Plenarprotokoll 18/82
Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht
82. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015
I n h a l t :
Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord-
neten Tom Koenigs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7751 A
Wahl des Abgeordneten Dr. Franz Josef
Jung als Vertreter der Bundesrepublik
Deutschland zur Parlamentarischen Ver-
sammlung des Europarates . . . . . . . . . . . . . 7751 B
Erweiterung und Abwicklung der Tagesord-
nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7751 B
Absetzung der Tagesordnungspunkte 7 und
19 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7752 A
Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 7752 B
Tagesordnungspunkt 3:
a) Abgabe einer Regierungserklärung durch
den Bundesminister für Wirtschaft und
Energie: Investieren in Deutschlands
und Europas Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . 7752 C
b) Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Jahreswirtschaftsbericht 2015 der Bun-
desregierung
Drucksache 18/3840 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7752 C
c) Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Jahresgutachten 2014/2015 des Sach-
verständigenrates zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Drucksache 18/3265 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7752 C
Sigmar Gabriel, Bundesminister
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7753 A
Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 7758 B
Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7760 B
Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7761 A
Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . 7762 A
Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7764 B
Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7764 D
Sigmar Gabriel, Bundesminister
BMWi (§ 30 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7765 A
Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7765 B
Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7767 A
Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7769 B
Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 7771 B
Sabine Poschmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7772 B
Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7773 B
Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7774 B
Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7776 B
Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 7777 A
Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . 7778 A
Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7778 D
Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7780 D
Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7781 D
Tagesordnungspunkt 4:
a) Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm,
Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE: Soziale Wohnungswirtschaft
entwickeln
Drucksache 18/3744 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7782 D
Inhaltsverzeichnis
II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015
b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abge-
ordneten Heidrun Bluhm, Caren Lay,
Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion DIE LINKE: Markt-
macht brechen – Wohnungsnot durch
Sozialen Wohnungsbau beseitigen
Drucksachen 18/506, 18/3854 . . . . . . . . . 7783 A
Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7783 A
Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7784 C
Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7787 A
Florian Pronold, Parl. Staatssekretär
BMUB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7788 D
Sylvia Jörrißen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7790 B
Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7792 C
Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7793 B
Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7795 B
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7796 C
Klaus Mindrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7798 C
Yvonne Magwas (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7800 A
Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7802 A
Ulli Nissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7802 C
Tagesordnungspunkt 5:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Umsetzung der Richtlinie 2014/49/EU des
Europäischen Parlaments und des Rates
vom 16. April 2014 über Einlagensiche-
rungssysteme (DGSD-Umsetzungsgesetz)
Drucksache 18/3786 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7803 D
Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär
BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7804 A
Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7805 C
Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7806 D
Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7807 D
Alexander Radwan (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7809 A
Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7810 D
Matthias Hauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7811 C
Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7812 D
Tagesordnungspunkt 22:
Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Elfter Bericht der Bundesregierung über
ihre Menschenrechtspolitik
Drucksache 18/3494 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7813 B
Zusatztagesordnungspunkt 2:
Antrag der Abgeordneten Ralph Lenkert,
Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE LINKE:
Bundesprogramm Modellvorhaben Regio-
nale Auslastung von Müllverbrennungs-
anlagen unter Integration von Klär-
schlamm auflegen
Drucksache 18/3048 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7813 C
Tagesordnungspunkt 23:
a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung
des von der Bundesregierung eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 15. Mai 2014 zwischen
der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung der Re-
publik Polen über die Zusammenarbeit
der Polizei-, Grenz- und Zollbehörden
Drucksachen 18/3696, 18/3851. . . . . . . . . 7813 D
b)–f)
Beratung der Beschlussempfehlungen des
Petitionsausschusses: Sammelübersich-
ten 139, 140, 141, 142 und 143 zu Peti-
tionen
Drucksachen 18/3738, 18/3739, 18/3740,
18/3741, 18/3742. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7814 A
Zusatztagesordnungspunkt 3:
Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Recht und Verbraucherschutz:
Übersicht 4 – über die dem Deutschen Bun-
destag zugeleiteten Streitsachen vor dem
Bundesverfassungsgericht
Drucksache 18/3864 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7814 C
Tagesordnungspunkt 6:
– Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag
der Bundesregierung: Ausbildungsunter-
stützung der Sicherheitskräfte der Re-
gierung der Region Kurdistan-Irak und
der irakischen Streitkräfte
Drucksachen 18/3561, 18/3857. . . . . . . . . 7814 C
– Bericht des Haushaltsausschusses gemäß
§ 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/3858 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7814 D
Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7814 D
Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 7816 D
Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7817 D
Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7818 D
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015 III
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . 7820 A
Julia Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7821 B
Namentliche Abstimmung. . . . . . . . . . . . . . . . 7822 A
Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7823 D
Zusatztagesordnungspunkt 4:
Antrag der Abgeordneten Katrin Göring-
Eckardt, Tom Koenigs, Agnieszka Brugger,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja zur Mei-
nungsfreiheit, nein zur Folter – Menschen-
rechte in Saudi-Arabien schützen, Raif
Badawi freilassen
Drucksache 18/3835 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7822 B
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 5:
Antrag der Abgeordneten Annette Groth, Inge
Höger, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE: Raif
Badawi sofort freilassen – Völkerrechts-
widrige Strafen in Saudi-Arabien abschaf-
fen
Drucksache 18/3832 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7822 C
Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7822 C
Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 7826 A
Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 7827 C
Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 7828 C
Katja Keul (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7829 A
Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7829 C
Achim Post (Minden) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7830 D
Tagesordnungspunkt 8:
– Beschlussempfehlung und Bericht des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag
der Bundesregierung: Fortsetzung der
Entsendung bewaffneter deutscher
Streitkräfte zur Verstärkung der Inte-
grierten Luftverteidigung der NATO
auf Ersuchen der Türkei und auf
Grundlage des Rechts auf kollektive
Selbstverteidigung (Artikel 51 der
Charta der Vereinten Nationen) sowie
des Beschlusses des Nordatlantikrates
vom 4. Dezember 2012
Drucksachen 18/3698, 18/3859 . . . . . . . . . 7831 D
– Bericht des Haushaltsausschusses gemäß
§ 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/3860 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7831 D
Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7832 A
Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7833 A
Dr. Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7834 A
Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7834 D
Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7835 C
Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7836 D
Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7837 D
Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7838 D
Namentliche Abstimmung. . . . . . . . . . . . . . . . 7839 D
Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7842 C
Tagesordnungspunkt 9:
Erste Beratung des vom Bundesrat einge-
brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung des Schuldrechtsanpassungs-
gesetzes
Drucksache 18/2231 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7840 A
Dr. Katarina Barley (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7840 A
Dr. Helmuth Markov, Minister
(Brandenburg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7841 A
Sebastian Steineke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7844 B
Katja Keul (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7846 C
Stefan Zierke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7847 C
Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7848 C
Tagesordnungspunkt 10:
a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Drit-
ten Gesetzes zur Änderung des Regio-
nalisierungsgesetzes
Drucksache 18/3785 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7849 B
b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein-
gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes
zur Änderung des Regionalisierungs-
gesetzes
Drucksache 18/3563 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7849 C
Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär
BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7849 C
Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7851 A
Reinhard Meyer, Minister (Schleswig-
Holstein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7851 D
IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015
Winfried Hermann, Minister (Baden-
Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7852 D
Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . 7854 C
Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7855 B
Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7856 A
Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7857 B
Tagesordnungspunkt 11:
Antrag der Abgeordneten Beate Müller-
Gemmeke, Katja Keul, Dr. Thomas Gambke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Be-
triebsrätinnen und Betriebsräte braucht
das Land
Drucksache 18/2750 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7858 C
Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7858 D
Uwe Lagosky (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7859 C
Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7860 B
Bernd Rützel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7861 A
Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7862 A
Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7863 A
Tagesordnungspunkt 12:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Abkommen vom 5. Dezember 2014
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Republik Polen zum Export beson-
derer Leistungen für berechtigte Perso-
nen, die im Hoheitsgebiet der Republik
Polen wohnhaft sind
Drucksache 18/3787 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7864 A
Gabriele Lösekrug-Möller,
Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 7864 A
Azize Tank (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 7865 A
Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 7865 D
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7866 D
Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 7867 D
Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 7868 C
Tagesordnungspunkt 13:
Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Gesundheit
– zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia
Möhring, Kathrin Vogler, Sabine
Zimmermann (Zwickau), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion DIE LINKE:
Bundestagsmehrheit nutzen – Pille
danach jetzt aus der Rezeptpflicht ent-
lassen
– zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia
Möhring, Kathrin Vogler, Sabine
Zimmermann (Zwickau), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion DIE LINKE:
Pille danach jetzt aus der Rezeptpflicht
entlassen
– zu dem Antrag der Abgeordneten Kathrin
Vogler, Cornelia Möhring, Diana Golze,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE: Den Bundesratsbeschluss
zur rezeptfreien Pille danach schnell
umsetzen
– zu dem Antrag der Abgeordneten Kordula
Schulz-Asche, Ulle Schauws, Dr. Harald
Terpe, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Selbstbestimmung bei der Notfallverhü-
tung stärken – Pille danach mit Wirk-
stoff Levonorgestrel schnell aus der
Verschreibungspflicht entlassen
Drucksachen 18/1617, 18/2630, 18/303, 18/492,
18/3825 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7869 B
in Verbindung mit
Zusatztagesordnungspunkt 6:
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Kordula Schulz-Asche, Ulle Schauws,
Elisabeth Scharfenberg, weiteren Abgeordne-
ten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Entlassung der Pille danach
aus der Verschreibungspflicht und zur Er-
möglichung der kostenlosen Abgabe an
junge Frauen (Änderung der Arzneimittel-
verschreibungsverordnung und des Fünf-
ten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche
Krankenversicherung)
Drucksache 18/3834 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7869 C
Karin Maag (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7869 D
Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7871 B
Martina Stamm-Fibich (SPD) . . . . . . . . . . . . 7872 A
Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7873 C
Tagesordnungspunkt 14:
Bericht des Ausschusses für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung gemäß
§ 56 a der Geschäftsordnung: Technikfolgen-
abschätzung (TA): Climate Engineering
Drucksache 18/2121 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7875 A
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015 V
Dr. Philipp Lengsfeld (CDU/CSU) . . . . . . . . 7875 B
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 7876 B
René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7877 A
Harald Ebner (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7878 B
Sybille Benning (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7879 B
Tagesordnungspunkt 15:
Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald,
Nicole Maisch, Dr. Valerie Wilms, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Freisetzung von
Mikroplastik beenden
Drucksache 18/3734 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7880 A
Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7880 B
Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7881 B
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 7882 B
Ulli Nissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7883 A
Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7884 B
Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7885
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 7887 A
Anlage 2
Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas
Silberhorn auf die Frage des Abgeordneten
Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 18/3811, Frage 22) (Ta-
gesordnungspunkt 2, 81. Sitzung) . . . . . . . . . . 7887 B
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Florian Post und Claudia Tausend (beide
SPD) zur namentlichen Abstimmung über die
Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus-
schusses zu dem Antrag der Bundesregierung:
Ausbildungsunterstützung der Sicherheits-
kräfte der Regierung der Region Kurdistan-
Irak und der irakischen Streitkräfte (Tagesord-
nungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7888 A
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Kerstin Andreae, Dr. Franziska Brantner,
Anja Hajduk, Dieter Janecek, Tom Koenigs,
Özcan Mutlu, Cem Özdemir, Brigitte
Pothmer, Kordula Schulz-Asche, Markus
Tressel und Doris Wagner (alle BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der
Bundesregierung: Ausbildungsunterstützung
der Sicherheitskräfte der Regierung der Re-
gion Kurdistan-Irak und der irakischen Streit-
kräfte (Tagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . 7888 B
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Katja Keul, Irene Mihalic und Corinna Rüffer
(alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur
namentlichen Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Auswärtigen Aus-
schusses zu dem Antrag der Bundesregierung:
Ausbildungsunterstützung der Sicherheits-
kräfte der Regierung der Region Kurdistan-
Irak und der irakischen Streitkräfte (Tagesord-
nungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7889 A
Anlage 6
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Sylvia Kotting-Uhl, Monika Lazar und
Wolfgang Strengmann-Kuhn (alle BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der
Bundesregierung: Ausbildungsunterstützung
der Sicherheitskräfte der Regierung der Re-
gion Kurdistan-Irak und der irakischen Streit-
kräfte (Tagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . 7890 B
Anlage 7
Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen
Abstimmung über die Beschlussempfehlung
des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag
der Bundesregierung: Ausbildungsunterstüt-
zung der Sicherheitskräfte der Regierung der
Region Kurdistan-Irak und der irakischen
Streitkräfte (Tagesordnungspunkt 6). . . . . . . . 7890 D
Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7890 D
Dr. Hendrik Hoppenstedt (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7891 B
VI Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015
Anlage 8
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Peter Meiwald, Corinna Rüffer und Hans-
Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) zur namentlichen Abstimmung über die
Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus-
schusses zu dem Antrag der Bundesregierung:
Fortsetzung der Entsendung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte zur Verstärkung der Inte-
grierten Luftverteidigung der NATO auf Ersu-
chen der Türkei und auf Grundlage des Rechts
auf kollektive Selbstverteidigung (Artikel 51
der Charta der Vereinten Nationen) sowie des
Beschlusses des Nordatlantikrates vom 4. De-
zember 2012 (Tagesordnungspunkt 8) . . . . . . . 7892 A
Anlage 9
Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) zur namentlichen Abstimmung über die
Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus-
schusses zu dem Antrag der Bundesregierung:
Fortsetzung der Entsendung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte zur Verstärkung der Inte-
grierten Luftverteidigung der NATO auf Ersu-
chen der Türkei und auf Grundlage des
Rechts auf kollektive Selbstverteidigung (Ar-
tikel 51 der Charta der Vereinten Nationen)
sowie des Beschlusses des Nordatlantikrates
vom 4. Dezember 2012 (Tagesordnungs-
punkt 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7892 C
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015 7751
(A) (C)
(D)(B)
82. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015
Beginn: 9.00 Uhr
(D)
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015 7887
(A) (C)
(B)
Anlagen zum Stenografischen Bericht
(D)
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Alpers, Agnes DIE LINKE 29.01.2015
Dr. Castellucci, Lars SPD 29.01.2015
Dr. Fabritius, Bernd CDU/CSU 29.01.2015
Groß, Michael SPD 29.01.2015
Groth, Annette DIE LINKE 29.01.2015
Heiderich, Helmut CDU/CSU 29.01.2015
Dr. Hendricks, Barbara SPD 29.01.2015
Henn, Heidtrud SPD 29.01.2015
Hochbaum, Robert CDU/CSU 29.01.2015
Hübinger, Anette CDU/CSU 29.01.2015
Jelpke, Ulla DIE LINKE 29.01.2015
Kaczmarek, Oliver SPD 29.01.2015
Kapschack, Ralf SPD 29.01.2015
Dr. Launert, Silke CDU/CSU 29.01.2015
Lenkert, Ralph DIE LINKE 29.01.2015
Lühmann, Kirsten SPD 29.01.2015
Dr. de Maizière, Thomas CDU/CSU 29.01.2015
Möhring, Cornelia DIE LINKE 29.01.2015
Rawert, Mechthild SPD 29.01.2015
Dr. Scheer, Nina SPD 29.01.2015
Schimke, Jana CDU/CSU 29.01.2015
Schwabe, Frank SPD 29.01.2015
Storjohann, Gero CDU/CSU 29.01.2015
Strothmann, Lena CDU/CSU 29.01.2015
Timmermann-Fechter,
Astrid
CDU/CSU 29.01.2015
Weber, Gabi SPD 29.01.2015
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Thomas Silberhorn auf die
Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/3811, Frage 22) (Tages-
ordnungspunkt 2, 81. Sitzung):
Wie begründet der Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, die im Arti-
kel „Müller stockt Führungsspitze massiv auf“ (Hannover-
sche Allgemeine vom 21. Januar 2015) erhobenen und von
seinem Haus bestätigten Vorwürfe bezüglich der Personalpo-
litik (unter anderem 18 statt bislang 12 Unterabteilungsleiter
sowie Wagen und Fahrer für die seit seinem Amtsantritt zwei
Parlamentarischen Staatssekretäre bei gleichzeitiger Überlas-
tung der Fachreferate und der Vorgabe, dort nach Einspar-
potenzial in Höhe von 10 Prozent zu suchen), und inwiefern
macht sich die Spitze des Hauses die im Artikel wiedergege-
bene und anhaltende Kritik aus den Reihen der Belegschaft zu
eigen?
Die in der Hannoverschen Allgemeinen am 21. Januar
2015 erhobenen Vorwürfe bezüglich der Personalpolitik
treffen nicht zu und wurden vom BMZ in keiner Weise
bestätigt. Zu den Punkten im Einzelnen stelle ich fest:
Das BMZ liegt mit seinen Leitungsposten im übli-
chen Ressortdurchschnitt von unter 3 Prozent aller Stel-
len. Durch die Reorganisation des Ministeriums im letz-
ten Jahr wurde die frühere Abteilung Planung/
Kommunikation, bestehend aus einer Abteilungsleitung,
zwei Unterabteilungsleitungen sowie zehn Referaten,
aufgelöst und durch einen Leitungsstab mit lediglich ei-
nem Unterabteilungsleiter und sieben Referaten ersetzt.
Es wurden zudem drei neue Sondereinheiten zu den poli-
tisch herausragenden Themen „Klima“, „Ernährungssi-
cherheit“ und „MDG Post 2015“ eingerichtet, die auf
UAL-Ebene wahrgenommen werden. Daher ergeben
sich nun 18 UAL-Positionen statt früher 15. Die Zahl der
B-6-Stellen im Haushalt des BMZ beträgt jedoch nur 15.
Die Entscheidung, zwei Parlamentarische Staatsse-
kretäre ins BMZ zu bestellen, war eine politische Ent-
scheidung, die außerhalb des BMZ getroffen wurde. Die
personelle Ausstattung der Büros der Parlamentarischen
Staatssekretäre liegt im üblichen Rahmen und ging nicht
zulasten der Fachebene. Es wurden insbesondere in die-
sem Zusammenhang keine zusätzlichen Fahrer zur Nut-
zung durch die Leitungsmitglieder in ihren Wahlkreisen
eingestellt.
Die Leitung des BMZ nimmt jede konstruktive Kritik
aus den Reihen der Belegschaft sehr ernst. Anhaltende
Kritik an der Personalpolitik aus den Reihen der Beleg-
schaft oder des Personalrats hat in der dargestellten
Weise weder in der Personalversammlung im Januar
2015 stattgefunden noch trifft dies grundsätzlich zu. Zur
Kultur des BMZ gehört jedoch ein offener und intensiver
Dialog der Leitung mit den Mitarbeiterinnen und Mitar-
beitern, der zu einem lebhaften und konstruktiven Mei-
nungsaustausch auch in Personalversammlungen führt.
Diese Kultur findet ihren Ausdruck auch in dem der-
zeit laufenden äußerst partizipativen Verfahren der Auf-
Anlagen
7888 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015
(A) (C)
(D)(B)
gabenkritik. Das Instrument der Aufgabenkritik ist
Vorgabe der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bun-
desregierung und hat das Ziel, die Ausrichtung eines
Ministeriums auf dessen Kernaufgaben sicherzustellen.
Ohne die Vorgabe von Entlastungszielwerten wie zum
Beispiel 10 Prozent sind Aufgabenkritiken faktisch nicht
durchführbar. Die Verwendung eventueller Entlastungs-
spielräume für andere Zwecke wird im Zuge der Aus-
wertung der Ergebnisse des Verfahrens geprüft.
Die Vergabe von (Führungs-)Funktionen im BMZ er-
folgt unter strikter Beachtung gesetzlicher Vorgaben aus-
schließlich nach den Kriterien der Eignung, Befähigung
und fachliche Leistung (§ 9 Bundesbeamtengesetz). Eine
eventuelle Parteizugehörigkeit der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter oder Kandidatinnen bzw. Kandidaten spielt
für Besetzungs- und Beförderungsentscheidungen keine
Rolle.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Florian Post und Claudia
Tausend (beide SPD) zur namentlichen Abstim-
mung über die Beschlussempfehlung des Aus-
wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bun-
desregierung: Ausbildungsunterstützung der
Sicherheitskräfte der Regierung der Region
Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte
(Tagesordnungspunkt 6)
Bei der Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zu der Abgabe
einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin
„Humanitäre Hilfe für Flüchtlinge im Irak und Kampf
gegen die Terrororganisation IS“ am 1. September 2014,
der Waffenlieferungen in den Irak zum Inhalt hatte, ha-
ben wir mit Nein gestimmt. Hinter dieser Entscheidung
stehen wir nach wie vor und halten es für falsch, Rüs-
tungsexporte in Krisen- oder Spannungsgebiete zu täti-
gen. Die Mehrheit der Abgeordneten teilt diese Meinung
nicht, daher sind bereits deutsche Waffen an kurdische
Sicherheitskräfte bzw. irakische Streitkräfte geliefert
worden.
Die Ausbildungsunterstützungsmission verfolgt das
Ziel, die militärischen Fähigkeiten der kurdischen
Sicherheitskräfte und der irakischen Streitkräfte zu erhö-
hen, und kann einen Beitrag dazu leisten, die humanitäre
Notlage unmittelbar zu lindern, die Terrororganisation
ISIS zurückzudrängen und die Sicherheitslage im Irak zu
verbessern. Die Mission erfolgt auf Bitte und in Abspra-
che mit der irakischen Zentralregierung und der Regie-
rung der Region Kurdistan-Irak und ist eingebettet in
einen internationalen ganzheitlichen Ansatz, der auf hu-
manitärer, politischer, rechtsstaatlicher und militärischer
Ebene langfristig eine Stabilisierung der Region errei-
chen will.
Aus diesen Gründen stimmen wir dem Antrag der
Bundesregierung zu.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Kerstin Andreae,
Dr. Franziska Brantner, Anja Hajduk, Dieter
Janecek, Tom Koenigs, Özcan Mutlu, Cem
Özdemir, Brigitte Pothmer, Kordula Schulz-
Asche, Markus Tressel und Doris Wagner (alle
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen
Abstimmung über die Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der
Bundesregierung: Ausbildungsunterstützung
der Sicherheitskräfte der Regierung der Region
Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte
(Tagesordnungspunkt 6)
Die Bedrohung durch ISIS ist noch lange nicht ge-
bannt. Ihre abscheulichen Gräueltaten an der Bevölke-
rung in Irak und Syrien finden weiterhin statt. Eine Eta-
blierung von ISIS in den bisher eroberten Gebieten und
das Interesse an weiterer territorialer Expansion bedroht
nicht nur die gesamte Region des Nahen und Mittleren
Ostens, sondern unter anderem auch Europa.
ISIS muss nicht nur gestoppt, sondern auch zurückge-
drängt werden. Dies muss auch mit militärischen Mitteln
geschehen. Eine Überwindung und Schwächung von
ISIS im Irak erleichtert auch die Bekämpfung der Terror-
miliz in Syrien, wo die Lage durch den blutigen Krieg
Assads gegen sein eigenes Volk noch komplizierter ist.
Der Schlüssel im Kampf gegen ISIS sind die kurdi-
schen Streitkräfte. Sie müssen dauerhaft in die Lage ver-
setzt werden, dem „Islamischen Staat“ mit aller Kraft
entgegenzutreten. Die Bundestagsfraktion hat die Luft-
angriffe der USA und ihrer internationalen Partner von
Beginn an begrüßt. Die internationale Unterstützung hat
den Kurden geholfen, konkrete Erfolge gegen ISIS zu
erzielen. Das haben wir im Sindschar-Gebirge gesehen
und gerade jetzt auch in Kobane. Die Luftangriffe haben
zwar dazu beigetragen, dass ISIS seit September 2014
kein weiteres Territorium erobern konnte, jedoch ist es,
nach Angaben des amerikanischen Verteidigungsminis-
teriums, bislang nur gelungen, circa 1 Prozent von ISIS
kontrolliertem Gebiet zurückzuerobern.
Der Kampf am Boden bleibt eine zentrale Aufgabe,
zu der bislang überwiegend kurdische Streitkräfte bereit
und in der Lage sind. Eine internationale Unterstützung
ist dafür auch durch Ausbildung der Streitkräfte drin-
gend notwendig.
Im Interesse des Rückhalts des Einsatzes der Bundes-
wehr im Irak und insbesondere der Soldaten wäre die
Bundesregierung gut beraten, eine breite Mehrheit über
die Stimmen der Großen Koalition hinaus sicherzustel-
len. Schon frühzeitig hat sich die Bundestagsfraktion
von Bündnis 90/Die Grünen bemüht, mit der Bundesre-
gierung darüber Einigkeit herzustellen. Die Bundesre-
gierung hat diese Chance jedoch ausgeschlagen.
Wir kritisieren, dass sich die Bundesregierung nicht
ausreichend für ein spezifisches Mandat im Rahmen der
Vereinten Nationen oder der Europäischen Sicherheits-
und Verteidigungspolitik für die internationalen Aktivi-
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015 7889
(A) (C)
(D)(B)
täten im Nordirak eingesetzt hat. Damit wäre nicht nur
einer politischen Lösungsfindung gedient gewesen, son-
dern es wären auch offene Fragen zur Vereinbarkeit des
Einsatzes mit dem Grundgesetz geklärt worden. Ebenso
unverständlich ist, dass die Bundesregierung in ihrem
Antrag humanitäre mit militärischen Zielsetzungen ver-
mischt und damit das Gebot der Neutralität humanitärer
Hilfe gefährdet.
Wir Unterzeichnerinnen möchten mit dieser persönli-
chen Erklärung zum Ausdruck bringen, dass wir die
Ausbildung kurdischer Streitkräfte im Irak grundsätzlich
befürworten. Diesen fahrlässigen Umgang der Bundes-
regierung mit dem Grundgesetz und dem deutschen
Bundestag lehnen wir jedoch ab.
Aus diesem Grund enthalten wir uns bei der Abstim-
mung über den Antrag der Bundesregierung „Ausbil-
dungsunterstützung der Sicherheitskräfte der Regierung
der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Sicher-
heitskräfte“ (18/3561) der Stimme.
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Katja Keul, Irene Mihalic
und Corinna Rüffer (alle BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über
die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus-
schusses zu dem Antrag der Bundesregierung:
Ausbildungsunterstützung der Sicherheits-
kräfte der Regierung der Region Kurdistan-
Irak und der irakischen Streitkräfte (Tagesord-
nungspunkt 6)
Warum wir den bewaffneten Einsatz im Irak ablehnen
müssen:
Der Bundeswehreinsatz im Norden des Irak ist nicht
nur völkerrechtswidrig und verfassungswidrig, sondern
auch strategisch verfehlt und politisch kurzsichtig.
Die politischen und die rechtlichen Fragen stehen da-
bei nicht etwa beliebig nebeneinander.
Die Rechtmäßigkeit ist eine notwendige, wenn auch
nicht hinreichende Bedingung für einen bewaffneten
Einsatz.
Ein Einsatz, der gegen Verfassungsrecht oder Völker-
recht verstößt, kann noch so sehr politisch gewollt oder
praktisch sein – er ist aus guten Gründen nicht erlaubt
(abgesehen davon, dass die Entscheidung gegen Waffen-
lieferungen nicht dadurch anders ausfallen kann, wenn
man die Ausbilder für die Waffen mitliefert).
Es war kein Zufall, dass die Völkergemeinschaft nach
der Erfahrung zweier Weltkriege das Monopol zum Ein-
satz von Gewalt auf die UNO übertragen hat.
Es war auch nicht Zufall oder gar Unwissenheit, dass
die Wehrverfassung und die Friedenspflicht in unserem
Grundgesetz so gefasst sind, wie sie sind.
Es war die Weisheit derjenigen, die den Krieg noch
erlebt haben.
Jedes staatliche Handeln, insbesondere die Ausübung
von Gewalt erfolgt in einen Rechtsstaat mit einer
Rechtsgrundlage – das gilt im Inneren wie nach außen.
Der rechtliche Rahmen ermöglicht politisch legiti-
mierte Entscheidungen – er setzt diesen aber ebenfalls
Grenzen: Das ist der Kern jeder Rechtsstaatlichkeit.
Wir retten Menschenleben nicht, indem wir aus Hilf-
losigkeit heraus militärisch agieren, um uns selbst zu be-
ruhigen in Anbetracht unerträglicher Gewalt.
Zum Grundgesetz:
Artikel 24 II GG lautet: „Der Bund kann sich zur
Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kol-
lektiver Sicherheit einordnen.“
Dieser Satz wird vom Verfassungsgericht als Ein-
satzermächtigung für eine Verwendung der Streitkräfte
zu Einsätzen ausgelegt, die im Rahmen und nach den
Regeln der UNO und der NATO als Systeme gegenseiti-
ger kollektiver Sicherheit stattfinden. Nur unter diesen
Voraussetzungen sind auch nicht der Selbstverteidigung
dienende Einsätze verfassungsgemäß.
Dabei ist das Verfassungsgericht 1994 schon sehr
weit gegangen, die NATO als System kollektiver Sicher-
heit zu betrachten, obwohl ein Verteidigungsbündnis ei-
gentlich eher das Gegenteil desselben ist. Jetzt aber soll
die Bundeswehr als Teil einer Koalition der Willigen
agieren – außerhalb jedes Systems.
Damit werden die Anforderungen des Artikels 24 GG
endgültig ignoriert.
Selbst wenn es also eine völkerrechtliche Grundlage
gäbe, würde es hier an einem System kollektiver Sicher-
heit fehlen und damit an den verfassungsrechtlichen Vo-
raussetzungen.
Es versteht sich von selbst, dass ein verfassungswidri-
ges Mandat abzulehnen ist.
Zum Völkerrecht:
Die Bundesregierung leitet die völkerrechtliche
Grundlage daraus her, dass die irakische Regierung „um-
fassende Hilfe“ im Kampf gegen die Terrormiliz IS erbe-
ten habe.
Das funktioniert jedoch nicht, weil der Irak selbst ge-
rade keine Unterstützung für die kurdischen Kämpfer in
der autonomen Region leistet, obwohl er eigentlich ver-
traglich dazu verpflichtet wäre. Der Irak liefert weder
Waffen an die Kurden, noch bildet er deren Kämpfer
aus.
Das Hilfeersuchen kann daher nur so verstanden wer-
den, dass es sich auf die eigenen staatlichen Streitkräfte
des Irak bezieht.
Bleibt noch die Tatsache, dass der Irak bislang nicht
gegen die Unterstützung der Kurden protestiert.
Das ist aber bei der eigenen Notlage, in der er sich be-
findet, nachvollziehbar, da er selbst auf Unterstützung
angewiesen ist.
7890 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015
(A) (C)
(D)(B)
Das reicht nicht, um daraus eine Einladung zur Unter-
stützung kurdischer Kämpfer abzuleiten. Wenn der Irak
dies wollte, könnte er eine solche Einladung ausdrück-
lich aussprechen. Um zu verhindern, dass deutsche
Truppen Gefahr laufen, in einen innerirakischen Kon-
flikt hineingezogen zu werden, hätte die Bundesregie-
rung auch auf eine solche Klarstellung dringen müssen.
Es ist zu befürchten, dass die fehlende Klarstellung kein
Zufall ist.
Es gibt vielmehr ein eigenes schriftliches Hilfeersu-
chen der kurdischen Autonomieregierung an die deut-
sche Bundesregierung. Dieses Schreiben belegt allein
schon durch seine Existenz, dass Bagdad und Erbil sich
offensichtlich nicht darüber einig sind, wer im Nordirak
das Hoheitsrecht hat, fremde Truppen einzuladen.
Hier muss sich die internationale Gemeinschaft ent-
scheiden: Solange sie aus anderweitigen Gründen kein
unabhängiges Kurdistan anerkennen will, kann sie auf
diesem Gebiet nicht militärisch intervenieren.
Besonders traurig aus grüner Sicht ist die Tatsache,
dass man nicht einmal ernsthaft versucht, ein UN-Man-
dat zu erlangen, obwohl Russland hier – anders als bei
Syrien – durchaus schon mal eine gewisse Bereitschaft
signalisiert hatte.
Der mangelnde Einsatz für ein UN-Mandat zeigt au-
ßerdem eine Geringschätzung von UNO und Völker-
recht, der wir als Grüne auf keinen Fall entgegenkom-
men dürfen.
Deutschland kann die UNO international stärken, in-
dem es gegenüber den Bündnispartnern deutlich macht,
dass ohne Mandat nichts geht.
Das wäre eine Position, die Verantwortung über-
nimmt und gleichzeitig deutsche Interessen wahrt.
Anlage 6
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Monika
Lazar und Wolfgang Strengmann-Kuhn (alle
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen
Abstimmung über die Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der
Bundesregierung: Ausbildungsunterstützung
der Sicherheitskräfte der Regierung der Region
Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte
(Tagesordnungspunkt 6)
Wir lehnen das Mandat zur Ausbildungsunterstützung
der Sicherheitskräfte der Region Kurdistan-Irak und der
irakischen Sicherheitskräfte aus folgenden Gründen ab:
Erstens. Die Ausbildung kurdischer und irakischer Si-
cherheitskräfte im Kampf gegen ISIS könnte unter ande-
ren Umständen sinnvoll und richtig sein. Wieder einmal
aber fehlt bei der Vorlage eines Mandats für einen militä-
rischen Einsatz ein glaubwürdiger umfassender Hand-
lungsansatz. Um ISIS nachhaltig bekämpfen zu können
und die Voraussetzung für eine Versöhnung aller Grup-
pen im Irak zu schaffen, braucht es einen strategischen
Handlungsrahmen, der politische, zivile und militärische
Maßnahmen umfasst. Bisher ist eine glaubwürdige Ini-
tiative für abgestimmte Maßnahmen im Rahmen der
Vereinten Nationen ausgeblieben. Versprochene humani-
täre Hilfe ist zu weniger als einem Drittel tatsächlich ge-
flossen. Die unter den Kämpfen leidenden Menschen
können nicht einmal ausreichend mit Winter- und Nah-
rungsmittelhilfe versorgt werden. Wieder einmal scheint
es leichter, militärische Hilfe zu leisten als zivile und
politische Nothilfe.
Zweitens. Das von der Bundesregierung vorgelegte
Mandat versäumt es, klare und nachvollziehbare Ziele
der Ausbildungsmission zu nennen. Weder Empfänger
noch Inhalte der deutschen Ausbildungsunterstützung
sind bisher klar definiert und identifiziert. Überdies wird
mit dem Mandat ein Blankoscheck für weitere Waffen-
lieferungen in den Nordirak erteilt. Das ist vor dem Hin-
tergrund, dass die Bundesregierung nicht einmal weiß,
wo die bisher von Deutschland gelieferten Waffen alle
geblieben sind, und es sich beim Nahen Osten um eine
der Regionen mit dem höchsten Proliferationsrisiko der
Welt handelt, unverantwortlich.
Dittens. Für das von der Bundesregierung vorgelegte
Mandat gibt es keine ausreichende verfassungsrechtliche
Grundlage. Artikel 24 II GG sagt: „Der Bund kann sich
zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger
kollektiver Sicherheit einordnen.“ Unter diesem System
versteht das Bundesverfassungsgericht die UNO oder
die NATO. Nur in diesem Rahmen gelten auch nicht der
Selbstverteidigung dienende Einsätze als verfassungsge-
mäß. Eine Koalition der Willigen, worum es sich in die-
sem Fall handelt, stellt definitiv kein solches System dar.
Auf unerträgliche Gewalt und Leid ohne international
abgestimmte politische Strategie mit militärischen Maß-
nahmen beziehungsweise Hilfsangeboten zu reagieren,
um eben irgendwas zu tun, ist genau die Politik, die dazu
beiträgt, dass andere Antworten auch zukünftig immer
wieder fehlen werden. Bei diesem Mandat wird sogar
die klare Verfassungswidrigkeit in Kauf genommen.
Wir unterstützen eine solche Politik nicht.
Anlage 7
Erklärungen nach § 31 GO
zur namentlichen Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Auswärtigen Ausschus-
ses zu dem Antrag der Bundesregierung: Aus-
bildungsunterstützung der Sicherheitskräfte
der Regierung der Region Kurdistan-Irak und
der irakischen Streitkräfte (Tagesordnungs-
punkt 6)
Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN): Warum ich den bewaffneten Einsatz im Irak zur
Ausbildungsunterstützung ablehne:
Grundsätzlich kann Ausbildungsunterstützung sehr
sinnvoll sein, so, wie sie auch in einigen anderen Län-
dern stattfindet. Auch wenn militärische Mittel allein
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015 7891
(A) (C)
(D)(B)
Konflikte nicht lösen können, ist ISIS auch militärisch
zu bekämpfen. Jede politische Entscheidung muss je-
doch auch rechtmäßig sein. Die politischen und rechtli-
chen Fragen stehen dabei nicht beliebig nebeneinander.
Die völkerrechtliche wie auch verfassungsrechtliche
Rechtmäßigkeit ist eine notwendige Bedingung für einen
bewaffneten Einsatz.
Neben der bereits im Entschließungsantrag meiner
Fraktion geäußerten Problematik, dass die Bundesregie-
rung und ihre internationalen Partner weiterhin kein
politisches Konzept im Kampf gegen ISIS haben, kann
ich dem vorgelegten Mandat zur Ausbildung der Sicher-
heitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak aus
folgenden rechtlichen Gründen nicht zustimmen:
Die Bundesregierung leitet die völkerrechtliche
Grundlage daraus ab, dass die irakische Zentralregierung
in personam ihres Außenministers am 25. Juni 2014 in
einem Brief an die Vereinten Nationen um (Ausbil-
dungs-)Unterstützung im Kampf gegen ISIS gebeten hat.
Aus diesem allgemeinen Unterstützungswunsch nun ein
konkludentes Verhalten im Sinne der völkerrechtlichen
„Intervention auf Einladung“ abzuleiten, ist jedoch pro-
blematisch. Schließlich erfragt der Irak Hilfe für seine
eigenen Streitkräfte und nicht für die Region Kurdistan-
Irak, und er leistet selbst gerade keine Unterstützung für
die kurdische Regionalstreitmacht in der autonomen Re-
gion, die mit dem Mandat insbesondere ausgebildet wer-
den soll, obwohl die Zentralregierung dazu vertraglich
eigentlich verpflichtet wäre. Der Irak liefert weder Waf-
fen an die Kurden noch bildet er deren Kämpfer aus. Es
bleibt also allein die Tatsache, dass die irakische Regie-
rung nicht gegen die Unterstützung der Kurden protes-
tiert. Absender und Empfänger der Unterstützungsbitte
sind völkerrechtlich entsprechend nicht dasselbe Sub-
jekt.
Die Bundesregierung hat es zudem versäumt, sich um
ein Mandat der Vereinten Nationen oder um ein gemein-
sames Vorgehen der EU zu bemühen. Ein militärisches
Vorgehen außerhalb von Systemen kollektiver Sicherheit
ist jedoch vom Grundgesetz nicht gedeckt.
Das Mandat erteilt einen Blankoscheck für weitere
Waffenlieferungen, die aufgrund des Proliferationsrisi-
kos mit unseren Grundsätzen zu Rüstungsexporten
schwer vereinbar sind.
Die Ziele der Ausbildungsmission sind nicht klar de-
finiert. Es ist nach wie vor unklar, wer genau woran aus-
gebildet werden soll und wo die bereits gelieferten Waf-
fen verbleiben.
Dr. Hendrik Hoppenstedt (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das brutale Vorgehen und die menschenver-
achtenden Gräueltaten der Terrororganisation Islami-
scher Staat im Irak und in Syrien – ISIS – müssen ge-
stoppt werden. Die Kämpfer gegen ISIS benötigen eine
bessere Ausbildung, damit sie in die Lage versetzt wer-
den, die Angriffe erfolgreich abzuwehren. Daher halte
ich einen Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur
Ausbildungsunterstützung der Sicherheitskräfte der Re-
gion Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte auf-
grund humanitärer Verantwortung für die in der Region
lebenden Menschen und Flüchtlinge, aber auch aus si-
cherheitspolitischen Gründen für sinnvoll und notwen-
dig.
Nachdem der irakische Außenminister alle Mitglied-
staaten der Vereinten Nationen um Unterstützung im
Kampf gegen die Terrororganisation ISIS auch im Wege
militärischer Ausbildung gebeten hat, ist der Einsatz als
sogenannte Intervention auf Einladung völkerrechtlich
zulässig.
Gemäß Artikel 87a Absatz 2 GG dürfen die Streit-
kräfte außer zur Verteidigung nur eingesetzt werden,
soweit das Grundgesetz es ausdrücklich zulässt. Ein Fall,
in dem das GG den Einsatz zulässt, ist Artikel 24 Absatz 2
GG, auf den die Bundesregierung ihren Antrag stützt.
Diese verfassungsrechtliche Begründung überzeugt
mich nicht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
richts kann sich die Bundesrepublik Deutschland gemäß
Artikel 24 Absatz 2 GG zur Friedenswahrung an Ent-
scheidungen einer internationalen Organisation binden.
Das umfasst auch die Übernahme der mit der Zugehörig-
keit zu einem kollektiven Sicherheitssystem typischer-
weise verbundenen Aufgaben und damit auch für eine
Verwendung der Bundeswehr zu Einsätzen, die „im Rah-
men und nach den Regeln“ dieses Systems stattfinden.
Unzweifelhaft liegt kein spezielles Mandat des VN-Si-
cherheitsrates vor, das ausdrücklich die Entsendung von
Soldaten zur Friedenssicherung vorsieht und das den
Rahmen und die Regeln des Einsatzes bestimmt.
Aus diesem Grund bezieht sich die Bundesregierung
im Antrag auf die Sicherheitsratsresolution 2170 (2014)
vom 15. August 2014 und auf die Erklärung des Präsi-
denten des Sicherheitsrates vom 19. September 2014. In
der Resolution 2170 (2014) wird die Terrororganisation
IS als Bedrohung für die internationale Sicherheit be-
zeichnet. Zudem werden darin die durch IS begangenen
Menschenrechtsverletzungen verurteilt sowie Sanktio-
nen gegen einzelne Mitglieder dieser Organisation be-
schlossen. Ein Mandat für den Einsatz von Streitkräften
enthält diese Resolution nicht. Auch die Erklärung des
Präsidenten des Sicherheitsrates vom 19. September
2014 reicht meines Erachtens nicht aus, weil sie im Kern
lediglich den Aufruf enthält, den Irak zu unterstützen,
und es sich dabei zudem im Ergebnis um eine politische
Erklärung handelt. Daher halte ich Artikel 24 Absatz 2
GG auch nach den Ausführungen der Bundesregierung
im Rechtsausschuss nicht für die richtige Rechtsgrund-
lage.
Nach meiner Überzeugung findet der Einsatz der
Bundeswehr aber eine verfassungsmäßig tragfähige
Rechtsgrundlage in Artikel 87a Absatz 2 1. Alt. GG. Der
Begriff der „Verteidigung“ umfasst nach überwiegender
Auffassung nicht nur die reine Landesverteidigung, son-
dern auch die sogenannte Drittstaaten-Nothilfe im Sinne
von Artikel 51 der VN-Charta. Der Bundeswehreinsatz
ist daher als solcher verfassungsgemäß.
Weil ich den Einsatz der Bundeswehr in dieser Aus-
bildungsmission unabhängig von der seitens der Bundes-
7892 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015
(A) (C)
(D)(B)
regierung gewählten verfassungsrechtlichen Begrün-
dung für verfassungsgemäß und politisch geboten halte,
stimme ich dem Einsatz der Bundeswehr zu.
Anlage 8
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Peter Meiwald, Corinna
Rüffer und Hans-Christian Ströbele (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der
Bundesregierung: Fortsetzung der Entsendung
bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verstär-
kung der Integrierten Luftverteidigung der
NATO auf Ersuchen der Türkei und auf
Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstver-
teidigung (Artikel 51 der Charta der Vereinten
Nationen) sowie des Beschlusses des Nordatlan-
tikrates vom 4. Dezember 2012 (Tagesord-
nungspunkt 8)
Wie schon in den vergangenen beiden Jahren stim-
men wird dem Einsatz der Bundeswehr, der Stationie-
rung von Raketen und Personal in der Türkei in der
Nähe der türkischen Grenze nicht zu, sondern wir stim-
men mit Nein.
Ein ausreichend sachlicher Grund für diesen Einsatz
der Bundeswehr im Ausland ist immer weniger erkenn-
bar. Die Stationierung der Raketen erfolgte ursprünglich,
um angeblich mögliche Raketen- und Flugzeugangriffe
der syrischen Regierungstruppen auf türkisches Gebiet
abzuwehren. Zwar ist der Bürgerkrieg in Syrien keines-
wegs beendet, sondern wurde sogar von ISIS bis weit in
den Nordirak hinein ausgedehnt, und nahe der syrischen/
türkischen Grenze in der Nähe von Kobane finden
schwere Kämpfe statt. Aber die Wahrscheinlichkeit von
Luftangriffen syrischer Regierungsstreitkräfte auf die
Türkei ist inzwischen denkbar unwahrscheinlich. Haupt-
feind der syrischen Regierungskräfte sind die ISIS-Mili-
zen geworden, die ein Drittel des Landes Syrien kontrol-
lieren und einen Kalifatstaat ausgerufen haben. Die
syrische Armee bekämpft ISIS. Das tun auch kurdische
Milizen, die wiederum durch Flugzeug- und Drohnen-
angriffe der internationalen Gemeinschaft, unter ande-
rem USA, England, Frankreich, massiv unterstützt wer-
den. Luftangriffe aus Syrien auf die Türkei machen
danach überhaupt keinen Sinn und wurden auch nie an-
gedroht. Der derzeitige Hauptfeind ISIS verfügt nicht
über Angriffsfähigkeiten, für deren Abwehr die Raketen
der Bundeswehr geeignet wären.
Außerdem besteht die Gefahr, dass türkische Sicher-
heitskräfte immer wieder durch Aktionen Anlässe schaf-
fen, die dazu führen, dass sie in ganz anderer Weise in
den Bürgerkrieg verwickelt werden können. Dies könnte
auch geschehen, weil türkische Sicherheitskräfte Liefe-
rungen an die Grenze transportieren, mit denen islami-
sche Gruppen, die in Syrien an Kämpfen beteiligt sind,
unterstützt werden, wie kürzlich berichtet wurde. Dann
könnten auch die im Hinterland stationierten Bundes-
wehrsoldaten in kriegerische Auseinandersetzungen am
Boden hineingezogen werden. Dafür sind sie aber gar
nicht mandatiert und überhaupt nicht ausgerüstet.
Der eigentliche Grund, warum der Einsatz der Bun-
deswehr in der Türkei nicht beendet wird, ist ein rein
demonstrativer, nämlich dem NATO-Partner Türkei
NATO-Treue zu signalisieren. Das aber reicht nicht, um
einen Einsatz der Bundeswehr im Ausland mit Kampf-
einsatz zu legitimieren. Bundeswehrsoldaten im Ausland
dürfen nicht Gefahren ausgesetzt und die Verwicklung
Deutschlands darf nicht riskiert werden, um ein Zeichen
der Verbundenheit mit einem Staat und dessen Regie-
rung zu setzen, die immer autoritärer und demokratisch
fragwürdiger wird und im Verdacht steht, gefährliche Is-
lamisten zu unterstützen.
Hinzu kommt, dass zumindest Teile der türkischen
Bevölkerung am Standort der Raketen und der Soldaten
der Bundeswehr die Stationierung offenbar sehr kritisch
sehen. Bundeswehrsoldaten wurden schon beschimpft
und verlassen das Standortgelände nur in Begleitung von
Polizei.
Anlage 9
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung
über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen
Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregie-
rung: Fortsetzung der Entsendung bewaffneter
deutscher Streitkräfte zur Verstärkung der In-
tegrierten Luftverteidigung der NATO auf Er-
suchen der Türkei und auf Grundlage des
Rechts auf kollektive Selbstverteidigung (Arti-
kel 51 der Charta der Vereinten Nationen) so-
wie des Beschlusses des Nordatlantikrates vom
4. Dezember 2012 (Tagesordnungspunkt 8)
Mit großer Sorge stelle ich fest, dass der Krieg des
Assad-Regimes gegen die eigene Bevölkerung nach wie
vor unermessliches menschliches Leid hervorruft. Durch
den Einsatz von Chemiewaffen am 21. August 2013 in
der Region Ghouta-Damaskus bekam die Bedrohungssi-
tuation auch für die Nachbarstaaten Syriens eine neue
Qualität.
Nach der zertifizierten Vernichtung der deklarierten
syrischen Chemiewaffen hat sich die Sicherheitslage in
der Region stark verändert. Die größte Gefahr geht dort
mittlerweile nicht mehr von chemischen Waffen, son-
dern von der dschihadistischen Terrororganisation ISIS
aus. Der Vormarsch von ISIS hat Syrien weiter destabili-
siert und die humanitäre Katastrophe erheblich ver-
schärft.
Umso besorgniserregender ist es, dass Medienberich-
ten zufolge der türkische Geheimdienst die islamisti-
schen Kämpfer durch Waffenlieferungen unterstützt hat.
Bestärkt wird diese Sorge durch Äußerungen der Regie-
rung Erdoğan, die eine uneindeutige Haltung gegenüber
militanten Islamisten und deren Engagement im syri-
schen Bürgerkrieg zeigen. Ich habe erhebliche Zweifel,
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. Januar 2015 7893
(A) (C)
(B)
dass die Türkei im Kampf gegen ISIS ein verlässlicher
Partner ist. Die NATO sollte daher die Rolle der Türkei
im Kampf gegen den ISIS zum Thema interner Diskus-
sionen machen.
Wir sollten alle unsere verfügbaren Mittel darauf
konzentrieren, ISIS zu bekämpfen und die Flüchtlings-
katastrophe einzudämmen. Der Patriot-Einsatz leistet
dazu keinen Beitrag.
Trotz dieser angeführten Argumente, die meine Skep-
sis gegenüber dem Mandat begründen, möchte ich eine
starke NATO, die ihrem Auftrag zur Bündnistreue ge-
recht wird. Die Bündnistreue gegenüber unserem
NATO-Partner Türkei steht für mich nicht zur Debatte.
Daher stimme ich dem Antrag der Bundesregierung
„Fortsetzung der Entsendung bewaffneter deutscher
Streitkräfte zur Verstärkung der Integrierten Luftvertei-
digung der NATO auf Ersuchen der Türkei und auf
Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung
(Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen) sowie des
Beschlusses des Nordatlantikrates vom 4. Dezember
2012“ (18/3698) zu.
(D)
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
82. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 3 Regierungserklärung – Investieren in Deutschlands und Europas Zukunft
TOP 4 Soziale Wohnungswirtschaft
TOP 5 EU-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme
TOP 22, ZP 2 Überweisungen im vereinfachten Verfahren
TOP 23, ZP 3 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
TOP 6 Ausbildungsunterstützungseinsatz Kurdistan-Irak
ZP 4 u. 5 Menschenrechte in Saudi-Arabien
TOP 8 Bundeswehreinsatz Operation Active Fence (Türkei)
TOP 9 Schuldrechtsanpassungsgesetz
TOP 10 Regionalisierungsgesetz
TOP 11 Betriebliche Mitbestimmung
TOP 12 Abkommen mit Polen zur Zahlung von Ghetto-Renten
TOP 13, ZP 6 Rezeptpflicht der Pille danach
TOP 14 Technikfolgenabschätzung: Climate Engineering
TOP 15 Freisetzung von Mikroplastik
Anlagen