden, wür-
den Forderungen weiterer Euro-Gruppen-Mitglieder
nach Sonderregelungen folgen. Wenn die bestehenden
Regelungen für Griechenland nicht mehr gelten, werden
EU-Mitgliedstaaten auch bei der Frage der Einhaltung
der Maastricht-Kriterien und den länderspezifischen
Empfehlungen Sonderrechte einfordern.
Eine derartige Entwicklung, die mit dem Interesse der
europäischen und deutschen Steuerzahler nicht zu ver-
einbaren wäre, muss unbedingt verhindert werden. Des-
halb weise ich eine nicht ausreichend konditionierte Fi-
nanzhilfe – sollte diese zukünftig ein Thema werden –
mit aller Entschiedenheit zurück.
Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU): Im Rahmen
der heutigen namentlichen Abstimmung stimme ich dem
Antrag des Bundesministeriums der Finanzen, Bundes-
tagsdrucksache 18/4079, zu. Damit verbunden ist die un-
eingeschränkte Erwartung, dass Griechenland seine ver-
traglichen Verpflichtungen vollständig erfüllen wird.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem
Antrag des Bundesfinanzministers bezieht sich lediglich
auf eine technische Verlängerung des im März 2012 be-
schlossenen Finanzhilfeprogramms um bis zu vier Mo-
nate. Ohne einen entsprechenden Beschluss des Deut-
schen Bundestages wäre das Programm mit Ablauf des
28. Februar 2015 beendet. Dies hätte zur Folge, dass die
noch offenstehende Tranche des EFSF-Programms
– 1,8 Milliarden Euro – und die Überweisung der Ge-
winne aus dem Anleihekaufprogramm der EZB aus dem
Jahr 2014 – 1,9 Milliarden Euro – automatisch verfallen.
Es handelt sich hier nicht um ein neues Programm.
Durch den Beschluss wird auch kein „frisches Geld“ zur
Verfügung gestellt. Dies ist derzeit auch überhaupt nicht
erforderlich, weil der staatliche Haushalt Griechenlands
bis Juli 2015 durchfinanziert ist – vorausgesetzt, dass
sich die infolge des Regierungswechsels in Griechenland
eingetretenen Steuerausfälle in überschaubaren Grenzen
halten.
Eine Auszahlung der im laufenden Programm noch
vorgesehenen restlichen Mittel erfolgt nicht ohne Weite-
res. Vielmehr müssen die ehemals als Troika bezeichne-
ten Institutionen EU-Kommission, EZB und IWF zu-
stimmen. Eine Auszahlung kann im Übrigen nur nach
einer Beteiligung des Deutschen Bundestages – zumin-
dest des Haushaltsausschusses – erfolgen. Damit ist zu-
nächst festzustellen, dass der Beschluss des Deutschen
Bundestages keine spektakulären neuen Maßnahmen
umfasst, sondern lediglich eine Verlängerung der Bereit-
stellungsfrist bedeutet.
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages ist bei
der aktuellen Entwicklung keine Selbstverständlichkeit.
Nach den ersten Umfragen, die in Griechenland eine
durch die linksextreme Syriza geführte Regierung prog-
nostizierten, verschlechterten sich die finanz- und wirt-
schaftspolitischen Parameter des Landes erheblich. Die
Zinssätze für Staatsanleihen haben mittlerweile Fanta-
siewerte erreicht und übertreffen die Zinssätze der über
die EFSF bereitgestellten Mittel um mehr als das Zehn-
8526 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
fache. Es setzte eine massive Guthabenflucht von grie-
chischen Konten ein.
Die unternehmerische Bereitschaft, in Griechenland
zu investieren, hat durch die Regierung aus Syriza und
rechtsextremer Anel sehr gelitten. Bereits in den ersten
Tagen hat diese in rekordverdächtiger Zeit das Vertrauen
in die Verlässlichkeit griechischer Politik erschüttert.
Auch die nicht koordinierte unprofessionelle Vorgehens-
weise – sieht man einmal von der unvertretbaren Belei-
digung Deutschlands und deutscher Spitzenpolitiker ab –
dürfte zu einer erheblichen Belastung des politischen
Klimas beigetragen haben.
Die beachtlichen Anpassungsbemühungen, die die
früheren griechischen Regierungen und das griechische
Volk bislang unternahmen, wurden quasi über Nacht um
Monate, wenn nicht Jahre zurückgeworfen. Zwar war
auch bislang bei den Anpassungsprogrammen und der
Griechenlandhilfe der Erfolg nicht sichergestellt. Grie-
chenland befand sich aber insgesamt auf einem guten
Weg. Nach sechs Jahren der Rezession konnte erstmals
im Jahr 2014 ein Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent
erzielt werden. Für die Jahre 2015 und 2016 wurde ein
Wachstum von 2,5 Prozent und 3,6 Prozent prognosti-
ziert, das jetzt in weite Ferne gerückt ist.
Ohne die gemeinsame Erklärung der Euro-Gruppe
vom Februar 2015 mit dem Bekenntnis der griechischen
Regierung zu dem laufenden Reformprozess wäre die
Geschäftsgrundlage für eine weitere Finanzhilfe entfal-
len. Die griechische Regierung bekräftigte hier, dass sie
ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Gläubi-
gern einhalte und angemessene Primärüberschüsse zur
Herstellung der Schuldentragfähigkeit bereitstellen
werde. Die Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hat
zutreffend festgestellt, dass die jetzt von der griechi-
schen Regierung vorgelegte Reformliste ausreichend sei,
um das Programm zu verlängern. Das klare Bekenntnis
zu dem Reformprogramm fehle aber.
Da die griechische Regierung die in den bisherigen
Verträgen gegebene Flexibilität nutzen und auch die „so-
ziale Fairness“ verbessern will, hängt die Zustimmungs-
fähigkeit ganz maßgeblich davon ab, ob die griechische
Politik das klare Bekenntnis zur Fortsetzung des bisheri-
gen Reformprogramms auch trägt. Griechenland muss in
den nächsten Wochen eine realistische und tragfähige
Agenda vorlegen. Die Auszahlungen der restlichen Be-
träge aus dem laufenden Programm oder Verhandlungen
über eine mögliche Folgevereinbarung kommen nur dann
in Betracht, wenn es sich bei den Erklärungen der grie-
chischen Regierung nicht nur um Lippenbekenntnisse
handelt, sondern diese den eingeschlagenen Anpassungs-
prozess fortführt. Luftbuchungen können nicht akzep-
tiert werden.
Die neue griechische Regierung verdient wie jede an-
dere eine faire Chance. Wenn sie seriös und ernsthaft den
bisherigen Reformprozess fortsetzt, kann Griechenland
auch weiterhin auf die solidarische Unterstützung Euro-
pas zählen. Als Sicherheitspolitikerin sehe ich zudem
den Aspekt einer möglichen Einflussnahme Dritter auf
das EU-Mitglied Griechenland im Austausch für finan-
zielle Hilfen, falls diese nicht durch die europäischen
Partner gewährt werden. Dies betrifft insbesondere die
geschlossene Haltung der EU gegenüber Russland in der
Ukraine-Krise.
Sollte die griechische Regierung aber durch die Vor-
lage der konkretisierten Reformagenda, ihr weiteres Ver-
halten oder gegenläufige Erklärungen deutlich machen,
dass kein ernsthaftes Interesse an der Fortführung des
Anpassungsprozesses besteht, wäre im europäischen Ge-
meinschaftsinteresse die Finanzhilfe unverzüglich zu be-
enden. Bei einer unkonditionierten Finanzhilfe stünde
für Europa als Ganzes viel mehr auf dem Spiel. Erstmals
würde eine echte „Bail-out-Union“ eingeführt werden,
also eine echte verlorene staatliche Finanzierung eines
EU-Mitglieds durch andere EU-Mitglieder. Dies ist nach
Artikel 125 AEUV verboten.
Die Europäische Union im Allgemeinen und die euro-
päische Währungsunion im Besonderen werden sich
dauerhaft nur dann erfolgreich behaupten können, wenn
feste Regeln gelten, die die Stabilität sicherstellen. Soll-
ten Griechenland Sonderrechte eingeräumt werden, wür-
den Forderungen weiterer Euro-Gruppen-Mitglieder
nach Sonderregelungen folgen. EU-Mitgliedstaaten
könnten auch bei der Frage der Einhaltung der Maast-
richt-Kriterien und den länderspezifischen Empfehlun-
gen Sonderrechte einfordern: Ein Fass ohne Boden.
Eine derartige Entwicklung, die mit dem Interesse der
europäischen und deutschen Steuerzahler nicht zu ver-
einbaren wäre, muss unbedingt verhindert werden. Des-
halb stelle ich bereits jetzt klar, dass ein weiteres Finanz-
hilfsprogramm ohne entsprechende Bedingungen und
eine umfassend und glaubwürdig demonstrierte Bereit-
schaft Griechenlands zu deren Einhaltung keinesfalls
meine Zustimmung finden wird.
Norbert Schindler (CDU/CSU): Meine Zustim-
mung zur Verlängerung der Stabilitätshilfe zugunsten
Griechenlands mache ich von der Einhaltung der gefor-
derten Reformen abhängig. Sollten die Zusagen nicht
eingehalten werden, werde ich jedwede zukünftige Zu-
stimmung zu weiterer Hilfe verweigern.
Auch heute kann ich diesem Gesetzentwurf nur mit
Bauchgrimmen zustimmen!
Heiko Schmelzle (CDU/CSU): Ich stehe bei der an-
stehenden Entscheidung zu Griechenland im Spannungs-
feld zwischen einem tiefen Misstrauen gegenüber der
neuen griechischen Regierung und dem Urvertrauen in
das Urteilsvermögen unseres Finanzministers Wolfgang
Schäuble.
Die längste Zeit meines Berufslebens bin ich Finan-
zierungsberater bei einer Sparkasse gewesen. Zentrales
Entscheidungskriterium bei der Vergabe eines Kredits ist
die Bonität des Antragstellers. Die materielle Bonitäts-
prüfung stellt die Frage: „Ist der Antragsteller in der
Lage, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukom-
men?“ Die persönliche Bonitätsprüfung stellt die Frage:
„Ist der Antragsteller gewillt, seinen finanziellen Ver-
pflichtungen nachzukommen?“
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8527
(A) (C)
(D)(B)
Bei der Beantwortung beider Fragen habe ich im Fall
Griechenland große Zweifel, weil die neue Regierung in
Athen bislang alles unterlassen hat, was der Vertrauens-
bildung dienlich wäre.
Ich werde bei der jetzt anstehenden Entscheidung un-
serem Finanzminister Wolfgang Schäuble folgen und ei-
ner Verlängerung des bestehenden Programms um vier
Monate zustimmen.
Ich werde in den kommenden vier Monaten genau
beobachten, ob die griechische Regierung ihren Vor-
schlägen Taten folgen lässt. Sollte sich die „ungehörige
Wortwahl“ der neuen griechischen Regierung nicht als
Wahlkampfrhetorik, sondern als fehlender Wille für die
Einhaltung von eingegangenen Verpflichtungen heraus-
stellen, werde ich in vier Monaten eine Neubewertung
vornehmen müssen.
Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Der Deutsche
Bundestag hat am 27. Februar 2012 seine Zustimmung
zur Vereinbarung eines zweiten Hilfsprogramms der Eu-
ropäischen Finanzstabilisierungsfazilität für die Helleni-
sche Republik erteilt. Ich habe dem nicht zugestimmt.
Zu dieser Finanzhilfe hat der Deutsche Bundestag am
18. Dezember 2014 die Verlängerung und Fortführung
der Stabilitätshilfe um zwei Monate bis zum 28. Februar
2015 beschlossen. Vorliegend beantragt das Bundes-
ministerium der Finanzen eine erneute Verlängerung der
Stabilitätshilfe um weitere vier Monate bis zum 30. Juni
2015, Bundestagsdrucksache 18/4079.
Gegenstand dieses Antrags ist nicht die Gewährung
neuer Finanzhilfen, sondern die längere Bereitstellung
der bereits vereinbarten Finanzhilfen. Die Fristverlänge-
rung soll dazu dienen, die Überprüfung des laufenden
Hilfsprogramms abzuschließen.
Spätestens nach Ablauf dieser Frist ist über die künf-
tigen Beziehungen der Hellenischen Republik zur Euro-
Zone zu entscheiden. Um die Beratungen darüber zu
ermöglichen, halte ich eine Fristverlängerung von vier
Monaten für erforderlich und angemessen. Deshalb
stimme ich dem Antrag zu.
Erika Steinbach (CDU/CSU): Im Rahmen der heuti-
gen namentlichen Abstimmung werde ich dem Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen, Bundestags-
drucksache 18/4079, nicht zustimmen.
Bislang habe ich allen Hilfspaketen für notleidende
Euro-Länder im Interesse der Gemeinschaft in Europa
zugestimmt.
Anders als Irland, Spanien und Portugal hat Griechen-
land die damit verbundenen Erwartungen und Verpflich-
tungen leider bis heute nicht erfüllt.
Seit den jüngsten Äußerungen der griechischen Re-
gierung zu seinen Privatisierungsverpflichtungen und
dem Ruf nach einem Schuldenschnitt habe ich das Ver-
trauen in die Vertragstreue und Zuverlässigkeit griechi-
scher Regierungen endgültig verloren.
Deshalb sehe ich mich nicht in der Lage, einer Verlän-
gerung des zweiten Rettungspaketes für Griechenland
zuzustimmen.
Johannes Steiniger (CDU/CSU): Eine Dauerali-
mentierung Griechenlands kann nicht im Interesse der
Steuerzahler in Deutschland und Europa sein. Besonders
für die junge Generation Europas muss auch in dieser
schwierigen politischen Situation der finanzielle Spiel-
raum für eine nachhaltige, zukünftige Gestaltung der EU
gewahrt bleiben.
Meine heutige Zustimmung zur einmaligen Verlänge-
rung der laufenden Stabilitätshilfe zugunsten Griechen-
lands knüpfe ich unmittelbar an meine Erwartung, dass
die vereinbarten Bedingungen nunmehr auch konsequent
eingehalten werden. Bisher ist im notwendigen Reform-
prozess viel zu wenig erreicht, meine Bedenken sind da-
her sehr groß.
Die getroffenen Vereinbarungen, was die Kreditbe-
dingungen selbst, aber auch die daran gekoppelten Re-
formen betrifft, müssen erkennbar umgesetzt werden.
Griechenland hat in der heutigen Situation eine Bring-
schuld – verlorenes Vertrauen gegenüber der europäi-
schen Familie muss wiederhergestellt werden.
Grundlage für die jetzt gewährte Verlängerung der be-
stehenden Stabilitätshilfe sind daher die von der EU-
Kommission regelmäßig geforderten Reformen: Ziel
muss zuvorderst ein funktionierendes Steuersystem sein.
Zudem kann nur ein schlankerer Staat mit weniger Büro-
kratie und mehr Rechtssicherheit ein gutes Klima für
notwendige Investitionen schaffen.
Nur so kann eine Daueralimentierung Griechenlands
verhindert werden.
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN): Dem Antrag stimme ich zu. Obwohl ich die Ret-
tungspakete für Griechenland bisher stets abgelehnt
habe, werde ich mit Ja stimmen.
Auch den Rettungsschirm, der mit dem heutigen Be-
schluss um vier Monate verlängert wird, hatte ich ab-
gelehnt. Ich habe in meiner damaligen persönlichen Er-
klärung betont, dass auch ich Griechenland und der
griechischen Bevölkerung in der schwierigen wirtschaft-
lichen Lage helfen will, aber unerträgliche unsoziale
Kürzungsdiktate ablehne. Eine Sanierung des Landes
und der Wirtschaft darf nicht zulasten des armen Teils
der Bevölkerung gehen, die zum Teil jedes Einkommen
und Krankenversorgung verliert. Das ist nicht nur unso-
zial, sondern auch ökonomisch falsch.
Dieser Auffassung bin ich auch heute noch. Die Ver-
längerung des Programms bringt trotzt dessen unsozia-
len Teilen die Chance, dass die neue Regierung Tsipras,
die mit der Ablehnung des Sparprogramms die Wahlen
gewonnen hat, die sozialen Härten bald mildert und be-
seitigt. Sie hat jetzt wieder angekündigt, das Sanierungs-
programm so schnell wie möglich zugunsten der Armen
zu verändern, die Mindestlöhne zu erhöhen und Lebens-
mittel und eine Krankenversorgung für alle zur Verfü-
gung zu stellen. Bundesminister Schäuble hat bisher in
8528 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
seinen vielen Stellungnahmen nicht gesagt, was daran so
schlimm sein soll. Auch die Ankündigung der Schulden-
streckung und Schuldenschnitte durch die neue Regie-
rung macht Sinn. Es ist ein Schritt zu mehr Ehrlichkeit.
Griechenland wird die angehäuften Schulden von weit
über 300 Milliarden Euro ohnehin nie zurückzahlen kön-
nen, in den nächsten Jahren nicht und auch nicht bis zum
Jahr 2057. Die Schulden wurden nicht gemacht, weil die
griechische Bevölkerung im Überfluß gelebt hat, den sie
sich nicht leisten konnte, wie dies in der deutschen Öf-
fentlichkeit zum Teil behauptet wird. Circa 80 Prozent
der Schulden musste das Land aufnehmen, um marode
Banken im In- und Ausland zu stützen und zu retten, die
sich verzockt hatten, darunter gerade auch Großbanken
aus Deutschland und Frankreich. Ich bedauere, dass die
neue griechische Regierung zu der Erklärung gezwun-
gen wurde, sie stehe zu den finanziellen Verpflichtungen
gegenüber allen Gläubigern. Besser wäre gewesen, scho-
nungslos die Wahrheit auf den Tisch zu legen und Ver-
handlungen über Schuldenschnitte anzukündigen.
Ich will mit meiner Zustimmung die neue griechische
Regierung unterstützen, die die Verlängerung des Kre-
dit- und Anpassungsprogramms auf Druck der EU-Re-
gierungen und gerade auch der Bundesregierung bean-
tragen musste. Ich hoffe, damit gewinnt die neue
Regierung Zeit, die sie nutzt für die Entwicklung und
Verhandlung eines Alternativprogramms mit den Euro-
Ländern. Dieses sollte vor allem darauf ausgerichtet
sein, die unerträglichen sozialen Mißstände zu besei-
tigen und die Wirtschaft zu entwickeln zulasten der Rei-
chen, die keine Steuern zahlen, und zugunsten der
Armen. Um einen solchen Neustart doch noch zu ermög-
lichen, stimme ich für die befristete Verlängerung eines
gar nicht guten Programmes.
Harald Weinberg (DIE LINKE): Ich werde zu dem
Antrag des Bundesfinanzministeriums mit „Ja“ stim-
men, wenngleich ich mit dem Antrag und insbesondere
mit dem Umgang der Bundesregierung mit Griechenland
alles andere als zufrieden bin. Denn nach wie vor ist die
Bundesregierung die treibende Kraft, die Griechenland
Austerität verordnet. Diese Politik hat zu einer humani-
tären Krise in Griechenland geführt. Bei meinen Besu-
chen in Griechenland habe ich mit eigenen Augen die
fatalen Auswirkungen sehen können. Massenhafte Ar-
beitslosigkeit, massenhafte Armut, perspektivlose Ju-
gend, ein heruntergekommenes Sozialsystem sowie eine
Gesundheitsversorgung, die man eher in Afrika als in
Europa verorten würde.
Diese Politik der Bundesregierung halte ich für
grundfalsch. Leider ist es der Bundesregierung, dem
IWF, der Europäischen Zentralbank und der Europäi-
schen Kommission gelungen, viele der sinnvollen Vor-
schläge der neuen griechischen Regierung abzuwehren
und stattdessen teilweise die erpresserische Austeritäts-
politik fortzusetzen. Die Übermacht dieser Institutionen
ist momentan leider genauso frappierend wie ihr Un-
wille, für Verbesserungen der genannten Missstände in
Griechenland zu sorgen. Dies spiegelt sich in der gefun-
den „Einigung“ mit Griechenland wider.
Ich werde dennoch mit „Ja“ stimmen, weil diese neue
griechische Regierung zunächst einmal Luft zum Atmen
und Handeln braucht, weil ich überzeugt davon bin, dass
die neue griechische Regierung im Gegensatz zu ihren
Vorgängern der griechischen Bevölkerung reale Verbes-
serungen bringen wird und weil ich ihr mit dieser Ent-
scheidung meine Solidarität bekunden will.
Die griechische Regierung hat dieser Einigung zuge-
stimmt, weil sie davon überzeugt ist, dass dies zurzeit
das Maximale ist, was durchzusetzen war. Mir ist es
wichtig, dass der Syriza-geführten griechischen Regie-
rung keine Steine in den Weg gelegt werden, und des-
halb stimme ich mit „Ja“.
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Bei der heutigen
namentlichen Abstimmung zum Antrag des Bundes-
ministeriums der Finanzen „Finanzhilfen zugunsten
Griechenlands; Verlängerung der Stabilitätshilfe“ werde
ich zustimmen.
Ich habe mir diese Entscheidung jedoch nicht leicht
gemacht und verbinde meine Zustimmung mit großen
Vorbehalten. Wir stimmen über die Verlängerung des be-
stehenden Programms für einen begrenzten Zeitraum ab.
Über den tatsächlichen Geldfluss wird die Troika ent-
scheiden. Und da bleibt es beim Prinzip, dass es nur
dann Geld gibt, wenn Griechenland die Reformvor-
haben, die zum Beispiel um die Besteuerung der Oligar-
chen erweitert wurden, auch umsetzt. Das muss der grie-
chischen Regierung klar sein. Das Prinzip „Keine
Leistung ohne Gegenleistung“ bleibt bestehen.
Das ist der richtige Weg, den Finanzminister
Schäuble unter großem Einsatz letzte Woche erneut in
Europa durchgesetzt hat. Der linkssozialistische Regie-
rungschef Tsipras hat in den vergangenen Wochen, ins-
besondere vor der Parlamentswahl, ein unmögliches
Verhalten an den Tag gelegt und keine Provokationen
ausgelassen. Er verkündete, die Reformpläne nicht wei-
terführen zu wollen, stattdessen stellte er die gesamten
Hilfsprogramme infrage. Zwischenzeitlich ist Tsipras je-
doch in der Realität angekommen. Er wird seine Wahl-
versprechen nicht halten können.
Die Zustimmung zum Antrag des Bundesfinanz-
ministeriums bedeutet keineswegs eine bedingungslose
Verlängerung des griechischen Hilfsprogramms. Viel-
mehr knüpft die CSU-Landesgruppe diese an bestimmte
Bedingungen. Unsere Solidarität gibt es nur gegen eine
Gegenleistung, sprich, die Umsetzung der Reformen.
Daher muss die griechische Regierung die Reformliste
konkretisieren und einen konkreten Zeitplan für die Um-
setzung vorlegen. Nur wenn die Troika dann zu dem Er-
gebnis kommt, dass Griechenland die Reformen zufrie-
denstellend umsetzt, wird das bestehende Programm
fortgesetzt, und die nächste Tranche wird ausbezahlt.
Wir werden weiterhin ganz genau darauf schauen, ob
Griechenland den Worten auch Taten folgen lässt. Bei
künftigen Entscheidungen wird dies für mich den Aus-
schlag geben.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8529
(A) (C)
(D)(B)
Ingo Wellenreuther (CDU/CSU):
1. Vorbemerkung:
a) Ohne einen zustimmenden Beschluss des Deutschen
Bundestages zum obigen Antrag wäre das im März
2012 beschlossene Programm mit Ablauf des 28. Fe-
bruar 2015 beendet, mit der Folge, dass die noch of-
fenstehende Tranche des EFSF-Programms, 1,8 Mil-
liarden Euro, und die Überweisung der SMP-
Gewinne – Anleihekaufprogramm der EZB – aus dem
Jahr 2014, 1,9 Milliarden Euro, automatisch verfallen
wären.
b) Eine Auszahlung der im laufenden Programm noch
vorgesehenen restlichen Mittel erfolgt allerdings nicht
ohne Weiteres. Vielmehr müssen die EU-Kommis-
sion, die EZB und der IWF – ehemals Troika, auf
Wunsch der griechischen Regierung umbenannt in:
„Die Institutionen“ – zustimmen. Eine Auszahlung
kann im Übrigen nur nach einer Beteiligung des
Deutschen Bundestages – zumindest des Haushalts-
ausschusses – erfolgen.
c) Durch den heutigen Beschluss wird der Hellenischen
Republik kein „frisches Geld“ zur Verfügung gestellt.
2. Nach dieser Vorbemerkung stimme ich dem Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen, die Finanzhil-
fefazilität für die Hellenische Republik um bis zu vier
Monate zu verlängern, zu. Ich setze dabei voraus,
dass
a) diese Verlängerung der Bereitstellungsfrist im Rah-
men der bestehenden Hilfsvereinbarung zwischen der
Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF,
und der Hellenischen Republik ausschließlich dem er-
folgreichen Abschluss des jetzt laufenden Anpas-
sungsprogramms dient,
b) in dieser Verlängerungszeit jede unkonditionierte
Brückenfinanzierung vermieden wird und deshalb
noch offene Auszahlungen erst erfolgen, wenn die im
bestehenden Memorandum of Understanding und im
Programm des IWF festgeschriebenen Bedingungen
zum erfolgreichen Abschluss des Programms erfüllt
sind,
c) die im bestehenden Memorandum of Understanding
und im Programm des IWF festgeschriebenen Maß-
nahmen konsequent und rasch umgesetzt werden, um
die durch die Bildung der neuen griechischen Regie-
rung sich verschlechternden finanz- und wirtschafts-
politischen Parameter des Landes – unter anderem
starker Anstieg der Zinssätze für Staatsanleihen –
nachhaltig zu verbessern und die von der neuen grie-
chischen Regierung zu verantwortende Erschütte-
rung des Vertrauens in die Verlässlichkeit griechi-
scher Politik zu korrigieren,
d) die in der von der Hellenischen Republik jetzt vorge-
legten Liste enthaltenen Reformbereiche spezifiziert,
unter anderem um einen Zeitplan ergänzt und dabei
von der Troika auf die Vereinbarkeit mit dem heu-
tigen Programm überprüft werden, um eine ausrei-
chende Erfüllung der Programmbedingungen und einen
erfolgreichen Abschluss der laufenden Programm-
überprüfung zu ermöglichen,
e) der erfolgreiche Abschluss dieser Programmüberprü-
fung eine erneute Prüfung der Schuldentragfähigkeit
mit einschließt mit dem Ziel, die Gesamtverschul-
dung bis zum Jahr 2020 auf einen tragfähigen Stand
abzusenken; soziale Maßnahmen mit fiskalischen
Auswirkungen können deshalb nur in Abstimmung
mit der Troika umgesetzt werden; die vereinbarten
Fiskalziele sind einzuhalten,
f) die Hellenische Republik ihren Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, einschließ-
lich der Griechischen Darlehensvereinbarung von
2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kreditver-
trages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommt,
g) jede Finanzhilfe zugunsten der Hellenischen Repu-
blik im europäischen Gemeinschaftsinteresse unver-
züglich zu beenden ist, wenn die neue griechische Re-
gierung den bisherigen Reformprozess, durch den
nach sechsjähriger Rezession im Jahr 2014 erstmals
wieder ein Wirtschaftswachstum erzielt werden
konnte und durch den für die Jahre 2015 und 2016 be-
achtliche Wachstumsraten prognostiziert werden
konnten, nicht umgehend seriös fortsetzt.
Marian Wendt (CDU/CSU): Dem Antrag des Bun-
desministeriums der Finanzen, die Finanzhilfefazilität
für die Hellenische Republik um bis zu vier Monate zu
verlängern, kann ich nach reiflicher Überlegung und Ab-
wägung nicht zustimmen.
Für meine Ablehnung des besagten Antrags habe ich
folgende Beweggründe. Es ist aus meiner Sicht nicht ge-
währleistet, dass
a) die heute beratene Verlängerung der Bereitstellungs-
frist tatsächlich der Erfüllung der bestehenden Hilfs-
vereinbarungen zwischen der Europäischen Finanz-
stabilisierungsfazilität, EFSF, und Griechenland
verhilft und ausschließlich dem erfolgreichen Ab-
schluss des jetzt laufenden Anpassungsprogramms
dient,
b) in dieser Verlängerungszeit keine unkonditionierte
Brückenfinanzierung stattfindet – die im bestehenden
Memorandum of Understanding und im Programm
des IWF festgeschriebenen Bedingungen zum erfolg-
reichen Abschluss des Programms sind trotz mehrfa-
cher Aufforderung nicht durch die griechische Regie-
rung ausreichend erfüllt –,
c) die in der von Griechenland kürzlich vorgelegten
Liste geplanter Reformen diese hinreichend konkret
formuliert und durch einen Zeitplan ergänzt sind – be-
sagte Liste fasse ich vielmehr als eine reine Absichts-
erklärung auf, welche weder zu einer ausreichenden
Erfüllung der Programmbedingungen noch zu einem
erfolgreichen Abschluss der laufenden Programm-
überprüfung beitragen –,
8530 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
d) die Gesamtverschuldung Griechenlands bis zum Jahr
2020 auf einen tragfähigen Stand abgesenkt werden
kann,
e) die sozialen Maßnahmen, welche seitens der griechi-
schen Regierung geplant sind, keine gravierenden
fiskalischen Auswirkungen entfalten, womit die ver-
einbarten Fiskalziele im Ergebnis mit hoher Wahr-
scheinlichkeit nicht eingehalten werden können,
f) die Hellenische Republik ihren Rückzahlungsver-
pflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, einschließ-
lich der Griechischen Darlehensvereinbarung von
2010 und des mit der EFSF geschlossenen Kreditver-
trages von 2012, rechtzeitig und vollständig nach-
kommt.
Die Annahme des heute beratenen Antrags wäre ein
weiterer Schritt in die falsche Richtung, denn die vorge-
legte Liste sowie das gesamte Verhandlungsverhalten
der neuen griechischen Regierung lassen keine ernsten
Reformabsichten erkennen. Aus Sorge für den Zusam-
menhalt in Europa sowie für die zukünftigen Generatio-
nen, welchen eine enorme Schuldenlast aufgebürdet
wird, lehne ich den Antrag ab.
Kai Whittaker (CDU/CSU): Das Bundesministerium
der Finanzen hat beantragt, dass der Deutsche Bundestag
einen zustimmenden Beschluss nach § 3 Absatz 1 in
Verbindung mit § 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stabilisie-
rungsmechanismusgesetzes auf Verlängerung der beste-
henden Finanzhilfefazilität zugunsten der Hellenischen
Republik fasst.
Im Vorfeld dieses Antrags hat die Euro-Gruppe am
Freitag, den 20. Februar 2015, beschlossen, einer Verlän-
gerung nur zuzustimmen, wenn die griechische Regie-
rung eine Reformliste bis zum 23. Februar 2015 vorlegt.
Diese Liste soll Grundlage für weitere Gespräche bis
Ende April sein. Ziel dieser Gespräche ist es, eine Ver-
einbarung zu treffen, welche Reformen zum erfolgrei-
chen Abschluss des laufenden zweiten Hilfsprogramms
vonseiten der griechischen Regierung zu erbringen sind.
Folgende Punkte sind hierbei anzumerken:
1. Mit diesem Antrag geht die Euro-Gruppe erneut einen
Schritt auf die griechische Regierung zu, indem sie
zum dritten Mal der griechischen Regierung mehr
Zeit zur Erfüllung der Reformen gewährt. Die grie-
chische Regierung hingegen hat sich lediglich darauf
verpflichtet, die bisherigen Reformen beizubehalten
sowie die zugesagten Reformen des laufenden Pro-
gramms umzusetzen.
2. Die vorgelegte Reformliste ist meiner Ansicht nicht
ausreichend, weil konkrete Zusagen über Maßnahmen
nicht enthalten sind. Dies bestätigen im Übrigen die
Ausführungen des Präsidenten der Europäischen Zen-
tralbank, Mario Draghi, und der Präsidentin des Inter-
nationalen Währungsfonds, Christine Lagarde. Mario
Draghi schreibt in einem Brief an den Chef der Euro-
Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, dass die vorgelegten
Reformansätze von dem existierenden Programm in
einer Reihe von Punkten abweichen. Ebenso bemän-
gelt Christine Lagarde in ihrem Brief an den Chef der
Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, dass klare Zusi-
cherungen in den wichtigsten Bereichen fehlen. Auch
wenn beide Institutionen das Vorhaben auf Fristver-
längerung formal billigen, sind die erheblichen Zwei-
fel nicht zu übersehen. Die griechische Regierung be-
schränkt sich in weiten Teilen darauf, die kritischen
Bereiche Haushalt, Sozialversicherung, Privatisie-
rung von Staatseigentum, Arbeitsmarkt auf den Prüf-
stand zu stellen bzw. Reformmöglichkeiten zu identi-
fizieren. Dies bedeutet, dass klare Zusicherungen in
den wichtigsten Bereichen fehlen.
3. Der Antrag der Bundesregierung bezieht sich jedoch
nicht nur auf eine Verlängerung des Hilfsprogramms.
Im Antrag der Bundesregierung steht: „Zudem gäbe
eine Verlängerung Zeit für Beratungen über etwaige
Anschlussvereinbarungen.“ Hiermit wird deutlich ge-
macht, dass es bei dieser Abstimmung nicht nur um
eine Verlängerung der bisherigen Hilfen geht, sondern
um einen ersten Schritt in Richtung eines dritten
Hilfsprogramms.
Vor diesem Hintergrund stellt sich mir die Frage, wa-
rum die griechische Regierung in den kommenden vier
Monaten in der Lage sein soll, Reformen umzusetzen,
die in den letzten vier Jahren nicht geschafft wurden.
Andere Krisenländer in der Euro-Zone wie zum Beispiel
Irland, Spanien oder Portugal haben in den letzten Jah-
ren enorme Reformanstrengungen unternommen, die
ihre Wirkung zeigen.
Am Ende geht es auch um das Thema Vertrauen. In
den letzten Wochen wurde viel Vertrauen seitens der
neuen griechischen Regierung zerstört. Dieses Verhalten
bestätigt mich in der Annahme, dass sie weder die not-
wendigen Reformen durchführen kann noch will. Die
griechische Regierung wird den bisherigen Reformkurs
nicht fortführen können, weil sie dafür nicht das innen-
politische Mandat hat. Sie ist gewählt worden, um den
eingeleiteten Reformkurs zu beenden. Dieser Wille ist in
diesen Tagen deutlich spürbar. Aktuelle Forderungen des
griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis nach ei-
nem Schuldenschnitt, mehr Investitionen, einem gerin-
geren Haushaltsplus sowie die Bezeichnung der Reform-
liste als „konstruktiv zweideutig“ bestätigen diese
Einschätzung und konterkarieren unsere Bemühungen
der vergangenen Jahre.
Eine Aufweichung der Bedingungen zugunsten von
Griechenland würde ein negatives Signal an diese Län-
der senden und könnte einen Dominoeffekt in anderen
Euro-Staaten zur Folge haben.
Aus den oben genannten Gründen kann ich dem Be-
schluss über eine Verlängerung der bestehenden Finanz-
hilfefazilität der Hellenischen Republik nicht zustim-
men.
Emmi Zeulner (CDU/CSU): Im Rahmen der heuti-
gen Abstimmung zu Bundestagsdrucksache 18/4079
werde ich dem Antrag nicht zustimmen.
Dazu möchte ich Folgendes erklären:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8531
(A) (C)
(D)(B)
Mit großer Wertschätzung erkenne ich die bisher ge-
leisteten Stabilisierungsbemühungen der griechischen
Regierung an. Selbstverständlich stehe ich weiterhin zu
einer Zugehörigkeit Griechenlands zur Europäischen
Union und bekenne mich auch weiterhin zur deutschen
Verantwortung innerhalb dieses Bündnisses.
Jedoch setzt für mich die Abstimmung, die auf
Grundlage des § 3 Absatz 1 i. V. m. Absatz 2 Nummer 2
Stabilisierungsmechanismusgesetz beruht, voraus, dass
die Möglichkeit einer Stabilisierung erkennbar ist. Die
Arbeitslosenzahlen und wirtschaftlichen Daten Grie-
chenlands lassen aber kaum positive Prognosen zu.
Darüber hinaus ist die Schuldentragfähigkeit von
Griechenland für mich nicht erkennbar. Dies muss aber
die Voraussetzung für weitere Finanzhilfen sein. Einen
zeitnahen Abschluss des jetzigen Programms sehe ich
somit als schwer umsetzbar an.
Ich sehe keine stabile Grundlage, die Regierung Grie-
chenlands als vertrauensvollen Partner anzusehen. Dies
wurde durch das Verhalten und die widersprüchlichen
Aussagen der griechischen Regierung immer wieder er-
kennbar.
Dennoch hoffe ich, dass das Prinzip von Leistung und
Gegenleistung wieder zur Grundlage aller Überlegungen
wird und dass Griechenland im Gegenzug zu den Fi-
nanzhilfen seine zugesicherten Auflagen erfüllt.
Anlage 13
Amtliche Mitteilungen
Der Bundesrat hat in seiner 930. Sitzung am 6. Fe-
bruar 2015 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen
zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab-
satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen:
– Zweites Gesetz zur Änderung des Bundesdaten-
schutzgesetzes – Stärkung der Unabhängigkeit
der Datenschutzaufsicht im Bund durch Errich-
tung einer obersten Bundesbehörde
– Gesetz zur Änderung des Bundesbeamtengesetzes
und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften
– Gesetz zur Änderung des Fahrpersonalgesetzes
und des Straßenverkehrsgesetzes
– Gesetz zu dem Übereinkommen vom 10. März
2009 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union über die zentrale Zollabwicklung
hinsichtlich der Aufteilung der nationalen Erhe-
bungskosten, die bei der Bereitstellung der tradi-
tionellen Eigenmittel für den Haushalt der Euro-
päischen Union einbehalten werden
– Gesetz zu der Entscheidung der Konferenz von
Doha vom 8. Dezember 2012 zur Änderung des
Protokolls von Kyoto vom 11. Dezember 1997
zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Na-
tionen über Klimaänderungen (Doha-Änderung
des Protokolls von Kyoto)
– Gesetz zu dem Europa-Mittelmeer-Luftverkehrs-
übereinkommen vom 10. Juni 2013 zwischen der
Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten
einerseits und der Regierung des Staates Israel
andererseits (Vertragsgesetz Europa-Mittelmeer-
Israel-Luftverkehrsabkommen – Euromed-ISR-
LuftverkAbkG)
– Gesetz zu dem Abkommen vom 15. Mai 2014 zwi-
schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Regierung der Republik Polen über
die Zusammenarbeit der Polizei-, Grenz- und
Zollbehörden
Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie
gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von
einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen
absehen:
Auswärtiger Ausschuss
– Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Inter-
parlamentarischen Union
129. Versammlung der Interparlamentarischen Union
vom 7. bis 9. Oktober 2013 in Genf, Schweiz
Drucksachen 18/3775, 18/3890 Nr. 4
– Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Inter-
parlamentarischen Union
130. Versammlung der Interparlamentarischen Union
vom 16. bis 20. März 2014 in Genf, Schweiz
Drucksachen 18/3776, 18/3890 Nr. 5
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
– Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56 a der
Geschäftsordnung
Technikfolgenabschätzung (TA)
Regenerative Energieträger zur Sicherung der Grund-
last in der Stromversorgung
Drucksachen 17/10579, 18/770 Nr. 14
– Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56 a der
Geschäftsordnung
Technikfolgenabschätzung (TA)
Konzepte der Elektromobilität und deren Bedeutung
für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt
Drucksachen 17/13625, 18/770 Nr. 16
– Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56 a der
Geschäftsordnung
Technikfolgenabschätzung (TA)
Zukunft der Automobilindustrie
Drucksachen 17/13672, 18/770 Nr. 17
– Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56 a der
Geschäftsordnung
Technikfolgenabschätzung (TA)
8532 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(D)(B)
Die Versorgung der deutschen Wirtschaft mit Roh- und
Werkstoffen für Hochtechnologien – Präzisierung und
Weiterentwicklung der deutschen Rohstoffstrategie
Drucksache 17/13673, 18/770 Nr. 18
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 62
Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes
Energie 2013 – Wettbewerb in Zeiten der Energiewende
Drucksachen 17/14742, 18/641 Nr. 28
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bundesbericht Energieforschung 2013
Drucksachen 17/14510, 18/641 Nr. 24
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik
für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 2012 (Rüs-
tungsexportbericht 2012)
Drucksache 18/105
– Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56 a der
Geschäftsordnung
Technikfolgenabschätzung (TA)
Postdienste und moderne Informations- und Kommuni-
kationstechnologien
Drucksache 18/582
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung 2013 nach § 7 des Geset-
zes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollra-
tes
Bessere Rechtsetzung 2013: Erfolge dauerhaft sichern –
zusätzlichen Aufwand vermeiden
Drucksache 18/866
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Nationales Reformprogramm 2014
Drucksachen 18/1107, 18/1379 (neu) Nr. 1.5
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Zweiter Monitoring-Bericht „Energie der Zukunft“
Drucksachen 18/1109, 18/1379 (neu) Nr. 1.6
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Geschäftsordnung des Bundessicherheitsrates vom
27. Januar 1959 in der Fassung vom 4. Juni 2014
Drucksachen 18/1626, 18/1924 Nr. 2
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik
für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 2013 (Rüs-
tungsexportbericht 2013)
Drucksachen 18/1790, 18/2048 Nr. 1
– Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56 a der
Geschäftsordnung
Technikfolgenabschätzung (TA)
Herausforderungen einer nachhaltigen Wasserwirt-
schaft
Drucksache 18/2085
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bundesbericht Energieforschung 2014
Forschungsförderung für die Energiewende
Drucksachen 18/2262, 18/2530 Nr. 9
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der
Deutschen Einheit 2014
Drucksache 18/2665
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 62
Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes
Energie 2013 – Wettbewerb in Zeiten der Energiewende
Drucksache 17/14742
hier: Stellungnahme der Bundesregierung
Drucksachen 18/2939, 18/3108 Nr. 3
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Zwischenbericht der Bundesregierung über die Rüs-
tungsexporte im ersten Halbjahr 2014
Drucksachen 18/2940, 18/3108 Nr. 4
– Unterrichtung durch den Nationalen Normenkontrollrat
Jahresbericht 2014 des Nationalen Normenkontrollra-
tes
Folgenkosten ernst nehmen – Chancen nutzen
Drucksachen 18/3212, 18/3363 Nr. 1.4
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz
Drucksachen 18/3485, 18/3617 Nr. 3
Ausschuss für Gesundheit
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über nosokomiale Infek-
tionen und Erreger mit speziellen Resistenzen und Mul-
tiresistenzen
Drucksachen 18/3600, 18/3762 Nr. 4
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung zum Stand und Fort-
schritt der Verhandlungen über einen barrierefreien
Fernbuslinienverkehr auf EU-Ebene
Drucksachen 18/3544, 18/3762 Nr. 2
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Sondergutachten des Sachverständigenrates für Um-
weltfragen
Vorsorgestrategien für Nanomaterialien
Drucksachen 17/7332, 18/770 Nr. 26
– Unterrichtung durch den Parlamentarischen Beirat für
nachhaltige Entwicklung
Stellungnahme des Parlamentarischen Beirates für
nachhaltige Entwicklung zum Bericht des Peer Review
2013 zur Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie „Sustai-
nability – Made in Germany“
Drucksache 18/3214
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015 8533
(A) (C)
(D)(B)
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
– Unterrichtung durch den Deutschen Ethikrat
Stellungnahme des Deutschen Ethikrates
Biosicherheit – Freiheit und Verantwortung in der Wis-
senschaft
Drucksache 18/1380
– Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56 a der
Geschäftsordnung
Technikfolgenabschätzung (TA)
Climate Engineering
Drucksache 18/2121
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions-
dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be-
ratung abgesehen hat.
Auswärtiger Ausschuss
Drucksache 18/3898 Nr. A.1
EuB-BReg 1/2015
Drucksache 18/3898 Nr. A.2
EuB-BReg 15/2015
Drucksache 18/3898 Nr. A.3
EuB-BReg 2/2015
Drucksache 18/3898 Nr. A.4
EuB-BReg 3/2015
Drucksache 18/3898 Nr. A.5
EuB-BReg 93/2014
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Drucksache 18/1048 Nr. A.6
EP P7_TA-PROV(2014)0179
Finanzausschuss
Drucksache 18/3898 Nr. A.11
Ratsdokument 17111/14
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Drucksache 18/419 Nr. A.84
Ratsdokument 11381/13
Drucksache 18/419 Nr. A.85
Ratsdokument 11455/13
Drucksache 18/419 Nr. A.86
Ratsdokument 11876/13
Drucksache 18/419 Nr. A.89
Ratsdokument 13157/13
Drucksache 18/419 Nr. A.91
Ratsdokument 14688/13
Drucksache 18/419 Nr. A.92
Ratsdokument 14835/13
Drucksache 18/544 Nr. A.31
Ratsdokument 5526/14
Drucksache 18/822 Nr. A.18
Ratsdokument 5599/14
Drucksache 18/822 Nr. A.19
Ratsdokument 5978/14
Drucksache 18/822 Nr. A.20
Ratsdokument 5989/14
Drucksache 18/822 Nr. A.21
Ratsdokument 5992/14
Drucksache 18/822 Nr. A.22
Ratsdokument 6460/14
Drucksache 18/1048 Nr. A.8
Ratsdokument 7204/14
Drucksache 18/1048 Nr. A.9
Ratsdokument 7314/14
Drucksache 18/1048 Nr. A.10
Ratsdokument 7612/14
Drucksache 18/1137 Nr. A.3
Ratsdokument 6446/14
Drucksache 18/1524 Nr. A.6
Ratsdokument 9319/14
Drucksache 18/1935 Nr. A.8
Ratsdokument 5644/14
Drucksache 18/1935 Nr. A.9
Ratsdokument 8096/13
Drucksache 18/2055 Nr. A.8
ERH 2/2014
Drucksache 18/2055 Nr. A.9
Ratsdokument 10409/14
Drucksache 18/2055 Nr. A.10
Ratsdokument 10457/14
Drucksache 18/2533 Nr. A.36
Ratsdokument 11002/14
Drucksache 18/2533 Nr. A.37
Ratsdokument 11603/14
Drucksache 18/2533 Nr. A.38
Ratsdokument 11616/14
Drucksache 18/2533 Nr. A.40
Ratsdokument 12198/14
Drucksache 18/2533 Nr. A.41
Ratsdokument 12212/14
Drucksache 18/2533 Nr. A.42
Ratsdokument 12548/14
Drucksache 18/2677 Nr. A.8
Ratsdokument 12623/14
Drucksache 18/2677 Nr. A.9
Ratsdokument 12672/14
Drucksache 18/3110 Nr. A.11
Ratsdokument 13910/14
Drucksache 18/3218 Nr. A.5
Ratsdokument 14414/14
Drucksache 18/3362 Nr. A.7
Ratsdokument 14225/14
Drucksache 18/3362 Nr. A.8
Ratsdokument 14856/14
Drucksache 18/3765 Nr. A.6
Ratsdokument 16572/14
Drucksache 18/3765 Nr. A.7
Ratsdokument 16612/14
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Drucksache 18/2845 Nr. A.7
Ratsdokument 13157/14
Drucksache 18/2845 Nr. A.8
Ratsdokument 13158/14
Verteidigungsausschuss
Drucksache 18/3765 Nr. A.9
Ratsdokument 11903/14
Drucksache 18/3765 Nr. A.10
Ratsdokument 11934/14
Drucksache 18/3765 Nr. A.11
Ratsdokument 12197/14
Drucksache 18/3765 Nr. A.12
Ratsdokument 15131/14
Ausschuss für Gesundheit
Drucksache 18/2533 Nr. A.52
Ratsdokument 11266/14
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Drucksache 18/642 Nr. C.11
Ratsdokument 5855/13
8534 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Februar 2015
(A) (C)
(B)
Drucksache 18/642 Nr. C.12
Ratsdokument 5960/13
Drucksache 18/642 Nr. C.13
Ratsdokument 5985/13
Drucksache 18/642 Nr. C.14
Ratsdokument 6012/13
Drucksache 18/642 Nr. C.15
Ratsdokument 6013/13
Drucksache 18/642 Nr. C.16
Ratsdokument 6014/13
Drucksache 18/642 Nr. C.17
Ratsdokument 6015/13
Offsetdruc
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Te
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit
Drucksache 18/3362 Nr. A.11
Ratsdokument 15012/14
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Drucksache 18/3765 Nr. A.15
EP P8_TA-PROV(2014)0072
(D)
kerei, Bessemerstraße 83–91, 1
lefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
22
89. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
ZP 4 Finanzhilfen zugunsten Griechenlands
ZP 5 u. 6 CETA-Abkommen EU/Kanada
TOP 17 Kleinanlegerschutzgesetz
TOP 19 Verfolgung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten
ZP 7, TOP 21 Deutsches Institut für Menschenrechte
TOP 20 Umsetzung der EU-Bilanzrichtlinie
Anlagen